Reichspresseschule – Journalisten für die Diktatur?: Ein Beitrag zur Geschichte des Journalismus im Dritten Reich [Reprint 2017 ed.] 9783110973679, 9783598213168


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German Pages 299 [300] Year 1995

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VORWORT
VORWORT DES AUTORS
INHALT
1. EINLEITUNG
2. PRESSE UNTER DRUCK
3. BEDROHTE EXISTENZ – DIE NOT DER DEUTSCHEN JOURNALISTEN
4. PURER ZUFALL – “JOURNALISTENAUSBILDUNG” VOR 1935
5. PLÄNE FÜR DEN GROSSEN WURF – DIE VORGESCHICHTE DER REICHSPRESSESCHULE
6. WEGE DURCH DAS NADELÖHR – DER STRENG ÜBERWACHTE BERUFSZUGANG
7. DER ORGANISATORISCHE RAHMEN FÜR DEN BETRIEB DER REICHSPRESSESCHULE
8. DAS AUSBILDUNGSKONZEPT DER REICHSPRESSESCHULE
9. GEMISCHTE AUSWAHL – DAS LEHRPERSONAL DER REICHSPRESSESCHULE
10. AUSBILDUNGSALLTAG UND -INHALTE DER REICHSPRESSESCHULE
11. REICHSPRESSESCHULE UND ZEITUNGSWISSENSCHAFT
12. EIN UNERWARTETES ENDE – DIE REICHSPRESSESCHULE WIRD GESCHLOSSEN
13. NEUBEGINN? – ERSTE AUSBILDUNGSANSÄTZE NACH DEM KRIEG
14. FAZIT – EIN EXPERIMENT IST GESCHEITERT
15. ANHANG
16. PERSONENREGISTER
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Reichspresseschule – Journalisten für die Diktatur?: Ein Beitrag zur Geschichte des Journalismus im Dritten Reich [Reprint 2017 ed.]
 9783110973679, 9783598213168

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Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung Band 53 Herausgegeben von Hans Bohrmann und Gabriele Toepser-Ziegert Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund

Wolfgang Müsse

Die Reichspresseschule Journalisten für die Diktatur? Ein Beitrag zur Geschichte des Journalismus im Dritten Reich

K G · Saur München · New Providence · London · Paris 1995

Gedruckt mit Unterstützung der Westfälischen Wilhelms-Universität (Münster)

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Müsse, Wolfgang: Die Reichspresseschule - Journalisten für die Diktatur? / Wolfgang Müsse. - München ; New Providence ; London ; Paris : Saur ,1995 (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung ; Bd. 53) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss. ISBN 3-598-21316-6 NE: GT

D6

©

Printed on acid-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved Κ.G. Saur Verlag GmbH & Co KG, München 1995 A Reed Reference Publishing Company Printed in the Federal Republic of Germany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlags ist unzulässig Druck/Binden: Strauß-Offsetdruck GmbH, Mörlenbach ISBN 3-598-21316-6

VORWORT Die Arbeit von Wolfgang Müsse war längst überfallig. Über die deutsche Kommunikations- und Mediengeschichte zwischen 1932 und 1945 liegen zwar inzwischen zahlreiche Untersuchungen vor, doch ist dabei die historische Kommunikatorforschung, die publizistische Berufsgeschichte der Journalisten sträflich vernachlässigt worden. Das hatte nicht nur Gründe, die mit der mangelhaften Überlieferung personenbezogener Akten - beispielsweise des Reichsverbandes der Deutschen Presse (RDP) - zusammenhängen. Zweifellos spielte das Ausbleiben von Kommunikator-Untersuchungen fur die Zeit des Dritten Reichs auch das Verdrängungsmoment bei den Zeuginnen und Zeugen eine gewichtige Rolle. Die Untersuchung gilt der zentralen Ausbildungseinrichtung, die der RDP als eines der Organe der Reichspressekammer unter der Bezeichnung "Reichspresseschule - RPS" von Januar 1935 bis Juli 1939 betrieben hat. Seine Ausgangsthese leitet der Autor aus der politischen Notwendigkeit und vom publizistischen Bedarf her. Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda - und diese Amtbezeichnung steht hier auch konkret fur die Person von Paul Joseph Goebbels - vertrieb nicht nur politisch und ethnisch "unerwünschte" Publizistinnen und Publizisten aus ihren Stellungen, viele ins Exil und ins Todeslager, sondern er mißtraute den meisten, die geblieben waren als "bürgerliche" Opportunisten. Was der Minister sich wünschte, war ein "Neuer Journalist" für den ausdrücklich nationalsozialistisch erzogenen publizistischen Nachwuchs. Eindrucksvoll sind die Überblicke des Autors über die berufspraktischen und pressewirtschaftlichen Rahmenbedingungen der nationalsozialistischen Ausbildungspläne für das als besonders wichtig angesehene Druckmedium, die Tagespresse. Hier mußte auch die Rolle der damaligen Zeitungswissenschaft erwähnt werden. Errichtung, Finanzierung und Lehrbetrieb der Reichspresseschule machen den Hauptteil der Darstellung aus. Für die weitere Forschung bleibt gleichwohl noch einiges zu tun. Die RPS ist bei Kriegsbeginn geschlossen worden. Zum Jahresende 1939 entstand in Potsdamm ein Truppenteil, in dem sämtliche Angehörige der "Propaganda-Kompanien (PK)" für alle Wort-, Bild-, Film- und Rundfünkmedien militärisch und kriegspublizistisch ausgebildet wurden. Dieses Ausbildungsziel einer nicht dem Propagandaministerium, sondern dem Oberkom-

mando der Wehrmacht unterstellten Einheit legt die Frage nahe, weshalb die Reichspresseschule ausschließlich fur Tageszeitungsjournalisten eingerichtet worden ist, und Wochenschau- oder Rundfunkjournalisten, aber auch Zeitschriftenjournalisten offenbar anderweitig ausgebildet werden sollten und tatsächlich auch außerhalb der RPS ausgebildet worden sind. Wer zum Thema dieser Untersuchung weiterarbeiten möchte, wer sie auch nur mit kommunikations- oder berufsgeschichtlichem Interesse zur Hand nimmt, wird sich nicht über mangelnde Anregungen oder gar Herausforderungen beklagen können.

Münster, im Dezember 1994

Prof. Dr. Winfried B. Lerg

6

VORWORT DES AUTORS Journalismus im Dritten Reich? Seit Kriegsende ist über das Thema viel geschrieben und diskutiert worden, Biographien und Einzelstudien füllen mittlerweile so manchen Regalmeter. Und doch, so zeigten die öffentlichen Reaktionen auf "Enthüllungen" um Werner Höfer und Fritz Sänger, scheint hier bei der Vergangenheitsbewältigung noch einiges im argen zu liegen. Bei der Suche nach Ursachen für diese Defizite fällt zunächst einmal auf, wie gering das berufsgeschichtliche Interesse bei Journalisten ausgeprägt zu sein scheint. Selbst wenn die "historische Selbstvergessenheit der journalistischen Zunft" 1 von Zeit zu Zeit durchbrochen wird, berücksichtigen die Autoren nur selten die Strukturen, unter denen sich die Medien und die dort beschäftigten Journalisten entwickelten. Journalistische Lebensläufe werden auf Schlagzeilenformat zurechtgestutzt. Personenbezogene Schuldsprüche ohne ausführliche Begründungen sind die traurige Regel. So verständlich die moralische Entrüstung über Einzelfälle und Gesamtbild auch sein mag, mit Momentaufnahmen und eher zufällig ausgewählten Beispielen lassen sich komplexe Systeme nicht hinreichend analysieren. Der ausgestreckte Zeigefinger, eine selbstgerechte Pose, ist wenig hilfreich, wenn individuelles Verhalten nicht vor dem Hintergrund möglicher Ursachen beurteilt wird. Der Journalist im Dritten Reich war dem Regime tagtäglich ausgeliefert. Jeder Satz, den er schrieb, unterlag der unberechenbaren Kontrolle der lokalen und überregionalen Instanzen. Die damit verbundenen psychologischen Auswirkungen, ein Lavieren zwischen angstvoller Verweigerung und existenzerhaltender Anpassung, müssen in jede moralische Bewertung Eingang finden. Zudem darf man dem journalistischen Nachwuchs, der sein Handwerk erst unter dem beherrschenden Einfluß der Diktatur erlerate, eingeschränkte Schuldfähigkeit für sein Wirken bis 1945 nicht von vornherein absprechen. Wenn allerdings persönliche Verantwortung auf den Apparat abgewälzt, wenn Abweichendes "zwischen den Zeilen" zu Widerstand aufgeblasen wird, entstehen Legenden, die das Erkenntnisinteresse in die Sackgasse führen. Deckungsgleiche Berichterstattung lag nicht im Interesse der Presselenker. Zur Vermeidung allzu großer Langeweile durfte der eine oder andere Journalist bis1 Winfried B. Lerg: Über die historische Selbstvergessenheit der journalistischen Zunft, in: Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte, Nr. 1/1988, Seite 3

7

weilen auch eigene Gedanken ins Blatt bringen. Tatsächlich aber hatte die Duldung eigenständigen Profils, von Karl Dietrich Bracher als "Variationstoleranz" 1 bezeichnet, äußerst enge Grenzen. Die in verschiedenen Memoiren und Einzelstudien dokumentierte Lust, wider den Stachel zu locken, war kein Mittel zur Destabilisierung des Systems. Sie diente "bürgerlichen" wie NS-Journalisten lediglich als Ventil der Unmut über die täglichen Zumutungen im Umgang mit den größtenteils primitiven amtlichen Sprachregelungen. Die Begriffe Propaganda und Journalismus im Dritten Reich stehen fur eine komplizierte und facettenreiche Materie. Mein Dank gilt vor allem Frau Dr. Gabriele Toepser-Ziegert vom Institut für Zeitungsforschung in Dortmund, die mich für das Thema sensibilisierte, und Professor Dr. Winfried B. Lerg, der die Studie mit Geduld und tätiger Anteilnahme betreute. Zu danken habe ich auch ehemaligen Schülern der Reichspresseschule. Frau Herta Brühl, Dr. Karl Maria Bier, Christian von Chmielewski, Friedrich Wilhelm Hymmen, Dr. Jürgen Petersen und Robert Schmelzer haben mir ihre Erfahrungen mit bemerkenswerter Offenheit geschildert und mir damit sehr geholfen. Nicht zuletzt bedanke ich mich bei Dr. Fritz Hausjell vom Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, der mir großzügig wichtige Akten des Reichsverbandes der deutschen Presse aus seinem Fundus zur Bearbeitung überließ.2

1 Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur, Köln-Berlin 1969, Seite 279 2 Die Akten des "Landsverbandes Ostmark" bzw. des "Landesverbandes Alpen-Donau" hat Fritz Hausjell im Archiv der Österreichischen Journalistengewerkschaft selbst entdeckt. Zur Geschichte

der

Akten

Tageszeitungsjournalisten

und am

ihren

Inhalten

Beginn

der

vergi. Zweiten

Fritz

Hausjell:

Republik

Österreichische

(1945-1947).

Eine

kollektivbiographische Analyse ihrer beruflichen und politischen Herkunft, maschinenschr. Manuskript, Phil. Diss. Salzburg 1985, Seite 56 ff

8

INHALT 1.

EINLEITUNG

15

2.

PRESSE UNTER DRUCK

19

2.1.

Weimarer Presse in der Krise

19

2.2.

Presse im Nationalsozialismus

28

2.2.1.

Zuckerbrot und Peitsche Die zwiespältige Situation der Presse nach 1933

2 2.2.

Lähmendes Korsett Die totalitäre Organisation der Betriebe

2.2.3.

54

Willkür nach Paragraphen Die Zäsur durch das Schriftleitergesetz

3.2.2.

49

Pression und Protektion Die Verstaatlichung der Redaktionen durch den Nationalsozialismus

3.2.1.

49

Schreibendes Proletariat Vom Elend vieler Journalisten bis 1933

3.2.

43

BEDROHTE EXISTENZ DIE NOT DER DEUTSCHEN JOURNALISTEN

3.1.

37

Schleichende Monopolisierung Das Presseimperium der NSDAP wächst

3.

31

Auflage und Auflagen Von der Unfähigkeit einer bevormundeten Presse, für sich zu werben

2.2.4.

29

63

Schreiben nach Befehl? Schwierigkeiten beim Aufbau der "geistigen Wehrmacht"

68

9

4.

PURER ZUFALL "JOURNALISTENAUSBILDUNG" VOR 1935

4.1.

Begabung und Charakter Der Mythos vom geborenen Journalisten

4.2.

78

PLÄNE FÜR DEN GROSSEN WURF DIE VORGESCHICHTE DER REICHSPRESSESCHULE

5 .1.

73

Zeitungswissenschaft im Aufwind Ein Hochschulfach sucht neue Aufgaben

5.

72

88

Vorbild ItalienDie römische Journalistenschule als Wegweiser

89

5.2.

Die Reichspresseschule in der Vorbereitung

92

5.3.

Zeitungswissenschaft in der Defensive Von der Angst, an Einfluß zu verlieren

97

6.

WEGE DURCH DAS NADELÖHR DER STRENG ÜBERWACHTE BERUFSZUGANG

103

6.1.

Das Instrument der Berufslisten

104

6.2.

Prinzip Auslese

106

6.2.1.

Zulassungsprüfung zum Volontariat

107

6.2.2.

Eintragung in die Berufslisten A und Β

108

7.

DER ORGANISATORISCHE RAHMEN FÜR DEN BETRIEB DER REICHSPRESSESCHULE

111

7.1.

Nur Flickwerk Die gesetzlichen Grundlagen der Reichspresseschule

10

111

7.2.

Der Reichsverband der deutschen Presse und die Aufsichtsorgane der Reichspresseschule

7.3.

Teurer Nachwuchs Die Finanzierung der Reichspresseschule

7.3.1.

114

13 0

Der Werberat der deutschen Wirtschaft "Reptilienfonds" des Propagandaministers

136

8.

DAS AUSBILDUNGSKONZEPT DER REICHSPRESSESCHULE

143

8.1.

Institutionalisierte Erziehung zur Elite Auslese und Fürsorge im NS-Bildungssystem

144

8.2.

Kompetenz und Weltanschauung Das Ideal des fanatischen Fachmanns

8.3.

Konzept und Alltag Probleme in der Anlaufphase des Schulbetriebes

8.4.

152

Notbremsung nach dem IV. Lehrgang Das Selektionsverfahren vor dem Besuch der Reichspresseschule

9.

149

156

GEMISCHTE AUSWAHL DAS LEHRPERSONAL DER REICHSPRESSESCHULE

159

9.1.

Die Schulleiter

161

9.1.1.

Wolf Meyer-Christian

161

9.1.2.

Fritz Zierke

171

9.2.

Die angestellten Dozenten

176

9.3.

Die Referenten

186

11

10

AUSBILDUNGSALLTAG UND -INHALTE DER REICHSPRESSESCHULE

190

10.1.

Die "Wehrsport"-Lager

190

10.2.

Der Internats-und Lehrbetrieb

196

10.3.

Die Lehrinhalte

206

11.

REICHSPRESSESCHULE UND ZEITUNGSWISSENSCHAFT

209

11.1.

Versuch der Symbiose Die Kooperation zwischen RDP und dem Berliner Institut

209

11.2.

Gespanntes Verhältnis Der Machtkampf um die Vorherrschaft bei der Schriftleiterausbildung

12.

EIN UNERWARTETES ENDE DIE REICHSPRESSESCHULE WIRD GESCHLOSSEN

12.1.

237

Konsequent bis zum UntergangDie Auslese der Berufsanwärter im Krieg

13.

232

Die Gunst der StundeNeue Chancen für die Zeitungswissenschaft?

12.3.

230

Auflösung und Verwirrung Die schwierige Liquidation der Reichspresseschule

12.2.

218

242

NEUBEGINN? ERSTE AUSBILDUNGSANSÄTZE NACH DEM KRIEG

245

14.

FAZIT - EIN EXPERIMENT IST GESCHEITERT

252

15.

ANHANG

257

15.1.

Abkürzungsverzeichnis

257

12

15.2.

Quellen-und Literaturverzeichnis

259

15.2.1.

Auskünfte

259

15.2.2.

Quellen

260

15.2.2.1. Ungedruckte Quellen

260

15.2.2.2. Gedruckte Quellen

263

15.2.3.

Periodika

266

15.2.4.

Literatur

268

15.2.4.1. Bibliographien

268

15.2.4.2. Hand-und Jahrbücher, Lexika

268

15.2.4.3. Monographien

270

15.2.4.4. Sammelpublikationen und Reihen

285

15.3.

Die Kurse der Reichspresseschule in der Übersicht

288

15.4.

Daten zur Finanzierung der Reichspresseschule

289

16.

PERSONENREGISTER

293

13

1.

EINLEITUNG

Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 Kanzler eines Minderheitskabinetts geworden war, ging es für die Nationalsozialisten darum, die Macht zu ergreifen. Die NSDAP, die sich als revolutionäre "Bewegung" begriff, verfugte zunächst nicht über den Apparat, der notwendig gewesen wäre, um ihren totalitären Machtanspruch durchzusetzen. Um seine Herrschaft zu etablieren und zu konsolidieren, benötigte das Regime die tatkräftige Unterstützung gesellschaftlicher Eliten aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Auch im Bereich der Presse war das System auf ein "Kontingent an intelligenten und fähigen Mitarbeitern" 1 angewiesen. Und nicht wenige Journalisten und Verleger waren durchaus bereit, sich mit den Nationalsozialisten zu arrangieren. Selbst bei Journalisten, die sich dem System nicht bedingungslos unterwerfen wollten, gab es mannigfache Beispiele eilfertiger Anpassung und geistiger Korruption. Zudem boten die Nationalsozialisten den konservativen Kräften in den Verlagen und Redaktionen eine Plattform von Gemeinsamkeiten, auf die sich diese, bei aller Ablehnung des Straßenterrors, zurückziehen konnten. In außenpolitischen Fragen existierte nur selten Dissens. Beispielsweise konnten sich national-konservative Verleger und Journalisten mit der vehementen Ablehnung des Versailler Vertrages durchaus identifizieren, die von den neuen Machthabern propagiert wurde. Den Journalisten im Dritten Reich blieben sogar gewisse Spielräume fur verhaltene Kritik. Das System der Presselenkung war weder perfekt noch homogen. Von den Presseanweisungen der Reichspressekonferenz abgesehen, waren Vorgaben einer zentralen Befehlsgewalt selten. Wenn sie existierten, blieb die Ausfuhrung der Anweisungen vielfach nachgeordneten Instanzen überlassen. Reibereien zwischen den Reglementierern waren somit vorprogrammiert. Den Zeitungen wurde zunächst die Illusion gelassen, innerhalb des Systems eine eigenständige Rolle spielen zu dürfen. Durch die schrittweise Einbeziehung der "bürgerlichen" Presse in das Gesamtsystem wurden Verleger und Journalisten 1 Erika Martens: Zum Beispiel das Reich. Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime, Köln 1972, Seite 13. Goebbels beschrieb den Zustand während einer Kundgebung des Reichsverbandes der Deutschen Presse am 19.04.1934: "Ich wußte. .., daß ich auf die Mithilfe der Presse angewiesen war, und war mir auch darüber im klaren, daß es im nationalsozialistischen Lager überhaupt an so vielen Federn fehlte, als daß wir hier entstehende Lücken vollkommen hätten ausfüllen können ", in: "Die Kundgebung des RDP im Preußenhaus. Reichsminister Dr. Goebbels an die deutsche Presse", in: DP Nr. 16/1934, Seite 5

15

kontinuierlich zu Komplizen des Regimes. Und war das Rückgrat erst einmal gebrochen, war es für die zuständigen Stellen ein leichtes, auch "bürgerliche" Journalisten zu Handlangem der Gesamtpropaganda zu machen. Die trügerische Hoffnung, eigene Anliegen in ihrer Substanz bewahren zu können, führte dann zunehmend zur nicht mehr umkehrbaren Verstrickung in den Herrschaftsapparat des Nationalsozialismus. Effektiv aber war das Zusammenspiel von "bürgerlicher" Presse und Regime nicht unbedingt. Zumindest gemessen an den Ansprüchen des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda. Die den Journalisten zugedachte Position konnten diese nicht zur Zufriedenheit der Machthaber ausfüllen. Eine Mischung aus Renitenz, Unsicherheit und Inkompetenz erschwerte die "Zusammenarbeit" erheblich. Mit den alten Journalisten der "Systemzeit" war nach Ansicht der Regierenden auf Dauer kein Staat zu machen; so galten die Hoffnungen bald ganz dem journalistischen Nachwuchs. Neue Journalisten sollten her, aufgewachsen und gedrillt im Geist der braunen Ideologie. Journalisten, die die Prinzipien des NS-Staates nicht hinterfragten, sondern sich geschickt um deren publizistische Verbreitung kümmern sollten. Folglich wurde die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses ab 1934 zum beherrschenden Thema in Fachkreisen. Die überragende Bedeutung, die der Nationalsozialismus der Journalistenausbildung beimaß, ergab sich konsequent aus der Entwicklung weg vom Zeitungsverbot, hin zu einer Sanktionspraxis gegenüber den einzelnen Journalisten. Nach der Machtübernahme war es gängige Praxis, das Erscheinen unbotmäßiger Blätter mit Hilfe der Universalverordnung nach dem Reichstagsbrand und auf Grundlage des "Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Staat" kurzerhand zu verbieten. Eine Patentlösung war das nicht. Schließlich schwächten Zeitungsverbote die Propagandafunktion der Presse. Einzelne Journalisten hingegen waren austauschbar, man mußte nur über genügend gut geschulte Kräfte verfugen. So nahm sich der totalitäre Staat alsbald der Ausbildung an, auch in der Hoffnung, Indoktrination könne auf Dauer Sprachregelungen und andere Vorschriften überflüssig machen. Die Ausbildung der Journalisten im Dritten Reich gehörte zum Kompetenzbereich des Reichsverbandes der deutschen Presse. Der Verband konzipierte und betrieb die Reichspresseschule in engem Einvernehmen mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Reichsminister Joseph Goebbels kümmerte sich höchstpersönlich um die Schule. Es erstaunt daher, daß die Thematik bislang nur ungenügend aufgearbeitet worden ist. Hauptursache für die 16

Defizite dürfte sein, daß Literatur- und Aktenlage als äußerst unzureichend bezeichnet werden müssen. Der im Haus der Deutschen Presse gelagerte Aktenbestand des Reichsverbandes der deutschen Presse (RDP)' wurde Anfang 1944 durch einen englischen Luftangriff auf Berlin nahezu vollständig vernichtet.2 Nachdem auch das Berliner Ausweichquartier des RDP durch Bomben zerstört worden war, ordnete der RDP-Leiter Wilhelm Weiß die Evakuierung der Geschäftsstelle nach Bayern an.3 Die Hauptgeschäftsstelle des RDP residierte bis Kriegsende in Ingolstadt. Unter der offiziellen Anschrift des RDP in der Berliner Zimmerstraße 23 war nur eine Verbindungsstelle zu erreichen, die alle Anfragen der Mitglieder nach Ingolstadt weiterleitete.4 Es werden unterschiedliche Angaben darüber gemacht, wo die restlichen Akten des Reichsverbandes verblieben sind, darunter auch Dokumente der Reichspresseschule. Die letzte kommissarische Hauptgeschäftsftihrerin des RDP, Gertrud Hoffmann, behauptet, die Dienststelle sei "ohne Mitnahme von Akten" nach Ingolstadt verlagert worden. Alle neu anfallenden Unterlagen habe sie bei Kriegsende einer Wehrmachtseinheit zur Vernichtung übergeben.5 Eine andere Version vertritt die RDP-Chronistin Marie Matthies, selbst langjährige Mitarbeiterin der Geschäftsführung des RDP. Nach ihren Angaben hat der "Hauptanteil der noch vorhandenen geschäftlichen Unterlagen" den Umzug nach Ingolstadt sehr wohl mitgemacht und sei nach Besetzung der Stadt in die Hände 1 Im Haus der Deutschen Presse lagerten seit Ende 1939 auch die Akten der Reichspresseschule. In einem Brief des RDP-Hauptgeschäftsfuhrers Hans Henningsen an Heinz Hecker, den letzten Leiter der Reichspresseschule, heißt es: "Das gesamte Aktenmaterial habe ich beim RDP unterbringen lassen", in: Schreiben Henningsen an Hecker vom 10.01.1940, Β A R 103/184 2 Vergi, dazu Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache. Zur Geschichte des Reichsverbandes der deutschen Presse, Berlin 1969, Seite 144. Diese Angaben der RDP-Angestellten Marie Matthies werden auch von Gertrud Hoffmann, der letzten kommissarischen Geschäftsfuhrerin des Reichsverbandes in einem Brief an den Verf. vom 23 .05 .1988 bestätigt 3 Vergi. Rundschreiben des RDP Nr. 10/1944, in: Β A R 103/7 4 Die Anschrift der Ausweichstelle Ingolstadt mußte vertraulich behandelt werden. Vergi. Rundschreiben des RDP Nr. 1/1944 vom 07.08.1944, B A R 103/8 5 Schreiben von Gertrud Hoffmann an den Verfasser vom 23.05.1988. Weiter fuhrt Frau Hoffmann aus, sie habe den im April 1945 in Ingolstadt einrückenden amerikanischen Truppen nur eine Quittung der mit der Vernichtung beauftragten deutschen Dienststelle übergeben

17

der Amerikaner gelangt.1 Die in Berlin verblieben Unterlagen seien an einem Ort im Osten Berlins gelagert worden, "wo sich ihre letzte Spur verlor".2 Recherchen haben ergeben, daß der Staatliche Archivfond der DDR nicht über die von Marie Matthies genannten Akten verfugte.3 Und auch in Ingolstadt scheint kein Material mehr zu existieren.4 Letztlich kann nicht geklärt werden, ob die vom Bundesarchiv im Bestand R 1035 zusammengetragenen Unterlagen des Reichsverbandes wirklich die kompletten Überreste der RDP-Akten darstellen. Das vorhandene Material ist zwar unvollständig, es enthält aber doch wichtige Hinweise. Daher kann der Verfasser versuchen, die Bemühungen des RDP um die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses im Dritten Reich zu rekonstruieren.

1 Diese Version erscheint pausibel und würde die Herkunft des Bestandes R 103 im Bundesarchiv in Koblenz bestätigen 2 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 144 f 3 Schreiben des Zentralen Staatsarchivs der DDR an den Verf. Vom 21.09.1987. Der Medienhistoriker Boguslaw Drewniak, der im Zentralen Staatsarchiv arbeiten durfte, bestätigt diese Angaben in einem Brief an den Verf. vom 29.08.1988 4 Schreiben des Stadtarchivs Ingolstadt an den Verf. vom 06.05.1988 5 Der Zugang zum Bestand R 103 wird durch ein sehr ungenaues Findbuch erheblich erschwert. Das mag erklären, warum die RDP-Akten bislang nur selten genutzt wurden

18

2.

PRESSE U N T E R D R U C K

2.1. Weimarer Presse in der Krise "Aber auch in den schwersten Stunden hat die Materie nicht über den Geist gesiegt, von dem die Führung dieser Organisation von Anbeginn an beseelt und bis zum heutigen Tage getragen wurde... Der Leser wird erkennen, wie mit dem Wachstum des VDZV die Erkenntnis von der ausschlaggebenden Bedeutung der publizistischen Aufgabe des Verlegers im Sinne einer dem Volksganzen gegenüber bestehenden Verpflichtung nahezu öffentlicher Art allen anderen Erwägungen übergeordnet wurde." 1 Mit solchen Schachtelsätzen feierten deutsche Verleger in der Nachkriegszeit das sechzigjährige Bestehen ihres Berufsverbandes. Nutzen und Notwendigkeit dieser Organisation müssen beträchtlich gewesen sein. Denn glaubt man der Selbstdarstellung des Vereins Deutscher Zeitungsverleger (VDZV), so hat sich die Presse in Deutschland seit ihren Anfängen permanent in der Krise befunden. Ob Wirtschaftskrisen oder politische Bevormundung durch die jeweils Regierenden, stets sei das Unheil von außen über die Verlage hereingebrochen. Da wird die Verbandsgeschichte des VDZV zu einem Epos heldenhaften Krisenmanagements: die Verleger als wehrhafte Opfer, die für Volk und Vaterland den "Kampf' aufnehmen, rast- und selbstlos, nur dem Allgemeinwohl verpflichtet. Nun ist es das gute Recht eines jeden Verbandes, sich selbst in ein möglichst gutes Licht zu rücken. Der Vollständigkeit halber lohnt es sich jedoch, auch die Schattenseiten etwas näher zu betrachten. Stellvertretend fur die Gesamtproblematik sollen hier kurz drei Ursachen für die Krise der Weimarer Presse skizziert werden: die enge Anlehnung an die Autorität des Staates, die Bedrohung der Pressefreiheit durch die Notverordnungen und die wirtschaftliche Misere der meisten Verlage zu Beginn der dreißiger Jahre. Zwei maßgebende Gründe waren dafür verantwortlich, daß sich am 7. Mai 1894 eine Reihe von Verlegern zum VDZV zusammenschlössen. Zum einen drückte

1 Walther Jänecke: Zum Geleit!, in: Verein Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, Wiesbaden 1954, Seite 9

19

die im Anzeigengeschäft "eingerissene Preisschleuderei" 1 die Gewinne der Zeitungsunternehmen, zum anderen galt es fur die alten Verlage, sich gegen die aggressive Konkurrenz der Generalanzeiger zu wehren.2 Die "Einheitsfront der Verleger" sollte also in erster Linie wirtschaftlichen Zielen dienen, denn die Verleger fürchteten um ihre Rendite.3 Auch in der Folgezeit fühlten sich Deutschlands Verlage ständig in ihrer Existenz bedroht, vor allem die hohen Papierpreise erzeugten Panik. Um Preiserhöhungen abzuwenden, verhandelte der unablässig auf Unabhängigkeit der Presse pochende VDZV sogar mit Regierungsstellen, um die Verkaufspreise für Papier staatlich festsetzen zu lassen.4 Im Laufe des Ersten Weltkrieges waren die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft erheblich zurückgegangen. Doch anstatt mit dem spitzen Bleistift zu kalkulieren, versuchten die Verleger zunächst, unter Hinweis auf die "hohe Bedeutung der Presse für 'die siegreiche Durchführung des Krieges'" den Staat um Unterstützung anzugehen.5 Ebenso in den Jahren der Weimarer Republik wähnten sich die Verlage immer kurz vor dem wirtschaftlichen Ruin. Zu Beginn der Inflationszeit klagte der VDZV laut über unzumutbare Preiserhöhungen für Papier und Maschinen. Natürlich waren den Verlegern auch Löhne und Gehälter zu hoch. Die Wirtschaftsgesetze des freien Spiels der Kräfte wollten die Verleger für sich nicht gelten lassen. Statt dessen ertönte bei jeder Gelegenheit der Ruf nach der hilfreichen Hand des Staates. Die Bereitschaft zur engen Kooperation mit Regierung und Gesetzgeber und die damit verbundene Gefahr, sich in Abhängigkeit zu begeben, verursachte den meisten Verlegern durchaus kein Kopfzerbre1 In einem "streng vertraulichen" Rundschreiben des VDZV vom 15. März 1897 an die Zeitungsverleger des Regierungsbezirks Magdeburg hieß es zum Thema "Rabattunwesen": "Wir arbeiten, sorgen und plagen uns, aber der Gewinn unserer Arbeit, der Gewinn, auf den wir ein Recht haben, geht zum großen Teil in andere Taschen." Es sei an der Zeit, durch Preisabsprachen eine "Gesundung des Inseratengeschäfts herbeizufuhren". Zitiert nach Hermann Hornung: Probleme, Entwicklung und Geschichte der Organisationen und Berufsverbände der Presse, Phil. Diss. Münster 1940, unveröffentlichtes maschinenschriftliches Manuskript, Seite 223 f 2 Zur Geschichte und den Zielen des VDZV vergi, auch Paul Dierichs: Der Zeitungsmarkt in Deutschland, o.O. 1928, Seite 99 ff. Siehe auch Hermann Hornung: Probleme, Entwicklung und Geschichte..., a.a.O., Seite 208 ff 3 Vergi. Helmut Egloff: Arbeits- und Berufsorganisationen im deutschen Zeitungsgewerbe, Berlin 1927, Seite 198 4 VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 69 f 5 Ebenda, Seite 71 ff

20

chen. Obrigkeitsstaatliches Denken entsprach der Tradition. Und an Loyalität und Patriotismus wollte sich der überwiegende Teil der Presse von niemandem übertreffen lassen. In einer Erklärung des Verbandes wenige Wochen nach Beginn des ersten Weltkrieges hieß es wörtlich: "Deutschlands Würde ist in unsere Hand gegeben... Das bringt höchste Pflichten mit sich, vor allem auch die Pflicht, schärfste Zensur in allem selbst zu üben und sich nicht auf die öffentliche Zensur zu verlassen."1 "Staatstragende" Töne dieser Art waren dann auch nach der Machtübernahme an der Tagesordnung. Nur hatten die pathetischen Ergebenheitsadressen den Adressaten gewechselt. Im Mai 1933 gelobte das Präsidium des Verlegerverbandes dem nationalsozialistischen Reichskanzler, "daß die im Verein Deutscher Zeitungsverleger zusammengeschlossenen Verleger ihre Kraft freudig in den Dienst Ihrer Führerschaft für die politische Wiederaufrichtung des Staates und für die geistige und seelische Erneuerung der deutschen Nation stellen". Unterzeichnet war das Telegramm auch von den "bürgerlichen" Verlegern Waither Jänecke, Albert Knittel und Julius Karl von Zweck. 2 Auch die per Gesetz abgesicherte Einschränkung der Pressefreiheit durch das NS-Regime kann nicht als Novum bezeichnet werden. Spätestens seit den unseligen Notverordnungen der Regierung Brüning begann eine Knebelung der Presse, die dann nach 1933 verfeinert und ausgestaltet werden sollte. Bereits die Republik-Schutzgesetze von 1922 und 1930 hatten sehr weitgehende redaktionelle Eingriffsrechte des Staates legalisiert.3 Die folgenden Notverordnungen vom 28. März und 17. Juli 1931 erweiterten dann diese Möglichkeiten zur Beschneidung der Pressefreiheit noch erheblich. Die Formulierungen waren dabei derart allgemein gehalten, daß behördlicher Willkür Tür und Tor geöffnet war. Die "Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen" vom 17. Juli 1931 zeigt diese Gefahr besonders deutlich. Die

1 Zitiert nach VDZV (Hrsg): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 81 2 Zitiert nach Erich Wagner: von Zweck: Signale im Verhängnis. Über den Versuch von Zeitungen, im Dritten Reich Distanz zu halten und über die Distanz zu kommen, in: Publizistik aus Profession. Festschrift für Johannes Binkowski, hrsg. von Gertraude Steindl, Düsseldorf 1978, Seite 119 3 Eine ausführliche, wenn auch ideologisch eingefärbte Analyse der Beschränkung der Pressefreiheit durch die Republik-Schutzgesetze findet sich bei Fritz Rummel: Die rechtliche Freiheit der Presse im liberalen und nationalsozialistischen Staat, Jur. Diss. Göttingen 1935, Seite 23 ff

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Androhung von Sanktionen bis hin zum Verbot von Publikationen bei "Gefahrdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" ließ den zuständigen Stellen einen weitestgehenden Ermessensspielraum. Der Jurist Fritz Rummel konstatierte nicht ganz zu Unrecht: "Durch die Einführung dieser Generalklausel wurde die Pressefreiheit beseitigt".1 Der im Preßgesetz von 1874 garantierte Schutz vor vorbeugenden Maßnahmen der Verwaltung war jetzt aufgehoben, unbotmäßiges Verhalten konnte mit dem Verlust der Existenzgrundlage bestraft werden. Zudem war es nun den Reichsund Landesbehörden möglich, in allen periodischen Druckschriften Mitteilungen veröffentlichen zu lassen, die von den Redaktionen weder kommentiert noch verändert werden durften.2 Dennoch konnte sich das Verlegerorgan "Zeitungs-Verlag" nur zu zaghaftem Protest entschließen. Moniert wurde lediglich, daß sich die Bestimmungen auch gegen die angeblich "ernsthafte und verantwortungsbewußte" Presse richten, "auf deren Mitarbeit die Regierung in der heutigen schwersten Zeit mehr als jemals lebensnotwendig angewiesen" sei.3 Gegen eine Gängelung der "radikalen Presse" hatte die Reichsarbeitsgemeinschaft der Deutschen Presse, ein Zusammenschluß von Verlegern und Journalisten,4 hingegen kaum etwas einzuwenden, auch wenn man den Verordnungen wenig Nutzen zubilligte.5 Einmal mehr bewies die Mehrheit der Verleger, daß sie ein gespaltenes Verhältnis zum Prinzip der Pressefreiheit besaß und sich in erster Linie eine staatstragende Rolle beimaß: "Wir sind uns dessen bewußt, daß jetzt nicht die Freiheit und die Rechte der Presse im Vordergrunde stehen, sondern die Pflichten der Presse." 6 Die Reichsregierung wird es wohlwollend zur Kenntnis genommen haben. Und Walther Heide, der beflissene Pressereferent der 1 Fritz Rummel: Die rechtliche Freiheit. ., a.a.O., Seite 35 2 Zu den Auswirkungen der Notverordnungen vergi. Theodor Geissler: Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse, Jur. Diss. Jena 1936. Siehe auch Franz Gustav Ronco: Zur Organisation der Pressekammer, Jur. Diss. Köln 1932, Seite 34 und Kurt Koszyk: Das Ende des Rechtsstaates 1933/34 und die deutsche Presse, in: Sonderdruck aus Journalismus, Band 1, Schriftenreihe des Deutschen Instituts für publizistische Bildungsarbeit, Düsseldorf 1960, Seite 9 ff 3 N.N.: Die Notverordnungen über die Presse, in: ZV Nr. 30/1931 4 Zur Geschichte der Reichsarbeitsgemeinschaft vergi. Franz Gustav Ronco: Zur Organisation der Pressekammer, Jur. Diss. Köln 1932, Seite 19 f 5 Vergi. VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite

155 f

6 N N.: Die Notverordnungen über die Presse, in: ZV Nr.30/1931

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Reichsregierung,1 konnte Ende 1932 zufrieden Bilanz ziehen. Von März 1931 bis zum 10. September 1932 ergingen aufgrund der Notverordnungen 379 Zeitungsverbote, von denen 235 auf die Blätter der äußersten Rechten und Linken entfielen.2 Die Sanktionspraxis habe der "Verrohung und Verwilderung" einen Riegel vorgeschoben und "dem politischen Leben wieder die Formen guter deutscher Sitte aufgezwungen".3 Und weil mail an eine anhaltend heilsame Wirkung der Maßnahmen glaubte, wurden die Beschränkungen der Pressefreiheit im Dezember 1932 zu einem guten Teil wieder aufgehoben. Die Polarisierung der Gesellschaft und die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde aber weder durch die Verbote noch durch deren Aufhebung behindert. Dem NSRegime kamen die bereits vorhandenen Möglichkeiten höchst gelegen. Erste Operationen der Regierung Hitler gegen die Presse stützten sich auf Notverordnungen nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung. So unangenehm die Notverordnungen auch waren, ein großer Teil der Weimarer Presse hat sie ohne größeren Widerstand über sich ergehen lassen. Und ähnlich passiv begegneten die meisten Zeitungen auch der zunehmenden Radikalisierung des öffentlichen Lebens.4 Nach 1945 sprach sich die Presse von einer Mitverantwortung ausdrücklich frei, indem sie dem staunenden Publikum einen wundersamen Alleinschuldigen präsentierte: "Der Leser revoltierte! Er lehnte es ab, sich weiter raten zu lassen... Die Behauptung, die 'bürgerliche' Presse habe in den Jahren des Kampfes nicht genügend Widerstand geleistet, ist in dieser allgemeinen Form unwahr. Es gibt viele Beispiele dafür, daß sie sich bis zum Verbluten aufgeopfert hat. Dagegen steht fest, daß ihr Widerstand keine Resonanz bei den Lesern fand." 5 Ganz anders das Urteil des scharfsinnigen Eugen Kogon: die "bürgerliche"

1 Zur Vita des Walther Heide vergi. Hans Bohrmann und Arnulf Kutsch: Der Fall Walther Heide, in: Publizistik Nr. 3/1975, Seite 805 ff 2 Walther Heide: Staat und Presse, in: ZV Nr. 51/1932, Seite 871 3 Ebenda 4 Daß die bürgerliche Presse Hitler und seine NSDAP zunächst nicht sonderlich ernst nahmen, wird sogar in der Beschönigungsliteratur, mit der sich die Verlage nach 1945 zu rechtfertigen versuchten, nicht abgestritten. Vergi. z.B. Hans Stöcker, Heinz Greeven und Peter Herbrand (Hrsg.): Zwischen den Zeilen, Düsseldorf o.J., Seite 7 f. Wie sehr die bürgerlichen Zeitungen den Nationalsozialismus unterschätzten, belegen Norbert Frei und Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich, München 1989, Seite 9 ff 5 VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 155

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Presse sei der NSDAP in den letzten Jahren der Republik zwar nicht "besonders hold" gewesen, sie habe aber durch '"Meinungsneutralität' die kritischen Denkvoraussetzungen des Widerstandes" geschwächt und dazu beigetragen, "daß ihre Leser 1933 mit einem kräftigen Konjunktur-Hurra in die Gleichschaltungsfront einschwenkten". 1 Die allgemeine Verfassung der deutschen Presse zu Beginn der dreißiger Jahre bildete einen willkommenen Ansatzpunkt für pressepolitische Maßnahmen des NS-Staates. Auch die desolate wirtschaftliche Situation der Verlage vor 1933 sorgte

zunächst

dafür,

daß Teilaspekte

der

"Neuordnung

des

deutschen

Pressewesens" bei den Verlegern nicht unbedingt auf erbitterten Widerstand stießen. Der in Sonntagsreden immer wieder betonte Anspruch, ein Zeitungsverleger dürfe sich nicht am Profit orientieren, sondern müsse in erster Linie der Allgemeinheit dienen, vertrug sich natürlich nicht mit den Realitäten des Gewerbes. Der Zeitungswissenschaftler Max Grünbeck ging da schon ehrlicher und realistischer zu Werke: "Aller Geist beruht auf Wirtschaft... ", schrieb er 1931 in einer Analyse, es sei "durchaus überflüssig und zwecklos, die wirtschaftliche Seite des Zeitungswesens in ihrer Bedeutung, wie es häufig geschieht, herabzumindern." Und die Wirtschaftslage vieler Verlage war Anfang der dreißiger

2

Jahre

katastrophal.3 Nach der Depression zu Beginn der zwanziger Jahre bescherte das Jahr 1924 den Verlagen einen veritablen Boom im Inseratengeschäft, der sich bis Mitte 1925 hinziehen sollte. Doch die in dieser Zeit sprudelnden Gewinne konnten die Inflationsschäden kaum ausgleichen. Rationalisierungsmaßnahmen der Wirtschaft und der damit verbundene Wegfall der Anzeigenkunden sorgten dafür, daß die Konjunktur des Zeitungswesens von Mitte 1925 bis 1926 schlechter lief, als es die gesamtwirtschaftliche Lage hätte erwarten lassen. Zudem bewirkte die anhaltende Arbeitslosigkeit einen Rückgang bei den Kleinanzeigen der Privatkundschaft. Zwar konnten die

Verleger ihre Betriebsergebnisse 1927 leicht steigern, die

Gewinne aber erreichten nicht mehr die Marke der Jahre 1924/1925, da das Gewerbe erhebliche Kostensteigerungen zu verzeichnen hatte. Für den leichten Aufschwung bis 1928 war in erster Linie das vermehrte Anzeigenaufkommen 1 Eugen Kogon:

Vom Elend unserer Presse, in: Frankfurter Hefte, 3. Jg.

Heft

7,

Frankfurt a.M. Juli 1948, Seite 615 2 Max Grünbeck: Die deutsche Presse in der Wirtschaftskrise, in: Z W Nr. 6 / 1 9 3 1 , Seite 3 8 4 3 Vergi, dazu Friedrich Bertkau und Karl Börner: Der wirtschaftliche Aufbau des deutschen Zeitungsgewerbes, Berlin 1932

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verantwortlich, die Abonnentenzahlen wuchsen nur in geringem Maß. Ab 1929 vollzog sich dann ein Abstieg, der bereits alle Merkmale einer lang anhaltenden Wirtschaftskrise aufwies. Zeitungen in ländlichen Gebieten waren vom Niedergang zuerst betroffen, gegen Ende 1929 wurden dann auch die großen Zeitungen in den Städten davon erfaßt. Nicht nur, daß bis zu 30 Prozent weniger Anzeigenraum verkauft werden konnte, auch die Zahlungsmoral der Kundschaft ließ zunehmend zu wünschen übrig. Und zu Beginn des Jahres 1930 sollte sich diese Talfahrt rasant beschleunigen. Zum Anzeigenschwund gesellten sich nun auch verstärkt Abonnementkündigungen, weil der von Arbeitslosigkeit gebeutelten Leserschaft das Geld ausging.1 Das folgende Jahr 1931 bezeichnet Max Grünbeck dann "als das schwärzeste Jahr der Zeitungswirtschaft seit der Inflation".2 Das große Firmensterben und die unsicheren Zukunftserwartungen der überlebenden Wirtschaft hatten sich katastrophal auf das Zeitungsgewerbe ausgewirkt. Der Anzeigenrückgang von 1925 bis 1931 bezifferte sich auf existenzgefährende 51 Prozent,3 während sich die Kosten im gleichen Zeitraum beträchtlich erhöht hatten.4 Allein von Mitte 1930 bis Mitte 1931 mußten die Verlage im Anzeigengeschäft Einnahmeausfalle von etwa 20 Prozent verkraften,5 und das Vertrauen der gewerblichen Kundschaft in den Erfolg ihrer Anzeigen sank weiter. Bis Ende 1933 ging das Anzeigengeschäft gar um 40 Prozent zurück.6 In ihrer Not versuchten die Zeitungen, die Mitbewerber um den immer knapper werdenden Anzeigenkuchen durch ruinöse Preiskämpfe auszubooten. Hohe Rabatte wurden üblich. Viele der ohnehin schon geschwächten Verlage blieben dabei auf der Strecke und wurden aufgekauft. 7 Unter anderem beriefen sich die Nationalsozialisten nach 1933 auf diese Krisenerscheinungen bei ihren Anordnungen zur "Befriedung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Pressewe-

1 Vergi, dazu Emil Dovifat: Die Presse am Ende der Weimarer Republik, in: "Das Parlament" vom 15.09.1954, Seite 2 2 Max Grünbeck: Die deutsche Presse in der Wirtschaftskrise, a.a.O , Seite 388 3 Ebenda, Tabelle 3, Seite 388 4 Ebenda, Tabelle 4, Seite 389 5 Ebenda, Tabelle 5, Seite 393 6 Vergi. Orón Hale: Presse in der Zwangsjacke, Düsseldorf 1965, Seite 120 7 Zum Konzentrationsprozeß im Pressewesen vergi. Rolf Strüder: Der ökonomische Konzentrationsprozeß im deutschen Zeitungswesen unter besonderer Berücksichtigung der Provinzpresse, Phil. Diss. Heidelberg 1933

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sen". Den Verlegern wurde die Fähigkeit abgesprochen, selbst für die Rentabilität ihrer Zeitungen sorgen zu können. Eingriffe des Staates seien daher unvermeidlich gewesen, um die "schlimmsten Konkurrenzverhältnisse" 1 zu beseitigen. Die Verordnungen der Reichspressekammer seien somit auch eine Antwort des Staates auf den wirtschaftlichen Dilettantismus der Verleger gewesen. "Es sind die Erscheinungen der letzten Jahre der Weimarer Republik auf wirtschaftlichem Gebiet hinreichend bekannt. Unter Zuhilfenahme von Krediten ohne Sach- und Fachkenntnis, mangelhaft ausgestattet, auf kaufmännisch untragbaren Prinzipien aufgebaut, taten sich damals Unternehmungen aller Art auf, erschütterten... die wirtschaftliche Basis ihrer soliden Konkurrenten und gingen schließlich... unter".2 Auf gesunkene Einnahmen konnten die Verlage nicht mit einer entsprechenden Senkung der Kosten reagieren. Im Gegenteil, verstärkte Kundenpflege verursachte zusätzliche Kosten für Löhne und Provisionen. Eine Krisenspirale, aus der es kein Entrinnen zu geben schien. Was blieb, war Hoffnung auf die Zukunft. Max Grünbeck schloß seine Analyse mit den Worten: "Möge dem deutschen Zeitungsgewerbe bald wieder eine bessere Zeit erblühen, denn: geht es den deutschen Zeitungen gut, dann geht es auch dem deutschen Volk gut!" 3 Man ist fast geneigt, Grünbeck prophetische Gabe zu bescheinigen. Denn in negativ formulierter Version sollte diese Verknüpfung Jahre später tatsächlich zutreffen.Viele Zeitungsunternehmen, von Grünbeck als "Barometer der Gesamtwirtschaftslage"4 bezeichnet, standen nun tatsächlich vor dem Nichts. Wen wundert es da, daß vor allem bei kleinen Verlagen auch Hoffnung keimte, als der Nationalsozialismus damit begann, das Zeitungswesen von Grund auf umzukrempeln. So hielt sich der Protest in Grenzen, als die lästige Konkurrenz der linken und der Generalanzeigerpresse kurzerhand verboten wurde. Allein die vom Verbot betroffenen 200 SPD- und 35 KPD-Zeitungen repräsentierten eine Gesamtauflage von rund zwei Millionen Exemplaren.5 Daß den privaten Verlagen durch 1 Hans Merkens: Das Rentabilitätsgesetz der Zeitung und seine Bedeutung fiir den publizistischen Kampf, Dresden 1940, Seite 77 2 Wilhelm Kaffl: Die Pressefreiheit im nationalsozialistischen Staat, Jur. Diss. München 1937, Seite 104. Zur Wirtschaftskrise der Presse in der Weimarer Republik vergi, auch Siegfried Walchner: Die Neuordnung der deutschen Presse und ihre wirtschaftliche Organisation, Phil. Diss. Gießen 1937, Seite 8 ff 3 Max Grünbeck: Die deutsche Presse in der Wirtschaftskrise, a.a.O., Seite 397 4 Ebenda, Seite 392 5 Vergi. Norbert Frei und Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich, München 1989, Seite 22 f

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einen NS-Pressetrust eine noch viel gefährlichere Konkurrenz erwachsen sollte, war 1933 noch nicht in aller Deutlichkeit abzusehen. Im Gegenteil, die Verleger glaubten Hitler, als dieser Ende März 1933 "durchblicken" ließ, er sei "auf die Mitwirkung der bürgerlichen Presse" angewiesen.1 Und als dieser angeblich auch noch ein "grundsätzliches und sehr betontes Bekenntnis zur Pressefreiheit" 2 ablegte, hofften viele Verleger, sie könnten sich im totalitären Staat ein Stückchen Unabhängigkeit bewahren. Dabei hätte ein Blick in "Mein Kampf' genügt, um sich vor Illusionen zu schützen. Denn dort bezeichnete Hitler die Freiheit der Presse ganz ungeschminkt als "straflose Volksbelügung und Volksvergiftung".3 Gegen Ende der Weimarer Republik und während des Dritten Reiches ging es den verbliebenen "bürgerlichen" Verlagen nur noch darum, die eigene Haut zu retten. Der Fortbestand der eigenen Zeitung galt nun als Wert an sich.4 Angst und Naivität prägten die meisten Verleger im Umgang mit den neuen Machthabern. So menschlich verständlich diese Haltung in der konkreten Situation auch gewesen sein mag, gemessen am eigenen Anspruch hatte die Mehrheit der Verleger versagt. Die salbungsvollen Worte vom Wert der Presse als "Gewissen der Nation" 5 waren schnell vergessen. Von den Papiertigern in den Verlagen hatten die Nationalsozialisten wahrlich nichts zu befürchten. Und nicht wenige gingen nach kurzer Schamfrist "mit fliegenden Korrekturfahnen in das Lager des Siegers über".6

1 VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 160 2 N N.: Reichskanzler Hitler über die Aufgaben der Presse, in: ZV Nr. 8/1933, Seite 121 3 Adolf Hitler: Mein Kampf, München 263. - 264. Auflage 1937, Seite 268 4 Vergi, dazu z.B. Hans Stöcker, Heinz Greeven und Peter Herbrand (Hrsg.): Zwischen den Zeilen, Düsseldorf o.J. Auf den Seiten 8 f heißt es: "Mit dem Einwand, die bürgerlichen Verleger hätten ihre Verlage einstellen, ihre Zeitungen eingehen lassen sollen, ist nichts anzufangen" 5 VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 80 6 Eugen Kogon: Vom Elend unserer Presse, a.a.O., Seite 615

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2.2. Presse im Nationalsozialismus "Die Tätigkeit der sogenannten liberalen Presse war Totengräberarbeit am deutschen Volk und Deutschen Reich... Was aber hat der Staat gegen diese Massenvergiftung der Nation unternommen? Nichts, aber rein gar nichts! Ein paar lächerliche Erlasse, ein paar Strafen gegen allzu heftige Niederträchtigkeit, und damit war Schluß... Es hatte niemand den Mut, durchgreifende Radikalmittel anzuwenden".1 Nach der Machtübernahme war der Zeitpunkt für die von Hitler angekündigten "durchgreifenden Radikalmittel" gekommen. Auf Schonung konnte die Presse nicht hoffen. Zu tief saß der Haß der neuen Herren, und zu genau wußten diese, daß ihre Macht ohne total kontrollierte Massenmedien auf tönernen Füßen stand. Mit großer Genugtuung stellte der Redakteur des Völkischen Beobachters und spätere Chef des Reichsverbandes der Deutschen Presse, Wilhelm Weiß, kurz nach der Machtübernahme fest, der "Koloß der bürgerlich-liberalistischen Pressemacht" habe vor dem Nationalsozialismus kapituliert.2 Der "Koloß" selbst aber durfte noch ein Weilchen existieren. Denn das NSRegime war zunächst noch auf eine funktionierende bürgerliche Presse angewiesen.3 Durch eine schnelle Gleichschaltung des gesamten Medienapparates hätte die Propaganda des Dritten Reiches viel an Effizienz verloren. Das "publizistische Führungsmittel" Zeitung wurde vergleichsweise behutsam vor den Karren des Regimes gespannt. Für den Leser im In- und Ausland sollte das Ausmaß der staatlichen Einflußnahme im Dunkeln bleiben. Die Presselenkung im Dritten Reich ging auf drei Ebenen vonstatten: institutionell, ökonomisch und inhaltlich.4 Auf diese Ansatzpunkte soll im folgenden etwas näher eingegangen werden.

1 Adolf Hiter: Mein Kampf, a.a.O., Seite 265 f 2 Wilhelm Weiß: Bekenntnis und journalistische Technik, in: DP Nr. 8/1933, Seite 93 3 Vergi, dazu Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin, Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1982, Seite 392 und Fred Hepp: Der geistige Widerstand im Kulturteil der "Frankfurter Zeitung" gegen die Diktatur des totalen Staates 1933-1943, Phil. Diss. München 1949, maschinenschriftliches Manuskript, Seite 6 ff 4 Vergi, dazu die Studie von Gabriele Toepser-Ziegert: Die Presselenkung im Nationalsozialismus, in: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit Band I: 1933, München-New YorkLondon-Paris 1984, Seite 21* ff

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2.2.1.

Zuckerbrot und Peitsche Die zwiespältige Situation der Presse nach 1933

Nach Paragraph 7 der "Verordnung zum Schutz des deutschen Volkes" vom 4. Februar 1933 konnten Druckschriften, deren Inhalt angeblich geeignet war, die "öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden", polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden.1 Die Verordnung nötigte den Verfassern nicht sonderlich viel Kreativität ab. Nahezu wortgleiche Formulierungen fanden sich j a schon in den Notverordnungen aus Weimarer Zeit, worauf der Kommentator und NS-Vorzeigejurist Hans Frank denn auch korrekt verwies. Mitte März 1933 erklärte Reichsminister Joseph Goebbels: "Ich sehe im Verbot von Zeitungen keinen normalen und auch keinen idealen Zustand", doch die Regierung werde "nötigenfalls Mittel und Wege finden, um mit der Presse fertig zu werden."

2

Trotz des drohenden Untertons hatte der Minister damit nach dem

Verständnis vieler Verleger angedeutet, daß er in der Zukunft bereit sei, auf Zeitungsverbote zu verzichten. Und auch auf anderen Gebieten schienen die Machthaber zunächst bemüht, den Interessen der Verlage entgegenzukommen. Beispielsweise versuchten sie, die Zeitungen aus der Abhängigkeit von Großinserenten zu befreien, ein Problem, das vor allem kleine Verlage mit Konkurrenz vor Ort schon seit Jahrzehnten drückte.3 Ständig betonten hochrangige Regierungsverteter vor Verlegern und Journalisten den Wunsch nach gegenseitigem Vertrauen und Kooperation. In einer Rede vor der auswärtigen Presse erklärte Goebbels im April 1934: "Wer... mitarbeiten will, der ist uns herzlich willkommen. Wir halten ihm die Hand entgegen und erwarten, daß er offen und vorbehaltlos in diese Hand einschlägt. Vertrauen ist notwendig auf beiden Seiten." 4 Mochte das Angebot auch noch so verlogen gewesen sein, unter den Existenzbedingungen des "totalitären Maßnahmenstaates"

5

erzeugten solche Sätze Hoffnung

1 Vergi, dazu den Gesetzeskommentar in Hans Frank: Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, München 1935, Seite 881 f 2 N N.: Reichsminister Dr. Goebbels über die Aufgaben der Presse, in: ZV Nr. 1 1 / 1 9 3 3 , Seite 171 3 Vergi, dazu z.B. Hans Laupenmühle: Der Zeitungsverlag in Deutschland und seine Interessenvertretung: Der Verein Deutscher Zeitungsverleger, Bochum 1911, Seite 26 f 4 Abgedruckt in Joseph Goebbels: Signale der neuen Zeit, München 1937, Seite 134 5 Gerhard Schulz: Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates, in: Bracher/Schulz/Sauer: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Band II, Köln und Opladen 1960

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auf Zukunft. Auch Goebbels' erster Staatssekretär, der spätere Reichswirtschaftsminister Walther Funk, warb zunächst um "gegenseitiges Vertrauen und Verständnis". An patriotische Gefühle der deutschen Presse appellierend, bot er ein Verhältnis im Rahmen der "nationalen Disziplin" an. Über eine "reich- und vielgestaltige" Presselandschaft würde er sich freuen.1 Und selbst Max Amann, der mächtige Herr des nationalsozialistischen Eher-Verlages, nährte die Überlebenshoñhungen der verbliebenen "bürgerlichen" Verleger, als er auf dem NSDAPParteitag 1935 ausführte, der Nationalsozialismus bejahe "die Vielgestaltigkeit der deutschen Presse aus vollem Herzen" und böte "die Möglichkeit eines normalen gesunden Leistungswettbewerbs". Unter Hinweis auf seine Möglichkeiten schlug er sich gar gönnerhaft auf die eigene Schulter: "Die nationalsozialistische Revolution hätte die ihr fremde Presse machtpolitisch beseitigen können, sie vernichtete aber nur die marxistisch-kommunistische Presse und gab den anderen Zeitungen die Möglichkeit der Weiterarbeit. Dieses großzügige Verhalten war dem Nationalsozialismus möglich, weil er kraft seiner in seinem Programm niedergelegten Gedankenwelt die Gewißheit besaß, sein Ziel auch auf dem Gebiete der Presse in organischer Arbeit zu erreichen." 2 Viele Verleger mögen tatsächlich geglaubt haben, man werde sie auch in Zukunft weiter arbeiten lassen. Auch in seiner Rede vor dem NSDAP-Parteitag 1936 erklärte Amann, er strebe kein "Pressemonopol der Partei" an.3 Diese vagen Existenzgarantien für die "bürgerlichen" Verleger wurden allerdings durch Drohungen ständig in Frage gestellt. Stets schwebte über den Verlagen das Damoklesschwert der staatlichen Sanktionen.4 Denn die Unzufriedenheit der Machthaber mit dem Erscheinungsbild der deutschen Presselandschaft war offensichtlich: "Es ist... festzustellen, daß von einem wesentlichen Teil der deutschen Presse, d.h. von einem wesentlichen Teil der in der Presse Schaffenden, die neue Aufgabe, die ihnen aus der nationalsozialistischen Revolution heraus erwachsen 1 Walther Funk: Behörde und Presse, in: DP Nr. 8/1933, Seite 87 f 2 Rede abgedruckt unter "Präsident Amann über die deutsche Presse", in: DP Nr. 38/1935, Seite 458 ff. Wortgleich auch in ZV Nr. 38/1935 3 Vergi. "Rede des Reichsleiters Amann auf dem Parteikongreß 1936", in Beilage zur DP Nr. 37/1936, Seite 1 ff. Wortgleich auch in ZV Nr. 38/1936 4 Der Beamte im Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, Kurt Jahncke, glaubte eine "Art Verbotspsychose" bei den Verlegern entdeckt zu haben. Vergi. N.N.: Ministerialrat Dr. Jahncke: Die Presse im neuen Staat, in: ZV, Nr. 8/1934, Seite 134. Jahncke muß mit der Seelenlage der Betroffenen vertraut gewesen sein, schließlich bekleidete er zu diesem Zeitpunkt den Leitungsposten der Abteilung IV im RMVuP

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ist, noch gar nicht klar erkannt, geschweige denn erfüllt worden ist... Wer sich innerlich hierauf nicht einzustellen vermag, wird gut tun, von sich aus die entsprechenden Folgerungen zu ziehen." 1 Am 13. Dezember 1933 erließ der Präsident der Reichspressekammer eine erste "Anordnung zur Befriedung der wirtschaftlichen Verhältnisse im deutschen Zeitungswesen", mit der jegliche Neugründung von Zeitungsverlagen untersagt wurde.2 Sah es zunächst so aus, als sollten auch parteiunabhängige Verlage vor neuer Konkurrenz geschützt werden, so wurde doch spätestens mit der "Anordnung über Schließung von Zeitungsverlagen zwecks Beseitigung ungesunder Wettbewerbsverhältnisse" vom 24. April 1935 offenbar, daß von den Maßnahmen nur die Parteipresse profitieren durfte. Nun gab es die legale Möglichkeit, Verlage vor Ort einfach zu schließen, wenn eine andere Zeitung aus "gesunden verlegerischen Grundsätzen" "auf den Absatz einer höheren Auflage angewiesen" war.3 Die "bürgerlichen" Verleger sahen sich also mit einem bedrohlichen Pressionsinstrumentarium konfrontiert, fur Amanns Verlage hingegen galten Sonderbestimmungen.4

2.2.2.

Lähmendes Korsett Die totalitäre Organisation der Betriebe

Die Zwangsmitgliedschaften im RDZV und in der Reichspressekammer nahmen den Verlagen ihren Bewegungsspielraum, erdrückten notwendige Eigeninitiative und lieferten die ohnehin schon angeschlagene Presse dem brutalen Regiment 1 So Max Amann während einer Kundgebung vor der Reichspressekammer, in: ZV Nr. 50/1933, Seite 815 2 War die Anordnung zuerst bis zum 31. März 1934 befristet, so verlängerte Amann die Sperre später bis Ende März 1936. Vergi. Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, Jur. Diss. Dresden 1935, Seite 30 f 3 Vergi. Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 31 4 So hatte Max Amann beispielsweise den Pflichtbezug von Zeitungen für bestimmte Gruppen per Anordnung verbieten lassen, die NS-Presse aber nachträglich ausdrücklich davon ausgenommen. Ganz lapidar schreibt Amann dazu: " Der Anspruch der Partei und bestimmter Neben- und Unterorganisationen... an ihre Angehörigen, in erster Linie die ihr schicksalsverbundene Presse zu lesen, ist unabdingbar und wird vom Nationalsozialistischen Staat und von den ständischen Organisationen uneingeschränkt bejaht." Max Amann: Die Presse im 2. Jahr des nationalsozialistischen Staates, in: ZV Nr. 6/1935, Seite 89

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einer mit uneingeschränkten Kompetenzen ausgestatteten Instanz aus. Mit der Einfuhrung des Kammerwesens erfüllte sich für die Nationalsozialisten ein alter Traum, dem Hitler schon in "Mein Kampf' breiten Raum gewidmet hatte, und der sich in erster Linie gegen die freien Gewerkschaften richtete: "Was heute durch die Kämpfe von Millionen ausgefochten wird, muß dereinst in Ständekammern und im zentralen Wirtschaftsparlament seine Erledigung finden. Damit toben nicht mehr Unternehmertum und Arbeiter im Lohn- und Tarifkampf gegeneinander, die wirtschaftliche Existenz beider schädigend, sondern lösen diese Probleme gemeinsam an höherer Stelle, der über allem stets das Wohl der Volksgesamtheit und des Staates in leuchtenden Lettern vorschweben muß." 1 Spätestens nach der Machtübernahme wurde den neuen Herren allerdings klar, daß man die Gewerkschaften auch ersatzlos vernichten konnte.2 Und auch ein Wirtschaftsparlament stand nach dem 31. Januar 1933 nicht mehr ernsthaft zur Debatte. Warum auch, wenn man glaubte, die Volkswirtschaft auf dem Verordnungsweg regeln zu können. Aufgrund des Reichskulturkammergesetzes vom 22. September 1933 war der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ermächtigt worden, "die Angehörigen der Tätigkeitszweige, die seinen Aufgabenkreis betreffen, in Körperschaften öffentlichen Rechts zusammenzufassen." 3 Nur wenige Wochen später eröffnete Goebbels die Reichskulturkammer mit einem pompösen Festakt 1 Adolf Hitler: Mein Kampf, a.a.O., Seite 677 2 Es wäre unrichtig, die Deutsche Arbeitsfront als Nachfolger der alten Gewerkschaften zu bezeichnen, auch wenn die Nationalsozialisten versuchten, diesen Eindruck zu erwecken. Zu Sinn und Aufgaben der DAF vergi. Hans Fabricius und Kurt Stamm: Bewegung, Staat und Volk in ihren Organisationen, Berlin 1934, Seite 162 f. Den Journalisten und anderen Arbeitnehmern mit einer Tätigkeit nach Definition des Schriftleitergesetzes war die Einzelmitgliedschaft bei der DAF oder bei Angestelltenverbänden sogar ausdrücklich untersagt. Vergi, dazu "Die Mitgliedschaft von Schriftleitern in früheren Angestelltenverbänden", in: DP Nr. 40/1934, Seite 12. Die Reichskulturkammer galt nach einer Absprache zwischen Goebbels und DAF-Chef Robert Ley als "kooperatives Mitglied" der Deutschen Arbeitsfront. Damit blieb die Form gewahrt, ohne daß die DAF Einfluß auf Goebbels' Herrschaftsbereich nehmen konnte. Vergi, dazu auch den Artikel "Keine Einzelmitgliedschaft bei der Arbeitsfront", in: DP Nr. 23/1933, Seite 359 f 3 So der § 1 des Reichskulturkammergesetzes, in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungskunde Berlin, Berlin 1934, Seite 323. Hans Frank bemerkte, die RKK gewährleiste eine "angemessene Betreuung des nationalen Geistesgutes", Hans Frank: Nationalsozialistisches Handbuch fur Recht und Gesetzgebung, München 1935, Seite 1012

32

in der Berliner Philharmonie. Feierlich versprach der Minister: "Im Rahmen der Reichskulturkammer schlossen

soll jede Konjunkturhascherei von vornherein

ausge-

sein... Niemand furchte, daß hier die Gesinnungsriecherei

Heimstätte finden könnte."

1

eine

Wohl dem, der sich vom schönen Schein der Worte

nicht blenden ließ. Unter

dem

Dach

der Reichskulturkammer

wurden

sechs

Einzelkammern

geschaffen, darunter die Reichspressekammer. 2 Und hier hatte sich alles zu versammeln, was auch nur entfernt mit Zeitung zu tun hatte. Vom Verleger über den Journalisten

bis zum Lesezirkelbesitzer,

dem

langen

Arm und den

Reglementierungen der Reichspressekammer entkam niemand.3 Die Idee, Journalisten und Verleger in einer Pressekammer zu organisieren, war nicht einmal neu, sondern knüpfte an Bestrebungen aus der Zeit vor 1933 an. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts war eine solche Organisationsform erwogen worden, wenn auch andere Intentionen eine Rolle spielten.4 Verleger wie Journalisten schwärmten geradezu von den Möglichkeiten einer solchen Kammer. Denn erst eine Pressekammer werde den privat-rechtlichen Berufsvereinigungen "die öffentlich-rechtliche Autorität" verleihen, "die zur Erreichung ihrer Ziele...von großer Bedeutung" sei.5 Und diese Ziele waren recht umfangreich gesteckt: die Pressekammer

sollte

fur

alle

Berufsangehörigen

eine

weisungsberechtigte

Autorität darstellen, interne Streitigkeiten schlichten, auf Berufs- und Standespflichten achten und bei schwerwiegenden Verstößen gegen diese Pflichten sogar den Ausschluß vom Beruf verfugen können. Auch wenn besonnene Kräfte,

1 Aus der Rede des Propagandaministers vom 15.09.1933: Die deutsche Kultur vor neuen Aufgaben, in: Joseph Goebbels: Signale der neuen Zeit, München 1937, Seite 325. Zu Aufbau, Organisation und den rechtlichen Grundlagen der R K K vergi.

Hans

Schmidt-

Leonhardt: Die Reichskulturkammer, Berlin 1936. Dazu auch Hans Hinkel (Hrsg.): Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1937 2 Zu Aufbau und Aufgaben der Reichspressekammer vergi. Ludwig Münz (Hrsg.): Führer durch Behörden und Organisationen, Berlin 1939, Seite 201 ff 3 Zur Zwangsmitgliedschaft in der R P K vergi. Hans Hentschel: Der ständische Aufbau der deutschen Presse, Jur. Diss. Leipzig 1935, Seite 39 f. Die "Bekanntmachung über die Anmeldepflicht zur Reichsschrifttums- und Reichspressekammer" vom 8 . 1 2 . 1 9 3 3 findet sich bei Karl Friedrich Schrieber: Das Recht der Reichskulturkammer, Band 1, Berlin 1935, Seite 2 2 7 f 4 Franz Gustav Ronco: Zur Organisation der Pressekammer, Jur. Diss. Köln 1932, Seite 28 ff 5 Paul Baecker: Die Notwendigkeit von Pressekammern, in: DP Nr. 2 1 / 1 9 3 0 , Seite 2 1 9

33

s o e t w a d e r Ministerialdirigent K u r t H ä n t z s c h e l

vor zu weitreichenden K o m p e -

t e n z e n w a r n t e n , die D i s k u s s i o n u m die E i n r i c h t u n g e i n e r m i t M a c h t b e f u g n i s s e n a u s g e s t a t t e t e n P r e s s e k a m m e r sollte bis 1 9 3 3 n i c h t v e r s t u m m e n . S i e lieferte den Nationalsozialisten wichtige Stichworte.2

D i e A l l m a c h t d e r d u r c h die " e r s t e V e r o r d n u n g z u r D u r c h f u h r u n g d e s R e i c h s k u l t u r k a m m e r g e s e t z e s " 3 e i n g e r i c h t e t e n R e i c h s p r e s s e k a m m e r ging n a t ü r l i c h n o c h w e i t ü b e r d a s v o r 1 9 3 3 diskutierte M a ß h i n a u s . 4 W ä h r e n d s i c h G o e b b e l s u n d sein M i n i s t e r i u m bei A n g e l e g e n h e i t e n , die n u r J o u r nalisten

betrafen,

immer

wieder

einmischte,

überließ

er

das

Verlagswesen

weitgehend den Kammergewaltigen, deren R e c h t e praktisch unbegrenzt waren. In P a r a g r a p h

25

der Durchführungsverordnung

Reichskulturkammer

und

die

Einzelkammern

hieß es dazu wörtlich: können

Bedingungen

für

"Die den

B e t r i e b , die E r ö f f n u n g u n d die S c h l i e ß u n g v o n U n t e r n e h m u n g e n a u f d e m G e b i e t ihrer Z u s t ä n d i g k e i t f e s t s e t z e n u n d A n o r d n u n g e n ü b e r w i c h t i g e F r a g e n innerhalb d i e s e s G e b i e t e s , i n s o n d e r h e i t ü b e r A r t u n d G e s t a l t u n g d e r V e r t r ä g e z w i s c h e n den 1 Vergi. Kurt Häntzschel: Sind Pressekammern nötig?, in: DP Nr. 2 1 / 1 9 3 0 , Seite 221 ff. Der liberale Häntzschel galt als ausgewiesener Kenner des Presserechts und war bereits 1924 als Referent im Innenministerium am Entwurf eines Journalistengesetzes beteiligt. E r ging 1933 in die Emigration 2 Während der Münchener Verbandstagung des Reichsverbandes der deutschen Presse Mitte 1930 setzten sich nicht wenige Redner dafür ein, "unzuverlässige Elemente aus dem Beruf herauszubringen". Zudem sollte ein Gesetz nach Meinung von Emil Dovifat die Möglichkeit schaffen, "daß der Skandalpresse das Lebenslicht ausgeblasen werden könne", in: DP Nr. 24/1930, Seite 3 2 9 ff. Vergi, auch Franz Gustav Ronco: Zur Organisation der Pressekammer, a a.O., Seite 44. Ronco wollte die Mitgliedschaft in der Pressekammer fur alle "in der Presse tätigen Einzelglieder" zwingend vorschreiben lassen. Obwohl Ronco unter Hinweis auf die Sowjetunion und Italien auch die mit weitreichenden Sanktionsbefügnissen verbundenen Gefahren sah, gelangte er doch zur Ansicht, daß nur mit einer mächtigen Pressekammer "Elemente" aus dem B e r u f zu entfernen seien, "die das Ansehen des Berufs und das Vertrauen in den B e r u f schädigen". Ebenda, Seite 56 3 Vergi.

"Die Durchfuhrung des Reichskulturkammergesetzes",

in: DP Nr.

21/1933,

Seite 319 ff 4 Grundsätzliche Ausfuhrungen zum "berufsständischen Gedanken" des Nationalsozialismus bei Ulrich Scheuner: Die freien Berufe im ständischen Aufbau, in: Festschrift fur Justus Wilhelm Hedemann, hrsg. von Roland Freisler, George Anton Löning und Hans Carl Nipperdey, Jena 1938, Seite 4 2 4 ff. Details zum "berafsständischen" Konzept der Presse bei Hans Hentschel: Der ständische Aufbau der deutschen Presse, Jur. Diss. Leipzig 1935, Seite 19 f f

34

von ihnen umfaßten Tätigkeitsgruppen treffen."

1

Die Tätigkeitsgruppe der

Verleger hatte nun öffentlich-rechtliche Pflichten zu erfüllen,2 sie mußte sich in den "Berufsstand" eingliedern und unterordnen. Die Mitgliedschaft im Verband Deutscher Zeitungsverleger (VDZV), der sich bald in Reichsverband Deutscher Zeitungsverleger (RDZV) umbenannte, war Voraussetzung fur alle verlegerische Tätigkeit. Über die Aufnahme entschied der Präsident der Reichspressekammer. 3 Wie alle anderen Verbände war auch der RDZV streng nach "Führerprinzip" aufgebaut. Nur der Leiter hatte das Recht zur Satzungsänderung, konnte Anordnungen mit bindender Wirkung für jedes Mitglied erlassen und bei Verstößen Strafen verhängen.4 Der Verleger galt nun als "Träger eines öffentlichen Amtes". 5 Seine Pflichten wurden ihm per Gesetz oder Verordnung zugewiesen. Dem Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger wurde in erster Linie eine Aufgabe übertragen: der Verband hatte zu gewährleisten, "daß die deutschen Zeitungsverleger den an sie von Partei und Staat zu stellenden persönlichen und fachlichen Voraussetzungen als Gestalter

nationalsozialistischer

Gesinunngspresse

genügen". 6

Darüber

hinaus hatte er durch "Überwachung, Aufklärung und Erziehungsarbeit" dafür zu sorgen, "daß der Wettbewerb der Zeitungen untereinander sich in den von der Reichspressekammer gezogenen Grenzen abspielt". 7 Und auch der laufende Betrieb der Zeitungsverlage erfuhr diverse Einschränkungen. Die Anordnungen zur Bezieherwerbung vom 23. Januar 1934 und 31. Januar 1935 behinderten die Verlage in ihren Bestrebungen, neue Abonnenten zu gewinnen. Zeitungswerber, j a selbst Zeitungsboten, die neue Leser warben, bedurften für ihre Tätigkeit einer Genehmigung durch die Reichspressekammer. 8 1 "Die Durchfuhrung des Reichskulturkammergesetzes", in: DP Nr. 2 1 / 1 9 3 3 , Seite 3 2 0 2 Vergi, dazu Hans Lang: Die Rechtsstellung des Zeitungsverlegers, Würzburg-Aumühle 1938, Seite 36 ff 3 Vergi. Hans Lang: Die Rechtsstellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 4 2 ff 4 Zur Satzung des RDZV vergi. Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, Jur. Diss. Dresden 1935, Seite 24 ff. Die Satzung im Wortlaut in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut fur Zeitungskunde Berlin, Berlin 1934, Seite 3 3 4 ff 5 Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 17 6 Hans Hinkel (Hrsg.): Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1937, Seite 212 7 Hans Hinkel (Hrsg): Handbuch der Reichskulturkammer, a.a.O., Seite 2 1 2 8 Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 31 f. Bereits durch eine Anordnung vom 13. Dezember 1933 war die Arbeit der Zeitungswerber im ersten Quartal 1934 verboten worden. Vergi, dazu Abdruck der Anordnung in: ZV Nr. 5 0 / 1 9 3 3 , Seite 8 1 7

35

Die Rechte des freien Unternehmertums waren praktisch außer Kraft gesetzt, nicht einmal betriebswirtschaftliche Daten der Verlage waren vor dem Zugriff des RDZV geschützt. In Paragraph 3.4. der Verbandssatzung war festgelegt, daß der Unternehmer dem RDZV "jeden Einblick in alle betrieblichen Unterlagen zu gewähren" habe. Bei Verstößen war der sofortige Ausschluß und damit praktisch ein Berufsverbot möglich.1 Selbst der Verkauf eines Verlages unterlag nun der Genehmigungspflicht durch die Reichspressekammer.2 Es ist leicht nachvollziehbar, daß die Flut der Vorschriften und die Angst vor kalter Enteignung die privaten Verleger nicht gerade zu unternehmerischen Höchstleistungen motivierten. Die Hoffnung, eine straffe Organisation des Verlegertums werde dem Zeitungswesen wieder auf die Beine helfen, erfüllte sich dann auch nicht. In den ersten Wochen des Jahres 1934 lagen die Anzeigenumsätze um 50 Prozent unter denen des Vergleichszeitraums 1932.3 Und eine Besserung war nicht in Sicht. Die einzige Möglichkeit zur wirtschaftlichen Gesundung hatten die Verantwortlichen beim Verband und bei der RPK systematisch unterbunden. Durch die Vorgabe, der private Verleger müsse "jeden Konkurrenzneid... bannen",4 fehlte dem freien Wettbewerb um den Leser jede Voraussetzung. Was nutzte da schon der gebetsmühlenhaft wiederholte Appell, der Verleger müsse sich im Interesse des Staates um Attraktivität seines Blattes bemühen, wenn jede falsche Bewegung Sanktionen nach sich zog. Und selbst wenn er guten Willens gewesen wäre, was hätte der Unternehmer unternehmen sollen? Der Verleger war zwar verpflichtet, "an der Aufrechterhaltung der Vielgestaltigkeit des deutschen Zeitungswesens" mitzuarbeiten,5 die inhaltliche Einflußnahme auf die eigene Zeitung aber war ihm durch das Schriftleitergesetz nahezu verwehrt worden. Bei redaktionellen Verstößen gegen die Weisungen der Presselenker konnte er trotzdem in Haftung genommen werden.6 1 Vergi. Satzung des RDZV, in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungskunde Berlin, Berlin 1934, Seite 334 ff 2 Die Rechtsgrundlage bot der Artikel 1.2. der "Anordnung zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens" vom 24.04.1935, abgedruckt in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut fur Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig und Frankfurt a.M. 1937, Seite 394 3 Vergi. Orón Hale: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 120 4 So schrieb der von Max Amann eingesetzte Rolf Rienhardt als geschäftsfuhrendes Vorstandsmitglied des RDZV in seinem Geschäftsbericht zur ersten Hauptversammlung des RDZV "nach dem Siege des Nationalsozialismus", abgedruckt in: ZV Nr. 8/1934, Seite 123 5 Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 20 6 Vergi. Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers, a.a.O., Seite 55 ff

36

Dem mutlos gemachten privaten Verleger blieb nur Kapitulation oder Selbstverleugnung. Seine neue Rolle als "Verwalter und Treuhänder eines Teils des Volksvermögens" ' war nicht dazu angetan, ein günstiges Investitionsklima zu schaffen. Zumal die Umsätze ohnehin nicht viel Spielraum boten.2

2.2.3.

Auflage und Auflagen - Von der Unfähigkeit einer bevormundeten Presse, fur sich zu werben

Die Auflage der gesamten Presse sank kontinuierlich. Auch die Parteizeitungen waren davon nicht ausgenommen. Ganz offen war mit der Zeit von "Zeitungsverdrossenheit" als Ursache fur den Auflagenrückgang die Rede. Ein Problem, das klügere Köpfe auf die "Uniformierung" der Berichterstattung zurückführten. Es sei ja kein Wunder, daß sich der Leser verweigere. Die Verhältnisse seien nun mal nicht ermutigend, wenn sich " 11 Oprozentige" Parteigänger in den Redaktionen "in Ergebenheit überschlagen". Eine Fortsetzung der Uniformierung bedeute den "sicheren Tod des ganzen deutschen Pressewesens". 3 Die gleichförmigen Zeitungen wirkten sich aber nicht nur verheerend auf die Inlandspropaganda aus, auch das Ansehen des Reiches im Ausland litt erheblich.4 So wurde die Eintönigkeit deutscher Zeitungen in den Fachgazetten zum viel diskutierten Thema der Jahre 1934 und 1935. Selbst die für uniforme Berichterstattung Verantwortlichen ließen kaum eine Gelegenheit aus, laut zu klagen.5 1 Theodor Geissler: Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse, Jur. Diss. Jena 1936, Seite 44 2 Ausfuhrlich zur Reglementierung der Verlage vergi. Orón Hale: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 117 ff 3 Karl Peeck: Die Flucht aus der Zeitung, in: ZV Nr. 15/1934, Seite 249 f 4 Vergi, dazu Erich Keller: Der 'geeignete' Schriftleiter, in: ZV, Nr. 11/1934, Seite 179 f. Keller schreibt hier. "Denn diese mehr und mehr um sich greifende Uniformität ist peinlich, peinlich vor der ganzen Welt, weil sie von den Böswilligen auf die Reichsregierung zurückgeführt wird" 5 Eine kleine Auswahl: Joseph Goebbels und RDP-Chef Wilhelm Weiß in ihren Reden bei der Kundgebung des RDP im Preußenhaus, in: DP Nr. 16/1934, Seite 1 if. Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse, in: DP Nr. 24/1934, Seite 1 ff. Max Amann: Verleger und Schriftleiter eine Arbeitsgemeinschaft, in: DP Nr. 48/1935, Seite 591 ff. Otto Dietrich: Was der deutschen Presse noch fehlt, Rede zum Reichspressetag 1935, in: DP Nr. 49/1935, Seite 647 f

37

W a s d a g e g e n u n t e r n o m m e n w e r d e n k o n n t e , w a r allerdings völlig unklar, o b w o h l sich v i e l e s e l b s t e r n a n n t e R a t g e b e r b e r u f e n fiihlten, d a s P r o b l e m z u a n a l y s i e r e n . 1 D i e hilflosen B e m ü h u n g e n gipfelten g a r in F a c h z e i t s c h r i f t e n a r t i k e l n , die s i m p l e Anleitungen Befolgen

zur

solcher

Vermeidung Rezepte

von

auch

Langeweile

wieder

zum

Inhalt h a t t e n . 2

Uniformität

erwachsen

Daß

mußte,

aus war

allerdings n i c h t b e d a c h t w o r d e n . 3 D i e d e u t s c h e P r e s s e , n a c h G o e b b e l s ' W u n s c h v o r s t e l l u n g " m o n o f o r m im W i l l e n u n d p o l y f o r m in d e r A u s g e s t a l t u n g d e s W i l l e n s " , 4 e n t p u p p t e sich n a c h d e n e n t s p r e c h e n d e n staatlichen E i n g r i f f e n a l s inhaltlich m o n o t o n u n d i d e o l o g i s c h p o l y trop. S o s e h r s i c h die M a c h t h a b e r a u c h m ü h t e n , die totale B e e i n f l u s s u n g d e r B e v ö l k e r u n g d u r c h die P r e s s e d e s Dritten R e i c h e s ließ s i c h n i c h t v e r w i r k l i c h e n . Z u v i e l e " V o l k s g e n o s s e n " b e k u n d e t e n ihr D e s i n t e r e s s e an e i n e r g e l e n k t e n u n d eintönig w i r k e n d e n P r e s s e , i n d e m sie die a n g e b o t e n e n B l ä t t e r e i n f a c h n i c h t l a s e n . 5 1 Vergi. z.B. Kurt Nennstil: Presse und Propaganda, Weimar 1936, Seite 7 f und Wilhelm Kaffl: Die Pressefreiheit im Nationalsozialistischen Staat, Jur. Diss. München 1937, Seite 116 f 2 Vergi. z.B. die Aufsätze von M. Poppe: Die 'Uniformität' muß durch Wissen beseitigt werden. Nr.

Fünf langweilige 41/1934,

Berichte

Seite 665

und

f und vom

eine

Anleitung

zum

selben Verfasser:

Bessermachen,

in:

Die mehrfache Wurzel

ZV der

'Uniformität', in: Z V Nr. 46/1934, Seite 7 4 6 f 3 Zum Problem der Uniformität vergi. Gabriele Toepser-Ziegert: Die Uniformität der Presse, in: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Bd. 2: 1934, München-New York-LondonParis 1985, Seite 2 0 * ff. Siehe auch Eckart Hachfeld: Die Stellung der Presse im alten und im neuen Staat, Jur. Diss. Marburg 1935, Seite 58 ff. Wie sich die Uniformität der deutschen Presse konkret äußerte, beschreibt Fritz Sänger am Beispiel der "Sudetenkrise" in: Fritz Sänger: Das schmale Seil, in: Sonderheft Gegenwart: Ein Jahrhundert Frankfurter Zeitung, Frankfurt 1956, Seite 23 f 4 So Goebbels in einer Rede vor der deutschen Presse bei Verkündung des Schriftleitergesetzes am 0 4 . 1 0 . 1 9 3 3 . Abgedruckt bei Hans Schmidt-Leonhardt und Peter Gast: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, Berlin 3.Auflage 1944, Seite 17 5 Verklausuliert schrieb der Journalist Helmut Cron 1935: "Das gedruckte Wort wirkt längst nicht mehr so erregend auf den Leser wie früher", Helmut Cron: Das Übel: Die gesprochene Zeitung, in: Die Zeitung. Deutsche Urteile und Dokumente von den Anfängen bis zur Gegenwart, ausgewählt und erläutert von Elgar Blühm und R o l f Engelsing, Bremen 1967, Seite 253. Und der Chefredakteur der Chemnitzer Tageszeitung schrieb: "Auch die Leserschaft greift in die Debatte ein; und zwar am Ende des Monats durch Kündigung des Abonnements." Ein "bedeutender Teil der Presse" versage, in: Fritz Burwick: Arbeit an der aktuellen und fiihrungsstarken Zeitung, in: Z W Geburtstag von Wilhelm Kapp, Seite 19

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Sondernummer vom

16.09.1935

zum

70.

Selbst Goebbels war klar, daß sich die staatlichen Auflagen zu Lasten der Qualität auswirkten, auch wenn er dies offiziell nicht zugeben wollte. Von 1933 bis Mitte 1935 war die Zahl der festen Abonnenten deutscher Tageszeitungen nach offiziellen Zahlen um 1,4 Millionen zurückgegangen.1 Möglicherweise waren die Verluste in Wirklichkeit noch viel dramatischer. Zur Gesamtauflage der deutschen Zeitungen existieren kaum verläßliche Angaben. Obwohl die Reichspressekammer seit Anfang 1934 von allen Verlagen ausfuhrliches Zahlenmaterial verlangte, kursierten sehr unterschiedliche Auflagezahlen. Der Präsident der Reichspressekammer gab die Gesamtauflage der deutschen Tagespresse fur das erste Quartal 1936 mit 19,7 Millionen Exemplaren an,2 an anderer Stelle ist fur 1934 nur von einer Durchschnittsauflage von 16,6 Millionen Zeitungen täglich die Rede.3 Max Amanns Zahlen erscheinen wenig glaubhaft. Denn hätte sich die Auflage von 1934 bis 1936 tatsächlich um über drei Millionen verkaufte Tageszeitungen erhöht, wäre die mit Vehemenz betriebene Pressewerbekampagne in den Jahren 1936/37 nicht nötig gewesen. Auch Amann, der öffentlich so gerne mit Erfolgsmeldungen operierte, blieb nicht verborgen, daß sich die Presse in einer "wirtschaftlich schwierigen Lage" 4 befand. Da sich kollektive Zeitungslektüre nicht einfach verordnen ließ, mußte der Nichtleser umworben werden. Im Herbst 1936 ergriff der Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger die Initiative zu einem groß angelegten Werbefeldzug, mit dem alte Bezieher gehalten und neue Leser gewonnen werden sollten.

1 Vergi. ZV Nr. 1/1936, Seite 3 ff 2 Vergi, die Rede des Reichsleiters Amann auf dem Parteikongreß 1936 in: Beilage zur DP Nr. 37/1936, Seite 4. Wortgleicher Abdruck auch in: ZV Nr. 38/1936 3 Gustav Kammann: Die Auflage der deutschen Presse, in: ZV Nr. 1/1936, Seite 3 ff. Der Zeitungswissenschaftler J. Wilkens zitiert aus Amanns Rede vor dem NSDAP-Parteitag 1937 folgende Zahlen fur das Frühjahr 1937: 1.890 Verlage hätten mit 2.246 Tageszeitungen und 391 Nebenausgaben eine "Gesamtauflage von 16.650.000 Stück" erzielt. Dies bedeute gegenüber 1934 eine Steigerung um 175.000 Stück, in: J. Wilkens: Die Kongreßrede von Reichsleiter Amann auf dem Parteitag 1937, in: ZW Nr. 11/1937, Seite 760. Zum Problem der erheblich divergierenden Auflagezahlen vergi, auch Orón Haie. Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 233 ff 4 Max Amann: Die Presse im 2. Jahr des nationalsozialistischen Staates, in: ZV Nr. 6/1935, Seite 88

39

Der "Kampf um die Nichtleser" 1 wurde zentral beim RDZV konzipiert, alle Werbemittel, vom Plakat bis zur Anzeigenvorlage, wurden den einzelnen Verlagen kostenlos zur Verfügung gestellt. Für die Zeitungen galt Teilnahmezwang, von der Eigenwerbung ausschließen durfte sich niemand.2 Im Verlegerorgan ZV hieß es dazu, es werde "von jedem deutschen Verlag" erwartet, "daß er alles tut, um seine Pflicht der Standesgemeinschaft gegenüber zu erfüllen. Wir müssen uns alle einsetzen und andererseits sorgfaltig darüber wachen, daß die Durchschlagskraft unserer gemeinsamen Anstrengungen nicht gestört wird." 3 Doch mit der erhofften Durchschlagskraft war es wohl nicht weit her. Wie sonst wären die vorsichtigen Töne zu verstehen, mit denen im "Zeitungs-Verlag" nach Abschluß der Herbstwerbung ein Resümee gezogen wurde. So seien zwar gewisse Fortschritte erzielt worden, ein durchschlagender Erfolg sei der Aktion allerdings bislang versagt geblieben.4 Im Rückblick hieß es dazu im "Zeitungs-Verlag": "Von Gegenden abgesehen, die am allgemeinen wirtschaftlichen Aufstieg noch nicht in gleichem Maße teilhaben konnten, reicht auch der zahlenmäßige Erfolg der Verlage, die anschließend wirkungsvolle Eigenwerbung trieben, mehr oder weniger über die übliche Besserung im Herbst hinaus." 5 Mit diesem umständlichen Satz gestand man wohl verklausuliert ein, mit der Werbung gescheitert zu sein. Im Frühjahr 1937 versuchten es die Verantwortlichen noch einmal. Die Werbung zielte diesmal vor allem auf die "Sommerabbesteller", mit denen es Zeitungen in ländlichen Absatzgebieten zu tun hatten.6 Das Phänomen großer Auflageschwan1 Walter Müggenburg und Carl Schneider: Die Werbung für die Zeitung, in: ZW Nr. 3/1938, Seite 148 2 Zu den einzelnen Werbemaßnahmen vergi. Walter Müggenburg und Carl Schneider: Die Werbung für die Zeitung, in: ZW Nr. 3/1938, Seite 149 ff. Die Studie bezeichnete die Eigenwerbung der Verlage gar als "Auftrag des Staates": "Der Staat... legt Wert darauf, daß alle Volksgenossen mit ihm durch die Presse verbunden sind", ebenda, Seite 147 3 ZV Nr. 36/1936, Seite 540 4 Vergi. ZV Nr. 46/1936, Seite 705 f, ZV Nr. 47/1936, Seite 720 ff und ZV Nr. 51/52/1936, Seite 780. Zur Herbstwerbung des RDZV vergi, auch E. Koßmann: Eigenwerbung, in: Handbuch der Zeitungswissenschaft, Band 1, hrsg. von Walther Heide, Leipzig 1940, Spalte 866 ff 5 ZV Nr. 6/1937, Seite 79 6 Vergi, dazu die Meldung in ZW Nr. 3/1937, Seite 168. Siehe auch Walter Müggenburg und Carl Schneider: Die Werbung für die Zeitung, a.a.O., Seite 156 f

40

kungen zwischen den Jahreszeiten existierte seit jeher, 1 wurde aber erst seit 1933 zu einem Politikum. Im Mittelpunkt aller Förderprogramme stand die "Heimatpresse". Ihr maßen die Propagandastrategen noch größere Bedeutung bei als den Großstadtblättern.2 Durch die kleinen Provinzzeitungen konnten auch die letzten Winkel des Reichs erreicht werden. Folgerichtig nannte Max Amann die "Heimatpresse" eine "notwendige Bundesgenossin der Kampfpresse". 3 Für die Frühjahrskampagne wurden den Verlegern die Werbemittel fast mundgerecht serviert, was darauf schließen läßt, daß der RDZV den Provinzverlegern nur wenig Professionalität zutraute. Trotzdem scheint den Aktionen auch diesmal der große Erfolg versagt geblieben zu sein. Zu deutlich artikulierte sich im "Zeitungs-Verlag" immer wieder Kritik an der persönlichen Einsatzbereitschaft von Verlegern und Schriftleitern, und zu schnell verschwanden die Werbekampagnen wieder in der publizistischen Versenkung. Möglicherweise gingen die Werbestrategen einfach von falschen Voraussetzungen aus. Es lag nicht unbedingt im Interesse aller Verleger, sich an einer Gemeinschaftsaktion zu beteiligen. Noch standen sich viele Blätter in scharfer Konkurrenz gegenüber. Zudem dürfte auch der autoritäre Ton der Planer vom RDZV und der aggressive Charakter der Kampagne fur Abneigung gegen die von oben verordneten Maßnahmen gesorgt haben. Fehlendes kaufmännisches Geschick und psychologisches Unvermögen, vor allem in den ländlichen Verlagen, taten dann ein Übriges, um die Pressewerbekampagne scheitern zu lassen.4 1 Vergi, dazu Horst Heenemann: Die Auflagenhöhen der deutschen Zeitungen, Phil. Diss. Leipzig-Berlin 1929, Seite 136 ff. Heenemann begründet die Schwankungen mit mangelndem Informationsbedürftiis in der Urlaubszeit und der übermäßigen Arbeitsbeanspruchung der bäuerlichen Bevölkerung in den Sommermonaten 2 Daß den keinen Zeitungen in der Provinz besondere Aufmerksamkeit galt, wundert nicht. Der ZV zitiert Börries von Münchhausen mit den Worten: "Wenn der Städter einmal keine Morgenzeitung hat, so erfahrt er alles Nötige und Neuste auf der Vorortbahn, im Autobus, auf der Straße, im Büro, in den Läden usw .. Wenn aber bei uns (im bäuerlichen Umfeld, Anm. des Verf.) die Zeitung ausbleibt, so bedeutet das die Abschaltung vom ganzen öffentlichen Leben fur 24 Stunden", in: ZV Nr. 7/1937, Seite 95. 3 Max Amann: Die deutsche Presse im nationalsozialistischen Staate, in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungskunde Berlin, Berlin 1934, Seite 8. Zur Wertschätzung der "Heimatpresse" durch den NS-Staat vergi, auch Ministerialrat Dr. Jahncke: Die Presse im neuen Staat, in: ZV Nr. 8/1934, Seite 134 4 Eine lokale Studie kommt schließlich zur Schlußfolgerung, daß sich die "Nichtbezieher" auch nicht durch vermehrte Werbung gewinnen lassen. Unter anderem liege bei "einzelnen Nichtbeziehern" der Schluß nahe, "daß ihnen evtl. auch die politische Linie nicht paßt", in Fritz List: Die Tageszeitung als publizistisches Führungsmittel, a.a.O., Seite 108

41

Man versuchte viel, um Journalisten zu besseren Leistungen zu motivieren und den

Leser

damit

Enttäuschung

saß

bei

der

tief

bei

Stange den

zu

halten. 1

Regierenden.

Es

nutzte

Hitler,

der

nichts;

und

die

schon

vor

der

Machtübernahme gerne über die "schlimmste Großmacht im Staate" und

die

Zeitung

als

"schädliche

Erscheinung

des

2

schimpfte

öffentlichen Lebens"

3

brandmarkte, änderte seine negative Einstellung auch nicht, nachdem die Presse nur noch veröffentlichen durfte, w a s der NS-Staat vorschrieb. 4 A u c h Goebbels zeigte sich v o n der deutschen Presse s c h w e r enttäuscht, obwohl er doch selbst tatkräftig

an

ihrem

Niveauverlust

beteiligt

war.

Der

Ministerialrat

und

stellvertretende Leiter der Abteilung IV (Presse) im R M V u P Werner Stephan schrieb rückblickend: "Die Presse schien auch ihm kümmerlich, mickrig, j a ernsthaft krank." 5 U n d davon wollte der Propagandaminister auch die parteieigene Presse nicht ausnehmen. 6 N a c h außen bescheinigte G o e b b e l s den Zeitungen zwar, sie hätten "einen

1 In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist der Publikumswettbewerb "Mit Hitler an die Macht", den Reichspressechef Otto Dietrich ausschrieb, um "den Ideenreichtum der deutschen Presse im neuen Staat zu fördern und zur schöpferischen Mitarbeit im nationalsozialistischen Sinne anzuregen", in: Ernst Meunier: Journalistenwettbewerb: "Mit Hitler an die Macht!", in: ZV Nr. 8/1934, Seite 132. Immerhin gingen 200.000 Zuschriften ein, die sich um 1.000 RM Preisgeld bewarben. Vergi. ZV Nr. 10/1934, Seite 172. 2 Adolf Hitler: Mein Kampf, a.a.O., Seite 93 3 Adolf Hitler: Mein Kampf, a.a.O., Seite 262 4 Vergi, dazu Orón Haie: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 316 ff. Nach dem Krieg schrieb Hitlers Pressechef, Hitler habe der Presse "innerlich ablehnend und feindselig" gegenübergestanden, in. Otto Dietrich: 12 Jahre mit Hitler, Seite 157. Der Goebbels-Biograph Viktor Reimann

bezeichnet

"Hitlers Pressefeindlichkeit" gar als den

"eigentlichen

Hemmschuh der nationalsozialistischen Pressepolitik", in: Viktor Reimann: Dr. Joseph Goebbels, Wien-München-Zürich 1971, Seite 230. Vergi, dazu auch Karl-Dietrich Abel: Presselenkung im NS-Staat, Berlin 1968, Seite 65 ff und Wilhelm Treue: Rede Hitlers vor der deutschen Presse (10. November 1938), in: Vierteljahreshefte fur Zeitgeschichte, 6. Jg. 2. Heft/April 1958, Seite 181 5 Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, Stuttgart 1949, Seite 155 6 Goebbels' persönlicher Pressereferent Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe zitiert seinen Herren mit der Klage: "Meine Herren, was ich da... in unserer Parteipresse lese, ist wieder grauenhaft - so kann man es wirklich nicht machen", in: Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe: Dr. G. Ein Portrait des Propagandaministers, Wiesbaden 1964, Seite 190 f

42

sicheren

Instinkt

und

eine

anerkennenswerte

Zielklarheit

bewiesen". 1

In

Wirklichkeit aber war er höchst unzufrieden: "Unsere Zeitungen sind zu eintönig", notierte der Minister noch am 22. November 1939 in sein Tagebuch. 2 Der Stellenwert der Zeitungen als "publizistische Führungsmittel" hatte erheblich gelitten. Ebenso war das Konzept gescheitert, die Propagandawirkung durch Duldung privater Verlage zu erhöhen. In den Augen der Machthaber waren sie überflüssig geworden. Also trafen Max Amann und seine Gehilfen nur noch auf geringen Widerstand, als sie sich daran machten, die verbliebenen "bürgerlichen" Blätter Schritt fur Schritt in Parteieigentum zu überfuhren.

2.2.4.

Schleichende Monopolisierung Das Presseimperium der NSDAP wächst

"Der Aufbau und das Eindringen von Konzernen in die deutsche Presse störte ihre Struktur", verkündete Max Amann auf dem NSDAP-Parteitag 1935. 3 Das beklagte ausgerechnet der Mann, der in den nächsten Jahren das größte Zeitungsimperium in der deutschen Geschichte aufbauen ließ. Den Aufbau dieses Imperiums bewerkstelligte er mit Hilfe seiner eigenen "Anordnung zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens" vom 24. April 1935. Diese verbot zwar den privaten Verlagen jegliche Konzernbildung,

NS-Blätter

waren

aber

durch

eine

spezielle

Klausel

davon

ausgenommen. 4

1 Joseph Goebbels: Richtlinien fur die Gesamthaltung der deutschen Presse, Berlin 1935, Seite 1 2 Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente, Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich, München-New York-London-Paris 1987, Seite 6 5 0 3 "Präsident Amann über die deutsche Presse", in: DP Nr. 3 8 / 1 9 3 5 , Seite 458. Wortgleich auch in Z V Nr. 3 8 / 1 9 3 5 4 Leopold Schwarzschild beschreibt anschaulich, wie die "Anordnungen zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens" benutzt wurden, um große Teile der "bürgerlichen" Presse in den Besitz des Eher-Verlages zu überfuhren, in: Leopold Schwarzschild: Die Lunte am Pulverfaß, Hamburg 1965, Seite 128 ff

43

Anfang 1933 gab es im Deutschen Reich noch weit über 3.000 verschiedene Zeitungen.1 Eine beträchtliche ZeitungsVielfalt, auch wenn man bedenkt, daß bereits im letzten Jahr der Weimarer Republik viele Zeitungen das Handtuch hatten werfen müssen.2 Nur vier Jahre benötigten die Nationalsozialisten, um die Zeitungslandschaft auf 2.307 Titel zu dezimieren.3 Das Zeitungssterben sollte sich kontinuierlich fortsetzen, denn es war beabsichtigt. Auf dem Parteitag der NSDAP 1936 hieß es in einer Rede von Max Amann: "Wenn die Zahl der Zeitungstitel sank, dann hat die Stärke und Wirkung der deutschen Presse darunter nicht gelitten. Wir haben die Schmutz- und Sensationspresse beseitigt sowie alle sonstigen Zeitungen, die anderen Interessen als denen des deutschen Volkes verpflichtet waren." 4 Für den Begriff "Schmutz- und Sensationspresse" hatte Amann natürlich seine ganz persönliche Definition. Aufgrund seiner "Anordnung zur Beseitigung der Skandalpresse" vom 24. April 1935 wurden Zeitungen beliebigen Inhalts verboten. Die in der Anordung enthaltenen Formulierungen rechtfertigten jede Willkür. Wörtlich heißt es hier: "Von der Betätigung als Zeitungsverleger sind Verlage ausgeschlossen, deren Zeitungen ihr Gepräge und ihren Absatz dadurch erhalten, daß sie über Geschehnisse in einer Form berichten, die der Bedeutung für die Öffentlichkeit nicht entspricht und die geeignet ist, Anstoß zu erregen oder der Würde der Presse zu schaden".5 1 Nach Amanns Angaben existierten am 30.01.1933 außer der NS-Presse noch 3123 Zeitungen, vergi. "Präsident Amann über die deutsche Presse", in: DP Nr. 38/1935, Seite 359. Wortgleich auch in ZV Nr. 38/1935. Bei Norbert Frei und Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich, a.a.O., Seite 23, ist von einer Gesamtzahl von etwa 3.400 Blättern die Rede. Die Zahl der Verlage sank von über 3.000 im Jahr 1925 (vergi. Max Grünbeck: Die Presse in der Wirtschaftskrise, in: ZW Nr. 6/1931, Seite 385) auf 2.268 bis 1936. Die letztgenannte Zahl ist als RDZV-Mitgliedszahl in einer Beitragsstatistik der RPK von 1936 enthalten, vergi. ΒΑ R 55/722 Fol. 41 2 Der ehemalige RMVuP-Beamte Werner Stephan gibt für 1932 die Zahl von 4.133 Zeitungstiteln an, vergi. Werner Stephan: Joseph Goebbels, a.a.O., Seite 156 3 Werner Stephan: Joseph Goebbels, Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 156 4 Rede des Reichsleiters Amann auf dem Parteikongreß

1936,

in: Beilage zur

DP

Nr. 37/1936, Seite 4. Wortgleicher Abdruck in: ZV Nr. 38/1936. Gleicher Wortlaut auch bei Max Amann: Die nationalsozialistische Volkspresse, in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig-Frankfurt a.M. 1937, Seite XIII 5 Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig-Frankfurt a.M. 1937, Seite 400

44

Die Absicht war eindeutig. Überleben sollten nur die Blätter der Partei, deren Gewinn Amann nur zum Teil an die NSDAP weiterleitete. Daß unter den Verlagsschließungen auch die Auflagezahlen erheblich litten, war hingegen nicht beabsichtigt. Bis 1935 sank die Gesamtauflage aller deutschen Zeitungen nach Berechnungen der Exil-SPD auf 18,7 Millionen Exemplare. Sie war somit seit 1932 um die Hälfte gesunken.1 Spielte die Presse der NSDAP Anfang der dreißiger Jahre eine eher untergeordnete Rolle, 2 kontrollierte der parteieigene Eher-Verlag 1939 bereits 150 Verlage mit 35.000 Mitarbeitern und erwirtschaftete 100 Millionen Reichsmark Reingewinn.3 Die NS-Verlage avancierten damit zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor im Deutschen Reich. Max Amann war stets darauf bedacht, diese Macht weiter auszubauen. Es gelang ihm sogar, Gewinnabführungen an die Parteikasse weitgehend zu verhindern.4 So schrieb er dem NSDAP-Schatzmeister Franz Xaver Schwarz: "Die Parteipresse hat die allererste Aufgabe, den Gauleitern als ihren führenden Hoheitsträgern ein Presseinstrument höchster Schlagkraft auszubauen und für alle Zeiten zu sichern. Es müssen daher im Interesse der wirtschaftlichen Gesundheit der Gauverlage alle Anforderungen zu einem nicht verlagsmäßigen Zweck, auch wenn er uns noch so sehr am Herzen liegt, abgelehnt werden." 5 Der "Reichsleiter für die Presse" konnte sich jeden Affront gegen kleine wie 1 Vergi. Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SOPADE) 1935-1940, Band 6, hrsg. von Klaus Behnken, Frankfurt a.M. 1980, Seite 825 2 Zu dieser Zeit verfugte die NSDAP über 4 9 Tageszeitungen und 45 Wochenblätter, wobei von einer Gesamtauflage von etwa 7 5 0 . 0 0 0 bis 1 Million Exemplaren ausgegangen werden kann. Vergi, dazu N N. Die Presse der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei im Überblick, in: ZW Nr. 3 / 1 9 3 2 , Seite 180 f 3 Vergi. Orón Hale: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 25 4 Die hohen Gewinne der Parteipresse weckten Begehrlichkeiten, die Amann aber mühelos abwehren konnte. In einem Brief an den NSDAP-Schatzmeister Franz Xaver Schwarz stellt Amann richtig, der Reingewinn der NS-Zeitungen werde nicht in die Kassen der Partei, vor allem nicht in die Schatullen der Gauleitungen überwiesen. Unter Hinweis auf bereits erfolgte Zahlungen der Gauverlage an die Gaue ( 1 9 3 6 = 5 9 6 . 0 0 0 RM, 1937 = 1.212.000 R M ) stellte Amann fest, die "äußerste Grenze" der Alimentierung sei damit erreicht. Vergi. Schreiben von Max Amann an Franz Xaver Schwarz vom 15.02.1939, in: BDC-Personalakte Max Amann 5 vergi. Schreiben von Max Amann an Franz Xaver Schwarz vom 15.02.1939, in: BDC-Personalakte Max Amann

45

große Parteifìirsten leisten, hatte er doch von Hitler persönlich alle notwendigen Kompetenzen erhalten. Entgegen Hitlers Neigung, Zuständigkeiten doppelt und dreifach zu verteilen und damit kaum überschaubare herzustellen,

konnte

Hitlers

ehemaliger

Herrschaftsstrukturen

Feldwebel

mit

der

NSDAP-

Mitgliedsnummer 3 auf dem Gebiet der NS-Presse ganz allein nach Gutdünken schalten und walten. Amann steckte "seine" Gewinne lieber in den Ausbau "seiner" Verlage und damit in den Ausbau seiner ganz persönlichen Macht. Die überschüssigen Mittel

flössen

in sogenannte "Reservefonds" der einzelnen

Verlage, ein Teil gelangte in einen "Zentralreservefond", den Amann in eigener Regie verwaltete.1 Während

des

Krieges

konnte

Amanns

Stabsleiter

Rolf Rienhardt

stolz

vermelden, die Gesamtauflage sei bis August 1940 auf 24,6 Millionen Zeitungen gestiegen, eine Steigerung gegenüber 1938 von 32 Prozent. 2 Der Papierverbrauch aber war insgesamt gesunken, weil kriegsbedingt Anzeigenaufkommen und Zeitungsumfang erheblich schrumpften. Für die hohen Auflagezahlen können viele Gründe verantwortlich gewesen sein: die Versorgung der besetzten Gebiete, zusätzliches Informationsbedürfnis der Leser im Krieg und auch die Neugründungen in den besetzten Gebieten und im Reich. 3 Bei den "bürgerlichen" Verlegern bestand jedoch kein Anlaß zur Freude. Hatte man sie bislang noch als "Kassierer ihrer eigenen Unternehmen" 4 geduldet, wurden sie nun zunehmend durch kalte Konzentration aus den Verlagen vertrieben. 1 Vergi, dazu BDC-Personalakte Max Amann. Zur starken Stellung des "Reichsleiters für die Presse", seiner Aufgabe und seinen Zuständigkeitsbereichen vergi. Organisationsbuch der NSDAP, hrsg. vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP, München 1937, Seite 307 ff 2 Rolf Rienhardt: Presseaufbau in Krieg und Frieden, in: Z V Nr. 52/1940, Seite 4 6 5 f 3 Gerade die Zeitschrift "Das Reich", eine Neugründung auf persönliche Veranlassung Goebbels', erfreute sich beim Publikum großer Beliebtheit und erzielte hohe Auflagen. Interessant dabei ist, daß sich die Berichterstattung in "Das Reich" qualitativ vom Gros der Zeitungen abhob, was Goebbels und Amann

auch beabsichtigten.

Amann schrieb

am

3 0 . 0 6 . 1 9 3 9 , er habe mit "Das Reich" eine Wochenzeitung herausgebracht, die sich vom Einerlei der deutschen Tageszeitungen abheben solle. "Die Stoffbehandlung soll ernst und gewissenhaft, die Darstellung formal ansprechend und zugleich sachlich korrekt und phrasenlos sein", in: Brief an Gerdy Troost vom 3 0 . 0 6 . 1 9 3 9 , BDC-Personalakte Max Amann.

Ausfuhrlich

zur

Geschichte

von

"Das

Reich"

bei

Erika

Martens:

Phänomenologie der Presse im Dritten Reich. Zum Beispiel Das Reich, Köln 1972 4 VDZV (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 165

46

Zur

Gegen die Übernahme durch Parteiverlage oder deren Tochtergesellschaften waren die privaten Verleger machtlos. Drohungen mit administrativen Repressalien oder auch körperlicher Gewalt machten die einst mächtigen Verlagsherren gefügig. Ohne daß die Öffentlichkeit davon Kenntnis nehmen konnte, gingen auch traditionsreiche bürgerliche Blätter über Tarngesellschaften wie Vera oder Phönix in den Besitz der Partei über. In einem vertraulichen Brief erklärte Amanns Majordomus Rolf Rienhardt der NSDAP-Gauleitung München den Sinn der kaschierten Übernahme: "Die Aufgabe der Vera- und Phönix-Zeitungen ist die propagandistische Beeinflussung der Volkskreise, die durch die Parteipresse nicht erfasst werden... Der gesamten Presse ist die nationalsozialistische Erziehungsaufgabe gestellt. Die Art der Erfüllung ist jedoch eine völlig verschiedene; denn jede Zeitung muss zur Erzielung einer Wirkung auf die Leserschaft die Methoden anwenden, mit denen gerade ihre Leser erfolgreich beeinflusst werden können." 1 Die Zahl der Übernahmen nahm derart zu, daß der "Reichsleiter für die Presse" bei derartigen Manövern mit Formblättern agierte, in die nur noch Name und Sitz des übernommenen Verlages eingetragen werden mußte. Die Mitarbeiter der ehemals privaten Zeitung wurden von der jeweiligen Gauleitung ideologisch in Augenschein genommen und bei Nichtgefallen entlassen. Wer sich partout nicht einschüchtern lassen wollte, dem wurde dann während des Krieges das Druckpapier entzogen. Noch 1943 fielen solchen und ähnlichen Aktionen fast 1.000 private Zeitungen zum Opfer. 2 In der letzten Ausgabe hatten 1 Schreiben von Rolf Rienhardt an die Gauleitung München-Oberbayern vom 17.03.1939, in: BDC-Personalakte Rolf Rienhardt. Amanns Cheforganisator, Parteimitglied seit 1928, wurde trotz seiner Verdienste um die Monopolisierung der deutschen Presse am 23.11.1943von Amann aller Posten enthoben. Möglich erscheint, daß Amann Rienhardts Einfluß zu groß wurde, so nachzulesen bei Fritz Schmidt: Presse in Fesseln, Berlin 1947, Seite 16 ff. Eine andere Version vertritt Orón Haie: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., auf Seite 288. Danach ist Rienhardt im Streit mit Amann über die Frankfurter Zeitung gestürzt. Auf jeden Fall kann davon ausgegangen werden, daß die Konzentration im deutschen Zeitungswesen Ende 1943 bereits derart fortgeschritten war, daß Amann auf seinen fleißigen und sachkundigen Hausmeier verzichten konnte 2 Amann selbst nennt diese Zahl in Max Amann: Die deutsche Presse im Kriege, in: Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig 1944, Seite XVI. Zur Stillegungswelle im Krieg vergi, auch Fritz Schmidt: Presse in Fesseln, a.a.O., Seite 170 ff

47

die todgeweihten Blätter die Pflicht, ihre Leser auf ein Parteiblatt hinzuweisen.1 Im Oktober 1943 präsentierten sich dem geneigten Leser noch 988 Tageszeitungen, an der Gesamtauflage war die Privatpresse nur mit einem Anteil von 20 Prozent vertreten.2 Die einst lebendige Zeitungslandschaft des Deutschen Reiches lag auch ohne nennenswerte Bombeneinwirkung bereits in Trümmern danieder.

1 Vergi. V D Z V (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, a.a.O., Seite 168 2 Vergi. Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut für Zeitungswissenschaft Berlin, Leipzig 1944, Seite XXIX

48

3.

BEDROHTE EXISTENZ DIE NOT DER DEUTSCHEN JOURNALISTEN

3.1. Schreibendes Proletariat Vom Elend vieler Journalisten bis 1933 Der charakterfeste Journalist, berufen zur sittlichen Verantwortung fur Volk und Staat, umfassend gebildet für seine Mission im Reigen der Mächtigen - die oft propagierten Idealvorstellungen des journalistischen Prototypen vor 1933 waren so alt wie der Beruf selbst. Mit der rauhen Wirklichkeit des Joumalistenalltags vertrug sich dieses Anforderungsprofil nur in seltenen Fällen. Abgesehen von wenigen Star-Journalisten der großen Berliner Blätter, war das typische Journalistendasein geprägt von sozialen Nöten und unzureichenden Arbeitsbedingungen. Über Probleme journalistischer Ethik ließ sich trefflich philosophieren. Doch den schlecht bezahlten Alleinredakteur irgendwo in der Provinz plagten in der Regel ganz andere Sorgen. Schon um die Jahrhundertwende füllten die Klagen Bücher. Emil Löbl schrieb 1903: "Es liegt eine gewisse Tragik in diesem Berufe: gerade die schwerste und hingebungsvollste Arbeit ist eine völlig danklose." 1 Die mangelnde soziale Achtung des Journalistenberufes war mitverantwortlich fur die miserable Entlohnung der Redakteure. Und die geringen Einkommen waren wiederum nicht geeignet, das gesellschaftliche Ansehen der "Tagesschriftsteller" sonderlich zu steigern. Löbl kommentierte: "Es ist schwer, 'gentleman of the press' zu sein, wenn die Dotierung keine gentlemanlike Lebensführung gestattet." 2 Es ist sicher richtig, daß das niedrige Lohnniveau und das fehlende Renommee des Berufes auf viele fähige Köpfe abschreckend wirkte. Die Behauptung, die in den Verlagen arbeitenden "Schiffbruch-Existenzen" 3 seien für die Misere des 1 Emil Löbl: Kultur und Presse, Leipzig 1903, Seite 187 2 Emil Löbl: Kultur und Presse, a.a.O., Seite 191. Zur sozialen Geringschätzung des Berufs vergi, auch Wintzer: Journalistennachwuchs, in: ZV Nr. 6/1909, Seite 102 ff und Hermann Diez: Das Zeitungswesen, Leipzig 1910, Seite 105 ff. Zur mangelnden sozialen Absicherung der Journalisten zu Beginn des Jahrhunderts vergi. Hermann Diez: Das Zeitungswesen, a.a.O., Seite 113 3 Karl Jäger: Unser Joumalisten'stand', in: DP Nr. 12/1926, Seite 1

49

Journalismus verantwortlich, muß aber wohl als Sündenbock-Theorie bezeichnet werden. Für die Reputation des Journalisten viel verheerender dürfte gewirkt haben, daß der Leser den Eindruck gewonnen hatte, der Journalist sei ein schlecht bezahlter Arbeitnehmer, der ohnehin nur die Meinung seines Verlegers formuliere. Die Diskussion dieses Aspektes unterblieb jedoch weitgehend, weil sich die inhaltliche Abhängigkeit des Journalisten vom Verleger wohl kaum mit der selbst zugebilligten Relevanz journalistischer Tätigkeit vertragen hätte. Also machten Journalisten, die selbstverständlich ihre eigene Qualifikation fur über alle Zweifel erhaben hielten, die Ursachen allen Übels im Kollegenkreis aus. Über namenlose "Elemente" ließ sich gefahrlos schimpfen. Niemand fühlte sich angesprochen, breiteste Zustimmung und allgemeiner Beifall waren den Autoren gewiß. Die Forderungen nach strenger Auslese unter den Bewerbern wurden immer lauter, wobei die diskutierten Auswahlkriterien allerdings ebenso abstrakt wie nebulös blieben. Das Bildungsniveau sollte gehoben werden, aber die Einführung streng reglementierter Zugangsvoraussetzungen hätte keine Mehrheit gefunden. Und was hatte man sich schon unter der geforderten "moralischen Qualifikation" 1 vorzustellen? Unverbindliche Allgemeinplätze erfreuten sich zunehmender Beliebtheit. Immer unpräzise und analytisch an der Oberfläche dümpelnd, füllten besorgte Standesvertreter in den Fachorganen Spalte um Spalte mit ihren Klagen. Der interessierte Betrachter konnte den Eindruck gewinnen, gerade der Journalismus böte "verkrachten Existenzen" mit Persönlichkeitsdefiziten aller Art eine letzte berufliche Zuflucht. In den Reaktionsstuben tummelten sich angeblich "zerfahrene Elemente des akademischen Proletariats", Menschen ohne "sittliche Vergangenheit" 2, denen es zudem noch an Geist und Fertigkeiten gebrach. Mit diesem "Konglomerat heterogener Elemente", jener "Mischung akademisch gebildeter, nicht akademisch gebildeter und überhaupt nicht gebildeter Leute" sei nun wirklich kein Stand zu machen, jammerte Karl Jäger 1926. Zur Beseitigung der Mißstände schlug er eine "staatlich beaufsichtigte Auslese" 3 vor. So heftig auch lamentiert wurde, an der gesellschaftlichen Stellung des Journalisten sollte sich bis zum Ende der Weimarer Republik nichts Grundlegendes ändern. Nur ganz verhalten machte sich die Erkenntnis breit, daß die Zeitung als 1 Karl Jäger: Unser Joumalisten'stand', in DP Nr. 12/1926, Seite 2 2 Wintzer: Journalistennachwuchs, in: ZV Nr. 6/1909, Seite 104 ff 3 Karl Jäger: Unser Joumalisten'stand', in: DP Nr. 12/1926, Seite 2

50

Unternehmen wirtschaftlichen Gesetzen unterliegt: "Der Journalist hat eine sittliche Aufgabe zu erfüllen. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird allerdings dadurch erschwert, daß das menschliche Dasein im allgemeinen nicht von der (geistigen) Idee, sondern von dem (materiellen) Interesse beherrscht wird, und daß der Journalismus gezwungen ist, der 'Ökonomie' Zugeständnisse zu machen." 1 An Versuchen, die sozialen Zustände im Journalismus zu verändern, hat es zu keiner Zeit gefehlt. Sichtbarstes Zeichen dieser Anstrengung war die Gründung des Reichsverbandes der deutschen Presse am 20. November 1910. Nach schwierigen Geburtswehen und kriegsbedingter Untätigkeit begann der RDP ab 1918 damit, sich aktiv um die Interessen seiner Mitglieder zu kümmern. "Der Reichsverband der deutschen Presse bezweckt den Schutz und die Förderung der geistigen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Journalistenberufes" 2, hieß es in der Satzung von 1920. Doch das Durchsetzungsvermögen des RDP war nur gering. Eine in der Satzung erwähnte "Pflicht" zur Mitgliedschaft gab es nicht. In einer Untersuchung von 1927 ist zwar davon die Rede, daß neun Zehntel aller Redakteure RDP-Mitglieder waren. Die nicht organisierten freien Journalisten wurden allerdings nicht erfaßt. Dieser Berufsstatistik zufolge soll es nur rund 3.200 Redakteure an deutschen Tageszeitung gegeben haben.3 Eme zu gering erscheinende Zahl, gemessen an den etwa 15.000 Journalisten, die der RDP nach den nationalsozialistischen Säuberungen 1936 zu seinen Mitgliedern zählte.4 Aber selbst für seine Mitglieder konnte der RDP kaum verbindliche Tarifzusagen der Arbeitgeber erwirken. Der nach zähem Ringen vereinbarte Normaldienstvertrag vom 9. Januar 1926 wurde 1927 nur in der Hälfte aller Fälle eingehalten, in ländlich strukturierten Gebieten war es um die Akzeptanz des Vertragswerks noch schlechter bestellt. Und es ist davon auszugehen, daß nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz der anderen Arbeitsverhältnisse bessere Konditionen für die angestellten Journalisten vorsah. Walter H. Jentzsch kommen1 Karlfriedrich Baberadt: Die sittliche Idee des Journalismus, in: ZW Nr. 7/1928, Seite 97 f 2 So in § 3 der Satzung des RDP, angenommen in Aschaffenburg am 12 /13.10.1920, abgedruckt bei Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 149 3 Walther H. Jentzsch: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Redakteure, in: DP Nr. 27/1928, Seite 396 4 In dieser Zahl waren allerdings alle nach Schriftleitergesetz zugelassenen Journalisten enthalten, auch die freien Mitarbeiter, vergi. Beitragsstatistik der Reichspressekammer von 1936, in: B A R 55/722, Fol. 41

51

tierte die Umfrageergebnisse im RDP-Orgaii "Deutsche Presse": "Keineswegs... befriedigend sind... die Einkommensverhältnisse, da noch rd. 60 vH. nur über einen Monatsverdienst von weniger als 500 RM verfugen."1 Vor allem ältere Redakteure, die in ihrer beruflichen Mobilität stark eingeschränkt waren, mußten sich mit Entlohnung weit unter Tarif zufriedengeben, wenn sie nicht entlassen werden wollten.2 So sehr sich der Reichsverband der deutschen Presse auch mühte, die sozialen Probleme seiner Klientel waren nicht zu lösen. Ende der zwanziger Jahre nahm die Arbeitslosigkeit unter Journalisten bedrohlich zu. Schon Anfang 1928 errechnete das Internationale Arbeitsamt in Genf für das deutsche Reich eine Arbeitslosenquote von sechs Prozent. Wobei allerdings nur arbeitslose RDPMitglieder gemessen an der Gesamtmitgliederzahl erfaßt wurden.3 Wie groß die Schar der arbeitslosen Journalisten dann Anfang der dreißiger Jahre gewesen sein muß, läßt sich nur erahnen. In einem Leserbrief an den Zeitungsverlag ist davon die Rede, auf eine offene Stelle gingen bis zu vierhundert Bewerbungen ein.4 Die desolate wirtschaftliche Lage des Zeitungswesens Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre machte jahrelange Bemühungen des RDP vollends zunichte. Arbeitslose Journalisten scherten sich nicht um Tarifverträge, wenn es um die nackte Existenz ging. Und wenn sich zum angebotenen Hungerlohn kein Redakteur fand, griffen die Verleger auf freie Mitarbeiter zurück, deren Artikel noch schlechter dotiert wurden. Der "Zeitungs-Verlag" als Hauptstellenmarkt für Redakteure verzeichnete einen erheblichen Rückgang an Stellenangeboten, dafür nahmen die Gesuche zu. Der Zeitungswissenschaftler Max Grünbeck kommentierte die Situation im Jahr 1931 mit den Worten: "Wohl noch nie war ein solch großes Überangebot an journalistischen Kräften vorhanden wie jetzt in der Wirtschaftskrise".5 1 Walther H. Jentzsch: Die wirtschaftliche und soziale Lage der deutschen Redakteure, in: DP Nr. 27/1928, Seite 397 2 Zur sozialen Stellung der Journalisten vergi, auch Otto Groth: Die Zeitung, Band 4, Mannheim 1930, Seite 159 ff. Siehe auch Hermann Hornung: Probleme, Entwicklung und Geschichte der Organisationen und Berufsverbände der Presse, a.a.O., Seite 114 ff 3 Vergi. "Lebens- und Arbeitsbedingungen der Journalisten", hrsg. vom Internationalen Arbeitsamt, Genf 1928, Seite 182. Zur Arbeitslosigkeit unter Journalisten vergi, auch Spectator: Intellektuellen-Abbau und seine Folgen, in: DP Nr. 52/1930, Seite 677 ff 4 Der

Leserbrief unter

der

Überschrift

"Der

Kummer

des

Stellungsuchenden!"

ist

unterzeichnet mit "Einer fiir Viele", in: ZV Nr. 18/1932, Seite 322 5 Max Grünbeck: Die deutsche Presse in der Wirtschaftskrise, in: ZW Nr. 6/1931, Seite 396

52

Den Verlagen kam der Andrang journalistisch interessierter Kräfte gelegen. Sie sparten die Gehälter für ausgebildete Journalisten und verpflichteten billige Volontäre. Malmende Stimmen warnten vor "Volontärzüchterei" , die ein "journalistisches Proletariat" zu schaffen drohe, ohne jedoch etwas dagegen ausrichten zu können.1 Den verbliebenen Redakteuren, durch Angst vor Arbeitslosigkeit gefugig gemacht, wurden nicht selten Zusatzaufgaben bei der Anzeigenaquisition oder im Zeitungssatz übertragen. Die Proteste des Reichsverbandes der deutschen Presse konnten nicht einmal verhindern, daß Verlage bisweilen mehr Volontäre als Redakteure beschäftigten. Dabei muß anerkannt werden, daß der RDP bis 1933 durchaus etwas für seine Mitglieder erreicht hatte. Während der Inflationszeit bemühte sich der Verband, Hilfsmaßnahmen für arbeitslose Journalisten und deren Familien einzuleiten. Hungernde Kollegen wurden gar mit Lebensmittelspenden versorgt.2 Das soziale Engagement des RDP führte 1926 zu Gründung der Versorgungsanstalt der deutschen Presse, die den Journalisten die Möglichkeit zur kostengünstigen Lebens- und Altersversicherungbot.3 Und auch bei der Verbesserung der Rechtsposition der Journalisten konnte sich der Verband erfolgreich einschalten.4 Doch viele Aktivitäten des RDP blieben schon im Ansatz stecken. Ein geringer Organisierungsgrad und die fehlende Solidarität der Kollegen untereinander verhinderten, daß der RDP seine Forderungen vehement durchsetzen konnte. Die RDP-Chronistin Marie Matthies mußte feststellen: "Es fehlte eben vielfach an Korpsgeist." 5 Elitäres Standesbewußtsein und die daraus resultierenden distinguierten Umgangsformen behinderten die Schlagkraft der Organisation zusätzlich. Selbst wenn die Verbandsspitze des RDP es gewollt hätte, Arbeitskampfmaßnahmen zur Durchsetzung sozialer Belange wären an der Basis kaum durchsetzbar gewesen. Erst der totalitäre Staat, der die Tarifautonomie kurzerhand beseitigte, verfügte über das Instrumentarium, mit dem die Gesetze des Marktes per Verfügung auszuhebein waren.

1 B. Müller: Die Gefahren der Volontärzüchterei, in: DP Nr. 15/1928, Seite 121. Vergi, dazu auch E. Wittig: Wo soll das hinfuhren?, in: DP Nr. 16/1927, Seite 159 f 2 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 34 ff 3 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 64 ff 4 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 82 ff 5 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 68

53

3.2.

Pression und Protektion Die Verstaatlichung der Redaktionen durch den Nationalsozialismus

Am 6. April 1933 erklärte Goebbels in einer Rede vor der auswärtigen Presse, wer sich zur neuen Ordnung bekenne, werde belohnt: "Die geistigen Kräfte des deutschen Journalismus, die sich zu diesem Ja verpflichten können, können sich der ideellen und materiellen Unterstützung der Regierung gewiß sein". 1 Den Zweck dieses Korruptionsappells formulierte Otto Dietrich, Reichspressechef der NSDAP und zu diesem Zeitpunkt "Führer" des Reichsverbandes der deutschen Presse, ganz offen: "Die wirtschaftliche Sicherung des Journalisten ist... eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für die Schaffung und Erhaltung unantastbarer Pressemoral". 2 Was die neuen Herren unter "Pressemoral" verstanden, sollte nach der Machtübernahme schnell deutlich werden. Die "Großmacht"

3

der schreibenden Zunft

hatte sich dem Befehl der Staatsfuhrung zu unterstellen. Denn

Goebbels

bekannte sich zu der Ansicht, "daß, wer die Presse hat, auch das Volk besitzt". 4 Auf linientreue Gefolgsleute konnte das System nur in geringem Umfang zurückgreifen, die Schreiber in den Redaktionsstuben der NS-Zeitungen waren zudem nur "selten Meister ihres Fachs". 5 Goebbels war sich dessen wohl bewußt. 6 Der NS-Staat hatte in seiner Aufbauphase keine andere Wahl. Er war auf etablierte Kräfte angewiesen. Ihre "tatkräftige Mithilfe"

7

galt es zu gewinnen, also

versprach das System seinerseits großzügige Hilfe bei der Lösung sozialer

1 Rede Goebbels' vor der auswärtigen Presse, abgedruckt in Z W Nr. 4 / 1 9 3 3 , Seite 195 2 Otto Dietrich: Der Schriftleiter im neuen Staat, in: Z W Nr. 6 / 1 9 3 3 , Seite 343 f 3 Goebbels selbst bezeichnete die Presse als Großmacht, so in einer Rede vor der auswärtigen Presse vom 0 6 . 0 4 . 1 9 3 4 , abgedruckt in: Joseph Goebbels: Signale der neuen Zeit, München 1937, Seite 127 4 Aus einer Rede Goebbels' während der Kundgebung des RDP im Preußenhaus am 19.04.1934, abgedruckt in DP Nr. 1 6 / 1 9 3 4 , Seite 4 5 So rückblickend der NS-Journalist und ehemalige NSDAP-Gauleiter von Hamburg, Albert Krebs, in: Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP, Stuttgart 1959, Seite 2 3 4 6 Vergi. Paul Fechter: An der Wende der Zeit, Gütersloh 1949, Seite 401. Siehe dazu auch Kurt Koszyk: Das Ende des Rechtsstaates 1 9 3 3 / 3 4 und die deutsche Presse, Sonderdruck aus Journalismus Band 1, Düsseldorf 1960, Seite 6 7 Rede Goebbels' vor der auswärtigen Presse vom 0 6 . 0 4 . 1 9 3 4 , Goebbels: Signale der neuen Zeit, a.a.O , Seite 132

54

abgedruckt

in Joseph

Probleme. Als Gegenleistung erwartete es absolutes Wohlverhalten bei der Einbettung der Presse in die NS-Propagandamaschinerie.1 Tatsächlich kümmerte sich das Regime zunächst um die soziale Situation der Journalisten des Reiches. Der NS-Staat befreite sie nicht nur weitgehend von der Abhängigkeit zum Verleger, sondern mühte sich, den Beruf als solchen aufzuwerten. Er entwarf eine Sozialgesetzgebung, die viele Journalisten der gröbsten Existenzängste enthob, schützte die RDP-Mitglieder vor der lohndrückenden Konkurrenz der Gelegenheitsschreiber und versuchte, mit restriktiv gehandhabten Zugangsvoraussetzungen ein knappes Angebot an zugelassenen Kräften zu schaffen. Das privatrechtliche Verhältnis zwischen Journalisten und Verlegern erfuhr durch die Gesetzgebung des Dritten Reiches eine radikale Veränderung. Bei allen Auseinandersetzungen mit der Verlagsleitung konnte der Redakteur auf seine öffentlichen Aufgaben 2 hinweisen. Der Paragraph 30 des Schriftleitergesetzes räumte dem Journalisten einen Kündigungsschutz 3 ein, der jede abweichende Haltung gegenüber dem Verleger betraf Der verlegerische Anspruch auf die Gestaltung des redaktionellen Teils wurde damit beseitigt.5 Der Journalist blieb zwar Angestellter eines privaten Unternehmens, war aber in seiner Tätigkeit, wie es hieß, "nur noch seinem deutschen Gewissen und seinem Volke verantwortlich".6 Otto Dietrich bemerkte, die "Regierung der nationalen 1 Eine ungeschminkte Schilderung der Zeitung als Teilfunktionsträger der Gesamtpropaganda findet sich bei Theodor Lüddecke: Die Tageszeitung als Mittel der Staatsfuhrung, Hamburg 1933, Seite 52 ff 2 So definiert § 1 SchLG die Tätigkeit des Journalisten, in: Hans Schmidt-Leonhardt/ Peter Gast: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, Berlin 1944, Seite 23 3 Zum erweiterten Kündigungsschutz des Redakteurs vergi. Alfred Balzer: Das Anstellungsverhältnis des Schriftleiters an Zeitungen nach dem Schriftleitergesetz, Jur. Diss. Leipzig, Bautzen 1935 4 Hans Schmidt-Leonhard/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, a.a.O., Seite 29 5 Kurz und bündig erläuterte der RMVuP-Beamte und Kommentator des Schriftleitergesetzes Hans Schmidt-Leonhardt: "Eingriffsrechte des Verlegers im einzelnen sind unstatthaft ", in: Hans Schmidt-Leonhardt: Die Reichskulturkammer, Berlin 1936, Seite 44. Vergi, dazu auch Herbert Wiegand: Die Rechtsstellung des Schriftleiters, Jur. Diss. Köln 1936. Siehe auch Siegfried Walchner: Die Neuordnung der deutschen Presse und ihre wirtschaftliche Organisation, Phil. Diss. Gießen 1937, Seite 18 f 6 Otto Dietrich: Der Journalist im neuen Staat, in: DP Nr. 8/1933, Seite 91

55

Revolution" habe "die geistige Freiheit und Unabhängigkeit des deutschen Redakteurs aus der Klammer kapitalistischer Interessen und verlegerischer Interessengruppen wieder hergestellt und fur die Zukunft gesichert".1 Auch die soziale Absicherung der Journalisten wurde gesetzlich verankert. Der Tarifvertrag zwischen Verlegern und Journalisten vom 9. Januar 1926, in der Praxis oft nur Makulatur, wurde am 5. Januar 1938 von einer Tarifordnung mit absolut bindender Wirkung abgelöst. Sie war natürlich nicht aus Verhandlungen der Sozialpartner hervorgegangen, sondern vom "Sondertreuhänder der Arbeit" 2 erlassen worden. Aber die neue Tarifordnung brachte den deutschen Journalisten erhebliche Vorteile. Die Möglichkeit, private Verträge nach Gutdünken abzuschließen, wurde erheblich eingeschränkt. Die Tarifordnung definierte Urlaubs- und Ruhezeiten, regelte Modalitäten des Anstellungsvertrages und erließ feste Normen für Gehalts- und Spesenzahlungen.3 Ein Unterschreiten dieser Mindeststandards war unzulässig. Und auch die zur Pflicht erhobene Versicherung aller hauptamtlich beschäftigten Redakteure bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Presse GmbH stellte sozialen Fortschritt dar. Die Beiträge hatten je zur Hälfte der Verleger und der Journalist zu entrichten. Ähnliche Bestimmungen im Normaldienstvertrag von 19264 wurden in der Zeit der Wirtschaftskrise häufig unterlaufen. Die Verkündung des Schriftleitergesetzes ließ viele Journalisten hoffen, nun sei es mit dem harten Konkurrenzkampf auf dem journalistischen Stellenmarkt vorbei. Der Zugang zum journalistischen Beruf wurde durch das Schriftleitergesetz strikt kontrolliert. Die Tätigkeit des Schriftleiters, nun exakt definiert, stellte der NS-Staat unter gesetzlichen Schutz.5

1 Otto Dietrich: Der Journalist im neuen Staat, in: DP Nr. 8/1933, Seite 91 2 Als "Sondertreuhänder" fungierte der vom Reichs- und Preußischen Arbeitsminister eingesetzte

Regierungspräsident

Rüdiger.

Grundlage

fur dessen

Befugnisse

stellten

die

§§ 32 und 33 des "Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit" vom 20.01.1934 dar 3 Vergi. Tarifordnung für die in Zeitungsverlagen beschäftigten Schriftleiter, abgedruckt in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, Berlin 1944, Seite 248 ff 4 Vergi. § 11 des Normaldienstvertrages vom 09.01.1926, abgedruckt in: Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 187 5 In § 1 SchLG heißt es: "Niemand darf sich Schriftleiter nennen, der nicht nach diesem Gesetz dazu befugt ist", in: Hans Schmidt-Leonhardt/ Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, a.a.O., Seite 23

56

Wer jetzt journalistisch arbeiten wollte, bedurfte der Genehmigung durch den RDP.1 Der Reichsverband führte die "Berufslisten", in die Journalisten nur nach eingehender Prüfung aufgenommen wurden. Verleger durften sich nur noch journalistisch betätigen, wenn dies wirtschaftlich notwendig erschien.2 Selbst freie Mitarbeiter hatten ihre Zulassung zu beantragen.3 Und die zu Weimarer Zeit viel beklagte Praxis der Verlage, Redaktionen mit billigen Volontären zu besetzen, wurde drastisch eingeschränkt. Nur die Macht des diktatorischen Regimes ermöglichte, den Zugang zum "stark überfüllten Schriftleiterberuf' einfach durch eine Aufnahmesperre für Volontäre "einzudämmen".4 Indes, die Arbeitslosigkeit der Journalisten blieb trotz aller Maßnahmen ein Thema im Dritten Reich. Im Jahr 1935 beliefen sich Schätzungen auf etwa eintausend erwerbslose Schriftleiter,5 denen weder durch die Stellenvermittlung des RDP noch durch Appelle an den "Kameradschaftsgeist" 6 der Zunft geholfen werden konnte. Während die Verantwortlichen ihre vermeintlichen Erfolge pathetisch feierten, reagierten die von Arbeitslosigkeit Betroffenen verbittert: "Die Frage der Beseitigung der Schriftleiterarbeitslosigkeit ist so brennend, daß 1 Für hauptberuflich tätige Journalisten bestimmte das Schriftleitergesetz die Mitgliedschaft im RDP zur Pflicht, vergi. § 23 SchLG., in: Hans Schmidt-Leonhard/ Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, a.a.O., Seite 28 2 Vergi, dazu Urteil des Pressegerichtshofes Berlin vom 18.01.1935, abgedruckt in ZV Nr. 20/1935, Seite 344 ff 3 Zu diesem Zweck verschickte der RDP seine Genehmigung per Formblatt. Hier war das zugelassene Ressort und die entsprechende Zeitung vermerkt, fur die der freie Mitarbeiter schreiben durfte. Die Zulassung war "jederzeit widerruflich". Vergi. Schreiben des RDPLandesverbandes Sudetenland an den Hauptschriftleiter der Rumburger Zeitung vom 10.07.1942, in: B A R 103/109 4 Rundschreiben des RDP Nr. 15/1935 vom 07.06.1935, in: BA R 103/1. Bereits in der Amann-Anordnung zur sozialen Sicherung des Schriftleiterberufes vom 31.05.1935 war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Schriftleitern in Ausbildung und hauptberuflich tätigen Journalisten vorgeschrieben worden. Bei kleineren Zeitungen bis zu einer Auflage von 50.000 Exemplaren durfte das Verhältnis von 1:3 nicht uberschritten werden. Für größere Zeitungen galt eine Mindestquote von 1:5. Vergi, dazu "Wer darf Volontäre einstellen? Richtlinien fur die Anwendung der Anordnung zur sozialen Sicherung des Schriftleiterberufes", in: DP Nr. 28/1935, Seite 341 5 Vergi. K.H.G.: Tausend Schriftleiter zuviel?, in: DP Nr. 26/1935, Seite 313 f 6 H.M.: Arbeitsbeschaffung und Kameradschaftsgeist. Nachdenkliches fur Schriftleiter und Verleger, in: DP Nr. 36/1935, Seite 438

57

allein nur n o c h praktische Vorschläge gemacht und diese dann auch verwirklicht werden sollten."

1

Für 1937 w i e s die Beitragsstatistik des R D P noch 2 9 9 erwerbslose Schriftleiter aus, w o b e i die Dunkelziffer allerdings weitaus höher gelegen haben dürfte. 2 Viele stellungssuchende Journalisten dürften als freie Mitarbeiter mit geringem Einkommen eingruppiert worden sein. 3 U n d nicht w e n i g e sind wahrscheinlich in andere Berufe ausgewichen und haben ihre Mitgliedschaft beim R D P gekündigt oder ruhen lassen. Diejenigen,

die

aus

dem

Journalismus

ausschieden

und

sich

andere

Beschäftigung suchten, m ö g e n am Ende das bessere L o s g e z o g e n haben. D e n n das

Schriftleiterdasein unter dem K o m m a n d o

der "Propagandafeldwebel"

4

entpuppte sich mehr und mehr als "saures Amt", w i e e s Ernst B l o c h 1935 im Züricher Exil formulierte. 5 "Die Zeitung... hat nur Existenzberechtigung, w e n n sie sich bewußt einem höhe-

1 Kurt Biewend: Jungschriftleiter an die Front!, Leserbrief in: DP Nr. 19/1936, Seite 225 2 Offizielle Zahlen zur Arbeitslosigkeit unter Journalisten finden sich in den Beitragsstatistiken

des

RDP,

obwohl

Erwerbslose

von

Beiträgen

befreit

waren,

vergi.

B A R 103/146 3 Die Beitragsstatistiken in den RDP-Haushalten weisen aus, daß es ab 1934 etwa 15.000 journalistisch Tätige im Deutschen Reich gab. Bis 1938 bleibt diese Zahl relativ konstant. Sie besagt jedoch wenig, da die Statistik nur in groben Zügen erkennen läßt, wie viele Journalisten von ihrer Arbeit leben konnten und wie viele sich journalistisch nur ein Zubrot sicherten. 1936 verdienten 6.169 RDP-Mitglieder bis zu 200,-RM im Monat, weitere 3.879 Journalisten erzielten Einkünfte zwischen 200,- und 400,-RM monatlich. Es steht zu vermuten, daß in der Gruppe bis 200,-RM Arbeitslose und freie Mitarbeiter erfaßt wurden, die sich nur gelegentlich journalistisch betätigten. Die Vermutung wird durch die Beitragsstatistik von 1938 gestützt. Hier wurden 3.210 Mitglieder mit einem Einkommen bis 100,- RM gezählt; und damit konnte auch in den dreißiger Jahren keine Familie ernährt werden. Nach dem "Anschluß" Österreichs erhöhte sich die Zahl der RDP-Mitglieder auf etwa 18.000. Daran sollte sich bis 1940 nicht viel ändern. Zu den Zahlen vergi. RDP-Haushalte in Β A R 103/146 4 So bezeichnete Ernst Niekisch die Sprachregler, unter deren Anleitung der Journalist "seine Artikel und Glossen" schrieb, "wie der Zuchthäusler seine Tüten ldebt: alle nach dem gleichen Schema und gemäß den erteilten Weisungen", in: Ernst Niekisch: Das Reich der niederen Dämonen, Hamburg 1953, Seite 188. 5 Ernst Bloch: Sophistische Rhetorik, in: Die Zeitung. Deutsche Urteile und Dokumente von den Anfängen bis zur Gegenwart, ausgewählt und erläutert von Elger Blühm und Rolf Engelsing, Bremen 1967, Seite 251

58

ren politischen Willen unterordnet", erklärte R D P - C h e f Wilhelm W e i ß vor dem ersten Reichspressetag in Berlin. 1 D i e Fülle der Anordnungen und Verbote und die Vielzahl der "zuständigen Stellen" machte es allerdings selbst den loyalsten Journalisten nicht leicht, dem Willen der Presselenker zu entsprechen. Zumal sich auch gut informierten Redakteuren selten erschloß, w e s s e n Wille gerade m a ß g e b e n d war. Ein nur schwer überschaubares Heer von öffentlich besoldeten Aufpassern und Sprachreglern diktierte den Redakteuren Inhalte und A u f machung. Zuständig für die Inszenierung der veröffentlichten M e i n u n g war das R e i c h s ministerium fur Volksaufklärung und Propaganda. 2 A l s machtvollste

Instanz

innerhalb d e s Ministeriums galt zurecht die Abteilung IV 3 , die in der täglichen Reichspressekonferenz alle Berliner Korrespondenten mit detaillierten A n w e i sungen traktierte. 4 Darunter existierten die Propagandafursten in der Provinz. Goebbels' Statthalter in den Reichspropagandaämtern setzten nicht nur Berliner

1 "Der Erste Reichspressetag in Berlin am 17. und 18. November 1934", in: DP Nr. 47/1934, Seite 2 2 Zur gesetzlichen Verankerung des RMVuP vergi. Hans Frank: Nationalsozialistisches Handbuch fur Recht und Gesetzgebung, München 1935, Seite 490 ff. Zur juristischen Stellung des Ministers vergi. Horst Baumann. Der Deutsche Schriftleiter und seine Ehrengerichtsbarkeit, Jur. Diss. Leipzig, Berlin 1939, Seite 78 f Zu Aufbau und Gliederung des RMVuP vergi. z.B. Gerhard Menz: Der Aufbau des Kulturstandes, München und Berlin 1938, Seite 13 ff 3 Zu Aufgaben und Gliederung der Abteilung IV (Presse) des RMVuP vergi. Gerhard Baumann. Der organisatorische Aufbau der deutschen Presse, München 1940, Seite 19 ff. Vergi, auch Georg Wilhelm Müller: Das Reichsministerium fur Volksaufklärung und Propaganda, Berlin 1940, Seite 16 ff und Joseph Wulf: Presse und Funk im Dritten Reich, Gütersloh 1964, Seite 81 ff 4 Zu den Pressekonferenzen im RMVuP vergi. Gabriele Toepser-Ziegert: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Band 1: 1933, München-New York-London-Paris 1984, Seite 29* ff. Ablauf und Inhalte der Reichspressekonferenz aus Sicht eines Journalisten bei Fritz Sänger: Das schmale Seil, in: Sonderheft Gegenwart: Ein Jahrhundert Frankfurter Zeitung, Frankfürt 1956, Seite 23 ff und Margret Boveri: Wir lügen alle, Ölten und Freiburg i.B. 1965, Seite 538 ff. Zur Reichspressekonferenz und den Presseanweisungen vergi, ferner Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 157 ff, Helmut Heiber: Joseph Goebbels, Berlin 1962, Seite 164 ff, Karl-Dietrich Abel: Presselenkung im NS-Staat, Berlin 1968, Seite 37 ff und Walter Hagemann: Publizistik im Dritten Reich, Hamburg 1948, Seite 315 ff

59

Direktiven um, sondern griffen auch selbst aktiv in die Arbeit der lokalen Zeitungen ein. Durch Erlaß v o m 9. September 1937 war den ehemaligen Landesstellen des R M V u P gar der Status von Reichsbehörden verliehen worden. D i e Leitung der Reichspropagandaämter übernahmen j e w e i l s die Gaupropagandaleiter der N S D A P . D i e Doppelfunktion stärkte den Einfluß, fur den Journalisten war nur schwer einzuschätzen, w o die B e f u g n i s s e der lokalen Instanzen endeten. D i e Außenstellen des R M V u P verteilten sich bis in den letzten Winkel des Reiches, 1939 existierten insgesamt 3 8 Reichspropagandaämter. 1 U n d alle waren sie emsig bemüht, ihre Daseinsberechtigung durch ständige Belästigung der Journalisten nachzuweisen. A u c h mit anderen, w i e Pilze aus dem B o d e n schießenden Pressestellen 2 , hatten die Redakteure ihre liebe Not. D i e Pressereferenten diverser Parteistellen, Organisationen und Behörden, oft unbegabte Verfasser holperiger Aufsätze 3 , nutzten die Unsicherheit der Journalisten und degradierten vor allem Schriftleiter in der Provinz zu Befehlsempfängen!. Unter H i n w e i s auf die Macht ihrer Institution

1 Vergi. Ludwig Münz (Hrsg.): Führer durch die Behörden und Organisationen, Berlin 1939, Seite 103 ff. Offiziell hieß es zum Verhältnis der Reichspropagandaämter zu den Redaktionen: "Die Landesstelle wurde... sehr bald zum vertrauten Berater jeder einzelnen Zeitung... Die Betreuung der Zeitungen geschah teils informativ, teils instruktiv", in: Oswald Rentrop: Die Reichspropagandaamter, in: ZW Nr. 1/1938, Seite 6 2 Im Jahr 1937 sahen sich Journalisten allein bei Dienststellen der NSDAP-Reichsleitung mit 24 verschiedenen Pressereferaten konfrontiert. Vergi, dazu Handbuch der deutschen Tagespresse, hrsg. vom Institut fur Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig-Frankfiirt a.M. 1937, Seite 343 f 3 Vergi, dazu die unbeholfene Selbstdarstellung des Frankfurter Kreispresseamtsleiters E. Korten: Pressewart und Geschichte der Bewegung, in: Das erste deutsche Pressekameradschaftslager, o.O. 1934, Seite 45 f. In einer Anregung zur "Schulung der Pressewarte" schrieb der Leiter des Gaupresseamtes Hessen-Nassau, F. H. Woweries: "Man schule nur, was man schulen muß... Notwendig erscheint, daß der Pressewart die Grundsätze und programmatische Zielsetzung der Bewegung vor dem falschen Einsatz der Macht des geschriebenen und gedruckten Wortes zu schützen weiß." Es sei "wenig ratsam..., die Arbeitsfreudigkeit mitarbeitender begabter Parteigenossen und Hitler-Jungen zu beeinträchtigen, indem man ihnen Regeln statt Anregung, Formeln statt Bewegung, Rücksicht statt Aktivität anerzieht", in: F. H. Woweries: Die Schulung der Pressewarte, in: Das erste deutsche Pressekameradschaftslager, o.O. 1934, Seite 85. Und der Leiter der Justizpressestelle Berlin meinte ganz offen, die amtliche Pressestelle könne den Fachschriftleiter zwar nicht ersetzen, wohl aber solle sie "ihn sich heranziehen", in: Alfred Klütz: Uniformierung durch amtliche Pressestellen?, in: DP Nr. 12/1934, Seite 12

60

drückten die "kleinen Pressechefs" ihre "schwülstigen Selbstbeweihräucherungen" 1 ins Blatt. Diese Praxis nahm derart Überhand, daß sich der Staatssekretär im RMVuP zum Einschreiten veranlaßt sah. Im RDP-Organ "Deutsche Presse" schrieb Walther Funk grollend: "Die Presse ist keine Drehorgel, aus der jeder nach Belieben sich die ihm genehmen Melodien herausquetschen kann, sondern ein überaus empfindliches und weittönendes Instrument oder Orchester, auf dem und mit dem nur diejenigen spielen dürfen, die es gelernt haben und denen der Führer selbst den Bogen oder Taktstock in die Hand gegeben hat." Er konstatierte "eine Anzahl von Pressestellen bei Behörden und Organisationen, die ihre Existenzberechtigung dadurch nachzuweisen versuchen, daß sie die Zeitungen mit Erklärungen, Abhandlungen und Mitteilungen aller Art 'beglücken' und hierbei einen mehr oder minder gelinden Druck ausüben." Das RMVuP werde die Presse vor diesen Einflüssen "energisch schützen", versprach er den Schriftleitern im Reich.2 Doch der Journalist tat gut daran, sich auf solche Zusagen nicht zu verlassen. Zu bizarr war das Gewirr der Kompetenzen, als daß er am Ende nicht doch noch zwischen die Mühlsteine geraten konnte. Für die meisten Provinzredaktionen war der Beschwerdeweg nach Berlin sehr weit. Außerdem waren einmal gemachte Zusagen der NS-Gewaltigen3 nicht unbedingt einklagbar. Funks starke Worte bewirkten wohl auch nicht viel, denn ein Jahr nach seiner Abrechnung mit anmaßenden Pressestellen bat der Staatssekretär seine Schützlinge erneut flehentlich, "etwas mehr Zivilcourage" zu zeigen: "Meine Herren von der Presse, wenn jemand von Ihnen etwas will, was Sie nicht mit Ihrem journalistischen Gewissen oder mit den praktischen Notwendigkeiten Ihrer Zeitung vereinbaren zu können glauben, so halten Sie dem Betreffenden doch

1 So Goebbels in einer Rede während des ersten Reichspressetages in Berlin. Ausgerechnet der Propagandaminister forderte die Presse auf, sich mutig gegen die Mißstände zu wehren, in: DP Nr. 47/1934, Seite 5 2 Um den verbindlichen Charakter seiner Ausfuhrungen zu unterstreichen, ließ Funk seine Unterschrift unter den Artikel drucken, in: Walther Funk: Die Presse ist kein Prügelknabe!, in: DP Nr. 46/1934, Seite 5 f 3 Auch Goebbels hatte sich als Schutzherr angeboten: "Und sollte man... wagen, gegen sie mit Repressalien vorzugehen, können sie sich auf meinen Schutz berufen und ich werde sie in jeder Beziehung schützen", in: Rede Goebbels1 vor dem ersten Reichspressetag in Berlin, abgedruckt in: DP Nr. 47/1934, Seite 5

61

das Schriftleitergesetz unter die Nase!" ' W o der stellvertretende Pressechef Helmut Sündermann "gesunden Menschenverstand"

2

NSDAP-

walten sah,

herrschte in Wirklichkeit weitgehende Verwirrung über Zuständigkeiten. 3 D a s Dritte Reich, obwohl immer bemüht, alles und j e d e n reglementierend unter Kontrolle zu bringen, blieb bis zu seinem Untergang ein Hort der institutionalisierten

Willkür. 4

Verursachem

Widersprüchliche

angekreidet.

Propagandakette

hatte

es

Der

Anweisungen

Journalist

auszubaden,

ihn

als

wurden

schwächstes

trafen

die

selten Glied

Sanktionen.

den der Und

1 Walther Funk: Bitte etwas mehr Zivilcourage!, in: DP Nr. 48/1935, Seite 594. Auch RDPChef Wilhelm Weiß mußte Mitte 1935 eingestehen: "Ich furchte, wir haben auch heute noch zu viel Pressechefs im ganzen Lande", in: Wilhelm Weiß: Presse und Nationalsozialismus, in: DP Nr. 29/1935, Seite 349. In der Folgezeit bezeugte eine Flut von Protestartikeln gemaßregelter Journalisten Unmut über das Wirken diverser Pressestellen, vergi. z.B. Günter Weigel: Pressechefs, Pressewarte und Pressestellen, in: DP Nr. 30/1935, Seite 360. Zum unkalkulierbaren Risiko des Journalisten im Dritten Reich, bei kleinen und großen NSFunktionären in Ungnade zu fallen, vergi, auch Erika Martens: Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime, a.a.O., Seite 215. Zum Zusammenhang zwischen uniformer Berichterstattung und dem Treiben der Pressestellen vergi, auch Otto Schempp: Zum Problem der Uniformität, in: DP Nr. 8/1934, Seite 85 f 2 Helmut Sündermann, ein nahezu unfähiger Claqueur aus Otto Dietrichs Fraktion mit der offiziellen Dienstbezeichnung "Leiter des Pressepolitischen Amtes des Reichspressechefs der NSDAP", verstieg sich ausgerechnet im auf wissenschaftlichen Anspruch bedachten Fachorgan "Zeitungswissenschaft" zu folgender Einschätzung: "Die viel zitierte deutsche Pressepolitik - was ist sie anderes als die in der Zeitungsgeschichte erstmalige Anwendung des gesunden Menschenverstandes auf die Pressefragen", in: ZW Nr. 3/1937, Seite 152 3 Zur undurchsichtigen Parteihierarchie der NSDAP vergi. Franz Neumann: Behemoth, KölnFrankfiirt a.M. 1977, Seite 425 ff. Siehe auch Karl-Dietrich Abel: Presselenkung im NSStaat, Berlin 1968, Seite 68 ff. 4 Auch Funks Nachfolger im Amt des Staatssekretärs im RMVuP, Reichspressechef Otto Dietrich, versuchte vergeblich, das Problem der Pressestellen in den Griff zu bekommen. In einem Schreiben an alle Reichsminister und Oberste Reichsbehörden vom 22.02.1939 verbot er zwar die Bezeichnung "persönlicher Pressereferent" (vergi. ΒΑ R 55/14 Fol. 47a), doch selbst eine persönliche Verfugung Hitlers, die Dietrich das alleinige Recht auf "die Veröffentlichung von amtlichen Nachrichten jedweder Art aus dem Bereich der Reichsministerien und sämtlicher übrigen Dienstellen des Reiches" einräumte (BA R 55/14 Fol.

52),

konnte

das

Chaos

Institutionen nicht beseitigen

62

widersprüchlicher

Anweisungen

durch

verschiedene

Möglichkeiten zur Bestrafung hatte sich das System zuhauf geschaffen. Die gesetzliche Grundlage dafür bildete das Schriftleitergesetz.

3.2.1.

Willkür nach Paragraphen Die Zäsur durch das Schriftleitergesetz

"Am 1. Januar 1934 tritt das neue Schriftleitergesetz formell in Kraft... Ab 1. Januar 1934 ist der Schriftleiter vom nationalsozialistischen Staat feierlich in Dienst genommen." 1 RDP-Chef Wilhelm Weiß, der nun einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" 2 vorstand, gebot jetzt über eine Berufsgruppe mit "beamtenähnlichem" Status 3. Die privatrechtlich angestellten Journalisten wurden mit einer kaum noch überschaubaren Fülle von Pflichten und Geboten konfrontiert und bei Verstößen mit drakonischen Strafen bedroht. Auf die Fürsorge des Staates, die dieser dem öffentlichen Dienst normalerweise angedeihen läßt, mußten sie hingegen verzichten. Das am 4. Oktober 1933 verkündete Schriftleitergesetz, es gleicht über weite Strecken eher einem Strafkatalog, hatten die Machthaber in kürzester Zeit zuwege gebracht.4 Seine Ausarbeitung war der erste Auftrag, den Goebbels der Rechtsabteilung seines Ministeriums erteilte. Und die Juristen im RMVuP, allen voran der Ministerialrat Hans Schmidt-Leonhardt 5 , hatten keine große Mühe bei 1 Wilhelm Weiß: An die deutsche Presse, in: ZV Nr. 1/1934, Seite 13 2 So definiert in § 23 SchLG 3 Vergi, dazu Alfred Frankenfeld: Der ideale Journalist, Hamburg 1933, Seite 17 f 4 Der Entwurf, der im totalitären Staat natürlich keine parlamentarischen Hürden zu überwinden hatte, war bereits im September 1933 fertiggestellt worden. Am Tag seiner Verkündung wurde das Schriftleitergesetz aufgrund des "Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom Kabinett verabschiedet. Vergi. Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, a.a.O., Seite 8 5 Hans Schmidt-Leonhardts Lebenslauf ist beispielhaft fur die These von der "Fluktuation der Eliten", vergi, dazu Erika Martens: Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime, a.a.O., Seite 58. Der Jurist, von 1926 bis 1933 im Reichsministerium des Inneren beschäftigt, wechselte am 31.03.1933 ins neu entstandene RMVuP und wurde dort am 21.07.1933 zum Ministerialrat befördert. Goebbels schätzte die unbestrittene Kompetenz des ehemaligen Mitglieds der Deutschen Volkspartei, übertrug ihm den offiziellen Kommentar des Schriftleitergesetzes (vergi, dazu BDC-Personalakte Hans Schmidt-Leonhardt) und berief ihn in den Reichskultursenat der Reichskulturkammer, vergi. ΒΑ R 55/165 Fol. 30

63

der Formulierung des Textes. Bereits seit Jahren arbeitete eine vom Reichsministerium des Inneren eingesetzte Kommission an einem Pressegesetz, das das Reichspreßgesetz von 1874 ablösen sollte. Einige Passagen des 1933 fast fertiggestellten Entwurfs wurden übernommen, 1 mit Elementen der faschistischen Pressegesetzgebung Italiens angereichert nisse des NS-Staates abgestimmt.

2

und dann auf die speziellen Bedürf-

3

In 47 Paragraphen verkündete das Regime den Anspruch, die Presse als Werkzeug seiner Machtausübung zu nutzen. Adressat der einzelnen Bestimmungen war nahezu ausschließlich der Journalist. Für die Verleger interessierte sich der Gesetzgeber nur am Rande, ihnen billigten die Propagandastrategen allenfalls eine Nebenrolle zu. Dem in den ersten vier Paragraphen definierten Geltungsbereich des Schriftleitergesetzes konnte sich kaum ein Journalist entziehen. Lediglich auf Zeitungen und Zeitschriften, die im amtlichen Auftrag herausgegeben wurden, fand das Gesetz keine Anwendung. 4 Eine Ausnahmeregelung für Redakteure von Verbandsmitteilungen, Kunden- und Werkzeitschriften

5

hatte dagegen nur bis Oktober 1937

1 Vergi, dazu Hans Schmidt-Leonhardt: Wie das Schriftleitergesetz entstand, in: ZW Nr. 6/1933, Seite 344 ff 2 Goebbels bemerkte in einer Rede vom 29.06.1933: "Die italienische Presse ist nach einem neuen Gesetz geregelt worden... Einiges aus dem italienischen Pressewesen ist auch für uns verwendbar", in: Der Faschismus und seine praktischen Ergebnisse, in: Joseph Goebbels: Signale der neuen Zeit, a.a.O., Seite 167. Die einzelnen italienischen Pressegesetze sind in eigenwilliger Übersetzung nachzulesen in: Der italienische Journalismus im fascistischen Regime, hrsg. vom Fascistischen Nationalsyndykate der Journalisten, Rom 1928. Eine eingehende Beschäftigung mit der faschistischen Pressegesetzgebung findet sich bei Erich Röhrbein, Das italienische Preßrecht, Berlin 1930. Die Vorbildfünktion des italienischen Presserechts für das Schriftleitergesetz beschreiben z.B. Wolfgang Schmidt: Die öffentlich-rechtliche Stellung des Schriftleiters nach dem Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933, Jur. Diss. Leipzig, Dresden 1935, Seite 20 ff und Karl Goebel: Totaler Staat und Presse, Wirtschaftswiss. Diss. Heidelberg, Freiburg i.Br. 1936, Seite 27 ff 3 Hier ist in erster Linie § 5 Satz 3 zu nennen, wonach nur derjenige zum Beruf zugelassen wurde, der "arischer Abstammung... und nicht mit einer Person von nichtarischer Abstammung verheiratet" war. Die faschistische Pressegesetzgebung Italiens kannte einen solchen Paragraphen zu diesem Zeitpunkt nicht 4 Vergi, dazu § 3 Absatz 2 SchLG 5 Vergi. Meldung "Ausnahmen bei der Anwendung des Schriftleitergesetzes", in: ZV Nr. 3/1934, Seite 48

64

Bestand. 1 Niemand sollte der totalen Kontrolle entkommen dürfen. Bereits für den Zugang zum Beruf wurden umfangreiche Voraussetzungen gefordert. Und selbst wenn ein Bewerber allen genannten Anforderungen entsprach, konnte seine Eintragung in die Berufsliste unter Hinweis auf Paragraph 5 Absatz 7 abgelehnt werden. 2 Die Bestimmung, Schriftleiter könne nur sein, wer "die Eigenschaft hat, die die Aufgabe der geistigen Einwirkung auf die Öffentlichkeit erfordert", war ganz nach Gusto auszulegen und öffnete willkürlichem Verhalten Tür und Tor. Ebenso muß auch das Veto-Recht bewertet werden, das dem Reichsminister fur Volksaufklärung und Propaganda eingeräumt wurde. 3 Alle im Reich tätigen Journalisten konnten sich nach Verkündung des Schriftleitergesetzes zunächst auf Widerruf in die Berufslisten eintragen lassen.4 Die Überprüfung erfolgte dann später anhand eines sechsseitigen Fragebogens 5, den jeder Schriftleiter beim RDP abzuliefern hatte. Hatte der Journalist das Nadelöhr der Zulassung glücklich passiert, konfrontierte ihn das Gesetz in den Paragraphen 13 bis 15 mit weiteren sehr auslegungsfahigen Vorschriften. Paragraph 14 verpflichtete den Schriftleiter, aus seiner Zeitung alles fernzuhalten, was geeignet sein konnte, "die Kraft des Deutschen Reichs nach außen oder im Inneren, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen", "gegen die Ehre und Würde eines Deutschen" verstieß oder "was aus anderen Gründen" als "sittenwidrig" zu werten war. Die Beurteilung einer Sittenwidrigkeit lag natürlich wieder ganz im Ermessen der zuständigen Instanzen, die das Gesetz in den Paragraphen 27 und 28 legitimierte. Die hier ins Leben gerufenen Berufsgerichte, die der RDP unterhalten mußte, hatten in sogenannten "ehrengerichtlichen Verfahren" über Kollegen zu befinden, die auffällig geworden waren. Das Recht des Ministers zur

1 Vergi. Amanns "Anordnung betreffend Kundenzeitschriften", in: ZV Nr. 43/1937, Seite 657 2 Über die Eintragung in die Berufslisten entschied der fur den jeweiligen Bewerberer zuständige Leiter eines RDP-Landesverbandes. Vergi. § 8 SchLG 3 Vergi. § 8 SchLG 4 Vergi, dazu die Meldung "Zur Eintragung der Schriftleiter in die Berufsliste", in: ZV Nr. 5/1934, Seite 85 5 Per Fragebogen hatte der Bewerber ausführlich über seine Person Auskunft zu geben. Unter anderem forschten die Inquisitoren nach Parteimitgliedschaften, Ausbildung, Einkommen, Arbeitgeber und Abstammung. Vergi, dazu Fragebogen zur Durchfuhrung des Schriftleitergesetzes vom 4. Oktober 1933, abgedruckt bei Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 242 ff

65

Ernennung der Mitglieder der Berufsgerichte 1 stellte sicher, daß diese nur mit linientreuen Gefolgsleuten besetzt wurden. Das mögliche Strafmaß in berufsgerichtlichen Verfahren erstreckte sich von der mehr oder weniger harmlosen Verwarnung bis zur Löschung aus der Berufsliste,2 die den Verurteilten in die Arbeitslosigkeit trieb und möglicherweise sogar noch weitere Konsequenzen nach sich zog. Demi nach einer Vereinbarung zwischen RDP und dem Leiter des Geheimen Staatspolizeiamtes gab der Reichsverband die Daten abgelehnter Bewerber oder ausgeschlossener Mitglieder sofort an die politische Polizei weiter.3 Gegen zu milde Urteile der Berufsgerichte konnte Goebbels jederzeit einschreiten. Der Paragraph 35 gab ihm das Recht, "die Löschung eines Schriftleiters in der Berufsliste" zu "verfugen, wenn er es aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls fur erforderlich" hielt. Doch sehr oft mußte der Propagandaminister von diesem Recht wohl keinen Gebrauch machen. Die Berufsgerichte funktionierten nach Wunsch. Stets bemüht, sich durch vorauseilenden Gehorsam Belobigungen zu verdienen, schössen manche Scharfrichter gar weit übers Ziel hinaus. So ist der Fall aktenkundig, daß ein Berufsgericht die Eintragung in die Berufsliste ablehnte, weil der Antragsteller weder der NSDAP noch einer ihrer Gliederungen angehörte.4 Das Urteil dokumentiert nachhaltig die herrschende Rechtsunsicherheit. 1 Vergi. § 32 SchLG 2 Vergi. § 31 SchLG. Das anmaßende Ansinnen, einem Berufskollegen unter Umständen Arbeitsverbot zu erteilen, war keine originäre Idee des NS-Staates. Bereits in einem 1918 entstandenen Entwurf des RDP zur Satzung einer Pressekammer heißt es in § 16: Die "Pressekammer kann auf Antrag oder aus eigener Entschließung den Redakteur... zeitweilig oder dauernd zur Ausübung seines Berufes für unwürdig erklären". Vergi, den Entwurf des RDP zur Pressekammer, ausgearbeitet vom Verband der Rheinisch-Westfälischen Presse im Auftrage der Vertreterversammlung des Reichsverbandes 1916. Als Bestandteil eines Gesetzentwurfes über "Die Rechtsverhältnisse der Redakteure" angenommen von der Vertreterversammlung des Reichsverbandes zu Hannover, November 1918, abgedruckt bei Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 206. Die gleichen Sanktionen sah auch der Referenten-Entwurf des Reichsministeriums des Inneren von 1924 in § 26 vor. Vergi. DP Nr. 20/1930, Seite 207 3 Vergi. RDP-Rundschreiben an die Leiter der Landesverbände des RDP vom 29.07.1935, in: B A R 103/1 4 Vergi, dazu ZW Nr. 10/1937, Seite 743. Der Pressegerichtshof, die letzte Instanz einer Berufung, hob das Urteil allerdings wieder auf

66

Auch fur gewissenhafte Juristen hatten die unpräzisen Formulierungen des Schriftleitergesetzes zur Folge, daß die Deutung der Paragraphen wahre Eiertänze verlangte. So schrieb der Gerichtsreferendar Werner Obermann in seiner Dissertation, der Paragraph 13 des Schriftleitergesetzes1 gebe dem Schriftleiter das Recht, nach "bestem Wissen... günstige als auch ungünstige Kritik" zu üben. Dabei sei "aber zu beachten, daß dem Schriftleiter dieses Recht nicht bedingungslos, 'auf jeden Fall' verliehen ist... Das Recht ist dem Schriftleiter vielmehr nur deshalb und insoweit verliehen, als von ihm erwartet wird, daß er es im wohlverstandenen Interesse der Gemeinschaft ausübt."2 Der Bewegungsspielraum der Journalisten war derart gering, daß der nationalsozialistische Staat auf eine Vorzensur der Zeitungen und Zeitschriften verzichten konnte. Selbst nach Kriegsbeginn konnte das Regime darauf vertrauen, daß die Journalisten aus Angst vor Strafe nur das schrieben, was vorgeschrieben war.3 Die ständige Angst, unabsichtlich Fehler zu machen, lähmte allerdings auch die Kreativität des schriftleitenden Standes, minderte die Qualität der Zeitungen und damit auch ihre Propagandawirkung.

1 Der § 13 SchLG im Wortlaut: "Schriftleiter haben die Aufgabe, die Gegenstände, die sie behandeln, wahrhaft darzustellen und nach ihrem besten Wissen zu beurteilen" 2 Werner Obermann: Die Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse unter Berücksichtigung des Schriftleitergesetzes, Jur. Diss. Münster i.Westf., Würzburg 1935, Seite 7. Trotz seiner wachsweichen Paragraphen war das neuartige Schriftleitergesetz als Untersuchungsgegenstand bei angehenden Doktoren der Jurisprudenz überaus beliebt. Und manchem erschloß sich auch der Sinn des neuen Gesetzes. So schrieb Wolfgang Schmidt: "Durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 ist ein neuer Kreis von Untertanen in ein Pflichtverhältnis des öffentlichen Rechts gestellt worden", in: Wolfgang Schmidt: Die öffentlich-rechtliche Stellung des Schriftleiters... , Jur. Diss. Leipzig, Dresden 1935, Seite 12 3 Triumphierend stellte der Presserechtler und Co-Kommentator des Schriftleitergesetzes, Peter Gast, 1940 fest, das Schriftleitergesetz habe seine "Bewährungsprobe" auch im Krieg bestanden. Eine Änderung der Gesetze sei nicht notwendig gewesen. Vergi, dazu Peter Gast: Bewährungsprobe, in: ZW Nr. 7/1940, Seite 372 ff. Siehe auch Rudolf Heizier: Das Presserecht im Kriege, in: ZW Nr. 1/1940, Seite 53 f. Heizier konstatiert zu Recht, die deutsche Presse sei bereits derart abgerichtet, daß auf eine besondere Vorzensur verzichtet werden könne

67

3.2.2.

Schreiben nach Befehl - Schwierigkeiten beim Aufbau der "geistigen Wehrmacht"1

D a s Schriftleitergesetz bot d e m Dritten Reich zwar die Handhabe, "sich die Kreaturen zu züchten, die e s brauchte" 2 , doch bei der U m s e t z u n g ihrer Pläne stießen

die Presselenker

auf schier unüberwindbare

Probleme.

Das

kaum

kalkulierbare Risiko der Journalisten, sich durch eine falsche Zeile um K o p f und Kragen zu schreiben, beeinflußte die Redaktionsarbeit nun tagtäglich. D e n n w o es

keine

gesicherten

Rechte

"Rechtsschutz" nicht weiter.

gab,

half

auch

der

vom

RDP

gewährte

3

D i e Angst, g e g e n geschriebene und ungeschriebene Gebote der Presselenker zu verstoßen,

schlug

sich

Sprachlosigkeit nieder.

5

in

"öden

Lobeshymnen"

4

oder

journalistischer

D i e meisten Zeitungen druckten R e d e n diverser N S -

Führer lieber unkommentiert über g a n z e Seiten. Gekürzte Fassungen oder gar eigene

Wertungen

gelangten

selten

ins Blatt.

Die

Presseanweisungen

der

Reichspressekonferenz und das Material des offiziösen D e u t s c h e n Nachrichten Büros

(DNB)

bestimmten

Themen-

und

Seitenverteilung

in

den

Redaktionskonferenzen. Sie galten als Richtschnur und wurden in der Regel 1 Die Presse sei "die geistige Wehrmacht der Nation", schwadronierte Reichspressechef Otto Dietrich während der "Kriegstagung" der deutschen Schriftleiter im Februar 1940, sie habe einen "Westwall der Seelen" gegen Auslandspropaganda errichtet, in: DP Nr. 5/1940, Seite 42 2 Ernst Niekisch: Das Reich der niederen Dämonen, a.a.O., Seite 188 3 Der Hauptgeschäftsfuhrer des RDP, Hans Henningsen, bilanzierte während des ersten Reichslehrgangs für pressefachliche Fortbildung: "Der Rechtsschutz hat in verschiedenen arbeitsrechtlichen und steuerlichen Fragen... erfolgreich eingreifen können", in: Sinn und Arbeit des RDP, in: DP Nr. 20/1937, Seite 295 4 So Goebbels in seiner Rede anläßlich der Verkündung des Schriftleitergesetzes am 04.10.1933, abgedruckt in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 14 5 Am 19.04.1934 erklärte der Propagandaminister: Da "diese Menschen, ganz unbewandert auf dem für sie glatten Boden des Nationalsozialismus, von einem panischen Schrecken besessen sind, irgend etwas falsch zu machen, tun sie lieber etwas zu viel als etwas zu wenig. Da man nun in der Skala der Lobesspenden nicht allzuviele Worte zur Verfügung hat, so müssen sich auf die Dauer selbstverständlich immer wieder diese Worte wiederholen", in: "Die Kundgebung des RDP im Preußenhaus", in: DP Nr. 16/1934, Seite 6. Zur Unsicherheit der Journalisten vergi. z.B. Werner von Lojewski: Tausend Jahre durch meine Brille. Ein Journalistenleben im Dritten Reich, Freiburg i.Br. 1985 und Margret Boveri: Wir lügen alle. Eine Hauptstadtzeitung unter Hitler, Olten-Freiburg i.Br. 1965, Seite 538 ff

68

lieblos und ohne großes Engagement umgesetzt. So entstand ein "fader Brei der Moniteur-Presse".1 Langeweile machte sich breit;2 sehr zum Mißfallen der NS-Gewaltigen, die den "trostlosen Eindruck" 3 der deutschen Presse nicht bestreiten konnten. Am 13. Dezember 1933 drohte der Präsident der Reichspressekammer Max Amann mit Konsequenzen: "Es ist... festzustellen, daß von einem wesentlichen Teil der deutschen Presse, d.h. von einem wesentlichen Teil der in der Presse Schaffenden, die neue Aufgabe, die ihnen aus der nationalsozialistischen Revolution erwachsen ist, noch gar nicht klar erkannt, geschweige denn erfüllt worden ist... Die gegenwärtig weitgehende Gleichförmigkeit, insbesondere der deutschen Tagespresse, ist nicht das Ergebnis von Regierungsmaßnahmen und entspricht nicht dem Willen der Führung der Nation. Sie hat ihre Ursachen vielmehr in einer aus der Vergangenheit sich erklärenden inneren Fremdheit vieler in der Presse geistig Schaffenden mit dem nationalsozialistischen Gedankengut... Wer sich innerlich nicht hierauf einzustellen vermag, wird gut tun, von sich aus die entsprechenden Folgerungen zu ziehen." 4 Reichspressechef Otto Dietrich stellte fest, der Presse fehle es an Disziplin, Ideenreichtum und Persönlichkeiten.5 Und auch Joseph Goebbels zeigte sich höchst unzufrieden mit den von ihm kommandierten Journalisten. Vor der Reichskulturkammer bedauerte er, die Presse halte den "goldenen Mittelweg" nicht ein: "Entweder ist sie anarchisch, alles zerstörend und unterhöhlend, oder kusch wie ein Schoßhündchen!" 6 So richtig recht machen konnten es die deutschen Journalisten dem Minister nie. Ließen sie es an der geforderten Zustimmung zur "neuen Ordnung" vermissen, 1 Helmut Heiber: Joseph Goebbels, Berlin 1962, Seite 169 2 Vergi, dazu auch NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Band 2: 1934, bearbeitet und eingeleitet von Gabriele Toepser-Ziegert,

München-New York-London-Paris

1985,

Seite 20* ff 3 RDP-Chef Wilhelm Weiß gestand ein, die deutsche Presse habe sich nach der Machtübernahme "ziellos, ideenlos, kritiklos und witzlos" präsentiert, in: Wilhelm Weiß: Presse und Nationalsozialismus, in: DP Nr. 29/1935, Seite 347 4 "Kundgebung des Präsidenten der Reichspressekammer. Die Grundlagen des deutschen Zeitungswesens im nationalsozialistischen Staat", in: ZV Nr. 50/1933, Seite 815 5 Otto Dietrich: Was der deutschen Presse noch fehlt. Rede vor dem Vertretertag im Gürzenich während des Reichspressetages 1935, in: DP Nr. 49/1935, Seite 647 6 "Der ständische Aufbau der Kulturberufe. Reichsminister Dr. Goebbels vor der Reichskulturkammer", in ZV Nr. 7/1934, Seite 111

69

wurden sie alsbald geschaßt. Jubelten sie aber zu intensiv, regte sich Goebbels über mangelndes Rückgrat der schreibenden Zunft auf. Die Ungeduld des Ministers wuchs, seine Kritik an den "alten Menschen" nahm immer schärfere Züge an: "Wenn heute noch Fehler und Mängel da sind, so weniger aus Böswilligkeit als aus Mangel an Instinkt. Die Menschen wollen, sie können aber nicht. Es ist zu viel verlangt, daß die Homere der Demokratie nun auch die Homere des Dritten Reiches werden... Die Presse hat kein Gesicht mehr, nicht deshalb, weil man ihr das Gesicht genommen hätte, sondern weil die kein Gesicht mehr haben, die sie schreiben".1 Der Minister selbst war aber maßgebend daran beteiligt, daß sich den Journalisten nur selten erschloß, wo sich der "goldene Mittelweg" denn befand. Zur Unsicherheit der Redakteure, die Goebbels so angewidert kommentierte, trugen auch seine "Nachhilfestunden" bei, mit denen er die Presse von Zeit zu Zeit beglückte. Weil ihm die Sprachregelungen in der täglich stattfindenden Reichspressekonferenz oft noch nicht ausreichten, kümmerte sich Goebbels bisweilen auch direkt um die Journalisten, um ihnen Unterricht in "neuem deutschen Pressestil" zu erteilen.2 Nur in lichten Momenten erschloß sich auch dem Propagandaminister, welche Ursachen für die Eintönigkeit der Presse verantwortlich waren. In sein Tagebuch notierte der Propagandaminister noch am 14. April 1943: "Ein anständiger Journalist, der noch ein Ehrgefühl im Leibe hat, kann sich unmöglich mit den Praktiken der Presseabteilung einverstanden erklären. Der Journalismus wird hier geschurigelt, als wenn er sich noch in der Volksschule befände. Selbstverständlich wird das auf die Dauer sehr üble Folgen fur den journalistischen Nachwuchs haben; denn ein Mann, der noch ein bißchen Ehrgefühl besitzt, wird sich in Zukunft schwer hüten, Journalist zu werden." 3 Sein Mitarbeiter Werner Stephan zitiert ihn rückblickend mit den Worten: 1 Rede Goebbels' auf der Führertagung des RDP im Preußenhaus am 19.04.1934, abgedruckt in: Axel Friedrichs (Bearb.): Der Aufbau des deutschen Führerstaates. Das Jahr 1934, Berlin 1937, Seite 291 f. Wortlaut der Rede auch in DP Nr. 16/1934, Seite 6 2 So in seinen "Richtlinien fur die Gesamthaltung der deutschen Presse". Hier klagte der Minister, er habe bei "der täglichen Lektüre einer Unmasse deutscher Zeitungen... Mängel festgestellt, die beseitigt werden müssen", in: Joseph Goebbels: Richtlinien fur die Gesamthaltung der deutschen Presse, Berlin 1935, Seite 1. Zu diesem Dokument vergi. Winfried B. Lerg: Richtlinien für die Gesamthaltung der deutschen Presse, in: Gazette. International Journal for Mass Communications Studies, Volume VIII, 1962 3 Zitiert nach Louis P. Lochner: Goebbels Tagebücher. Aus den Jahren 1942-1943, Zürich 1948, Seite 297

70

"Etwas Traurigeres kann ich mir nicht vorstellen, als auf Befehl zu schreiben, was andere sich ausdenken. Kaum irgendeinem anderen Beruf fehlt es so völlig an Entfaltungsmöglichkeiten wie dem des Journalisten." 1 An eine Änderung dieser Zustände wagte sich der Propagandaminister selbstverständlich nicht heran. Zum Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben, war Goebbels nicht fähig. Also klammerte er sich an die Hoffnung, die Widersprüche nationalsozialistischer Pressepolitik durch neues Personal in den Redaktionen beseitigen zu können. Im April 1934 erklärte Goebbels, die Schonfrist fur die "alten Menschen" in den Redaktionen sei beendet. Die Erfahrung habe gezeigt, daß Nationalsozialismus nicht erlernbar sei: "Wir müssen deshalb Mittel und Wege suchen, um der Presse auf die Dauer ein anderes Gesicht zu geben. Ich schmeichle mir nicht mit der Hoffnung, daß man mit den heute vorhandenen Menschen sehr vieles verändern könnte, sondern ich bin der Überzeugung, daß in die deutsche Presse allmählich junges Blut hineingeführt werden muß, und zwar Menschen, die im Geiste des Nationalsozialismus erzogen sind, die den Nationalsozialismus im Blute haben." 2 Auf die nachfolgende Generation komme es an: "Diese junge Generation wird der deutschen Nation ihr endgültiges Gesicht geben... Uns bleibt es nur vorbehalten, dieser kommenden Generation den Weg zu bereiten".3 Die staatlich gelenkte Ausbildung neuer Journalisten sollte die Probleme beseitigen. Doch die bis 1935 gängige Praxis des "Learning by doing" bot den Propagandastrategen zu wenig Einflußmöglichkeiten.

1 Zitiert nach Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, Stuttgart 1949, Seite 160. Vergi, dazu auch Rudolf Semmler: Goebbels - the man next to Hitler, London 1947. Auf Seite 22 heißt es: "Goebbels went on to say that the work of the daily journalist had become quite unsatisfying. He had to find his way through a mass of instructions, bans and political considerations, and the results were boring flat phrases." Regierungsrat Dr. Rudolf Semmler gehörte seit Anfang 1941 als persönlicher Pressereferent zu den engsten Mitarbeitern des Propagandaministers 2 "Die Kundgebung des RDP im Preußenhaus. Reichsminister Dr. Goebbels an die deutsche Presse", in DP Nr. 16/1934, Seite 6 3 Ebenda, Seite 9

71

4.

PURER ZUFALL "JOURNALISTENAUSBILDUNG" VOR 1935

"Wer schwimmen lernen will, muß ins Wasser springen." 1 So knapp beschrieben Journalisten und Verleger ihre Philosophie, wenn es um die Ausbildung des redaktionellen Nachwuchses ging. Und so gestaltete sich dann auch dessen Alltag bei Zeitungen und Zeitschriften. Da der Zugang zum Journalismus keiner Regelung kannte, war nicht einmal ein Volontariat zwingend vorgeschrieben. Wenn es trotzdem absolviert wurde, differierten Umfang und Inhalt von Redaktion zu Redaktion erheblich. Der Volontär galt dabei nicht als Lehrling. Man betrachtete ihn als Novizen, der durch tägliche Arbeit seine Eignung nachzuweisen hatte. Nur durch glücklichen Zufall traf der Kandidat auf geduldige Lehrmeister, die sich seiner annahmen. Fehlte die wohlwollende Anleitung, mußte sich der Volontär die notwendigen Kenntnisse selbst aneignen.2 Verbindliche Richtlinien zur Journalistenausbildung existierten nicht. Selbst in der Satzung des RDP kamen Volontäre nicht vor.3 Und weil auch entsprechende Tarifverträge fehlten, entstand der Typ des "unbezahlten Handlangers",4 der

1 "Die Gegenrede Dr. Kastans", in: Reichsverband der deutschen Presse (Hrsg.): Die Vorbildung der Journalisten. Zwei Vorträge, gehalten auf der Delegiertenversammlung des Reichsverbandes der deutschen Presse in Düsseldorf 1. bis 3. Juni 1913, Berlin 1913, Seite 16 2 Zur unzulänglichen Betreuung der Volontäre vergi. Emil Dovifat: Unser Nachwuchs und die Organisation, in: DP Nr. 21/1922, Seite 2. Siehe auch Carl Esser: Gedanken um die Werdenden, in ZV Nr. 16/1930, Seite 671 f 3 Vergi. Satzung des RDP, angenommen in Aschaffenburg am 12 /13.10.1920, abgedruckt bei Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 149 ff. Auch die Satzung der Reichsarbeitsgemeinschaft der Deutschen Presse vom 25.04.1922 erwähnt den beruflichen Nachwuchs nur mit einem lapidaren Satz. In § 2 Β Absatz 2 heißt es knapp, zu den Aufgaben

der

Arbeitsgemeinschaft gehöre

die

"Sorge

für einen

geeigneten

und

standesgemäßen Nachwuchs", abgedruckt in: Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 164 4 Otto Groth: Der Volontär, in: ZV Nr. 25/1930, Spalte 1039. Zur mangelhaften Bezahlung der Volontäre vergi, auch Max Tönjes: Wie steht es um den Nachwuchs?, in: DP Nr. 38/1930, Seite 508

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nach absolviertem Volontariat nicht einmal Anspruch auf ein Zeugnis erheben konnte.1 Daß diese Zustände sozialen Sprengstoff" bargen, erkannten auch etablierte Journalisten. Nicht wenige bangten ob der "Volontärzüchterei" 2 um ihre leidlich dotierten Posten. Doch eine methodisch durchdachte Ausbildung kam nicht in Frage. Das verklärte Bild des geborenen Journalisten, dem Talent und Fähigkeiten in die Wiege gelegt waren, hätte ja möglicherweise Schaden genommen.

4.1.

Begabung und Charakter Der Mythos vom geborenen Journalisten

"Der Journalist muß geboren sein. Für ihn gilt vor allem das Wort: 'Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nie erjagen'" hieß es 1916 bei Erich Feldhaus.3 Der feste Glaube an die innere Berufung prägte das Selbstverständnis ganzer Journalistengenerationen und schenkte ihnen Kraft und Selbstvertrauen bei der täglichen Arbeit. "Der Journalist wird 'geboren'. Alle Ausbildung und Vorbildung ist nur Hilfsmittel. Charakter, Geschmack, Nerven, Phantasie, Stil - alles das ist Gottes Gnade und persönliches Eigentum; man kann es nur stärken, üben, stählen und mit dem anvertrauten Pfunde wuchern." 4 Das Gefühl, einer auserwählten Gruppe5 anzugehören, half, das durch gesellschaftliche Geringschätzung, schlechte Arbeitsbedingungen und miserable Bezahlung ramponierte Selbstwertgefuhl ein wenig zu stärken. Nachdenkliche Ketzer, die es wagten, das Dogma vom geborenen Journalisten auch nur ansatzweise zu hinterfragen, hatten bei den Schriftgelehrten der Zunft 1 Vergi. Max Tönjes: Wie wird man Redakteur?, in: DP Nr. 5/1921, Seite 2 2 B. Müller: Die Gefahren der Volontärzüchterei, in: DP Nr. 15/1928, Seite 121 f. Vergi, auch E. Wittig: Wo soll das hinfuhren?, in: DP Nr. 16/1927, Seite 159 f 3 Erich Feldhaus: Das deutsche Zeitungswesen, Leipzig 1916, Seite 44 4 Thomas Hübbe: Der Zeitungsschreiber, Berlin 1920, Seite 69 5 Selbst Martin Mohr, der es mit Begabung allein nicht getan sah, bezeichnete den Journalisten als "Priester der Öffentlichkeit". Vergi, sein Referat in: Reichsverband der deutschen Presse (Hrsg.): Die Vorbildung der Journalisten. Zwei Vorträge, gehalten auf der Delegiertenversammlung des Reichsverbandes der deutschen Presse in Düsseldorf 1. bis 3. Juni 1913, Berlin 1913, Seite 8

73

naturgemäß einen schweren Stand: "Wie wird man Journalist? Wer so fragt, dem kann man nur raten: laß die Hände davon. Journalist wird man überhaupt nicht, man wird als solcher höchstens geboren; wie der Künstler, der Arzt, wie jeder wirklich Tüchtige in jedem Beruf. Erlernen läßt sich das nicht, und infolgedessen auch nicht lehren; wohl aber muß man natürlich die von Hause aus vorhandenen Anlagen und Fähigkeiten ausbilden und üben - lebenslang." 1 Der Journalist begriff sich also als Künstler, die handwerklichen Seiten des Berufes galten als Nebensache: "Man muß immer wieder von der grundsätzlichen Erwägung ausgehen, daß der Journalismus ein Zweig und integrierender Teil der allgemeinen nationalen Literatur ist. Wie jede andere literarische und künstlerische Betätigung, ist auch die Journalistik ein durchaus freier geistiger Beruf, und so wenig als man je daran denken wird, etwa das Dichten, Malen oder Komponieren an Prüfungen und Zeugnisse zu binden, ebensowenig wird man es bei der Journalistik tun." 2 Der Weg zur Zeitung führte über sehr unterschiedliche Stationen, wie eine Studie von Rolf Oebsger-Röder aus dem Jahr 1936 dokumentierte. Fast zwei Drittel aller erfaßten Redakteure konnten zwar auf eine Hochschulbildung in verschiedenen Fächern verweisen, aber die meisten hatten ihr Studium nicht abgeschlossen. 3 Sehr viele Journalisten hatten sich zunächst in anderen Berufen versucht. Die Untersuchung verweist hier auf Drucker, Bankkaufleute, Lehrer, Offiziere und Landwirte. 4 Gerade "Zeitungsschreiber", die der Zufall in die Redaktionen gespült hatte, reagierten besonders allergisch auf Versuche, allge1 Johannes KJeinpaul: Journalistenpraxis, M.Gladbach 1922, Seite 39 f. Interessant erscheint, daß sich KJeinpaul seit 1916 als Assistent am Leipziger Institut fur Zeitungswissenschaft ein Zubrot verdiente. Vergi, dazu Nekrolog in ZW Nr. 1/2/1944, Seite 45 f 2 Emil Löbl: Kultur und Presse, Leipzig 1903, Seite 204. Vergi, dazu auch Prosper Müllendorf: Die Ausbildung der Journalisten. Nach einem Vortrag im Verein Kölner Presse, in: Verein Kölner Presse (Hrsg.): Die Bildung der Journalisten, Köln o.J. Auf Seite 15 schreibt er: "Wie weit läßt sich ein Journalist heranbilden?" Man könne wohl einen Koch heranbilden, der "Bratenkoch" aber müsse für sein Handwerk geboren sein 3 Rolf Oebsger-Röder: Vom Zeitungsschreiber zum Schriftleiter. Untersuchungen über den Bildungsstand der deutschen Journalisten, Leipzig 1936, Seite 59 4 Rolf

Oebsger-Röder:

Vom

Zeitungsschreiber

zum

Schriftleiter,

a.a.O.,

Seite

80.

Uneinheitliche Bildungsgänge und unterschiedliche Wege in die Redaktionen werden auch in einer regionalen Studie bestätigt. Vergi. Hanns-Heinz Schultze: Der Schriftleiterstand der Landesverbände Groß-Hamburg und Nordmark im Reichsverband der Deutschen Presse, Phil. Diss. Hamburg 1938, Seite 42 ff

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meinverbindliche Voraussetzungen fur die Ausübung des Berufes zu definieren. Vor allem Journalisten, die kein nenneswertes Lehrprogramm absolviert hatten, wurden zu den eifrigsten Verfechtern einer nicht institutionalisierten und planlosen Ausbildung. Da verlor man sich schon lieber in phrasenreichen Elaboraten, in denen Anforderungsprofile wenig konkret und blumig beschrieben wurden. Vorschläge gab es genügend. Jede noch so winzige Anregung schien den Fachblättern "Deutsche Presse" und "Zeitungs-Verlag" des Abdrucks wert. Ein "so eigenartiges Zusammentreffen von Anlagen und Fälligkeiten des Geistes und des Charakters" sei notwendig, daß "ein zuverlässiges Urteil über die Qualifikation zum Journalisten nur eine längere Praxis geben" könne.1 Die gewünschten Eigenschaften, gründliches Wissen, Anpassungsfähigkeit, Takt und "Reife des Charakters",2 könne kein Ausbildungsgang vermitteln. Der Zugang zum Journalismus müsse zunächst von einer "genauen Vorprüfung der sittlichen Vergangenheit" abhängig gemacht werden, da erst "Untadelhafligkeit des Rufes und Tüchtigkeit des Charakters" 3 den rechten Journalisten ausmachten. Die Forderung nach "Charakter" wurde von Befürwortern wie von Gegnern einer systematischen Vor- und Ausbildung gleich einer Monstranz vorangetragen. Stets mit selbstgerechtem Pathos erhoben, durchzog sie die Diskussion um das Profil des idealen Journalisten über Jahrzehnte.4 Mit Charakter und Begabung sollte der Nachwuchs seinen Weg machen. "Allgemeine journalistische Vorbildungsanstalten" wurden auch deshalb als völlig über1 Dr. Wintzer: Journalistennachwuchs, in: ZV Nr. 6/1909, Spalte 102 2 Ebenda, Spalte 103 3 Dr. Wintzer: Journalistennachwuchs, in: ZV Nr. 6/1909, Spalte 106 4 Eine

kleine

Auswahl:

Ernst Posse:

Journalistische

Vorbildung

und

journalistische

Fortbildung, in: DP Nr.3/1913, Seite 2, Rudolf Friedemann: Der journalistische Nachwuchs, in: ZV Nr. 24/1913, Spalte 479, Thomas Hübbe: Der Zeitungsschreiber, Berlin 1920, Seite 73 ff, W.Steinberg: Die Ausbildung des Journalisten, in: DP Nr. 48/1920, Seite 3, Emil Dovifat: Unser Nachwuchs und die Organisation, in: DP Nr. 21/1922, Seite 2, Fritz Rupp: Die Hochschule und der journalistische Nachwuchs, in: DP Nr. 27/1925, Seite 3, N N.: Der journalistische

Nachwuchs,

in:

DP

Nr.

41/1925,

Seite

1 f,

Emil

Dovifat:

Das

Verantwortungsbewußtsein im Nachwuchs und fur den Nachwuchs, in: DP Nr. 22/23/1927, Seite 265, Carl Esser: Gedanken um die Werdenden, in: DP Nr. 16/1930, Spalte 671, Adolf Schiedt: Das Nachwuchsproblem in der Presse, in: DP Nr. 30/1931, Seite 431, in Auszügen auch in: ZV Nr. 38/1931, Seite 691

75

flüssig betrachtet, weil doch die Anforderungen der Praxis zu verschieden seien für eine "einheitliche, gemeingültige Vorbildung".1 Auf einzelne Ressorts könne man sich hingegen ganz unspektakulär vorbereiten. Der Handelsredakteur empfahl ein Volontariat in der Wirtschaft, weil er sich in seiner Redaktion mit so vielen Akademikern abplagen mußte, die "niemals irgendwelche unmittelbare Fühlung mit dem tatsächlichen Wirtschaftsleben gehabt" hätten.2 Und der "Kleinstadtredakteur" legte dem journalistischen Anfänger die Provinz ans Herz. Schließlich sei das "Redaktionsstübchen einer kleinen Zeitung" nicht die schlechteste Schule.3 Alles weitere sollte der "natürlichen Auslese" 4 überlassen bleiben. Denn der Journalismus als freier Beruf vertrug sich nach Meinung seiner Angehörigen nicht mit Zugangsbeschränkungen, Prüfungen oder gar Examina.5 "Das Ende aller journalistischen Urkraft ist das Examen", erläuterte Georg Bernhard 1925 den Lesern des Prager Tageblattes. Der Chefredakteur der Vossischen Zeitung, ein führendes Mitglied des RDP und zeitweilig dessen Vorsitzender, schrieb voller Zorn: "Und es gibt sogar amtlich protegierte Hochschulen, die junge Leute mit elterlicher Genehmigung dazu erziehen, über die Vorgänge in der Welt von berufswegen zu schreiben. Ist das ein Fortschritt? Ich leugne ihn. Der Journalismus soll nicht nur ein freier, er soll auch ein ungeordneter Beruf bleiben. Ein Beruf, in dem jeder seinen Weg geht, in dem es keine Rangklassen, keine Tressen und keine Titularien geben darf. Sonst geht der Spiritus zum Teufel und das Phlegma bleibt. Denn gerade darin liegt das Beste des journalistischen Berufes, daß nur aus Berufung in ihm Hervorragendes geleistet werden kann." 6 Erkannte man unter Umständen im Studium klassischer Universitätsfächer noch

1 So schrieb Ernst Posse in einem Gutachten für den Verein Kölner Presse. Ernst Posse: Journalistische Vorbildung und journalistische Fortbildung, in: DP Nr. 3/1913, Seite 1 ff 2 Hans Hirschstein: Der Nachwuchs, in: DP Nr. 14/15/1927, Seite 123 3 Walter Weilshaeuser: Gegner und Freunde des Kleinstadtredakteurs, in: ZV Nr. 9/1930, Spalte 361. Der gleichen Ansicht auch Günther Herricht: Der Übergang aus der Provinz in die Großstadt, in: ZV Nr. 17/1930, Spalte 707 f 4 Rudolf Friedemann: Zur Bildungsfrage des Redakteurs, in: ZV Nr. 9/1912, Spalte 175. 5 Zur Diskussion um die Ausbildung der Journalisten vor 1935 vergi, auch Siegfried H. Mohm: Die Ausbildung des Joumalistennachwuchses in Deutschland, Nürnberg 1963 6 Georg

Bernhard:

Kann

man

Journalist

(Jubiläumsausgabe) vom 06.12.1925

76

lernen?,

in:

Prager

Tageblatt

Nr.

284

einen Beitrag zur unerläßlichen Allgemeinbildung,1 so hatten die zeitungswissenschaftlichen Einrichtungen einen noch schwierigeren Stand bei den redaktionellen Praktikern: Die Bewertung reichte von rigoroser Ablehnung, Zeitungskunde habe "mit dem Journalismus an sich nichts zu tun",2 bis zum wenig schmeichelhaften Urteil, die Zeitungswissenschaft habe sich "bisher als Wissenschaft noch wenig legitimiert" 3. Die Arbeit der Institute wurde vielfach als "Selbstzweck" bezeichnet: "Ein neues Fach, von dessen Dozenten nicht ein schöpferischer Impuls ausgeht, wird keines", schrieb ein Berliner Journalist der Zeitungswissenschaft ins Stammbuch.4 Auch Theodor Heuß äußerte 1925 Befremden: "Ein seltsamer Optimismus bewegte manche der Männer, die meinten, daß Kollegs über Journalistik gute Journalisten erzeugen könnten... Das Bildungsproblem des Journalisten liegt... nicht vor dem Beruf, sondern in dem Beruf." 5 Doch trotz all dieser Ressentiments gelang es den vielgeschmähten zeitungskundlichen Instituten in den zwanziger Jahren zunehmend, sich ins Gespräch zu bringen. Einige ihrer fuhrenden Vertreter, allen voran Emil Dovifat und Walther Heide, verstanden es, soziale Mißstände und ungeklärte journalistische Statusfragen mit taktischem Geschick und beharrlicher Ausdauer für eigene Interessen auszubeuten.

1 Über die Nützlichkeit eines akademischen Studiums für den Beruf stritten Redakteure mit Leidenschaft, vergi dazu z.B. T.E.: Zur Bildungsfrage des Redakteurs, in: ZV Nr. 8/1912, Spalte 157 ff und die Entgegnung Rudolf Friedemanns: Zur Bildungsfrage des Redakteurs, in: Z V Nr. 9/1912, Spalte 175 ff Siehe auch Eugen Abele: Wert und Unwert des akademischen Studiums fur den Redakteur, in: ZV Nr. 29/1915, Spalte 634 ff 2 Gegenrede Dr. Kastans in: Reichsverband der deutschen Presse (Hrsg.): Die Vorbildung der Journalisten. Zwei Vorträge..., a.a.O., Seite 16 3 Albert Malte Wagner: Bildung und Vorbildung, in: ZV Nr. 3/1930, Spalte 99 4 Albert Malte Wagner:

"Mühsame Kleinarbeit" und Zeitungswissenschaft,

in:

ZV

Nr. 9/1930, Spalte 360 5 Theodor Heuß: Das Bildungsproblem des Journalisten, in: DP Nr. 20/1925, Seite 30 f

77

4.2. Zeitungswissenschaft im Aufwind Ein Hochschulfach sucht neue Aufgaben Ausgerechnet Walther Heide1, der später nicht genug zeitungswissenschaftliche Institute aufbauen konnte, ließ 1926 verlautbaren, zuviele Institute würden denjenigen "Tor und Tür öffnen, deren Einstellung zur Materie durch keinerlei Sachkenntnis irgendwie belastet ist und die hier ein willkommenes Betätigungsfeld eigener ehrgeiziger oder anderer Pläne erblicken." 2 Zu genau dieser Entwicklung sollte es nach 1933 im Deutschen Reich kommen. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges konnte Heide zufrieden resümieren: "Wenn man von einer Wissenschaft sagen kann, daß sie sich im Kampf ihr Lebensrecht errungen hat, so gilt dies von der Zeitungswissenschaft." 3 Und wirklich, mit den Waffen der taktischen Intrige, der unterwürfigen Anbiederung an die Mächtigen und der ideologischen Selbstgleichschaltung gelang es der Zeitungswissenschaft unter der Führung ihres Cheforganisators Walther Heide, eine Reihe von Schlachten um Geld und Einfluß erfolgreich auszufechten. Doch zunächst kamen die Emanzipationsbestrebungen der Zeitungswissenschaft nur schleppend voran. Die von Heide 1925 geäußerte Feststellung, die ZW habe sich bereits "als allseitig anerkannte, vollwertige Wissenschaft durchgesetzt",4 entsprach kaum den Tatsachen. In den Jahren der Weimarer Republik führte die Zeitungskunde an den Universitäten ein Schattendasein. Das Fach besaß keinen theoretischen Unterbau, es fehlte an Personal und auch die materielle Ausstattung war völlig unzureichend.5 1 Zur Biographie Heides in Weimarer Zeit vergi. Bettina Maoro: Zeitungswissenschaft an der Universität Münster 1915-1945, a.a.O., Seite 160 ff 2 Walther Heide: Universität und Presse, in: DP Nr. 50/51/1926, Seite 23 3 Walther Heide: Zum Geleite!, in: Dienst an der Presse. Zum 10jährigen Bestehen der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., zusammengestellt und hrsg.

von

Wilhelm Klutentreter, München 1939, Seite 9 4 Walther Heide: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der wissenschaftlichen Zeitungskunde im In- und Auslande, in: ZV Nr 1/1925, Spalte 114 5 Zum Zustand der ZW bis 1925 vergi. Bettina Maoro: Zeitungswissenschaft an der Universität Münster 1915-1945, a.a.O., Seite 23 ff. Zu den kleinen Anfängen der ZW vergi, die ausfuhrliche Beschreibung bei Karl Bücher: Hochschulfragen. III.Kapitel: Vorbildung für den lournalistenberuf an den Universitäten, Leipzig und Berlin 1912, Seite 71 ff. Siehe auch Theodor Curti: Die Journalistik an den Hochschulen, in: ZV Nr. 28/1908, Spalte 845 ff und die Fortsetzung in: ZV Nr. 29/1908, Spalte 863 ff

78

Karl d'Ester, dem es 1924 als erstem Zeitlingswissenschaftler gelang, eine Professur zu ergattern, beklagte sich noch 1931 bitter über den kläglichen Zustand seines Instituts: " Es sind... sieben Jahre vergangen... Irgendwelche Unterstützung... ist so gut wie ausgeblieben und das, was heute Institut fur Zeitungsforschung an der Universität München heißt, ist wie vor sieben Jahren im Wesentlichen nichts anderes als der Privatbesitz und die Arbeitsleistung eines Einzelnen... Da aber seine Arbeitskraft so wenig wie sein Vermögen nur entfernt dazu hinreichen, dem Institut diejenige Basis zu verschaffen, auf der es seine Aufgabe erfüllen könnte,... ist der Zeitpunkt abzusehen, an dem die Universität München und damit der bayrische Staat eine notwendige und unentbehrliche Einrichtung verlieren wird." 1 Sinn und Zweck der neuen Disziplin erschlossen sich nur eingeweihten Kreisen, obwohl sich Zeitungswissenschaftler und ihre Anhänger nach Kräften bemühten, den vermeintlichen Nutzen für verschiedenste Bereiche nachzuweisen. Beispielsweise habe die Zeitungskunde im Ersten Weltkrieg durch tiefgreifende Analysen der "Lügenpropaganda" des Auslands entgegenwirken können.2 Und das soziale Ansehen der Presse sei allein schon durch die Verankerung an der Hochschule gehoben worden. 3 Doch so recht schienen auch die Protagonisten nicht zu wissen, wie sie die Existenz ihrer Institute rechtfertigen sollten. Die Suche nach neuen Ideen trieb höchst skurrile Blüten. Ende 1931 gipfelte die Identitätskrise in einem Preisausschreiben, daß die Zeitungswissenschaftliche Vereinigung (ZWV) München, eine Studenten- und Absolventenvereinigung, veranstaltete. In einer "kurzen Abhandlung" sollten die ZWV-Mitglieder "die Bedeutung der Zeitungswissen-

1 Karl d'Ester: Denkschrift des Instituts für Zeitungsforschung an der Universität München. 1931, maschinenschr. Manuskript in Nachlaß Karl d'Ester, Institut für Zeitungsforschung, Dortmund, Seite 4 f. Zur Unterbringung schrieb d'Ester: "Das Institut für Zeitungsforschung ist zurzeit in einem Hörsaal untergebracht. Dieser Hörsaal wurde im Jahre 1928 durch eine Mauer in 2 Räume verschiedener Größe abgeteilt. Der größere so entstandene Raum erfuhr eine weitere Teilung durch eine Holzwand, die nicht ganz bis zur Decke des Gesamtraumes reicht... Boden und Tische (sind) bis auf einen schmalen Gang mit Gegenständen vollgelegt..., ohne daß eine archivmäßige Ordnung möglich wäre", ebenda, Seite 5 ff 2 Vergi. Karl d'Ester: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Zeitungswissenschaft, in: Stimmen der Zeit, Freiburg, November 1932, Seite 2 3 Erich Everth: Was kümmert Zeitungskunde den Pressemann?, in: DP Nr. 50/51/1926, Seite 9

79

schaft fìir Wissenschaft und kulturelle Erziehung" nachweisen.1 Im Grunde blieb der ZW nur eine Möglichkeit, sich zu etablieren. Die Institute mußten versuchen, sich bei der Journalistenausbildung zu profilieren, wollten sie das beanspruchte "akademische Bürgerrecht" 2 erfolgreich einklagen. Zunächst aber mußte die ablehnende Front der journalistischen Praxis geschwächt werden. Und zu diesem Zweck ließ man sich einiges einfallen. Die wichtigsten Ansatzpunkte entnahmen die Zeitungswissenschaftler der Diskussion um die angeblich so beklagenswerten Zustände in der deutschen Presse. Sie stimmten lauthals ein in das Lamento über "unerfreuliche Elemente", "Volontärzüchterei", mangelndes Berufsethos und fehlenden Charakter, um anschließend ihre zeitungswissenschaftlichen Seminare als Helfer in der Not zu preisen. Schon 1915 schrieb Karl Bücher, wenn "ungeeignete Elemente rechtzeitig den eingeschlagenen Weg als fur sie ungangbar erkennen würden, so würde das bereits ein Gewinn sein". Dies könne "dem Stande, dem sie später angehören wollen, gewiß nur willkommen sein".3 Karl d'Ester definierte die "Hauptaufgabe" der Zeitungswissenschaft als "ethische Vervollkommnung der Presse" 4 und der Freiburger Professor Wilhelm Kapp versprach, die zeitungswissenschaftliche Schulung schütze den Journalisten vor einer "Degradierung zum 'Angestellten'". 5 Vor allem Emil Dovifat entwickelte eine regelrechte Kampagne, die Disziplin als Universalheilmittel gegen alle möglichen Probleme im deutschen Journalismus zu empfehlen. Da es um den Nachwuchs "trostloser als je" 6 bestellt sei, könne das deutsche System der Zeitungskunde "viel Gutes wirken, indem es unbegabte (im intellektuellen und moralischen Sinne) von falscher Berufswahl fern" halte.7 Gegen "fatale Halbbildung, ... mangelnde Berufsgrundsätze und ... schlechte Manieren" helfe nur "geistige Reife", die ein Studium der Zeitungswissenschaft 1 "Die Aufgabe der Zeitungswissenschaft. Eine Preisaufgabe", in: ZV Nr.

46/1931,

Seite 832 2 N N : Das Programm der Praxis. Zur Einfuhrung, in: DP Nr. 50/51/1926, Seite 3 3 Karl Bücher: Akademische Berufsbildung für Zeitungskunde, in: ZV Nr.

8/1915,

Spalte 156 4 Karl d'Ester: Zeitungswissenschaft einst und jetzt, in: ZV Nr. 25/1926, Spalte 1446 5 Wilhelm Kapp: Die zwei Wege zum zeitungsfachlichen Universitätsunterricht, in: DP Nr. 50/51/1926, Seite 13 6 Emil Dovifat: Zur beruflichen Vor- und Fortbildung, in: DP Nr. 1/1925, Seite 2 7 Emil

Dovifat: Journalismus

Nr. 24/1925, Seite 1

80

und journalistische

Berufsbildung

in England,

in:

DP

"vertiefen und begründen" könne.1 Trotzdem, einstweilen war Zurückhaltung geboten. Zu mächtig formierte sich der Widerstand in den Verlagshäusern. Die ZW wäre mit offen vorgetragenen Ausbildungsansprüchen kläglich gescheitert und hätte möglicherweise das bisher Erreichte aufs Spiel gesetzt. Da war es klüger, einen günstigeren Zeitpunkt abzuwarten. Also dementierten die meisten Zeitungswissenschaftler ihre Ambitionen mit vorgetäuschter Bescheidenheit.2 Es folgte ein verwirrender Streit um die Begriffe Vor-, Aus- und Heranbildung, der sich bis Ende der dreißiger Jahre in babylonische Dimensionen steigern sollte. Walther Heide beschwichtigte 1925, die Zeitungswissenschaft beschäftige sich nicht mit der Heranbildung, sondern biete nur eine "wertvolle Ergänzung zur praktischen Schulung" 3 . Drei Jahre später erklärte er dann, die ZW diene nur der wissenschaftlichen Vorbereitung.4 Auch Karl d'Ester war emsig bemüht, nur nicht den Eindruck zu erwecken, die Zeitungswissenschaft wolle Journalisten ausbilden: "Die Zeitungswissenschaft will keinen neuen Nürnberger Trichter schaffen, mit dessen Hilfe den jungen Menschen in einigen Semestern die Kunst eingeflößt werden könnte, ein guter Journalist zu sein. Im Gegensatz zu Einrichtungen ähnlicher Art im Ausland... wollen die deutschen Zeitungsinstitute in erster Linie Forschungsarbeit leisten und den Angehörigen aller Fakultäten das fur jeden Zeitungsleser notwendige Wissen von der Presse vermitteln." 5 Um diese Version zu stützen, betonte d'Ester, nicht alle Studenten drängten in die 1 Emil Dovifat: Zeitungswissenschaft und journalistische Berufsbildung, in: ZW Nr. 5/6/1928, Seite 75. Dovifat vertrat sein Anliegen höchst selbstbewußt. Den Gegnern der ZW in den Redaktionen hielt er vor, sie seien selbst dafür verantwortlich, "wenn gelegentlich immer wieder unerfreuliche Elemente aus unserem Berufe ausbrechen und den Stand der Presseleute blamieren." Hier hätten schließlich die Auslesemechanismen der Praxis versagt, die ZW sei daran schuldlos. Vergi. Emil Dovifat: Die Schule der Praxis. Praktische Gedanken eines Theoretikers, in: ZV Nr. 52/1929, Spalte 2482 2 Nur der Freiburger Professor Wilhelm Kapp, auch später ein Freund offener Worte, erklärte bereits 1926, man müsse nun endlich damit anfangen, mit den "Bildungsstätten innerhalb des Rahmens der Universitätswissenschaft die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses mit der Zeit mehr in die Hand zu bekommen", Wilhelm Kapp: Der Stand der Zeitungswissenschaft an den deutschen Hochschulen, in: DP Nr. 21/1926, Seite 33 3 Walther Heide: Entwicklung und gegenwärtiger Stand der wissenschaftlichen Zeitungskunde im In- und Auslande, in: ZV Nr. 1/1925, Spalte 112 4 Walther Heide/Karl d'Ester: Ein notwendiger Zusammenschluß, in: ZW Nr.3/1928, Seite 33 5 Karl d'Ester: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Zeitungswissenschaft?, in: Stimmen der Zeit, Freiburg November 1932, Seite 3

81

Redaktionen.1 Emil Dovifat, der öffentlich ebenfalls abstritt, die Zeitungswissenschaft wolle sich in die "Berufsbildung" einmischen,2 regte intern eine für alle Institute verbindliche Sprachregelung an. Vor der versammelten Dozentenschaft fast aller zeitungswissenschaftlichen Einrichtungen erklärte er im Januar 1930, man müsse "alles vermeiden, was den Eindruck erwecke, der Weg zur Presse führe durch die Zeitungswissenschaft". Die Versammlung stimmte geschlossen zu.3 Als sich dann kurz nach der Machtübernahme abzeichnete, daß die neuen Machthaber den Zugang zum Journalismus in geordnete Bahnen zu lenken trachteten, schien der Zeitungswissenschaft der rechte Zeitpunkt gekommen, offensiver aufzutreten. Jetzt eröffnete sich die Chance auf staatliche anerkannte Mitwirkung bei der Journalistenausbildung, wenn man sich nur entsprechend linientreu präsentierte. Karl d'Ester verspürte deutlich "neuen Auftrieb im neuen Reich".4 Da wollten sich Heide und seine Mitstreiter durch kiemliche politische Skrupel nicht länger belasten. Walther Heide legte den zeitungswissenschaftlichen Dozenten "ans Herz, dafür Sorge zu tragen, daß aus den Reihen der... Studierenden nur tüchtige und allen charakterlichen Vorbedingungen entsprechende Zeitungsleute hervorgehen".5 Womit natürlich gemeint war, daß den Anforderungen des Systems entsprochen werden sollte. Munter plauderten die Herren Professoren drauflos, und ihre Assistenten sekundierten eifrig. Karl d'Ester, der nach dem Untergang des Regimes schrieb, er 1 Karl d'Ester: Das Institut fur Zeitungsforschung an der Universität München, in: ZV Nr. 40/1931, Seite 725. Auch der cand. phil. Joseph Wilkens suchte die Bedenken der journalistischen Praktiker zu zerstreuen. Er schrieb zu einem Überblick über die Zahl der Studierenden in den zeitungswissenschaftlichen Instituten: "Es ist also kein Grund zu Befürchtungen, daß der Andrang der Akademiker, die hauptberuflich in der Presse... arbeiten wollen, ähnliche Ausmaße annimmt wie in anderen Berufszweigen", Joseph Wilkens: Zeitungswissenschaftliches

Studium im Wintersemester

1931/1932,

in: ZV

Nr. 30/1932, Seite 518 2 Vergi. z.B Emil Dovifat: Persönlichkeiten. Zum Meinungsaustausch über den Nachwuchs, in: ZV Nr. 24/1930, Spalte 998 3 Beschlußprotokoll

der Gründungsversammlung der "Zeitungswissenschaftlichen

Verei-

nigung" vom 3.-4. Januar 1930 im "Deutschen Institut fur Zeitungskunde-Berlin", in: Nachlaß Karl d'Ester, Institut für Zeitungsforschung, Dortmund. 4 Karl d'Ester: Weg und Ziel einer neuen Wissenschaft. Zehn Jahre Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität München, München 1934, Seite 8 5 Tagung des DZV in Berlin am 5 Februar 1934, in: ZW Nr. 3/1934, Seite 137

82

habe das "Dritte Reich aus politischen und weltanschaulichen Gründen" schon immer abgelehnt,1 pries die Zeitungswissenschaft Anfang 1934 als Faktor "der politischen Erziehung im Sinne des völkischen Staates".2 Emil Dovifat, der die ZW in den Rang einer "geistigen Wehrwissenschaft" 3 erhob, empfahl zur Erziehung des "politischen und publizistischen Charakters" die Schulung durch "NSDAP, SS, SA, HJ" oder anderer "staatlich anerkannter Organisationen mit Gemeinschaftszielen". Denn für "wirksame publizistische Arbeit" sei "das Erlebnis persönlichen Einsatzes fur ein Kampfziel" unerläßlich.4 Die Aussicht auf finanziell gut gepolsterte Lehrstühle und repräsentative Institute beflügelte die Anstrengungen. Exponierte Regierungsvertreter konnten sich der Umarmung durch die ZW kaum erwehren. Wer Einfluß zu besitzen schien, blieb von Grußadressen und ähnlichen Huldigungen nicht verschont.5 Und wenn gar irgendeiner der kleinen und großen Potentaten die Disziplin lobend erwähnte, überschlugen sich fuhrende Zeitungswissenschaftler vor serviler Genugtuung. So wurde der Präsident des Bayrischen Landtags und Leiter der Bayrischen Staatskanzlei, Hermann Esser 6, fur seine Äußerung, die ZW müsse "Staat und Regierung in dem Bestreben nach Heranbildung eines geeigneten Joumalistenstandes" 7 unterstützen, alsbald zum Ehrenmitglied der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München ernannt.8 1 Karl d'Ester: Wahrheit kriecht in kein Mauseloch, als Manuskript gedruckt, Volkach vor Würzburg 1946, Seite 5. Der Autor bestimmte, die Broschüre sei "nur fiir den Privatgebrauch" zu benutzen 2 Karl d'Ester: Zeitungswissenschaft als Faktor der politischen Erziehung, in: ZW Nr. 1/1934, Seite 7 3 Emil Dovifat: Die Erweiterung der zeitungskundlichen zur allgemein-publizistischen Lehre und Forschung, in: ZW Nr. 1/1934, Seite 18 4 Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung. Vorschläge und Anregungen, als Manuskript gedruckt, Berlin 1934, Seite 4 f 5 Vergi. z.B. Tagung des DZV in Berlin am 5. Februar 1934, in: ZW Nr. 3/1934, Seite 137. Der Deutsche Zeitungswissenschaftliche Verband belasteste seine Portokasse mit "Begrüßungstelegrammen" an Goebbels, Funk und Schmidt-Leonhardt 6 Esser war ein alter Mitkämpfer Hitlers und hatte sich in der Frühzeit der NSDAP als besonders grober Agitator hervorgetan 7 "Die Presse im neuen Staat", in: ZW Nr. 4/1933, Seite 201 8 Vergi. Meldungen des DZV, in: ZW Nr. 5/1933, Seite 327. Es hieß, die Ehrung sei in Würdigung seiner Verdienste "um die Presse und um die Vereinigung" erfolgt

83

Ganz besondere Fürsorge ließ Walther Heide, mittlerweile zum Professor fur Zeitungswissenschaft an der Technischen Hochschule Berlin ernannt

dem Referen-

ten der NSDAP-Reichspressestelle, Adolf Dresler, angedeihen. Dem Vertreter des Reichspressechefs Otto Dietrich, der sich schon seit Jahren am Münchener ZW-Institut betätigte, fiel die Aufgabe zu, den Ausbildungsanspruch der Zeitungswissenschaft politisch abzusichern. Dresler, der sich Hoffhungen auf eine wissenschaftliche Karriere machte, ließ sich nur zu gern einspannen. Im Juli 1933 veröffentlichte er einen Aufsatz im Fachorgan "Zeitungswissenschaft", der den Instituten eine große Zukunft prophezeite. Die "bevorstehende Neuregelung des deutschen Pressewesens" werde es mit sich bringen, daß die "Zeitungswissenschaft für die journalistische Vorbildung eine größere Bedeutung" erhalte. Den Instituten und Seminaren werde "die Aufgabe zufallen, bei der Berufsvorbildung des Journalistenstandes in weiterem Maße als bisher mitzuwirken". Mit Otto Dietrich, der seit Ende April kurzzeitig als C h e f des R D P fungierte, sei er sich hier

völlig

einig. 2

Große

Perspektiven

zeichneten

sich

nun

fur

die

Zeitungswissenschaft ab. Jetzt mußte man darauf achten, den langersehnten Fortschritt durch organisatorische Strukturen zu konsolidieren. Am 22. Juni 1933 gründete sich in Berlin der Deutsche Zeitungswissenschaftliche Verband

(DZV) 3

als

Dachorganisation

aller

Zeitungswissenschaftlichen

Vereinigungen. Feierlich hieß es, die Zeitungswissenschaftler hätten sich damit endlich "eine zentrale Instanz fur die Förderung ihrer eigenen Belange geschaffen". 4 Diese Belange betrafen natürlich in erster Linie die Finanzierung der Institute

5

und die engere Fühlungnahme zur Praxis. 6 Den Vorsitz des straff nach

1 Vergi. Meldung in Z W Nr. 4 / 1 9 3 3 , Seite 251 2 Adolf Dresler: Zeitungswissenschaft

und journalistische Vorbildung im nationalsozia-

listischen Staat, in: Z W Nr. 4 / 1 9 3 3 , Seite 2 0 2 f 3 Die Vorläuferorganisation, eine Verbindung zwischen dem Berliner und dem Münchener Institut hatte sich Anfang der dreißiger Jahre nicht richtig durchsetzen können und wurde aufgelöst. Zu Satzung und Zielen des ersten Verbandes vergi. Meldung in Z V Nr. 1 2 / 1 9 3 1 , Seite 232 und Satzungsentwurf in ZW Nr 2 / 1 9 3 1 , Seite 118 ff 4 Helmut Fischer: Gründung des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes, in: Z W Nr. 4 / 1 9 3 3 , Seite 2 5 4 ff Wie selbstbewußt sich die Disziplin bereits gab, mag daraus ersehen werden, daß sich der Berichterstatter nicht scheute, die Organisation mit RDP und R D Z V zu vergleichen 5 "Die... Institute waren - von zwei Ausnahmen abgesehen - nur sehr spärlich dotiert... der Verband... wird auch dafür sorgen, daß die Institute finanziell gleichmäßig ausgestattet

Fortsetzung Fußnoten 5 und 6 auf Seite 85

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"Führerprinzip" aufgebauten Vorstandes übernahm Walther Geschäftsführung wurde zunächst Joseph Wilkens 1 übertragen. 2

Heide,

die

Zunehmend deutlicher artikulierte sich nun der Anspruch, Journalisten ausbilden zu wollen. Anläßlich der Gründung der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung in Köln erklärte ein Vertreter Heides, Ziel des DZV sei die "fachliche und nationalpolitische Erziehung des journalistischen Nachwuchses" und die "Einfuhrung junger Menschen in den Beruf." 3 Und der stellvertretende Direktor des Berliner Instituts und spätere Leipziger Professor Hans A. Münster ließ nun jede Deckung fallen. "Die Heranbildung einer verantwortungsbewußten, von der Idee des Nationalsozialismus durchseelten jungen Joumalistengeneration sei die Hauptaufgabe der Zeitungswissenschaft. Jeder künftige Redakteur müsse durch ein zeitungswissenschaftliches Institut in gleicher Weise hindurchgegangen sein, wie durch ein Arbeitsdienstlager." 4 Auch wenn so manchem Fachkollegen nicht ganz wohl dabei gewesen sein dürfte, es gab nicht einen, der ihn zur Ordnung rief. Münster, einer der aggressivsten Vertreter der Zeitungswissenschaft, ließ sich auch später nicht beirren. In einer Würdigung ftir Wilhelm Kapp erklärte er offen, die ZW habe früher "aus naheliegenden Gründen" ablehnen müssen, "mit werden", Helmut Fischer: Gründung des..., in: ZW Nr. 4/1933, Seite 257. Daß dem finanzielle Aspekt fur die Entwicklung der ZW entscheidende Bedeutung zukam, hatte Heide schon 1924 begriffen: "Nur auf einer materiell und sachlich guten Fundierung läßt sich wirklich Großes aufbauen", Walther Heide: Die Zeitungswissenschaft an den deutschen Universitäten, in DP Nr. 41/42/1924, Seite 7 6 "Die zeitungswissenschaftlichen Vereinigungen... setzen sich ein für eine erfolgverheißende und aufbauende gegenseitige praktische Zusammenarbeit von Zeitungswissenschaft, Zeitungspolitik und Zeitungspraxis", schrieb Karl Kurth: Gründung des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes, in: ZV Nr. 26/1933, Seite 433 1 Die Berufung Wilkens muß als geschickter Schachzug bezeichnet werden. Wilkens arbeitete später als Hauptschriftleiter des "Zeitungs-Verlags". Im Verlegerorgan wurden zeitungswissenschaftliche Aktivitäten immer besonders positiv gewürdigt, woraus Wilkens auch gar kein Hehl machte. In ZV Nr. 22/1938 schrieb er auf Seite 323, der ZV habe "alle wichtigen Vorgänge innerhalb der Zeitungswissenschaft immer mit Interesse verfolgt. Im Gegensatz zu manchen Vorurteilen nahm er dabei eine durchaus zustimmende Haltung ein" 2 Zum DZV vergi. Bettina Maoro: Zeitungswissenschaft an der Universität Münster 19151945, a.a.O., Seite 282 ff 3 Meldung zur Gnindungsversammlung der ZWV Köln, in: ZW Nr. 4/1933, Seite 256 4 Zitiert nach: "Gibt es noch eine öffentliche Meinung?", in: ZV Nr. 33/1933, Seite 540.

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dem Anspruch aufzutreten, daß sie an der Vorbildung der Schriftleiter" beteiligt werden wollte.1 Doch nun sei es mit der Mimikry vorbei: "Nur dort haben die Gegner der Zeitungswissenschaft ein Recht, den Wert der Zeitungswissenschaft für die Schriftleitervorbildung anzuzweifeln, wo sie nachweisen können, daß dieser oder jener Zeitungswissenschaftler 'politisch nicht zuständig' ist".2 Stolz verkündete die "Zeitungswissenschaft" am 1. Januar 1934 die "Staatliche Anerkennung des zeitungswissenschaftlichen Studiums für die journalistische Ausbildung" auf der ersten Seite: "In der Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchführung des Schriftleitergesetzes vom 19. Dezember 1933 ist zum ersten Mal staatlicherseits das zeitungswissenschaftliche Studium als Teil der journalistischen Ausbildung anerkannt worden".3 War das der Durchbruch für die einst so belächelte Disziplin? Die meisten Zeitungswissenschaftler schienen davon überzeugt zu sein und bedankten sich artig bei "Reichsminister Dr. Goebbels und seinen Sachreferenten".4 Doch zum Jubilieren bestand eigentlich gar kein Anlaß. Die Zeitungswissenschaftler hatten den Text der Durchführungsverordnung in ihrer Euphorie nicht ganz richtig interpretiert. In Paragraph 18 Absatz 2 hieß es nämlich nur sehr vage: "Aussicht auf Befreiung vom Erfordernis der fachmännischen Ausbildung für die Dauer von einem halben Jahr der Ausbildungszeit haben Personen, die ein akademisches Studium der Zeitungswissenschaft an einer deutschen Hochschule von mindestens sechs Semestern in Verbindung mit einem für die Gestaltung des Inhalts der Zeitung und Zeitschrift wichtigen Wissensgebiet nachweisen." 5 Zum einen war im Text nur von "Aussicht" die Rede, und zum anderen wurde den Studenten lediglich ein Teil der "fachmännischen Ausbildung" erlassen. Eine ausdrückliche Anerkennung des zeitungswissenschaftlichen Studiums als Teil der journalistischen Ausbildung ließ sich aus dem Paragraphen nur durch wohl1 Hans A. Münster: Prof.Dr.h.c.Lic.theol. Wilhelm Kapp - ein Pionier der deutschen Zeitungswissenschaft - 70 Jahre!, in: ZW Sondernummer vom 16.09.1935, Seite 5 2 Ebenda, Seite 7 3 ZW Nr. 1/1934, Seite 1 4 ZW Nr. 1/1934, Seite 1 5 Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchfuhrung des Schriftleitergesetzes vom 19.12.1933. (Reichsgesetzblatt I S. 1085), abgdruckt bei: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, Dritte Auflage Berlin 1944, Seite 207

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wollende Auslegung ableiten. Die Verordnung war also nach Belieben auszulegen. Die Entscheidung über eine mögliche Befreiung lag beim Reichsverband der deutschen Presse. Joseph Goebbels und der Reichsverband hatten jedoch nicht die Absicht, der Zeitungswissenschaft eine tragende Rolle zuzubilligen oder sie gar am Ausleseprozeß entscheidend zu beteiligen. Die Universitäten unterstanden schließlich dem Reichserziehungsminister. Mit dem von ihm so verachteten Bernhard Rust 1 wollte Goebbels seine Macht bestimmt nicht teilen. Das Schriftleitergesetz hatte in Paragraph 25 Absatz 1 Satz 1 alle Ausbildungskompetenzen dem RDP übertragen. Und auch beim Reichsverband war niemand bereit, auf Einfluß zu verzichten.

1 Goebbels hielt Rust, den gelernten Studienrat, ganz ausdrücklich fur einen "absoluten Hohlkopf'.

Vergi. Tagebucheintrag vom

14.05.1943, in: Louis P. Lochner (Hrsg.):

Goebbels Tagebücher. Aus den Jahren 1942-43, Zürich 1948

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5.

PLÄNE FÜR DEN GROSSEN WURF DIE VORGESCHICHTE DER REICHSPRESSESCHULE

"Wie schaffen wir eine... geistige, auf der gleichen Berufsausübung fußende Einheit, die dem Gesicht des heutigen Staates entspricht, der die Einheit des Wollens von Staat und Presse so selbstverständlich ist, daß sie nicht durch Gesetze daran erinnert werden muß"? 1 Seit der Machtübernahme zerbrachen sich die Verantwortlichen im Propagandaministerium und beim Reichsverband der deutschen Presse die Köpfe. Mitte 1934 glaubte man dann, den richtigen Ansatz zur Lösung des Problems gefunden zu haben: "Bei dem Menschen... müssen wir den Hebel ansetzen, wenn wir die Presse ändern und neu aufbauen wollen", erläuterte RDP-Chef Wilhelm Weiß der Hauptversammlung des RDP-Landesverbandes Rheinland-Westfalen und stellte erstmals Pläne zur "Errichtung einer Berufsschule fur den journalistischen Nachwuchs" vor.2 Als Weiß die Reichspresseschule dann eröffnete, verkündete er, "Deutschland habe mit der Gründung der Schule eine Einrichtung geschaffen, wie sie in dieser Form bisher in keinem anderen Land der Welt bestehe." 3 Tatsächlich entwikkelte die Reichspresseschule unter den spezifischen Bedingungen des NS-Staates ihre eigene Form. Und doch existierte ein direkter Vorläufer: die römische Journalistenschule im faschistischen Italien. Goebbels, der 1933 Italien besuchte, hatte sich eingehend mit der faschistischen Pressegesetzgebung beschäftigt und muß dabei auch auf die römische Journalistenschule gestoßen sein.4 Zwar wurde selten öffentlich über Zusammenhänge diskutiert, Ähnlichkeiten zwischen den beiden Schulen sind allerdings offensichtlich. 1 So der designierte Leiter der Reichspresseschule, Wolf Meyer-Christian: Die Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses, in: DP Nr. 39/1934, Seite 1 2 Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse, in. DP Nr. 24/1934, Seite 1 f 3 N.N.: Was Hauptmann Weiß von der Reichspresseschule erwartet, in: DP Nr. 3/1935, Seite 29 4 Die "Zeitungswissenschaft" kommentierte die Italienreise mit den Worten: "Reichsminister Dr. Goebbels hat zweifellos alles gesehen, genau beobachtet und eingehend studiert", Meldung "Von der faschistischen Presse", in: ZW Nr. 4/1933, Seite 245

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5.1.

Vorbild Italien Die römische Journalistenschule als Wegweiser

Der Anspruch auf Unfehlbarkeit, der weder Kritik noch Widerspruch duldet, gehört zum Fundament jeder diktatorischen Herrschaft. So sehr sich der deutsche Nationalsozialismus und der italienische Faschismus in weiten Bereichen auch unterschieden, beide Systeme waren darauf angewiesen, die veröffentlichte Meinung zu kontrollieren und zur Sicherung und Ausübung ihrer Macht einzuspannen. Als Benito Mussolini nach der Matteotti-Krise mit dem Aufbau der Einparteidiktatur und der institutionellen Absicherung seiner Vormachtstellung begann, entwickelten sich Anfang 1925 innerhalb der Partito Nazionale Fascista (PNF) erste Pläne, den Zugang zum Journalismus in eng systemgebundene Bahnen zu lenken. Allerdings mußte man aus taktischen Erwägungen heraus zunächst behutsam vorgehen. Die gesellschaftliche Machtbasis der Faschisten war zu dieser Zeit noch relativ ungefestigt und Mussolini befand, zunächst seien dringendere Probleme zu lösen.1 Unter Federführung von Ermanno Amicucci, seit 1924 Abgeordneter im italienischen Parlament und Präsident der faschistischen Journalistenvereinigung, beschloß ein Kongreß des italienischen Journalistenverbandes nach kontroverser Diskussion am 10. März 1928 die Gründung einer Journalistenschule in Rom. 2 Diese sollte sich eng an die Methodik amerikanischer Vorbilder anlehnen.3 Amicucci und Teile der Partei versprachen sich von der zentralisierten Schulung eine neue Generation von Journalisten, gut ausgebildet und natürlich "faschistisch durchdrungen". Zudem hoffte man, auf diese Weise das nach wie vor bestehende Ausbildungsmonopol "bürgerlicher" Verleger brechen zu können.4 Zwischen Gründungsbeschluß und Einrichtung der Schule vergingen fast zwei Jahre. Die Initiatoren hatten den Widerstand innerhalb des Systems unterschätzt. Auch in Italien setzte man auf den "geborenen" Journalisten, der sich seine Fertigkeiten durch tägliche Arbeit aneignet. Unter etablierten Journalisten ging die 1 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo (1930-1933), Mailand 1982, Seite 30 f 2 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 41 ff 3 Ebenda, Seite 38 4 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 29 ff

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Angst um, Einfluß und Macht zu verlieren. Und Verleger wollten sich nicht vorschreiben lassen, wen sie einzustellen hatten.1 So mußte Amicucci die Absicht fallen lassen, den erfolgreichen Besuch der Schule zur Grundvoraussetzung aller journalistischen Tätigkeit zu machen. Ein Ende 1929 von König Viktor Emmanuel und Mussolini unterzeichnetes Dekret legitimierte zwar den Schulbetrieb, schrieb aber keinen verbindlichen Ausbildungsgang vor.2 Am 21. Januar 1930 wurde die römische Journalistenschule feierlich eingeweiht.3 Fünf Stunden Unterricht täglich und permanente ideologische Beeinflussung sollten die Volontäre zu Journalisten neuen Typs prägen.4 Der theoretische Lehrstoff orientierte sich an den klassischen Ressorts der Zeitung. Eine intensive Beschäftigung mit militärischen Themen und Sprachunterricht ergänzten den Lehrplan.5 Neben Vorlesungen zu Politik, Geschichte und Psychologie waren praktische Übungen unter Laborbedingungen vorgesehen. Die Schüler hatten Reportagen, Berichte und Kritiken anzufertigen. Eine täglich produzierte Schulzeitung sollte den Redaktionsalltag simulieren und den Lernerfolg kontrollierbar machen. Exkursionen rundeten das Programm ab.6 Die Lehrkräfte rekrutierten sich aus der Praxis, unter ihnen befanden sich auch ausländische Journalisten und italienische Politiker.7 Zwei Jahre lang dauerte der Schulbesuch, der den Schülern das vorgeschriebene achtzehnmonatige Volontariat ersparte. In einer Zwischenprüfung nach dem ersten Jahr und einer Abschlußprüfung nach Ende der Ausbildung hatten sie ihre Tauglichkeit fur den Beruf nachzuweisen. Die Prüfungen bestanden aus schriftlicher Klausur und mündlicher Befragung. Neben einem Aufsatz zu so relevanten Themen wie "Warum Italien keine Kolonialmacht war und warum es eine große Kolonialmacht werden muß" mußten vor einer Kommission Fragen zur Außen1 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 43 2 Vergi. Dekret vom 21.11.1929, abgedruckt bei Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 130 f 3 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 46 4 Das Statut der Schule schrieb ein Mindestalter von 18 Jahren vor. Der Bewerber mußte die Mittelschule abgeschlossen haben, ein Attest über ausreichende physische Konstitution beibringen und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sein. Vergi. Statut der Schule, abgedruckt bei Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 132 f 5 Vergi. Meldung in ZW Nr. 2/1934, Seite 90 f 6 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 81 ff 7 Ebenda, Seite 51

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und Innenpolitik, zu Wirtschaft, Kunst und Militärgeschichte beantwortet werden.1 Nach bestandener Prüfling erhielten die Schüler ein Diplom, mit dem sie sich in den Redaktionen bewerben konnten.2 Doch die ersten Absolventen der Schule mußten bald erfahren, daß ihr Diplom nur wenig nützte. Obwohl die faschistische Journalistenvereinigung, das Faschistische National Syndikat, die Schulträgerschaft übernommen hatte, konnte sich die Schule nicht durchsetzen. Sie scheiterte an den Verfechtern des offenen Zugangs in den Redaktionen und durch Boykott der Verleger und Chefredakteure, die sich weigerten, Schüler der römischen Joumalistenschule einzustellen.3 Schon während des Schulbetriebs hatte sich herausgestellt, daß die Schule auch bei Staat und Partei nicht die erhoffte Unterstützung fand, die sie zum Überleben benötigt hätte. Die versprochenen finanziellen Beiträge diverser Organisationen und Ministerien blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Der unzureichende Etat blieb nicht ohne Rückwirkung auf die Qualität der Kurse. Fehlende Räumlichkeiten, schlecht qualifiziertes Personal und die ungenügende technische Ausstattung trugen dazu bei, daß die Schule Amicuccis Hoffnungen nicht erfüllen konnte.4 Anstelle der praktischen Übungen beherrschten langatmige Vorträge den Schulalltag und die Exkursionen verkamen zu "touristischen Vergnügungsreisen".5 Nachdem ein erster Auflösungsversuch am Widerstand der Schüler gescheitert war, schloß die Schule nach einer letzten Abschlußprüfung am 23. Juni 1933 endgültig ihre Pforten.6 Das faschistische System besaß nicht die Kraft, seine Pläne gegen den Widerstand etablierter Journalisten und Verleger durchzusetzen.7 Ihm fehlte das Instru1 W S.: Über die römische Journalistenschule, in: DP Nr. 46/1930, Seite 611 f 2 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 129 3 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 99 4

Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 99

5 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 94 6 Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 102. Zur römischen Journalistenschule siehe auch N N.: Eine faschistische Journalistenschule, in: DP Nr. 15/1930, Seite 10 f und Heinz A. Ludwig: Zeitung und Journalist im faschistischen Italien, in: DP Nr. 46/1930, Seite 609 ff 7 Mit ihnen wollte sich auch Mussolini nicht anlegen, der die Schule nur halbherzig unterstützte. Vergi. Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo, a.a.O., Seite 46 f

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mentarium, um per Verordnung und Sanktionsdrohung rigoros gegen Kritiker vorzugehen. Ein Propagandaministerium mit den Befugnissen des RMVuP existierte in Italien zu Beginn der dreißiger Jahre noch nicht. Auch eine restriktiv gehandhabte Berufsliste wurde erst 1939 installiert. Der Nationalsozialismus konnte rücksichtsloser vorgehen. Die Macht der Verlegerschaft wurde frühzeitig gebrochen und die Pressegesetzgebung gestaltete sich viel umfassender und radikaler, als es die italienischen Verhältnisse zugelassen hätten.

5.2.

Die Reichspresseschule in der Vorbereitung

"Erst dann wird der deutsche Journalistenstand eine in sich geschlossene Einheit sein, wenn er bestimmt wird durch gleiche Erziehung, gleiche Tradition, gleiche Weltanschauung und letzten Endes durch gleiche Gesellschaftsstruktur." 1 Natürlich wollten die Reglementierer nicht bis in ferne Zukunft auf Vollendung dieses Prozesses warten. Zur Durchsetzung ihrer propagandistischen Feldzüge benötigten sie den neuen Typ des Journalisten so schnell wie nur irgend möglich. Die Erfahrungen des ersten Jahres nach der Machtübernahme hatten gezeigt, daß sich auch bei kooperationsbereiten Journalisten kaum die gewünschte Mischung aus Fanatismus und Kompetenz entwickeln würde. So verfielen die Ideologen, deren Weltbild ja auch von simplen Rezepten einer pseudowissenschaftlichen Rasse- und Vererbungslehre geprägt war, auf "revolutionäre" Rezepte. RDPChef Wilhelm Weiß definierte als Ziel aller "erzieherischen" Anstrengungen, "einen deutschen Schriftleiterstand heranzuzüchten, der das ihm anvertraute deutsche Kulturgut bis zum letzten verteidigt, nicht weil er es verteidigen muß, sondern weil er es selbst verteidigen will." 2 Durch "Züchtung" einer neuen Journalistengeneration sollte also die erbärmlich zugerichtete Presse im Sinne des Regimes belebt werden. Und als ersten Schritt kündigte Weiß eine "systematische, zentral geleitete Schulung" an, mit der bereits im Herbst des Jahres 1934 begonnen werden sollte. Im Gegensatz zur römischen Journalistenschule war allerdings nicht geplant, das Volontariat durch mehijährigen Schulbesuch einfach zu ersetzen. Das italienische Beispiel hatte die Planer wohl belehrt, daß sich praktische Zeitungsarbeit im Labor nicht hin1 So Wilhelm Weiß in einer Rede vor den "Führerräten" des RDP. Vergi. "Die Kundgebung des RDP im Preußenhaus", in: DP Nr. 16/1934, Seite 3 2 Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse, in: DP Nr. 24/1934, Seite 3

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reichend simulieren ließ. Zudem ersparte man sich erhebliche Kosten, wenn man die Verlage in das "Erziehungssystem" einbezog. Vor und während des normalen Volontariats sollte der Schriftleiter i.A. eine einjährige "Ausbildung bei der Hitler-Jugend, bei der SA oder beim Arbeitsdienst" absolvieren. Der Besuch der Reichspresseschule war dann nach dem Willen des RDP-Chefs als krönender Abschluß und letzte Instanz vor Zulassung zum Beruf vorgesehen.1 Wolf Meyer-Christian, den der RDP als Leiter der Schule verpflichtet hatte, formulierte noch viel umfangreichere Ansprüche. Grundsätzlich müßten vier Jahre Ausbildung gefordert werden, nur in Einzelfällen könne besonders begabten und "charakterfesten" Kandidaten die Hälfte der Zeit erlassen werden.2 Meyer-Christian wünschte sich zwei Lehrgänge für jeden Volontär. Zu Beginn der Ausbildung müsse das "ganze, noch nicht ausgesiebte Nachwuchsmaterial" in fünf bis sechs "Parallelkursen" im ganzen Reich zusammengefaßt werden. Nach mindestens anderthalb Jahren Volontariat in den Redaktionen habe der planmäßig dezimierte Rest dann zu einem Abschlußkurs in Berlin anzutreten. Ziel aller Schulung sei die Bildung einer elitären Gemeinschaft: "Stand sein, heißt Gemeinschaft wollen. Gemeinschaft setzt Auslese voraus. Diese kann sich nicht auf fachliche Ausbildung beschränken, sondern muß den ganzen Menschen erfassen." 3 Von einem ganzheitlichen Konzept schwärmte auch Reichsschulungsleiter Hans Schwarz van Berk. Die Schule dürfe nicht in eine "Modellwerkstatt für Zeitungsmacher" abgleiten, sondern repräsentiere "ein praktisches Exerzitium, bei dem der ganze Mensch... gewogen und befunden" werde.4 Wie ernst die großspurigen Ankündigungen zu nehmen waren, sollte wenig später deutlich werden. Während des ersten Reichspressetages Mitte November 1934 erklärte Joseph Goebbels das Projekt öffentlich zur Chef-Sache und kündigte an, das Propagandaministerium werde die Ausbildung des JournalistenNachwuchses großzügig unterstützen und jährlich 200.000 RM zur Verfügung stellen. Der Minister, nach eigenem Empfinden der erste Journalist des Reiches, fühlte sich in die Pflicht genommen: Sie "werden nicht von selbst Journalisten, sondern wir müssen sie erziehen. Deshalb müssen wir das Problem des Nach1 Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse, in: DP Nr. 24/1934 2 Wolf Meyer-Christian: Die Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses, in: DP Nr. 39/1934, Seite 3 3 Wolf Meyer-Christian: Die Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses, in: DP Nr. 39/1934, Seite 2 4 Hans Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 4

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wuchses in Angriff nehmen, damit er durch Erziehung dann unser ideales Hochziel erreichen kann... Wir müssen das in unseren Nachwuchs hineinprägen." 1 Die Reichspresseschule sei ein "großes Erziehungswerk": "Der Journalist soll die Augen aufmachen, er soll etwas sehen, er soll etwas lernen, er soll sich als junger Nachwuchs in einem wichtigen und lebensnotwendigen Beruf des Staates fühlen und empfinden." 2 Goebbels' persönliches Engagement weckte die Erwartung, die Schule werde sich ohne politische oder organisatorische Schwierigkeiten entwickeln. Auch die Finanzierung schien ja bereits völlig gesichert zu sein. Doch schnell sollte sich herausstellen, daß auch Goebbels' Unterstützung nicht ausreichte, um der Schule einen problemlosen Anfang zu bescheren. Wohl selten ist ein Vorhaben dieser Tragweite derart unprofessionell und überstürzt auf den Weg gebracht worden. Pannen und Konfusion kennzeichneten die Vorbereitung der Reichspresseschule, die doch nach Aussagen ihrer Gründerväter an die Tradition preußisch wohlgeordneter "Kadettenkorps" 3 anknüpfen sollte. Der Reichsverband der deutschen Presse, dem das Schriftleitergesetz so umfangreiche Kompetenzen übertragen hatte, offenbarte dabei erhebliche organisatorische Schwächen. So besaßen die Gralshüter der Berufsliste nicht einmal verläßliche Angaben über die Zahl der in Frage kommenden Schüler. Bislang hatten die Initiatoren mit sehr unterschiedlichen Zahlen jongliert. Während Meyer-Christian von rund 1.000 zu schulenden Volontären im Jahr ausging,4 schätzte Schwarz van Berk die Gesamtzahl auf "etwa" 800 Kandidaten, von denen allerdings nur 300 fur den Besuch der Reichspresseschule in Frage kämen.5 1 Rede Goebbels vor dem Reichspressetag 1934, "Der Erste Reichspressetag in Berlin am 17. und 18. November 1934", in DP Nr. 47/1934, Seite 6 2 Rede Goebbels' vor dem ersten Reichspressetag am 18.11.1934, abgedruckt bei Helmut Heiber (Hrsg .): Goebbels-Reden, Band 1: 1932-1939, Düsseldorf 1971, Seite 199 3 Hans Schwarz van Berk: Nachwuchs und Standesbildung, in: DP Nr. 48/1934, Seite 6 4 Vergi. Wolf Meyer-Christian: Die Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses, in: DP Nr. 39/1934, Seite 3 5 Hans Schwarz van Berk: Nachwuchs und Standesbildung, in: DP Nr. 48/1934, Seite 6. Der damalige RDP-Hauptgeschäftsflihrer Alfred Herrmann glaubte an etwa 750 Volontäre für 1934.

Vergi.

Tätigkeitsbericht

der RDP-Hauptgeschäftsstelle

anläßlich des

Reichs-

pressetages, in: DP Nr. 48/1934, Seite 7. Eine wissenschaftliche Untersuchung aus Fortsetzung Fußnote Seite 95

94

Erst am 2. Oktober 1934 schrieb der Leiter des RDP seine Landesverbände an, um sich einen exakten Überblick zu verschaffen.1 Dann vergingen noch zwei Monate, bis die verbindliche Anordnung zum Besuch der Reichspresseschule erging. Ausdrücklich wies der RDP darauf hin, zur Teilnahme an den Kursen seien alle Schriftleiter in Ausbildung "verpflichtet".2 Doch als die ersten Anmeldungen eingingen, waren die Planer von der überwältigenden Resonanz wohl völlig überrascht. In seiner Not ordnete der RDP nun an, nur Volontäre, die das 21. Lebensjahr vollendet und bereits neun Monate ihrer Ausbildung absolviert hätten, seien fiir den ersten Lehrgang teilnahmeberechtigt. Die Zahl "der gegenwärtig vorhandenen Schriftleiter in Ausbildung" sei größer, "als der erste Kursus fassen" könne. Und falls die Zahl der Meldungen die Aufnahmefähigkeit der Schule immer noch übersteige, werde eine Auswahl nach dem Lebensalter der Bewerber getroffen. Binnen einer Woche mußten die Bewerbungen bei der Schule eingetroffen sein, der RDP vergaß allerdings, die Postanschrift mitzuteilen.3 Der Reichsverband hatte es plötzlich furchtbar eilig. Schon am 2. Januar 1935 sollte der erste Lehrgang beginnen. Da blieb den Kandidaten nur eine kurze Frist, die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Drei Monate dauerte der Lehrgang, und pro Monat hatte der Schüler fünfzig Reichsmark Schulgeld zu entrichten. Auch das Problem der Krankenversicherung war zu lösen, der Reichsverband wollte dafür nicht einstehen.4 Es kamen also erhebliche Kosten auf die in der Regel schlecht bezahlten Volontäre zu. Die notwendigen Mittel mußten erst einmal aufgetrieben werden. Der RDP ließ seinen Nachwuchs im Stich. Auf sich häufende Anfragen nach finanzieller Unterstützung teilte die Schulleitung Ende Dezember 1934 mit: "Denjenigen Schriftleitern in Ausbildung, die bei ihrer Meldung zum ersten Kursus mitteilten, daß sie in der Kürze der Zeit nicht in der Lage seien, den Beitrag zum Schulgeld... aufzubringen und auch von ihrem Verlag dabei nicht dem Jahr 1936 zählte 1935 nur 663 Schriftleiter in Ausbildung. Vergi. Rolf Oebsger-Röder: Vom Zeitungsschreiber zum Schriftleiter, a.a.O., Seite 63. Der Propagandaminister glaubte, pro Jahr seien vier Lehrgänge mit jeweils 100-150 Teilnehmern notwendig Vergi. Rede Goebbels' vor dem ersten Reichspressetag am 18.11.1934, abgedruckt in: Helmut Heiber: Goebbels-Reden, Band 1: 1932-1939, a.a.O., Seite 197 1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 15 vom 02.10.1934, in: B A R 103/1 2 Vergi. Anordnung zum Besuch der RPS vom 05.12.1934, in. DP Nr. 49/1934, Seite 11 3 Vergi. Anordnung des RDP vom 05.12.1934, in: DP Nr. 49/1934, Seite 11 4 Meldung vom 15.12.1934, in: DP Nr. 50/1934, Seite 15

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unterstützt werden könnten, wurde von der Schulleitung aufgegeben, sich nach Beschaffung des Geldes zu einem der nächsten Kurse zu melden." 1 Die Begründung konnte nicht überzeugen. Wilhelm Weiß erklärte, der Schule stünden keine Stipendiengelder zur Verfugung, weil auch in jedem anderen "geistigen Beruf... der Anfanger die Kosten seiner Ausbildung... selbst tragen" müsse.2 Der Journalismus galt aber als "staatlich gebundener Beruf". 3 Die zentrale Berufsorganisation hätte die Kosten für ihre Elite selbst übernehmen müssen oder obligatorisch auf die Verleger umlegen können. Weil der RDP auch andere organisatorische Schwierigkeiten nicht in den Griff bekam, begann das Projekt Reichspresseschule mit einer herben Blamage. Mitte Dezember 1934 mußte der Beginn der Schulung "aus technischen Erwägungen" um eine Woche verschoben werden.4 Den verunsicherten Volontären im Reich nutzte es wenig, daß der RDP die Reichspresseschule als "Experiment" 5 bezeichnete. Dieses Experiment am lebenden Objekt sollte immerhin als verbindliche Zugangsvoraussetzung zum Beruf installiert werden.6 Da ist die Sorge der abgewiesenen Bewerber um ihre Zukunft leicht nachvollziehbar, als der RDP zu seiner Schande eingestehen mußte, nicht über genügend Schulungskapazitäten zu verfugen. Im Dezember 1934 mußte Wilhelm Weiß erklären, "Gesuche von Schriftleitern, deren Ausbildung beendet ist, um Zulassung zu den Kursen können wegen Überfüllung nicht berücksichtigt werden." 7 Auch um die Ausrüstung der Schulungskurse schien es nicht zum besten bestellt. Der RDP empfahl den Teilnehmern, "soweit vorhanden", eine Schreibmaschine 1 Vergi. Meldung "Reichspresseschule! Keine Stipendien!", in: DP Nr. 52/1934, Seite 12 2 Meldung "Reichspresseschule! Keine Stipendien!, in: DP Nr. 52/1934, Seite 12 3 Zum Begriff des "staatlich gebundenen Berufes" vergi. Arno Hollatz: Der Schriftleiter als staatlich gebundener Beruf, Jur. Diss. Bonn, Herne 1935, Seite 2 ff 4 Vergi. Meldung zur Reichspresseschule in DP Nr. 50/1934, Seite 15. Die "Einberufung" zum ersten Lehrgang wurde erst am 22.12.1934 versandt. Bis dahin hingen also Volontäre und Redaktionen mit ihren Planungen völlig in der Luft 5 Vergi. N.N.: Was Hauptmann Weiß von der Reichspresseschule

erwartet, in: DP

Nr. 3/1935, Seite 29. 6 Anfang Dezember 1934 meldete der RDP in der "Deutschen Presse" eindeutig: "Die Ausbildungsarbeit des Reichsverbandes auf Grund von § 25 Ziffer 1 des Schriftleitergesetzes fuhrt die Bezeichnung 'Reichspresseschule'". Meldung in DP Nr. 48/1934, Seite 12 7 Vergi. Meldung in DP Nr. 48/1934, Seite 12

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mitzubringen.1 Zu diesem Bild paßt auch, daß eine Vormerkung fur spätere Kurse unter Hinweis auf "unnötige Verwaltungsarbeit" kategorisch abgelehnt wurde. Allen Anfragen an die RPS mußte Rückporto beigelegt werden.2 Nach Einschätzung der damaligen RDP-Mitarbeiterin Marie Matthies entwikkelte sich die Reichspresseschule bei den Mitgliedern des Reichsverbandes zum "Hauptgesprächsthema des Jahres 1934".3 Dabei artikulierte sich in den Spalten der Verbandszeitschrift "Deutsche Presse" sogar vorsichtige Kritik. Im Zusammenhang mit der vorhandenen Arbeitslosigkeit unter Journalisten ging auch 1935 noch die Angst um, durch die RPS würden "Stars" gezüchtet, während vielen etablierten Schriftleitern nicht einmal das Existenzminimum zum Überleben garantiert war.4 Vor allem Schwarz van Berks forsche Art weckte bei älteren Journalisten die Befürchtung, schon bald zum "alten Eisen" gezählt zu werden.5 Doch zu offenem Widerstand gegen die Einrichtung der Reichspresseschule fehlte verständlicherweise der Mut. Zu groß war die Gefahr willkürlicher Sanktionen durch den mächtigen Berufsverband.

5.3. Zeitungswissenschaft in der Defensive Von der Angst, an Einfluß zu verlieren Mit Entsetzen nahmen Zeitungswissenschaftler Ende 1934 Wolf MeyerChristians Ankündigung zur Kenntnis, "in diesem Augenblick" werde "alles andere, was von anderen Organisationen an Ausbildung betrieben" werde, "als zusätzlich und freiwillig betrachtet".6 Obwohl die dreimonatigen Kurse allein schon wegen ihres zeitlichen Rahmens nicht mit dem sechssemestrigen Studium der Zeitungswissenschaft zu vergleichen waren, spürten Walther Heide und die Institute ganz genau, daß der 1 Vergi. Anordnung des RDP vom 05.12.1934, in: DP Nr. 49/1934, Seite 11 2 Vergi. Meldung in DP Nr. 51/1934, Seite 12 3 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 139 4 Vergi. H.M.: Arbeitsbeschaffung und Kameradschaft, in: DP Nr. 36/1935, Seite 439. So mancher "ausgelernte" Journalist las die Berichte über die RPS mit "ein wenig Neid" und wünschte sich, die RPS ebenfalls besuchen zu dürfen. Vergi. Helmuth Müller: Wer ist Schriftleiter-Nachwuchs?, Leserbrief in DP Nr. 34/1935, Seite 416 5 Vergi. Julius Fritsche: Die Jungen und die Alten, in: DP Nr. 44/1934, Seite 3 f 6 Wolf Meyer-Christian:

Der

erste

Kursus

der Reichspresseschule

beginnt,

in:

ZV

Nr. 49/1934, Seite 792

97

Reichsverband ihre Bemühungen um die Ausbildung der Journalisten nicht gebührend zu würdigen gedachte. Für die auf Anerkennung bedachte Zeitungswissenschaft zeichnete sich mit der Gründung der Reichspresseschule eine höchst unangenehme Entwicklung ab, hatte man doch bisher alle Formen von Journalistenschulen immer vollmundig und vehement abgelehnt.1 Wilhelm Kapp, der Freiburger Senior der zeitungswissenschaftlichen Zunft, erklärte seinen Fachkollegen ganz offen, die Reichspresseschule sei gegründet worden, weil die Zeitungswissenschaft es nicht fertiggebracht habe, sich frühzeitig in die Ausbildung der Journalisten hineinzudrängen. Über die möglichen Konsequenzen machte er sich keine Illusionen: "Legt man auf diese Reichspresseschule das Schwergewicht, faßt man sogar, wie es scheint, ihren immer weiteren Ausbau ins Auge, dann wird sich dies notwendig auf die der Zeitung geltenden Universitätsdisziplin auswirken. Solche unmittelbar der Presse dienende Lehreinrichtung würde von selbst eine derartige Dynamik auslösen, daß der Nachwuchs der Presse sich von dem Besuch der Universität dispensiert." 2 Nachdem die Zeitungswissenschaft die Vorbereitungen zur Reichspresseschule registriert hatte, entwickelten Heide und seine Mitstreiter hektische Betriebsamkeit, um ihren Anspruch auf Mitwirkung bei der Journalistenausbildung zu untermauern. Um die Verantwortlichen von der Ernsthaftigkeit ihres Studienganges zu überzeugen, hob der Deutsche Zeitungswissenschaftliche Verband Mitte 1934 die sogenannte DZV-Bescheinigung aus der Taufe. Äußerlich aufgemacht wie eine Urkunde, verzeichnete die Bescheinigung den Studienweg, die geleistete Fachschaftsarbeit, die Mitarbeit in der lokalen Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung, absolvierte Praktika und journalistische Zusatzqualifikationen, zum Beispiel Kurzschriftkenntnisse. Ganz ausdrücklich hieß es, der Inhaber der Bescheinigung entspreche "den Erfordernissen des § 18, Abs. 2 der 1 Vergi, beispielsweise Emil Dovifat, der voller Freude über die angebliche Anerkennung der Zeitungswissenschaft für die journalistische Ausbildung noch Anfang

1934

schrieb:

"Unmöglich aber ist eine präparierte Verabreichung von Stoffwissen zur Vorbildung etwa in Kursform, gleichsam in Tabletten, zur publizistischen Nutzung, wie es z.B. für die Anwärter journalistischer Arbeit in der amerikanischen 'Schools of Journalism' geschieht, wo neben Reportage, Umbruch und Stil ein wenig Außenpolitik, ein wenig Innenpolitik, Sport, Handel und Kulturpolitik, alles in kleinen Dosen, gelehrt wird. Das gibt eine oberflächliche nur leicht haftende, niemals durchhaltende Bildung. Der Weg ist falsch", Emil Dovifat: Die Erweiterung der zeitungskundlichen zur allgemeinpublizistischen Lehre und Forschung, in: ZW Nr. 1/1934, Seite 18 2 Wilhelm Kapp: Zeitungswissenschaft und Presse, in: ZW Nr. 5/1938, Seite 310

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Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchführung des Schriftleitergesetzes".1 Die DZV-Bescheinigungen wurden beim Reichsverband der deutschen Presse hinterlegt, und weniger gut informierte Fachvertreter hofften nun auf den endgültigen Durchbruch. Noch Anfang Mai 1934 glaubte der Vorsitzende der ZWV München, Helmut Fischer, der Staat habe sich mit der angeblichen Anerkennung des zeitungswissenschaftlichen Studiums gegen "die reine Journalistenschule" entschieden. Erleichtert schrieb er, "das Ende der reinen Journalistenschule in Rom, die vor einiger Zeit nach dreijährigem Wirken ihre Pforten schloß, sollte uns stets eine Warnung sein." 2 Tatsächlich errang die ZW mit der DZV-Bescheinigung zunächst einen Teilerfolg. In Absprache mit dem RDP wurden Inhaber der Bescheinigung von einigen Monaten Volontariat befreit. Und als die Reichspresseschule Anfang 1935 ihren Betrieb aufnahm, vereinbarten Walther Heide und Wilhelm Weiß, daß Studenten mit DZV-Bescheinigung die Schule "vorläufig" nicht besuchen mußten. 3 Obwohl dem RDP zunächst nur daran gelegen war, die ohnehin überfüllten RPSLehrgänge nicht auch noch mit den zahlreichen Studenten der Zeitungswissenschaft zu belasten, feierten die Zeitungswissenschaftlichen Vereinigungen bereits ihren Triumph: "Schon heute aber darf mitgeteilt werden, daß die maßgebenden Instanzen der Auffassung des DZV, der Dozenten- und Studentenschaft das größte Verständnis entgegenbringen, daß nämlich nach einem sechssemestrigen Studium der Zeitungswissenschaft, nachgewiesen durch die DZV-Bescheinigung, ein Besuch der Reichspresseschule sich erübrigt." 4

1 Vergi. DZV-Bescheinigungen fur Ruth-Ingrid Boldt und Dr.phil. Gottfried Schmalzbauer, in: B A R 103/101 2 Helmut Fischer: Deutscher Zeitungswissenschaftlicher Verband, in: Nachrichtenblatt der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., Heft 3/4 Anfang Mai 1934, Seite 1 3 Vergi. Nachrichtenblatt der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., Heft 1, Januar 1935, Seite 3. Die Vereinbarung erschien dem DZV derart bedeutsam, daß sie sogar Eingang in eine Chronik fand, mit der die ZW ihre langjährige Tradition zu belegen trachtete. Vergi. "Chronik. 300 Jahre Zeitungswissenschaft", in: Walther Heide: Wie studiere ich Zeitungswissenschaft, Berlin 1935, Seite 39 4 Meldung "Reichspresseschule", in: Nachrichtenblatt der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., Heft 1, Januar 1935, Seite 3. Wortgleich auch in "Zeitungswissenschaftliches Studium und Reichspresseschule", in: ZW Nr. 2/1935, Seite 85

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Nur der stets gut informierte Walther Heide ahnte wohl, daß diese vorläufige Vereinbarung jederzeit widerrufen werden konnte. Weitere Anstrengungen waren also geboten, um die unsichere Position zu festigen. Zur Demonstration äußerer Geschlossenheit setzte der Präsident des DZV eine einheitliche Bezeichnung der bis dato noch relativ selbständigen Institute durch. Die bisherige Vielfalt der Namen habe bei den Hochschulen, den Studenten und vor allem auch "in der Pressepraxis zu mancherlei Verwirrung und Irrtümern geführt." Die Institutsdirektoren faßte Heide zwecks besserer Kontrolle zu einer "Sondergruppe Institutsleiter" zusammen, die er sich direkt unterstellte. Die Geschäftsführung übertrug er dem Stellvertreter des NSDAP-Pressechefs, Adolf Dresler, der sich zwar wissenschaftlich kaum profiliert hatte, sich aber als politischer Schutzpatron geradezu anbot.1 Die einflußreichsten Mitglieder dieser Sondergruppe waren dann maßgebend an der Entwicklung eines "reichseinheitlichen" Lehrplans der Zeitungswissenschaft beteiligt, der für die Studenten "eine geordnete Vorbereitung auf die Pressepraxis" sicherstellen sollte.2 Mit dem "reichseinheitlichen" Lehrplan wollte Heide unterschiedliche Ansätze und Prioritäten der verschiedenen Institute endgültig beseitigen und das Studium eindeutig auf journalistische Praxis und ideologische Beeinflussung ausrichten. Der Lehrplan lieferte verbindliche Vorgaben, die von den einzelnen Instituten bei der Gestaltung der Vorlesungen umgesetzt werden mußten. Die Vorlesungsreihe "Die publizistischen Führungsmittel" hatte sich mit der Einführung der Studenten in die "Wesensmerkmale" von Zeitung, Zeitschrift, Rundfunk, Film, Theater, Plakat und Rede zu befassen. Vorträge zur "Geschichte des Zeitungswesens" im In- und Ausland sollten die theoretischen Grundlagen für die praktischen Einweisungen durch die Fächer "Zeitungslehre I und II" bieten. Und natürlich durfte auch eine eingehende Beschäftigung mit dem Schriftleitergesetz nicht fehlen.3 Von ihrer selbst definierten neuen Rolle tief ergriffen, fabulierten die Vertreter des DZV, der Lehrplan habe das Studium der Zeitungswissenschaft "gewis1 "Sondergruppe: Institutsleiter", in: ZW Nr. 7/1934, Seite 334. Vergi, auch "Zeitungswissenschaft und Schriftleiterausbildung. II. Die praktische Zielsetzung der Wissenschaft", in. ZV Nr. 26/1934, Seite 426 2 Vergi. "Die sehr aktuelle Geschichte eines Zeitungswissenschaftlichen Instituts. Die Leipziger erhielten neue Räume", in: ZV Nr. 44/1934, Seite 719 3 Vergi. "Lehrplan der Zeitungswissenschaft in Deutschland", in: ZW Nr. 2/1935, Seite 49. Endgültiger Wortlaut des Lehrplanes in ZW Nr. 6/1935, Seite 289 f

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sermaßen fur den praktischen Gebrauch geadelt".1 Eindringlich appellierten die Fachvertreter an die Verantwortlichen in Staat, Partei und RDP, ihre Vorbehalte gegen ZW-Studenten endlich aufzugeben: "Ein Student der Zeitungswissenschaft, der durch die weltanschaulich-charakterliche Schulung der Studentenschaft, durch die wissenschaftlich-pädagogische Schulung der Disziplin, durch die organisatorisch-praktische Schulung von Vereinigung und Fachschaft in sechs Semestern hindurchgegangen ist, bringt fur den Beruf des Journalisten oder Verlegers die wissenschaftlichen Grundlagen und denkbar besten Voraussetzungen mit".2 Am 30. April 1935 wurde der Lehrplan vom Minister fur Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung "im Einvernehmen" mit dem RMVuP in Kraft gesetzt.3 Da es sich die zeitungswissenschaftlichen Lobbyisten nicht leisten konnten, offen gegen die von Goebbels unterstützte Reichspresseschule aufzutreten, setzten sie aus taktischen Erwägungen auf friedliche Koexistenz zwischen ZW und RPS. Der damit verbundene geistige Spagat mußte zwangsläufig zu logischen Verrenkungen fuhren. Heide erläuterte während der DZV-Semestertagung Ende 1935 in München, zwischen der Reichspresseschule und der Zeitungswissenschaft könne es keine Gegensätze geben, weil "ein Gegeneinander von zwei staatlich anerkannten Erziehungsfaktoren im neuen Deutschland schon aus der einheitlichen Willensgestaltung eine Unmöglichkeit wäre." 4 Heides Mitte 1934 aufgestellte Behauptung, mit "der Praxis, d.h. mit der Reichspressekammer und den beiden Fachverbänden der Journalisten und Verleger sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gesichert",5 sollte sich für den Bereich des RDP als Illusion erweisen. Vor allem Reichsschulungsleiter Schwarz van Berk machte aus seiner Ablehnung kein Hehl. Bei der Heranbildung des Nachwuchses sei "die freie Form der Universität... zu verwerfen".6 Die Erfahrung habe gezeigt, "daß auch Studenten... nicht wesentlich besser abschneiden als ihre unakade1 "Praktische Zeitungswissenschaft", Bericht über die Tagung des DZV in Heidelberg vom 17. bis 19.05.1935, in: ZV Nr. 21/1935, Seite 363 2 "Lehrplan der Zeitungswissenschaft in Deutschland", in: ZW Nr. 2/1935, Seite 51 3 "Der Lehrplan der Zeitungswissenschaft in Kraft", in: ZW Nr. 6/1935, Seite 288 4 "Zeitungswissenschaft und Zeitungspraxis", Rede Heides anläßlich der Tagung des DZV in München vom 22.-24. November 1935, in: DP Nr. 50/1935, Seite 672 5 "Die Zeitungswissenschaft im Verhältnis zu Staat, Universität und Presse", Rede Walther Heides vor der ZWV Freiburg vom 10.07.1934, abgedruckt in: ZW Nr. 8/1934, Seite379 6 Hans Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 3

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mischen Kameraden. Der Mangel einer Erziehung zur Wirklichkeit, zur Realität und damit zur Politik ist offenkundig." Die Reichspresseschule werde andere Wege gehen. Die Schulung der Journalisten durch Journalisten verleihe dem "ganzen Lehrbetrieb eine unakademische Note... Nichts in dieser Schulung ist Theorie um der Theorie willen, alles ist auf Praxis gemünzt." 1 Der Reichsverband der deutschen Presse zeigte kein Interesse an einer gleichberechtigten Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verband. Damit entwickelte sich ein Machtkampf, der zwar nie mit offenem Visier gefuhrt wurde, doch bis Kriegsende immer spürbar blieb. Den ersten Streich führte der Reichsverband. Um den DZV an die Grenzen seiner Kompetenz zu erinnern, annullierte der RDP Anfang 1936 die "vorläufige" Befreiung der ZW-Studenten vom Besuch der Reichspresseschule. Im RDPRundschreiben Nr. 15 vom 20. Februar 1936 bestimmte Wilhelm Weiß, "daß die Studenten der Zeitungswissenschaft in Bezug auf den Besuch der Presseschule nach den gleichen Grundsätzen behandelt werden müssen, wie die anderen Volontäre. Der Besuch der Presseschule ist also auch fur die Studenten der Zeitungswissenschaft als Voraussetzung fur die Eintragung in die Berufsliste A nicht zu umgehen." 2 Daß der RDP den ZW-Absolventen großzügig die Aufnahmeprüfung vor dem Besuch der RPS erließ 3, konnte Heide und die Mitglieder des DZV kaum trösten. Das Vorgehen des RDP war völlig legal. Mit dem System der Berufslisten verfugte der Reichsverband über ein mächtiges Instrumentarium. Nur die hier verzeichneten Personen durften sich nach den Bestimmungen des Schriftleitergesetzes hauptberuflich journalistisch betätigen. 1 Hans Schwarz van Berk: Zeitungs-Studenten, in: Der deutsche Student, Juniheft 1935, Seite 361 f 2 An diese Verfugung erinnerte Weiß nochmals am 7. Juli 1936. Er ersuchte die Landesverbandsleiter, "die zeitungswissenschaftlich vorgebildeten Volontäre in ihren Verbänden demgemäß zu belehren ", RDP-Rundschreiben Nr. 53 vom 07.07.1936, in: B A R 103/2 3 Der RDP-Chef zeigte Mitleid mit den oft schon älteren Semestern: "Durch den Besuch der Presseschule soll den Studenten der Zeitungswissenschaft in Anbetracht ihres vorausgehenden mehrjährigen Studiums kein weiterer zeitlicher Nachteil erwachsen. Ich habe... die Studenten... von der Teilnahme an der Klausurprüfung vor Beginn des Lehrgangs grundsätzlich befreit. Weiter bin ich damit einverstanden, daß den zeitungswissenschaftlich vorgebildeten Volontären der Besuch der Presseschule nach Möglichkeit in die halbjährige Ausbildungszeit eingerechnet wird". In RDP-Rundschreiben Nr. 53 vom 07.07.1936, in: B A R 103/2

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6.

WEGE DURCH DAS NADELÖHR DER STRENG ÜBERWACHTE BERUFSZUGANG

"Drei Aufgaben müssen erfüllt werden, um den neuen Berufstyp des deutschen Journalisten zu gestalten: 1. eine politische, 2. eine organisatorische und 3. eine erzieherische Aufgabe... Es ist begreiflich, daß die Hauptaufgabe bei der Neuorganisation des Reichsverbandes zunächst in der Säuberung der deutschen Presse bestehen mußte. Diese Aufgabe ist heute noch nicht abgeschlossen." 1 Im Juni 1934 befand sich das umfassende Kontrollsystem des RDP noch im Aufbau. Und wie die chaotische Vorbereitung der Reichspresseschule deutlich zeigte, entsprachen die Verhältnisse so gar nicht den ständig beschworenen totalitären Ansprüchen der Presselenker. Erst anderthalb Jahre später konnte RDP-Chef Wilhelm Weiß Vollzug melden. Vor dem Reichspressetag 1935 verkündete er, der RDP habe die organisatorische Aufgabe gelöst: "Wir sind heute über die Persönlichkeit eines jeden Schriftleiters genauestens unterrichtet, der irgendwo hauptberuflich in der deutschen Presse tätig ist." 2 Die Zuversicht des RDP-Chefs stützte sich auf eine Kartei, in der der Reichsverband Werdegang, Arbeitsbereich und persönliche Daten jedes einzelnen Journalisten im Deutschen Reich nahezu lückenlos erfaßt hatte. Die Berufslisten entwickelten sich nach dem Urteil der ehemaligen RDP-Mitarbeiterin Marie Matthies zur "wichtigsten Arbeitsgrundlage der Organisation".3

1 Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse. Das Arbeitsprogramm des Reichsverbandes, in: DP Nr. 24/1934, Seite 2 f 2 Wilhelm Weiß: Die deutsche Presse eine wirkliche Großmacht, in: DP Nr. 49/1935, Seite 649 3 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 144

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6.1. Das Instrument der Berufslisten Auch mit dem System der Berufslisten lehnte sich die Pressepolitik des NS-Staates eng an ein bereits seit 1928 bestehendes italienisches Vorbild an.1 Das dreigeteilte Berufsregister im faschistischen Italien, das Albo professionale, unterschied zwischen "Schriftstellern", unbeschränkt zugelassenen und in Ausbildung befindlichen Journalisten. Ein zusätzliches Register verzeichnete freie Journalisten, die gelegentlich Beiträge aus Wissenschaft und Technik lieferten. Das Statut der italienischen Berufsliste verfugte den Zwang zur Mitgliedschaft, die Listen wurden bei den Landesverbänden der faschistischen Journalistenvereinigung gefuhrt. Über Eintragung oder Löschung aus dem Berufsregister entschied bei jedem Landesverband ein funfköpfiges Gremium, das vom Justizminister "im Einvernehmen mit dem Innenminister" ernannt wurde. 2 Laut Ermanno Amicucci bezweckte das Berufsregister den Ausschluß derjenigen Journalisten, "die wegen Mangel an Moralität und Bildung unwürdig sind demselben anzugehören".3 Mit deutscher Gründlichkeit setzten die NS-Gewaltigen alles daran, das perfide Netz der Verordnungen noch engmaschiger zu knüpfen. Die gesetzlichen Grundlagen fur die Berufslisten im Dritten Reich boten das Schriftleitergesetz und die Verordnung über seine Durchfuhrung vom 19. Dezember 1933. Erst die Eintragung in die Berufsliste berechtigte zur Ausübung des journalistischen Berufs.4 Vor der Eintragung hatte der Kandidat diverse Voraussetzungen nachzuweisen. Er mußte das 21. Lebensjahr vollendet haben und den Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, seine Geschäftsfähigkeit, die deutsche Staatsange1 Der Kommentar zu § 8 SchLG verweist ausdrücklich auf das italienische Beispiel, vergi. Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz..., Berlin 1944, Seite 67. Zur Vorbildfunktion des italienischen Berufsregisters für die Berufslisten des RDP vergi, auch Karl Goebel: Totaler Staat und Presse, Wirtschaftswiss. Diss. Heidelberg, Freiburg i.Br. 1936, Seite 30 f 2 Vergi. Reglement für das Register der Berufsjournalisten vom 05.03.1928, abgedruckt in: Fascistisches Nationalsyndykate der Journalisten (Hrsg.): Der italienische Journalismus im fascistischen Regime, Rom 1928, Seite 105 ff 3 Fascistisches Nationalsyndykate der Journalisten (Hrsg.): Der italienische Journalismus im fascistischen Regime, a.a.O, Seite 80 4 Vergi. § 12 SchLG, in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 25 f

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hörigkeit, die "arische Abstammung" fur sich und den Ehepartner und seine "fachmännische" Ausbildung beweisen.1 Über die Eintragung in die Berufsliste entschied der jeweilige Landesverbandsleiter des RDP, das RMVuP konnte dagegen Einspruch erheben.2 War der Bewerber in die Liste eingetragen, wurde er kraft Gesetz automatisch Mitglied des RDP.3 Hohe Strafen trafen Journalisten, die ohne Eintragung in die Berufsliste ihrer Tätigkeit nachgingen. Ihnen drohte das Gesetz mit Gefängnis oder Geldstrafe.4 Allein wer sich ohne Genehmigung als Schriftleiter bezeichnete, wurde bereits mit bis zu 150 Reichsmark zur Kasse gebeten.5 Und war die Eintragung in die Berufslisten gelungen, mußte der deutsche Schriftleiter ständig auf der Hut sein, nicht wieder gestrichen zu werden. Schon kleine "Vergehen" konnten sofort zur Löschung fuhren. 6 Die Berufsliste enthielt umfangreiche Angaben, die den RDP jederzeit über persönliche Verhältnisse und aktuelle Tätigkeit des Mitgliedes informierte.7 Durch die totale Erfassung aller journalistisch tätigen Kräfte wuchsen die mit Aufstellung und Führung der Listen verbundenen Arbeiten bald "ins Uferlose".8 Der RDP hatte zu diesem Zweck ein eigenes Referat eingerichtet. In der Berliner RDP-Zentrale beschäftigten sich zunächst fünf, später sieben Mitarbeiter 9 aus1 Vergi. § 5 SchLG 2 Vergi. § 8 SchLG. Bei ablehnendem Bescheid konnte sich der Bewerber an die gleichgeschalteten Berufsgerichte wenden. Gegen eine Entscheidung des Propagandaministers war kein Einspruch möglich, vergi. § 10 SchLG 3 Vergi. § 23 SchLG 4 Vergi. § 36 SchLG 5 Vergi. § 42 SchLG 6 Vergi. § § 1 1 , 3 1 und 35 SchLG 7 Die Berufsliste verzeichnete Namen, Geburtstag und -ort, Wohnsitz und Angaben zur aktuellen Arbeitsstelle nebst Arbeitsgebiet und Einkommen. Beigeheftet wurden die Nachweise "arischer Abstammung", ein polizeiliches Führungszeugnis und sämtliche Ausbildungsbescheinigungen. Bei Absolventen der RPS wurde den Unterlagen auch die Beurteilung durch die Reichspresseschule hinzugefügt. Vergi. § 22 der Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchführung des Schriftleitergesetzes vom 19.12.1933, in: Hans SchmidtLeonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 209 f. Die ständige Überwachung und Aktualisierung der Angaben durch den Leiter des Landesverbandes schrieb § 23 der Verordnung vor. Vergi, ebenda, Seite 210 8 So rückblickend die RDP-Mitarbeiterin Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 135 9 Vergi. Planstellenverzeichnisse des RDP, in: B A R 103/146

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schließlich mit Änderungen und Ergänzungen der Berufslisten. Auf Weisung lieferten sie ihre Informationen auch an interessierte Kreise der Partei, an das RMVuP und die verschiedenen Polizeidienststellen des Dritten Reiches. Da die Berufslisten zusätzlich auch noch in den einzelnen Landesverbänden geführt wurden, entstand ein aufgeblähter Verwaltungsapparat. Die enormen Kosten der Bürokratie hatten die streng überwachten Mitglieder durch ihre RDPBeiträge selbst zu tragen.

6.2.

Prinzip Auslese

Der Reichsverband ordnete seine Mitglieder drei verschiedenen Listen zu. Die Eintragung in die Berufsliste A ermöglichte den Journalisten die unbeschränkte Tätigkeiten in allen Ressorts und bei jedem beliebigen Publikationsorgan. 1 Sie galten als sogenannte "Vollschriftleiter". Die Berufsliste Β war fìir Journalisten vorgesehen, die in ihrer Arbeit auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt blieben oder bei speziellen Publikationen beschäftigt waren, denen der Reichsverband nur geringe öffentliche Wirkung beimaß. Hierzu zählten beispielsweise Redakteure kleiner Fachzeitschriften, Pressefotografen und "Modeschriftleiterinnen". 2 Zu Beginn ihres Werdegangs hatten sich journalistische Berufsanfanger in die Liste C aufnehmen zu lassen. Sie galt allen Schriftleitern in Ausbildung. Vor der Eintragung in die verschiedenen Berufslisten mußten sich die Kandidaten einem strengen Eignungstest unterziehen. Vor allem verlangte der RDP den Nachweis "politischer und charakterlicher Eignung". 3 Besonders diesen Nachweis hatten die Kandidaten in ausgeklügelten Prüfungen zu erbringen.

1 Erst Ende 1936 konnte auch ein in Berufsliste A eingetragener Schriftleiter nicht mehr in allen Ressorts arbeiten. Goebbels verfugte, für "Kunstschriftleiter" eine gesonderte Liste einzurichten, vergi. "Kunstbericht anstelle der Kunstkritik. Erlaß von Reichsminister Dr. Goebbels" vom 27.11.1936, in: ZV Nr. 49/1936, Seite 756 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 38/1938 und Nr. 53/1938, in: B A R 103/4 3 Wilhelm Weiß: Die deutsche Presse eine wirkliche Großmacht, in: DP Nr. 49/1935, Seite 650

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6.2.1.

Zulassungsprüfung zum Volontariat

Der Hürdenlauf des angehenden Journalisten begann mit der Aufnahmeprüfung für die Berufsliste C. Noch vor dieser Prüfung hatte sich der Nachwuchs um einen Volontärsvertrag zu kümmern, der sowohl dem RDP wie dem RDZV zur Genehmigung vorgelegt werden mußte.1 Form und Hergang der Prüfung von Bewerbern für die Berufsliste C waren streng geregelt. Grundsätzlich ging die Prüfung mündlich vonstatten. Der Prüfungsausschuß setzte sich aus mindestens drei Schriftleitern zusammen, erwünscht war auch die Anwesenheit eines Vertreters des RDZV. Die Leitung oblag dem zuständigen Landesverbandsleiter des RDP. Wenn dieser verhindert war, übernahm ein Journalist der Parteipresse den Vorsitz.2 Zum Zweck der Zulassungsprüfung bemerkte RDP-Chef Weiß, es habe "nun einmal keinen Sinn, junge Leute jahrelang von Redaktion zu Redaktion mitzuschleppen, bis ihnen endlich ein ehrlicher Berufskamerad sagt, daß die Hauptvoraussetzung für den Schriftleiterberuf die einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache bildet." 3 Doch für den Ausgang der Prüfung waren weniger die journalistischen Ambitionen der Bewerber entscheidend. Vielmehr ging es um eine Überprüfung der politischen Einstellung der Kandidaten und deren "Qualifikation als Nationalsozialisten". Die vom RDP vorgegebenen Richtlinien bestimmten, daß die angehenden Volontäre Kenntnisse über Geschichte, Entwicklung und den organisatorischen Aufbau der NSDAP besitzen mußten. Sie sollten sich mit nationalsozialistischem Schrifttum auskennen, mit der politischen Geographie vertraut sein und über das politische Tagesgeschehen Bescheid wissen.4 Zusammengenommen war das Anforderungsprofil damit nur nebulös beschrieben. Im Grunde waren die angehenden Volontäre der Willkür ihrer Prüfer völlig ausgeliefert. Journalistische Kriterien fielen kaum ins Gewicht. Der Kandidat hatte zwar per Lebenslauf nachzuweisen, daß er die deutsche Sprache beherrscht. "Leichte stilistische Mängel" sollten allerdings nicht ins Gewicht fallen. Viel wichtiger erschien es den Prüfern, ob der Bewerber im Nationalsozialismus "verwurzelt" war. Die genaue Kenntnis von "Mein Kampf' war hier höchst vorteilhaft.5 1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: BA R 103/2 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: B A R 103/2 3 Wilhelm Weiß: Pressefiihrung und Zeitungsgestaltung, in: DP Nr. 12/1937, Seite 142 4 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: BA R 103/2 5 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: B A R 103/2

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Anfang 1938 wurde das Procedere der Aufnahmeprüfungen fur Liste C dann etwas verändert. Die Prüfungen sollten nun nur noch an sieben Orten des deutschen Reiches möglich sein. Bei jeder dieser Prüfungen hatte zwecks besserer Kontrolle ein Mitglied der Schulungsleitung der Reichspresseschule anwesend zu sein. Grund fur diese Veränderungen waren Mogeleien, deren die Landesverbandsleiter anscheinend nicht Herr wurden.1 Das RMVuP erhielt stärkere Einflußmöglichkeiten. Bei jeder Aufnahmeprüfung durfte jetzt auch ein Vertreter des zuständigen Reichspropagandaamtes teilnehmen. Zwei Aufnahmeprüfungen pro Jahr waren vorgesehen, in der ersten Märzund in der ersten Septemberhälfte. So war gewährleistet, daß die Schriftleiter i.A. ihre Ausbildung jeweils zum 1. April oder 1. Oktober eines Jahres beginnen konnten. Neu geregelt wurden auch die Vorschriften fur die Voraussetzungen zur Aufnahmeprüfung. Nun durften auch Bewerber ohne Ausbildungsvertrag teilnehmen, wenn sie vom jeweiligen Gaupresseamt vorgeschlagen wurden.2 Nach Abschluß der Prüfung erstellte die Kommission dann Gutachten. Aufgrund dieser Bewertung entschied der Landesverbandsleiter in letzter Instanz über die Aufnahme in Liste C.3 Nach bestandener Aufnahmeprüfung hatte der Kandidat den Ariernachweis zu fuhren, ein polizeiliches Führungszeugnis und ein von der zuständigen NSDAP-Gauleitung ausgestelltes, von der Gestapo überprüftes, politisches Führungszeugnis vorzulegen. Erst dann erfolgte die Eintragung in Liste C, die die Arbeit in den Redaktionen erlaubte.4

6.2.2.

Eintragung in die Berufslisten A und Β

Die Entscheidung, ob ein Volontär nach Ablauf seiner Ausbildung in die Berufsliste A aufgenommen wurde, lag seit Inkrafttreten des Schriftleitergesetzes bei den Leitern der RDP-Landesverbände. 5 Bis ins Jahr 1936 erfolgten die Über1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 9 vom 25.02.1938, in: BA R 103/4. Die Verfügung, ein Vertreter der RPS habe an den Prüfungen teilzunehmen, wurde allerdings ein halbes Jahr später wieder zurückgenommen. Anscheinend war der personelle Aufwand einfach zu groß. Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 61 vom 30.08.1938, in: BA R 103/4 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 9 vom 25.02.1938, in: BA R 103/4 3 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: BA R 103/2 4 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 70 vom 12.10.1936, in: R 103/2 5 Die Vorschrift schien zunächst nicht überall befolgt zu werden. Noch im Herbst 1935 erinnerte der Berliner Landesverbandsleiter Kampmann daran, die Beschäftigung eines Fortsetzung Fußnote Seite 109

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Schreibungen nach relativ uneinheitlichen Kriterien. Jeder Landesverbandsleiter entschied weitestgehend selbständig, zuweilen nahmen diese Prüfungen absurden Charakter an. Vor allem die "weltanschaulichen" Inquisitionen des Karoly Kampmann, dem der Vorsitz des Berliner Landesverbandes übertragen worden war, waren bei Volontären gefurchtet. Der einfältige Kampmann, ein Nationalsozialist der ersten Stunde, praktizierte ein zutiefst skurriles Verfahren, das in erster Linie gediegene Kenntnisse der NS-Bibeln "Mein Kampf' und "Der Mythus des 20. Jahrhunderts" voraussetzte. Die Volontäre des Berliner Tageblatts, Margret Boveri und Karl Korn, hatten zur Überprüfung ihrer "weltanschaulichen Reife" bei Kampmann anzutreten: "Kampmann... begann mit der tiefsinnigen Frage, wie oft ich Hitlers 'Mein Kampf gelesen hätte. Ich hatte dieses Hauptbuch der Bewegung überhaupt nicht gelesen. Ich antwortete, ich hätte das Werk einmal gelesen... Herr Kampmann sah mich an und sagte, ich müsse das Buch öfter lesen. Er habe es auf seinem Nachttisch liegen... Der naive Mann gab... zu, mit 'Mein Kampf abends vor dem Einschlafen Bibelstechen zu treiben." 1 Die Frage, was denn der "Führer" in "Mein Kampf' über die Presse sage, beantwortete Korn mit den aus einschlägigen Reden bekannten Phrasen. Kampmann schien beeindruckt, doch es fehlte ihm ein entscheidendes Stichwort. "Es sei ja alles so ungefähr, aber ich solle sagen, was der Führer fur eine Presse wolle. Ein Wort, wandte er ein, als ich wieder redselig zu werden begann, ein Wort, und er konnte es nicht länger ftir sich behalten. Die Presse habe Kampfpresse zu sein oder zu werden. Ich war... keck genug... zu sagen, darauf hätte ich doch gerade hinausgewollt." 2 Nach einigen weiteren Fragen dieser Qualität konnte Korn das Haus der Deutschen Presse mit dem "heiß begehrten Schriftleiterausweis" verlassen.3 Mit der endgültigen Etablierung der Reichspresseschule änderte sich diese

SchL. i.A. als Vollschriftleiter ohne Überschreibung in die Liste A sei gesetzeswidrig. "Die Entscheidung darüber, ob die Ausbildung als beendet im Sinne des Schriftleitergesetzes anzusehen ist, liegt lediglich beim zuständigen Landesverbandsleiter", Meldung "Schriftleiter in Ausbildung", in: DP Nr. 41/1935, Seite 505 1 Karl Korn: Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, Frankfurt a.M. 1975, Seite 229 2 Karl Korn: Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, a.a.O., Seite 229 f 3 Vergi. Karl Korn: Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, a.a.O., Seite 231. Zu Kampmanns Befragungen vergi, auch Margret Boveri: Wir lügen alle, Ölten und Freiburg im Br. 1965, Seite 565 ff und von derselben Autorin: Verzweigungen. Eine Autobiographie, MünchenZürich 1977, Seite 272

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Praxis. N u r in Ausnahmefällen wurden Volontäre v o m B e s u c h der R P S befreit. 1 D e n n das Entscheidungskriterium vor Eintragung in die Berufsliste A bildete nun ein Gutachten, das nach Abschluß der RPS-Lehrgänge über j e d e n angefertigt

wurde. 2

Das

vom

Schulleiter

und

dem

Schüler

Vorsitzenden

der

Schulungsleitung unterzeichnete Gutachten wurde in der RDP-Zentrale und den Landesverbänden des R D P zu den Akten genommen. Der B e s u c h der R P S wurde in der Berufsliste w i e auch im Journalistenausweis vermerkt. 3 Schriftleiter in Ausbildung, die ihr Volontariat bei Zeitschriften absolviert hatten, wurden in der Regel nicht in die Berufsliste A eingetragen. Hier reichte die Liste Β

zur Berufsausübung aus, der B e s u c h

der Reichspresseschule

war nicht

vorgesehen." Ähnlich verhielt es sich mit den Pressefotografen, fur die das System die B e z e i c h n u n g Bildjournalisten

hatten

"Bildberichterstatter-Anwärter" erfunden hatte. D i e

zwar

auch

eine

umfangreiche

Abschlußprüfung

zu

bestehen, 5 doch die Umschreibung in Liste A erfolgte nur auf besonderen W u n s c h und dann auch nur nach einem erfolgreich absolvierten RPS-Lehrgang. 6 1 Vergi. "Bekanntmachung über die Einstellung und Ausbildung der Schriftleiter i.A.", Absatz 5 vom 23.07.1936: "Der Besuch der Reichspresseschule bildet... einen wesentlichen Bestandteil der fachmännischen Ausbildung, die das Schriftleitergesetz vorschreibt. Demgemäß wird künftig der erfolgreiche Besuch der Reichspresseschule allgemein als Voraussetzung für die Überschreibung des Schriftleiters i.A. von der Liste C in die Liste A der Vollschriftleiter verlangt werden." Eine Befreiung "kann nur in begründeten Ausnahmefälle erteilt werden", in: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Bestand DAF-AWI, Nr. 8209, Blatt 9 Rückseite 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: BA R 103/2. Im Fragebogen zur Durchführung des SchLG., der für die Umschreibung in Liste A auszufüllen war, wurde ausdrücklich nach dem Besuch der Reichspresseschule gefragt. Vergi. Absatz 3 des Fragebogens, abgedruckt bei Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 243 3 Vergi. Blanko-Schriftleiterausweis von 1939, in: Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 151/Preußisches Finanzministerium, Bestand 2293/ Verwaltungsgebühren im Bereich der inneren Verwaltung, Allgemeines und Einzelfalle. Auf Seite 5 des Ausweises hieß es unter der Überschrift "Reichspresseschule": "Der Inhaber nahm an einem Lehrgang der Reichspresseschule vom. .. bis. .. teil." Die Teilnahme wurde im Ausweis durch RPSDienststempel und die Unterschrift des Schulleiters bestätigt 4 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 38 vom 14.07.1938, in: B A R 103/4 5 Auch die Abschlußprüfung der Bildjournalisten zeichnete sich durch "weltanschauliche" Befragungen aus, die fachliche Aspekte in den Hintergrund drängten, vergi. Protokoll einer Abschlußprüfung vom 15.10.1942, in: B A R 103/91 6 Vergi. "Die Berufsausbildung der Bildberichterstatter (Schriftleiter im RDP) Eine Anordnung des Leiters des RDP" vom 16.02.1939, in: DP Nr. 4/1939, Seite 68

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7.

DER ORGANISATORISCHE RAHMEN FÜR DEN BETRIEB DER REICHSPRESSESCHULE

Nach Verwaltungsrecht galt die Reichspresseschule als "Anstalt öffentlichen Rechts" 1 und juristisch "unselbständige Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft", nämlich des Reichsverbandes der deutschen Presse. Sie erfüllte Aufgaben, die ihr per Gesetzgebung durch den Staat übertragen worden waren und diente somit öffentlichen Zwecken. 2 Die sich daraus ergebende starke Stellung der Schule stand allerdings in scharfem Kontrast zu dem heillosen Durcheinander, das die Organisation der Reichspresseschule stets kennzeichnete. Eine eindeutige juristische Verankerung war nie vorgesehen, das Schulstatut blieb Stückwerk und die umständliche Finanzierung erfolgte aus Quellen, die etatrechtlich nicht ganz legal waren.

7.1. Nur Flickwerk Die gesetzlichen Grundlagen der Reichspresseschule Die Existenz der Reichspresseschule basierte auf recht unbestimmten Forderungen des Schriftleitergesetzes. In Paragraph 5 Ziffer 6 hieß es: "Schriftleiter kann nur sein, wer fachmännisch ausgebildet ist".3 Der Paragraph 7 Absatz 1 definierte dann, "fachmännisch ausgebildet" sei, "wer sich durch eine mindestens einjährige Ausbildung bei einer Schriftleitung einer deutschen Zeitung... die Kenntnisse eines Schriftleiters erworben hat... und dies durch ein Zeugnis der Schriftleitung nachweist". 4 Erst in der zweiten Auflage des offiziellen Gesetzeskommentars aus dem Jahr 1 Vergi,

dazu

Briefkopf

der

Reichspresseschule,

Schreiben

Meyer-Christian/RPS

an

Bemdt/RMVuP vom 07.07.1936, in: B A R 55/193 Fol. 105 2 Zur juristischen Verankerung der "Anstalten des öffentlichen Rechts" vergi. Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, hrsg. von Hans Frank, 2. Aufl. München 1935, Seite 455 3 Vergi. Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, 3. Auflage, Berlin 1944, Seite 24 4 Vergi. Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 24

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1938 fand dann die Reichspresseschule Erwähnung: "Als weitere Voraussetzung fur eine ordnungsgemäße Ausbildung ist der Besuch der Reichspresseschule vorgesehen". Von einer gesetzlichen Vorschrift zum Besuch der Schule war hier allerdings nicht die Rede. Die Autoren beriefen sich lediglich auf einen Erlaß des RMVuP, den sie aber nicht näher spezifizieren konnten.1 Die unklare Rechtslage sorgte bis 1936 für Verwirrung. Mitte 1935 berichtete RDP-Chef Wilhelm Weiß, er habe einen Antrag beim RMVuP gestellt, den Besuch der Reichspresseschule "alsbald als obligatorisch" erklären zu lassen.2 Zu diesem Zeitpunkt war der zweite Lehrgang schon abgeschlossen. Auch ein Jahr später schien noch keine verbindliche Regelung getroffen worden zu sein. Anläßlich einer Tagung der NS-Presse erklärte Weiß am 23. Juni 1936, der Besuch müsse "künftig grundsätzlich von allen Schriftleitern in Ausbildung verlangt werden".3 Erst durch Anordnung des RDP vom 23. Juli 1936 klärte sich die unübersichtliche Lage. In der "Deutschen Presse" stellte Weiß fest, der Besuch der Reichspresseschule bilde "einen wesentlichen Bestandteil der 4 fachmännischen Ausbildung". Im Vertrauen auf die normative Kraft seiner Anordnungspolitik versäumte es der Reichsverband allerdings, die Reichspresseschule in der Satzung des RDP rechtsgültig abzusichern. Als juristische Grundlage für den Betrieb der Reichspresseschule diente dem Reichsverband der Paragraph 25 Absatz 1 Satz 1 des Schriftleitergesetzes: "Der Reichsverband hat die Aufgabe, Ausbildungs-, Fortbildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen für Schriftleiter zu schaffen".5 Im Kommentar von 1938 hieß es zwar: "Zur Ausbildung der Schriftleiter unterhält der Reichsverband die Reichspresseschule...Der Besuch der Reichspresseschule ist Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der voll ausgebildeten Schriftleiter".6 Doch dies war nur eine Interpretation der Anordnungen des RDP. 1 Vergi. Kommentar zu § 7 Absatz 1, in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, 2. Auflage, Berlin 1938, Seite 64 2 Wilhelm Weiß: Presse und Nationalsozialismus, in: DP Nr. 29/1935, Seite 350. Zur Begründung des Antrags führte er aus: "Wenn unser Plan in bezug auf die Berufserziehung erfolgreich sein soll, dann müssen wir uns allerdings darüber klar sein, daß der Besuch der journalistischen Lehrgänge nicht dem freien Willen des einzelnen Volontärs überlassen bleiben kann." 3 Meldung "Tagung der NS-Presse in München", in: ZW Nr. 7/8/1936, Seite 347 4 "Bekanntmachung über die Einstellung und Ausbildung der Schriftleiter i.A.", in: DP Nr. 48/1936, Seite 584 5 Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 28

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Laut RDP-Satzung gehörte die RPS nicht zu den "Organen des Reichsverbandes". Während Berufsgerichte, Fachausschüsse, Versorgungsanstalt und Zentralhilfskasse ausdrücklich aufgeführt wurden, kamen Reichspresseschule und Schulungsleitung nicht vor.1 Selbst den Juristen des Dritten Reiches fiel auf, daß der Besuch der RPS "nach dem Gesetz nicht erforderlich" war.2 So konnte der Zeitungswissenschaftler Emil Dovifat noch 1940 sticheln, die journalistische Vorbildung sei "umstritten", das Schriftleitergesetz sehe "keinerlei feste Schulausbildung" vor.3 Einzig der Willkürparagraph 8 des Schriftleitergesetzes, der dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda jederzeit erlaubte, die Eintragung in die Berufsliste zu untersagen oder die Löschung zu verfugen, sicherte die Existenz der Schule ab. Da Goebbels die Reichspresseschule persönlich protegierte, kam dies praktisch einer gesetzlichen Legitimierung des Besuchszwangs gleich.4 Unter rechtsstaatlichen Bedingungen wären die Anordnungen des RDP zum Besuch der RPS juristisch jederzeit anfechtbar gewesen. Und selbst in der totalitären NS-Diktatur hätte sich die Reichspresseschule nicht behaupten können, wenn ein anderer Propagandaminister weniger Wert auf ihre Existenz gelegt hätte. 6 Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, 2. Auflage, Berlin 1938, Seite 130 1 Zu den Organen des RDP bestimmte die Satzung den Leiter, den Hauptgeschäftsfiihrer, den Beirat, den Reichspressetag und die Berufsgerichte. Alle anderen Aufgaben des Reichsverbandes, von der Stellenvermittlung bis zur Rechtsberatung, wurden in der Satzung erwähnt. Vergi. §§ 6 bis 16 der RDP-Satzung, genehmigt am 07.03.1934 vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 238 ff 2 Vergi. Kommentar zu § 7 Absatz 1 SchLG, in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 66

Siehe auch Horst Baumann: Der Deutsche

Schriftleiter und seine Ehrengerichtsbarkeit, Jur. Diss. Leipzig, Berlin 1939, Seite 38 f 3 Vergi. Emil Dovifats Anmerkungen zu den Stichworten "Die journalistische Vorbildung" und "Journalistenschulen", in: Handbuch der Zeitungswissenschaft, Band 1. Hrsg. von Walther Heide, Leipzig 1940, Spalte 1982 und 1987. Seine Ausfuhrungen zur Reichspresseschule, der das Handbuch nicht einmal ein eigenes Stichwort widmete, waren auffallend kurz gehalten. Der RPS billigte er nur die Funktion zu, eine "charakterlichberufliche Auswahl" unter den Volontären getroffen und ihnen "dabei einen letzten ständischen Schliff" gegeben zu haben 4 Vergi. Kommentar zu § 8 SchLG: "Es ist also z.B. möglich, daß der Reichsminister fur Volksaufklärung und Propaganda die Eintragung aller Personen untersagt, die die Reichspresseschule nicht erfolgreich besucht haben" in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 70

113

7.2.

Der Reichsverband der deutschen Presse und die Aufsichtsorgane der Reichspresseschule

"Die Schriftleiter sind im Reichsverband der Deutschen Presse gesetzlich zusammengefaßt. Ihm gehört jeder Schriftleiter kraft seiner Eintragung in die Berufsliste an. Der Reichsverband wird kraft dieses Gesetzes eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er hat seinen Sitz in Berlin." 1 Die Entwicklung des Verbandes zum Instrument staatlicher Presselenkung vollzog sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit. Am 30. April 1933 wurde die alte Satzung des RDP außer Kraft gesetzt und die wichtigsten Schaltstellen mit Gefolgsleuten der neuen Machthaber besetzt. 2 Die alte Führungsriege aus Weimarer Zeit hoffte allerdings immer noch, die Substanz des RDP erhalten zu können. Das ehemalige Vorstandsmitglied Heinrich Rippler schrieb in der "Deutschen Presse": "Ich habe von der Einsicht und der politischen Erfahrung unserer heutigen Staatsmänner eine viel zu hohe Meinung, als daß ich daran glauben könnte, daß sie etwa eine Gleichschaltung der Presse nach dem unseligen Muster der Kriegspresseämter... versuchen wollten." 3 Er sollte sich täuschen, vom alten Reichsverband durfte nur der traditionsreiche Name bestehen bleiben. Das Schriftleitergesetz und die neue Satzung deformierten den RDP endgültig zum Vollzugsorgan Goebbelscher Direktiven. Nachdem sich der erste nationalsozialistische Vorsitzende des Reichsverbandes, NSDAP-Reichspressechef Otto Dietrich, auf den Posten des Vizepräsidenten der Reichspressekammer hatte verbessern können, ernannte Goebbels am 27. November 1933 den weitaus bequemeren Wilhelm Weiß zum neuen Leiter.4 Hauptmann a.D. Wilhelm Weiß, der sich in Ermangelung eines akademischen Titels gerne mit seinem militärischen Rang anreden ließ, repräsentierte eine "Führerpersönlichkeit" schlichten Zuschnitts.5 1 § 23 SchLG, in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 28 2 Vergi. Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a a.O., Seite 128 ff 3 Heinrich Rippler: 23 Jahre Reichsverband, in: DP Nr. 8/1933, Seite 110 4 Das Recht zur Ernennung des RDP-Chefs hatte sich Goebbels in § 24 Absatz 1 SchLG vorbehalten. Vergi. Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 28 5 Orón Haie, der Wilhelm Weiß am 31.08.1945 persönlich befragen konnte, bemerkte zutreffend: "Seine Karriere bietet ein gutes Beispiel dafür, wie hoch man mit nur mäßiger Intelligenz und durchschnittlichen Fähigkeiten in der NS-Hierarchie aufsteigen konnte", Oron Haie: Presse in der Zwangsjacke, a.a.O., Seite 43

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Wilhelm Weiß, geboren am 31. März 1892 in Steinach, trat nach abgebrochenem Studium 1911 als Fahnenjunker in die Dienste des Militärs. Nach schwerer Verwundung im ersten Weltkrieg fand der beinamputierte Oberleutnant 1918 kurzzeitig Verwendung im bayrischen Kriegsministerium. Der ehemalige Freikorpskämpfer war 1923 am "Marsch auf die Feldherrnhalle" beteiligt und wurde anschließend zu dreimonatiger Haft verurteilt. Seit 1924 betätigte sich der "Blutorden"-Träger als Journalist beim Völkischen Kurier, um 1927 als Chef vom Dienst zum Völkischen Beobachter zu wechseln. Am 17. August 1927 trat der spätere Inhaber des Goldenen Parteiabzeichens als Mitglied Nr. 71047 in die NSDAP ein. Beim Völkischen Beobachter leitete er ab 1932 die Zentralredaktion und übernahm 1938 als Nachfolger Alfred Rosenbergs die Hauptschriftleitung des Blattes. Der SA gehörte Wilhelm Weiß seit 1930 an und wurde am 9. November 1937 zum Obergruppenführer befördert.1 Den "Säuberungen" im Zuge der Röhm-Affare nur knapp entkommen, bemühte sich der "völlig verschüchterte" 2 SA-Führer, Goebbels' Wünsche in besonders eifriger und zuvorkommender Weise umzusetzen, ohne dabei eigenständiges Profil zu entwickeln. Auf Goebbels' Geheiß kümmerte sich Weiß sehr intensiv um die Reichspresseschule.3 Weiß übernahm persönlich die Auswahl des Lehrpersonals, setzte sich fur eine großzügige Finanzierung ein und mühte sich redlich, in Berufskreisen fur die Schule zu werben. Bei Problemen konsultierte er stets den Minister, um dessen Weisungen entgegenzunehmen 4 Da der RDP-Chef sein Amt nur ehrenamtlich bekleidete, mußte er die Abwicklung der Geschäfte seinen Hauptgeschäftsfuhrern überlassen. Nach Ablösung 1 Zu den biographischen Angaben vergi. BDC-Personalakte Wilhelm Weiß 2 Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 177 3 Von seinem Engagement zeugt ein Brief an Goebbels vom 28.08.1937, in dem Weiß darum bat, den Dozenten der RPS höhere Gehälter zahlen zu dürfen. Das Schreiben schloß mit der Passage: "Aus diesen meinen Worten wollen Sie bitte ersehen, wie sehr mir und damit dem Reichsverband der deutschen Presse gerade die Fragen der Reichspresseschule am Herzen liegen, und ich glaube auch weiterhin auf Ihre bisherige Mithilfe und Unterstützung rechnen zu dürfen", in: BDC-Personalakte Wilhelm Weiß 4 Vergi z.B. Tagebucheinträge vom 27.09.1935 und 12.12.1936, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, hrsg. von Elke Fröhlich, Teil 1 Band 2, a.a.O. Die Erweiterung des festen Lehrkörpers scheint beispielsweise auf Goebbels' Wunsch erfolgt zu sein. Am 12.12.1936 notierte der Minister in sein Tagebuch: "Mit Hptm. Weiß Frage Erziehung Pressenachwuchs. Da muß noch viel getan werden. Vor allem inbezug auf Lehrplan und Lehrkörper." Im Frühjahr 1937 stellte der RDP dann zwei zusätzliche Dozenten für die RPS ein

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Alfred Herrmanns, einem letzten Relikt des RDP aus Weimarer Zeit, verpflichtete Weiß am 1. Juni 1935 den SS-Hauptsturmfiihrer Wilhelm Ihde. Wilhelm Ihde, geboren am 29. August 1899 in Lüttich, hatte sechs Semester Volkswirtschaftslehre studiert. Er verließ die Kölner Universität ohne Examen und absolvierte eine Lehre als Im- und Exportkaufmann. Seit 1931 arbeitete der unstete Ihde als Journalist beim Westdeutschen Beobachter, bei der Volksparole, der Niedersächsischen Tageszeitung, dem Frankfurter Volksblatt und bei der Mitteldeutschen Nationalzeitung in Halle. Der NSDAP trat er im September 1930 als Mitglied Nr. 356772 bei, der SS gehörte Ihde ebenfalls seit Anfang der dreißiger Jahre an.1 An seiner neuen Wirkungsstätte entpuppte sich Ihde rasch als besonders brutaler Despot nationalsozialistischer Prägung. Die RDP-Mitarbeiterin Marie Matthies berichtete, der "cholerische und labile" NS-Fanatiker habe Kollegen in seiner "von humanen Regungen nicht belasteten Wesensart" ständig drangsaliert und durch Spitzel überwachen lassen.2 Die Ära Ihde war auch gekennzeichnet von permanenten Spannungen zwischen der RDP-Geschäftsstelle und dem ersten Leiter der Reichspresseschule, Wolf Meyer-Christian. Nur mit großen Schwierigkeiten konnte der RPS-Leiter den Anspruch Ihdes auf Mitsprache bei der Gestaltung der Lehrgänge abwehren. Unter Federführung des neuen Hauptgeschäftsfuhrers änderte der RDP seinen Geschäftsverteilungsplan, um die Reichspresseschule wirksamer einzubinden. Eines der vier geschaffenen Referate beschäftigte sich ausschließlich mit der "Bearbeitung aller Angelegenheiten der Reichspresseschule", die bis dahin nur als loser Appendix des Verbandes gefuhrt wurde. Die Aufsicht über das Referat führte der Goebbels-Vertraute und Hauptschriftleiter des "Angriff', Hans Schwarz van Berk. Er trug die offizielle Bezeichnung "Reichsschulungsleiter fur die deutsche Presse".3 Erst am 11. September 1935 wurden die Aufsichtsorgane der RPS genauer strukturiert. Im RDP-Rundschreiben Nr. 52 ordnete Weiß an: "Für die Ausbildung und Fortbildung der Schriftleiter wird gemäß § 25 des Schriftleitergesetzes eine Reichsschulungsleitung bestellt. Sie besteht aus dem von mir ernannten Reichsschulungsleiter und dem Verwaltungsrat." 4 1 Vergi. BDC-Personalakte Wilhelm Ihde 2 Vergi. Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 141 f 3 Vergi. Geschäftsverteilungsplan des Reichsverbandes vom 05.06.1935, in: BA R 103/1 4

RDP-Rundschreiben Nr. 52 vom 11.09.1935, in: Β A R 103/1. Natürlich hatte Weiß Hans Schwarz van Berk der Form nach ernannt, die eigentliche Entscheidung lag bei Goebbels

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Dem Verwaltungsrat kam allerdings nur dekorative Bedeutung bei. Seine Aufgaben definierte die Verordnung nur unpräzise als "Beratung des Leiters der RDP und des Reichsschulungsleiters in Fragen der Schulung." Zu diesem Zweck sollte das Gremium vor Einberufung jedes Lehrgangs zusammentreten.1 Bei diesen Zusammenkünften erhielt der Verwaltungsrat Einblick in die Lehrpläne der RPS und konnte "in Form von Anregungen und Vorschlägen dazu Stellung" nehmen. Ansonsten sollten hier "alle grundsätzlichen Fragen der Schulung und des Nachwuchses" behandelt werden.2 Die personelle Zusammensetzung des Verwaltungsrates legt den Schluß nahe, daß dieses Gremium vor allem den Zweck zu erfüllen hatte, mögliche Kritiker der Reichspresseschule schon im Vorfeld in das Schulungskonzept einzubinden. Denn neben der RDP-Spitze, vertreten durch Wilhelm Ihde und RDP-Justitiar Herbert Wawretzko, gehörten dem Verwaltungsrat zwei RDP-Landesverbandsleiter an, hochrangige Repräsentanten des RDZV und Dietrichs Stellvertreter aus der Reichspressestelle der NSDAP.3 Mit Adolf Dresler und Helmut Sündermann hatte RDP-Chef Weiß zwei NS-Funktionäre berufen, um die sich der Deutsche Zeitungswissenschaftliche Verband und Walther Heide bereits seit geraumer Zeit liebevoll bemühten, weil sich die Zeitungswissenschaft von ihnen großen Nutzen beim Poker um Ausbildungskompetenzen versprach. Wie überflüssig der Verwaltungsrat der Reichspresseschule eigentlich war, machte Ende April 1936 die Einrichtung einer zusätzlichen Instanz deutlich. Per Verfügung rief Weiß eine sogenannte Schulungsleitung ins Leben, die beim RDP auch als "Schulkollegium" bezeichnet wurde. In diesem dreiköpfigen Ausschuß saßen später die wirklichen Entscheidungsträger, deren Ernennung sich Weiß persönlich vorbehalten hatte. Zu den Aufgaben der Schulungsleitung zählte die Einberufung der Volontäre zu den Lehrgängen, die Festsetzung der Lehrgangstermine, die Aufstellung der Lehrpläne und die Dozentenauswahl. Zudem oblag der Schulungsleitung die laufende Überwachung der Lehrgänge und die Begutachtung der Schüler am 1 RDP-Rundschreiben Nr. 52 vom 11.09.1935, in: BA R 103/1 2 RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: BA R 103/2 3 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 21 vom 13.03.1936. Dem Verwaltungsrat gehörten an: Wilhelm Ihde und als Stellvertreter Herbert Wawretzko fur den RDP, Edgar Brinkmann und als Stellvertreter Rolf Rienhardt fur den Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger, Fritz Lücke und als Stellvertreter Karl Börner fur die Dozentenschaft der RPS, Karoly Kampmann und als Stellvertreter Peter Winkelnkämper fur die Landesverbände des RDP, Adolf Dresler und als Stellvertreter Helmut Sündermann für die Reichspressestelle der NSDAP sowie ein Oberbannfuhrer Fischer "von der Jugendpresse"

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Ende eines jeden Kurses.1 Den Mitgliedern der Schulungsleitung war jeweils ein "besonderes Ressort" zugewiesen. Das zuständige Mitglied für "Charakterschulung" hatte sich um die "innere und äußere Disziplin" der Schüler zu kümmern, der Aufseher über die "politische Schulung" hatte festzustellen, ob denn auch die "weltanschaulichen Grundlagen der Presseschüler" gesichert waren. Und dem dritten Mitglied unterstand das Ressort "journalistische Schulung", also die eigentliche Überwachung des Lehrbetriebes. Auch für die Auswahl der Klausurthemen für die seit Mitte 1936 eingeführten Prüflingen vor dem Besuch der RPS war die Schulungsleitung verantwortlich. Deren Vorbereitung lag allerdings in Händen des Leiters der Reichspresseschule. 2 Bis zur Einrichtung der Schulungsleitung bekleidete der Reichsschulungsleiter die mächtigste Funktion unter allen Aufsichtsorganen. Und diesen Posten hatte Goebbels seinem Protege Hans Schwarz van Berk zugeschanzt 3 , nach dem Urteil seiner Zeitgenossen "der einzige wirklich begabte Journalist, den die Nationalsozialisten besaßen".4 Schwarz van Berk gehörte zusammen mit Wolf MeyerChristian zu den Schlüsselfiguren, die für Konzeption und Gründung der Reichspresseschule verantwortlich waren. Hans Schwarz, geboren am 7. August 1902 in Wermelskirchen, studierte an den Universitäten Leipzig, München und Köln Geschichte und Zeitungswissenschaft. Er brach das Studium 1927 ab, weil er sich von der akademischen Ausbildung kernen Nutzen für seine journalistischen Ambitionen versprach. Ende 1933 änderte Schwarz, er blieb zeitlebens auf Individualität bedacht, seinen Namen. Der Journalist ergänzte seinen wenig markanten Familiennamen durch eine vereinfachte Fassung des Mädchennamens seiner Großmutter und bezeichnete sich fortan als Hans Schwarz van Berk.5 1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: BA R 103/2 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: BA R 103/2 3 Am 01.12.1934 meldete die "DeutschePresse" die Bestallung Hans Schwarz van Berks zum "Reichsschulungsleiter der deutschen Presse". Vergi Meldung "Reichspresseschule", in: DP Nr. 48/1934, Seite 12 4 Margret Boveri: Wir lügen alle, a.a.O., Seite 9 f Vergi, dazu auch Ursula von Kardorff: Berliner Aufzeichnungen, München 1962, Seite 9 f 5 Vergi. SS-Ahnentafel in BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk. Seine Großmutter väterlicherseits war eine geborene Johanna van Berck

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Im Jahr 1930 wurde er Chefredakteur der Pommerschen Tagespost. Zwei Jahre später gründete er das NSDAP-Parteiorgan Pommersche Zeitung und übernahm auch hier die Hauptschriftleitung.1 Der nationalistischen Bewegung früh durch Freikorps und "Stahlhelm" verbunden, schloß sich Schwarz van Berk in den zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre dem Kreis um Otto Strasser an.2 Der junge Journalist, dessen Weltbild sich aus einer eigenwilligen Mischung von Nationalismus, Preußentum und stark sozialistisch geprägten Komponenten zusammensetzte, lehnte sich gedanklich eng an die Ideen des Kulturkritikers und Geschichtsphilosophen Moeller van den Bruck an. Als Herausgeber dessen programmatischer Schriften schrieb Hans Schwarz im Vorwort zu "Das dritte Reich": "Für alle Suchenden... hat das 'dritte Reich' eine legendarische Kraft... Wer sich jung und stark genug... fühlt, wird sich Moellers Buch vornehmen und sich und seine Umwelt neu- und umdenken lernen." 3 Wie Moeller träumte Schwarz van Berk von der "Idee eines neuen konservativen Sozialismus" 4, "einem neuen deutschen Typus" 5 und von der Erziehung einer jungen Führerelite, unter deren Anleitung das Volk zur nationalen "Revolution" gefuhrt werden sollte. 6 Schwarz van Berks ganze Verachtung galt dagegen der "Reaktion", den "alten Menschen", die sich "immer wieder mit einem nationalsozialistischen Lippenbekenntnis an das Ruder zu bringen suchten".7 Zur Bildung einer revolutionären Elite schrieb Moeller: "Die Menschheit hat sich sehr viele Aufgaben gestellt, die sie nicht lösen konnte, weil die Männer nicht da waren, die sie lösten... Es gibt nur einzelne große und zusammenfassende 1 Zu Schwarz van Berks journalistischer Tätigkeit vor 1933 vergi. Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP, a.a.O., Seite 236 ff. Die von Krebs auf Seite 238 geäußerte Einschätzung, Schwarz van Berk habe dann im Dritten Reich nicht die Rolle gespielt, die "seinem Können und seiner Klugheit angemessen gewesen wäre", kann nicht geteilt werden 2 Vergi. Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP. Erinnerungen an die Frühzeit der Partei, Stuttgart 1959, Seite 236 f 3 Vorwort zur dritten Auflage von Hans Schwarz, in: Moeller van den Bruck: Das dritte Reich, hrsg. von Hans Schwarz, Hamburg 1931, Seite 9 4 Ebenda, Seite 11. Zu den geistigen Vätern des Dritten Reiches zählten für Schwarz van Berk Hölderlin, Friedrich List und eben der über alles verehrte Moeller van den Bruck, vergi. Hans Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, Breslau 1934, Seite 81 5 Nachwort zur dritten Auflage von Hans Schwarz, in: Moeller van den Bruck: Das dritte Reich, hrsg. von Hans Schwarz, a.a.O., Seite 246 6 Moeller van den Bruck: Der politische Mensch, Breslau 1933, Seite 81 ff 7 Vorwort von Hans Schwarz, in: Moeller van den Bruck: Der politische Mensch, hrsg. von Hans Schwarz, Breslau 1933, Seite 6

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Momente. Und diese Momente haben zum Träger niemals eine Masse, die sie gleichmäßig treibt, sondern immer den Menschen der in ihr einmalig und erstmalig ist... Wir müssen zunächst einmal die Menschen haben, die unser Schicksal ändern werden. Es bleibt uns keine Hoffnung als die, welche sich auf eine Generation gründet, die nicht mehr mit einer Schuld an unserem Schicksal beladen ist. Diese Generation lebt bereits mitten unter uns." 1 Schwarz van Berk, der sein Elitebewußsein zum Teil pathetisch und schwärmerisch spazieren führte 2, war geradezu von der Vorstellung besessen, er sei zur Mitwirkung an der Schaffung des neuen Menschen ausersehen, der die nationalsozialistische Revolution vollenden sollte.3 Die Vorstellungen Moeller van den Brucks sollten nach seinem Willen später in das Konzept der Reichspresseschule einfließen. Erst am 1. September 1930 trat Hans Schwarz van Berk dann der NSDAP als Mitglied Nr. 312753 bei. Doch bereits lange vor seinem Eintritt hatte er sich fur Ziele der Partei engagiert. Seit dem "Ruhrkampf konnte er stolz vier Monate Gefängnis "im Kampfe fur die Bewegung" vorweisen. 4 Goebbels imponierte der intelligente und sendungsbewußte Journalist,5 der zudem so ganz dem Bild entsprach, das die offizielle Propaganda vom Typ des deutschen "Herrenmenschen" zeichnete.6 Im Jahr 1934 berief ihn der Propagandaminister zum Chefredakteur 1 Moeller van den Bruck: Der politische Mensch, hrsg. von Hans Schwarz, a.a.O., Seite 82 if 2 Vergi, dazu seine etwas überdrehten Gedichte in Hans Schwarz: Du und Deutschland, Breslau 1933. 3 Vergi. Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, Breslau 1934. Auf Seite 20 heißt es: "Unser Umsturz ist nicht die Ablösung eines Standes durch einen anderen, sondern die Auslese aller Stände." 4 Vergi. BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 5 Vergi. Goebbels Tagebucheintrag vom 27.07.1935: "Schwarz van Berk da... Kluger Junge." Siehe auch Tagebucheintrag vom 21.06.1936: "Dann den ganzen Tag auf dem Boot. Dort mit d'Alquen und Schwarz van Berk Partei- und Kulturfragen. Sie sind beide sehr klug", in. Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 2, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 6 Sein SS-Personalbericht verzeichnet folgende Beurteilung: " ALLGEMEINE ÄUSSERE BEURTEILUNG: 1. rassisches Gesamtbild: vorwiegend nordisch... 3. Auftreten und Benehmen in und außer Dienst: sehr gut und korrekt... CHARAKTEREIGENSCHAFTEN: 1. allgemeine Charaktereigenschaften: überlegen und ausgeglichen... 4. Willenskraft und persönliche Härte: nachhaltig und gefestigt... 6. Lebensauffassung und Urteilsvermögen: klar und eindeutig... WELTANSCHAUUNG: 1. eigenes Wissen: alter Parteigenosse. .. 3. Einstellung zur nat.-soz. Weltanschauung: klar und positiv", in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk

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des "Angriff'. Schwarz van Berk, von Goebbels auch zum Beisitzer des Pressegerichtshofes und zum Mitglied des Reichskultursenats ernannt, erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen und konnte die Akzeptanz des zuvor stagnierenden Blattes erheblich steigern.' Seine starke Stellung, auch als Reichsschulungsleiter der Reichspresseschule, basierte in erster Linie auf dem uneingeschränkten Vertrauen, daß Goebbels seinem Paradejournalisten entgegenbrachte. Obwohl sich Schwarz van Berk mit seinen Vorstellungen nicht immer beim Minister durchsetzen konnte2, war das Verhältnis geprägt von Respekt und der beiderseitig tief verwurzelten Überzeugung, dem intelligenteren Teil der Partei anzugehören. Auf Seiten Schwarz van Berks spielte dabei auch eine gehörige Spur Opportunismus mit. Goebbels' Protektion verschaffte ihm bei seinen Vorhaben die nötigen Freiräume. Und bei gefährlichen Auseinandersetzungen mit einflußreichen Widersachern in Partei und Staat deckte der Minister nicht nur seine forsche Art, sondern half sogar, Schwarz van Berks Gegner ans Messer zu liefern. Der Regierungsrat Hans Rechenberg aus der Pressestelle des Preußischen Staatsministeriums mußte diese Erfahrung machen, als er sich mit Goebbels' Musterjournalisten anlegte. In Berlin existierte Mitte der dreißiger Jahre das Kabarett "Die Katakombe". Unter der Leitung Werner Fincks setzte sich das Programm mutig mit den alltäglichen Absurditäten des Regimes auseinander. Die Mischung aus versteckter Kritik und hintergründigem Humor, den offiziellen Aufpassern in Partei und Staat schon immer ein Dorn im Auge, lockte ein bunt gemischtes Publikum an. Auch Hans Schwarz van Berk und der Leiter der Reichspresseschule, Wolf Meyer-Christian, amüsierten sich hier köstlich auf Kosten der eigenen Weltanschauung. Meyer-Christian forderte Werner Finck schriftlich auf, den Schülern der Reichspresseschule "Unterricht über deutschen Humor zu erteilen".3 Und der Reichsschulungsleiter schrieb den Kabarettisten im Dezember 1 Eine Sammlung seiner besten Artikel für den "Angriff" veröffentlichte Schwarz van Berk in: Die Stunde diktiert, Hamburg 1935 2 Ein zaghafter Versuch Schwarz van Berks, Goebbels angesichts der Misere der deutschen Presse zum Gespräch mit den Journalisten zu bewegen, scheiterte an dessen mangelnder Einsichtsfähigkeit. Goebbels quittierte den Vorschlag mit den Worten: "Ich lehne das ab. Sie müssen arbeiten und gehorchen." Vergi. Tagebucheintrag vom

12.06.1937, in: Die

Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 3 Zitiert aus einem Brief des Rechtsanwaltes der "Katakombe" an die Gestapo Berlin vom 12.05.1935, abgedruckt bei Helmut Heiber: Die Katakombe wird geschlossen, MünchenBern-Wien 1966, Seite 48

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1934 ins Gästebuch: "Gefährlich oder ungefährlich - weitermachen!".1 Später wurde sogar erwogen, die RPS-Schiiler die "Katakombe" "dienstlich" besuchen zu lassen.2 Das wenig souveräne System war dem Humor Finckscher Prägung nicht gewachsen. Am 10. Mai 1935 schloß die Gestapo das Etablissement wegen "staatsfeindlicher" Umtriebe.3 Und plötzlich vollzog sich bei Hans Schwarz van Berk eine wundersame Wandlung einstiger Ansichten. Am 28. Mai 1935 schrieb er im "Angriff': "Wir haben in diesem Winter einmal die Katakombe besucht und dann Abschied von ihr genommen. Denn wir sahen nicht nur, daß dort in der Hauptsache ein ganz bestimmtes Publikum zusammengekommen war, das unter sich sein wollte, und mit spitzfindigem Witz, mit Witzeleien, mit Anzüglichkeiten, mit Zwei-, Drei- und Vierdeutigkeiten sich selbst auf den Brettern der Zeit feiern wollte, wir fanden, daß überhaupt die Zeit für diese Art von halbliterarischer und halbpolitischer Abendunterhaltung vorbei ist." 4 In der Tat war Schwarz van Berks Verhalten höchst widersprüchlich. Möglicherweise wäre dies nicht aufgefallen, wenn nicht der Rechtsanwalt der "Katakombe" gerade Schwarz van Berks Eintragung im Gästebuch zur Entlastung seiner Mandanten herangezogen hätte. Der Anwalt verteidigte das Kabarett in einem Schriftsatz an das Geheime Staatspolizeiamt in Berlin, selbst der Chefredakteur des "Angriff' habe durch seine Notiz "den Künstlern der Katakombe zu verstehen gegeben, daß er gegen die Art ihres Vortrages nichts einzuwenden habe." 5

1 Zitiert aus Brief des NSDAP-Gaugerichts Groß-Berlin an das Oberste Parteigericht in München vom 22.04.1936, in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 2 Eine Nummer im Programm trug den Titel: "Schriftleiter, wie sie nicht sein sollen", vergi, das Frühjahrsprogramm der "Katakombe", abgedruckt bei Helmut Heiber: Die Katakombe wird geschlossen, München-Bern-Wien 1966, Seite 73 3 Vergi. Brief Heydrich/Gestapo an RMVuP vom 14.05.1935, abgedruckt bei Helmut Heiber: Die Katakombe wird geschlossen, München-Bern-Wien 1966, Seite 49 4 Hans Schwarz van Berk: Die Katakombe. Nachruf für die politische Boheme", zitiert nach einem Schreiben des NSDAP-Gaugerichts an das Oberste Parteigericht München vom 22.04.1936, in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 5 Schreiben des Rechtsanwaltes Eberhardt Nitschke an das Geheime Staatspolizeiamt vom 12.05.1935, abgedruckt bei Helmut Heiber: Die Katakombe wird geschlossen, MünchenBern-Wien 1966, Seite 48

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Diese Informationen wurden Rechenberg von der Gestapo zugespielt. Daraufhin bezeichnete er Schwarz van Berk vor Journalisten als "charakterlosen Lumpen" und beantragte die Einleitung eines Parteiverfahrens gegen seinen Parteigenossen.1 Nach längerer Verhandlung stellte das NSDAP-Gaugericht "schweres parteischädigendes Verhalten" 2 fest. Es sprach dem Journalisten eine "Verwarnung" aus, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, man habe Schwarz van Berk wegen seiner "Verdienste um die Bewegung noch sehr milde beurteilt". Doch dessen Glaubwürdigkeit war dahin. Der sonst so souveräne Schwarz van Berk schien sich in eine aussichtslose Lage manövriert zu haben. Die Fakten sprachen eindeutig gegen ihn. Diesmal halfen dem Journalisten auch noch so glänzend formulierte Sophistereien nicht aus der Bedrängnis. Nun ließ Schutzherr Goebbels seine Beziehungen spielen. Er schrieb an den Vorsitzenden des Obersten Parteigerichts der NSDAP, den "lieben Parteigenossen Buch": "Rechenberg hat... ihm in seiner dienstlichen Eigenschaft als Beamter zur Kenntnis gekommene Vorgänge... zur Provokation eines Skandals und zu schweren Beleidigungen benutzt. Das Verhalten Rechenbergs richtet sich von selbst." 3 Um Schwarz van Berk zu schützen, trug Goebbels den Fall sogar bei Hitler vor. Am 23. April 1936 konnte er zufrieden in sein Tagebuch notieren: "Führer billigt mein Verhalten bezgl. Schwarz van Berk." 4 Goebbels' Schützling kam noch einmal mit einem blauen Auge davon. Das Oberste Parteigericht in München wandelte die vom Gaugericht Groß-Berlin verhängte "Verwarnung" in einen "Verweis" um.5 Doch anstatt die Affare der 1 Vergi. Urteilsbegründung des Obersten Parteigerichts vom 26.06.1936, in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 2 Schreiben

des Gaugerichtes

Groß-Berlin

an Oberstes

Parteigericht

München

vom

22.04.1936, in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk. Die NSDAP-Richter schrieben: "Von einem Nationalsozialisten muß verlangt werden, daß er immer die ihm durch die Bewegung vorgeschriebene gerade Linie innehält" 3 Schreiben Goebbels' an Buch vom 23.04.1936, abgedruckt bei Joseph Wulf: Presse und Funk im Dritten Reich, Gütersloh 1964, Seite 129 4 Goebbels' Tagebucheintrag vom 23. April 1936, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 2, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 5 Vergi. Urteil vom 26.06.1936. In der Urteilsbegründung der Parteirichter hieß es: "Die beantragte Verwarnung war jedoch als eine zu harte Bestrafung und ein Verweis als ausreichend anzusehen, um den Angeklagten in Zukunft an die notwendige Gewissenhaftigkeit zu mahnen" in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk

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Vergessenheit anheimzugeben, ließen Schwarz van Berk und Goebbels nun ihrerseits über einen Mittelsmann1 beim NSDAP-Gaugericht Klage wegen übler Nachrede gegen Rechenberg einreichen. Das Verfahren verlief letztlich allerdings im Sande. Das NSDAP-Gaugericht Groß-Berlin traute sich nicht so recht, aufgrund der schwachen Beweislage ein Ermittlungsverfahren gegen Rechenberg einzuleiten.2 Schließlich war dieser ein enger Mitarbeiter Görings. Im Kompetenzbereich des Propagandaministers durfte Schwarz van Berk hingegen nach Belieben schalten und walten, ob er sich süffisant über unfähige Pressestellen mokierte3 oder mit hohen Beamten im RMVuP anlegte.4 Sein direkter Zugang zu Goebbels ließ mögliche Kritiker, einschließlich des RDPChefs Wilhelm Weiß, vor offener Konfrontation zurückschrecken. Nachdem sich die Reichspresseschule etabliert hatte und in den Ablauf der Lehrgänge eine gewisse Routine eingekehrt war, verlor Schwarz van Berk jegliches Interesse an seinem Ehrenamt als Reichsschulungsleiter. Zudem war das Verhältnis zu Wilhelm Weiß durch ständige Kompetenzstreitigkeiten derart gestört, daß eine weitere Zusammenarbeit wohl für beide Seiten kaum noch 1 Den Part übernahm der stellvertretende Gauleiter Görlitzer 2 Vergi. Schreiben des Gaugerichtes Groß-Berlin an Oberstes Parteigericht München vom 10.09.1936, in: BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 3 Im Angriff schrieb er beispielsweise: "Hatten wir den fröhlichen Einfall, beim Zahnärztekongreß von einem Karikaturisten ein Bild zeichnen zu lassen... und sah man dann, wie die Herren im Frack mit ihren infernalischen Bohrern... sich an Schüsseln und Platten machten, aber auch damit in die Rippen oder in den Popo bohrten, so protestierte pünklich ein Herr, der innerhalb der Zahnärzteschaft mit der Verfolgung der Presse beauftragt ist... Gut, ein Mensch ist heute organisiert. Soll man darum aber jedesmal, wenn er etwas falsch macht oder merkwürdig erledigt, still und stumm bleiben,... weil nun im Hintergrund auf dem Hochsitz einer hohen Organisation jemand sitzt, der sein Amt als einen Aufpaßposten betrachtet", Schwarz van Berk: Die Eingeschnappten, zitiert nach ZV Nr. 12/1937, Seite 183 4 Vergi. z.B. die Auseinandersetzung Schwarz van Berks mit dem Reichsintendanten des deutschen Rundfunks, Heinrich Glasmeier. Schwarz van Berk plante eine Sendereihe im Rundfunk, um im relativ neuen Medium neue Propagandastrategien zu erproben. Die notwendigen Mittel sollte die Reichs-RundfUnk-Gesellschaft bereitstellen. Glasmeier, den Schwarz van Berk wegen des Vorhabens nicht konsultiert hatte und dem er auch kein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Sendungen einräumte, legte sich quer. Schwarz van Berk beschwerte sich direkt bei Goebbels, Glasmeier behandele ihn "hohnvoll und unverschämt", die Angelegenheit sei ein "Skandal". Daraufhin ließ Goebbels den Intendanten umgehend zur Ordnung rufen. Vergi. Schriftwechsel in BA R 55/225 Fol. 50-82

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zumutbar war. 1 U n d schließlich existierte da immer noch die Affäre um die "Katakombe", die in weiten Teilen des Apparates und im "Berufsstand" trotz Goebbels' Hilfe noch nicht ganz vergessen war. D e r ohnehin etwas sprunghafte Journalist kündigte seine gut dotierte Stellung beim "Angriff", verabschiedete sich bei Goebbels 2 und ging auf Weltreise. Zur Finanzierung der Spesen übernahm Schwarz van Berk den Posten des "internationalen Reporters" für die NS-Presse, der nach dem T o d e Roland Strunks frei geworden war. 3 Kurz vor d e m Überfall auf Polen, die Vorboten des Krieges waren bereits sichtbar, kehrte der Starjournalist zurück ins Reich. Er intensivierte seine guten Kontakte zum Propagandaminister und durfte sich seit D e z e m b e r 1939 unter dem D a c h des R M V u P um Auslandspropaganda kümmern. 4 D a s "Büro Schwarz van

Berk" unterstand

Goebbels

direkt und arbeitete

zu

dessen

vollster

Zufriedenheit. 5 A l s enger Mitarbeiter des Ministers nahm Schwarz van Berk seit Kriegsbeginn auch an den Konferenzen im R M V u P teil, ohne in die Ministerialbürokratie ein1 Vergi. z.B. Goebbels' Tagebucheintrag vom 11.12.1935: "Hptm. Weiß bringt Klage gegen Schwarz van Berk. Aber unberechtigt. Nur dumme Schnüffeleien." Siehe auch Tagebucheintrag vom 19.06.1936: "Schwarz van Berk berichtet über Presseschule. Es geht da schon besser. Gegen ihn wird mit wenig noblen Mitteln intrigiert", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 2, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 2 Tagebucheintrag vom 19.10.1937: "Schwarz van Berk verabschiedet sich vor seiner j ä h r i gen Weltreise. Ein netter Junge. Er fährt mit Kind und Kegel. Vor allem Afrika und Asien. Viel Glück!", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich. Aus den geplanten vier Jahren wurden nicht mal zwei, der Krieg brachte die Reisepläne durcheinander 3 Der Auslandsreporter Roland Strunk, der auch als Referent fur die RPS tätig war, wurde im Rahmen einer peinlichen Auseinandersetzung um seine Ehefrau von einem HJ-Führer im Duell getötet. Vergi. Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 176 4 Zu Schwarz van Berks Projekt vergi. Willi A. Boelcke: Kriegspropaganda 1939-1941, Stuttgart 1966, Seite 110 ff. Siehe auch Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 197 ff 5 Vergi. z.B. Goebbels' Tagebucheintrag vom 07.03.1940: "Er ist ein kluger Junge und hilft uns viel", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 4, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. Zum "Büro Schwarz van Berk" vergi, auch Willi A. Boelcke: Kriegspropaganda 1939-1941, Stuttgart 1966, Seite 110 f

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gebunden zu sein.' Immer wieder verließ Schwarz van Berk seinen Schreibtisch, um das auf ihn faszinierend wirkende Kriegsgeschehen aus nächster Nähe zu verfolgen. Zu diesem Zweck trat er am 9. September 1939 als Kriegsberichterstatter in die Waffen-SS ein und ließ seit dem Überfall auf Polen kaum einen größeren "Feldzug" aus. Nach kurzer Zeit wurde er Mitglied der "SS-Kriegsberichterabteilung" unter Führung Gunter d'Alquens.2 Der ideologische Überbau und die Riten der SS zogen ihn magisch an. Schon 1934 hatte er von einem Orden geträumt, in dem sich "eine enge Gemeinschaft von Männern,... auf Gedeih und Verderb verbunden, mit strengen Gesetzen der Zucht, mit ehrwürdigen Symbolen eine politische Lebensaufgabe" stellen.3 Selbst mit der perversen und wenig geistreichen Rasse-Ideologie der SS konnte er sich blendend arrangieren. Mochte er vielleicht auch deren Vemichtungsstrategien in Polen nicht im vollen Umfang verteidigen,4 so war er doch schon zu Beginn des Dritten Reiches der Meinung, alle für ihn so positiven Tugenden seien "Ergebnis einer bestimmten Rasse, einer besonderen Rassezusammensetzung... Völker sind Blutsgemeinschaften... Aber nicht alle jene Quellen geben den besonderen Saft her, der fur das Wachsen der Staatsfähigkeit nötig ist".5 Dank exzellenter Beurteilungen brachte es Schwarz van Berk bis 1945 zum SSObersturmführer bei der SS-Standarte "Kurt Eggers".6 Und bis in die letzten Tage des Krieges arbeitete er noch für Goebbels' große Propagandahofthung "Das Reich", dessen Redaktion er bereits seit Herbst 1940 verbunden war. Nach dem Untergang des Dritten Reiches entsagte Schwarz van Berk dem Journalismus völlig und verdiente sein Geld mit kommerzieller Werbimg.7 1 Vergi. Liste der Konferenzteilnehmer bei Willi A. Boelcke: Kriegspropaganda 1939-1941, a.a.O., Seite 208 2 Vergi. BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 3 Hans Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, Breslau 1934, Seite 15 4 Goebbels notierte am 25.04.1940 zum deutschen Terror in Skandinavien : "Mit Polen natürlich nicht zu vergleichen. Darum sind hier auch andere Methoden am Platze. Aber nicht so weichlich, wie Schwarz van Berk vorschlägt", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 4, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 5 Hans Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, a.a.O., Seite 20 6 Vergi. BDC-Personalakte Hans Schwarz van Berk 7 Zur Vita Schwarz van Berks und seinen journalistischen Qualitäten vergi, auch Erika Martens: Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime. Zum Beispiel Das Reich, a.a.O., Seite 112 ff

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Das Amt des Reichsschulungsleiters wurde nach Schwarz van Berks Ausscheiden nicht mehr besetzt. Die Aufsicht fiel nun eher zufällig Karoly Kampmann zu, den Wilhelm Weiß am 9. Oktober 1935 zum Vorsitzenden der Schulungsleitung ernannt hatte. Karoly Kampmann, geboren am 13. Februar 1902 in Budapest, war mit dieser Position hoffnungslos überfordert. Ihm fehlte die journalistische Brillanz, der unbedingte Ehrgeiz und das Durchsetzungsvermögen seines Vorgängers. Kampmanns journalistische Laufbahn begann erst spät. Seine Berufswahl war wohl auch mehr aus der Not heraus geboren. Ein Jurastudium hatte er frühzeitig abgebrochen, um im väterlichen Exportgeschäft auszuhelfen. Am 1. April 1930 trat Kampmann als Mitglied Nr. 226599 in die NSDAP ein. Und durch diverse Tätigkeiten fur seine Partei sicherte er sich in der Folgezeit das tägliche Brot. Kampmann begann seine Karriere als Blockwart, nach kurzer Zeit ernannte man ihn zum Propagandaleiter und "Kulturwart" der Sektion Gneisenau.1 Seit dem 29. März 1932 gehörte er sogar der NS-Fraktion des Preußischen Landtages an. Von April 1931 an betätigte sich Kampmann als "eifriger Mitarbeiter" 2 beim "Angriff' und einigen andere NS-Zeitungen. Nur aus Mangel an Alternativen bestimmte Goebbels den Eifrigen am 1. Januar 1933 zum Chefredakteur des "Angriff'. In sein Tagebuch notierte der Berliner Gauleiter: "Ich ernenne Kampmann zum Chefredakteur. Keine ideale Lösung, aber immerhin besser als Lippert." 3 Schon im März 1934 löste Goebbels ihn dann wieder ab. Kampmann fand anschließend Unterschlupf beim "Deutschen Schnelldienst" des DNB und machte sich ehrenamtlich als Pressechef des Reichsarbeitsdienstes nützlich. Weil die NSDAP in ihren Reihen nur über wenige qualifizierte Journalisten verfugte, ernannte Wilhelm Weiß Kampmann am 30. November 1933 zum Leiter des RDP-Landesverbandes Berlin. Diesem Amt widmete er sich mit Leidenschaft. Nach fünfjähriger Tätigkeit resümierte Kampmann vor erstaunten Berliner Journalisten, seine Haupttätigkeit habe die Bearbeitung von 13.000 Anträgen zur Aufnahme in den RDP ausgemacht: "Ich habe mich vor der Ver1 Vergi. Lebenslauf Karoly Kampmann, in: Β A R 103/175. Siehe auch BDC-Personalakte Karoly Kampmann 2 Diese wenig schmeichelhafte Formulierung stammt aus einer Kurzbiographie in DP Nr. 48/1935, Seite 617 3 Tagebucheintrag vom 11.12.1932, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 2, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O.

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antwortung nicht gescheut und bearbeite alle Anträge allein." 1 Goebbels wußte wohl, daß der Vorsitz der Schulungsleitung mit Kampmann nicht gerade glücklich besetzt war. Am 19. März 1937 notierte der Minister in sein Tagebuch: "Kampmann berichtet über seine Arbeit. Ein guter, treuer Junge, aber leider ein bißchen dumm." 2 Doch mittlerweile schien der Propagandaminister das große Interesse an der Reichspresseschule verloren zu haben. Das Projekt lief in relativ geordneten Bahnen, da konnte nach seiner Ansicht auch ein Kampmann nicht mehr viel Schaden anrichten. Zumal dieser sich aufgrund seiner vielen Pöstchen kaum um die alltägliche Arbeit kümmern konnte.3 Die Verwaltung der Reichspresseschule fiel nun in zunehmendem Maß dem vielbeschäftigten Hauptgeschäftsfiihrer des Reichsverbandes zur Last. Mit Hans Henningsen, der den Ideologen Wilhelm Ihde4 am 15. Mai 1937 ablöste, hatte Weiß einen Verwaltungschef eingestellt, der in erster Linie technokratisch an seine Aufgaben heranging. Hans Henningsen, geboren am 25. März 1898 in Hamburg, studierte bis 1922 Rechts- und Staatswissenschaften in Hamburg, Würzburg und Tübingen, wo er am 3. August 1922 mit einer Arbeit zur Rolle des "Nord-Ostsee-Kanals im Friedensvertrag von Versailles" zum Dr.rer.pol. promovierte. Sechs Jahre lang arbeitete Henningsen als freier Journalist und Wirtschaftsredakteur bei der Magdeburgischen und der Halleschen Zeitung, bis er 1928 als Dozent an die Nationalpolitische Hochschule nach Hamburg berufen wurde. Nach einem Jahr wechselte er als Ressortchef in die politische Redaktion der Düsseldorfer Nachrichten.

1 W.Z.: Eine gewaltige Arbeit mußte geleistet werden. Landesverbandsleiter Kampmann sprach vor den Berliner Sportschriftleitern, in: DP Nr. 25/1938, Seite 484 2 Tagebucheintrag vom 19.03.1937, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 3 Neben seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten beim RDP und beim Reichsarbeitsdienst machte sich der emsige Kampmann noch als Mitglied der Filmoberprüfstelle und in der Reichsarbeitskammer unentbehrlich. Vergi. LebenslaufKaroly Kampmann, in: B A R 103/175 4 Wilhelm Ihde wechselte vom RDP als Geschäftsführer zur Reichsschrifttumskammer. Die neuen Vorgesetzten sollten seine Einstellung schon bald bedauern. Ihde erwies sich als "egozentrischer Charakter", hielt sich nicht an seine Dienstzeiten und veruntreute zuletzt gar Kammergelder. Der Präsident der Reichsschriftumskammer, Hanns Johst, entließ Ihde noch kurz vor Kriegsende und erwirkte bei Himmler Ihdes Rauswurf aus der SS, vergi. BDCPersonalakte Wilhelm Ihde

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Henningsen trat am 1. Dezember 1931 als Mitglied Nr. 863826 in die NSDAP ein, im Jahr 1933 war er hauptberuflich als Gaupressechef der NS-Gauleitung Düsseldorf tätig. Von 1934 bis zu seiner Ernennung zum RDP-Hauptgeschäftsfìihrer führte Henningsen die Chefredaktion der "Harburger Anzeigen und Nachrichten" sowie der NS-Gauzeitung "Der Mitteldeutsche".1 Seit Oktober 1935 fungierte er zusätzlich als Leiter des RDP-Landesverbandes Mitteldeutschland. Henningsens Engagement für die Reichspresseschule beschränkte sich weitgehend auf die Wahrung finanzieller Belange. Zwar kam es bei der Verwaltung der Schule des öfteren zu kleineren Kompetenzstreitigkeiten mit dem RPS-Leiter. Doch im Gegensatz zu seinem Vorgänger Wilhelm Ihde war Henningsen an größerem Einfluß auf den Lehrbetrieb nicht interessiert. RDP-Chef Wilhelm Weiß kündigte seinem Hauptgeschäftsführer, der angeblich zu "alkoholischen Exzessen" neigte2, noch kurz vor Kriegsende zum 31. Dezember 1944.3 Die Liquidierung des Reichsverbandes übernahm die zur kommissarischen Geschäftsführerin bestimmte Diplom-Volkswirtin Dr. Gertrud Hoffmann, die seit Ende 1940 das Referat "Berufsliste" geführt hatte. Sie leitete bis April 1945 die Ausweichstelle des RDP in Ingolstadt und übergab die kläglichen Überreste des Verbandes den vorrückenden amerikanischen Truppen.4

1 Vergi. Lebenslauf Henningsen in BDC-Personalakte Hans Henningsen 2 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache, a.a.O., Seite 143 3 Vergi. Aktennotiz von Wilhelm Weiß vom 02.08.1944, Personalnachweis Hans Henningsen, in: B A R 103/185 4 Vergi. Schreiben von Gertrud Hoffmann an den Verf. vom 23.05.1988. Gertrud Hoffmann war bereits früh für den Reichsverband tätig, sie trat am 01.10.1934 als Geschäftsführerin des Landesverbandes Sachsen in die Dienste des RDP

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7.3. Teurer Nachwuchs Die Finanzierung der Reichspresseschule "Alles kommt darauf an, die junge journalistische Generation nach einem einfachen, aber zielbewußten Plan auszubilden... Wir wollen, daß die deutsche Presse von morgen nur noch von nationalsozialistischen Schriftleitern gemacht wird... Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß es später einmal heißt, auch in der deutschen Presse hat eine große Zeit ein Geschlecht hervorgebracht, das ihrer würdig ist." 1 Während Wilhelm Weiß bereits kräftig am eigenen Denkmal bastelte, verursachte die so emphatisch beschworene Vision vom neuen deutschen Journalisten zunächst einmal ganz profane Kosten. Die Frage der Finanzierung der Reichspresseschule spielte bei ihrer Gründung eine eher untergeordnete Rolle. Die Initiatoren verstanden sich schließlich nicht als Buchhalter. Doch wie schon die römische Journalistenschule sollte auch die Reichspresseschule am Ende an nie gelösten Etatproblemen scheitern. In den ersten Jahren konnten die Verantwortlichen allerdings im Unterschied zu ihren italienischen Kollegen aus dem vollen schöpfen. Und das taten sie auch. Für Wolf Meyer-Christian und Hans Schwarz van Berk war nur das Beste gerade gut genug, um den Nachwuchs "standesgemäß" zu betreuen. Nachdem der Etat der Reichspresseschule bereits vor der ersten Lektion durch Gehaltszahlungen, Reisespesen und eine Umzugsvergütung für den ersten Schulleiter mit etwa 5.000 Reichsmark belastet worden war, verschlang allein die Veranstaltung des ersten Lehrgangs üppige 45.000 Reichsmark. Bei Zahlen dieser Größenordnung hoffte man wohl, die Haushaltsabteilung des RMVuP werde sich wegen läppischer 1.700 RM nicht echauffieren. Genau dieser Betrag war zunächst für ein Auto fällig, das der Reichsverband Meyer-Christian kostenlos zur Verfügung stellte. Doch bei kleinen Summen verhalten sich die unberechenbaren Bürokraten bekanntermaßen oft penibel. Seit Mitte 1935 mußte der gut verdienende Schulleiter seine Motorisierung nun doch aus eigenen Mitteln finanzieren. Weniger kleinlich gab man sich bei anderen Ausgaben. Da in der Eile kein festes Quartier gefunden werden konnte, wurden die Schüler des ersten Kurses auf diverse Berliner Hotels der Mittelklasse verteilt. Die Eleven, viele stammten aus der Provinz, mögen sich ob des ungewohnten Luxus verwundert die Augen 1 Wilhelm Weiß: Presse und Nationalsozialismus, in: DP Nr. 29/1935, Seite 349 f

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gerieben haben. Anstandslos honorierte der RPS-Zahlmeister diese Art der Unterbringung mit fast 14.000 Reichsmark. Verpflegung, Exkursionen, Abonnements und die Honorare der Gastdozenten schlugen mit weiteren 15.712,50 RM zu Buche. Und obwohl die Reichspresseschule noch keine feste Bleibe hatte, verzeichnete die Buchführung schon 1.353,36 RM an "Abschreibungen" aufs angeschaffte Inventar. Die Gründung einer Bibliothek erschien zusätzlich als gesonderter Posten. Die Bilanz veranschlagte dafür Abschreibungskosten von 720,16 Reichsmark. Geradezu bescheiden nahmen sich dagegen die 310 Mark und 85 Pfennige aus, die unter der Rubrik "Repräsentation" verbucht wurden. Möglicherweise muß hier aber noch ein Teil der "allgemeinen Unkosten" in Höhe von 1.531,86 RM hinzugerechnet werden.1 Kosten von rund 50.000 Reichsmark pro Lehrgang fielen durchschnittlich fur alle dreizehn Kurse der Reichspresseschule an. Die Gehälter und Löhne des festbesoldeten Personals sowie die Vergütungen fur die Honorarkräfte bildeten dabei bis zur Schließung der Reichspresseschule den größten Ausgabenfaktor. Von Ende 1934 bis Anfang April 1940 summierten sich die Zahlungen in diesem Bereich auf mehr als 236.000 Reichsmark,2 wobei die Aufwendungen für das angestellte Lehrpersonal proportional besonders stark stiegen. Durch die Erweiterung des Lehrkollegiums und die außertarifliche Bezahlung qualifizierter Dozenten sollten sich die Gehaltszahlungen von 1935 bis zum Haushaltsjahr 1938 mehr als verdoppeln, ohne daß die Mehrausgaben bei den Honoraren eingespart werden konnten. 3 1 Alle Zahlen sind in einer vertraulichen "Gewinn-& Verlust-Rechnung" für die RPS vom 01.12.1934 bis 31.03 1935 enthalten, in: Β A R 103/150 2 Die Zahlen errechnen sich aus den Abschlußnachweisen der Reichspresseschule in den BABeständen R 103/142, 147, 149. Vergi, dazu auch Kostenaufstellung im Anhang der Studie 3 Die Personalkosten fur das festangestellte Personal im einzelnen: 6.481,66 RM im Haushaltsjahr 1934, 23.372,51 RM im Haushaltsjahr 1935, 33.300 RM im Haushaltsjahr 1936, 49.303 RM im Haushaltsjahr 1937, 49.335 RM im Haushaltsjahr 1938 und immerhin noch 37.118,70 RM im Haushaltsjahr 1939, obwohl nur ein Lehrgang durchgeführt wurde. Die Honorarzahlungen nebst Spesen für die Gastdozenten beliefen sich auf 3.818 RM fur den ersten Lehrgang, 8.658,89 RM fur die zwei Kurse im Haushaltsjahr 1935, 9.740 RM für 1936, 6.233 RM fur 1937, 7.050 RM für 1938 und 1.710 RM für den letzten Kurs. Ein Haushaltsjahr lief jeweils vom 1. April bis zum 31. März. Zu den Zahlen vergi. Abschlußnachweise der RPS in BA R 103/142, 147, 149 und 150. Siehe auch Übersicht im Anhang der Studie

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Insgesamt rund 205.000 Reichsmark mußten fur die Unterbringung der Schüler aufgewendet werden. Das provisorische Quartier des zweiten Lehrgangs in der Klopstockstraße und die Büromieten in der Hildebrand- und der Dörnbergstraße schlugen noch mit maßvollen 18.000,-RM zu Buche.1 Erst durch den Umzug der Reichspresseschule in der Messelstraße, die später Ruhlandallee hieß, stiegen die Kosten für die Hausbewirtschaftung in schwindelerregende Dimensionen. Zunächst mußte das neue Domizil fur den Internatsbetrieb hergerichtet werden. Umbau und Renovierung der herrschaftlichen Villa belasteten den Etat mit fast 30.000 Reichsmark.2 Nach dem Einzug hatte der Reichsverband dann Monat fur Monat 2.000 RM an Miete zu entrichten. Heizkosten, Strom, Gartenpflege und ständig erforderliche Reparaturen addierten sich noch einmal auf den gleichen Betrag.3 Die Löhne des Hausmeisters und des eigens fur die weitläufige Parkanlage eingestellten Gärtners waren darin noch nicht enthalten. Bei Gehältern, Honoraren und Mitteln zur Aufrechterhaltung der repräsentativen Fassade wurde zu keiner Zeit gespart. Weniger üppig nahmen sich dagegen die Aufwendungen fürs leibliche Wohl der Schüler aus. Nur 1,25 Reichsmark je Schüler standen dem Koch der Reichspresseschule zur Verfugung, um täglich drei Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen.4 Trotzdem summierten sich Verpflegungskosten während der dreizehn Lehrgänge auf über 83.000 RM, denn das Personal und die Gastdozenten aßen mit. Eine Reihe von festangestellten Kräften wurde auch in lehrgangsfreien Zeiten kulinarisch betreut.5 1 Vergi. RPS-Haushaltsabschluß 1935, in: BA R 103/149 2 Vergi. Haushaltsvoranschlag der RPS 1936, in: BA R 103/146 3 Die Kosten für die Hausbewirtschaftung in der Messelstraße bzw. Ruhlandallee betrugen im einzelnen: 70.700 RM im Haushaltsjahr 1936, 41.208 RM im Haushaltsjahr 1937, 39.100 RM im Haushaltsjahr 1938 und 22.345 RM im Haushaltsjahr 1939. Zu den Zahlen vergi. RPS-Haushaltsabschltisse in: B A R 103/142 und 149. Die relativ geringen Kosten im Haushaltsjahr 1939 hängen mit der Schließung der RPS zusammen. Seit Kriegsbeginn fielen kaum noch Nebenkosten an und der Mietvertrag lief am 31.12.1939 aus. Siehe auch Kostenaufstellung im Anhang der Studie 4 Vergi. RPS-Haushaltsvoranschlag 1936, in: B A R 103/146 5 Die Verpflegungskosten im einzelnen: 8.680 RM im Haushaltsjahr 1934, 10.800 RM im Haushaltsjahr 1935, 19.050 RM im Haushaltsjahr 1936, 19.980 RM im Haushaltsjahr 1937, 17.500 RM im Haushaltsjahr 1938 und 7.191 RM im Haushaltsjahr 1939. Zu den Zahlen vergi. RPS-Abschlußnachweise in: B A R 103/142, 149, 150. Siehe auch Ausgabenübersicht

Fortsetzung Fußnote Seite 133

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Exkursionen und die "Belehrungsreisen", zu denen ausgewählte RPS-Absolventen am Ende eines jeden Lehrgangs eingeladen wurden, ließ sich die Schulleitung insgesamt 30.000 Reichsmark kosten. Ein Vergleich der einzelnen Haushaltszahlen legt den Schluß nahe, daß vor allem in der Ära Meyer-Christian großer Wert aufs Reisen gelegt wurde. Die Touren der Schüler des ersten Kurses bedingten Ausgaben in Höhe von 3.000 RM. Zierke zeigte sich weniger reisefreudig, unter seiner Leitung sank das Budget pro Lehrgang weit unter 2.000 RM. Erst die Unternehmungen des dreizehnten Kurses, Heinz Hecker hatte die Leitung von Zierke übernommen, konnten wieder von einer großzügig gefüllten Reisekasse profitieren.1 In etwa konstant blieben die jährlichen Ausgaben für den Aufbau einer umfangreichen Schulbibliothek und die zahlreichen Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements. Ausgaben in Höhe von ungefähr 3.000 RM pro Haushaltsjahr deuten daraufhin, daß die Reichspresseschule 1940 über einen recht ansehnlichen Bestand an Druckwerk verfugte. In den nicht ganz fünf Jahren ihres Bestehens verursachte die Reichspresseschule fast 700.000 Reichsmark an Gesamtkosten. 2 Der Reichsverband der deutschen Presse, der eigentlich nach Paragraph 25 Absatz 1 Satz 1 des Schriftleitergesetzes die Kosten hätte übernehmen müssen,3 wäre mit der im Anhang der Studie. Legt man den Tagessatz von 1,25 RM zu Grunde, so haben die RPS-Köche über 66.500 Tagesrationen ausgeteilt. Eine exakte Hochrechnung der Schülerzahlen auf der Basis der Verpflegungsausgaben ist leider nicht möglich. Zum einen waren die Kurse von unterschiedlicher Dauer, zum anderen ist nicht überliefert, in welchem Ausmaß das Personal vom Verpflegungsangebot Gebrauch machte. Auch ist nicht bekannt, wie viele Gäste auf Kosten der RPS bewirtet wurden 1 Die Reisekosten im einzelen: 1.Lehrgang 3.000 RM; 2. und 3.Lehrgang 4.873,45 RM; 4., 5. und 6. Lehrgang 2.800 RM; 7., 8. und 9.Lehrgang 5.533 RM; 10., 11. und 12.Lehrgang 4.070 RM. Die Reisen des 13.Lehrgangs kosteten 2.644 RM. Vergi. RPS-Abschlußnachweise in: BA R 103/142, 149 und 150. Siehe auch Übersicht im Anhang der Studie. Die sehr geringen Reisekosten fur die Lehrgänge vier, fünf und sechs im Haushaltsjahr 1936 dürften mit dem Ausscheiden Meyer-Christians nach dem vierten Kurs zusammenhängen. Sein Nachfolger Zierke mußte sich erst einmal einarbeiten, da fehlte die Zeit für aufwendige Ausflüge 2 Vergi. Übersicht im Anhang 3 Im Kommentar zum SchLG heißt es zu § 25 Absatz 1 Satz 1 ausdrücklich, zur "Ausbildung der Schriftleiter unterhält der Reichsverband die Reichspresseschule", in: Hans SchmidtLeonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 137

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Finanzierung einer solchen Summe völlig überfordert gewesen. Schließlich nahm der RDP nur etwas mehr als eine halbe Million Reichsmark pro Jahr ein.1 Das Geld reichte gerade mal aus, um den monströs ausgeklügelten Überwachungsapparat mit seinen vielen dienstbaren Geistern zu finanzieren.2 Nur ein kleiner Teil der RPS-Ausgaben konnte durch das von den Schülern zu entrichtende Schulgeld gedeckt werden. Die Einnahmen beliefen sich insgesamt auf etwa 90.000 Reichsmark. Doch davon blieben unterm Strich nur fünfzig Prozent in der Kasse, weil man den Schülern die Hälfte des Schulgeldes als Taschengeld zurückzahlte.3 Pro Monat hatte jeder Schüler 50 Reichsmark an die RPS zu entrichten, angeblich aus pädagogischen Gründen. Meyer-Christian schrieb Ende 1934, Goebbels persönlich habe gewünscht, daß die Eleven selbst einen Beitrag zu ihrer Ausbildung leisten: "Die Jungen sollen in der Zeit, in der sie bei ihrer Zeitung tätig sind, schon darauf hinarbeiten, ihren zusätzlichen Anteil am Schulgeld selbst zu bezahlen; sie sollen wissen, daß sie kein Geschenk erhalten." 4 In Wirklichkeit hofften die Verantwortlichen wohl, kulante Verleger würden die

1 Der größte Teil der RDP-Einnahmen stammte aus Beiträgen, die Journalisten zu entrichten hatten. Die Beitragszahlungen waren nach Einkommen gestaffelt. Journalisten mit Bruttoeinnahmen bis zu 500 RM hatten seit 1936 ein Prozent davon an den RDP abzuführen. Bruttoeinkommen über 1.000 RM wurden sogar mit zwei Prozent belastet. Vergi. Beitragstabellen in den RDP-Haushalten, in: Β A R 103/146 2 Der Reichsverband war permanent knapp bei Kasse. Nicht einmal die festgeschriebene Umlage für die Reichspressekammer konnte der RDP in voller Höhe aufbringen. Auf Weisung des RMVuP wurde im Jahr 1937 der RPK-Beitrag des RDP um rund 10.000 RM auf 18.000 RM ermäßigt. Vergi. Voranschlag des Haushalts der Reichspressekammer für 1937, in: BA R 55/722 Fol. 99. Und selbst einen Teil der Kosten für den ständig defizitären Presseklub mußte das Propagandaministerium selbst übernehmen. Vergi. z.B Schreiben der Haushaltsabteilung des RMVuP an Ministerbüro vom 01.8.1939, in: BA R 55/267 Fol. 89 3 Die Schulgeldzahlungen im einzelnen: l.Kurs 12.650 RM, 2. und 3.Kurs 12.897 RM; 4., 5. und ö.Kurs 19.000 RM, 7., 8. und 9. Kurs 19.095 RM; 10., 11. und 12. Kurs 16.740 RM, 13.Kurs 9.685 RM. Vergi. RPS-Abschlußnachweise in: BA R 103/142, 149 und R 103/150 4 Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule beginnt, in: ZV Nr. 49/1934, Seite 792

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Zahlungen fur ihre Volontäre übernehmen.1 Durch die Gewährung von Taschengeldern sollten die Schüler den Verlockungen der Großstadt nicht ganz mittellos ausgesetzt werden. Goebbels erklärte den Delegierten des ersten Reichspressetages 1934, der "junge Nachwüchsling" solle "ein zwar bescheidenes, aber immerhin sorgenloses Leben in Berlin fuhren können".2 Doch anscheinend hatte man sich hier tüchtig verkalkuliert. Denn trotz anfänglicher Weigerung, Stipendien zu verteilen, verzeichneten die RPS-Haushalte Jahr für Jahr "vermehrte Freistellen", deren Anteil bis zu fünfzehn Prozent ausmachte.3 Natürlich hätte man versuchen können, sämtliche Kosten der Reichspresseschule obligatorisch auf die Verleger abzuwälzen. Doch dann hätte man auch die NS-Verlage zur Zahlung heranziehen müssen, wogegen sich Verlagsherren wie Max Amann mit Sicherheit erfolgreich gewehrt hätten. Nun hatte Goebbels ja versprochen, die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses "in großzügiger Weise" zu unterstützen.4 Doch eine direkte Alimentation der Reichspresseschule aus Mitteln seines Ministeriums war aus haushaltsrechtlichen Gründen äußerst schwierig. Die Ausgaben des RMVuP unterlagen auch im totalitären Staat der Kontrolle durch das Finanzministerium und den Rechnungshof. Und beide Instanzen waren der Ansicht, das Propagandaministerium sei fur die Aufgaben des Reichsverbandes nicht zuständig.5 Mochte das RMVuP die Zuschüsse zur RPS auch mit "Staatsinteresse" an der journalistischen Ausbildung begründen,6 die Zahlungen blieben ständiger Quell 1 In einer Fußnote zur Verfügung, die den Besuch der RPS fur alle Volontäre verbindlich vorschrieb, hieß es im "Pressehandbuch": "Nach Möglichkeit sollen die Verlage dem Schriftleiter i.A., dessen wirtschaftliche Verhältnisse es erfordern, während des Besuchs der Reichspresseschule das bisherige Taschengeld weiterzahlen." Schließlich habe der Volontär Schulgeld zu entrichten, in: Pressehandbuch. Gesetze, Anordnungen, Erlaße, Bekanntmachungen, hrsg. vom RDZV, Berlin 1938, Seite 64 2 Rede Goebbels 1 vor dem ersten Reichspressetag vom 18.11.1934, abgedruckt bei Helmut Heiber (Hrsg.): Goebbels-Reden, Band 1: 1932-1939, a.a.O., Seite 197 3 Vergi. Abschlußnachweise der RPS, in: B A R 103/142, 149, 150 4 Vergi. Goebbels' Rede während des Reichspressetages 1934, in: DP Nr. 47/1934, Seite 6 5 Vergi, dazu z.B. Vermerk der Rechtsabteilung des RMVuP vom 06.04.1936 (ursprüngliches Datum 07.03.1936 handschriftlich verändert), in: B A R 55/723 Fol. 53 6 Vergi. Haushalt des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda fur das Rechnungsjahr 1937. Wörtlich heißt es: "Das Staatsinteresse erfordert die Ausbildung des Nachwuchses an Schriftleitern und ihre Schulung im nationalsozialistischen Sinne. Für diesen Zweck ist die Einrichtung einer Reichspresseschule notwendig", in: R 2/4754 Fol. 62

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etatrechtlicher Kritik. Um dauernden Auseinandersetzungen mit den Kontrolleuren auszuweichen, nutzte Goebbels die Möglichkeit, den Betriebsbedarf der Reichspresseschule aus seiner gut gefüllten "schwarzen Kasse" zu finanzieren. Dank seiner Anweisungen entwickelte sich der Werberat der deutschen Wirtschaft zum eigentlichen Financier der Reichspresseschule.

7.3.1.

Der Werberat der deutschen Wirtschaft "Reptilienfonds" des Propagandaministers

Ein nur sechs Paragraphen umfassendes Gesetz vom 12. September 1933 legitimierte die Existenz des Werberates der deutsche Wirtschaft. Das "Gesetz über Wirtschaftswerbung" bestimmte in Paragraph 1 : "Zwecks einheitlicher und wirksamer Gestaltung unterliegt das gesamte öffentliche und private Werbungs-, Anzeigen- Ausstellungs-, Messe- und Reklamewesen der Aufsicht des Reichs. Die Aufsicht wird ausgeübt durch den Werberat der deutschen Wirtschaft." 1 Das Gesetz räumte Goebbels alle nur erdenklichen Kompetenzen ein. Er durfte die Mitglieder des Werberates berufen, den Präsidenten ernennen und den Geschäftsführer bestellen. Der Werberat unterstand allein seiner Aufsicht. Goebbels hatte das Recht, eine Satzung zu verfassen und Bestimmungen zur Durchführung des Gesetzes zu erlassen. Doch die wichtigste Passage fand sich in Paragraph 3: "Wer Wirtschaftswerbung ausführt, bedarf einer Genehmigung des Werberats. Der Werberat kann die Erteilung der Genehmigung von der Erhebung einer Abgabe abhängig machen, deren Höhe durch Verordnung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda und des Reichsministers der Finanzen festgelegt wird." 2 Der Werberat erwies sich als sprudelnde Einnahmequelle. Und dies war sein eigentlicher Zweck. In einem Gutachten der Rechtsabteilung des RMVuP schrieb der sachkundige Hans Schmidt-Leonhardt: "Wenn man überlegt, ob der Werberat entbehrt werden kann, so muß man in der Erinnerung daran ausgehen, wie er entstanden ist. Was dazu zu sagen ist, ist auch kein Geheimnis... Es lag dem Hause daran, im Jahre 1933 ergiebige Finanzierungsquellen für eine groß1 Reichsgesetzblatt Teil 1, Nr. 99 vom 18.09.1933, in: B A R 55/359 Fol. 2 2 Reichsgesetzblatt Teil 1, Nr. 99 vom 18.09.1933, in: B A R 55/359 Fol. 2

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zügige Erledigung der Aufgaben des Ministeriums möglichst unabhängig von der normalen Kontrolle durch Reichsfinanzministerium, Rechnungshof usw. zu bekommen, und dazu erwies sich neben den Rundfunkgebühren eine Werbeabgabe als besonders geeignet." Zwar sei die Wirtschaftswerbung politisch kein uninteressanter Bereich, "aber unser Interesse an dem Zustandekommen des Gesetzes wäre geschwunden, wenn man uns das Entscheidende, nämlich die Abgabe und die selbständige Verfugung über sie, verwehrt hätte." 1 Die zweite Verordnung zur Durchfuhrung des Gesetzes über Wirtschaftswerbung vom 27. Oktober 1933 bestimmte den Werberat zu einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigenem Vermögen." 2 Die Grundlage zur Ansammlung eines beachtlichen Vermögens bot Paragraph 8 Absatz 1 der Verordnung: "Die in § 3 des Gesetzes über Wirtschaftswerbung bestimmte Abgabe ist zu erheben a) im Falle der Genehmigung zur Abhaltung von Messen und Ausstellungen von der aus der Messe oder der Ausstellung erzielten Gesamteinnahme des Veranstalters, b) im Falle der Genehmigung zu einer anderen Wirtschaftswerbung von der Gesamteinnahme des Werbers aus Werbung, auch wenn diese nicht rein wirtschaftlichen Zwecken dienen sollte. Sie beträgt 2 von Hundert und ist auf volle Reichsmark nach oben abzurunden." 3 Mit zwei Prozent also war der Werberat an allen Umsätzen im werblichen Bereich beteiligt, ohne dafür eine nennenswerte Gegenleistung zu erbringen. Und da das Gesetz bestimmte, die Abgabe habe "die Eigenschaft öffentlicher Abgaben",4 glich der Tribut einer zusätzlich erhobenen Umsatzsteuer, die dem eigentlich zuständigen Finanzministerium vorenthalten wurde.

1 Bericht von Hans Schmidt-Leonhardt, Leiter der Rechtsabteilung des RMVuP, an Staatssekretär/RMVuP vom 05.07.1943, in: B A R 55/161 Fol. 121 f 2 Vergi. § 1 der zweiten Verordnung zur Durchfuhrung des Gesetzes über Wirtschaftswerbung, Reichsgesetzblatt Teil 1, Nr. 121 vom 30.10.1933, in: B A R 55/359 Fol.4 3 Wortlaut des § 8 Absatz 1 der zweiten Durchfuhrungsverordnung, in: Reichsgesetzblatt Teil 1, Nr. 121 vom 30.10.1933, in: BA R 55/359 Fol. 4 4 Vergi. § 8 Absatz 3 der zweiten Durchfuhrungsverordnung vom 27.10.1933, in Reichsgesetzblatt Teil 1, Nr. 121 vom 30.10.1933, in: B A R 55/359 Fol. 4

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Nachdem die Erfassung der Zahlungspflichtigen rasche Fortschritte machte rechnete der Werberat im Haushaltsjahr 1934 bereits mit einem Ergebnis von fast drei Millionen Mark, zu dem allein die "Besteuerung" der Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen mit zwei Millionen und 250 Tausend Reichsmark beitrug.2 Die Einnahmen der folgenden Jahre überstiegen die Erwartungen. Im Rechnungsjahr 1935 bereicherte sich der Werberat am Anzeigengeschäft der Verlage und anderer Werbetreibenden mit rund sechs Millionen Mark.3 Die Einkünfte konnten dann 1936 noch einmal um 400.000 Reichsmark gesteigert werden.4 Und 1939 erreichte der Werberat sogar Einnahmen in Höhe von über 7 Millionen und 400 Tausend Reichsmark.5 Die in den offiziellen Haushaltsakten enthaltenen Ausgabennachweise entsprachen ganz dem dubiosen Charakter des gesamten Unternehmens. Für 1934 verzeichnete der "ordentliche Haushalt" einen Titel, der ganz lapidar "Ausgaben fur Werbezwecke" hieß. Die Verwendung der hier vorgesehen 2,1 Millionen Mark wurde nur höchst ungenau aufgeschlüsselt.6 Ähnlich verhielt es sich mit dem entsprechenden Ausgabetitel auch in den folgenden Jahren. Der Haushaltsvoranschlag 1939 verzeichnete gar weit über 6 Millionen Reichsmark an "Ausgaben für Werbezwecke". 7 Viel informativer waren da die "streng vertraulichen" Berichte, in denen der Präsident des Werberates dem Propagandaminister die einzelnen Etatposten näher erläuterte. Neben einigen läppischen Broschüren, durch die beispielsweise Hausfrauen über "die nationalsozialistische Marktregelung" aufgeklärt werden sollten,8 finanzierte der Werberat bis März 1935 so eminent wichtige Projekte wie 1 Der Präsident des Werberates schrieb dem Propagandaminister am 04.05.1934: "In der kurzen Zeit des Bestehens des Werberates ist es mit Hilfe einer mit größter Sorgfalt geführten Kartei gelungen, die zur Zahlung einer Werbeabgabe verpflichteten Werbungsmittler bis zu durchschnittlich 80% - darunter die Tageszeitungen, Lichtspiel- und Plakatanschlagunternehmen bis zu 95% - zu erfassen... Zur Zeit sind rund 15.500 Kunden erfaßt", in: BA R 55/359 Fol. 49 2 Vergi Haushaltsvoranschlag des Werberates fur das Rechnungsjahr 1934, in: B A R 55/359 Fol. 12 3 Vergi. Haushalt des Werberates für 1935, in: B A R 55/359 Fol. 121 4 Vergi. Haushalt des Werberates 1936, in: BA R 55/359 Fol. 234 5 Vergi. Haushalt des Werberates 1939, in: B A R 55/360 Fol. 44 6 Vergi. Haushaltsvoranschlag des Werberates 1934, in: BA R 55/359 Fol. 12 und Fol. 17 7 Vergi. Haushaltsvoranschlag des Werberates 1939, in: B A R 55/360 Fol. 85 8 Vergi. "Streng vertraulicher Bericht des Präsidenten des Werberates der deutschen Wirtschaft über die Verwendung der Mittel für Werbezwecke von November 1933 - März 1935", in: BA R 55/359 Fol. 185

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"Spargelwerbung" und Kochkurse zur Förderung deutscher Erzeugnisse.' Allein 1,5 Millionen RM wurden für Auslandspropaganda ausgegeben, auf "sonstige Werbezwecke" entfielen fast 500.000 Reichsmark.2 Die dokumentierten Ausgaben des Werberates bis März 1935 entsprachen noch in etwa seinen Einnahmen. In der Folgezeit sollte sich dies ändern. Bis März 1936 konnte der Werberat 5,8 Millionen Reichsmark einnehmen,3 laut Bericht an den Propagandaminister gab er allerdings nur 3,8 Millionen Mark wieder aus.4 Über den Verbleib der restlichen 2 Millionen läßt sich nur spekulieren. Zwar verbuchte der Werberat einen erheblichen Teil seiner Einnahmen als Verwaltungskosten. Die horrenden Gehälter und enormen Repräsentationsausgaben mußten Mitarbeiter anderer Behörden vor Neid erblassen lassen.5 Doch mehr als eine Million Reichmark müssen in unbekannte Kanäle gelangt sein, vermutlich auf Goebbels' persönliche Anweisung. Bereits in den Haushaltsjahren 1934 und 1935 war der Werberat der deutschen Wirtschaft als Sponsor der Reichspresseschule aufgetreten. Aus Mitteln des Werberates flössen dem RDP im Haushaltsjahr 1934 53.000 Reichsmark 6 und 1935 sogar 84.000 Reichsmark 7 zu. Der Werberat verbuchte die Zahlungen bis März 1935 unter dem irreführenden Titel "Sonstige Werbezwecke". Zur Erklärung hieß es: "Für kulturelle, wissenschaftliche und künstlerische Zwecke wurden auf Veranlassung des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propa1 Ebenda, Fol. 186 ff 2 Ebenda, Fol. 197. Zusammen mit weiteren Ausgaben für die Leipziger Messe, "landwirtschaftliche Gemeinschaftswerbung" und "gewerbliche Gemeinschaftswerbung" verbuchte der Werberat rund drei Millionen Mark an Ausgaben bis März 1935 3 Vergi. Haushaltsvoranschlag des Werberates 1935, in: BA R 55/359 Fol. 121 4 Vergi, den "streng vertraulichen Bericht" des Werberates über die Verwendung der Mittel von April 1935 bis März 1936, in: B A R 55/359 Fol. 276 5 Zum Beispiel Zahlen aus dem Jahr 1935: Der Präsident und seine vier Geschäftsführer kassierten zusammen 64.650 Reichsmark, Zulagen und "Dienstaufwandsentschädigungen" noch nicht eingerechnet.

"Hilfsleistungen durch nicht beamtete Kräfte" schlugen mit

440.900 RM zu Buche. Vergi. Haushaltsvoranschlag des Werberates fur 1935, in: B A R 55/359 Fol. 123. Selbst im Haushaltsvoranschlag für 1940, der Krieg hatte bereits begonnen, plante der Werberat noch 7.000 RM an "vermischten Ausgaben" zur "Förderung der Betriebsgemeinschaft" ein. Vergi. Haushaltsvoranschlag fur 1940, in: BA R 55/360 Fol. 33 6 Vergi. Haushaltsabschluß des RDP für 1934, in: Β A R 103/150 7 Vergi. Haushaltsabschluß des RDP 1935, in: B A R 103/149

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ganda zur Verfugung gestellt".1 Im Haushaltsjahr 1935 verzeichnete der Bericht des Werberates dann 72.000 RM, die dem RDP für die Reichspresseschule "auf Anregung des Reichsministers" überwiesen worden seien.2 Seltsamerweise deckten sich diese Zahlen des Werberates nicht mit den entsprechenden Einnahmen in den Haushaltsabschlüssen des Reichsverbandes. Nun hatte die zweite Durchfuhrungsverordnung des Gesetzes über Wirtschaftswerbung einen kleinen Webfehler. In Paragraph 1 Absatz 2 wurde die Prüfung der Bücher des Werberates dem Rechnungshof übertragen. Und der Rechnungshof monierte die Zahlungen für die RPS, auf die der Werberat in seinen Haushaltsunterlagen 1934 und 1935 ausdrücklich verwiesen hatte. Nach einer Beschwerde des Finanzministeriums mußte das RMVuP den RPS-Zuschuß im Haushaltsjahr 1936 nachträglich aus seinem eigenen Etat bestreiten.3 Im Propagandaministerium zog man nun eigenartige Konsequenzen. Das RMVuP ordnete an, der Werberat solle ab 1937 die Zahlungen für die Reichspresseschule wieder übernehmen, ohne die RPS in den Unterlagen näher zu erwähnen. Tatsächlich tauchten die Zuschüsse für die RPS seit 1937 nicht mehr explizit in den Haushaltsvoranschlägen des Werberates auf. Dafür erhöhten sich die "sonstigen Ausgaben" auf 1 Million Reichsmark.4 In der Begründung für Finanzminister und Rechnungshof hieß es: "Nach den bisherigen Erfahrungen ist eine erschöpfende Erläuterung der veranschlagten Summen nach der Zweckbestimmung im einzelnen praktisch nicht möglich. Abgesehen davon, daß der Herr Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Zahlungen für 1 Vergi. "Streng vertraulicher Bericht des Präsidenten des Werberates der deutschen Wirtschaft über die Verwendung der Mittel für Werbezwecke von November 1933-

März

1935", in: BA R 55/359 Fol. 193. Für die RPS seien 69.000 RM zur Verfügung gestellt worden 2 Vergi. "Streng vertraulicher Bericht des Präsidenten des Werberates... von April 1935 bis März 1936", in: B A R 55/359 Fol. 269 3 Das RMVuP zahlte die 1936 fur die RPS fälligen 150.000 RM aus seinem Haushalt 1937. Zur Begründung für das Finanzministerium hieß es: "Die Mittel fur die Reichspresseschule sind auf Ihren Wunsch letztmalig im Rechnungsjahr 1936 im Haushaltsplan des Werberates der deutschen Wirtschaft mit 150.000 RM ausgebracht worden. Da diese Bezuschussung nicht zu den Aufgaben des Werberates gehört, - ein Standpunkt, den auch der Rechnungshof in seinen Prüfungsbemerkungen zum Ausdruck gebracht hat - war die Veranschlagung in meinem Haushalt notwendig". Vergi. Haushaltsvoranschlag des RMVuP 1937, in: B A R 2/4754 Fol. 36 4 Vergi. Haushalt des Werberates 1937, in: BA R 55/921 Fol. 10

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Sonderzwecke anordnet, die sich im voraus nicht übersehen lassen, richten sich die Zahlungen... nach den jeweiligen Bedürfnissen". 1 Der Rechnungshof war damit wohl zufriedengestellt, und auch der Reichsverband der deutschen Presse konnte nicht klagen. Denn die Mittel fur die Reichspresseschule flössen weiter. Im Jahr 1937 unterstützte der Werberat die RPS mit 95.000 RM 2 , im Jahr darauf erhielt der RDP 90.000 RM ,3 Durch ihre Werbeabgaben finanzierten ohne ihr Wissen letztlich die Verleger sowohl die Reichspresseschule wie auch andere Projekte, die Goebbels gefördert sehen wollte. Nur Max Amann, Chef des NS-Presseimperiums, war als Präsident der Reichspressekammer natürlich bestens über Sinn und Zweck des Werberates informiert. Am 2. Dezember 1936 schrieb er dem RMVuP-Staatssekretär Walther Funk, die Werbeabgabe werde "Zwecken dienstbar gemacht..., deren Förderung Sache der Allgemeinheit" sei, "so daß die Sonderbelastung der Verlage für solche Zwecke ungerechtfertigt" erscheine.4 Nun lag Amann allerdings nichts daran, diesen Zustand zu beenden. Er wollte nur selbst von der Finanzkraft des Werberates profitieren. Unmißverständlich deutete der mächtige Verlagschef an, gegen eine jährliche Zahlung von 2 Millionen RM an seine Verlage könne ihm der Werberat seine Bedenken abkaufen. Nachdrücklich regte er an: "Die parteiamtliche Presse hat im Kampf um den Durchbruch des Nationalsozialismus zur Macht ungeheure Opfer auf sich genommen... Es erscheint als ein moralisches und politisches Gebot, daß... Mittel aufgebracht werden. Da der Staat hierzu gegenwärtig nicht in der Lage ist, erscheint die Verwendung eines Teiles der Werbeabgabe als der richtige Weg... Ich bitte Sie nun, dem Präsidenten des Werberates der deutschen Wirtschaft Anweisung zu geben, ab April 1936 so zu verfahren." 5 Um Goebbels' "Reptilienfonds" nicht zu gefährden, mußte das RMVuP Amanns Forderung akzeptieren. Walther Funk wies den Werberat zur Zahlung an.6 Bis Ende September 1939 alimentierte der Werberat der deutschen Wirtschaft 1 Vergi. Anlage 3 zum Haushalt des Werberates 1937, in: B A R 55/921 Fol. 18. Auch in den folgenden Jahren wird die RPS nicht mehr erwähnt, vergi. Haushalt 1938 in: BA R 55/921 Fol. 75 if und Haushalt 1939 in: BA R 55/360 Fol. 43 ff 2 Vergi. Abschlußnachweis für die RPS 1937, in: BA R 103/149 3 Abschlußnachweis für die RPS 1938, in: Β A R 103/149 4 Schreiben Amann an Funk vom 02.12.1936, in: BA R 55/359 Fol. 278 5 Schreiben Amann an Funk vom 02.12.1936, in: BA R 55/359 Fol. 279 f 6 Vergi. Funks Vermerk vom 16.12.1936, in: BA R 55/359 Fol. 280

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die Reichspresseschule mit insgesamt 367.500 Reichsmark. Und es steht zu vermuten, daß sich das Propagandaministerium auf Umwegen auch die aus eigenem Etat bezahlten 150.000 RM vom Werberat zurückholte. Nach Kriegsbeginn weigerte sich der Werberat zunächst, weiter für die Kosten der RPS aufzukommen. Sein Präsident schrieb dem Reichsverband: "Zu meinem lebhaften Bedauern sehe ich mich genötigt, Sie davon in Kenntnis zu setzten, daß ich die Zahlungen obigen Zuschusses mit Wirkung vom 30.September d.Js. einstellen muß. Bekanntlich setzen sich die einzigen Einnahmen des Werberates der deutschen Wirtschaft aus der Werbeabgabe zusammen. Diese haben gegenwärtig eine derartige Schrumpfung erfahren, daß ich nicht in der Lage bin, meine Unterstützung fortzusetzen." 1 Erst nach längerem Briefwechsel und einer Weisung des RMVuP zahlte der Werberat dann mit 36.996,31 Reichsmark exakt den Fehlbetrag, der im RPS-Haushaltsjahr 1939 entstanden war.2 Der eigentlich für die Reichspresseschule zuständige Reichsverband der deutschen Presse mußte nur ein 1938 entstandenes Haushaltsdefizit mit 34.000 RM ausgleichen und für die Folgekosten der Liquidierung der RPS aufkommen. 3 Gemessen an der stolzen Gesamteinnahme der Reichspresseschule in Höhe von 678.897 Reichsmark 4 inklusive des Schulgeldes kann diese Summe nur als bescheidener Beitrag zum eigenen "Experiment" gewertet werden.

1 Schreiben Heinrich Hunke, Präsident des Werberates, an den RDP vom 28.09.1939, in: BA R 103/142 2 Vergi. Schreiben des Werberats an RDP vom 14.02.1940, in: B A R 103/142 3 Vergi. Abschlußnachweis fur die RPS 1938, in: B A R 103/149 4 Vergi. Übersicht im Anhang der Studie

142

8.

DAS AUSBILDUNGSKONZEPT DER REICHSPRESSESCHULE

"Jedermann würde es für absurd halten, wenn der Staat es zuließe, daß Kinder erzogen werden nach dem Geschmack des jeweilig Erziehenden. Für jeden ist es klar und undiskutierbar, daß es ein souveränes Recht des Staates ist, die Erziehung zu überwachen und dafìir zu sorgen, daß sie sich in Bahnen vollzieht, die dem allgemeinen Wohl, die dem Staatsinteresse und die auch den allgemeinen sittlichen Auffassungen des jeweiligen Volkes entsprechen... Der Nationalsozialist steht auch hier auf einem totalitären Standpunkt. Er sagt: Es geht nicht an, plötzlich den jungen Menschen, wenn er am allerempfänglichsten ist, aus der Obhut des Staates zu entlassen und nun den individuellen Experimenten etwelcher schreibender Menschen zu überlassen." 1 Auch der NS-Staat war gezwungen zu experimentieren. Durchdachte Rezepte, wie die nationalsozialistische Erziehung des Nachwuchses denn zu bewerkstelligen war, konnte Goebbels nicht vorweisen. Gerade der Journalismus galt seit jeher als Domäne für Individualisten. Goebbels hatte damit in den ersten Monaten seiner Amtszeit schmerzliche Erfahrungen machen müssen. Die vorhandenen Schriftleiter waren einfach nicht in der Lage, plötzlich als "Zeitungsorchester" 2 aufzutreten. Schwer enttäuscht von der Kakophonie seines Klangkörpers, verfiel der selbsternannte Kapellmeister darauf, sich neue Musiker heranziehen. Zwecks besserer Kontrolle und umfassender Indoktrination mußte der zu schulende Personenkreis allerdings so klein wie möglich gehalten werden. Da nur für den Bedarf ausgebildet werden sollte, griff das System schon frühzeitig in die Berufsplanung seiner Untertanen ein. Natürlich auch in der Absicht, eine "weitere hemmungslose Intellektualisierung des Volkes" 3 zu verhindern, die die beabsichtigten hierarchischen Strukturen nach "Führerprinzip" womöglich in Gefahr gebracht hätten. 1 Aus der "Rede des Reichsministers Dr. Goebbels vor der deutschen Presse bei Verkündung des Schriftleitergesetzes am 4. Oktober 1933", abgedruckt bei Hans Schmidt-Leonhardt/ Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 13 2 Helmut Heiber: Joseph Goebbels, Berlin 1962, Seite 169 3 Theodor Lüddecke: Die Tageszeitung als Mittel der Staatsfuhrung, Hamburg 1933, Seite 197

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Die Doppelfunktion der Auslese beschrieb Reichsschulungsleiter Hans Schwarz van Berk: "Dies aber soll gerade eine Aufgabe der Reichspresse-Schule sein: daß sie nicht nur die Unbrauchbaren früh genug in andere Berufe abschiebt, sondern daß sie die brauchbaren Kräfte an die rechte Stelle bringt. Hier beginnt eine Planwirtschaft mit junger Intelligenz." 1 Das planwirtschaftliche Element zog sich durch die gesamte Pädagogik des Dritten Reiches. Gemäß der These Moeller van den Brucks, die "Führerpersönlichkeit" werde "nicht nur geboren, sondern erzogen und gebildet",2 entstanden seit 1933 eine Reihe von Institutionen, die sich die Schaffung einer "Führerelite" zum Ziel gesetzt hatten. Die Einrichtung besonderer "Führerschulen" ging einher mit der nationalsozialistischen Umgestaltung des gesamten Erziehungswesens, dessen einzelne Komponenten, zunehmend zentralisiert und vereinheitlicht, aufeinander aufbauen und sich ergänzen sollten.

8.1.

Institutionalisierte Erziehung zur Elite Auslese und Fürsorge im NS-Bildungssystem

"Ohne die Elite, ohne ihre künstlich gezüchtete Unfähigkeit, Tatsachen als Tatsachen zu verstehen und Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, könnte die Bewegung niemals auch nur versuchen, ihre Fiktion in Wirklichkeit umzusetzen." 3 Auf diesen von Hannah Arendt beschriebenen Überlegungen mußten alle erziehungspolitischen Maßnahmen des totalitären Systems basieren. Der Nationalsozialismus war ja kein in sich geschlossenes Gedankengebäude. Die jeweils verbindlichen Ansichten und Handlungsrichtlinien ergaben sich in erster Linie aus dem Willen des "Führers". Der theoretische Hintergrund wurde, soweit möglich, anschließend von beflissenen Helfern rabulistisch konstruiert und nachgereicht. Um eine rationale Auseinandersetzung mit den sich daraus ergebenen Widersprüchen in der nationalsozialistischen "Weltanschauung" zu verhindern, mußte das System absolute Gefolgschaft fordern, die jede Kapriole verzieh. Also konnte 1 Hans Schwarz van Berk: Zeitungs-Studenten, in: Der deutsche Student, Juniheft 1935, Seite 363 2 Moeller van den Bruck: Der politische Mensch, hrsg. von Hans Schwarz, Breslau 1933, Seite 81 f 3 Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Frankfurt a.M. 1958, Seite 611

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"Elite im nationalsozialistischen Sinne... nichts anderes sein, als ein Teil dieser Gefolgschaft, die sich auszeichnete durch besonders glühende Verehrung und Treue bis zum Tode." 1 Mit den alten Parteimitgliedern, die nach 1933 einen Teil der Schaltstellen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung besetzten, hätte der NS-Staat auf Dauer nicht überleben können. Und den aus der Republik übernommenen Eliten, obwohl mehrheitlich durchaus kooperationswillig, traute das Regime die totale ideologische Gleichschaltung nicht zu. Folgerichtig mußte das System darauf setzen, schnell einen leistungsfähigen, skrupellosen und absolut loyalen Nachwuchskader heranzuziehen. Benötigt wurde das spezialisierte Individuum, das sich bedingungslos in seine Gruppe eingliederte und den Befehlen der eingesetzten Führung unterwarf: "Das Ziel der deutschen Jugenderziehung und aller Erziehung überhaupt... umfaßt die Erziehung zum rassisch gesunden und tüchtigen Einzelmenschen, die Erziehung zum einsatzbereiten 2 Gemeinschaftsglied." Eine herausragende Bedeutung bei der Verwirklichung des Konzepts kam den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (Ñapólas) zu. Schon kurz nach der Machtübernahme entstand der Plan, die staatlichen Bildungsanstalten in Preußen in Nationalpolitische Erziehungsanstalten umzuwandeln. Unter entscheidender Mitwirkung ihres eigentlichen Initiators, des NS-Pädagogen Joachim Haupt,3 schuf man einen neuen Schultyp, durch den sich besonders begabte Jugendliche zu einer verschworenen nationalsozialistischen Gemeinschaft entwickeln sollten. Unter Führung eines ausgewiesenen Nationalsozialisten arbeiteten in den Ñapólas durchaus fähige Pädagogen 4 an der Heranbildung einer "weltanschaulich" gefestigten Führungsschicht für alle Berufe,5 die sich, wie es 1 Horst Ueberhorst (Hrsg.): Elite fur die Diktatur, Düsseldorf 1969, Seite 23 2 Rudolf Benze: Erziehung im Großdeutschen Reich, Frankfurt a.M. 1939, Seite 4 3 Ministerialrat Joachim Haupt, 1933 Leiter der Abteilung Wissenschaft im preußischen Kultusministerium, wurde 1934 zum Inspekteur der Landesverwaltung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten ernannt. Vergi. Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik, Köln und Opladen 1963, Seite 42. Der Gründer und erste Leiter der Reichspresseschule, Wolf Meyer-Christian, kannte Haupt und bezeichnete diesen als seinen Mentor. Vergi. Schreiben von Wolf Meyer-Christian (jun.) an den Verf. vom 22.04.1988 4 Zur Auswahl des Lehrkörpers vergi. Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik, a.a.O., Seite 43 f 5 Zur Organisation und Zielsetzung der Ñapólas vergi. Horst Ueberhorst: Elite fur die Diktatur, a.a.O., Seite 45 ff

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in der schaurig formulierten Theorie des NS-Pädagogen Ernst Krieck hieß, "in fester Ordnung und Zuchtform quer über das ganze Volkstum hinweg... als der eigentliche Träger des Staates, der Former des politischen Willens im Ganzen, als Repräsentant der politischen Einheit und Organ der politischen Macht" erheben sollte.1 Die ersten drei Nationalpolitischen Anstalten wurden schon am 20. April 1933 in Potsdam, Plön und Köslin gegründet.2 Bevor der Jugendliche von einer Napola aufgenommen wurde, hatte er ein strenges Ausleseverfahren zu absolvieren. Die Volksschulen waren angehalten, geeignete Kandidaten den Anstalten zu melden. Die strengen Auswahlkriterien machten eine umfangreiche Ausleseprozedur erforderlich. Neben tadelloser körperlicher Verfassung legten die Verantwortlichen Wert auf "Bewährung" in der HJ, hervorragende Intelligenz und natürlich "rassische Eignung". Die "Vormusterungen" erfolgten durch den Anstaltsarzt, den Leiter der jeweiligen Napola und seine Erzieher. Nur etwa ein Viertel der Bewerber wurde dann zu einer einwöchigen Prüfung zugelassen, in der die Jugendlichen ihre Fähigkeiten in diversen Schulfächern und beim Geländesport nachzuweisen hatten. Wer vor den Prüfern bestehen konnte, wurde zunächst fur ein halbes Jahr zur Probe aufgenommen. 3 Ihren Lehrinhalten nach handelte es sich bei den Ñapólas um staatliche Oberschulen, die ein besonders hohes schulisches Niveau anstrebten. Das Ziel aller Ausbildung galt aber vornehmlich der Erziehung zu Gruppenbewußtsein. Die Initiatoren ahnten, daß sie ihre Ideologie durch herkömmlichen Unterricht nicht nachhaltig genug transportieren konnten: "Gesinnung aber erlernt man nicht durch Belehrung, sondern sie wird... nur aus Erleben gewonnen... Gemeinschaftsgesinnung kann daher nur aus Gemeinschaftsleben erwachsen." 4 Der Alltag ließ den Schülern kaum Zeit zur Besinnung, der Internatsbetrieb gestattete eine Gemeinschaftserziehung in totaler Form. Rund um die Uhr hatten die "Jungmannen" ein straffes Programm zu absolvieren, bei dem sie ständig observiert und beurteilt wurden. Gemäß der Devise, nur ein "gesunder Körper" 1 Ernst Krieck: Nationalpolitische Erziehung, Leipzig 1933, Seite 83, zitiert nach Horst Ueberhorst: Elite fur die Diktatur, a.a.O., Seite 43 f 2 Vergi. Horst Ueberhorst: Elite für die Diktatur, a.a.O., Seite 36 und 239. Siehe auch Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik, a.a.O., Seite 4 2 3 Zum Ausleseverfahren vergi. Horst Ueberhorst: Elite fur die Diktatur, a.a.O., Seite 77 ff und Rolf Eilers: D i e nationalsozialistische Schulpolitik, a.a.O., Seite 4 5 4 Rudolf Benze: Nationalpolitische Erziehung im Dritten Reich, Berlin 1936, Seite 21

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biete "Gewähr dafür, daß auch der Geist frisch und der Charakter unverbogen" bleibe,1 traktierte man die Schüler der Ñapólas mit allen nur erdenklichen Formen der "Leibesübung". Die nachdrückliche Einbeziehung sportlicher Elemente in den Tagesablauf entsprang wohl auch bereits militärischen Erwägungen. Geländeübungen und Kampfsport sollten einen soldatischen Typus hervorbringen, der sich oline Anpassungsschwierigkeiten in das System von Befehl und Gehorsam bei Wehrmacht und SS einfügen konnte. Soziale Strukturen, die auf Herkunft und traditionellen Bindungen beruhten, sollten sich in der Gruppe auflösen. Das Schulgeld, nach Einkommen der Eltern breit gestaffelt, wurde in vielen Fällen einfach erlassen. Den Schülern der Ñapólas wurde durch vielfaltige Bevorzugung bedeutet, sie seien für höhere Aufgaben auserwählt. Auch die aufwendigen Exkursionen ins In- und Ausland unterstrichen die Sonderstellung, die sie im Vergleich zu ihren Altersgenossen an normalen Schulen einnahmen. Nach acht Jahren verließ der Elitenachwuchs die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten mit dem Reifezeugnis. Alle wichtigen Positionen in Partei, Staat, Wehrmacht und auch im zivilen Bereich sollten ihm nun offenstehen. Militärischer Drill und ideologische Indoktrination setzten sich im Arbeits- und Wehrdienst, in den Universitäten, bei SA und SS fort. Auch die Schulung und Erziehung im Arbeitsleben durch Behörden und Berufsverbände sollte "stets die Erziehungsform straffen Gemeinschaftslebens anwenden". 2 Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten, nach dem Willen Rusts "ganz bewußt auf die Erziehung zur körperlichen Härte, charaktervoller Haltung, geistiger Klarheit und zu unbedingtem Einsatz für die Volksgemeinschaft ausgerichtet",3 bildeten allerdings nur einen Teil des Systems. Wie in so vielen Bereichen, standen sich diverse Potentaten bei ihren Unternehmungen gegenseitig im Wege, was die gewünschte einheitliche Konzeption nachhaltig behinderte. Produktive Kompromisse konnte es nicht geben. Schließlich versprach der Einfluß auf Erziehungsanstalten die Position im wirren Machtgefiige von Partei und Staat zu stärken. Während Reichserziehungsminister Rust die Ñapólas kontrollierte, versuchten der Leiter der Deutschen Arbeitsfront, Robert Ley und "Reichsjugendftihrer" Baidur von Schirach, die von ihnen beherrschten "Adolf-Hitler-Schulen" aus1 Rudolf Benze: Nationalpolitische Erziehung im Dritten Reich, a.a.O., Seite 21 2 Rudolf Benze: Nationalpolitische Erziehung im Dritten Reich, a.a.O., Seite 25 3 Rudolf Benze: Nationalpolitische Erziehung im Dritten Reich, a.a.O., Seite 23

147

zubauen.1 Diese Anstalten unterstanden nicht dem Staat, sondern nur der NSDAP, die lokale Aufsicht führte der jeweilige Gauleiter. Die "Adolf-HitlerSchulen" waren als Führerschulen für die zukünftigen Funktionäre der Partei und der HJ konzipiert worden. Prüfungen und Zeugnisse gab es nicht. Die Auslese vollzog

sich

dafür in

sogenannten

"Leistungswettbewerben",

nach

deren

Ergebnis die Zöglinge in Gutachten beurteilt wurden.2 Obwohl Staat und Partei sich entgegen offizieller Doktrin nicht immer einig waren, hatten doch beide Erziehungsansätze eines gemein: den Versuch der Heranbildung eines neuen Elitemenschen als Teil einer "Herrenrasse", die sich als schrecklichste Ausprägung im pseudoreligiös verbrämten Sittenkodex der SS manifestierte. Konsequenterweise gerieten die Ñapólas zunehmend unter den Einfluß der SS, die aus dem Potential der Schulabgänger ihren Nachwuchs zu rekrutieren gedachte. 3 Nun besaßen die Ñapólas und "Adolf-Hitler-Schulen" natürlich einen ganz anderen Bildungsauftrag als die Reichspresseschule. Doch zeigt ein Vergleich der Konzepte, daß sich gemeinsame Ansätze zur Schaffung eines pädagogischen Gesamtsystems abzeichneten. Die Erziehung zur gesellschaftlichen Elite in den Ñapólas sollte durch die ergänzende Schulung und ideologische Kontrolle der nachwachsenden Führungsschicht an den beruflichen Weiterbildungsanstalten ihre Abrundung erfahren.4

1 Zu den Rivalitäten zwischen staatlicher Administration und NSDAP vergi. Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik, a.a.O., Seite 114 ff 2 Zu den "Adolf-Hitler-Schulen" vergi. Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik, a.a.O., Seite 4 6 ff. Siehe auch Martin Göhring: Alles oder Nichts. Zwölf Jahre totalitärer Herrschaft in Deutschland, Band I 1933-1939, Tübingen 1966, Seite 95 f 3 Zum zunehmenden Einfluß der SS auf die Ñapólas vergi. Horst Ueberhorst: Elite für die Diktatur, a.a.O., Seite 135 ff 4 Ähnlich zu werten sind die Bemühungen, eine Filmakademie zur praktischen Schulung und ideologischen Beeinflussung des Nachwuchses zu installieren. Zur am 18.03.1938 gegründeten

Filmakademie

Seite 67 ff

148

vergi.

Boguslaw

Drewniak:

Der

deutsche

Film

1938-1945,

8.2.

Kompetenz und Weltanschauung Das Ideal des fanatischen Fachmanns

Ganz im Sinne seines Propagandaministers forderte Theodor Lüddecke schon 1933, auch Journalisten müßten auf "besonderen nationalsozialistischen Führerschulen" gedrillt werden.1 Goebbels formulierte bereits früh genaue Vorstellungen, wie der neuer Schriftleiter beschaffen sein müßte: "Voraussetzung fiir die Höherentwicklung des Journalisten ist die souveräne Beherrschung seines Fachs, das er von der Pike auf kennen gelernt haben muß. Darüber hinaus muß man aber noch mehrere wesentliche Anforderungen an ihn stellen. Er soll ein Charakter mit eigenem festen Urteil sein... und seine Verpflichtung der Nation gegenüber erkennen." 2 Zur "lauteren Gesinnung", die selbstverständlich eine nationalsozialistische zu sein hatte, müsse der Jugend auch "das Wissen und die Fertigkeiten zur meisterlichen Beherrschung des Berufes gegeben werden", präzisierte der Minister noch einmal während des Reichspressetages 1935.3 Das Ziel war damit formuliert. Nur die Frage, wie ein fachlich gut ausgebildeter Journalist dazu gebracht werden konnte, "dem Führer als Adjutant des Wortes zu dienen",4 bedurfte noch der Beantwortung. So in etwa glaubten Wilhelm Weiß, Hans Schwarz van Berk und Wolf Meyer-Christian ja zu wissen, was not tat. Dem Reichsschulungsleiter, ganz fasziniert von friderizianischen Offizierskorps und den Deutschordens-Rittern,5 schwebte eine geschlossene Schulung in "Führerhäusern" vor: "Nur Übung, nur ein Exerzitium hält Führer zusammen. 1 Theodor Lüddecke: Die Tageszeitung als Mittel der Staatsfiihrung, Hamburg

1933,

Seite 197. Der Zeitungswissenschaftler Theodor Lüddecke, geboren am 17.11.1900 und seit 1930 getreues NSDAP-Mitglied, blieb trotz seiner späteren Tätigkeit als Leiter des Instituts fiir Zeitungswesen an der Universität Halle immer ein Außenseiter der Zunft. Er griff die Zeitungswissenschaft des öfteren scharf an und war im Gegensatz zu seinen Kollegen von der Notwendigkeit zeitungswissenschaftlicher Ausbildung fiir Journalisten nicht überzeugt. Vergi, auch BDC-Personalakte Theodor Lüddecke 2 Aus Goebbels' Rede vor dem 5. Zeitungsfachlichen Fortbildungskurs. Vergi. "Zeitungsfachliche Fortbildung im neuen Staat. Dr. Goebbels über Stellung und Aufgaben der Zeitung im neuen Reich", in: ZV Nr. 48/1933, Seite 788 3 "Die Kundgebung im Gürzenich", in: DP Nr. 49/1935, Seite 659 4 Hans Schwarz van Berk: Die Stunde diktiert, Hamburg 1935, Seite 6 5 Vergi, seine Elogen in Hans Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, Breslau 1934, Seite 15

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Dazu gehört ein Ort... das neue Führerhaus... wird zu bauen sein in einem Stil, der streng, einfach und doch feierlich ist. Es wird einen Saal enthalten müssen, der alle umfaßt, und Sonderräume fur alle Zwecke und Beratungen der Arbeit... Die Prüfung des jungen Nachwuchses vollzieht sich in diesem Haus, ebenso die Ernennung zum Führer und jede weitere Beförderung." 1 Der von militärischen Marotten besessene RDP-Chef Wilhelm Weiß setzte auf Kasernierung zwecks Vermittlung "soldatischer Disziplin",2 weil der jungen Generation leider das entscheidende "Kampferlebnis" 3 fehle. Und der "revolutionäre" Schwarmgeist Wolf Meyer-Christian, ganz Verfechter einer Nivellierung aller sozialer Schichten, hoffie, durch Internierung des Nachwuchses den "bestehenden Verflechtungen zwischen gesellschaftlichen Klassen und den einzelnen Berufen" 4 entgegenwirken zu können. Dabei sollten auch Volontäre "kleinster Zeitungen" in die "Berufskameradschaft von unten her" einbezogen werden.5 Ganz offen allerdings bezeichneten die Verantwortlichen die Reichspresseschule als Experiment.6 Einig waren sich alle drei journalistischen Praktiker in der Einschätzung, die zentrale Schulung könne das Volontariat nicht ersetzen. "Man kann in drei Monaten aus einem Menschen... nicht einen Journalisten machen", wußte RDP-Chef Weiß, aber "man kann den jungen Leuten an praktischen und theoretischen Beispielen zeigen, was Journalismus ist und welche Eigenschaften der journalistische Beruf erfordert." 7 Nachdem der angehende Journalist die "vorgeschriebene Zeit" in der Hitler1 Ebenda, Seite 37 f 2 Wilhelm Weiß. Die deutsche Presse eine wirkliche Großmacht, in: DP Nr. 49/1935, Seite 651 3 Wilhelm Weiß: Fünf Jahre Schriftleitergesetz, in: DP Nr. 26/1938, Seite 502 4 Wolf Meyer-Christian: Forderungen an den jungen Journalisten. Von der Boheme zum Berufsstand, in: Reichs-Jugend-Pressedienst Nr. 54 vom 05.03.1936, Seite 1 5 Ebenda, Seite 3 6 Zum Beispiel: Ein unbekannter Berichterstatter zitierte den RDP-Chef, man sei sich wohl bewußt, "daß das Ganze vorerst ein Experiment darstelle", in: N N . : "Was Hauptmann Weiß von der Reichspresseschule erwartet", in: DP Nr. 3/1935, Seite 29. Auch Schwarz van Berk schrieb, es handele sich bei der RPS um ein "Experiment, fur das es weder eine pädagogische Formel, noch einen vergleichsweisen Vorgang gab." Hans Schwarz van Berk: Einheitlicher

Erziehungsplan

fur

den

Presse-Nachwuchs,

in:

DP

Nr.

17/1935,

Seite 197 7 Wilhelm Weiß: Pressefuhrung und Zeitungsgestaltung, in: DP Nr. 12/1937, Seite 142

150

Jugend, beim Arbeitsdienst und beim Militär absolviert hatte,1 sollten sich "grundsätzlich 12 Monate" Ausbildungszeit in einer Redaktion anschließen.2 Während des Volontariats wurde der Chefredakteur in die Pflicht genommen. Die "allgemeinen Ausbildungsvorschriften" forderten, er habe sich persönlich um die Allgemeinbildung der ihm anvertrauten Schützlinge verdient zu machen und den Schriftleiter i.A. durch Probearbeiten "fachlich" sowie durch Beeinflussung der "inneren und äußeren Lebenshaltung" charakterlich zu erziehen.3 Die Reichspresseschule sollte dann für den letzten Schliff zuständig sein. Nach drei Monaten, so glaubten die Verantwortlichen, könne man abschließend über die Kandidaten urteilen. "Menschlicher Wert und zeitungs-technisches Können, besondere Neigungen und ausbesserungsbedürftige Lücken werden... ermittelt, sein Urteil und sein Berufsinteresse, sein Verantwortungsgefühl und sein Korpsgeist auf die Probe gestellt, bevor er in die Berufsliste als Schriftleiter eingestellt wird." 4 Fest von der Dressierbarkeit des Menschen überzeugt, formulierte MeyerChristian sein äußerst weit gestecktes Programm: "Wir wollen den Mann zur praktischen Arbeit erziehen. Daneben aber - das ist die Aufgabe, die sich aus dem ständischen Element ergibt - kommt es auf die persönliche Erziehung an. Wir können und wollen Charaktere nahezu erwachsener Menschen umformen, wir können sie sichten und bearbeiten. Wir können die noch nicht zur Reifeentwicklung gelangten Menschen fördern und wir können sie ausscheiden." 5

1 Vergi, dazu Wilhelm Weiß: Die deutsche Presse eine wirkliche Großmacht, in: DP Nr. 49/1935, Seite 652 2 Vergi. Richtlinien fur die praktische Ausbildung der Schriftleiter i.A. vom 23.07.1936, in: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Bestand: DAP-AWI Nr. 8209. Dies galt fur Volontäre an Tageszeitungen. Bei Wochenzeitungen und Wochenzeitschriften sollte die Ausbildung sogar 18 Monate betragen, einem zwölfmonatigen Volontariat bei Fachzeitschriften mußte sich eine sechsmonatige zusätzliche Ausbildung an einer Tageszeitung anschließen. Schriftleiter i.A. bei täglich erscheinenden Korrespondenzen und Nachrichtenbüros hatten vor oder nach ihrem vorgeschriebenen sechsmonatigen Volontariat ein weiteres halbes Jahr Ausbildung bei einer Tageszeitung zu absolvieren 3 Ebenda 4 Wolf Meyer-Christian: Forderungen an den jungen Journalisten, in: Reichs-Jugend-Pressedienst Nr. 54 vom 05.03.1936, Seite 2 f 5 Wolf Meyer-Christian:

Der erste Kursus der Reichspresseschule beginnt, in: ZV

Nr. 49/1934, Seite 792

151

8.3. Konzept und Alltag Probleme in der Anlaufphase des Schulbetriebes Zunächst sah der Plan die Überprüfung der Ausbildung in den Redaktionen vor, um ein "Durchschleppen wertloser Elemente" ' zu verhindern. Die Verantwortlichen wußten kaum etwas über die 87 Volontäre, die sich am 9. Januar 1935 aus "allen Winkeln und Zipfeln des Reiches, aus Großstädten und kleinen, unbekannten Provinzstädtchen" 2 zum ersten Lehrgang der Reichspresseschule versammelt hatten. Weder die Dozenten noch die Schüler ahnten, was da auf sie zukommen sollte. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, hatten Meyer-Christian und Schwarz van Berk einen Fragebogen ausgeknobelt, den eine Schülerin später zur "geistigseelischen Röntgenaufnahme" 3 verklärte. Gleich am ersten Lehrgangstag konfrontierte Meyer-Christian den ersten Kurs mit achtzig Fragen, die in achtzig Minuten schriftlich zu beantworten waren. Auffallend geringen Wert legte man dabei auf die Überprüfung "weltanschaulicher" Festigkeit. Die weitaus meisten Fragen erforderten allgemeine, teilweise aber auch sehr spezielle Kenntnisse in den Bereichen Geschichte, Zeitungskunde, Grammatik und Justizwesen. Auch tagespolitische Ereignisse waren Gegenstand der Prüfung. 4 Das Resultat trieb den Schulleiter an den Rand der Verzweiflung. Ein Schüler machte den von Meyer-Christian so verehrten Emst Jünger zum kommunistischen Literaten, ein anderer hatte "den Krimkrieg als Krieg Englands gegen Abdel Krim entlarvt". Der gebildete RPS-Leiter vermeldete entsetzt: "Ein einziger Teilnehmer hat fast den ganzen Fragebogen richtig beantwortet. Den 1 Wolf Meyer-Christian: Forderungen an den jungen Journalisten, in: Reichs-Jugend-Pressedienst Nr. 54 vom 05.03.1936, Seite 2 2 Georg Zech: Eröffnung der Reichspresseschule in Berlin, in: DP Nr. 3/1935, Seite 29 3 Else Günther: Sieben zu Siebzig. Jungschriftleiterinnen in der Gemeinschaft der Reichspresseschule, in: DP Nr. 35/1936, Seite 432 4 Der Fragenkatalog forderte kurze Antworten, einige Beispiele: "Was heißt Sowjet?, "Wer steht höher: Staatssekretär oder Ministerialdirektor?", "Ist Setzer und Metteur dasselbe?", "Heißt es der oder das Primat?", "Was ist ein Offenbarungseid?", "Wie hoch schätzen Sie die Leistung eines Doppelgießwerks in 10 Minuten?", "Wer ist Atatürk?". Daneben harrten aber auch eindeutig mit ideologischem Ballast befrachtete Fragen der Beantwortung, z.B. "Sind Rasseforschung, Erbbiologie und Eugenik dasselbe?". Auch Fangfragen wie "Was bezweckt der N e w Deal in England?" gehörten zum Repertoire. Vergi. Abdruck der Fragen in DP Nr. 16/1935, Seite 188

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meisten gelang nur die richtige Beantwortung der Hälfte und viele lieferten eine Landkarte von Strichen ab, auf der nur hier und da eine Wortoase sporadische Fruchtbarkeit verkündete."1 Auch der weitere Verlauf des ersten Lehrgangs geriet nicht ganz nach Wunsch. Die Schüler waren mangels geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten auf vier kleinere Hotels verteilt worden. Lange Wege zwischen Hotels und Hörsälen führten zu "Kraft- und Zeitverlusten" und erschwerten die Disziplinierung durch sportlichen Drill. "Haltungs- und Mutübungen" während der dreimal wöchentlich angesetzten Sportnachmittage erwiesen sich nur als schwacher Ersatz. Zumal einige Schüler den geforderten Einsatz vermissen ließen und sich vor dem "körperlichen Dienst" drückten, wo sie konnten. Erst die Bestellung eines "Vertrauensarztes" sorgte für Abhilfe. Da durch den fehlenden Internatsbetrieb keine umfassenden Kontrollen möglich waren, nutzte der erlebnishungrige Nachwuchs seine Freiräume zur nachhaltigen Erkundung des Berliner Nachtlebens. Meyer-Christian sah sich genötigt, "im Interesse der Erhaltung der vollen Arbeitskraft... eine Art Zapfenstreich einzuführen".2 Des Schulleiters Resümee nach dem ersten Kursus fiel nicht gerade positiv aus. Nur in Sachen "Kameradschaft und Korpsgeist" habe der Lehrgang ein "erfreuliches Bild" geboten. Die besonders erwähnte "journalistisch ausgezeichnete Bierzeitung" konnte wohl nicht darüber hinwegtäuschen, daß trotz hoher Spesen inhaltlich nicht viel bewegt worden war.3 Die für den zweiten Lehrgang angekündigte "straffere und einheitlichere Lebensführung" 4 durch Anmietung internatsgeeigneter Räume änderte nur wenig an der allgemeinen Unzufriedenheit der Verantwortlichen. Nach dem zweiten Kurs lamentierte Meyer-Christian, die Schüler seien unmotiviert und besäßen miserable Manieren. Auch der Fragebogen, jetzt ideologisch eindeutiger ausgerichtet, brachte nicht das erhoffte Ergebnis. Unter acht Rubriken hatte die Schulleitung 100 Fragen subsumiert, zu deren Beantwortung den Schülern diesmal drei Stunden zur Verfügung standen. Die Volontäre hatten sich mit Kapiteln wie 1 Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 16/1935, Seite 187 2 Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 16/1935, Seite 186 3 Ebenda, Seite 188 4 Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 16/1935, Seite 188

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"Volkstum, Volkskunde, Rassenlehre", "Judenfrage" und "Sozialismus" auseinanderzusetzen.1 Von der politischen Einstellung ihrer Schüler zeigten sich die Herren Erzieher schwer enttäuscht. Meyer-Christian klagte, der Nachwuchs sei vom "Unstaat" geprägt und "im Trieb geschädigt". Auf siebzig negative Erscheinungen kämen gerade mal zehn "Charaktere und Könner".2 Nicht anders das Urteil des Reichsschulungsleiters Schwarz van Berk. Es sei traurig, "wie gering der politische Impuls und Instinkt" bei den aktuellen Jahrgängen entwickelt sei.3 Zudem fehle "echte Lebendigkeit und Aufgeschlossenheit in erschreckendem Ausmaß".4 Die negativen Berichte der Schulleitung riefen sodann den Propagandaminister auf den Plan. Goebbels zeigte sich zutiefst bestürzt und ließ es sich nicht nehmen, die Schüler des zweiten Lehrgangs ins Ministerium zu zitieren. Dort las er ihnen ordentlich die Leviten: "Es scheint, daß einige von Ihnen ihren Aufenthalt in Berlin als eine Art Erholungsurlaub ansehen." Und dann drohte er den verunsicherten Volontären: "Wenn mir mitgeteilt wird,... daß sich die allgemeinen Bildungs- und Wissensverhältnisse in Ihrem Kreise auf einem wenig erfreulichen Niveau befinden, so können Sie sich denken, daß ich einem solchen Zustand vielleicht zwei Monate zuschauen kann, aber nicht länger... Ich werde fiir den nächsten Kursus strengere Auslesegesetze in Anwendung bringen, und ich kann Sie auf das bestimmteste versichern, daß ein Journalist, der nicht über ein gewisses Maß an Wissen und Charakter verfugt, in die Presseliste einfach nicht aufgenommen wird. Er kann dann alles andere werden, aber nicht Schriftleiter." 5 Goebbels' "ernste Mahnworte" und diverse Berichte in der "Deutschen Presse" über die "Generation ohne Zuchtrute", über "Kaffeehausblüten mit schmutzigen 1 Vergi. "U.A.w.g. Der Fragebogen des zweiten Semesters der RPS", in: DP Nr. 32/1935, Seite 393. Der Fragebogen war unterteilt in "I. Weltpolitik, II. Innenpolitik, III. Wirtschaft, IV. Volkstum, Volkskunde, Rassenlehre, V. Judenfrage, VI. Sozialismus, VII. Kulturpolitik, VIII. Allgemeines" 2 Wolf Meyer-Christian: "Volontärsausbildung" - die andere Seite, in: DP Nr. 32/1935, Seite 388 f 3 Hans Schwarz van Berk: Zeitungs-Studenten, in: Der deutsche Student, Juniheft 1935, Seite 361 4 Hans Schwarz van Berk: Routine - aber kein Nachwuchs!, in: DP Nr. 32/1935, Seite 387 5 "Ernste Mahnworte an den Schriftleiternachwuchs. Reichsminister Dr. Goebbels vor dem zweiten Lehrgang der Reichspresseschule", in: DP Nr. 26/1935, Seite 309

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Fingernägeln und dreckigem Kragen", die nur "auf billige Art Berliner Luft" atmen wollten,1 wurden von vielen Redaktionen im Reich begierig aufgegriffen.2 Die Schule war in Berufskreisen nicht unumstritten. Und da es riskant war, mit eigenen Urteilen gegen die RPS aufzutreten, boten die offiziellen Verlautbarungen eine willkommene Gelegenheit zu kaschierter Kritik. Zu Recht registrierte Schwarz van Berk "Schadenfreude" bei einigen Kollegen und forderte sie auf, die betrüblichen Erkenntnisse nicht weiter "breitzutreten".3 Die negativen Berichte wuchsen sich bald zum Politikum aus, daß sich sogar das Propagandaministerium zum Eingreifen veranlaßt sah. Nachdrücklich bat der RMVuP-Beamte Werner Stephan vor der Reichspressekonferenz am 25. November 1935 darum, jede weitere Beschäftigung mit dem Thema in der Tagespresse zu unterlassen.4 Nachdem während des ersten Kurses die Hälfte der Schüler "mit dem blauen Brief der Untauglichkeit" 5 nach Hause geschickt wurde und auch der zweite Lehrgang "allmählich von 85 auf 55" 6 Teilnehmer zusammenschrumpfte, sannen Schulleitung und Reichsverband auf Abhilfe: "Die Erfahrungen der bisherigen zwei Lehrgänge haben uns... gezeigt, daß wir uns nicht darauf verlassen können, welches Material uns von den Zeitungen geliefert wird." 7 Seit dem fünften Lehrgang erfolgte eine erste Auswahl in den Landesverbänden. Nun mußte sich der Volontär schon vor dem Besuch der Reichspresseschule einer Prüfung stellen, die über seinen weiteren Berufsweg entschied. 1 Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - Ein Sieb fur den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 382 2 Selbst das angeblich satirische Blatt "Kladderadatsch" machte Goebbels' Kritik zum Thema. Unter der Überschrift "Dr. Goebbels' Rezept" hieß es: "Doch im Prüflingsinteresse steht ein Mittel nur zur Wahl, das den jungen Herr'n der Presse Dr. Goebbels ernst empfahl. Wenn du Injektionen, geplackter Prüfling, brauchen willst, so sei's Wissen, Können und Charakter und Beständigkeit und Fleiß", in: "Kladderadatsch" Nr. 28 vom 14.07.1935 3 Hans Schwarz van Berk: Was unter uns bleiben muß!, in: DP Nr. 35/1935, Seite 424 4 Vergi. ZSg. 102/1/45 (5) vom 25.11.1935, in: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Band 3/II: 1935. Bearbeitet von Gabriele Toepser-Ziegert, München-London-New YorkOxford-Paris 1987, Seite 792 5 Hans Schwarz van Berk: Einheitlicher Erziehungsplan für den Presse-Nachwuchs. Die Lehre aus dem ersten Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 17/1935, Seite 197 6 Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - Ein Sieb fur den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 381. Der Berichterstatter vermerkte, zwanzig Schüler seien aufgrund mangelnder Leistung, zehn aus "charakterlichen" Gründen der Schule verwiesen worden 7 Wilhelm Weiß: Presse und Nationalsozialismus, in: DP Nr. 29/1935, Seite 350

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8.4. Notbremsung nach dem IV. Lehrgang Das Selektionsverfahren vor dem Besuch der Reichspresseschule Während des Reichspressetages Ende 1935 kündigte Wolf Meyer-Christian eine Zwischenprüfung vor dem Besuch der Reichspresseschule an.1 Die Schulleitung hatte wohl begriffen, daß es allgemein einen schlechten Eindruck hervorrief, wenn ein hoher Prozentsatz der Lehrgangsteilnehmer während der Schulung zum Abbruch gezwungen wurde. Schwarz van Berk war zudem der Überzeugung, daß ein großer Teil der Vorbehalte gegen die RPS in den Redaktionen von gescheiterten Absolventen geschürt werde: "Wir haben auch schon die Erfahrung gemacht, daß besonders die, die bei uns schlecht abgeschnitten haben, am ergiebigsten auspacken." 2 Da erschien es taktisch klüger, unerwünschte Personen und potentielle Querköpfe schon im Vorfeld herauszufiltem. Aber auch die begrenzten Möglichkeiten der Schule machten eine frühzeitigere Selektion erforderlich. Es hatte sich wohl herausgestellt, daß man von zu geringen Volontärszahlen ausgegangen war.3 Da der erfolgreiche Besuch der Reichspresseschule endgültig als Voraussetzung zur Eintragung in die Berufsliste A verankert wurde, hätte die RPS ohne Vorprüfung ihre Kapazitäten erweitern müssen. Dazu aber war sie aus organisatorischen und finanziellen Gründen nicht in der Lage. Seit Juli 1936 fanden Aufnahmeprüfungen in den einzelnen Landesverbänden des RDP statt. Zur Teilnahme verpflichtet waren alle Zeitungsvolontäre, die bereits neun Monate ihrer Ausbildung absolviert hatten. Für Schriftleiter i.A. bei Zeitschriften waren mindestens fünfzehn Monate erforderlich. Die zuständigen RDP-Landesverbandsleiter ermittelten anhand der Berufsliste C, wer für die Prüfung in Frage kam und meldeten das Ergebnis an ihre Berliner Zentrale.4 Die Kandidaten wurden dann per Formblatt "einberufen". Zu Beginn der dreistündigen Klausur hatte der Prüfling lückenlose Unterlagen 1 Vergi. "Neuregelung der Nachwuchsausbildung", Rede von Meyer-Christian, in: DP Nr. 50/1935, Seite 666 2 Hans Schwarz van Berk: Was unter uns bleiben muß!, in: DP Nr. 35/1935, Seite 425 3 Der zweite Leiter der RPS, Fritz Zierke, berichtete im Mai 1937, von den Bewerbern fur den 6. und 7. Lehrgang sei nur etwa die Hälfte der Prüflinge zum Besuch der RPS zugelassen worden. Vergi. Fritz Zierke: Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 204 4 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 48 vom 24.06.1936, in: B A R 103/2

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abzuliefern: Einen Fragebogen, der nach persönlichen Daten forschte, einen "zeitungsgerechten" Wochenbericht mit Angaben über das Aufgabengebiet und ein detailliertes Zeugnis des Chefredakteurs, das Informationen über Umfang der Ausbildung, Leistung und Person des Volontärs enthalten mußte.1 Die Klausurthemen, die sich die Schulungsleitung der RPS ausgedacht hatte, wurden den Landesverbänden im verschlossenen Umschlag zugeleitet, der erst in Gegenwart der Probanden geöffnet werden durfte. Eine Vorsichtsmaßnahme, die Manipulationen nach Möglichkeit ausschließen sollte. Nachdem das gesamte Material in Berlin ausgewertet worden war, entschied die Schulleitung über Aufnahme oder Ablehnung der Bewerber. Die Inhalte der Klausur Mitte 1936 lehnten sich eng an die Fragebögen des ersten und zweiten Lehrgangs an. Nachdem Hans Schwarz van Berk und Wolf Meyer-Christian nicht mehr für die Reichspresseschule tätig waren, sollte sich das Konzept erheblich verändern. Die neuen Entscheidungsträger, Fritz Zierke und Karoly Kampmann, legten weit weniger Wert auf gediegene Allgemeinbildung. Der obligatorische Fragebogen schrumpfte auf ganze achtzehn Fragen zusammen, die den "Stand des Allgemeinwissens" nur noch "in ganz großen Zügen dartun" sollten. Der neue Schulleiter Fritz Zierke konnte sich einen Seitenhieb auf seinen Vorgänger Meyer-Christian nicht verkneifen: "Es wird peinlichst vermieden, diesem Fragebogen den Charakter eines Spießrutenlaufens zu verleihen, bei dem der arme Schriftleiter i.A. durch eine Gasse von Oberlehrern alten Stils, Lexikonredakteuren, Statistikern, juristischen Repetitoren und ähnlich wenig sympathischen Typen hindurchkriechen muß." 2 Nun sollte der Fragebogen für jedermann zu beantworten sein, "der als Nationalsozialist aktiv am Leben der Nation Anteil nimmt". Entsprechend simpel gestaltete sich die Fragestellung. Beispielsweise hatten die Kandidaten drei "wichtige Werke des nationalsozialistischen Schrifttums" zu nennen und "die Entwicklung der NSDAP im Deutschen Reichstag bis 1933" herunterzubeten. Des weiteren hatte der Volontär einen Aufsatz zu schreiben. An einem Thema, wie "Was veranlaßt und berechtigt uns, Kolonien zu fordern?", sollte er sein "Darstellungsvermögen" unter Beweis stellen. Und zusätzlich zum Wochenbericht, der "in aller Muße" abzufassen war, mußten noch fünf Probearbeiten eingereicht werden, die der Volontär in seiner Zeitung veröffentlicht hatte.3 1 Vergi. Einberufungsformular im Anhang zu RDP-Rundschreiben Nr. 49 vom 30.06.1936, in: B A R 103/2 2 Fritz Zierke: Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 204 3 Fritz Zierke: Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 204

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Von der Prüfung vor dem Besuch der Reichspresseschule hing viel ab. Die Volontäre hatten den größten Teil ihrer Berufsausbildung bereits absolviert. Ein negatives Klausurergebnis konnte bedeuten, daß alle bisherige Anstrengung vergebens war. Die Angst vor Vernichtung der beruflichen Existenz trieb die Kandidaten zu "Täuschungsmanövern". "Vorsagereien, Abschreibereien" und die Benutzung unerlaubter Hilfsmittel1 führten zu einer weiteren Verschärfung der Prüfungsbedingungen. Einige abgelehnte Bewerber durften die Aufnahmeprüfung wiederholen, doch viele wurden "zur Berufsaufgabe genötigt oder eindringlich aufgefordert". 2 "Untaugliche Elemente" werde man "ausmerzen",3 hieß das Verfahren in der bezeichnenden Sprache des barbarischen Systems.

1 Vergi. RDP-RundschreibenNr. 3 vom 13.01.1938, in: B A R 103/4 2 Fritz Zierke: Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 205. Die Prüfiingsergebnisse wurden auch den Verlagen und Chefredaktionen zugeleitet. Vergi. Schreiben Biedrzynski/RPS an den Leiter des Landesverbandes Ostmark ohne Datum (Mitte 1939), in: Privatarchiv Fritz Hausjell: Kopie Bestand "Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark", Akte Reichspresseschule. Ein vernichtendes Urteil dürfte unweigerlich die Kündigung des betreffenden Volontärs nach sich gezogen haben 3 Fritz Zierke. Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 203

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9.

GEMISCHTE AUSWAHL DAS LEHRPERSONAL DER REICHSPRESSESCHULE

"Ich gelobe: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein und meine Dienstobliegenheiten gewissenhaft und uneigennützig erfüllen." 1 Vom Schulleiter bis zur Küchenhilfe, das Gelöbnis galt für alle festangestellten Arbeitskräfte der RPS als Einstellungsvoraussetzung. Die "Gefolgschaftsmitglieder" des Reichsverbandes der deutschen Presse zählten zum öffentlichen Dienst und wurden in der Regel nach dem Reichstarif für Arbeiter und Angestellte bezahlt. Die Reichspresseschule begann zunächst mit nur fünf festbesoldeten Kräften, von denen sich zwei mit dem Lehrbetrieb beschäftigten. Erst ab dem Haushaltsjahr 1936 wurde das Personal erheblich aufgestockt. Das RMVuP gestand dem Reichsverband fur die Reichspresseschule nun dreizehn, ab 1937 dann vierzehn Planstellen zu.2 Doch die arbeitsintensive Verwaltung und der aufwendige Betrieb der RPS ließen bei der Besetzung der Dozentenstellen nur wenig Spielraum. Über mehr als drei angestellte Lehrer konnte die Schule zu keiner Zeit verfugen.3 1 Dieses Gelöbnis findet sich in nahezu allen Personalakten der RPS-Mitarbeiter, vergi. Β Α R 103/175-202. Die Verpflichtung zum Gelöbnis galt fur sämtliche Beschäftigte im Bereich der Reichskulturkammer, den angegliederten Kammern und Verbänden, vergi, dazu Heinrich Grensemann: Leitfaden für den Geschäftsbetrieb der Reichskulturkammer, Berlin 1937, Seite 86 f 2 Der RDP, laut § 23 SchLG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, unterstand der gesetzlichen und haushaltsrechtlichen Aufsicht des RMVuP. Der gesamte Haushalt des RDP einschließlich des Stellenplans bedurfte der Genehmigung durch die Abteilung IB (Haushalts-, Rechnungs-, und Kassenwesen) im RMVuP. Die Besetzung der Planstellen bei der RPS wie auch die außertarifliche Bezahlung ihrer Lehrkräfte mußten mit dem Ministerium abgesprochen werden 3 Im Haushaltsvoranschlag der RPS 1935 (gültig ab 01.04.1935) sind nur der RPS-Leiter und dessen "Assistent" als Unterichtspersonal vorgesehen, die restlichen drei Planstellen entfallen auf eine Sekretärin, den Hausmeister und einen sogenannten Geschäftsführer, später auch "Kameradschaftsfuhrer" genannt. Vergi. ΒΑ R 103/150. Für das Haushaltsjahr 1936 (gültig ab 01.4.1936) plant man die Besetzung von drei Dozenten- und einer Assistentenstelle, von denen allerdings zwei Dozentenstellen nicht besetzt waren, vergi. Β Α R 103/146. Erst seit 01.04.1937 wurden drei Dozenten namentlich aufgeführt. Die Verpflichtung einer vierten Lehrkraft zerschlug sich, die dafür vorgesehene Stelle wurde im Haushaltsjahr 1938 wieder gestrichen, Vergi. ΒΑ R 103/146

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Anfang Oktober 1934, also drei Monate vor Eröffnung der Reichspresseschule, beschrieb Reichsschulungsleiter Hans Schwarz van Berk seine Vorstellung vom idealen Lehrkörper: "Die Sache steht und fällt mit dem Führer und den Lehrern. Daß nur Männer vom Fach und daß nur Nationalsozialisten für alle wesentlichen Lehrgebiete in Frage kommen, versteht sich." 1 Da aber nur die "besten Männer" aus den Redaktionen zum Zuge kommen sollten, bereitete die Rekrutierung der Dozenten erhebliche Schwierigkeiten. Hervorragende Journalisten mit NSDAPParteibuch waren selten. Also mußte die Reichsschulungsleitung auch auf parteilose Redakteure zurückgreifen, wollte sie ihren elitären Qualitätsanspruch nicht reduzieren. Schon Mitte November 1934 mußte Hans Schwarz van Berk das Dilemma eingestehen. In seiner Rede vor dem Reichspressetag bekannte er indirekt, nicht genügend qualifizierte NS-Redakteure gefunden zu haben. Nun sollten nur noch "alle weltanschaulichen Fragen" ausschließlich von ausgewiesenen Nationalsozialisten gelehrt werden. 2 Die Arbeit der festangestellten RPS-Dozenten gestaltete sich durchaus attraktiv. Bei lukrativem Gehalt hatten sie maximal 50 Stunden pro Lehrgang zu unterrichten,3 die Auswahl des Lehrstoffs blieb ihnen weitgehend selbst überlassen. Unter den Mitarbeitern des Reichsverbandes genossen sie eine relativ unabhängige Stellung. Die organisatorische und räumliche Trennung von der RDPGeschäftsstelle bewahrte die Dozentenschaft vor täglicher Einmischung in den Lehrbetrieb. Auch verfugte die RPS über einen eigenen Etat. Die Lehrer konnten so relativ selbständig über die Verwendung der Gelder und die Einstellung des Personals entscheiden. Aufreibende Auseinandersetzungen mit der Bürokratie blieben ihnen weitgehend erspart. Die Protektion durch Goebbels verlieh der Schule und ihren Dozenten entsprechendes Ansehen bei Berufskollegen und in der Öffentlichkeit. Und die vielfaltigen Repräsentationstermine boten häufig die Gelegenheit direkter Kontaktaufnahme zu den mächtigen Beamten in RMVuP und anderen einflußreichen Potentaten in Partei und Staat. Gute Beziehungen waren im Dritten Reich weitaus nützlicher als verbriefte Ansprüche. Diverse Probleme ließen sich schnell und bequem über den "kleinen Dienstweg" lösen. 1 Hans Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 4 2 Hans Schwarz van Berk: Nachwuchs und Standesbildung, in: DP Nr. 48/1934, Seite 6 3 Für den Leiter der Reichspresseschule reduzierte sich das Pflichtpensum von 1936 an auf 25 Stunden. In der restlichen Zeit durfte er sich seinen Verwaltungsaufgaben widmen, die seit 1936 durch die Prüfungen vor dem Besuch der RPS beträchtlich zugenommen hatten

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9.1.

Die Schulleiter

Der Leiter der Reichspresseschule, obwohl formal in allen Fragen dem Leiter des Reichsverbandes und der Schulungsleitung unterstellt, bekleidete eine äußerst machtvolle Stellung. Als "hauptamtliches Vollzugsorgan der Schulungsleitung" hatte er den Gesamtkomplex Reichspresseschule zu verwalten. Seine Aufgaben erstreckten sich auf die "dauernde Überwachung der Presseschüler in- und außer Dienst", die Dienst- und Tageseinteilung, die Durchfuhrung des Stundenplans und die "Pflege des kameradschaftlichen Zusammenlebens".' Für den Leitungsposten kam natürlich nur ein verdienter "Kämpfer der Bewegung" in Frage. Und den hatte man in Wolf Meyer-Christian rasch gefunden.

9.1.1.

Wolf Meyer-Christian

Wolf Christian Meyer, 1931 mit Genehmigung des Hamburger Senats in Wolf Meyer-Christian umbenannt,2 wurde am 16. Februar 1902 in Hamburg geboren. Aufgewachsen im großbürgerlichen Milieu, trat er der NSADP bereits am 1. März 1928 als Mitglied Nr. 77483 bei. Schon seit 1926 betätigte sich Meyer-Christian als Mitbegründer der Hamburger Hochschulgruppe im NS-Studentenbund. Anfang 1934 beantragte und erhielt er das "Ehrenzeichen der alten Mitglieder".3 Sein 1922 begonnenes juristisches Studium in Tübingen und Hamburg schloß Wolf Meyer-Christian 1932 als Assessor ab. Dem leidenschaftlichen Burschenschafter, der kurz vor Auflösung der Studentenverbindungen nur widerwillig austrat, widerstrebte allerdings eine juristische Karriere. Seiner journalistischen Neigung folgend, fand der Jurist eine Anstellung als politischer Redakteur beim Hamburger Tageblatt, einem NSDAP-Blatt der ersten Stunde. Unter seinem 1 RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: BA R 103/2 2 Vergi, dazu Schreiben der Gauleitung Mark Brandenburg an Reichsschatzmeister der NSDAP vom 27.05.1939, in: BDC-Personalakte Wolf Meyer-Christian. Er selbst hat nach Auskunft seines Sohnes behauptet, man habe ihn während seines Referendariats zur Namensänderung gedrängt, um Verwechselungen auszuschließen. Möglicherweise trieb ihn auch eine gewisse Eitelkeit dazu, nicht ein Meyer unter vielen zu bleiben 3 Im Unterschied zu anderen Funktionsträgern blieb der gläubige Nationalsozialist auch während

seiner

RPS-Dienstzeit

aktives

Mitglied

in

seiner

NSDAP-Ortsgruppe

Kleinmachnow. Das Kreisgericht der Partei in Teltow urteilte sehr positiv, es sei "selten der Fall, daß Akademiker in gehobenen Stellungen sich um ihre Ortsgruppe kümmern", in Abschrift der Urteilsbegründung des Kreisgerichts vom 25.01.1937, in: National Archives, Records of Reichs Ministry of Propaganda, Microcopy No. T-70, Roll No. 82

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Chefredakteur und Gönner Albert Krebs, vor 1933 auch Gauleiter von Hamburg, bemühte sich Meyer-Christian um eine relativ "undoktrinäre" Berichterstattung. Seine Kolumnen galten als "flüssig und witzig" geschrieben.1 Doch MeyerChristians Anlehnung an sozialkritische Tendenzen des Strasser-Flügels der NSDAP und seine überschwengliche Begeisterung fur Emst Jünger sorgten bald fur Konflikte.2 Eine von ihm redigierte Beilage fiel später weg, weil sie von der Themenstellung her für die Partei nicht mehr tragbar war. Beim Hamburger Tageblatt begegnete Meyer-Christian erstmals Hans Schwarz van Berk, der sich hier um einen Redaktionsposten bewarb. 3 Die sich zwischen den beiden Journalisten anbahnende Freundschaft dürfte für die spätere Bestallung Meyer-Christians zum Leiter der Reichspresseschule von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sein. Im September 1933 wechselte Meyer-Christian als Hauptschriftleiter zur Nordischen Rundschau, dem amtlichen Organ der NSDAP in Kiel.4 Hier stellte er sich dem RDP als Beisitzer des Berufsgerichts fur den Landesverband Schleswig zur Verfügung. Zu einer ersten Kontaktaufnahme des RDP zu Meyer-Christian scheint es im Sommer 1934 gekommen zu sein. Denn am 29. September 1934 veröffentlicht der designierte Leiter der Reichspresseschule, immer noch in Kiel tätig, einen ersten Aufsatz zur "Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses" im Verbandsorgan "Deutsche Presse", der sich mit der Forderung nach einem "Gemeinschaftskursus in der Art eines Kollegs" für Volontäre beschäftigte.5 RDP-Chef Wilhelm Weiß hatte sich auf Empfehlung von Albert Krebs persönlich um Meyer-Christians 1 Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP. Erinnerungen an die Frühzeit der Partei, Stuttgart 1959, Seite 84 f 2 In einem seiner Artikel zeigte Meyer-Christian derart viel Sympathie fur Strassers Thesen, daß Hitler alle Journalisten des Hamburger Tageblatts aus der Partei ausschließen wollte. Krebs konnte den Rauswurf nur mit Mühe verhindern. Vergi. Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP, a.a.O., Seite 155 3 Das Tageblatt konnte aber seine Gehaltsforderung nicht bezahlen, also wurde Schwarz van Berk nicht eingestellt. Vergi. Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP, a.a.O., Seite 236 f 4 Kurz vor seinem Abschied von Hamburg verlieh ihm der Hamburger Senat noch den Titel Regierungsrat, mit dem sich Meyer-Christian später gerne schmückte. Nach Recherchen des Verf. hat er sich allerdings nie in Diensten der Stadt Hamburg befunden. Es ist auch unklar, fur welche "Verdienste" man ihn mit dem Titel auszeichnete 5 Wolf Meyer-Christian: Die Erziehung des Schriftleiter-Nachwuchses, in: DP Nr. 39/1934, Seite 1 ff

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Verpflichtung bemüht. Es kann davon ausgegangen werden, daß Goebbels vorher um sein Einverständnis gebeten worden ist. Ende Oktober 1934 zog der 32jährige Journalist von Kiel nach Berlin, am 1. November trat er in die Dienste des Reichsverbandes der deutschen Presse.1 Am 1. Dezember 1934 meldet die "Deutsche Presse" in einer von Weiß unterzeichneten Bekanntmachung: "Ich habe zum Leiter der Schule den Pg. MeyerChristian bestellt".2 Zu diesem Zeitpunkt aber bestanden weder Schule noch eine detaillierte Konzeption für den Lehrbetrieb. Ohne konkrete Vorgaben hatten Meyer-Christian und Hans Schwarz van Berk den ersten Kurs vorzubereiten. Unter erheblichem Zeitdruck versuchten beide, sich einen Überblick über die Zahl der in Frage kommenden Volontäre zu verschaffen, geeignete Räume fur Unterbringung und Lehrveranstaltungen zu finden und Referenten für den beabsichtigten Lehrstoff zu verpflichten.3 Meyer-Christian oblag nicht nur die Verwaltung der Reichspresseschule, er nahm auch einen Teil des Unterrichts selbst in die Hand. Der gelernte Jurist unterwies die Schüler beispielsweise in "Gesetzeskunde". Doch seine Hauptaufgabe sah Meyer-Christian in der Betreuung der jungen Volontäre, die sich aus allen Ecken des Reiches bunt zusammengewürfelt in der Schule zu versammeln hatten. Und dabei scheint er durchaus Einfühlungsvermögen an den Tag gelegt zu haben. Auch wenn er ständig über Bildungsmängel und fehlendes NS-Bewußtsein klagte, so machte er dafür in erster Linie die Ausbildungsredaktionen und das schulische Umfeld seiner Zöglinge verantwortlich.4 Nach übereinstimmenden Angaben einiger RPS-Absolventen 1 Der RDP zahlte stolze 1.767,— RM fur seinen Umzug.. Vergi. Haushaltsabschluß der RPS im Haushaltsjahr 1934, in: BA R 103/150 2 DP Nr. 48/1934, Seite 12 3 Im Sonderheft der DP zur Reichspresseschule wird die Leistung Meyer-Christians gewürdigt: "Als Meyer-Christian beauftragt wurde, diese Schule aufzubauen, fand er nichts vor. Was er in wenigen Wochen aufgebaut hatte, zwingt zur Anerkenung", Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb fur den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 383 4 Zur Verantwortung der Schulen und Redaktionen fur die von ihm beklagten Mängel schrieb Meyer-Christian nach dem zweiten Kurs: "Denn wer hat uns die Leute zugeschickt, die im Kampf um die deutsche Sprache 8:0 unterlegen sind. Wer hat denn die armen Teufel angeleitet, die Moses fur den Begründer des Zionismus, Albanien fur einen afrikanischen Staat halten und Schlageter 1928, Horst Wessel 1933 gestorben sein lassen?", Wolf MeyerChristian: "Volontärsausbildung" - die andere Seite. Verbildeter Nachwuchs und die Verantwortung des Hauptschriftleiters, in: DP Nr. 32/1935, Seite 389

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genoß Meyer-Christian durchaus Respekt bei den Schülern, benahm er sich doch "korrekt und höflich".1 Bei vielen Schülern erwarb er sich sogar "Sympathien".2 Meyer-Christian wird als "locker, freundlich" beschrieben, zudem habe er weder "ideologischen Drill" noch "Indoktrination" betrieben.3 Obwohl er sich in seinen Beiträgen für die "Deutsche Presse" gerne als fanatischer NS-Anhänger präsentierte, konnte er im Alltag selbstbewußt über mangelndes nationalsozialistisches Bewußtsein bei seinen Schüler hinwegsehen. Robert Schmelzer berichtet von positiver Erfahrung, als er das Angebot MeyerChristians ausschlug, ihn in der Redaktion des Völkischen Beobachters unterzubringen.4 Leidenschaftlich schimpfte der alte Pg. und Ehrenzeichenträger auf "Parteibonzen", anmaßende Pressestellen und ließ sich immer wieder zu "saloppen Anmerkungen zu den Funktionen des Parteiapparates" hinreißen.5 Meyer-Christian wähnte sich wohl unangreifbar. Seine Position sorgte schließlich fur direkten Zugang zum Propagandaminister, der sich sehr für die Schule interessierte und sich regelmäßig über den Stand der Dinge unterrichten ließ.6 Der gesellschaftliche Aufstieg zum Entscheidungsträger7 in der Metropole Berlin behagte dem jungen Leiter, zumal er sich seine Bemühungen um den Aufbau und 1 Brief von Robert Schmelzer an den Verf. vom 26.07.1988 2 Brief von Christian von Chmielewski an den Verf. vom 22 .06.1988 3 Brief von Friedrich Wilhelm Hymmen an den Verf. vom 16.05 .1988 4 Brief von Robert Schmelzer an den Verf. vom 26.07.1988, Schmelzer schreibt: "Als der Kursus zuende ging, sagte mir Meyer-Christian, er habe meinen Papieren entnommen, daß ich nicht NSDAP-Mitglied sei. Wenn ich in die NSDAP eintreten sollte, könnte er mir eine Redakteurstelle beim 'Völkischen Beobachter' oder anderswo beschaffen. Nach ein paar Augenblicken sagte Meyer-Christian, er merke an meinem Schweigen, daß mir sein Vorschlag nicht gefiele. Als ich weiter schwieg, sagte er - aber keineswegs bösartig -, er wisse jetzt Bescheid. Als es zum Kursusende kam, sagte er mir noch ermunternd, ich sei doch der Sohn eines Lokführers, und Lokführer-Söhne können sich gut allein durchschlagen 5 Brief von Christian von Chmielewski an den Verf vom 22.06.1988. Weiter heißt es hier: "Als Träger des 'Goldene Parteiabzeichens' nahm er sich gern etwas heraus - als einer, der sich das offenbar leisten durfte" 6 Vergi. z.B. Tagebucheintrag vom 27.06.1936, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente, hrsg. von Elke Fröhlich im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv, Teil 1 Aufzeichnungen 1924-1941, 2. Band, München-New York-London-Paris 1987 7 Meyer-Christian verfügte seit 1935 auch über Statussymbole wie Dienstsiegel und offizielles RPS-Briefpapier, vergi. ΒΑ R 55/193 Fol. 105

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den Betrieb der Reichspresseschule gut bezahlen ließ. Bei Einstellung hatte er ein außertarifliches Gehalt in Höhe von 900,- RM und ein zusätzliches pauschales Honorar von 100,- RM gefordert, was ihm der Reichsverband dann auch anstandslos gewährte. Meyer-Christian leistete sich eine "standesgemäße" Wohnung, auch ein Auto konnte er mühelos unterhalten.1 Weiterer Wohlstand schien vorprogrammiert. Doch Ende Juni 1936 fiel im RMVuP bei Verhandlungen über den Haushalt des RDP auf, daß der Reichsverband seine Führungskräfte zu hoch dotierte. Staatssekretär Walther Funk ordnete daraufhin persönlich an, die Gehälter des Hauptgeschäftsführers, des Justitiars und auch Meyer-Christians Bezüge erheblich zu reduzieren. Gegen die Kürzung konnte Meyer-Christian unter Umgehung des Dienstweges erfolgreich opponieren. Dabei nutzte er seine guten Beziehungen zum RMVuPMinisterialrat Alfred Ingemar Berndt, der seine Ansprüche direkt bei Goebbels durchsetzen sollte. Es klappte, am 2. Juli erhielt die Haushaltsabteilung des RMVuP eine Nachricht der Abteilung IV (Presse): "Herr Ministerialrat Berndt hat mir aufgetragen, Ihnen mitzuteilen, daß der Herr Reichsminister den Wunsch ausgesprochen hat, daß die Bezüge von Herrn Regierungsrat Meyer-Christian, dem Leiter der Reichspresseschule, nicht gekürzt werden sollen. Herr Ministerialrat Bemdt bittet sie, das Entsprechende veranlassen zu wollen." 2 Meyer-Christians Vorgehensweise muß den Staatssekretär wohl erbost haben, mit dieser Entscheidung wollte sich Funk nicht einfach abfinden. Am 18. Juli diktierte er eine Aktennotiz für den Minister: "Ein Nettogehalt von 750,- RM ist fur Meyer-Christian m.E. absolut ausreichend. Wir müssen sowieso noch 1 bis 2 weitere beruflich tätige Kräfte fur die Presseschule" engagieren.3 Meyer-Christian ließ nicht locker. Unter Einschaltung Berndts schrieb er nun ohne Rücksichtnahme auf die Eitelkeiten der Ministerialhierarchie direkt an Goebbels: "Bei der letzten Rücksprache, die Sie mir gewährten, wurde die Absicht des Reichsverbandes der deutschen Presse berührt, im Einvernehmen mit der Wirtschaftsabteilung Ihres Ministeriums mein Gehalt zu kürzen... Sie, sehr 1 Für seine Wohnung in Berlin-Kleinmachnow hatte er monatlich 200,-RM zu zahlen, für die Abzahlung seines Fahrzeugs mußte er 100,-RM im Monat aufwenden, vergi. Schreiben Meyer-Christian an Goebbels vom 21.07.1936, BA R 55/193 Fol. l l l f 2 Schreiben Brauweiler (Abteilung IV) an Rüdiger (Abteilung IB) vom 02.07.1936, B A R 55/193 Fol. 109 3 Aktennotiz von Walther Funk an Ministerialrat Hanke "mit Bitte um Vorlage beim Herrn Minister" vom 18.07.1936, B A R 55/193 Fol.107

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verehrter Herr Minister, äußerten damals, daß der Leiter der Reichspresseschule fur seine immerhin nicht ganz unverantwortliche Stellung mit einem ausreichenden und angemessenen Gehalt entlohnt werden solle... Indem ich Ihnen, sehr verehrter Herr Minister, die von Ihnen mißbilligte Gehaltskürzung melde, bitte ich Sie um Verwirklichung Ihrer Zusage, damit ich unbelastet von Sorgen um die Ernährung meiner Familie meinen Dienst versehen kann." 1 Noch am gleichen Tag ordnete der Propagandaminister an, die Gehaltskürzung rückgängig zu machen und entsprechende Beträge nachzuzahlen.2 Funk mußte sich fügen. 3 Doch damit hatte Meyer-Christian den Bogen wohl endgültig überspannt und wichtige Kreise im RMVuP aufs Höchste verärgert. Auch beim RDP wurden die Ereignisse sorgfältig registriert. Die Gehälter Ihdes und des Justitiars Wawretzko blieben nämlich gekürzt, was bei den Betroffenen naturgemäß Neid und Unmut hervorrief. Es kann daher nicht verwundern, daß sie Meyer-Christian die Unterstützung versagten, als er kurze Zeit später in arge Bedrängnis geriet. Schon seit Beginn seiner Tätigkeit für den RDP hatte sich Meyer-Christian mit seiner vorlauten und respektlosen Art nicht nur Freunde gemacht. Vor allem die Zusammenarbeit mit Wilhelm Ihde gestaltete sich höchst unerfreulich. Meyer-Christian nahm vom Hauptgeschäftsführer des RDP keine Weisungen entgegen, fühlte er sich doch nur Wilhelm Weiß und dem Propagandaministerium verantwortlich. Nachdem sich eine Unterstellung, er habe Gelder der RPS unterschlagen, schnell als haltlos erwies, sollte sich seinen Gegnern bald die Gelegenheit bieten, ihn aus Amt und Würden zu vertreiben. Mitte August 1936, also nur drei Wochen nach Meyer-Christians erfolgreicher Intervention beim Propagandaminister, nahm eine Affäre ihren Lauf, die nicht nur Meyer-Christian ruinierte, sondern auch den gesamten Schulbetrieb der RPS durcheinanderbringen sollte. Ein ehemalige Schüler der Reichspresseschule, Kurt Frowein, bezichtigte MeyerChristian, ihn im Juni 1936 nach einer Zechtour sexuell belästigt zu haben. Nach der Olympiade denunzierte Frowein, inzwischen Schriftleiter beim "Angriff 1 , den RPS-Leiter bei seinem Chefredakteur Hans Schwarz van Berk, der den absurden 1 Brief Meyer-Christian an Goebbels vom 21.07.1936, BA R 55/193 Fol. U l f 2 Vergi. Schreiben von Berndt an Abteilung IB im RMVuP vom 21.07.1936, BA R 55/193 Fol. 113 3 Vergi Vermerk vom 30.07.1936, B A R 55/193 Fol.116

166

Vorwurf dem RDP meldete.1 Wilhelm Weiß, der unbedarfte Chef des Reichsverbandes, reagierte mit ungewohnter Entschlossenheit. Ohne Nachprüfung und Anhörung des Beschuldigten wurde Meyer-Christian, zu diesem Zeitpunkt schon über drei Jahre verheiratet und Vater zweier Kinder, am 21. August 1936 fristlos entlassen. Schließlich galt Homosexualität in der verklemmten Atmosphäre des Dritten Reiches als Verbrechen verwerflichster Art. Im Machtgerangel des Apparates hatten sich solche Vorwürfe bereits des öfteren trefflich bewährt, um unliebsame Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Goebbels, den Weiß sofort von der Anschuldigung in Kenntnis setzte, reagierte derart irritiert, daß er den Vorfall in seinem Tagebuch vermerkte: "Wieder einen peinlichen Fall 175. Meyer-Christian. Scheußlich!" 2 Die Gestapo nahm Meyer-Christian, der aufgrund der Beschuldigung sogar kurzzeitig verhaftet wurde, in die Mangel. 3 Auch seine Frau wurde von den Inquisitoren einer peinlichen Befragung zu ihrer Ehe unterzogen. Als ihm während der Untersuchung nahegelegt wurde, die Partei zu verlassen, sah sich MeyerChristian am 25. August 1936 zum Austritt aus der NSDAP gezwungen.4 Trotz rüder Verhörmethoden ließ sich allerdings nichts Nachteiliges beweisen. Die Gestapo meldete in ihrem Bericht an das RMVuP: "Die Ermittlungen gegen Meyer-Christian sind abgeschlossen. Beweise fur eine strafrechtlich zu ahndende gleichgeschlechtliche Betätigung haben sich nicht erbringen lassen. Gegen 1 Vergi. Abschrift der Aussage Froweins vor dem Arbeitsgericht vom 19.11.1936, National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll N o 82. Kurt Frowein, am 18.03.1914 in Wuppertal geboren, verließ die Redaktion des "Angriff' nur kurze Zeit nach dieser Affare wieder und arbeitete als Pressereferent in der Industrie. Später gelangte er als Schriftleiter zur Niedersächsischen Tageszeitung, bei der schon Wilhelm Ihde von 1932-1935 als Hauptschriftleiter tätig war. Im April 1940 trat Frowein als persönlicher Referent Goebbels1 ins RMVuP ein. Er konnte diesen Posten allerdings nur ein halbes Jahr bekleiden. Schließlich endete sein Berufsweg im Dritten Reich als Oberregierungsrat und Reichsfilmdramaturg unter dem Dach des RMVuP. Vergi. BDC-Personalakte Kurt Frowein 2 Tagebucheintrag vom 22.08.1936, in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels

Sämtliche

Fragmente, Teil 1, 2. Band, a.a.O. 3 Vergi. Abschrift der Urteilsbegründung des NSDAP-Kreisgerichts Teltow vom 25.01.1937, National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 4 Die Austrittserklärung schickte die Gestapo selbst ans "Braune Haus" in München. Vergi. Schreiben des Reichsschatzmeisters

der NSDAP

an die Gauleitung Kurmark

vom

18.09.1936, in: BDC-Personalakte Wolf Meyer-Christian. Erst am 7. Juli 1937 trat MeyerChristian wieder ein

167

Meyer-Christian wird weiter nichts veranlaßt." 1 Der von Meyer-Christian angestrengte Prozeß vor dem Arbeitsgericht ging Ende April 1937 zu seinen Gunsten aus. Die Richter kamen zu dem Schluß, "daß auch noch nicht einmal von einem gewissen Verdacht gegen den Angeklagten MeyerChristian gesprochen werden kann." 2 Und auch das NSDAP-Kreisgericht im Gau Kurmark urteilte, die fristlose Entlassung sei nicht zu billigen: "Das hier mit dem Parteigenossen Meyer-Christian geübte Verfahren widerspricht in jeder Beziehung nationalsozialistischen Grundsätzen." 3 Der Bescheid glich einer Ohrfeige fur Wilhelm Weiß und seinen Reichsverband, half aber dem geschaßten Leiter der Reichspresseschule zunächst nicht viel weiter. Meyer-Christian suchte Hilfe bei einflußreichen Freunden. So traf er sich am 1. September 1936 mit Wemer Stephan, Oberregierungsrat in der Abteilung IV des RMVuP und seit 1920 gut mit ihm bekannt. Meyer-Christian berichtete ihm von seiner Situation und machte sich Sorgen, nirgends mehr eine Stelle zu finden. RDP-Chef Weiß hatte ihm zwar zugesichert, der Reichsverband werde keinen Einspruch gegen eine weitere journalistische Tätigkeit erheben, doch mußte Meyer-Christian befürchten, wegen der umlaufenden Gerüchte für immer gezeichnet zu bleiben.4 Stephan wollte sich im RMVuP dafür verwenden, seinem alten Gefährten eine Unbedenklichkeitsbescheinigung auszustellen. Am 23. Oktober 1936 bat Meyer-Christian seinen Kontaktmann zu Goebbels, Alfred-Ingemar Berndt, um Überlassung des Gestapo-Berichts. Er erinnerte Berndt daran, daß er ja bereits lange "beim Reichsverband auf der Abschußliste" gestanden hätte.5 Auch Berndt setzte sich zunächst für ihn ein und schlug der Rechtsabteilung des RMVuP vor, den von Meyer-Christian angestrengten Prozeß vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden und dem zu Unrecht Entlassenen sein Ge1 Bescheid der Preußischen Geheimen Staatspolizei an das RMVuP vom 03.10.1936, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 2 Zitiert aus Schreiben der Abteilung IB im RMVuP an den Minister vom 25.06.1937, in National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 3 So in der Abschrift der Urteilsbegründung des Kreigerichts Teltow vom 25.01.1937, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 4 In einem Gesprächsprotokoll notierte Werner Stephan am 02.09.1936: "Diese Auffassung ist m.E. richtig Die fristlose Entlassung beim Reichsverband ist natürlich bekannt geworden, und die peinlichen Umstände, unter denen sie verfugt wurde, haben sich gleichfalls herumgesprochen", in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 5 Schreiben Meyer-Christian an Berndt vom 23.10.1936, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82

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halt bis zum 31. März 1937 nachzuzahlen.1 Doch nun mußte der Volljurist und überzeugte Nationalsozialist Meyer-Christian am eigenen Leib erfahren, wie willkürlich die Justiz im Dritten Reich nach politischen Vorgaben urteilte. Obwohl Meyer-Christian von verschiedenen Instanzen entlastet wurde und der Belastungszeuge Frowein seine Aussagen im Laufe des Prozesses immer weiter hatte abschwächen müssen,2 blieb ihm die Rehabilitierung versagt. Zu mächtig war der Einfluß des RDP im Verbund mit dem Propagandaministerium. Das Verfahren war bereits zu weit gediehen. Und zum öffentlichen Eingeständnis, gravierende Fehler gemacht zu haben, waren Weiß und die Verantwortlichen im Ministerium nicht fähig. Massiv unterstützt von der Rechtsabteilung des RMVuP, legte der RDP Berufung vor dem Landesarbeitsgericht ein. In der Begründung hieß es, allein der Verdacht habe eine Fortsetzung der Beschäftigung unzumutbar gemacht, da auch ohne Schuldnachweis das Vertrauensverhältnis bereits nachhaltig gestört worden sei. Zudem sei die Entlassung Meyer-Christians "auf persönliche und direkte Anordnung des Reichsministers Dr. Goebbels erfolgt." 3 Nachdem der Versuch der Rechtsbeugung durch den RDP beim Landesarbeitsgericht Berlin Wirkung zeigte,4 zog Meyer-Christian seine Klage 1 Vergi. Schreiben Berndt an Abteilung IB im RMVuP vom 09.02.1937: "Es wäre zweckmäßig, wenn der RDP sich freiwillig dazu entschließen würde, damit nicht das beschämende Schauspiel sich ereignet, daß der RDP als nationalsozialistische Körperschaft des öffentlichen Rechts vom Arbeitsgericht verurteilt werden muß", in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 2 Vergi. Schreiben der Abteilung IB an den Minister vom 25.06.1937, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 3 Berufiingsbegründung des RDP durch die Rechtsanwälte Strauch und Hielscher vom 04.06.1937 Die Anwälte kannten sich aus im Unrecht sstaat, weiter schrieben sie: "Eine Nachprüfung der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung... der obersten Reichsbehörde ist diesseitigen Erachtens der Nachprüfung entzogen", in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 4 Das Gericht signalisierte Meyer-Christian die Abweisung der Klage, vergi. Schreiben der Abteilung IB an den Minister vom 10.08.1937. Goebbels hatte zuvor sämtliche Vergleichsvorschläge abgelehnt und die Durchführung des Verfahrens angeordnet. Ein Vertreter des RMVuP sollte dem RDP während der Verhandlung zur Seite stehen. Es scheint aber, daß der Propagandaminister von seiner Rechtsabteilung vorsätzlich falsch informiert worden ist. Denn in der ministeriellen Weisung war nach wie vor von "homosexuellen Handlungen" die Rede, obwohl das erstinstanzliche Urteil diesen Vorwurf eindeutig verworfen hatte. Vergi. Weisung Ministerbüro an Abteilung IB vom 17.07.1937. Berndt erschien die Sache mittlerweile zu heikel, er versagte Meyer-Christian jede weitere Unterstützung. Alle Schreiben in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82

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entmutigt zurück. Auch mit dem Ausgang des Parteigerichtsverfahrens wollte sich Weiß nicht abfinden und suchte den Beistand der höchsten Instanz. Mit dem Hinweis, Goebbels habe die ihm sofort gemeldete Entlassung gebilligt, bat er das Oberste Parteigericht, "das Kreisgericht Teltow über die Grenzen seiner Befugnisse entsprechend zu belehren." 1 Das geschah dann auch.2 Meyer-Christian war also an allen Fronten geschlagen und befand sich nun auch wirtschaftlich in einer schwierigen Lage, mußte er doch einen Gehaltsvorschuß von rund 2.400,- Reichsmark an den RDP zurückzahlen. Mit Mühe fand er zwar eine neue Stellung. Sein Gehalt machte mit 550,- Reichsmark allerdings nur noch die Hälfte des Einkommens bei der RPS aus. Die Verantwortlichen des Reichsverbandes zeigten kein Mitleid. Auf Veranlassung des RDP sollten bei MeyerChristian monatlich 70 bis 80,- Reichsmark gepfändet werden. Nach Rücksprache mit dem RMVuP 3 reduzierten sich die Monatsraten auf 50,- RM. Seit Juli 1937 arbeitete Meyer-Christian als "diplomatischer Referent" 4 bei Transozean. Der halbstaatlichen Nachrichtenagentur, 1914 vom Zentralverband deutscher Industrieller unter dem Namen Deutscher Überseedienst gegründet, fiel im Ersten Weltkrieg die Aufgabe zu, ein Gegengewicht zu den "feindlichen" Diensten Havas und Reuter zu bilden. Im Dritten Reich diente die Agentur, die sorgfaltig Balance zwischen dem RMVuP und dem Außenministerium hielt, in erster Linie der Auslandsspionage. Auch Meyer-Christian sammelte unter dem Schutz seiner journalistischen Akkreditierung nachrichtendienstliches Material im Ausland. Während der "Sudetenkrise" hatte er 1938 Informationen aus Prag zu liefern. Eine herausragende Rolle konnte Meyer-Christian im Dritten Reich aber nicht mehr spielen. Auch der Versuch, sich mit einem Buch nochmals Gehör zu verschaffen, schlug fehl. Im Nibelungen-Verlag erschien 1941 "Die englisch-jüdische Allianz", ein antisemitisches Pamphlet, in dem sich MeyerChristian journalistisch flüssig, aber gedanklich verkrampft über die 1 Schreiben Weiß an Reichsleiter Buch vom 15.02.1937, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 2 Vergi. Schreiben des Obersten Parteigerichts an Kreisgericht Teltow vom 26.04.1937, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll 82 3 Schreiben des RDP-Justitiars Wawretzko an das Ministerium vom 29.07.1937, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll 82 4 So beschreibt er selbst seine Tätigkeit in einem Brief an die Reichsschrifttumskammer vom 05.12.1940, in: BDC-Personalakte Wolf Meyer-Christian

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"kapitalistische Weltherrschaft" des britischen Imperialismus ereiferte.1 Mitte 1940 meldete sich Meyer-Christian freiwillig zur Wehrmacht. Zweimal verwundet und nach langem Lazarettaufenthalt2 in der Berliner Charité' endete seine militärische Laufbahn als Führungsoffizier in Dänemark. Nach dem Krieg ließ sich Wolf Meyer-Christian als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt Hamburg nieder. Dort verstarb er am 25. September 1983. 3

9.1.2.

Fritz Zierke

Dr. phil. Fritz Zierke, geboren am 13.02.1908 in Stockheim, wurde am 1. November 1931 in die NSDAP aufgenommen. Als Parteimitglied Nr. 708662, ohne goldenes Ehrenzeichen und wenig aktiv in der Partei,4 unterschied sich der bei Dienstantritt erst 28jährige Dozent doch erheblich von seinem Vorgänger MeyerChristian. Im Gegensatz zum Gründer der Reichspresseschule muß man Zierke als "politisches Leichtgewicht" bezeichnen. Von dieser Entwicklung sollten Ansehen und Stellung der RPS innerhalb des Apparates nicht unberührt bleiben. Nachdem Zierke das Frankfurter Goethe-Gymnasium 1927 mit dem Abitur verlassen hatte, studierte er zunächst in Frankfurt drei Semester Geschichte, Germanistik und öffentliches Recht. Nach jeweils einem Semester an den Universitäten in Paris und in Berlin kehrte er nach Frankfurt zurück, um sein Studium zu be1 Wolf Meyer-Christian: Die englisch-jüdische Allianz, Berlin-Leipzig 1941. Warum sich Meyer-Christian ausgerechnet mit der angeblichen "Verschmelzung der englischen und der jüdischen Oberschicht" befaßte, bleibt einigermaßen rätselhaft. Als Sohn einer englischen Mutter mag er sich nach Beginn des Krieges in einem gewissen Identitätskonflikt befunden haben. Das Vorwort enthält hier einen vagen Hinweis, er schreibt auf Seite 10: "Der Bedroher ist nicht das englische Volk, sondern der britische Imperialismus: der Herrschafts- und Unterdrückungswille einer verhältnismäßig kleinen Schicht. Diese Schicht ist ebenso englisch wie jüdisch". Seine noch in England lebende Verwandtschaft mütterlicherseits zählte er wohl nicht zu jener Elite, gegen die der deutsche Soldat Wolf Meyer-Christian seinen Krieg fuhren wollte und mußte 2 Und selbst nach seiner Verwundung wollte ihm der RDP die Restschuld von 151,11 RM nicht erlassen. Auf Veranlassung des R M V u P wurde der Betrag gestundet, vergi. Schreiben des RDP an R M V u P vom 05.12.1941, in: National Archives..., Microcopy No. T-70, Roll No. 82 3 Schreiben von Wolf Meyer-Christian (jun.) an den Verf. vom 22.04.1988. Journalistisch hat sich Wolf Meyer-Christian nach Kriegsende nicht mehr betätigt, Aufzeichnungen zur Reichspresseschule hat er nicht hinterlassen 4 Vergi. Parteistatistische Erhebung 1939, in: BDC-Personalakte Fritz Zierke

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enden. Mitte 1931 promovierte Zierke mit einer Arbeit über die "deutsche Politik Hardenbergs in der ersten Periode seines staatsmännischen Wirkens".1 Seine Prüfer benoteten Zierkes Dissertation, die sich sehr positiv mit dem Bild des preußischen Staatskanzlers beschäftigte, mit "magna cum laude".2 Doch zunächst fand der gebildete junge Mann, der später angab, die Sprachen Latein, Griechisch, Französisch, Englisch und Italienisch zu beherrschen,3 keine adäquate Anstellung. Wie so viele seiner Leidensgenossen hielt sich der arbeitslose Akademiker in den nächsten zwei Jahren mit Hilfsarbeiten mühsam über Wasser. Erst nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ergab sich für Zierke die Chance auf feste Beschäftigung. Vom 1. April 1933 bis 31. März 1934 absolvierte er ein Volontariat im Scherl-Verlag, beim Berliner BörsenCourier und abschließend bei "Der Deutsche". Seine journalistische Ausbildung genügte damit den Vorschriften des Schriftleitergesetzes, worauf Zierke im Personalfragebogen des RDP ausdrücklich hinwies.4 Nach seinem Volontariat blieb Zierke bis zum 31. Januar 1935 als Schriftleiter in der Politikredaktion von "Der Deutsche", um dann am 9. Mai 1935 zu "Der Freiheitskampf nach Dresden zu wechseln, einer Zeitung, die im Nationalsozialistischen Verlag für den Gau Sachsen erschien. Als Redakteur für den politischen Teil verdiente der ledige Journalist hier beachtliche 550,- RM im Monat.5 Seit Sommer 1936 beabsichtige der RDP die Einstellung einer weiteren festbesoldeten Lehrkraft. Und mit Zierkes Verpflichtung waren die Planungen in bezug auf den Lehrkörper eigentlich abgeschlossen. Von "einer weiteren Einstellung von Dozenten oder Hilfsreferenten" wollte Weiß "vorerst absehen".6 Am 18. Au1 Fritz Zierke: Die deutsche Politik Hardenbergs in der ersten Periode seines staatsmännischen Wirkens. 1770-1807. Ein Beitrag zum politischen Bilde des preußischen Staatskanzlers und zur Geschichte des preußisch-deutschen Problems im Zeitalter der französischen Revolution, Phil. Diss. Frankfurt a M., Gelnhausen 1932 2 Zierke durfte mit Genehmigung von Karl Johann von Hardenberg das Familienarchiv auf Neu-Hardenberg benutzen und erhielt vom Kuratorium der Universität Frankfurt ein Archivforschungsstipendium sowie einen Druckkostenzuschuß. Vergi. Vorwort in: Fritz Zierke: Die deutsche Politik Hardenbergs in der ersten Periode seines staatsmännischen Wirkens, a a.O., Seite 5 3 Vergi. Personalnachweis Fritz Zierke, in: Β A R 103/202 4 Vergi. Zierkes Personalfragebogen, in: Β A R 103/202 5 Vergi. Arbeitsbescheinigung des Nationalsozialistischen Verlages für den Gau Sachsen, in: B A R 103/202 6 Vergi. Schreiben Wilhelm Weiß an Reichsschulungskommission vom 15.08.1936, in: B A R 103/202

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gust 1936, pünktlich zu Beginn des 5. Lehrgangs, sollte Zierke seine zunächst nach Reichsangestelltentarif bezahlte Stelle antreten.1 Doch da Zierke zunächst Schwierigkeiten hatte, aus seinem Dresdener Arbeitsverhältnis entlassen zu werden, traf er erst am 31. August in Berlin ein. Mittlerweile hatte sich die Situation der Schule dramatisch verändert. Nach der Entlassung Meyer-Christians am 21. August war die Position des Schulleiters verwaist. Und damit war auch niemand mehr da, der sich um die umfangreiche Verwaltungsarbeit hätte kümmern können. Der Reichsverband befand sich unter Zugzwang. Schließlich hatte der 5. Lehrgang der Reichspresseschule begonnen, und dem verbliebenen Assistenten wollte man die Geschäftsführung nicht anvertrauen. Wilhelm Weiß sah keine andere Wahl. Anfang September beauftragte der RDP-Chef den wenig erfahrenen Fritz Zierke mit der kommissarischen Leitung der Reichspresseschule.2 Weiß scheint mit Zierkes Amtsführung sehr zufrieden gewesen zu sein. Nach nicht einmal zwei Lehrgängen ernannte der RDP-Chef den Dozenten am 1. Februar 1937 endgültig zum Leiter der Reichspresseschule und erhöhte dessen Gehalt auf 800,-RM.3 Zierkes Tätigkeit ging einher mit einer rapiden Verschlechterung der Atmosphäre. Bespitzelungen und Denunziantentum vergifteten das Klima und vergällten vielen Schülern ihren Zwangsaufenthalt. Während sich die Ausrichtung der Kurse auf NS-Ideologie verschärfte, verringerten sich die Ansprüche qualitativer Art erheblich. Zu einem Teil müssen die geänderten Prioritäten wohl mit der Demission Hans Schwarz van Berks in Zusammenhang gebracht werden, der seit Spätherbst 1936 nicht mehr als "Reichsschulungsleiter" in Erscheinung trat und bereits vor Zierkes Einstellung nicht konsultiert worden war. Der neue Schulleiter hatte sich in erster Linie mit dem Vorsitzenden der Schulungsleitung Karoly Kampmann ins Benehmen zu setzen. Und Kampmann, der mit dieser Position intellektuell völlig überfordert war, teilte Zierkes autoritären Ansatz und ließ den Schulleiter gewähren. Die Schüler hatten unter dem 1 Vergi. Schreiben RDP an Zierke vom 15.08.1936, in: B A R 103/202 2 Zierke bestätigte seine Berufung schriftlich. Wie sehr ihn sein aus der Not geborener Aufstieg selbst überraschte, wird aus folgender Formulierung ersichtlich: "... eine Schilderung der mir schließlich zugedachten und zugefallenen Aufgaben werde ich erst nach Klarstellung der Verhältnisse an der RPS zu geben vermögen", handschriftl. Erklärung Zierkes vom 03.09.1936, in: B A R 103/202 3 Vergi. Schreiben Weiß an Zierke vom 08.02.1937, in: BA R 103/202. Die "Deutsche Presse" meldete die Ernennung in Nr. 9/1937, Seite 113

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veränderten Klima zu leiden. Der RPS-Absolvent Jürgen Petersen beschrieb Zierke, den er flüchtig von der Universität her kannte, als einen Nationalsozialisten "von der intelligenten, ungelösten, zäh arbeitenden Sorte, ein Spezialist für Kriegsschiffe", der "viel Historisches" erfragte, oft "zu speziell". Auf Wissen habe Zierke weniger Wert gelegt, man durfte nur nicht "politisch instinktlos" sein. Ein Schüler ging Zierke auf den Leim, als dieser hinterlistig fragte, ob der Anschluß Österreichs nicht vielleicht ein Fehler gewesen sei. Als der Volontär Bedenken anmeldete veranlaßte Zierke ohne Umschweife dessen vorzeitige Entlassung aus der RPS.1 Auch anderen ist Zierke als "fanatischer Parteidoktrinär" 2 in Erinnerung geblieben. Besonders ihm sei "die nationalsozialistische Weltanschauung immer richtunggebend" gewesen, seinen Kurs habe er mit erbarmungsloser "Härte" verfolgt.3 Nachdem sich Zierke als Leiter der Reichspresseschule etabliert glaubte, setzte sich das Kompetenzgerangel zwischen der RPS-Dozentenschaft und der Geschäftsstelle des RDP fort. Vordergründig ging es dabei meistens um haushaltsrechtliche Angelegenheiten, bei denen sich der neue RDP-Hauptgeschäftsführer Hans Henningsen übergangen fühlte. Zierke nahm sich das Recht, Gehälter ohne Rücksprache zuzusagen oder nach eigenem Ermessen Urlaubstage an die Angestellten der Schule zu verteilen. Wilhelm Weiß hatte dann Mühe, die Streitigkeiten zwischen RPS und RDP-Geschäftsstelle wieder zu schlichten.4 Gegen die Ansprüche der RDP-Geschäftsstelle gelang es Zierke allerdings nie, sich entscheidend durchzusetzen. Zudem erstarrten die Lehrgänge der Reichspresseschule zunehmend in Routine. Das mag den Leiter der Schule bewogen haben, sich nach einer anderen Tätigkeit umzusehen. Obwohl der Reichsverband sein Gehalt auf 1.200,-RM erhöhte, kündigte Zierke seinen Vertrag zum 1 Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte, Heft 3 (März) 1981, Seite 43 f 2 Brief von Karl (Maria) Bier an den Verf. ohne Datum (Juni 1988). Die Ehefrau des RPSSchülers Christoph Freiherr von Imhoff beurteilt Zierke in der gleichen Weise, wie sie dem Verf. in einem Telefonat am 24.07.1988 mitteilte 3 Brief von Hertha Brühl an den Verf. vom 24.01.1981 4 Zum Streit um Zuständigkeiten zwischen Zierke und dem RDP-Hauptgeschäftsführer Hans Henningsen vergi. Schreiben Henningsen an Zierke vom 19.07.1937, siehe auch Brief Zierke an Henningsen vom 11.02.1938. Selbst die falsche Frankierung der Post konnte erbittert geführte Auseinandersetzungen auslösen. Vergi. Schreiben Zierke an Henningsen vom 04.08.1937. In diesem Fall ging es um ganze sechs Pfennige. Alle Schreiben in Personalnachweis Fritz Zierke, in: BA R 103/202

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30. April 1939, um eine Stellung im Ausland anzunehmen.' Es begann ein zäher Abgang. Als sich Zierkes berufliche Pläne zerschlugen, bat er darum, noch einige Monate fur die Reichspresseschule tätig sein zu dürfen.2 Doch mittlerweile hatte der Reichsverband bereits einen anderen Dozenten vertretungsweise mit der Schulleitung beauftragt. Wilhelm Weiß lehnte Zierkes Weiterbeschäftigung zunächst ab,3 wollte aber fur diese Entscheidung keine Verantwortung übernehmen. So einigten sich die Parteien, den Fall im RMVuP vorzutragen. Kampmann und Zierke konnten Weiß sogar dazu überreden, die Weiterbeschäftigung Zierkes selbst vorzuschlagen. Nach anfänglicher Weigerung4 unterschrieb der RDP-Chef ein Gesuch,5 das RMVuP-Staatssekretär Otto Dietrich positiv beschied.6 Zierke blieb der RPS "zur besonderen Verfügung" erhalten, bis September 1939 mußte ihm der RDP die vollen Bezüge auszahlen.7 In den Kriegsjahren arbeitete Zierke wieder journalistisch. Vor allem schrieb er fur den Völkischen Beobachter.

1 Vergi. Schreiben Zierke an RDP-Landesverband Ostmark vom 27.03.1939. Seinem Parteigenossen Held teilte Zierke mit, er könne nicht an der Reise der Presseschüler nach Österreich teilnehmen. "Ich selbst bin leider nicht mit von der Partie, da mich Aufräumungsarbeiten festhalten, ehe ich Ende der Woche in Urlaub gehe und aller Voraussicht nach damit gleichzeitig meinen Abschied nehme von der Reichspresseschule", in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien: Kopie Bestand "Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark", Akte Reichspresseschule 2 Vergi. Schreiben Henningsen an Weiß vom 09.05.1939, in: B A R 103/202 3 Weiß bezweifelte Zierkes Engagement, er schrieb an Henningsen: "Die Frage ist, ob Dr. Zierke selbst die Absicht hat, sich weiter zur Verfügung zu stellen", Notiz Weiß an Henningsen vom 12.03.1939, in: B A R 103/202 4 Der RDP-Justitiar Wawretzko schrieb in einem Vermerk für Henningen vom 19.05.1939: "Hauptmann Weiß lehnt es ab, den vorliegenden Brief zu unterschreiben, da inzwischen eine Veränderung insoweit eingetreten ist, als Herr Dr. Zierke nach Auffassung von Hauptmann Weiß keinen Wert mehr darauf legt, in der beabsichtigten Form im Rahmen der Reichspresseschule tätig zu sein", in: Β A R 103/202 5 Schreiben Weiß an Otto Dietrich vom 23.05.1939, in: BA R 103/202 6 Dietrich schrieb am 02 06.1939 an den RDP: "Ich teile die Auffassung, daß es richtig ist, den Leiter der Reichspresseschule, Dr. Zierke, auch weiter in seiner bisherigen Stellung zu belassen", in: Β A R 103/202 7 Seit August wurde Zierkes Gehalt allerdings nur noch vorschußweise bezahlt. Der RDP behielt sich vor, die Beträge zurückzufordern. Vergi. Brief Wawretzko/RDP an RMVuP vom 16.09.1939, in: B A R 103/202

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9.2.

Die angestellten Dozenten

Der Lehrbetrieb der ersten sechs RPS-Kurse wurde fast ausschließlich durch Honorarkräfte aufrechterhalten. Obschon der Stellenplan des RDP seit 1935 Planstellen fur Dozenten der Reichspresseschule vorsah, konnten diese zunächst nicht besetzt werden. Zu den ausgelobten Tarifgehältern fanden sich keine qualifizierten Bewerber für den öffentlichen Dienst.1 Wolf Meyer-Christian, ohnehin ein erklärter Gegner festangestellter Dozenten,2 begnügte sich bis August 1936 mit einer Hilfskraft, die ihm bei der Vorbereitung des Lehrbetriebs zuarbeitete. Erst zu Beginn des 4. Lehrgangs wurde Heinz von Arndt zum Dozenten "befördert".3 Innerhalb des RDP hatte sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, ohne festen Lehrkörper sei die Arbeit der Reichspresseschule nicht mehr zu bewältigen. RDP-Chef Wilhelm Weiß erläuterte dem Reichsminister fur Volksaufklärung und Propaganda die Gründe: "Wenn... die Schule... ihre verantwortungsvolle Aufgabe so erfüllen soll, wie wir alle es erwarten, dann braucht sie... festbesoldete Dozenten, die für ihr Spezialgebiet qualifiziert sind... Die Erfahrungen der ersten Anlaufzeit, in der hauptsächlich mit ehrenamtlichen Kräften gearbeitet wurde, haben gezeigt, daß ohne einen hauptamtlichen Lehrkörper ein geordneter Schulbetrieb nicht aufrechterhalten werden kann und die Durchfuhrung eines systematisch vorbereiteten Lehrprogramms nicht möglich ist."4 1 Noch im August 1937 schrieb RDP-Chef Weiß an den RMVuP-Staatssekretär Walther Funk: "Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Besoldung nach der Vergütungsgruppe XI gerade für Schriftleiter dieser Art in einem Mißverhältnis steht zu den Gehältern, die bei großen Tageszeitungen für solche Schriftleiter gezahlt werden", Schreiben Weiß an RMVuP vom 28.08.1937, in: BDC-Personalakte Wilhelm Weiß. Der gleiche Brief findet sich auch in den Akten des RMVuP, in: BA R 55/193 Fol. 124 ff 2 Nach Abschluß des ersten RPS-Lehrgangs schrieb Meyer-Christian: "Die Reichspresseschule hat keine angestellten Lehrer... Die Auswahl der Vortragenden erfolgte dementsprechend nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Grundsätzlich aber wurde und wird versucht, für jedes einzelne Thema 'den besten Mann' heranzuziehen", in: DP Nr. 16/1935, Seite 186 f. Und im Dezember 1935 erklärte Meyer-Christian, es sei besser, nicht mit festangestellten Lehrkräften zu arbeiten, um "einen möglichst großen Wechsel unter den Lehrkräften durchzuführen, um so die Lebendigkeit und notwendige Subjektivität zu sichern", aus der Rede Meyer-Christians während des Reichspressetages 1935, in: DP Nr. 50/1935, Seite 666 3 Vergi. Planstellenverzeichnis der RPS von 1936, in: BA R 103/150 4 Schreiben Wilhelm Weiß an RMVuP vom 28.08.1937, in: BA R 55/193 Fol. 124 ff

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Der gelernte Exportkaufmann und Schriftleiter Heinz von Arndt war die erste hauptamtliche Lehrkraft der Reichspresseschule. Interessant erscheint, daß der am 7. Januar 1907 in Weinheim geborene Dozent zur Zeit seiner Tätigkeit an der RPS der NSDAP nicht angehörte.1 Vorher bereits als "Assistent" fur Meyer-Christian tätig, bekleidete er seit März 1936 die Stelle des Lehrers ftir "Kulturpolitik" der RPS. Sein schmales Gehalt 2 mag den jungen Journalisten veranlaßt haben, die Reichspresseschule Anfang Mai 1937 zu verlassen, um in die Kulturredaktion des Völkischen Beobachters einzutreten.3 Seit dem 15. März 1940 arbeitete er freiberuflich als Lektor im Verlag Karl Curtius 4 . Hier machte er bald Karriere und avancierte zum "Literarischen Leiter" des Verlages. In dieser Position nutzte er seine zu RPS-Zeiten geknüpften Kontakte zu Wilhelm Ihde, einst RDP-Hauptgeschäftsfuhrer, jetzt Hauptgeschäftsfuhrer der Reichsschrifttumskammer, um für literarische Projekte seines Verlages zu werben.5 Heinz von Arndt betätigte sich auch selbst als Autor, so verfaßte er das "Aktuelle Filmbuch 'Jud Süß'". Großen Eindruck scheint seine Tätigkeit an der RPS nicht hinterlassen zu haben. Dem RDP-Landesverband Berlin war von seinem Ausscheiden aus den Diensten des RDP nichts bekannt. Die anfragende Reichsschrifttumskammer wurde im Juli 1940 vertröstet, man werde sich nach dem Krieg um eine "genauere Feststellung der Tätigkeit des Herrn v. Arndt bemühen" 6

1 Heinz von Arndt hat die NSDAP-Mitgliedschaft erst am 13.07.1937 beantragt und wurde rückwirkend unter Nr. 4830462 in die Partei aufgenommen. Es steht zu vermuten, daß sein Beitritt zur NSDAP in engem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Redaktionsmitglied des Völkischen Beobachters steht. Sonderlich engagiert hat sich von Arndt in der Partei wohl nicht. Der Fragebogen der "Parteistatistischen Erhebung 1939" verzeichnet nur die Mitgliedschaft im nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps 2 Als "Assistent" gestand man ihm nur 100 RM nebst freier Kost und Logie zu, vergi. Rechnungsabschluß der RPS für die Zeit vom 01.12.1934 bis 31.03.1935, in: BA R 103/150 3 Vergi. Meldung "Neue Dozenten an der Reichspresseschule", in: DP Nr.

18/1937,

Seite 255 4 Auf Honorarbasis konnte von Arndt hier immerhin 600 RM im Monat verdienen, vergi. BDC-Personalakte Heinz von Arndt 5 Vergi. Schreiben von Arndt an Ihde vom 13.01.1941, in: BDC-Personalakte Heinz von Arndt 6 Schreiben des RDP-Landesverbandes Berlin an Reichsschrifttumskammer vom 16.07.1940, in: BDC-Personalakte Heinz von Arndt

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Heinz von Arndt entsprach wohl in keiner Weise den Anforderungen, die der Reichsverband der deutschen Presse an die Lehrer der RPS stellte. In einem vertraulichen Rundschreiben an den Kleinen Führerrat und die Leiter der Fachausschüsse des RDP ist das Anforderungsprofil für mögliche RPS-Dozenten relativ deutlich beschrieben. Weiß nannte als notwendige Voraussetzungen, der Bewerber müsse "Nationalsozialist und bewährter Journalist" sein. Gefragte Eigenschaften waren "pädagogische Fähigkeiten, soldatisches Auftreten und besonderes Wissen auf einem Fachgebiet". Auch sollten die Kandidaten ein gewisses Alter erreicht haben, die Untergrenze lag bei 25 Jahren.' Die Suche schien erfolgreich zu verlaufen. Am 15. Mai 1937 berichtete Fritz Zierke in der "Deutschen Presse" stolz, die Reichspresseschule habe drei hauptamtliche Dozenten fìir Innenpolitik, Wirtschaft und "Kulturpolitik" verpflichten können.2 Eine vorschnelle Ankündigung, wie sich bald herausstellen sollte. Denn die Einstellung des für Innenpolitik vorgesehenen Fritz Zietlow kam nicht zustande. Gerade um den Berliner Schriftleiter Fritz Zietlow hatte sich der RDP besonders gekümmert. Der am 24. August 1900 geborene Jurist gehörte zu den ganz frühen aktiven Parteigenossen. Er engagierte sich bereits seit Mitte 1923 ftir die Nationalsozialisten und stieß am 6. Juli 1925 als Mitglied Nr. 9464 zur NSDAP. 3 Zietlow diente der Partei vor 1933 als Gaugeschäftsführer in Kiel und gehörte seit März 1932 dem preußischen Landtag als Abgeordneter an. Der Ehrenzeichenträger konnte zudem auf langjährige journalistische Erfahrungen verweisen. Nach seinem juristischen Studium in Kiel und Greifswald trat Zietlow in die Berliner Redaktion der Schlesischen Zeitung ein, wechselte dann zum "Angriff' und übernahm Ende 1932 die Chefredaktion der parteiamtlichen Ostfriesischen Tageszeitung.4 Nach den Vorstellungen des RDP präsentierte sich Zietlow als ideale Besetzung für einen Dozentenposten. Doch obwohl der Parteigenosse im Planstellenverzeichnis der Reichspresseschule für 1937 bereits namentlich aufgeführt wurde, hat er die Stelle nie angetreten. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden. Möglicherweise hat Zietlow seine Bewerbung zurückgezogen, weil der RDP das zugesagte Gehalt nach Intervention der Haushaltsabteilung im RMVuP nicht 1 RDP-Rundschreiben Nr. 6 vom 14.01.1937, in: B A R 103/3 2 Vergi Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in DP Nr. 17/1937, Seite 224 3 Vergi. BDC-Personalakte Fritz Zietlow 4 Vergi. Eidesstattliche Versicherung Zietlows über Parteimitgliedschaft und Beitragszahlung, in: BDC-Personalakte Fritz Zietlow

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zahlen durfte.1 Vielleicht aber ist seine Verpflichtung auch an höherer Stelle vereitelt worden. Goebbels kannte Zietlow seit dessen Tätigkeit für den "Angriff"". Und dort wurde der Journalist 1932 entlassen, weil er die Portokasse geplündert hatte.2 So blieben also nur zwei Kandidaten übrig. Mit Richard Biedrzynski und Heinz Hecker hatte der RDP zwei anerkannt qualifizierte Journalisten gewonnen, die allerdings nicht ganz dem Anforderungsprofil entsprachen. Zu Beginn ihrer Tätigkeit gehörten beide Dozenten nicht der NSDAP an. Dr. Richard Biedrzynski löste am 15. Mai 1937 den wenig profilierten Heinz von Arndt als Lehrer für "Kulturpolitik" ab. Die Verpflichtung des gebildeten Kunstliebhabers paßte eigentlich nicht ins Konzept einer Institution, die sich doch nach dem Willen der Verantwortlichen als nationalsozialistische Kaderschmiede zu bewähren hatte. Richard Biedrzynski, am 11. Juli 1901 in Berlin geboren, hatte seit 1920 Philosophie, Geschichte und Germanistik an der Universität Berlin studiert, wo er im Sommersemester 1923 promovierte. Von 1923 bis 1933 arbeitete Biedrzynski als verantwortlicher Redakteur im Feuilleton der "Deutschen Zeitung" in Berlin und war anschließend kurz beim Rostocker Anzeiger in gleicher Funktion tätig.3 Seit 1933 wirkte der langjährige Journalist zusätzlich als nebenamtlicher Dozent für Kunstgeschichte an der Staatlichen Hochschule für Kunsterziehung in Berlin, eine Tätigkeit, die er auch als Lehrer an der RPS noch bis 1. Januar 1938 fortsetzte.4 1 Weiß hatte sich bemüht, auch fur Zietlow ein außertarifliches Gehalt zu erwirken. Der RDPChef schrieb an den Propagandaminister, für Innenpolitik sei "der Pg. Zietlow vorgesehen, mit dem jedoch ein vertragliches Abkommen noch nicht abgeschlossen wurde. Auch hier darf ich ergebenst darum bitten, ihm eine außergewöhnliche Vergütung gewähren zu wollen, da er sonst in seiner bisherigen Stellung verbleiben würde", Schreiben Weiß an Minister vom 28.08.1937, in: BA R 55/193 Fol. 126. Im Haushaltsvoranschlag der RPS 1938 wurde die Zietlow zugedachte Planstelle dann wieder gestrichen, vergi. ΒΑ R 103/146 2 Vergi. Goebbels' Tagebucheintrag vom 12.06.1932: "Viel Besprechungen und Ärger. Zietlow hat die Portokasse beklaut und muß deshalb entlassen werden", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, hrsg. von Elke Fröhlich, Teil I Band 2, a.a.O. 3 Vergi. Personalnachweis Richard Biedrzynski, in: Β A R 103/176 4 Vergi Schreiben der Staatlichen Hochschule für Kunsterziehung an die Reichspresseschule vom 07.08.1937, in: BA R 103/176. Der RDP tolerierte Biedrzynskis Nebentätigkeit, obwohl sich der Dozent dadurch nicht völlig auf seine Arbeit an der RPS konzentrieren konnte. Immerhin verdiente Biedrzynski an der Hochschule zusätzlich 322,50 RM netto, was auf ein zeitlich umfangreiches Engagement hinweist

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Richard Biedrzynskis Aufgabe an der Reichspresseschule definierte RDP-Chef Wilhelm Weiß als "theoretische und praktische Ausbildung der Presseschüler in allen Fragen der Kunstbetrachtung".1 Mit der Einstellung eines Dozenten fur "Kulturpolitik" folgte der RDP konsequent den Vorgaben nationalsozialistischer Pressepolitik. Gerade der Kunstkritik maßen die Reglementierer besondere Bedeutung bei. Wie jedes totalitäre Regime, dessen systemimmanente Unzulänglichkeit sich tagtäglich offenbart, fürchtete auch der NS-Staat jegliche Kritik bereits in Teilbereichen. Schon während des Reichspressetages 1935 appellierte der Propagandaminister, der "Kunstkritiker dürfe nicht von vornherein alles zerschlagen und seine Aufgabe nicht in der systematischen Entmutigung des jungen Talents sehen... Eine gesunde Kritik müsse sich in Formen bewegen, die das Positive findet und das Negative wegläßt." 2 Als der Appell nicht fruchtete, erließ Goebbels Ende 1936 eine besondere Verordnung, durch die die bislang übliche Kulturberichterstattung verboten wurde: "Die Kunstkritik ist im Rahmen der Neuformung des deutschen Kulturlebens eine der Fragen, deren Lösung am dringlichsten, aber auch am schwierigsten ist... Da auch das Jahr 1936 keine befriedigende Besserung der Kunstkritik gebracht hat, untersage ich mit dem heutigen Tage endgültig die Weiterfuhrung der Kunstkritik in der bisherigen Form." 3 Das Feuilleton, ein letzter Hort individueller Ansichten in der deutschen Presse, hatte sich zum Teil erfolgreich gegen das von oben verordnete "völkische" Kunstverständnis sperren können. Die vom Regime so geschätzten heroischen Heldenlegenden in Literatur und Theater, das agitatorische Pathos der nationalsozialistischen Revolutionsepen und die von Größenwahn geprägte Monumentalarchitektur fanden in den meisten Kulturredaktionen nicht die gewünschte Beachtung. Jetzt traf sie die Rache des Imperiums. Goebbels ordnete an. "An die Stelle der Kunstkritik... wird ab heute der Kunstbericht gestellt, an die Stelle des Kritikers tritt der Kunstschriftleiter... Der künftige Kunstbericht setzt die Achtung vor dem 1 Schreiben Weiß an Henningsen vom 03.05.1937, in Β A R 103/176 2 "Die Kundgebung im Gürzenich", Rede Goebbels' vor den Delegierten, in: DP Nr. 49/1935, Seite 658 3 "Kunstbericht anstelle der Kunstkritik. Erlaß von Reichsminister Dr. Goebbels" vom 27.11.1936, in: ZV Nr. 49/1936, Seite 756. Das Verbot der Kunstkritik erfolgte angeblich auf direkten Wunsch Hitlers, dessen künstlerische Ambitionen einst am Urteil von Experten gescheitert waren. Vergi. Otto Dietrich: 12 Jahre mit Hitler, München 1955, Seite 157

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künstlerischen Schaffen und der schöpferischen Leistung voraus." 1 Wilhelm Weiß, getreuer Diener seines Herrn im R M V u P , konkretisierte die dahinterstehende Intention. D i e Kunstkritik sei "primär keine kunstästhetische A n gelegenheit, sondern eine politische und weltanschauliche Aufgabe... D e r Kunstschriftleiter des nationalsozialistischen Staates soll an seine A u f g a b e mit j e n e m geistigen R ü s t z e u g herantreten, zu dem ihn die Verantwortung vor dem nationalsozialistischen Kulturwillen verpflichtet... Der Maßstab von gut und schlecht m u ß überwunden werden." 2 Der R D P schuf eine besondere Berufsliste für Kunstschriftleiter, 3 in die sich Journalisten nur unter bestimmten Voraussetzungen eintragen lassen konnten. Gefordert wurden "der N a c h w e i s einer wirklich ausreichenden Vorbildung auf dem Kunstgebiet" und ein Mindestalter von dreißig Jahren, da die "Beschäftigung mit künstlerischen Leistungen eine g e w i s s e Lebenserfahrung und Lebensreife" bedinge. 4 D i e Absolventen der R P S konnten die vorgeschriebene

Altersgrenze

umgehen. Sie galten als sogenannte "Ehrendreißiger", die ohne weitere Prüfung in die Liste der "Kunstberichterstatter" eingetragen wurden. 5 E s m u ß daher ver1 "Kunstbericht anstelle der Kunstkritik. Erlaß von Reichsminister Dr. Goebbels" vom 27.11.1936, in: ZV Nr. 49/1936, Seite 756 2 Rede Wilhelm Weiß anläßlich der Gaukulturwoche in Dessau, "Von der Kunstkritik zur Kunstbetrachtung", in: DP Nr. 12/1937, Seite 143 f 3 Die "2. Anordnung des Leiters des RDP über die Anlage der Sonderliste der Kunstschriftleiter" vom 24.06.1937 verfugte, daß gelegentliche Mitarbeiter nur noch "in Ausnahmefallen" zur Mitarbeit im Feuilleton herangezogen werden durften. Auch die freien Mitarbeiter bedurften der Genehmigung durch den RDP und mußten sich registrieren lassen, vergi. Anordnung in: DP Nr. 20/1937, Seite 296 4 "Kunstbericht anstelle der Kunstkritik. Erlaß von Reichsminister Dr. Goebbels", in: ZV Nr. 49/1936, Seite 757. Zur Sonderliste fur "Kunstberichterstatter" vergi, auch "Eintragung in die Sonderliste der Kunstschriftleiter", Anordnung von Wilhelm Weiß vom 24.02.1937, in: DP Nr. 9/1937, Seite 113. Zum Verbot der Kunstkritik im Dritten Reich vergi. Dietrich Strothmann: Nationalsozialistische Literaturpolitik, Bonn 1963, Seite 276 ff und Gabriele Toepser-Ziegert in: NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit Band 4/1: 1936, München-New York-London-Paris 1993, Seite 27 ff. Siehe auch Hanns-Heinz Schultze: Der Schriftleiterstand der Landesverbände Groß-Hamburg und Nordmark im Reichsverband der Deutschen Presse, Phil. Diss. Hamburg 1938, Seite 17 f. Zu Veränderungen der Filmkritik vergi. Kurt Wortig: Der Film in der deutschen Tageszeitung, Phil. Diss. Limburg an der Lahn 1940, Seite 60 ff 5 Hans Joachim Kliesch: Die Film- und Theaterkritik im NS-Staat, Phil. Diss. Berlin 1957, Seite 21. Die RPS-Absolventin Herta Brühl wurde nach Ende ihres Kurses ohne Schwierigkeiten in die Sonderliste eingetragen, obwohl sie das erforderliche Alter noch nicht erreicht hatte. Vergi. Brief von Herta Brühl an den Verf. vom 24 .01.1989

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wundern, daß die Reichspresseschule gerade für den heiklen Bereich der Kunstkritik einen parteilosen Journalisten engagierte, der sich nach dem Urteil ehemaliger Schüler nicht einmal durch gesteigerten Opportunismus auszeichnete. Jürgen Petersen, Schüler des siebten Lehrgangs, berichtet von einem Lokaltermin im sonst verschlossenen dritten Stock des Kronprinzenpalais, der Bilder "entarteter" Künstler beherbergte. Hier habe Biedrzynski seinen Schülern "die Nolde-, Kirchner-, Picasso-Bilder sachlich, distanziert, kenntnisreich" erklären können.' Auch Herta Brühl, die den zehnten RPS-Kurs im Frühsommer 1938 absolvierte, erlebte Biedrzynski als sympathischen und ideologisch wenig "penetranten" Dozenten, der kaum im Sinne der verordneten Weltanschauung agitiert habe.2 Trotz dieser Haltung kam es zu keinen Konflikten zwischen Biedrzynski und seinen Arbeitgebern. Im Gegenteil, seine Arbeit wurde anerkannt. Der RDP erhöhte Biedrzynskis Gehalt ab März 1938 von 500 RM auf außertarifliche 700 RM, später stieg sein Monatseinkommen sogar auf 1.000 RM. 3 Nach Schließung der Reichspresseschule erhielt auch Biedrzynski seine Kündigung zum 31. Dezember 1939. Das Kündigungsschreiben wies aber ausdrücklich daraufhin, eine Wiedereinstellung sei bei "einer günstigen Entwicklung der Arbeitslage im RDP" möglich.4 Bis 1945 arbeitete Richard Biedrzynski, nach wie vor kein Parteimitglied, für das Feuilleton des Völkischen Beobachters. Nach dem Krieg trat er in die Kulturredaktion der Stuttgarter Zeitung ein und beschäftigte sich als Autor äußerst wohlwollend mit einst verfemten Künstlern wie Käthe Kollwitz? Richard Biedrzynski starb Anfang der sechziger Jahre. 1 Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich. I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte..., Heft 3 (März) 1981, Seite 43 2 Brief von Herta Brühl an den Verf. vom 24.01.1989 3 Vergi. Personalnachweis Richard Biedrzynski, in: BA R 103/176 4 Kündigungsschreiben Wawretzko/RDP an Biedrzynski vom 22.09.1939, in: Β A R 103/176 5 Vergi. Richard Biedrzynski: Das brennende Gewissen. Maler im Aufstand gegen ihre Zeit, Braunschweig-Berlin-Hamburg 1949, Seite 133 ff. Das Buch beschäftigt sich auch mit den Malern William Hogarth, Francisco de Goya und Honore' Daumier. Biedrzynski schrieb im Vorwort: "Dem empfindlichen Gewissen kann... nicht entgehen, daß die Sorge um den Sinn einer gerechten Welt sich seit den satirischen Sittenbildern Hogarths zu einer verzweifelten Lebensangst gesteigert hat, die Goya fast erwürgte, gegen die sich Daumier mit schmerzlichem Hohn in der Form eines traurigen Gelächters wehrte und die Kollwitz durch die Kraft ihres Mitleidens zu überwinden versuchte. Um dieser Beispiele willen, mit denen die Kunst den Menschen zu Hilfe kommt, damit die Angst und das Leid der Welt durch ihre Ventile abströme, ist das vorliegende Buch geschrieben worden"

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Zusammen mit Richard Biedrzynski stellte der Reichsverband am 15. Mai 1937 den Handelsredakteur Heinz Hecker ein, der sich als hauptamtlicher Dozent um das Ressort Wirtschaftspolitik zu kümmern hatte. Der diplomierte Volkswirt Heinz Hecker, geboren am 8. Januar 1908 in Essen, hatte sich ebenso wie Biedrzynski bis 1937 nicht zur karrierefördernden Mitgliedschaft in der NSDAP entschließen können. Auf die entsprechende Frage im Personal-Fragebogen des RDP konnte er daher nur mitteilen, er sei "angemeldet".1 Von 1926 bis 1929 absolvierte Hecker ein Studium der Staatswissenschaften in Köln und Kiel. Im Juli 1929 legte er am renommierten Kieler Institut fur Weltwirtschaft und Seeverkehr die Prüfung zum Diplom-Volkswirt ab. Problemlos fand Hecker eine angemessene Beschäftigung. Am 1. Oktober begann Hecker ein Volontariat beim Hannoverschen Kurier und wurde nach kurzer Ausbildung in die Wirtschaftsredaktion der angesehenen Zeitung übernommen. Hier bewährte sich der Redakteur "mit seiner hervorragenden Begabung, seinen reichen Kenntnissen, seiner Tatkraft und seiner unermüdlichen Arbeitsfreude" und gehörte nach Aussagen seines Ressortchefs bald zu den "wertvollsten Mitgliedern der Schriftleitung des 'Hannoverschen Kuriers'".2 Heckers äußerst positive Beurteilung macht verständlich, warum die Zeitung den erst 27jährigen Journalisten Anfang April 1935 mit der Leitung der Wirtschaftsredaktion betraute. Der Chefredakteur des Hannoverschen Kuriers schrieb ihm ins Zeugnis: "Die Tatsache, daß ihm trotz seiner Jugend die Leitung unseres umfangreichen Handels- und Wirtschaftsteils übertragen werden konnte, spricht

1 Personal-Fragebogen Heinz Hecker, in: B A R 103/184. Da Hecker aber in der NSDAPMitgliedskartei des Berlin Document Center nicht verzeichnet ist, kann davon ausgegangen werden, daß dies nur eine Schutzbehauptung war und er sich nie ernsthaft um den Beitritt zur NSDAP bemüht hat. Um sich nicht unpolitischer Neigungen verdächtig zu machen, trat Hecker am 20.02.1934 der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation

(NSBO)

seines Verlages bei. Vergi. Personalnachweis Heinz Hecker, in: BA R 103/184 2 "Vorläufiges Zeugnis fur Herrn Diplom-Volkswirt Heinz Hecker", verfaßt vom Ressortleiter des Handelsteils beim Hannoverschen Kurier vom 30. Mai 1933, in: BA R 103/184. Der Ressortleiter lobt Hecker auf zwei Seiten über alle Maßen: "Er beherrscht nicht nur alles Technische völlig - Umbruch, wirkungsvolle Aufmachung, Bearbeitung von

Sonder-

ausgaben - sondern hat auch stets ein ungewöhnliches Feingefühl fur die Tragweite von Nachrichten sowie die Notwendigkeit ihrer Prüfung, Ergänzung und Erläuterung bewiesen. Die dazu nötigen Informationsquellen in der Wirtschaft hat er sich sehr geschickt erschlossen... Er ist nach Kenntnissen und Fähigkeiten völlig imstande, den Handelsteil einer großen Zeitung gewissenhaft, fesselnd und nach eigenen Gedanken zu leiten."

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fìir seine Leistung." 1 Als der RDP Heinz Hecker das Angebot machte, als hauptamtlicher Dozent an der Reichspresseschule zu arbeiten, ließ der Hannoversche Kurier seinen qualifizierten Mitarbeiter nur ungern gehen.2 Nach fachlichen Kriterien war in Hecker der ideale Kandidat fur die Reichspresseschule gefunden. Doch da sich der etablierte Journalist natürlich nicht zum schmalen Tarifgehalt nach Berlin locken ließ, verursachte auch Heckers Bezahlung den üblichen Ärger mit den zuständigen Stellen im RMVuP. Im Juni 1937 bat der RDP im Propagandaministerium um Verständnis und nachträgliche Genehmigung der Gehaltszusage. Der "erstklassigen Lehrkraft" für Wirtschaftspolitik habe man ein außertarifliches Gehalt von 700 RM bewilligen müssen, da Hecker sonst nicht bereit gewesen wäre, den Posten zu übernehmen. 3 Der RMVuP-Staatssekretär und Pressechef der Reichsregierung, noch hieß er Waither Funk,4 legte sich quer. Über einen der drei Geschäftsführer der Reichskulturkammer ließ Funk in scharfer Form anfragen, warum Weiß "ohne Beteiligung des Ministeriums dieses Gehalt festgesetzt" habe und warum "die Presseschule überhaupt festbesoldete Dozenten haben muß, die für ein Spezialgebiet besonders qualifiziert" seien.5 Zudem störte den RKK-Geschäftsfiihrer und "Reichskulturwalter" Hans Hinkel im besonderen, daß hier ein Mann außertariflich bezahlt werden sollte, der sich weder durch Partei- noch durch SS- oder SAMitgliedschaft "verdient" gemacht hatte.6 Dem RDP blieb nichts anders übrig, als 1 Zeugnis von Dr. Kurt Voss, Hauptschriftleiter des Hannoverschen Kuriers, für Heinz Hecker vom 14.05.1937, in: B A R 103/184 2 Chefredakteur Voss schrieb in Heckers Zeugnis vom 14. Mai 1937: "Herr Hecker verläßt uns, um eine Stelle als hauptamtlicher Lehrer an der Reichspresseschule zu übernehmen. Wir bedauern es, daß die besondere Art seiner Berufung es uns unmöglich macht, ihn unserer Schriftleitung zu erhalten", in: BA R 103/184. Der traditionsreiche Hannoversche Kurier gehörte 1937 nicht zum NS-Pressetrust, vergi. Handbuch der deutschen Tagespresse 1937, a.a.O., Seite 106 3 Vergi. Schreiben Henningsen an RMVuP vom 10.06.1937, in: BA R 103/184 4 Funk wurde erst nach seiner Ernennung zum Reichswirtschaftsminister am 26.11.1937 Anfang 1938 von Otto Dietrich abgelöst 5 Schreiben Hinkel/RKK an Weiß vom 21.08.1937, in: B A R 103/184 6 Vergi. Vermerk von Hinkel an Funk vom 03.08.1937. Hinkel lehnte das Gesuch des RDP entschieden ab: "Eine außertarifliche Vergütung von 700 RM für Hecker kann überhaupt nicht in Frage kommen. Der Betrag geht noch über die Besoldung des HauptgeschäftsFortsetzung Fußnote Seite 185

184

Heckers Gehalt im Oktober 1937 auf den nach Vergütungsgruppe XI/5 des Reichsangestelltentarifs vorgesehenen Betrag zu reduzieren.1 Erst im Dezember, der knauserige Wirtschaftsexperte Funk hatte seinen Sessel für Otto Dietrich frei gemacht, wurde die Kürzung rückgängig gemacht.2 Heinz Hecker versah seinen "Dienst" an der RPS sehr unauffällig. Der ehemaligen Schülerin Herta Brühl ist nur sein "preußisch-militärischer Stil" in Erinnerung geblieben.3 Öffentlich trat er nicht in Erscheinung, selbst fur den vom RDP veranstalteten ersten Reichslehrgang für pressefachliche Fortbildung, an dem sein Kollege Biedrzynski als Referent beteiligt war, engagierte sich Hecker nicht.4 Kurz vor Schließung der Reichspresseschule sollte Heinz Hecker dennoch einen Karrieresprung machen. Nachdem Fritz Zierke seinen Vertrag gekündigt hatte, beauftragte Wilhelm Weiß den Dozenten am 15. Mai 1939 mit der "interimistischen Leitung" der Schule.5 Seines neuen Postens konnte sich Hecker allerdings nicht lange erfreuen. Nur der dreizehnte und letzte Lehrgang der RPS lief unter seiner Leitung. Am 10. August 1939 wurde Hecker zur Wehrmacht eingezogen.6 Die Einberufung verhinderte seine Entlassung, als die Reichspresseschule geschlossen wurde. fuhrers des RDP hinaus. Hecker ist erst 29 Jahre alt. Er ist weder Parteigenosse, noch gehört er der SA oder SS an", in: BA R 55/193 Fol. 121. Hinkel stellte sich damit gegen seinen Kollegen Schmidt-Leonhardt, mittlerweile ebenfalls RKK-Geschäftsföhrer und "Reichskulturwalter". Dieser hatte die Bitte des RDP mit einem handschriftlich notierten "meinetwegen!" am 23.06.1937 befürwortet. Vergi. Schreiben Henningsen an RMVuP vom 10.06.1937, B A R 55/193 Fol. 118 1 Vergi. Schreiben RDP an Hecker vom 15.10.1937, in: BA R 103/184. Hecker erhielt jetzt nur noch ein Bruttogehalt von 434,19 RM, was eine Kürzung um mehr als ein Drittel bedeutete 2 Vergi. Schreiben der Haushaltsabteilung des RMVuP an den RDP vom 09.12.1937, in: BA R 103/184. Es heißt: "Unter besonderer Berücksichtigung der besonderen Umstände bin ich damit einverstanden", daß der "Schriftleiter Heinz Hecker... ein außertarifliches Gehalt von 700.-RM brutto" erhält 3 Brief Herta Brühl an den Verf. vom 24.01.1989 4 Vergi. Liste der Referenten des 1. Reichslehrgangs fur pressefachliche Fortbildung, in: DP Nr. 20/1937, Seite 289 ff 5 Schreiben Henningsen an Hecker vom 15.05.1939, in: BA R 103/184. Henningsen deutete in diesem Brief an, daß der RDP sich auch für eine Gehaltserhöhung einsetzen wollte 6 Vergi. Schreiben Hecker an RDP vom 02.08.1939, in: BA R 103/184

185

Hecker bezog noch bis Ende April 1940 Gehalt 1 und blieb bis Kriegsende "Gefolgschaftsmitglied", ohne aber je wieder ñir den RDP tätig zu werden.2 Auch bei der Wehrmacht schien man die Fähigkeiten des ehrgeizigen Journalisten zu schätzen. Immerhin brachte es Hecker bis Ende 1941 zum Leutnant und Regimentsadjutanten.3

9.3. Die Referenten Die Liste der Referenten der Reichspresseschule muß unvollständig bleiben, da weder Lehrplan noch Dozentenverzeichnis der Reichspresseschule erhalten geblieben sind. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß der im folgenden beschriebene Personenkreis einen repräsentativen Querschnitt der Gesamtheit aller Honorarkräfte darstellt. Sowohl Wolf Meyer-Christian wie auch Fritz Zierke war daran gelegen, bekannte Berliner Journalisten als Gastdozenten für die Reichspresseschule zu gewinnen. Die Zusammenstellung zeigt deutlich, daß bei der Auswahl in fast allen Fällen auch auf fachliche Kriterien Wert gelegt wurde. Auch wenn es sich bei den Honorarkräften meist um Praktiker aus NS-Redaktionen handelte, scheint deren Parteizugehörigkeit nur von zweitrangiger Bedeutung gewesen zu sein. Für altgediente NSDAP-Mitglieder, die sich erst nach der Machtübernahme einen prestigeträchtigen Versorgungsposten in den Redaktionen oder Pressestellen von Partei und Staat erobern konnten, war am Lehrpult der Reichspresseschule kein Platz. Um auch Chefredakteure und Ressortleiter großer Zeitungen zur Mitarbeit zu bewegen, verfügte die RPS über ein reich bemessenes Honorarbudget. Je Unterrichtsstunde konnten die freien Kräfte 25 RM in Rechnung stellen, gemessen an 1 Vergi. Schreiben Henningsen an Hecker vom 15.05.1940, in: BA R 103/184. Das RMVuP hatte am 15.04.1940 entschieden, die Gehälter aller eingezogenen Angestellten der RPS nur noch bis zum 30.04.1940 zu zahlen. Während der Einberufung ruhten "sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag" 2 Der RDP schickte seinem "Gefolgschaftsmitglied" zu Weihnachten 1941 ein Buch, Zigaretten und eine Flasche Schnaps. Hecker blieb weiter RDP-Angestellter und nach dem Willen des RDP sollte das wohl auch so bleiben. Henningsen schrieb seinem "im Felde stehenden Arbeitskameraden" am 05.12.1941: "Möge uns dieses Jahr wenigstens auf dem europäischen Kontinent den Frieden bringen und damit auch Ihre hoffentlich baldige Rückkehr in die Heimat und damit nach Berlin und in den RDP", in. BA R 103/184 3 Vergi. Schreiben Hecker an Henningsen vom 20.12.1941, in: Β A R 103/184

186

der Kaufkraft auch fur gut verdienende Journalisten ein beachtliches Zubrot. Für die ersten sechs Lehrgänge summierten sich Honorare und Spesen auf erkleckliche 22.000 Reichsmark. Erst nach Einstellung festbesoldeter Lehrkräfte reduzierten sich diese Ausgaben für die folgenden sieben Kurse auf knapp 15.000 RM.1 Als Referenten für Sportberichterstattung gewann die RPS Hans Bollmann, der auch den ehrenamtlichen Vorsitz im Fachausschuß Sport des RDP führte. Hans Bollmann, geboren am 6. Januar 1894 und NSDAP-Mitglied seit Mai 1932, gehörte als Chefredakteur der DNB-Sportdienste zu den erfahrenen Journalisten des Dritten Reiches. Der promovierte Historiker hatte seine Karriere bereits Anfang der zwanziger Jahre beim Scherl-Verlag begonnen und wechselte 1926 zu Wolffs Telegraphischem Büro, aus dem Ende 1933 nach Fusion mit der TelegraphenUnion das offizielle Deutsche Nachrichtenbüro hervorging. Am 1. Februar 1939 wurde Bollmann zum stellvertretenden Geschäftsführer des DNB bestellt.2 Der "Bildberichterstatter" Dr. Hans Diebow übernahm die theoretische und praktische Ausbildung zum Thema "Pressefotografie". Der am 24. Juni 1896 geborene Redakteur, seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP, arbeitete für den Illustrierten Beobachter und den Völkischen Beobachter.3 Diebow war auch am 5. Zeitungsfachlichen Fortbildungskurs der Universität Berlin und am 1. Reichslehrgang für pressefachliche Fortbildung beteiligt. Zu den bekanntesten Referenten der Reichspresseschule zählte der GoebbelsVertraute Hans Fritzsche, damals noch beim "Drahtlosen Dienst" im RMVuP. Hans Fritzsche, geboren am 21. April 1900, bemühte sich, den Schülern das Nachrichtenwesen nahezubringen. Der spätere Chefkommentator des NS-Rundfünks, zunächst Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und seit Mai 1933 NSDAP-Mitglied, bewährte sich bereits von 1924 bis 1932 als Nachrichtenredakteur bei der Hugenbergschen Telegraphen-Union. Unter der Protektion Goebbels' machte der fähige Propagandist im RMVuP rasch Karriere. Ab Ende 1938 leitete Fritzsche die Abteilung Inlandspresse und wurde im November 1942 zum Leiter der Rundfünkabteilung ernannt. 4 1 Vergi. Abschlußnachweise der RPS in B A R 103/142, 147, 149, 150 2 Vergi. BDC-Personalakte Hans Bollmann und Personal-Nachweis des RDP in B A R 103/175 3 Vergi. BDC-Personalakte Hans Diebow 4 Zu Fritzsche vergi. Hildegard Springer: Es sprach Hans Fritzsche. Nach Gesprächen, Briefen, Dokumenten, Stuttgart 1949. Siehe auch Willi A. Boelcke (Hrsg.): Kriegspropaganda 1939-1941.

Geheime Ministerkonferenzen im Reichspropagandaministerium,

Stuttgart

1967, Seite 62 ff

187

Mit dem Chefredakteur der "Berliner illustrierten Nachtausgabe" und des Berliner Lokalanzeigers, Fritz Lücke, war ein enger Gefolgsmann des RDP-Chefs Wilhelm Weiß für die Reichspresseschule tätig. Lücke, der dem "Kleinen Führerrat des RDP" angehörte, war der RPS besonders verbunden. Weiß hatte ihn 1936 in den Verwaltungsrat der Schule berufen, wo er "die gesamte fachliche journalistische Schulung" der RPS zu beaufsichtigen hatte.' Fritz Lücke, seit Mai 1933 NSDAP-Mitglied, übte die RPS-Schüler in den Disziplinen Umbruch und Aufmachung einer Zeitung. Natürlich war auch Hans Schwarz van Berk an den ersten Kursen der Reichspresseschule als Referent beteiligt. Christian von Chmielewski behielt den NSParadejournalisten als "beeindruckenden, scheinbar umgänglichen Referenten" in Erinnerung, der "vor der Weltkarte über strategische und Wirtschaftsfragen sprach".2 Schwarz van Berks Einfluß ist es wohl zuzuschreiben, daß mit Kurt Kränzlein, Otto Kühbacher und Ernst Meunier noch weitere Journalisten des "Angriff' den Lehrbetrieb der Reichspresseschule unterstützten. Kurt Kränzlein besprach mit den RPS-Schülern den politischen Teil der Zeitung. Kränzlein, geboren am 16. November 1904, gehörte zu den Schriftleitern, die erst kurz nach der Machtübernahme der NSDAP beitraten. Der studierte Journalist begann seine Laufbahn 1928 bei der Osnabrücker Zeitung, deren Chefredaktion er schon ein Jahr später übernahm. Von dort wechselte Kränzlein 1934 als Chef vom Dienst und politischer Ressortleiter zum "Angriff' und wurde nach Schwarz van Berks Ausscheiden zum Hauptschriftleiter des Blattes ernannt.3 Der parteilose Otto Kühbacher, wie Kränzlein ein enger Vertrauter Schwarz van Berks, unterwies die RPS-Schüler im Fach "Reportage". Der am 20. September 1900 geborene Kühbacher absolvierte nach dem Studium in den Jahren 1929/30 ein Volontariat bei der Torgauer Zeitung und wechselte 1932 als Lokalredakteur zur Täglichen Rundschau. Nachdem diese ihr Erscheinen 1933 einstellen mußte, arbeitete Kühbacher als freier Mitarbeiter, vorwiegend für die Münchener Neuesten Nachrichten. Seit September 1935 war er dann als Reporter für die "fliegende Redaktion" des "Angriff' tätig. Gegen den Widerstand der RMVuP-Personalabteilung, die Kühbachers fehlende Parteimitgliedschaft monierte, holte Schwarz 1 Die Ehrenämter beim RDP waren anscheinend enorm zeitaufwendig. Wegen Arbeitsüberlastung bat Lücke sogar um "ehrenvolle" Entlassung aus dem aktiven SA-Dienst. Vergi. Schreiben Lücke an Pintsch/Stab Rudolf Hess vom 12.06.1936, in: BDC-Personalakte Fritz Lücke 2 Brief Christian von Chmielewski an den Verf vom 22.06.1988 3 Vergi. BDC-Personalakte Kurt Kränzlein

188

van Berk den Journalisten 1941 in sein Büro für Auslandspropaganda. 1 A l s dritter Redakteur des "Angriff' beschäftigte sich Ernst Meunier, einst beim Hannoverschen Anzeiger und jetzt ebenfalls C h e f v o m Dienst beim "Angriff', an der R P S mit Übungen zur Lokalberichterstattung. Der Redakteur, ein ehemaliger Schüler

Emil

Dovifats,

konnte

auf

gewisse

didaktische

Erfahrungen

zu-

rückgreifen, war er doch bereits seit 1 9 3 0 an den Zeitungsfachlichen Fortbildungskursen des Deutschen Instituts für Zeitungskunde in Berlin beteiligt. 2 Zum Referentenkreis gehörten ferner der Leiter der "Fachgruppe Kritiker" im R D P , Carl Martin K ö h n 3 , der C h e f des Berliner Büros der Niedersächsischen Tageszeitung, Wilhelm K o p p e n 4 , der Chefredakteur des Neuköllner Tageblatts, Ernst R i e m a n n - G e o r g i 5 , und der für fast alle N S - V e r l a g e tätige Auslandsreporter Roland Strunk. D i e Einführung der RPS-Schüler ins nationalsozialistische Presserecht übernahm nach Meyer-Christians A u s s c h e i d e n der Justitiar des R D P , Herbert Wawretzko. 6 1 Das "Büro Schwarz van Berk", das im Bereich des RMVuP angesiedelt war, bemerkte zu Kühbachers Qualifikation: "Herr Schwarz van Berk hat mich gebeten zu betonen, daß die für unsere Zwecke herangeholten journalistischen Kräfte... nach besonderen journalistischen Gesichtspunkten auszusuchen sind und daß es sehr schwer ist, im deutschen Journalismus Leute zu finden, die sich nach Intelligenz und handwerklichem Können überhaupt für diese komplizierte Art der Arbeit eignen", Schreiben "Büro Schwarz van Berk" an Leiter Auslandspresse im RMVuP vom 25.06.1941, in: BDC-Personalakte Otto Kühbacher 2 Vergi.

Seminarprogramm

des

2.

Zeitungsfachlichen

Fortbildungskurses,

in:

ZV

Nr. 22/1930, Spalte 923. Auch an allen weiteren Fortbildungskursen des Instituts in Weimarer Zeit nahm der promovierte Meunier als Referent teil. Beim 4. Fortbildungskurs 1932 leitete er sogar eine der Arbeitsgruppen. Vergi. ZV Nr. 45/1932, Seite 781 3 Carl Martin Köhn, geboren am 30.10.1895, war leitender Redakteur beim Völkischen Beobachter und beim Schwarzen Korps. Er gehörte der NSDAP seit 1933 an und unterrichtete "Kulturpolitik" an der RPS. Vergi. BDC-Personalakte Carl Martin Köhn 4 Wilhelm Koppen, geboren am 30.03.1896, trat der NSDAP erst Ende 1937 bei. Vergi. BDC-Personalakte Wilhelm Koppen 5 Ernst Riemann-Georgi, geboren am 02.06.1901, trat bereits im März 1932 in die Partei ein. Vergi. BDC-Personalakte Ernst Riemann-Georgi 6 Herbert Wawretzko, geboren am 16.05.1898, war von 1930 bis 1932 Mitglied der Deutschen Volkspartei. Im April 1933 trat der "Konjunkturritter" in die NSDAP ein und machte schnell Karriere. Der Jurist brachte es zum Vorsitzenden des Arbeitsgerichts Berlin und ging noch einigen einträglichen Nebenbeschäftigungen nach. Zum Beispiel saß er im Aufsichtsrat der Genossenschaftsbank "Deutscher Aufstieg". Vergi. Personalnachweis des RDP, in: BA R 103/200. Für seine Seminare an der RPS strich Wawretzko 225 RM im Jahr ein, vergi. RDP-Haushaltsakten 1937-1939, in: BA R 2/4876

189

10. AUSBILDUNGSALLTAG UND -INHALTE DER REICHSPRESSESCHULE Nur drei Monate seien nötig, um die Berufsanwärter "auf Herz und Nieren" zu überprüfen,1 glaubten die Verantwortlichen. Und zur Förderung von Kameradschaft und Standesbewußtsein sollte sich der Nachwuchs vor der eigentlichen Schulung erst einmal kennenlernen, "im Drillichanzug ohne Koppel und nicht mit der Bügelfalte".2 Zu diesem Zweck hatten die einberufenen Volontäre sechs bis vierzehn Tage mit Wehrertüchtigung zuzubringen. Für den vormilitärischen "Dienst" waren "Wehrsport"-Lager eingerichtet worden, in denen die Verfechter elitärer "Gemeinschaftserziehung" mögliche individuelle Neigungen durch Gleichschritt und Stubenappell bereits im Ansatz ersticken wollten.

10.1. Die "Wehrsport"-Lager Wie es scheint, reagierte die Schulleitung mit der Einrichtung der Lager auf die mangelnde Disziplin der Schüler des ersten Kurses. Denn in der Vorbereitungsphase hatte Reichsschulungsleiter Hans Schwarz van Berk diese Art Drill noch eindeutig verworfen. Durchaus zutreffend erklärte er Ende 1934 vor Delegierten des Reichspressetages: "Wir könnten... ein Lager aufmachen im freien Gelände, aber wir sind der Auffassung, daß auch der beste Muskelkater noch nicht zu einem guten Leitartikel oder einem vernünftigen Bericht verhilft." 3 Doch was kümmerte das Geschwätz von gestern, wenn es um die "Charaktererziehung" 4 des Nach1 Wolf Meyer-Christian: Forderungen an den jungen Journalisten, in: Reichs-Jugend-Pressedienst Nr. 54 vom 05.03.1936, Seite 2 2 Hans Schwarz van Berk: Zeitungs-Studenten, in: Der deutsche Student, Juniheft 1935, Seite 360 3 Hans Schwarz van Berk: Nachwuchs und Standesbildung, Referat vor den Delegierten des Reichspressetages 1934, in: DP Nr. 48/1934, Seite 6 4 Überhaupt sei "Charaktererziehung die Hauptsache" bei der Formung einer neuen Joumalistengeneration, schrieb Wilhelm Weiß in der Planungsphase der Reichspresseschule, in: Wilhelm Weiß: Systematischer Neubau der Deutschen Presse, in: DP Nr. 24/1934, Seite 3. Und daß die Fortsetzung Fußnote Seite 191

190

wuchses so schlecht bestellt war und selbst der Minister bereits interveniert hatte. Bereits nach zwei Lehrgängen konnte Meyer-Christian zufrieden resümieren, man habe in mehrfacher Hinsicht "ausgezeichnete Erfahrungen" mit der Lagerzeit gemacht: "Im Drillichanzug haben sich die jungen Leute viel besser zueinander gefunden, als im Zivil, das den Reichen vom Armen unterscheidet. Hier zeigt sich auch, wer sich einfügen kann." ' Anfang Mai 1935 meldeten sich die ersten Rekruten des "Schriftleiterkorps" bei der SA-Wachstandarte "Feldherrenhalle", die sich im ehemaligen Stammschloß der Roons in Gütergotz, einem südöstlichen Vorort von Berlin, eingenistet hatte. Sie wurden von einem sogenannten "Kameradschaftsfuhrer" empfangen und in die spartanisch ausgestatteten Unterkünfte des Barackenlagers eingewiesen. Nachdem ihnen Uniformen, Bett- und Eßzeug ausgehändigt worden waren, begann für die Volontäre eine Art militärische Grundausbildung, die nicht nur auf kultivierte Einzelgänger befremdlich wirken mußte. Exerzierübungen, Geländesport, Nachtmärsche, Schießlehre und später sogar "Übungshandgranatenweitwurf' 2 waren dazu angetan, den "Intellekt... auf einen möglichst bescheidenen Gang" 3 zu schalten. Der Tagesablauf reduzierte das Leben der angehenden Journalisten auf ein primitives Dasein, das "zwischen Ordnungsliebe und Picknapf' pendelte.4 Das System von Befehl und Gehorsam unterdrückte Diskussionen über Sinn und Zweck der Übung. Und der Leidensdruck schweißte diejenigen zusammen, die SA für die Aufgabe der "Charakterbildung" des Nachwuchses geradezu prädestiniert sei, betonte auch der Zeitungswissenschaftler Emil Dovifat, in: Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung. Vorschläge und Anregungen, als Manuskript gedruckt, Berlin Frühjahr 1934, Seite 4 1 Wolf Meyer-Christian: Neuregelung der Nachwuchsausbildung, in: DP Nr. 50/1935, Seite 666 2 Vergi. E. Theil: Lehrgang XIII angetreten!, in: DP Nr. 13/1939, Seite 252 3 Friedrich Wilhelm Hymmen: Vom Zivilisten zum Kameraden, in: DP Nr.

11/1936,

Seite 127 4 Friedrich Wilhelm Hymmen: Vom Zivilisten zum Kameraden, in: DP Nr.

11/1936,

Seite 127. In der zeitgenössischen Beschreibung der Lager ließen RPS-Absolventen durchaus etwas Skepsis durchschimmern. Während Kameradschaftserlebnis und Zusammengehörigkeitsgefühl lobende Erwähnung fanden, artikulierten sich vorsichtige Vorbehalte gegen die Primitivität des soldatischen Drills. Vergi, in diesem Zusammenhang auch Kurt Vogel: Lager Gütergotz in Schnappschüssen gesehen, in: DP Nr. 11/1936, Seite 126 f

191

der Befehlsgewalt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Beides war beabsichtigt. "In den Köpfen der Initiatoren lebte die Vorstellung vom militanten Schriftleiter", erinnerte sich der RPS-Schüler Jürgen Petersen.1 Die Reichspresseschule leistete damit ihren Beitrag zur Einbindung des Journalisten in eine planvoll militarisierte Gesellschaft. Eine wichtige Funktion in diesem Konzept kam dem sogenannten "Kameradschaftsfuhrer" zu, der das Lager in eigener Regie leitete und auch während der Lehrgänge in Berlin in Erscheinung trat, um Frühsport und Exkursionen der Teilnehmer zu organisieren. Seit Oktober 1934 stand der Reichspresseschule OttoLeo von Tiedemann für diese Aufgaben zur Verfügung. Otto-Leo von Tiedemann, am 9. März 1906 als Sohn eines höheren Offiziers in Danzig geboren, entsprach eigentlich nicht dem Typ des stupiden Feldwebels, dessen geistiger Horizont durch Kasernenmauem beschränkt wurde. Doch die Anstellung beim RDP bedeutete einen beruflichen Anfang fur den 28jährigen, dem eine Tätigkeit im erlernten Beruf und die angestrebte Offizierslaufbahn bei der Wehrmacht durch die schwierige Situation zu Beginn der dreißiger Jahren versagt geblieben war. Nach Abschluß seines Studiums arbeitslos, sah sich der Ingenieur für Wärmetechnik zunächst gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten in der Landwirtschaft und als Jiu-Jitsu-Lehrer zu verdienen. Erst durch seinen Eintritt in die NSDAP und die SA Mitte 1932 bot sich für von Tiedemann die Möglichkeit einer festbezahlten Beschäftigung. Nach kurzem Intermezzo als Hauptabteilungsleiter der NSDAP-Kreisleitung Kolberg berief ihn der örtliche SA-Chef als Adjutanten und hauptamtlichen SA-Führer in seinen Stab.2 Am 1. Oktober 1934 wurde von Tiedemann vom Reichsverband der deutschen Presse eingestellt, um die Schulleitung beim "organisatorischen und wirtschaftlichen Aufbau" 3 der Reichspresseschule zu unterstützen. Seine nach eigenen Angaben "umfassenden militärischen und wehrsportlichen Kenntnisse", die er sich beim "Stahlhelm", bei der Infantrie und während seiner SA-Dienstzeit angeeignet hatte,4 mögen dafür verantwortlich gewesen sein, daß man ihn dann später mit der Leitung der "Wehrsport"-Lager und den Aufgaben des "Kameradschafts1 Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehtjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 43 2 Vergi. RMVuP-Personalnachweis, in: BDC-Personalakte Otto-Leo von Tiedemann 3 Vergi, masch.-schriftl. Lebenslauf, in: BDC-Personalakte Otto-Leo von Tiedemann 4 Vergi, von Tiedemanns Personalaufstellung fur das RMVuP, in: BDC-Personalakte OttoLeo von Tiedemann

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fuhrers" beauftragte. Für von Tiedemann erwies sich die Tätigkeit fiir die Reichspresseschule tatsächlich als Sprungbrett zu einer recht ansehnlichen Karriere.1 Im Oktober 1936 ernannte RDP-Chef Wilhelm Weiß den SA-Kollegen zu seinem persönlichen Referenten. Zwei Jahre später wechselte von Tiedemann ins Reichsministerium fur Volksaufklärung und Propaganda, wo er für Mobilmachungsübungen zuständig war. Nach der Besetzung der Niederlande berief ihn der Reichskommissar fur die besetzten niederländischen Gebiete in seine Propagandaabteilung nach Den Haag. Aufgrund bester Beurteilung beförderte man ihn bald zum Regierungsrat und stellvertretenden Leiter der dortigen Hauptabteilung Volksaufklärung und Propaganda. Auch bei Wehrmacht und Waffen-SS machte der ehemalige "Kameradschaftsführer" noch die ersehnte Karriere. Als Rittmeister geriet von Tiedemann 1943 in Kriegsgefangenschaft. Das Kriegsende erlebte er in einem Gefangenenlager in Kanada.2 Den Posten des "Kameradschaftsfuhrers" der Reichspresseschule übernahm nach von Tiedemanns Ausscheiden ein alter Bekannter des RDP-Hauptgeschäftsflihrers Wilhelm Ihde. Gerhard Schwager, ein Haudegen von äußerst schlichtem Gemüt, trat seinen Dienst zu Beginn des siebten Lehrgangs in Gütergotz an. Der SS-Sturmfuhrer, geboren am 24. Oktober 1908 in Hamburg, hatte das Gymnasium 1928 ohne Abitur verlassen. Nach einer kaufmännischen Lehre schlug sich Schwager seit 1931 mit einer Reihe von schlechtbezahlten Tätigkeiten fur seine Partei durchs Leben. In Anbetracht seiner seit 1930 bestehenden Mitgliedschaft in der NSDAP und der SS wurde er nach der Machtübernahme mit dem Posten des "Presseleiters" der Kurverwaltung Bad Pyrmont bedacht. Im Jahr 1934 beorderte ihn die SS als Adjutanten zur SS-Reichsfuhrerschule nach Braunschweig.3 Und ein Jahr später besorgten treusorgende Parteifreunde dem Träger des goldenen Parteiabzeichens eine Stelle als Pressereferent im Reichspropagandaamt Bochum. 1 Die intensive Betreuung des journalistischen Nachwuchses sollte sich für von Tiedemann nicht nur beruflich auszahlen. Am 15.10.1936 heiratete der "Kameradschaftsfiihrer" die RPS-Schülerin Liselotte Beyer. Vergi. BDC-Personalakte Otto-Leo von Tiedemann 2 Vergi. BDC-Personalakte Otto-Leo von Tiedemann 3 In seinem handschriftlichen Lebenslauf offenbarte der ehemalige "Presseleiter", der in seinem Personalbogen angab, über "journalistische Praxis" zu verfügen, erhebliche Schwächen in der Rechtschreibung. So bezeichnete er sich beispielsweise als "Adjutand". Vergi. Personalnachweis Gerhard Schwager, in: B A R 103/197

193

Obwohl der RDP seine Tätigkeit als "Kameradschaftsfìihrer" monatlich nur mit 261,55 RM brutto nebst Unterkunft und Verpflegung honorierte, beendete Schwager seine obskure "journalistische Tätigkeit" im Gau Westfalen-Süd. Seit dem 3. Mai 1937 war er dann als "alleiniger Leiter" der Lager dafür verantwortlich, den Ausbruch "der reinsten Anarchie unter den Kursusteilnehmern" zu verhindern.1 Nach Schließung der Reichspresseschule meldete sich Gerhard Schwager, der es durch häufige Wehrübungen schon vor Kriegsbeginn zum Feldwebel gebracht hatte, freiwillig zur Wehrmacht. Ende 1942 mit dem Infantrie-Sturmabzeichen ausgezeichnet, wurde er 1944 noch zum Oberleutnant befördert. 2 Die RPS-Schülerinnen blieben von den paramilitärischen Lagern verschont. Ein "Wehrsport"-Lager fur weibliche Volontäre hätte sich mit dem nationalsozialistischen Verständnis von der Rollenverteilung der Geschlechter nicht vertragen. Zur besseren Kontrolle und Disziplinierung wurden die "Jungschriftleiterinnen" seit Anfang 1939 acht bis zehn Tage zur "Reichsfrauenfuhrung" abgeordnet, wo sie in der Presseabteilung zu "hospitieren" hatten.3 Seit 1938 hatte die Schulleitung auch fur die weiblichen Volontäre sogenannte "Kameradschaftsleiterinnen" installiert, die während des Lehrgangs die Betreuung und Überwachung übernahmen. In den ersten RPS-Kursen war die jeweilige Sekretärin des Schulleiters für diese Aufgaben zuständig. Die erste "Kameradschaftsleiterin" Ruth von Kondratowicz, eine junge Frau von 24 Jahren, war selbst Absolventin der Reichspresseschule. Die ledige Schriftleiterin, die nach ihrer Ausbildung eine Anstellung beim Wochenblatt der Landesbauernschaft Schlesien gefunden hatte, wurde Ende 1938 von Fritz Zierke verpflichtet. Da der Reichsverband ihr das von Zierke zugesagte Gehalt nicht zahlen wollte, quittierte sie den Dienst bereits nach sechs Monaten.4 Ihre Nachfolgerin, 1 So definierte Schwager seine Aufgabe in einem Schreiben vom 25.04.1939 an das Wehrmeldeamt Berlin-Wilmersdorf, Personalnachweis Gerhard Schwager, in: Β A R 103/197 2 Vergi. SS-Karteikarte, in: BDC-Personalakte Gerhard Schwager 3 Vergi. Gertrud Scholz-Klink: Die Frau im Dritten Reich, Tübingen 1978, Seite 82. Die ehemalige "Reichsfrauenfiihrerin", auch nach dem Krieg noch ganz ihrer kleinen braunen Welt verhaftet, erläuterte, die "Jungschriftleiterinnen" hätten Gelegenheit gehabt, "die gesamte Frauenarbeit im Dritten Reich kennenzulernen." Siehe auch Else Boger-Eichler: Die Schriftleiterin, hrsg. vom Akademischen Auskunftsamt Berlin in Verbindung mit dem Amt für Berufserziehung

und

Betriebsfuhrung

in

der Deutschen

Arbeitsfront,

Seite 12 4 Vergi. RDP-Personalnachweis Ruth von Kondratowicz, in: Β A R 103/187

194

Berlin

1939,

Karoline Seyboth, betreute nur noch die Schülerinnen des letzten Lehrgangs.1 Über seine Erfahrungen mit den männlichen Teilnehmern erstattete der "Kameradschaftsfìihrer" der Schulleitung nach Abschluß des Lageraufenthalts Bericht: "In diesen vierzehn Tagen scheidet sich schon die Spreu vom Weizen. Den sport gestählten Körpern macht das Lagerleben nichts aus. Sie begeistern sich an der Kameradschaft und lassen sich mit Genuß schleifen. Die Muttersöhnchen aber bibbern - und atmen auf, wenn sie in die Kultur zurückkehren, in das Heim der Reichspresseschule".2 Es ist davon auszugehen, daß die Berichte des "Kameradschaftsflihrers" eingehend studiert wurden. Wer sich in Gütergotz bereits den Unwillen der Zuchtmeister zugezogen hatte, dürfte auch während der weiteren Schulung besonderen Schikanen ausgesetzt worden sein.

1 Die gelernte Buchhalterin und Redaktionssekretärin Seyboth, geboren am 15.12.1904, war bis zu ihrer Heirat 1932 Mitglied der NSDAP. Vergi. RDP-Personalnachweis Karoline Seyboth, in: B A R 103/197. Der Kontakt zum Reichsverband der deutschen Presse dürfte von ihrem Ehemann hergestellt worden sein. Der Pg. Fritz Seyboth, einst Hauptschriftleiter der Gaupresse Magdeburg-Anhalt, diente dem RDP einige Jahre als Leiter des Landesverbandes Mitteldeutschland, den einige Zeit später auch Hans Henningsen übernahm 2 Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb fur den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 382

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10.2. Der Internats- und Lehrbetrieb Mit "gemischten Gefühlen" 1 zogen die Volontäre nach der Lagerzeit in die Reichspresseschule ein. Doch entgegen aller Befürchtungen war der militärische Teil der Schulung tatsächlich beendet. Das "Drillichzeug" blieb in Gütergotz. Während der Schulung sorgten der "dunkle Anzug" 2 und "Räuberzivil" 3 schon rein äußerlich fur eine veränderte Atmosphäre, auch wenn nach wie vor Wert auf Disziplin gelegt wurde. Die Schüler des zweiten Kurses wurden in der geräumigen ersten Etage eines Mietshauses in der Berliner Klopstockstraße "behelfsmäßig und recht ungenügend" 4 untergebracht. Etwa achtzig Schüler verteilten sich auf zwölf Schlafzimmer, auch zwei Eß- und ein Lesezimmer standen zur Verfügung. Zwei weitere Räume, die mit langen Stuhlreihen vollgestellt worden waren, bildeten den Hörsaal. Pünktlich um 6.45 Uhr wurden die Schüler recht unsanft vom Hausmeister geweckt. Max Pundt 5 , von den Lehrgangsteilnehmern "die Zuchtrute" getauft, spielte die Rolle des Kompaniefeldwebels, der widerspenstige Zöglinge, die sich seinem strengen Regiment nicht fügen wollten, zu Strafarbeiten wie "Flurfegen" und "Tafel säubern" vergatterte. Nach zehnminütigem Dauerlauf durch den Tiergarten folgte die Morgentoilette, um 7.30 Uhr versammelten sich die Volontäre zum Frühstück. Anschließend hatten die Schüler die Morgenzeitungen zu

1 Else Günther. Sieben zu siebzig, in DP Nr. 35/1936, Seite 431. Von "gemischten Gefühlen" berichtete auch N N : Kameradschaftsabend in Dahlem, in. DP Nr. 12/1939, Seite 234 2 Das Einberufungsschreiben schrieb vor, die Volontäre hätten einen dunklen Anzug und Sportzeug mitzubringen. Interessant ist die Passage, Uniform werde "nicht gebraucht". Möglicherweise wollte Meyer-Christian Befürchtungen zerstreuen, es handele sich bei der Reichspresseschule um eine doktrinäre Parteischulung. Vergi. "Anordnung betreffs Meldung zum zweiten Kursus", in: DP Nr. 16/1935, Seite 193. Auch in der Ankündigung des vierten Lehrgangs findet sich die gleiche Passage, vergi. DP Nr. 10/1936, Seite 117 3 Vergi. "Anordnung betreffs Meldung zum zweiten Kursus", in: DP Nr. 16/1935, Seite 193 4 Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb für den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 382 5 Der gelernte Rohrleger Max Pundt, geboren am 02.07.1900 und NSDAP-Mitglied seit Mai 1932, blieb bis Ende 1936 Hausmeister der RPS. Seine Frau Klara verdingte sich bei der RPS als Putzfrau, vergi. BDC-Personalakte Max Pundt

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studieren,1 um 9 Uhr begann der Unterricht. Bis 12 Uhr sah der Stundenplan Vorlesungen im Stundentakt vor, dann wurde die Schülerschar im "Haus der deutschen Presse" beköstigt. Der Speiseplan bescherte deftige Hausmannskost. Während des Essens taten die Schüler gut daran, sich bestens zu benehmen. Denn der gemeinsame Mittagstisch diente dem Schulleiter auch zur Überprüfung der Tischmanieren. "Fleckemacher, Vorlosesser, Zuspätkommer und Leser bei Tisch" wurden zugunsten des "Winterhilfswerkes" zur Kasse gebeten.2 Nach dem Mittagessen verordnete die Schulleitung ihren erwachsenen Schützlingen "Bettruhe", wer "an der Reihe" war, hatte zu baden 3 Nachmittags setzten die Verantwortlichen des öfteren Filmvorführungen oder Besichtigungen an. Dank bester Beziehungen zum Propagandaministerium konnten Führungen durch das Filmgelände in Neubabelsberg und sogar Besuche der Reichspressekonferenz organisiert werden. Meyer-Christian und Schwarz van Berk gaben sich Mühe, ein abwechslungsreiches Programm zusammenzustellen. Und es ist nachvollziehbar, daß viele Schüler davon beeindruckt wurden: "Für einen jungen Menschen, der... aus der tiefen Provinz kam, war natürlich dieser erste Aufenthalt in Berlin... eine vielfältige Erweiterung seiner Erfahrungen".4 Nach dem Besuch von Gerichtsverhandlungen, Museen und Galerien waren die Beobachtungen zu Papier zu bringen. Auch Werksbesichtigungen wurden für Reportageübungen genutzt. Hier kam es den RPS-Pädagogen vor allem darauf an, 1 Den Schülern stand eine Reihe von in- und ausländischen Zeitungen zur Verfügung. 1935 hatte die Reichspresseschule fünf deutsche und zwei ausländische Tageszeitungen abonniert. Zudem lagen zwanzig Zeitschriften "verschiedenen Charakters" zur Lektüre bereit. Vergi. RPS-Ausgaben im RDP-Haushaltsvoranschlag 1935, in: BA R 55/723 Fol.48. Wurden der RPS bis 1936 die meisten Zeitungen noch kostenlos zur Verfügung gestellt, so "untersagte" der RDZV ab 1937 die Lieferung von Freiexemplaren. Dies dürfte als Indiz zu werten sein, daß sich die Schule in Verlegerkreisen nicht unbedingt großer Wertschätzung erfreuen konnte, vergi. RPS-Ausgaben für Zeitungsabonnements im RDP-Haushaltsvoranschlag 1937, in: B A R 103/146 2 Vergi. Meldung in DP Nr. 20/1935, Seite 246. Die "Tischkasse" des ersten Kurses ergab 19,55 Reichsmark, die Erträge dieser Disziplinierungsbemühungen wurden im Haushalt der RPS ordnungsgemäß als "Vermischte Einnahmen" verbucht. Vergi. Übersicht über Einnahmen der RPS im Anhang dieser Studie 3 Zum Tagesablauf des zweiten Lehrgangs vergi. Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule ein Sieb für den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 381 ff 4 Schreiben von Robert Schmelzer an den Verf. vom 26.07.1988

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den Blick der angehenden Journalisten für die D i n g e zu schulen, die "die Werksleitung nicht zeigt". 1 W e n n keine Ausflüge geplant waren, setzte sich das Programm um 15 Uhr mit praktischen Übungen fort. In dieser Zeit hatten die Schüler auch Buchbesprechungen, Film- oder Konzertkritiken zu schreiben und an ihrer "Semesterarbeit" 2 zu feilen. Z w i s c h e n 18 und 2 0 Uhr stand das A b e n d e s s e n auf dem Tisch. D a s reichhaltige Buffet berücksichtigte sogar Sonderwünsche, zum Beispiel von Vegetariern. A n manchen A b e n d e n schlössen sich kollektive Kino-, Theater- und Konzertbesuche an. 3 D i e dafür anfallenden Kosten übernahm die Reichspresseschule, um die schmale Börse der Volontäre zu schonen. A u c h individuelle Erkundungen Berlins waren möglich. Während der Ära Meyer-Christian wurde freier A u s g a n g bis 1 Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb für den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 385. Auch gegen offizielle Verlautbarungen, die von den Firmenleitungen per Pressemitteilung in den Zeitungen verbreitet wurden, hatte Meyer-Christian prinzipiell etwas einzuwenden. Der "Waschzettel-Abdruck" gehöre "vor das Ehrengericht", wetterte er in der "Deutschen Presse". Im Zusammenhang mit versteckter Buchwerbung schrieb der Moralist: "Aber sich als Schriftleiter... zum Handlanger eines solchen Propagandaleiters herzugeben, ist nicht nur plebejisch und pflichtvergessen, sondern... ein selbst durch anerkannte Faulheit nicht entschuldbarer Verstoß gegen Berufsehre und Standespflicht." Das "Problem der Buchwerbung" halte er fur derart wichtig, daß er es von RPS-Schülem als Semesterarbeit behandeln lasse. Wolf Meyer-Christian: Waschzettel-Abdruck gehört vor das Ehrengericht, in: DP Nr. 27/1935, Seite 324 2 Für ihre Semesterarbeit konnten die Schüler des zweiten Kurses unter 45 Themen wählen. Die Titel der Arbeiten lauteten unter anderem: "Stadtplanung und Siedlungspolitik Berlins", "Der deutsche Film und die Weltkonkurrenz", "Die persönliche Note in der Zeitung", "Der Kriegswitz als politische Waffe", "Agrarkrise und Außenpolitik". Auch eindeutige NS-Themen standen zur Auswahl, z.B. "Rassepolitische Spannungszonen" und "Gegenwartsaufgaben der Partei", vergi. Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb für den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 385. Zur Bearbeitung der Themen standen Zeitungen, Zeitschriften und eine umfangreiche Bibliothek zur Verfügung, deren Aufbau bis Ende 1939 etwa 15.000 Reichsmark verschlang. Vergi. Übersicht im Anhang der Arbeit. Die hohe Summe läßt darauf schließen, daß die Bücherregale nicht nur mit den üblichen Machwerken aus den Federn diverser NS-Größen bestückt wurden 3 Die hier gewonnenen Eindrücke wurden anschließend im Unterricht besprochen und bewertet. Der Historiker Boguslaw Drewniak berichtet von einer Umfrage unter RPSSchülern zu eindrucksvollen Filmen. Anschließend wurde eine Rangliste veröffentlicht. Vergi. Boguslaw Drewniak: Der deutsche Film 1938-1945, a.a.O., Seite 630. In einem Schreiben an den Verf. vom 29.08.1988 erläuterte Prof. Drewniak, er habe diese Information aus einer Veröffentlichung des "Film-Kuriers"

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23 Uhr gewährt. Wer länger wegbleiben wollte, mußte sich dies genehmigen lassen. "Doch die Kontrolle war lax. Uns Greenhörnern wurde das Kennenlernen Berlins leicht gemacht", beschrieb der RPS-Schüler Robert Schmelzer die relativ liberale Regelung.1 Vor allem der Besuch kultureller Einrichtungen wurde nachhaltig gefördert. Goebbels hatte verfugt, daß den Volontären mehrere Berliner Theater "fur billiges Geld zugänglich" waren.2 Unter der Woche sollten die Schüler spätestens um 23.30 Uhr im Bett liegen. Samstags verlängerte sich der Ausgang um eine halbe Stunde und sonntags blies der Hausmeister erst gegen ein Uhr nachts zum Zapfenstreich. Das provisorische Domizil in der Klopstockstraße wurde nach Abschluß des zweiten Lehrgangs wieder geräumt. Für die Durchfuhrung des dritten Kurses, der für Berliner Volontäre reserviert wurde, war ein Internatsbetrieb nicht zwingend erforderlich. Die Schüler wohnten zuhause,3 der ganze Lehrgang dauerte diesmal nur knapp sechs Wochen. So war die beabsichtigte "Gemeinschaftserziehung" natürlich nicht zu erreichen. Die Verantwortlichen suchten seit Herbst 1935 fieberhaft nach einer festen Bleibe.4 Doch auch Anfang 1936 war man noch nicht fundig geworden. Ein bereits geplanter Lehrgang mußte wieder gestrichen werden,5 und die Verwaltung der Reichspresseschule sah sich gezwungen, innerhalb eines halben Jahres zweimal umzuziehen.6 Ihr "endgültiges Heim" bezog die Reichspresseschule erst zu Beginn des vierten Lehrgangs.7 Nach ihrem anstrengenden Lageraufenthalt in Gütergotz trafen die ersten Schrift1 Schreiben Robert Schmelzer an den Verf. vom 03.08.1988 2 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225 3 So die Auskunft von Friedrich Wilhelm Hymmen in einem Schreiben an den Verf. vom 16.05.1988 4 Meyer-Christan berichtete im Dezember 1935 von "Schwierigkeiten bei der Hausbeschaffung", in: DP Nr. 50/1935, Seite 666 5 In der Abschlußnachweisung der RPS für 1935 wurden die geringeren Ausgaben damit erklärt, "daß ein Lehrgang weniger durchgeführt wurde", in: BA R 103/149 6 Mitte September 1935 lautete die "Briefanschrift" der RPS Dörnbergstraße 3, vergi. Meldung "Reichspresseschule", in: DP Nr. 37/1935, Seite 455. Anfang März 1936 war die RPS dann in der Hildebrandstraße 8 zu erreichen, vergi. Meldung "Reichspresseschule", in: DP Nr. 10/1936, Seite 117 7 Vergi. Nachrichtenblatt des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda Nr. 6 vom 15.04.1936, in: B A R 55/433 Fol. 21

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leiter i.A. am 6. April 1936 im vornehmen Dahlem ein. Der Kontrast der repräsentativen Villa zum SA-Barackenlager hätte größer kaum sein können. Messelstraße 7-11, die Anschrift dürfte angehenden Kulturredakteuren vielleicht nicht ganz unbekannt gewesen sein. Gleich nebenan residierte des "Führers" bevorzugte Regisseurin, Leni Riefenstahl. Die neuen Räumlichkeiten der Reichspresseschule waren äußerst großzügig bemessen. Die direkt am Grunewald gelegene Villa stand auf einem 13.000 m2 großen Grundstück. Die sorgfaltig angelegte Parkanlage mit altem Baumbestand machte die Einstellung eines Gärtners erforderlich. Hinter Kiefern und Obstbäumen versteckte sich noch ein malerisches Gartenhaus mit einer Wohnung fur den Hausmeister.1 Das von einer Erbengemeinschaft 2 zunächst bis Ende 1939 gemietete Schulgebäude bot auch innerhalb seiner roten Backsteinmauern gediegenes Ambiente. Man betrat das moderne Haus durch eine geräumige Halle, im Erdgeschoß befanden sich die Räume für den Schulbetrieb. Nach dem vom RDP finanzierten Umbau präsentierten sich dem Betrachter ein großer Hörsaal mit bequemen Stuhlreihen, ein Aufenthaltsraum mit gemütlichen Sitzgruppen und ein Arbeitsraum, der Schreibmaschinentische und Zeitungssammlung beherbergte.3 Bei Einrichtung und Ausstattung dominierte ein spürbarer Hang zum Luxus. Das Mobiliar fur Hörsaal, Arbeits-, Aufenthaltsräume und Meyer-Christians Büro verschlang mindestens 9.000 Reichsmark. Die Kücheneinrichtung war den Verantwortlichen mit über 3 .000 RM ebensoviel Wert wie die komfortable Ausstat1 Am 01.12.1936 löste Max Gerhardinger, geboren am 27.02.1902, die "Zuchtrute" Pundt als Hausmeister der RPS ab. Der gelernte Eisendreher und "Hausdiener" hatte Erfahrungen im Umgang mit Journalisten. Von 1931 bis 1936 diente Gerhardinger dem RDP als "Klubwart" des Deutschen Presseklubs. Nach Schließung der Reichspresseschule kündigte der RDP dem "Kammerdiener" zum 31.12.1939. Unter Gerhardinger, im Gegensatz zu seinem Vorgänger kein NSDAP-Mitglied, änderte sich wohl der barsche Umgangston. In seinem Zeugnis hieß es: "Dank seiner vorzüglichen Umgangsformen verstand er es, das Hauspersonal ebenso wie die Besucher der Anstalt zur Beobachtung ihrer Pflichten anzuhalten, ohne daß er es nötig gehabt hätte, zu harten Anweisungen zu greifen", Personalnachweis Max Gerhardinger, in: BA R 103/182 2 Der Reichsverband der deutschen Presse hatte die Villa in der Messelstraße von einer Erbengemeinschaft Ploschitzki bis zum 31.12.1939 gemietet. Vergi. Vermerk von Henningsen fur den Justitiar Wawretzko vom 11.10.1939, in: Personalnachweis Max Gerhardinger, Β A R 103/182 3 Vergi. J. Klapproth: Das "Eton" der deutschen Presse. Jungschriftleiter beziehen die neue Reichspresseschule, in: DP Nr. 18/1936, Seite 206 f

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tung der Bibliothek mit Regalen, Pulten und dezenter Beleuchtung. Und weil man den schönen Garten natürlich auch nutzen wollte, mußte der Buchhalter des Reichsverbandes der deutschen Presse auch einige tausend Reichsmark für Gartenmöbel und Sportgerät im RPS-Haushalt einplanen! Das Obergeschoß war für die Schlaf- und Waschräume reserviert. In den 20 Schlafsälen, deren große Fenster zum Garten hin zu öffnen waren, konnten jeweils zwischen drei und zwölf Personen untergebracht werden. Insgesamt bot das Gebäude Platz für etwa 70-80 Presseschüler,2 an anderer Stelle ist von einer Aufhahmekapazität von bis zu 100 Volontären die Rede.3 Im Keller hatten die Planer eine Kneipe einrichten lassen, in der ein "pünktlicher, unauffälliger und eingespielter" Schultag am Abend mit "kameradschaftlichem Zusammensein" 4 endete. Hier fanden auch die sogenannten "Kameradschaftsabende" statt, zu denen die Schulleitung von Zeit zu Zeit wichtige Ansprechpartner aus Ministerien, Verwaltung und Redaktionen einlud. Pro Kurs waren dafür rund 600 RM an Bewirtungskosten fällig.5 Doch die kostspielige Imagepflege lohnte sich, indem sie der nicht unumstrittenen Schule den notwendigen Bewegungsspielraum sicherte. Im Dachgeschoß befanden sich die Kammern für die ledigen Dienstboten. Das "Eton der deutschen Presse", wie ein enthusiastischer Schüler die RPS feierte,6 1 Vergi. RPS-Ausgaben in den RDP-Haushalten 1935 und 1936, in: BA R 103/156. Bereits fur das Domizil in der Klopstockstraße schaffte die RPS Turn- und Spielgeräte an, in Dahlem wurde das Arsenal dann komplettiert. Insgesamt investierte die RPS 800 RM in Sportgeräte, vergi, ebenda 2 Vergi. Beschreibung des Hauses im RDP-Haushaltsvoranschlag 1936, in: BA R 103/156 3 Vergi. N.N.: Einweihung des Gebäudes der Reichspresseschule, in: Das Archiv, Nachschlagewerk für Politik, Wirtschaft, Kultur, hrsg. von Alfred-Ingemar Berndt, Band 25, Berlin April 1936, Seite 144 4 Schreiben von Christian von Chmielewski an den Verf. vom 22.06.1988 5 Die Summe bezieht sich auf eine Angabe im RPS-Haushaltsabschluß 1935, in: BA R 55/723 Fol. 50. Zur Begründung des Etatpostens hieß es: "Für die von der Schule aus pädagogischen Gründen zu Beginn und Ende jeden Lehrgangs veranstalteten Kameradschaftsabende, zu denen hervorragende Persönlichkeiten aus Politik und Presse hinzugezogen werden, betrugen die Kosten pro Lehrgang etwa RM 600,-" 6 J. Klapproth: Das Eton' der deutschen Presse, in: DP Nr. 18/1936, Seite 206. Wörtlich hieß es: "Die Lebensform innerhalb der Schule trägt College-Charakter, so daß diese Hochschule des deutschen Pressenachwuchses in der Vereinigung von Universität und Internat das Gepräge einer Lehranstalt erhalten hat, wie ihn der Begriff Eton kennzeichnet"

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erforderte die Einstellung zusätzlichen Personals. 1 D i e Volontäre wurden nun von einem

Koch

und

einer

Küchenhilfe

in

eigener

Regie

verpflegt, 2

um

die

zeitraubenden W e g e zum "Haus der deutschen Presse" einzusparen. D e n von den Presseschülern verursachten Dreck beseitigten zunächst drei, später sogar vier festangestellte Reinigungskräfte. 3 A m 24. April 1936 wurde das neue Schulgebäude feierlich eingeweiht. Zur Eröffnung hatte sich Prominenz aus "Partei, Staat und Presse" eingefunden. 4 D e r hohe

RMVuP-Beamte

Alfred-Ingemar B e m d t

überbrachte

"die

besonderen

Glückwünsche" seines Ministers und das geschäftsfuhrende Präsidialratsmitglied der Reichspressekammer,

Ildephons Richter, hatte "beste Grüße" v o n

Max

Amann auszurichten. D i e Festredner überschlugen sich förmlich, um den Anlaß gebührend zu würdigen. D e r R D P - C h e f dankte Goebbels und Funk "fur die großzügige Förderung und Unterstützung". D a s "Schulheim" entspreche "allen Bedürfnissen" 5 , freute sich Wilhelm W e i ß u n d "gab seiner Zuversicht Ausdruck, daß der... Geist der natio1 Das Hauspersonal der Reichspresseschule wurde nur schlecht bezahlt, Lohnkosten fielen nicht so sehr ins Gewicht. Da das Personal auch in der lehrgangsfreien Zeit zur Verfügung stand, versuchte der RDP seine Kosten durch Untervermietung der Schule etwas zu reduzieren. Während der Olympischen Spiele 1936 offerierte der RDP den Korrespondenten auswärtiger Zeitungen Logie "mit und ohne Verpflegung". Vergi. Meldung "Olympia-Quartiere fur Schriftleiter", in: DP Nr. 25/1936, Seite 302. Zudem ist dokumentiert, daß der Reichsverband Deutscher Pressestenographen die Reichspresseschule für seine ersten beiden Anwärterlehrgänge nutzte. Vergi. Wilhelm Kühnel: Wie werde ich Pressestenograph?, Darmstadt 1941, Seite 14 2 Bei der Auswahl des Kochs bewiesen die Verantwortlichen ausnahmsweise Sinn für Sparsamkeit. Dem verheirateten Karl Liebow, der den ersten RPS-Koch Kleschewski Anfang 1938 ablöste, zahlte man monatlich nur 180 RM zum Überleben. Vergi. Personalnachweis Karl Liebow, in: BA R 103/191 3 Auch die Reinigungskräfte wurden schlecht bezahlt. Das "Hausmädchen" Edith Albien, vorher im Altersheim der Jüdischen Gemeinde zu Berlin tätig, erhielt nur ein Taschengeld von 50 RM brutto nebst Unterkunft und Verpflegung, vergi. Personalnachweis Edith Albien, in: BA R 103/175. Die "Aufwartefrau" Charlotte Tierbach mußte sich mit monatlich 35 RM netto und freier Verpflegung zufrieden geben, vergi. Personalnachweis Charlotte Thierbach, in: B A R 103/199. 4 N N.: Einweihung der neuen Reichspresseschule, in: DP Nr. 18/1936, Seite 205 5 Das neue Haus erfüllte den RDP-Chef mit tiefem Stolz. Den Delegierten des "Tages der deutschen Presse 1936" sollte eingehend Gelegenheit gegeben werden, die RPS zu besichtigen. Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 81 vom 06.11.1936, in: B A R 103/2

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nalsozialistischen Ordensburgen der NSDAP in diesem Hause eine Heimstätte finden möge." 1 Meyer-Christian versprach, "dafür Sorge zu tragen, daß in diesem Hause, das die Akademie des deutschen Journalismus sein soll, in der die Schriftleiterelite herangebildet werde, intensive journalistische Arbeit geleistet werde." 2 Nur ein Lehrgang in repräsentativer Umgebung sollte dem ersten Leiter der Reichspresseschule vergönnt bleiben. Zu Beginn des 5. Kurses hatte MeyerChristian seinen Posten fur Fritz Zierke zu räumen. Unter Zierkes strengem Regiment wurde der Unterrichtsalltag erheblich gestrafft und die von Meyer-Christian gewährten kleinen Freiheiten im Internatsbetrieb stark eingeschränkt. Die Experimente mit "Schulungs- und Arbeitsmethoden" hätten ein Ende, erklärte Zierke am 1. Mai 1937 in der "Deutschen Presse". Jetzt sei die "Arbeit der Presseschule in ihren Grundzügen sicher gefugt" 3 Selbstverständlich hatten die Schüler auch während der Lehrgänge unter Leitung Meyer-Christians "auf der Hut zu sein".4 Doch nun wurde jeder Satz gewogen. Wehe dem, der sich "politisch instinktlos" 5 verhielt. Der freie Ausgang wurde gestrichen. Wer abends in die Stadt gehen wollte, hatte um Erlaubnis zu bitten. Der "Kameradschaftsleiter" verwahrte den Hausschlüssel und gab ihn nur "nach Gunst" 6 heraus. Die Schikanen nahmen zu und provozierten im Frühjahr 1938 einen tragischen Zwischenfall. Die RPS-Schülerin Maria Edenkoben hatte vor ihrer Einberufung bei einem Pressedienst in London gearbeitet. Zierke und "Kameradschaftsfuhrer" Schwager machten sie zur Zielscheibe besonders niederträchtiger Drangsalierung. Gegen Ende des neunten Lehrgangs sah sich Maria Edenkoben derart in die Enge getrieben, daß sie sich mit Schlafmitteln das Leben nahm.7 Seither gab es im alltäglichen Schulbetrieb wieder Erleichterungen.

1 N N.: Einweihung der neuen Reichspresseschule, in: DP Nr. 18/1936, Seite 205 f 2 Ebenda, Seite 206 3 Fritz Zierke: Systematische Nachwuchsschulung, in: DP Nr. 16/1937, Seite 203 4 Schreiben von Christian von Chmielewski an den Verf. vom 22.06.1988 5 Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in. Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 43 6 Schreiben von Herta Brüh] an den Verf. vom 24.01.1989 7 Den Vorgang schilderte Herta Brühl in zwei Schreiben an den Verf. vom 24.01.1989 und 07.02.1989

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Die theoretischen Vorlesungen "nach Art akademischer Kollegs" wurden seit Anfang 1937 auf ein "knappes Fünftel" der Arbeitsstunden eingeschränkt.1 Unter Anspielung auf die Methoden seines Vorgängers schrieb Zierke: "Sie brachten in massierter Form den meisten jungen Berufskameraden so viel unbekannten Stoff nahe, daß an eine Verarbeitung während der Lehrgangszeit gar nicht zu denken war. Die neuen Weisheiten wanderten bestenfalls, sorgfältig in ein Heft eingetragen, mit nach Hause und endeten im Schlafe des Schreibtischs."2 Der neue Leiter setzte inhaltlich den Schwerpunkt auf "Übungen am Tagesmaterial". Der Lehrplan sei an kein starres Schema gebunden, "der tägliche Stoff bestimmt den Stundenplan." 3 Der Tag begann mit einer sogenannten "Tagesschau". Zierke diskutierte mit den Schülern Aufmachung und Inhalte diverser Zeitungen. Besonderes Augenmerk galt dabei dem Völkischen Beobachter.4 Anschließend wurden "aktuelle Themata" mehrere Stunden bearbeitet. Den Volontären standen Agenturmaterial und ausländische Zeitungen zur Verfügung. Die Informationen mußten in Kommentaren, Glossen und Reportagen aufbereitet werden. Der Schulleiter achtete vor allem darauf, daß die Ergebnisse politisch auch in der gewünschten Weise umgesetzt wurden: "Im übrigen sollen nationalsozialistische Ausrichtung und Formung in jeder Arbeitsstunde und jeder Übung erfolgen, indem wir zeigen, wie nationalsozialistische Zeitungen aussehen müssen." 5 Die "Härte in den Anforderungen" beabsichtigte er dabei "langsam, aber stetig höher" zu schrauben.6 Nicht jeder Schüler konnte sich sicher sein, auch das Ende des Lehrgangs zu erleben. Während der Kurse wurde weiter kräftig gesiebt, und einige Volontäre schickte die Schulleitung wieder nach Hause. Eine vorzeitige Entlassung bedurfte zwar der Genehmigung des RDP-Chefs, diese wurde allerdings in der Regel ohne große Nachprüfung erteilt.7 Eine Wiederholung des Lehrgangs war möglich. Vorzeitig der Schule verwiesene 1 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225 2 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 223 f 3 Ebenda, Seite 224 4 Schreiben von Karl Maria Bier an den Verf. ohne Datum (Juni 1988). Vergi, dazu auch Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 41 5 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225 6 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225 7 Das letzte Wort bei einer vorzeitigen Entlassung hatte sich Wilhelm Weiß laut RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936 vorbehalten, in: B A R 103/2

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Volontäre, denen kein generelles Berufsverbot erteilt worden war, hatten sich nach einer Frist erneut zu einem Schulungskurs zu melden! Abschlußzeugnisse gab es nicht. Doch nach Beendigung des Lehrgangs fertigte die Reichspresseschule über jeden Schüler ein Gutachten an, dem fur den weiteren Berufsweg entscheidende Bedeutung zukam. Der Schulleiter und die Dozenten beurteilten die Beteiligung am Unterricht, die Qualität von Pflichtaufgaben und freiwilligen Arbeiten, die Haltung beim Sport und das Verhalten gegenüber "Kameraden und Vorgesetzten". Das Zensurenschema erstreckte sich von "unterdurchschnittlich" über "durchschnittlich" bis zu "überdurchschnittlich".2 Das Gutachten mußte die Unterschriften des Schulleiters und des Vorsitzenden der Schulungsleitung tragen. Die Schüler erhielten keine Kopie. Das Ergebnis wurde lediglich dem RPS-Verwaltungsrat mitgeteilt und den Leitern der jeweiligen RDPLandesverbände zugeleitet.3 Die Gutachten wurden "verwahrt und später ergänzt".4 Dem RDP lag schließlich daran, ein Kontrollsystem aufzubauen, das alle Journalisten ihr ganze Berufsleben lang überwachen sollte. Wer vor den Verantwortlichen bestehen konnte, erhielt am Ende seines Kurses den begehrten Presseausweis, unentbehrliches Requisit jeder journalistischen Tätigkeit im Dritten Reich. Und die besten Schüler wurden nach Abschluß der Lehrgänge zusätzlich mit aufwendigen Reisen belohnt. Mehrtägige "Belehrungsreisen" in Begleitung eines reiselustigen RPS-Dozenten führten "in besonders interessante Gebiete des Reiches" 5 , manchmal sogar über seine Grenzen hinaus? 1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 64 vom 10.08.1937, in: BA R 103/3 2 Vergi. Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 16/1935, Seite 187. Die vage Benotung ergab sich wohl zwangsläufig aus den ebenso vagen wie subjektiven Bewertungskriterien. Schwarz van Berk schrieb dazu: "Unsere Bewertung von jungen Menschen ist total. Können, Wissen, Fleiß, Haltung, Überzeugung, alles dies zusammen und ohne jeden Abstrich ist das, was am Ende eines Semesters in unserem Gutachten über den einzelnen Niederschlag findet." Hans Schwarz van Berk: Was unter uns bleiben muß!, in: DP Nr. 35/1935, Seite 425 3 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 32 vom 29.04.1936, in: B A R 103/2 4 Hans Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 3 5 Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225 6 Jürgen Petersen berichtete, 27 Absolventen des siebten Lehrgangs hätten 1937 zwei Wochen zur Weltausstellung nach Paris fahren dürfen. Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Paris, in: Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 44

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"Redaktion auf Achse", nannte Schwarz van Berk das Prinzip.1 Doch die Berichte der Schüler von Reisen nach Bayern, Schlesien und Mecklenburg lassen auch touristische Hintergründe vermuten. So erläuterte Leo Leixner, Absolvent des siebten RPS-Lehrgangs, man habe in "Hinterpommern" nicht nur politische und wirtschaftliche Probleme, sondern auch die Qualität pommerschen Schnapses und Landschinkens erkunden können.2

10.3. Die Lehrinhalte Die Reichspresseschule sei keine "Modellwerkstatt fur Zeitungsmacher", befand Reichsschulungsleiter Schwarz van Berk.3 Und Meyer-Christian erläuterte: "Zur formalen Seite der Lehrplan-Aufstellung ist... zu sagen, daß es nicht Zweck der Reichspresseschule ist, etwa ein journalistisches Lehrsystem aufzustellen, welches durch eine erschöpfende Addierung von Einzelthemen den Anschein zu erwecken sucht, als sei der gesamte Aufgabenkreis des deutschen Schriftleiters in theoretischen Vorträgen und Übungen... lehr- und lernbar."4 Schon während der Vorbereitung der Reichspresseschule waren Meyer-Christian und Schwarz van Berk jedoch bemüht, die Lehrinhalte näher zu systematisieren. Doch die Unterteilung in die Arbeitsgebiete "Publizistik und Weltanschauung",5 "der Journalist an der Arbeit", "der Staat an der Arbeit" und "Betrieb und Technik der Zeitung" 6 blieb relativ unscharf und ließ bei der Unterrichtsgestaltung breiten Spielraum.

1 Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 4 2 Leo Leixner: Bekehrt zurück aus Hinterpommern, in: DP Nr. 24/1937, Seite 378 3 Hans Schwarz van Berk: Der Nachwuchs wird gesiebt!, in: DP Nr. 40/1934, Seite 4 4 Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule, in: DP Nr. 16/1935, Seite 186 5 Das Arbeitsgebiet "Publizistik und Weltanschauung" befaßte sich mit Psychologie und Massenfuhrung. Als Lehrbuch diente auch Hitlers "Mein Kampf'. Vergi. Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule beginnt, in: ZV Nr. 49/1934, Seite 792 6 Hier standen unter anderem praktische Übungen am Umbruchtisch auf dem Programm. Zu diesem Zweck hatte man der RPS "in einer großen Berliner Schriftleitung... eine Ecke" zur Verfügung gestellt, in der die Schüler fur sich "spielen" durften, "in aller Hetze und Eile, die für den Umbruch geboten ist." Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule beginnt, in: ZV Nr. 49/1934, Seite 793

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D e n unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Ressorts wurde durchaus Rechnung getragen. D i e Schüler verteilten sich auf vier Arbeitsgruppen, die ihren Schwerpunkt j e w e i l s auf Politik, Wirtschaft oder Kultur legten. Eine zusätzliche "landschaftliche" Arbeitsgruppe war für angehende Lokalredakteure vorgesehen. 1 Ein fester Lehr- oder Stundenplan existierte nicht. D i e mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit der Schulleitung macht eine exakte Rekonstruktion der Unterrichtsthemen unmöglich. Lediglich für den z w e i t e n Kurs der Reichspresseschule sind Seminartitel und Unterrichtszeiten einer Lehrgangswoche überliefert. Inwieweit es sich dabei um Vorlesungen oder praktische Ü b u n g e n handelte, m u ß offen bleiben. 2 Schüler der Reichspresseschule berichteten, die theoretischen Grundlagen des Zeitungswesens seien "schlüssig und anschaulich" 3 gelehrt worden. Daneben habe es "weiten Spielraum fur die Vermittlung journalistischer Selbstverständlichkeiten"

4

gegeben.

1 Vergi. Wolf Meyer-Christian: Der erste Kursus der Reichspresseschule beginnt, in: ZV Nr. 49/1934, Seite 792 f. Die Möglichkeit der Wahl zwischen verschiedenen Schwerpunktressorts wurde auch unter Zierke beibehalten. Vergi. Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 43 2 Die Lehrveranstaltungen der RPS vom 15. Juli bis zum 20. Juli 1935 im einzelnen: MONTAG 9-10 Uhr "Sport in der Tagespresse", 10.15-11 Uhr "Gesetzeskunde", 11.15-12 Uhr "Herstellung von Zeitungsklischees", 15-17 Uhr Führung durch das Filmgelände Neubabelsberg. DIENSTAG 9-10 Uhr "Probleme des lokalen Teils", 10.15-11 Uhr "Wer darf kritisieren?", 11.15-12 Uhr "Weltpolitik". MITTWOCH 9-10 Uhr "Probleme des lokalen Teils", 10.15-11 Uhr "Theaterkritik und allgemeine Fragen der Kritik", 11.15-12 Uhr "Der Journalist im neuen Deutschland", 14 Uhr Filmvorführung "Gute und schlechte Kultur- und Werbefilme". DONNERSTAG 9-10 Uhr "Politische Voraussetzungen der Kunstkritik", 10.15-11 Uhr "Die Reportage", 11.15-12 Uhr "Probleme des lokalen Teils". FREITAG 910 Uhr "Politische Voraussetzungen der Kunstkritik", 10.15-11 Uhr "Wie entsteht die Reportage?", 11.15-12 Uhr "Der Leitartikel, die Glosse". SAMSTAG 9-10 Uhr "Gesamtdeutsche Pressepolitik", 10.15-12 Uhr "Die Nachricht, Einfuhrung - Form - Verbreitung". Alle Angaben bei Heinrich Boitze: Die Reichspresseschule - ein Sieb für den Nachwuchs, in: DP Nr. 32/1935, Seite 382 3 Schreiben von Christian von Chmielewski an den Verf. vom 22.06.1988 4 Schreiben von Robert Schmelzer an den Verf. vom 26.07.1988

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In der Ära Zierke hatte jeder Schüler während des Lehrgangs etwa zehn schriftliche Arbeiten abzuliefern.1 Die Arbeitsergebnisse ließ sich das Lehrkollegium vorlegen, nur ganz selten wurden die entstandenen Arbeiten veröffentlicht.2 Ob die Volontäre tatsächlich auf der Schule angehalten wurden, "täglich so zu arbeiten, als ob sie praktisch im Zeitungsbetrieb stehen würden" 3 , muß bezweifelt werden. Eine gewisse Verschulungstendenz durch langatmige Referate ist unverkennbar. Aufwendige Recherchen vor Ort dürften aus Zeitmangel, technischen und finanziellen Gründen nahezu unmöglich gewesen sein. Die tägliche Beschaffung und Verarbeitung von Informationen im Wettbewerb mit der journalistischen Konkurrenz und das Spannungsfeld zwischen Verlagsleitung, Redaktion und Zeitungstechnik sind kaum realitätsnah zu simulieren. Zumal von den Schülern keine täglich erscheinende Übungszeitung hergestellt wurde. So mußte sich der Unterricht auf wenige praktische Übungen unter Laborbedingungen konzentrieren, die anschließend theoretisch fundiert wurden. Vorträge diverser Größen aus Partei und Staat waren hingegen nicht unbedingt geeignet, die journalistischen Fähigkeiten der Schüler nachhaltig zu beflügeln.4

1 Vergi. Fritz Zierke: Was treibt die Reichspresseschule?, in: DP Nr. 17/1937, Seite 225. Einige Themen hat der ehemalige RPS-Schüler Jürgen Petersen festgehalten: "Eine GoebbelsRede gegen die Kirche, über das Britische Empire, eine Robert Ley-Rede, den angeblichen Landesverrat des Bischofs von Speyer, eine Lucas Cranach-Ausstellung in Berlin. Im Leitartikel oder in einer Glosse hatte man sich darüber zu äußern." Jürgen Petersen: Journalist im Dritten Reich, I Lehrjahre in Darmstadt und Berlin, in: Frankfurter Hefte, Heft 3, März 1981, Seite 43 2 Anfang 1938 druckte die "Deutsche Presse" drei Artikel ab, die in der Reichspresseschule entstanden waren. Heinz Höpfl legte eine Besprechung zu Rosenbergs "Mythus des XX. Jahrhunderts" vor, Hans Becker schrieb eine Kritik über die Uraufführung von Richard Billingers "Der Gigant" und Ruth von Kondratowicz veröffentlichte eine Lokalspitze "Der erste Schnee!", in: DP Nr. 3/1938, Seite 51 ff 3 Wilhelm Weiß: Presseführung und Zeitungsgestaltung, in: DP Nr. 12/1937, Seite 142 4 Zum Beispiel referierte der Direktor der Bayerischen Staatsbibliothek, Rudolf Buttmann, vor den Schülern des sechsten Kurses in einem "mehrstündigen Vortrag" über "Entwicklung und Geschichte der nationalsozialistischen Bewegung". Buttmann leitete vor 1933 die NSDAP-Fraktion im bayrischen Landtag. Vergi. Meldung in DP Nr. 6/1937, Seite 77. Und der Berliner Oberbürgermeister Lippert brachte dem achten Lehrgang die Verwaltung der Hauptstadt nahe. Vergi. Meldung in: DP Nr. 30/1937, Seite 502

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11.

REICHSPRESSESCHULE UND ZEITUNGSWISSENSCHAFT

Spätestens seitdem sich die Reichspresseschule etabliert hatte, zeichnete sich zwischen dem Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verband und dem Reichsverband der deutschen Presse ein überaus problematisches Verhältnis ab, das bis Kriegsende nie endgültig geklärt werden sollte. Obwohl sich der offiziell für die Journalistenausbildung zuständige RDP eindeutig gegen eine entscheidende Mitwirkung der zeitungswissenschaftlichen Institute sperrte, ließen sich DZV-Präsident Walther Heide und seine Mitstreiter nicht entmutigen. In der Folge kam es zu fortwährenden Grabenkämpfen, in denen die Kontrahenten allerdings nur selten offen aneinandergerieten. Nur der Leiter des Berliner Instituts, Emil Dovifat, ahnte wohl, daß sich die Zeitungswissenschaft in Konfrontation zum Reichsverband nicht durchsetzen konnte. Der langjährige Journalist, vor 1933 selbst im RDP aktiv, setzte daher schon früh auf Kooperation, um seinem Institut einen Anteil an der Aus- und Fortbildung der Journalisten zu sichern. Zudem sah er wohl in der Anbindung an den RDP eine Möglichkeit, sich ein wenig aus der festen Umklammerung des DZV zu lösen.

11.1. Versuch der Symbiose - Die Kooperation zwischen RDP und dem Berliner Institut Das Institut für Zeitungswissenschaft Berlin spielte bereits seit längerem eine Sonderrolle unter den zeitungswissenschaftlichen Einrichtungen des Reiches. Schon in Weimarer Zeit verhalf dem Institut die geschickte Einbindung des Verlegerverbandes, des RDP und einflußreicher Vertreter aus Politik und Verwaltung zu einer besseren personellen und finanziellen Ausstattung. Das damalige Deutsche Institut für Zeitungskunde befand sich formal in privater Trägerschaft. Und die "Deutsche Gesellschaft fur Zeitungswissenschaft" als Trägerverband ermöglichte einen hohen Grad an Unabhängigkeit von Universität und Wissenschaftsverwaltung. 1 1 Zur Geschichte des Deutschen Instituts für Zeitungskunde vergi, ausfuhrlich Joachim Heuser: Zeitungswissenschaft als Standespolitik. Martin Mohr und das "Deutsche Institut fur Zeitungskunde" in Berlin, Phil. Diss. Münster 1991

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Voller Neid jammerte der Münchener Professor Karl d'Ester 1931 in einer Denkschrift, wie "unwürdig" sich die Zustände seiner Münchener Lehr- und Forschungsstätte im Vergleich zu anderen zeitungswissenschaftlichen Institutionen ausnahmen.1 In einer peniblen Aufzählung nannte er an erster Stelle die Möglichkeiten des Berliner Instituts, wo er anläßlich eines Besuches 14 Räume, einen Direktor nebst Stellvertreter, diverse Mitarbeiter, Referenten und Hilfskräfte gezählt hatte.2 Walther Heide, dessen Verhältnis zu Emil Dovifat sich nicht gerade durch innige Freundschaft auszeichnete, waren die besonderen Berliner Verhältnisse stets ein Dorn im Auge,3 da sich das Institut und sein Direktor nie in der gewünschten Weise dem Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verband und damit seinem persönlichen Regiment unterwarfen. Emil Dovifat, ein konservativer Katholik autoritärer Prägung, hielt den Kontakt zum Reichsverband auch nach dessen Gleichschaltung aufrecht. Ziel seiner Anstrengungen war es, nach 1933 den eigenständigen Fortbestand des Instituts zu sichern, ohne sich vollends zum Büttel des Regimes machen zu müssen. Frühzeitig hatte Dovifat das gewachsene staatliche Interesse an systematisierter Journalistenausbildung registriert. Und seine Berührungsängste im Umgang mit den neuen Machthabern waren wohl nur schwach entwickelt. An den seit 1929 jährlich vom Institut veranstalteten Zeitungsfachlichen Fortbildungskursen 4 beteiligten sich bereits Anfang der dreißiger Jahre auch NS-Joumalisten. Ernst Meunier, der spätere Chef vom Dienst des "Angriff', lobte 1931 die entspannte 1 Karl d'Ester: Denkschrift des Instituts fur Zeitungsforschung an der Universität München, maschinenschriftl. Manuskript, o.O. 1931, Seite 13, in: Nachlaß Karl d'Ester, Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund 2 Ebenda, Seite 21 3 In einer vertraulichen Aufzeichnung zur Finanzierung der zeitungswissenschaftlichen Institute klagte er 1937: "Dem Berliner Institut ist es z.B. vor 1933 durch seine engen persönlichen Beziehungen zu dem damaligen Leiter des Reichsverbandes der deutschen Presse geglückt, größere Zuschüsse zu bekommen, während Leipzig und München nichts erhielten." Vergi. Heides Aufzeichnung fur das RMVuP vom 08.11.1937, in: B A R 55/269 Fol. 20 4 Zweck der Kurse war es, den teilnehmenden Journalisten Gelegenheit zu bieten, "in der Reichshauptstadt durch eigene Anschauung und persönliche Fühlungnahme das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben kennen zu lernen... Es sollen Redakteure, befreit von der Alltagsarbeit des engeren Pflichtenkreises, Eindrücke und Anregungen sammeln, um zu eigener publizistischer Arbeit frische Kräfte zu gewinnen und dadurch namentlich der Gefahr uniformierender Korrespondenzarbeit entgegenzuwirken." Emil Dovifat: Zeitungswissenschaft und zeitungsfachliche Fortbildung, in: ZV Nr. 22/1929, Seite 52

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Atmosphäre: "Der Gemeinschaftsgedanke, der uns in der Presse im allgemeinen noch fehlt, und den zu erringen wir leider noch viel zu wenig bemüht sind, feierte in diesen Kursen seine Verwirklichung. Redakteure von der äußersten Linken bis zur äußersten Rechten fanden sich zur selbstverständlichen wohlerzogenen und sachlich beruflichen Aussprache bereit und zusammen. Die Kurse haben schon von dieser Tatsache her einen unersetzlichen Wert." 1 Die Tradition der Fortbildungskurse überlebte die nationalsozialistische Machtübernahme mühelos. Im November 1933 gab sich Goebbels persönlich die Ehre, den 5. Kurs mit einem Vortrag zu eröffnen. Der Berichterstatter Joseph Wilkens erkannte: "Die langjährige Erfahrung des Deutschen Instituts fur Zeitungskunde in Organisation und Lehre auf dem Gebiete der zeitungsfachlichen Fortbildungsarbeit kommt dem neuen Staat zugute, der ja gerade auf die Menschen und Persönlichkeiten in der Presse den größten Nachdruck legt, um das Pressewesen von Grund auf zu erneuern." 2 Zu den Referenten des 5. Zeitungsfachlichen Fortbildungskurses zählten unter anderem RDP-Chef Wilhelm Weiß, Hans Schwarz van Berk, Karoly Kampmann und die späteren Dozenten der Reichspresseschule Ernst Meunier, Hans Bollmann und Hans Diebow.3 Ein Jahr darauf war auch Wolf Meyer-Christian mit einem Referat vertreten.4 Um die zarten Bande zu den neuen Herren im RDP noch inniger zu knüpfen und damit eigene Wirkungsmöglichkeiten abzusichern und zu erweitern, entwickelte Dovifat im Frühjahr 1934 seine systemkonformen "Vorschläge und Anregungen" zur journalistischen Vorbildung. Im Einklang mit den Forderungen des Schriftleitergesetzes formulierte er drei Bildungsziele fur den journalistischen Nachwuchs:

1 Ernst Meunier: Fortbildungsarbeit fur Zeitungsleute, in: ZV Nr. 49/1931, Seite 882 2 Joseph Wilkens: Zeitungsfachliche Fortbildung im neuen Staat, in: ZV Nr. 48/1933, Seite 787 3 Vergi. Joseph Wilkens: Zeitungsfachliche Fortbildung im neuen Staat. Fortsetzung des 5. zeitungsfachlichen Fortbildungskurses im deutschen Institut für Zeitungskunde, in: ZV Nr. 49/1933, Seite 801 und den Bericht vom selben Autor unter gleichem Titel, in: ZV Nr. 50/1933, Seite 817 f 4 Vergi.

Studienplan des "6. Zeitungsfachlichen Fortbildungskursus" in Berlin, in: ZV

Nr. 44/1934, Seite 722. Am 7. Fortbildungskurs 1935 waren dann auch RDP-Justitiar Wawretzko und die RPS-Referenten Carl Martin Köhn und Fritz Lücke beteiligt, vergi. F.M.: 7. Zeitungsfachlicher Fortbildungskurs, in: ZV Nr. 49/1935, Seite 833 und Bericht vom selben Autor unter gleichem Titel, in: ZV Nr. 50/1935, Seite 846

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" 1. Eine Schulung des Charakters, die zu unterscheiden ist als Schulung des politischen und als Schulung des publizistischen Charakters. Der publizistische Charakter ist die Bewährung des politischen Charakters in der publizistischen Tagesarbeit des Schriftleiters. 2. Die Schulung und Aneignung eines lebendigen und publizistisch nutzbaren Tatsachenwissens (Sachkenntnis auf allgemeinen und bestimmten besonderen Gebieten des öffentlichen Lebens). 3. Die Schulung und Anwendung des publizistischen Könnens und der rechten Berufsauffassung (Form, Findung, Fassung von Nachricht und Meinung in Wort und Bild; rechtliche Grundlagen, berufliche und ständische Grundauffassung). Ziel dieser dreifach gegliederten Schulung ist die publizistische Persönlichkeit. Aus der Einheit von Charakter und Können kommt sie zur volksgemeinschaftlichen Leistung." 1 Zur Umsetzung dieser Bildungsziele in der "praktischen Vorschulung" präsentierte Dovifat einen Plan, den er ausdrücklich als "Vorschlag des Deutschen Instituts fiir Zeitungskunde" kennzeichnete. Für "sorgsam ausgewählte Berufsanwärter" wollte das Institut ein journalistisches "Berufsbildungsjahr" einrichten, dessen praktische und theoretische "Gemeinschaftserziehung" durch "charakterlich-politische Vorbildung... im SADienst, in Kameradschaftsabenden und ev. kurzen Gemeinschaftslagem zu Beginn oder Schluß des Jahres" ergänzt werden sollte.2 Das Lehrpersonal sollte sich aus "führenden Praktikern von Blättern Berlins" und Dozenten der Universität Berlin, der Deutschen Hochschule fur Politik und des Deutschen Instituts für Zeitungskunde zusammensetzen. Den "beiden Standesorganisationen des deutschen Zeitungswesens und der Reichspressekammer" bot Dovifat enge Zusammenarbeit an.3 Nun war der Reichsverband der deutschen Presse allerdings nicht bereit, Dovifat und seinem Institut die gewünschte "Gesamtleitung" 4 zu überlassen. Doch die Vorschläge deckten sich in weiten Teilen mit eigenen Überlegungen. Der RDP lud Dovifat ein, an den vielfaltigen Belehrungen der RPS-Schüler mit1 Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung. Vorschläge und Anregungen, als Manuskript gedruckt, Berlin Frühjahr 1934 2 Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung, a.a.O., Seite 12 3 Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung, a.a.O., Seite 15 4 Emil Dovifat: Die journalistische Vorbildung, a.a.O., Seite 15

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zuwirken. Und der außerordentliche Professor, eigentlich ein Gegner jeder Form von Journalistenschulen, ließ sich nicht lange bitten. Zumindest während der ersten vier Lehrgänge, also in der kompletten Ära Meyer-Christian, waren Dovifat und der Leiter der Auslands-Abteilung des Instituts, Wolfgang Schaeffer, mit Vorlesungen am Lehrbetrieb der Reichspresseschule beteiligt. Die beiden Wissenschaftler unterrichteten die Volontäre in "Geschichte und Theorie des Zeitungswesens, Nachrichtenwesen, publizistische Sprache und ausländisches Zeitungswesen". Zudem durfte die Reichspresseschule "Lehreinrichtungen und Sammlungen des Instituts" nutzen.1 RDP-Chef Wilhelm Weiß belohnte Dovifats pragmatische Haltung mit ausgeprägter Vorzugsbehandlung. Weiß, der bereits seit Ende 1934 dem Vorstand des Trägervereins des Berliner Instituts angehörte,2 übernahm 1937 auf Vorschlag des RMVuP-Staatssekretärs Funk die Präsidentschaft der "Deutschen Gesellschaft fur Zeitungswissenschaft". Walther Funk war wohl die ständigen Auseinandersetzungen zwischen RDP und DZV leid und äußerte daher die Ansicht, "die gesamte Schulung des Schriftleiternachwuchses" müsse "allmählich in eine Hand gelegt werden." So könne sich "aus der Personalunion zwischen der obersten Leitung der Deutschen Gesellschaft fur Zeitungswissenschaft und der Reichspresseschule eine engere gegenseitige Fühlungnahme und Befruchtung

1 Vergi. Mitteilungen des Instituts für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Nr. 22, Oktober 1936, Seite 23. Zu den Merkwürdigkeiten im denkwürdigen Leben Emil Dovifats zählt eine Einschätzung, die der ehemalige RPS-Referent nach dem Untergang des Dritten Reiches zu Papier brachte: "Ein Abschluß durch ein Examen hat es bisher nicht gegeben, auch die 'Presseschule1 der Hitlerzeit war nur eine, allerdings sehr brutale Prüfung auf 'Politische Zuverlässigkeit'. Eine fachliche Prüfung ist auch in Zukunft nicht zu empfehlen." Vergi. Emil Dovifat: Vorschläge zur journalistischen Berufsbildung, maschinenschriftl. Manuskript o.O. O.J., Seite 4, in: Privatarchiv Dorothee von Dadelsen-Dovifat, Tübingen, Nachlaß Emil Dovifat. Der Schüler des vierten RPS-Kurses, Christian von Chmielewski, erinnert sich noch gut an das Wirken des Zeitungswissenschaftlers. Auf Anfrage des Verfassers, ob er sich noch an Dozenten der RPS erinnern könne, schrieb Chmielwski: "Vor allem aber an Prof Dr. Emil Dovifat, der in der Zeitung ein 'Führungsmittel zur inneren Einheit' im nationalsozialistischen Staat sah und der die Pflicht des 'aufgeschlossenen' jungen Schriftleiters herausstellte, die 'politische Willensbildung des Volkes' im 'Geiste unseres Führers' zu formen und zu festigen. (Das sind meine damaligen Informationen meinen Verlagsdirektoren Karl Jundt und Johannes Weyl gegenüber.)", Schreiben von Christian von Chmielewski an den Verf. vom 22.06.1988. 2 Vergi. Meldung "Deutsche Gesellschaft fur Zeitungswissenschaft", in: ZV Nr. 31/1934, Seite 514

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ergeben".1 Während Weiß der Zeitungswissenschaft im allgemeinen keinen Nutzen fur die Journalistenausbildung zubilligte, ließ er Dovifats Unternehmen jede Fürsorge angedeihen. So intervenierte Weiß vehement beim RMVuP, als Walther Heide dem ungeliebten Berliner Institut einen Teil der Zuschüsse strich. Da "eine Zersplitterung der Beträge und Aufteilung auf ein halbes Dutzend von kleinen Instituten praktisch wenig Nutzen" habe, hielt Weiß es für richtig, "daß die verfügbaren Fonds möglichst konzentriert werden sollen; mit dem Ziel, wenigstens ein Institut so zu finanzieren, daß es seine Aufgabe gut erfüllen kann. Trotz mancher Bedenken konnte aber aus vielerlei Gründen dafür nur das Berliner Institut in Frage kommen. Ich habe neuerdings Schritte unternommen, um die Einrichtungen des Berliner Institutes für die Reichspresseschule heranzuziehen; die Dozenten des Instituts dozieren auch an der Presseschule; das Berliner Institut wird von mir auch im weitgehendsten Maße für die Durchführung der Reichslehrgänge für pressefachliche Fortbildung eingesetzt usw. Mein Ziel ist, einen möglichst ersprießlichen Kontakt zwischen dem Berliner Institut und der Reichspresseschule herbei zu führen." 2 Um die Zuständigkeit des RDP in allen Schulungsfragen zu demonstrieren und um die Fortbildungskurse des Berliner Instituts dem Zugriff Heides und seines DZV zu entziehen, trat der Reichsverband seit 1937 selbst als Veranstalter auf.3 Der Name des Unternehmens wechselte, doch Konzeption und Durchführung blieben in Dovifats Händen. Die Reichslehrgänge für pressefachliche Fortbildung und die Kurse der Reichspresseschule sollten sich ergänzen. Zur Eröffnung des 1. Reichslehrgangs führte 1 Schreiben Funk an Staatssekretär im Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 30.10.1936, in: B A R 21/11043 Fol. 275 2 Schreiben Wilhelm Weiß an RMVuP vom 02.11.1937, Seite 3 f, in: BA R 55/269 Fol. 16 f. Der "ersprießliche Kontakt" erstreckte sich auch auf die Zeitungswissenschaftliche Vereinigung in Berlin. Im Dezember 1934 erläuterte Meyer-Christian den Mitgliedern der ZWV Berlin "Arbeitsplan und die Aufgaben der Reichspresseschule". Vergi. Meldung von Killisch-Horn in: ZW Nr. 3/1935, Seite 126. Und 1938 leitete der RPS-Referent Ernst Riemann-Georgi einen praktischen Kurs, den die ZWV Berlin für ihre Studenten veranstaltete. Im gleichen Jahr berichtete auch RDP-Hauptgeschäftsfiihrer Hans Henningsen der ZWV über die RPS. Vergi. Meldung in ZW Nr. 7/1938, Seite 495 f 3 In § 25 Absatz 1 Satz 1 erwähnte das Schriftleitergesetz als Aufgabe des RDP auch ausdrücklich die Schaffung von Fortbildungseinrichtungen. Vergi. Hans Schmidt-Leonhard/ Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 28

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Weiß aus: "Wenn wir uns zur Durchfuhrung dieser pressefachlichen Fortbildungslehrgänge entschließen, so tun wir das in folgerichtiger Weiterentwicklung der Aufgabe, die wir uns fur die Ausbildung und Erziehung des journalistischen Berufsstandes gestellt haben." 1 Mitwirkende am ersten Reichslehrgang waren die RPS-Referenten Hans Diebow, Kurt Kränzlein und auch der hauptberufliche RPS-Dozent Richard Biedrzynski.2 Eine Beteiligung des RPS-Lehrpersonals am 2. Reichslehrgang 1939 in Wien 3 war hingegen nicht möglich, da zu gleicher Zeit in Berlin der 13. Kurs der Reichspresseschule lief. Vorträge und praktische Übung während des Wiener Lehrgangs übernahmen zum großen Teil Emil Dovifat und seine Mitarbeiter Wolfgang Schaeffer, Ernst Herbert Lehmann und Kurt Lothar Tank.4 Die Organisation des Lehrgangs hatte der RDP Dovifats Mitarbeiter Carl Schneider vom Berliner Institut übertragen.5 Der Zeitungswissenschaftler kümmerte sich 1 Wilhelm Weiß: Nicht Quantität, sondern Qualität! Eröffnungsansprache des Leiters des R D P vor dem 1. Reichslehrgang für pressefachliche Fortbildung, in: DP Nr. 20/1937, Seite 293. Karoly Kampmann, mittlerweile Vorsitzender der Schulungsleitung der RPS wurde noch deutlicher: "Beide Einrichtungen ergänzen einander. Nur handelt es sich bei der Presseschule vor allem um ein Anlernen des jungen journalistischen Nachwuchses, während der es sich beim Reichslehrgang... mehr um ein Weiterlernen der in der Praxis Tätigen handelt." Zitiert nach N.N.: Der 1. Reichslehrgang fur pressefachliche Fortbildung, in: DP Nr. 20/1937, Seite 288 2 Vergi, ebenda, Seite 290 f 3 Der Reichslehrgang in Wien war in erster Linie für österreichische Journalisten geplant worden und diente eher der politischen Überprüfung und Beeinflussung der Teilnehmer als der fachlichen Schulung. Zu Zweck, Teilnehmern und Inhalten des 2. Reichslehrgangs vergi. Fritz Hausjell: Die Einführung und Praxis des Systems Reichspressekammer in Österreich in den Jahren 1938 bis 1945. Endbericht des vom Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung in Wien beauftragten Forschungsprojektes, maschinenschr. Manuskript, Wien November 1990, Seite 191 ff 4 Vergi. "Arbeitsplan des 2. Reichslehrgangs für pressefachliche Fortbildung in Wien vom 3. bis 6. Juli 1939", in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichslehrgang 5 Das Berliner Institut übernahm den gesamten Schriftverkehr. Zu diesem Zweck hatte der Reichsverband besonderes Briefpapier drucken lassen. Unter dem Briefkopf "Reichsverband der deutschen Presse" hatte man eindrucken lassen "Antwort erbeten an: Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin", es folgten Anschrift und Telefonnummer des Instituts Vergi. z.B. Schreiben von Carl Schneider an den Leiter des RDP-Landesverbandes Ostmark ohne Datum (Eingangsstempel vom 17.06.1939), in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand "Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichslehrgang

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um das Programm, die Bearbeitung der Anmeldungen, die Unterbringung und die technische Ausstattung des Reichslehrgangs sowie die Eintreibung der Lehrgangsgebühren.1 Zwischen Weiß und Dovifat bahnte sich mit den Jahren zwar keine herzliche Beziehung an, doch es kann durchaus von einem einvernehmlichen Verhältnis gesprochen werden. Nützte diese Konstellation im Dritten Reich vor allem Emil Dovifat, konnte nach 1945, manus manum lavat, auch Wilhelm Weiß davon profitieren. Als Weiß in amerikanischer Gefangenschaft auf sein Spruchkammer-Verfahren wartete, erinnerte sich der ehemalige RDP-Chef und Hauptschriftleiter des Völkischen Beobachters in seiner Not an den renommierten Wissenschaftler: "In Erinnerung an unsere 10jährige Zusammenarbeit im Rahmen der deutschen Zeitungswissenschaft glaube ich annehmen zu dürfen, daß Sie gegebenenfalls in der Lage wären... einen kleinen Beitrag zu leisten. Ich darf daher die Frage an Sie stellen, ob Sie freundlicherweise bereit wären, sich... über Ihre Beziehungen zu mir zu äußern und eine in diesem Zusammenhang entlastende Erklärung für mich abzugeben. Die Tendenz dieser Erklärung dürfte sich aus der Natur der Sache und in Anbetracht der Lage, in der ich mich befinde, von selbst ergeben... Ich glaube auch, daß Sie selbst keine Bedenken tragen, eine Gelegenheit zu benützen, um zum Ausdruck zu bringen, daß es auch unter den nationalsozialistischen Zeitungsmännern sachlich eingestellte Menschen gab, die Ihnen die Möglichkeit gaben, Ihre wissenschaftliche Arbeit unbeschadet Ihrer andersgearteten politischen Einstellung ungestört fortzusetzen." 2 Dovifat war dem in arge Bedrängnis geratenen NS-Funktionär gerne mit einem "Persilschein" behilflich. An Eides statt versicherte der Professor: "Ich muß zugeben und habe es damals oft anerkennen müssen, daß Herr Weiß mir... in der Führung der Seminare und der Ausgestaltung der Vorlesungen völlig freie Hand gelassen hat. Die oft sehr rücksichtslos geführten nationalsozialistischen Kämpfe gegen meine Person und meine Bücher hat er nicht unterstützt und zeigte sich mir gegenüber in allen persönlichen Fragen sehr rücksichtsvoll und loyal... Die 1 Vergi.

z.B. die Schreiben

Schneiders an den RDP-Landesverband

Ostmark

vom

23.06.1939, 24.06.1939, 26.06.1939 und 27.06.1939, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichslehrgang 2 Schreiben Wilhelm Weiß an Emil Dovifat vom 10.11.1946, in: Privatarchiv Dorothee von Dadelsen-Dovifat, Tübingen, Nachlaß Emil Dovifat

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gegen mich und meine wissenschaftliche und politische Tätigkeit entfesselte persönliche Polemik hat er immer verstanden, so aufzuhalten, daß ich mein Amt weiter verwalten konnte. So hat er mit dazu beigetragen, daß im Institut für Zeitungswissenschaft eine freiere Atmosphäre herrschen konnte, die auch die Bildung einer Zelle des Widerstandes gestattete. Bei aller grundlegenden Unterscheidung unserer politischen Auffassungen muß ich zugeben, daß Herr Wilhelm Weiß menschlich und persönlich sich mir gegenüber durchaus anständig, ja z.T. sogar fördernd verhalten und mich in meiner sachlich wissenschaftlichen Arbeit nicht gestört hat." 1 Fördernd verhielt sich der Reichsverband bis in die letzten Tage des Krieges. Interessenten für den journalistischen Beruf, die sich in den Kriegsjahren nach der Adresse der geschlossenen Reichspresseschule erkundigten, wies der RDP nachdrücklich auf Dovifats Veröffentlichungen zur Berufsvorbereitung hin.2

1 Eidesstattliche Erklärung von Emil Dovifat vom 06.12.1946, notariell beglaubigt am 12.12.1946 und als "Nr. 1137 der Urkundenrolle für das Jahr 1946" registriert, in: Privatarchiv Dorothee von Dadelsen-Dovifat, Tübingen, Nachlaß Emil Dovifat 2 Dem anfragenden Wilhelm Bohl schrieb der RDP: "Zu ihrer Unterrichtung besorgen Sie sich die folgenden Druckschriften, die wichtige Fingerzeige für die theoretische Vorbereitung geben:

1. "Der Schriftleiter", herausgegeben vom Akademischen Auskunftsamt...

2. "Zeitungslehre I und II" von Prof. Dr Emil Dovifat", Schreiben RDP an Wilhelm Bohl vom 04.04.1944, in: BA R 103/25. Auch die Broschüre "Der Schriftleiter" hatte in erster Linie Dovifat verfaßt. Die gleiche Empfehlung des RDP erhielten auch Gottlieb Brükner am 10.03.1944, Ingeborg Busch am 18.08.1944, Margarete Ehrlenbach am 04.08.1944, H. Hunsche am 01.09.1944, Hartmut König am 23.03.1944 etc. Günter Planitz wurde vom RDP am 14.11.1944 daraufhingewiesen, die Druckschriften Dovifats enthielten "besonders zahlreiche wertvolle Hinweise für die Gestaltung ihrer künftigen persönlichen Bemühungen". Alle Schreiben in: BA R 103/25

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11.2. Gespanntes Verhältnis - Der Machtkampf um die Vorherrschaft bei der Schriftleiterausbildung

Ganz und gar nicht "ersprießlich" entwickelte sich das Verhältnis des Reichsverbandes der deutschen Presse zum Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verband und den übrigen zeitungswissenschaftlichen Instituten. In zunehmendem Maße bemühte sich die Zeitungswissenschaft, die Einbeziehung praktischer Übungen in den reichseinheitlichen Lehrplan und das Veranstaltungsprogramm der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigungen und Fachschaften zu forcieren. Zum einen hoffte man, damit eine größere Zahl von Studenten mit journalistischen Ambitionen anziehen zu können. Zum anderen wurde den Kritikern der Disziplin bedeutet, man werde das Terrain der journalistischen Ausbildung nicht kampflos räumen. 1 Eingedenk der vermeintlichen Anerkennung der ZW durch das Schriftleitergesetz vereinbarten der DZV und die Deutsche Studentenschaft Ende 1934 enge Zusammenarbeit: "Da nun ein großer Teil des Nachwuchses seinen Weg über die Universität zur Presse sucht, muß schon während des Studiums der Blick auf den Beruf gerichtet werden." Der "zeitungswissenschaftliche Student muß als Ziel den künftigen tüchtigen Journalisten, Schriftleiter oder Verleger vor Augen haben. Daraus erwächst die doppelte Aufgabe: die Berufenen von den Ungeeigneten zu scheiden und die Befähigten vorzubereiten... Während die Vereinigungen... den Kontakt mit der Praxis pflegen..., widmen sich die Fachschaften der systematischen wissenschaftlichen Schulung und der disziplinierten charakterlichen Erziehung." 2 1 Zur verstärkten Durchfuhrung praktischer Übungen durch die ZW vergi. "Arbeitsplan der Zeitungswissenschaftlichen Fachschaften im SS 1935". Der Berichterstatter F A. Six leitete seine Übersicht mit der Feststellung ein, in "den Zeitungswissenschaftlichen Fachschaften besteht weiterhin der Grundsatz, vorwiegend praktisch-journalistische Fragen zu behandeln", in: ZW Nr. 6/1935, Seite 294. Siehe beispielsweise auch Hans Ludwig Zankl: Der Umbruch als zeitungswissenschaftliches Problem, in: ZW Nr. 1/1936, Seite 18 f, Hermann Frey: München: Ein Semester Umbruch-Lehrkurs, in: ZW Nr. 4/1936, Seite 171 f und N N.: Einfuhrung in den praktischen Journalismus und Mitarbeit an Ausstellungen durch das Münchener Institut fur Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 12/1937, Seite 822 f 2 Wilkens (DZV) und Six (Leiter der Reichsfachabteilung Zeitungswissenschaftler der Deutschen Studentenschaft): DZV und DSt in gemeinsamer Arbeit, in: ZW Nr. Seite 512 f

218

11/1934,

Ende 1936 machte Heide seinen Kollegen anläßlich einer DZV-Tagung Mut. Die Zeitungswissenschaft habe durch "verstärkte Ausrichtung des Lehrplans auf die Praxis... wesentlich an Boden gewonnen".1 Um Vorwürfen zu begegnen, das Studium der ZW könne keine strenge Auslese garantieren, betonte man stets die strengen Kriterien bei der Erteilung der DZV-Bescheinigung. Die Reichspresseschule fand in den Veröffentlichungen der ZW nur selten Erwähnung. Während die Fachzeitschrift "Zeitungswissenschaft" immer wieder ausfuhrlich über journalistische Ausbildung im nahen und fernen Ausland berichtete, waren Beiträge zu Lehrbetrieb und Unterrichtsinhalten der RPS im Blatt nicht zu finden. Und wenn tatsächlich einmal eine Meldung aufgegriffen wurde, ließen es die Herausgeber und Autoren zudem an der nötigen Sorgfalt fehlen. So war man nicht einmal in der Lage, den Namen des scheidenden RPS-Dozenten Heinz von Arndt richtig zu buchstabieren.2 Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Reichspresseschule von der ZW tabuiert wurde. Nach den Erfahrungen des Zeitungswissenschaftlers Heinrich Tötter ist an den Instituten nur selten über die RPS gesprochen worden. Heide habe allerdings gelegentlich intern "kritische Bemerkungen gemacht".3 Nur verhalten und lediglich fur Eingeweihte verständlich setzten sich Zeitungswissenschaftler mit der Reichspresseschule auseinander. Der Freiburger Professor Wilhelm Kapp schrieb: "Wenn die deutsche Zeitungsleserschaft nicht bloß journalistischem Handwerkertum ausgeliefert werden soll,... dann bleibt normalerweise eine gründliche Universitätsausbildung Haupterfordernis fur den werdenden Journalisten." 4 Der Geschäftsführer des DZV, Karl Kurth, dachte wohl auch an die vom RDP bevorzugte RPS, als er vor Berliner ZW-Studenten erklärte: "Aus der Leistung unserer Disziplin ergibt sich von selbst die Berechtigung des Wunsches nach An1 Vergi. Bericht von der DZV-Tagung in Berlin vom 17.-19.10.1936, in: ZW Nr

12/1936,

Seite 642 f 2 Die überaus kurze Meldung erwähnte einen "Heinz von Arendt", vergi. Meldung "Neue Dozenten der Reichspresseschule" in: ZW Nr. 6/1937, Seite 415. Ebenso knapp erwähnte die "Zeitungswissenschaft" die Ernennung Zierkes zum Leiter der Reichspresseschule. Trotz höflicher Floskeln weist die Formulierung, man hoffe, die Zusammenarbeit werde sich "unter der neuen Leitung enger und vertrauensvoller" entwickeln, auf ein bislang gestörtes Verhältnis hin. Vergi Meldung "Dr.Zierke - Leiter der Reichspresseschule", in: ZW Nr. 4/1937, Seite 258 3 Schreiben von Heinrich Tötter an den Verf. vom 01.11.1988 4 Wilhelm Kapp: Zeitungswissenschaft und Presse, in: ZW Nr. 5/1938, Seite 309

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erkennung durch alle Zweige der Presse-Praxis, denn der Zeitungswissenschaftler tut letzten Endes noch mehr fur seine Ausbildung, als von jedem anderen, der sich der Arbeit an der Presse verschreibt, gefordert wird." 1 Und der Leipziger ZWProfessor Hans A. Münster griff die RPS sogar in einem Bereich an, auf den Meyer-Christian und Schwarz van Berk in ihren Veröffentlichungen immer besonderen Wert gelegt hatten. In Anspielung auf die von den beiden RPS-Gründern so oft beschworene Erziehung zu Gemeinschaft und Kameradschaft betonte er, "daß niemand in einer kurzen Ausbildungszeit, die nur den letzten Schliff geben kann, in ein kameradschaftliches Verhältnis zu seinen Schülern kommt." 2 Wer die Reichspresseschule öffentlich lobte, hatte bei den Zeitungswissenschaftlern einen schweren Stand. Hubert Max, der später am Münsteraner ZW-Institut Karriere machte, kritisierte eine wissenschaftliche Untersuchung, die die Reichspresseschule positiv erwähnt hatte.3 "Da diese Feststellungen im Zusammenhang mit der These getroffen werden, die Universitätsausbildung sei nicht mehr 'alleinige Legitimation einer guten Allgemeinbildung', wollen sie offenbar besagen, daß für die Schriftleiter i.A. die Ausbildung im Verlag und in der Reichspresseschule an die Stelle des angeblich durch die Universität vermittelten Allgemeinwissens treten könne. Dieser Auffassung können wir nicht beipflichten. Die Schriftleitungen würden sich mit Recht bedanken - und die Reichspresseschule könnte schon auf Grund der Dauer ihrer Kurse diese Aufgabe nicht übernehmen -, wenn sie den Schriftleitern in Ausbildung das nötige Maß von Allgemeinwissen erst vermitteln sollten." 4 1 Vergi. Meldung in ZW Nr. 7/1937, Seite 501 2 Hans A. Münster: Prof. Dr. h. c. Lic. theol. Wilhelm Kapp - ein Pionier der deutschen Zeitungswissenschaft - 70 Jahre!, in: ZW Sondernummer vom 16.09.1935, Seite 7 3 Der cand. phil Hanns-Heinz Schultze hatte in einer statistischen Untersuchung zur journalistischen Vorbildung der Journalisten in den RDP-Landesverbänden Groß-Hamburg und Nordmark festgestellt: "... von den Studierten hat einer... sein Studium abgeschlossen. Die geringen Zahlen bei den Schriftleitern in Ausbildung erklären sich daraus, daß heute eine Berufsausbildung gefordert wird und die Universitätsausbildung nicht mehr wie früher als alleinige Legitimation einer guten Allgemeinbildung gilt, denn die jungen Schriftleiter werden während ihres Ausbildungsganges bezüglich der Allgemeinbildung eingehend geprüft. Wer die Reichspresseschule mit Erfolg besucht hat, entspricht allen Anforderungen, die an einen Schriftleiter gestellt werden können." Hanns-Heinz Schultze: Bildungsgang und Berufsausbildung der Schriftleiter, in: DP Nr. 20/1938, Seite 385 4 Hubert Max: Wie steht es um den Nachwuchs? Anteil der Hochschule an der schriftleiterischen Vorbildung, in: ZV Nr. 42/1938, Seite 640 f

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Warnend schrieb Max, die "Presse würde sich selbst einen sehr schlechten Dienst erweisen, wenn sie in irgendeiner Form zu erkennen geben wollte, daß sie ihre eigene Vertretung im Gebäude der deutschen Universität für überflüssig hält." 1 Doch genau diese Ansicht verschaffte sich ein ums andere Mal Raum in den Fachorganen der Berufsorganisationen. Im RDP-Blatt "Deutsche Presse" machte sich der Münchener Journalist Robert Krötz über "die Zeitungsausschnittsammelwalter in gewissen wissenschaftlichen Instituten" lustig: "Sie lassen lieber Dissertationen über den Sportteil des Dingolfinger Kirchenblattes anstellen, deren wissenschaftlicher Wert bei weitem nicht die Druckkosten deckt. Sie stellen historische Monographien in den luftleeren Raum und in die Regale der Bibliotheken und geben sich der trüben Hoffnung hin, eine andere Zeit werde den nächsten Schritt tun und sie verwerten." 2 Und selbst im sonst so freundlich gesonnenen "Zeitungs-Verlag" mußten die Zeitungswissenschaftler lesen: "Glaubt aber die Zeitungswissenschaft ihre fachlich begrenzten Aufgaben erfüllt, so ist die Pressepraxis anderer Meinung".3 Wilhelm Weiß und die Verantwortlichen für die Reichspresseschule teilten diese Vorbehalte gegen die Zeitungswissenschaft. Hinter den Kulissen ging Weiß jetzt massiv gegen Heide und den DZV vor. Vor allem störte den Reichsverband, daß ihn das RMVuP auch noch an der Finanzierung der zeitungswissenschaftlichen

1 Hubert Max: Wie steht es um den Nachwuchs?, in: ZV Nr. 42/1938, Seite 641 2 Robert Krötz: Berufspessimismus?, in: DP Nr. 5/1938, Seite 85 3 G.: Es soll die Lehre mit dem Leben gehen, in: ZV Nr. 11/1938, Seite 161. Dabei gelang es der ZW auch ab und an, journalistische Praktiker fur sich ein zunehmen. Der Leiter des RDP-Landesverbandes Mitteldeutschland, Werner Lahne, erklärte im Mai 1935. "Auf die Gefahr hin, in den Augen mancher Berufskameraden als Ketzer zu gelten, möchte ich gerade an dieser Stelle eine Lanze fur die von den sogen. 'Nur-Praktikern' sehr oft zu Unrecht verlästerten Zeitungswissenschaft brechen... Es ist meine feste Überzeugung, daß die Männer, denen heute die Ausbildung unseres jungen Schriftleiternachwuchses anvertraut ist, sich der Einsicht nicht verschließen werden, daß die Kleinarbeit der zeitungswissenschaftlichen Institute mit den Grundstock legen wird für eine kommende Journalistengeneration." Werner Lahne: Zeitungswissenschaft und journalistischer Nachwuchs, in: ZW Nr. 7/1935, Seite 344. Über einen möglichen Zusammenhang kann nur spekuliert werden, aber ein halbes Jahr später hatte der RDP-Landesverband mit Hans Henningsen einen neuen Leiter

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Institute beteiligt hatte.1 Ende 1937 beschwerte sich RDP-Chef Weiß beim Propagandaministerium: "Die Frage der Zeitungswissenschaft bedarf zu gegebener Zeit einer grundsätzlichen Neuregelung. Bei der gegenwärtigen Entwicklung besteht an sich ein dringlicheres Bedürfnis, das Ausbildungswesen des Reichsverbandes der deutschen Presse, in erster Linie die Reichspresseschule, mit allen Mitteln zu fördern. Aufbau und Arbeitsweise der Reichspresseschule ist grundsätzlich den neuzeitlichen Bedürfnissen der deutschen Presse unter nationalsozialistischer Führung angepaßt. Von der Zeitungswissenschaft kann das im allgemeinen nicht gesagt werden. Sie arbeitet personell und sachlich noch nach den alten Methoden. Unter diesen Umständen ist der Kontakt zwischen der deutschen Presse von heute und der Zeitungswissenschaft verhältnismäßig gering." 2 Der Vorstoß des RDP-Chefs barg Brisanz. Heide mußte reagieren. In einer vertraulichen Aufzeichnung für den RMVuP-Staatssekretär Walther Funk beklagte er die mangelhafte Finanzierung der Institute. Es sei ein "unwürdiger Zustand", daß nach der "staatlichen Anerkennung die Institute, bzw. der DZV für die Institute, jedes Jahr bei den Fachverbänden Antrag auf weitere Unterstützung stellen müssen." Das Ministerium solle den gesamten Etat der Institute übernehmen: "Ich schlage daher vor, die Zuschüsse der Fachverbände, die so wie so z.T. ungern gezahlt werden, abzulösen und die Institute... auf einen festen Etat zu bringen". Im Gegenzug war Heide natürlich gezwungen, auch etwas anbieten. Also lockte er mit einer Regelung, die auf Ausschaltung des Wissenschaftsministeriums zielte: "Diese Einflußnahme sichert dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda auch eine einheitliche Einflußnahme auf die Institute selbst und ihren Personalbestand, während es z. Zt. nicht immer leicht ist, Wünsche des 1 Der Reichsverband zahlte jährlich 6.000 RM an das Berliner Institut, 3000 RM an das Heidelberger Institut und 1.000 RM an das Münchener Institut. Vergi. Schreiben Heide an RMVuP vom 10.05.1938, in: B A R 55/269 Fol. 42. Wer die Zahlungen des RDP angeregt hatte, ist nicht nachzuvollziehen. Heide hatte überall im RMVuP seine Kontaktleute. Und es ist auch belegt, daß der DZV gerne andere fur sich bitten ließ. Im Mai 1935 bat beispielsweise der Reichsverband der deutschen Zeitschriften-Verleger Goebbels in einem Telegramm um Unterstützung bei "der Erteilung von Lehraufträgen fiir deutsches Zeitschriftenwesen". Die Verleger begründeten ihre Bitte wie folgt: "Die vertiefte Anschauung von der deutschen Zeitschrift im deutschen Kulturleben wird befruchtend und erzieherisch, zumal auch fiir den Ihnen besonders am Herzen liegenden verlegerischen und journalistischen Nachwuchs, sich auswirken". Zitiert nach "Die Zeitschriftenverleger an den Reichspropagandaminister", in: Völkischer Beobachter Nr. 150 vom 30.05.1935, Seite 10 2 Schreiben Wilhelm Weiß an RMVuP vom 02.11.1937, Seite 2, in: BA R 55/269 Fol. 16

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Propagandaministeriums durchzusetzen... Wenn das Propagandaministerium an den Zeitungswissenschaftlichen Instituten sachlich und finanziell interessiert ist, so sollte die Fundierung so durchgeführt werden, daß eine einheitliche Regelung den bestimmenden Einfluß des Propagandaministeriums sichert. Das ist auch durchaus gerechtfertigt, da die Zeitungswissenschaftlichen Institute auf Betreiben des DZV immer stärker auf die Mitarbeit an der Heranbildung eines wissenschaftlich und weltanschaulich geschulten journalistischen und verlegerischen Nachwuchs eingestellt wurden." 1 Das RMVuP lud den Reichsverband der deutschen Presse und Heide zu einem klärenden Gespräch ins Ministerium.2 Doch am 15. Dezember 1937 ging die Runde ohne greifbares Ergebnis wieder auseinander.3 Eine endgültige Lösung im Sinne des Reichsverbandes war nicht möglich. Denn schon frühzeitig hatten sich Heide und sein DZV politische Unterstützung gesichert. Durch gezielte "Kontaktpflege", vor allem mit Reichspressechef Otto Dietrich und seinen Vertretern in der NSDAP-Pressestelle, Helmut Sündermann und Adolf Dresler, gelang es der Zeitungswissenschaft, Attacken existenzgefährdender Art durch den RDP zu parieren. Helmut Sündermann, stellvertretender Reichspressechef und enger Vertrauter Dietrichs,4 hatte von 1930 bis 1933 drei Semester Zeitungswissenschaft in München studiert. Nach der Machtübernahme beorderte Dietrich den Amtsleiter, der nie in einer Zeitungsredaktion gearbeitet hatte, nach Berlin. Obwohl ihn RDP-Chef Weiß in den Verwaltungsrat der Reichspresseschule berufen hatte, blieb Sündermann dem Münchener Institut stets eng verbunden. Die Zeitungswissenschaft hofierte Dietrichs Mitarbeiter nach Kräften. Es gab 1 Walther Heides Aufzeichnung für den Staatssekretär des RMVuP vom 08.11.1937, in: B A R 55/269 Fol. 22 f 2 In einem Vermerk des RMVuP vom 03.12.1937 hieß es: "Im Hinblick auf den Vorschlag von Dr. Heide bedarf die vom Reichsverband der deutschen Presse aufgeworfene grundsätzliche Frage, in welche Bahnen das Ausbildungswesen für die Presse zu leiten sei, schon jetzt der Erörterung." in: Β A R 55/269 Fol. 26 3 Vergi. Ergebnisprotokoll des RMVuP vom 18.12.1937, in: BA R 55/269 Fol. 27. An der Unterredung nahmen teil: Heide und ein Mitarbeiter, der RDP-Hauptgeschäftsfuhrer Hans Henningsen, der Oberregierungsrat aus der RMVuP-Abteilung

IV (Presse),

Werner

Stephan, und zwei weitere Beamte des Ministeriums 4 In einer Beurteilung Sündermanns schrieb Dietrich: "Sündermann ist seit einer Reihe von Jahren insbesondere auch bereits in den letzten Kampfjahren einer meiner engsten Mitarbeiter und genießt im besonderen Maße mein Vertrauen." Schreiben Dietrich an Reichsführung SS vom 11.05.1934, in: BDC-Personalakte Helmut Sündermann

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wohl keine Feier der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München, zu der er nicht eingeladen wurde.1 Im Jahr 1938 revanchierte sich Sündermann und wies in einer reich mit Fotos diverser NS-Größen bebilderten dünnen Broschüre den "Weg zum deutschen Journalismus". Unter der Überschrift, "Was studiert der kommende Journalist auf der Hochschule?", fand das Fach besonders lobende Erwähnung: "Während das eine Nebenfach der individuellen Veranlagung entsprechend gewählt wird, besteht kein Zweifel darüber, daß der kommende Journalist als weiteres Nebenfach die Zeitungswissenschaft wählt (die er natürlich auch als Hauptfach wählen kann)... Für den werdenden Journalisten ist die Zeitungswissenschaft von unschätzbarem Wert, weil sie ihm - bevor er in die tägliche journalistische Arbeit eintritt - ein umfassendes Bild von der journalistischen Aufgabe in Vergangenheit und Gegenwart zeichnet." 2 Voller Genugtuung rezensierte Karl Kurth das schmale Bändchen 3 über fast zwei Seiten in der "Zeitungswissenschaft": "Die Zeitungswissenschaft wird für diese Worte, die Anerkennung und Verpflichtung zugleich bedeuten, dem Stabsleiter des Reichspressechefs Dank wissen. Nachdem in der Durchf.VO. zum Schriftleitergesetz bereits das zeitungswissenschaftliche Studium im Rahmen der Schriftleitervorbildung genannt und eingebaut worden war, erfahrt es durch diese Stellungnahme von Seiten der Partei erneut eine Fundierung, aber auch eine klare Aufgabenstellung. Wenn die deutsche Zeitungswissenschaft bisher schon immer im steten Dienst an der Presse ihre schönste Aufgabe sali, so ergibt sich durch den Hinweis der Schrift Sündermanns, daß dieser Dienstgedanke - trotz mannigfacher Widerstände sowohl aus Kreisen der Universität als auch leider eines Teiles der Pressepraxis - Anerkennung fand und daß sich die deutsche Zeitungs1 Vergi. z.B. "Zehnjahresfeier der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung - München im DZV", in: ZW Nr. 9/1939, Seite 633 2 Helmut Sündermann: Der Weg zum deutschen Journalismus. Hinweise fur die Berufswahl junger Nationalsozialisten, München-Berlin 1938. Für das Vorwort hatte Sündermann seinen Chef Otto Dietrich gewinnen können. So mußte sogar das Ausland denken, die Ausfuhrungen seien maßgebend. Im Jahr 1943 schrieben Derrick Sington und Arthur Weidenfeld in ihrem Buch "The Goebbels Experiment" über die Ausbildung der Journalisten im Land des Kriegsgegners: "Helmuth Sündermann himself set forth a training curriculum for German journalists in his book 'The Way to German Journalism," published in 1938 by Eher." Derrick

Sington/Arthur Weidenfeld: The Goebbels Experiment, N e w

Haven

1943,

Seite 75 f 3 Nur 35 Seiten umfaßte die Broschüre. Sündermanns Text erstreckte sich auf etwa 12 Seiten, den Rest der Seiten hatte er großzügig mit Fotos und Auszügen aus dem Schriftleitergesetz und der Tarifordnung bedrucken lassen

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Wissenschaft auf dem rechten Wege befindet." 1 Einen weiteren Trumpf im Machtgerangel mit dem RDP glaubten Heide und der DZV mit Adolf Dresler auf ihrer Seite. Der 1935 zum "Reichshauptleiter" avancierte alte Parteigenosse, den Dietrich nach seinem Umzug nach Berlin in der Münchener Reichspressestelle der NSDAP belassen hatte, war ein Schüler Karl d'Esters und hatte Mitte 1934 mit einer Arbeit zur "Geschichte der italienischen Presse 1900 bis 1922" promoviert. 2 Bereits seit 1926 veröffentlichte Dresler regelmäßig mehr oder weniger wissenschaftliche Beiträge in der "Zeitungswissenschaft". Nach 1933 erhielt er am Münchener Institut einen bescheidenen Lehrauftrag. Dreslers Ambitionen an der Hochschule wurden von Heide durch dekorative Pöstchen nachhaltig gefördert. Ende 1933 berief man den NS-Funktionär in das Kuratorium des Münchener Instituts. 3 Ein halbes Jahr später machte ihn der DZV-Präsident sogar zum Geschäftsführer der "Sondergruppe Institutsleiter".4 Dresler funktionierte nach Wunsch. Während einer Semestertagung des DZV im November 1935 in München griff der ungefährdete Gefolgsmann Dietrichs die Reichspresseschule, und damit das Ausbildungssystem des RDP, vehement an. Offen erklärte er: "Es sind neuerdings Stimmen laut geworden, welche die Bedeutung der Zeitungswissenschaftlichen Institute zu Gunsten der Reichspresseschule einschränken möchten. Dieser Weg wäre aber falsch." Der Lehrplan der Zeitungswissenschaft garantiere allein schon durch die längere Ausbildungszeit eine stärkere "weltanschauliche und politische Erziehung" des journalistischen Nachwuchses. 5 1 Rezension von Kurth in ZW Nr. 9/1938, Seite 612 f 2 Zu den persönlichen Angaben vergi. BDC-Personalakte Adolf Dresler 3 Vergi. Meldung "Kuratorium für Zeitungswissenschaft an der Universität München", in: ZW Nr. 6/1933, Seite 409. Zudem ernannte die ZWV München Dresler zu ihrem Ehrenmitglied, vergi. Nachrichtenblatt der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., Heft 8/9, August/September 1935, Seite 39 4 Vergi. Meldung "Sondergruppe Institutsleiter", in: ZW Nr. 7/1934, Seite 334 5 Zitiert nach Karl Kurth: Zeitungswissenschaft und Zeitungspraxis, Bericht von der Semestertagung des DZV vom 22. - 24.11.1935 in München, in: ZW Nr. 12/1935, Seite 627 f. Dresler hatte auch persönlich leidvolle Erfahrungen mit der Reichspresseschule machen müssen Ein Versuch, sich auf dem Gebiet der Joumalistenausbildung einen Namen zu machen, war kläglich gescheitert. Die von Dresler veranstaltete Schulungsreihe für Journalisten der Parteipresse war Ende September 1934 nach zwei mageren Lehrgängen zugunsten der RPS eingestellt worden. Vergi. Adolf Dresler: Die Reichspressestelle der NSDAP, in: ZW Nr. 4/1936, Seite 152. An den Lehrgängen der Reichspresseschule wurde Dresler vom RDP nicht beteiligt

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Zunächst hoffie die Zeitungswissenschaft wohl, auch den RMVuP-Staatssekretär Walther Funk auf ihre Seite ziehen zu können. Dieser hatte ausgerechnet während eines Kameradschaftsabends des vierten Lehrgangs der Reichspresseschule betont, die zeitungswissenschaftlichen Institute seien "auch weiterhin für die Vorbildung des journalistischen Nachwuchses von großer Bedeutung".1 Die "Zeitungswissenschaft" zitierte diese Passage begierig.2 Wie Balsam wirkten Funks freundliche Worte auf das angeschlagene Selbstbewußtsein des Faches. Und da solche positiven Urteile sehr selten waren, mußten diese Äußerungen auch anderthalb Jahre später noch als Beleg fur die Wertschätzung der Zeitungswissenschaft durch Entscheidungsträger des staatlichen Propagandaapparates herhalten.3 Als Funk das RMVuP Anfang 1938 verließ, würdigte Walther Heide dessen Wirken: "Aufgeschlossen allen Notwendigkeiten, hat er auch der Zeitungswissenschaft und ihren Aufgaben ein stets förderndes Interesse entgegengebracht und auf einem Kameradschaftsabend der Reichspresseschule im Jahre 1936 die Bedeutung der Mitarbeit der zeitungswissenschaftlichen Lehreinrichtungen bei der Schulung des Schriftleiternachwuchses in anerkennenden Worten herausgestellt." 4 Weitere Beispiele für das angeblich "fördernde Interesse" konnte Heide allerdings nicht anfuhren. 1 Vergi. Meldung "Kameradschaftsabend der Reichspresseschule", in: ZV Nr. 19/1936, Seite 297 2 Vergi. Meldung "Staatssekretär Funk über Reichspresseschule und Zeitungswissenschaft", in: ZW Nr. 6/1936, Seite 284 3 Eine wohlwollende Stellungnahme des Propagandaministers zum Nutzen der ZW konnten die Zeitungswissenschaftler trotz aller Bemühungen nicht vorweisen. Ergebenheitsadressen des DZV beantwortete der Minister nur stereotyp. So quittierte Goebbels den überschwenglichen Dank des DZV für seine Zustimmung zum reichseinheitlichen Lehrplan mit den wenig ergiebigen Worten: "Für ihr Telegramm von der Tagung des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes in Heidelberg sage ich Ihnen und dem Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verband meinen herzlichen Dank". Zitiert nach "DZV-Tagung in Heidelberg", in: ZW Nr. 6/1935, Seite 293. Auch ein Glückwunschtelegramm von Heide zu Goebbels' 40. Geburtstag, in dem der DZV-Präsident dem Minister den "restlosen Einsatz der Zeitungswissenschaft fur Volk und Staat" versicherte (vergi. Meldung in ZW Nr. 12/1937, Seite 822), brachte wohl nicht die gewünschte Resonanz. Die ZW meldete keine Antwort. Heides Aktivitäten fanden bei Goebbels ohnehin keine uneingeschränkte Unterstützung. Am 09.01.1938 notierte der Minister in sein Tagebuch: "Geheimrat Heide und seine Organisation sind zu gut dotiert. Abstoppen!", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. Damit war wohl Heides "Ausland-Presse-Büro" gemeint 4 Walther Heide: Walther Funk - 5 Jahre Pressechef der Reichsregierung, in: ZW Nr. 1/1938, Seite 34

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Als Otto Dietrich Anfang 1938 die Nachfolge Funks als Staatssekretär im RMVuP antrat, legten sich Heide und seine Mitstreiter besonders eifrig ins Zeug, um die bereits erfolgversprechend angebahnten Kontakte zum Reichspressechef weiter auszubauen. Voller Freude begrüßte Heide in Dietrich einen Förderer, dem "die Zeitungswissenschaft eine Fülle von richtungweisenden Anregungen" zu verdanken habe.1 Bezeichnenderweise konnte Heide die angeblich so fruchtbaren Impulse fìir die Zeit bis 1938 nicht näher spezifizieren. Erst Dietrichs Rede auf dem NSDAPParteitag 1938 bot der Zeitungswissenschaft die erhoffte Gelegenheit, sich mit einem besonderen Anliegen des Reichspressechefs auseinanderzusetzen. Die "Zeitungswissenschaft" berichtete ausfuhrlich über Dietrichs substanzloses Referat 2 : "Die Rede, die Reichspressechef Dr. Dietrich während des Reichspressetages Großdeutschlands gehalten hat, stand völlig im Zeichen des Kampfes gegen die internationale Presselüge. Sie enthüllte anhand eindringlicher Beispiele die Methoden dieser Lügenhetze und umriß darüber hinaus in großen Zügen auch bereits die Voraussetzungen fìir ihre Bekämpfung... Die Rede... bietet... auch für die Zeitungswissenschaft eine Fülle von Problemen und - das besonders macht sie neben der Rede des Führers vom 20. Februar 1938 zu einem wichtigen Rüstzeug für unsere weitere Arbeit - zeigt darüber hinaus bereits ganz konkret den Weg, auf dem man an die Lösung dieser Fragen herangehen muß." 3 Im Frühjahr 1939 veranstaltete der DZV ein groß angelegtes Preisausschreiben zum Thema "Die Methodik der Lügenpropaganda der ausländischen Presse gegen das Dritte Reich", um "diese Arbeitsrichtung der deutschen Zeitungswissenschaft weiter zu fördern". Durch die Rede Dietrichs habe die damit befaßte "zeitungswissenschaftliche Forschungsarbeit erneut methodische Ausrichtung" erfahren. Teilnahmeberechtigt waren alle Mitglieder der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigungen im Reich. Vor allem die studentischen Mitglieder waren zur Mitwirkung aufgerufen, da das Preisausschreiben "insbesondere den Zweck" habe, "den journalistischen Nachwuchs auf dieses wichtige Problem 1 Walther Heide: Reichspressechef Dr. Otto Dietrich, in: ZW Nr. 1/1938, Seite 35 2 Die in der Rede enthaltenen Phrasen zur "Lügenpropaganda" des Auslands hätte die Zeitungswissenschaft auch schon vor Dietrichs Ernennung zum Staatssekretär aufgreifen können. Bereits 1937 hatte Dietrich ein schmales Bändchen zu diesem Thema veröffentlicht, vergi. Otto Dietrich: Weltpresse ohne Maske, Dortmund 1937 3 N N.: Die Mobilmachung der Gewissen gegen die Presselüge - Ein zeitungswissenschaftlicher Überblick über die Rede Reichspressechefs Dr. Dietrich zum Reichspressetag 1938, in: ZW Nr. 10/1938, Seite 635 ff

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seines zukünftigen Arbeitsgebietes hinzuweisen".1 Dietrich, dem das Interesse der Wissenschaft an seinen dümmlichen Ausführungen schmeicheln mußte, übernahm großzügig die Schirmherrschaft. Trotz seines "Protektorats" und der ausgelobten Preisgelder fand das Unternehmen allerdings nicht die gewünschte Resonanz. Nur vier Arbeiten zum Thema gingen in den nächsten sechs Monaten ein.2 Obwohl das magere Resultat eine herbe Blamage für den DZV und seinen Präsidenten darstellte, war doch ein Zweck erfüllt. Die ZW hatte die Beziehungen zu Dietrich nochmals vertiefen können. Gute Kontakte zu Dietrich, so wußte Heide, konnten bares Geld wert sein. Schon 1938 hatten sich die Beziehungen bezahlt gemacht, als sich der RDP den Zahlungen an die zeitungswissenschaftlichen Institute zu entziehen versuchte. Nach einer Beschwerde von Heide 3 wies Dietrich den Reichsverband an, die Zuschüsse zu zahlen, "da unter keinen Umständen die zeitungswissenschaftlichen Institute durch etatrechtliche Auseinandersetzungen beeinträchtigt werden dürfen." 4 Zu weitergehender Hilfestellung, beispielsweise im Kompetenzstreit um die Journalistenausbildung, war der Reichspressechef allerdings nicht in der Lage. Karl Kurth, der es 1942 noch zum Professor am neu gegründeten Wiener ZW-Institut bringen sollte, mußte 1938 eingestehen, es bleibe "die Feststellung, daß an dem eigentlichen organisatorischen Neubau der deutschen Presse,... an der Abfassung der Anordnungen der verschiedenen Berufsorganisationen der Presse ein direkter geistiger Anteil" der Zeitungswissenschaft "nur in Ansatzpunkten nachgewiesen 1 "DZV-Preisausschreiben zur Erforschung der Presselüge", in: ZW Nr. 4/1939, Seite 289 2 Angeblich habe der "Einsatz der Studierenden im Landdienst und... die politischen Ereignisse", gemeint war wohl der Krieg, die Fertigstellung weiterer Arbeiten verhindert. Der erste Preis über 700 RM ging an eine zehnköpfige Arbeitsgemeinschaft, ein zweiter Platz wurde nicht besetzt und den dritten Preis gewann der ehemalige ZW-Student und RPS-Absolvent Robert Schmelzer, Vergi. ZW Nr. 10/11/1939, Seite 664 3 Vergi. Schreiben von Heide an RMVuP vom 10.05.1938, in: B A R 55/269 Fol. 42 f 4 Schreiben Pressechef der Reichsregierung und Staatssekretär im RMVuP an RDP vom 29.06.1938. Gleichlautende Briefe erhielten der RDZV und der Reichsverband der Deutschen Zeitschriftenverleger, in: B A R 55/269 Fol. 35, 38 und 40. Der RDP zahlte, wie Henningsen schrieb, "weisungsgemäß", vergi. Schreiben Henningsen/RDP an RMVuP vom 17.08.1938, in: B A R 55/269 Fol. 44. Von engem Einvernehmen zwischen Heide und Dietrich zeugt auch ein Schreiben des Reichspressechefs an die Haushaltsabteilung des RMVuP vom 02.06.1943. Über alle finanziellen Anfragen der Institute wollte Dietrich unterrichtet werden, da er sie "zuerst von dem Präsidenten des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes begutachten lassen" wollte, in: R 55/269 Fol. 82

228

werden könnte."

1

Und weil sich dies bis zum Untergang des Dritten Reiches

nicht änderte, war es auch nicht der unerklärte Krieg zwischen DZV und dem Reichsverband, der für die Schließung der Reichspresseschule verantwortlich war. Erst der Überfall auf Polen sollte das Ende der R P S einleiten.

1 Karl Kurth: Zeitungswissenschaft oder Lesersoziologie?, in: Z W Nr. 1/1938, Seite 301

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12. EIN UNERWARTETES ENDE DIE REICHSPRESSESCHULE WIRD GESCHLOSSEN Die Planungen fiir den 14. Lehrgang der Reichspresseschule waren weitgehend abgeschlossen. Am 20. Juli 1939 hatten die Kandidaten die Vorprüfung absolviert.1 Die Klausuren waren bereits von der RPS-Schulleitung korrigiert und die einzelnen Landesverbände vom Ergebnis verständigt worden. 2 Den Versand der "Einberufung" hatte man am 15. August 1939 abgeschlossen.3 Von Ende September bis "kurz vor Weihnachten 1939" sollte der 14. RPS-Kurs dauern.4 Doch es kam ganz anders. Seit Kriegsbeginn hatten die Einberufungen zur Wehrmacht Vorrang. Und die Volontäre, die der Rekrutierung glücklich entronnen waren, standen in der Ruhlandallee plötzlich vor verschlossenen Türen. Das Nachrichtenblatt des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda meldete am 8. September 1939: "Zur Durchfuhrung des Erlasses des Führers über die Vereinfachung der Verwaltung vom 28. August 1939... wird fur den Geschäftsbereich des Ministeriums folgendes bestimmt: I. Die Arbeit im Ministerium und bei allen nachgeordneten Stellen ist auf kriegswichtige Aufgaben zu konzentrieren... II. Der Reichsminister der Finanzen hat die Betriebsmittel vom 1. September 1939 ab um 50 v.H. gekürzt... III. Für die Reichskulturkammer und ihre Einzelkammern gilt folgendes: 1.) Die Tätigkeit der Kammern ist im wesentlichen auf die Aufrechterhaltung der Ordnung zu beschränken".5 1 Vergi. RDP-RundschreibenNr. 4 0 vom 13.07.1939, in: B A R 103/5 2 Vergi.

Schreiben Richard Biedrzynski/RPS

an den Leiter des

RDP-Landesverbandes

Ostmark ohne Datum (August 1939), in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule 3 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 4 0 vom 13.07.1939, in: B A R 103/5 4 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 41 vom "1.05.1939" (Das hier angegebene Datum kann nicht richtig sein. Denn das Rundschreiben Nr. 41 bezieht sich auf das RDP-Rundschreiben Nr. 39 vom 13.07.1939), in: B A R 103/5 5 Nachrichtenblatt des RMVuP Nr. 18 vom 08.09.1939, in B A R 55/436 Fol. 61. In seinem Tagebuch vermerkte Goebbels am 13.12.1939, der Etat des Ministeriums werde neu aufgestellt: "Der Krieg macht eine Umgruppierung der Geldmittel erforderlich." Die Fortsetzung Fußnote Seite 231

230

D i e Reichspresseschule war von diesem Erlaß in doppelter Hinsicht betroffen. Zum einen gehörte der Reichsverband der deutschen Presse im weitesten Sinne zum Geschäftsbereich des R M V u P 1 , zum anderen war der Betrieb der R P S lebensnotwendig auf die

finanziellen

Zuwendungen des

Propagandaministers

angewiesen. Der Reichsverband mußte sich nach Kräften mühen, den Sparerlaß umzusetzen. 2 Schließlich war der R D P schon vor d e m Krieg kaum in der Lage g e w e s e n , seine Ausgaben aus eigenen Mitteln zu bestreiten. N u n rächte sich, daß die Reichspresseschule keinen ausdrücklich verankerten gesetzlichen Auftrag besaß und auch in der R D P - S a t z u n g nicht besonders aufgeführt worden war. Presseklub und Reichspresseschule fielen dem Rotstift zuerst z u m Opfer. D e n Bediensteten der R P S wurde noch im September 1 9 3 9 gekündigt. A l l e Kündigungsschreiben beriefen sich auf Goebbels' V e r o r d n u n g . 3

Filmakademie, die auch am Finanztropf des RMVuP hing, ließ der Minister "vorläufig mal weiter arbeiten, um die ersten Resultate abzuwarten", in: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil 1 Band 3, hrsg. von Elke Fröhlich, a.a.O. 1 Vergi, dazu Kommentar zu § 22 Absatz 3 SchLG: "Der Schriftleiterstand ist Teil des Kulturstandes, dessen Aufbau durch das Reichskulturkammergesetz vom 22. September 1933 (RGBL. I Seite 661) nach den Worten der amtlichen Begründung gleichfalls in ständischer Form erfolgt ist. Der Reichsverband ist in die Reichspressekammer eingegliedert worden und bildet dort den zuständigen Fachverband der Schriftleiter. Der enge Zusammenhang, der zwischen dem Schriftleitergesetz und dem den berufsständischen Aufbau regelnden Reichskulturkammergesetz besteht, ergibt sich auch daraus, daß die Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchfuhrung des Schriftleitergesetzes in ihren Eingangsworten auf beide Gesetze Bezug nimmt", in: Hans Schmidt-Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 133 2 Im RDP-Haushaltsvoranschlag 1940 vermerkte der Buchhalter stolz, man habe "eine Einsparung von 60 % vorgenommen". Vergi. RDP-Haushaltsvoranschlag

1940, in: Β A

R 103/147 3 Vergi, die Kündigungsschreiben für das "Hausmädchen" Edith Albien vom 15.09.1939 und für den Dozenten Richard Biedrzynski vom 22.09.1939 in: BA R 103/175. Siehe ferner die Kündigungen fur den Hausmeister Max Gerhardinger vom 15.09.1939 (in: BA R 103/182), für den Koch Karl Liebow vom 15.09.1939 (in: BA R 103/191), für die Sekretärin Gerda Schieck vom 15.09.1939 (in: BA R 103/194), für die "Aufwartefrau" Käthe Rösemann vom 15.09.1939 (in: BA R 103/196), für die "Kameradschaftsleiterin" Karoline Seyboth vom 15.09.1939 (in: BA R 103/197), für die "Aufwartefrau" Charlotte Thierbach vom 15.09.1939 (in: BA R 103/199) und für die Küchenhilfe Christine Wassenberg vom 15.09.1939 (in: B A R 103/200)

231

Die "Deutsche Presse" meldete die Schließung erst in ihrer Ausgabe vom 9. Dezember 1939 unter der Rubrik "Kleines Kriegs-ABC".1 Seit September 1939 war der Reichsverband vollauf damit beschäftigt, das Schulgebäude zu räumen und das Inventar unterzubringen.

12.1. Auflösung und Verwirrung - Die schwierige Liquidation der Reichspresseschule Das Ende der Reichspresseschule kam fur alle Beteiligten überraschend. Zunächst glaubte der RDP, die Schließung sei nur vorübergehend. Schließlich waren noch Mitte 1939 weitere Schritte zur dauerhaften Absicherung der Institution in Angriff genommen worden. Die Eigentümer des Schulgebäudes beabsichtigten, das Anwesen in der Ruhlandallee zu verkaufen. Unter Hinweis auf verschiedene Interessenten forderte der Testamentsvollstrecker der Erbengemeinschaft Ploschitzki den Reichsverband auf, sich schnell zu erklären. Bis zum 15. Juli 1939 sollten die Verantwortlichen über einen Ankauf entscheiden. So gerne der RDP zugegriffen hätte, er sah sich nicht in der Lage, die geforderten 810.000 Reichsmark aufzubringen. Selbst mit der angebotenen Ratenzahlung wäre der RDP überfordert gewesen. Die Finanzierung von 50.000 RM jährlich aus eigenen Mitteln hielt Henningsen für "aussichtslos".2 Ein neuer Eigentümer hätte den auslaufenden Mietvertrag wohl kaum verlängert. Notgedrungen suchten die Verantwortlichen nach einem neuen Domizil und wurden in der Nähe von Wien fundig. Der RDP-Landesverband Ostmark hatte die Berliner Zentrale am 7. Juli 1939 auf das Waldsanatorium Perchtoldsdorf 1 Vergi. "Kleines Kriegs-ABC. Kurze Übersicht über Fragen, die den Schriftleiter seit dem 1. September

1939

besonders

angehen",

Stichwort

"Reichspresseschule",

in:

DP

Nr. 25/1939, Seite 413 2 Vergi. Henningsens "Bericht über die Angelegenheit 'Reichspresseschule des RDP'" vom 12.07.1939, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule. Im Haushaltsjahr 1939 waren ohnehin schon erhöhte Zuschüsse des Werberates eingeplant worden. Auf 140.000 RM war der Bedarf der Reichspresseschule veranschlagt worden. Die Zahlung von zusätzlichen 50.000 RM stieß im RMVuP auf Widerstand, ebenda

232

aufmerksam gemacht. 1 D a s Gebäude verfugte über vierzig Schlafzimmer, Bäder, eine vollständig ausgestattete K ü c h e und genügend Platz, um Unterrichts- und Aufenthaltsräume einzurichten. D a s Haus befand sich in gutem Zustand, umfangreiche Renovierungsarbeiten wären nicht notwendig g e w e s e n . 2 Einst im B e s i t z der jüdischen Ärzte Oskar Mautner, M a x Berliner und Stefan Saxl, war das Sanatorium nach dem "Anschluß" Österreichs beschlagnahmt worden. D e r geringe Kaulpreis des "arisierten" Gebäudes erschien

verlockend. 3

Einen Teil der notwendigen Mittel hatte der R D P bereits in seinem Haushalt eingeplant. 4 R D P - C h e f Wilhelm W e i ß befürwortete die Verlegung der Reichspresseschule und bat im R M V u P um schnelle Entscheidung. Reichspressechef Dietrich hatte 1 Dem RDP-Landesverband Ostmark und der Gauleitung Wien lag viel daran, die Reichspresseschule in Österreich anzusiedeln. In einem Schreiben des Landesverbandes an die Berliner Zentrale hieß es am 31.07.1939, der Plan habe "die stärkste Unterstützung der Gauleitung Wien..., da ja die Verlegung der Reichspresseschule in den Gau Wien einen erheblichen Prestigegewinn zweifellos darstellen würde." In: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand

'Reichsverband

der

deutschen

Presse,

Landesverband

Ostmark',

Akte

Reichspresseschule 2 Durch den Umzug nach Wien hätte die Reichspresseschule sogar ihre Kapazitäten erweitern können. Nach einer Schätzung Henningsens hätten bis zu 160 Schüler je Lehrgang Platz gefunden. Das große Grundstück des Sanatoriums, nur 15 Kilometer von Wien entfernt, bot einen Vorpark und zwei große Wiesen, die als "Liegewiesen und als Sportplatz dienen" konnten. Mehrere "große Zimmer mit Bad und Balkon für den Schulleiter und die Dozenten" und ein Nebenhaus zur Unterbringung des Personals standen ebenfalls zur Verfugung. Vergi. Henningsens "Bericht über die Angelegenheit 'Reichspresseschule des RDP1" vom 12.07.1939, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule 3 Der Reichsverband rechnete zunächst mit einem Kaufpreis von 200.000 RM inklusive des Inventars. Später war sogar von nur 160.000 RM die Rede, vergi. Abschrift des Schreibens der "Vermögensverkehrsstelle im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit" an das Gaupresseamt Wien vom 07.08.1939. Zu den anderen Angaben vergi. Henningsens "Bericht über die Angelegenheit 'Reichspresseschule des RDP'" vom 12.07.1939. Alle Akten in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule 4 Vergi. Schreiben der Haushaltsabteilung des RMVuP an Ministerbüro vom 01.08.1939, in: BA R 55/267 Fol. 89. Der Brief befaßt sich mit der angespannten Haushaltslage des RDP, die durch die "Notwendigkeit der Bereitstellung höherer Beträge für die Zwecke des Grundstückserwerbs ftir die Reichspresseschule" verursacht worden sei

233

bereits signalisiert, er habe keine Bedenken.1 Doch die schriftliche Zustimmung ließ auf sich warten. Am 10. August 1939 hoffte der RDP, den Vorgang innerhalb der nächsten vier Wochen abschließen zu können. 2 Am 1. September 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht in Polen ein. Der Umzug nach Wien war somit geplatzt. Der Mietvertrag für die Ruhlandallee lief aus, und das Personal der RPS war gekündigt oder befand sich bei der Wehrmacht. RDP-Hauptgeschäftsführer Hans Henningsen mußte die "komplizierte und langwierige Liquidierung" alleine bewältigen.3 Der Werberat der deutschen Wirtschaft hatte bereits zugesagte Zahlungen seit dem 1. September 1939 eingestellt, obwohl auch nach der Schließung der Reichspresseschule erhebliche Kosten anfielen. Den RPS-Angestellten Heinz Hecker und Gerhard Schwager konnte nicht gekündigt werden, da sie noch vor Kriegsbeginn eingezogen worden waren. Ihre Gehälter belasteten den zerrütteten Etat des Reichsverbandes ebenso4 wie die Kosten für den Umbau des ehemaligen Schulgebäudes, die laut Mietvertrag vom RDP zu tragen waren.5 Zudem hatten die Verantwortlichen in der Reichspresseschule eine Telefon- und Normaluhrenanlage installieren lassen. Der Mietvertrag lief noch bis Ende 1946, bei vorzeitiger Rückgabe wurden sofort drei Viertel der Miete für die gesamte Laufzeit fällig.6 Nach längeren Verhandlungen konnten die Umbaukosten eingespart werden. Zum Ausgleich überließ der RDP der Deutschen Apothekerschaft als neuem Eigentümer einen Teil der Einrichtung in der Ruhlandallee.7 Und nach 1 Vergi. Schreiben RDP an Landesverband Ostmark vom 02.08.1939, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse,

Landesverband

Ostmark', Akte Reichspresseschule 2 Schreiben RDP an Landesverband Ostmark vom 10.08.1939, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule 3 Schreiben Henningsen an RMVuP vom 15.01.1940, in: B A R 103/142 4 Der RDP zahlte die Gehälter noch bis Ende April 1940. Vergi. Schreiben Henningsen an RMVuP vom 21.06.1940, in: B A R 103/142 5 Der RDP rechnete mit Umbaukosten in Höhe von 15.000 RM, Vergi. Aufstellung der "voraussichtlichen Ausgaben" vom 01.01.1940 bis 31.03.1940, in: Β A R 103/142 6 Die Restmiete fur die Telefonanlage belief sich auf fast 3 .000 RM, für die Uhrenanlage wurden etwa 1.500 RM fällig. Vergi. Schreiben Henningsen an RMVuP vom 26.01.1940, in B A R 55/267 Fol. 104 7 Vergi. Schreiben Henningsen an RMVuP vom 21.06.1940, in: B A R 103/142

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umfangreichem Schriftwechsel mit dem Propagandaministerium zahlte der Werberat zur Deckung des Defizits einen letzten Zuschuß in Höhe von etwa 37.000 Reichsmark.1 Endgültig aber hatte der Reichsverband seine Reichspresseschule immer noch nicht aufgegeben. Im Januar 1940 beorderte Hauptgeschäftsfiihrer Hans Henningsen den amtierenden RPS-Leiter Heinz Hecker, der seit dem 10. August 1939 an einer "militärischen Übung" teilnahm,2 zu einer Besprechung nach Berlin. Zusammen mit der Schulungsleitung sollte das Aktenmaterial der RPS "durchgesprochen und gesichtet" und eine Entscheidung "über die künftige Gestaltung der Lehrgänge" getroffen werden.3 Es ist davon auszugehen, daß sich die Runde auf unbestimmte Zeit vertagte. Die Akten und das restliche Inventar wurden im "Haus der Deutschen Presse" in der Berliner Tiergartenstraße 16 gelagert.4 Die ehemalige Residenz der Reichspresseschule in der Messelstraße bzw. Ruhlandallee sollte später doch noch in den Besitz des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda übergehen. Ende 1941, also mitten im Krieg, erwarb das RMVuP das Anwesen aus außerplanmäßigen Haushaltsmitteln. Der Preis war innerhalb weniger Monate enorm gestiegen, die Deutsche Apothekerschaft konnte eine Million Reichsmark auf ihren Konten verbuchen. Reichspressechef Dietrich hatte an dem noblen Gebäude samt Parklandschaft Gefallen gefunden. Während anderen Orts eisern gespart wurde, mußte der Finanzminister das Geld zur Verfugung stellen. Schließlich erfolgte die "Schaffung einer Amtswohnung fur den Reichspressechef auf Anordnung des

1 Vergi. Abschrift des Schreibens des Werberates an RMVuP vom 14.02.1940, in: B A R 103/142 2 Vergi. Schreiben Hecker an RDP vom 02.08.1939, in: Personalnachweis Heinz Hecker, BA R 103/184 3 Schreiben Henningsen an Hecker vom 10.01.1940, in: B A R 103/184 4 Die verbliebene Ausstattung der RPS war beim überstürzten Auszug aus der Ruhlandallee zunächst nur notdürftig untergebracht worden. Am 25.09.1940 bat Henningsen "höflichst" um Heimaturlaub für den seit Kriegsbeginn eingezogenen "Kameradschaftsfìihrer". Vergi. Schreiben von Henningsen an "den Führer der Feldposteinheit 39 359 D" vom 25.09.1940, in: B A R 103/197. Gerhard Schwager, der für Inventar und Bibliothek der RPS zuständig gewesen war, sollte dem geplagten Hauptgeschäftsfiihrer bei der endgültigen Lagerung der Hinterlassenschaften helfen. Die Liquidation der Reichspresseschule war damit abgeschlossen

235

Führers".1 Um die Wohnung entsprechend einrichten zu können, ließ sich Dietrich Ende 1942 von Albert Speer zusätzlich einen "Dispositionsfonds" in sechsstelliger Höhe einrichten.2 Die Schließung der Reichspresseschule war zwar in der Öffentlichkeit registriert worden, doch da der Reichsverband nie das offizielle Ende der Schule verkündete, herrschte bis Kriegsende Unsicherheit über ihr weiteres Schicksal. In einer letzten Meldung zur Reichspresseschule hieß es Anfang 1940 im Verbandsorgan "Deutsche Presse" nur ganz unbestimmt, die Lehrgänge der Reichspresseschule fanden "bis auf weiteres" nicht statt.3 Ein offiziöses Adreßverzeichnis führte die RPS sogar noch 1942 unter der alten Anschrift in der Ruhlandallee.4 Noch bis zu seinem Untergang erhielt der RDP eine Reihe von Zuschriften, in denen sich Berufsanwärter nach der Adresse der Reichspresseschule erkundigten. "Ich bitte um Ihre geschätzte Mitteilung, wo sich nun die Journalistenschule befindet",5 schrieb Ruth Römer im September 1944 an den Eher-Verlag. Dort wußte man auch keinen Rat und leitete den Brief an den Reichsverband weiter. Der RDP teilte der Interessentin dann mit, die RPS sei "schon seit Kriegsbeginn geschlossen" und es könne keine Auskunft gegeben werden, "wann und unter welchen Voraussetzungen sie wieder eröffnet wird." 6 Selbst bei staatlichen Einrichtungen herrschte Verwirrung über die Ausbildungsvorschriften fur Journalisten. Eine Anfrage des Arbeitsamtes Pirna in Sachsen 1 Vergi. Schreiben des RMVuP an das Finanzministerium vom 03.09.1941, in: BA R 55/25 Fol. 68. Die Hausnummer hatte sich kurz vor Kriegsbeginn geändert, die Adresse lautete nun Ruhlandallee 41-47. Die neue Anschrift findet sich bereits in einem undatierten Brief des RPS-Dozenten Richard Biedrzynski an den Leiter des RDP-Landesverbandes Ostmark, der im August 1939 entstanden sein muß, in: Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien, Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark', Akte Reichspresseschule 2 Vergi. Schreiben von Dietrich an Speer vom 10.12.1942, in: B A R 5 5 / 2 5 Fol. 138 f 3 Vergi. "Kleines Kriegs-ABC", Stichwort "Schriftleiter in Ausbildung", in: DP Nr. 3/1940, Seite 29 4 Vergi. A-Z. Auskunft über Partei-, Staats- und Wirtschaftskunde, Öffentliche Einrichtungen und Dienststellen, bearbeitet von Fritz Mehnert u.a., Berlin 1942, Seite 148. Die kurze Beschreibung der RPS erwähnt die Schließung mit keinem Wort 5 Schreiben von Ruth Römer an den Eher-Verlag vom 05.09.1944, in: B A R 103/25 6 Schreiben RDP an Ruth Römer vom 16.09.1944, in: B A R 103/25. Ähnliche Auskünfte vom RDP erhielten unter anderem Karl-Heinz Adelmann am 15.10.1943, Wilhelm Bohl am 04.04.1944 und Rolf Gehrmann am 03.10.1944. Alle Schreiben in B A R 103/25

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beantwortete der RDP am 1. September 1944 knapp: "Grundsätzlich ist an der Ausbildung der Schriftleiter und Schriftleiterinnen nichts geändert... Die Reichspresseschule ist seit Kriegsbeginn geschlossen, und es ist auch noch nicht zu übersehen, wann und unter welchen Umständen ihr Betrieb wieder eröffnet werden kann." 1

12.2. Die Gunst der Stunde Neue Chancen für die Zeitungswissenschaft? Die Schließung der Reichspresseschule registrierten die meisten Zeitungswissenschaftler mit Verzögerung. Auch in den Instituten glaubte man wohl nur an eine vorübergehende Suspendierung der Lehrgänge. So schrieb der Leiter der Münchener ZWV, Wilhelm Klutentreter, in einer Rezension Anfang 1940: "Die Angabe, daß Studenten der Zeitungswissenschaft, die die nötigen Vorbedingungen erfüllt haben, vom Besuch der Reichspresseschule befreit sind, entspricht leider noch nicht den Tatsachen." 2 Die Universitäten nahmen nach der Besetzung Polens ihren Lehrbetrieb rasch wieder auf, wenn auch nun in Trimestern.3 Der Krieg bot den ZW-Instituten zusätzlich Gelegenheit, Patriotismus und nationalsozialistische Gesinnung zu demonstrieren. Unter der Losung "Zeitnahe Zeitungswissenschaft" 4 wurden verstärkt Vorlesungen und Übungen in den Lehrplan aufgenommen, die Dovifats Definition von der "geistigen Wehrwissenschaft" mit neuem Leben füllen sollten.5 1 Schreiben des RDP an das Arbeitsamt Pirna vom 01.09.1944, in: BA R 103/131 2 Vergi. Klutentreters Rezension zu Friedhelm Kaiser: Die deutsche Zeitung, in: ZW Nr. 1/1940, Seite 42 3 Zum "Unterrichtsbetrieb an den Hochschulen im Kriege" vergi. Hans Huber: Erziehung und Wissenschaft im Kriege, Berlin 1940, Seite 16 ff. Zum Konzept der Trimester vergi, ebenda, Seite 18 f 4 Vergi. Meldung "Zeitnahe Zeitungswissenschaft - Aktuelle Themen in der Lehr- und Forschungsarbeit der Institute", in: ZW Nr. 12/1939, Seite 716. Das Berliner Institut veranstaltete "Übungen über die Geschichte und die Technik der geistigen Kriegsfuhrung", im Königsberger Institut beschäftigte man sich mit "Untersuchungen zur Ideologie der polnischen Kriegspropaganda" und der Stellung der "Presse zum deutsch-russischen Pakt" und die Münchener Zeitungswissenschaftler befaßten sich in Seminaren "besonders mit Fragen der Kriegspropaganda", ebenda 5 Vergi. Lehrplan des ersten Trimesters 1940, in: ZW Nr. 1/1940, Seite 20 f

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Natürlich wurde nicht versäumt, die eigene Flexibilität gebührend zu würdigen. "Die wissenschaftliche Arbeit der Institute wurde sofort nach Kriegsausbruch auf Kriegsaufgaben eingestellt... Die Arbeit des Zeitungswissenschaftlers vermag aktuell wie die des Pressemannes zu sein. Seine Arbeit ist staatsnotwendig", prahlte Horst Seemann im Verlegerorgan "Zeitungs-Verlag".1 Während die Reichspresseschule ihren Lehrbetrieb einstellen mußte, gelang es der ZW sogar, weiter zu expandieren. Anfang 1940 meldete die "Zeitungswissenschaft" die Neugründung eines Instituts an der Hindenburg-Hochschule in Nürnberg. Mitte des gleichen Jahres konnte die "Errichtung eines Instituts für Zeitungswissenschaft an der Deutschen Universität" im besetzten Prag bekanntgegeben werden. Auffallend deutlich wurde betont, beide Institutsleiter seien gelernte Journalisten.2 Den "Minderwertigkeitskomplex..., der ganzen Abschnitten im Selbstbehauptungskampf der Zeitungswissenschaft das Gepräge gab", glaubte Walther Heide endlich überwunden. 3 Jetzt müsse man "noch größere Werbung fur den Pressenachwuchs" entfalten. Denn in Zukunft werde sich der Bedarf an journalistischen Fachkräften, die "eine gründliche Vorbildung nachweisen können", "gewaltig steigern": "Die Verantwortung der Lehrer der Zeitungswissenschaft ist dabei um so größer, als bei dem erhöhten Bedarf an Kräften bei der Auslese in der Praxis sich Versager nicht einstellen dürfen." 4 Es sei "anzunehmen, daß bei der Entwicklung, die sich auf dem Gebiete der Nachwuchsfrage ergeben wird, die zeitungswissenschaftliche Disziplin auch in Zukunft eine festumrissene Stellung einnimmt." 5 Eine Ausweitung des Arbeitsgebietes, so befürchtete der DZV-Präsident, konnte sich da nur kontraproduktiv auswirken. 1 Horst Seemann: Im Dienst von Presse und Propaganda, in: ZV Nr. 28/1941, Seite 262 2 Vergi, die biographischen Notizen zu Hans-Ludwig Zankl, in: "Neugründung des Instituts für Zeitungswissenschaft an der Hindenburg-Hochschule... Nürnberg", in: ZW Nr. 2/1940, Seite 104 und die Anmerkungen zum Inhaber des Prager Lehrstuhls, Josef März, in: "Errichtung eines Instituts für Zeitungswissenschaft an der Deutschen Universität Prag", in: ZW Nr, 5/6/1940, Seite 271 3 Walther Heide: Die Zukunft der deutschen Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 3/1941, Seite 144 f 4 Walther Heide: Die Zukunft der deutschen Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 3/1941, Seite 148 5 Walther Heide: Die Zukunft der deutschen Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 3/1941, Seite 150

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"Von der Presse kommen wir und bei der Presse bleiben wir".1 Bereits vor dem Krieg waren Bestrebungen, die Arbeit der Institute auf andere Gebiete der Publizistik auszudehnen,2 bei Heide auf erbitterten Widerstand gestoßen. Und nach Schließung der Reichspresseschule beschwor der DZV-Präsident seine Mitstreiter erneut, die Anstrengungen zu bündeln und sich auf die Durchsetzung des Ausbildungsanspruchs zu beschränken: "Der ewige Kraftquell der Zeitungswissenschaft ist und bleibt... die Pressepraxis." 3 Doch spätestens seit 1940 wurde offenbar, daß die vorsichtige Taktik des "Organisators" der Zeitungswissenschaft 4 nicht mehr von allen Fachvertretern akzeptiert wurde. Während der wendige Heide immer eine gewisse Zurückhaltung wahrte, um sich nicht vollends mit dem Reichsverband der deutschen Presse zu überwerfen, ließ der ehrgeizige Leipziger ZW-Professor Hans A. Münster nun alle Vorsicht fahren. Ohne sich mit dem DZV abzusprechen, verfaßte der forsche Zeitungswissenschaftler im Juli 1940 eine Denkschrift zur Journalistenausbildung, deren Intention auf eine völlige Entmachtung des RDP hinauslief. Zur politischen Absicherung seines Vorstoßes bediente sich Münster des stellvertretenden Leiters des Reichspropagandaamtes Sachsen, Hermann Dießner, den er als Mitautor zeichnen ließ. "Der größte Mißstand fur das Ansehen und die Anerkennung des Schriftleiterberufs" bestehe darin, "daß der Weg zum Schriftleiter über die Universität an zweiter Stelle" stehe.5 Münster wollte das zeitungswissenschaftliche Studium zukünftig für alle Journalisten zur Pflicht machen: "Das fur die Berufsausübung entscheidende Examen müßte... das Schriftleiterexamen sein, das vor einem aus Theoretikern und Praktikern zusammengesetzten Kollegium abgelegt werden 1 Vergi. Rede Walther Heides während der Königsberger Reichstagung des DZV. Abgedruckt bei N N . : Zeitungswissenschaft im Dienst der Pressepraxis, in: ZV Nr. 25/1937, Seite 384 2 Zum Streit zwischen Zeitungswissenschaft und Publizistik vergi. Bettina Maoro: Zeitungswissenschaft an der Universität Münster 1915-1945, a.a.O., Seite 289 ff 3 Walther Heide: Die Zukunft der deutschen Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 3/1941, Seite 147 4 So bezeichnet Karl d'Ester den DZV-Präsidenten eingedenk dessen Verdienste um Anerkennung und Finanzierung. Vergi. Karl d'Ester: Walther Heide zum 50. Geburtstag, in: ZW Nr. 3/4/1944, Seite 60 5 Hermann Dießner/Hans A. Münster: Schriftleiter - Nachwuchs, Abschrift einer Denkschrift vom 20.07.1940, Seite 1, in: Universitätsarchiv Münster, Dienst-Akt. Nr. 108 (Pubi. Institut 1940-60)

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müßte." 1 Der Kandidat hätte zwischen Diplomprüfung und Promotion entscheiden müssen. Dem zehnköpfigen Prüfungsausschuß unter Vorsitz des zeitungswissenschaftlichen Institutsdirektors sollte nach Münsters Willen nur ein Vertreter des RDP angehören.2 Anwärter, die auf universitäre Ausbildung verzichteten, gedachte Münster auf Tätigkeiten bei kleinen Zeitungen mit einer Auflage bis 4.000 Exemplaren zu beschränken. Münsters gewagte Vorschläge verstießen nicht nur gegen diverse Paragraphen des Schriftleitergesetzes.3 Sie entwerteten auch das Ausnahmerecht des Propagandaministers und bedeuteten eindeutig einen Affront gegen den Reichsverband der deutschen Presse. Seine Fachkollegen reagierten dementsprechend skeptisch. Karl Kurth, inzwischen Professor am Wiener Institut, ließ wissen, eine Diplomprüfung bliebe eine "innerakademische Angelegenheit", weil sie von "den Pressevertretern gar nicht anerkannt" werden würde.4 Auch Karl d'Ester erschien das Vorhaben zu heikel. Der Münchener Professor wollte das bisher Erreichte bewahren und befürchtete, die Berufsverbände könnten Münsters Konzept modifizieren und ihrerseits Einfluß auf die Institute gewinnen. 5 1 Ebenda, Seite 2 2 Ebenda, Seite 4. Zu Beisitzern sollten der Landesverbandsleiter des RDP, der Landesverbandsleiter des RDZV, ein Vertreter des Reichspropagandaamtes und ein Gaupresseamtsleiter der Partei berufen werden. Diesen wollte Münster zwar zugestehen, "von sich aus Fragen zu stellen und in die Diskussion einzugreifen". Entscheidende Kompetenzen bei Zulassung oder Ablehnung der Kandidaten wollte der Zeitungswissenschaftler den Beisitzern aber wohl nicht einräumen 3 Der § 7 SchLG besagte, "fachmännisch ausgebildet" sei, "wer sich durch eine mindestens einjährige Ausbildung bei der Schriftleitung... die Kenntnisse eines Schriftleiters erworben hat". Der § 8 SchLG übertrug dem RDP-Landesverbandsleiter die alleinige Entscheidung über die Eintragung in die Berufslisten und regelte das Recht auf Einspruch durch den Propagandaminister. Und in § 25 Absatz 1 Satz 1 wurde nur dem RDP die Aufgabe zugewiesen,

"Ausbildungseinrichtungen

fur

Schriftleiter zu

schaffen", in: Hans

Schmidt-

Leonhardt/Peter Gast: Das Schriftleitergesetz, Berlin 1944, Seite 24 ff 4 Vergi. Schreiben des Dekans der philosophischen Fakultät der Universität Wien an den Dekan der philosophischen Fakultät Münster vom 06.05.1943, in: Universitätsarchiv Münster, Dienst-Akt. Nr. 108 (Pubi. Institut 1940-60) 5 Wörtlich schrieb d'Ester: "Es ist vorgesehen, daß auch die Berufsverbände der Presse bei der Prüfling mitwirken. Damit würde diesen ein starker Einfluß eingeräumt, der sich zum Schaden der Hochschule auswirken könnte... Die Hochschule verlöre dann jeden Einfluß Forlsetzung Fußnote Seite 241

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Zu Recht hielt der Leiter des Prager Instituts, Josef März, das ganze Vorhaben fur "nicht spruchreif' und gab zu bedenken, daß "nach dem Kriege vielleicht" die Reichspresseschule wieder eröffnet würde. März warnte: "Die Praxis hat bisher Anregungen auf Einfuhrung eines staatlichen Diploms... nicht gerade begrüßt." 1 Münsters radikale Vorschläge hatten keine Chance auf Verwirklichung. Und auch Heides zaghafte Versuche, die Ausbildungs- und Ausleseprozeduren in den Wirren des Krieges zugunsten der Zeitungswissenschaft zu verändern, scheiterten an der unnachgiebigen Haltung des RDP.2 "Das Studium der Zeitungswissenschaft ist an sich nicht als berufliche Vorbereitung gedacht; als solche gilt vielmehr die durch das Schriftleitergesetz vorgeschriebene praktische Ausbildung", schrieb der Reichsverband einem Berufsanwärter im März 1944.3 Und ein anderer Bewerber mußte sich belehren lassen, er mache sich vom zeitungswissenschaftlichen Studium "nicht ganz zutreffende Vorstellungen": "Denn die Institute und Seminare für Zeitungswissenschaft an den deutschen Hochschulen sind in erster Linie dazu da, der akademischen Jugend allgemein die Möglichkeit zu geben, sich über Wesen und Bedeutung der Presse eingehend zu unterrichten." 4 Trotz aller Anstrengungen haben sich Heide und die Institute mit ihren Ausbildungsansprüchen nie wirklich durchsetzen können. Der Reichsverband der deutschen Presse ließ die Zeitungswissenschaft nicht die Rolle spielen, die sich die Disziplin selbst beimaß.

auf das wichtige Instrument der Presse", Schreiben Karl d'Ester an Dekanat der Philosophischen Fakultät München vom 20.05.1943, in: Universitätsarchiv Münster, Dienst-Akt. Nr. 108 (Pubi. Institut 1940-60) 1 Schreiben März an Dekan der Philosophischen Fakultät der Deutschen Karls-Universität ohne Datum, in: Universitätsarchiv Münster, Dienst-Akt. Nr. 108 (Pubi. Institut 1940-60) 2 Beispielsweise beschwerte sich der DZV beim RDP, die Studentin Marita Wolff sei trotz ihrer DZV-Bescheinigung nicht von der Zulassungsprüfung zum Volontariat befreit worden. Vergi. Schreiben des DZV an RDP vom 18.07.1944. Nach längerem Schriftwechsel machte der Reichsverband deutlich, eine derartige Vereinbarung habe es auch nie gegeben. Lediglich von der Aufnahmeprüfung vor dem Besuch der Reichspresseschule sei Befreiung erteilt worden. Vergi. Schreiben RDP an DZV vom 02.02.1945. Beide Schreiben in: B A R 103/131 3 Schreiben des RDP an Gottlieb Brükner vom 10.03.1944, in: B A R 103/25 4 Schreiben des RDP an Günter Planitz vom 14.11.1944, in: B A R 103/25

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12.3. Konsequent bis zum Untergang Die Auslese der Berufsanwärter im Krieg Die Zulassungsbestimmungen änderten sich zu Beginn des Krieges nur vorübergehend. Der durch die Einberufungen zur Wehrmacht verursachte Mangel an redaktionellen Arbeitskräften und die personelle Auszehrung des RDP machten zunächst Ausnahmeregelungen erforderlich. Am 9. September 1939 setzte der RDP die Aufnahmeprüfungen für die Eintragung in die Berufsliste C "bis auf weiteres" aus.1 Und auf Anordnung des Propagandaministers wurde eine sogenannte "Kriegssonderliste" ins Leben gerufen. Sie galt "als Anhang und Bestandteil der Berufsliste B" und ermöglichte die journalistische Tätigkeit ohne den Nachweis "fachmännischer Ausbildung", wenn der zuständige Leiter des RDP-Landesverbandes keine Einwände erhob. Die Eintragung in die "Kriegssonderliste" erfolgte allerdings nur auf Widerruf und war an eindeutig definierte Bedingungen geknüpft. Zunächst mußte der Nachweis erbracht werden, daß der betreffende Redaktionsposten nicht mit einem bereits in die Berufsliste eingetragenen Bewerber besetzt werden konnte. Zudem mußte die Einstellung zur Aufrechterhaltung des redaktionellen Betriebs zwingend geboten sein. Die Zulassung beschränkte sich zudem auf die Zeitung oder Zeitschrift, die im Antrag genannt war.2 Auch die besondere Liste für "Kunstberichterstatter" wurde einstweilen suspendiert. Während des Krieges durfte nun jeder "geeignete Schriftleiter eine Kunstbetrachtung schreiben".3 Auf Dauer jedoch wollte der Reichsverband auf seine Auslesepraktiken vor Aufnahme in die verschiedenen Berufslisten nicht verzichten. Nach kurzer Unterbrechung machte der RDP seit 1940 die Zulassung zum Volontariat wieder von einer Prüfung abhängig, in der der Bewerber seine "Befähigung, politisch richtig zu denken",4 unter Beweis zu stellen hatte. Ablauf und Form unterschieden sich 1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 46 vom 09.09.1939, in: BA R 103/80 2 Vergi. Herbert Wawretzko: Die Kriegssonderliste, in: ZW Nr. 4/1940, Seite 186 ff. Zur "Kriegssonderliste" vergi, auch die RDP-Rundschreiben Nr. 10 vom 14.03.1941 und Nr. 38 vom 17.10.1941, in: B A R 103/5 3 Rudolf Heizier: Das Presserecht im Kriege, in: ZW Nr. 1/1940, Seite 54. Vergi, auch "Kleines Kriegs-Abc", Stichwort "Kunstbetrachtung", in: DP Nr. 23/1939, Seite 397 4 Hans-Hubert Gensert/Lothar Tank: Wie schreibe ich einen Zeitungsartikel?, Berlin 1942, Seite 78

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nicht wesentlich von den Prüfungen der dreißiger Jahre. Die Kandidaten mußten einem kleinen Aufsatz schreiben und wurden anschließend von einer Kommission des zuständigen RDP-Landesverbandes einer eingehenden Befragung unterzogen. Die Prüfungen befaßten sich ausschließlich mit ideologischen und militärischen Themen, gediegene Allgemeinbildung wurde nicht verlangt.1 Nach Absolvierung des Volontariats hatten sich die Schriftleiter i.A. einer zweitägigen Abschlußprüfung beim jeweiligen RDP-Landesverband zu stellen. Bewertet wurden eine umfangreiche Klausur, ein Lokaltermin mit anschließender Berichterstattung und die journalistische Bearbeitung von vier verschiedenen Meldungen aus den Ressorts Politik, Kultur, Lokales und Wirtschaft. Auch der einst so gefurchtete Fragebogen blieb Bestandteil der Prüfung. Das Protokoll einer Abschlußprüfung vom 11. und 12. Oktober 1943 verzeichnete 174 Fragen zu den Themen "Volksgeschichte", "Weltgeschichte", "Weltpolitische Fragen", "Kultur", "Zeitungstechnik", "Innenpolitik", "Wirtschaft", "Sport" und "Schriftleitergesetz". Mit ideologischer Standfestigkeit allein war hier wenig auszurichten. Zum überwiegenden Teil verlangten die Fragen fundiertes Wissen. Lediglich der Bereich "Innenpolitik" beschäftigte sich fast ausnahmslos mit typischen NSThemen.2 Auch wenn die umfassende Siebung des journalistischen Nachwuchses durch die Lehrgänge der Reichspresseschule nicht mehr möglich war, so besaß doch der Reichsverband der deutschen Presse auch während des Krieges ausgiebige Möglichkeiten zur Kontrolle aller Berufsanwärter und Volontäre. An die Stelle der von der RPS verfaßten Gutachten traten nun die Berichte über die Prüfungen in den Landesverbänden.

1 Während der Aufnahmeprüfung vor der Kommission des RDP-Landesverbandes RheinMain vom 25.07.1944 hatten sich die Kandidaten wahlweise zu folgenden Themen schriftlich zu äußern: "1.) Militärischer Lagebericht", "2.) Ein Tag im Knegseinsatz" und "3.) Gang durch die bombardierte Heimatstadt". Vergi. Protokoll der Prüfling in: B A R 103/25. Siehe auch Protokoll der Anwärter-Prüfung vor der Prüfungskommission des RDP-Landesverbandes Rhein-Main vom 22.11.1944. Für den Aufsatz standen diesmal folgende Themen zur Auswahl: "1.) Gedanken zum 9. November", "2.) Leben und Bedeutung eines großen Mannes aus unserem Gau" und "3.) Das Erlebnis einer Reise im sechsten Kriegsjahr", in: B A R 103/28 2 Vergi. Protokoll der Abschlußprüfung beim RDP-Landesverband Sudetenland vom 11. und 12.10.1943, in: B A R 103/91

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Das System der lückenlosen Überwachung aller Schriftleiter i.A. gab der Reichsverband trotz aller kriegsbedingten Probleme bis 1945 nicht auf. Die letzte Aufnahmeprüfung fand am 1. Oktober 1944 statt.1 Zu diesem Zeitpunkt war das wiederholt von Bomben beschädigte "Haus der deutschen Presse" bereits auf "baupolizeiliche Anordnung" geräumt 2 und ein erheblicher Teil der Berufslisten durch Brände vernichtet.3

1 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 5 vom 29.09.1944, in: BA R 103/8. Nach dem Umzug in das Ingolstädter Ausweichquartier unterbrach der RDP die fortlaufende Numerierung seiner Rundschreiben und begann mit einer neuen Zählung 2 Vergi. RDP-Rundschreiben Nr. 10 vom 03.07.1944, in: B A R 103/7 3 Im Februar 1944 bemühte sich der RDP, die vernichteten Fragebögen zur Durchfuhrung des Schriftleitergesetzes durch Abschriften der in den Landesverbänden gelagerten Akten zu ersetzen. Vergi. RDP-Rundschreiben (Tagebuch Nr. II A/104/Dr.H/F.) vom 16.02.1944, in: B A R 103/7

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13. NEUBEGINN? ERSTE AUSBILDUNGSANSÄTZE NACH DEM KRIEG "Nachdem in den zwanziger Jahren einige Ansätze zur wissenschaftlichen Journalistenausbildung in die Praxis umgesetzt worden waren, verhinderten die Erfahrungen der NS-Zeit, in denen Institutionen wie die Reichspresseschule und normierte Ausbildungsgänge einen wichtigen Stellenwert innerhalb der Kommunikationskontrolle von Seiten des Regimes einnahmen, daß das Thema Journalistenausbildung nach dem Kriege sobald wieder auf den Tisch kam." 1 Dieser Einschätzung des Medienwissenschaftlers Walter Homberg kann nicht zugestimmt werden. Die Ausbildung der Journalisten blieb ein Thema. Und die Debatte wurde zum Teil mit beängstigendem Vokabular gefuhrt, das in verblüffender Weise an die Diskussion vor 1945 erinnert. Die Trümmer des Krieges waren noch nicht beseitigt, als sich besorgte Standesvertreter der schreibenden Zunft bereits wieder Gedanken um den angeblich so beklagenswerten Zustand des journalistischen Nachwuchses machten. In altbekannter Manier klagten mehr oder minder berufene Geister über fehlende "Kinderstube" und mangelnden Bildungseifer.2 Die eilends neugegründeten Gazetten der Berufsorganisationen boten ein willkommenes Forum, lauthals über "verkrachte Existenzen" ohne "journalistischen Instinkt" zu lamentieren. Nur knapp drei Jahre nach der letzten Schriftleiterprüfung durch den RDP hielten es zornige Redakteure wieder fur ein "Gebot der Stunde..., durch Einführung einer Eignungsprüfung rechtzeitig die Spreu vom Weizen zu trennen".3 In Abwandlung eines Goebbels-Wortes befand ein traditionsbewußter Zeitungsmann: "Ein Journalist könne alles werden, aber bei weitem könne nicht jeder Journalist werden." 1 Walter Homberg: Journalistenausbildung zwischen Postulat und Realisierung, in: Walter Homberg (Hrsg.): Journalistenausbildung. Modelle, Erfahrungen, Analysen, München 1978, Seite 11 2 Vergi. Wilhelm Ackermann: Ein paar Worte an und über den Nachwuchs, in: Neue Deutsche Presse Nr. 6/1947, Seite 15 f 3 Curt Fellner: Nachwuchs aus Konjunktur, in: Neue Deutsche Presse Nr. 5/1947, Seite 9. Vor- und Zwischenprüfungen als einheitlich gehandhabte Zulassungsvoraussetzung bezeichnete auch ein Peter Schultze als "Gebot der Stunde", um dem "qualifizierten Nachwuchs" lästige Konkurrenz zu ersparen. Peter Schultze: Voraussetzungen für qualifizierten Nachwuchs, in: Neue Deutsche Presse Nr. 1/1948, Seite 8

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Mit dieser Feststellung habe "die Presse von 1939 einmal recht" gehabt.1 Manch einer wünschte sich schon wieder eine Art Berufsliste, da "sich heute überraschend viel Leute als Journalisten ausgeben,... keinem Verband angehören und damit einer gewissen Kontrolle entzogen werden... Hier gehört... eine Kontrolle und Übersicht eingeschaltet. Die Journalistenverbände könnten eventuell neben ihrem Mitgliederverzeichnis eine Liste der übrigen tätigen, zugelassenen Journalisten führen". 2 An den freien Zugang zum Beruf konnten sich einige Journalisten partout nicht gewöhnen. Offen forderte ein altgedienter Redakteur eine Institution, die mittels "Eignungs- und Aufnahmeprüfung" erst einmal "Neigung, Veranlagung und charakterliche Werte" überprüfen müsse, bevor der Berufsanwärter "seinen verantwortungsvollen Beruf ausüben" dürfe.3 In der sowjetisch besetzten Zone führten die Bemühungen um eine Restauration zentralisierter Journalistenausbildung bereits früh zur Etablierung staatlicher Schulungseinrichtungen. Trotz neuer Flagge und abgewandelter Begriffe war eine gewisse Affinität zum Ausbildungskonzept des untergegangenen Reichsverbandes der deutschen Presse nicht zu übersehen. In der "Neuen Deutschen Presse", der "Monatszeitschrift des Verbandes der Deutschen Presse im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund", bekannte ein engagierter Funktionär der neuen Macht: "Die Erörterung um befriedigende und möglichst allgemein anwendbare Formeln zur Lösung der Nachwuchsaufgaben ist nicht jung. Der alte Reichsverband der Deutschen Presse und der frühere Verein Arbeiterpresse haben sich durch Jahrzehnte mit ihr befaßt. Beide haben keine Patentlösungen gefunden. Sie haben jedoch gewisse Grundsätze herausgearbeitet, die durchaus brauchbar und heute wie früher anwendungsfahig sind." 4 Als Nachwuchs kämen "nur die 1 Curt Fellner: Nachwuchs aus Konjunktur, in: Neue Deutsche Presse Nr. 5/1947, Seite 10. Goebbels hatte dem zweiten Kurs der RPS erklärt, wer nicht "über ein gewisses Maß von Wissen und Charakter" verfuge, könne "dann alles andere werden, aber nicht Schriftleiter." Vergi. N.N.: Ernste Mahnworte an den Schriftleitemachwuchs, in: DP Nr.

26/1935,

Seite 309 2 Heinz Erdmann: Um den Journalistenberuf, in: Die deutsche Zeitung Nr. 2/1948, Seite 11 3 E.W. Remy: Das Nachwuchsproblem, unproblematisch gesehen, in: Die deutsche Zeitung Nr. 7/1948, Seite 10. Ausdrücklich versicherte der Autor, er denke dabei natürlich nicht an die Reichspresseschule 4 H(einz) Al(oys) P(ohlmeyer): Zur Aufgabe der Gewinnung und Schulung guter Redakteure und Journalisten, in: Neue Deutsche Presse Nr. 5/1950, Seite 5

246

besten Söhne und Töchter unseres Volkes in Frage", erläuterte ein linientreuer Redakteur ostzonaler Prägung. Um den "hohen charakterlichen und politischen Anforderungen unseres Berufes" gerecht zu werden, sollten sich die "jungen Aktivisten der Feder" erst einmal in "der Freien Deutschen Jugend" bewähren. Der journalistische Nachwuchskader müsse anschließend "planmäßig" herangezogen werden.1 Im Februar 1948 veranstaltete der Verband der Deutschen Presse (VDP) für die sowjetisch besetzte Zone in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Berliner Zeitungs- und Zeitschriftenverlage einen ersten "Lehrgang fur den Pressenachwuchs" in Berlin, der das im Volontariat erworbene "praktische Wissen" ergänzen sollte.2 Und schon zwei Jahre später näherte sich die Nachwuchsschulung des ostdeutschen Verbandes ganz den Methoden und Strukturen, die einst auch den Kursen der Reichspresseschule zugrundelagen. Im Frühjahr 1950 wurden 26 Volontäre zu einem zehntägigen Lehrgang nach Thüringen "einberufen". Für die "Intematsschulung" hatte die CDU Thüringens dem Verband seine Parteischule in Weimar zur Verfugung gestellt. Neben praktischen redaktionellen Übungen wurden die jungen Journalisten einer Fülle von Referaten ausgesetzt, die sämtlich der ideologischen Ausrichtung dienten.3 Sogar die Diktion verriet mitunter enge Anlehnung an wohl nur oberflächlich verschüttete Traditionen. Beispielsweise beschrieb der Vorsitzende des VDP-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Heinz Aloys Pohlmeyer, in einem Vortrag die Funktion der "Zeitung als politisches und weltanschauliches Führungsmittel".4 Dieser Terminus dürfte so manchem Journalisten mit intaktem Kurzzeitgedächnis noch bestens bekannt gewesen sein. Nach Abschluß des Lehrgangs wurden die Teilnehmer von den Verantwortlichen einer individuellen "Beurteilung" unterzogen, die den Chefredaktionen überreicht 1 Günther Schlesinger: Junge Redakteure aus der FDJ. Beitrag zur Nachwuchsdiskussion, in: Neue Deutsche Presse Nr. 1/1949, Seite 10 2 Vergi. Mr.: Eröffnung des Journalisten-Lehrganges in Berlin, in: Neue Deutsche Presse Nr. 2/1948, Seite 12. Das Programm verzeichnete "journalistisch-redaktionelle, druck- und verlagstechnische" sowie nicht näher beschriebene "allgemein politische Fächer" 3 Die Berichterstattung verzeichnete folgende Themen: "Das Programm der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland", "Kampf gegen amerikanische Lebensweise und Kosmopolitismus", "Die Zeitung als kollektiver Organisator" oder "Die Grundlagen der deutschsowjetischen Freundschaft. Vergi. N.N.: Erster Lehrgang fur junge Journalisten in Thüringen.

Unterrichtsplan,

Verlauf

und

Erfahrungen,

in:

Neue

Deutsche

Presse

Nr. 5/1950, Seite 1 ff 4 Ebenda, Seite 1

247

wurde. Daß hier auch die politische Einstellung der Berufsanwärter Eingang fand, läßt die Themenstellung der schriftlichen Arbeiten vermuten. So hatten sich die Teilnehmer ausführlich zum Thema "Journalisten festigen deutsch-sowjetische Freundschaft" zu äußern. Am 27. März 1950 verabschiedete der "erweiterte Zentralvorstand des Verbandes der Deutschen Presse" vorläufige Grundsätze und Richtlinien, an denen sich später die gesamte Journalistenausbildung der DDR orientierte. Wie schon im Dritten Reich wurde bereits der Berufszugang streng kontrolliert. Vor Eintritt in die Redaktion mußte der Bewerber in einer Eignungsprüfung "Veranlagung und Können, Persönlichkeit und Charakter" unter Beweis stellen. Für die Ausbildung während des Volontariats waren die Chefredaktionen dem Verband verantwortlich. Ein zentrales journalistisches Seminar im Haus der Deutschen Presse in Berlin diente dann der weiteren Auslese und politischen Überprüfung. Die staatliche Aufsicht über die Heranbildung der schreibenden Kader sicherte sich das Ministerium für Volksbildung der Deutschen Demokratischen Republik.1 In den Westzonen bot sich hingegen ein uneinheitliches Bild. Die nur mühsam neu formierten zeitungswissenschaftlichen Institute im Westen blieben in den ersten Nachkriegsjahren eine zu vernachlässigende Größe. Zu viele der alten Dozenten hatten sich durch zu enge Anlehnung an das NS-Regime kompromittiert. Und die von Walther Heide aufgebauten "organisatorischen Grundlagen" bezeichnete ein kundiger Fachvertreter als "nahezu völlig vernichtet".2 So waren die meisten Zeitungswissenschaftler zunächst vollauf mit sich selbst beschäftigt. Und während noch einige Fachvertreter in altbekannter Weise über die "Daseinsberechtigung" ihrer Disziplin sinnierten,3 bemühten sich nun private Veranstalter um den journalistischen Nachwuchs. Zu den ersten Einrichtungen, die sich nach dem Krieg in Westdeutschland mit der Schulung von Journalisten beschäftigten, gehörten eine Journalistenschule in Aachen und die Münchener Vorbildungskurse des zeitungswissenschaftlich vorbelasteten Otto Groth. 1 P(ohlmeyer): Über Heranbildung und Schulung, in: Neue Deutsche Presse Nr. 5/1950, Seite 3 f 2 Hans Ludwig Zankl: Die deutsche Zeitungswissenschaft. Ihre wisenschaftliche, organisatorische und personelle Situation, in: Die deutsche Zeitung Nr. 2/1948, Seite 1 3 Vergi, beispielsweise Friedl Brehm: Zeitungswissenschaft -Journalistenausbildung?, in: Die deutsche Zeitung Nr. 2/1949, Seite 7 und Josef März: Kritik an der Kritik der Zeitungswissenschaft, in: Die deutsche Zeitung Nr. 11/1949, Seite 20 ff

248

Mit Unterstützung der amerikanischen Militärregierung gründete der DiplomVolkswirt und Publizist Leo Hilberath bereits im Frühjahr 1945 eine "Erste Deutsche Joumalistenschule", die sich die wissenschaftliche Vorbildung eines "im Denken und Handeln selbständigen und verantwortungsbewußten demokratischen Nachwuchses fur alle Sparten der Publizistik" vorgenommen hatte.1 Als Zulassungsvoraussetzung forderte das Institut von den Bewerbern "ein überdurchschnittliches Maß von sittlichem Ernst und Verantwortungsgefühl fur den journalistischen Beruf". 2 Während der Aufnahmeprüfung hatte der Bewerber seine politische Einstellung zu offenbaren, 3 einen umfangreichen Fragebogen zu beantworten und eine Klausur zu schreiben. Zwar wehrte sich Hilberath vehement gegen den Vorwurf, er habe mit seiner Schule "das Erbe der Reichspresseschule übernommen".4 Doch ein notwendiges Maß an toleranten und liberalen Grundsätzen ließ auch das Aachener Unternehmen vermissen. Hilberaths ausfallenden Äußerungen über die zersetzende "Lärm- und Skandalpresse",5 die "vagabundierenden Existenzen" 6 im Beruf und den "urteilsunfähigen Pöbel" 7 in der deutschen Gesellschaft werfen ein bezeichnendes Licht auf die Geisteshaltung des Schulleiters. Der von Hilberath beschworenen "geistigen Freiheit" dürfte im Ausbildungsalltag der viermonatigen Lehrgänge ebensowenig Stellenwert eingeräumt worden sein, wie der so 1 Vergi. § 2 der Satzung des Vereins "Erste Deutsche Journalistenschule Aachen", in: "Bedingungen fur Zulassung zum Studium an der ersten deutschen Journalistenschule (Akademie für Publizistik) Aachen", maschinenschr. Manuskript, Aachen 1949 2 Vergi. "Bedingungen fur die Zulassung zum Studium an der Ersten Deutschen Journalistenschule (Akademie für Publizistik) Aachen", maschinenschr. Manuskript, Aachen 1949 3 Unter anderem hatten die Kandidaten folgende Fragen zu beantworten: "Interessieren Sie sich für Parteien? Aus welchen Gründen?, "Halten Sie das heutige Parteiensystem in Deutschland für richtig?", "Empfinden Sie einen Klassengegensatz?" oder "Halten Sie eine Anlehnung der deutschen Politik an die Politik einer Besatzungsmacht für richtig oder für notwendig?". Vergi. Fragebogen des achten Lehrgangs 1948/49 der "Ersten Deutschen Journalistenschule Aachen", in: "Bedingungen fur die Zulassung zum Studium an der Ersten Deutschen Journalistenschule (Akademie für Publizistik) Aachen", masch.-schr. Manuskript, Aachen 1949 4 Leo Hilberath: Probleme der journalistischen Nachwuchsbildung. Ein Wort an unsere Gegner, maschinenschr. Manuskript, Aachen o.J., Seite 8 5 Leo Hilberath: Probleme der journalistischen Nachwuchsbildung. Ein Wort an unsere Gegner, a.a.O., Seite 2 6 Ebenda 7 Ebenda, Seite 10

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leidenschaftlich propagierten "Weltoffenheit".1 Hilberaths diffamierende Suada über "Befürworter des Jazz und des unemsten Kabaretts" 2 zeugt eher von einem sehr eng begrenzten Weltbild des sendungsbewußten Journalistenausbilders. Als Otto Groth am 2. April 1946 mit seinen Münchener Vorbildungskursen für Journalisten begann, hatte er bereits einige "untaugliche Elemente" durch eine Vorprüfung "ausgeschaltet".3 Allein mit dieser "Auslese" glaubte Groth der deutschen Presse bereits einen Dienst erwiesen zu haben: "Hunderte, die sich zum journalistischen Beruf drängten, sind abgewiesen und so vielleicht für immer von dem journalistischen Beruf abgeschreckt worden... Die Kurse haben dafiir gesorgt, daß solche Elemente überhaupt nicht in den Beruf gelangen. Dadurch sind sie vor einer Berufswahl bewahrt worden, die sie selbst unglücklich gemacht, das soziale Ansehen und die wirtschaftliche Position des Journalismus geschädigt, das Niveau der deutschen Presse herabgedrückt und die geistige Erneuerung des deutschen Volkes erschwert hätte." 4 Ganz unbescheiden bescheinigte sich Groth, er leiste mit seinen Kursen ein "bedeutsames Erziehungswerk an der jungen Generation des deutschen Journalismus".5 Denn neben der Vermittlung "allgemeinen und journalistisch-fachlichen Wissens" beabsichtigte Groth, seine Kandidaten "zu einer hohen ethischen" 1 Ebenda, Seite 4 2 Leo Hilberath: Probleme der journalistischen Nachwuchsbildung, a.a.O., Seite 9. Hilberath wollte auch junge Journalisten fur den Hörfunk ausbilden. Zu seinen Beweggründen schrieb er: "Zwar konnte man hoffen, daß im Rundfiinkjournalismus ein neues Kraftfeld öffentlicher Meinungsbildung erschlossen worden sei und daß die unvorstellbare Steigerung seiner Wirkung gegenüber dem Pressejournalismus eine politisch erziehliche Bedeutung gewonnen habe... Freilich sind auch hier schon wieder Kräfte am Werk, die mit Hilfe von Hörerumfragen den Sensationswahnsinn urteilsunfähiger Massen in die Programmgestaltung des Rundfunks hineintragen wollen. Wenn diesen Befürwortern des Jazz und des unernsten Kabaretts Rechnung getragen würde, müßte auch der Rundfunk als eine neue verheißungsvolle Quelle echter, demokratischer Publizistik sehr bald versiegen und der publizistischen Prostitution anheimfallen." Ebenda, Seite 9 3 Vergi. "Richtlinien für die journalistische Vorprüfung", Anlage 1 zu Otto Groth: Vorbildungskurse fur Journalisten in München. Erster Lehrgang 2. April bis 9. August 1946, München o.J. 4 Otto Groth: Vorbildungskurse für Journalisten in München. Erster Lehrgang 2. April bis 9. August 1946, a.a.O., Seite 39. An anderer Stelle spricht Groth sogar davon, ungeeignete Leute müßten "ausgemerzt" werden. Ebenda, Seite 40 5 Otto Groth: Vorbildungskurse fur Journalisten in München. Erster Lehrgang 2. April bis 9. August 1946, a.a.O., Seite 11

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Berufsauffassung und zu "charaktervollen Persönlichkeiten" zu erziehen, "die sich stets ihrer Verantwortung gegen ihr Volk bewußt sind." 1 Der zukünftige Journalist, von Groth gar als "Führer seines Volkes" 2 apostrophiert, wurde während des Münchener Lehrgangs mit einer Fülle von Vorträgen konfrontiert. Und so ganz neu waren die behandelten Themen nicht. Beispielsweise mußten sich die Lehrgangsteilnehmer von einem ehemaligen Schüler Karl d'Esters über die "publizistischen Führungsmittel" belehren lassen.3 In den Ausbildungsdiskussionen nach dem Krieg schienen alle Beteiligten krampfhaft bemüht, die Jahre der deutschen Diktatur einfach auszublenden. Dabei hatte man vor allem in der sowjetisch besetzten Zone gewisse Details des RDP-Konzeptes einfach übernommen. Und auch ein Teil des alten Wortschatzes hatte die bedingungslose Kapitulation hüben wie drüben unbeschadet überstanden. Während man in der entstehenden DDR nun auf sowjetische Vorbilder verwies,4 beriefen sich die Schulungsexperimente in den Westzonen vage auf amerikanische Traditionen.5 Die Ausbildungs- und Auslesemechanismen des NS-Staates blieben in fast allen Erörterungen tabu. Die Reichspresseschule fand nicht einmal in Nebensätzen Erwähnung.

1 Ebenda, Seite 39 2 Otto Groth: Vorbildungskurse fur Journalisten in München. Zweiter Lehrgang 8. Oktober 1946 bis 31. Juli 1947, München o.J., Seite 37 3 Vergi. Lehrplan der Münchener Kurse, in: Otto Groth: Vorbildungskurse für Journalisten in München. Zweiter Lehrgang 8. Oktober bis 31. Juli 1947, Seite 45. Der Referent Walter Panofsky hatte bei d'Ester promoviert und war in den dreißiger Jahren Leiter der Filmabteilung des Münchener Instituts fur Zeitungswissenschaft. Vergi. Karl d'Ester: Gib Rechenschaft von deiner Verwaltung! (Luc. 16,2), Bericht vom Münchener Institut für Zeitungswissenschaft und seinem Leiter, als Manuskript gedruckt, o.O. 1947, Seite 23 4 Vergi. z.B. P(ohlmeyer): Über Heranbildung und Schulung, in: Neue Deutsche Presse Nr. 5/1950, Seite 3 5 Vergi. Leo Hilberath: Probleme der journalistischen Nachwuchsbildung. Ein Wort an unsere Gegner, a.a.O., Seite 8 f und Otto Groth: Vorbildungskurse für Journalisten in München. Erster Lehrgang 2. April bis 9. August 1946, a.a.O., Seite 37

251

14.

FAZIT - EIN EXPERIMENT IST GESCHEITERT

E s k a n n d a v o n a u s g e g a n g e n w e r d e n , d a ß d i e R e i c h s p r e s s e s c h u l e in d e n f a s t f ü n f J a h r e n i h r e s B e s t e h e n s v o n e t w a 7 5 0 V o l o n t ä r e n b e s u c h t w o r d e n ist. 1 I m V e r g l e i c h zur Z a h l d e r A b s o l v e n t e n d e r Z e i t u n g s w i s s e n s c h a f t w i r d d e u t l i c h , d a ß sich d i e R P S

eindeutig als maßgebende Schulungseinrichtung und

Aus-

leseinstitution f ü r J o u r n a l i s t e n im Dritten R e i c h etabliert hatte. D e n n t r o t z e i n e s flächendeckenden

N e t z e s a n Z W - I n s t i t u t e n hatte d e r D e u t s c h e Z e i t u n g s w i s s e n -

s c h a f t l i c h e V e r b a n d b i s M i t t e 1 9 4 2 nur 2 9 2 D Z V - B e s c h e i n i g u n g e n können.

ausstellen

2

D i e V e r l a g e u n d R e d a k t i o n e n hatten d i e S c h u l e a k z e p t i e r e n m ü s s e n . N i c h t selten f o r d e r t e n S t e l l e n a n g e b o t e i m V e r l e g e r o r g a n " Z e i t u n g s - V e r l a g " g a n z explizit, d i e Absolvierung der Reichspresseschule

sei u n b e d i n g t e V o r a u s s e t z u n g f ü r

eine

E i n s t e l l u n g . 3 U n d a u c h B e r u f s a n f a n g e r w a r b e n in S t e l l e n g e s u c h e n m i t d e m a u s d r ü c k l i c h e n H i n w e i s , s i e hätten d i e R P S e r f o l g r e i c h b e s u c h t . 4 D o c h d i e h o h e n 1 Diese Zahl ergibt sich aus einer Hochrechnung des Verf. anhand der in den RPS-Haushalten enthaltenen Schulgeldzahlungen. Vergi. Übersicht im Anhang dieser Studie. Eine genaue Berechnung ist nicht möglich. Denn manche Schüler wurden vorzeitig der RPS verwiesen, andere mußte den Lehrgang wiederholen. Zudem ist in den Haushaltsakten davon die Rede, daß vielen Kursteilnehmern das Schulgeld erlassen wurde. Der Anteil an Freischülern machte bis zu 15 Prozent aus. Wie viele zahlende Absolventen an den Lehrgängen teilnahmen, ist nicht überliefert. Zu den Angaben vergi. RDP-Abschlußnachweise in B A R 103/142, 149 und 150. In die Berechnung einbezogen sind bereits die Außenstände an Schulgeld, die sich am 20.09.1939 auf 3000 R M summierten. Vergi. Bericht des RDPBuchhalters Dammeier über die Vermögenslage des RDP vom 20.09.1939, in:

BA

R 103/142 2 Diese Zahl nannte Walther Heide in einer Rede vor Dozenten der ZW. Nur 21 Anträge auf Ausstellung der DZV-Bescheinigung wurden abgelehnt. Vergi. "Bilanz der deutschen zeitungswissenschaftlichen Arbeit. Bericht über die Wiener Dozententagung des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes vom 7. bis 9. Mai 1942", in: ZW Nr. 6/1942, Seite 291. Im Frühjahr 1944 bilanzierte Heide dann, die ZW habe "der Presse fast 400 zeitungswissenschaftlich vorgebildete Schriftleiter, Verleger und Pressestellenleiter zufuhren können". Walther Heide: Entwicklungslinien zu einer europäischen Zeitungswissenschaft, in: ZW Nr. 3/4/1944, Seite 82 3 Vergi, beispielsweise Stellenangebote in Z V Nr. 21/1937, Seite 314. Ein "größerer Fachzeitschriftenverlag", der einen Wirtschaftsredakteur "in Anfangsstellung" suchte, verstand unter "beendeter Ausbildung" ausdrücklich den Besuch der Reichspresseschule, ebenda 4 Vergi. z.B. Stellengesuche in Z V Nr. 9/1937, Seite 139, ZV Nr. 27/1937, Seite 419, ZV Nr. 12/1938, Seite 187 und Z V Nr. 43/1939, Seite 618

252

Erwartungen und umfassenden Ansprüche Reichspresseschule nicht erfüllen können.

ihrer

Initiatoren

hat

die

Die Institution Reichspresseschule scheiterte an den Unzulänglichkeiten des Apparates und seiner tragenden Figuren. Es wäre verfehlt, das gesamte System der Presselenkung des NS-Staates und seine entscheidenden Personen als Teil einer perfekten Maschinerie zu mystifizieren. Die maßlose Überwachung und Gängelung der Journalisten im Dritten Reich überforderte die Bürokratie des RMVuP und des Reichsverbandes der deutschen Presse ein ums andere Mal. In gleichem Maße gilt dies auch fìir die beabsichtigte "Züchtung" einer neuen Generation nationalsozialistischer Journalisten. Die Verantwortlichen begingen zudem den Fehler, sich zu sehr auf Goebbels' Protektion zu verlassen. Die obskure Finanzierung und die mangelhafte juristische Absicherung lieferte die Reichspresseschule den Launen des Propagandaministers auf Gedeih und Verderb aus. Als sich Goebbels nicht mehr so intensiv um das Wohlergehen der Schule kümmerte und das Projekt die uneingeschränkte persönliche Unterstützung des Ministers verlor,1 stand die Schule auf tönernen Fundamenten. Das ursprüngliche Konzept der Reichspresseschule scheiterte hingegen an den Widersprüchen des Systems. Der Typus eines neuen Journalisten wurde nicht geschaffen, die Qualität der Presse blieb ein Problem. Eine kreative Elite, die sich bedingungslos jedem Ver- und Gebot beugte, konnte nicht herangezüchtet werden. Die unausgegorene Ideologie mit all ihren Brüchen und Widersprüchen ermüdete den gebildeten Adressaten rasch, da die wenigen Thesen, auf denen sie basierte, lediglich variiert und ständig wiederholt wurden. Vielleicht hätten sich die jungen Journalisten durch kontinuierliche Überzeugungsarbeit gewinnen lassen. Doch dazu fehlte dem unzulänglichen Regime auf 1 Über die Gründe, warum Goebbels' Einsatz für die Reichspresseschule nachließ, kann nur spekuliert werden. Möglicherweise hat auch die Einstellung des von ihm so sehr verehrten "Führers" dazu beigetragen. Der ehemalige RMVuP-Beamte Werner Stephan schrieb, Hitler habe Schulungseinrichtungen wie die RPS als untauglich verworfen: "Auch in die Ausbildung des Nachwuchses redete er hinein: so lehnte er z.B alle Schulungseinrichtungen für künstlerische Berufe ab. 'Entweder hat man Talent oder man hat keines.1 Filmakademie, Presseschule usw. waren von Goebbels groß gestartet worden. Hitler fand sie von vornherein verfehlt. Der Kritik des Führers' gegenüber vermochte Goebbels zuweilen nur in die Resignation zu flüchten." Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, a.a.O., Seite 152

253

Dauer die Souveränität und das notwendige Stehvermögen. Bis Mitte 1936 fügte sich das Konzept der Reichspresseschule nicht so eindeutig in die schlichten Schemata nationalsozialistischer Politik ein. Wolf MeyerChristian ließ den Schülern durchaus Freiheiten. Und er wußte sich in diesem Punkt zunächst mit dem Propagandaminister einig. Goebbels hatte den Delegierten des ersten Reichspressetages erklärt: "Wollen wir diese jungen Zöglinge im Gemeinschaftslager erziehen oder wollen wir ihnen eine gewisse Freizügigkeit geben? Ich habe mich für das zweite entschlossen. Und zwar aus guten Gründen. Gemeinschaftslager sind meiner Ansicht nach nicht für bestimmte Berufe geeignet,... das wird diese Berufe nicht zur Gemeinschaft, sondern zur Abkapselung erziehen." Wenn "junge Journalisten nach Berlin kommen, so sollen sie Berlin kennenlernen. Und sie sollen auch ein gewisses Gefühl der Freiheit besitzen." 1 Gründung und Konzeption der Reichspresseschule wurden stark beeinflußt von den Persönlichkeiten ihrer Protagonisten. Der gläubige Nationalsozialist Wolf Meyer-Christian, der sich zweifellos durch ehrliches Bemühen um den journalistischen Nachwuchs auszeichnete, hatte sich tüchtig verkalkuliert, was die Realitäten des totalitären Staates anging. Er legte sich mit Teilen des heterogenen Systems an und zerbrach darüber. Das Engagement des sprunghaften Hans Schwarz van Berk, der das Experiment Reichspresseschule zunächst mit messianischem Eifer betrieb, erlahmte, nachdem sich die Schule etabliert hatte. Der mühsamen alltäglichen Arbeit mit dem Nachwuchs wich er aus und zog sich in seine journalistische Nische zurück. Unter der ideologisch starren Knute ihrer Nachfolger wurden die kleinen Freiheiten wieder gestrichen. Die Reichspresseschule verkam zu einer typischen NSEinrichtung, die von den Schülern bedingungslose Anpassung und dumpfes Bekenntnis forderte. Mit derart simplen "pädagogischen" Ansätzen war die gewünschte innere "weltanschauliche" Ausrichtung des Nachwuchses allerdings nicht zu bewerkstelligen. Ein schlechter Journalist wurde durch die RPS-Schulung bestimmt nicht besser. Doch mit Sicherheit waren die Schüler der Reichspresseschule keine "zeitungsfremden Zöglinge", wie es ein unkundiger Redakteur kurz nach dem Krieg 1 Rede Goebbels' vor dem ersten Reichspressetag am 18.11.1934. Abgedruckt bei Helmut Heiber: Goebbels-Reden 1932 - 1939, a.a.O., Seite 198

254

formulierte.1 Zumindest fur die Ära Meyer-Christian galt: die Schüler konnten wertvolle Erfahrungen sammeln, erhielten Einblick ins Zentrum der Macht und konnten hilfreiche Kontakte knüpfen. Als "weltanschauliches" Ausleseinstitut eignete sich die Reichspresseschule nicht unbedingt. Einige Absolventen, so Goebbels' persönlicher Pressereferent Wilfred von Oven, mögen ihr enges nationalsozialistisches Weltbild nie ganz überwunden haben. Andere hingegen, etwa Ursula von Kardorff oder Robert Schmelzer, bewährten sich als hervorragende Publizisten des demokratischen Nachkriegsdeutschland. Den maßgeschneiderten Journalisten fur die Diktatur hat die Reichspresseschule nicht hervorgebracht.

1 Wolfgang Drews: Die klirrende Kette, Baden-Baden 1947, Seite 164

255

15.

ANHANG

15.1. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS a.a.O.

an anderem Ort

BA

Bundesarchiv

Bd.

Band

BDC

Berlin Document Center

DAF

Deutsche Arbeitsfront

ders.

derselbe

Diss.

Dissertation

Jur. Diss.

Dissertation der Juristischen bzw. Rechtswissenschaftlichen Fakultät

Phil. Diss.

Dissertation der Philosophischen Fakultät

DNB

Deutsches Nachrichtenbüro

DP

"Deutsche Presse"

DZV

Deutscher Zeitungswissenschaftlicher Verband

Gestapo

Geheime Staatspolizei

HJ

Hitlerjugend

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

KPD

Kommunistische Partei Deutschlands

Napola

Nationalpolitische Erziehungsanstalt

NSDAP

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

Pg.

Parteigenosse

RDP

Reichsverband der Deutschen Presse

257

RDZV

Reichsverband der Deutschen Zeitungsverleger

RGBL

Reichsgesetzblatt

RM

Reichsmark

RMVuP

Reichsministerium fur Volksaufklärung und Propaganda

RKK

Reichskulturkammer

RPK

Reichspressekammer

RPS

Reichspresseschule

SA

Sturmabteilung

SchLG

Schriftleitergesetz

Schriftleiter i. A.

Schriftleiter in Ausbildung

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

SS

Schutzstaffel

VB

"Völkischer Beobachter"

VDZV

Verein Deutscher Zeitungsverleger

vergi.

vergleiche

ZV

"Zeitungs-Verlag"

ZW

"Zeitungswissenschaft"

ZWV

Zeitungswissenschaftliche Vereinigung

258

15.2. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS 15.2.1. Auskünfte Zentrales Staatsarchiv der DDR

21.09.1987 (schriftl

Wolf Meyer-Christian (jun.)

22.04.1988 (schriftl

Stadtarchiv Ingolstadt, H. Hausfelder

06.05.1988 (schriftl

Friedrich Wilhelm Hymmen

16.05.1988 (schriftl

Gertrud Hoffmann

23.05.1988 (schriftl

Christian von Chmielewski

22.06.1988 (schriftl

Karl Maria Bier

ohne Datum (schrift

Jürgen Petersen

21.06.1988 (schriftl 25.06.1988 (schriftl

Frau von Imhoff

24.07.1988 (telefon.

Robert Schmelzer

26.07.1988 (schriftl 03.08.1988 (schriftl

Boguslaw Drewniak

29.08.1988 (schriftl.

Heinrich Tötter

01.11.1988 (schriftl.

Werner Hühne

ohne Datum (schrift

Herta Brühl

24.01.1989 (schriftl. 07.02.1989 (schriftl.

15.2.2.

Quellen

15.2.2.1.

Un gedruckte Quellen

Berlin Document Center (BDC'), Berlin BDC-Personalakten - Gunter d'Alquen - Max Amann - Heinz von Arndt - Alfred-Ingemar Berndt - Hans Bollmann - Heinrich Boitze - Paul Dammeier - Hans Diebow - Adolf Dresler - Ernst-Wilhelm Eschmann - Kurt Frowein - Peter Gast - Else Günther - Karl Hanke - Hans Henningsen - Heinz Höpfl - Heinrich Hunke - Friedrich Wilhelm Hymmen - Wilhelm Ihde - Christoph Freiherr von Imhoff - Karoly Kampmann

260

BDC-Personalakten

(Fortsetzung)

- Carl Martin Köhn - Ruth von Kondratowitz - Wilhelm Koppen - Kurt Kränzlein - Otto Kühbacher - Theodor Lüddecke - Fritz Lücke - Leo Leixner - Wolf Meyer-Christian - Gerhard Oehmicke - Wilfred von Oven - Max Pundt - Hans Graf von Reischach - Emst Riemann-Georgi - Rolf Rienhardt - Ursula Röh - Hans Schmidt-Leonhardt - Gerhard Schwager - Hans Schwarz van Berk - Werner Stephan - Helmut Sündermann - Otto-Leo von Tiedemann - Gertrud Ulmer - Wilhelm Weiß - Fritz Zierke - Fritz Zietlow

261

Bundesarchiv (ΒΑ), Koblenz Bestand R 2

(Reichsfinanzministerium)

Bestand R 21

(Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung)

Bestand R 55

(Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda)

Bestand R 103

(Reichsverband der deutschen Presse)

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz,

Berlin-Dahlem

Repositorium 151 (Preußisches Finanzministerium) Bestand 2293 (Verwaltungsgebühren im Bereich der inneren Verwaltung, Allgemeines und Einzelfälle)

Institut für Zeitgeschichte,

München

Personalakte MA 128/1 (Dr. Leibbrandt)

Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund Nachlaß Karl d'Ester

National Archives,

Washington

Records of the Reich Ministry of Propaganda Microcopy No. T-70, Roll No. 82

Privatarchiv Dorothee von Dadelsen-Dovifat,

Tübingen

Nachlaß Emil Dovifat

Privatarchiv Fritz Hausjell, Wien Kopie Bestand 'Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark'

262

Universitätsarchiv

Münster/Westf.

Dienstakte Nr. 108 (Publizistisches Institut 1940-60)

Zentrales Staatsarchiv, Potsdam Bestand DAF - AWI Nr. 8209

15.2.2.2.

Gedruckte Quellen

Anordnungen und Mitteilungen der Reichsfachgruppe Presse, Film, Rundfunk im Amt Wissenschaft und Facherziehung der Reichsstudentenfìihrung, Anordnung 29/44 betreffs Richtlinien für Beantragung und Ausstellung der DZV-Bescheinigung vom 19. Juli 1944 Bedingungen für Zulassung zum Studium an der ersten deutschen Journalistenschule (Akademie für Publizistik) Aachen, maschinenschriftl. Manuskript, Aachen 1949 Das Berufsbild des Pressestenographen, hrsg. vom Amt für Berufserziehung und Betriebsführung in der Deutschen Arbeitsfront, verfaßt vom Leiter des Reichsverbandes deutscher Pressestenographen, Berlin o.J. Beschlußprotokoll der Gründungsversammlung der "Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung", maschinenschr. Manuskript, Berlin 1930 Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich. Auswahl aus den geheimen Lageberichten des Sicherheitsdienstes der SS 1939-1944, NeuwiedBerlin 1965 Willi A. Boelcke (Hrsg): Kriegspropaganda 1939 - 1941 Geheime Ministerkonferenzen im Reichspropagandaministerium, Stuttgart 1967 Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SOPADE) 1934-1940, neu herausgegeben und mit einem Register versehen von Klaus Behnken, Frankfürt a.M. 1980 Fascistisches Nationalsyndykate der Journalisten (Hrsg.): Der italienische Journalismus im fascistischen Regime, Rom 1928

263

Axel Friedrichs (Bearb.): Der Aufbau des deutschen Führerstaates. Das Jahr 1934, Berlin 1937 Joseph Goebbels: Richtlinien für die Gesamthaltung der deutschen Presse, Berlin 1935 Joseph Goebbels: Der Faschismus und seine praktischen Ergebnisse. Schriften der Deutschen Hochschule fur Politik, Heft 1, Berlin 1934 Joseph Goebbels: Signale der neuen Zeit. 25 ausgewählte Reden, München 1937 Joseph Goebbels: Die Zeit ohne Beispiel. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1939/40/41, München 1941 H. Grensemann: Leitfaden für den Geschäftsbetrieb der Reichskulturkammer, Berlin 1937 Helmut Heiber: Die Katakombe wird geschlossen, in: Archiv für Zeitgeschichte München/Bern/Wien 1966 Helmut Heiber (Hrsg.): Goebbels - Reden, Band 1: 1932-1939, Düsseldorf 1971 Hubert Jux (Hrsg.): Der Zeitschriftenverleger und die Anordnungen der Reichspressekammer, Berlin 2. Auflage 1936 Louis P. Lochner (Hrsg.): Goebbels Tagebücher. Aus den Jahren 1942-43, Zürich 1948 Mitteilungen des Instituts für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Nr. 22, Oktober 1936 NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Edition und Dokumentation, Band 1: 1933, bearbeitet von Gabriele Toepser-Ziegert, München-New York-London-Paris 1984 NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Edition und Dokumentation, Band 2: 1934, bearbeitet von Gabriele Toepser-Ziegert, München-New York-London-Paris 1985 NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Edition und Dokumentation, Bände 3/1 und 3/II 1935, bearbeitet von Gabriele Toepser-Ziegert, München-London-New York-Oxford-Paris 1987

264

NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Edition und Dokumentation, Band 4/1, bearbeitet von Gabriele Toepser-Ziegert, München 1993 Der Parteitag der Freiheit vom 10.-16. September 1935, Offizieller Bericht über den Verlauf des Reichsparteitages mit sämtlichen Kongreßreden, München 1935 Der Parteitag der Ehre vom 8.-14. September 1936, Offizieller Bericht über den Verlauf des Reichsparteitages mit sämtlichen Kongreßreden, München 1936 Der Parteitag der Arbeit vom 6. bis 13. September 1937, Offizieller Bericht über den Verlauf des Reichsparteitages mit sämtlichen Kongreßreden, München 1938 Pressehandbuch. Gesetze, Anordnungen, Erlasse, Bekanntmachungen, hrsg. Vom Reichsverband deutscher Zeitungsverleger, Berlin 1938 RDP. Reichsverband der Deutschen Presse, Berlin 1931 RDP. Reichsverband der Deutschen Presse, Berlin 1934 Richtlinien für redaktionelle Hinweise in Tageszeitungen, Zeitschriften und Korrespondenzen, hrsg. vom Reichsverband der deutschen Presse in Zusammenarbeit mit dem Werberat der deutschen Wirtschaft und der Reichspressekammer, Berlin o.J. Rundschreiben 13/44 des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbandes, Richtlinien für Beantragung und Ausstellung der DZV-Bescheinigungen, Berlin 01.07.1944 Karl-Friedrich Schrieber (Hrsg.): Das Recht der Reichskulturkammer, Bändel - 5, Berlin 1935 - 1937 Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, erläutert von Hans Schmidt-Leonhardt und Peter Gast, Berlin 1934 Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, erläutert von Hans Schmidt-Leonhardt und Peter Gast, Berlin 2. Auflage 1938

265

Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst den einschlägigen Bestimmungen, erläutert von Hans Schmidt-Leonhardt und Peter Gast, Berlin 3. Auflage 1944 Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente, hrsg. Von Elke Fröhlich im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv, Teil 1, Aufzeichnungen 1924 - 1941, 4 Bände, München-New York-London-Paris 1987 Übersicht über die kriegswichtigen Bestimmungen für die Zeitungsverlage, zusammengefaßt nach dem Stand vom 25. April 1941 vom Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger, Berlin 1941 Joseph Wulf: Presse und Funk im Dritten Reich, Gütersloh 1964 Joseph Wulf: Theater und Film im Dritten Reich, Frankfurt a.M-Berlin-Wien 1983

15.2.3.

Periodika

Das Archiv. Nachschlagewerk fur Politik, Wirtschaft, Kultur, Verlagsanstalt Otto Stollberg Berlin Deutsche Presse. Zeitschrift des Reichsverbandes der Deutschen Presse, Berlin Der deutsche Student. Zeitschrift der Deutschen Studenten. Amtliches Organ der Deutschen Studentenschaft und des Reichsstudentenwerks, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg Die Deutsche Zeitung Deutschlands Erneuerung, Heft 4/5, Juni 1940, Verlag J.F. Lehmann München/Berlin Frankfurter Hefte. Zeitschrift für Kultur und Politik, hrsg. von Walter Dirks und Eugen Kogon, Frankfurt a.M. Gazette. International Journal for Mass Communications Studies

266

Die Handelshochschule, Berlin/Wien Der Journalist Kladderadatsch, Berlin Nachrichtenblatt der zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., München Nationalsozialistische Monatshefte. Zentrale politische und kulturelle Zeitschrift der NSDAP, Eher Verlag München Neue Deutsche Presse. Monatsschrift des Verbandes der deutschen Presse im FDGB Prager Tageblatt. Nr. 284 (Jubiläumsausgabe) vom 6. Dezember 1925 Publizistik, Bremen/Konstanz Reichs-Jugend-Pressedienst. Amtlicher Pressedienst des Jugendfuhrers des Deutschen Reiches, Berlin Der Rundfunk. Blätter für nationalsozialistische Kulturgestaltung, Eher Verlag Berlin Rundfiinkarchiv. Rundfunk und Fernsehen in Wissenschaft und Praxis, Berlin Stimmen der Zeit, Freiburg Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Mitteilungen, Köln Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Stuttgart Völkischer Beobachter Nr. 150/1935 vom 30. Mai 1935 Der Zeitschriften-Verleger. Zeitschrift des Reichsverbandes der deutschen Zeitschriften-Verleger, Rudolf Lorentz Verlag Berlin Der Zeitspiegel. Halbmonatsschrift für politische Bildung, Verlag Teubner Leipzig/Berlin Zeitungs-Verlag. Eigentum und Verlag des Reichsverbandes der deutschen Zeitungsverleger, Berlin

267

Zeitungswissenschaft. Monatsschrift fur internationale Zeitungsforschung, Berlin/Essen/Berlin

15.2.4.

Literatur

15.2.4.1.

Bibliographien

Karl Börner: Bibliographisches Handbuch der Zeitungswissenschaft, Leipzig 1929 Karl Börner: Internationale Bibliographie zur Zeitungswissenschaft, Leipzig 1932 Fritz Franzmeyer: Presse-Dissertationen an deutschen Hochschulen 1885 - 1936, Leipzig 1940 Volker Spiess: Verzeichnis deutschsprachiger Hochschulschriften zur Publizistik 1885 - 1967, Berlin-München/Pullach 1969

15.2.4.2. Hand- und Jahrbücher, Lexika Α - Ζ, Auskunft über Partei-, Staats- und Wirtschaftskunde, Öffentliche Einrichtungen u. Dienststellen, bearb. von Fritz Mehnert u.a., Berlin 1942 Das Deutsche Führerlexikon 1934/1935, Berlin 1934 Hans Fabricius/Kurt Stamm: Bewegung, Staat und Volk in ihren Organisationen. Führerkalender, Berlin 1934 Führer durch die Behörden und Organisationen, hrsg. von Ludwig Münz und Carl Lehmann, Berlin 1934 Führer durch die Behörden und Organisationen, hrsg. von Ludwig Münz und Carl Lehmann Berlin 1939 Handbuch der deutschen Tagespresse. Hrsg. vom Institut für Zeitungskunde Berlin, Berlin 5. Auflage 1934

268

Handbuch der deutschen Tagespresse. Hrsg. vom Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig-Frankfurt a.M. 6. Auflage 1937 Handbuch der deutschen Tagespresse. Hrsg. vom Institut fur Zeitungswissenschaft an der Universität Berlin, Leipzig 7. Auflage 1944 Handbuch deutsche Presse. Hrsg. vom Nordwestdeutschen ZeitungsverlegerVerein, Bielefeld 1947 Handbuch der Publizistik. Hrsg. von Emil Dovifat, Band 3, Praktische Publizistik, 2. Teil, Berlin 1969 Handbuch der Reichskulturkammer. Hrsg. von Hans Hinkel, bearbeitet von Günther Gentz, Berlin 1937 Handbuch der Reichsschrifttumskammer. Hrsg. von Wilhelm Ihde, Leipzig 1942 Handbuch der Zeitungswissenschaft. Band 1, hrsg. von Walther Heide, bearbeitet von Ernst Herbert Lehmann, Leipzig 1940 Gerhard Menz: Der Aufbau des Kulturstandes. Die Reichskulturkammergesetzgebung, ihre Grundlagen und ihre Erfolge, München-Berlin 1938 Georg Wilhelm Müller: Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin 1940 Nationalsozialistisches Handbuch fur Recht und Gesetzgebung, hrsg. Von Hans Frank, 2. Auflage München 1935 Organisationsbuch der NSDAP, hrsg. vom Reichsorganisationsleiter der NSDAP, München 4. Auflage 1937 Organisationsbuch der NSDAP, hrsg. vom Reichsleiter der NSDAP, München 1943 Preußische Jahrbücher, 239. Band, Januar-März 1935, Berlin 1935 Rang- und Organisationsliste der NSDAP. Mit Angaben der Klassifizierung nach Anlage zum Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946, Stuttgart 1947

269

Otto Graf zu Rantzau: Das Reichsministerium fur Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Berlin 1939 Gerd Rühle: Das Dritte Reich. Dokumentarische Darstellung des Aufbaus der Nation. Das dritte Jahr 1935, Berlin 1936 Gerd Rühle: Das Dritte Reich. Dokumentarische Darstellung des Aufbaus der Nation. Das vierte Jahr 1936, Berlin 1937 Hans Schmidt-Leonhardt: Die Reichskulturkammer, Berlin 1936 Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich, München 1983

15.2.4.3.

Monographien

Karl-Dietrich Abel: Presselenkung im NS-Staat, Berlin 1968 Gunter d'Alquen: Auf Hieb und Stich, Berlin-München 1937 Alfons Altmann: Die öffentlich-rechtliche Stellung des Schriftleiters und ihre Einwirkung auf den Berichtigungszwang des § 11 des Reichspressegesetzes, Jur. Diss. Erlangen, Coburg 1938 Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Frankfurt a.M. 1958 Wilfrid Bade: Kulturpolitische Aufgaben der deutschen Presse, Berlin 1933 Alfred Balzer: Das Anstellungsverhältnis des Schriftleiters an Zeitungen nach dem Schriftleitergesetz, Jur. Diss. Leipzig, Bautzen 1935 Gerhard Baumann: Der organisatorische Aufbau der deutschen Presse, München 1940 Horst Baumann: Der Deutsche Schriftleiter und seine Ehrengerichtsbarkeit, Jur. Diss. Leipzig, Berlin 1939 Max Baumann: Der Kampf um die Zeitungswissenschaft, Vortrag vom 9.Dezember 1942 vor der Studentenschaft der Hansischen Universität, Hamburg 1943

270

Paul Baumert: Die Entstehung des deutschen Journalismus, Staatswiss. Diss. Berlin, Altenburg (Thür.) 1928 Ewald Beckmann: Die Presse im neuen Staat, Vortrag in der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München, München 1933 Klaus-Ulrich Benedikt: Emil Dovifat. Ein katholischer Hochschullehrer und Publizist, Mainz 1986 Rudolf Benze: Nationalpolitische Erziehung im Dritten Reich, Berlin 1936 Rudolf Benze: Erziehung im Großdeutschen Reich, Frankfurt a.M. 1939 Friedrich Bertkau/Karl Börner: Der wirtschaftliche Aufbau des deutschen Zeitungsgewerbes, Berlin 1932 Max Bestier: Das Absinken der parteipolitischen Führungsfahigkeit deutscher Tageszeitungen in den Jahren 1919 bis 1932, Phil. Diss. Berlin 1941 Richard Biedrzynski: Das brennende Gewissen. Maler im Aufstand gegen ihre Zeit, Braunschweig-Berlin-Hamburg 1949 Heinz Boberach: Jugend unter Hitler, Düsseldorf 1982 Willi A. Boelcke: Wollt Ihr den totalen Krieg?, Stuttgart 1967 Karl Börner: Die Freiheit der Presse im nationalsozialistischen Staat, Oldenburg i.O. 1933 Hermann Böschenstein: Vor unseren Augen, Bern 1978 Else Boger-Eichler: Die Schriftleiterin. Hrsg. vom Akademischen Auskunftsamt Berlin in Verbindung mit dem Amt für Berufserziehung u. Betriebsfuhrung in der Deutschen Arbeitsfront, Berlin 1939 Bernhard Boll: Der strafrechtliche Schutz des Schriftleiterberufes, Jur. Diss. Freiburg i.Br., Solingen 1938 Boris von Borresholm (Hrsg.): Dr. Goebbels. Nach Aufzeichnungen aus seiner Umgebung. Unter Mitarbeit von Karena Niehoff, Berlin 1949 Margret Boveri: Wir lügen alle. Eine Hauptstadtzeitung unter Hitler, OltenFreiburg i.Br. 1965

271

Margret Boveri: Verzweigungen. Eine Autobiographie. Hrsg. und mit einem Nachwort von Uwe Johnson, München-Zürich 1977 Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur, Köln-Berlin 1969 Ernest Κ. Bramstedt: Goebbels und die nationalsozialistische Propaganda 1925 1945, Frankfurt a.M. 1971 Heinrich Brandes: Publizistik als Gegenstand der Wissenschaft, Phil. Diss. Leipzig 1942 Karl Bücher: Hochschulfragen. Vorträge und Aufsätze, Leipzig-Berlin 1912 Paul Dierichs: Der Zeitungsmarkt in Deutschland, o.O. 1928 Otto Dietrich: Weltpresse ohne Maske, Dortmund 1937 Otto Dietrich: Nationalsozialistische Pressepolitik. Vortrag, gehalten am 7. März 1938 in Berlin vor Mitgliedern des Diplomatischen Korps und Vertretern der ausländischen Presse, Berlin 1938 Otto Dietrich: 12 Jahre mit Hitler, München 1955 Otto Dietrich/Fritz Wächter: Revolution des Denkens. Gemeinschaft und Erziehung, Dortmund-Leipzig 1939 Hermann Diez: Das Zeitungswesen, Leipzig 1910 Emil Dovifat: Journalismus und journalistische Berufsbildung in England, Berlin 1925 Emil Dovifat: Der amerikanische Journalismus. Mit einer Darstellung der journalistischen Berufsbildung, Berlin-Leipzig 1927 Emil Dofivat: Die journalistische Vorbildung. Vorschläge und Anregungen. Als Manuskript gedruckt, Berlin 1934 Emil Dovifat: Zeitungslehre I, 2 Bände, Zweite neubearbeitete Auflage, Berlin 1944 Adolf Dresler: Geschichte der italienischen Presse, 3. Teil von 1900 - 1935, München-Berlin 1934

272

Adolf Dresler: Die italienische Presse, Berlin-Leipzig 1935 Adolf Dresler: Die Presse im faschistischen Italien, Leipzig 1937 Boguslaw Drewniak: Das Theater im NS-Staat. Szenarium deutscher Zeitgeschichte 1933 - 1945, Düsseldorf 1983 Boguslaw Drewniak: Der deutsche Film 1938 - 1945. Ein Gesamtüberblick, Düsseldorf 1987 Wolfgang Drews: Die klirrende Kette. Nachträgliches Tagebuch eines Journalisten, Dramaturgen und Soldaten, Baden-Baden 1947 Helmut Egloff: Arbeits- und Berufsorganisationen im deutschen Zeitungsgewerbe, Berlin 1927 Franz-Xaver Eichenseher: Erziehungsprogramm und Erziehungsmaßnahmen der Deutschen Arbeitsfront, Phil. Diss. Erlangen 1939 Rolf Eilers: Die nationalsozialistische Schulpolitik. Eine Studie zur Funktion der Erziehung im totalitären Staat, Köln-Opladen 1963 Carl Esser: Der wirtschaftliche Aufbau der Zeitung, Stuttgart 1930 Karl d'Ester: Denkschrift des Instituts fur Zeitungsforschung an der Universität München, maschinenschrift. Manuskript, München 1931 Karl d'Ester: Weg und Ziel einer neuen Wissenschaft. Zehn Jahre Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität München, München 1934 Karl d'Ester: Wahrheit kriecht in kein Mauseloch. Eine Klarstellung. Als Manuskript gedruckt, Volkach vor Würzburg 1946 Karl d'Ester: Gib Rechenschaft von deiner Verwaltung! (Luc. 16,2) Bericht vom Münchener Institut für Zeitungswissenschaft und seinem Leiter. Als Manuskript gedruckt, o.O. 1947 Karl d'Ester: Schwarz auf weiß, München 1951 Karl d'Ester: Der Traum eines Lebens, Ingolstadt 1957 Facsimile Querschnitt durch Das Reich. Eingeleitet von Hany Pross, hrsg. von Hans Dieter Müller, München-Bern-Wien 1964

273

Paul Fechter: An der Wende der Zeit, Gütersloh 1949 Erich Feldhaus: Das deutsche Zeitungswesen, Leipzig 1916 Harald Focke/ Monika Strocka: Alltag der Gleichgeschalteten, Reinbek bei Hamburg 1985 Emst Fraenkel: Der Doppelstaat, Frankfurt a.M.-Köln 1974 Alfred Frankenfeld: Der ideale Journalist. Aufgabe und Sendung, Hamburg 1933 Alfred Frankenfeld: Ausbildung von Journalisten durch die Zeitungswissenschaftlichen Institute, Referat, München 1963 Lindley Fraser: Germany between two wars, A study of Propaganda and WarGuilt, London-New York-Toronto 1945 Norbert Frei: Nationalsozialistische Eroberung der Provinzpresse. Gleichschaltung, Selbstanpassung und Resistenz in Bayern, Stuttgart 1980 Norbert Frei/Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich, München 1989 Eugenio Gallavotti: La scuola fascista di giornalismo (1930-1933), Mailand 1982 Willi Geiger: Die Rechtsstellung des Schriftleiters, Darmstadt-Leipzig 1941 Theodor Geissler: Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse. Neue Rechtslage durch das Schriftleitergesetz, Jur. Diss. Jena 1936 Hans-Hubert Gensert/Kurt Lothar Tank : Wie schreibe ich einen Zeitungsartikel?, Berlin 1942 Walter Gentz: Der Rechtsschutz des Schriftleiterberufs und des einzelnen Schriftleiters, Jur. Diss. Erlangen 1936, Boma-Leipzig 1936 Günther Gillessen: Auf verlorenem Posten. Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich, Berlin 1986 Fritz Glocke: Reichskulturkammer und Urheberschutz, Berlin 1935 Karl Goebel: Totaler Staat und Presse, Wirtschaftswiss. Diss. Heidelberg, Freiburg i.Br. 1936

274

Martin Göhring: Alles oder Nichts. Zwölf Jahre totalitäre Herrschaft in Deutschland, Band I 1933-1939, Tübingen 1966 Klaus Gotto: Die Wochenzeitung Junge Front/Michael, Mainz 1970 Otto Groth: Die Zeitung, Band 1, Leipzig-München-Berlin 1928 Otto Groth: Die Zeitung, Band 4, Leipzig-München-Berlin 1930 Otto Groth: Vorbildungskurse für Journalisten in München, Erster Lehrgang 2. April bis 9. August 1946, München o.J. Otto Groth: Vorbildungskurse fur Journalisten in München, Zweiter Lehrgang 8. Oktober 1946 bis 31. Juli 1947, München o.J. Otto Groth: Die Geschichte der deutschen Zeitungswissenschaft, München 1948 Otto Groth: Die unerkannte Kulturmacht, Berlin 1964 Karl-Ludwig Günsche: Phasen der Gleichschaltung, Osnabrück 1970 Eckart Hachfeld: Die Stellung der Presse im alten und neuen Staat, Jur. Diss. Marburg 1935 Lutz Hachmeister: Theoretische Publizistik. Studien zur Geschichte der Kommunikationswissenschaft in Deutschland, Berlin 1987 Eugen Hadamovsky: Propaganda und nationale Macht. Die Organisation der öffentlichen Meinung für die nationale Politik, Oldenburg i.O. 1933 Jürgen Hagemann: Die Presselenkung im Dritten Reich, Bonn 1970 Walter Hagemann: Publizistik im Dritten Reich. Ein Beitrag zur Methodik der Massenfuhrung, Hamburg 1948 Oron J. Haie: Presse in der Zwangsjacke 1933 - 1945, Düsseldorf 1965 Alexander G. Hardy: Hitler's secret weapon, New York-Washington-Hollywood 1967 Fritz Harzendorf: So'n Journalist im Wandel der Zeit 1913 - 1963, Saarbrücken 1964

275

Friedrich Hausjell: Österreichische Tageszeitungsjournalisten am Beginn der zweiten Republik (1945 - 1947). Eine kollektivbiographische Analyse ihrer beruflichen und politischen Herkunft, maschinenschriftl. Manuskript, Phil. Diss. Salzburg 1985 Friedrich Hausjell: Die Einführung und Praxis des Systems Reichspressekammer in Österreich in den Jahren 1938 bis 1945. Endbericht des vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in Wien beauftragten Forschungsprojektes, maschinenschriftl. Manuskript, Wien 1990 Horst Heenemann: Die Auflagenhöhen der deutschen Zeitungen. Ihre Entwicklung und ihre Probleme, Phil. Diss. Leipzig, Berlin 1929 Helmut Heiber: Joseph Goebbels, Berlin 1962 Hans Hentschel: Der ständische Aufbau der deutschen Presse, Jur. Diss. Leipzig 1935 Fred Hepp: Der geistige Widerstand im Kulturteil der "Frankfurter Zeitung" gegen die Diktatur des totalen Staates 1933 - 1943, maschinenschriftl. Manuskript, Phil. Diss. München 1949 Joachim Heuser: Zeitungswissenschaft als Standespolitik. Martin Mohr und das "Deutsche Institut für Zeitungskunde" in Berlin, maschinenschriftl. Manuskript, Phil. Diss. Münster 1991 Leo Hilberath: Probleme der journalistischen Nachwuchsbildung. Ein Wort an unsere Gegner, maschinenschriftl. Manuskript, Aachen o.J. Leo Hilberath: Erste Deutsche Journalistenschule Aachen, Grundsätzliches zur Ausbildung von Journalisten, Archiv für Publizistik Heft 11, Aachen 1952 Adolf Hitler: Mein Kampf, München 263. -264. Auflage 1937 Kurt Höllein: Das Verhältnis des Schriftleiters zum Staat und sein Anstellungsverhältnis zum Verleger, Jur. Diss. Heidelberg, Karlsruhe 1938 Josef Hofmann: Journalist in Republik, Diktatur und Besatzungszeit. Erinnerungen 1916 - 1947, bearbeitet und eingeleitet von Rudolf Morsey, Mainz 1977

276

Amo Hollatz: Der Schriftleiterberuf als staatlich gebundener Beruf, Jur. Diss. Bonn, Herne 1935 Hermann Hornung: Probleme, Entwicklung und Geschichte der Organisationen und Berufsverbände der Presse, maschinenschriftl. Manuskript, Phil. Diss. Münster 1940 Hans Huber: Erziehung und Wissenschaft im Kriege, Berlin 1940 Thomas Hübbe: Der Zeitungsschreiber, Berlin 1920 Harold Hurwitz: Die Stunde Null der deutschen Presse. Die amerikanische Pressepolitik in Deutschland 1945 - 1949, Köln 1972 Richard Jacobi: Der Journalist. Das Buch der Berufe, Band 8, Hannover 1902 Karl Jaeger: Von der Zeitungskunde zur publizistischen Wissenschaft, Jena 1926 Karl Jaeger: Zeitungswissenschaft, Dünnhaupts Studien- und Berufsführer, Band 13, Dessau 1926 Journalismus ist eine Mission. Bericht vom ersten Kongress der Union Nationaler Journalisten verbände. Hrsg. vom Generalsekretariat der Union Nationaler Journalistenverbände, Venedig 1942 Wilhelm Kaffl: Die Pressefreiheit im nationalsozialistischen Staat, Jur. Diss. München 1937 Friedhelm Kaiser: Die deutsche Zeitung, Münster 1939 Ursula von Kardorff: Berliner Aufzeichnungen, München 1962 Heinrich Kaumann: Die Ehrengerichtsbarkeit des Schriftleiters nach dem Schriftleitergesetz vom 6.10.1933, Jur. Diss. Leipzig, Borna-Leipzig 1939 Johannes Kleinpaul: Journalistenpraxis, M.Gladbach 1922 Hans Joachim KJiesch: Die Film- und Theaterkritik im NS-Staat, Phil. Diss. Berlin 1957 A.H. Kober: Die Seele des Journalisten. Fünf Aufsätze zur Psychologie der Presse, Köln 1920

277

Fritz Körner: Das Studium der Zeitungswissenschaft in Deutschland, Dresden 1927 Doris Kohlmann: Die Endphase der "Machtergreifung" und die nationalsozialistische Presselenkung, maschinenschriftl. Manuskript, Münster 1983 Karl Korn: Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, Frankfurt a.M. 1975 Kurt Koszyk: Deutsche Presse 1914 - 1945. Geschichte der deutschen Presse Teil III, Berlin 1972 Kurt Koszyk: Das Ende des Rechtsstaates 1933/34 und die deutsche Presse, Sonderdruck aus Journalismus, Band 1, Düsseldorf 1960 Albert Krebs: Tendenzen und Gestalten der NSDAP. Erinnerungen an die Frühzeit der Partei, Stuttgart 1959 Wilhelm Kühnel: Wie werde ich Pressestenograph?, Darmstadt 1941 Gudrun Kunstmann: Die Presse im eigenen Urteil. Ein Beitrag zur Geschichte der Presse. Nachgewiesen an den Fachzeitschriften "Zeitungsverlag" und "Deutsche Presse", Phil. Diss. München 1946 Arnulf Kutsch: Rundfunkwissenschaft im Dritten Reich. Vorgeschichte, Gründung, Aufbau, Forschung und Ende des Instituts für Rundfunkwissenschaft der Universität Freiburg im Breisgau, Phil. Diss. Münster 1980 Karl Kurth/Wolfgang Hollmann: Durchbruch zur Zeitungswissenschaft, Bonn 1938 Hans Lang: Die Rechtsstellung des Zeitungsverlegers, Würzburg-Aumühle 1938 Wolfgang Kurt Lange: Die Führung einer mittleren Tageszeitung, Rechts- und Wirtschaftswiss. Diss. Jena 1938 Arthur Lauinger: Das öffentliche Gewissen, Frankfurt a.M. 1958 Hans Laupenmühle: Der Zeitungsverlag in Deutschland und seine Interessenvertretung: Der Verein Deutscher Zeitungsverleger, Bochum 1911

278

Lebens- und Arbeitsbedingungen der Journalisten, hrsg. vom Internationalen Arbeitsamt, Genf 1928 Alfred Lindemann: Die Verantwortlichkeit des Schriftleiters einst und jetzt, Jur. Diss. Erlangen 1936 Fritz List: Die Tageszeitung als publizistisches Führungsmittel unter besonderer Berücksichtigung der Reichweite und der Grenzen ihrer Wirkung, Würzburg-Aumühle 1939 Emil Löbl: Kultur und Presse, Leipzig 1903 Walther Löbner: Wirtschaft und Erziehung, Langensalza-Berlin-Leipzig 1935 Werner von Lojewski: Tausend Jahre - durch meine Brille. Ein Journalistenleben im Dritten Reich, Freiburg i.Br. 1985 Theodor Lüddecke: Die Tageszeitung als Mittel der Staatsfuhrung, Hamburg 1933 Josef März: Die moderne Zeitung, München 1951 Bettina Maoro: Zeitungswissenschaft an der Universität Münster 1915 - 1945. Ein Beitrag zur Institutionengeschichte der Kommunikationswissenschaft, Phil. Diss. Münster 1985 Heinz Markmann: Die Massenfuhrung des Nationalsozialismus, Phil. Diss. Heidelberg 1951 Erika Martens: Zum Beispiel Das Reich. Zur Phänomenologie der Presse im totalitären Regime, Köln 1972 Melita Maschmann: Fazit. Kein Rechtfertigungsversuch, Stuttgart 1963 Marie Matthies: Journalisten in eigener Sache. Zur Geschichte des Reichsverbandes der deutschen Presse, Berlin 1969 Werner Meißner: Die Ansichten über die Anonymität in der deutschen Presse vor und nach 1933, Phil. Diss. Leipzig 1936 Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin, überarbeitete und erweiterte Auflage, Frankfurt a.M-Berlin-Wien 1982

279

Helmut Κ. Menhart. Die journalistische Berufsausbildung an Colleges und Universitäten der Vereinigten Staaten von Amerika, Phil. Diss. München 1953 Hans Merkens: Das Rentabilitätsgesetz der Zeitung und seine Bedeutung fìir den publizistischen Kampf, Dresden 1940 Wolf Meyer-Christian: Die englisch-jüdische Allianz. Werden und Wirken der kapitalistischen Weltherrschaft, Berlin-Leipzig 1941 Moeller van den Bruck: Das dritte Reich. Hrsg. von Hans Schwarz, Hamburg 1931 Moeller van den Bruck: Der politische Mensch. Hrsg. von Hans Schwarz, Breslau 1933 Siegfried H. Mohm: Die Ausbildung des Journalistennachwuchses in Deutschland, Nürnberg 1964 Martin Mohr: Zeitung und Neue Zeit, München-Leipzig 1919 Hans A. Münster: Die drei Aufgaben der Zeitungswissenschaft, Leipzig 1934 Hans A. Münster: Zeitung und Politik, Leipzig 1935 Hans A. Münster: 25 Jahre Institut fur Zeitungswissenschaft an der Universität Leipzig (1916 -1941), Beilage zu "Unsere Brücke", 2. Jahrgang 1941 Willi Münzenberg: Propaganda als Waffe, Paris 1937 Karl Nennstiel: Presse und Propaganda. Ein Hinweis auf das zeitungseigene Wesensgesetz, Weimar 1936 Ernst Niekisch: Das Reich der niederen Dämonen, Hamburg 1953 Ernst Niekisch: Erinnerungen eines deutschen Revolutionärs. Erster Band: Gewagtes Leben 1989 - 1945, Köln 1974 Werner Obermann: Die Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die Presse unter Berücksichtigung des Schriftleitergesetzes, Jur. Diss. Münster, Würzburg 1935

280

Rolf Oebsger-Röder: Vom Zeitungsschreiber zum Schriftleiter. Untersuchungen über den Bildungsstand der deutschen Journalisten, Leipzig 1936 Wilfred von Oven: Mit Goebbels bis zum Ende, I. Band, Buenos Aires 1949 Wilfred von Oven: Mit Goebbels bis zum Ende, II. Band, Buenos Aires 1950 Franz Peters: Der Beruf des Journalisten. Aufgaben, Forderungen und Wünsche der Presse, Breslau 1916 Hans Joachim Raabe: Karl d'Ester und die Entwicklung der bürgerlichimperialistischen Presse-Ideologie in Deutschland, maschinenschriftl. Manuskript, Leipzig 1965 Günter Raue: Geschichte des Journalismus in der DDR (1945 - 1961), Leipzig 1986 Viktor Reimann: Dr. Joseph Goebbels, Wien-München-Zürich 1971 Rolf Rienhardt: Muß Presse sein? , Bonn 1939 Erich Röhrbein: Das Italienische Preßrecht, Berlin 1930 Franz Gustav Ronco: Zur Organisation der Pressekammer, Jur. Diss. Köln 1932 Ernst Roselius: Journalistisches Praktikum, München 1935 Emst Roselius: Amerikanische Jugend schreibt Zeitungen, Leipzig 1936 Fritz Rummel: Die rechtliche Freiheit der Presse im liberalen u. nationalsozialistischen deutschen Staat, Rechts- und Staatswiss. Diss. Göttingen 1935 Fritz Sänger: Politik der Täuschung, Wien 1975 Fritz Sänger: Verborgene Fäden, Bonn 1978 Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe: Dr. G. Ein Portrait des Propagandaministers, Wiesbaden 1964 Gerhard Schellong: Die Verantwortlichkeit des Schriftleiters, Rechts- und Staatswiss. Diss. Greifswald 1935

281

Werner Schettler: Die Stellung des Zeitungsverlegers unter besonderer Berücksichtigung des neuen Rechtes, Jur. Diss. Dresden 1935 Gustav Schiefler: Die Schriftleitung und das Gesicht der Zeitung, Vortrag, gehalten vor der Fachgruppe Presse - Film - Theater am 6. Mai 1942 im Studentenhaus in Hamburg Gottfried Schmalzbauer: Der Journalist, Werkhefte zur Berufswahl, Nürnberg 1948 Karlheinz Schmeer: Die Regie des öffentlichen Lebens im Dritten Reich, München 1956 [Fritz Schmidt]: Presse in Fesseln. Eine Schilderung des NS-Pressetrusts, Berlin 1947 Wolfgang Schmidt: Die öffentlich-rechtliche Stellung des Schriftleiters nach dem Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933, Jur. Diss. Leipzig, Dresden 1935 Gertrud Scholtz-Klink: Die Frau im Dritten Reich, Tübingen 1978 Hanns-Heinz Schultze: Der Schriftleiterstand der Landesverbände GroßHamburg und Nordmark im Reichsverband der Deutschen Presse, Phil. Diss. Hamburg 1938 Günter Schulz: Der Schriftleiter (Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 als richtungweisendes Gesetz im neuen Deutschland), Jur. Diss. Greifswald 1935 Norbert Schwarte: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 im Hinblick auf das Problem der inneren Pressefreiheit, maschinenschriftl. Manuskript, o.O.1968 Hans Schwarz: Du und Deutschland, Breslau 1933 Hans Schwarz van Berk: Die sozialistische Auslese, Breslau 1934 Hans Schwarz van Berk: Die Stunde diktiert, Hamburg 1935 Leopold Schwarzschild: Die Lunte am Pulverfass, Hamburg 1965 Rudolf Semmler: Goebbels - the man next to Hitler, London 1947

282

Karl Silex: Mit Kommentar. Lebensbericht eines Journalisten, Frankfurt a.M. 1968 Derrick Sington/Arthur Weidenfeld: The Goebbels Experiment, New Haven 1943 Howard K. Smith: Feind schreibt mit, Frankfurt a.M. 1986 Hildegard Springer: Es sprach Hans Fritzsche, Stuttgart 1949 Walter Hermann Stark: Die Verantwortlichkeit des Schriftleiters, Jur. Diss. Erlangen, Berlin 1935 Gerhard Starke: Die Einheit der Publizistik und ihre geistigen Grundlagen, Dresden 1939 Werner Stephan: Joseph Goebbels. Dämon einer Diktatur, Stuttgart 1949 Henning Storek: Dirigierte Öffentlichkeit, Opladen 1972 Dietrich Strothmann: Nationalsozialistische Literaturpolitik, 2. Auflage Bonn 1963 Rolf Strüder: Der ökonomische Konzentrationsprozeß im deutschen Zeitungswesen unter besonderer Berücksichtigung der Provinzpresse, Phil. Diss. Heidelberg 1933 Helmut Sündermann: Der Weg zum deutschen Journalismus. Hinweise für die Berufswahl junger Nationalsozialisten, München-Berlin 1938 Helmut Sündermann: Bemerkungen über die Zeitung, Berlin 1942 Helmut Sündermann: Das Dritte Reich. Eine Richtigstellung in Umrissen, Freising 1959 Helmut Sündermann: Tagesparolen, Leoni am Starnberger See 1973 Helmut Sündermann: Hier stehe ich... Deutsche Erinnerungen 1914/45, Leoni am Starnberger See 1975 Jutta Sywottek: Mobilmachung fur den totalen Krieg, Opladen 1976

283

Herbert Trattner: Der Begriff des Volontärs. Erscheinungsformen und Stellung im Arbeitsrecht, Jur. Diss. Greifswald, Würzburg 1938 Hans Traub: Zeitungswesen und Zeitunglesen, Dessau 1928 Horst Ueberhorst (Hrsg.): Elite für die Diktatur. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten 1933 - 1945. Ein Dokumentarbericht, Düsseldorf 1969 Wilhelm Ulrich: Die Wirkung der Zeitung als Aufgabe der Wissenschaft, Phil. Diss. Freiburg i.Br., Wiesbaden 1941 Unsere Berufsausbildung, Bochumer Anzeiger Laupenmühlen und Dierichs, Bochum 1940 Siegfried Walchner: Die Neuordnung der deutschen Presse und ihre wirtschaftliche Organisation, Phil. Diss. Gießen 1937 Wilhelm Waldkirch: Die zeitungspolitische Aufgabe, Band 2: Vom Wirken der Zeitung, Ludwigshafen am Rhein 1935 Wilhelm Waldkirch: Die zeitungspolitische Aufgabe, Band 3: Die Zeitung als Kulturmacht, Ludwigshafen am Rhein 1935 Rudolf Werber: Die "Frankfurter Zeitung" und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus. Untersucht an Hand von Beispielen aus den Jahren 1932-1943. Ein Beitrag zur Methodik der publizistischen Camouflage im Dritten Reich, Phil. Diss. Bonn 1965 Curt Wichelhoven: Der Niederrheinisch-Westfälische Zeitungsverlegerverein, Iserlohn 1930 Herbert Wiegand: Die Rechtsstellung des Schriftleiters, Jur. Diss. Köln 1936 Kurt Wortig: Der Film in der deutschen Tageszeitung, Phil. Diss. Berlin, Limburg a. d. Lahn 1940 Hans Ludwig Zankl: Die Zukunft der Zeitungswissenschaft. Von der Zeitungskunde zur Publizistik. Die Organisation der Zeitungswissenschaft. Wissenschaft und Praxis, Erlangen 1936 Wolfgang Zapf: Wandlungen der deutschen Elite. Ein Zirkulationsmodell deutscher Führungsgruppen 1919 - 1961, München 1965

284

Zeitungsberufe - reich an Spannung und Erlebnis! Hrsg. vom Reichsverband der deutschen ZeitungsVerleger, Berlin 1940 Fritz Zierke: Die deutsche Politik Hardenbergs in der ersten Periode seines staatsmännischen Wirkens 1770 - 1807. Ein Beitrag zum politischen Bilde des preußischen Staatskanzlers und zur Geschichte des preußischdeutschen Problems im Zeitalter der französischen Revolution, Phil. Diss. Frankfurt a.M., Gelnhausen 1932 Zwischen den Zeilen. Hrsg. von Hans Stöcker, Heinz Greeven und Peter Herbrand, Düsseldorf o.J.

15.2.4.4.

Sammelpublikationen und Reihen

Die akademischen Berufe. Der Schriftleiter. Hrsg. vom Akademischen Auskunftsamt Berlin in Verbindung mit dem Amt fur Berufserziehung und Betriebsfiihrung in der Deutschen Arbeitsfront, Berlin 1942 Beiträge zur Zeitungswissenschaft. Festgabe fur Karl d'Ester zum 70. Geburtstage. Von seinen Freunden und Schülern, Münster 1952 Richard Biedrzynski (Hrsg.): Das verlorene Menschenbild. Zur Problematik des Porträts in der Kunst der Gegenwart, Zürich-Stuttgart 1961 Elger Blühm und Rolf Engelsing (Hrsg.): Die Zeitung. Deutsche Urteile und Dokumente von den Anfangen bis zur Gegenwart, Bremen 1967 Bracher/Schulz/Sauer: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Band I: Karl Dietrich Bracher, Stufen der Machtergreifung, Köln-Opladen 1960 Bracher/Schulz/Sauer: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Band II: Gerhard Schulz, Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates, Köln-Opladen 1960 Karl Corino (Hrsg.): Intellektuelle im Bann des Nationalsozialismus, Hamburg 1980 Das erste Deutsche Presse-Kameradschaftslager, o.O. 1934

285

Die deutsche Universität im Dritten Reich, München 1966 Dienst an der Presse. Aus der Berufspraxis der Zeitungswissenschaftler. Zum 10jährigen Bestehen der Zeitungswissenschaftlichen Vereinigung München e.V., zusammengestellt und hrsg. von Wilhelm Klutentreter, München 1939 Festschrift für Justus Wilhelm Hedemann zum sechzigsten Geburtstag. Hrsg. von Roland Freisler, George Anton Löning und Hans Carl Nipperdey, Jena 1938 Festschrift für Theodor Reismann-Grone zum 30jährigen Verleger-Jubiläum 1925, Essen 1925 Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Deutschen Journalisten-Verbandes. Hrsg. vom DJV, Bonn 1960 Walther Heide (Hrsg.): Wie studiere ich Zeitungswissenschaft?, Berlin 1935 Manfred Heinemann (Hrsg.): Erziehung und Schulung im Dritten Reich, Teil 1, Stuttgart 1980 Walter Homberg (Hrsg.): Journalistenausbildung. Modelle, Erfahrungen, Analysen, München 1978 Arnulf Kutsch (Hrsg.): Zeitungswissenschaftler im Dritten Reich, Köln 1984 Martin Löffler (Hrsg): Die Ausbildung des publizistischen Nachwuchses, München-Berlin 1961 Peter Lundgreen (Hrsg.): Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt a.M. 1985 Publizistik aus Profession. Festschrift fur Johannes Binkowski. Hrsg. Von Gertraude Steindl, Journalismus, Band 12, Düsseldorf 1978 Reichsverband der deutschen Presse (Hrsg.): Die Vorbildung der Journalisten, Zwei Vorträge, gehalten auf der Delegiertenversammlung des Reichsverbandes der deutschen Presse in Düsseldorf 1. bis 3. Juni 1913, Berlin 1913 Sonderheft Gegenwart: Ein Jahrhundert Frankfurter Zeitung, Frankfurt 1956

286

Verein Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.): Zeitung als Aufgabe, Wiesbaden 1954 Verein Kölner Presse (Hrsg.): Die Bildung des Journalisten, Köln o Wilhelm Weiß (Hrsg.): Triumph der Kriegskunst, München 1942

15.3. Die Kurse der Reichspresseschule in der Übersicht

1. Lehrgang

Januar

1935

bis

März

1935

2. Lehrgang

Mai

1935

bis

Juli

1935

3. Lehrgang

November

1935

bis

Dezember

1935

4. Lehrgang

März

1936

bis

Juni

1936

5. Lehrgang

August

1936

bis

November

1936

6. Lehrgang

Januar

1937

bis

März

1937

7. Lehrgang

Mai

1937

bis

Juli

1937

8. Lehrgang

September

1937

bis

Dezember

1937

9. Lehrgang

Januar

1938

bis

März

1938

10. Lehrgang

Mai

1938

bis

Juli

1938

11. Lehrgang

September

1938

bis

Dezember

1938

12. Lehrgang

Februar

1939

bis

April

1939

13. Lehrgang

Mai

1939

bis

Juli

1939

288

15.4. Daten zur Finanzierung der Reichspresseschule (Summen jeweils auf- oder abgerundet)

GESAMTEINNAHMEN DER REICHSPRESSESCHULE: 1.

Lehrgang

1935:

66.182,-RM

2.+3.

Lehrgang

1935:

97.109,-RM

4.+5.+6.

Lehrgang

1936/37:

169.000,-RM

7. +8. +9.

Lehrgang

1937/38:

114.138,-RM

10.+ 11. + 12.

Lehrgang

1938/39:

140.775,-RM

13.

Lehrgang

1939:

Einnahmen zusammen:

91.693,-RM 678.897,- RM

GESAMTAUSGABEN DER REICHSPRESSESCHULE: 1.

Lehrgang

1935:

49.816,-RM

2.+3.

Lehrgang

1935:

107.347,-RM

4.+5.+6.

Lehrgang

1936/37:

176.209,-RM

7. +8. +9.

Lehrgang 1937/38:

134.144,- RM

10.+11.+ 12.

Lehrgang 1938/39:

126.820,-RM

13.

Lehrgang 1939: Ausgaben zusammen:

91.693,-RM 686.029,- RM

289

EINNAHMEN:

Schulgeldzahlungen durch RPS-Schiiler 1. 2. +3. 4.+5.+6. 7. +8. +9. 10.+11.+ 12. 13.

1935: 1935: 1936/37: 1937/38: 1938/39: 1939:

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang zusammen:

12.650,12.897,19.000,19.095,16.740,9.685,-

RM RM RM RM RM RM

90.067,-

RM

Zuweisungen des RMVuP durch den Werberat der deutschen Wirtschaft 1. 2.+3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+ 11. + 12. 13.

Lehrgang 1935: Lehrgang 1935/36: Lehrgang 1936/37: Lehrgang 1937/38: Lehrgang 1938/39: Lehrgang 1939: Ausgleich des Defizits 1940:

53.500,84.000,150.000,95.000,90.000,45.000,36.996,31

RM RM RM RM RM RM RM

zusammen:

554.496,31 RM

Zuschuß durch RDP 10.+ 11.+ 12.

Lehrgangl 937/38:

34.000,-

RM

"Vermischte Einnahmen" 1. 2.+3. 4.+5. +6. 7.+8. +9. 10.+ 11. + 12. 13.

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang

1935: 1935/36: 1936/37: 1937/38: 1938/39: 1939:

zusammen:

290

32,- RM 212,64 5 43,- RM 35,- RM 12,23 334.87 RM

AUSGABEN:

Gehälter und Löhne der Dozenten und des Personals Haushaltsjahr Haushaltsjahr Haushaltsjahr Haushaltsjahr Haushaltsjahr Haushaltsjahr

1934 (bis 1935 (bis 1936 (bis 1937 (bis 1938 (bis 1939 (bis

31.03.1935) 31.03.1936) 31.03.1937) 31.03.1938) 31.03.1939) 31.03.1940)

zusammen:

6.481,66 23.372,51 33.300,49.303,49.335,37.118,70

RM RM RM RM RM RM

198.910,87 RM

Honorare und Spesen der Gastdozenten 1. 2.+3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+ 11. + 12. 13.

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang

1935: 1935/36: 1936/37: 1937/38: 1938/39: 1939:

zusammen:

3.818,8.658,89 9.740,6.233,7.050,1.710,-

RM RM RM RM RM RM

37.209.89 RM

Kosten für Exkursionen der RPS-Schüler 1. 2. +3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+ 11. + 12. 13.

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang

1935: 1935/36: 1936/37: 1937/38: 1938/39: 1939:

zusammen:

3.000,4.873,45 2.800,5.533,4.070,2.644,-

RM RM RM RM RM RM

22.920,45 RM

AUSGABEN:

Kosten für die Hausbewirtschaftung (Miete, Heizung, Strom, Instandhaltung etc.) 1. 2.+3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+11.+ 12. 13.

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang

1935: (Hotelmiete) 13.800,18.000,1935/36 70.700,1936/37 41.208,1937/38 39.100,1938/39 22.345,1939:

RM RM RM RM RM RM

205.153,-

RM

zusammen:

Kosten für die Verpflegung der Schüler, der Referenten und des Personals 1. 2.+3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+ 11.+ 12. 13.

Lehrgang 1935: Lehrgang 1935/36 Lehrgang 1936/37 Lehrgang 1937/38 Lehrgang 1938/39: Lehrgang 1939:

8.680,10.800,19.050,19.980,17.500,7.191,-

RM RM RM RM RM RM

zusammen:

83.201.-

RM

Kosten für die Ausstattung der Bibliothek, Zeitungs- und Zeitschriften-Abonnements 1. 2. +3. 4. +5. +6. 7. +8. +9. 10.+ 11. + 12. 13.

Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang Lehrgang

1935: 1935/36: 1936/37: 1937/38: 1938/39: 1939:

zusammen:

934,2.818,3.034,3.490,2.925,1.357,-

RM RM RM RM RM RM

14.558,-

RM

16.

PERSONENREGISTER

Gunter d'Alquen

126

MaxAmann

3 0 , 3 1 , 3 9 , 4 1 , 4 3 , 4 4 , 4 5 , 4 6 , 4 7 , 6 9 , 135, 141, 202

Ermanno Amicucci

89, 90, 91, 104

Hannah Arendt

144

Heinz von Arndt

176, 177, 178, 179, 219

Alfred Ingemar Berndt

165, 168, 202

Georg Bernhard

76

Richard Biedrzynski

179, 180, 182, 183, 185, 215

Emst Bloch

58

Hans Bollmann

187,211

Margret Boveri

109

Herta Brühl

182,185

Walter Buch

123

Karl Bücher

80

Christian von Chmielewski

188

Hans Diebow

187,211,215

Hermann Dießner

239

Otto Dietrich

54,55,69,84, 114, 117, 175, 185,223,225,227, 228, 233, 235

Emil Dovifat

77, 80, 82, 83, 113, 189,209, 210,211,212,213, 214,215,216,217, 237

293

Adolf Dresler

84, 100, 117, 223, 225

Maria Edenkoben

203

Hermann Esser

83

Karl d'Ester

79, 80, 81, 82, 210, 225, 240, 251

Erich Feldhaus

73

Werner Finck

121,122

Helmut Fischer

99

Hans Frank

29,61

Hans Fritzsche

187

Kurt Frowein

166,169

Walther Funk

30, 141, 165, 166, 184, 185, 202, 213, 222, 226, 227

Joseph Goebbels

16, 29, 30, 32, 70, 71, 86, 87, 118, 120, 121, 135, 136, 139, 167, 168, 169, 245, 253, 254,

Hermann Göring

124

OttoGroth

248,250,251

Max Grünbeck

24, 25, 26, 52

Kurt Häntzschel

34

Joachim Haupt

145

Heinz Hecker

133, 179, 183, 184, 185, 186, 234, 235

294

34, 38, 39, 42, 54, 59, 63, 66, 69, 88, 93, 94, 101, 114, 115, 116, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 134, 141, 143, 149, 154, 160, 163, 165, 170, 179, 180, 199, 202,211,231, 255

Walther Heide

22, 77, 78, 81, 82, 84, 85, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 117, 209, 210, 214, 219, 221, 222,223, 225, 226, 227, 228, 238, 239, 241, 248

Hans Henningsen

128, 129, 174, 232, 234, 235

Alfred Herrmann

116

Theodor Heuß

77

Leo Hilberath

249, 250

Hans Hinkel

184

Adolf Hitler

15, 28, 32, 42,46, 109, 123, 159

Gertrud Hoffmann

17, 129

Walter Homberg

245

Wilhelm Ihde

116, 117, 128, 129, 166, 177, 193

Karl Jäger

50

Walther Jänecke

21

Walter H. Jentzsch

51

Ernst Jünger

152, 162

Karoly Kampmann

109, 127, 128, 157, 173, 175,211

Wilhelm Kapp

80, 85, 98, 219

Ursula von Kardorflf

255

Wilhelm Klutentreter

237

Albert Knittel

21

Eugen Kogon

23

Cari Martin Köhn

189

295

Ruth von Kondratowicz

194

Wilhelm Koppen

189

Karl Korn

109

Kurt Kränzlein

188,215

Albert Krebs

162

Ernst Krieck

146

Robert Krötz

221

Otto Kühbacher

188

Karl Kurth

219, 224, 228, 240

Ernst Herbert Lehmann

215

Leo Leixner

206

Robert Ley

147

Emil Lobi

49

Fritz Lücke

188

Theodor Lüddecke

149

Josef März

241

Marie Matthies

17, 18, 53,97, 103, 116

Hubert Max

220, 221

Ernst Meunier

188, 189,210,211

Wolf Meyer-Christian

93,94, 97, 116, 118, 121, 130, 133, 134, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 173, 176, 177, 186, 189, 191, 197, 198, 200, 203, 206, 211, 213,220, 254, 255

Moeller van den Bruck

119, 120, 144

296

Hans A. Münster

85, 220, 239, 240, 241

Benito Mussolini

89, 90

Werner Obermann

67

Rolf Oebsger-Röder

74

Wilfred von Oven

255

Jürgen Petersen

174, 182, 192

Heinz Aloys Pohlmeyer

247

Max Pundt

196

Hans Rechenberg

121, 123, 124

Ildephons Richter

202

Leni Riefenstahl

200

Ernst Riemann-Georgi

189

RolfRienhardt

46, 47

Heinrich Rippler

114

Ruth Römer

236

Alfred Rosenberg

115

Fritz Rummel

22

Bernhard Rust

87, 147

Wolfgang Schaeffer

213,215

Baidur von Schirach

147

Robert Schmelzer

164, 199, 255

Hans Schmidt-Leonhardt

63, 136

297

Carl Schneider

215

Gerhard Schwager

193, 194, 203,234

Hans Schwarz van Berk

93,94, 97, 101, 116, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 130, 144, 149, 152, 154, 155, 156, 157, 160, 162, 163, 166, 173, 188, 190, 197, 206,211,220, 254

Franz Xaver Schwarz

45

Horst Seemann

238

Karoline Seyboth

195

Albert Speer

236

Werner Stephan

42, 70, 155, 168

Otto Strasser

119

Roland Strunk

125, 189

Helmut Sündermann 62, 117,223,224 Kurt Lothar Tank Otto-Leo von Tiedemann

215

Heinrich Tötter

192, 193 219

Herbert Wawretzko

117, 166, 189

Wilhelm Weiß

17, 28, 59, 63, 114, 115, 116, 162, 163, 166, 175, 176, 178, 213, 214, 215,

Joseph Wilkens

85,211

298

88, 92, 96, 99, 117, 124, 127, 167, 168, 169, 180, 181, 185, 216, 217, 221,

102, 103, 107, 129, 130, 149, 170, 172, 173, 188, 193, 202, 222, 223, 233

112, 150, 174, 211,

Fritz Zierke

133, 157, 171, 172, 173, 174, 175, 178, 185, 186, 194,203,204, 208

Fritz Zietlow

178,179

Julius Karl von Zweck

21

299