Redemptoristen und Protestanten 9783111547862, 9783111178998


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German Pages 50 [52] Year 1899

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Table of contents :
Vorwort
Inhalts-Verzeichnis
I. Allgemeine Würdigung des Geistes und der Wirksamkeit der Redemptoristen
II. Des heiligen Alphons von Liguori Lehre über den Protestantismus
III. Des seligen Clemens Maria Hofbauer protestantenfeindliche Wirksamkeit
IV. Spätere Bekehrungspraxis der Redemptoristen
V. Bekehrungstheorie der Redemptoristen
VI. Die absolute Feindschaft der Redemptoristen gegen die Protestanten in Theorie und Praxis
VII. Kirchlicher und staatlicher Grund gegen die Wiederzulassung der Redemptoristen
Anmerkungen
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Redemptoristen und Protestanten
 9783111547862, 9783111178998

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Nedemptoriltrn und

Protestanten. Von

Lc. theol. Leopold Karl Goetz in Passau.

Gtrtzrn 3. Ricker'sche Verlagsbuchhandlung 1899.

— Alle Rechte vorbehalten. —

v. Münchow'sche Hof- und Untverfitätr-Druckerei, Gießen.

Der hochwllrdigrn Katholisch - theologischen FakuliSk ;u Vern ;ur Frier ihres 25 jährigen Vrstchens

gewidmet.

Vorwort. Die

Redemptoristen - Kongregation

war

seinerzeit durch

Bundesratsbeschluß vom 13. Mai 1873 auf Grund des § 1 des sog. Jesuitengesetzes vom 4. Juli 1872 als im Sinne des ge­ dachten Reichsgesetzes mit dem Orden der Gesellschaft Jesu ver­

wandt aus

dem

Gebiet des deutschen

Reiches

ausgeschlossen

worden. Dem ultramontanen Einfluß auf unser Staatsleben ist es endlich geglückt, daß unter dem 18. Juli 1894 derselbe Bundes­ rat, dessen Justizausschuß 1873 einen ausführlichen Bericht über die Verwandsschaft der Redemptoristen und Jesuiten erstattet hatte, aussprach, „daß das Gesetz betr. den Orden der Gesellschaft Jesu auf die Kongregation der Redemptoristen und die Kongregation der Priester vom hl. Geiste fortan keine Anwendung zu finden habe."

Seitdem sind seitens der verschiedenen Staatsregierungen einige Redemptoristen-Niederlassungen in Bayern und Preußen genehmigt worden, und das ist sicher erst der Anfang zu weiterer Ausbreitung und Neugründung oder Wiedererrichtung früherer Häuser. Über die geplante Niederlassung und Einbürgerung der Redemptoristen ist im Protestanfismus große Beunruhigung ent­ standen. Daraus ergiebt sich die Berechfigung der folgenden —

meines Wissens ersten derarfigen — Untersuchung zur Lösung der Frage, ob die Beunruhigung der Protestanten auf Grund des bisherigen Wirkens der Redemptoristen wirklich begründet

und berechtigt sei. Das Material der Untersuchung ist den offiziellen Quellen zur Geschichte der Redemptoristen entnommen und um der Objekfivität der Arbeit willen das subjekttve Raisonnement möglichst zurückgedrängt.

Passau, Januar 1899.

Lic. Gortz, altkathol. Pfarrer.

Inhalts-Verzeichnis.

Seite

I. Allgemeine Würdigung deL Geistes unb der Wirksam­

keit der Redemptoristen..............................................................7 II. Des hl. Alphons von Liguori Lehre über den Pro­

testantismus

............................................................................. 17

III. Des seligen Clemens Maria Hofbauer protestanten­ .

28

...

36

.....

41

feindliche Wirksamkeit..................................................... IV. Spätere Bekehrungspraxis der Redemptoristen

V. Bekehrungstheorie der Redemptoristen .

VI. Die absolute Feindschaft der Redemptoristen gegen die Protestanten in Theorie und Praxis................................... 45

VII.

Kirchlicher und staatlicher Grund gegen die Wieder­

zulassung der Redemptoristen............................................... 48 Anmerkungen.............................................................................. .51

Die kleinen Ziffern im Text beziehen sich

merkungen am Schluß (S. 51).

auf

die An-

I. AUgerneinr Würdigung des Griftes und der Wirksamkeit

der Mrdemptsristen. ie «Versammlung des allerheiligsten Erlösers" (Congregatio sacerdotum sub titnlo sanctissimi Eedemptoris daher Redemptoristen genannt) ist von dem Neapolitaner und späteren Bischof von 8. Agata dei Goti im Königreich Neapel Alfons

Maria von Liguori (daher die Bezeichnung: Liguorianer) 1782 gegründet. Die Stiftung geschah unter dem vollen Beifall des Superiors des Missionshauses (Lazaristen) in Neapel Don Vincenzo

Cutica und des P. Domenico Manulio auS der Gesellschaft Jesu'), der Zweck der Kongregation war also sichtlich ein den Endzielen der Jesuiten und Lazaristen kongenialer. Die Konstitutionen der Gesellschaft') geben als doppelten Zweck des Institutes an, einmal die eigene Heiligung seiner Mit­

glieder, dann die Heiligung des Volkes und das Wohl der Kirche. Was den letzteren Zweck betrifft, will die Regel der Redemptoristen, daß sie auf die Heiligung des Volkes bedacht seien und vorzüglich des von Geistlichen am meisten verlassenen, wie deS auf dem Lande und in kleinen Ortschaften zerstreuten Volkes. In seinem Gesuch an Benedikt XIV. vom Jahre 1748 um apostolische Bestätigung seiner Kongregation spricht sich Liguori

über die Beweggründe zu seiner Stiftung aus') Alfons

von Liguori

„Der Priester

auS Neapel legt mit anderen Missions­

priestern, seinen Gefährten, welche unter dem Namen vom aller­ heiligsten Heilande vereinigt sind, Euer Heiligkeit folgende demütigste Bitte zu Füßen. Da besagter Priester als Mitglied der an der Kathedrale zu Neapel errichteten Kongregation der apostolischen Mssionen sich mehrere Jahre lang an den heiligen Missionen

8

Redemptoristen unb Protestanten.

beteiligt und dabei die Beobachtung gemacht hatte, daß sich in den ausgedehnten Ländern des Königreichs (Neapel) das arme Volk, besonders das Landvolk, in sehr großer geistiger Verlassenheit befinde, so hat er sich schon im Jahre 1732 unter der Leitung

des nunmehr verstorbenen Bischofs von Castellamare, Monsignor Falcoja, mit besagten Priestern, seinen Gefährten verbunden, in der Absicht, den Seelen der armen Landbeivohner, welche der geistlichen Pflege am meisten beraubt sind, durch Missionen, Unter­ weisungen und andere Uebungen zu Hilfe zu kommen. Oftmals

haben nämlich diese arnien Landleute nicht einmal einen Priester, der ihnen die Sakramente spendet und das Wort Gottes ver­

kündet, so daß wegen Mangels an Seelsorgern viele von ihnen auf das Totenbett kommen, ohne auch nur die notwendigsten Geheimnisse des Glaubens zu kennen. Denn Priester, welche sich eigens auf die geistliche Pflege jener armen Landleute verlegen, giebt es nur wenige, teils wegen der Unkosten, teils auch wegen der Beschwerden, welche mit dieser Art von Seelsorge verbunden sind. Aus diesem Grunde sind die Bittsteller seit jener Zeit in den verlassensten Gegenden und Ortschaften von sechs Provinzen des Königreichs umhergegangen und haben dem armen Volke durch heilige Missionen Beistand geleistet und zwar zu so allge­ meinem Nutzen, daß S. M. der König, nachdem er von der Sache Kenntnis erhalten und insbesondere von den Mühen, die man für die zahlreichen Hirten Apuliens aufgewendet hat, gehört hatte, durch mehrere königliche Dekrete einen Beitrag zur Erhaltung dieses heiligen Werkes anweisen ließ, wobei er dasselbe als ein für das allgemeine Wohl seines Reiches höchst ersprießliches Unter­ nehmen zu empfehlen geruhte*. Die Art und Weise, wie die Redemptoristen wirkten, berechtigt dazu, sie als eine mehr populäre, bäurische Abart des Jesuiten­ ordens zu charakterisieren und in der That verdankt die Kongregation

ihre Einführung in Tirol z. B. einer einfachen Dienstmagd, Katharina Mayer aus Serfaus, die die Redemptoristen in chr Heimatland einbürgerte 4).

Ueberblicken wir im ganzen den Geist, in dem die Redempto­ risten in ihren Volksmissionen zumal auf die niederen Schichten des Volkes einwirken, so stellt dieser sich dar als der eines ganz

Allgemeine Würdigung des Geiste« u. der Wirksamkeit der Redemptoristen.

9

extremen — fanatischen, zelotischen religiösen Ultramontanistnus, der Hand in Hand geht mit einer groben Materialisierung der

Religionsübung und einem Spekulieren auf die niedrigeren mensch­

Gefühle und Sinnesempfindungen.

lichen

Ultramontanismus

sind

natürlich

es

In der Sprache des

die

„wahrhaft

die da zur Geltung kommen,

Grundsätze",

die

kirchlichen

„höhere»

einen

religiösen Aufschwung, eine besondere Pflege des religiösen Sinnes", „Hebung der Sittlichkeit" bewirken.

Als der bayerische Kultusminister von Lutz

unter

dem 4.

September 1889 Doellinger um ein Gutachten darüber ersuchte, ob die Redemptoristen mit den Jesuiten in organischem Zusammen­

hang stehen, und demnach

gleich diesen

für staatsgefährlich an­

mußte er in den. Schreiben")

zusehen seien,

zugeben,

daß

die

Redemptoristen bei ihrem anfänglichen Auftreten in Bayern 1841 zu fanatisch und zu zelotisch waren und durch ihre übertriebene

Strenge die Gewissen beängstigten. sie hätten mit der Zeit viel

von

Er behauptet zwar ihrer

weiter,

ursprünglichen Schärfe

verloren, indeß ist davon in ihren religiösen Bildungsmitteln nichts zu

merken.

In Bayern

waren

also

1841

durch

den

König

Ludwig I, dessen Gewissensführer und Ratgeber als Kronprinz der

Redemptorist Hofbauer war, die Redemptoristen wieder zugelassen worden,

aber schon im Anfang des Jahres 1846 wurde in

der

Kammer der Reichsräte lebhaft über den Antrag des Reichsrates Fürsten von Wrede verhandelt"):

„Seine Majestät der König sei

zu bitten, daS Ministerium des Innern anzuweisen", „namentlich die Redemptoristen, welche wie nur zu allgemein bekannt, da wo sie sich bisher hervorthaten, durch ihre ganz absonderlichen Lehren

und

Tendenzen

die

Gemüter schwacher

und dem

Aberglauben

geneigter Geister tief beunruhigen» aus dem Lande zu entfernen

oder unschädlich zu sagte u. a.:

machen".

Der

Referent

„Trügen nicht alle Zeichen, so

über

den Antrag

beschäftigen

sie

(die

Redemptoristen) sich mit dem inneren Menschen nicht eben in edler

Weise.

Statt ihn emporzuheben auf

die Höhe

ächt

chrisllicher

Gesinnung und ächt christlicher Liebe, ziehen sie ihn herab in den

Pfuhl des grassesten Materialismus. Nach allem mir zugekommenen

lehren ihre

Kanzelreden

gegen die Unzucht züchtigen

Mädchen,

was sie nicht erfahren sollten, und zwar in solchem Grade, daß

10

Redemptoristen und Protestanten.

hier sMünchenj bei St. Ludwig hochkatholische Frauen sich ge­

zwungen sahen, mit ihren Töchtern während der Predigten die Kirche zu verlassen; erzeugt ihr Beichtstuhl häufige Ausbrüche

religiösen Wahnsinns, glühen ihre Anhänger von Haß gegen Nicht­ katholiken; bewachen von ihnen influenziert Dienstboten ihre Herr­ schaften, Kinder ihre Eltern, mit einem Wort, sät ihr Wirken wuchernde Saaten der Zwietracht". In seiner Antragsbegründung konnte der Antragsteller auf einen Erlaß des Ordinariats MünchenFreising Hinweisen, der viele und gewichtige Fälle zur Voraus­

setzung haben mußte, daß es in ihm hieß: „Es ist schon mehrmals der Fall vorgekommen, daß schwermütige und gewissensängstliche

Personen durch Anhören der Missionspredigten in noch tiefere selbst lebensgefährliche Aengstlichkeit und Melancholie verfallen sind" und daß auf Grund der lebensgefährlichen Folgen des Predigt­ besuches dieser solchen Personen durch die Seelsorgervorstände nicht gestattet werden sollte. Selbst ein Freund der Redemptoristen und Gegner des Antrags sagte: „Wenn, wie ich von glaub­ würdigen Zeugen vernahm, einzelne Missionsprediger es nicht verschmähten, die Lehre von den ewigen Belohnungen und Strafen mif eine zu sehr an das Materielle streifende Weise ihren Zu­ hörern vorzutragen, wenn ihren Schilderungen des Himmels und

der Hölle eine Auffassungsweise zu Grunde gelegt wurde, welche nicht selten an die Phantasiern des Korans erinnert; wenn namentlich bei der Mission in Pfatter die Wohnungen der Seligen

im Himmel mit Palästen verglichen wurden, gegen welche di« den Zuhörern gegenüberliegende Walhalla nur ein Kothaufen sei, so wird gewiß jeder gute Katholik es nur beklagen müssen, daß das reine Gold der Christuslehre, mit so unlauterem Zusatze ver­ sehen, statt in vollwichtiger Münze in blendende Schaupfennige

verprägt werde". Der Referent bezeichnete weiter die Redemptoristenmissionare als „Männer, welche sich das Volk a priori roh und begriffslos denken, Männer, welche das Paradies und die himmlischen Freuden mit den materiellsten Farben malen, durch ihre Schilderung der fleischlichen Sünden die jungfräuliche Wange röten". Ein Redner der wärmsten katholischen Richtung bezeichnete damals die

Redemptoristenmissionen als eine Roßkur.

Allgemeine Würdigung deS Geiste« u. der Wirksamkeit der Redemptoristen.

11

Diese aus der Praxis gewonnene Beurteilung — die Regeln der Redemptoristen lagen dem Antragsteller nicht vor — wird vollauf bekräftigt, wenn man sich den Text der Konstitutionen und Regeln der Redemptoristen etwas ansieht.

Die Konstitutionen er­

kennen ja ausdrücklich an, daß das Publikum der Missionen das

ungeblldete Landvolk ist, und die Mittel der Redemptoristenmissionen, die künstliche Erregung der Sinne, die Steigerung der Affekte sind auch durchaus der Bildungsstufe des

niederen Volkes

angepaßt,

sind darauf berechnet, in den wenig denk« und urteilsfähigen Zu­

hörern einen tiefen Eindruck auf kraß sinnliche Weise hervorzu­ bringen und festzuhalten.

Die Predigt soll durchaus dem Bedürfnis

des einfachen Volkes angepaßt sein, sie geschehe auf eine apostolische

Weise im einfachen und populären Stile, sie sei kräftig und wohl studiert, nicht aber künstlich gebaut und in schönen Perioden abgefaßt,

es sei ferner der Zweck der Predigten, sowohl Gelehrte als Unge­ lehrte zu befriedigen.

Der Effekt der Predigt darf durch kräftige

Allerdings sollten die Redemptoristen,

Mittel gesteigert werden.

zumal

in

gebildeten

und großen Orten, alle Weibersachen

und

lächerlichen Beweise vermeiden, auch war es ausdrücklich verboten,

Verwünschungen

auszustoßen,

den

und

Chorrock

die

Stola

wegzuwerfen, sich der Ketten oder eines anderen Instrumentes zum

Blutvergießen zu bedienen, Werg zu verbrennen, Asche auszustreuen u. s. w.

Jedoch war es immer — sagt die Konstitution weiter —

ein lobenswerter Gebrauch in unserer Versammlung, einen Toten­

schädel zu nehmen, sich mit einem Stricke zu schlagen, wenn man es

mit den»

Geiste

eines

wahren Eifers

und

nicht

bloß

als

Zeremonie thut; dann geschehe es aber im Verlauf der ganzen Mission wenigstens

zwei

unb nicht öfter als

viermal.

Ebenso

billigt man, daß man die Figur einer verdammten Seele hervor­ nehme und dem Volke zeige; ferner die Zeremonie mit der Pech­

fackel, jedoch ohne es nur zum Schein zu thun, vielmehr sage man aufrichtig, daß es nicht geschehe, um sich wehe zu thun,

sondern

zu zeigen, wie man denn immer in der Hölle brennen »volle, da man die Hand nicht kurze Zeit über einer Fackel halten

könne.

Ein Hauptmittel der Redemptoristen zur Bekehrung der Sünder war weniger die Verschaffung einer klaren Erkenntnis der Sünden als, was gerade beim ungebildeten Volke

gut wirken mußte, die

12

Redemptoristen und Protestanten.

Erregung der Furcht durch kräftige Hinweise auf den Finger GotteS,

der solche auffallend geschlagen, die sich bei der Mission nicht bekehren wollten und es ist ausdrücklich geboten, Geschichten von Personen vorzutragen, die schlecht gebeichtet haben und dann zu

Grunde gegangen sind. Der heilige Alphons von Liguori hat selbst „vollständige praktische Belehrungen über die Uebungen der Missionen" *) ge­

schrieben, die ausführlich behandeln, was in den Konstitutionen nur kurz erwähnt ist, in denen er auch vollständig ausgeführte Predigten für die Mission bietet.

Da findet man auch z. B. unter

den einzelnen Stücken der Mission eine Schilderung der „Er­ munterungen zur Bekehrung" (sentimenti di notte) wie die

Missionäre nächtlich aus der Kirche mit Lichtern und Kruzifixen ausziehen und unter freiem Himmel in kurzen Anreden das Volk zur Teilnahme an der Mission einladen und ermahnen; sie tragen, wie sie Liguori beschreibt, ganz den Charakter einer Spektakel­ komödie. Unter den Bußstrafen, die bei der Mission auferlegt werden, ist auch der Zungenstreif. Nämlich anstatt sich wie an den anderen Tagen zu geißeln, pflegt man an dem letzten Abend, da man den feierlichen Segen gibt, einen Streif mit der Zunge auf die Erde zu machen, was besonders für diejenigen sehr segens­ reich ist, welche die Gewohnheit haben zu fluchen und unanständige Reden zu führen. Der Zweck dieser Uebung ist kein anderer, als

daß Allen eine große Furcht eingeflößt werde vor den Sünden, die man mit der Zunge begeht. Bei der Predigt vom Tode pflegt man, wie schon aus den Konstitutionen erwähnt, vor dem Akt der Reue einen Totenkopf vorzuzeigen, wobei der Prediger den Totenkopf also anredet: Sage mir doch, wo befindet sich jetzt

deine Seele? Im Himmel oder in der Hölle? und in dem Tone geht es weiter. Bei der Predigt von der Hölle pflegt man das Bild eines Verdammten vorzuzeigen und es ist nach des heiligen Alphons Versicherung schon geschehen, daß einer der Zuhörer, der

bei allen anderen Predigten hartnäckig geblieben war, bei dem Anblick eines solchen Bildes gerührt und bekehrt wurde. Diese Abbfldung des Verdammten halte ein Missionär zehn bis zwölf Spannen hoch von der Erde empor, indeß zwei andere Missionäre mit zwei großen Pechfackeln sich davor hinstellen; dieselben müssen

Allgemeine Würdigung des Geistes u. der Wirksamkeit der Redemptoristen. 1S indeß Acht geben, daß sie die Fakeln niedrig und etwas entfernt

von dem Bilde halten,

denn sonst würde

dem Bilde nichts sehen

können.

man

von

vor Rauch gut, wenn

Auch ist es

eines

Abends alle Missionäre im Bußkleide, d. h. mit Asche bestreut und mit einem Strick um den Hals, einen Umgang halten und nachdem

sie prozessionsweise bei

der Hauptthür angekommen sind, mitten

in der Kirche Disziplin machen (sich geißeln). ragendsten

Einer der hervor­

österreichischen Redemptoristen P. Anton Huber hatte

beim Volk den Ruf, daß er den Beichtenden „die Hölle zeigen könne". Solche Mittel zur Hebung der Frömmigkeit und Erzielung

eines

höheren

Aufschwunges

der Seele

gewiß

berechtigen

zur

Bezeichnung der Mission als einer Roßkur. Sie sind übrigens auch

den deutschen Uebersehern der Werke Liguoris

als

für

deutsche

Katholiken doch etwas zu grobsinnlich und derb erschienen.

Darum

machen

sie

an

den

betreffenden

Stellen

der

Uebersetzung

An­

merkungen des Inhalts, daß diese verschiedenen Uebungen sich für nördlichere

Länder

natürlicherweise

Missionären in Frankreich,

Belgien,

nicht

eignen und

Holland

rc.

nicht

von

den

gehalten

werden, so ergreifend und nützlich sie in südlichen Ländern

sein

mögen, wo einerseits das Klima sie (die Ermunterungen bei Nacht)

den Missionären erleichtert, andererseits der heftige Charakter der Bewohner, wenn er im Bösen verhärtet ist, solche außerordentliche

Anregungsmittel erfordert.

Trotz dieser Intensität der Roßkur kam es aber doch offenbar

auch mit Rücksicht auf die Zahl

äußeren Akt als

der Teilnehmer

auf die innere Vertiefung an,

heilige Alphons vor,

der Missionär dürfe,

Zulauf zum Beichtstuhl sei, sich

mehr so

auf

den

schreibt der

besonders wenn viel

nicht zu lange damit aufhalten,

fromme Seelen über Dinge zu fragen und zu

belehren,

die

zur

größeren Vollkommenheit gehören, denn alsdann sei keine geeignete

Zeit hierzu, weil andere warten, um von ihrem elenden Stande ewiger Verdammung befreit zu werden.

Diese Missionen, die unter voller Aufhebung der pfarrlichen Thätigkeit, worauf die Redemptoristen bestanden, gehalten wurden,

mußten bei dem schlauen Spekulieren der Redemptoristen auf die niederen

Affekte

des

Sinnenmenschen

beim

niederen

Volke

zu

14

Redemptoristen und Protestanten.

fanatisch-exaltiertem Gemütszustand führen, der manchmal auch

zu thatsächlichem Wahnsinn ausartete. Auch sonst war es in ihren kirchlichen Verrichtungen ein

Charakteristikum der Redemptoristen, daß sie bei eigenem sorgfältigem Beobachten der geringsten Zeremonialvorschristen, der sog. Rubri­ ken, auf große Prachtentfaltung und Pomp zur Erzielung einer

tiefgehenden Wirkung auf die Sinne viel Wert legten. Sogar darüber finden sich — ein Beweis wie sorgfältig sie mit der sinnlichen Rezeptionsfähigkeit des einfachen Volkes rechneten — Vorschriften, daß die Kultusakte nicht zu lange dauern dürfen. Es ist erklärlich, daß zumal in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, da man auch in der katholischen Kirche noch über solche kirchliche Institutionen verschiedener Ansicht sein konnte, die Pflege des katholischen Christentums, wie es die Redemptoristen anschauten und betrieben, durchaus nicht den Beifall aller katholi­

schen Kreise hatte. Ueberall erhob sich gegen sie und ihre Art christlichen Geistes heftiger Widerspruch nicht nur im Volk, auch im Klerus und auch bei bischöflichen Konsistorien und Bischöfen. Die Redemptoristen klagen in ihrer Geschichte immer und immer wieder über die Feindschaft, die die „lauen" „nicht kirchlich ge­ sinnten" Katholiken der „energischen Durchführung der Reform" im Sinne der Redemptoristen entgegenbrachten. Ohne triftigen Grund wird wohl diese Opposition nicht an so vielen Stellen erfolgt sein. Ist aber die Beunruhigung gewisser katholischer Kreise durch die Wirksamkeit der Redemptoristen aus ihrer Geschichte

nachzuweisen, so darf das in viel höherem Maße der Fall sein bei Protestanten, die mit Katholiken gemeinsam leben und die an sich den Wert und die Art der Redemptoristenmissionen erfahren. Da erhebt sich also die Frage: ist der Geist und die Wirk­ samkeit der Redemptoristen derartig, daß thatsächlich die Protestanten das Recht haben, beunruhigt zu werden über die Beurteilung des Protestantismus, die die Redemptoristen dem katholischen Volke beibringen, sowie über die Versuche der Redemptoristen, Protestanten zu bekehren? Und ist wirklich ein Grund zu solcher Beunruhigung vorhanden, so (und das ist die logische Konsequenz) ist die Zulassung der Redemptoristen in konfessionell gemischte Gegenden nicht eine

Allgemeine Würdigung beS Geistes u. der Wirksamkeit der Redemptoristen.

1b

Kriegserklärung gegen den Protestantismus, eine Verletzung der Parität?

Man hat römischerseits im Jahre 1873, als es sich um die Ausweisung

der Redemptoristen

als Verwandter

der

Jesuiten

handelte, darauf hingewiesen, daß nach einer allerdings nicht in

der Regel des heiligen Alphons, sondern in deren späteren Aus­ gabe enthaltenen Vorschrift der Redemptoristen sie sich

politischer

Predigten gänzlich enthalten und „in polemischen die größte Vor­

sicht und Klugheit anwenden sollen". Hinsichtlich der Abfassung der Redemptoristenregel muß man sich vorhalten, daß die Kongregation gegründet und ihre Wirksam­ keit berechnet war auf ein ausschließlich

katholische Königreich

Neapel,

katholisches Land,

das

also in einer Gegend und unter

Umständen, wo von praktischer Agitation gegen den Protestantis­ mus schon deshalb keine Rede sein konnte, weil in größerer Zahl

gar keine Protestanten vorhanden waren. der

heilige

gegen

Alphons

jede Spur

protestantischer Irrlehre scharf vorging

Wir werden sehen, daß

von

einem Eindringen

und daß

er,

Kongregation in die konfessionell-gemischten Länder

sobald

die

des Nordens

übertragen wurde, gleich ihren Feldzugsplan änderte. Ehe wir

aber

in die nähere

quellenmäßige Untersuchung

eintreten, welches der Geist sei, in dem die Redemptoristen gegen­

über dem Protestantismus erzogen werden und welches die Früchte,

die daraus resultieren, müssen wir uns den Endzweck der Missionen Er ist die Wirksamkeit zur Ehre Gottes

kurz vor Augen halten. und zum Heil der Seelen.

Ehre Gottes ist aber für den Redemp­

toristen wie Jesuiten und jeden kirchlich korrekten Römisch-Katholiken

identisch mit der vollen Macht des Papstes.

Und

Seele besteht nach der Lehre der Redemptoristen,

ständig mit der vulgär die Seele katholisch

römischen Anschauung

sei oder werde.

das Heil die sich

deckt,

der voll­

darin,

daß

Der religiöse Grundbegriff,

der dabei römischerseits als Voraussetzung immer vorhanden ist, ist der, daß die Ketzer in ihrer Religion nicht selig werden können.

Für ihr Seelenheil zu arbeiten, ist also die Pflicht des katholischen

Christen insbesondere des Priesters und es heißt nichts anderes, als sie möglichst katholisch

311

machen.

Darin

liegt der

innere

Antrieb und die Begründung zu der intensiven Bekehrungsthätigkeit

16

Redemptoristen und Protestanten.

und Conversionsmanie, die den römischen Klerus und den korrekten Römisch-Katholiken auszeichnet. Wer auch nur einige Zeit mitten in katholischer, besonders Landbevölkerung, als Andersgläubiger in kleiner Minorität gelebt hat, der erfährt die praktische Tragweite dieser Bekehrungstheorie so oft und so verschiedenartig vom Kind bis zum Sterbenden, daß es für ihn gar keines theoretischen Beweises mehr bedarf, er erlebt es alle Tage und braucht es nicht aus den Büchern zu studieren. Wenn wir also die Frage prüfen, wie stehen die Redemp­

toristen in Theorie und Praxis gegenüber dem Protestantismus da, so dürfen wir uns durch die erwähnte Vorschrift, bei polemischen

Predigten recht behutsam vorzugehen, nicht irritieren und auf falsche Bahn leiten lassen. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, die sind wichtiger als Regeln, zumal diese eben auch nur da sind, um manchmal doch umgangen oder übertreten zu werden. Die Konstitutionen der Redemptoristen sagen ja selbst einmal an einer Stelle, man solle von der Regel wenigstens nicht in Gegenwart der Fremden abweichen. Der Herausgeber der Regel bemerkt zu einem anderen Punkt: „Aus folgenden Briefen seiner von ihm aufgefundenen und veröffentlichten Redemptoristenkorrespondenzj ersieht der Leser, wie wenig dieser Satz sdas Verbot, man solle nie in Nonnenklöster gehnj geachtet wurde. Ueberhaupt hat die

Konstitution der Liguorianer wohl das Loos aller übrigen Kon­ stitutionen geteilt, wenn sie lästig wurde, wußte man sie auf allerlei Weise zu umgehen" 8). In den bayerischen Reichsratsverhandlungen von 1846 sagte

der Referent über den erwähnten Antrag Wrede von den Redemp­ toristen : „Ostensibel halten sie sich den konfessionellen Fragen fern. Von Kontroverspredigten habe ich ihrerseits nichts vernommen", und ein anderer Redner meinte: „auf keinerlei Weise werden von ihnen (den Redemptoristen) die konfessionellen Unterscheidungslehren zum Gegenstand ihrer Kanzelvorträge gewählt". Aber derselbe

erstere Redner fügte hinzu: „ihre (der Redemptoristen) Anhänger glühen von Haß gegen Nichtkatholiken". In der Art, wie diese beiden Sätze geistig zu verbinden und ihr Inhalt zu vermitteln sei, werden wir die rechte Antwort finden auf die Frage, welches das

Verhältnis der Redemptoristen zu dem Protestantismus sei.

DrS heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus.

17

Festgestellt sei aber vor der näheren Begründung und Dar­ legung der Antwort auf diese Frage noch ein Wort des heiligen Alphons selbst in dem „Schreiben an einen neugewählten Bischof, worin von dein großeir geistlichen Nutzen gehandelt wird, der für's

Volk

aus

den heiligen Misssionen

entspringt"e).

Es

lautet:

„Endlich wissen wir, welche zahlreiche Bekehrungen in Ostindien und Japan durch den heiligen Franziskus Xaverius und in West­ indien durch den heiligen Ludwig Bertrand gewirkt worden sind.

Ich übergehe hier mit Stillschweigen, wie viel vom Unglauben und Irrglauben heimgesuchte Provinzen durch Missionäre

bekehrt worden sind, nur bemerke ich, daß der heilige Franz von Sales, als er nach Chablais gesandt routbe, daselbst an 72 000 Ketzer zur Kirche zurückführte". Und zur weiteren Stütze seiner Bemerkung weist er auf die Missionspriester des heiligen Vincenz von Paul, auf die Lazaristen hin, die den Kampf

gegen den Protestantismus stiftungsgemäß auf ihre Fahnen ge­ schrieben haben. Wie die Gründung des heiligen Alphons den Beifall des Lazaristensuperiors in Neapel hatte, so übernahmen

auch die Redeinptoristen regelgemäß Arbeiten der Lazaristen und gingen mit ihnen gemeinsam auf Missionen. Ueberhaupt dürfen wir annehnien» daß die Missionen der Lazaristen dem heiligen Alphons das Vorbild für seine Missionen waren.

Ars

II. heiligen Siphons von Liguori Lehre «brr Protestantismus.

den

Maßgebend für den Geist, in dem die Redemptoristen den» Protestantisnms gegenüber stehen, ist vor allem der Geist des heiligen Alphons selbst. Es unterliegt ja keinem Zweifel, daß,

wäre er auch nicht gut Würde eines Kirchenlehrers von Pius IX. erhoben worden, doch seine Werke das Hauptbildungsmittel für die Angehörigen seiner Schöpfung, der Versammlung des allerheiligsten Erlösers, wären. Und wie in anderen Sprachen — Leo XIII. selbst hat in feinem zweiten Regierungsjahr eine neue französische

Ausgabe feierlich belobt — so haben wir auch in der deutschen eine teilweise in mehreren Auflagen schon erschienene Ausgabe.

18

Redemptoristen und Protestanten.

In seinen moraltheologischen Lehren, um das nur kurz gut bemerken, ging der heilige Alphons schließlich den goldenen Mittel­ weg. Er schreibt darüber selbst im Jahre 1776 an seinen Ver­

leger Remondini: „Ich bin allerdings kein Rigorist, aber ich bim auch kein Probabilist. Ich gehe den Mittelweg. Ich werde vow Papst Benedikt XIV. selbst ein aequus autor, und ein anderes: Mal ein prudens autor genannt" 10).

In dogmatischer Hinsicht aber war er einer der eifrigsten: Verfechter des strengsten religiösen wie politischen Ultramontanismus„ mit der dogmatischen Ausbildung der Lehre wie sie spezifisch das Werk der Jesuiten und der von ihnen vertretenen Richtung in

der Kirche war. Er hat ja auch an vielen Stellen seiner Briefe seine große Hochachtung vor der Gesellschaft Jesu ausgesprochen

und beobachtete ihr« Geschichte und ihre Verfolgung mit reger Teil­ nahme. So war denn nichts natürlicher, als daß er in dogmatischer

Hinsicht ihre Lehre vertrat, wie er im Kultus ihre Neuheiten, Herz Jesu, Herz Mariä, häufige Kommunion und dergleichen mitmachte. Der ultramontan-jesuitischen Lehren sind es aber besonders zwei, die in unseren Tagen ihre dogmatische Formulierung und Fixierung gefunden haben. Die erste ist die Lehre von der un­

befleckten Empfängnis Mariä. Wer sich für die Ausbildung der Mariologie durch Alphons von Liguori interessiert, der braucht nur seine „Herrlichkeiten Mariä" durchzulesen, die selbst von streng katholischer Seite wegen ihrer albernen Geschichten mißbilligt wurden. Allerdings sind in den meisten deutschen Uebersetzungen die skandalösesten Stellen ausgelassen. Ueber manchen Briefen Liguoris findet sich neben anderen Einleitungsformeln auch die: „Es lebe das göttliche Kind Jesus und die unbefleckte Jungfrau Maria". Und in der zweiten Konstitution der Kongregation heißt es: „Die vorzüglichste Beschützerin wird die seligste Jungfrau

Maria unter dem Titel der unbefleckten Empfängnis sein, daher

wird ihr Fest von den Unserigen mit der größten Andacht und möglicher Pracht gefeiert werden und die Choristen werden nach

geendigter Theologie das Gelübde ablegen, die Lehre ihrer unbe­

fleckten Empfängnis zu verteidigen". Die andere Lehre ist die von der obersten Gewalt und Un­ fehlbarkeit des Papstes. Für chre Verteidigung gab er sich größte

DrS heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus.

19

„Wenn es sich um die höchste Gewalt des Papstes handelt, so bin ich bereit — sagt er — mein Leben hinzugeben um sie zu Mühe.

verteidigen; denn wird diese hinweggenommen, so behaupte ich, daß die Autorität der Kirche vernichtet ist". Die päpstliche Un­ fehlbarkeit galt ihm als der Grundstein, auf welchen die Kirche

gebaut ist, er selbst hat, wie er seinem Verleger Remondini schreibt „ein kleines Büchlein über die Jnfallibilität des Papstes" verfaßt. „Allein, da meine Kongregation von Uebelwollenden so sehr ver­ folgt wird, so trage ich Bedenken, dieses Merkchen zu veröffent­

lichen. Ich würde mir nur noch mehr Verfolgungen seitens der Tagesgelehrten zuziehen. Denn diese haben kein angelegentlicheres Geschäft, als die Beseitigung der päpstlichen Unfehlbarkeit. Und doch ist diese der Grundstein, auf welchen die Kirche gebaut ist,

gemäß den Worten Jesu Christi „auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen". Ist der Grundstein weggenommen, dann kann die Kirche sich nicht mehr halten.

Und diese Untergrabung wird

jetzt zum Schmerz aller wahren Gläubigen xersucht. Auch in meinem Werke „Wahrheit des Glaubens" habe ich vieles über die

Unfehlbarkeit des Papstes geschrieben. Allein in dem erwähnten kleinen Werkchen, das ich aus Furcht nicht an die Ocffentlichkeit gegeben habe, glaube ich diesen Punkt mit Evidenz bewiesen zu haben; besser als so viele andere es gethan haben")."

In diesen Lehren ganz aufgehend, war er ein streitbarer unermüdlicher Kämpfer gegen jede von ihnen abweichende Richtung. Er war nicht lässig, gegen die innerkatholische, gegen den Jesuitismus und seine Auswüchse in Lehre und Kultus gerichtete Bewegung, die man unter dem Namen Jansenismus begreift, eifrig seine Feder in den Dienst des heiligen Stuhls zu stellen und diese Ketzerei, wie auch den Febronianismus in eigenen Schriften zu widerlegen. Sein Biograph sagt zum Eingang des Kapitels über Liguoris Thätigkeit „wider Unglauben und jansenistisches Gift":

„wenn dem Heiligen die Reinheit der Sittenlehre am Herzen lag, so war das nicht minder mit der Festigkeit und Unversehrtheit

des Glaubens der Fall. Der Kampf wider Unglaube und Ketzerei hielt bei chm Schritt mit dem gegen Laxismus und Rigorismus" "). Auch praktisch suchte er seine Geistlichen und Gläubigen vor dem Gift jeder Ketzerei frei zu halten und „mit dem Verlangen,

20

Redemptoristen und Protestanten.

dem Volke die christliche Wahrheit beizubringen, stand die Sorge, alle Irrtümer von ihm ferne zu halten, in der engsten Verbindung. Bei der Nähe Neapels svon seinem Bischofssitz) wohin von Norden her ketzerische schismatische ganz- und halbverdächtige Schriften reichlichst eingeführt wurden, hatte er Grund zu fürchten und gegen

Irrlehren auf der Hut zu sein". Sein Biograph zeigt an einigen Fällen, wie weit in solchen Fragen seine Vorsicht ging. Seine dogmatische Lehrthätigkeit erkannte auch Pius IX. eigens an, als er 1871 in dem Breve zur Motivierung der Er­

hebung Liguoris zum Kirchenlehrer sagte: „das, was über die unbefleckte Empfängnis der Gottesgebärerin und über die Unfehlbar­ keit des ex cathedra redenden Papstes von uns (Pius IX.) definiert worden ist, findet sich in seinen Werken sehr klar dargelegt

«nd mit den kräftigsten Gründen erwiesen. Und die Uebereinstimnnmg der allgemeinen religiösen An­ schauungen des heiligen Alphons mit dem Handbuch des modernen Ultramontanismus, mit dem Syllabus von 1864, bekundete bei den Verhandlungen über Liguoris Erhebung zum Kirchenlehrer der Advokat der Redemptoristen: der heilige Alphons habe alle Hauptirrtümer, die im Syllabus verdammt worden seien, im voraus in seinen Schriften widerlegt und verdiene darum, der Lehrer unserer Zeit genannt zu werden'").

So läßt sich begreifen, welche Stellung Liguori gegenüber dem Protestantismus einnahm. Seiner Bekämpfung hat er in ganz besonderem Maße zwei dogmatische Werke gewidmet. Das eine führt den Titel: „Das heilige Concilium von Trient in seinen Entscheidungen gegen die Neuerer des sechzehnten Jahrhunderts" "). Als er 1769 dieses Werk dein Papste Klemens XIV. widmete, schrieb er ihm"), daß er das Buch herausgegeben habe „in der Absicht, die Wahrheit und Heiligkeit der Dogmen der katholischen Kirche vor den Augen aller klar hinzustellen, wie dieselben von

den: nie genug zu preisenden heiligen Concilium zu Trient gegen die Irrtümer der vorgeblichen Reformatoren definiert worden sind; der Reformatoren, sage ich, welche die alten Ketzereien wieder

erneuerten und sich daran machten,

durch ihre Trugschlüsse und

De» heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus.

21

Irrlehren den Glauben an Jesum Christum zu vernichten und (wenn sie es vermocht hätten) alle Seelen mit sich in die ewige Verdammnis zu ziehen". Das zweite Werk ist sein „Triumph der heiligen Kirche über alle Irrlehren oder Geschichte und Widerlegung der Häresien" "). Was er zumal in diesem Buche schreibt, ist nichts, als eine ganz im Geiste seiner Kongregation auf den ungebildetsten, einfältigsten borniert-fanatischen

Römisch-Katholiken berechnete Wiederholung und Sammlung ge­ meiner Beschimpfungen der Reformatoren und ihres Werkes. Aller

Koth, der gegen sie je geworfen wurde, wird von ihm aufgehoben und sorgfältig zusammengetragen, die Sprache, die er dabei führt,

ist durchaus gewöhnlich und für einen Kirchenlehrer, der durch diese seine Würde nach römischem Urteil einem heiligen Athanasius und Augustinus und anderen gleichgestellt ist, höchst vulgär und gemein. In seinem „Triumph der heiligen Kirche" beginnt er das

elfte Kapitel „Häresien des sechzehnten Jahrhunderts" ") mit den Worten: „Wir gehen jetzt auf das sechzehnte Jahrhundert über, in welchem der Abschaum aller früheren Häresien zu­ sammenfloß. Das Haupt der in diesem Jahrhundert sich erhebenden Irrlehre war der berüchtigte Luther". „Calvin adoptierte fast sämtliche Hauptirrtümer Luthers, der seinerseits fast alle Irrtümer der alten Häresien zu den feinigen gemacht hatte". Aus den folgenden Ausführungen seien einige hervorragende Stilblüthen als Muster der römischerseits so gepriesenen Wissenschaftlichkeit des heiligen Alphons angeführt: „Luther war sowohl im mündlichen

Vortrage als in seinen Schriften beredt, aber zugleich so roh und unzusammenhängend, daß man in seinen Büchern selten eine wohl­ geordnete Periode findet. Er war übrigens so aufgeblasen, daß er die berühmtesten Kirchenschriftsteller verachtete und sich rühmte,

daß er allein die wahre Wissenschaft besitze, auch maßte er sich an, die Lehre des heiligen Thomas, der bei den Vätern des Concils von Trient in so hohem Ansehen stand, widerlegen zu

wollen".

„Vom Jahre 1621 bis zu seinem Tode 1646 hat er

in seinen Schriften alle alten Ketzereien wieder erneuert, so daß Cochläus in Bezug auf ihn sagt: „Er beschmutzte alles Heilige". Wie sein Leben,

so war auch sein Tod,

nachdem er noch kurz

Redemptoristen und Protestanten.

22

zuvor einer reichlichen Tafel beigewohnt und wie gewöhnlich ge­ schimpft und gescherzt hatte . . .

gab er seinen Geist auf, um

den Lohn für so viele Lästerungen gegen den heiligen Glauben zu empfangen und Rechenschaft für so viele tausend Seelen abzulegen,

die er mit sich ins ewige Verderben gezogen hat.

Sein Leichnam

ward in einen zinnernen Sarg gelegt und gleichsam im Triumph

auf

Verlangen

geführt

des

Kurfürsten von Sachsen

ihm folgte in

Wagen

einem

sein

Wittenberg

nach

vermeintliches

Eheweib Catharina". Calvin kommt natürlich nicht besser iveg „Er war mit fast

allen Lastern behaftet, besonders aber dem Neide, dem Zorn, dein Hasse und der Rache ergeben, weshalb ihn sein Freund Bucer in

einem freundschaftlichen Briefe (um ihn zu bessern) eine» wütenden

Hund und einen Schriftsteller nannte, der sehr geneigt sei, von

Jedermann Böses zu sagen.

In Bezug auf das Laster der Un­

zucht wird behauptet, daß er wenigstens in seiner Jugend dem­

selben ergeben gewesen sei, da Spondanus berichtet, daß er eines schändliches Lasters angeklagt worden und Bolsek in seiner Lebens­ geschichte Calvins erzählt, daß derselbe zu Noyon wegen dieses

schändlichen Lasters zum Tode verurteilt worden und daß diese

Strafe nur durch die Vermittlung des dortigen Bischofs in Brand-

glühenden Eisen abgeändert worden.

markung mit einem

Gotti

berichtet auch noch, daß als Calvin in Angoulßme war und dort int Griechischen Unterricht gab,

er neuerdings wegen desselben

Lasters verurteilt ward, nachdent die von ihm verführten Knaben

Das sind also die Tugenden der angebliche»

ihn verklagt hatten.

Kirchenreformatoren".

„Endlich erschien für

den

unglücklichen

Calvin der Tag der göttlichen Rache, da derselbe im Jahre 1664 am 26. Mai zu Genf starb.

Beza berichtet, daß er ruhig ent­

schlummert sei, Bolsek dagegen, daß er vor seinem Tod den Teufel angerufen und sowohl sein Leben, als

seine Studien und feint

Schriften verflucht und verabscheut habe, während aus den Wunden seines Leibes ein unerträglicher Gestank hervordrang.

An jenem

Tage mußte also Calvin vor seinem Richter Jesus Christus er­ scheinen, um demselben für so viele durch ihn ins ewige Verderben

gestürzte Seelen Rechenschaft abzulegen". Auf

welche

Art Liguori

die Protestanten

bekämpft uni

Des heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus. widerlegt wissen

23

will, zeigen folgende Stellen, die zugleich ein

sprechendes Zeugnis sind

für seine Geschichtsauffassung.

„Im

Jahre 1572 erfolgte am St. Bartholomäustage eine große Schlacht, wo unter den Calvinisten eine unermeßliche Niederlage angerichtet

wurde.

Im Ganzen beziffert sich nach der Berechnung der Schrift­

steller die Zahl der in diesem Kriege gefallenen Calvinisten auf

hunderttausend, ein schöner Triumph der Hölle zur Zeit, wo Calvin in derselben

nommen.

bereits

seinen Platz

einge­

Es verübten aber auch damals die Hugenotten un­

glaubliche Greuel an Kirchen, an Priestern, an heiligen Bildern, insbesondere an der allerheiligsten Eucharissie.

Ewiges Lob gebührt

aber Ludwig XIV., der zuerst durch den Mund der Prediger diese

fluchwürdige

Sekte der

Calvinisten

niederzuwerfen bemüht

war und sie dann' mit solcher Strenge bestrafte, daß Viele zum katholischen Glauben zurücktehrten und die

halsstarrigen das Land verließen.

Auf Grund dessen richtete an

ihn Jnnocenz XI. im Jahre 1685 ein Gratulationsschreiben, in

welchen« er seinem Eifer großes Lob spendete".

Es ist dabei

bemerkenswert, daß die fettgedruckten Stellen dieses Satzes in der alten Ausgabe fehlen und erst in der neuen von 1884 nach dem Original hinzugefügt sind.

Dem deutschen Uebersetzer der ersten Auflage (Hugues C.

88. R.) schienen

auch

an

einer

anderen Stelle die

Roheiten

Liguoris gegen Luther offenbar eine zu starke Kost für die Ohren

der deutschen Katholiken,

darum milderte er den Wortlaut und

schrieb nur „Martin Luther ward im Jahre 1483

in Sachsen von Eltern niedern Standes geboren. frühern Jugend

zu Eisleben

Schon in seiner

spielt der Teufel in seinem Leben eine große

Rolle und Luther selbst schämte sich nicht, in einer Predigt ans

Volk zu gestehen, daß er in großer Vertraulichkeit mit demselben gelebt und daß er mit ihm mehr als einen Schäffel Salz gegessen

habe".

Man muß sagen Hugues schrieb „nur" so über Luther,

denn in der zweiten Ausgabe 1884 — und das ist sicher auch

ein Ausfluß des immer kecker sein Haupt erhebenden Ultramontanismus und seiner

gewaltsamen

Verschärfung

der

konfessionellen

Gegensätze — schreibt der Verfasser nach dem Originaltext

Liguoris:

„Martin Luther wurde im Jahre 1483 zu Eisleben

24

Redemptoristen und Protestanten.

in Sachsen von Eltern niedern Standes geboren.

Cs ging, schreibt

Kardinal Gotti, das Gerücht, der Teufel sei als Trödler verkleidet

in Luther's väterlichem Hause ausgenommen worden und habe mit dessen Mutter Umgang gehabt, welche so diese unheilvolle Frucht empfangen. Es scheint dies, nach demselben Autor, Erasmus in einem seiner Briefe wenngleich nur dunkel anzudeuten. Uebrigens errötete Luther selbst nicht, in einer Predigt vor dem Volke zu

erklären, daß er mit dem Teufel auf vertrautem Fuße stehe und mit ihm mehr als einen Scheffel Salz gegessen habe".

Gleichfalls

in der ersten Auflage ausgelassen, dagegen in der zweiten enthalten, ist folgender Satz Liguoris: „Uebrigens war Luther, wenn nicht

Sohn, doch wenigstens Freund des Bösen, da er ihn» eine große Zahl Seelen in die Hölle zuführte". In seiner Polemik, wenn man solche Roheiten überhaupt noch Polemik nennen darf, zeichnet sich der heilige Alphons auch durch das widerliche Moment aus, das allerdings auch anderen römischen Kontroversschriftstellern bis zu Leo XIII. selbst hinauf gleichfalls eigen ist"), daß er alle sittlichen Verdächtigungen auf den Protestanten häuft und ihn beschuldigt» daß er mit seiner Reformation und seiner Religion nur den Lüsten und Leiden» schäften des Sinnenmenschen dienen wolle und sich deshalb von der römischen Kirche und ihrer Zucht in ihren Geboten frei ge­ macht habe.

So verheerte Luther nach Liguori einen großen Teil

Europas") „da er den Völkern eine Religion beibrachte, die um so gefährlicher war, je mehr sie der Sinnenfreiheit schmeichelte". „Wenn irgend eine religiöse Genossenschaft sich bis heute zahlreich erhalten hat, z. B. die der Muhammedaner, der Lutheraner und Calvinisten, so erkennt Jedermann leicht, daß nicht die Liebe zur Wahrheit, sondern entweder die Unwissenheit oder die Sittenlosigkeit

des Volkes sie aufrecht erhielt".

„Alles Unheil hat bei den Un­

gläubigen seine Quelle in der Verdorbenheit des Herzens, das an den elenden Gütern dieser Erde hängt. Die Krankheit des Herzens erzeugt auch Krankheit des Verstandes» umnachtet diesen und führt auf diese Weise so viele Unglückliche in ihr ewiges Verderben.

Wären sie bedacht, das Herz durch Reinigung von Lastern zu heilen, so würden sie gewiß das Licht empfangen, welches sie die Notwendigkeit erkennen ließe, der Kirche, in welcher allein das Heil zu finden ist, sich anzuschließen.

DtS heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus.

25

Aus der Menge ähnlicher zu Gebote stehenden Äußerungen

Liguoris soll nur noch eine angeführt sein, wo er von der Refor­ mation auSruft20): „Das ist die schöne „verbesserte" Religion, eine Religion, die den Menschen in ein höllisches Ungeheuer verwandelt

hat, indem sie ihn von jeden, Gesetz entband und ihm die Freiheit

verstattete, sich allen auch den enormsten Lastern zu ergeben, wenn er nur den Glauben nicht aufgiebt".

„Mögen darum Luther und

Calvin aufhören sich der großen Zahl der Anhänger ihrer Lehre

zu rühmen! Hätten sie Fasten, Buße, Keuschheit, Losschälung von

zeitlichen Gütern,

Verleugnung der Eigenliebe gepredigt,

dann

wäre es in der That ein großes Wunder gewesen, daß sie so viele Anhänger gefunden haben, wie dies in Wahrheit ein Wunder war welche von so vielen verkündet und ange-

bei unserer Religion, noinmen ward.

Da sie aber Freiheit der Sinne und Abschaffung

jeder Art Abtötung und jeglichen Gehorsams gegen

die Gesetze

und gegen die Vorgesetzten gepredigt haben, so wäre es ein Wunder, wenn sie nicht viele,

hätten". Verlangen

sondern nur

wenige Anhänger gefunden

„Der Hoffart, der Ungebundenheit und auch dem gierigen nach

den

Kirchengütern

zusammen

Sekten Luthers, Zwinglis und Calvins.

entstammen

die

Diese sagten sich empöre­

rischer Weise von der Kirche los, suchten die Keuschheit, den Ge­ horsam und alle übrigen christlichen Tugenden abzuschaffen und

ließen dagegen jedem Laster die Zügel schießen, indem sie behaupteten, unsere Sünden könnten nicht hindern, daß Gottes Barmherzigkeit

uns selig mache.

Das ist der

Grund,

warum diese

gottlosen

Lehrmeister des Irrtums einen so großen Anhang von Unglück­

lichen fanden, welche um frei von den Zügeln des Gesetzes nach Laune und Neigung leben zu können,

vom wahren

Glauben

abfielen". Auf dieses Werk „Triumph der Kirche über die Irrlehren", also auch auf die darin enthaltenen Beschimpfungen und Gemein­

heiten gegenüber dem Protestantismus, war aber der heilige Alphons sehr stolz.

Seine Briefe aus dem Jahre 177221) bekunden das

und offenbaren

an

ihm ein hohes

Maß

von Autoreneitelkeit.

„Das Werk hat mich große und jahrelange Mühe gekostet und ich

hoffe, daß es dem Publikum von großem Nutzen sein wird" unb er ist überzeugt, daß es „sicher gefallen wird".

Es ist ihm auch

26

Redemptoristen und Protestanten.

bei einem anderen Buche ein Zeichen, daß es Nutzen stiften werde,

„da der böse Feind sich so viele Mühe gegeben hat, um

dessen

Erscheinen zu verhindern. Und noch größere Anstrengungen fürchte ich, wird er machen, um das mit großer Mühe zustande

gebrachte, aber auch sehr nützliche Werk zu verhindern, an das ich jetzt die letzte Hand lege: „Die Geschichte der Häresien und deren Widerlegung"". Allerdings fand sein Eigenlob des Werkes bei dem königlichen Revisor keinen Widerhall und der Heilige beklagte sich bitter bei dem kirchlichen Revisor über des ersten Urteil. Dieses aber ist eine so treffende Charakteristik der Wissen­

schaftlichkeit und Methode Liguoris, daß sie ausführlich angeführt zu werden verdient. „Wenn er — der königliche Revisor meint Liguori — sagt, ich habe mich nicht kritischer Autoren bedient,

so ist das so viel als sagen, ich habe geschrieben, was ich so von ungefähr gefunden und habe aus jedem Riemen Leder geschnitten. Die Behauptung: ich habe mehr zu bekehren als zu überzeugen

gesucht, konimt auf dasselbe hinaus wie zu sagen: ich habe als Betbruder und nicht als Theologe gesprochen und meine Gründe bewiesen wenig und meine Worte seien mehr vom Herzen als vom Verstand eingegeben. Das heißt in der That das Werk beschimpfen, denn diese Worte besagen nichts anderes, als daß ich geschrieben habe, wie ein dummer Mensch. Ich getraue mich nicht, das Werk mit einer solchen Beschimpfung an das Licht treten zu lassen". Thatsächlich erbettelte sich denn auch Liguori eine günstigere

Zensur seines Lieblingswerkes. Sehr bezeichnend ist der Schluß dieses Briefes. „Ich habe das Buch nicht zu meinem Lobe, sondern zur Verherrlichung

Gottes geschrieben. Aber welche Verherrlichung für Gott wäre es, wenn das Buch mit einem solchen schlechten Leumundszeugnis seitens des Revisors in die Welt hinausginge. Aber da giebt es einmal kein anderes Mittel. Wer etwas drucken lassen will, muß sich darauf gefaßt machen, vor Ärger zu bersten. Hätte ich das

Buch nicht für die Ehre Gottes, sondern zu meiner Verherrlichung drucken lassen, dann wäre es für mich zum Verzweifeln". Also das Schimpfen über den Protestantismus gehört bei ihm zur Ver­ herrlichung Gottes; der Rückschluß liegt nahe, wie ein solcher

Mann praktisch in kirchlicher Arbeit für die Ehre Gottes sorgt.

Des heiligen AlphonS Lehre über den Protestantismus.

27

Co wird Liguori denn auch mit Recht in der Litanei zn ihm avgerufen: heiliger Alphonsus, gehorsamer Eiferer für den

heiligen Stuhl, heiliger Alphonsus, Verteidiger des katholischen Glaubers, heiliger Alphonsus, der du nach dem Heil der Seelen gedürstet hast, heiliger Alphonsus, Bekämpfer der Irrlehren, bitt für uni. Dollen wir aber die Bedeutung

dieser Würdigung

des

Protestrntismus durch den heiligen Alphons in ihrer ganzen Trag­ weite für unsere heutigen konfessionellen Verhältnisse in Betracht ziehen, so müssen wir un§ erinnern, daß bereits Gregor XVI.

bei der Heiligsprechung Liguoris die Vorzüglichkeit seiner Lehre anerkannt und betont hatte, seine Werke könnten ohne Anstoß von den Gläubigen gelesen werden. Und als Pius IX. auf das im Jahre 1867 an ihn gestellte Ansuchen mit Dekret der Riten­ kongregation vom 23. März 1871 den heiligen Alphons zur Würde eines Kirchenlehrers erhob, da erkannte er an, daß Alphons „einzig und allein auf die Ehre Gottes und das geistliche Wohl der Mmschen bedacht, sehr viele Bücher voll heiliger Gelehrsamkeit und Frömmigkeit geschrieben, um die Wahrheit der katholischen Religion darzuthun und sie gegen alle Arten von Ketzereien zu verteidigen, um die Rechte des katholischen Stuhls zu wahren und

in den Herzen der Gläubigen die Frömmigkeit zu wecken". Sicherlich waren auch diese polemischen Werke Liguoris mit einbegriffen als Pius IX. weiter dekretierte: „Außerdem wollen und verordnen wir, daß seine Bücher, Kommentare, Abhandlungen und alle seine sonstigen Schriften gleich denen der anderen Kirchenlehrer nicht nur privatim, sondern auch öffentlich an den Gymnasien, Akademien, Schulen, Kollegien, bei Vorlesungen, Disputationen, Schriftauslegungen, Predigten, Konferenzen, sowie bei allen kirch­ lichen Studien und christlichen Uebungen zitiert und, wie es den Umständen angemessen ist, verwendet werden". Leo XIII. hat am 28. August 1879 dieses Urteil über den heiligen Alphons feierlich approbiert und auch eigens hervorgehoben, daß Liguori

durch seine Geschichte der Häresien alle Häresien scharf bekämpft habe. Daraus ergibt sich das Resultat, daß die angeführten

Roheiten und Gemeinheiten gegen den Protestantismus von dem „Friedenspapst" Leo XIII., der so sehr um die Einheit der

28

Redemptoristen und Protestanten.

Christenheit besorgt ist, feierlich als die offiziell giltige römischkatholische Bewertung und Beurteilung der Reformation, als der

korrekte Ausdruck des Glaubens der gegenwärtigen römischen Kirche und ihrer Stellung zum Protestantismus angesehen und anerkannt werden. Es ist das eine Thatsache, die man sich evangelischerseits wohl vorhalten darf, wenn man von der „Schwesterkirche" redet und von der gemeinsamen Arbeit, die die positiv gläubigen Clemente mit dem Ultramontanismus, d. h. der römischen Kirche

haben und von den gemeinsamen Idealen, die sie beleben und verbinden sollten.

m. Ars seligen Clemens Maria Hofbauer protrstantenfeind-

liche Wirksamkeit. Das war der Geist, in dem der heilige Alphons Über die Protestanten urteilte, das ist der Geist, in dem seit seiner Zeit

seine Jünger unterrichtet werden, das ist der Geist, in dem sie handelten. Wie schon erwähnt, hatte Liguori, da er in einem katholischen

Land lebte, keine Gelegenheit, seine antiprotestantische Theorie in die Praxis umzusetzen, etwa in einer Weise, wie er es an Ludwig XIV. gelobt hatte. Aber der Samen, den er ausgestreut, trug reiche Früchte. Seine Schüler hatten reichlich Gelegenheit, die Lehren des heiligen Alphons praktisch zu verwerten. Liguori selbst erlebte es noch und begrüßte es mit Freuden, daß das in den nördlichen Ländern geschah. Der größte Jünger des heiligen Alphons, „gewissermaßen der zweite Gründer der Kongregation", ist der selige Clemens Maria Hofbauer, geb. 1761 in Mähren, gestorb. 1820 in Wien. Nach einem längere Zeit hindurch geführten beschaulichen Einsiedler­ leben ward er 1784 in Rom in die Redemptoristenkongregation ausgenommen. Sein Wunsch, die Kongregation in die nördlichen

Länder zu verpflanzen, ging unter Liguoris ausdrücklicher Gut­ heißung in Erfüllung, und für seine großen Verdienste wurde er

1793 vom Generaloberen der Kongregation zum Generalvikar

DeS seligen Clemens Maria Hofbauer protestantenfeindliche Wirksamkeit. 29 diesseits der Alpen ernannt.

Von 1787—1808 wirkte er mit

seinen Genossen in fder Seelsorge der

deutschen Katholiken in

Warschau in der Kirche St. Benno, von der die Redemptoristen den Namen Bennoniten erhielten.

Im Jahre 1808 aus Warschau

von der preußischen Regierung ausgewiesen und unter militärischer Eskorte nach der Festung Küstrin gebracht, kam von da Hofbauer

nach Wien und entfaltete in den folgenden 12 Jahren eine unge­ mein reiche Thätigkeit für die Kräftigung und Ausbreitung seiner

Kongregation.

Seinen Wunsch indeß,

die Kongregation staatlich

anerkannt zu sehen, erlebte er nicht mehr, vierzig Tag nach seinem Tode rourbe er vom Kaiser erfüllt.

Sein Biograph **) sagt von ihm: „Der ehrwürdige?. Clemens

Maria Hofbauer war von Gott berufen, das Werk des heiligen Alphons Maria von Liguori fortzusetzen, die Kongregation des

allerheiligsten Erlösers in den nördlichen Ländern jit verbreiten Zwei Jahre vor dem Tode des heiligen Alphons

und zu befestigen. begann

er

seine

apostolische Thätigkeit.

Während

der heilige

Alphons die schlechten Grundsätze seiner Zeit, die Prinzipien der Revolution in zahlreichen Schriften bekämpfte und dann gerade

vor dem Ausbruch der französischen Revolution 1787 starb, die

Thätigkeit

des

P. Hofbauer

mitten

in

die

Stürme

fällt

der

Revolution: er sah den Untergang des Königtums in Frankreich,

den Aufbau und Untergang Untergang von Polen,

des

französischen Kaiserreichs, den

das Ende des römischen Kaisertums und

nebenbei die kirchlichen Umwälzungen in Deutschland und anderSwo. Bei allen diesen Stürmen stand P. Hofbauer fest wie eine Marmor­

säule, wie eine Leuchte in der Finsternis". Kirche,

„Er erglänzte in der

in» Tempel Gottes gleich einem Morgenstern, gleich der

Sonne am Mittag, auch er ist hindurchgegangen durch eine düstere

finstere Zeit, die sich ganz mit Unrecht eine Zeit des Lichtes und der

Aufklärung

nannte,

in Wahrheit

Gleich dem heiligen Alphons

aber

hat unser

Irrlichtern

folgte.

ehrwürdiger Clemens

unermüdlich den Glauben gepredigt, die Irrlehre bekämpft, die heilige Kirche, ihre Rechte und Freiheiten verteidigt und dafür die

schwersten Leiden erduldet". Im Allgemeinen gefaßt, war der Geist, in dem Hofbauer

wirkte, der des modernen extremen Ultramontanismus, der gegen

30

Redemptoristen und Protestanten.

jede andere Richtung innerhalb der katholischen Kirche ankämpfte,

der in Wien besonders gegen den Josephinismus einen Kampf

auf Leben und Tod führte. Jesuitischerseits ist ihm dafür auch ein gutes Zeugnis ausgestellt worden^). „Als Prediger und Katechet, als Beichtvater und Gewissensrat, war er in dieser kirchenfeindlichen und glaubenslosen Periode der Mittelpunkt alles echt katholischen Lebens in der Kaiserstadt Wien. Aehnlich wie

mehr als zwei Jahrhunderte früher in der so kritischen Zeit der Glaubensspaltung der selige Petrus Canisius Wien und die öster­ reichischen Lande sowie einen großen Teil des übrigen Deutschlands vor den, völligen Abfall vom katholischen Glauben bewahrt hat, so hat im Beginn dieses Jahrhunderts der selige Clemens Hof­ bauer in der Kaiserstadt und in dem Kaiserstaat die Wiederbelebung katholischer Ideen und katholischen Lebens angebahnt". Die religiösen Anschauungen wurden von ihm und seinen Schülern einerseits exaltiert überspannt, z. B. ging er in der

Stadt wie auf dem Land, im Sommer wie im Winter, immer ohne Hut, bloß mit einer schwarzen Haube bedeckt und that dies,

um die Gegenwart Gottes, deren er immer eingedenk war, und die heiligen Schutzengel zu ehren. Unterstützt wurde diese Gemüts­ richtung durch einen äußerlich glänzenden, auf die Empfänglichkeit der Sinne berechneten Gottesdienst und allerhand fromme Andachts­ übungen. Andererseits ging mit dieser Ueberspanntheit eine mechanisch-schablonenmäßige Frömmigkeit Hand in Hand. Dazu gesellte sich bei ihm wie bei seinen Schülern ein überaus großer Hochmut auf die Vollkommenheit des katholische« Glaubens, wie sie ihn auffaßten und predigten, „o mein Erlöser — heißt es in einem Gebet, das er, wenn nicht verfaßt, wenigstens viel hat drucken und verbreiten lassen — sollte denn der schreckliche Zeitpunkt herangerückt sein, wo du kaum noch einige Christen findest, welche von dem Geiste des Glaubens belebt sind?" Und auf die Vor­ haltung, er predige zu streng, antwortete er, „man muß streng predigen, die Religion ist so verfallen". Er und seine

Schüler überhoben sich geistig und schauten herab auf die lauen

und schlechten Katholiken, Geistliche und Laien, die nicht auf ihrer Seite standen und nicht ihren kirchlichen Grundsätzen huldigten.

Des seligen Clemens Maria Hofbauer protestantenfeindliche Wirksamkeit. 31 Ms der König von Bayern 1807 die Redemptoristen aus

seinem Lande

entfernen ließ,

stellte die

Regierung ihnen das

Zeugnis aus, ihre Predigten seien dem milden Geist des Christen­

tums zuwider und in der That ist Hofbauers Leben ein stetes

Wirken für die Geltendmachung eines sprach

und

gegen den

schrieb

unduldsamen

fanatischen,

Geistes gegenüber jedem Andersdenkenden.

Der heilige Alphons

sogenaimten

Jansenismus

und

Febronianismus, in seinem Geiste haßte Hofbauer alles, was zu

seiner Zeit eine mildere, versöhnlichere Richtung des Katholizismus

auch in seinem Verhältnis zum Protestantismus vertrat.

Und das

war vor allem verkörpert in zwei Männern, in Wessenberg und Sailer.

Mit ersteren: geriet Hofbauer, so

lange er in der Diözese

Konstanz, die Wessenberg als Generalvikar Dalbergs verwaltete,

in Triberg wirkte, manchmal in bezeichnend

Konflikt.

Nichts

ist aber

so

für die ultramontan-zelotische Gesinnung Hofbauers,

als sein Urteil über Sailer, den Vertreter des Katholizisnnis, der

auch

dem Protestantismus jener

Hochachtung abnötigt.

und auch

unserer Tage noch

Von seinem Besuch bei Sailer im Jahre

1797 meldet Hofbauer selbst, er sei nur eine halbe Stunde bei Sailer gewesen, denn er habe Furcht gehabt, länger bei ihm zu

sein, da er von seinen Schülern Dinge vernahm, die ihn mit

Abscheu erfüllten.

Aber mit der Hilfe Gottes und der

größten

Vorsicht habe er die göttliche Gnade des wahren Glaubens bewahrt

und die Gefahr gemieden.

Er warnte Andere vor der Lektüre

der Schriften Sailers und verschmähte es nicht, dessen Lehren in Rom zu denunzieren.

Was Hofbauer aber Sailer an»

meisten

übelnahm — und darin zeigt sich so recht der Unterschied zwischen dem Katholizismus Sailers und Hofbauers — war, daß Sailer

keine Protestanten zum Katholizismus bekehrte.

„Wie P. Madlener

erzählte, beklagte sich P. Hofbauer oft darüber, daß Sailer keine

Protestanten zum katholischen Glauben bekehrte, da er doch mit

so vielen und gelehrten wie ungelehrten Männern in. den freund­ lichsten Beziehungen stand und hohes Ansehen genoß.

Dem Diener

Gottes (Hofbauer) fiel dies um so schwerer, weil er selbst ein

brennendes Verlangen trug, alle Irrgläubigen zu bekehren und

deshalb alle Gelegenheiten, die sich ihm darboten, sehr gutem Erfolg benützte" M).

mit Eifer und

32

Redemptoristen und Protestanten.

Die Bekehrung

der Protestanten war das Lebenselenient

Hofbauers, darin hat er als würdiger Jünger Liguoris dessen Theorie in die Praxis umgesetzt. Der heilige Alphons hat selbst auf die Kunde, daß Hofbauer und ein Freund in die Kongregation eingetreten seien und beabsichtigten sie nach Norden zu verpflanze», gesagt: „Gott wird nicht ermangeln, durch diese zwei Deutschen

seine Ehre in jenen Ländern zu verbreiten.

Dort werden sie die

Missionen aber anders halten müssen als hier, denn inmitten von Lutheranern und Calvinisten nützen katechetische Unterweisungen

mehr als Predigten. Man muß zuerst den Glauben lehren, dann das Volk bewegen, von der Sünde zu lassen. Viel Gutes können diese guten Jünglinge wirken, wenn sie einmal Priester sind, allein sie bedürfen größerer Erleuchtung" M).

Hofbauer hat auch vollführt, was der heilige Alphons von

ihm erwartet hatte. Um das genauer kennen zu lernen, brauchen wir nur ganz objektiv das Zeugnis seiner Biographie anzuführen *°). Kaun» war er nach Warschau gekonnnen und wirkte bei St. Benno, als von den protestantischen Preußen eilte große Zahl durch ihn die Gnade der Bekehrung zur Kirche fand. Nach und nach kamen, durch Hofbauers Predigtet» und die schöne Musik angezogen, so viele, daß er ein eigenes Lokal für ihren Unterricht bestimmen mußte, da die zur Besprechung mit Fremden dienenden

Ränmlichkeiten dazu nicht mehr ausreichten. Jeden Monat legten »nehrere das katholische Glaubensbekenntnis ab. In» Herbst 1795 schrieb Hofbauer selbst: „Unsere Patres scheinen beim Volk großes Zutrauen gewönnet» zu haben, denn selbst viel Lutheraner fotnnien aus weiter Ferne zu ihnen. Sie bringen ihre Kranken mit und bitten inständig, daß ihnen die Väter die Hände auflegen und sie segnen möchten". Indeß erschien diese Thätigkeit Vielen als Uebertreibung und unkluger Eifer unb cs scheint, daß Hofbauer vom Generaloberen der Kongregation selbst Vorstellungen gemacht mürben. Denn er rechtfertigt sich in einem Schreiben, in dem auch der bezeichneitde Satz vorkommt: „Da die Einwohner von Warschau verschiedenen Nationen und verschiedene»» Gla»»be»»sbekenntnissen angehören, tnnß inan für alle besondere Arbeiten auf sich nehmen".

Selbst der frühere Nuntius in Warschau verteidigte Hofbauer gegen seinen Generaloberen wider den Vorwurf der Uebertreibung und

DeS seligen Clemens Maria Hofbauer protestantenfeindliche Wirksamkeit. 33 des unklugen Eifers.

Auch nach den deutschen Ländern erstreckte

Hofbauer von Warschau aus seine Wirksamkeit, und schon 1796

schrieb er: „überall fehlt es am Glauben und die Feinde der Kirche

geben sich alle Mühe, Irrlehren auszusäen, da sie es ungestraft thun können".

Bei seiner Bekehrungsthätigkeit bediente er sich

gerne der Schriften des

heiligen Alphons,

die

er unentgeltlich

verteilte und „den durch die Spitzfindigkeiten des neuen Unglaubens

und der Heuchelei der Ketzer beirrten glaubte er ganz richtig in den klaren einfachen dogmatischen Arbeiten des heiligen Alphons

das beste Hilfsmittel in die Hand zu geben". Im Jahre 1805 kam Hofbauer mit seinen Genoffen nach

Bayern in das Bistum Augsburg nach Babenhausen und er hat

sich

„für die Reinheit des Glaubens"

dort hohe Verdienste er­

Damals wirkte in Bayern der in der Lehre protestan-

worben.

„Die höchst gefährlichen,

tisierende Pfarrer Martin Boos.

protestantischen Lehren des Martin Boos

und

ächt

seiner zahlreichen

Anhänger auch aus dem geistlichen Stande, hatten viele Pfarreien der

Mehrheit nach verführt und noch bis auf den heutigen Tag zählt der Aftermystizismus in einigen Gegenden des Bistums Augsburg Anhänger.

Aber Babenhausen und die Umgegend von mehreren

Stunden blieben von diesem schleichenden Gift verschont, und ein großes Verdienst hat dabei

der ehrwürdige P. Clemens Maria

Hofbauer, der mit wahrhaft apostolischem Eifer und hinreißender „Thut Buße, legt gute Beichten

Beredsamkeit immer wiederholte:

ab,

wenn ihr selig werden wollt.

denn außer ihr ist kein Heil"". nach Warschau zurück.

oberen:

Gehorcht der heiligen Kirche,

Von Babenhausen kehrte Hofbauer

Im Jahre 1808 schrieb er an den General­

„Unsere Kirche ist fast immer voll.

nehmen die katholische Religion an".

Viele Protestanten

Bei der Ausweisung der

Redemptoristen aus Warschau wurde er mit seinen Genossen nach der Festung Küstrin gebracht. Monat.

Der Aufenthalt dort dauerte einen

Er dauerte so kurz, weil „die Patres immer mehr und

mehr Einfluß auf die protestantische Bevölkerung zu erhalten anfingen

und diese

durch

das Benehmen der

frommen Gesang oftmals gerührt, denselben zu erkennen gab.

Väter erbaut,

unverholen

durch den

ihre Neigung zu

Das flößte den protestantischen Geist­

lichen die Besorgnis ein, daß manche aus den Ihrigen katholisch

34

Redemptoristen und Protestanten.

werden könnten und sie drangen daher auf die möglichst schnelle

Entfernung der Religiösen aus Küstrin".

Von Warschau kam nun Hofbauer nach Wien. In den 12 Jahren seines dortigen Wirkens hat er eine solche ausgreifende Thätigkeit im Proselytenmachen entwickelt, daß sein Biograph ein eigenes Kapitel XIV. schreibt: „Der ehrwürdige Diener Gottes bekehrt viele Juden und Protestanten".

„Bei der festen Ueberzeugung des P. Hofbauer, daß außer der einzig wahren Kirche Christi kein Heil zu finden sei, und bei seiner wahren Liebe zu den Menschenkindern versteht es sich von selbst, daß er mit innigstem Mitleiden ans jene blickte, welche außer der Arche, der Kirche, im Strudel des Irrtums und Unglaubens trieben". Die Bekehrung der Juden und Protestanten lag ihn,

daher sehr am Herzen. Wie groß sein Verlangen darnach war, gab er einmal in einer Predigt offen hmb, er rief da voll Be­ geisterung aus: „O wenn ich doch die Gnade hätte, alle Un­ gläubigen und Irrgläubigen zu bekehren; auf meinen Armen und

auf meinen Schultern trüge ich sie zur heiligen katholischen Kirche". Und in einem seiner Gebete sagt er: „Herr Jesu, sieh an die

Thränen der heiligen Kirche deiner Braut, führe ihr wieder die Kinder zu, die vom Glauben abgewichen sind, damit sie ihr Folge leisten. Laß leuchten allen Irrenden das Licht des Glaubens, das allein uns retten kann". Die Protestanten besuchten zahlreich seine Predigten, selten verging eine Woche, in der nicht Protestanten das katholische Glaubensbekenntnis annahmen.. Unter diesen ragen durch ihre Bedeutung hervor: Herr von Klinkowström (der Vater der beiden bekannten Jesuiten), seine Gemahlin Ludovica von Mengers­ hausen und deren Schwestern Elisabeth und Augusta, Friedrich

Schlosser und seine Fran Sophie du Fay, die Söhne des Baron Rieger, Adolf und Carl, Dr. Veith, der berühmte Kanzelredner. Der Eifer Hofbauers ließ ihn nicht warten, bis die Protestanten zu ihm kamen, er besuchte protestantische Familien öfter in der Absicht, sie für die heilige Kirche zu gewinnen. Eine Lieblings­ redensart von ihm war: Ziehen Sie die schwarzen Strümpfe aus, entsagen Sie dem Protestantismus. Bei seinen Bekehrungen ging Hofbauer mit großer Klugheit vor und wußte mit Geschick Schwierigkeiten, die dem Uebertritt entgegenstanden, wie das Ablegen

Des seligen Clemens Maria Hofbauer protestantenfeindliche Wirksamkeit. 35 der Beichte zu erleichtern und zu beseitigen. Augusta von Mengers­ hausen widerstand länger seinen Bekehrungsversuchen, aber die große Geduld des Dieners Gottes, seine seltene Klugheit und sein mächtiges Gebet siegten zuletzt auch über alle ihre Einwendungen, sie wurde katholisch. Auch die beliebte Komödie der Bekehrung eines Sterbenden, vier Stunden vor seinem Tode, verschmähte

Hofbaiter nicht. Die Anerkennung für dieses Wirken fand auch er in deut Dekret Pius IX. vom 14. Februar 1867, das beschließt, es sei der apostolische Prozeß über das Leben und die Tugenden des ehr­ würdigen Dieners Gottes Clemens Maria Hofbauer einzuleiten. In diesem heißt es: „Er kam nach Wien, wo er die letzten 12 Jahre seines Lebens weilte, wo er predigend und den Armen und Kranken Beistand leistend, Allen Alles geworden, die reichlichsten Früchte einerntete, sehr viele Andersgläubige mit der Kirche ver­

söhnte und den fast erstorbenen Glauben wieder belebte". Und an einer anderen Stelle des päpstlichen Dekrets in der Selig- und Heiligsprechungsangelegenheit heißt es, daß er sehr viele Seelen durch seine apostolische Wirksamkeit für Gott gewann, sehr viele den Fallstricken der Welt und des Satans entriß und den schwankenden Glauben im Volk neu belebte.

So hat Hofbauer die Hoffnungen vollauf erfüllt, die der heilige Alphons an seinen Eintritt in die Kongregation knüpfte. Er hat dem Protestantismus gegenüber mit Eifer, Klugheit und Zähigkeit praktisch durchgeführt, was der heilige Alphons gedacht itnb gelehrt hat. Hofbauer ist aber für den Redemptoristen, wie der größte Jünger Liguoris, so auch der Typus und die Ideal­ gestalt im Bekehren. Es ist nicht nötig, dem etwas weiter hinzu­ zufügen, die Folgerungen daraus ergeben sich für jeden Denkund Urteilsfähigen von selbst.

Redemptoristen und Protestanten. IV.

Spätere Kekrhrungspraris der Redemptoristen. Ueber die Wirksamkeit der Redemptoristen haben wir anderen Ordensgründungrn und Ordensgeschichten gegenüber verhältnis­

mäßig wenig geschichtliches Material. Wenn wir aber das vor­ handene durchblättern, so finden wir, daß bei der Wirksamkeit der Redemptoristen Hand in Hand mit der Pflege eines extremen

religiösen Ultramontanismus, oder im ultramontanen Jargon ausgedrückt mit der Hebung des katholischen Sinnes, die Bekehrungsthätigkeit an den Protestanten geht. Daß diese groß war, ist bei der Schulung, die die Redemptoristen im Geiste Liguoris erhielten, ja ganz begreiflich, entsprangen doch dem Einfluß dieses Geistes Aussprüche wie der, den der bekannte Konvertit Zacharias Werner in einer Abendgesellschaft bei Hofbauer that, er möchte lieber ein katholischer Schafhirt, als ein protestantischer Pastor seini5). Von Oesterreich aus wurde die Kongregation des aller­ heiligsten Erlösers nach Amerika verpflanzt, es entstanden seit 1883 einige wenige Niederlassungen 1860 gab es schon 10 Klöster in den Vereinigten Staaten, 1876 zählte bereits die amerikanische Provinz in den beiden Provinzen Baltimore (26) und St. Louis (8) 34 Niederlassungen. In der katholischen Zeitschrift Sion wurde 1843 ein „Bericht über den gegenwärtigen Bestand und das Wirken der Versammlung des allerheiligsten Erlösers in Nordamerika für die Zentraldirektion des LudwigVereins in München", der mit seinen Geldmitteln die Missionen

auch der Redemptoristen unterstützt, erstattet. Darin wird als Aufgabe der Redemptoristen dargestellt, die Einwanderer nach Amerika davor zu bewahren, „daß sie nicht den Sektierern, be­

sonders den Methodisten, zur Beute werden" und ausführlich werden die Gefahren ausgemalt, die in dieser Hinsicht der armen Ein­ wanderer harren. „Es dürfte somit — heißt es -auf S. 267 — keinem Zweifel unterliegen, daß die Kongregation des allerheiligsten Erlösers keinen besseren Teil in Nordamerika erwählen und keine fruchtbarere und heilsamere Aufgabe sich setzen könne, als die: ihre Kräfte ausschließlich der Seelsorge der verlassenen Deutschen zu weihen, eine Aufgabe, in welcher Zurückführung der Ab-

Später» Belehrungspraxis der Redemptoristen.

87

gefallenen, Wiederbelebung der Erkalteten, Unterweisung der Jugend, Bildung der Heranwachsenden Generation zu ächt christ­ licher Gesinnung und Gesittung, wie auch Bekehrung Irr­ gläubiger durch die siegreiche Kraft der anschaulichen Wahrheit

und des lebendigen Beispiels von selbst enthalten ist*. Als Frucht dieses Wirkens teilt der Bericht speziell von der Redemptoristen­

station Baltimore mit (S. 292), „daß wir innerhalb achtzehn Monaten mehr als hundert Protestanten in den Schoß der katholischen Kirche ausgenommen haben. Aehnliche Erfolge ließen sich von anderen Missionsstationen berichten". Nordmann hat verschiedene Briefe der RedeinptoUsten aus

Amerika veröffentlicht, die offenbar bei der Aufhebung der Kon­

gregation in Oesterreich 1848 in ihrem Haus bei Maria Stiegen aufgefunden wurden, deren Echtheit Nordmann durch die Vor­ legung der Originale beweisen will und die auch in der römischen Litteratur nicht angezweifelt wurde. Auch da wird in den Berichten von dem Abhalten dogmatisch-polemischer Vorlesungen gesprochen, bei denen kollektirt wird. Ein Student wird gelobt, daß er „im Unterricht der Konvertiten ganz verläßlich" ist. Der Berichterstatter schreibt von sich selbst, daß er die verirrten Schäflein aufsucht, um sie in den einzig wahren Schafstall Christi zurückzuführen, also unaufgefordert im wahren Sinn deL Wortes Proselyten macht. Derselbe Redemptorist, da er die Früchte der Mission auf­ zählt, schreibt: „eine dritte Frucht unserer Missionen ist die Be­ kehrung der Ungläubigen und aller Andern, die sonst in Glaubens­ irrtümern sich befinden und in dieser Beziehung ist Amerika der reichste und ergiebigste Teil des Weinberges Gottes, in welchem der fleißige, unermüdliche Arbeiter erstaunlich viel Gutes wirken kann. Die von unserer Kirche getrennten Brüder sind nicht immer feindselig und boshaft gegen uns gesinnt. Andere haben bloß Vorurteile gegen uns, und sie sind sogleich für die Wahrheit

gewonnen, wenn man sie auch nur ganz einfach auseinanderseht und die wichtigsten Kontroverspunkte in faßlicher Kürze berührt. Ich habe auf diese Art schon viele gewonnen und zum Maßstab einer glücklichen Mission diene, daß P. Krutil in einer Mission

25 Konvertiten zählte.

Viele haben den besten Willen, aber sie

38

Redemptoristen und Protestanten-

sind sehr durch Vorurteile gegen uns eingenommen und ihnen

die Vorurteile benehmen, heißt sie bekehren". Da hatte der Schreiber allerdings Recht, wenn er bei dieser Auffassung des Missionsgeschäftes als Konvertitenmacherei sagte: „Das Missions­ geschäft ist jedenfalls das wichtigste und folgenreichste unseres Berufes, jedenfalls aber auch das schwerste" *8). In Amerika hat sich sogar unter Führung des in der römisch-katholischen Kirche viel genannten Pater Hecker 1859 ein Zweig der

Redemptoristen gebildet, der sich Paulisten nennt, der als seine besondere Aufgabe die Bekehrung der Nichtkatholiken ansieht. In diesem Ableger der Kongregation findet sichtlich der antiprotestan­ tische Geist des heiligen Alphons seinen reinsten Ausdruck.

Oesterreich war Dank der Thätigkeit Hofbauers von 1820 bis 1845 der Hauptsitz der Redemptoristen außerhalb Italien, von da zogen sie in die verschiedenen Länder, Frankreich, Belgien, Amerika, Bayern, Rheinland-Westfalen u. s. w. Der erwähnte Chronikalbericht über ihre Einführung, Aus­ breitung und Wirksamkeit von Mader ist gleichfalls ganz durch­ zogen von Bekehrungsgeschichten von Protestanten, und da er „mit Erlaubnis der Oberen" erschienen ist, wird er wohl dem. Wortlaut seines Inhalts nach zuverlässig und einwandsfrei sein88).

Als die Redemptoristen 1826 in Obersteiermark ihre Missions­ thätigkeit begannen, da — der folgende Text ist natürlich aus der ultramontanen in objektiv historische Sprache zu übersetzen — „hatte sich in Wald und Schladming, wo zahlreiche Protestanten wohnen, das Gerücht verbreitet, die Missionäre seien der Protestanten

wegen gesendet, die zur Rückkehr in die katholische Kirche ge­ zwungen werden sollten. In thörichter Furcht versteckten, ja ver­ gruben sie ihre Bücher und beaufsichtigten sich gegenseitig, daß ja keiner die Vorträge der Missionäre anhöre oder auch nur mit einem Missionär spreche, was der Pastor verboten hatte.

Als

dessen ungeachtet einzelne Protestanten dem Irrglauben entsagten und mehrere derselben vom Fürstbischof Roman selbst bei Gelegen­ heit der kanonischen Visitation feierlich in die katholische Kirche

ausgenommen wurden, erhob sich gegen die Missionäre ein Sturm,

Spätere Bekehrungspraxis der Redemptoristen.

dessen schäumende Wogen bis an die Stufen des

39 kaiserlichen

Thrones schlugen, von dort aber auf die Urheber desselben zurück­ prallten". In welchem Geist die Redemptoristen da gewirkt haben müssen, läßt der folgende Satz ahnen: „Schmerzlicher als diese Aufregung der Protestanten waren für die Patres die mannig­ fachen Anfeindungen, die sie von katholischer Seite erfuhren". Man „versuchte Alles, um die Missionäre in ihrer Thätigkeit

lahmzulegen oder sie zu verdrängen". Superior dieser Missionen in Obersteier war P. Kosmacek, den man „mit außerordentlichem Segen in Wald und Rottenmann wirken und trotz der Vor­ kehrungen des Pastors mehrere Protestanten in den Schoß der kacholischen Kirche zurückführen" sah.

In den Jahren 1826—33 bestand ein von Wiener Redemp­ toristen geleitetes Kollegium zu Lissabon in Portugal. Die Redemptoristen „ernteten erfreuliche Früchte unter den deutschen Kacholiken und nahmen auch mehrere Protestanten in die katholische Kirche auf". Rach der Darstellung der Chronik war das Werk der Missionen „durch zahlreiche auffallende Bekehrungen als Werk Gottes beglaubigt" und bei einzelnen solcher Bekehrungen werden die Namen der Konvertiten eigens angegeben. Nicht nur gelegentlich wurden Protestanten in den Schoß der Kirche ausgenommen, die Redemptoristen qualifizierten sich tiberhaupt, wie auch besonders durch die Thätigkeit Hofbauers, so als Vorkämpfer des Ultramontanismus gegen den Protestantismus, daß chnen direkt eigene antiprotestantische Missionen übertragen wurden. So hatte Hofbauer selbst in Babenhausen gegen Martin Boos gewirkt. Aus Bayern war Boos nach Oesterreich gegangen und er fand dort z. B. auch in Gallneukirchen viele Anhänger, die schließlich zur Augsburgischen Konfession übertreten wollten. „Das

Gesetz verlangte aber, daß dem Religionswechsel ein sechswöchent­ licher Unterricht vorhergehe und so wurde der Kongregation am

2. Februar 1826 vom Konsistorium ein Auftrag des Kaisers zu­ gestellt, daß sich zwei bis drei Patres nach Gallneukirchen begeben

und den Sektirern-Unterricht in der kacholischen Religion erteilen sollten. Die Patres erforschten ihre religiösen Ansichten, indem sie sich mit den Einzelnen besprachen, sie erschöpften nun an den

40

Redemptoristen und Protestanten.

Schwärmern ihre ganze Liebe und Geduld um sie zur Einsicht zu

bringen, belehrten, widerlegten, ermahnten bald die Einzelnen, bald drei und vier zugleich, bald Alle gemeinsam, aber da war

Die Bechörten wiederholten auf alle Belehrungen und Zusprüche: „Ich glaubs halt nicht"". Wenn

Taufe und Chrysam verloren.

ihnen nun auch direkt an den Protestanten ihre Mission nicht gelang, so war „doch diese Mission eine der segensreichsten voir allen, die in Oesterreich gehalten wurden. Um die übrigen

Kacholiken vor dem Abfall zu bewahren, hielten die Missionäre Vorträge über den Glauben und um zugleich die Gemüter zu erschüttern, auch Predigten über die ewigen Wahrheiten. Der Erfolg war ein großartiger". Der „sorgfältige Missionsplan", der von den Patres entworfen wurde, bezeugt, daß sie diese Mission wirklich als den reinsten Feldzug gegen die Protestanten be­ handelten. Einen zweiten derartigen modernen Kreuzzug führten die Redemptoristen 1837 gegen die protestantisierenden Zillerchaler und so wenig die Errichtung ständiger Seelsorgeposten mit ihrer Verfassung übereinstimmte, umgingen sie doch um des höheren Zieles der Ehre Gottes d. h. der Bekehrung der Protestanten willen ihre Regel und traten eine stabile Expositur im Zillerchale an. Der Anlaß dazu war gewesen, daß ein Pater mit einem Schullehrer, einem Führer der damaligen protestantischen Be­ wegung, in Berührung kam „und indem er ihn zum Gebete brachte, hatte er auch seine Seele wieder gewonnen. Die Kon­

version erregte Aufsehen und brachte das Ordinariat von Brixen auf den Plan einer großen Mission, welche im Zillerchale gehalten werden sollte. Die Mission unterblieb, das Ordinariat ließ aber den Gedanken, die Redemptoristen mit den Zillerthalern in Verkehr zu bringen, nicht mehr fallen, sondern beschloß, eine neue Expositur

im Zillerchale zu errichten und die Provisur derselben der Kon­ gregation zu übertragen", jedenfalls als der int Konversions­ geschäft erfahrensten.

In welchem Renommö überhaupt als Proselytenmacher die Redemptoristen standen, zeigt, daß als in Landeck eine Mission vom eifrigen Seelsorger des Ortes gewünscht wurde, sofort großer Lärm entstand und das Gerücht verbreitet wurde: „Die Landecker wollen vom Glauben abfallen wie die Zillerchaler, deswegen

müssen die Missionäre dahin kommen".

Bekehrungstheorie der Redemptoristen.

41

Diese Chronik der Redemptoristen, die als „Festgabe zur

Zentenarfeier des heiligen Alphons" im Jahre

1889 verfaßt

wurde, deren Material „vornehmlich aus den Chroniken und archivalischen Urkunden der einzelnen Kongregationshäuser, ferner aus noch erhaltenen, Briefen und Notaten einzelner Patres, sowie aus mündlichen Aussagen älterer Kongregierter geschöpft" wurde, ist gewiß auch für jeden ultramontan gesinnten Freund und Lob­ redner der Redemptoristen ein durchaus einwandsfreier Zeuge, an dessen Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit nicht zu zweifeln ist. Was daraus oben angeführt ist, redet aber eine deutliche

Sprache und läßt klar sehen.

V.

-ekehrongstheorie der Redemptoristen. Die Mission in Gallneukirchen gegen die protestantischen Boosianer war auch mit Anlaß zur Abfassung eines Buches — unter Mitwirkung des genannten P. Kosmacek — das als Ersatz für die Mission dem Volke da dienen sollte, wo keine abgehalten werden konnte. Im Jahre 1826 erschien zum erstenmal das „kacholische Missionsbüchlein, oder Anleitung zu einem christlichen Lebenswandel, herausgegeben von der Versammlung des aller­ heiligsten Erlösers", bis zum Jahre 1896 hatte es bereits zwei­ undvierzig Auflagen erlebt. Sicherlich ist es mit seinen Gebeten und seiner Anweisung zu einem christlichen Lebenswandel ein Hauptmittel, mit dem die Redemptoristen erzieherisch auf das niedere Volk, dessen geistige Nahrung oft allein das Gebetbuch und der Kalender ist, heute

noch einwirken. Der wahre Geist der Redemptoristen kommt in diesem Missionsbüchlein vielleicht reiner zum Ausdruck, als es aus denen oder jenen Rücksichten in den öffentlichen Predigten geschehen kann. Auch das Missionsbttchlein ist natürlich getränkt mit extrem römischem Fanatismus, der nur eine heilige römische Kirche als die wahre anerkennt. Es predigt den Haß gegen den Protestantismus ganz im Geiste des heiligen Alphons.

42

Redemptoristen und Protestanten.

Im Beichtspiegel oder Gewissenserforschung stehen an der Spitze u. a. folgende Fragen""): „Habe ich allzeit alles geglaubt, was Gott geoffenbaret hat und was die heilige katholische Kirche zu glauben lehrt? Habe

ich vorwitzig und freiwillig wider den einen oder den anderen Glaubensartikel mich in Zweifeln aufgehalten, oder sogar Jemand

Anderen auf dergleiche Zweifel gebracht?

Habe ich nicht bei ver­

schiedenen Anlässen unterlassen, den Glauben gegen Spötter, Ketzer oder Ungläubige zu verteidigen, wo es doch leicht hätte geschehen können und wo es meine Pflicht gewesen wäre, es zu thun? Habe ich nicht so irrig und gleichgültig gedacht und gesprochen,

als wäre es eine und dieselbe Sache dieses oder eines anderen Glaubens zu sein, in diesem oder jenem Glauben zu bleiben? Habe ich keine ketzerischen Bücher» ohne Erlaubnis gelesen, bei mir behalten oder verkauft, verschenkt oder Anderen zum Lesen gegegeben, worin Spöttereien und verderbliche, dem katholischen

Glauben entgegengesetzte Lehren enthalten waren? Habe ich nicht auch sogar mit Gefahr meines Glaubens die Kirchen der Ketzer besucht oder ihre Predigt angehört? Habe ich nicht mit Gefahr meines eigenen Glaubens mit Ketzern, Ungläubigen, Religionsspöttern, Schwärmern, besonders solchen, die hartnäckig nur an ihre eigenen eingebildeten Er­ scheinungen oder Erleuchtungen glauben, ohne Not, sondern frei­ willig näheren Umgang gepflogen? oder habe ich sogar

ihren Zusammenkünften beigewohnt?" Wir haben in diesen Fragen bezw. in der Thatsache, daß ihre Bejahung eine Sünde mit sich bringt, den klaren und deut­ lichen Beweis, daß, wofern diese Grundsätze das katholische Volk mehr und mehr durchdringen und zur herrschenden Meinung bei ihm werden, wir mit der Zeit zwei scharf von einander getrennte Teile der Nation bekommen, die nur aus Not aber nicht freiwillig näheren Umgang miteinander haben. Von einer Gemeinsamkeit nationaler und kultureller Interessen kann natürlich unter solchen Umständen keine Rede mehr sein, zumal wenn die Voraussetzung dieser kacholischen Verkehrsordmmg, die Lehre über die allein­ seligmachende Kirche recht fest im Herzen des katholischen Volkes sitzt. Es ist zweifellos die systematische Feindschaft gegen Anders-

Btkthrungstheorir bet Redemptoristen.

43

gläubige, gegen die Protestanten, die hier gepredigt wird, und es wird

dem einfachen, ganz der autoritativen geistlichen Leitung

unterworfenen Volk als Sünde angerechnet, wenn es in dieser Feindschaft sich nicht erhält und befestigt. Zu welchem Grad von Fanatismus, zu welch unglaublichen Urteilen und Anschauungen über den Protestantismus bis zur sittlichen Verdächtigung und unter Umständen, da wo der Prote­ stant in der Minorität ist auch zum sozialen Boykott das führt, das kann, wie schon gesagt, der so recht verstehen, der längere Zeit in einer streng katholischen Gegend lebt. Man hört da Äußerungen und Urteile, die einem Unbefangenen am Ende des

19. Jahrhunderts kaum begreiflich erscheinen und für die der in

dem nivellierenden Clement einer städtischen konfessionell gemisch­ ten Bevölkerung Lebende gar kein rechtes Verständnis hat^). Auch in dieser Instruktion, wie man als katholischer Christ

denken und handeln soll, tritt es wieder zu Tage, daß die Be­ kehrung der Protestanten nicht nur ein zufälliges Mitnchmen von etwas angenehmem ist, sondern daß die planmäßige Bekehrungs­ thätigkeit wirklich ein Stück des Systems der Redemptoristen, ein Teil ihres Feldzugsplans in ihrem Kampfe für die katholische Kirche ist. Das zeigen folgende Stellen **):

„Wie falsch und gottlos ist es nicht, wenn man zu sagen sich erfrecht: Wenn ich nur nach meinem Gewissen handle, ob ich dann Christ oder ein Türke bin, das gilt gleich. — Wie falsch und gottlos ist es nicht, wenn man sagt: Ich kann in jeder Religion ein rechtschaffener Mensch sein und also in jeder Religion selig werden, man muß also einen Jeden glauben lassen, was er will. Wie falsch und gottlos ist es nicht, wenn man zu sagen

sich erkühnt: wenn nur ein Glaube selig machte, so müßten ja die meisten Menschen verdammt werden, was können aber denn die dafür? Wie falsch und gottlos ist es nicht, wenn man sagt: Ein Jeder soll fein bleiben in dem Glauben, in dem er geboren ist, der seine Religion wechselt, auf den halte ich nichts. O der Gottlosigkeit und Blindheit unserer Zeit, die, vom Vater der Lügen dem Satan verführt, solche Lügen und Gotteslästerungen zu sagen sich erfrecht!

44

Redemptoristen und Protestanten.

Also hätten die Apostel etwa Unrecht gethan, da sie selbst aus Juden Christen geworden sind und noch unrechter, da sie auch den anderen Juden und Heiden predigten, ihren Glauben zu wechseln und ihn mit dem einen Glauben an den Gekreuzigten zu vertauschen, da sie selbst die Gemeinschaft der Ketzer flohen und zu fliehen befahlen, und da sie sogar die Juden und Heiden

mit dem ewigen Feuer bedrohten, wenn sie nicht den Glauben, in

dem sie geboren waren, verlassen und den Glauben an den Ge­ kreuzigten annehmen würden? Nimmermehr." Das Gegenstück der alten Apostel Chrissi sind eben die modernen Apostel Roms, die Redemptoristen und in diesem Beispiel bieten sie dem Volke eine Art Rechtfertigungstheorie für ihre systematische Bekehrungs­

praxis.

Auch außer den Missionen hatten und haben die Redempto­ risten Gelegenheit genug, ihre antiprotestantischen Lehren und Agitation wirksam zur Geltung zu bringen. Die Übernahme von ständigen Seelsorgerstellen war zwar gegen ihre Verfassung, aber da wo es sich darum handelte, gegen den Protestantismus energisch Front zu machen, da übertraten sie, um des höheren Zieles willen, und in rechter Anwendung des

Grundsatzes: der Zweck heiligt das Mittel, - auch dieses Gebot ihrer Regel. Ein ausgedehntes Feld, den konfessionellen Haß in weite Kreise zu tragen, von denen er wieder in noch weitere Kreise gelangt, sind die Exerzitien, die sie für Priester und Laien ab­

halten, ferner die Erteilung des theologischen Unterrichts an Klerikalseminaren. Der bayerische Kultusminister Lutz schrieb 1889

an Döllinger: „Nach den in Preußen gemachten Erfahrungen bethätigen sie ihren Einfluß nicht so sehr als Seelsorger und Ver­

anstalter von Missionen für das niedere Volk, sondern mehr als Leiter von Exerzitien für Priester und Laien und als Verbreiter der Liguorianischen Moraltheologie auf den klerikalen Bildungs­

anstalten und behaupten sich auf diesem Gebiete auch heute neben den Jesuiten"88). Als im Jahre 1841 der König Ludwig I. die Redempto-

Die absolute Feindschaft der Redemptoristen gegen die Protestanten. rissen wieder nach Bayern,

46

zunächst in den Wallfahrtsort Alt­

ötting, zuließ, war der Bischof Heinrich Hofstötter von Passau

einer der ersten, der den Redemptoristen das Priesterhaus und

die Wallfahrtskirche Mariahilf in Passau übergeben und ihnen die geistliche Leitung eines Korrektionshauses für Priester über­ tragen wollte8*). Im allgemeinen verbietet den Redemptoristen die Regel,

sich mit der Leitung von Seminarien zu befassen, indeß übernahmen

sie doch entgegen ihrem Statut 1777 das frühere Jesuitenkollegium zu Benevent und führten, wie Liguoris Biograph sagt, mit Glück

die guten Werke der Jesuiten fort. Will man aber vollends den ganzen Umfang beachten, in dem die antiprotestantische Lehre Liguoris und die darauf ge­

gründete Lehrchätigkeit der Redemptoristen heutzutage maßgebend

und Ausdruck der korrekten kirchlichen Lehre geworden sind, so

halte man sich nur wieder vor, daß nach Gregors XVI. Wort von den Gläubigen Liguoris Schriften ohne Anstoß gelesen werden

können und daß sie — also auch ihre Lehre gegen die Prote­ stanten — nach Pius IX. öffentlich in Gymnasien und Akademien

vorgetragen werden dürfen.

VI. Vir absolute Feindschaft der Redemptoristen gegen die Protestanten in Theorie und Praris. Es ist sicher nun auchentisches Material genug geboten,

um eine klare Auskunft geben zu können auf die Frage: wie verhalten sich die Redemptoristen zum Protestantisinus?

Und ist

diese Frage beantwortet, so erhebt sich die zweite: Ist demgemäß ihr Wirken in einem

ist

es

nicht

vielmehr

Parität wegen

konfessionell gemischten Lande zuzulassen, möglichst

zu

unterdrücken,

einmal

der

gegenüber den Protestanten und dann auch um

des Staates willen, in dessen Interesse es nicht liegen kann, den konfessionellen Zwiespalt noch zu vertiefen?

Redemptoristen und Protestanten.

46

Da ist kein Zweifel daran möglich, daß sie im Geiste und

nach der Lehre ihres Stifters Alphons Liguori, ihrer ganzen Ge­ schichte

entsprechend,

dem

Protestantismus

auf das

feindlichste

gegeni'iberstehen, daß sie Conversionen von Protestanten von jeher zu den ersehntesten Früchten ihrer Mission gezählt haben und noch

zählen, daß sie über die Bekehrungen sogar eine gewisse Theorie

in ihrem Missionsbüchlein ausgebildet haben, daß sie bem von ihnen

beeinflußten Volk

den

uni nicht zu

konfessionellen Haß,

sagen beschimpfende Verachtung der Protestanten predigen, daß

sie auf solche Weise die konfessionelle Spaltung stets zu vertiefen bedacht sind. Dieser

unleugbar

nachgewiesenen

Thatsache

gegenüber

kommt das Wort der Vorschrift,

die Redemptoristen sollten in

polemischen Predigten recht klug

und vorsichtig sein,

nicht in

Betracht. Die Redemptoristen haben aus der Geschichte der anderen Orden, vor allem aus der Geschichte imb dem Schicksal der Gesell­ schaft Jesu gelernt, vorsichtig zu sein, sie haben das auch gelernt

von dem hl. Alphons selbst, der in seinen dogmatischen Werken oft

manches, was er für

richtige und

korrekte römische Lehre hielt,

unterdrückte um verschiedener Umstände und Rücksichten willen und der gerade von seinem

peinlich es ihn, sei,

„Triumph der Kirche"

klagte,

wie

daß er mit aller Vorsicht schreiben müsse,

damit dieses Werk, das ihm naturgemäß so sehr am Herzen lag, nicht verboten werde ”).

Bei den bayerischen Reichsratsverhand­

lungen im Jahre 1846 über die Redemptoristen wurde konstatiert,

daß sie sich

„ostensibel den konfessionellen Fragen fern halten"

und daß „auf keinerlei Weise die konfessionellen Unterscheidungs­

lehren von ihnen zum Gegenstand ihrer Kanzelvorträge gewählt worden seien".

Andererseits zeigt uns ihre Geschichte, daß sie in

den direkt antiprotestantischen

Missionen

in

förmlichen

Kreuz­

zügen gegen die Boosianer und protestantischen Zillerthaler den katholischen

Glauben

darlegen

und

verteidigen

mußten.

In

Amerika hielten sie, wie oben erwähnt, direkt dogmatisch-polemische Vorlesungen.

Ihre österreichische Chronik läßt an einer Stelle

darauf schließen, daß doch Glaubenschemata dogmatisch-polemischen

Inhalts oft gewählt worden sind, weil sie an jener Stelle be-

Die absolute Feindschaft der Redemptoristen gegen di« Protestanten. 47 dauert, daß Glaubensthemata bei einer gewissen Mission deswegen

schon von vornherein ausgeschlossen waren,

weil

es hieß,

die

Redemptoristen seien geschickt, um den Abfall der Katholiken zum

Protestantismus zu verhindern. einen Rückschluß darauf,

wie

und Umständen vorgehen.

Gerade dieses Bekenntnis erlaubt die Redemptoristen

je nach Zeit

Ihr Haß gegen den Protestantismus,

der bei ihnen gepflegt und dem Volke beigebracht wird, steht fest. Erlaubten es die Umstände,

so konnte man ihn offen predigen.

An anderen Orten, in konfessionell gemischten Gegenden, ging das natürlich nicht, da mußte man sich der offenen Rede enthalten,

dafür verlegte man die Wirksamkeit gegen den Protestantismus

mehr darauf,

dem Volke rechte Mißachtung gegen Alles,

was

nicht römisch ist, beizubringen.

Die Befestigung im exaltiert-ultramontanen Geist, die ja der Hauptzweck der Mission ist, bringt es, wie die Auszüge aus dem

katholischen Missionsbüchlein lehren, ganz von selbst mit sich, daß scharfe Polemik gegen alle Irrgläubigen und Sektierer geübt wird. Es ist das eine Polemik, die um so kräftiger und derber ausfällt,

je mehr sie berechnet ist auf den zum selbständigen Denken un­ fähigen in absoluter

geistiger Abhängigkeit unter geistlicher Be­

vormundung gehaltenen niederen Teil des Volkes; dieser aber wird

um so niehr auf das Schlagwort dressiert, und läßt sich um so leichter

fanatisieren und verhetzen, und diese Verhetzung faßt um so tiefer Wurzel bei ihm, als sie ihm einerseits mit fast göttlicher Autorität

dargeboten und eingeprägt wird und je weniger er andererseits im Stande

ist,

das

ihm

autoritativ

Vorgetragene

auf

seine

Richtigkeit hin zu prüfen. Man kann sich auch leicht darüber klar sein, daß eine solche

antiprotestantische Polemik gerade

dadurch

so

weil sie so unkontrollierbar nach außen hin ist.

gefährlich wirkt, Wie schon gesagt,

man kann die Minirarbeit der Redemptoristen am besten an ihren

Früchten erkennen und

diese Früchte sind maßgebender als die

Worte der Regel, die eben schließlich nur Worte bleiben. Die Protestanten in Deutschland haben also allen Anlaß,

über die Wiederzulassung der Redemptoristen und Neugründung

und Wiederrichtung ihrer Häuser große Beunruhigung zu em­ pfinden.

Sie können sich dabei darauf stützen, daß auch innerhalb

Redemptoristen und Protestanten.

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der katholischen Kirche selbst die Redemptoristen mit ihrer das

Volk bis zum religiösen Fanatismus und Wahnsinn mlfstachelnden Thätigkeit scharfe Opposition gefunden haben und das gerade von

solchen Leuten und in solchen Kreisen, die notorisch ein friedliches

Verhältnis

mit den Protestanten

einer Verständigung

auf

Grund

anzubahnen suchten und die des

gemeinsamen

christlichen

Allerdings ist diese Richtung in

Glaubens das Wort redeten.

der römisch-katholischen Kirche der Neuzeit überwunden.

Dank

der Wirksamkeit des Ultramontanismus und seiner Vorkämpfer, der Jesuiten und auch der Redemptoristen,' die ja z. B. unter Hofbauer in Wien und Österreich gegenüber dem Josephinismus

offenkundig die kirchliche Reaktion forderten und brachten, hat sie in der vatikanischen Kirche keinen Platz mehr,

sie ist seit 1870

konzentriert im Altkatholizismus.

VII. Kirchlicher und staatlicher Grund gegen die Mirdrrrulastnng der Kedemptaristen. Ist nun aber die absolute grundsätzliche Feindseligkeit der Redemptoristen gegen die Protestanten, ihr Bestreben, systematisch

Proselyten zu machen wo sie können, auf Grund der Lehre und Wirksamkeit ihrer führenden Geister Liguori und Hofbauer sowie ihrer Geschichte nachgewiesen und festgestellt, so ergiebt sich gleich­ falls von selbst die Antwort auf die zweite Frage: „Ist ihre Wirksamkeit

in

einem

konfessionell

gemischten

Lande zuzulassen?" Die

Antwort

rundweg:

lautet

nein.

Rein

aus

zwei

Gründen, einem kirchlichen und einem staatlichen.

Ihre Zulassung erscheint einmal als eine offenkundige, grobe Verletzung der Parität gegenüber den Protestanten.

Mit vollen»

Recht dürfen diese fortwährend Beunruhigung über

das

offene

empfinden.

Eine

und

geheime

Wirken -der

Paritätsvcrletzung ist es,

Redemptoristen

wenn in ein konfessionell gemischtes

Land eine Kerntruppe des Ultramontanismus hereingelassen wird, auf deren Fahne Kampf auf Leben und Tod gegen alles nicht

Zkirchl. u. staatl. Grund gegen die Wiederzulaffung der Redemptoristen.

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ultramontane, vor allem gegen die Protestanten geschrieben steht.

Und soviel Existenzberechtigung wird doch der Protestantismus auch haben, daß er sich mit allen Mitteln dagegen wehren darf,

daß ihm seine Feinde direkt auf den Nacken gesetzt werden! Zu diesem ersten kirchlichen Grund gegen die Wiederzulasiung der Redemptoristen tritt noch ein zweiter staatlicher, der nicht minder wichtig und ausschlaggebend ist.

Ihre Zulassung streitet nicht nur gegen den einfachen Be­ griff der Parität, sie streitet auch gegen das richtig verstandene Staatsinteresse. So lange unser deuffches Vaterland noch nicht offiziell zu einer Provinz des Ultramontanismus gemacht und diesem ganz Unterthan ist, so lange hat der Staat um der gedeihlichen Ent­ wicklung des nationalen Lebens auf allen Gebieten willen ein lebendiges Interesse daran, daß der konfessionelle Zwiespalt im

Volk nicht noch mehr vertieft wird. Er ist ohnehin schon groß genug, er hat schon längst das eigentlich religiöse Gebiet über­ schritten, die Spaltung in katholisches und evangelisches Volk hat schon lange leider auf ganz andere Gebiete übergegriffen, die den beiden Konfessionen ein gemeinsames Feld friedlichen Wetteifers für das Nationalwohl sein sollten36). Eine Kongregation wie die der Redemptoristen zurückzurufen, heißt nichts, als den konfessionellen Zwiespalt künstlich vertiefen, dadurch, daß man Leute zurückberuft, die die geborenen Vor­

kämpfer der Erweiterung der Kluft zwischen kacholisch und pro­ testantisch sind.

Nicht nur im Interesse des Protestantismus also, sondern im Interesse des ganzen Staatswesens liegt es, die Wirksamkeit der Redemptoristen möglichst zu beschränken, möglichst zu ver­ hindern, daß sie nicht durch die Ausbreitung ihrer extrem ultra­ montanen Grundsätze in Lehre und That den unheilvollen kon­ fessionellen Riß, der durch das deutsche Volk geht, immer tiefer

und schließlich unüberbrückbar machen. Fördert aber die Staatsgewalt in Kurzsichtigkeit und Un­ kenntnis

der wahren Ziele der Redemptoristen deren Gedechen,

so hilft sie selbst mit zu der Schädigung des Vaterlandes, die Döllinger im Auge hatte,

da er von einem anderen Stück des

50

Redemptoristen und Protestanten.

modernen Ultramontanismus, für das die Redemptoristen gleich­ falls von jeher gekämpft haben, von der päpstlichen Unfehlbarkeit

sagte: „Als Bürger muß ich sie von mir weisen. ich mir nicht verbergen,

daß diese Lehre,

alte deutsche Reich zu Grunde

gegangen

Denn das kann

an deren Folgen das ist,

falls sie bei

katholischen Teil der deutschen Nation herrschend würde,

dem sofort

auch den Keim eines unheilbaren Siechtums in das eben erbaute

neue Reich verpflanzen würde" 8,>.

Anmerkungen. *) Sergi. DilgSkon: Leben des AlphonS Maria von Lignori, Regens­

burg, 1887 I. S. 65. *) Abgedruckt bei Nordmann: Die Liguorianer, Wim 1849. *) DaS Schreiben abgedruckt in:

Briefe des A. M. von Liguori,

Regensburg 1893 I. S. 183; vergl. ähnliche Aeußerungen ebb. I S. 55, I. S. 191. 4) Mader: Die Kongregation des allerheiligstm Erlöser» in Österreich,

Wien 1887. S. 142. •) Abgedruckt im „Deutschen Merkur4 1891. S- 233 ff. •) Sergi. Serhandlungen der Kammer der ReichSräte des Königreichs

Bayern vom Jahre 1845/46, amtlich. München E. 2 ff. ') A. v.Llguorls sämtliche Werke deutsch I Abt. II Sekt. 2.

Bd.

Regensburg 1842.

•) Nordmann a. a. O. S. 323. •) A. v. Liguori» sämtliche Werke deutsch. I Abt. H Sekt. 2. Bd. S. 408.

*•) Briefe HI 565, vgl. die ausführliche Darlegung m 583 ff. ”) Briefe III 471 und in 578. ") Dilgrkron a. a. O. I 488 H 107. *•) Döllinger-Rmsch: Moralstreitigkeiten S. 467. *‘) Deutsche Ausgabe: Regensburg 1845. Ges. Werke. II Abt. 1. n. 2. Bd.

’») Briefe HI 417.

**) Deutsche Ausgabe: Regensburg 1846. Ges. Werke. H Abt. 5. u. 6. Bd., neue Ausgabe. Regensburg 1884. ") Ges. Werke II 5, 874, neue Ausgabe H 5, 569, II 5, 387, 397, 453, 452, 464, (neue Ausgabe S. 554) 377, (neue Ausgabe). *•) Sergi, meinen Artikel: „Jesuitische Belletristik4 in der „Beilage zur Allgemeinen Zeitung4 1898 Nr. 228, de» Beweis für da» gleiche Berfahren

bei Leo XIII. werde ich in einer bereits begonnenen Charakteristik der Person

und Wirksamkeit Leo XIII. erbringen. ") Ges. Werke neue Ausgabe H 5, 22, 457, 696. ’•) In „Die Evidenz des Glauben»4, gef. Werke II 4, 156, 161, 169,

Regensburg 1886.

") »riefe in 467. 473, 479, 483, 472. “) Haringer: Leben des Clemens Maria Hofbauer, 2. Anst. Regens­

burg 1880, Vorwort S. 4 f. *•) Lehmkuhl 8. J. in den „Stimmen au» Maria Laach* XXXIII, 353 f.

*4) Haringer a. a. O. S. 304. ”) Haringer a. a. O. S. 22.

") Haringer a. a. O. S. 44 ff, 49, 51, 89, 135, 153, 267, 470. ,7) Nordmann a. a. O. S. 30. ") Nordmann a. a. O. S. 129, 138, 161, 164, 167. ”) Mader a. a. O. S. 33, 897, 58, 76, 133, 105, 153 f, 158.

•’) Katholisches Missionsbüchlein, Regensburg 1896, S. 183 f. •*) Aus der Erinnerung sei eine solche kleine Blüthe konfessioneller

Freundschaft mitgeteilt, wie sie schon bei Kindern gezüchtet werden, ein Ber», den bei den Streiten zwischen katholischer und evangelischer Partei — die wirklich den Charakter konfessioneller Kümpfe trugen — die Katholiken sangen: Lutherischer Zipfel

Steig' aufi am Gipfel Steig' abl in d' Höll

Bist 'm Teufel sein G'sell. „Auf welch Unglaublich niederer Stufe de» Denkens der Durchschnitt der

römischen Geistlichen steht, beweist folgende wahre Geschichte. Ein Ange­ stellter eines Geschäftshauses unterhielt sich während seine» SommeraufentHaltes im bayerischen Wald zuweilen mit dem dortigen Kooperator. Ein Bruchstück eines Gespräches lautet: Kooperator: Ist eS wahr, daß der «Ine

Ihrer Prinzipale Altkatholik und der andere lutherisch ist? Antwort: Ja.

Kooperator: So, wirklich? Ja da müssen Sie mir schon die Frage erlauben, haben denn die Leute Geschäft seiner Banks,

so da» rechte Zutrauen zu dem wissen'», ich mein, weil die

Prinzipale doch den rechten Glauben nicht haben? Da» ist ein Faktum. Namen können erbracht werden! Und wenn nun schon die

Lehrer des Volkes geistig so tief gesunken sind, welche Kost bieten sie dann dem Volke und in welcher Nacht deS Stumpfsinne» wandelt dann dieses „gut katholische* Volk manchmal mit seinen erleuchteten Seelenhirten und

würdigen BolkSbildnern* ? Deutscher Merkur 1896. S. 224. ") Katholisches Mission-büchlein S. 305 f. «) Deutscher Merkur 1891 S. 235.

•*) Nordmann a. a. O. S. 243, 248. *•) Briefe III, 450.

") Sergi, meinen Artikel: „Jesuitische Belletristik* in der „Vellage zur

Allgemeinen Zeitung* 1898 Nr. 228. **) Döllinger'S Briefe und Erklärungen über die Vattkanischen Dekrete, München 1890, S. 92.