Reichsgesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 [Reprint 2022 ed.] 9783112671863, 9783112671856


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German Pages 71 [140] Year 1909

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Table of contents :
Einleitung
Abkürzungen
Literatur
Inhaltsverzeichnis
II. Erläuterung des Nahrungsmittelgesetzes
§ 1
§ 2
§ 3
§ 4
§ 5
§ 6
§ 7
§ 8
§ 9
§ 10
§ 11
§ 12
§ 13
§ 14
§ 15
§ 16
§ 17
III. Text der gesamten Nahrungsmittelgesetzgebung
1. Nahrungsmittelgesetz
2. Gesetz betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen
3. Farbengesetz
4. Margarinegesetz
5. Süßstoffgesetz
6. Fleischbeschaugesetz
7. § 367, Ziffer 7 RStGB
IV. Im Reiche gültige Ausführungsbestimmungen
Hiezu 1. Verordnung Über das gewerbsmäßige Verkaufen von Petroleum
Hiezu 2. Verordnung betr. Verbot von Maschinen zur Herstellung künstlicher Kaffebohnen
Hiezu 3. Bekanntmachung betr. gesundheitsschädliche und täuschende Zusätze zu Fleisch rc
V. Verordnungen, Ministerialerlasse und oberpolizeiliche Vorschriften in Bayern
VI. Die in den anderen Bundesstaaten erlassenen Verordnungen
VII. Beurteilung der Nahrungsmittel. Die wichtigsten Fälschungen
VIII. Sachregister
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Reichsgesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 [Reprint 2022 ed.]
 9783112671863, 9783112671856

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Reichsgesetz betreffend den

Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß­

mitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 erläutert von

Dr. Friedrich Bretzfeld, Kgl. Amtsrichter.

München, Berlin und Leipzig. Z. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

Unter Bezugnahme auf die Reichsgesetze vom

25. Ium 1887 betreffend den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen 5. Juli 1887 betreffend die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben,

15. Juni 1897 betreffend den Verkehr mit Butter, Röfe, Schmalz und deren Ersatzmitteln, 7. Juli 1902 betreffend den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen, 3. Juni 1900 betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau und

24. Mai 1901 betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken, sowie unter Berücksichtigung der hiezu erlassenen Verordnungen

und Ministerialerlasse

Druck von U. E. Sebald, Rgl Bayer. Hofbuchdruckerei, Nürnberg.

Einleitung. Nas Gesetz ist erlassen auf Grund der Nr. 13 und 15 des Art. 4

der Reichsverfassung. Mit Rücksicht auf das immer dringlichere Bedürfnis nach Rege­ lung des Verkehrs mit Nahrungs- und Genußmitteln war im November 1877 vom Kaiserlichen Gesundheitsamt aus seinen Mitgliedern und einer Anzahl hervorragender medizinischer, technischer und landwirt­ schaftlicher Fachmänner eine Kommission gebildet worden, welche

die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die häufigsten Fälschungen untersuchte und sich gutachtlich darüber äußerte. Das Ergebnis war

im wesentlichen, daß vom Standpunkt der Gesundheitspflege der

Allgemeinheit nicht nur keine gesundheitsschädlichen Nahrungs- und Genußmittel, sondem auch keine Gegenstände dargeboten werden dürften, die durch Verfälschung oder inneren Verderb in ihrem Nähr­ werte verringert und deshalb mehr oder weniger untauglich sind, ihren Zweck zu erfüllen. Die Kommission hielt die Schaffung eines

besonderen Rechtsschutzes für nötig, aber auch die Errichtung aus­ reichender technischer Untersuchungsanstalten für erforderlich, wenn das Eingreifen der Gesetzgebung wirksamen Erfolg haben solle. In der Session 1878 legten demgemäß die verbündeten Regie­

rungen dem Reichstag einen Gesetzesentwurf vor, der den Stand­ punkt vertrat, daß der bisherige Gesetzesschutz einer Ergänzung be­ dürfe, und daß zur Erzielung eines Erfolges neben strafrechtlichen Bestimmungen ein vorbeugendes Aufsichtsrecht der Gesundheits­

polizei geschaffen werden müsse. Der Reichstag überwies den Entwurf einer Kommission. Diese forderte zur Vervollständigung der Grundlagen, es möchten ihr die sämtlichen zurzeit in den einzelnen Bundesstaaten bezüglich

IV des Verkehrs mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs­ gegenständen in Kraft befindlichen Gesetze und allgemeinen Ver­ ordnungen zugänglich gemacht werden, auch schlug sie einzelne Abändemngen der strafrechtlichen Bestimmungen und Bestimmungen über das polizeiliche Aufsichtsrecht vor. Auf dieser Grundlage legten die verbündeten Regierungen in der 2. Session der 4. Legislaturperiode 1879 einen neuen Ent­ wurf mit den nach dem neuesten Stand der Wissenschaft ergänzten Materialien wieder vor.

Der Entwurf hielt an der Notwendigkeit eines — durch landes­ rechtliche Bestimmungen erweiterungsfähigen — polizeilichen Auf­ sichtsrechtes fest und wandte sich sowohl gegen die Gefährdung der menschlichen Gesundheit, als auch gegen die Schädigung der wirt­ schaftlichen Interessen der Allgemeinheit bei dem Verkehre mit Nahrungs- und Genußmitteln, ferner auch gegen die Gefährdung der Gesundheit beim Verkehre mit einzelnen Gebrauchsgegenständen. Der Reichstag überwies mit Beschluß vom 25. Februar 1879 die Vorlage wiederum an eine Kommission. Diese legte sie nach zweimaliger Lesung mit wenigen Ab­

änderungen dem Reichstag vor, der sie am 1., 2., 28. und 30. April 1879 durchberiet. Eine Abänderung erfuhr im wesentlichen nur § 10, insofern die Begriffsbestimmung der Verfälschung beseitigt und der richterlichen Beurteilung überlassen wurde. Nach Genehmigung des Bundesrats vollzog der Kaiser am 14. Mai 1879 das Gesetz. Am 22. Mai 1879 wurde es im Reichs­

gesetzblatt (S. 145) veröffentlicht.

Eine Abänderung erlitt das Gesetz bisher nur durch Einfügung eines Absatzes 4 in § 16. (RG. vom 29. April 1887.) Wichtige Ergänzungen fand das Gesetz durch folgende weitere

Gesetze (siehe Anhang I): 1. Das Reichsgesetz bett, den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen vom 25. Juni 1887 (RGBl. S. 273).

2. Das Reichsgesetz über die Verwendung gesundheitsschäd­ licher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genuß­ mitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 5. Juli 1887 (RGBl.

S. 277). 3. Das Reichsgesetz betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln vom 15. Juni 1897 (RGBl. S. 475). sDieses

V Gesetz setzte das Reichsgesetz vom 12. Juli 1887 (RGBl. S. 375) betr. den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter außer Kraft.]

4. Das Reichsgesetz betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 (RGBl. S. 547). 5. Das Reichsgesetz betr. den Verkehr mit Wein, weinähn­ lichen und weinhaltigen Getränken vom 24. Mai 1901 (RGBl. S. 171).

(Dieses Gesetz dürfte demnächst außer Kraft treten.]

In Betracht zu ziehen ist auch das Reichsgesetz betr. den Ver­ kehr mit künstlichen Süßstoffen vom 7. Juli 1902 (RGBl. S. 253). Über die zu den einzelnen Gesetzen erlassenen, im ganzen

Reiche gültigen Verordnungen vgl. Anhang I. Über die einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen vgl.

Anhang II und III.

VI

Abkürzungen: A. — Annalen des Reichsgerichts (Braun und Blum, Leipzig), E. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, Goltd. = Goltdammers Archiv für Strafrecht, R. — Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen, Veröffl. — Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts, 8. I — Entscheidungen des bayerischen obersten Gerichtshofs in Strafsachen, 8. II = Entscheidungen des Oberlandesgerichts München in Strafsachen, 8. III — Entscheidungen des bayerischen obersten Landesgerichts in Straffachen, J. W. — Juristische Wochenschrift, DJZ. = Deutsche Juristenzeitung, Z. f. R. — Zeitschrift für Rechtspflege, RGVG. — Reichsgerichtsverfassungsgesetz, RStGB. — Reichsstrafgesetzbuch, RStPO. = Reichsstrafprozeßordnung.

Kommentare und Lehrbücher sind nur mit dem Namen des Verfassers angeführt.

VII

Literatur. Meyer und Finkelnburg, das Gesetz betreffenb den Verkehr mit N. und G.-M. Berlin 1885. Zinn nnd Haas, das Gesetz betreffend den Verkehr mit N. und G.-M. Nörd­ lingen 1885. Baer, das Gesetz betreffend den Verkehr mit N. und G.-M. Erlangen 1881. Elsner, die Praxis des Nahrungsmittelchemikers. Hamburg 1882. Liszt, Lehrbuch des Strafrechts. Binding, Grundriß. in H°^d°rfs R-chtsl°xik°n. v. Schwarze, die strafrechtlichen Bestimmungen in dem Reichsgesetz vom 14. Mai 1879. Stuttgart 1879. Eulenburg, Handbuch des öffentlichen Gesundheitswesens. Berlin 1881/82. Wiener, Handbuch der Medizinalgesetzgebung. Stuttgart 1883/87. Grießmeyer, die Verfälschung der wichtigsten N. und G.-M. Augsburg 1882. König, Chemie der menschlichen N. und G.-M. Berlin 1879. Lebbin, Nahrungsmittelgesetz. Berlin 1900. Lebbin-Baum. deutsches Nahrungsmittelrecht. Berlin 1907. Menzen, das RG. vom 14. Mai 1879. Paderborn 1898. von der Psordteu, das Gesetz vom 14. Mai 1879. München 1901. Buchka, Nahrungsmittelgesetz. Berlin 1901. Raumer und Späth, Lebensmittelkontrolle. München 1907. Stenglein, strafrechtliche Nebengesetze. Berlin 1903. Aßmann, Verkehr mit N.-M. Bochum 1896. Kuby, Medizinalgesetzgebung in Bayern. Augsburg 1883/91. Würzburg, Nahrungsmittelgesetzgebung. Leipzig 1895. Nimhardt, Nahrungsmittelgesetz. Leipzig 1897. Katz, Verkehr mit N.-M. Berlin 1895. Hasterlik, Lebensmittelkontrolle. Stuttgart 1906. Wimmer, Nahrungsmittelgesetz 1905. (Sachsen). Vereinbarungen zur einheitlichen Untersuchung von Nahrungsmitteln, Genuß­ mitteln und Gebrauchsgegenständen für das deutsche Reich. Berlin 1897 bei Springer. (Herausgegeben vom K. Gesundh. Amt). Dammer, Lexikon der Berfälschnngen. Leipzig 1887. Schneidmühl, die animalischen N. M. Berlin und Wien 1903. Zeitschrift für Untersuchung der N. M. Genußmittel und Gebrauchsgegenstände; Berlin bei Springer. Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes mit Beilagen. Codex alimentarius Austriacus.

VIII

Inhaltsverzeichnis. Seite I.

Einleitung...................................................................................................

III

Abkürzungen...............................................................................................

VI

Literatur..............................................................................................................VII

II.

Erläuterung des Nahrungsmittelgesetzes.............................................

1

III.

Text der gesamten Nahrungsmittelgesetzgebung..................................

85

85

1.

Nahrungsmittelgesetz........................................................................

2.

Gesetz betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegen­

3.

Farbengesetz...........................................................................................

93

4.

Margarinegesetz .................................................................................

97

ständen...................................................................................................

IV.

90

5.

Süßstoffgesetz........................................................................................... 103

6.

Fleischbeschaugesetz.................................................................................. 107

7.

§ 367, Ziffer 7 RStGB.........................................................................116

Im Reiche gültigeAusführungsbestimmungen....................................... 117

Hiezu

1.

Verordnung Über das gewerbsmäßige Verkaufen von Petroleum.................................................................................... 117

2.

Verordnung betr. Verbot von Maschinen zur Her­

3.

Bekanntmachung betr. gesundheitsschädliche und täuschende

stellung künstlicher Kaffebohnen.............................................. 118 Zusätze zu Fleisch rc............................................................ 119

V.

VI. VII.

VIII.

Verordnungen, Ministerialerlasse und oberpolizeiliche Vorschriften

in Bayern................................................................................................. 121 Die in den anderen BundesstaatenerlassenenVerordnungen . . 126 Beurteilung der Nahrungsmittel.

Diewichtigsten Fälschungen

.

Sachregister.............................................................................................127

126

Reichsgesetz betr. den

Verkehr mit Kahrm-smitteln, GrmWtteli md Gedra«lh»-egenßä»I>m. Vom 14. Mar 1879. (RGBl. ®. 145.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen, verordnen im Damen des Keichs nach erfolgter Zustimmung des Kundesrats und des Reichstags, was folgt: § 1. Der Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln, sowie mit Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirr und mit Petroleum unterliegt der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses

Gesetzes. I. § 1 zählt diejenigen Gegenstände auf, bei denen der Verkehr der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes d. i. gemäß § 2 bis 4 und den auf Grund des § 4 Absatz 2 etwa erlassenen oder aufrecht erhaltenen landesrechtlichen Bestimmungen unterliegt. Diese Gegenstände sind nicht die einzigen, auf welche das Gesetz Anwendung findet. In den §§ 5, 6 und 12 Nr. 2 nennt das Gesetz noch eine Anzahl weiterer Gegenstände, für deren Herstellung oder Verkehr es Vorschriften enthält. Auf diese, in § 1 nicht ausgezählten Gegenstände erstreckt sich das Recht der Beauf­ sichtigung gemäß §§ 2 bis 4 des Gesetzes nicht.

I. Die der Beaufsichtigung unterliegenden Gegenstände.

I I. 1. Nahrungsmittel sind Gegenstände, die entweder unzubereitet, oder nach Vomahme einer Bearbeitung, Zubereitung*), Ver­ mischung oder Zusammensetzung mit anderen Stoffen dem menschlichen Körper zugeführt werden, um ihm zur Ernährung zu dienen.

11. Zm einzelnen. 1. Nahrung-mittel.

*) Bgl. hiezu: E. XXXVII 342, XXXVIII 141, Lebbin-Baum S. 93. 1

Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.

2 a) Es ist zum Begriffe des Nahrungsmittels keineswegs erforderlich, daß es in der Form, in der es oorliegt, auch zum Genusse geeignet ist. Es zählen vielmehr zu den Nahrungsmitteln auch diejenigen Gegenstände, die niemals oder nur ausnahmsweise roh oder unzu­ bereitet genossen, sondern vorher noch verschiedenen chemischen oder mechanischen Veränderungen unterworfen werden. (Vgl. E. I. 223, IV. 72; R. III. 456, VIII. 721.)

Es ist auch gleichgültig, ob das Nahrungsmittel für sich allein, sei es unzubereitet oder zubereitet, genossen werden kann, oder ob es nur in Verbindung mit anderen Stoffen genossen zu werden pflegt. Jeder Stoff, welcher bestimmt und geeignet ist, einem Nah­ rungsmittel roh oder verarbeitet als Bestandteil eingefügt und so in Verbindung mit andern Stoffen zur menschlichen Nahrung zu dienen, ist auch für sich als Nahrungsmittel zu erachten. Keine Nahrungsmittel sind allerdings diejenigen Stoffe, die lediglich zwecks Hervorrufung einer mechanischen Wirkung dem Nahrungsmittel zu­ gesetzt werden und nach eingetretener Wirkung wieder ausscheiden, ohne, wenn auch nur teilweise, oder in veränderter Form, Bestand­ teil des Nahrungsmittels zu werden (vgl. E. XXXIII S. 386); die­ jenigen Stoffe hingegen, die sich, wenn auch nur teilweise, mit dem Nahrungsmittel (chemisch) verbinden, sind Nahrungsmittel, soferne sie nur bestimmt und geeignet sind, in Verbindung mit den anderen Stoffen der menschlichen Ernährung zu dienen (z. T. a. M. Lebbin-Baum). LN ist sonach sowohl das Getreide, das zunächst dem mechanischen g des Mahlens zu Mehl, und sodann erst dem chemischen Vorgang der Verarbeitung zu Teig und des Backens zu Brot unter­ worfen wird, das lebende Tier, das erst geschlachtet und zubereitet werden muß, die Saatkartoffel, soferne sie noch nicht genußuntauglich geworden ist (vgl. E. I 223; 9t. III 456, IV 684, VIII 721) in gleicher Weise ein Nahrungsmittel, wie die Hefe, die dem Teig zugesetzt wird, und in diesern, wenigstens zum Teil zurückbleibt (vgl. E. XXXIII S. 301, 386; hingegen D. J.-Z. I S. 424 bezüglich Brotöls) und das Wurstbindemittel, das der Metzger in die Wurstmasse mengt.

Kein Nahrungsmittel und kein Bestandteil eines solchen hin­ gegen ist die in Wasser gelöste Hausenblase, die dem Bier oder Wein zwecks Klärung beigesetzt wird, da sie — abgesehen von ihrer Ge­ nußuntauglichkeit — nur eine rein mechanische Wirkung ausübt und wieder ausgeschieden wird, ohne daß sie auch nur teilweise in dem Pier oder Wein zurückbleibt und mit diesem dem menschlichen Körper zugeführt wird. (Vgl. E. VIII S. 434; R. VII 316.)

b) Nur diejenigen Stoffe, die (für sich oder in Verbindung mit andern) den: menschlichen Körper zur Ernährung dienen sollen, sind Nah­ rungsmittel im Sinne des Gesetzes.

«) Ob diese Eigenschaft gegeben ist, ist im einzelnen Falle Sache der tatsächlichen Würdigung. Auf die Bezeichnung und die



3

dem Stoffe vom Hersteller gegebene Zweckbestimmung hat es hierbei nicht anzukommen. So werden häufig Stoffe als Heil­ mittel bezeichnet sein, die tatsächlich, wenn auch nicht ausschließ­ lich, der menschlichen Ernährung dienen (z. B. Bioson, Hämo­ globin u. s. w.) und daher auch als Nahrungsmittel anzusprechen sind. Ebensowenig kann natürlich die (angebliche oder wirk­ liche) Zweckbestimmung des Herstellers allein — falls nicht die Herstellungsweise die Nahrungsmitteleigenschaft der Zweckbe­ stimmung entsprechend aufhebt — einem Stoffe die Eigenschaft eines Nahrungsmittels nehmen. Maßgebend ist vielmehr die tatsächliche Verwendung des Stoffes, soserne es sich nicht nur um eine vereinzelte Anwendung (zu Versuchszwecken, aus Un­ wissenheit u. s. w.) handelt, sondern eine Übung weiterer Kreise

in Frage kommt. In Entsch. IV 393 wird in dieser Beziehung ausgeführt: Neben dem allgenreinen Herkommen, zufolge dessen ein Gegenstand die bezeichnete Bestimmung hat, können hier­ für besonders individuelle Geschmacksrichtungen und Liebhabe­ reien ganzer Kreise von Konsumenten, wie einzelner Personen (?) und ähnliche tatsächliche Momente maßgebend sein. ß) Die Stoffe müssen der menschlichen Ernährung dienen. Die der Ernährung des tierischen Körpers dienenden Stoffe, z. B. Hundekuchen, sind nicht Nahrungsmittel im Sinne des Gesetzes (vgl. 9t. III 456).

y) Es ist nicht erforderlich, daß die Stoffe dem Körper durch beti Mund zugeführt werden. Auch diejenigen Stoffe, die dem menschlichen Körper zu Ernährungszwecken durch den Darm oder unmittelbar in die Blutbahn zugeleitet werden, sind Nah­ rungsmittel und unterstehen den Vorschriften dieses Gesetzes. Denn auch auf sie trifft der Zweck des Gesetzes, zum Teil sogar in erhöhtem Maße, zu, wie bei den durch den Mund einge­ führten Stoffen.

ö) Stoffe, die dem Menschen ausschließlich zu Heil- oder sonstigen Zwecken, und nicht gleichzeitig auch zwecks Ernährung zuge­ führt werden (wie z. B. Brechmittel), sind keine Nahrungs­ mittel. 2. Genußmittel durch den Mund zugeführt, zu Genußzwecken, ohne daß E. IV 74, Veröffl. 1890 S.

sind Stoffe, die dem menschlichen Körper 2. Genußmitm. d. i. genossen zu werden pflegen und zwar sie zur Ernährung des Körpers dienen (vgl. 733 sSafran^.

Genießen ist im eigentlichen (engeren) Sinne zu verstehen, nicht in dem übertragenen Sinne gleich Genuß, Wohlbehagen bereiten. Stoffe, die dem Körper nicht einverleibt werden, sondem nur dazu dienen, ihm einen Genuß, ein Wohlbehagen zu bereiten (wie der Duft der Blumen

1*

4 (E. IV 72; ci. M. Stenglein S. 341, der auch die Gegenstände, deren Geruch dem menschlichen Genusse dient, zu den Genußmitteln zählt), die Wärme des Ofens (E. IX 46), die Wärme oder Schönheit der Kleidung, kosmetische Mittel u. s. w. sind keine Genußmittel im Sinne des Gesetzes.

Ebensowenig sind Stoffe, die dem Körper nicht durch den Mund zu Genußzwecken einverleibt werden, wie z. B. das unter die Haut ge­ spritzte Morphium, als Genußmittel anzusehen.

Nicht erforderlich ist zum Begriffe des Genußmittels, daß die dem Körper zugeführten Stoffe auch in ihm verbleiben. Zigarren sind daher als Genußmittel zu erachten, wenn auch der eingeatmete Rauch in der Regel schon nach kurzer Zeit wieder aus dem Körper ausgestoßen wird (vgl. E. V 289; R. III 848).

Auch bei den Genußmitteln gilt das oben bezüglich des Begriffes des Nahrungsmittels unter a und b «, ß und ö (nicht y) Ausgeführte. Es kommt also auch hier weder darauf an, ob der Stoff noch einer Zu­ bereitung, Vermischung u. s. w. bedarf (R. IV 684), um genußtauglich zu sein, noch auch ausschließlich darauf, wie der Stoff bezeichnet ist („Heilmittel" vgl. E. IV 393) oder welche Zweckbestimmung ihm der Hersteller gegeben hat. Der Begriff des Genußmittels im Sinne dieses Gesetzes braucht sich nicht immer zu decken mit dem Begriffe des Genußmittels im Sinne von § 370 Ziff. 5 RStGO., da der verschiedene Ge­ setzeszweck hier unter Umständen auch eine andere Auffassung des Be­ griffes bedingen kann, wie dort. 3. Spielware«.

a) Spielwaren sind Gegenstände, die dazu bestimmt sind, zum Spielen zu dienen (vgl. Stenglein S. 364; § 4 des Gesetzes vom 5. Juli 1887). Es ist weder erforderlich, daß dieser Zweck der einzige, noch auch daß es der Hauptzweck ist, es muß aber diese Zweckbestim­ mung, zum Spiele zu dienen, mindestens neben anderen Zweck­ bestimmungen gegeben sein. Es sind daher Gegenstände, die wie die Bilderbücher, Farbstifte u. s. w. neben dem Spielzweck auch der Belehrung, Erlangung gewisser Fertigkeiten und dergleichen dienen, auch unter dem Begriff des Spielzeugs einzureihen. Hingegen sind Gegenstände, die anderen Zwecken dienen, aber nebenbei oder nach Erfüllung ihrer Zweckbestimmung häufig als Spielzeug be­ nützt werden, wie z. B. leere Garnrollen, keine Spielwaren.

b) Bestimmungen über den Verkehr mit Spielwaren enthält auch § 5 Nr. 4 und § 12 Nr. 2 dieses Gesetzes, ferner § 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 25. Juni 1887, betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen und § 4 des Gesetzes vom 5. Juli 1887 betr. die Ver­ wendung gesundheitsschädlicher Farben.

4. E». imd Trinkgeschirr.

4. Unter Eß- und T r i n k g e s ch i r r hn Sinne dieses Gesetzes nui diejenigen Geschirre zu verstehen, aus denen von Menschen u nmittelbar Speisen oder Getränke genossen werden, nicht auch solche,

5 die nur zur Aufbewahrung u. s. w. der Speisen und Getränke dienen, diese auch dann nicht, wenn aus ihnen hin und wieder, nicht aber regel­ mäßig unmittelbar gegessen oder getrunken wird. So sind Siphons (vgl. E. X X 333), Bierflaschen u. s. w. keine Trinkgeschirre, wohl aber Feld­ flaschen. Die zur Fütterung oder Tränkung ooti Tieren dienenden Ge­ fäße fallen selbstverständlich nicht unter den Begriff der Eß- und Trink­ geschirre.

Weitere Bestimmungen über Eß- und Trinkgeschirr finden sich in 8 5 Nr. 4 und § 12 Nr. 2 dieses Gesetzes, ferner in §§ 1, 2 des Reichsgesetzes vom 25. Juni 1887, betr. den Verkehr mit blei- mit) zinkhaltigen Gegen­ ständen. Bestimmungen über einzelne zur Aufbewahrung u. s. w. von Speisen und Getränken dienende Geschirre und Gefäße enthält §3 des letztgenannten Gesetzes. 5. Kochgeschirr umfaßt ähnlich, wie Eß- und Trinkgeschirr, nur diejenigen Gegenstände, in denen die Speisen unuiittelbar zuni mensch­ lichen Genusse zubereitet werden.

5. Kochgeschirr.

Weitere Bestimmungen enthalten §§ 5, 12 dieses Gesetzes, ferner §§ 1, 2, 3 des Gesetzes vom 25. Juni 1887, betr. den Verkehr mit bleiund zinkhaltigen Gegenständen.

6. Weitere Bestimmungen über Tapeten und Farben ent­ halten §§ 5, 12 dieses Gesetzes, ferner das Gesetz vom 5. Juli 1887, betr. die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben, insbesondere bezüglich der Tapeten in § 7.

6. Tapete«. Farven.

Die Kaiserliche Verordnung vom 1. Mai 1882 (RGBl. S. 55) betr. die Verwendung giftiger Farben ist durch letztgeannntes Gesetz außer Kraft gesetzt (§ 15). 7. Petroleum. Weitere Bestimmungen enthält § 5 Nr. 5, sowie die hiernach erlassene Kaiserliche Verordnung vom 24. Februar 1882 (RGBl. S. 40) über das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum und § 12 Nr. 2 dieses Gesetzes.

7. Petroleum.

Der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes unterliegt der B e r k e h r mit den hier (nicht auch mit den in §§ 5 und 12) aufgeführten Gegenständen.

III. verkehr.

Der Begriff des Verkehrs umfaßt nicht nur die gewerbsmäßige oder entgeltliche Veräußerung; unter diesen Begriff fällt vielmehr jede Handlung, durch die einer der genannten Gegenstände dem Gebrauche einer anderen Person zugänglich gemacht wird.

Verkehr ist sohin im weitesten Sinne zu fassen. Eine Einschränkung des Aufsichtsrechtes hinsichtlich des nicht gewerbsmäßigen und nicht ent­ geltlichen Verkehrs ergibt sich lediglich aus den den Umfang des Beauf­ sichtigungsrechtes regelnden Bestimmungen in §§ 2 bis 4 dieses Gesetzes und den gemäß § 4 etwa bestehenden landesrechtlichen Vorschriften. § 2

gibt die Möglichkeit eines Aufsichtsrechtes nur, insoweit Gegenstände der bezeichneten Art feilgehalten werden, § 3 nur, insoweit solche Gegen­ stände feilgehalten oder solche zum Verkaufe bestimmte Gegen­ stände aufbewahrt und hergestellt werden. Eine Beaufsichtigung des nicht gewerbsmäßigen und nicht entgeltlichen Verkehrs wird daher in der Regel nur auf Grund besonderer landesrechtlicher Verordnung in Frage kommen.

Neben den Veräußerungshandlungen gehören auch die eine Ver­ äußerung vorbereitenden Handlungen, insbesondere das Anbieten u. s. w der Waren hierher. IV. Das Auf. stchtSrecht.

Das Beaufsichtigungsrecht wird durch die §§ 2 bis 4 dieses Gesetzes und die gemäß § 4 Abs. 2 etwa bestehenden landesrecht­ lichen Bestimmungen geregelt. Die Ausübung des Aufsichtsrechtes setzt nicht den Verdacht einer strafbaren Handlung, oder gar die Einleitung eines Strafverfahrens voraus. Es ist völlig unabhängig von den durch die Strafprozeßordnung geord­ neten Maßnahmen (Durchsuchung, Beschlagnahme). Die auf..Grund des Aufsichtsrechtes getroffenen Maßnahmen sind also weder an die durch die Strafprozeßordnung vorgeschriebenen Formen gebunden, noch auch erfahren andererseits die nach den Bestimmungen der Strafprozeßord­ nung zulässigen Maßnahmen durch die §§ 2 bis 4 dieses Gesetzes irgend­ welche Einschränkungen.

§2.

Die Beamten der Polizei sind befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art feilgehalten

werden, während der üblichen Geschäftsstunden, oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, einzutreten.

Sie sind befugt, von den Gegenständen der in § 1 bezeichneten Art, welche in den angegebenen Räumlichkeiten sich befinden, oder

welche an öffentlichen Orten, auf Märkten, Plätzen, Straßen oder int Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden, nach ihrer Wahl

Proben zum Zwecke der Untersuchung gegen Empfangsbescheini­

gung zu entnehmen.

Auf Verlangen ist dem Besitzer ein Teil der

Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen.

Für die

entnommene Probe ist Entschädigung in Höhe des üblichen Kauf­

preises zu leisten. numwuio* rechtes im aNftemeinen.

I Die Ausübung des polizeilichen Beaussichtigungsrechtes ist nur innerhalb der durch Gesetz oder gesetzmäßiger Verordnung gezogenen

Grenzen zulässig.

7

Der regelmäßige Umfang des polizeilichen Beaufsichtigungs­ rechtes ergibt sich aus § 2 dieses Gesetzes. Erweiterungen dieses Rechtes ergeben sich:

1. aus § 3 dieses Gesetzes bezüglich der Personen, die auf Grund der §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sind für die Zeit von der Rechtskraft des verurteilenden Erkenntnisses bis zum Ablauf von 3 Jahren nach Verbüßung, Verjährung oder Erlaß der Strafe; 2. aus § 4 dieses Gesetzes für den Fall, daß weitergehende landes­ rechtliche Bestimmungen bestehen; 3. aus §§ 8, 9 und 12 des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1897, bett. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln, bezüglich der Räume, in denen Butter, Margarine, Margarinekäse oder Kunst­ speisefett hergestellt, aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt wird; 4. unter Umständen können die auf Grund der Strafprozeßordnung gegebenen Befugnisse als Ergänzung und Erweiterung des Beaufsichti­ gungsrechtes wirken. II. 1. Dem polizeilichen Beaufsichtigungsrechte unterliegen nur die in § 1 aufgeführten, nicht auch die in §§ 5 und 12 dieses Gesetzes weiterbenannten Gegenstände.

2. Das Recht der Beaufsichtigung steht zu den Beamten der Polizei. Welche Beamte hier in Frage kommen, bestimmt das Landesrecht (vgl. § 4 Absatz 1).

Nur den Beamten der Polizei als solchen, nicht auch den Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft kommt die bezeichnete Befugnis zu. Soweit also die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft nicht auch Beamte der Po­ lizei sind, können sie das Beaufsichtigungsrecht nicht, auch nicht bei Voll­ zug der ihnen strafprozeßrechtlich zustehenden Befugnisse, z. B. einer Durchsuchung der in § 2 genannten Räume, ausüben.

II. Umfang des Beaufsichtigungs­ rechtes im Einzelnen.

1. Gegenstand des BeaufstchtigungSrechtes.

2. Aufsicht». Personen.

Von den Beamten der Polizei steht nach außen hin das Beaufsichti­ gungsrecht mit Wirksamkeit jedem zu; auch soweit die Geschäftsverteilung den Vollzug dieses Rechtes einzelnen von ihnen ausschließlich zugewiesen hat.

3. Das Aufsichtsrecht darf nur ausgeübt werden:

3. orte, a» denen da» Beaufsichtig

a) bezüglich der Räume, in denen Gegenstände der in § 1 bezeichneten «»»«srrcht ausArt feilgehalten, t>. i. zur sofortigen Abschließung von Kaufverträgen etlit!mn‘tbt" und Übergabe an den Käufer bereit gehalten werden.

(Über den

Begriff des Feilhaltens vgl. unten S. 48.)

b) soweit Gegenstände der bezeichneten Art an öffentlichen Orten, auf Märkten, Plätzen und Straßen oder im Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden.

Zu a) Der Beaufsichtigung unterliegen also nicht die Räumlich, feiten, in denen die bezeichneten Gegenstände hergestellt, verpackt ober

8 aufbewahrt werden (vgl. dagegen tz 3 dieses Gesetzes, § 10 des Weingesetzes und § 8 des Margarinegesetzes).

Ob im einzelnen Falle eine Räumlichkeit der in § 2 bezeichneten Art vorliegt, bemißt sich lediglich damach, ob die in diesem Räumen be­ findlichen Gegenstände objektiv unter die in § 1 genannten (s. oben) fallen und ob sie in dem Raum zur sofortigen Abgabe an die Käufer bereit ge­ halten werden*). Es kommt hierbei nicht darauf an, ob diese Gegen­ stände von dem Inhaber der Räumlichkeiten etwa anders bezeichnet oder sonstwie nicht unter § 1 fallend erachtet werden, auch nicht darauf, ob der Inhaber des Raumes oder der Verkäufer ein Feilhalten dieser Waren für gegeben hält oder nicht. Es dürfen sohin Räume betreten werden, in denen als Arzneimittel bezeichnete Gegenstände, welche tatsächlich Nahrungsmittel sind, feilgehalten werden, und ebenso als Magazine be­ zeichnete Räume, in denen aber tatsächlich Gegenstände der in § 1 be­ zeichneten Art nicht bloß gelagert, sondern auch feilgehalten werden.

Zu b) Die Entnahme von Proben der Waren, welche an öffent­ lichen Orten u. s. w. oder im Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden, ist den Beamten nur an solchen Orten gestattet, zu denen ihnen der Zutritt offen steht. Dies wird nach Lage der Sache stets der Fall sein, soweit Waren an öffentlichen Orten u. s. w. verkauft werden, nicht aber immer, soweit sie im Umherziehen verkauft und feilgeboten werden. Ein Eintritt in Privaträume, in denen Waren der bezeichneten Art im Umherziehen verkauft oder feilgeboten werden, ist den Beamten nur mit Genehmigung des Berechtigten gestattet. (Es folgt dies aus der ausdrück­ licher: Bestimmung in Absatz 1 bezüglich der Räume, in denen solche Waren feilgehalten werden.) 4. Zett der BeauMchtigungs-

rechtes.

• 4. a) Der Eintritt in die Räume, in denen Gegenstände der bezeichneten Art feilgehalten werden, ist den Polizeibeamten nur während bet üblichen Geschäftsstunden, oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, gestattet.

Welches die üblichen Geschäftsstunden sind bemißt sich nach den Gepflogenheiten des in Frage kommenden Geschäftes, v. d. Pfordten vertritt die Ansicht (Anmerkung 3 zu § 2), daß dies nach dem Ortsgebrauch zu beurteilen sei. Demgegenüber ist anzuführen, daß das Gesetz eine unnötige Belästigung der Geschäftsleute vermeiden wollte und demgemäß die Zeit der Nachschau auf jene Stunden festsetzte, in denen in den Geschäftsräumen regelmäßig jemand anzutreffen ist. Die Motive be­ sagen S. 13: Die Grenzen der üblichen Geschäftszeit lassen sich im Gesetze nicht bestimmen, sie sind auch nicht etwa nach allgemeinen Ortsgewohn­ heiten, ebensowenig nach der in dem betreffenden Geschäftszweige sondern allein nach der in dem betreffenden konkreten Geschäfte herrschen­ den Gewohnheit zu ziehen. Der Gesetzgeber wollte also, daß darauf *) Diese Voraussetzung kann z. B entfallen. (Vgl. Stenglein L. 341.)

durch Konkurseröffnung wieder

9 Rücksicht genommen wird, wenn ein Geschäftsmann dem Ortsgebrauch entgegen, regelmäßig früher sein Geschäft schließt. Dieser Aus­ legung steht auch der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegen.

Während der üblichen Geschäftsstunden ist dem Beamten der Eintritt in die bezeichneten Räume stets gestattet, auch dann, wenn der Inhaber des Raumes abwesend oder der Geschäftsraum ausnahmsweise geschlossen ist.

Außerhalb der üblichen Geschäftsstunden darf der Beamte die Räume nur betreten, wenn sie (ausnahmsweise) dem Verkehre, d. i. der Allge­ meinheit der Käufer (wenn auch nur zu Zwecken des Großhandels s ebenso Stenglein^) geöffnet sind*). 5. Dem Beamten ist lediglich gestattet, in Ausübung des Aufsichtsrechtes a) die in Absatz 1 des 8 2 bezeichneten Räume zu betreten;

b) von den dort befindlichen (bezw. den tut öffentlichen Orten rc. ver­ kauften und feilgehaltenen) Gegenständen der in § 1 bezeichneten Art Proben zu entnehmen.

Eine Durchsuchung der genminten Räumlichkeiten ist dem Be­ amten nicht gestattet, hingegen ist ihm lticht verwehrt, auch von Waren, die sich nicht zum Zwecke des Feilhaltens in diesen Räumen befinden und ihm ohne Durchsuchung (z. B. weil sie offen auf dem Ladentisch liegen) zugänglich sind, Proben zu entnehmen. Eine Einschränkung auf die feilgehaltenen Waren enthält das Gesetz nicht. Es müßte sonst wohl statt „sich befinden", heißen „feilgehalten werden" (a. M. v. d. Pfordten in Anmerkung 5 zu § 2). Wenn also der Poli­ zeibeamte bei seiner Anwesenheit in den Geschäftsräumen eines Metzgers etwa zufällig em Wurstbindemittel auf dessen Ladentisch stehen sieht, so kann er auch von diesem eine Probe entnehmen, ebenso können auch von den (angeblich oder wirklich) nur zur Schaustellung in der Auslage befindlichen N. oder g. M. Proben ent­ nommen werden (gl. A. Stenglein S. 341). Selbstverständlich ist der Polizeibeantte, der zugleich Hilfs­ beamter der Staatsanwaltschaft ist, nicht gehindert, in den Fällen, in denen sich bei seiner Anwesenheit in den bezeichneten Räumen der Verdacht einer strafbaren Handlung ergibt, sofort im Anschluß an die Ausübung des Beaufsichtigungsrechtes oder statt dessen die zur Ermittelung des Sachverhaltes erforderlichen Handlungen vor­ zunehmen, insbesondere auch unter Beachtung der gesetzlichen Er­ fordernisse eine Durchsuchung oder Beschlagnahme vorzunehmen (§§ 98, 105, 101 RStPO.). *) Die Entnahme von Proben der Waren, welche an öffentlichen Plätzen rc. oder im Umherziehen verkauft oder feilgehalten werden, kann erfolgen, solange ein solches Feilhalten stattfindet, hingegen z. B. nicht mehr, wenn der Hausierer bereits in seine Wohnung zurückgekehrt ist. Über den Begriff verkaufen und feilhalten vgl. S. 47, 48.

Beaufsichtigungs­ rechtes.

10 Über das Vorgehen bei Entnahnre von Proben vgl. von Ramner. Die Zurücklassung eines Teils der Probe wird dann unausführbar sein, wenn in diesem Falle der zur Untersuchung verbleibende Teil so vermindert würde, daß eine erfolgreiche Untersuchung dadurch unmöglich wäre. III. Erzwingbarfeit der auf Mund des Auf­ sichtsrechtes zu­ stehenden Befugnisse.

III. Soweit das Beaufsichtigungsrecht der Polizeibeamten reicht, kann es erzwungen werden. Es kann also sowohl der Eintritt in die be­ zeichneten Räume, wie auch die Entnahme der Proben erforderlichen­ falls durch Ausübung unmittelbarer Gewalt durchgesetzt werden. Der Widerstand gegen die bezeichneten Maßnahmen ist nach § 9 dieses Gesetzes und unter Umständen gemäß §§ 113, 114 des Reichsstraf­ gesetzbuches strafbar.

IV. Entschiidigung.

IV. Für die entnommene Probe (einschließlich des zurückgelassenen Teiles) ist eine Entschädigung in der Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten. Daß die Entschädigung vor oder unmittelbar nach Entnahme der Probe zu gewähren sei, ist nicht gesagt. Es kann daher die Hingabe der Probe keinesfalls von der vorherigen Leistung der Entschädigung ab­ hängig gemacht werden.

Die Entschädigung ist nur in der Höhe des (in dem Geschäfte) üblichen Kaufpreises zu leisten; ein durch die Probeentnahme etwa entstandener weiterer Schaden bleibt außer Berücksichtigung. V. Die polizeiliche Untersuchung.

V Uber die Untersuchung der entnommenen Proben in Bayern vgl. Anhang III.

8 3. Die Beamten der Polizei sind befugt, bei Personen, welche auf Grund der §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, oder welche zur Auf­

bewahrung oder Herstellung solcher zum Verkaufe bestimmtet Gegen­ stände dienen, während der in § 2 angegebenen Zeit Revisionen

vorzunehmen.

Diese Befugnis beginnt mit der Rechtskraft des Urteils und erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet,

an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. I. Voraussetzung der Befugnisse gemäß § 3 d. G.

I. Die Anwendbarkeit des § 3 setzt voraus: 1. daß es sich um Personen handelt, die auf Grund der §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sind.

11

a) Die Verurteilung zur Freiheitsstrafe muß erfolgt fein auf Grund der §§ 10,12,13 dieses Gesetzes. Verurteilungen auf Grund anderer Bestimmungen dieses Gesetzes (z. B. auf Grund von § 14) oder auf Grund anderer Nahrungsmittelgesetze (Gesetz vom 3. Juli 1887 oder ausländischer Gesetze) kommen hier nicht in Betracht. Auch gegen solche Personen, welche auf Grund anderer gesetzlicher Bestim­ mungen (z. B. § 263 des Reichsstrafgesetzbuches) im rechtlichen Zu­ sammenhänge mit §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes verurteilt wurden, unterliegen nicht dem erweiterten Beaufsichtigungsrecht aus § 3, soferne die Verurteilung zur Freiheitsstrafe nicht auf den ange­ zogenen Bestimmungen beruht, sondern aus dem andern, rechtlich mit den Bestimmungen dieses Gesetzes zusammentreffenden Straf­ gesetz entnommen ist (vgl. E. X 206; a. M. Meyer und Finkelnburg S. 83). b) Es muß eine Verurteilung zu einer Freiheits strafe vorliegen. Freiheitsstrafen, welche nicht unmittelbar erkannt, sondern nur an Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe getreten sind, kommen nicht in Betracht. 2. daß das in Frage stehende Erkenntnis rechtskräftig und daß seit dem Tage, an welchem die Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen war, nicht mehr als 3 Jahre abgelaufen sind. Ein diesbezüglicher Ausspruch im Urteil ist nicht erforderlich. a) Das strafrichterliche Erkenntnis muß rechtskräftig, nicht bloß voll­ streckbar sein. Es muß also entweder die Rechtsmittelfrist abgelaufen sein oder sowohl Angeklagter als Anllagebehörde auf Ein­ legung eines Rechtsmittels rechtsgültig (bei Jugendlichen also auch ihr gesetzlicher Vertreter) verzichtet haben. b) Die Befugnis erlischt, wenn von dem Tage an gerechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist, 3 Jahre ab­ gelaufen sind; sie endet also mit dem Tage, welcher durch seine Be­ zeichnung (Datum) dem Tage entspricht, an welchem die Verbüßung der Strafe endete (vgl. § 43 der Reichsstrafprozeßordnung). Bei bedingt Begnadigten läuft die Frist nicht; sie beginnt erst nach völligem Erlaß oder bei Widerruf der Bewährungsfrist nach Verbüßung der Strafe zu laufen (ebenso Stenglein S. 342). § 3 erweitert die Befugnis des Polizeibeamten gegenüber § 2 in doppelter Hinsicht:

1. hinsichtlich des Ortes, wo das Beaufsichtigungsrecht ausgeübt werden darf. Es dürfen nicht nur die Räume, in denen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art feilgehalten, sondern auch die Räume, in denen sie auf­ bewahrt und hergestellt werden, von den Beamten betreten werden.

II. Erweiterung der Befugnisse gegenüber 8 2.

12 Herstellung unrfaßt jede Tätigkeit, durch die den Gegenständen die ihrer Zweckbestimmung entsprechende Form und Zusammensetzung gegeben wird*); es konimen hier also alle Räume in Betracht, in denen auch nur einzelne Herstellungshandlungen vorgenommen werden.

Nicht unter den Begriff der Herstellung fällt das Verpacken und Bezeichnen (Etikettieren) der Ware; die Räume, in denen die bezeich­ neten Waren lediglich verpackt oder bezeichnet (nicht auch gelagert) werden, unterstehen daher nicht der Beaufsichtigung. (Anders nach den Bestim­ mungen des Margarine- und Weingesetzes.)

Die Beurteilung, ob int einzelnen Falle einer der in § 3 bezeich­ neten Räume in Frage steht, richtet sich nach rein objektiven Gesichts­ punkten; eine anderweitige Bezeichnung der in Betracht kommenden Räume oder Waren durch den Geschäftsinhaber ist völlig bedeutungslos (vgl. Anmerkung 3 zu § 2). 2. Hinsichtlich der Art der Ausübung des Beaufsichtigungsrechtes. Es ist den Beamten gestattet „Revisionen" vorzunehmen, sie dürfen also nicht nur einzelne Proben entnehmen, sondern auch die Räume selbst einer Besichtigung und Prüfung auf ihre Beschaffenheit unterziehen, nach Gegenständen durchsuchen, die Maschinen, Geräte, Gefäße, Geschirre oder sonstigen Vorrichtungen,- sowie die vorhandenen Rohstoffe prüfen und sich von ihrem Zustande überzeugen, und endlich auch die Art des Betriebes und der Herstellung der Gegenstände einer Prüfung unter­ werfen, insbesondere auch von etwa in diesen Räumen befindlichen Ur­ kunden (Geschäftsbücher, Rezeptbücher, Rechnungen) Einsicht nehmen.

Ergibt sich bei Vornahme der Revision der Verdacht einer straf­ baren Handlung, so steht es den Polizeibeamten, die zugleich Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind, frei, die nach der Strafprozeßordnung zu­ lässigen Maßnahmen (unter Beachtung der dort vorgeschriebenen Formen) zur sofortigen Ermittelung des Sachverhaltes zu treffen. In solchen Fällen kann auch die Durchsuchung weiterer (in § 3 nicht genannter) Räume, Beschlagnahmen u. a. vorgenommen werden (§§ 94 ff. RStPO.; § 39 Nr. 3 StGB.).

3. Hinsichtlich der Zeit der Ausübung des Beaufsichtigungsrechtes ergibt sich aus § 3 keine Erweiterung gegenüber § 2. Es darf also die Aus­ übung dieser Befugnisse nur innerhalb der in § 2 bezeichneten Zeit erfolgen (vgl. Anmerkung 4 zu § 2). III, Entnahme. ProbenEntschädigung.

111. Für die Entnahme von Proben gelegentlich der Revisionen gelten die Vorschriften des § 2. Es muß also eine Empfangsbestätigung erteilt und auf Verlangen (soweit ausführbar) dem Besitzer ein Teil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückgelassen werden. Auch ist ihm für die entnommene Probe eine Entschädigung in der Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten (siehe Anmerkung IV zu § 2).

*) E. VII. 151 erklärt den Begriff Herstellen als „FertigsteUen zum Genusse".

13 Eine weitere Entschädigung für sonstige, ihm etwa durch die Vor­ nahme der Revisionen zugehende Nachteile kann er nicht fordern.

IV. Die Duldung der Revisionen kann mit Gewalt erzwungen ^-«r»wing-ar' werden. Widerstand gegen die Vornahme der Revisionen ist gemäß § 9 1 w e an-

dieses Gesetzes und §§ 113, 114 des Reichsstrafgesetzbuchs strafbar. V. Eine Erweiterung der in § 3 geregelten Befugnisse ergibt sich:

1. falls aus Grund des § 4 Absatz 2 weitergehende landesrechtliche Bestimmungen bestehen;

Y. Erweiterung der Befugnisse de» 8 3.

2. bezüglich des Verkehrs mit Butter, Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett. Hier können die Herstellungsräume jederzeit, ferner während der Geschäftszeit auch die Verpackungsräume betreten und da­ selbst Revisionen vorgenommen werden; es besteht ferner eine Auskunfts­ pflicht der Betriebsunternehmer gegenüber der Polizeibehörde (§§ 8, 9 des Gesetzes vom 15. Juni 1897, betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln); 3. bezüglich des Verkehrs mit Wein;

4. in den Fällen, in denen die Vorschriften der Strafprozeßordnung (über Durchsuchung ?c.) zur Anwendung gelangen können (f. oben An­ merkung II 2).

§4.

Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten zu den in §§ 2 und 3 bezeichneten Maßnahmen richtet sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen. Landesrechtliche Bestimmungen, welche der Polizei weiter­ gehende Befugnisse als die in §§ 2 und 3 bezeichneten geben, bleiben

unberührt. Durch § 4 werden die bisher geltenden landesrechtlichen Bestimmungen aufrecht erhalten und gleichzeitig die Möglichkeit gewährt, neue Bestimmungen durch Gesetz oder Verordnung zu erlassen. Die Bestim­ mung der zuständigen Beamten kann von den Einzelstaaten unmittelbar erfolgen oder den unteren Behörden überlassen werden (vgl. auch E. IX 121).

I. Lande»rechtliche Bestimmungen.

Über die für Bayern gültigen Verordnungen und Ministerialerlasse siehe Anhang III.

IL 3« Bayern in»besondere.

Im Geltungsbereiche des preußischen Landrechts sind die Polizei- in.»ei»er,ehenbeamten, denen die Aufsicht über den Marktverkehr obliegt, befugt, Gegen- bt ’5o,f■ 2. Der Begriff des nachgemachten und verfälschten Nahrungsmittels ».Da»echte«.m. setzt den Begriff des echten Nahrungs- und Genußmittels voraus. Wie das echte Nahrungs- und Genußmittel im einzelnen Fall be­ schaffen sein muß, ist Sache der tatsächlichen Würdigung. Eine Festlegung der Beschaffenheit der einzelnen echten Nahrungsmittel oder Genußmittel

20

durch Nahrungsmittelbücher oder ähnliche Verzeichnisse mit der Wirkung, daß die Nahrungsmittel mit der in jenem Verzeichnisse aufgeführte:: Be­ schaffenheit als echt und die mit einer abweichenden Beschaffenheit als unecht anzusehen wären, gibt es derzeit nicht. Derartige, von einzelnen Handelsverbänden aufgestellte Verzeichnisse haben vielmehr nur die Be­ deutung, daß sie unter Umständen die Übung des reellen Handels bei der Herstellung der einzelnen Nahrungs- oder Genußmittel ersehen Sie überheben aber den Richter nicht der Aufgabe, gleichwohl in einzelnen Falle, erforderlichenfalls unter Heranziehung geeigneter verständiger, festzustellen, welcher Art jeweils die Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels sein muß.

lassen. jeden: Sach­ echten

Die Frage nach der Echtheit eines NahrungsoderGenußmittelsistreinobjektiv (ebenso R. VII S. 203). Ein Nahrungsmittel von einer gewissen Beschaffenheit ist entweder zu­ folge dieser Beschaffenheit echt oder es ist zufolge dieser Beschaffenheit unecht, d. i. nachgemacht oder verfälscht, gleichviel, welch sonstige äußere Verhältnisse im einzelnen Falle gegeben sind. Bei gleichbleibender Be­ schaffenheit kann also niemals lediglich durch wechselnde äußere Verhält­ nisse ein echtes Nahrungsmittel unecht oder ein unechtes zu einem echten werden, Daraus folgt, daß für die Frage nach der Echtheit nur solche Gesichtspunkte in Betracht kommen können, welche sich auf die Beschaffen­ heit des Nahrungs- oder Genußmittels beziehen und innerhalb des ganzen Geltungsgebietes dieses Gesetzes für die Beurteilung der Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels maßgebend sind. Von der Frage nach der Echtheit streng zu trennen ist die Frage nach der beabsichtigten oder möglichen Täuschung in Handel und Verkehr. Im Verkehr besteht, oft schon mit Rücksicht auf den hohen Preis mancher echten Nahrungs- und Genußmittel das Bedürfnis und die Nach­ frage nach Ersatzmitteln. Soweit diese Ersatzmittel nur an Güte geringer sind und eine Schädigung der Gesundheit oder der wirtschaftlichen Inter­ essen der Abnehmer nicht zu befürchten ist, läuft ihre Herstellung oder ihr Verkauf den Zwecken dieses Gesetzes nicht im mindesten zuwider. Es besteht daher auch für den reellen Handel kein Bedenken, diesem Bedürf­ nisse und Begehren der Abnehmer Rechnung zu tragen und derartige Ersatzmittel herzustellen. Der Abnehmer andererseits wird, auch wenn er die wirkliche Natur dieser Ware kennt, keinen Anstand nehmen, sie wegen ihrer Billigkeit oder sonstigen Vorzüge zu kaufen und zu verwenden.

Hierdurch aber wird das Ersatzmittel nicht zum echten Nahrungs­ mittel; es bleibt, auch wenn jede Täuschung oder sonstige Schädigung des Abnehmers völlig ausgeschlossen ist, gleichwohl ein nachgemachtes oder verfälschtes Nahrungsmittel; insbesondere ist das Ersatzmittel nicht etwa nur eine „billigere Sorte" des echten Nahrungs- oder Genußmittels.

Welche Gesichtspunkte für die Beurteilung der Nahrungs - oderGenußmittelim einzelnen regelmäßig maß­ gebend sind, ist verschieden, je nachdem es sich handelt um:

21 a) Naturerzeugnisse, welche in ihrem ursprünglichen (rohen) Zustande genossen werden;

b) Naturerzeuginsse, welche nach einer Zubereitung oder Verarbeitung genossen werden; c) solche Nahrungs- oder Genußmittel, welche mit andern Stoffen (Nahrungs- oder Genußmitteln) vermischt oder verbunden genossen werden.

Zu der ersten Gruppe gehören z. B. die meisten Früchte, der Wabenhonig, die natürlichen Mineralwasser, zur zweiten Gruppe das Mehl, der Schleuderhonig, das rohe und zubereitete*) Fleisch, zur dritten Gruppe die Würste, das Brot und die meisten andern Lebensmittel. Für die Naturerzeugnisse gibt ihr Naturzustand einen völlig sicheren Maßstab für die Beurteilung ihrer Echtheit (so auch E. XIV S. 428).

Bei den übrigen Nahrungs- und Genußmitteln sind für die Frage nach der Echtheit maßgebend:

a) etwaige gesetzliche Bestimmungen über die Zubereitung, Verar­ beitung, Herstellung oder Zusammensetzung der Nahrungs- und Genußmittel;

b) der Gebrauch des reellen (ehrlichen) Handels;

c) die allgemeine Verkehrsanschauung. Weitere Gesichtspunkte, insbesondere Ortsgebrauch oder Preis können hier (anders bei der Frage nach der Täuschungsabsicht) keine Berucksichtigung finden.

^.Gesetzliche Bestimmungen über die Zusammensetzung oder die Beschaffenheit einzelner Nahrungs­ und G e n u ß m i t t e l. Die Bedeutung gesetzlicher Gebote oder Verbote ist für die Frage nach der Echtheit eines Nahrungs- oder Genußmittels verschieden, je nachdem diese Bestimmungen gesundheitspolizeilichen oder fiskalischen Erwägungen ihre Entstehung verdanken, ferner je nachdem sie bezwecken, Täuschungen im Handel und Verkehr hintanzuhalten oder den Polizei­ behörden ihre Aufsicht zu erleichtern.

Bestimmungen der ersteren Art sind z. B. die Vorschriften des Reichs­ gesetzes bett, die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei der Her­ stellung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, solche der 2. Art das bayerischen Malzaufschlagsgesetz; zu der 3. Art zählt § 2, zu der 4. Art § 6 des Margarinegesetzes. *)

Über den Begriff vgl. §1,2 und 3 der Aussührungsbestirnrrmngen D

zum Fleischbeschaugesetze.

K. Gesetzliche Regelung.

22 Bei den aus gesundheitspolizeilichen Gründen und zwecks Ver­ hütung einer Täuschung in Handel und Verkehr erlassenen Vorschriften, sei es, daß sie für die Zusammensetzung oder Beschaffenheit bestimmte Regeln aufstellen, wie das Weingesetz, oder die Verwendung bestimmter Stoffe verbieten, wie z. B. die Bekanntmachung vom 18. Februar 1902 (RGBl. S. 48) betr. gesundheitsschädliche und täuschende Zusätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen, ferner bei den Gesetzen, die wie das frühere Süßstoffgesetz, ein Abweichen von der gesetzlichen Regel ausdrücklich als Fälschung bezeichnen, sind diese Vorschriften für die Beurteilung der Echtheit ausschlaggebend. Hier kann angesichts des Gesetzeszweckes anderweitigen Auffassungen über die Beschaffenheit des ordnungsgemäßen (d. i. echten) Nahrungs­ oder Genußmittels keine Bedeutung zukommen. Ein etwaiger abweichender Handelsbrauch wäre ebenso bedeutungslos, wie eine etwaige andere Ver­ kehrsauffassung.

Hingegen schließt der Umstand, daß das Gesetz gewisse Zusätze oder Herstellungsweisen als Verfälschung bezeichnet, selbstverständlich nicht aus, daß auch andere, vom Gesetze nicht genannte Zusätze oder Herstellungs­ arten sich nach den sonst maßgebenden Gesichtspunkten auch als Nach­ ahmung oder Verfälschung dnrstellen (vgl. E. XXXI S. 54, XXXII S. 203). Bei den gesetzlichen Vorschriften hingegen, die nur fiskalischen Er­ wägungen entspringen oder den Polizeibehörden die Aufsichtsführung erleichtern sollen, nimmt das Abweichen von der gesetzlichen Regel nicht notwendig dem Nahrungs- oder Genußmittel die Eigenschaft der Echt­ heit. Es wird hier vielmehr darauf ankommen, ob mit Rücksicht auf die gesetzliche Regel der ehrliche Handel und die allgemeine Verkehrsanschauung nur ein Nahrungsmittel von einer dem Gesetze entsprechender Beschaffen­ heit als echt anerkennen, oder nicht (vgl. E. XI S. 294).

In der Regel freilich werden sich die Bestimmungen der Gesetzes und die Anschauungen des ehrlichen Handels, wie der Allgemeinheit decken. Bezüglich der Beschaffenheit des bayerischen Bieres insbesondere lassen zahlreiche Entscheidungen des Reichsgreichts ersehen, daß eine von den Bestimmungen des Malzaufschlaggesetzes abweichende Beschaffenheit die Echtheit des Bieres (und zwar ganz allgemein, nicht nur innerhalb Bayerns) aufhebt, da man eben unter echtem bayerischen Bier nur ein Gebräu von der im bayerischen Malzaufschlagsgesetz vorgeschriebenen Beschaffenheit und Zusammensetzung erwartet (vgl. 6. VII 314, XI 294, XII 94, XIII 97 S. II Bd. I S. 549, II S. 117, III S. 289).

Ausnahmen sind indes nicht undenkbar. So ist wohl anzunehmen, daß eine, sonst völlig den Vorschriften des Margarinegesetzes entsprechende, jedoch des in § 6 des genannten Gesetzes bezeichneten Zusatzes (Sesam­ öl) entbehrende Margarine gleichwohl als unverfälscht anzusehen ist, so daß also lediglich eine Verfehlung gemäß § 14 Nr. 3 des Margarinege­ setzes, nicht aber gemäß § 10 des Nahrungsmittelgesetzes gegeben ist.

23 B. Der Gebrauch des ehrlichen (reellen) Handels.

Für die Beurteilung der Echtheit eines Nahrungs- uni) Genuß­ mittels ist der Gebrauch des ehrlichen Handels von der hauptsächlichsten Bedeutung. Dann nach dem Gange der Dinge wird dieser Gebrauch sowohl für die allgemeine Verkehrsanschauung, wie in der Regel auch für die Gesetzgebung vorbildlich unb zum Teil allen: ausschlaggebend sein. Es ist kein Zweifel, daß selbst der Gebrauch des unlauteren Handels auf die Anschauungen weiter Kreise über die Beschaffenheit bestimmter Waren maßgebend einwirkt. Umsomehr muß daher der Gebrauch des ehrlichen Handels das Urteil der Fachleute sowohl, wie der Abnehmer beeinflussen. Fälle, in denen sich der Gebrauch des ehrlichen Handels und die allgemeine Verkehrsanschauung nicht decken, werden kamn vor­ kommen. Bon einem Gebrauchdesehrlich en Handelska nn aber nur dann die Rede sein, wenn nach der Her­ stellungsart und Zusammensetzung des Nahrungs­ und Genußmittels nicht der Schein erweckt wird, als besitze die Ware einen Gebrauchswert, den sie nicht hat (vgl. R. VIII S. 552).

Es sind daher unter diese Gebräuche des ehrlicher: Handels nicht alle, wenn auch in weitesten Kreisen üblich gewordenen, möglicherweise auf Täuschung abzielenden Verfahren, sondern nur die in dem ehrlichen und lauteren Handel üblichen, aus der Natur des Verkehrs sich ergebenden Gebräuche zu verstehen (vgl. E. VI 51, XIV 428, XV 161, ferner Kommissionsbericht zum Gesetzesentwurf); die herkömmliche und gewohn­ heitsmäßige Täuschung eines hierdurch minder empfindlichen Publikums ist hiervon streng zu scheiden (E. XV S. 192). Es ergibt sich also, daß de:: Gebräuchen des ehrlichen Handels zwar eine ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung der Echtheit eines Nahrungs- oder Genußmittels einzuräumen ist, daß aber die Frage, ob tatsächlich ein Gebrauch des ehrlichen Handels in Frage steht, genauester Prüfung bedarf.

Von diesem Standpunkt aus ist auch die Bedeutm:g eines von ein­ zelnen Verbänden von Nahrungsnüttelhändlern aufgestellten „Nahrungs­ mittelbuches", das Angaben macht übet die zulässigen Herstellungsarten und Zusammensetzung einzelner Nahrungs- und Genußmittel, zu beur­ teilen. Die Angaben lassen ersehen, wie der Gebrauch des Handels ist. Ob er berechtigt ist und sich mit der allgemeinen Verkehrsanschauung deckt, bezw. auch den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, bedarf in der Regel der Prüfung in jeden: einzelnen Falle. Über den Unterschied zwische:: „neuen Sorten" und Fälschungen siehe unten S. 35.

24 c-«fcha!m«g**'

0. Die allgemeine Verkehrsanschauung.

Wie schon Seite 23 ausgeführt wurde, ist für die allgemeine Verkehrs­ anschauung in der Regel der Gebrauch des ehrlichen Handels ausschlag­ gebend. Es kann aber nicht minder ein weit verbreiteter Mißbrauch des unlauteren Handels von Einfluß auf die Anschauungen weitester Kreise sein. So gelingt es nicht selten, Nachahmungen oder Verfälschungen als andere, billigere Sorten (f. unten S. 85) des echten Nahrungs- oder Genuß­ mittels in Verkehr zu bringen und durch die Gewohnheit in weiten Kreisen den Irrtum zu unterhalten, als handle es sich tatsächlich um eine billigere Sorte der echten Ware. Eine als allgemeine Verkehrsanschauung bezeichnete Auffassung bedarf daher stets einer besonders sorgfältigen Nachprüfung in der Richtung, ob sie sich nicht etwa nur als ein durch gewohnheitsmäßige Täuschung hervorgerufenes Nichtempfinden der Fälschung darstellt (vgl. hierzu E. XV 192)*) Ein solches Nichtempfinden findet sich, abgesehen von der oben er­ wähnten Verwechselung von Fälschungen und billigeren Sorten, ins­ besondere da, wo sich die Allgemeinheit infolge eines örtlichen Herkommens daran gewöhnt hat, Zusätze zu einem Nahrungsmittel (z. B. Mehl zu Wurst), die tatsächlich als Verfälschungen anzusehen sind, als ordnungs­ gemäße Bestandteile dieses Nahrungsmittels zu betrachten. Daß dieses Empfinden an solchen Orten allgemein ist, fällt nicht ins Gewicht; denn eine örtliche Auffassung ist noch keine allge­ meine Verkehrsanschauung. Allgemein ist eine Verkehrs anschau ung viel m ehr nur, wenn sie innerhalb des ganzen Geltungsgebietes des Nahrungsmittelge­ setzes überwiegt. (Ähnlich wird mit Recht Goltd. XLIII 42 be­ züglich des Begriffs „Verdorben" ausgeführt, daß er innerhalb des ganzen Reiches des Gleiche sei.) Örtlichen Anschauungen kommt, ebenso wie Anschau­ ungen, die nur in einzelnen Provinzen u. s. w. herrschen, nur die Bedeutung zu, die einem örtlichen Herkommen zuzugestehen ist (s. unten S. 25 f.). Anschauungen einzelner Personenkreise, welche von der allgemeinen Verkehrsauffassung abweichen, können für die Beurteilung der Echtheit eines Nahrungs- oder Genußmittels gleichfalls nicht als maß­ gebend erachtet werden, mögen sie gegenüber der allgemeinen Auffassung geringere oder weitgehendere Anforderungen stellen.

Anschauungen endlich, die außerhalb des deutschen Reiches bestehen, können auch dann, wenn das in Frage stehende Nahrungs- oder Genuß­ mittel aus jenem ausländischen Gebiete stammt, eine Geltung nur dann beanspruchen, wenn auch die allgemeine Verkehrsanschauung des In­ landes unter diesem Nahrungs- oder Genußmittel eine der ausländischen *) Vgl. Lebbin-Baum S. 93: „Die berechtigten Erwartungen sind nicht nachzuprüfen an dem Teil der Käufer, die sich keine Mühe geben, darüber nachzudenken, was sie erhalten."

25 Auffassung entsprechende Ware erwartet, in der Regel also nur dann, wenn es sich um solche Nahrungs- oder Genußmittel handelt, die im Jnlande nicht hergestellt werden oder an Güte die inländischen Erzeugnisse übertreffen. Im übrigen sind auch ausländische Nahrungs- und Genußmittel ausschließlich nach der allgenreinen Verkehrsanschauung des Inlandes zu beurteilen.

Es ist noch zu untersuchen, ob auch andere Umstände, insbesondere ein besonderes örtliches Herkommen und der für die Ware geforderte Preis für die Beurteilung der Echtheit eines Nahrungs- oder Genuß­ mittels maßgebend sind. D. Das örtliche Herko m m e n.

Das Reichsgericht räumt auch dem örtlichen Herkonrmen für die Beurteilung der Echtheit eines Nahrungs- oder Genußmittels ein ent­ scheidende Bedeutung ein (vgl. E. XVI 316, XXIX 258, XXXI 72; R. VII 203; ebenso 8. II Bd. IX S. 163). Es steht aus dem Standpunkt, daß das örtliche Herkommen am ». Ortsgebrauch. Orte der Herstellung (in Entsch. XVI 316 wird gefordert, daß das örtliche Herkommen am Orte der Herstellung und des Verkaufes das Gleiche sein müsse) gleichfalls für die Frage nach der Echtheit eines Nahrungs­ mittels von Einfluß sei. Es wäre sohin eine mit Mehl versetzte Wurst dann als echtes (unverfälschtes) Nahrungsmittel anzusehen, wenn am Orte ihrer Herstellung (bezw. zugleich am Orte ihres Verkaufes) der Mehl­ zusatz einem allgemeinen örtlichen Herkommen entspricht. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Wie der reichsgesetzliche Begriff des Verdorbenseins (vgl. Goltd. XLIII 42), so muß auch der reichsgesetzliche Begriff des Nachgemachten oder Verfälschten für das ganze Geltungsgebiet des Gesetzes einheitlich sein. Der gegenwärtige Standpunkt entspringt wohl der begreiflichen Scheu, Nahrungsmittel, bei denen mit Rücksicht auf das örtliche Herkommen die Absicht der Täuschung in Handel und Verkehr ausgeschlossen ist, gleich­ wohl mit Rücksicht auf ihre tatsächliche Beschaffenheit als unecht zu be­ zeichnen. Die Folge dieses Standpunktes ist, daß ein Nahrungsmittel von einer bestimmten Beschaffenheit an einem Orte des Geltungsgebietes des Gesetzes als echt, an einem anderen Orte des Geltungsgebietes als unecht anzusehen ist. Diese Folge ist in E. XXXI S. 72 auch gezogen. Hieraus ergibt sich weiter Folgendes: Ist man der Auffassung, daß nur diejenigen Stoffe als Bestand­ teile des echten Nahrungsmittels anzusehen sind, deren Verwendung sowohl das örtliche Herkommen des Herstellungsortes, wie auch des Ver­ kaufsortes gestattet, so würde unter Umständen ein echtes Nahrungsmittel allein durch die Versendung an einen andern Ort des Reichsgebietes zum unechten werden.

26

Die Versendung aber kann zweifelsfrei nicht als Verfälschungshand­ lung angesehen werden. Diese ist also in der Art der Herstellung des Nah­ rungsmittels zu suchen. Begründet aber die Art der Herstellung ob­ jektiv die Schaffung eines unechten Nahrungsmittels, falls dieses — absichtlich oder zufällig — an einen Ort gelangt, wo das von der allge­ meinen Übung abweichende örtliche Herkommen des Herstellungsortes nicht herrscht, so ist angesichts des für das ganze Reich in gleicher Weise gültigen Gesetzes nicht einzusehen, weshalb dies anders sein müsse, wenn eine derartige Versendung zufällig nicht erfolgt*).

Es ergäbe sich weiter die Folge, daß bei dem Vorhandensein eines derartigen örtlichen Herkommens zwar die an diesem Orte hergestellten und verkauften Nahrungsmittel, die diesem Herkommen, nicht aber der allgemeinen Norm entsprechen, als echt anzusehen sind, nicht aber die dorthin von einem Orte aus, wo ein solches Herkommen nicht besteht, versendeten. Es wären also in der gleichen Stadt Nahrungsmittel von völlig gleicher Beschaffenheit verschieden zu beurteilen, je nachdem sie dort, oder in einem anderen Orte hergestellt sind. Die Unhaltbarkeit dieser Folge dürfte auf der Hand liegen. Ist man hingegen der Auffassung, daß nur das örtliche Herkommen am Herstellungsorte in Betracht komme, so ergäbe sich gleichfalls, daß am gleichen Orte Nahrungsmittel von völlig gleicher Beschaffenheit bald als echt, bald als verfälscht zu erachten wären, je nachdem sie in einem Orte hergestellt sind, wo ihre Beschaffenheit einem von der Norm ab­ weichenden örtlichen Herkommen entspricht, oder an einem Orte, wo kein derartiges Herkommen besteht. Dies Ergebnis kann unmöglich be­ friedigen und ergibt deutlich die Unrichtigkeit der mehrgenannten Rechts­ auffassung. Tatsächlich handelt es sich eben nut Rücksicht auf die Einheit der reichsrechtlichen Begriffe für das ganze Reich nicht um eine bald als echt bald als unecht zu beurteilende Beschaffenheit, sondern einzig darum, daß das Bestehen eines besonderen Herkommens eine Täuschung im Verkehr an diesem Orte bei Befolgung dieses Herkommens voll­ kommen ausschließen. Dem örtlichen Herkommen gleichzubehandeln sind die in einzelnen Provinzen u. s. w. herrschenden Herkommen. Eine Bedeutung kann ein örtliches Herkommen für die Echtheit eines Nahrungsmittels nur in dem Falle haben, daß ein nach diesem Her­ kommen hergestelltes Nahrungsmittel a l l g e m e i n im Reiche als eine besondere (echte) Sorte oder Art angesehen wird; meist freilich wird es sich hierbei nur um örtliche Herkommen handeln, die eine Verbesserung des Nahrungsmittels zur Folge haben (z. B. bayerisches Bier). *) Das Ergebnis wird nod) unbefriedigender, wenn man den Fall an­ nimmt, daß eine größere Masse von Lebensmitteln nach einem von der Norm abweichenden örtlichen Herkommen hergestellt wird, von der nur ein bei der Herstellung unausgeschiedener Teil nach einem Orte ohne solches örtliches Herkommen versandt werden soll.

27 E. Der Preis.

Auch dem Preise eines Nahrungsmittels scheint in E. XXX S. 393 ein Einfluß auf die Frage nach seiner Echtheit eingeräumt werden zu wollen. Zu Unrecht. Ein Nahrungsmittel von einer bestimmten Be­ schaffenheit ist zufolge dieser Beschaffenheit echt oder unecht, je nachdem sie der Norm entspricht oder nicht. Auf die Höhe des Preises kann es hierbei nicht ankommen*). Ein echtes Nahrungsmittel kann durch eine Veränderung des Preises ebensowenig zu einem unechten werden, wie um­ gekehrt. Mit Recht ist daher in einem anderen Erkenntnis des Reichs­ gerichts (vom 29. Januar 1889, Beilage zum Reichsanzeiger 1890 S. 148) ausgesprochen, daß der geforderte Preis für den Tatbestand der Verfälschung eines Nahrungsmittels ohne Belang sei. Von Bedeutung ist der Preis hingegen meist für die Frage nach der Absicht der Täuschung in Handel und Verkehr. (Veröffl. (Beilage) IV S. 144). Den Gegensatz zu den echten Nahrungsmitteln bilden die nach­ gemachten und verfälschten Nahrungsmittel. Die Frage nach dieser Eigenschaft ist, wie die Frage nach der Echtheit, rein ob­ jektiv (R. VII S. 203, oben S. 20). In Betracht kommt lediglich die tatsächliche Beschaffenheit des Nahrungs- oderGenußmittels im einzelnenFalle im Verhältnis zu der Beschaffenheit des echten Nahrungs- und Genußmittels. Der gewöhnliche Sprachgebrauch allerdings pflegt unter „ver­ fälscht" (darunter sind auch die „nachgemachten" Nahrungsmittel be­ griffen) nicht bloß zu verstehen, daß die Beschaffenheit einer Ware eine bestimmte Abweichung von der Norm aufweist, sondern auch, daß zufolge dieser Beschaffenheit die wahre Natur des Nahrungs- oder Genußmittels mehr oder weniger verdeckt erscheint. Es ist also die Frage nach der Täuschung im Verkehr nicht völlig von dem Begriffe des Verfälschens geschieden. „Diesen Begriff" — so führen die Motive S. 18 ff. aus —, „welcher in § 367 Nr. 7 ohne nähere Definition vorkommt, und in der Rechts­ übung zu Schwierigkeiten Veranlassung gegeben hat und namentlich als zu eng bezeichnet worden ist, versuchte der Entwurf aufzulösen". Er legte ihn dahin fest, daß als Verfälschen ein Verschlechtem mittels Entnehmens und Zusetzens von Stoffen oder Versehen mit dem Schein einer besseren Beschaffenheit zum Zwecke der Täuschung in Handel und Verkehr anzu­ sehen sei. Die gesetzliche Festlegung des Begriffes wurde zwar später fallen gelassen; die Zerlegung des Begriffes in das Merkmal der Schaffung eines bestimmten von der Norm abweichenden Zustandes und das Merkmal der Absicht der Täuschung in Handel und Verkehr blieb hingegen bestehen-

*) Zu beachten ist hier besonders die Gepflogenheit, Fälschungen als „billige Sorten" des echten Nahrungsmittels auszugeben. Die mit Stärkemehl vermischte Marmelade (E. XXX S. 393), ist ebenso, wie eine mit Mehl versetzte Schokolade (objettiv genommen), verfälscht, wenn das Mehl nicht zu den ordnungsgemäßigen Bestandteilen der echten Marmelade oder Schokolade (der „teuren" Sorten) gehört und die Beschaffenheit der Ware durch den Zusatz verschlechtert wird (vgl. S. 32), gleichviel, ob der geforderte Preis niedrig ist und jede Täuschungsabsicht fehlt, oder ob er hoch berechnet ist und die Fälschung dem Käufer verheimlicht werden soll.

E. Der Preis.

3. Nachmachen und verfälschen.

28 Es muß demgemäß die Frage nach der Täuschung von der Frage nach der tatsächlichen Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels völlig losgelöst werden. Nachmachen oder Verfälschen bedeuten daher nur die Schaffung eines bestimmten, vom Echten abweichenden Zustandes, gleichviel, welche Zwecke dabei verfolgt werden, insbesondere ohne Unterschied, ob eine Täuschung im Handel und Verkehr beabsichtigt bezw. möglich ist oder nicht. Unterschied beider Begriffe.

Das Nachmachen insbesondere.

In der Regel wird von V e r f ä l s ch e n dann die Rede sein, wenn bei oder nach der Herstellung eines Nahrungs- oder Genußmittels unzu­ lässige Zusätze gemacht wurden, oder ein Entzug von Stoffen stattfand; während man von N a ch m a ch e n dann spricht, wenn einem Gegen­ stand der Schein eines bestimmten Nahrungs- oder Genußmittels, das er tatsächlich nicht ist, gegeben wird; zweifellos also stets bann, wenn zur Herstellung eines solchen angeblichen Nahrungsmittels ausschließlich Stoffe verwendet sind, die nicht zu den Bestandteilen des betreffenden echten Nahrungsmittel gehören (z. B. gefärbter Sago als Kaviar). Allein die Ab­ grenzung ist nicht in allen Fällen möglich; nicht selten fließen beide Hand­ lungen völlig zusammen (z. B. bei Herstellung angeblich „neuer Sorten"); auch schließt die Verwendung wirklicher Bestandteile des echten Nahrungs­ mittels die Annahme des Nachmachens ebensowenig aus, wie die Ver­ wendung mehrerer fremder Bestandteile, die Annahme einer Fälschung (vgl. E. V 178, XIV 432, XXI149, 439, XXIV 240, XXXI 72; R. IV 485).

Eine strenge Scheidung beider Begriffe ist aber auch nach Zweck und Wortlaut tzes Gesetzes nicht geboten; es genügt in allen Fällen die Feststellung, daß die eine oder die andere Tatsache gegeben ist; es bedarf daher auch, falls die Anklage Verfälschung annahm und der erkennende Richter Nachmachung für gegeben hält, keines Hinweises auf die Ver­ änderung des rechtlichen Gesichtspunktes (vgl. E. XIV 432, XXI 439). Ein Nahrungs- oder Genußmittel nachmachen heißt einen Gegen­ stand so Herstellen, daß er nach seiner Form, seinem Stoff, Geruch, Ge­ schmack oder sonstigen äußeren Kennzeichen (bezw. nach mehreren dieser Anzeichen) ein b e st i m m t e s Nahrungs- oder Genußmittel zu sein scheint, während er in Wirklichkeit kein solches ist (vgl. E. IV 434, XVII 151, XXI 439' XXIV 240, XXV 182, XXXI 72; R. IV 485; Kammergericht Berlin

vom 13. Januar 1902, Veröffl. VI S. 226).

Es ist sohin sowohl das Formen von Margarine in eine sonst nur für den Verkehr mit Butter übliche Form (vgl. E. XIX 151), wie die Her­ stellung von Zitronensaft aus (chemischer) Zitronensäure statt aus dem Saft der Zitronfrüchte, wie überhaupt die Herstellung aller künstlicher Nahrungs- und Genußmittel (Kunsthonig u. s. w.) ein Nachmachen von Nahrungs- und Genußmitteln im Sinne des Gesetzes. S. III Bd. VII S.340.) Begrifflich setzt das Nachmachen stets das Vorhandensein eines echten Nahrungs- oder Genußmittels voraus, das nachgemacht, d. h. dessen Äußeres vorgetäuscht werden soll (vgl. Veröffl. VI S. 226; E. XXV 182; Goltd. XLIX 141).

29 Es ließe sich allerdings die Möglichkeit denken, daß ein Gegenstand hergestellt wird, der nach seiner Form, seinem sonstigen äußeren Kenn­ zeichen, insbesondere durch seine Benennung den Anschein erweckt, daß er ein bisher zwar nicht bekanntes, aber bekannten Nahrungsmitteln ver­ wandtes, oder ein mit bestimmten Eigenschaften ausgestattetes Nahrungs­ mittel darstellt. So, wenn ein chemisches Gemisch so hergestellt und be­ zeichnet wird, als sei es die Zubereitung einer bisher wenig bekannten ausländischen Frucht, oder wenn ein wertloses Gemisch so hergestellt und benannt wird, daß nmn ein ähnliches, aber noch wirksameres Nahrungs­ mittel, wie die bekannten Nährmittel (Bioson u. s. w.) vor sich zu haben glaubt (vgl. E. XXIV 240). Wenn in solchen Fällen auch ein Nahrungsmittel von bestimmten Eigenschaften vorgetäuscht wird, so kann doch von einem N a ch m a ch e n nicht die Rede sein. (Eine andere Frage ist, ob nicht eine Verfälschung des verwendeten Grundstoffes oder ein Vergehen des Betrugs bezw. aus § 12 dieses Gesetzes vorliegt; vgl. Veröffl. VI 226 ferner bezüglich der Vermischung und Neubezeichnung zweier bekannter Nahrungsmittel („Honigbutter") E. XL. 148). Auf die Benennung freilich kommt es hierbei nicht an; es kann viel­ mehr trotz anderweitiger Benennung eine Nachmachung eines bereits vorhandenen Nahrungs- oder Genußmittels vorliegen, insoferne eben trotz der anderen Bezeichnung der Anschein hervorgerufen wird, als liege ein bestimmtes schon vorhandenes Nahrungs- oder Genußmittel, wenn auch vielleicht in einer anderen Sorte, vor. Einwirkung aus Erforderlich ist zum Begriffe des Nachmachens stets eine Einben Stoff. Wirkung auf ben ©tosf selbst, dergestalt, daß durch diese Ein­ wirkung ihm der Anschein eines bestimmten echten Nahrungs- oder Genuß­ mittels gegeben wird. Die bloße Bezeichnung eines Gegenstandes als Nahrungsmittel ist kein Nachmachen eines solchen im Sinne des Gesetzes. Wohl aber genügt die Einwirkung auf die Oberfläche eines Gegenstandes (Färben) zur Erfüllung des Tatbestandes (vgl. E. V 178). Kein Nachmachen ist sohin die Ersetzung der richtigen Aufschrift auf einem Glase mit künstlichen Honig durch die Etikette „Echter Bienenhonig". Auch in der Bezeichnung eines Katzenbratens als Hasenbraten auf der Speisekarte liegt keine Nachmachung; diese ist vielmehr nur zu finden in der Zubereitung, welche dem Braten das Aussehen und den Geschmack des Hasenbratens geben soll. Ohne Einfluß auf die Erfüllung des Tatbestandes ist, ob durch die Handlung eine Verschlechterung der Ware bewirkt wurde oder

nicht; ob ferner das nachgemachte Nahrungs- oder Genußmittel dem echten an Gebrauchswert (Genußwert) nachsteht oder nicht (R. IV 194); ob durch die Handlung eine Täuschung beabsichtigt, möglich oder eingetreten ist oder nicht, ob die wahre Natur des Gegenstandes ohne weiteres, oder nur schwer bezw. gar nicht erkannt werden kann (R. IV 585), endlich ob der zur Nachmachung verwendete Stoff an sich ein völlig reelles Nahrungsmittel ist (E. XIX 151).

Erfüllung des Tatbestands,

30 Über die subjektive Seite des Nachahmers siehe S. 37 ff. Das Verfälschen ias-esondere.

Ein Nahrungs- oder Genußmittel verfälschen heißt, es durch Zu­ satz oder Nichtentzug minderwertiger Stoffe oder durch Entzug oder Nicht­ zusetzung wesentlicher wertvoller Bestandteile verschlechtern oder ihm den Anschein einer besseren Beschaffenheit geben. Die Handlung kann sowohl nach, als auch bei der Herstellung des Nahrungs- oder Genußmittels vor­ genommen werden. Allerdings setzt das Verfälschen ebenso wie das Nachmachen ein bestimmtes, echtes Nahrungs- oder Genußmittel voraus, das den Gegen­ stand der Fälschung bildet. Indes ist es nicht ausgeschlossen, daß die Her­ stellung eines neuen Nahrungs- oder Genußmittels, dessen Beschaffenheit nicht dem entspricht, was man nach der Bezeichnung oder nach sonstigen Angaben berechtigterweise erwarten konnte, sich als Verfälschung der zu der hergestellten Ware verwendeten Grundstoffe darstellt (vgl. Veröffl. VI S. 226 E. XL. 148). Auf die Bezeichnung allein kommt es hierbei nicht an; insbesondere erweisen sich Waren, welche als eine neue „Sorte" eines Nahrungsmittels bezeichnet werden, nicht selten als Verfälschungen dieses Nahrungsmittels (vgl. unten S. 35). In solchen Fällen läßt sich oft aus der Bezeichnung und der Zusammensetzung solcher Nahmngsmittel ohne weiters ersehen, daß es sich lediglich um einen durch die Be­ zeichnung zu verdeckende Verschlechterung ordnungsgemäßer Nahrungs­ oder Genußmittel durch Zusatz geringwertiger Stoffe handelt.

Einwirkung auf den Stoff.

Die Verfälschung erfordert, ebenso wie das Nachmachen, eine E i nwirkung auf den Stoff selbst. Falsche Bezeichnung (Etikette) ist keine Fälschungshandlung. (Sie gestattet aber meist einen Schluß für die Frage der Täuschungsabsicht; vgl. E. IV 434, VI 52, XIV 424, XVII 151, XXXI 54.) Hingegen genügt zur Erfüllung des Tatbestands ein Einwirken auf die Oberfläche (z. B. Bestreichen der Kiemen eines toten Fisches mit roter Farbe, um ihm ein frischeres Aussehen zu geben (vgl. E. V 178, VI 51, XIV 432).

Verschlechterung.

Die Fälschungshandlung kann, wie schon erwähnt, bestehen in einer Verschlechterung des Nahrungs- oder Genußmittels da­ durch, daß bei seiner Herstellung oder nach seiner Herstellung (d. i. Fertig­ stellung zum Genusse; R. IV 768)

a) ein wertvoller Bestandteil des Nahrungs- oder Genußmittels, der nach der allgemeinen Verkehrsanschauung, den Gebräuchen des ehrlichen Handels oder nach gesetzlicher Vorschrift wesentlich und diesem Nahrungs- oder Genußmittel eigentümlich ist, ganz oder teilweise entzogen oder nicht, bezw. in zu geringer Menge beigesetzt wurde, oder b) ein minderwertiger Bestandteil, der dem echten Nahrungs- oder Genußmittel überhaupt nicht, oder nicht in dieser Menge oder nicht in dieser Beschaffenheit eigentümlich ist, zugesetzt oder nicht ent­ zogen wird.

31 Die vorbezeichneten Handlungen begründen demgemäß keine Ver­ fälschung, wenn sie keine Verschlechterung des Nahrungs- und Genuß­ mittels bewirken und ihm auch nicht den Anschein einer besseren Be­ schaffenheit (). S. 34) verleihen [Seröffl. (Beilage) V 255], so bei der an manchen Orten herkömmlichen Färbung von Wursthäuten mit Hellem Gelb zur Kennzeichnung ihrer Art svgl. Bekanntmachung vom 18. Februar 1902; RGBl. S. 48; vgl. aber Zeitschr. f. Unters, von N. u. G.-M. 1907 S. 106 (L. G. I Berlin)].

Verschlechtert i st ein Nahrungs- oder Genuß mittel dann, wenn durch die in Frage stehende Handlung sein Gebrauchswert (Genußwert) herabgesetzt er­ scheint. Für die Bestimmung des Gebrauchswertes (Genußwertes) eines Nahrungs- oder Genußmittels ist hauptsächlich — aber nicht aus­ schließlich — maßgebend dessen Nährwert einerseits und der Wohlgeschmack andererseits (vgl. auch E. IV 313, VI 57; S. III Bd. II S. 402). Der Nährwert hängt ab von dem Gehalt (Menge und Güte) des Nahrungs­ mittels an nährenden Bestandteilen, sowie von der Möglichkeit der Ver­ wertung dieser Bestandteile (Verdaulichkeit, Wohlbekömmlichkeit). Letztere wird zum Teil wiederum beeinflußt von dem Aussehen und dem Wohl­ geschmack des Nahrungsmittels, da ein einladendes Äußere und ein guter Geschmack die Verdaulichkeit einer Speise in der Regel erhöhen. Der Wohlgeschmack hängt ab von der Art der in dem Nahrungs- oder Genußmittel enthaltenen Stoffe und von der Art einer etwaigen Zubereitung.

Es kann nun sehr wohl eine Herabsetzung des Nährwertes oder des Wohlgeschmacks eintreten, ohne daß hierdurch der Gebrauchswert (Genuß­ wert) des Nahrungs- oder Genußmittels bewirkt wird, nämlich dann, wenn die Herabsetzung des Nährwertes durch eine gleichzeitige Erhöhung des Wohlgeschmacks (oder umgekehrt) wieder ausgeglichen wird. Ob ein solcher Ausgleich im einzelnen Falle gegeben, oder ob eine Herab­ setzung des Genußwertes eingetreten ist, muß je nach der Lage des einzelnen Falles gewürdigt werden.

Nährwert und Wohlgeschmack sind aber, wie schon erwähnt, nicht die einzigen Umstände, die auf die Bemessung des Genußwertes bestim­ mend einwirken. Eine Herabsetzung des Genußwertes kann vielmehr auch eintreten, ohne daß der Nährwert oder Wohlgeschmack sich vermindert hat. „Der Genußwert hängt", wie in E. VI 57 mit Recht ausgeführt wird, eben „nicht bloß von der objektiven Beschaffenheit eines Gegen­ standes ab, sondern wird auch durch die an die objektiven Eigenschaften anknüpfenden durchschnittlichen Meinungen der einen gewissen Artikel verzehrenden Abnehmer beeinflußt, hat also nicht nur physische, sondern auch psychische Voraussetzungen. Hinsichtlich der letzteren muß die Frage gestellt werden, ob für diejenigen Personen, welchen die Verwendung des fremden (Ersatz-) Stoffes bekannt wird, der Genußwert der Ware sinken würde". Es kann z. B. der Ersatz der Butter bei der Bereitung

Genußwert.

32 von Speisen in Gasthöfen oder bei der Herstellung von Bäckerei- oder Konditoreiwaren durch ein an Nährwert und Wohlgeschmack völlig gleich­ wertiges Pflanzenfett den Genußwert der so zubereiteten Speisen in den Augen des Publikums als gemindert erscheinen lassen und daher als Ver­ schlechterung des' Nahrungsmittels anzusehen sein. (S. III Bd. VII S. 281).

Andererseits schließt die Verwendung billigerer Stoffe an sich nicht aus, daß der Genußwert der in Frage stehenden Nahrungs- oder Genuß­ mittel hierdurch unberührt bleibt und daher die Annahme einer Ver­ schlechterung und Verfälschung nicht gerechtfertigt ist (vgl. E. XXIX 258, XXX 393).

^Bnünderm! er n etrnig.

Die wertvollen Stoffe, die dem Nahrungs- oder Genußmittel ent­ ^Ogen oder nicht zugesetzt wurden, müssen diesem eigentümlich

und für die Beurteilung der Echtheit wesentlich sein. Ebenso muß die Veränderung der Beschaffenheit durch den Zusatz oder Nichtentzug minderwertiger Bestandteile gegenüber der Beschaffenheit des echten Nahrungsmittel wesentlich für die Frage nach der Echtheit sein.

Die Entnahme von Federn bei Geflügel kann niemals als „Fälschung" in Betracht kommen, mögen auch die Federn noch so wertvoll sein und die Handlung den Zweck haben, den Abnehmer zu täuschen oder zu schädigen. Ebensowenig kann die Verwendung billigerer oder geringerer Mengen von Gewürzen bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln nicht als Ver­ fälschung aufgefaßt werden, wenn der Würzung für die Frage der Echt­ heit keine wesentliche Bedeutung zukommt. Auch ist der Nichtentzug geringwertiger Bestandteile keine Fälschung, wenn nicht deren Fehlen für die Echtheit des Nahrungsmittels wesentlich ist (wie z. B. bei gemah­ lenem Pfeffer das Freisein von Schalenbestandteilen). Ber^lechterude r ung*

Handelt es sich hingegen um einen für die Frage nach der Echtheit wesentlichen Bestandteil, so kommt es auf die Menge des zugesetzten Stoffes nicht an, sondern nur auf die Wirkung (Verschlechterung) (vgl. E. XIV 433). Hierbei ist zum Vergleiche die Beschaffenheit des in Frage stehenden Gegenstandes heranzuziehen, die vorläge, wenn die Fälschungshandlung nicht stattgefunden hätte, nicht etwa die durchschnitt­ liche Beschaffenheit der Nahrungs- oder Genußmitteln gleicher Art. Bei Naturerzeugnissen ist daher jede (nicht als Zubereitung oder Verarbeitung zu erachtende) Veränderung des ursprünglichen Zustandes als Verfälschung anzusehen (vgl. E. XXXIII S. 26). Der Zusatz von Wasser oder teilweise Entnehmung bei besonders guter Milch ist sohin auch dann Verfälschung, wenn sie hierdurch der unver­ fälschten Durchschnittsmilch in keiner Weise nachsteht (vgl. E. XXX 100, XXXIII 26; R. VI,796).

Verdeckung der Die Verschlechterung wird der Fälscher in der Regel zu verdecken Verschlechteruug. fu^en gg wird daher vielfach neben der Verschlechterung auch die Ver­

leihung des Anscheins einer besseren Beschaffenheit einhergehen (vgl. E. X V 321).

33 Die Verfälschung durch Zusatz eines minderwertigen Bufat mfnbttStoffes setzt weder voraus, daß der hinzugesetzte Stoff ein fremder toc °er 0 e‘

ist, noch daß er an Stelle eines anderen Bestandteils des ordnungsge­ mäßen Nahrungsmittels getreten ist. Es braucht daher, soferne nur die Tatsache, daß ein verschlechternder Zusatz erfolgt ist, feststeht, nicht auch festgestellt werden, welcher Art dieser Zusatz war (Goltd. XLIX 303). Es ist auch gleichgültig, ob der Zusatz schon bei der Herstellung des Nah­ rungsmittels erfolgte oder ob 'er erst dem fertiggestellten Nahrungsmittel beigemengt wird. Soweit es sich um verschlechternde Zusätze von Bestandteilen handelt, die dem ordnungsgemäßen Nahrungs- oder Genußmittel eigentümlich sind, kommt vor allem der Zusatz verdorbener Stoffe oder geringwertiger Bestandteile in übergroßer Menge in Betracht. Letzteres ist stets dann anzunehmen, wenn bei einem schon fertigen Nahrungs- oder Genuß­ mittel nachträglich die minderwertigen Bestandteile vermehrt werden, ohne daß hierdurch eine Verbesserung des Nahrungs- oder Genußmittels erzielt werden will (z. B. bei Zusatz von Wasser zu fertigem Bier) (vgl. E. XXIII 383; Veröffl. 1890 S. 9 [Pfeffer]). Nach dem Gesagten ist die Beimengung ungewöhnlich großer Mengen von Tabakrippen unter Tabak (E. IV 311), die Beimengung von Neig­ oder Tropfbier zu Bier (E. XII 400), der Zusatz von Sehnen zu Pressack (R. IV 485; S. III Bd. VII S. 144), die Mitverarbeitung der Gräten zu Fischpasten ebenso eine Verfälschung, wie die Verwendung minderwertigre chemischer (und daher in das Nahrungsmittel iibergehender) Klär- oder Gährungsmittel (R. VII 316), der Zusatz von Mehl zu Schokolade oder Wurst (vgl. E. XV161, XXIV240; R. VIII 552; S. III Bd. VIII S. 91), die Verdünnung der Milch durch Wasser, S. II Bd. IX S. 131; Salizyl zu Bier (E. XXXIX 92, XL 70); alte Semmeln zu Kuchen (Veröffl. [^Beilage] V 37) u. a. Durch Nichtentzug eines minderwertigen BestandNilhientzng teils oderStoffes kann eine Verfälschung nur insoweit begangen m®eftanMeneCr werden, als ihre Entfernung nach dem Gebrauche des ehrlichen Handels, der allgemeinen Verkehrsanschauung oder nach gesetzlichen Vorschriften geboten ist. Ties wird in der Regel wohl nur bei zubereiteten oder zu­ sammengesetzten Nahrungsmitteln der Fall sein, während bei rohen Natur­ erzeugnissen die Entfernung wertloser Bestandteile (z. B. Schalen) oder sonst mit ihnen verbundener wertloser Stoffe (z. B. Schmutz, Staub) in der Regel nicht verwertet werden kann. (Doch kann in letzterem Falle unter Umständen das Naturerzeugnis als „verdorben" erscheinen. E. XXXIX S. 2.) So ist bei Herstellung von Butter der 20% übersteigende Gehalt an Wasser und Buttermilch durch sorgfältiges Auspressen zu entfernen (Gutachten des Kaiserlichen Gesundheitsamts (Motive S. 40) und E. XVII S. 99 Eingeweide der Fische vor ihrer Verarbeitung zu beseitigen, und beim Mahlen von Pfeffer die Schalen der Pfefferkörner auszuscheiden u. a. (vgl. auch oben S. 30 ff.). Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.*

3

34

Beschaffenheit.

Eine Verfälschung kann auch begangen werden durch die Verleihung Dieser Tatbestand ist

b(;§ Anscheines einer besseren Beschaffenheit.

gegeben, wenn durch Einwirkung auf den Stoff eines Nahrungs- oder Genußmittels oder dessen Oberfläche (nicht bloß Umhüllung) seine wirk­ liche Beschaffenheit verdeckt und ihm sobin der Anschein einer (guten) Beschaffenheit gegeben wird, die es nicht besitzt. Hierbei ist es ohne Be­ lang, wenn durch die Einwirkung etwa auch eine der Veränderung des Aussehens nicht voll entsprechende Verbesserung der Beschaffenheit der Ware herbeigeführt wurde (vgl. (5. VII 320). Von der Verleihung des Anscheins besserer Beschaffenheit unter­ scheidet sich die Verleihung eines schöneren Aussehens, d. i. eine Behandlung, durch die einem Nahrungs- oder Genußmittel ein wohlgefälligeres, einladenderes Äußere verliehen wird, dadurch, daß dieses Äußere hier der wirklichen Beschaffenheit entspricht und nicht über

sie täuscht (vgl. E. VI 51; R. IV 519). So ist mit E. VIII 434 anzu­ nehmen, daß in der Verwendung rein mechanischer — anders bei chemisch wirkenden (R. VII 316) — Klärmittel, z. B. in Wasser aufgelöster Hausen­ blase, zur Klärung nichtverdorbenen hefentrüben Bieres kein Verleihen eines Anscheins besserer Beschaffenheit (und auch nicht der Zusatz ver­ schlechternder Stoffe) zu finden ist, vorausgesetzt, daß das in Frage stehende Bier durch die Klärung tatsächlich nur das Äussehen erhält, das seiner

Verdeckung der

Ntlschung.

inneren Beschaffenheit entspricht. Daß der Anschein einer besseren Beschaffenheit den Augen vorge­ täuscht wird, ist nicht erforderlich; dieser Anschein kann vielmehr auch durch Beeinflussung des Geschmacks (Süßholz zu Bier, Verdeckung des Geschmackes verdorbener Fleischbestandteile durch starke Würzung oder Behandlung mit chemischen Mitteln) oder Geruches (Verdeckung des Geruchs verdorbener Bestandteile durch chemische Zusätze oder Hervorrufung künstlichen Geruches) erweckt werden. Es ist sohin der Zusatz von Farbmitteln zu Würsten, die dieser auch nach längerem Lagern noch den Anschein völliger Frische verleihen, viel­ leicht auch zugleich einen allzugroßen Fettgehalt verdecken (vgl. E. VI 51; S. II Bd. X S. 50, 8. III Bd. II S. 402 Lebbin-Baum S.152 (Reichs­ gericht v. 16. XII. 1904); Veröffl. sBeilage^ IV 102; ferner RGBl. 1902 S. 48), ebenso eine Verfälschung durch Verleihung des Anscheins einer besseren Beschaffenheit, wie der Zusatz von Bierkuleur zu Bier, um einen größeren Malzgehalt vorzutäuschen (E. VII314,337), von Branntweinschärfen zu Branntwein (Denkschrift des K. Gesundheitsamts 10257/1899), um den Anschein größeren Alkoholgehaltes zu erwecken, der Zusatz von Farbstoff zu Kaffee (E. XXVII S. 6) oder Einspritzen von roter Farbe in Apfel­ sinen, um sie als Blutorangen erscheinen zu lassen, und ferner alle die­ jenigen Handlungen, die darauf abzielen, den verdorbenen Zustand eines Nahrungs- oder Genußmittels zu verdecken. Die Verleihung des Anscheins einer besseren Beschaffenheit — die bet Fälscher natürlich stets nur als Verleihung eines schöneren Aussehens aufgefaßt haben will — wird, ebenso wie Verfälschung durch Verschlechte-

35 rung, meist in einer möglichst unauffälligen Form erfolgen. Insbesondere werden hier mit Vorliebe Stoffe verwendet, die anscheinend ordnungs­ gemäße Bestandteile der echten Nahrungsmittel sind; so wird häufig der Zusatz des die Fälschung bewirkenden Stoffes in der Form von Würzen geschehen, z. B. entschärfter Paprika wird Würsten als Farbmittel beige­ setzt; oder es wird die Fälschung verschleiert durch eine „andere Herstellungs­ art" (vgl. E. VII 337). Auch hier richtet sich die Beurteilung, ob ein Zu­ satz erlaubter Stoffe bezw. eine erlaubte Herstellungsart, oder ob eine Fälschung vorliegt, danach, ob die Behandlung dem Nahrungs- oder Ge­ nußmittel ein Aussehen gibt oder erhält, das mit seiner (schlechteren) inneren Beschaffenheit nicht übereinstimmt (vgl. auch S. 37).

Einer besonderen Betrachtung bedürfen die Fälle, in denen die Ver­ fälschung eines Nahrungs- oder Genußmittels dadurch zu verschleiern gesucht wird, daß die Fälschung mit neuer Bezeichnung, insbesondere als „neue Sorte" einzuführen versucht wird. Stenglein führt S. 345 mit Recht aus: „Schwierig ist die Entscheidung, wenn für einen Gegenstand die Eigenschaft einer neuen Ware in Anspruch genommen wird. Ent­ scheidend ist hierbei, ob das konsumierende Publikum nach dem Namen der Ware eine gewisse Zusammensetzung anzunehmen berechtigt war, oder durch deren Bezeichnung aufmerksam gemacht ist, etwas Neues und Unbekanntes oder doch nicht bestimmte Bestandteile enthaltendes anzu­ nehmen".

Die Schwierigkeit liegt hier vor allem darin, daß der gewöhnliche Sprachgebrauch, wie schon oben S. 27 hervorgehoben ist, die Fälle, in denen keine Täuschung des Publikums beabsichtigt und möglich ist, in der Regel nicht zu den Fälschungen rechnet und daher hier gerne nur eine billige Abart des echten Nahrungsmittels annimmt. Die Bezeichnung im gewöhnlichen Verkehr seitens der Abnehmer bietet daher keinen Anhaltspunkt für die Unterscheidung der Fälschungen (rein objektiv genommen) von wirllichen neuen Sorten.

Und doch ist gerade auch die Trennung der sich nur objektiv als ver­ fälscht darstellenden Nahrungsmittel von wirllich neuen Sorten von großer Bedeutung, insbesondere für die Fälle, in denen vom Hersteller richtig bezeichnete Nachmachungen vom Händler nachträglich falsch bezeichnet werden. Da die falsche Bezeichnung keine Fälschungshandlung ist (E. XIV 428), so ist die Feststellung, daß auch die richtig bezeichnete Ware schon objektiv eine Fälschung^und nicht etwa nur eine billige Sorte des echten Nahrungsmittels war, wichtig. Der Begriff Sorte setzt voraus, daß von einem Nahrungs- oder Genußmittel, das einen bestimmten Namen, z. B. Schokolade, führt, mehrere Arten vorhanden sind. Es eint sie der gemeinsame Name; es trennt sie die Verschiedenheit der Herkunft, Herstellungsart oder Güte.

Sorten.

36 Soweit nun die Unterschiede nicht die Zusammensetzung der Ware betreffen, werden in der Regel wirkliche Sorten der in Frage stehenden Ware vorliegen; hingegen ist bei Unterschieden bezüglich der Zusammen­ setzung die Wahrscheinlichkeit einer Fälschung beträchtlich. In der Regel wird hier die Anwendung der oben gekennzeichneten Richtpunkte folgendes ergeben:

a) bei nicht zusammengesetzten Waren entsteht durch Zusatz gering­ wertiger Stoffe keine neue Sorte, sondern meist nur eine Fälschung.

b) Vermischung gleichartiger Naturerzeugnisse mit einer andern Sorte oder Art (z. B. Kaffee) kann unter Umständen (ausnahmsweise) eine neue Sorte zur Entstehung bringen. Doch muß in diesem Falle dies die Bezeichnung einwandfrei ersehen lassen und auch die Ware im Handel und Verkehr allgemein als echte Sorte aner­ kannt sein. Im übrigen ist die Vermischung verschiedener Sorten von Naturerzeugnissen eine Verfälschung der besseren Sorte (vgl. A. VI 453, E. III 234; Beilage zum Reichsanzeiger 1890 S. 148).

Den diesbezüglichen Ausführungen in E. III 234 kann im wesentlichen zugestimmt werden; doch liegt in dem dort angeführten Falle (Vermischung von Maisgries mit Weizengries) eine Ver­ fälschung des Weizen grieses nicht nur der gegebenen Bestellung gegenüber, sondern ganz allgemein vor. Diese Fälschung kommt nun allerdings nicht zur Wirksamkeit, solange der Gries als Mais­ gries bezeichnet und verkauft wird, da der Zusatz des Weizengrieses hier verbessernd wirkt; sie tritt aber sofort in Erscheinung, sobald die Mischung als Weizengries bezeichnet wird.

Die Fälschung erfolgt hiermit aber keineswegs durch die Be­ zeichnung, sondern sie war — soweit Weizengries in Betracht kam — schon ursprünglich vorhanden, trat aber wegen der anderweitigen Bezeichnung bisher nicht zutage. c) Bei zusammengesetzten Nahrungs- oder Genußmitteln kann der Ersatz einzelner Bestandteile durch (der Art nack) völlig gleiche, aber an Güte geringere, eine neue Sorte begründen, soferne sie entsprechend bezeichnet und in Handel und Verkehr als neue Sorte anerkannt ist (vgl. Beilage zum Reichsanzeiger 1890 S. 148); ebenso wird dies bei Ersatz einzelner Bestandteile durch der Art nach ver­ schiedene, aber an Güte gleich- oder höherwertige der Fall sein. Soweit hingegen an Stelle der sonst verwendeten Stoffe anders­ geartete, schlechtere treten, oder insoweit zu den sonst üblichen Stoffen neue geringwertige Stoffe hinzugenommen werden, ebenso bei Hiebei können die gemischten Stoffe nach dem Zwecke der Mischung bald als Mittel, bald als Gegenstand der Verfälschung in Betracht kommen. (Beilage z. Reichsanzeiger 1890 S. 148.)

37 der Vermischung mehrerer Sorten wird in der Regel Verfälschung anzunehmen sein*). So bei Vermischung mehrerer Biersorten (E. des RG. vom 21. November 1889; Beilage zum Reichsanzeiger 1890 S. 148), Wein- oder Branntweinverschnitt (a. A. Goltd. XLII 68); bei Zusatz von Mehl zu den „billigeren Sorten" Schokolade u.s.w.

Die Frage, ob auch in dem Konservieren**) von Nahrungsoder Genußmitteln eine Verfälschung liegen kann, ist zu bejahen. Das Konservieren besteht in einer Einwirkung auf ein Nahrungs- oder Genuß­ mittel, die darauf abzielt, ihm längere Haltbarkeit (Schutz vor Verderben) zu verleihen, als dies sonst der Fall ist.

Konserviere»

Im Konservieren kann eine Fälschung zu erblicken sein: a) wenn hierzu verbotene Stoffe verwendet werden (vgl. §§ 20, 21 des Fleischbeschaugesetzes; Bundesrat, Vorschriften vom 18. Fe­ bruar 1902 sRGBl. S. 48], sowie § 12 dieses Gesetzes). b) wenn die Einwirkung nicht sowohl die Erzielung größerer Haltbar­ keit, als vielmehr die Verdeckung schon vorhandener Verderbnis oder die Verleihung des Anscheins besserer Beschaffenheit bezweckt; c) wenn es sich tatsächlich nicht um Verwendung wirklicher Konser­ vierungsmittel, sondern um Zusatz minderwertiger Stoffe handelt. (Hier wird meist schon die Menge der verwendeten Konservierungs­ mittel auffallen); d) wenn es sich um Nahrungsmittel handelt, die nur frisch genossen zu werden pflegen, sohin bei Verwendung von Konservierungs­ mitteln nicht mehr der allgemeinen Verkehrsanschauung und den Gebräuchen des ehrlichen Handels entspreckend beschaffen sind. (So bezüglich Konservierung von Milch Goltd. XLII S. 69, Most E. XL S. 70.)

in. Der subjektive Tatbestand: 1. Derjenige, welcher ein Nahrungs- oder Genußmittel nachmacht ^Mub^emve oder verfälscht, muß das Bewußtsein haben, daß es sich um ein NahEinzelnen, rungs - oder Genußmittel handelt. Auf die Bezeichnung, Zweckbestimmung oder Absicht des Käufers (vgl. R. VI 795) kommt es hierbei nicht an, sondern lediglich darauf, ob der Gegenstand geeignet ist, als Nahrungs- und Genußmittel in den Ver­ kehr gebracht und verwendet zu werden (vgl. auch Anm. 2 zu § 1)***). Das Bewußtsein braucht sich nur auf die tatsächlichen Umstände, die den Gegenstand zum Nahrungs- oder Genußmittel machen, erstrecken, nicht aber auch darauf, daß der Gegenstand infolge dieser Beschaffenheit *) Hiebei können die gemischten Stoffe je nach dem Zwecke der Mischung bald als Mittel, balb als Gegenstand der Verfälschung in Betracht kommen (Beilage z. Reichsanzeiger 1890 S. 148). **) Vgl. Lebbin-Baum S. 157, 163 ff. ***) Eventueller Vorsatz genügt d. i. wenn der verfälschte Gegenstand zwar nicht zur Anwendung als Nahrungs- und Genußmittel bestimmt ist, jedoch diese Verwendung nahe liegt und der Täter seine Handlung auch für diesen Fall will.

38 als Nahrungs- oder Genußmittel im Sinne des Gesetzes anzusehen ist, Bei Kenntnis der tatsächlichen Beschaffenheit ist also ein Irrtum darüber, ob ein Nahrungs- oder Genußmittel im Sinne des Gesetzes gegeben ist, oder nicht, als Irrtum über strafrechtliche Bestimmungen, belanglos. Bewußtsein der Fälschung.

Beweggründe.

Zweck der Täuschung.

2. Der Hersteller eines Nahrungs- oder Genußmittels muß sich ferner, wenn seine Tätigkeit auch in persönlicher Beziehung als Nach­ machen oder Verfälschen aufgefaßt werden soll, bewußt sein, daß er durch die beabsichtigte Tätigkeit (Art der Herstellung oder Zusammensetzung der Ware) entweder a) den Anschein erweckt, die hergestellte Ware sei ein echtes Nahrungs­ oder Genußmittel, das sie in Wirklichkeit nicht ist, oder b) das Nahrungs- oder Genußmittel im Vergleich zu der ordnungs­ gemäßen Ware verschlechtert oder ihm den Anschein einer besseren Beschaffenheit verleiht.

Hingegen braucht sich der Täter nicht bewußt sein, daß diese seine Tätigkeit als Nachmachen oder Verfälschen im Sinne des Gesetzes anzu­ sehen ist (E. XIV 428). Ein Irrtum wäre als Irrtum über strafrecht­ liche Bestimnmngen unbeachtlich (vgl. E. II 218, IV 251, VI 85, 224, VIII 104, X 234). Eine Absicht, die Ware zu verschlechtern, oder eine bezügliche Absicht ist zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. Die Beweggründe, die zur Herstellung der Ware in der obenbezeichneten Weise führen, sind vielmehr für die Schuldfrage völlig gleichgültig (vgl. E. XV 321). Es ist daher auch, falls die Absicht auf die Verleihung des Scheins einer besseren Beschaffenheit ging, ohne Belang, ob die Hervorrufung dieses Anscheins tatsächlich gelang, oder ob nur eine Verschlechterung der Ware herbeigeführt wurde (vgl. E. XV 321). Tas Bewußtsein, daß die Ware eine unzulässige Beschaffenheit erhalte, ist in beiden Fällen vorhanden und von dem Gelingen der Absicht, die wahre Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels zu verdecken, unabhängig. 3. Der Zweck der Täuschung in Handel und Ver­ kehr.

Die Nachmachung oder Verfälschung eines Nahrungs- oder Genuß­ mittels wird erst strafbar, wenn sie erfolgt zum Zwecke der Täuschung in Handel und Verkehr. Die Motive (S. 18) besagen hierzu: „Soll ein Fabrikant, welcher Nahrungs- oder Genußmittel verfälscht, als solcher dem Strafgesetz unter­ worfen werden, so muß feststehen, daß er zum Zwecke der 'Täuschung gehandelt hat und dies wird daher im Gesetz ausdrücklich verlangt. Wer z. B. Kunstbutter fabriziert, kann deshalb allein unmöglich strafbar sein, weil er, wenn er sein Fabrikat als Kunstbutter feilbietet, nichts unerlaubtes begeht" (vgl. auch R. IV 519; siehe ferner oben S. 27). Das Gesetz verbietet also das Nachmachen oder Verfälschen von Nahrungsmitteln nicht, wenn es nicht zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr geschieht.

39 Allerdings fehlt die Absicht, in Handel und Verkehr zu täuschen, nicht schon dann, wenn der unmittelbare Abnehmer nicht ge­ täuscht wurde. Denn die Absicht der Täuschung in Handel und Verkehr setzt die Absicht, bestimmte Personen zu täuschen, nicht voraus. „Das Gesetz wollte vielmehr" (so wird in E. III 274 ausgeführt), den Schutz des Publikums gegenüber nachgemachten oder verfälschten Nahrungs­ mitteln noch in einem weiteren Umfange, als den unter § 10 Nr. 2 be­ griffenen Fällen, welch letztere ein Verkaufen bezw. Feilhalten und weiter voraussetzen, daß der Verkäufer seinen unmittelbaren Abnehmern gegen­ über eine Täuschung durch Verschweigung der Beschaffenheit der Waren als nachgemachter oder verfälschter begeht; es sollen daher selbst solche Fälle getroffen werden, in welchen ein Verkaufen und Feilhalten noch gar nicht stattgefunden, bei welchen aber die Fabrikation zum Zwecke der Täuschung in Handel und Verkehr erfolgt. Entscheidend ist also hier nicht die Vornahme einer weiteren Handlung außer der Fabrikation eines nachgemachten oder verfälschten Nahrungs- oder Genußmittels, sondern der Zweck, den diese Handlung der Fabrikation verfolgt, also ein inneres Moment. Erforderlich ist daher auch nicht eine Täuschung bildende Hand­ lung gegenüber einer bestimmten Person, insbesondere nicht eine solche gegenüber dem unmittelbaren Abnehmer des Fabrikanten; das innere Moment ist unabhängig hiervon vorhanden, wenn die Fabrikation, das Nachmachen und Verfälschen, zum Zwecke der Täuschung geschieht. Diesen Zweck verfolgt die Fabrikation nicht bloß dann, wenn der unmittelbare Abnehmer des nachgemachten oder verfälschten Nahrungs­ oder Genußmittels über die wahre Beschaffenheit in Unkenntnis gelassen wird, sondern auch dann, wenn sie bewußtermaßen dazu dient, trotz einer Aufklärung des unmittelbaren Abnehmers über die Beschaffenheit der Waren des aus der Hand dieses Abnehmers — sei es unmittelbar oder mittelbar — das Nahrungs- oder Genußmittel erwerbende Publikum zu täuschen. Dgmit wird der Fabrikant nicht straffällig für eine fremde Handlung, wie denn auch behufs seiner und § 10 Nr. 1 fallenden Straf­ barkeit gar keine Handlung einer Person außer ihm erfordert wird, sondern er ist straffällig für eine eigene Handlung, die aber den in § 10 Nr. 1 be­ zeichneten inneren Charakter trägt. Ob derselbe vorhanden und aus welchen Umständen derselbe zu entnehmen ist, fällt in das Gebiet der tatsächlichen Feststellung". In der Regel wird die Absicht einer Täuschung in Handel und Ver­ kehr dann fehlen, wenn das Nahrungs- oder Genußmittel überhaupt nicht für den Handel und Verkehr bestimmt ist, oder wenn es zwar für Handel und Verkehr bestimmt ist, jedoch nach Lage der Sache eine Täu­ schung über die Beschaffenheit der Ware überhaupt ausgeschlossen oder tatsächlich (nicht bloß scheinbar) ausreichende Vorkehrungen getroffen sind, eine Täuschung der Allgemeinheit hintanzuhalten. Um beurteilen zu können, ob ein Nahrungs- oder Genußmittel für den Handel und Verkehr bestimmt ist, ist zunächst festzustellen, was das Gesetz unter Handel und Verkehr versteht.

Täuschung des unmittelbaren Abnehmers.

Fehlen der Täuschungs­ absicht.

Handel und verkehr.

40

Oertliches Herkommen.

„Verkehr" dürste hier kein gesonderter Begriss sein, der, wie in § 12 dieses Gesetzes, auch den Verbrauch durch Angehörige des eigenen Haus­ standes umfaßt (vgl. E. III 119, VII 41, 151; ferner auch Brettreich zu § 9 des Fleischbeschaugesetzes). Nach dem Sprachgebrauch und der Absicht des Gesetzes wird man vielmehr wohl davon ausgehen können, daß „Handel und Verkehr ein einheitlicher Begriff ist und jede ZugänglichmachungvonNahrungs- und Genußmitteln für die Allgemeinheit begreift, also sowohl die gewerbsmäßige, entgeltliche wie unentgeltliche Veräußerung oder Abgabe an die Allgemeinheit umfaßt, den Verbrauch im eigenen Haushalt hingegen nicht trifft*). Auf das Fehlen einer Täuschungsabsicht kann in der Regel ein Schluß gezogen werden

a) aus etwa bestehenden örtlichen Herkommen, b) aus Bezeichnung, Preis, der Ware beigegebene Erklärungen u. dergl.

zu a) Soweit ein örtliches Herkommen besteht, daß einzelnen Nahrungs- oder Genußmitteln gewisse, objektiv eine Verfälschung bewirkende Zusätze beigefügt werden, so ist für den Verkehr an diesem Orte selbstverständlich keine weitere Aufklärung über die Natur des Nahrungsmittels notwendig, da eben im allge­ meinen anzunehmen ist, daß die Abnehmer infolge des örtlichen Herkommens über die Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genuß­ mittels ohnehin genügend unterrichtet sein werden. Hier also — nicht aber für die objektive Seite (vgl. S. 25) — ist das Bestehen eines besonderen örtlichen Herkommens von hervorragender Bedeutung und bewirkt fast ausnahmslos Straflosigkeit. (Immerhin ließen sich Ausnahmefälle denken, in denen trotz eines derartigen örtlichen Her­ kommens eine Täuschungsabsicht gegeben sein könnte.) Bezeichnung, Preis u. dergl.

zu d) Unter Umständen kann auch aus dem Preise (vgl. E. XXX 393, XXIX 258) der Bezeichnung (z. B. „Kunsthonig") u. dergl.

ohne weiteres entnommen werden, daß es sich um nachgemachte oder verfälschte Waren handelt. Ein sicheres Kennzeichen für das Fehlen der Täuschungsabsicht ist hiermit jedoch nur für den unmittelbaren Verkehr mit dem schließlichen Abnehmer gegeben, während für den Verkehr mit dem Zwischenhändler die Möglich­ keit bestehen bleibt, daß letzterer im Einverständnis mit dem Hersteller die Bezeichnung usw. ändert, der Hersteller also seine Täuschungsabsicht durch die zeitweilige richtige Bezeichnung rc. nur verschleiern wollte (E. XXXIV S. 231). Umgekehrt wird häufig die Täuschungsabsicht aus der Bezeichnung, dem geforderten Preise u. s. w. sich ohne weiteres ergeben. Zutreffend ♦) Jedoch kann selbstverständlich Nr. 2 Platz greifen, wenn solche, für den Gebrauch im eigenen Haust) stte bestimmten Nahrungsmittel z. B. an Kostgeld bezahlende Kostgänger unter Verschweigung der wahren Beschaffenheit abgegeben werden.)

41 führen die Motive (S. 18 ff.) an: „Wer ein verfälschtes oder fälschlich mit dem Anschein einer besseren Beschaffenheit versehenes Fabrikat bereits mit einer die Fälschung verdeckenden und darüber zu täuschen geeigneten Etikette versehen, hat die Absicht zu täuschen, deutlich an den Tag gelegt, und in andern Fällen wird der Schluß auf das Vorhandensein derselben aus der Art der Verfälschung ohne weiteres gestattet sein, z. B. wenn jemand künstliche (tönerne) Kaffeebohnen unter wirkliche Kaffeebohnen gemischt, Teeblätter künstlich gefärbt oder bestäubt hat".

Insoweit eine Täuschung der Abnehmer nicht den Umständen nach an sich ausgeschlossen ist, bedarf es einer besonderen Aufklärung über die Beschaffenheit der Nahrungs- oder Genußmittel. Darüber, daß durch wirklich ausreichende Aufklärungen (sog. Dekla­ rationen) das Fehlen einer Täuschungsabsicht in der Regel (nämlich, wenn sich keine Anhaltspunkte daflir ergeben, daß die Aufklärungen vom Her­ steller im Bewußtsein beigegeben wurden, daß sie wieder beseitigt oder verändert würden und der schließliche Abnehmer hierdurch gleichwohl getäuscht würde) dargetan werden kann, bürsten kaum Zweifel bestehen (vgl. auch E. XV 192, Veröffl. ^Beilage] III 67: z. T. a. M. v. Raumer).

Tie Erklärung muß aber tatsächlich ausreichend sein, um die Abnehmer über die wirKiche Beschaffenheit der Ware aufzuklären. Sie genügt diesem Erfordernisse nicht, wenn sie a) nach ihrer Fassung geeignet ist, den Abnehmer über die wahre Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels in einen Irrtum zu versetzen oder in einem solchen zu er­ halten; b) nach ihrer Anbringung oder Abgabe den Abnehmern voraus­ sichtlich nicht immer zur Kenntnis gelangen wird. a) Nicht sowohl darauf, daß Liberhaupt eine Erklärung gegenüber den Abnehmern erfolgt, kommt es an, als vielmehr vor allem darauf, wie sie erfolgt. Die Art der Fassung ist in der Regel ein bemerkens­ wertes Anzeichen für das Vorliegen oder Fehlen der Täuschungs­ absicht. Der unlautere Handel pflegt mit Vorliebe, um seine wahren Absichten zu verdecken, zwar die Unechtheit der Ware auf der Etikette zu bezeichnen, aber in einer Weise, daß nur wenig Kundige sich über ihre wirkliche Beschaffenheit klar werden, während der weniger Kundige eine ordnungsgemäße oder gar eine besonders gute Ware vor sich zu haben glaubt. Es muß deshalb gefordert werden, daß die Erllärung so abgefaßt ist, daß sie von jedem, der als Abnehmer in Betracht kommt — eine über den Kreis der Abnehmer hinaus­ gehende Aufklärung ist nicht erforderlich (so auch R. V 315) — ohne Irrtum verstanden werden kann. Auch die Täuschung einer Minder­ heit muß ausgeschlossen sein; „denn auch eine Minderzahl von Ge­ schäftskundigen hat", wie in E. XIV 428 ausgeführt ist, „auf den Schutz des Gesetzes Anspruch. Sie gerade bedürfen am meisten den Schutz, der ihnen ohne Vereitelung der Zwecke des Gesetzes nicht versagt werden darf".

Die sog. Deklaration.

42 Wenn sohin künstlicher Himbeersaft in der Weise hergestellt wird, daß schon einmal verwendete und daher wertlos gewordene Früchte (Trestern) ausgepreßt werden, die so gewonnene helle und geschmacklose Flüssigkeit mit Kartoffelsyrup gesüßt und mit Kirsch­ saft gefärbt wird, so ist folgende Erklärung irreführend und daher unzureichend: „Himbeersaft aus frischen Früchten, mit Kapillärsyrup eingekocht und mit feinstem Kirschsaft nachgedunkelt". Fast jedermann wird nach dieser Aufschrift guten, vollwertigen Him­ beersaft, nicht aber ein minderwertiges nachgemachtes Genußmittel erwarten. Ebenso ist es hin und wieder zweifelhaft, ob die vielfach übliche Bezeichnung von Nachmachungen mit dem Zusatz fa^on den Abnehmer im Einzelverkauf (anders im Großhandel vgl. R. V 315) nicht über die wahre Natur des Nahrungs- oder Genuß­ mittels im unklaren läßt. Ferner dürfte auch die „Aufklärung" über den Zusatz eines Wurstbindemittels durch die Bekanntgabe, daß die Würste einen „Zusatz besten Eiweißstoffes" enthalten, mehr dazu angetan sein, bei einzelnen Abnehmern den Glauben zu er­ wecken, es handle sich um eine Erhöhung des Eiweißgehaltes und hierdurch der Güte und Nahrkraft der Wurst, nicht aber um einen verschlechternden Zusatz, der die Wurst als verfälscht erscheinen läßt. b) Die Aufklärung muß, um ihren Zweck zu erfüllen, auch so bekannt gemacht werden, daß sie den Abnehmern stets zur Kenntnis kommt. Es bedarf daher wohl keiner weiteren Ausführung, daß Aufklärungen, die (in den Verkaufsräumen oder auf den Waren) so angebracht sind, daß sie in der Regel übersehen werden, den Verdacht einer beabsichtigten Täuschung eher verstärken, als zerstreuen. Gewinnsüchtige Absicht.

Daß die Täuschung aus Gewinnsucht bezweckt wird, ist durch­ aus nicht erforderlich (vgl. (5. VII 339). Der Zweck, in Handel und Verkebr zu täuschen, ist daher auch dann gegeben, wenn z. B. ein Dienstbote, um bei seiner Herrschaft gut zu stehen, Milch verfälscht.

Vollendung.

4. Der Tatbestand der Nr. 1 ist v o l l e n d e t mit der in Täuschungs­ absicht vorgenommenen Nachmachungs- oder Fälschungshandlung. Der Eintritt irgend eines Erfolges, insbesondere einer wirklich eingetretenen Täuschung der Abnehmer oder eine Schädigung dritter Personen ist nicht erforderlich (vgl. E. III 234, VI 55; A. XI 211).

Täter.

Beihilfe.

5. Täter kann jedermann sein, nicht nur der gewerbliche Her­ steller. Bei der Herstellung beschäftigte Arbeiter können Teilnehmer (Gehilfen) sein. Sie müssen es jedoch nicht sein, da sie von der Absicht, in Handel und Verkehr zu täuschen, oder davon, daß die Art der Herstellung oder Zusammensetzung des Nahrungs- oder Genußmittels von der Norm abweicht, möglicherweise keine Kenntnis haben.

Verantwortliche Geschäftsleiter (E. IV 182) können als Täter oder Mittäter erscheinen, falls sie die Fälschungen nicht ausschließlich im fremden Interesse (animo adjutoris) vornahmen oder vornehmen ließen. Be-

43

züglich einer Mehrheit von Geschäftsinhabern (Geschäftsführern) der Vertreter von Handelsgesellschaften siehe S. 51.

und

Die Aufbewahrung fertiger, gefälschter oder nachgemachter Nahrungs- oder Genußmittel ist, da die Tat schon mit der Herstellung vollendet war, nicht Beihilfe; wohl aber die wissentliche Aufbewahrung oder Liefemng der zur Nachmachung oder Verfälschung bestimmten Stoffe. 6. Die Strafe ist Gefängins von 1 Tag bis zu 6 Monaten und daneben Geldstrafe von 3 bis 1500 Mk., oder eine der Strafen allein.

" " ’8 *’ ’

Über Nebenstrafen vgl. §§ 15, 16.

Die Tat ist Vergehen. Zuständig zur Verhandlung und Entscheidung sind die landgerichtlichen Straskammern, doch ist die Über­

weisung an das Schöffengericht zulässig (§ 75 RGVG.). Über fahrlässige Begehung vgl. § 11. — Der Versuch ist

MriafWe«

nicht strafbar (8 43 des RStGB.).

Über das Zusammentreffen mit anderen Straftaten vgl. unten S. 51 ff.

B. Die Nr. 2 des § 10.

I. Der Tatbestand der Nr. 2 des § 10 erfordert:

Zusammentreffen mit anderen Straftaten.

BbeTeMo‘2 i Tatbestand

1. den Verkauf eines nachgemachten, verfälschten oder verdorbenen Nahrungs- oder Genußmittels unter Verschweigung dieses Umstandes, oder das Feilhalten eines solchen Nahrungs- oder Genußmittels unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung.

2. das Bewußtsein dieses Zustandes des Nahrungs- oder Genuß­ mittels; 3. die Absicht des Verkaufens oder Feilhaltens;

4. das Bewußtsein des Verkaufenden, daß er den wirklichen Zu­ stand der Ware verschweigt und des Feilhaltenden, daß er die Ware unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält. II. Der objektive Tatbestand im einzelnen:

1. Nachgemacht, verfälscht, verdorben ist hier nicht gleich nachgemacht u. s. w. worden (Partizip), sondern bezeichnet die Eigenschaft des Nahrungs- oder Genußmittels (d. h. ist Adjektiv).

Es kommt also lediglich auf den tatsächlichen Zustand des Nahrungs­ oder Genußmittels, nicht aber auf die Ursache an, die diesen Zustandlhervorgerufen hat. Es ist sohin gleichgültig, ob dieser Zustand durch menschliche Tätig­ keit hervorgerufen wurde, oder durch Naturkräfte, durch Zufall oder durch eine sonstige Veranlassung eintrat. Soweit eine menschliche Tätigkeit

u. Im einzelnen.

Nachgemachte ttfto* w’’sw’

44 in Betracht kommt, ist es auch völlig belanglos, ob der Urheber beabsich­ tigte, ein Nahrungs- oder Genußmittel nachzumachen oder zu verfälschen, oder nicht, ebenso ob dieser Mensch für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden kann oder nicht.

Es ist (siehe Menzen S. 85 Anmerkung 45 und dortiges Zitat) ver­ sucht worden, nachgemacht und verfälscht einerseits und verdorben anderer­ seits in der Weise sich gegenüberzustellen, daß angenommen wurde, im Gegensatz zu verfälscht weise verdorben auf eine Eigenschaft hin, welche nicht die Folge einer absichtlichen, unter den Begriff der Verfälschung fallenden menschlichen Handlung ist. Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden.

Es ist zwar zuzugeben, daß ein Nahrungsmittel von einer nicht durch eine gewollte menschliche Handlung hervorgerufenen normwidrigen Beschaffenheit meist als verdorben angesehen werden kann und zwar auch in solchen Fällen, in denen die Herbeiführung des gleichen Zustandes durch bewußte menschliche Tätigkeit als Verfälschung (Nachmachung) des Nahrungs- oder Genußmittels anzusehen wäre, so bei Beimischung von Schmutz. Allein es gibt andererseits eine Reihe von Fällen, in denen das nicht durch bewußte menschliche Tätigkeit normwidrig beschaffene Nahrungs- oder Genußmittel nicht als verdorben bezeichnet werden kann, so die Milch, in die es zufällig geregnet hat, der Kunsthonig, der durch ein Versehen oder durch Kinderhand die Aufschrift „Bienenhonig" er­ hielt u. s. w.

Es kann hier wohl nicht zweifelhaft sein, daß derartige Nahrungs­ oder Genußmittel nicht als verdorben bezeichnet werden können. Es kann aber auch andererseits kein Zweifel bestehen, daß das Gesetz auch die Fälle treffen wollte und trifft, in denen solche Nahrungs- oder Genuß­ mittel in Kenntnis ihrer Beschaffenheit unter den im Gesetze verpönten Voraussetzungen verkauft oder feilgehalten werden. Die Unrichtigkeit der Ansicht, daß die Annahme eines nachgemachten oder verfälschten Nahrungs- oder Genußmittels bewußte menschliche Tätigkeit voraussetze, ergibt sich auch aus folgendem:

Wäre diese Ansicht richtig, so würde zum Nachweise des Tatbestandes der Nr. 2 des § 10, soferne nicht verdorbene Nahrungs- oder Genußmittel in Frage stehen, auch der Nachweis erforderlich sein, daß eine menschliche Tätigkeit der bezeichneten Art den Zustand des Nahrungs- oder Genuß­ mittels hervorgerufen habe. Ein solcher Nachweis wird jedoch nie ge­ fordert. Die Feststellung z. B., daß eine Milch einen unzulässig hohen Wassergehalt habe, wird zur Annahme, daß sie ein gefälschtes Nahrungs­ mittel sei, genügen, gleichviel, ob das Wasser durch bewußte menschliche Tätigkeit oder-ohne menschliches Zutun durch Zufall in die Milch gelangte. 2. Der Begriff nachgemacht und verfälscht bemißt sich im übrigen nach dem, was oben in S. 19, 27 ff. bis 30 ausgefi'chrt ist.

45 (Hier kommt übrigens mehr, wie in Nr. 1, wo die Erfordernisse des Tatbestands nach der subjektiven Seite wegen ihres nahen Zusammen­ hangs mit dem objektiven Tatbestand leicht irreführend einwirken können, zu Bewußtsein, daß die Frage nach der Echtheit oder Unechtheit eines Nahrungs- oder Genußmittels rein objektiv ist, und daß die Begriffe für das ganze Geltungsgebiet des Gesetzes die gleichen sind (vgl. auch Goltd. XLIII 42)). 3. Neu eingeführt wird hier der Begriff des verdorbenen Begriff des verNahrungs- und Genußmittels. ’°b’

Verdorben ist ein Nahrungs- oder Genußmittel, wenn sein ursprüng­ lich guter Zustand so verschlechtert, oder durch Entwicklungshemmung bezw. ungeeignete Herstellung der ordnungsgemäße Zustand des Nah­ rungs- oder Genußmittels in einem Maße nicht erreicht wurde, daß seine Brauchbarkeit für seine ursprüngliche Zweckbestimmung wesentlich be­ einträchtigt ist. (Ähnlich E. V 343, V 290, VI 256, 268, XXVI 419, XVIII 137, XXIII 409. Veröffl. 1886 S. 485; Beilage VI S. 25, 504; I. W. 1905 S. 765.) Die Frage, ob so die Brauchbarkeit eines Nahrungs- oder Genußmittels für seine ursprüngliche Zweckbestimmung wesentlich beeinträchtigt ist, ist ausschließlich nach seiner objektiven Beschaffenheit, nicht aber nach anderen Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. 6. XII 409). Es kann zwar für die Beurteilung des objektiven Zustandes der Ge­ brauch des ehrlichen Handels und die Anschauung der Allgemeinheit von Bedeutung sein (vgl. E. VI 269), allein nur soweit, als sie zu dem objektiven Befund nicht in offensichtlichem Widerspruch stehen. Dem objektiven Zustand nicht entsprechende, wenn auch weitver­ breitete Ansichten (oder Vorurteile), oder gar die Ansicht einer Minder­ heit, z. B. eines bestimmten Personenkreises können daher weder Be­ achtung finden, wenn sie ein Nahrungs- oder Genußmittel nicht als ver­ dorben ansehen, dessen Brauchbarkeit zum menschlichen Genusse wesent­ lich beeinträchtigt ist (z. B. stark in Verwesung übergegangenes Wildbret; vgl. auch 6. XII 407), noch auch umgekehrt. Die Feststellung, daß ein Nahrungs- oder Genußmittel Ekel erregte, wird daher zu der Annahme, daß es verdorben war, nicht ohne weiteres genügen, da das Gefühl des Ekels möglicherweise nur bei einzelnen Per­ sonen auftreten, ja unter Umständen seine Ursache gar nicht in dem ob­ jektiven Zustand des Nahrungs- oder Genußmittels (sondern z. B. in eine­ unwahren Erzählung über die Herkunft oder Herstellungsart des Nah­ rungsmittels) haben kann (vgl. R. III 594; E. V 290, VI 257, XVIII 137). Die Beeinträchtigung der Brauchbarkeit zum menschlichen Genusse muß wesentlich sein.*) Unbedeutende Beeinträchtigungen, wie z. B. verminderte Nährkraft (vgl. E. V 510) lassen das Nahrungs- oder Genuß­ mittel wohl als minderwertig (vgl. z. B. § 11 des Fleischbeschaugesetzes), *) Völlige Unbrauchbarkeit ist nicht erforderlich.

46 nicht aber als verdorben erscheinen. (In der Verwendung solch minder­ wertiger Stoffe zur Herstellung anderer Nahrungs- oder Genußmittel kann aber unter Umständen eine Verfälschung des damit hergestellten Nahrungs- oder Genußmissels gefunden werden.) Beur?eNung

Beseitigung deerdor en e n .

die Beurteilung, ob ein Nahrungs- oder Genußmittel verdorben ist, ist der Z e i t p u n k t, in dem es in Verkehr gesetzt wird, maßgebend. War es zu diesem Zeitpunkt nicht verdorben (d. h. nicht bloß seinem äußeren Aussehen, sondern auch seinem inneren Zustand nach), so wird eine nachfolgende, vor dem Genusse eintretende Verderbnis vom Gesetze nicht getroffen. Hingegen ist es als verdorben auch dann anzusehen, wenn der bei der Jnverkehrsetzung vorhandene Zustand durch geeignete Be­ handlung wieder behoben werden kann. So ist ein mit Hydatiten durch­ setztes Fleisch als verdorben anzusehen, wenn auch diese beim Kochen zerplatzen und so vor dem Genusse zum Verschwinden gebracht werden können (E. VI 268). Als nicht verdorben ist demgemäß auch ein Nahrungs- oder Genußanzusehen, dessen verdorbener Zu st and bei seiner Jn­

verkehrsetzung wieder beseitigt ist. Hier ist aber zu beachten, daß eine Beseitigung der äußeren Anzeichen des Verdorbenseins oder eine Verdeckung des Zustandes einer Beseitigung dieser Beschaffenheit durch­ aus nicht gleichkommt. Nur wenn auch die innere Beschaffenheit, die das Nahrungs- oder Genußmittel zu einem verdorbenen machte, beseitigt ist, kann das Nahrungs- oder Genußmittel als nicht verdorben gelten, z. B. wenn die unreifen Äpfel zu Gelee verkocht sind. Hingegen ist das etwa mit Salizyl behandelte und zu Würsten verarbeitete Fleisch auch dann noch verdorben, wenn infolge dieser Behandlung oder durch starke Wür­ zung der verdorbene Zustand für den Abnehmer nicht mehr erkennbar ist (vgl. E. V 343). Die auf Verdeckung des verdorbenen Zustandes abzielende Hand­ lung wird außerdem in der Regel zugleich als Verfülschungshandlung anzusehen sein (siehe oben S. 34).

Ein Hinzukommen fremder Bestandteile zu dem otb= nungsgemäßen Nahrungs- oder Genußmittel ist für den Begriff des Ver­ nicht erforderlich, horbenseins nicht erforderlich; ebensowenig, daß das Nahrungs- oder Genußmittel durch seine Beschaffenheit gesundheitsgefährlich ist. So ist Bier, in dem versehentlich eine tote Katze mitgesotten wurde, als verdorben zu erachten, wenn auch die gesundheitsschädlichen Bestand­ teile (Leichengift 2c.) durch das Sieden zerstört werden (E. XXIII 409); ebenso ist Fleisch, in das mit dem Munde Luft eingeblasen wurde, als ver­ dorben anzusehen (8. II Bd. VI 244).

Fremde Bestand-

heitsgefährttchkeu

Nicht in den Zustand ^gelangte

Der Begriff des Verdorbenseins setzt, wie schon erwähnt, keinesWegs voraus, daß sich das Nahrungs- oder Genußmittel vorher in einem

N..M.

ordnungsgemäßen Zustand befunden habe und hierauf durch äußere Ein­ wirkungen oder innere (natürliche) Vorgänge verdorben wurde, z. B. durch Verunreinigung, Zersetzung. Verdorben sind vielmehr auch solche

47 Nahrungs- oder Genußmittel, die durch ungeeignete Herstellung (z. B. sitzengebliebenes Brot) oder durch irgendwelche. Störung ihres Entwicke­ lungsganges (ungeborene Kälber, unreifes Obst; vgl. E. V 287; R. V 552) überhaupt nicht in den ordnungsgemäßen Zu st and gelangt sind. „Der Zweck des Gesetzes, so wird in E. V 287 ausge­ führt, würde bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffes „ver­ dorben" nicht zu erreichen sein; auch bestehen für eine solche Einschränkung keine inneren, aus dem sonstigen Inhalt des Gesetzes zu entnehmenden Gründe. Denn es ist für das kaufende Publikum gleichgültig und die durch Verschweigung der schlechten Beschaffenheit oder die unrichtige Bezeich­ nung der Ware herbeigeführte oder wenigstens mögliche Täuschung und Vermögensbeschädigung bleibt dieselbe, ob die der Ware anhaftenden Mängel erst nach ihrer Verfertigung entstanden oder schon vorher in dem verwendeten Materiale vorhanden waren". 4. Der Verkauf eines nachgemachten, verfälschten oder verdorbenen Nahrungsmittels ist nach diesem Gesetze strafbar, wenn er unter Ver­ schweigung der Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genuß­ mittels erfolgt (vgl. E. XXXI 72). Es ist sohin in objektiver*) Beziehung erforderlich, daß der Verkäufer den Abnehmer über die Beschaffenheit der Ware in Unkenntnis gelassen hat. Dies ist nun aller­ dings nicht schon dann der Fall, wenn der Verkäufer den Käufer nicht mit ausdrücklichen Worten auf den Zustand des Nahrungs- oder Genuß­ mittels hingewiesen hat. Die vom Gesetze geforderte Aufklärung des Käufers kann auch auf andere Weise (z. B. Vorzeigen der angefaulten Stellen des Obstes) erfolgen. Es genügt die Herbeifiihrung des Einverständnisses zwischen Käufer und Ver­ käufer über die Beschaffenheit der Ware. Anderer­ seits schließt die Kenntnis des Käufers von der Beschaffenheit der Ware das Tatbestandsmerkmal des Verschweigens nicht aus, wenn der Verkäufer es unterlassen hat, die Herbeiführung des Einverständnisses über den Zustand der Ware anzustreben, die Kenntnis des Käufers also von dem Wissen und Willen des Verkäufers unabhängig ist (vgl.E. XXV1114, Veröffl. 1887S.83). Der Begriff „verkaufen" deckt sich hier mit dem zivilrecht­ lichen Begriffe (§ 433 BGB.) nicht. Verkaufen ist hier vielmehr gleich­ bedeutend mit „gegen Entgelt in Verkehr setzen". (A. M. Lebbin-Baum.) a) Es ist daher für die Frage, ob ein „verdorbenes Nahrungs- oder Genußmittel verkauft wurde, nicht der Zeitpunkt des Vertrags­ schlusses, sondern der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend (vgl. E. IV 92). Es liegt demnach der Tatbestand auch dann vor, wenn die Ware erst nach Abschluß des Vertrages, jedoch vor ihrer Über­ gabe verdarb, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um einen Gattungskauf, sondern um den Verkauf einer bestimmten Sache handelte. Die Erfüllung einer zivilrechtlichen Pflicht schließt den Tatbestand nicht aus (vgl. E. IV 92, XVI 191).

*) Über die subjektive Seite s. Anm. 61.

Verschweigung der Beschaffen­ heit des N.-M.

Verkaufen.



Verkauf als N. M.

Feilhalten.

Bezeichnung.

48

b) Unter den Begriff des Verkaufes fällt auch die Hingabe imTauschwege, ferner die Verabreichung an einen Kostgänger, der für Kost und Wohnung monatlich einen unausgeschiedenen Gesamtbetrag entrichtet (vgl. E. XXIII 396); ebenso die Hingabe an den Aufsichts­ beamten gemäß § 2 dieses Gesetzes (vgl. Stenglein S. 347). Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes ist erforderlich, daß die in Betracht kommende Ware als Nahrungs- oder Genuß­ mittel verkauft wurde. Als Nahrungs- oder Genußmittel verkauft ist die Ware aber auch dann, wenn sie der Käufer nicht selbst genießen, sondern zum Genusse für Andere weiter verkaufen oder verschenken will (vgl. R. VI 795; E. I X 355), ebenso wenn die Ware zwar nicht als Nah­ rungsmittel oder Genußmittel bezeichnet, oder wenn sie nicht dazu be­ stimmt ist, der Verkäufer aber weiß, daß sie der Käufer selbst genießen oder als Nahrungs- oder Genußmittel weiter in Verkehr bringen will. Hiergegen fällt der Verkauf verdorbenen Fleisches z. B. als Hundefutter nicht unter die Strafbestimmungen des § 10 Nr. 2. 5. Von § 10 Nr. 2 wird ferner getroffen das Feilhalten unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung. a) Feilhalten bedeutet das Bereithalten einer Ware zu Ver­ kaufszwecken in der Weise, daß der Abschluß eines Kaufvertrages und die Übergabe der Ware ohne weiteres möglich ist (vgl. E. IV 274, VI 46; R. V 315 G XXV242, XXXV S. 169 XL 148 sReklamejettel], D. I. Z. 1899 S. 22; 1900 S. 463, I. W. 1905 S. 145). Ein Anpreisen oderAnbieten der Ware durch Worte ist zum Begriffe des Feil­ haltens nicht erforderlich; es gemißt das bloße Bereitstellen der Ware zum Verkaufe. Dabei ist es jedoch nicht unbedingt nötig, daß die Ware sichtbar ausgelegt ist. Auch die in Büchsen, oder im Eisschranke ver­ wahrten Nahrungs- oder Genußmittel werden feilgehalten (vgl. E. VI 137). Selbst der Umstand, daß sich die Ware nicht im Verkaufsräume selbst befindet (der Eisschrank steht z. B. im Gange), schließt die An­ nahme, daß sie feilgehalten wird, nicht aus, falls aus den sonstigen Umständen hervorgeht, daß sie zum sofortigen Kaufsabschluß und Abgabe an die Kunden bereitgestellt werden wolle und bereitstand. b) Die feilgehaltene Ware muß in einer zur Täuschung geeigneten Weise bezeichnet sein, z. B. durch eine irreführende Etikette (E. XIV 435). Das bloße Feilhalten an einem Orte, wo man (wie z. B. in der Fleischhalle) nur gute Ware erwartet, ist keine solche Bezeichnung, zumal auch die Möglichkeit besteht, daß der jeweilige Käufer entsprechend aufgeklärt wird (E. VI 35,271; XII 301; XIV 435 XL 148). Auch die Verleihung eines täuschenden Äußeren ist keine Bezeichnung in diesem Sinne. Mit Recht wird dies in E. III 381 verneint für den Fall, daß ein mit Malvenblüten rotgefärbter Weiß­ wien — jedoch ohne Bezeichnung als Rotwein — feilgehalten wurde. Hingegen ist es gleichgültig, ob sich die Bezeichnung auf die ganze Ware als solche (Name), oder nur auf einzelne Teile oder Eigen­ schaften (z. B. Prima Qualität) bezieht.

49 c) Die Bezeichnung muß zur Täuschung geeignet sein. ZurTäuschung Sie braucht hiernach weder falsch zu sein, noch ist es notwendig, gcctoncL daß eine Täuschung beabsichtigt ist oder tatsächlich eintritt.

Es wird auf Seite 41 über die sogen. Deklarationen Gesagte verwiesen. Es kann also die Bezeichnung an sich, rein wörtlich genommen, vielleicht richtig, doch aber so gefaßt sein, daß der Abnehmer über die wirkliche Natur der Ware in Unklarheit gelassen und so getäuscht wird. Tie mißverständliche oder unvoll­ ständige Bezeichnung ist daher ebenso zur Täuschung geeignet, wie eine falsche Bezeichnung. Herbei ist auch hier die Möglichkeit der Täuschung einer Minderheit von Personen ausreichend (E. XIV 428); doch genügt andererseits zum Ausschluß des Tatbestands­ merkmals, daß beiden Abnehmern keine Täuschung möglich ist. Es ist daher für den Großhandel die Bedeutung einer Bezeich­ nung unter Umständen anders zu beurteilen, wie für den Klein­ handel (vgl. R. V 315).

III. Der subjektive Tatbestand im einzelnen. 1. Derjenige, welcher ein Nahrungs- oder Genußmittel

m.Dersnvfertrve

in der vom Nahrungsmittel. Gesetze gekennzeichneten Weise feilhält oder verkauft, muß sich bewußt eigenschaft. sein, daß die von ihm feilgehaltene oder verkaufte Ware zur menschlichen Ernährung bezw. zum menschlichen Genusse dient (siehe Seite 37). Dagegen ist gleichgültig, ob er hiernach auch annimmt, daß ein Nahrungs­ oder Genußmittel im Sinne des Gesetzes vorliegt. Ein Irrtum in dieser Hinsicht wäre als Irrtum über strafrechtliche Bestimmungen belanglos. 2. Der Täter muß den Willen haben, den betreffenden Gegenstand anderen gegen Entgelt zu überlassen oder zum Zwecke des Verkaufs und

Wine zu ver. ,0Mfcn €tCe

der Abgabe an Andere bereitzuhalten. Der Irrtum, daß sich diese Hand­ lungen nicht als Verkaufen oder Feilhalten im Sinne des Gesetzes dar­ stellen, ist unbeachtlich.

3. Der Täter muß den tatsächlichen Zustand der Ware kennen; es Die Kenntnis der ist hierbei ohne Belang, ob er diesen Zustand als nachgemacht oder ver- des^aNenheit

fälscht oder verdorben im Sinne des Gesetzes ansieht oder nicht. Jedoch genügt es bezüglich der verdorbenen Nahrungs- oder Genußmittel nicht, daß er nur die Umstände kennt, welche das Nahrungsmittel als verdorben erscheinen lassen (z. B. daß das Tier krank war), sondern er muß auch wissen, daß diese Umstände die Brauchbarkeit des Nahrungs- oder Genuß­ mittels wesentlich beeinträchtigen; ebenso genügt die Kenntnis, daß ein ungewöhnlicher Zusatz in dem Nahrungs- oder Genußmittel enthalten ist, nicht bezüglich der nachgemachten oder verfälschten Nahrungs- oder Genußmittel, der Täter muß vielmehr auch wissen, daß das Nahrungs­ oder Genußmittel zufolge seiner Beschaffenheit den Anschein eines andern Nahrungsmittels erweckt, oder gegenüber dem echten Nahrungs- oder Genußmittel verschlechtert oder mit dem Anschein besserer Beschaffen­ heit versehen erscheint.

Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.

4

50 ba§ «

we gen.

4. Der Verkäufer muß sich ferner bewußt sein, daß er beit tatsächZustand der Ware dem Käufer verschweigt (vgl. Seite 47).

Er muß also wissen, daß durch sein Verhalten das erforderliche Einver­ ständnis über die Beschaffenheit der Ware zwischen ihm und dem Käufer nicht herbeigeführt wird. Dieses Bewußtsein wird insbesondere dann fehlen, wenn der Verkäufer annahm, der Käufer müsse nach Lage der Sache die Natur der Ware erkennen und es bedürfe daher keiner weiteren Auf­ klärung, so wenn der Händler auf dem Markte nach der Jahreszeit, oder nach dem Verlangen des Käufers (Fallobst; Nüsse zum Einmachen) er­ wartete, daß sich der Käufer über die Beschaffenheit der Ware völlig klar sei (vgl. Goltd. XLII S. 263). Dieses Bewußtsein kann fehlen, obwohl tatsächlich kein Einverständnis mit dem Käufer über die Beschaffenheit der Ware erzielt wurde; es kann andererseits vorhanden sein, obwohl der Käufer zufällig die Beschaffen­ heit der Ware kannte. Denn der Umstand, daß der Käufer ohne Wissen und Willen des Verkäufers von der wahren Natur des feilgehaltenen Nahrungs- oder Genußmittels Kenntnis erlangt, ist für die Schuldfrage ohne Belang, da eine Täuschung des Käufers nicht zum Tatbestand des § 10 Nr. 2 erfordert wird (vgl. E. XXVI 114; Entsch. d. Kammergerichts Berlin vom 11. Juli 1887 (Jahrbuch Bd. VII S. 231)).

Die Kenntnis oder Unkenntnis des Käufers von der Beschaffenheit der Ware hat sohin nur Bedeutung für die Beweiswürdigung, insofern sie unter Umständen einen Schluß auf die Willensrichtung des Verkäufers gestattet. Bewußtsein der z.

neterEezeichnung'.

Vollendung.

5. Der Feilhaltende muß sich bewußt sein, daß die Ware in einer Weise bezeichnet ist, die eine Täuschung des (unmittelbaren oder mittelbaren) Abnehmers zuläßt. Eine Absicht zu täuschen, ist ebenso­ wenig erforderlich, wie die Annahme, daß die Abnehmer allgemein oder in der Regel irregeführt werden können.

IV. Die Straftat ist vollendet mit dem Verkaufe oder Feilhalten unter den im Gesetze gekennzeichneten Umständen. Der Eintritt irgend eines Erfolges, insbesondere einer Täuschung oder Vermögensschädigung ist nicht erforderlich (vgl. 6. III 234, 270, VI 55; A. XI 211). Der Tatbestand des Verkaufs ist vollendet mit dem Vertragsschlusse oder mit der Übergabe, der des Feilhaltens mit dem Augenblicke des Be­ reitstehens zum Verkaufe. Es bedarf also, um eine vollendete Straftat anzunehmen, nicht etwa neben dem Abschlüsse des Vertrages auch der Übergabe; der Tatbestand entfällt nicht, wenn die Übergabe aus irgend­ welchen Gründen unterbleibt (z. B. weil vorher die Ware beschlagnahmt wird). Falls das Nahrungsmittel erst nach Abschluß des Vertrages verdarb, tritt die Vollendung selbstverständlich erst mit der Übergabe an den Käufer ein.

Tüter. Teil' nehmer.

V. Täter kann jedermann sein; nicht nur der Gewerbe- oder Handel­ treibende. Es ist daher auch der Vermieter, der an einen Mieter, welcher

51 monatlich für Kost und Miete eine bestimmte Summe entrichtet, solche Nahrungs- oder Genußmittel unter Verschweigung ihrer Beschaffenheit abgibt, strafbar (E. XXIII 396). Bei Handels- oder Gewerbebetrieben kann sowohl der Inhaber (R. VII 239; (5. III 274), als auch der Geschäftsleiter (E. IV182, XXIII 383) Täter sein. Bei Betrieb eines Geschäftes zur Veräußerung nach­ gemachter u. s. w. Nahrungsmittel durch eine Mehrzahl von Inhabern, können sämtliche Inhaber Mittäter sein, soferne nur ihr Vorsatz auf die Erfüllung des strafbaren Tatbestandes gerichtet war (vgl. E. III 274). Bei Handelsgesellschaften ist mit Stenglein (S. 344) anzunehmen, daß zwar die Tatsache, daß ein Mehrheitsbeschluß vorliegt, keinen der verant­ wortlichen Personen entschuldigt, daß aber keine rein formale Verant­ wortlichkeit Platz greift, sondern es dem Einzelnen unbenommen ist, seine Schuldlosigkeit darzutun. Angestellte können, soferne sie ausschließlich in fremden Interesse (animo adjutoris) handeln, Gehilfen jein: soferne sie die Tat zu­ gleich als eigene wollten (animo auctoris handelten) auch Mittäter sein (Goltd. XLIV 291); sie können aber unter Umständen auch ganz ausscheiden, so wenn sie ohne Verschulden von der Beschaffenheit der Ware keine Kenntnis hatten. Durch Aufbewahrung, Lieferung oder Beischaffung der zu ver­ kaufenden oder feilzuhaltenden Nahrungs- oder Genußmittel kann Bei­ hilfe geleistet werden (vgl. auch IV 92).

VI. Die Strafe wie auch die Zuständigkeit ist die gleiche, wie bei Strafe. BuftänNr. 1 (vgl. S. 43). bigWt

VII. Der Versuch ist nicht strafbar (§ 43 RStGB.).

Versuch

Fahr-

Über fahrlässige Begehung s. § 11.

VIII. Die Annahme, daß ein Nahrungsmittel, das die Anklage als serätibenmn des verfälscht bezeichnete, nachgemacht sei oder umgekehrt, begründet keine re*»uiattid’t8‘ Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes (§ 264 StPO.), wohl aber die Annahme des Verdorbenseins statt des Nachgemacht- oder Verfälscht­ seins, oder die Annahme eines Feilbaltens statt Verkaufs und umgekehrt (vgl. Stenglein S. 348; ferner E. XIV 432, XXI 439; vgl. auch S. 28.)

C. Verhältnis des § 10 zu andern Gesetzesbestimmungen, sowie Ber- anderen c. «Ennis ,« Gesetzes« hältnis der Nr. 1 zur Nr. 2. besummungen. I. § 10 Nr. 1 und § 10 Nr. 2.

Die in Nr. 1 und 2 bezeichneten Tatbestände bilden eine einheit­ liche Handlung, wenn der Hersteller schon bei der Herstellung des nach­ gemachten oder verfälschten Nahrungs- oder Genußmittels die Absicht

Nr. i u. Nr. 2.

52 hatte, es unter den vom Gesetze mißbilligten Umständen zu verkaufen oder feilzuhalten. Hingegen kommen zwei, sachlich zusammentreffende Handlungen in Betracht, wenn er den Vorsatz, die Ware in der genannten Wei'e zu verkaufen oder feilzuhalten, erst nach der Vollendung der Her­ stellung faßte (vgl. E. III 270, X 198, XI 355; S. III Bd. I 158; R. V 795; Stenglein S. 335). Über die wirkliche Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes s. S. 28; 51. 8 12 d. G.

§ 263 RZtGB.

II. Mit § 12 dieses Gesetzes ist rechtlicher Zusammenfluß möglich (ebenso von der PfordterU Die Strafe ist aus § 12 zu nehmen. (Vgl. auch Veröffl. 1888 S. 280).

III. Verhältnis zu § 263 RStGB. (Betrug). Das Vergehen aus § 10 (insbesondere aus Nr. 2) dieses Gesetzes kann mit einem Vergehen des Betrugs sowohl sachlich, als auch rechtlich zusammentreffen, je nachdem der gemäß § 263 des RStGB. erforder­ liche Vorsatz schon bei den Verkauf der Ncchrungs- oder Genußmittel vor­ handen war, oder erst nach Vollendung der Handlungen gemäß § 10 ge­ faßt wurde. Daß bei gleichzeitigem Bestehen beider Vorsätze die Vollendung der Fälschung schon früher eintritt, als die des Betruges, ist für die Beur­ teilung nicht maßgebend (so auch E. IV 179, X 198, 206, XI 335; R. VI 795, IX 717; S. III Bd. I 158).

Die Frage ist nicht ganz unbestritten (vgl. von der Pfordten An­ merkung 9 Absatz 2; Menzen S. 30; Stenglein S. 335). In der Verschweigung der wahren Beschaffenheit eines Nahrungs­ oder Genußmittels liegt nicht immer auch eine Unterdrückung wahrer Tatsachen (bestritten; vgl. E. XXIX 35 und 369; Urteil des Kammer­ gerichts Berlin vom 11. November 1886 (Menzen S. 82), SIH Bd. 1148). Auch in dem Feilhalten unter einer zur Täuschung geeigneten Be­ zeichnung ist nicht notwendig stets eine Vorspiegelung falscher Tatsachen zu erblicken, da die zur Täuschung geeignete Bezeichnung keine Täuschungs a b s i ch t voraussetzt. Die Strafe ist bei rechtlichem Zusammentreffen aus § 263 RStGB. zu nehmen. In diesem Falle bemißt sich die Frage der Einziehung nach § 40 RStGB. und nicht nach § 15 dieses Gesetzes; die Veröffentlichung des Urteils gemäß § 16 dieses Gesetzes ist unzillässig. Auch die Folgen des § 3 dieses Gesetzes treten in diesem Falle nicht ein (ebenso Menzen S. 30; a. M. Meyer und Finkelnburg S. 83). 83SSZ.7RStGB.

IV. Verhältnis zu § 367 Ziffer 7 des RStGB. (Vgl. hierzu E. VI 34, 121, 268, XII 301, XXVI 114, 419; R. III 622, IV 149, 282, 451, VII 406; 8. II Bd. VI 8. 244; ferner Winller, Gerichtssaal 52 S. 260 ff.; Berner S.716; Binding, Grundriß III (5.67 f.; Olshausen F h ß gu§ 367 Z. 7). a) Die Frage, ob § 367 Ziffer 7 durch vorliegendes Gesetz aufgehoben worden sei, ist mit dem Reichsgericht zu verneinen.

53 Hierzu wird in E. VI S. 36 ausgeführt:

Eine ausdrückliche Aufhebung des § 367 Ziffer 7 spricht das Gesetz vom 14. Mai 1879 nicht aus, insbesondere nicht in § 1, der die Beaufsichtigung des Verkehrs mit Nahrungsmitteln rc., also den durch die §§ 1—7 geregelten Präventivschutz durch die Polizei­ behörden zum Gegenstände hat. Daher greift die allgemeine Regel Platz, wonach ältere Gesetze durch neuere nur insoweit für aufge­ hoben angesehen werden müssen, als sie denselben widersprechen. Es liegt aber kein Widerspruch darin, daß der § 10 Ziffer 2 des neueren Gesetzes vom 14. Mai 1879 aus den unter § 367 Ziffer 7 fallenden Handlungen die mit Vorsatz begangenen, und soviel das Feilhalten betrifft, die durch Anwendung eines auf Täuschung be­ rechneten besonderen Mittels erschwerten Handlungen herausge­ hoben und mit härterer Strafe bedroht hat, während es für die in solcher Weise nicht ausgezeichneten Handlungen die Vorschriften des § 367 Ziffer 7 hat bestehen lassen. Der letztere Paragraph forderte als mindesten Grad der subjektiven Verschuldung Fahr­ lässigkeit, unterschied aber zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Übertretung nicht durch abgesonderte Strafbestimmung; eine der­

artige Unterscheidung wollte das Gesetz vom 14. Mai 1879 nach­ holen, daher die Motive bemerken, es solle, wer die in § 367 Ziffer 7 bezeichneten Handlungen wissentlich verübe, mit einer härteren, wer es aus Fahrlässigkeit tue, mit derselben Strafe, welche § 367 Ziffer 7 androhe, belegt werden; das letztere ist sodann durch den § 11 des Gesetzes ausgesprochen worden. Hiernach wäre es möglich und auch konsequent gewesen, alle unter § 367 Ziffer 7 fallenden Hand­ lungen, wenn sie vorsätzlich begangen werden, unter § 10 Ziffer 2 zu stellen, nachdem jedoch der objektive Tatbestand durch den § 10 Ziffer 2 gewisse Modifikationen, und insbesondere hinsichtlich des Feilhaltens die erwähnte Einschränkung erfahren hat, zeigt sich zwar, daß die in den Motiven geltend gemachte Absicht nicht streng durchgeführt wurde, darin liegt jedoch kein Grund zu glauben, es habe in denjenigen Fällen, auf welche die verschärfte Strafdrohung des § 10 Ziffer 2 infolge einer in § 367 Ziffer 7 nicht enthaltenen Einschränkung des objektiven Tatbestands nicht zutrifst, nicht bloß die harte Strafe ausgeschlossen bleiben, sondern auch die geringere in § 367 Ziffer 7 angedrohte Strafe aufgehoben werden, also gänz­ liche Straflosigkeit eintreten sollen. Diese Annahme würde viel­ mehr der ganzen Tendenz des neueren Gesetzes Widerstreiten, welche nicht dahin ging, den schon vorhandenen strafrechtlichen Schuh gegen Unlauterkeit im Verkehr mit Nahrungsmitteln in irgend einem Punkte zu beseitigen, sondern denselben durch härtere Strafdrohungen für gewisse schon für strafbar erllärte Fälle und durch neue Straf­ drohungen gegen gewisse bisher straffreie Handlungen zu verstärken Motive S. 19, 20). Wenn die erwähnte, in den Motiven ausge-

54 sprochene Absicht, den objektiven Tatbestand des § 367 Ziffer 7 unbe­ rührt zu lassen, die Fahrlässigkeitsstrafe durch einen Paragraphen des neuen Gesetzes zu bestätigen und die Strafe der vorsätzlichen Handlungen zu verschärfen, streng durchgeführt worden wäre, so würde allerdings der § 367 Ziffer 7, welcher, wie gleichzeitig erkannt wurde, sich auf Handlungen, bei denen die Annahme selbst einer bloßen Fahrlässigkeit ausgeschlossen war, nicht bezog, durch das neue Gesetz vollständig ersetzt, also auch vollständig aufgehoben worden sein. Infolge davon, daß der Tatbestand des § 367 Ziffer 7 anders definiert worden ist, bezieht sich die Strafandrohung des § 10 Ziffer 2 nicht auf alle unter den § 367 Ziffer 7 fallenden Hand­ lungen, und hat der letztere Paragraph ein Gebiet der Anwendbar­ keit behalten. b) Es fragt sich weiter, ob die einzelnen in § 367 Ziffer 7 aufgeführten Begriffe die gleichen sind, wie in dem vorliegenden Gesetze. In Reger XX S. 333 wird die Frage bejaht (vgl. hingegen Motive S. 18 ff., oben S. 27). Es ist zwar zuzugeben, daß der Begriff „Getränke und Eßwaren" dem Begriffe „Nahrungs- und Genußmittel" entspricht, daß auch der Begriff „verdorben" in beiden Bestimmungen der gleiche ist; hingegen deckt sich der Begriff „Verfälscht" in den beiden Gesetzen nicht.

Der Begriff ist in § 367 Ziffer 7 einerseits weiter, insoferne er auch die „nachgemachten" Nahrungs- und Genußmittel umfaßt; er ist andererseits enger als im Nahrungsmittelgesetze, insoferne der Begriff, wie im gewöhnlichen Sprachgebrauch (vgl. oben S. 27) neben der objektiven, vom Echten abweichenden, Beschaffenheit auch erfordert, daß durch diese Beschaffenheit die wirkliche Natur des Gegenstandes verdeckt und daher eine Täuschung des Abnehmers möglich ist (ähnlich der Begriff „falsifier“ im belgi­ schen Gesetz vom 17. März 1856: melanger mechamment, malecieusement, frauduleusement. dans Pintention de porter prejudice ä Fautrui). Es ist also in § 367 Ziffer 7 die Frage nach der Täuschungs­ absicht nicht, wie im Nahrungsmittelgesetze, völlig von dem Be­ griffe der Fälschung getrennt. Dies entspricht auch dem Wortlaut und Sinne der Bestimmung in § 367 Ziffer 7. Wie schon oben S. 20 ausgeführt ist, kann die Allgemeinheit gewisser Nachmachungen und Verfälschungen nicht entbehren. Der Verkehr mit solchen ist, soweit jede Gesund­ heitsschädigung und Täuschung ausgeschlossen ist, unbedenklich, und kann nicht unter Strafe gestellt sein (ebenso Motive S. 18: „Wer z. B. Kunstbutter fabriziert, kann deshalb allein unmöglich strafbar sein, weil er, wenn er sein Fabrikat als Kunstbutter feilbietet, nichts unerlaubtes begeht"). Zum Teil ist der Verkehr mit solchen ob­ jektiv verfälschten Nahrungsmitteln sogar gesetzlich geregelt (z. B. bei Kunstspeisefetten).

55 Es ergibt sich demnach, daß die zwar objektiv (im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes) verfälschten oder nachgemachten Nahrungsmittel, bei denen nach den gegebenen Umständen eine Täuschung in Handel und Verkehr ausgeschlossen ist, nicht als verfälscht im Sinne des § 367 Ziffer 7 an­ zusehen sind. c) Die Straftaten aus § 10 dieses Gesetzes und § 367 Ziffer 7 RStGB können nach dem Gesagten in rechtlichem Zusammenflüsse stehen. V. Verhältnis zu der übrigen Nahrungsmittelgesetz­ gebung:

1. Das Reichsgesetz vom 5. Juni 1900 betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, enthält in § 29

M6tig«91afitmtg8mittelgesetzgebung.

2. Das Reichsgesetz betr. den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken vom 24. Mai 1901*) in § 19 3. Das Reichsgesetz vom 25. Juni 1887 mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen in § 7

betr.

den

Verkehr

4. Das Reichsgesetz vom 5. Juli 1887 betr. die Verwendung ge­ sundheitsschädlicher Farben rc. in § 14 5. Das Reichsgesetz vom 15. Juni 1897 betr. den Verkehr mit Butter, Käse und Schmalz und deren Ersatzmitteln in § 20 die Bestimmung, daß die Vorschriften des Nahrungsmittelgesetzes unberührt bleiben. Es ist daher nicht nur ein sachliches, sondem auch ein rechtliches Zusammentreffen dieser Gesetzesbestimmungen mit den Vorschriften des Nahrungsmittelgesetzes möglich. (Keine Gesetzeskonkurrenz; vgl. u. a. E. XXXVIII S. 21.)

VI. Verhältnis zu § 16 des Gesetzes vom 12. Mai 1894 zum Schutz der Warenzeichen (RGBl. S. 441).

Warenzeichen­ gesetz.

Rechtlicher Zusammenfluß ist möglich. Die Bestimmung des § 16 des Gesetzes vom 12. Mai 1894 ist einer­ seits weiter als § 10 dieses Gesetzes, insoferne die bloße Bezeichnung zur Erfüllung des Tatbestandes genügen kann; sie ist andererseits enger, in­ sofern § 16 sich nur auf die Bezeichnung des Herkunftsortes, nicht aber auf unrichtige Angaben über das Fabrikverfahren und die Herstellungsart bezieht (vgl. E. XXXI S. 1). VII. Verhältnis zu § 27 des Reichsgesetzes betr. die Besteuerung des Tabaks vom 16. Juli 1879 (RGBl. 1879 S. 245, 1885 S. 83).

*) Die Aushebung dieses Gesetzes durch das neue Weingesetz stebt in Kürze zu erwarten.

Tabaksteuer­ gesetz.

56 Für das Zusammentreffen ist § 42 des bezeichneten Gesetzes maß­ gebend; hiernach finden hier die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (§§ 74 bis 78) Anwendung (vgl. E. XIV 145). Der Verkauf und die Herstellung gewisser Tabakfabrikate (z. B. übermäßiger Zusatz von Tabakrippen) kann nach dem Gesetze vom 19. Juli 1876 straflos, nach dem Nahrungsmittelgesetze strafbar sein (E. IV 311). Über den Begriff des Tabaksurrogates und die Unterscheidung des Surrogates von den Hilfsmitteln der Fabrikation vgl. E. XIV 145.

Wettbewerbs­ gesetz.

Malzauffchlagsgesetz.

VIII. Verhältnis zum Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1886. Mit § 4 des Gesetzes ist rechtliches Zusammentreffen möglich. Vgl. auch E. XXXI 293.

IX. Verhältnis zum bayerischen Malzaufschlagsgesetz. Eine Zuwiderhandlung gegen das bayerische Malzaufschlagsgesetz vom 16. Mai 1868 (GVBl. 1879 S. 843) muß nicht notwendig zugleich eine Verletzung des Nahrungsmittelgesetzes enthalten (E. XI 294, XII 94). Doch ist zwischen einer solchen Übertretung und einer Straftat aus §§ 10, 12 oder 13 des Nahrungsmittelgesetzes sowohl ein rechtliches, als auch ein sachliches Zusammentreffen möglich (ebenso Bär S. 151 und May, Kom­ mentar zum Malzaufschlagsgesetz S. 484). Für den Fall des rechtlichen Zusammentreffens ist der Absatz 4 und 5 des Artikel 63 des Malzaufschlaggesetzes zu beachten. Diese bestimmen: „Hat eine und dieselbe Person gleichzeitig Strafen nach gegenwärtigem Gesetze und nach andern Gesetzen verwirkt, so sind diese Strafen neben­ einander auszusprechen. Die in den Artikeln 58 bis 60 bestimmten Maßregeln können in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen verhängt werden, gleichviel nach welchen Bestimmungen bei einem Zusammentreffen strafbarer Handlungen die Strafe zugemessen wird". Es erleidet sohin der Grundsatz des § 73 RStGB. hier eine Aus­ nahme *), infoferne auch bei rechtlichem Zusammentreffen nicht die strengeren Bestimmungen des Nahrungsmittelgesetzes ausschließlich zur Anwendung kommen, sondern eine Häufung der Strafen und Nebenstrafen stattfindet (ebenso May S. 487; S. I Bd. VII S. 105 ff.). A. A. Bl. f. R. L. 244.) Für die Zuständigkeitsfrage vgl. § 9 Ziffer 5 der Anweisung vom 2. Oktober 1879 (GVBl. S. 1389), wonach bei Zusammentreffen von Zoll- und Aufschlagsstrafsachen mit einer nach den allgemeinen?) Straf­ gesetzen zu verfolgenden Handlung ausschließlich den Gerichten die Ent­ scheidung zusteht.

§ 11. Ist die in § 10 Nr. 2 bezeichnete Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark ein. 1) Ähnlich § 158 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869. 2) Ob die Bestimmungen des Nahrungsmittelgesetzes unter die „allge­ meinen" Strafgesetze fallen, ist nach Ansicht der Zollbehörden nicht unbestritten.

57 § 11 fordert den gleichen objektiven Tatbestand wie § 10 (@. III 380). In subjektiver Beziehung tritt an Stelle des Vorsatzes die Fahr­ lässigkeit. Der Begriff der Fahrlässigkeit ist der gleiche, wie im allgemeinen Strafrecht (Bär S. 170; Meyer und Finkelnburg S. 85; Menzen S. 98; E III 276, XXXIX S. 2; S. III Bd. VI S. 75)*); sie ist gegeben, wenn der Täter bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt die Erfüllung des strafbaren Tatbestandes hätte hintanhalten können. Welcher Grad von Sorgfalt im einzelnen Falle geboten war, ist Tatfrage (E. VI 121). Für ihre Lösung sind die Bedürfnisse des Verkehrs, etwa vorhandene polizei­ liche Vorschriften, die persönlichen Verhältnisse des Täters, sowie etwaige besondere äußere Verhältnisse von Bedeutung. Die im Verkehr übliche Sorgfalt bietet hingegen keinen Maßstab für die Frage nach der Fahr­ lässigkeit; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß hin und wieder im Ver­ kehr eine gewisse Nachlässigkeit Übung ist, die im Verkehr übliche Sorg­ falt also nicht der für den Verkehr erforderlichen Sorgfalt gleichkommt. Das Gesetz geht (nach den Motiven) von dem Grundsatz aus, daß derjenige, welcher Nahrungsmittel feilhält oder verkauft, die Pflicht hat, Das Verkehrssich über ihre Beschaffenheit zu unterrichten oder unterrichten zu lassen, bedurfnis. Die hiernach an den Verkäufer von Nahrungsmitteln zu stellenden An­ forderungen werden naturgemäß um so höher sein, je höher der Wert der durch die Unterlassung dieser Pflicht gefährdeten Rechts­ güter und je größer im einzelnen Fall die Gefahr einer Schä­ digung ist. Bei leicht verderbenden und dann gesundheitsschädlich wirkenden Nahrungsmitteln wird ohne Zweifel ein höherer Grad von Aufmerksamkeit nötig sein, als bei Nahrungsmitteln, bei denen unge­ nügende Sorgfalt höchstenfalls geringe Vermögensbeschädigungen des Ab­ nehmers im Gefolge haben kann. Nach den Motiven wird eine Fahrlässigkeit ohne Zweifel immer da anzunehmen sein, wo der Beteiligte ausdrückliche Vorschriften PolizeurcheBor. einschlagender polizeilicher Verordnungen außer acht ließ. In der Regel fristen, wird auch die Befolgung solcher polizeilicher Vorschriften das M i n d e stm a ß der aufzuwendenden Sorgfalt darstellen. Es kann demgemäß unter Umständen trotz Befolgung dieser Vorschriften noch eine Fahrlässigkeit gegeben sein (vgl. E. VI S. 41; S. II Bd. I S. 331, 469, Bd. II S. 44 Bd. III S. 590). Auch die persönlichen Verhältnisse sind von Einfluß auf die Frage, ob Fahrlässigkeit gegeben ist. Von dem Großkaufmann, ^„sönttcheBer. dem erfahrenen Fachmann wird naturgemäß ein höherer Grad von Umhältniffe. sicht gefordert werden können, als von dem Keinen Geschäftsmann oder dem Nichtgewerbetreibenden. In Berücksichtigung zu ziehen sind endlich die im einzelnen Falle etwa gegebenen besonderen Verhältnisse. Der Umstand z. B., daß eine Ware von einer durchaus als reell bekannten Firma bezogen ist, oder daß eine Stichprobe von in Büchsen verschlossenen Waren

*) Vgl. ferner: E. XVII 427; I. W. 1901 S. 507, 1902 S. 142, 1903 S. 142.

58

Fayrian gr

keine Beanstandung ergeben hat, wird das Unterlassen weiterer Nach­ prüfungen unter Umständen als entschuldbar erscheinen lassen, während umgekehrt ein auffallendes Aussehen, ein eigentümlicher Geruch der Ware, das häufige Vorkommen von Fälschungen bei gewissen Waren u. s. w. er­ höhte Sorgfalt, unter Umständen die Zuziehung besonderer Sachver­ ständiger erforderlich machen kann (vgl. R. VII 239; E. III 380, VI 121, X 410). Die leichte Möglichkeit einer Untersuchung hingegen kann da, wo eine solche nach Lage der Sache nicht geboten ist, eine Untersuchungs­ pflicht nicht begründen, ebensowenig als die Schwierigkeit, die eine Unter­ suchung etwa bietet, ihre Unterlassung da, wo sie nach Lage der Sache geboten wäre, rechtfertigt (vgl. E. III 622). Die Anwendung zu geringer Sorgfalt in den in Frage stehenden . fQnn ^wirken:

Täter. Teil­ nehmer.

Strafe, Zustän­ digkeit.

Verhältnis zu ander. Gesetzesbestimmungen.

a) Unkenntnis der Nahrungsmitteleigenschaft (vgl. E. IX 31). b) Unkenntnis der Beschaffenheit der Nahrungs- oder Genußmittel (E. VI 256, X 410, XVIII 135). c) Verkauf oder Feilhalten wider den Willen des Täters (vgl. Entsch. des RG. vom 8. Januar 1883; Menzen S. 130). d) Unkenntnis bezüglich des Verschweigens der Beschaffenheit*) beim Verkaufe, oder der falschen Bezeichnung beim Feilhalten. Zu beachten ist im Falle b, daß trotz der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Nahrungsmittel als verdorben, verfälscht oder nach­ gemacht erscheinen lassen, aus Fahrlässigkeit die weitere Kenntnis, daß die Nahrungsmittel zufolge dieser Beschaffenheit in ihrer Tauglichkeit zum menschlichen Genusse wesentlich beeinträchtigt, oder daß sie gegen­ über dem ordnungsgemäßen Nahrungs- oder Genußmittel verschlechtert bezw. mit dem Anschein besserer Beschaffenheit versehen sind oder daß sie dem Scheine nach ein anderes Nahrungsmittel darstellen, fehlen kann. Täter kann, wie bei § 10, jedermann sein (vgl. S. 50 ff.). Die Beihilfe ist straflos. Der Geschäftsinhaber (R. VII 239) und Geschäfts­ führer (vgl. E. IV 92) haftet in der Regel für die Unterlassungen der Geschäfisgehilfen. Die Straftat ist Übertretung und gehört zur Zuständigkeit des Schöffengerichts; die Strafe ist Geldstrafe von 1 bis 150 Mk. Nebenstrafen s. §§ 15, 16 dieses Gesetzes. Über das Verhältnis zu § 367 Ziffer 7 RStGB. vgl. E. VI 269 und oben S. 53 im übrigen siehe S. 51 ff.

§ 12. Mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft: 1. wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, Anderen als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, derart herstellt, daß *) Ein hierin begründetes strafbares Verhalten ist bei „Verkauf unter Verschweigung re." nach Lebbin-Baum S. 205 begrifflich ausgeschlossen.

59 der Genuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, ingleichen, wer wissentlich Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungs- oder Genußmittel verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt; 2. wer vorsätzlich Bekleidungsgegenstände, Spielwaren, Ta­ peten, Eß-, Trink- oder Kochgeschirr oder Petroleum derart her­ stellt, daß der bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Gebrauch dieser Gegenstände die menschliche Gesundheit zu beschädigen ge­ eignet ist, ingleichen wer wissentlich falsche Gegenstände verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Der Versuch ist strafbar. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein.

A. Absatz 1 Nr. 1. Die Nr. 1 des 1. Absatzes von § 12 enthält zwei getrennte Tatbestände: I«»««». «df. i I. Die vorsätzliche Herstellung von Gegenständen, die bestimmt sind, anderen als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen in einer Weise, daß ihr Genuß geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu sckädigen.

II. Der wissentliche Verkauf, Feilhalten oder sonstiges Inverkehr­ bringen von Gegenständen, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungs- oder Genußmittel.

I. Zum Tatbestand unter I ist demnach erforderlich:

Tatbestand i.

1. in objektiver Beziehung:

a) die Herstellung eines Gegenstandes der im Gesetze genannten Art,

b) die hierdurch bewirkte Beschaffenheit, daß sein Genuß geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu beschädigen; 2. in subjektiver Beziehung: a) die Bestimmung des Gegenstandes, andern als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen,

b) der Wille, einen solchen Gegenstand herzustellen, c) Kenntnis seiner gesundheitsschädigenden Eigenschaften.

1. Der objektive Tatbestand im einzelnen. Unter Herstellen ist zu verstehen die Fertigstellung zum GenusseEin Urteil des Reichsgerichts vom 27. Okwber 1882 (E. VII 151) führt in dieser Beziehung aus: „Richtig ist, daß die Herstellüng eine menschliche Tätigkeit erfordert, wodurch Gegenstände, welche vorher überhaupt nicht zu den Nahrungs­ mitteln, oder zu einer andern Klasse oder Qualität derselben gehörten, zu Nahrungsmitteln umgeschaffen werden, und daß ohne eine solche durch menschliche Tätigkeit herbeigeführte Veränderung der" ursprünglichen

Begriff »er *etf,e u"8’

60 Stoffe in Beziehung auf ihre Beschaffenheit je nach den Anforderungen, welche durch die Eigenschaften des herzustellenden Nahrungsmittels be­ dingt werden, von einer Herstellung desselben nicht die Rede sein kann. Aber diese Veränderung muß sich nicht notwendig auf die innere quali­ tative Beschaffenheit beziehen, derart, daß ein an und für sich gesunder Stoff erst durch seine Behandlung, Zusammensetzung mit anderen Stoffen rc. zu einem gesundheitsschädlichen umgestaltet toirb; eine derartige Be­ schränkung würde dem Gesetze einen guten Teil seiner Bedeutung nehmen. Ein Nahrungsmittel, welches geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu beschädigen, stellt vielmehr auch derjenige her, welcher einem schon ur­ sprünglich gesundheitsgefährlichen Stoffe, welcher auch bei normaler Qualität in dieser Beschaffenheit als Nahrungsmittel genossen werden kann oder zu genossen werden Pflegt, eine derartige Form verleiht, welche ihn zum menschlichen Genusse geeignet erscheinen läßt. Unter Herstellen eines Nahrungsmittels ist dessen Fertigstellung zum Genusse verstanden, und diese Herstellung ist auch dann derartig, daß der Genuß die Gesund­ heit zu beschädigen geeignet ist, erfolgt, wenn dem hergestellten Nahrungs­ mittel ohne Rücksicht auf die Art der Bereitung diese Eigenschaft anhaftet. Es muß nur das Produkt der Herstellung ein gesundheitsgefährliches Nahrungsmittel sein. Wer aus verdorbenem Getreide ein Mehl fabriziert, welches dieselben gesundheitsschädigenden Eigenschaften besitzt wie das rohe Getreide selbst, sofern jemand auf den Gedanken kommen sollte, dasselbe zu genießen, bringt durch seine Herstellungstätigkeit ein gesund­ heitsbeschädigendes Nahrungsmittel nicht weniger zur Existenz, wie der­ jenige, welcher erst durch ungeschickte oder böswillige Zusätze zu dem ge­ sunden Rohstoffe die Schädlichkeit des daraus bereiteten Produkts herbei­ führt. So kann es auch füglich nicht bezweifelt werden, daß der Fleischer, welcher das Fleisch erkrankten Viehs zur Bereitung gesundheitsschädlicher Wurst verwendet, sich der Herstellung eines gesundheitsschädlichen Nah­ rungsmittels auch dann schuldig macht, wenn die sonstige Herstellungs­ weise der Wurst und die sonstigen dazu verwendeten Stoffe den normalen Anforderungen entsprechen". Die Herstellung eines gesundheitsgefährlichen Nahrungs- oder Genuß­ mittels ist sohin in gleicher Weise anzunehmen, wenn diese Eigenschaft ihren Grund hat in der Beschaffenheit eines bei der Herstellung verwendeten — sei es zu den ordnungsgemäßen Bestandteilen des Nahrungsmittels gehörigen oder nicht dazu gehörigen — Stoffes, wie wenn sie beruht auf der Art der Herstellung bezw. einem sonst mit der Herstellungstätig­ keit in ursächlichem Zusammenhänge stehenden Umstand, z. B. Vermengung zweier an sich ungefährlicher Stoffe zu einer gesundheitsschädlich wirkenden chemischen Mischung. Von einer Herstellung eines gesundheitsgefähr­ lichen Gegenstandes kann hingegen nicht die Rede sein, wenn diese Eigen­ schaft ihre Entstehung nicht der Herstellungstätigkeit, sondern andern, nachträglich in Wirksamkeit getretenen Umständen verdankt, so wenn z. B. einwandfreie Ware durch Aufbewahrung in dem schlechtgelüfteten Eis­ schrank des Abnehmers verdirbt. Dies trifft auch dann zu, wenn die Art

61 der Herstellung dem nachträglichen Hinzutreten solcher äußerer Umstände günstigere Bedingungen geschaffen hat, so, wenn das Fleisch nicht gehörig ausblutete, so daß es rascher dem Verderben ausgesetzt ist (E. VI 256). Hiervon verschieden ist der Fall, daß die Gesundheitsgefährlichkeit zufolge der Herstellungstätigkeit zwar vorhanden ist, aber nicht immer in Erscheinung tritt, sondern z. B. nur bei bestimmten (ordnungsgemäßen und daher voraussehbaren) Bereitungsarten (vgl. Urteil des II. Strafsenats des RG. vom 24. Februar 1885; Menzen S. 103). Das Gesetz trifft die Herstellungstätigkeit, welche ein Nahrungs­ oder Genußmittel schafft, dessen Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist. Der vom Gesetze mißbilligte Erfolg der Herstellungstätigkeit ist so­ hin die Gesundheitsgefährlichkeit des geschaffenen Nahrungs- oder Genußmittels, also die Gefährdung der Gesundheit der Abnehmer. Es ist daher für die Schuldfrage ohne Bedeutung, ob tatsächlich eine Schädigung der Gesundheit eingetreten ist; dieser Umstand hat nur für die Straffrage Bedeutung (vgl. A. X 27; E. III 122). Die Gesundheitsgefährlichkeit ist eine nach rein objektiven Gesichts­ punkten zu beurteilende Eigenschaft (E. II 178, VI 256, XVIII 135). Die Annahme einer Gesundheitsgefährlichkeit ist daher in allen Fällen ausgeschlossen, in denen die Beschaffenheit des Nahrungs- und Genußmittels völlig ordnungsgemäß ist, und nur durch das Hinzutreten äußerer Umstände, z. B. durch die unwahre Erzählung während des Ge­ nusses, das genossene Fleisch sei Hundefleisch, Ekel und hierdurch ein schädigender Einfluß auf die Gesundheit ausgeübt wird (E. XVIII 135; S. III Bd. VII S. 29). Eine Gesundheitsgefährlichkeit eines Nah­ rungs- oder Genußmittels ist dann gegeben, wenn es bei ordnungsgemäßem Gebrauche durch die Per­ sonen, zu deren Genuß es bestimmt ist, allgemein eine (nicht ganz unbedeutende) Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit hervorzurufen geeignet ist. Es ergibt sich demnach: a) Die Gefährdung der Gesundheit muß bei ordnungsgemäßem Gebrauche des Nahrungs- oder Genußmittels gegeben sein. Bei übermäßigem Genusse wird jedes Nahrungs- oder Genuß­ mittel mehr oder weniger gesundheitsschädlich wirken; diese außer­ ordentliche Wirkung kann aber für die Beurteilung der Gesundheits­ gefährlichkeit nicht in Betracht kommen. Hingegen ist es ebenso ohne Belang, ob ein unter der Grenze des üblichen bleibender Genuß etwa unschädlich bleibt, wenn der ordnungsgemäße Genuß in dem fortgesetzten Gebrauche nicht unerheblicher Mengen besteht und dieser Genuß gesundheitsschädlich wirkt (vgl. E. II 178; A. IV 384; E. XXXIX S. 92). b) Die Gefahr für die Gesundheit muß bei dem Kreise der Personen, zu deren Genuß das Nahrungs- oder Genußmittel bestimmt ist,

Die Gesund, heitsgesährlich« leit.

62 allgemein bestehen, nicht etwa bloß bei einer besonderen per­ sönlichen Veranlagung. Ist demnach ein Nahrungs- oder Genußmittel für die Allge­ meinheit bestimmt, so kann eine schädigende Wirkung auf Kinder, Kranke u. s. w. nicht in Betracht kommen. Soll es jedoch einem bestimmten Personenkreise zum Genusse dienen, wie ein für Kranke bestimmter Medizinalwein, ein Nährmittel für Säuglinge, ein Brot für Zuckerkranke, so kommt es für die Beurteilung der Gesundheits­ gefährlichkeit ausschließlich auf die Wirkung an, die es im allge­ meinen auf diesen Personenkreis ausübt (ebenso E. XIX 226, XXXI 299). Ohne Berücksichtigung für den Rückschluß auf die Gesundheits­ gefährlichkeit eines Nahrungsmittels zu bleiben hat eine aus­ nahmsweise, zufolge besonderer Umstände bei einzelnen Per­ sonen auftretende Wirkung, sei es daß ein im allgemeinen nicht gesundheitsschädlich wirkendes Nahrungsmittel ausnahmsweise schäd­ lich wirkt, oder ein sonst gesundheitsgefährliches Nahrungsmittel aus­ nahmsweise unschädlich bleibt. c) Der Genuß des Nahrungs- oder Genußmittels muß geeignet sein, einenicht ganz unbedeutende Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit hervorzurufen. E. XX 254 besagt: „Ein Schaden an der Gesundheit liegt dann vor, wenn durch eine Einwirkung auf den Körper eines Menschen dessen Orga­ nismus in den zum Leben erforderlichen gewöhnlichen Verrichtungen eine wenigstens teilweise Störung erleidet". Nur vorübergehende unangenehme Empfindungen, z. B. Ekel, bedeuten keine Schädigung der Gesundheit (E. VI 268, XVIII 137); hingegen ist Erbrechen wohl schon als eine hier in Betracht zu ziehende Schädigung der Gesundheit zu erachten (E. XX 254). Auch eine Verschlechterung in dem Zustande des Kranken durch den Genuß eines für Kranke bestimmten Nahrungs- oder Genußmit.els (Medizinalwein) kann als Gesundheitsschädigung angesehen werden (vgl. E. XX 254, XIX 226).

d) Die Gesundheitsgefährlichkeit muß gegeben sein durch die Be­ schaffenheit des Nahrungs - oder Genußmittels s e l b st, nicht durch den Umstand, daß mit ihm zufällig ein gefähr­ licher Körper in Verbindung getreten ist, wie z. B. wenn eine Steck­ nadel in eine Semmel gesteckt wurde (E. XXXI 327). e) Die gesundheitsgefährliche Beschaffenheit des Nahrungs- oder Ge­ nußmittels muß von der Norm abweichen. Die Gefahren für die Gesundheit, die der Genuß des völlig ordnungsgemäß be­ schaffenen Nahrungs- oder Genußmittels der in Frage stehenden Art mit sich bringt, kommen hier nicht in Betracht, z. B. die Ge­ fahren des Alkohol-, Nikotin-, Coffein-Genusses.

63 Denn vor diesen Gefahren die menschliche Gesundheit zu schützen, ist nicht Zweck des Gesetzes (vgl. auch Motive S. 24 ff.). Hingegen sind auch bei derartigen Nahrungs- oder Genußmitteln alle Gefährdungen in Betracht zu ziehen, die durch eine Abweichung von der Norm entstehen, so in dem Zusatze gesundheitsgefährlicher Stoffe (Branntweinschärfen) zum Branntwein u. s. w. f) Die Gesundheitsgefährlichkeit muß, wie oben S. 60 schon hervorgehoben ist, auf die Herstellungstätigkeit zu­ rück z u f ü h r e n s e i n. Es ist hierbei gleichgültig, ob diese Be­ schaffenheit offensichtlich oder verborgen ist, ob sie dmch nachfolgende Behandlung zu beseitigen ist (R. VI 157, X 261), ob sie unter allen Umständen, oder nur bei gewissen (ordnungsgemäßen) Verwendungs­ arten, z. B. bei bestimmten Zubereitungsweisen sich äußert. (Un­ gedrucktes Urteil des II. Strafsenats des RG. vom 24. Februar 1885; Menzen S. 103; Meyer und Finkelnburg S. 91). Es ist die bei jeder als möglich voraussehbaren, ordnungsgemäßen Verwen-. düng eintretende Wirkung in Betracht zu ziehen (R. VI 157). Nicht in Betracht kommt hingegen selbstverständlich eine falsche oder außer­ gewöhnliche oder gar eine, erst die Gesundheitsgefährlichkeit hervor­ rufende Behandlung (z. B. durch Beimischung gesundheitsgefähr ­ licher Stoffe, wie Salizyl). Hier ist die gesundheitsgefährliche Be­ schaffenheit eben nicht auf die Herstellungstätigkeit, sondern auf die nachfolgende unrichtige Behandlung zurückzuführen.

Über die Herstellungstätigkeit, welche zwar selbst keine gesund­ heitsgefährliche Beschaffenheit hervorruft, aber einem nachträg­ lichen Hinzutreten solcher Umstände, welche eine gesundheitsgefähr­ liche Beschaffenheit bewirken können, günstige Bedingungen schafft; s. oben S. 61.

2. Der subjektive Tatbestand im einzelnen (vgl. E. xviil 135). a) Der herzustellende Gegenstand muß bestimmt sein, andern als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen. aa) Der Täter braucht nicht etwa beabsichtigen, ein Nahrungs- oder Genußmittel herzustellen, sondern einen Gegenstand, der als solches zu dienen bestimmt ist. Es kommen demnach nicht nur, wie in § 10, bereits bekannte, schon vorhandene Nahrungs- oder Genußmittel in Betracht, sondern auch solche Gegenstände, die bisher nicht als Nahrungs­ oder Genußmittel galten oder als solche bekannt waren, ja auch solche, die tatsächlich gar keine Nahrungs- oder Genußmittel sind, sondem vom Täter lediglich die Zweckbestimmung, zum menschlichen Genusse zu dienen, erhielten.

Andererseits scheiden hier alle Gegenstände aus, die zwar ihrer Natur nach unter Umständen als Nahrungs- oder Genuß­ mittel in Betracht kommen könnten, aber eine andere Zweck-

Zweck-' Bestimmung,

64

Kenntnis der Gesnndheitsgefiihrlichkeit.

Witte deS Herstellens.

Tatbestand II.

Bestimmung erhielten, z. B. Mehl aus verdorbenen Getreide zu Futterzwecken. bb) Der Gegenstand muß bestimmt sein, andern als Nahrungs­ oder Genußmittel zu dienen. Die Herstellung solcher Gegenstände zum eigenen Gebrauch fällt sohin nicht unter § 12 (wohl aber die Herstellung zum Ge­ brauche in der Familie, im Haushalte, da hier auch „andere" beteiligt sind). Im übrigen gewinnt die Frage, wer die „Anderen" sind, deren Genusse der herzustellende Gegenstand dienen soll, Bedeu­ tung für die Feststellung der Gejundheitsgefährlichkeit, insoferne hier eben die Wirkung auf die bestimmungsgemäßen Ver­ zehrer maßgebend ist (s. oben S. 62). b) Der Hersteller muß sich b e w u ß t s e i n, daß der von ihm herzu­ stellende Gegenstand als Nahrungs- oder Genußmittel gesundheitsgefährlich ist. Eine auf den Erfolg der Gefährdung der menschlichen Gesundheit hinzielende Absicht wird nicht er­ fordert (ebenso Bär S. 180; Menzen S. 115 Anmerkung 25). Der Hersteller muß hiernach nicht nur den tatsächlichen Zu­ stand des Nahrungs- oder Genußmittels kennen, sondern auch wissen, daß es zufolge dieser Beschaffenheit beim Genusse die menschliche Gesundheit gefährdet (vgl. E. VI 256, XVIII 135; R. IV 76). Es bedarf daher stets der Feststellung, daß der Täter auch die aus der Beschaffenheit sich ergebende Gesundheitsgesährlichkeit kannte (Goltd. XL III 259). Zu dieser Kenntnis ist jedoch nur erforderlich, daß der Täter die Wirkung des Genusses auf den menschlichen Körper kennt, nicht auch, daß er diese Wirkung auch als Beschädigung der menschlichen Gesundheit im Sinne des Gesetzes erachtet. Ein Irr­ tum in dieser Beziehung wäre als Irrtum über strafrechtliche Bestim­ mungen ohne Belang. c) Der Hersteller muß den Willen haben, den Gegenstand herzustellen, d. i. zum Genusse fertigzustellen (E VII 151). Es genügt ein even­ tueller Vorsatz, d. i. wenn der Täter zwar die gesundheitsgefähr­ dende Natur des herzustellenden Gegenstandes nicht kennt, aber zweifelt und sich absichtlich der Kenntnis entzieht, die Herstellung aber auch für den Fall will, daß der Gegenstand gesundheitsgefährlich ist (R. X 157). Auch hier braucht der Wille selbstverständlich nur die tatsächliche (nicht auch die rechtliche) Seite umfassen. II. Zum Tatbestand unter II. ist erforderlich:

1. In objektiver Beziehung: a) Das Verkaufen, Feilhalten oder sonstiges Inverkehrbringen von Gegenständen als Nahrungs- oder Genußmittel.

65 b) Die Gesundheitsgefährlichkeit dieser Gegenstände.

2. In subjektiver Beziehung: a) Der Wille des Verkaufens, Feilhaltens oder Inverkehrbringens. b) Bewußtsein, daß diese Gegenstände als Nahrungs- oder Genuß­ mittel in Verkehr kommen. c) Die Kenntnis der Gesundheitsgefährlichkeit der Gegenstände.

1. Der objektive Tatbestand im einzelnen.

$ttbt»anb.al‘

a) Der Begriff des Verkaufens und Feilhaltens ist der Begriff »es «er. gleiche wie in § 10 (vgl. S. 47, 48). b) Inverkehrbringen umfaßt jede, wie immer geartete Tätigbringens. feit, durch die der Gegenstand einer anderen Person unmittelbar oder mittelbar zum Genusse zugänglich gemacht wird (E. IV 49, 182, VII 151, 412, XIV 35, XVI 191; R. II 633, IV 351, VI 337). Es setzt keinen rechtsgeschäftlichen Vorgang voraus, sondern kann auch auf tatsächlichen Vorgängen beruhen. Sowohl die ge­ werbsmäßige, wie die nichtgewerbsmäßige, entgeltliche, wie unent­ geltliche Zugänglichmachung zum Genusse fällt unter den Begriff des Inverkehrbringens (E. III 119). Es ist weder erforderlich, daß der Gegenstand einer Mehrzahl von Personen zugänglich wurde (E. III 119), noch daß diese Person eine fremde, d. i. nicht zu den Familienangehörigen zählende ist; auch die Zugänglichmachung für einen Familienangehörigen ist ein Inverkehrbringen (E. VII 151, 412; R. IV 448). Doch muß der Gegenstand andererseits tatsächlich unmittelbar oder mittelbar zum Genusse zugänglich gemacht worden sein. Die Über­ tragung des Gewahrsams an einen Dritten als seinen eigenen Boten oder Bevollmächtigten — anders bei Boten rc. eines Dritten — ist kein (vollendetes) Inverkehrbringen, da in diesem Falle noch keine Verfügungsgewalt eines Dritten an dem Gegenstände be­ gründet wurde (E. XIV 35). Wenn allerdings dem Beauftragten der Gegenstand wissentlich zum Genusse zugänglich gemacht wird, so liegt ein Inverkehrbringen vor; z. B. wenn gesundheitsschädliches Fleisch einem Gehilfen zur Wurstbereitung und gleichzeitig auch zum Abschmecken (d. i. zum Genusse, wenn auch nur eines Leinen Teils) übergeben wird (Urteil des RG. vom 16. Januar 1885; Menzen S. 113). Es genügt zur Annahme des Inverkehrbringens, wie schon er­ wähnt, auch ein mittelbares Zugänglichmachen; es ist sohin nicht erforderlich, daß gerade die Person, der das Nahrungsmittel überlassen wird, in die Lage versetzt wird, davon zu genießen. Auch die Überlassung an einen Beauftragten des Abnehmers ist schon ein Inverkehrbringen. Es ist auch keineswegs erforderlich, daß sich der Täter eine bestimmte Person oder eine bestimmte Verwen­ dungsweise vorstellt, auch die Hingabe in Kommission oder die Auslegung an einem allgemein zugänglichen Ort (etwa in der Absicht, Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.

5

66 daß ein vorbeikommender Bettler es genieße) ist ein Inverkehrbringen. (Vgl. Veröfjl. 1888 S. 280: Wegnahme durch einen Andern, wenn man nicht zur Duldung verpflichtet ist). Auch das Bestehen einer zivilrechtlichenVerpslichtung (Wandelungsvertrag, Auftrag eines andern) schließt die Annahme des Jnverkehrsbringens nicht aus, wenn auf diese Weise das Nahrungsmittel andern zum Genusse zu­ gänglich gemacht wird (E. XVI 191). NahrungSmittcleigenfchaft.

c) Der gesundheitsgefährliche Gegenstand muß als Nahrungs­ mittel oder Genußmittel verkauft, feilgehalten oder in Verkehr gebracht worden sein. Dieses Tatbestandsmerkmal kann (in objektiver Beziehung) vor­ handen sein, ohne daß der in Verkehr gebrachte Gegenstand tat­ sächlich ein Nahrungs- oder Genußmittel ist. So in dem E. IX 31 behandelten Falle, wo (allerdings nicht vorsätzlich) an eine Frau Leinöl als Speiseöl abgegeben wurde. (Auch in dem oben ange­ zogenem Urteile wird zwischen der subjektiven und objektiven Seite des „Verkaufs als Nahrungsmittel" geschieden.) Maßgebend für die Erfüllung dieses objektiven Tatbe­ standes ist der E r f o l g der Erwerbung als menschliches Nahrungs­ oder Genußmittel (vgl. R. VII 351; ferner R. IV 67; E. IX 31). Ausgeschlossen wird der objektive Tatbestand demnach durch das wirkliche (nicht bloß scheinbare) Einverständnis beider Teile, daß der Gegenstand nicht dem menschlichen Genusse dienen soll, z. B. wenn verdorbenes Mehl als Viehfutter verkauft wird. Daran würde auch die Tatsache nichts ändern, daß der Gegenstand später zufällig als menschliches Nahrungsmittel Verwendung fände, natürlich vorausgesetzt, daß beim (ursprünglichen) Verkauf keiner der Vertragsteile diese spätere Verwendung schon im Auge hatte.

Die GesundheitSgcfStirlichkeit.

d) Der Begriff der Gesundheitsgefährlichkeit ist hier der gleiche, wie in Satz 1. Es gilt daher auch hier das S. 61 sf. Ausgeführte. Weiter ist hierzu noch zu bemerken:

aa) Die Gesundheitsgefährlichkeit muß vorhanden sein in dem Zeitpunkte des Inverkehrbringens; ob sie offenkundig oder verborgen (verdeckt) besteht, ist gleichgültig; ebenso ob die Gesundheitsgefährlichkeit durch geeignete Behand­ lung beseitigt werden kann oder nicht. Eine erst nach dem Ver­ kaufe bezw. Inverkehrbringen des Gegenstandes eintretende Gesundheitsgefährlichkeit kann den Tatbestand des § 12 nicht begründen (E. VI 256); doch ist hier selbstverständlich Voraus­ setzung, daß der Gegenstand zur Zeit der Jnverkehrsetzung tat­ sächlich unschädlich und die Gesundheitsgefährlichkeit nicht etwa schon verborgen vorhanden war.

bb) Keine Gesundheitsgefährlichkeit liegt vor, wenn diese Eigenschaft zur Zeit des Verkaufes oder Jnverkehrsetzens schon beseitigt (nicht bloß verdeckt) war.

67 cc) Ohne Einfluß für die Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit ist es, ob diese Eigenschaft auf die Art der H e r st e l l u n g oder sonstige menschliche Tätigkeit zurückzuführen ist, oder ihre Ursache in natürlichen Vorgängen (Ver­ derben) oder zufälligen äußeren Umständen (zufällige gefährliche chemische Verbindung) hat, soferne nur die Gesund­ heitsgefährlichkeit dem Gegenstände selbst anhaftet (vgl. S. 62). 2. Der subjektive Tatbestand im einzelnen.

a) Es muß der Wille bestehen, diejenigen Handlungen vorzunehmen, die das Gesetz als Verkaufen, Feilhalten oder Inverkehrbringen bezeichnet. Ob auch der Täter diese Handlungen als ein Verkaufen u. s. w. im Sinne des Gesetzes ansieht, ist ohne Belang. Eventueller Vorsatz genügt (vgl. oben S. 63 ff).

Cn»i. Lat. bestand. Wille de» »erkaufens, Feilhaltens oder InverkehrfetzenS.

b) Der Täter muß diesen Willen betätigen in dem Bewußtsein, daß Nahrung«, die in Frage stehenden Gegenstände dem menschlichen Genusse dienen sollen (R. IV 231; R. X 261). Maßgebend ist hier — wie für die objektive Seite der Erfolg der Erwerbung als mensch­ liches Nahrungs- oder Genußmitt-l (R. VII 351) — ausschließlich die Willensmeinung des Verkäufers (R. III 234). Ohne Einfluß . auf die subjektive Seite (anders in objektiver Beziehung) ist der Wille des Erwerbers (vgl. R. IV 67, X 261). Fehlt der Wille, den Gegenstand als Nahrungs- oder Genuß­ mittel zu verkaufen, so entfällt der subjektive Tatbestand und damit die Anwendbarkeit des § 12 (doch kann, sofeme dem Wülen des Erwerbers entsprechend der Gegenstand, objektiv genommen, gleich­ wohl als Nahrungsmittel gekauft würde, § 14 Platz greifen (vgl. E. IX 31); andererseits ist, sofeme zwar das subjektive Merkmal, d. i. der Wülen des Verkäufers, einen Gegenstand als Nahrungsoder Genußmittel zu verkaufen, gegeben ist, aber der objektive Tat­ bestand d. i. der Erfolg des Erwerbes als Nahrungsmittel entfällt, ein Versuch gemäß § 12 gegeben. Durch die Scheidung der sub­ jektiven Seite von der objektiven löst sich der scheinbare Widerspmch von R. IV 67 und R. X 261). Ohne Belang ist hierbei, ob der Gegenstand an den Verzehrer unmittelbar, oder an einen Zwischenhändler zwecks Weiterveräußerung als Nahmngsmittel abgegeben wurde (R. VII 351).

c) Der Täter muß die Gesundheitsgefährlichkeit kennen. Hier gilt das Gleiche, wie bei Satz 1 (s. S. 64). Es entsteht hier weiter die Frage, welchen Einfluß es hat, wenn der Veräußerer dem Erwerber von der Gesundheitsgefährlichkeit der Ware einwandfrei Kenntnis gibt. Auszuscheiden sind zunächst die Fälle, in denen sich Veräußerer und Erwerber tatsächlich (und nicht bloß scheinbar) darüber einig

ö*

Kenntnis derGesundheitsgefährlichkeit.

68 sind, daß die verkaufte Ware nicht dem menschlichen Genusse dienen soll, da hier der objektive Tatbestand nicht gegeben ist (vgl. S. 66; E. XI 375). Im übrigen ist mit E. V 389 und XI 375 zu scheiden:

aa) Kann die Gesundheitsgefährlichkeit des Gegenstandes nicht be­ seitigt werden, so ist er dauernd zum menschlichen Genusse un­ tauglich. Der Zweck des gesetzlichen Verbotes steht hier dem Verkaufe des Gegenstandes als menschliches Nahrungsmittel ebenso entgegen, wenn der Erwerber über die gesundheits­ gefährliche Beschaffenheit aufgeklärt wird, wie wenn dies nicht geschieht. Die Mitteilung dieser Beschaffenheit an den Er­ werber kann demgemäß für die Schuldfrage keinen Einfluß üben. bb) Kann hingegen die gesundheitsgefährliche Beschaffenheit durch geeignete Behandlung beseitigt (nicht bloß verdeckt) werden, so kann die Mitteilung hiervon zwar in objektiver Beziehung die Erfüllung des Tatbestandes nicht hintanhalten, jedoch das Bewußtsein, daß eine Gefährdung der Gesundheit noch möglich sei, ausschließen, soserne der Verkäufer alles getan hat, was er zur Verhütung einer Gefährdung der Gesundheit nach seiner Überzeugung tun konnte (vgl. insbesondere E. V 389, ferner

E. IV 274; R. VI 157, X 261). Die in E. IV 274 und E. XVII 427 aufgestellte Ansicht, daß im Falle eines Verbots an den Käufer, den Gegenstand in seinem derzeitigen Zustande zum menschlichen Genusse zu ver­ wenden, den objektiven Tatbestand insoferne ausschließt, als der Gegenstand in diesem Falle nicht alsNahrungsmittel verkauft sei, ist wohl irrig. Denn darüber, daß die Ware später genossen werden soll, besteht im gegebenen Falle ja Einig­ keit; der Umstand, daß er vor dem Genusse noch irgend einer Behandlung zu unterwerfen ist, kann aber seine Eigenschaft als menschliches Nahrungsmittel nicht aufheben (vgl. Anmerkung I I zu § 1; ferner E. I 223, IV 72, 9t VIII 721, 9t III 721, R. IV 684). DieNr.2d.812.

Tatbestand.

B. Die Nr. 2 detz § 12. Auch die Nr. 2 enthält zwei getrennte Tatbestände.

I. Die vorsätzliche Herstellung der aufgeführten Gegenstände in einer Weise, daß ihr bestimmungsgemäßer oder vorauszusehender Ge­ brauch die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist. II. Das wissentliche Verkaufen, Feilhalten oder Inverkehrbringen solcher Gegenstände. Tatbestand I.

Tatbestand I. 1. Objektiver Tatbestand: a) Die Herstellung der bezeichneten Gegenstände.

69 b) Gesundheitsgefährlichkeit bei deren bestimmungsgemäßen oder voraus­ zusehenden Gebrauche.

2. Subjektiver Tatbestand: a) Wille des Herstellens eines solchen Gegenstands. b) Kenntnis der Gesundheitsgefährlichkeit oder vorauszusehenden Gebrauche.

bei bestimmungsgemäßen

1. Der objektive Tatbestand im einzelnen.

Obj. Tatbestand

a) Der Begriff der in der Gesetzesbestimmung aufgezählten Gegen- Begriff der auf­ stände ist mit Ausnahme der Bekleidungsgegenstände in § 1 näher flCAa^än^.egcn" erläutert. Unter Bekleidungsgegenständen sind nicht nur die Kleider (Unter- und Oberlleider, Schuhe) zu verstehen, sondern auch diejenigen Gegenstände, die zur Ausschmückung des Körpers dienen, wie Haarpfeile, künstliche Blumen (S. II Bd. III S. 131); nicht aber rein kosmetische Mittel (§ 3 des Gesetzes vom 5. Juli 1887). b) Über den Begriff der H e r st e l l u n g siehe oben S. 59.

c)

Herstellung.

Über den Begriff der Gesundheitsgefährlichkeit siehe ®ÄnfbAc??öe’ oben Anmerkung S. 60 f.: 66. wvwtxt.

Die Gesundheitsgefährlichkeit muß gegeben sein bei dem bestimmungsgemäßenodervorauszusehendenGebrauche. Unter vorauszusehendem Gebrauche ist zu verstehen derjenige Gebrauch eines der bezeichneten Gegenstände, der zwar seiner Zweckbestimmung nicht entspricht, der aber nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht bloß in Ausnahmsfällen vorkommt (vgl. E. XXI 299, XXXVII 276). So wird z. B. bei Spielwaren vorauszusehen sein, daß die Kinder sie nicht nur zum Spielen be­ nützen, sondern auch daran herumlecken und herumbeißen; ebenso wird bei Eßgeschirren zuweilen erwartet werden müssen, daß sie auch zur Aufbewahrung von Speisen verwendet werden. Nicht in Betracht kommt als vorauszusehender Gebrauch eine etwa mögliche unerlaubte Verwendungsart. Der Hersteller (oder Verkäufer) ist für Verwendungen, die nur bei einem Verschulden des Gebrauchen­ den oder bei Ausübung von Straftaten in Frage kommen, nicht verantwortlich (vgl. ungedr. RG.-Urteil vom 19. Februar 1885; Menzen S. 115 Anmerkung 26; Schwarze § 127; Bär S. 180; Meyer und Finkelnburg S. 97). Welche Umstände die Gesundheitsgefährlichkeit im einzelnen Falle begründen, ist gleichgültig (Ausdünsten von Tapeten; Be­ rührung des Körpers bei Kleidern; Abgabe giftiger Bestandteile an Nahrungsmittel bei Eßgeschirren u. s. w.); vgl. S. 11 Bd. VHS. 218.

2. Der subjektive Tatbestand im einzelnen.

Tatbestand,

a) Über den Willen, einen Gegenstand der bezeichneten Art her» MlledesHer» zustellen, Dgl. oben S. 64.

70 Kenntnis der GesnndheitSgefShrlichkeit.

b) Bezüglich der Kenntnis der Gesundheitsgefähr­ lichkeit bei ordnungsgemäßen oder vorauszusehenden Gebrauche vgl. oben S. 64.

Hatte der Täter infolge Unkenntnis einen vorauszusehenden Gebrauch nicht berücksichtigt und besteht eine Gesundheitsgefähr­ lichkeit nur bei diesem, so entfällt die Anwendbarknit des § 12; doch kann § 14 Platz greifen. Tatbestand II.

Der Tatbestand II. 1. Objektiver Tatbestand: a) Verkauf, Feilhalten oder sonstiges Inverkehrbringen eines der auf­ gezählten Gegenstände.

b) Gesundheitsgefährlichkeit bei bestimmungsgemäßen oder vorauszu­ sehenden Gebrauch. 2. Subjektiver Tatbestand:

a) Wille des Verkaufens, Feilhaltens oder Inverkehrbringens eines solchen Gegenstandes.

Im Einzelnen

b) Kenntnis der Gesundheitsgefährlichkeit bei bestimmungsgemäßen oder vorauszusehendem Gebrauche. Über die einzelnen Tatbestandsmerkmale vgl. zu la oben S.65; zu lb oben S.66; zu 2aoben S. 63, 66; zu 2b oben S. 67, 68.

„Solche" Ge­ genstände.

Mit Rücksicht auf die Fassung „solche Gegenstände" ist hier boit Bär S. 180 und von der Pfordten Anmerkung 1 Absatz 2 die Auffassung ver­ treten, daß die Gesundheitsgefährlichkeit auf die Art der Herstellung zu­ rückzuführen sein müsse, daß sohin eine zwischen Herstellung und Ver­ kauf auftretende Gesundheitsgefährlichkeit unberüchichtigt bleibe:: solle. Doch zwingt der Wortlaut „solche Gegenstände" nicht wohl unbedingt zu dieser einschränkenden Auslegung, die auch kaum dem Zwecke des Ge­ setzes entsprechen dürfte. Größere praktische Bedeutung kommt dieser Frage allerdings kaum zu, da eine nach der Anfertigung der Waren vorge­ nommene menschliche Tätigkeit, die der Ware gesundheitsgefährlich macht, ohnehin als H e r st e l l u n g s tätigkeit in Betracht käme, die Fälle einer ohne menschliches Zutun nachträglich auftretenden Gesundheits­ gefährlichkeit nach der Art der hier in Betracht kommenden Gegenstände überaus selten sein werden.

Strafe. Zu­ ständigkeit.

Die Tat ist Vergehen. Die Strafe ist Gefängnis von 1 Tag bis 5 Jahren; daneben ist Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, ferner Einziehung und Veröffentlichung des Urteils (§§ 15, 16 dieses Gesetzes) zulässig. Zur Verhandlung und Entscheidung ist die landgericht­ liche Strafkammer zuständig

71 Über Täter und Teilnehmer gilt das in § 10 S. 42 und 50 Gesagte auch hier.

ritrr. *rtl. nehmer.

Der Käufer eines der in § 12 genannten Gegenstände wird durch die Tatsache des Ankaufs allein noch nicht Teilnehmer an dem Vergehen aus § 12; es bedarf dazu noch der Zugänglichmachung an Dritte bezw. des Versuches hierzu (vgl. E. XXIII 242).

C. Absatz 2. Der V ers uch der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen ist strafbar. 1. V e r s u ch d e r H e r st e l l u n g ist der Anfang der Ausführung der Herstellungstätigkeit. Ein solcher ist in dem Ankauf und in der Bereit­ stellung der Rohstoffe wohl noch nicht zu finden, sondern erst in dem Beginne der eigentlichen Bereitung oder Erzeugung des Gegenstandes, also z. B. mit dem Beginne der Vermischung einzelner Bestandteile (Goltd. XLVI 219; in Goltd. XLV 121 ist allerdings schon in dem Befehl an einen Bediensteten, ein gesundheitsgefährliches Nahrungsmittel herzustellen, ein strafbarer Versuch erblickt worden).

2. Ms Versuch des Verkaufs würde an sich das Anbieten der Ware (im zivilrechtlichen Sinn) an eine bestimmte Person anzusehen sein. In der Regel aber wird sich die Handlung in solchen Fällen gleich­ zeitig als vollendetes Feilhalten darstellen und daher als vollendete Straftat aus dem Gesichtspunkte des Feilhaltens zu strafen sein (vgl. E. XV 56). Die Annahme eines Versuches des Verkaufes wird daher nur in ganz wenigen Ausnahmefällen möglich sein. 3. Ein Versuch des F e i l h a l t e n s ist, da die Bereitstellung zum Verkaufe und zur Übergabe an den Abnehmer schon vollendetes Feil­ halten ist, in dem Hinschaffen zu dem (bestimmten) Verkaufsräume (R. X 157, VI 334), ebenso wie in der Zurichtung der Ware zur Bereitstellung (Zerstückelung in die feilzuhaltenden Stücke, Berieselung verdorbenen Fleisches mit Wasser u. s. w.) zu erblicken (vgl. E. V 145, VI 46; R VI 334, 724; R. X 157).

Hingegen ist das Hinschaffen zum Bahnhöfe des künftigen Ver­ kaufsortes, an dem erst ein Verkaufsraum ausgewählt und sodann die Ware in diesen Raum verbracht werden müßte, noch keine Versuchshand­ lung, sondern nur eine (straflose) Vorbereitungshandlung (so mit Recht R. IX 525; vgl. auch E. IX S. 81, VI 724). 4. Ein Versuch des Inverkehrbringens liegt vor, wenn der Täter zwar alles getan hat, um den in Frage stehenden Gegenstand einem andem zum Genusse zugänglich zu machen, tatsächlich aber der Gegenstand anderen nicht zugänglich geworden ist.

Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn eine Ware einem Boten oder Beauftragten des Verkäufers übergeben wurde, um sie einem Dritten zukommen zu lassen, durch irgendwelche Umstände (Beschlagnahme, Ver­ nichtung it. bergt.) die Ware aber nicht in die Verfügungsgewalt eines

«bs. 2. »ersuch.

72 andern überging (vgl. E. XIV 35; ferner S. II Bd. IV S. 453; Goltd. XLIII 259).

D. Absatz 3.

Absatz 3.

^grun“1198'

Erhöhte Strafbarkeit tritt ein, wenn durch die Handlung eine schwere

Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht wurde. Der Vorsatz des Täters darf den Strafschärfungsgrund nicht umfassen; in letzterem Falle greift § 211 ff. RStGB. Platz (vgl. den Wortlaut des § 13). Der Begriff der schweren Körperverletzung entspricht dem Tat­ bestandes des § 224 RStGB.: sie ist also anzunehmen, wenn der Verletzte das Gehör oder Gesicht oder ein wichtiges Glied seines Körpers oder seine Zeugungsfähigkeit eingebüßt hat, oder in dauerndes Siechtum oder in Geisteskrankheit verfallen oder dauernd erheblich entstellt ist. Die Körperverletzung oder der Tod des Verletzten muß im ursäch­ lichen Zusammenhänge mit einer der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen stehen. Mit der herrschenden Lehre ist anzunehmen, daß dieser Zusammen­ hang durch das Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände, wie durch eigene Fahrlässigkeit des Verletzten nicht unterbrochen wird; eine Voraus­ sehbarkeit des Erfolges ist nicht erforderlich. ^ftännigku“8 Die Straftat ist Verbrechen und wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren bestraft. Nebenstrafen sind Aberkennung der bürgerlichen Ehren­ rechte, Einziehung und Veröffentlichung des Urteils (§§ 15, 16 dieses Gesetzes). Zur Verhandlung und Entscheidung ist die landgerichtliche Straf­ kammer zuständig. Versuch des erschwerten Tatbestandes ist ausgeschlossen, da der Vorsatz den Erschwerungsgrund nicht umfassen darf (s. oben).

Versuch.

E. Verhältnis zu anderen Gesetzesbestimmungen. ander Gesetzen

L ^er das Verhältnis zu § 10 dieses Gesetzes, zu den Bestimmungen * der Gesetze über Schlachtvieh- und Fleischbeschau; Verwendung gesund­ heitsschädlicher Farben, Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, zum Tabaksteuer- und Warenzeichenschutzgesetze, zum bayerischen Malz­ aufschlaggesetze, ferner § 263 und § 367 Ziffer 7 des RStGB. vgl. oben S. 51 ff.

88 32^unb 367

rrIicbcncn*

n. Mit § 324 RStGB. und mit § 367 Ziffer 3 RStGB. ist recht­ licher und sachlicher Zusammenhang möglich.

HI- Zwischen den verschiedenen Tatbeständen des § 12 ist sach-

Tatbcstänve bes licher Zusammenhang denkbar, insbesondere wenn erst nach Herstellung 812 zuemanber. eineon der Pfordten sagt in Anmerkung 9 zu 8 16:

Der Verurteilte hat die Kosten einer auf Grund des § 2 Absatz 2 gegebenen Entschädigung wohl nur dann als Teil der polizeilichen Untersuchungskosten zu tragen, wenn die Entschädigung einem andern gezahlt wurde, dagegen nicht, wenn sie ihm selbst gewährt worden ist. Denn sonst würde sie ihm tatsächlich wieder entzogen, was unzulässig wäre, weil § 2 Absatz 2 den Anspruch auf Entschädigung nicht an eine nachträgliche Freisprechung knüpft. Dieser Auffassung kann nicht beige­ treten werden. Absatz 4 legt die Kosten der polizeilichen Untersuchung, welche eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung zur Folge hat, dem Verurteilten ganz allgemein und ohne Einschränkung auf. Eine solche Einschränkung ergibt auch die Vorschrift des § 2 Absatz 2 nicht. Diese Vorschrift hat weder ein schwebendes noch ein nachfolgendes Strafver­ fahren im Auge. Es bestand demgemäß auch kein Anlaß, auf eine nach­ trägliche Verurteilung oder Freisprechung Bezug zu nehmen. Das polizei­ liche Aufsichtsrecht ist allgemein und ohne Rücksicht auf ein Bestehen oder Nichtbestehen des Verdachts einer strafbaren Handlung zugelassen; der Regelfall ist wohl auch der, daß die Untersuchung überhaupt keinen Anlaß zur nachträglichen Einleitung eines Strafverfahrens gibt. Es ist hier­ nach auch verständlich, daß der Gesetzgeber die Gewährung einer Ent­ schädigung nicht an das Erfordernis einer nachträglichen Freisprechung zu knüpfen brauchte, auch wenn er den Wiederentzug der Entschädigung für den Fall einer Verurteilung für zulässig hielt. Tatsächlich war dies auch die Ansicht des Gesetzgebers. Die Motive besagen (S. 13 ff.): Übrigens ist es selbstverständlich, daß, wenn in dem etwa darauf eingeleiteten Straf­ verfahren auf Einziehung des Gegenstandes nach Maßgabe der Vorschrift des § 15 erkannt wird, von einer Entschädigung keine Rede fein kann". Mit dieser Absicht des Gesetzgebers ist Sinn und Wortlaut des (allerdings erst nachträglich beigefügten) Absatz 4 des § 16 wohl vereinbar (gl. A. Brettreich zu § 29 des Fleischbeschaugesetzes).

Verhältnis zur über die Anwendbarkeit vorstehender Bestimmungen bei 93eu^:tei^ nntfllrnit!dge■ lungen auf Grund des Reichsgesetzes:

setzgedung.

a) vom 25. Juni 1887 betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen s. dort § 7 Satz 2;

b) vom 5. Juli 1887 betr. die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben rc. s. dort § 14 Satz 2;

81 c) vom 15. Juni 1897 betr. den Verkehr mit Butter, Käse und Schmalz und deren Ersatzmitteln s. dort § 20 Satz 2;

d) vom 3. Juni 1900 betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau s. dort § 29 Satz 2;

e) vom 24. Mai 1901 betr. den Verkehr mit Wein,*) weinhaltigen und weinähnlichen Getränken s. dort § 19.

§ 17. Besteht für den Ort der Tat eine öffentliche Anstalt zur tech­ nischen Untersuchung von Nahrungs- und Genußmitteln, so fallen die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen, soweit die­ selben dem Staate zustehen, der Kasse zu, welche die Kosten der Unterhaltung der Anstalt trägt.

Öffentlich sind nur die Anstalten des Staates oder öffentlichrecht­ licher Korporationen, wie der Gemeinden. Antellsberechtigt sind nur die für den Ort (nicht nur am Orte) der Tat (nicht der Verurteilung) bestehenden Anstalten. Die Ausführung der Vorschrift obliegt den Straf­ vollzugsbehörden. Die Entscheidung, welche Kassen antellsberechtigt sind, steht nicht den Gerichten, sondern den beteiligten Verwaltungsbehörden zu. Nur die auf Grund der in diesem Gesetze enthaltenen Strafbestim­ mungen festgesetzten Geldstrafen fließen den genannten Kassen zu; die Berechtigung entfällt daher bei rechllichem Zusammenfluß mit strengeren Strafbestimmungen; ebenso bei ausschließlicher Anwendung des § 367 RStGB. oder landesrechtlicher Straf bestimmungen der in § 8 dieses Gesetzes erwähnten Art.

(Für Bayern vgl. auch Anhang II (Untersuchungsanstalten.)

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 14. Mai 1879.

(L. S.)

Wilhelm.

Fürst von Bismarck.

*) Neues Gesetz in Vorbereitung. Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.

6

Anhang ].

I. Die Uahrungsmittelgesetzgebung.

1. Reichsgesetz, bett, den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Gennßmitteln und Gebrauchsgegenständen

vom 14. Mai 1879 (Reichsgesetzblatt S. 145)

nebst der Novelle vom 29. Juni 1887 (Reichsgesetzblatt S. 276.) Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden deutscher Kaiser, König von Preußen tc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: §1.

Der Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln, sowie mit Spiel­ waren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirr und mit Petroleum unterliegt der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes.

§ 2. Die Beamten der Polizei sind befugt, in die Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, während der üblichen Geschäftsstunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, einzutreten. Sie sind befugt, von den Gegenständen der in § 1 bezeichneten Art, welche in den angegebenen Räumlichkeiten sich befinden oder welche an öffentlichen Orten, auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherzieheu verkauft oder feilgehalten werden, nach ihrer Wahl Proben zum Zwecke der Untersuchung gegen Empfangsbescheinigung zu entnehmen. Auf Verlangen ist dem Besitzer ein Teil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen. Für die entnommene Probe ist Entschädigung in Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten.

§ 3. Die Beamten der Polizei sind befugt, bei Personen, welche auf Grund der §§ 10, 12, 13 dieses Gesetzes zu einer Freiheitsstrafe ver­ urteilt sind, in den Räumlichkeiten, in welchen Gegenstände der in § 1 bezeichneten Art feilgehalten werden, oder welche zur Aufbewahmng oder Herstellung solcher zum Verkaufe bestimmter Gegenstände dienen, während der in § 2 angegebenen Zeit Revisionen vorzunehmen. Diese Befugnis beginnt mit der Rechtskraft des Urteils und erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem die Frei­ heitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist.

86

§4. Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten zu den in §§ 2 und 3 bezeichneten Maßnahmen richtet sich nach den einschlägigen landes­ rechtlichen Bestimmungen. §5.

Für das Reich können durch Kaiserliche Verordnung mit Zu­ stimmung des Bundesrats zum Schutze der Gesundheit Vorschriften erlassen werden, welche verbieten: 1. bestimmte Arten der Herstellung, Aufbewahrung und Verpackung von Nahrungs- und Genußmitteln, die zum Verkaufe bestimmt sind;

2. das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs­ und Genußmitteln von einer bestimmten Beschaffenheit oder unter einer der wirklichen Beschaffenheit nicht entsprechenden Bezeichnung;

3. das Verkaufen und Feilhalten von Tieren, welche an bestimmten Krankheiten leiden, zum Zwecke des Schlachtens, sowie das Verkaufen und Feilhalten des Fleisches von Tieren, welche mit bestimmten Krank­ heiten behaftet waren; 4. die Verwendung bestimmter Stoffe und Farben zur Herstellung von Bekleidungsgegenständen, Spielwaren, Tapeten, Eß-, Trink- und Kochgeschirr, sowie das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Gegenständen, welche diesem Verbote zuwider hergestellt sind;

5. das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum von einer bestimmten Beschaffenheit.

8 6.

Für das Reich kann durch Kaiserliche Verordnung mit Zu­ stimmung des Bundesrats das gewerbsmäßige Herstellen, Verkaufen und Feilhalten von Gegenständen, welche zur Fälschung von Nahrungs- oder Genußmitteln bestimmt sind, verboten oder beschränkt werden.

§7. Die auf Grund der §§ 5, 6 erlassenen Kaiserlichen Verordnungen sind dem Reichstag, sofern er versammelt ist, sofort, anderenfalls bei dessen nächstem Zusammentreten vorzulegen. Dieselben sind außer Kraft zu setzen, soweit der Reichstag dies verlangt. § 8.

Wer den auf Grund der §§ 5, 6 erlassenen Verordnungen zu­ widerhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft. Landesrechtliche Vorschriften dürfen eine höhere Strafe nicht an­ drohen.

87 §9. Wer den Vorschriften der §§ 2 bis 4 zuwider den Eintritt in die Räumlichkeiten, die Entnahme einer Probe oder die Revision ver­ weigert, wird mit Geldstrafe von fünfzig bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft. § 10. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausend fünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1. wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs­ oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht; 2. wer wissentlich Nahrungs- oder Genußmittel, welche verdorben oder nachgemacht oder verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Um­ standes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält.

§H. Ist die im § 10 Nr. 2 bezeichnete Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder Haft ein.

§ 12. Mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden kann, wird bestraft:

1. wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, anderen als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, derart herstellt, daß der Genuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, ingleichen wer wissentlich Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungs- oder Genußmittel verkauft, feil­ hält oder sonst in Verkehr bringt: 2. wer vorsätzlich Bekleidungsgegenstände, Spielwaren, Tapeten, Eß-, Trink- oder Kochgeschirre oder Petroleum derart herstellt, daß der bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Gebrauch dieser Gegenstände die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, ingleichen wer wissentlich solche Gegenstände verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Der Versuch ist strafbar.

Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein.

§ 13. War in den Fällen des § 12 der Genuß oder Gebrauch des Gegenstandes die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet und war

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diese Eigenschaft dem Täter bekannt, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verur­ sacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter 10 Jahren oder lebensläng­ liche Zuchthausstrafe ein. Neben der Strafe kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

§ 14. Ist eine der in den §§ 12, 13 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden, so ist auf Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten und, wenn durch die Handlung ein Schaden an der Gesundheit eines Menschen verursacht worden ist, auf Gefängnisstrafe bis zu einen: Jahre, wenn aber der Tod eines Menschen verursacht worden ist, auf Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren zu erkennen. § 15. In den Fällen der §§ 12 bis 14 ist neben der Strafe auf Ein­ ziehung der Gegenstände zu erkennen, welche den bezeichneten Vor­ schriften zuwider hergestellt, verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gebracht sind, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht; in den Fällen der §§ 8, 10, 11 kann auf die Einziehung erkannt werden. Ist in den Fällen der §§ 12 bis 14 die Verfolgung oder die Ver­ urteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Ein­ ziehung selbständig erkannt werden.

§ 16. In dem Urteil oder dem Strafbefehl kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen sei.

Auf Antrag des freigesprochenen Angeschuldigten hat das Gericht die öffentliche Bekanntmachung der Freisprechung anzuordnen; die Staats­ kasse trägt die Kosten, insofern dieselben nicht dem Anzeigenden auferlegt worden sind. In der Anordnung ist die Art der Bekanntmachung zu bestimmen. Sofern infolge polizeilicher Untersuchung von Gegenständen der im § 1 bezeichneten Art eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung eintritt, fallen dem Verurteilten die durch die polizeiliche Untersuchung erwachsenen Kosten zur Last. Dieselben sind zugleich mit den Kosten des gerichtlichen Verfahrens festzusetzen und einzuziehen*). *) Absatz 4 des tz 16 ist durch das Reichs-Gesetz vom 29. Juni 1887, betr. die Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Nahrungsmitteln rc. vom 14. Mai 1879 (R.-G.-A. S. 276), hinzugefügt.



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§ 17. Besteht für den Ort der Tat eine öffentliche Anstalt zur tech­ nischen Untersuchung von Nahmngs- und Genußmitteln, so fallen die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen, soweit dieselben dem Staate zustehen, der Kasse zu, welche die Kosten der Unterhaltung der Anstalt trägt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei» gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 14. Mai 1879.

Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

2. Reichsgesetz, betreffend den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen vom 25. Juni 1887 (Reichsgesetzblatt S. 273) nebst der Novelle vom 22. März 1888 (Reichsgesetzblatt S. 114).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: § 1.

Eß-, Trink- und Kochgeschirr sowie Flüssigkeitsmaße dürfen nicht 1. ganz oder teilweise aus Blei oder einer in 100 Gewichtsteilen mehr als 10 Gewichtsteile Blei enthaltenden Metalllegierung hergestellt,

2. an der Innenseite mit einer in 100 Gewichtsteilen mehr als einen Gewichtsteil Blei enthaltenden Metalllegierung verzinnt oder mit einer in 100 Gewichtsteilen mehr als 10 Gewichtsteile Blei enthaltenden Metalllegierung gelötet, 3. mit Email oder Glasur versehen sein, welche bei halbstündigem Kochen mit einem in 100 Gewichtsteilen 4 Gewichtsteile Essigsäure ent­ haltenden Essig an den letzteren Blei abgeben. Auf Geschirre und Flüssigkeitsmaße aus bleifreiem Britanniametall findet die Vorschrift in Ziffer 2 betreffs des Lotes nicht Anwendung. Zur Herstellung von Druckvorrichtungen zum Ausschank von Bier, sowie von Siphons für kohlensäurehaltige Getränke und von Metallteilen für Kindersaugflaschen dürfen nur Metalllegierungen verwendet werden, welche in 100 Gewichtsteilen nicht mehr als einen Gewichtsteil Blei enthalten. 8 2.

Zur Herstellung von Mundstücken für Saugflaschen, Saug­ ringen und Warzenhütchen darf blei- oder zinkhaltiger Kautschuk nicht verwendet sein. Zur Herstellung von Trinkbechern und von Spielwaren, mit Aus­ nahme der massiven Bälle, darf bleihaltiger Kautschuk nicht verwendet sein.

Zu Leitungen für Bier, Wein oder Essig dürfen bleihaltige Kaut­ schukschläuche nicht verwendet werden.

91 §3. Geschirre und Gefäße zur Verfertigung von Getränken und Fruchtsäften dürfen in denjenigen Teilen, welche bei dem bestimmungs­ gemäßen oder vorauszusehenden Gebrauche mit dem Inhalt in unmittel­ bare Berührung kommen, nicht den Vorschriften des § 1 zuwider hergestellt sein.

Konservenbüchsen müssen auf der Innenseite den Bedingungen des

§ 1 entsprechend hergestellt sein. Zur Aufbewahrung von Getränken dürfen Gefäße nicht verwendet sein, in welchen sich Rückstände von bleihaltigem Schrote befinden. Zur Packung von Schnupf- und Kautabak, sowie Käse dürfen Metallfolien nicht verwendet sein, welche in 100 Gewichtsteilen mehr als einen Ge­ wichtsteil Blei enthalten.

§4. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft:

1. wer Gegenstände der int § 1, § 2 Absatz 1 und 2, § 3 Absatz 1 und 2 bezeichneten Art den daselbst getroffenen Bestimmungen zuwider gewerbsmäßig herstellt; 2. wer Gegenstände, welche den Bestimmungen int § 1, § 2 Absatz 1 und 2 und § 3 zuwider hergestellt, aufbewahrt oder verpackt sind, ge­ werbsmäßig verkauft oder feilhält;

3. wer Druckvorrichtungen, welche den Vorschriften int § 1 Absatz 3 nicht entsprechen, zum Ausschank von Bier oder bleihaltige Schläuche zur Leitung von Bier, Wein oder Essig gewerbsmäßig verwendet. 8 5.

Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zur Verfertigung von Nahrungs- oder Genußmitteln bestimmte Mühlsteine unter Ver­ wendung von Blei oder bleihaltigen Stoffen an der Mahlfläche herstellt oder derartig hergestellte Mühlsteine zur Verfertigung von Nahrungs­ oder Genußmitteln verwendet. 8 6.

Neben der in den §§ 4 und 5 vorgesehenen Strafe kann auf Einziehung der Gegenstände, welche den betreffenden Vorschriften zu­ wider hergestellt, verkauft, feilgehalten oder verwendet sind, sowie der vorschriftswidrig hergestellten Mühlsteine erkannt werden.

Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden. 8 7. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 14.

92 Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften in den §§ 16, 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung. §8. Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1888 in Kraft*).

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 25. Juni 1887.

Wilhelm. von Boetticher.

*) Reichsgesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit blei-und zinkhaltigen Gegenständen vom 25. Juni 1887, vom 22. März 1888 (R.-G.-Bl. S. 114), „Die Vorschrift im § 8 des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, vom 25. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 273) wird dahin abgeändert, daß die Bestimmungen im § 4 Nr. 2, § 6 desselben Gesetzes auf das Feilhalten und Verkaufen von Konserven erst vom 1. Oktober 1889 ab Anwendnng finden."

s. ReichSgefetz, über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farbe« bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs­ gegenständen vom 5. Juli 1887 (Reichsgesetzblatt S. 277).

Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und Reichstags, was folgt:

§1. Gesundheitsschädliche Farben dürfen zur Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln, welche zum Verkauf bestimmt sind, nicht verwendet werden. Gesundheitsschädliche Farben im Sinne dieser Bestimmung sind diejenigen Farbstoffe und Farbzubereitungen, welche: Antimon, Arsen, Baryum, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Quechilber, Uran, Zink, Zinn, Gummigutti, Korallin, Pikrinsäure enthalten.

Der Reichskanzler ist ermächtigt, nähere Vorschriften über das bei der Feststellung des Vorhandenseins von Arsen und Zinn anzuwendende Verfahren zu erlassen.

5 2.

Zur Aufbewahrung oder Verpackung von Nahrungs- und Genußmitteln, welche zum Verkauf bestimmt sind, dürfen Gefäße, Um­ hüllungen oder Schutzbedeckungen, zu deren Herstellung Farben der im § 1 Absatz 2 bezeichneten Art verwendet sind, nicht benutzt werden. Auf die Verwendung von schwefelsaurem Baryum (Schwerspat blanc fixe), Barytsarblacken, welche von kohlensaurem Baryum frei sind, Chromoxyd, Kupfer, Zinn, Zink und deren Legierungen als Metallfarben, Zinnober, Zinnoxyd, Schwefelzinn als Musivgold, sowie auf alle in Glasmassen, Glasuren oder Emails eingebrannte Farben und auf den äußeren Anstrich von Gefäßen aus wasserdichten Stoffen findet diese Bestimmung nicht Anwendung.

94 §3.

Zur Herstellung von kosmetischen Mitteln (Mittel zur Reinigung, Pflege oder Färbung der Haut, des Haares oder Mundhöhle), welche zum Verkauf bestimmt sind, dürfen die im § 1 Absatz 2 bezeichneten Stoffe nicht verwendet werden. Auf schwefelsaures Baryum (Schwerspat, blanc fixe), Schwefel­ cadmium, Chromoxyd, Zinnober, Zinkoxyd, Zinnoxyd, Schwefelzink, sowie auf Kupfer, Zinn, Zink und deren Legierungen in Form von Puder findet diese Bestimmung nicht Anwendung.

§4.

Zur Herstellung von zum Verkauf bestimmten Spielwaren (ein­ schließlich der Bilderbogen, Bilderbücher und Tuschfarben für Kinder), Blumentopfgittern und künstlichen Christbäumen dürfen die im § 1 Absatz 2 bezeichneten Farben nicht verwendet werden. Auf die im 8 2 Absatz 2 bezeichneten Stoffe, sowie auf Schwefelantimon und Schwefelcadmium als Färbmittel der Gummi­ masse, Bleioxyd in Firnis, Bleiweiß als Bestandteil des sogenannten Wachsgusses, jedoch nur, sofern dasselbe nicht ein Gewichtsteil in 100 Gewichtsteilen der Masse übersteigt, chromsaures Blei (für sich oder in Verbindung mit schwefelsaurem Blei) als Ol- oder Lackfarbe oder mit Lack- oder Firnisüberzug, die in Wasser unlöslichen Zinkverbindungen, bei Gummispielwaren jedoch nur, soweit sie als Färbemittel der Gummimasse, als Ol- oder Lack­ farben oder mit Lack- oder Firnisüberzug verwendet werden, alle in Glasuren oder Emails eingebrannten Farben findet diese Bestimmung nicht Anwendung Soweit zur Herstellung von Spielwaren die in den §§ 7 und 8 be­ zeichneten Gegenstände verwendet werden, finden auf letztere lediglich die Vorschriften der §§ 7 und 8 Anwendung.

8 5.

Zur Herstellung von Buch- und Steindruck auf den in den §§ 2, 3 und 4 bezeichneten Gegenständen dürfen nur solche Farben nicht verwendet werden, welche Arsen enthalten. §6. Tuschfarben jeder Art dürfen als frei von gesundheitsschädlichen Stoffen beziehungsweise giftfrei nicht verkauft oder feilgehalten werden, wenn sie den Vorschriften im § 4 Absatz 1 und 2 nicht entsprechen.

§7.

Zur Herstellung von zum Verkauf bestimmten Tapeten, Möbel­ stoffen, Teppichen, Stoffen zu Vorhängen oder Bekleidungsgegen-

95 ständen, Masken, Kerzen sowie künstlichen Blättern, Blumen und Früchten dürfen Farben, welche Arsen enthalten, nicht verwendet werden. Auf die Verwendung arsenhaltiger Beizen oder Fixierungsmittel zum Zweck des Färbens oder Bedruckens von Gespinsten oder Geweben findet diese Bestimmung nicht Anwendung. Doch dürfen derartig be­ arbeitete Gespinste oder Gewebe zur Herstellung der im Absatz 1 bezeich­ neten Gegenstände nicht verwendet werden, wenn sie das Arsen in wasser­ löslicher Form oder in solcher Menge enthalten, daß sich in 100 Quadrat­ zentimeter des fertigen Gegenstandes mehr als zwei Milligramm Arsen vorfinden. Der Reichskanzler ist ermächtigt, nähere Vorschriften über das bei der Feststellung des Arsengehalts anzuwendende Verfahren zu erlassen.

8 8. Die Vorschriften des § 7 finden auch auf die Herstellung von zum Verkauf bestimmten Schreibmaterialien, Lampen- und Lichtschirmen sowie Lichtmanschetten Anwendung. Die Herstellung der Oblaten unterliegt den Bestimmungen im § 1, jedoch sofern sie nicht zum Genusse bestimmt sind, mit der Maßgabe, daß die Verwendung von schwefelsaurem Baryum (Schwerspat, blanc fixe), Chromoxyd und Zinnober gestattet ist. §9. Arsenhaltige Wasser- oder Leimfarben dürfen zur Herstellung des Anstrichs von Fußböden, Decken, Wänden, Türen, Fenstern der Wohn­ oder Geschäftsräume, von Roll-, Zug- oder Klappläden oder Vorhängen, von Möbeln und sonstigen häuslichen Gebrauchsgegenständen nicht ver­ wendet werden. § 10.

Auf die Verwendung von Farben, welche die im § 1 Absatz 2 bezeichneten Stoffe nicht als konstituierende Bestandteile, sondern nur als Verunreinigungen, und zwar höchstens in einer Menge enthalten, welche sich bei den in der Technik gebräuchlichen Darstellungsverfahren nicht vermeiden läßt, finden die Bestimmungen der 2 bis 9 nicht An­ wendung.

§ 11. Auf die Färbung von Pelzwaren finden die Vorschriften dieses Gesetzes nicht Anwendung.

§ 12. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer den Vorschriften der §§ 1 bis 5, 7, 8 und 10 zuwider Nah­ rungsmittel, Genußmittel oder Gebrauchsgegenstände herstellt, aufbewahrt oder verpackt, oder derartig hergestellte, aufbewahrte oder verpackte Gegen­ stände gewerbsmäßig verkauft oder feilhält;

96 2. wer der Vorschrift des § 6 zuwiderhandelt; 3. wer der Vorschrift des § 9 zuwiderhandelt, imgleichen wer Gegen­ stände, welche dem § 9 zuwider hergestellt sind, gewerbsmäßig verlaust oder feilhält.

§ 13.

Neben der im § 12 vorgesehenen Strafe kann auf Einziehung der verbotswidrig hergestellten, aufbewahrten, verpackten, verkauften oder sellgehaltenen Gegenstände erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder Verurtellung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden. § 14.

Die Vorschriften des Gesetzes betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften in den §§ 16, 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.

§ 15. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Mai 1888 in Kraft; mit dem­ selben Tage tritt die Kaiserliche Verordnung, betreffend die Verwendung giftiger Farben, vom 1. Mai 1882 (Reichsgesetzbl. S. 55), außer Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Bad Ems, 5. Juli 1887.

Wilhelm. von Boetticher.

4. Gesetz, betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln.

V o m 1 5. I u n i 1 8 9 7.

(Reicksgesetzblatt S. 475.) (Dieses Gesetz setzte mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1897 das Gesetz vom 12. Juli 1887, bett, den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter (RGBl. S. 375) außer Kraft.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Teutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

§ 1Die Geschäftsräume und sonstigen Verkaufsstellen, einschließlich der Marktstände, in denen Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett ge­ werbsmäßig verkauft oder feilgehalten wird, müssen an in die Augen fallender Stelle die deutliche, nicht verwischbare Inschrift „Verkauf von Margarine", „Verkauf von Margarinekäse", „Verkauf von Kunstspeise­ fett" tragen. Margarine im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen, der Milchbutter oder dem Butterschmalz ähnlichen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht ausschließlich der Milch entstammt. Margarinekäse im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen käseartigen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht ausschließlich der Milch entstammt. Kunstspeisefett im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen, dem Schweineschmalz ähnlichen Zubereitungen, deren Fettgehalt nicht aus­ schließlich aus Schweinefett besteht. Ausgenommen sind unverfälschte Fette bestimmter Tier- oder Pflanzenarten, welche unter den ihrem Ur­ sprung entsprechenden Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden. § 2.

Die Gefäße und äußeren Umhüllungen, in welchen Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten wird, müssen an in die Augen fallenden Stellen die deutliche, nicht ver­ wischbare Inschrift „Margarine", „Margarinekäse", „Kunstspeisefett" tragen. Die Gefäße müssen außerdem mit einem stets sichtbaren, bandförmigen Stteifen von roter Farbe versehen sein, welcher bei Gefäßen bis zu 35 Zentimeter Höhe mindestens 2 Zentimeter, bei höheren Gefäßen mindestens 5 Zentimeter breit sein muß. Bretzfeld, Nahrungsmittelgefetz.

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98 Wird Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisesett in ganzen Ge­ binden oder Kisten gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten, so hat die Inschrift außerdem ben Namen oder die Firma des Fabrikanten, sowie die vorl dem Fabrikanten zur Kennzeichnung der Beschaffenheit seiner Erzeugnisse angewendeten Zeichen (Fabrikmarke) zu enthalten.

Im gewerbsmäßigen Einzelverkaufe müssen Margarine, Margarine­ käse und Kunstspeisefett an den Käufer in einer Umhüllung abgegeben werden, auf welcher die Inschrift „Margarine", „Margarinekäse", „Kunst­ speisefett" mit dem Namen oder der Firma des Verkäufers angebracht ist. Wird Margarine oder Margarinekäse in regelmäßig geformten Stücken gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten, so müssen dieselben von Würfelform sein, auch muß denselben die Inschrift „Margarine", „Margarinekäse" eingepreßt sein.

§ 3. Die Vermischung von Butter oder Butterschmalz mit Margarine oder anderen Speisefetten zum Zwecke des Handels mit diesen Mischungen ist verboten. Unter dieser Bestimmung fällt auch die. Verwendung von Milch oder Rahm bei der gewerbsmäßigen Herstellung von Margarine, sofern mehr als 100 Gewichtsteile Milch oder eine dementsprechende Menge Rahm auf 100 Gewichtsteile der nicht der Milch entstammenden Fette in Anwendung kommen.

§ 4. In Räumen, woselbst Butter oder Butterschmalz gewerbsmäßig her­ gestellt, aufbewahrt, verpackt oder feilgehalten wird, ist die Herstellung, Aufbewahrung, Verpackung oder das Feilhalten von Margarine oder Kunstspeisefett verboten. Ebenso ist in Räumen, woselbst Käse gewerbsmäßig hergestellt, aufbewahrt, verpackt oder feilgehalten wird, die Her­ stellung, Aufbewahrung, Verpackung oder das Feilhalten von Margarine­ käse untersagt. In Orten, welche nach dem endgültigen Ergebnisse der letztmaligen Volkszählung weniger als 5000 Einwohner hatten, findet die Bestimmung des vorstehenden Absatzes auf den Kleinhandel und das Aufbewahren der für den Kleinhandel erforderlichen Bedarfsmengen in öffentlichen Ver­ kaufsstätten, sowie auf das Verpacken der daselbst im Kleinhandel zum Verkaufe gelangenden Waren keine Anwendung. Jedoch müssen Mar­ garine, Margarinekäse und Kunstspeisefett innerhalb der Verkaufsräume in besonderen Vorratsgefäßen und an besonderen Lagerstellen, welche von den zur Aufbewahrung von Butter, Butterschmalz und Käse dienenden Lagerstellen getrennt sind, aufbewahrt werden. Für Orte, deren Einwohnerzahl erst nach dem endgültigen Ergebnis einer späteren Volkszählung die angegebene Grenze überschreitet, wird der Zeitpunkt, von welchem ab die Vorschrift des zweiten Absatzes nicht mehr Anwendung findet, durch die nach Anordnung der Landes-Zentral-

99 behörde zuständigen Verwaltungsstellen bestimmt. Mit Genehmigung der Landes-Zentralbehörde können diese Verwaltungsstellen bestimmen, daß die Vorschrift des zweiten Absatzes von einem bestimmten Zeitpunkt ab ausnahmsweise in einzelnen Orten mit weniger als 5000 Einwohnern nicht Anwendung findet, sofern der unmittelbare räumliche Zusammen­ hang mit einer Ortschaft von mehr als 5000 Einwohnern ein Bedürfnis hierfür begründet. Die auf Grund des dritten Absatzes ergehenden Bestimmungen sind mindestens sechs Monate vor dem Eintritte des darin bezeichneten Zeit­ punktes öffenüich bekannt zu machen. § 5. In öffentlichen Angeboten, sowie in Schlußscheinen, Rechnungen, Frachtbriefen, Konnossementen, Lagerscheinen, Ladescheinen und sonstigen im Handelsverkehr üblichen Schriftstücken, welche sich auf die Lieferung von Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett beziehen, müssen die diesem Gesetz entsprechenden Warenbezeichnungen angewendet werden.

§ 6.

Margarine und Margarinekäse, welche zu Handelszwecken bestimmt sind, müssen einen die allgemeine Erkennbarkeit der Ware mittelst chemischer Untersuchung erleichternden, Beschaffenheit und Farbe derselben nicht schädigenden Zusatz enthalten. Die näheren Bestimmungen hierüber werden vom Bundesrat er­ lassen und im Reichs-Gesetzblatte veröffentlicht. § 7. Wer Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig herstellen will, hat davon der nach den landesrechtlichen Bestimmungen zuständigen Behörde Anzeige zu erstatten, hierbei auch die für die Her­ stellung, Aufbewahrung, Verpackung und Feilhaltung der Waren dauernd bestimmten Räume zu bezeichnen und die etwa bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen namhaft zu machen. Für bereits bestehende Betriebe ist eure entsprechende Allzeige binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erstatten. Veränderungen bezüglich der der Anzeigepflicht unterliegenden Räume und Personen sind nach Maßgabe der Bestimmung des Absatzes 1 der zuständigen Behörde binnen drei Tagen anzuzeigen.

§8.

Die Beamten der Polizei und die von der Polizeibehörde beauf­ tragten Sachverständigen sind befugt, in die Räume, in denen Butter, Margarine, Margarinekäse oder Kunstspeisefett gewerbsmäßig hergestellt wird, federzeit, in die Räume, in denen Butter, Margarine, Margarine-

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100 käse oder Kunstspeisefett ausbewahrt, fellgehalten oder verpackt wird, während der Geschäftszeit einzutreten und daselbst Revisionen vorzu­ nehmen, auch nach ihrer Auswahl Proben zum Zwecke der Untersuchung gegen Empfangsbescheinigung zu entnehmen. Auf Verlangen ist ein Teil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen und für die entnommene Probe eine angemessene Entschädigung zu leisten.

§ 9. Die Unternehmer von Betrieben, in denen Margarine, Margarine­ käse oder .Kunstspeisefett gewerbsmäßig hergestellt wird, sowie die von ihnen bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen sind verpflichtet, der Polizeibehörde oder deren Beauftragten auf Erfordern Auskunft über das Verfahren bei Herstellung der Erzeugnisse, über den Umfang des Betriebs und über die zur Verarbeitung gelangenden Rohstoffe, insbesondere auch über deren Menge und Herkunft zu erteilen.

§ 10.

Die Beauftragten der Polizeibehörde sind, vorbehaltlich der dienstichen Berichterstattung und der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, ver­ pflichtet, über die Tatsachen und Einrichtungen, welche durch die Über­ wachung und Kontrolle der Betriebe zu ihrer Kenntnis kommen, Ver­ schwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung und Nachahmung der von den Betriebsunternehmern geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebseinrichtungen und Betriebsweisen, solange als diese Betriebsgeheimnisse sind, zu enthalten. Die Beauftragten der Polizeibehörde sind hierauf zu beeidigen. § 11. Der Bundesrat ist ermächtigt, das gewerbsmäßige Verkaufen und Feühalten von Butter, deren Fettgehalt nicht eine bestimmte Grenze er­ reicht oder deren Wasser- oder Salzgehalt eine bestimmte Grenze über­ schreitet, zu verbieten. § 12.

Der Bundesrat ist ermächtigt, 1. nähere, im Reichs-Gesetzblatte zu veröffentlichende Bestimmungen zur Ausführung der Vorschriften des 8 2 zu erlassen,

2. Grundsätze aufzustellen, nach welchen die zur Durchführung dieses Gesetzes, sowie des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs­ gegenständen (Reichs-Gesetzbl. S. 145), erforderlichen Unter­ suchungen von Fetten und Käsen vorzunehmen sind.

§ 13. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf solche Erzeugnisse der im § 1 bezeichneten Art, welche zum Genusse für Menschen nicht bestimmt sind, keine Anwendung.

101 § 14.

Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr eine der nach § 3 unzulässigen Mischungen herstellt: 2. wer in Ausübung eines Gewerbes wissentlich solche Mischungen verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt; 3. wer Margarine oder Margarinekäse ohne den nach § 6 erforder­ lichen Zusatz vorsätzlich herstellt oder wissentlich verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Im Wiederholungsfälle tritt Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark er­ kannt werden kann; diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem die für die frühere Zuwiderhandlung er­ kannte Strafe verbüßt oder erlassen ist, drei Jahre verflossen sind, z 15. Mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Ge­ fängnis bis zu drei Monaten wird bestraft, wer als Beauftragter der Polizei­ behörde unbefugt Betriebsgeheimnisse, welche kraft seines Auftrags zu seiner Kenntnis gekommen sind, offenbart, oder geheimgehaltene Be­ triebseinrichtungen oder Betriebsweisen, von denen er kraft seines Auf­ trags Kenntnis erlangt hat, nachahmt, solange dieselben noch Betriebs­ geheimnisse sind. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Betriebsunternehmers ein.

§ 16. Mit Geldstrafe von fünfzig bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft : 1. wer den Vorschriften des § 8 zuwider den Eintritt in die Räume, die Entnahme einer Probe oder die Revision verweigert; 2. wer die in Gemäßheit des § 9 von ihm erforderte Auskunft nicht erteilt oder bei der Auskunftserteilung wissentlich unwahre An­ gaben macht. § 17.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen wird bestraft: 1. wer den Vorschriften des § 7 zuwiderhandelt: 2. wer bei der nach § 9 von ihm erforderten Auskunftserteilung ans Fahrlässigkeit unwahre Angaben macht.

§ 1B. Außer den Fällen der 14 bis 17 werden Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes sowie gegen die in Gemäßheit der §§ 11 und 12 Ziffer 1 ergehenden Bestimmungen des Bundesrats mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft.

102 Im Wiederholungsfall ist auf Geldstrafe bis zu sechshundert Mark, oder auf Haft, oder auf Gefängnis bis zu drei Monaten zu erkennen. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem die für die frühere Zuwiderhandlung erkannte Strafe verbüßt oder erlassen ist, drei Jahre verflossen sind. 8 19. In den Fällen der §§ 14 und 18 kann neben der Strafe auf Ein­ ziehung der verbotswidrig hergestellten, verkauften, feilgehaltenen oder sonst in Verkehr gebrachten Gegenstände erkannt werden, ohne Unter­ schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

8 20.

Die Vorschriften des Gesetzes betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften in den §§ 16, 17 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften des gegenwärtigen Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß in den Fällen des § 14 die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung angeordnet werden muß. 8 21.

Die Bestimmungen des § 4 treten mit dem 1. April 1898 in Kraft. Im übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Oktober 1897 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkte tritt das Gesetz, betreffend den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter, vom 12. Juli 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 375) außer Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Neues Palais, den 15. Juni 1897.

(L. 8.) Wilhelm. von Boetticher.

5. Das Gesetz betr. den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen vom 7. Juli 1902

(Reichsgesetzblatt S. 243).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: § 1.

Süßstoff int Sinne dieses Gesetzes sind alle auf künstlichem Wege gewonnenen Stoffe, welche als Süßmittel bienen können und eine höhere Süßkraft als raffinierter Rohr- oder Rübenzucker, aber nicht entsprechenden Nährwert besitzen. 8 2. Soweit nicht in den §§ 3 bis 5 Ausnahmen zugelassen sind, ist es verboten:

a) Süßstoff herzustellen oder Nahrungs- oder Genußmitteln bei deren gewerblicher Herstellung zuzusetzen; b) Süßstoff oder süßstoffhaltige Nahrungs- oder Genußmittel aus dem Ausland einzuführen; c) Süßstoff oder süßstoffhaltige Nahrungs- oder Genußmittel feilzu­ halten oder zu verkaufen. § 3. Nach näherer Bestimmung des Bundesrats ist für die Herstellung oder die Einfuhr von Süßstoff die Ermächtigung einem oder ntehreren Gewerbetreibenden zu geben. Die Ermächtigung ist unter Borbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu erteilen und der Geschäftsbetrieb des Berechtigten unter dauernde amtliche Überwachung zu stellen. Auch hat der Bundesrat in diesem Falle zu bestimmen, daß bei dem Verkaufe des Süßstoffs ein gewisser Preis nicht überschritten werden sowie ob und unter welchen Bedingungen eine Ausfuhr von Süßstoff in das Ausland erfolgen darf.

§ 4Die Abgabe des gemäß § 3 hergestellteu oder eingeführten Süß­ stoffs im Inland ist nur an Apotheken und an solche Personen gestattet, welche die amtliche Erlaubnis zuin Bezüge von Süßstoff besitzen.

104 Diese Erlaubnis ist nur zu erteilen: a) an Personen, welche den Süßstoff zu wissenschaftlichen Zwecken ver­ wenden wollen; b) an Gewerbetreibende zum Zwecke der Herstellung von bestimmten Waren, für welche die Zusetzung von Süßstoff aus einem die Ver­ wendung von Zucker ausschließenden Grunde erforderlich ist; c) an Leiter von Kranken-, Kur-, Pflege- und ähnlichen Anstalten zur Verwendung für die in der Anstalt befindlichen Personen; d) an die Inhaber von Gast- und Speisewirtschaften in Kurorten, deren Besuchern der Genuß mit Zucker versüßter Lebensrnittel ärztlicher­ seits untersagt zu werden pflegt, zur Verwendung für die im Orte befindlichen Personen. Die Erlaubnis ist ferner nur unter Vorbehalt jederzeitigen Wider­ rufs und nur dann zu erteilen, wenn die Verwendung des Süßstoffs zu den angegebenen Zwecken ausreichend überwacht werden kann.

§ 5 Die Apotheken dürfen Süßstoff außer an Personen, welche eine amtliche Erlaubnis (§ 4) besitzen, nur unter den vom Bundesrate festzu­ stellenden Bedingungen abgeben. Die im § 4 Abs. 2 zu d benannten Bezugsberechtigten dürfen den Süßstoff nur zur Herstellung der in der amtlichen Erlaubnis bezeichneten Waren verwenden und letztere nur an solche Abnehmer abgeben, welche derart zubereitete Waren ausdrücklich verlangen. Der Bundesrat kann bestimmen, daß diese Waren unter bestimmten Bezeichnungen und in bestimmten Verpackungen feilgehalten und abgegeben werden müssen. Die zu c und d genannten Bezugsberechtigten dürfen Süßstoff oder unter Verwendung von Süßstoff hergestellte Nahrungs- oder Genuß­ mittel nur innerhalb der Anstalt (zu c) oder des Ortes (zu d) abgeben. § 6-

Die vom Bundesrate zur Ausführung der Vorschriften in den §§ 3, 4 und 5 zu erlassenden Bestimmungen sind dem Reichstage bis zum 1. April 1903 vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu setzen, soweit der Reichs­ tag dies verlangt. § 7Wer der Vorschrift des § 2 vorsätzlich zuwiderhandelt, wird, soweit nicht die Bestimmungen des Vereinszollgesetzes Platz greifen, mit Ge­ fängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünf­ hundert Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen worden, so tritt Geld­ strafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder Haft ein.

§ 8. Der Strafe des § 7 Abs. 1 unterliegen auch diejenigen, in deren Besitz oder Gewahrsam Süßstoff in Mengen von mehr als 50 Gramm

105 vorgefunden wird, sofern sie nicht den Nachweis erbringen, daß sie den Süßstoff nach Jnttasttreten dieses Gesetzes von einer zur Abgabe befugten Person bezogen haben. Ist in solchen Fällen den Umständen nach anzunehmen, daß der vorgefundene Süßstoff nicht verbotswidrig hergestellt oder eingeführt worden ist, so tritt statt der Strafe des § 7 Abs. 1 diejenige des Abs. 2 da­ selbst ein. 8 9In den Fällen des § 7 und § 8 ist neben der Strafe auf Einziehung der Gegenstände zu erkennen, mit bezug auf welche die Zuwiderhand­ lung begangen worden ist.

Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

8 10Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen und öffentlich oder den Beteiligten besonders bekannt gemachten Ver­ waltungsvorschriften werden mit einer Ordnungsstrafe von einer bis zu dreihundert Mark geahndet. 8 11-

Den Inhabern der Süßstofffabriken, die als solche bereits vor dem 1. Januar 1901 betrieben worden sind und diese Fabrikation auch inner­ halb der Zeit vom 1. April 1901 bis 1. April 1902 fortgesetzt haben, wird eine vom Bundesrat unter Ausschluß des Rechtswegs festzustellende Ent­ schädigung gewährt. Die Entschädigung soll das Sechsfache eines Jahresgewinns nach dem Durchschnitte der Betriebsjahre 1898/99, 1899/1900, 1900/1901 unter Annahme der Gewinnhöhe von vier Mark für jedes Kilogramm des inner­ halb dieser Zeit hergestellten chemisch-reinen Süßstoffs betragen.

Wird der Inhaber einer Süßstofffabrik gemäß § 3 zur Herstellung von Süßstoff für eigene Rechnung ermächtigt, so tritt eine entsprechende Verminderung der Entschädigung ein; wird die Ermächtigung wider­ rufen, so ist die Entschädigung entsprechend nachzuvergüten.

Die Inhaber der Fabriken sind verpflichtet, von der ihnen gewährten Entschädigung ihren Beamten und Arbeitern, die infolge des Verbots aus ihrer Beschäftigung entlassen werden, eine Entschädigung zu gewähren, die bei Arbeitern dem von ihnen in den letzten drei Monaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bezogenen durchschnittlichen Arbeitsverdienste, bei Beamten dem von ihnen in den letzten sechs Monaten vor dem In­ krafttreten dieses Gesetzes bezogenen Gehalt entspricht. Stteitigkeiten zwischen den Inhabern der Fabriken einerseits und den Beamten oder Arbeitern andererseits werden von der für Lohnstreitigkeiten zuständigen Instanz entschieden.

106 § 12. Der Reichskanzler ist befugt, von dem Tage der Publikation dieses Gesetzes ab den einzelnen Fabriken den von ihnen herzustellenden Höchst­ betrag von Süßstoff vorzuschreiben.

8 13. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1903 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkte tritt das Gesetz betreffend den Verkehr mit künstlichen Süß­ stoffen vom 6. Juli 1898 (Reichs-Gesetzbl. S. 919) außer Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Travemünde, an Bord M. P. „Hohenzollern", den 7. Juli 1902.

(L. 8.)

Wilhelm. Graf von Bülow.

6a) Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. Bom 3. Juni 1900.

(Reichsgesetzblatt S. 547.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: § 1.

Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde, deren Fleisch zum Genusse für Menschen verwendet werden soll, unterliegen vor lind nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung. Durch Be­ schluß des Bundesrats kann die Untersuchungspflicht auf anderes Schlacht­ vieh ausgedehnt werden. Bei Notschlachtungen darf die Untersuchung vor der Schlachtung unterbleiben. Der Fall der Notschlachtung liegt dann vor, wenn zu befürchten steht, daß das Tier bis zur Ankunft des zuständigen Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung des krankhaften Zustandes wesent­ lich an Wert verlieren werde oder wenn das Tier infolge eines Unglücks­ falls sofort getötet werden muß. 8 2.

Bei Schlachttieren, deren Fleisch ausschließlich im eigenen Haus­ halte des Besitzers verwendet werden soll, darf, sofern sie keine Merkmale einer die Genußtauglichkeit des Fleisches ausschließenden Erkrankung zeigen die Untersuchung vor der Schlachtung und, sofern sich solche Merkmale auch bei der Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung nach der Schlachtung unterbleiben. Eine gewerbsmäßige Verwendung von Fleisch, bei welchem auf Grund des Abs. 1 die Untersuchung unterbleibt, ist verboten. Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt der Ka­ sernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speiseanstalten, Gefangen­ anstalten, Armenhäuser und ähnlicher Anstalten sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, Gast-, Schank- und Speisewirte nicht anzu­ sehen.

108 §3.

Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und Zeiten, in denen eine übertragbare Tierkrankheit herrscht, die Untersuchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachttiere anzuordnen.

§ Fleisch irn Sinne dieses Gesetzes sind Teile von warmblütigen Tieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich zum Genusse für Menschen eignen. Als Teile gelten auch die aus warmblütigen Tieren hergestellten Fette und Würste, andere Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrat dies anordnet.

§ o. Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke zu bilden: für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer sowie ein Stellvertreter zu bestellen. Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den Armeekonservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungell können seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt werden. Zu Beschauern sind approbierte Tierärzte oder andere Personell, welche genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu bestellen. §6.

Ergibt sich bei den Untersuchungell das Vorhandensein oder der Verdacht einer Krankheit, für welche die Anzeigepflicht besteht, so ist llach Maßgabe der hierüber geltenden Vorschriften zu verfahren. §7.

Ergibt die Untersuchung des lebelldell Tieres keinen Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Beschauer sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden besonderen Vorsichtsmaßregeln zu genehmigen. Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Tieres darf nicht vor der Erteilung der Genehmigung und nur unter Einhaltung der ange­ ordneten besonderen Vorsichtsmaßregeln stattfinden. Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach Erteilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Untersuchung und Geneh­ migung zulässig. §8. Ergibt die Untersuchung nach der Schlachtung, daß kein Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der Beschauer es als tauglich zum Genusse für Menschen zu erklären. Vor der Untersuchung dürfen Teile eines geschlachteten Tieres nicht beseitigt werden.

109 §9.

Ergibt die Untersuchung, daß das Fleiscb zum Genusse für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen inib der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung ergeben hat, darf als Nahrungs- oder Genußmittel für Menscheu nicht in Verkehr ge­ bracht werden. Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde bestimmt, welche Sicherungsmaß­ regeln gegen eine Verwendung des Fleisches zum Genusse für Menschen zu treffen sind. Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde ungeordneten Sicherungsmaßregeln in Verkehr gebracht werden. Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird.

§ 10. Ergibt dei Untersuchung, daß das Fleisch zum Genusse für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen und der Polizeibehörde sofort An­ zeige zu erstatten. Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungs­ maßregeln das Fleisch zum Genusse für Menschen brauchbar gemacht werden kann. Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genußmittel für Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter den von der Polizeibehörde an­ geordneten Sicherungsmaßregeln zum Genilsse für Menschen brauchbar gemacht worden ist. Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden die Vor­ schriften des § 9 Abs. 3 bis 5 entsprechende Anwendung.

§ 11.

Der Vertrieb des zum Genusse für Menschen brauchbar gemachten Fleisches (§ 10 Abs. 1) darf nur unter einer diese Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen. Fleischhändlern, Gast-, Schank- unb Speisewirten ist der Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Genehmigung der Polizei­ behörde gestattet: die Genehmigung ist jederzeit widerruflich. An die vor­ bezeichneten Gewerbetreibender! darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine solche Genehmigung erteilt worden ist. In den Geschäftsräumen dieser Personen muß an einer in die Augen fallenden

HO Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht werden, daß Fleisch der im Abs. 1 bezeichneten Beschaffenheit zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt. Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§8) feilgehalten oder verkauft wird.

8 12Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen Büchsen oder ähnlichen Gefäßen, von Würsten und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleische in das Zollinland ist verboten. Im übrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch irr das Zollinland bis zum 31. Dezember 1903 folgende Bedingungen:

1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in ganzen Tierkörpern, die bei Rindvieh, ausschließlich der Kälber, und bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können, eingeführt werden. Mit den Tierkörpern müssen Brust- und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter in natürlichem Zusam­ menhänge verbunden sein; der Bundesrat ist ermächtigt, diese Vorschrift aus weitere Organe auszudehnen.

2. Zubereitetes Fleisch darf nur eingesichrt werden, wenn nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren für die mensch­ liche Gesundheit erfahrungsgemäß ausgeschlossen sind oder die Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr sich feststellen läßt. Diese Feststellung gilt als unausführbar insbesondere bei Sendungen von Pökel­ fleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke weniger als vier Kilo­ gramm beträgt: auf Schinken, Speck und Därme findet diese Vorschrift keine Anwendung. Fleisch, welches zwar einer Behandlung zum Zwecke seiner Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigenschaften frischen Fleisches im wesentlichen behalten hat oder durch ent­ sprechende Behandlung wieder gewinnen kann, ist als zubereitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch solcher Art unterliegt den Be­ stimmungen in Ziffer 1.

Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1903 sind die Bedingungell für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von neuem zu regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten Zeitpunkte nicht zustande kommen, so bleiben die im Abs. 2 festgesetzten Einfuhrbedingungen bis auf lveiteres lnaßgebend. § 13. Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt bei der Ein­ fuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im Jnlande bereits vorschrifts­ mäßig untersuchte und das zur unmittelbaren Durchfuhr bestimmte Fleisch.

111 Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter erfolgen. Der Bundesrat bezeichnet diese Ämter sowie diejenigen Zoll- und Steuer­ stellen, bei welchen die Untersuchung des Fleisches stattfinden kann.

§ 14. Auf Wildbret und Federvieh, ferner auf das zum Reiseverbrauche mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der §§ 12 und 13 nur inso­ weit Anwendung, als der Bundesrat dies anordnet. Für das im Keinen Grenzverkehre sowie im Meß- und Marktver­ kehre des Grenzbezirkes eingehende Fleisch können durch Anordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Bestimmungen der §§ 12 und 13 zugelassen werden. § 15.

Der Bundesrat ist ermächtigt, weitergehende Einfuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen, als in den §§ 12 und 13 vorgesehen sind, zu be­ schließen.

§ 16.

Die Vorschriften des § 8 Abs. 1 und der §§ 9 bis 11 gelten auch für das in das Zollinland eingehende Fleisch. An Stelle der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an Stelle der polizeilicherseits anzuord­ nenden Sicherungsmaßregeln kann jedoch, insoweit gesundheitliche Be­ denken nicht entgegenstehen, die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zugelassen werden. § 17. Fleisch, welches zwar nicht für den menschlichen Genuß bestimmt ist, aber dazu verwendet werden kann, darf zur Einfuhr ohne Untersuchung zugelassen werden, nachdem es zum Genusse für Menschen unbrauchbar gemacht ist. § 18.

Bei Pferden muß die Untersuchung (§ 1) durch approbierte Tier­ ärzte vorgenommen werden. Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung erfolgen, welche in deutscher Sprache das Fleisch als Pferdefleisch erkennbar macht.

Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirten ist der Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Genehmigung der Polizei­ behörde gestattet; die Genehmigung ist jederzeit widerruflich. An die vor­ bezeichneten Gewerbetreibenden darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine solche Genehmigung erteilt worden ist. In den Ge­ schäftsräumen dieser Personen muß an einer in die Augen fallenden Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht werden, daß Pferde­ fleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.

112 Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feilhalten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Tieren feilgehalten oder ver­ kauft wird. Der Bundesrat ist ermächtigt, anzuordnen, daß die vorstehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige, seltener zur Schlach­ tung gelangende Tiere entsprechende Anwendung finden.

§ 19. Der Beschauer hat das Ergebnis der Untersuchung an dem Fleische kenntlich zu machen. Das aus dem Ausland eingeführte Fleisch ist außer­ dem als solches kenntlich zu machen. Der Bundesrat bestimmt die Art der Kennzeichnung. § 20.

Fleisch, welches innerhalb des Reichs der amtlichen Untersuchung nach Maßgabe der §§ 8 bis 16 unterlegen hat, darf einer abermaligen amtlichen Untersuchung nur zu dem Zwecke unterworfen werden, um festzustellen, ob das Fleisch inzwischen verdorben ist oder sonst eine gesundheitsgeschädliche Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten hat. Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden mit öffent­ lichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, ins­ besondere dem Beschauzwang innerhalb der Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Maßgabe unberührt, daß ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig gemacht werden darf. § 21.

Bei der gewerbsmäßigen Zubereitung von Fleisch dürfen Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Ware eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen, nicht angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes Fleisch aus dem Ausland einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in Verkehr zu bringen. Der Bundesrat bestimmt die Stoffe und die Arten des Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden. Der Bundesrat ordnet an, inwieweit die Vorschriften des Abs. 1 auch auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens Anwendung finden, welche eine gesundheitsschädliche oder minderwertige Beschaffenheit der Ware zu verdecken geeignet sind.

§ 22.

Der Bundesrat ist ermächtigt, 1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse der Fleisch­ beschauer zu erlassen, 2. Grundsätze aufzustellen, nach welchen die Schlachtvieh- und Fleisch­ beschau auszuführen und die weitere Behandlung des Schlacht­ viehs und Fleisches im Falle der Beanstandung stattzufinden hat,

113

3 die zur Ausführung der Bestimmungen in dem § 12 erforder­ lichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren fürbiejlnteisuchung des in das Zollinland eingehenden Fleisches festzusetzen. § 23. Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§ 1) zur Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im übrigen werden die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen, insoweit nicht der Bundesrat für zuständig erllärt ist oder insoweit er von einer durch § 22 erteilten Ermächtigung keinen Gebrauch macht, von den Landesregierungen er­ lassen.

§ 24. Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinenschau und über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch, welches zwar zum Genusse für Menschen tauglich, jedoch in seinem Nahrungs- und Genußwert erheblich herabgesetzt ist, feiner landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf 1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Tiere,

2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbierte Tierärzte, 3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches von Tieren der im § 18 bezeichneten Arten

weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind mit der Maßgabe zulässig, daß ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig gemacht werden darf.

§ 25. Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das in die Zollaus­ schlüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden haben, bestimmt der Bundesrat.

§ 26. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu ein­ tausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer wissentlich den Vorschriften des § 9 Abs. 2, 4, des § 10 Abs. 2, 3, des § 12 Abs. 1 oder des § 21 Abs. 1, 2 oder einem auf Grund des § 21 Abs. 3 ergangenen Verbote zuwiderhandelt;

2. wer wissentlich Fleisch, das den Vorschriften des § 12 Abs. 1 zu­ wider eingeführt oder auf Grund des § 17 zum Genusse für Men­ schen unbrauchbar gemacht worden ist, als Nahrungs- oder Genuß­ mittel für Menschen in Verkehr bringt; 3. wer Kennzeichen der im § 19 vorgesehenen Art fälschlich anbringt oder verfälscht, oder wer wissentlich Fleisch, an welchem die Kenn­ zeichen fälschlich angebracht, verfälscht oder beseitigt worden sind, feilhält oder verkmft Bretzfeld, Nahrungsmittelgesetz.

8

114

§ 27.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer eine der im § 26 Nr. 1 und 2 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begeht;

2. wer eine Schlachtung vornimmt, bevor das Tier der in diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1 Abs. 1 Satz 2, des § 3, des § 18 Abs. 5 oder des § 24 angeordneten Unter­ suchung unterworfen worden ist; 3. wer Fleisch in Verkehr bringt, bevor es der in diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1 Abs. 1 Satz 2, des § 3, des § 14 Abs. 1, des § 18 Abs. 5 oder des § 24 angeord­ neten Untersuchung unterworfen worden ist; 4. wer den Vorschriften des § 2 Abs. 2, des § 7 Abs. 2, 3, des § 8 Abs. 2, des § 11, des § 12 Abs. 2, des § 13 Abs. 2 oder des § 18 Abs. 2 bis 4, imgleichen wer den auf Grund des § 15 oder des § 18 Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den auf Grund des § 24 ergehenden landesrechtlichen Vorschriften über den Ver­ trieb und die Verwendung von Fleisch zuwiderhandelt.

§ 28. In den Fällen des § 26 Nr. 1 und 2 und des § 27 Nr. 1 ist neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches zu erkennen. In den Fällen des § 26 Nr. 3 und des § 27 Nr. 2 bis 4 kann neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches oder des Tieres erkannt werden. Für die Ein­ ziehung ist es ohne Bedeutung, ob der Gegenstand dem Verurteilten gehört oder nicht.

Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

§ 29. Die Vorschriften des Gesetzes betreffend den Verkehr mit Nahrungs­ mitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften des § 16 des bezeichneten Gesetzes finden auch auf Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.

§ 30. Diejenigen Vorschriften dieses Gesetzes, welche sich auf die Her­ stellung der zur Durchführung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau er­ forderlichen Einrichtungen beziehen, treten mit dem Tage der Verkün­ digung dieses Gesetzes in Kraft.

115 Im übrigen wird der Zeitpunkt, mit welchem das Gesetz ganz oder teilweise in Kraft tritt, durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats bestimmt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Neues Palais, den 3. Juni 1900.

(L. S.)

Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe.

6 b) Verordnung über die teilweise Inkraftsetzung des Gesetzes betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900. Vom 16. Februar 1902. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc.,verordnen auf Grund des § 30 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) im Namen des Reichs, mit Zustimmung des Bundesrats, was folgt: Der § 21 des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch­ beschau, vom 3. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 547) tritt am 1. Oktober 1902 in Kraft. Gleichzeitig treten die Vorschriften des § 26 Nr. 1, des § 27 Nr. 1 und der §§ 28, 29 in Kraft, soweit sie die Zuwiderhandlungen gegen den § 21 Abs. 1,2 oder gegen ein aus Grund des § 21 Abs. 3 ergangenes Verbot betreffen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Hubertusstock, den 16. Februar 1902.

(L. S.)

Wilhelm. Graf von Posadowsky.

116

7.

Das Gesetz betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken. Vom 24. Mai 1901.

(Reichsgesetzblatt S. 175.)*)

§ 367 Nr. 7 des Reichsstrasgefetzbuchs. Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft wird bestraft: 7. wer verfälschte oder verdorbene Getränke und Eßwaren, insbe­ sondere trichinenhaltiges Fleisch feilhält oder verkauft. In den Fällen der Nr. 7 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der verfälschten oder verdorbenen Getränke oder Eß­ waren erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht.

*) Von einer Wiedergabe des Textes wird mit Rücksicht auf die noch bevorstehende Einführung eines neuen Weingesetzes Abstand genommen.

II. Im Reiche gültige Ausführungsbestimmungen und Verordnungen. Für das Reich gültige Ausführungsbestimmungen und Verord­ nungen sind erlassen:

1. Zum Nahrungsmittelgesetz (mit Blei- und Farbgesetz): a) Kaiserliche Verordnung vom 24. Februar 1882 über das ge­ werbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum (RGBl. S." 40).

7. Verordnung über das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum. Vom 2 4. Februar 188 2. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs, auf Grund des § 5 des Gesetzes vom 14 Mai 1879, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats, was folgt:

§ 1 Das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum, welches, unter einem Barometerstände von 760 Millimetern, schon bei einer Erwärmung auf weniger als 21 Grade des hundertteiligen Ther­ mometers entflammbare Dämpfe entweichen läßt, ist nur in solchen Ge­ fäßen gestattet, welche an in die Augen fallender Stelle auf rotem Grunde in deutlichen Buchstaben die nicht verwischbare Inschrift „Feuerge­ fährlich" tragen. Wird derartiges Petroleum gewerbsmäßig zur Abgabe in Mengen von weniger als 50 Kilogramm feilgehalten oder in solchen geringeren Mengen verkauft, so muß die Inschrift in gleicher Weise noch die Worte: „NurmitbesonderenVorsichtsmaßregelnzuBrennzwecken verwendbar" enthalten. §2Die Untersuchung des Petroleums auf seine Entflammbarkeit im Sinne des § 1 hat mittelst des Welschen Petroleumprobers unter Beach­ tung der von dem Reichskanzler wegen Handhabung des Probers zu er­ lassenden näheren Vorschriften zu erfolgen

118 Wird die Untersuchung unter einem anderen Barometerstands als 760 Millimeter vorgenommen, so ist derjenige Wärmegrad maßgebend, welcher nach einer vom Reichskanzler zu veröffentlichenden Umrechnungs­ tabelle unter dem jeweiligen Barometerstände dem im § 1 bezeichneten Wärmegrade entspricht. § 3.

Diese Verordnung findet auf das Verkaufen und Feilhalten von Petroleum in den Apotheken zu Heilzwecken nicht Anwendung. §4.

Als Petroleum im Sinne dieser Verordnung gelten das Rohpetro­ leum und dessen Destillationsprodukte.

§5. Diese Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1883 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 24. Februar 1882.

(L. S.) Wilhelm.

von Bo etlicher.

b) Hierzu Bekanntmachung vom 20. April 1882, Zentralblatt S. 195; 19. September 1884, Zentralblatt S. 250; 21. Juli 1882, Zentralblatt S. 344 ; 5. Oktober 1887, Zentralblatt S. 507 ; 27. Oktober 1888, Zentralblatt S. 931 (betr. den Abel'schen Petroleumprober). c) Kaiserliche Verordnung bett, das Verbot von Maschinen zur Herstellung künstlicher Kaffeebohnen vom 1. Fe­ bruar 1891 (RGBl. S- 11).

Verordnung, betreffend das Verbot von Maschinen zur Herstellung künstlicher Kaffeebohnen. Vom 1. Februar 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc., verordnen im Namen des Reichs auf Grund des § 6 des Ge­ setzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln rc., vom 14. Mai 1879, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats, was folgt: Das gewerbsmäßige Herstellen, Verkaufen und Feilhalten von Maschinen, welche zur Herstellung künstlicher Kaffeebohnen bestimmt sind, ist verboten.

119

Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel

Gegeben Berlin im Schloß, den 1. Februar 1891. (L. S.)

Wilhelm. von Boetticher.

d) Kaiserliche Verordnung bett, die Einführung von Reichsge­ setzen in Helgoland vom 24. Juli 1893 (RGBl. S. 236).

e) Bekanntmachung bett. Untersuchung von Farben, Gespinsten und Geweben auf Arsen und Zinn vom 11. April 1888 (Zentralblatt S. 131). f) Bekanntmachung bett, den Verkehr mit Essigsäure vom 14. Juli 1908 (RGBl. S. 475).

2.

Zum Margarinegesetze:

a) Bekanntmachung des Bundesrats vom 4. Juli 1897 (RGBl. S. 591). b) Vereinbarung der Bundesregierungen betr. Grundsätze bei der Kontrolle bezüglich der Trennung der Geschäftsräume (§ 4 des Gesetzes). (Veröffentlicht u. a. im Bayerischen Kn.« Amtsblatt des Innern 171/1898.)

c) Bekanntmachung betr. Fett und Wassergehalt der Butter vom 1. März 1902 (RGBl. S. 64). d) Bekanntmachung betr. Untersuchung von Fett und Käse vom 1. April 1898, Zentralblatt S. 201, 271 (auch Bayerisches Justiz-Ministerialblatt S. 128/98).

3.

Zum Fleischbeschaugesetze.

a) Bekanntmachung des Bundesrats betr. gesundheitsschädliche und täuschende Zusätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen vom 18. Februar 1902 (RGBl. S. 48).

vekanntmachung, betreffend gesundheitsschädliche und täuschende Zu­ sätze zu Fleisch und dessen Zubereitungen. Vom 18. Februar 1902.

(RGBl. S. 48.)

Auf Grund der Bestimmungen im § 21 des Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (RGBl. S. 547), hat der Bundesrat die nachstehenden Bestimmungen beschlossen:

120 Die Vorschriften des §21 Absatz 1 des Gesetzes finden auf die folgenden Stoffe, sowie auf die solche Stoffe enthaltenden Zubereitungen Anwen­ dung. Borsäure und deren Salze, Formaldehyd, Alkali und Erdalkali-Hydroxyde und -Karbonate, Schwefliche Säure und deren Salze, sowie unterschweflichsaure Salze, Fluorwasserstoff und deren Salze, Salizylsäure und deren Verbindungen, Chlorsäure Salze. Dasselbe gilt für F a r b st o f f e feder Art, jedoch unbeschadet ihrer Verwendung zur Gelbfärbung der Margarine und zum Färben der Wurst­ hüllen, sofern diese Verwendung nicht andern Vorschriften zuwiderläuft.

Berlin, den 18. Februar 1902. Der Stellvertreter des Reichskanzlers: Graf von Posadowskv.

b) Ausführungsbestimmungen vom 30. Mai 1902 (Beilage zu Nr."22 des Zentralblattes für das Deutsche Reich). Abänderungen und Zusätze betr. die Prüfung der Trichinen­ beschauer und der Eingang, sowie die Untersuchung auslän­ dischen Fleisches, s. Zentralblatt 1903 S. 116 ff., 626, 646, 203; 1904 S. 44, 140, 271, 333; 1905 S. 177; 1906 S. 509, 651, 1286; 1907 S. 69, 495; 1908 S. 59, 157, 255, 361 ff.; siehe ferner Bekanntmachung vom 10. Juli 1902, RGBl. 5. 242; 14. Juni 1906, RGBl. S. 737; 12. Juli 1902, Zentral­ blatt S. 238 (Untersuchungsqebühren); Bekanntmachung vom 6. März 1883, RGBl. S. 31; 3. September 1891, RGBl. S. 385 (Amerikanisches Schweinefleisch), und Vertrag mit Luxemburg, RGBl. 1905 S. 709; Zentralblatt S. 1905 198. Vgl. auch die Vieheinfuhrverbote (zusammengestellt bei GlockSchiedermair S. 286).

4. Zum Weingefetze. Ausführungsbestimmungen vom 2. Juli 1901, RGBl. S. 257.

5. Bgl. auch: RGBl. 1901 S. 380 und 1903 S. 281 (Arzn e imittel); RG. vom 10. Mai 1903, RGBl. S. 217, betr. Phos­ phorwaren.

Anhang II.

Verordnungen, Ministerialerlasse und oberpolizeiliche Vorschriften in Kayern*). A. Die zur Untersuchung von Nahrungs- und Genutzmitteln zu­ ständigen Behörden.

König!. Allerh. Verordnung vom 27. Januar 1884 (GVM. S. 43), mit Vollzugsvorschriften (GVBl. S. 49 ff.). Zusätze und Abändemngen vom: MB. vom 28. April 1884 (JMBl. S. 183); JMB. vom 25. Mai 1886 (JMBl. S. 165); MB. vom 25. Juli 1890 (GVBl. S. 517); MB. vom 25. Juli 1892 (JMBl. S. 189); MB. vom 2. Dezember 1896 (JMBl. S. 1/1897); K. Allh. V. vom 26. Juni 1898 (JMBl. 351); MB. vom 2. Oktober 1903 (JMBl. S. 492); MB. vom 20. Mai 1905 (GVBl. S. 481).

Hiernach sind in Bayern die Untersuchungsanstalten von: a) München für Oberbayern, Niederbayern, Schwaben und Neuburg; b) Erlangen für Mittelfranken (ausschließlich Mrnberg und Fürth), Oberpfalz (ausschließlich Regensburg) und Oberfranken; c) Würzburg für Unterfranken und Aschaffenburg; ä) Nürnberg e) Regensburg für das Gebiet der genannten Städte; f) Fürth g) die landwirtschaftliche Kreisversuchsstation zu Speyer für die Rheinpfalz zuständig. Untersuchungen, die so einfacher Natur sind, daß sie von den amtlichen Ärzten und Tierärzten leicht ausgeführt werden können und welche technische Hilfsmittel nicht erfordern, sind von den ge­ nannten Personen vorzunehmen. Die Untersuchung von Hefe erfolgt durch das Gewerbemuseum in Mrnberg. Über die amtliche Untersuchung der Schlachttiere und des Fleisches vgl. GVBl. 1902 S. 296. Über Diensteid s. MB. vom 21. Oktober 1901 (JMBl. S. 627). *) Von den nur an Verwaltungsbehörden ergangenen autographierten Entschließungen sind hier nur die hauptsächlichsten aufgeführt.

122

B. Vorschriften über die Untersuchung. Maßgebend ist für die Untersuchung von: a) Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln die MB. vom 21. Oktober 1901 (JMBl. S. 628): b) Wein, MB. vom 24. September 1901 (JMBl. S. 595); JME. vom 24. November 1903 Nr. 43227; c) Fleisch, vgl. GVBl. 1902 S. 296; ferner die in Anhang l unter II 3 aufgeführten Vorschriften.; d) Wasser, MB. vom 3. Februar 1897 (MABl. d. Inn. S. 47); ME. vom 15. Mai 1904 Nr. 10873 (Bakterien).

C. Strafprozessuale Vorschriften. a) Beamte der Untersuchungsanstalten als Hilfsbeamte der Staats­ anwaltschaft (MB. vom 2. Oktober 1903; GVBl. S. 492). b) Ladung Beamter der Untersuchungsanstalten als Sachver­ ständige zur Hauptverhandlung (JME. vom 15. April 1891 Nr. 6489 und 27. Februar 1904 Nr. 699). c) Mitteilungen bei Nahrungsmittelfälschungen: aa) an das Kaiserliche Gesundheitsamt (MB. vom 10. Juni 1903; JMBl. S. 311 und 5. Dezember 1903; JMBl. S. 454); bb) an die Untersuchungsanstalten (JMB. vom 10. Februar 1908; JMBl. S. 58); cc) bei Weinfälschungen an andere Staatsanwaltschaften (JME. vom 10. Februar 1908 Nr. 46981). d) JME. vom 12. August 1904 Nr. 3119 (Hauptverhandlung). e) JME. vom 24. November 1903 Nr. 43227 (Sachverständigen­ gutachten bei Weinfälschungen). f) Verrechnung der Geldstrafen, vgl. MB. vom 20. Februar 1884 (JMBl. S. 33); 30. Juni 1885 (JMBl. S. 147). g) Mitteilung der Gründe des Einstellungsbeschlusses an Gewerbe­ treibende, JME. vom 27. Februar 1904 Nr. 699.

I). Vorschriften bezüglich einzelner Nahrungsmittel, Genußmittel und Gebrauchsgegenstände*). 1. Allgemeine: Artikel 74 des PolStrGB.; Oberpolizeiliche Vorschriften vom 2. Dezember 1873 (MABl. S. 599); ME. vom 29. November 1876 (MABl. S. 517), 17. Juni 1877 (MABl. S. 233). ) Vgl. ferner: BO. vom 16. Juni 1895 GVBl. S. 267 betrifft den „ „ 26. Juni1901 „ 469 Verkehr mit „ 91 „ „ 13. März1906 Giften 297 „ ,, 14. Mai1908 „ „ 15. März1901 „ 380 betrifft den Ver­ kehr mit Arzneimitteln.

123 2. Arsenhaltige Fliegengitter: Bekanntmachung vom 10. Juli 1881 (GVBl. S. 823). 3. Beschläge von Bierkrügen: JME. vom (20. Mai 1902 und) 9. Februar 1905 Nr. 5919. 4. Blei- und zinnhaltige Gegenstände: JME. vom 5. Dezember 1899 Nr. 25546; 19. Juni 1901 Nr. 23797; 29 Mai 1903 Nr. 21376; 9. Februar 1905 Nr. 5919; 17. Juni 1907 Nr. 22785. 5. Branntweinschärfen: ME. d. Inn. vom 1. September 1900 Nr. 19531. 6. Fett und Käse: MB. vom 9. Mai 1898 (JMBl. S. 128). 7. Fleisch: Bekanntmachung vom 28. Juli 1902 (GVBl. S. 283); 3. Oktober 1902 (GVBl. S. 683); 17. Februar 1903 (GVBl. S. 28); 1. April 1903 (GVBl. S. 129): Oberpolizeiliche Vorschrift vom 25. Juni 1892 (GVBl. S. 277); ME. d. Inn. vom: 27. März 1901 Nr. 6550; 4. Februar 1903 Nr. 2533; 22. Februar 1903 Nr. 3784; 11. April 1901 (Wildbret, Geflügel); 5. Mai 1906 Nr. 7259 (Hunde­ fleisch); JMB. vom 20. April 1895 (JMBl. S. 100; Treuenit sverultet]). 8. Gebrauchsgegenstände: Bekanntmachung vom 17. Juli 1877 (GVBl. S. 371). 9. Gemüsekonserven (Kupfergehalt): ME. d. Inn. vom 14. September 1896 Nr. 16931. 10. Honig: MB. vom 1. Oktober 1900 Nr. 17821; 9. März 1903 (JMBl. S. 98). 11. Kaffee: MB. vom 7. Juli 1889 (MABl. S. 217); 27. April 1903 (JMBl. S. 269).

12. Konservenbüchsen (Lötung): MB. vom 5. Dezember 1899 9h. 25546.

13. Konserven: MB. vom 17. März 1908 (MABl. des König!. Hauses und Äuß. s. d. Inn. S. 152). 14. Margarine: MB. vom 15. März 1898 (MABl. S. 171); ME. d. Inn. vom 2. Mai 1900 Nr. 9387. 15. Milch: Oberpolizeiliche Vorschriften vom 15. Juli 1887 (GVBl. S. 365); MB. vom 20. Juli 1887 MABl. S. 244); 5. März 1888 (Laktodensimeter; MAbl. S. 96); 23. Juli 1898 (Milchkonsulent; JMBl. S. 230). 16. Pflanzenfette: JME. vom 9. Januar 1907 Nr. 51959 (ME. d. Inn. vom 19. Dezember 1906). 17. Sterisol: JME. vom 2. November 1904 Nr. 39392. 18. Süßstoffe: JME. vom 14. Mai 1906 Nr. 14370. 19. Talkummehl: JME. vom 2. November 1904 Nr. 38819; 15. März 1905 Nr. 8539, Mm. Inn. vom 2. April 1908 Nr. 7030 und 21. Juli 1908 Nr. 18271.

124

20. Töpferwaren: MB. vom 19. September 1889 (MABl. S. 283). 21. Wein: (Ausführungsbestimmungen) MB. vom 24. Septemb. 1901 (MABl. S. 461; JMBl. S. 594). Analyse: JMBl. 1884 S. 199; JME. vom 24. November 1903 Nr. 43227 (Gutachten); MB. vom 12. Mai 1904 (MABl. S. 249); JME. vom 31. Dezember 1904 Nr. 47662; 21. Februar 1905 Nr. 4283: 2. März 1907 Nr. 3476 (Kellermäßige Behandlung); 18. Januar 1908 (JMBl. S. 25; Ver­ wertung eingezogenen Weines); 10. Februar 1908 Nr. 46981 (Mit­ teilung an andere Staatsanwaltschaften).

E. Oberpolizeiliche Vorschriften für die einzelnen Kreise. Oberbay ern: a) Allgemeine Vorschriften vom 13. Januar 1874 (KrABl. S. 57); 7. März 1890 (KrABl. S. 17); 26. Januar 1903 (KrABl. S. 15); b) Bier: 7. Februar 1899 (KrABl. S. 35); c) Essigessenz: 6. September 1901 (KrABl. S. 133);*) d) Mühlsteine: 15. Oktober 1896 (KrABl. S. 116); e) Fleischbeschau: 26. Januar 1903 (KrABl. S. 15).

a) b) c) d)

Niederbayern: Allgemeine Vorschriften vom 5. Dezember 1889 (KrABl. S. 99); Mühlsteine: Vorschriften vom 19. Mai 1896 (K>ABl. S. 35); Essigessenz: Vorschriften vom22. Oktober 1901 (KrABl. S. 145) :*) Neigbier: Vorschriften vom 14. Oktober 1902 (KrABl. S. 145).

Rheinpfalz: a) Allgemeine Vorschriften vom 23. Jaunar 1893 (KrABl. S. 5); b) Essigessenz: Vorschriften vom 30. Juni 1898 (KrABl. S. 57);*) c) Bier: Vorschriften vom 27. Juli 1900 (KrABl. S. 187).

Oberpfalz: a) Allgemeine Vorschriften vom 22. Januar 1873 (KrABl. S. 81); Vorschriften vom 24. April 1889 (KrABl. S. 103; 1903 S. 94); b) Bäckereien: Vorschriften vom 6. August 1895 (KrABl. S. 69): c) Mühlsteine: Vorschriften vom 12. Januar 1897 (KrABl. S. 5): d) Essigessenz: Vorschriften vom 13. August 1901 (KrABl. S. 115): und 28. März 1903 (KrABl. S. 91) e) Fleischbeschau: Vorschriften vom 30. Januar 1903 (KrABl. S. 33); 16. Februar 1903 (KrABl. S. 45). Oberfranken: a) Allgemeine Vorschriften vom 7. August 1889 (KrABl. S. 76); 14. Juni 1892 (KrABl. S. 44); 10. März 1902 (KrABl. S. 81); b) Mühlsteine: Vorschriften vom 12. August 1896 (KrABl. S. 87). *) Vgl. hiezu auch Bek. v. 14. Juli 1908 (RGBl. S. 475).

125 Mittelfranken:

a) Allgemeine Vorschriften vom 15. April 1874 (KrABl. 30. Januar 1903 (KrABl. S. 23); 15. Juni 1904 S. 55); b) Fleischbeschau: Vorschriften vom 30. Januar und 19. 1903 (KrABl. S. 13, 21); c) Bäckereien: Vorschriften vom 10. September 1897 S. 163).

S. 431); (KrABl. Februar (KrABl.

Unterfranken:

a) Allgemeine Vorschriften vom 15. März 1903 (KrABl. S. 37); 16. Mai 1904 (KrABl. S. 56).

Schwaben: a) Allgemeine Vorschriften vom 27. März 1882 (KrABl. S. 364); 29. Juni 1892 (KrABl. S. 55); 13. Juli 1899 (KrABl. S. 189): 20. Januar 1903 (KrABl. S. 39); b) Mühlsteine: Vorschriften vom 9. November 1896 (KrABl. S. 151); c) Fleischbeschau: Vorschriften vom 30. Dezember 1902 (KrABl. S. 11); 16. Februar 1903 (KrABl. S. 47).

Anhang III.

Die in den übrigen deutschen Kundesstaaten erlassenen Verordnungen. Diese finden sich vollständig wiedergegeben in den Veröffent­ lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts.

Anhang IV. Über die (technische) Beurteilung der Nahrungsmittel, Genuß­ mittel und Gebrauchsgegenstände, ferner über die hauptsächlichsten im Verkehr vorkommenden Fälschungen vgl.: I. Die amtlichen Materialien zum Gesetzesentwurfe. II. Die Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits­ amts (nebst Beilagen). III. Vereinbarungen zur einheitlichen Untersuchung und Be­ urteilung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchs­ gegenständen für das deutsche Reich. Berlin 1897 bei Springer. (Neubearbeitung z. Zt. in Vorbereitung.)

IV. Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs- und Genuß­ mittel und Gebrauchsgegenstände. Berlin bei Springer.

Vgl. auch Lebbin-Baum, Deutsches Nahrungsmittelrecht; ferner codex alimentarius Austriacus und die eingangs aufgeführte (tech­ nische) Literatur.

(Die Zahlen bezeichnen die Seiten.)

Abel scher Petroleumprober 118. Abgabe von Süßstoff 103. Abnehmers, 40, 41, 47, 49. Absicht der Täuschung 39. Aktiengesellschaft 51. Alkali 120. Alkohol 62. Amerikanisches Fleisch 120. Amtsarzt 121. Analyse 124. Anbieten von Waren 6, 48. Angestellte 17, 42, 51, 58, 71. Anschein besserer Beschaffenheit 32, 34. A n st r i ch (mit arsenhaltigen Farben) 95. Antrag 79. Anzeiger 78. Anzeigepflicht 99. Apfelsinen 34. Apotheken 103. Arsen 93 ff., 119, 123. Arzenei 3, 120. Aufbewahrung 1, 14, 43, 51, 98. Aufklärung der Abnehmer 41, 48, 67. Aufsichtsrecht 7 ff., 99, 100, 103. Außerkraftsetzung kaiserlicher Ver­ ordnungen 16. Auskunftspflicht 13, 17, 100. Ausländische Nahrungsmittel 24, 120; — Anschauungen 24. Bäckereien 32, 124. Beamte der Polizei 7 ff., 17, 100; — Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft 7, 9, 12, 122; — der Untersuchungs­ anstalten 122.

Beaufsichtigung 6 ff. Bedrohung 19. Begnadigung 11, 76, 78. Behandlung des Weins 124. Beihilfe 18, 42, 51, 58, 71. Bekanntmachung 78, 79, 102. Bekleidungsgegenstände 14, 69, 94. Beschlagnahme 9, 12, 76. Beseitigung des Verdorbenseins 46; — der Gesundheitsgefährlichkeit 66, 68. B e j i tz von Süßstoff 104. Bestandteile 23, 30, 46; — Ersatz durch andere B. 32. Betriebsgeheimnisse 101. Betriebsleiter!^ 42, 51, 58, 71. Betrug 29, 52. Beweggründe bei Fälschungen 38. Bewußtsein des Tatbestandes 37, 38, 49, 64. Bezeichnung 29, 35, 40, 48, 97, 110; — als Nahrungsmittel 3, 14, 29, 50; — der Geschäftsräume 8, 12. Bier 22, 33, 34, 37, 90, 124; — -flaschen 5; — -krüge 123. Bierkuleur 34. Bilderbücher 4, 94. Blei- und zinkhaltige Gegenstände 55, 90, 123. Blumen 3, 69, 94. Blutorangen 34. Borsäure 120. Bote 65, 71. Branntwein 34; — -schärfen34,63,123.

128 Brechmittel 3. Britanniametall 90. Brot 47; — -öl 2. Büchsenkonserven 57, 91, 123. Buchdruck 94. Bundesrat 14, 15, 100, 103, 112. Butter 33, 97 ff., 119, 122. Chokolade s. Schokolade. Cigarren s. Zigarren. Chemische Klärmittel 33; — Zusätze 34. Chlorsäure Salze 120. Codex alimentarius Austriac u s 126. Darmernährung 3. Deklaration 41, 49. Diensteid 121. Drohung 17. Durchsuchung 7, 9, 12. Echtes Nahrungsmittel 19. Einblasen von Luft in Fleisch 46. Eingeweide, Verwendung 33. Einstellung des Verfahrens 122. Eintritt der Polizei in Geschäfts­ räume 8, 100. Einziehung 16, 76, 102; — von Wein 124. Eisschrank 48, 60. Eiweiß als Wurstbindemittel 42. Ekel 45, 61. Empfangsbestätigung 12. Entnahme von Proben 9, 12. Entrahmung der Milch 32. Entschädigung 10, 80. Erbrechen 62. Erlaß der Strafe 11. Ernährung durch den Darm 3. Ersatzmittel 20, 97. Ersatz einzelner Bestandteile 32. Eselsfleisch 112. Eßgeschirre 4, 14, 69, 90. Essigessenz 75, 124. Etikette 12, 29, 34, 48. Eventualvorsatz 18, 37, 64, 67. Exterritorialität 77. Fabrikation s. Herstellung. F a $ o n 42.

Fälschung 27, 30. Färben 29, 30, 34, 120. Fahrlässigkeit 57, 74. Familienangehörige 40, 65. Farben 5, 14, 55, 93; — -stifte 4; -zusätze 29, 30, 34. Federvieh 111, 123. Feilhalten 7, 14, 48, 71. Feldflaschen 5. Fette 32, 97, 119, 123. Fettgehalt der Butter 33, 34. Fische 30. Fisch Paste 33. Fleisch 21, 45, 47, 48, 107, 122, 123, 124; — nicht ausgeblutetes 61. Fleischbeschaugesetz 21, 45, 55, 107, 119. Fleischhändler 109, 111. Fluorwasser st off 120. Formaldehyd 120. Freiheits st rafe 11. Freisprechung 79. Früchte 21, 34, 46, 47, 50. Fruchtmarmelade 27. Fruchtsaft 42, 91. Gärungsmittel 33. Garnrollen 4. Ga st wirtschaften 32, 104, 107, 109, 111. Gebrauch des Handels 23. Gebrauchsgegenstände 4, 68, 123. Gebrauchswert 29. Geflügel 111, 123. Gehilfen 18, 42, 50, 58, 71. Geisteskrankheit 77. Geldstrafe 58, 81, 122. Gemüse 123. Genuß 65. Genußmittel 3. G e n u ß w e r t 29, 31. Geruch 34. Gesamt st rafe 79. Geschäft 6, 8, 12, 119. Geschäftsbücher 12. Geschäftsleiter 18, 42, 51, 58, 71.

129 Geschäftszeit 6, 8, 12. Geschirre 4, 14, 69. Geschmack 34. Gesetzmäßigkeit der Amtshand­ lungen 17; — bet Verordnungen 16« Gesetzliche Regelung der Beschaffen­ heit von Nahrungsmitteln 21. Gespinste 95, 119. Gesundheitspolizeilich e Erwägungen 22, 109. G e su n d h eits g e f ährli ch.k e i t 46, 61, 69, 70, 75, 109. Getränke 54. Getreide 2. Gewahrsam 104. Gewebe 95, 119. G e w e r b s m ä ß i g k e i t 5, 40, 65, 91, 97. Gewinnsucht 42. Gewürze 34, 3-5, 56. Gräten 33. Grenzverkehr 111. Gries 36. Großhandel 42, 49. Gültigkeit von Verordnungen 16. Gutachten (bei Weinfälschungen) 124. Haarpfeile 69> Halbfabrikate 77. Handel 39. (s. auch Großhandel.) Handelsbrauch 23, Handelsgesellschaften 51. Hauptverhandlung 122. Hausenblase 2, 34. Haushalt 40, 65, 107. Hausieren. 6-, 7, 8. Hefe 2, 121. Heilmittel 3. Herkommen 24, 25, 40. Herstellung 12, 14, 59, 63, 71, 101. Herstellungsarten 22, 35, HerKellungsort 25, Hilfsbeamte 7, 9, 12. Himbeersaft 42. Honig 21, 123. Honig butt er 29. Bretzfeld, Stahrunqsmittelgesetz.

Hotel s. Gastwirtschaft. H u n d e f l e i s ch 112, 123, Hundekuchen 3. Hydatiden 46. Jdealkonkurrenz 51 ff., 58, 72. Inverkehrbringen 46, 65, 71, 75. Käse 97 ff., 119, 122, 123, Kaffee 62,123; — -bohnen 15, 41, 118. Kaiserliche Verordnungen 14, 15. Kaiserliches Gesundheitsamt 126. Kalb 47. Kartoffel 2. Käufer 39, 40, 41, 47, 49. Katze 29, 46, Kautschuk schläuche 90. Kaviar 28. Kellermäßige Behandlung des

Weins 124. Klärung 2, 33, 34. Kleidung 4. Kleinhandel 49. Kenntnis der Beschaffenheit der Nah­ rungsmittel 49, 70, 75; — des Käu­ fers von dem Zustand der Ware 47, 50, 67. Kochgeschirr 5, 14, 69, 90. Ko mmission 65. Konserven 37, 57, 91, 123. Konservieren 37, 110, 112. Konsument s. Abnehmer. Kosmetische Mittel 4, 69, 94. Kosten der polizeilichen Untersuchung 79, 113; — der Veröffentlichung 78. Kostgänger 40. Kranke 62, 104. Krugbeschläge 69, Kuchen 33, Kurorte 104. Künstliche Nahrungsmittel 28, 118. Kunstspeisefette 13, 97 ff. Kupfergehalt des Gemüses 123. Ladung 122. Lagerräume 12, 98. Laktodensi meter 123. Lampenschirme 95. Landesrechtliche Bestimmung. 13,113. 9

130 Leber 46. Lieferung 51. Lötung 123. Magazin 8, 98. M a i s g r i e s 36. Malvenblüten 48. Malzaufschlagsgesetz 21, 56. Margarine 13, 28, 32, 97, 122, 123; — -gejetz 21, 55, 81, 97 ff., 119. Marmelade 27. Markt 6, 13. Maschinen 12, 15, 17, 77, 128. . Medizinalwein 62. Mehl 2, 64; — als Zusatz 27, 33. Menge der fälschenden Zusätze 32, 33; — der genossenen Nahrungsmittel 61. Milch 32, 33, 37, 98, 123. Milchkonsulent 123. Minderwertige Bestandteile 32, 33. Mineralwass er 28. Mischung verschiedener Sorten 36, 37. Mißbräuche im Handelsverkehr 23, 24. Mitteilung der Beschaffenheit des Nahrungsmittels an den Käufer 41, 48, 67; — im Strafverfahren 122,124. Morphium 4. Most 37. Mühlsteine 91, 124. N a ch m a ch e n 28. Nachtzeit 8. Nährmittel 29, 62. Nahrungsmittel 1, 48, 63; Veräußerung als Nahrungsmittel 66, 67, 68. N a h r u n g s m i t t e l b u ch 20, 23. Nährwert 31. Naturerzeugnisse 21. Neben strafen 18, 43, 51, 70, 72, 73, 76, 78. Neigbier 33, 124. Nikotin 62. Objektives Verfahren 77, 102. Obst 21, 34, 46, 47, 50. O l 66 Ortsgebrauch 24, 25 40. Packmaterial 12 77.

Packräume 12, 98. Paprika 35. Pelzwaren 95. Personal s. Angestellte. Personenkreise (einzelne). Anschall­ ungen 24. Petroleum 5, 14, 15, 117, 118. Petroleumprober 118. Pfeffer 32, 33. Pferdefleisch 110. Pflanzenfette 32, 98, 123. Phosphor 120. Polizei 6, 10, 13, 17; — -Verord­ nungen 57. Preis 27, 40. Pre ssack 33. Prima Qualität 48. Privatraum, Eintritt 8. Probe 6, 9. Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Ver­ ordnungen 14, 15; — von Amtshand­ lungen 17. Qualität 48. Rahm 32, 98. Rechtskraft 11, 79. Reichstag 15. Realkonkurrenz s. Zusammen­ treffen. Rechnungen (Durchsicht) 12. Reklamezettel 48. Revision: der Räume 10, 101; — (Rechtsmittel) 77. R e z e p t b ü ch e r 12. Riechstoff 34. Richterliche Prüfung: Verordnungen 14, 15; — Amtshandlungen 17; — im objektiven Verfahren 77. Rohstoffe 77. Rotgefärbter Weißwein 48. Saatkartoffel 2. Saccharin 22, 103, 123. Sachverständige 20, 122, 124. Safran 3. Salizyl 33, 46, 63, 120. Schalen 33. Schein besserer Beschaffenheit 32, 34.

131 Schlüsselübergabe (bei Revi­ sionen) 17. Schmalz 97 ff., 119. 122. Schmuck 69. Schmutz 33. Schokolade 27 33. Schreibmaterialien 95. Schweflige Säure 120. S e b n e n (im Fleisch) 33. Sesamöl 22, 99. Semmeln 33, 62. S i p b o n s 5, 90. Sonntag 8. Sorgfalt 57, 74. Sorte 20, 30, 35. Spiel waren 4, 14, 90, 94. Staatsanwalt 77, 79, 81 Staub 33. Stärkemehl 27, 33. Stecknadel 62. Steindruck 94. S t e r i s o l 123. Stichproben 57. Stoffe 14, 29, 30. Strafbefehl 77. Strafbestimmungen 81. Süßholz 34. Süßstoffe 22, 103, 123 Süßstoffgesetz 22, 103. Surrogate 20. (s. auch Ersatzmittel.) Tabak 4, 33, 62, 91; — -steuergesetz 55. Täter 18, 43, 50, 58, 71, 74, 76. Täuschung 20, 23, 27, 29, 35, 38 f., 48, 49, 50, 101. Talkummehl 123. Tapeten 5, 94. Tee 41. T e i g w a r e n 34. Teilnehmer 18, 43, 50, 58, 71, 74, 76. Teppiche 94. Tiere (lebende) 2, 14. Tierarzt 111, 121. Tod: durch Genuß von Nahrungsmitteln 72, 73; — des Verdächtigen 77. Töpferwaren 124.

Treuenit 123. Trichinenschau 113. T r i n k g e s ch i r r e 4, 14, 69, 90. T r o p f b i e r 33, 104. Übergabe 47, 50.

Umfang des Aufsichtsrechts 7. Umhüllung 29, 34, 98. Umherziehen 6, 8. Unmittelbarer Abnehmer 39. Unlauterer Wettbewerb 56. Unreifes Obst 46, 47, 50. Unterschwefelsaure Salze 120. Untersuchung 57, 10, 107, 119, 121, 122; — -sanstalt 81, 121; — -pflicht 58, 107 ff. Veränderung des rechtlichen Ge­ sichtspunktes 28, 51, 72; — an Nah­ rungsmitteln 30 f., 32. Verdeckung des Berdorbenseins 46; — der Fälschung 32. Verderblichkeit 61. Verdorbensein 45, 112. Vereinbarungen zur Untersuchung von Nahrungsmitteln 126. Bereinszollgesetz 104. Verfälschung 27, 30. Verhältnisse (persönliche) 57. Verjährung 77. Verkauf 14, 50, 71. Verkaufsraum 7, 11. Verkehr 5, 65, 109. Verkehrsanschauung 24. Vermischung 36, 37, 98. Vermögensschädigung 50. Vernehmung von Sachverständigen 20, 122. Veröffentlichung 28, 29, 102. Veröffentlichungen des Kaiser!. Gesundheitsamts 126. Verordnungen: Kaiserliche 14, 15; — polizeiliche 57. Verpackung 14, 77. Verschlechterung 29, 31, 32. Verschnitt 37. Verschweigen 47, 50, 58. Versuch 18, 43, 51, 71, 72, 74, 76.

132 Verunreinigungen 33, 46. Verursachung 72, 75. Verurteilung 11, 76, 77. Verweigerung 1J, 17, 101. Vieheinfuhrverbote 120. Vollendung (der Straftat) 42, 50. Vollmilch 32, 33, 37. Voraussehbarkeit (des Erfolgs) 75. Vorsatz 37, 64, 67, 72, 73. Vorurteile 45. Wandelungsvertrag 66. Warenzeichen 55. Wasser 122. Wassergehalt (Butter) 33, 119. Wasserzusatz 32, 33. Wein 2, 48, 122, 124. Weingesetz 55. Weißbier s. Bier. W e i z e n g r i e s 36, Wesentlichkeit: fälschender Zusätze 32, 45; — der Unbrauchbarkeit 45; — der Gesundheitsbeschädigung 62. Wettbewerb, unlauterer 56. Wider st and 17. Wiederholungsfall 101, 102. Wildbret 45, 111, 123. Wirkung 32. Wohlgeschmack 31.

Würze 32, 34. Wurst 33, 34, 46, 108, 110; — Ambe­ mittel 2, 42; — hüllen 31, 12Q. Zivilrechtlicher Begriff des Kaufs 47; — Verpflichtung zur Übergabe eines Nahrungsmittels 47, 66. Z e r st ö r u n g der Gesundheit 73. Zigarren 4. Zink 90 ff. Zinn 119. Zitronensaft 28. Zubereitung 1, 21, 61, 108, 110, 112, 119. Zuckerkranke 63t Zugänglichmachung bet Geschäfts­ räume 17. Zusammensetzung der Nahrungs­ mittel 21, 36. Zusammentreffen strafbarer Hand/ hingen 51 ff., 58, 72, 76. Zusatz 22, 119. Zuständigkeit 18, 43t 51, 70, 7A 74, 76. Zwang bei Ausübung des Aufsichts­ rechts 10, 13. Zweckbestimmung als Nahrungs­ mittel 1, 48, 63. Zwischenhändler 6.7