Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung: Außenrecht der Verwaltungstreuhand 9783161580291, 3161490355

Die Treuhand fügt sich in das klassische zivilrechtliche System von Schuld- und Sachenrecht nicht ein. Sie zeigt, dass e

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Titel
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Erster Teil Grundlagen
§ 1 Einführung
I. Die Treuhand: Faszination und Rätselhaftigkeit
II. Das Zuordnungsproblem bei der Treuhand
1. Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips im Vollstreckungsrecht
2. Verbindungslinien zwischen erkannten und unerkannten Problemen des Treuhandaußenrechts
3. Konzentration auf das „Vermögensinteresse“ des Treugebers
4. Vorhandene Ansätze zur Bestimmung des „Vermögensinteresses“
III. Inhalt, Aufbau und Methode der Arbeit
1. Überblick über den Inhalt
2. Methode
a) Die Vorgehensweise dieser Arbeit
b) Europäische Prinzipien und Rechtsvergleichung
§ 2 Der Standort der Verwaltungstreuhand zwischen Schuldrecht und Sachenrecht – Eine Bestandsaufnahme
I. Analyse der Rechtsprechung
1. Rechtsprechung des Reichsgerichts
a) Formelle und wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit
b) Obligatorische Bindung im Innenverhältnis
c) Handeln im „Interesse“ des Treugebers
d) Resümee
2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
a) Nutzung der Vermögenssubstanz
b) Weisungsbindung
c) Die schuldrechtliche Bindung als untaugliches Abgrenzungskriterium
d) Die neue „Zwei-Komponenten-Theorie“ des IX. Zivilsenats
3. Ergebnis der Rechtsprechungsanalyse
II. Analyse der Literatur
1. Die Definition von Schultze und ihre Weiterentwicklung in der Literatur
2. Die Treuhanddefinition von Schless
3. Die Treuhanddefinition der Principles of European Trust Law
III. Zusammenfassung
§ 3 Gesetzliche Schutzkonzepte
I. Gesetzliche Spezialregelungen
1. Investmentgesetz (InvG)
2. Der Treuhänder im Verfahren der Restschuldbefreiung (§ 292 InsO)
3. Der Sanierungstreuhänder des BauGB
4. Treuhandkonstruktionen bei Verbriefung von Krediten (Asset Backed Securities)
5. Sonstige Spezialregelungen
6. Zwischenergebnis
II. Die Kommission als konzeptionelle Grundlage?
§ 4 Vom Unmittelbarkeitsprinzip zu einer Lehre von den Außenwirkungen der Treuhandabrede
I. Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips im Vollstreckungsrecht
1. Entwicklung und Inhalt des Unmittelbarkeitsprinzips
a) Der Grundsatz: Schutz des Treugehers in Insolvenz und Zwangsvollstreckung
b) Kein Vollstreckungsschutz bei der Erwerbstreuhand
aa) Rechtsprechung des RG
aaa) Vorboten des Unmittelbarkeitsprinzips
bbb) Die Grundlagenentscheidung RGZ 84, 214
bb) Rechtsprechung des BGH
aaa) Obiter dicta in der frühen Rechtsprechung
bbb) Rückbesinnung auf das Unmittelbarkeitsprinzip in der jüngeren Rechtsprechung des IX. Zivilsenats
c) Kein Vollstreckungsschutz bei der Vereinbarungstreuhand – Die neue „Zwei-Komponenten-Theorie“ des IX. Zivilsenats
d) Surrogationsverbot als Folge des Unmittelbarkeitsprinzips
aa) Einführung durch das Reichsgericht
bb) Bestätigung durch den Bundesgerichtshof
e) Folgen für das Anfechtungsrecht
2. Ablösung des Unmittelbarkeitsprinzips in der Literatur
a) Kommentarliteratur
b) Sonstiges Schrifttum
aa) Befürworter des Unmittelbarkeitsprinzips
bb) Gegner des Unmittelbarkeitsprinzips
3. Die wesentlichen Kritikpunkte
a) Hin- und Herübertragung zur Umgehung des Unmittelbarkeitsprinzips
b) Widersprüche in der Begründung des Unmittelbarkeitsprinzips
aa) Die Kreditgefährdung als untaugliches Differenzierungskriterium
bb) Der Treuhandbegriff als untaugliches Differenzierungskriterium
cc) Die Möglichkeit der Eigensicherung als untaugliches Differenzierungskriterium
dd) Zusammenfassende Würdigung
c) Keine konsequente Durchführung des Unmittelbarkeitsprinzips
aa) Unmittelbarkeitsprinzip versus Geschäft für den, den es angeht, antizipierte Einigung mit Besitzkonstitut und Insichgeschäft
bb) Treuhandkonten
aaa) Ausnahme vom Unmittelbarkeitsprinzip bei Anderkonten: ein Zufallsprodukt
bbb) Entwicklung alternativer Abgrenzungskriterien für den Vollstreckungsschutz bei Treuhandkonten
ccc) Zusammenfassende Würdigung
cc) Sonstige Abweichungen vom Unmittelbarkeitsprinzip
aaa) Der Bauhandwerkerfall RGZ 79, 121
bbb) Die Grundlagenentscheidung RGZ 84, 214
ccc) Das Urteil des RG vom 25. Mai 1921
4. Ergebnis: Das Unmittelbarkeitsprinzip muss überwunden werden
II. Entwicklung eines einheitlichen Konzepts der Treuhandaußenwirkungen (Leitlinien)
1. Einheitliche Ansätze um 1900
2. Vollstreckungs- und Drittschadensproblematik
3. Vollstreckungs- und Einwendungsproblematik
4. Vollstreckungs- und Verfügungsproblematik
III. Arbeitshypothesen
Zweiter Teil Die Verwaltungstreuhand in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung
§ 5 Lehren aus der Unmittelbarkeitsdiskussion
I. Allgemeine Anerkennung von Treuhandwirkungen in der frühen Rechtsprechung des RG
1. Treuhandwirkung und Art. 368 Abs. 2 ADHGB
2. Beschränkte Rechtsstellung des Treuhänders
3. Aussonderungsrecht des Treugebers trotz fehlender Unmittelbarkeit
4. Zwischenergebnis
II. Gründe für die Entwicklung des Unmittelbarkeitsprinzips im 20. Jahrhundert
1. Fehlende Übernahme des § 392 Abs. 2 HGB in das Bürgerliche Gesetzbuch
a) Wortlaut und Begründung der Änderungsanträge
b) Ablehnung der Anträge durch die 2. BGB-Kommission
c) Konsequenzen
2. Freie Wahl des Hintermanns
3. Offenkundigkeit der Vermögensverhältnisse
4. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen
a) Rechtsprechung des Reichsgerichts
b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
d) Konsequenzen
4. Manipulationsgefahr
III. Zusammenfassung
§ 6 Vorhandene Ansätze zur Ablösung des Unmittelbarkeitsprinzips
I. Offenkundigkeit als Abgrenzungskriterium?
1. Vier Thesen von Canaris aus der Festschrift Flume
2. Spätere Akzentverschiebung in der Position von Canaris
3. Stellungnahme
a) Untauglichkeit einer Kombination von Unmittelbarkeits- und Offenkundigkeitsprinzip
b) Offenkundigkeit als generelle Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes bei der Treuhand?
aa) Offenkundigkeit als hinreichende Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes?
bb) Offenkundigkeit als notwendige Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes?
aaa) Unterscheidung von Publizität und Offenkundigkeit
bbb) Offenkundigkeit und § 392 Abs. 2 HGB
ccc) Offenkundigkeit bei Forderungen
ddd) Fehlende Außenwirkung des stellvertretungsrechtlichen Offenkundigkeitsprinzip
c) Beweisprobleme
d) Sonderfall: Grundstücksrecht
e) Zusammenfassung
II. Bestimmtheit als Abgrenzungskriterium?
1. Konsequente Ausformung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei Assfalg
2. Der Ansatz von Stier: Vermögensverlust durch Belastung mit einem schuldrechtlichen Anspruch
3. Der Ansatz von Michaels: Sachzuordnung durch Kaufvertrag
a) Grundthesen
b) Neue Systematisierung der subjektiven Rechte
c) Erkennbarkeit der Sachzuordnung im Verfügungsrecht
d) Folgen für den Vollstreckungsschutz des Käufers
4. Stellungnahme
a) Identischer Treugeberschutz bei Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung
aa) Unabhängigkeit des Vollstreckungsschutzes von subjektiven Kriterien
bb) Genereller Ausschluss schuldnerfremder Gegenstände von der Verwertung
b) Schutzunterschiede zwischen besitzlosem Eigentümer und obligatorisch Berechtigtem
aa) Keine Sonderstellung der obligatio dandi im Rahmen des § 826 BGB
bb) Maßstab der Bösgläubigkeit beim gutgläubigen Erwerb
cc) Das „die Veräußerung hindernde Recht“ (§ 771 ZPO)
c) Kein Zusammenhang zwischen Anspruch auf Erfüllung in natura und Vollstreckungsschutz des Gläubigers
aa) Keine „Weggabe von Verfügungsgewalt“ durch den Kauf
bb) Unterschiede zwischen dem deutschen und angloamerikanischen Recht
cc) Vollstreckbarkeit von Ansprüchen auf vertretbare Sachen im deutschen Recht (§ 884 ZPO)
d) Die Vormerkung als Sonderfall
e) Abschließende Würdigung
III. Zeitmoment als Abgrenzungskriterium?
1. Der Ansatz von Kötz
2. Fortführung bei Walter
3. Stellungnahme
IV. Zusammenfassung
§ 7 Der eigene Ansatz: § 392 Abs. 2 HGB als gesetzliches Zuordnungskonzept
I. Stand der Diskussion
1. Analogie zu § 392 Abs. 2 HGB bei mittelbarer Stellvertretung
a) Analoge Anwendung auf die vom Kommissionär erworbenen Gegenstände
b) Analoge Anwendung im bürgerlichen Recht
2. § 392 Abs. 2 HGB als allgemeines Erklärungsmodell für den Vollstreckungsschutz bei der Treuhand (Schless)
II. Die widersprüchliche Entstehungsgeschichte des Art. 368 Abs. 2 ADHGB
1. Frühe Ansätze aus den 1830er Jahren
2. Frankfurter Entwurf von 1849
3. Preußischer Entwurf von 1857
4. Weichenstellung in der Nürnberger Kommission zum ADHGB
a) Die Basis der Kritik an Art. 284 des Preußischen Entwurfs
b) Trennung von Mandat und Vollmacht: Grundlage dogmatischer Bedenken gegen das Prinzip des Art. 284
c) Vorrang der Billigkeit vor der Dogmatik
d) Problem gattungsmäßig bestimmter Aufträge
e) Überraschende Streichung des Art. 284 in den Schlussberatungen
f) Zufälligkeiten in der gesetzgeberischen Entscheidung
III. Widersprüche in der Entstehungsgeschichte des HGB und des BGB und ihre Folgewirkungen für den heutigen Diskussionsstand
1. Übernahme der widersprüchlichen ADHGB-Regelung in das HGB
2. Vertiefung der Widersprüche durch die 2. BGB-Kommission
3. Folgen für die heutige Diskussion
5. Zwischenergebnis
6. Die Lösung im Schweizerischen Recht als Bestätigung der historisch bedingten Zufälligkeiten
IV. Anerkennung des Geschäfts für den, den es angeht, der antizipierten Einigung mit Besitzkonstitut und des Insichgeschäfts: Ein wertungsmäßiger Widerspruch zur Position der h.M.
1. Offenes und verdecktes Geschäft für den, den es angeht
2. Die Entwicklung der Rechtsprechung
a) Rechtsprechung des Reichsgerichts
aa) Ablehnung der Drittwirkung bei schuldrechtlichen Verträgen
bb) Direkterwerb des Hintermanns beim dinglichen Geschäft
aaa) Grundsteinlegung für die Hilfskonstruktionen in RGZ 11, 123 und RGZ 30, 141
bbb) Ablehnung des Rechtserwerbs beim Hintermann in RGZ 72, 192
ccc) Endgültige Wende der Rechtsprechung in RGZ 99, 208
b) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
aa) Anerkennung des schuldrechtlichen Geschäfts für den, den es angeht, in Ausnahmefällen
bb) Bestätigung der Rechtsgrundsätze zum dinglichen Geschäft für den, den es angeht
3. Würdigung
a) Schuldrechtliches Geschäft für den, den es angeht
b) Dingliches Geschäft für den, den es angeht
aa) Fehlende Relevanz des Bargeschäftscharakters
bb) Widerspruch zur Entscheidung des ADHGB-Gesetzgebers
cc) Grenzen des Anwendungsbereichs
aaa) Fehlender Fremderwerbswille des Mittlers
bbb) Unanwendbarkeit im Grundstücksrecht
ccc) Problematik bei Traditionspapieren
V. Zwischenergebnis
VI. Analogie trotz gegenteiliger gesetzgeberischer Entscheidung
1. Planwidrige Gesetzeslücke?
2. Ausnahmen von der Bindung an die gesetzgeberische Entscheidung
a) „Nachträgliche Lücke“ aufgrund Funktionswandels?
aa) Allgemeine Rechtsfortbildung aufgrund Funktionswandels (Michel)
bb) Keine generelle Lösung für das Treuhandproblem
b) Fehlende Bindung bei Motivirrtümern des historischen Gesetzgebers
aa) Darstellung vorhandener Ansätze
bb) Stellungnahme
VII. Ergebnis
§ 8 Die Gefahrtragungsthese: Vom konstruktiv dinglichen zum funktionell-teleologischen Denken
I. Überwindung des dinglichen Treuhandmodells
1. Dingliche Rechtsposition als Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes?
a) Teilung der Rechtszuständigkeit?
aa) Geteiltes, relatives und wirtschaftliches Eigentum
bb) Fehlen einer inhaltlichen Rechtfertigung
cc) Zur „Verdinglichung“ der Treugeberposition
dd) Der Begriff „wirtschaftliches“ Eigentum: Synonym für eine funktionell-teleologische Betrachtungsweise
b) Rückfall des Treuguts auf den Treugeber im Vollstreckungsfall
aa) Auflösende Bedingung (Schultze)
bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage (Anker)
cc) Kritik
c) Zwischenergebnis
2. Dinglicher Übertragungsakt als Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes?
a) Unabhängigkeit des Treugeberschutzes vom Weg der Begründung des Treuhandverhältnisses
b) Die Wertung des § 392 Abs. 2 HGB
3. Zusammenfassung
II. Begründung des schuldrechtlichen Treuhandmodells
1. Hinweis auf das Billigkeitsrecht?
2. Drittwirkung des Treuhandvertrags (Grundmann)?
a) Dogmatische Begründung
b) Würdigung
3. Vollstreckungsrechtlicher Begründungsansatz
a) Dogmatische Begründung
aa) Maßgeblichkeit des Wertumsatzes (Scharrenberg)
bb) Maßgeblichkeit der Haftungsunterworfenheit (Walter)
b) Würdigung
aa) Auseinanderfallen von Rechtszuständigkeit und Haftungsunterworfenheit?
bb) „Wertumsatz“ und Vermögenszugehörigkeit?
4. Gefahrtragung und Vermögenszugehörigkeit
a) Orientierung an den Wertungen des § 392 Abs. 2 HGB
aa) Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 368 Abs. 2 ADHGB
bb) Bestätigung durch gesetzliche Regelungen aus dem 18. Jahrhundert
aaa) „Gefahrtragung“ bei Forderungen
bbb) Gefahrtragung und del credere-Haftung
ccc) Fehlende Differenzierung im ADHGB und HGB
b) Gefahrtragungsthese im Treuhandrecht
aa) Der Wirkungsvergleich: eine inversive Methode
bb) Orientierung am Regeltatbestand: Gefahrtragung des Rechtsträgers (casum sentit dominus)
cc) Bestätigung der Gefahrtragungsthese durch den Vollstreckungsschutz bei Miete, Pacht, Leihe und Verwahrung
dd) Kein Gefahrübergang auf den Käufer durch Kaufpreiszahlung
c) Bedeutung sonstiger Kriterien für die Vermögenszuordnung
aa) Nutzungsmöglichkeit
bb) Weisungsbindung
d) Herausgabe- und Verschaffungsansprüche
e) Gefahrtragung und dingliches Recht
f) Indizien für die Gefahrtragung
aa) Gegenleistungsfreie Übertragung
bb) Weisungsbindung des Rechtsträgers
cc) Nutzungszuweisung zum Hintermann
III. Zusammenfassung
§ 9 Bewährung der Gefahrtragungsthese im Vollstreckungsrecht
I. Kaufverträge
1. Vollstreckungsschutz des Drittkontrahenten bei der Kommission?
2. Sonderfälle der Gefahrtragung beim Kaufgeschäft
II. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung
1. Weiterverkauf bei einfachem Eigentumsvorbehalt
2. Vollstreckungsschutz zugunsten des Vorbehaltskäufers/Sicherungsgebers
a) Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung bei Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung
b) Bestätigung der herrschenden Meinung
III. Schenkung
1. Vollstreckungsschutz bei formgültigem Schenkungsversprechen
2. Kein Vollzug der Schenkung bei der Vereinbarungstreuhand
3. Abgrenzung zu sonstigen Fällen der Vereinbarungstreuhand
IV. Leasing
1. Operatingleasing
2. Finanzierungsleasing
a) Gefahrtragung des Leasingnehmers
b) Folgen für den Vollstreckungsschutz des Leasingnehmers
V. Factoring
VI. Darlehen
VII. Vermächtnis
1. Verhandlungen der 2. BGB-Kommission
2. Gesetzesvorschlag des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht
3. Die weitere Diskussion de lege lata und de lege ferenda
4. Würdigung auf der Basis der Gefahrtragungsthese
VIII. Bereicherungsrecht
1. Ansätze zur Verknüpfung von Treuhand und Bereicherungsrecht
2. Würdigung auf der Basis der Gefahrtragungsthese
a) Gefahrtragung im Bereicherungsrecht
b) Gefahrtragungsthese und angloamerikanisches Trustrecht
IX. Zusammenfassung
Dritter Teil Bewährung der Gefahrtragungsthese bei sonstigen Treuhandwirkungen
§ 10 Treuhand und Drittschadensliquidation
I. Das Zuordnungsproblem im Schadensrecht
1. Erforderlichkeit einer neuen Systematisierung der Drittschadensfälle: Das Zuordnungsproblem im Deliktsrecht und die Einbeziehung von Drittinteressen im Vertragsrecht
2. Mittelbare Stellvertretung
a) Konzentration der Rechtsprechung auf Vertragsverletzungen
b) Mittelbare Stellvertretung und Deliktshaftung
3. Treuhand
a) Konzentration der Rechtsprechung auf Vertragsverletzungen
aa) OAG Lübeck: Der Korkholz-Fall
bb) Rechtsprechung des Reichsgerichts
cc) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
b) Treuhand und Deliktshaftung
aa) Amtspflichtverletzungen gegenüber dem Treuhänder
bb) Deliktische Schädigung des Treuguts
c) Zusammenfassende Würdigung
4. Obligatorische Gefahrentlastung bei Übereignungspflichten
a) Tatbestände der Gefahrentlastung
b) Trennung der deliktsrechtlichen Zuordnungsfragen von den Vertragsproblemen bei obligatorischer Gefahrentlastung
5. Obhut für fremde Sachen
6. Zusammenfassung
II. Eigene Lösung für die Fälle deliktischer Schädigungen
1. Drittschadensliquidation versus Lehre vom normativen Schaden
2. Die „wirtschaftliche“ Rechtsträgerschaft als Grundlage deliktischer Ersatzansprüche
a) Verknüpfung von Gefahrtragung und Deliktsschutz
aa) Deliktsschutz bei mittelbarer Stellvertretung (Kommission)
bb) Deliktsschutz bei sonstigen Fällen der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung
b) „Wirtschaftliche“ Rechtsträgerschaft und Deliktsschutz nach § 823 Abs. 1 BGB
c) Beschränkung des Deliktsschutzes auf den „wirtschaftlichen“ Rechtsträger
d) Zuordnung der Schadensersatzforderung
III. Ergebnis zur Drittschadensliquidation
§ 11 Einwendungs- und Aufrechnungsprobleme bei der Treuhand
I. Einwendungen in Treuhandkonstellationen
1. Einwendungen des Schuldners beim Vollindossament zu Inkassozwecken
2. Einwendungen des Schuldners bei treuhänderischer Forderungseinziehung
3. Einwendungsproblematik und Legitimationstheorie
4. Ausnahme für die Sicherungstreuhand
II. Aufrechnung in Treuhandkonstellationen
1. Aufrechnung durch Treugeber und Treuhänder
a) Aufrechnung des Treugebers gegenüber dem Dritten mit einer ihm nur „wirtschaftlich“ zustehenden Forderung?
b) Aufrechnung des Treuhänders gegenüber dem Dritten mit einer dem Treugeber zustehenden Forderung?
c) Aufrechnung des persönlich verpflichteten Treuhänders gegenüber dem Dritten mit einer ihm nur treuhänderisch zustehenden Forderung?
2. Aufrechnungen durch den Dritten
a) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Treuhänder mit einer Forderung gegen den Treugeber
b) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Treugeber mit einer Forderung gegen den Treuhänder
c) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Treuhänder/Kommissionär mit einer inkonnexen Gegenforderung
aa) Diskussionsstand bei klassischen Treuhandkonstellationen
aaa) Inkassozession
bbb) Treuhandkonten
bb) Diskussionsstand im Kommissionsrecht
aaa) Zulässigkeit der Aufrechnung bis zur Grenze der Arglist
bbb) Generelle Unzulässigkeit der Aufrechnung
ccc) Unzulässigkeit der Aufrechnung bei Kenntnis vom Handeln für fremde Rechnung
cc) Eigenes Modell für alle Fälle der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung
aaa) Der Treuhandcharakter der Kommission und seine Folgen für die Aufrechnungsproblematik
bbb) Analogie zu § 406 BGB bei verdeckter Kommission
ccc) Analogie zu § 406 BGB bei verdeckten Treuhandkonten
ddd) Zwischenergebnis zur Aufrechnungsbefugnis bei inkonnexen Forderungen
III. Gesamtergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik
§ 12 Treuwidrige Verfügungen
I. Stand der Diskussion
1. Treuwidrige Verfügungen
a) Allgemeines Treuhandrecht
aa) Ablehnung von Verfügungsschutz durch die h.M.
aaa) Rechtsprechung des Reichsgerichts
bbb) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
ccc) Zusammenfassung der Rechtsprechungsanalyse
ddd) Unterstützung der Rechtsprechung in der Lehre
eee) Reduktion der Anforderungen im subjektiven Bereich
fff) Ausnahme bei Verfügungen zugunsten von Gläubigern des Treuhänders
bb) Verfügungsschutz über auflösende Bedingung
cc) Verfügungsschutz durch entsprechende Anwendung der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht
aaa) Überlegungen de lege ferenda
bbb) Überlegungen de lege lata
ccc) Maßstab der Gutgläubigkeit des Dritten
b) Kommissionsrecht
aa) Rechtsprechung
bb) Literatur
aaa) Wirksamkeit der Verfügung bei Neugeschäften
bbb) Verbindungslinien zwischen Kommissions- und Treuhandrecht
ccc) Schuldnerschutz bei treuwidrigen Verfügungen
2. Aufrechnung des Mittlers mit inkonnexen Forderungen
a) Aufrechnung des Kommissionärs
aa) Rechtsprechung des BGH
bb) Literatur
b) Aufrechnung des Treuhänders
aa) Vertraglicher Aufrechnungsausschluss bei Anderkonten
bb) Aufrechnungsausschluss analog § 392 Abs. 2 HGB
II. Eigene Lösung
1. Vermeidung von Widersprüchen
a) Widersprüche in der Beurteilung von Treuhand und Kommission
b) Widersprüche in der Beurteilung von Abtretung und Aufrechnung
c) Gleiches Schutzniveau bei Vollstreckungen und Verfügungen
aa) Übertragung der Wertungen aus dem Kommissionsins Treuhandrecht
bb) Ausdehnung des Schutzes auf alle treuwidrigen Verfügungen
d) Teleologische Bestimmung der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB)
2. Ablehnung der Missbrauchslehre
a) Unanwendbarkeit der Missbrauchslehre bei verdeckter Treuhand
b) Anwendbarkeit der Missbrauchslehre bei offener Treuhand?
c) Ergebnis: Unanwendbarkeit der Missbrauchslehre im Treuhandrecht
3. Der Rechtsträger für fremde Rechnung als nichtberechtigt Verfügender
a) Verfügungen über bewegliche Sachen und Grundstücksrechte
b) Verfügungen über Forderungen und andere Nichtsachenrechte
c) Entbehrlichkeit der Bedingungskonstruktion
4. Vereinbarkeit mit § 137 BGB
a) Verfügungsbeschränkung oder Verlagerung der Verfügungsbefugnis?
b) Teleologische Reduktion des § 137 BGB
III. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen
Vierter Teil Schluss
§ 13 Zusammenfassung
I. Hauptthesen
II. Historischer Befund
III. Ergebnis zum Vollstreckungsrecht
IV. Ergebnis zum Schadensrecht
V. Ergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik
VI. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen
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JUS P R I V A T U M Beiträge zum Privatrecht Band 107

ARTIBUS

Georg Bitter

Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung Außenrecht der Verwaltungstreuhand

Mohr Siebeck

Georg Bitter, g e b o r e n 1968; rechtswissenschaftliches Studium in H a m b u r g und Genf; 1999 Promotion in H a m b u r g ; Stipendiat d e r Studienstiftung des deutschen Volkes; 1999-2005 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Bonn (Lehrstuhl Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt); 2005 Habilitation in Bonn; seit O k t o b e r 2005 I n h a b e r des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Bank-, Börsen- und Kapitalmarktrecht an der Universität M a n n h e i m .

978-3-16-158029-1 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-149035-5 ISBN-13 978-3-16-149035-4 ISSN 0940-9610 (Jus P r i v a t u m ) Die D e u t s c h e Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische D a t e n sind im Internet ü b e r http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2006 M o h r Siebeck T ü b i n g e n . D a s Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung a u ß e r h a l b der engen G r e n z e n des U r h e b e r r e c h t s g e s e t z e s ist o h n e Z u s t i m m u n g des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt i n s b e s o n d e r e für Vervielfältigungen, Ü b e r s e t z u n g e n , Mikroverfilmungen und die E i n s p e i c h e r u n g u n d Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch w u r d e von G u i d e - D r u c k in T ü b i n g e n aus der Times belichtet, auf alterungsbeständiges W e r k d r u c k p a p i e r g e d r u c k t und von d e r Buchbinderei Spinner in Ottersweier g e b u n d e n .

Vorwort D e r Jurist hat den Rechtsstoff zu ordnen. In diesem Bestreben sind die trennscharfen Klassen des Schuldrechts und des Sachenrechts entstanden. Im Sachenrecht werden Gegenstände einer Person zugeordnet. Das Schuldrecht hingegen regelt, ob eine Person die sachenrechtliche Z u o r d n u n g zu ändern, ob sie einen bestimmten Gegenstand einem a n d e r e n zu verschaffen hat. Die Treuhand fügt sich in dieses trennklare System nicht recht ein: Sie zeigt, dass es zwischen dem „für sich H a b e n " des Eigenrechts und dem „verlangen k ö n n e n " des schuldrechtlichen Verschaffungsanspruchs eine Zwischensphäre des „ H a b e n s für einen D r i t t e n " gibt - die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung. Der Treugeber ist wirtschaftlich gesehen Eigentümer und das zwingt uns, ihn bisweilen zu behandeln, als wäre er auch rechtlich Eigentümer. So haben wir im Insolvenz- und Vollstreckungsrecht, aber auch im Deliktsrecht oder im Recht der Verfügungen unser schulmäßiges, in den Kategorien von Schuld- und Sachenrecht verhaftetes D e n k e n zu verlassen: D e r Treugeber wird, obwohl er nur Inhaber eines schuldrechtlichen Anspruchs auf (Rück-)übertragung des Treugutes ist, in mancher Hinsicht dem Inhaber eines dinglichen Rechts gleichgestellt. Diese Gleichstellung wird von der Rechtsprechung - allerdings nur im Insolvenz- und Vollstreckungsrecht - seit über 100 Jahren durch das sog. Unmittelbarkeitsprinzips begrenzt: D e r Treugeber soll gegenüber den Gläubigern des Treuhänders nur dann Vollstreckungsschutz g e m ä ß §§771 Z P O , 47 InsO genießen, wenn er das Treugut unmittelbar auf den Treuhänder übertragen hat (Übertragungstreuhand), nicht aber, wenn der Treuhänder es im Auftrag des Treugebers in mittelbarer Stellvertretung von Dritten erwirbt (Erwerbstreuhand) oder der Treuhänder einen bislang zu Eigenrecht gehaltenen Gegenstand zukünftig als Treugut für den Treugeber hält (Vereinbarungstreuhand). Dieses Ergebnis verwundert, steht doch am E n d e des Weges immer dasselbe Phänomen: das Vollrecht des Treuhänders und der nur schuldrechtliche (Rück-)übertragungsanspruch des Treugebers. Um die Unmittelbarkeitsdoktrin zu überwinden, muss ein Kriterium aufgezeigt werden, mit dessen Hilfe der mit Vollstreckungsschutz versehene schuldrechtliche Herausgabeanspruch des Treugebers abgegrenzt werden kann von dem ebenfalls nur schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch, der keine Drittwiderspruchs- und Aussonderungsrechte begründet. Bei der Suche nach diesem

VI

Vorwort

Kriterium werden weitere Außenwirkungen der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, etwa bei deliktischen Schädigungen von Treugut, bei der Aufrechnung mit treuhänderisch gehaltenen Forderungen oder bei treuwidrigen Verfügungen mit in den vergleichenden Blick g e n o m m e n . Das Ziel ist ein konsistentes Treuhandmodell, das einerseits eine klare Verortung der Treuhand zwischen Schuld- und Sachenrecht ermöglicht, andererseits die in den verschiedenen Rechtsbereichen bisher sehr disparat beurteilten Außenwirkungen der Treuhand in einem System zusammenführt. Die Arbeit hat der B o n n e r Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät im S o m m e r 2005 als Habilitationsschrift vorgelegen. Vor der Drucklegung wurde sie aktualisiert; Rechtsprechung und Literatur sind bis zum Frühjahr 2006 berücksichtigt. Mein besonderer D a n k gilt meinem akademischen Lehrer, H e r r n Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt, an dessen Lehrstuhl am Bonner Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht ich schöne und lehrreiche Jahre verbracht habe. Sein Anliegen, hinter Einzelphänomenen das Sinnganze zu entdecken, Verbindungslinien zwischen scheinbar G e t r e n n t e m aufzuspüren und systemstörende Widersprüche aufzulösen, hat diese Arbeit geprägt. D a n k e n möchte ich auch H e r r n Prof. Dr. Eberhard Schilken für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens, ferner meinen Institutskollegen Dr. Tim Florstedt und Dr. Christian Schneider sowie meinem Studienfreund Matthias Drischler für viele anregende Diskussionen sowie für die Durchsicht des Manuskriptes. Auch den weiteren Kolleginnen und Kollegen am Institut für Handelsund Wirtschaftsrecht der Universität Bonn sei für ihre vielfältige Hilfe und für die freundschaftliche A t m o s p h ä r e gedankt, in der diese Arbeit entstehen konnte. D e r Johanna und Fritz Buch Gedächtnisstiftung in H a m b u r g sage ich Dank für die G e w ä h r u n g eines großzügigen Druckkostenzuschusses zur Veröffentlichung der Arbeit. Ich widme die Arbeit meiner Familie und meinen Freunden, die mir in den zurückliegenden Jahren zur Seite gestanden haben. Bonn/Mannheim,

im Frühjahr

2006

Georg

Bitter

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht

VII

Inhaltsverzeichnis

XI

Erster Teil: Grundlagen §1

Einführung I. Die Treuhand: Faszination und Rätselhaftigkeit II. Das Z u o r d n u n g s p r o b l e m bei der Treuhand III. Inhalt, A u f b a u und M e t h o d e der Arbeit

2 2 7 17

§2

Der Standort der Verwaltungstreuhand zwischen Schuldrecht und Sachenrecht - Eine B e s t a n d s a u f n a h m e I. Analyse der Rechtsprechung II. Analyse der Literatur III. Z u s a m m e n f a s s u n g

21 22 32 36

§3

Gesetzliche Schutzkonzepte I. Gesetzliche Spezialregelungen II. Die Kommission als konzeptionelle Grundlage?

37 37 48

§4

Vom Unmittelbarkeitsprinzip zu einer Lehre von den Außenwirkungen der Treuhandabrede I. Ü b e r w i n d u n g des Unmittelbarkeitsprinzips im Vollstreckungsrecht II. Entwicklung eines einheitlichen Konzepts der Treuhandaußenwirkungen (Leitlinien) III. Arbeitshypothesen

Die Verwaltungstreuhand §5

Zweiter Teil: in Insolvenz und

51 51 107 115

Einzelzwangsvollstreckung

Lehren aus der Unmittelbarkeitsdiskussion I. Allgemeine A n e r k e n n u n g von Treuhandwirkungen in der frühen Rechtsprechung des R G

120 120

VIII

Inhaltsübersicht

II. G r ü n d e für die Entwicklung des Unmittelbarkeitsprinzips im 20. Jahrhundert III. Z u s a m m e n f a s s u n g §6

§7

§8

§9

125 139

Vorhandene Ansätze zur Ablösung des Unmittelbarkeitsprinzips I. Offenkundigkeit als Abgrenzungskriterium? II. Bestimmtheit als Abgrenzungskriterium? III. Z e i t m o m e n t als Abgrenzungskriterium? IV. Zusammenfassung

141 142 159 182 187

Der eigene Ansatz: § 392 Abs. 2 H G B als gesetzliches Zuordnungskonzept I. Stand der Diskussion II. Die widersprüchliche Entstehungsgeschichte des Art. 368 Abs. 2 A D H G B III. Widersprüche in der Entstehungsgeschichte des H G B und des B G B und ihre Folgewirkungen für den heutigen Diskussionsstand IV. A n e r k e n n u n g des Geschäfts für den, den es angeht, der antizipierten Einigung mit Besitzkonstitut und des Insichgeschäfts: Ein wertungsmäßiger Widerspruch zur Position der h.M V. Zwischenergebnis VI. Analogie trotz gegenteiliger gesetzgeberischer Entscheidung VII. Ergebnis

189 191 198

210

221 246 248 262

Die Gefahrtragungsthese: Vom konstruktiv dinglichen zum funktionell-teleologischen D e n k e n I. Überwindung des dinglichen Treuhandmodells II. Begründung des schuldrechtlichen Treuhandmodells . . . . III. Z u s a m m e n f a s s u n g

264 264 283 324

Bewährung der Gefahrtragungsthese im Vollstreckungsrecht I. Kaufverträge II. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III. Schenkung IV. Leasing V. Factoring VI. Darlehen VII. Vermächtnis VIII. Bereicherungsrecht IX. Z u s a m m e n f a s s u n g

326 326 333 337 341 349 351 352 359 366

. .

IX

Inhaltsübersicht

Bewährung

Dritter Teil: der Gefahrtragungsthese bei sonstigen

Treuhandwirkungen

§10

Treuhand und Drittschadensliquidation I. Das Zuordnungsproblem im Schadensrecht II. Eigene Lösung für die Fälle deliktischer Schädigungen . . . III. Ergebnis zur Drittschadensliquidation

369 370 394 410

§11

Einwendungs-und Aufrechnungsprobleme bei der Treuhand I. Einwendungen in Treuhandkonstellationen II. Aufrechnung in Treuhandkonstellationen III. Gesamtergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik

412 413 422

§12

Treuwidrige Verfügungen I. Stand der Diskussion II. Eigene Lösung III. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen

. .

452 453 454 483 514

Vierter Teil: Schluss §13

Zusammenfassung I. Hauptthesen II. Historischer Befund III. Ergebnis zum Vollstreckungsrecht IV. Ergebnis zum Schadensrecht V. Ergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik VI. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen

Literaturverzeichnis

518 518 519 520 522 523 524 526

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsübersicht

VII

Inhaltsverzeichnis

XI Erster Teil Grundlagen

§1

§2

Einführung I. Die Treuhand: Faszination und Rätselhaftigkeit II. Das Zuordnungsproblem bei der Treuhand 1. Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips im Vollstreckungsrecht 2. Verbindungslinien zwischen erkannten und unerkannten Problemen des Treuhandaußenrechts 3. Konzentration auf das „Vermögensinteresse" des Treugebers 4. Vorhandene Ansätze zur Bestimmung des „Vermögensinteresses" III. Inhalt, Aufbau und Methode der Arbeit 1. Überblick über den Inhalt 2. Methode

2 2 7 11 13 13 16 17 17 18

a) Die Vorgehensweise dieser A r b e i t b) Europäische Prinzipien und Rechtsvergleichung

18 19

D e r Standort der V e r w a l t u n g s t r e u h a n d zwischen Schuldrecht und Sachenrecht - E i n e B e s t a n d s a u f n a h m e I. Analyse der Rechtsprechung 1. Rechtsprechung des Reichsgerichts

21 22 22

a) b) c) d)

Formelle und wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit Obligatorische Bindung im Innenverhältnis H a n d e l n im „Interesse" des Treugebers Resümee

2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs a) Nutzung der Vermögenssubstanz b) Weisungsbindung c) Die schuldrechtliche Bindung als untaugliches Abgrenzungskriterium

...

22 24 25 26

27 27 28 29

XII

Inhaltsverzeichnis d ) D i e n e u e „ Z w e i - K o m p o n e n t e n - T h e o r i e " des IX. Z i v i l s e n a t s

3. Ergebnis der Rechtsprechungsanalyse II. Analyse der Literatur 1. Die Definition von Schultze und ihre Weiterentwicklung in der Literatur 2. Die Treuhanddefinition von Schless 3. Die Treuhanddefinition der Principles of European Trust Law III. Zusammenfassung §3

§4

Gesetzliche Schutzkonzepte I. Gesetzliche Spezialregelungen 1. Investmentgesetz (InvG) 2. D e r Treuhänder im Verfahren der Restschuldbefreiung (§292 InsO) 3. D e r Sanierungstreuhänder des B a u G B 4. Treuhandkonstruktionen bei Verbriefung von Krediten (Asset Backed Securities) 5. Sonstige Spezialregelungen 6. Zwischenergebnis II. Die Kommission als konzeptionelle Grundlage? Vom U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p zu einer L e h r e von den Außenwirkungen der Treuhandabrede I. Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips im Vollstreckungsrecht 1. Entwicklung und Inhalt des Unmittelbarkeitsprinzips . . a) D e r G r u n d s a t z : Schutz des T r e u g e b e r s in Insolvenz und Zwangsvollstreckung b) Kein V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z bei d e r E r w e r b s t r e u h a n d . . . . a a ) R e c h t s p r e c h u n g des R G a a a ) V o r b o t e n des U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p s b b b ) D i e G r u n d l a g e n e n t s c h e i d u n g R G Z 84, 214 . . . bb) Rechtsprechung des B G H a a a ) O b i t e r dicta in d e r f r ü h e n R e c h t s p r e c h u n g ... b b b ) R ü c k b e s i n n u n g auf das U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p in d e r j ü n g e r e n R e c h t s p r e c h u n g des IX. Zivilsenats c) Kein V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z bei d e r V e r e i n b a r u n g s t r e u h a n d - D i e n e u e „ Z w e i - K o m p o n e n t e n - T h e o r i e " des IX. Z i v i l s e n a t s d) S u r r o g a t i o n s v e r b o t als Folge d e s U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p s . a a ) E i n f ü h r u n g d u r c h das R e i c h s g e r i c h t bb) Bestätigung durch den Bundesgerichtshof

30

31 32 32 34 35 36 37 37 38 41 41 43 46 47 48 51 51 52 52 54 55 55 56 58 58

60

61 64 64 66

Inhaltsverzeichnis

e) Folgen für das A n f e c h t u n g s r e c h t

XIII 68

2. A b l ö s u n g d e s U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p s in d e r Literatur

68

a) K o m m e n t a r l i t e r a t u r b) Sonstiges Schrifttum aa) B e f ü r w o r t e r des Unmittelbarkeitsprinzips bb) G e g n e r des Unmittelbarkeitsprinzips

69 71 71 73

3. D i e w e s e n t l i c h e n K r i t i k p u n k t e a) Hin- und H e r ü b e r t r a g u n g zur U m g e h u n g des Unmittelbarkeitsprinzips b) Widersprüche in der B e g r ü n d u n g des Unmittelbarkeitsprinzips aa) Die K r e d i t g e f ä h r d u n g als untaugliches Differenzierungskriterium bb) D e r Treuhandbegriff als untaugliches Differenzierungskriterium cc) Die Möglichkeit der Eigensicherung als untaugliches Differenzierungskriterium dd) Zusammenfassende Würdigung c) Keine k o n s e q u e n t e D u r c h f ü h r u n g des Unmittelbarkeitsprinzips aa) Unmittelbarkeitsprinzip versus Geschäft für den, den es angeht, antizipierte Einigung mit Besitzkonstitut und Insichgeschäft bb) Treuhandkonten aaa) A u s n a h m e vom Unmittelbarkeitsprinzip bei A n d e r k o n t e n : ein Z u f a l l s p r o d u k t bbb) Entwicklung alternativer Abgrenzungskriterien für den Vollstreckungsschutz bei Treuhandkonten ccc) Z u s a m m e n f a s s e n d e Würdigung cc) Sonstige A b w e i c h u n g e n vom Unmittelbarkeitsprinzip aaa) D e r B a u h a n d w e r k e r f a l l R G Z 79, 121 b b b ) Die G r u n d l a g e n e n t s c h e i d u n g R G Z 84, 214 . . . ccc) D a s Urteil des R G vom 25. Mai 1921

75 75 80 80 82 84 85 86

86 87 89

95 102 103 103 104 105

4. E r g e b n i s : D a s U n m i t t e l b a r k e i t s p r i n z i p m u s s überwunden werden

106

II. E n t w i c k l u n g e i n e s e i n h e i t l i c h e n K o n z e p t s d e r Treuhandaußenwirkungen (Leitlinien)

107

1. E i n h e i t l i c h e A n s ä t z e u m 1 9 0 0

107

2. V o l l s t r e c k u n g s - u n d D r i t t s c h a d e n s p r o b l e m a t i k

109

3. V o l l s t r e c k u n g s - u n d E i n w e n d u n g s p r o b l e m a t i k

111

4. V o l l s t r e c k u n g s - u n d V e r f ü g u n g s p r o b l e m a t i k III. A r b e i t s h y p o t h e s e n

112 115

XIV

Inhaltsverzeichnis

Die Verwaltungstreuhand §5

Zweiter Teil in Insolvenz und

Einzelzwangsvollstreckung

L e h r e n aus d e r Unmittelbarkeitsdiskussion I. Allgemeine Anerkennung von Treuhandwirkungen in der frühen Rechtsprechung des R G 1. Treuhandwirkung und Art. 368 Abs. 2 A D H G B 2. Beschränkte Rechtsstellung des Treuhänders 3. Aussonderungsrecht des Treugebers trotz fehlender Unmittelbarkeit 4. Zwischenergebnis II. Gründe für die Entwicklung des Unmittelbarkeitsprinzips im 20. Jahrhundert 1. Fehlende Ü b e r n a h m e des §392 Abs. 2 H G B in das Bürgerliche Gesetzbuch a) W o r t l a u t u n d B e g r ü n d u n g d e r Ä n d e r u n g s a n t r ä g e b) A b l e h n u n g d e r A n t r ä g e d u r c h die 2. B G B - K o m m i s s i o n

120 120 120 122 123 125 125 126 . .

c) K o n s e q u e n z e n

2. Freie Wahl des Hintermanns 3. Offenkundigkeit der Vermögensverhältnisse 4. Abgrenzung zu schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen a) R e c h t s p r e c h u n g des Reichsgerichts b) R e c h t s p r e c h u n g des B u n d e s g e r i c h t s h o f s d) Konsequenzen

4. Manipulationsgefahr III. Zusammenfassung §6

V o r h a n d e n e A n s ä t z e zur A b l ö s u n g des Unmittelbarkeitsprinzips I. Offenkundigkeit als Abgrenzungskriterium? 1. Vier Thesen von Canaris aus der Festschrift Flume . . . . 2. Spätere Akzentverschiebung in der Position von Canaris 3. Stellungnahme a) U n t a u g l i c h k e i t e i n e r K o m b i n a t i o n von U n m i t t e l b a r k e i t s und Offenkundigkeitsprinzip b ) O f f e n k u n d i g k e i t als g e n e r e l l e V o r a u s s e t z u n g des V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z e s bei d e r T r e u h a n d ? a a ) O f f e n k u n d i g k e i t als h i n r e i c h e n d e V o r a u s s e t z u n g des Vollstreckungsschutzes? b b ) O f f e n k u n d i g k e i t als n o t w e n d i g e V o r a u s s e t z u n g des Vollstreckungsschutzes? a a a ) U n t e r s c h e i d u n g v o n Publizität u n d Offenkundigkeit

126 127 128

129 130 131 131 134 138

139 139 141 141 142 144 144 145 146 147 148 149

Inhaltsverzeichnis

XV

b b b ) O f f e n k u n d i g k e i t u n d §392 A b s . 2 H G B ccc) O f f e n k u n d i g k e i t bei F o r d e r u n g e n d d d ) F e h l e n d e A u ß e n w i r k u n g des stellvertretungsrechtlichen Offenkundigkeitsprinzip c) B e w e i s p r o b l e m e d ) Sonderfall: G r u n d s t ü c k s r e c h t e) Z u s a m m e n f a s s u n g

150 152

154 155 156 158

II. B e s t i m m t h e i t a l s A b g r e n z u n g s k r i t e r i u m ?

159

1. K o n s e q u e n t e A u s f o r m u n g d e s Bestimmtheitsgrundsatzes bei Assfalg

160

2. D e r A n s a t z v o n S t i e r : V e r m ö g e n s v e r l u s t d u r c h Belastung mit e i n e m schuldrechtlichen A n s p r u c h

. . . .

161

3. D e r A n s a t z v o n M i c h a e l s : S a c h z u o r d n u n g d u r c h Kaufvertrag

164

a) b) c) d)

164 165 166 167

Grundthesen Neue Systematisierung der subjektiven Rechte E r k e n n b a r k e i t d e r S a c h z u o r d n u n g im V e r f ü g u n g s r e c h t Folgen für d e n V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z des K ä u f e r s

. .

4. S t e l l u n g n a h m e a) I d e n t i s c h e r T r e u g e b e r s c h u t z bei Insolvenz u n d Einzelzwangsvollstreckung a a ) U n a b h ä n g i g k e i t des V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z e s von subjektiven Kriterien b b ) G e n e r e l l e r Ausschluss s c h u l d n e r f r e m d e r G e g e n s t ä n d e von d e r V e r w e r t u n g b) S c h u t z u n t e r s c h i e d e zwischen besitzlosem E i g e n t ü m e r und obligatorisch B e r e c h t i g t e m a a ) K e i n e S o n d e r s t e l l u n g d e r obligatio d a n d i im R a h m e n des § 826 B G B bb) Maßstab der Bösgläubigkeit beim gutgläubigen Erwerb cc) D a s „die V e r ä u ß e r u n g h i n d e r n d e R e c h t " (§771 Z P O ) c) Kein Z u s a m m e n h a n g zwischen A n s p r u c h auf E r f ü l l u n g in natura und Vollstreckungsschutz des Gläubigers aa) Keine „Weggabe von Verfügungsgewalt" durch den Kauf b b ) U n t e r s c h i e d e zwischen d e m d e u t s c h e n u n d angloamerikanischen Recht cc) V o l l s t r e c k b a r k e i t v o n A n s p r ü c h e n auf v e r t r e t b a r e S a c h e n im d e u t s c h e n R e c h t (§ 884 Z P O ) d ) D i e V o r m e r k u n g als S o n d e r f a l l e) A b s c h l i e ß e n d e W ü r d i g u n g III. Z e i t m o m e n t als A b g r e n z u n g s k r i t e r i u m ? 1. D e r A n s a t z v o n K ö t z

168 169 170 171 172 172 174 175 176 176 177 178 179 181 182 182

XVI

Inhaltsverzeichnis

2. Fortführung bei Walter

183

3. Stellungnahme

184

IV. Zusammenfassung §7

187

D e r eigene Ansatz: § 3 9 2 Abs. 2 H G B als gesetzliches Zuordnungskonzept

189

I. Stand der Diskussion

191

1. Analogie zu §392 Abs. 2 H G B bei mittelbarer Stellvertretung

191

a) Analoge Anwendung auf die vom Kommissionär erworbenen Gegenstände

192

b) Analoge Anwendung im bürgerlichen Recht

195

2. §392 Abs. 2 H G B als allgemeines Erklärungsmodell für den Vollstreckungsschutz bei der Treuhand (Schless)

..

196

II. Die widersprüchliche Entstehungsgeschichte des Art. 368 Abs. 2 A D H G B

198

1. Frühe Ansätze aus den 1830er Jahren

199

2. Frankfurter Entwurf von 1849

200

3. Preußischer Entwurf von 1857

201

4. Weichenstellung in der Nürnberger Kommission zum ADHGB

203

a) Die Basis der Kritik an Art. 284 des Preußischen Entwurfs .

203

b) Trennung von Mandat und Vollmacht: Grundlage dogmatischer B e d e n k e n gegen das Prinzip des Art. 284 . . .

204

c) Vorrang der Billigkeit vor der Dogmatik

205

d) Problem gattungsmäßig bestimmter Aufträge

205

e ) Überraschende Streichung des A r t . 2 8 4 in den Schlussberatungen f) Zufälligkeiten in der gesetzgeberischen Entscheidung

207 . . .

III. Widersprüche in der Entstehungsgeschichte des H G B und des B G B und ihre Folgewirkungen für den heutigen Diskussionsstand 1. Übernahme der widersprüchlichen A D H G B - R e g e l u n g in das H G B 2. Vertiefung der Widersprüche durch die 2. B G B - K o m m i s s i o n 3. Folgen für die heutige Diskussion 5. Zwischenergebnis 6. Die Lösung im Schweizerischen Recht als Bestätigung der historisch bedingten Zufälligkeiten IV. Anerkennung des Geschäfts für den, den es angeht, der antizipierten Einigung mit Besitzkonstitut und des Insichgeschäfts: Ein wertungsmäßiger Widerspruch zur Position der h.M

208

210 210 212 213 217 218

221

Inhaltsverzeichnis

XVII

1. O f f e n e s u n d v e r d e c k t e s G e s c h ä f t f ü r d e n , d e n e s angeht 2. D i e E n t w i c k l u n g d e r R e c h t s p r e c h u n g a) R e c h t s p r e c h u n g des R e i c h s g e r i c h t s a a ) A b l e h n u n g d e r D r i t t w i r k u n g bei s c h u l d r e c h t l i c h e n Verträgen b b ) D i r e k t e r w e r b des H i n t e r m a n n s b e i m dinglichen Geschäft a a a ) G r u n d s t e i n l e g u n g f ü r die H i l f s k o n s t r u k t i o n e n in R G Z 11, 123 u n d R G Z 3 0 , 141 bbb) A b l e h n u n g des Rechtserwerbs beim Hintermann in R G Z 72, 192 ccc) E n d g ü l t i g e W e n d e d e r R e c h t s p r e c h u n g in R G Z 99,208 b) R e c h t s p r e c h u n g d e s B u n d e s g e r i c h t s h o f s aa) A n e r k e n n u n g d e s s c h u l d r e c h t l i c h e n G e s c h ä f t s f ü r d e n , d e n es a n g e h t , in A u s n a h m e f ä l l e n b b ) B e s t ä t i g u n g d e r R e c h t s g r u n d s ä t z e z u m dinglichen G e s c h ä f t f ü r d e n , d e n es a n g e h t 3. W ü r d i g u n g a) S c h u l d r e c h t l i c h e s G e s c h ä f t f ü r d e n , d e n es a n g e h t b) Dingliches G e s c h ä f t f ü r d e n , d e n es a n g e h t aa) F e h l e n d e R e l e v a n z des B a r g e s c h ä f t s c h a r a k t e r s . . . . b b ) W i d e r s p r u c h zur E n t s c h e i d u n g des ADHGB-Gesetzgebers cc) G r e n z e n des A n w e n d u n g s b e r e i c h s a a a ) F e h l e n d e r F r e m d e r w e r b s w i l l e des Mittlers . . . b b b ) U n a n w e n d b a r k e i t im G r u n d s t ü c k s r e c h t ccc) P r o b l e m a t i k bei T r a d i t i o n s p a p i e r e n V. Z w i s c h e n e r g e b n i s

222 224 224 224 227 227 228 229 231 232 234 235 236 238 238 241 242 242 243 246 246

VI. Analogie trotz gegenteiliger gesetzgeberischer Entscheidung

248

1. P l a n w i d r i g e G e s e t z e s l ü c k e ?

249

2. A u s n a h m e n v o n d e r B i n d u n g a n d i e g e s e t z g e b e r i s c h e Entscheidung

251

a) „ N a c h t r ä g l i c h e L ü c k e " a u f g r u n d F u n k t i o n s w a n d e l s ? . . . . aa) A l l g e m e i n e R e c h t s f o r t b i l d u n g a u f g r u n d F u n k t i o n s w a n d e l s (Michel) b b ) K e i n e g e n e r e l l e L ö s u n g f ü r das T r e u h a n d p r o b l e m . . . b) F e h l e n d e B i n d u n g bei M o t i v i r r t ü m e r n d e s historischen Gesetzgebers aa) Darstellung vorhandener Ansätze bb) Stellungnahme

251

VII. Ergebnis

252 253 255 255 258 262

XVIII §8

Inhaltsverzeichnis

Die Gefahrtragungsthese: V o m konstruktiv dinglichen zum funktionell-teleologischen Denken

264

I. Ü b e r w i n d u n g d e s d i n g l i c h e n T r e u h a n d m o d e l l s

264

1. D i n g l i c h e R e c h t s p o s i t i o n als V o r a u s s e t z u n g d e s Vollstreckungsschutzes?

265

a) Teilung der Rechtszuständigkeit? aa) Geteiltes, relatives und wirtschaftliches Eigentum . . . bb) Fehlen einer inhaltlichen Rechtfertigung cc) Z u r „Verdinglichung" der Treugeberposition d d ) D e r Begriff „wirtschaftliches" Eigentum: Synonym für eine funktionell-teleologische Betrachtungsweise . . . b) Rückfall des Treuguts auf den Treugeber im Vollstreckungsfall aa) Auflösende Bedingung (Schultze) bb) Wegfall der Geschäftsgrundlage ( A n k e r ) cc) Kritik c) Zwischenergebnis

265 265 267 271 272 272 273 273 274 278

2. D i n g l i c h e r Ü b e r t r a g u n g s a k t als V o r a u s s e t z u n g d e s Vollstreckungsschutzes?

278

a) Unabhängigkeit des Treugeberschutzes vom Weg der B e g r ü n d u n g des Treuhandverhältnisses b) Die Wertung des §392 Abs. 2 H G B

279 281

3. Z u s a m m e n f a s s u n g II. B e g r ü n d u n g d e s s c h u l d r e c h t l i c h e n T r e u h a n d m o d e l l s

282 . . . .

1. H i n w e i s a u f d a s B i l l i g k e i t s r e c h t ? 2. D r i t t w i r k u n g d e s T r e u h a n d v e r t r a g s ( G r u n d m a n n ) ?

283 283

. . .

a) Dogmatische Begründung b) Würdigung 3. V o l l s t r e c k u n g s r e c h t l i c h e r B e g r ü n d u n g s a n s a t z a) Dogmatische Begründung aa) Maßgeblichkeit des Wertumsatzes (Scharrenberg) . . . bb) Maßgeblichkeit der H a f t u n g s u n t e r w o r f e n h e i t (Walter) b) Würdigung aa) Auseinanderfallen von Rechtszuständigkeit und Haftungsunterworfenheit? bb) „ W e r t u m s a t z " und Vermögenszugehörigkeit? 4. G e f a h r t r a g u n g u n d V e r m ö g e n s z u g e h ö r i g k e i t a) O r i e n t i e r u n g an den Wertungen des §392 Abs. 2 H G B . . . aa) Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 368 Abs. 2 A D H G B bb) Bestätigung durch gesetzliche Regelungen aus dem 18. J a h r h u n d e r t aaa) „ G e f a h r t r a g u n g " bei Forderungen b b b ) G e f a h r t r a g u n g und del c r e d e r e - H a f t u n g

284 284 287 290 290 292 293 295 295 296 298 298 298 300 301 303

Inhaltsverzeichnis

b)

c)

d) e) f)

XIX

ccc) Fehlende Differenzierung im A D H G B und HOB Gefahrtragungsthese im Treuhandrecht aa) Der Wirkungsvergleich: eine inversive Methode . . . . bb) Orientierung am Regeltatbestand: Gefahrtragung des Rechtsträgers (casum sentit dominus) cc) Bestätigung der Gefahrtragungsthese durch den Vollstreckungsschutz bei Miete, Pacht, Leihe und Verwahrung dd) Kein Gefahrübergang auf den Käufer durch Kaufpreiszahlung Bedeutung sonstiger Kriterien für die Vermögenszuordnung aa) Nutzungsmöglichkeit bb) Weisungsbindung Herausgabe- und Verschaffungsansprüche Gefahrtragung und dingliches Recht Indizien für die Gefahrtragung aa) Gegenleistungsfreie Übertragung bb) Weisungsbindung des Rechtsträgers cc) Nutzungszuweisung zum Hintermann

304 305 305 308

310 312 314 314 316 319 320 321 321 322 323

III. Z u s a m m e n f a s s u n g §9

324

B e w ä h r u n g der Gefahrtragungsthese im Vollstreckungsrecht I. Kaufverträge

.

326 326

1. Vollstreckungsschutz d e s D r i t t k o n t r a h e n t e n bei der Kommission? 2. S o n d e r f ä l l e der G e f a h r t r a g u n g b e i m K a u f g e s c h ä f t

327 ....

II. E i g e n t u m s v o r b e h a l t und Sicherungsübertragung 1. Weiterverkauf bei e i n f a c h e m E i g e n t u m s v o r b e h a l t

330 333

. . . .

333

2. Vollstreckungsschutz z u g u n s t e n d e s Vorbehaltskäufers/Sicherungsgebers a) Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung bei Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung b) Bestätigung der herrschenden Meinung III. S c h e n k u n g

334 334 335 337

1. Vollstreckungsschutz bei f o r m g ü l t i g e m Schenkungsversprechen

337

2. Kein Vollzug der S c h e n k u n g bei der Vereinbarungstreuhand

338

3. A b g r e n z u n g zu s o n s t i g e n Fällen der Vereinbarungstreuhand IV. Leasing 1. O p e r a t i n g l e a s i n g

340 341 341

XX

Inhaltsverzeichnis

2. Finanzierungsleasing

342

a) G e f a h r t r a g u n g des L e a s i n g n e h m e r s

342

b) Folgen f ü r d e n Vollstreckungsschutz des L e a s i n g n e h m e r s

343

V. F a c t o r i n g

349

VI. Darlehen VII. Vermächtnis 1. Verhandlungen der 2. BGB-Kommission 2. Gesetzesvorschlag des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht 3. Die weitere Diskussion de lege lata und de lege ferenda 4. Würdigung auf der Basis der Gefahrtragungsthese . . . . VIII. Bereicherungsrecht 1. Ansätze zur Verknüpfung von Treuhand und Bereicherungsrecht 2. Würdigung auf der Basis der Gefahrtragungsthese . . . . a) G e f a h r t r a g u n g im B e r e i c h e r u n g s r e c h t b) G e f a h r t r a g u n g s t h e s e u n d a n g l o a m e r i k a n i s c h e s Trustrecht IX. Z u s a m m e n f a s s u n g

Bewährung §10

Dritter Teil der Gefahrtragungsthese bei sonstigen

351 352 353 355 356 357 359 359 360 .

361 365 366

Treuhandwirkungen

T r e u h a n d und Drittschadensliquidation I. Das Zuordnungsproblem im Schadensrecht 1. Erforderlichkeit einer neuen Systematisierung der Drittschadensfälle: Das Zuordnungsproblem im Deliktsrecht und die Einbeziehung von Drittinteressen im Vertragsrecht 2. Mittelbare Stellvertretung

369 370

371 373

a) K o n z e n t r a t i o n d e r R e c h t s p r e c h u n g auf Vertragsverletzungen b) M i t t e l b a r e S t e l l v e r t r e t u n g und D e l i k t s h a f t u n g

374 376

3. Treuhand

378

a) K o n z e n t r a t i o n d e r R e c h t s p r e c h u n g auf Vertragsverletzungen

379

a a ) O A G L ü b e c k : D e r Korkholz-Fall bb) Rechtsprechung des Reichsgerichts cc) R e c h t s p r e c h u n g d e s B u n d e s g e r i c h t s h o f s b) T r e u h a n d u n d D e l i k t s h a f t u n g aa) Amtspflichtverletzungen gegenüber dem Treuhänder b b ) Deliktische S c h ä d i g u n g des T r e u g u t s

379 380 382 382 383 384

c) Z u s a m m e n f a s s e n d e W ü r d i g u n g

.

386

Inhaltsverzeichnis

XXI

4. Obligatorische G e f a h r e n t l a s t u n g bei Übereignungspflichten

388

a) Tatbestände der Gefahrentlastung b) Trennung der deliktsrechtlichen Zuordnungsfragen von den Vertragsproblemen bei obligatorischer Gefahrentlastung

388 389

5. O b h u t für f r e m d e S a c h e n

392

6. Z u s a m m e n f a s s u n g

393

II. E i g e n e L ö s u n g für die Fälle deliktischer S c h ä d i g u n g e n

. . .

394

1. Drittschadensliquidation versus L e h r e v o m n o r m a t i v e n Schaden

394

2. D i e „wirtschaftliche" R e c h t s t r ä g e r s c h a f t als G r u n d l a g e deliktischer Ersatzansprüche

399

a) Verknüpfung von Gefahrtragung und Deliktsschutz . . . . aa) Deliktsschutz bei mittelbarer Stellvertretung (Kommission) bb) Deliktsschutz bei sonstigen Fällen der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung b) „Wirtschaftliche" Rechtsträgerschaft und Deliktsschutz nach §823 Abs. 1 B G B c) Beschränkung des Deliktsschutzes auf den „wirtschaftlichen" Rechtsträger d) Zuordnung der Schadensersatzforderung

399

III. Ergebnis zur D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n §11

400 401 403 407 409 410

E i n w e n d u n g s - u n d A u f r e c h n u n g s p r o b l e m e bei der Treuhand . I. E i n w e n d u n g e n in T r e u h a n d k o n s t e l l a t i o n e n

412 413

1. E i n w e n d u n g e n d e s S c h u l d n e r s b e i m V o l l i n d o s s a m e n t zu Inkassozwecken

413

2. E i n w e n d u n g e n d e s S c h u l d n e r s bei treuhänderischer Forderungseinziehung 3. E i n w e n d u n g s p r o b l e m a t i k u n d L e g i t i m a t i o n s t h e o r i e

415 . . .

418

4. A u s n a h m e für die S i c h e r u n g s t r e u h a n d

420

II. A u f r e c h n u n g in T r e u h a n d k o n s t e l l a t i o n e n

422

1. A u f r e c h n u n g durch T r e u g e b e r und Treuhänder a) Aufrechnung des Treugebers gegenüber dem Dritten mit einer ihm nur „wirtschaftlich" zustehenden Forderung? . . b) Aufrechnung des Treuhänders gegenüber dem Dritten mit einer dem Treugeber zustehenden Forderung? c) Aufrechnung des persönlich verpflichteten Treuhänders gegenüber dem Dritten mit einer ihm nur treuhänderisch zustehenden Forderung? 2. A u f r e c h n u n g e n durch d e n D r i t t e n a) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Treuhänder mit einer Forderung gegen den Treugeber

422 423 424

424 425 426

XXII

Inhaltsverzeichnis

b) A u f r e c h n u n g des Schuldners gegenüber dem Treugeber mit einer F o r d e r u n g gegen den Treuhänder c) A u f r e c h n u n g des Schuldners gegenüber dem Treuhänder/Kommissionär mit einer inkonnexen Gegenforderung aa) Diskussionsstand bei klassischen Treuhandkonstellationen aaa) Inkassozession bbb) T r e u h a n d k o n t e n bb) Diskussionsstand im Kommissionsrecht aaa) Zulässigkeit der A u f r e c h n u n g bis zur G r e n z e der Arglist bbb) Generelle Unzulässigkeit der A u f r e c h n u n g . . . ccc) Unzulässigkeit der A u f r e c h n u n g bei Kenntnis vom H a n d e l n f ü r f r e m d e R e c h n u n g cc) Eigenes Modell für alle Fälle der Rechtsträgerschaft f ü r f r e m d e Rechnung aaa) D e r Treuhandcharakter der Kommission und seine Folgen für die Aufrechnungsproblematik bbb) Analogie zu §406 B G B bei verdeckter Kommission ccc) Analogie zu §406 B G B bei verdeckten Treuhandkonten ddd) Zwischenergebnis zur Aufrechnungsbefugnis bei inkonnexen Forderungen

III. Gesamtergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik §12

Treuwidrige V e r f ü g u n g e n I. Stand der Diskussion 1. Treuwidrige Verfügungen a) Allgemeines Treuhandrecht aa) A b l e h n u n g von Verfügungsschutz durch die h.M. . . . aaa) Rechtsprechung des Reichsgerichts b b b ) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ccc) Z u s a m m e n f a s s u n g der Rechtsprechungsanalyse d d d ) Unterstützung der Rechtsprechung in der Lehre eee) R e d u k t i o n der A n f o r d e r u n g e n im subjektiven Bereich fff) A u s n a h m e bei Verfügungen zugunsten von Gläubigern des Treuhänders bb) Verfügungsschutz über auflösende Bedingung cc) Verfügungsschutz durch e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g der G r u n d s ä t z e über den Missbrauch der Vertretungsmacht aaa) Überlegungen de lege f e r e n d a

434

435 436 437 438 440 440 443 444 445 445 447 450 451

452 453 454 454 454 455 455 459 463 464 465 466 467

469 469

Inhaltsverzeichnis

XXIII

b b b ) Ü b e r l e g u n g e n d e lege lata ccc) M a ß s t a b d e r G u t g l ä u b i g k e i t des D r i t t e n b) Kommissionsrecht aa) Rechtsprechung bb) Literatur a a a ) W i r k s a m k e i t d e r V e r f ü g u n g bei N e u g e s c h ä f t e n b b b ) V e r b i n d u n g s l i n i e n zwischen K o m m i s s i o n s - und Treuhandrecht ccc) S c h u l d n e r s c h u t z bei t r e u w i d r i g e n V e r f ü g u n g e n

.

477 .

2. Aufrechnung des Mittlers mit inkonnexen Forderungen

477

478

a) A u f r e c h n u n g des K o m m i s s i o n ä r s a a ) R e c h t s p r e c h u n g des B G H bb) Literatur b ) A u f r e c h n u n g des T r e u h ä n d e r s a a ) Vertraglicher A u f r e c h n u n g s a u s s c h l u s s bei Anderkonten b b ) A u f r e c h n u n g s a u s s c h l u s s a n a l o g § 3 9 2 Abs. 2 H G B

470 473 474 474 476 476

479 479 481 482 482 . . .

483

Eigene Lösung

483

1. Vermeidung von Widersprüchen

483

a) W i d e r s p r ü c h e in d e r B e u r t e i l u n g von T r e u h a n d und Kommission b ) W i d e r s p r ü c h e in d e r B e u r t e i l u n g von A b t r e t u n g und Aufrechnung c) G l e i c h e s S c h u t z n i v e a u bei Vollstreckungen u n d Verfügungen a a ) Ü b e r t r a g u n g d e r W e r t u n g e n aus d e m Kommissionsins T r e u h a n d r e c h t b b ) A u s d e h n u n g des Schutzes auf alle t r e u w i d r i g e n Verfügungen d ) Teleologische B e s t i m m u n g d e r G e g e n s e i t i g k e i t (§387 B G B )

2. A b l e h n u n g der Missbrauchslehre a) U n a n w e n d b a r k e i t d e r M i s s b r a u c h s l e h r e bei v e r d e c k t e r Treuhand b ) A n w e n d b a r k e i t d e r M i s s b r a u c h s l e h r e bei o f f e n e r Treuhand? c) E r g e b n i s : U n a n w e n d b a r k e i t d e r M i s s b r a u c h s l e h r e im Treuhandrecht

484 484 485 485 487 489

490 491 493 496

3. D e r Rechtsträger für f r e m d e Rechnung als nichtberechtigt Verfügender

496

a) V e r f ü g u n g e n ü b e r bewegliche S a c h e n und Grundstücksrechte

498

b) V e r f ü g u n g e n ü b e r F o r d e r u n g e n und a n d e r e NichtSachenrechte

501

c) E n t b e h r l i c h k e i t d e r B e d i n g u n g s k o n s t r u k t i o n

505

XXIV

Inhaltsverzeichnis

4. Vereinbarkeit mit §137 B G B a) V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g o d e r V e r l a g e r u n g d e r Verfügungsbefugnis? b) Teleologische R e d u k t i o n d e s § 1 3 7 B G B

III. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen

506 506 508

514

Vierter Teil Sehl us s §13

Zusammenfassung I. Hauptthesen II. Historischer Befund III. Ergebnis zum Vollstreckungsrecht IV. Ergebnis zum Schadensrecht V. Ergebnis zur Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik VI. Ergebnis zu den treuwidrigen Verfügungen

Literaturverzeichnis

518 518 519 520 522 523 524 526

Erster Teil

Grundlagen

§ 1 Einführung I. Die Treuhand: Faszination und Rätselhaftigkeit D a s T r e u h a n d r e c h t hat in D e u t s c h l a n d nach J a h r z e h n t e n des „ D o r n r ö s c h e n schlafs" wieder K o n j u n k t u r in der juristischen Wissenschaft. 1 U n t e r d e m Titel „ T r e u h a n d r e c h t im U m b r u c h ? " stellt Wolter im Jahr 1999 fest, dass es sich u m eine auch nach 100 Jahren noch j u n g gebliebene Rechtsfigur handelt. 2 D a s liegt nicht n u r d a r a n , dass d e r Begriff „ T r e u h a n d " nach wie vor ein sympathisches Wort ist 3 , das im R e c h t s v e r k e h r positive Assoziationen von „Treue" und „ Z u verlässigkeit" weckt und d e s h a l b auch gerne als Firmenbestandteil v e r w e n d e t wird. 4 Die Rechtsfigur der „ T r e u h a n d " bleibt aktuell, weil es Wissenschaft und R e c h t s p r e c h u n g noch i m m e r nicht gelungen ist, ihren G e h a l t und ihre G r e n z e n exakt zu b e s t i m m e n . Die ü b e r a u s zahlreichen Versuche, sich d e m Wesen der T r e u h a n d zu n ä h e r n , „ T r e u h a n d " zu definieren, h a b e n bis heute zu k e i n e m befriedigenden E r g e b n i s geführt. 5 Diese O f f e n h e i t d e r Treuhanddiskussion mag angesichts der langen Tradition der T r e u h a n d v e r w u n d e r n . Die Rechtsfigur ist in Wirklichkeit noch viel älter als die von Wolter a n g e f ü h r t e n 100 Jahre. Schon im antiken R o m beschäftigten sich die Juristen mit der T r e u h a n d , dort fiducia g e n a n n t . D e r E n t s t e h u n g s g r u n d d e r Institution ist in d e m Wunsch eines pater familias zu sehen, sein H a b und G u t nicht ungeschützt zurückzulassen, wenn er für längere Zeit H a u s und Hof verließ, weil er eine weite Reise m a c h e n o d e r in den Krieg ziehen musste. In diesem Fall ü b e r t r u g er seine familia, das heißt sein gesamtes Vermögen einschließlich der familienrechtlichen M a c h t ü b e r seine V e r w a n d t e n , auf einen Freund, damit dieser seinen G r u n d b e s i t z und seine V e r m ö g e n s w e r t e verwaltete und als H a u p t der Familie f ü r die zurückgelassenen A n g e h ö r i g e n sorgte. Bei dieser Ü b e r t r a gung w u r d e vereinbart, dass d e r d i e f a m i l i a ü b e r t r a g e n d e Fiduziant nach seiner 1 Siehe vor allem die Arbeit von Grundmann „ D e r Treuhandvertrag, insbesondere die werb e n d e Treuhand" von 1997, n a c h d e m zuletzt Coing im Jahr 1973 die als Standardwerk geltende Schrift „Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts" vorgelegt hatte. Das Buch von Coing löste seinerseits die 1933 erschienene Darstellung von Sieberl „Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis" ab (vgl. dazu Beuthien in seiner Besprechung des Coing'schen Werkes in A c P 1975, 456; Wiegelnd, in FS Coing II, S.565). 2 3 4 5

Wolter, Treuhandrecht, S. 235. Vgl. abermals Wolter, Treuhandrecht, S. 1 f. Z u r „Treuhand" als Berufsbezeichnung siehe noch unten S. 22. Näher unten §2 (S.21 ff.).

§1

Einführung

3

R ü c k k e h r seine Stelle als pater familias wieder selbst einnehmen sollte, dass also der Freund als Fiduziar sämtliche Rechte wieder an ihn abzutreten habe. 6 Mit diesem Beispiel aus dem antiken R o m ist der Charakter der Treuhand angedeutet: Wer von Treuhand spricht, denkt bei diesem Begriff - grob gesprochen - an eine Person (Treuhänder), die G ü t e r einer anderen Person (Treugeber) innehat und verwaltet. Dabei hat der Treuhänder die Interessen des Treugebers zu berücksichtigen, weil das verwaltete Treugut „wirtschaftlich" oder „vermögensmäßig" dem Treugeber zusteht. Mit einer treuhänderischen, fiduziarischen Vermögensinhaberschaft werden verschiedene Zwecke verfolgt. Drei Zwecke werden gewöhnlich in der Literatur angeführt: die Umgehung, die Verbergung und die Vereinfachung. 7 In der Entwicklungsphase der Treuhand waren - von dem Beispiel des sein H a b und G u t übertragenden pater familias einmal abgesehen - vor allem die beiden erstgenannten Zwecke die zentralen Funktionen der Treuhand. Das häufig gebrauchte Wort, fraud and fear seien die Eltern des englischen Trusts gewesen 8 , bringt dies unverhüllt zum Ausdruck. Regeln des römischen und mittelalterlichen Rechts, die der Rechtsverkehr als zu eng und starr empfand, drängten zur Gesetzesumgehung durch Begründung von Treuhandverhältnissen. 9 So gab es im altrömischen Recht nur zwei Testamentsformen, das testamentuni calatis comitiis und das testamentum inprocintu. Beide waren recht schwierig zustande zu bringen: die eine musste vor einer - zweimal jährlich z u s a m m e n t r e t e n d e n - Volksversammlung, die andere vor einem kampfbereiten, in Schlachtordnung aufgestellten H e e r erfolgen. Diese Restriktionen im Erbrecht wurden durch eine fiduziarische Konstruktion umgangen: Der „Erblasser" übertrug die Vermögenswerte vor dem Tod auf einen Treuhänder mit der Bestimmung, sie nach seinem Tod den „ E r b e n " weiterzuübertragen. 1 0 Es gab ferner O r d e n wie die Franziskaner, die das religiös motivierte Verbot, Besitz und Eigentum an weltlichen Werten innezuhaben, kurzer-

6

N ä h e r Noordraven, Fiduzia, S.2, 6 und insbes. S.48ff.; siehe auch Wolff, Trust, S. 184 f. E i n g e h e n d zu den T r e u h a n d z w e c k e n Armbrüster, Beteiligung, S.49ff. mit Z u s a m m e n f a s sung auf S. 90; Kümmerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S. 49 ff. mit Z u s a m m e n f a s s u n g S. 83 ff.; f e r n e r Beuthien, Z G R 1974, 26, 31 ff.; Schlosser, N J W 1970, 681; Tebben, Unterbeteiligung, S.33ff.; z.T. w e r d e n zusätzlich noch die Kredit-/Kreditsicherungs- und Schutzfunktion a n g e f ü h r t , so z.B. von Liebich/Mathews, T r e u h a n d , S.75ff.; Wolter, T r e u h a n d r e c h t , S.5; Stier, E i g e n t u m , S. 122 ff. 7

8 So A t k y n s J., in A t t o r n e y G e n e r a l v. Sandres, H a r d . 488 (491), 145 E R. 563 ( E x c h e q u e r , 1668); zitiert nach Helmholz/Zimmermann, in dies. (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S.42; vgl. dazu auch Henssler, A c P 196 (1996), 37, 38; Fuchs, Treuhand, S. 15; Stier. E i g e n t u m , S. 125. ' Dazu eingehend Wolff Trust, S. 14 ff. und 181 ff.; f e r n e r Wolter, T r e u h a n d r e c h t , S. 5; Helmholz/Zimmermann, in dies. (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S.42; Wiegand, in FS Fikentscher, S.329, 333 f.; auch Picherer, Sicherungsinstrumente, S.70. 1(1 N ä h e r Noordraven, Fiduzia, S.6 und 1 lOf.

4

Erster Teil:

Grundlagen

hand durch Einschaltung von Treuhändern u m g i n g e n . " Im Lehnsrecht standen Fälle der U m g e h u n g der Lehnsunfähigkeit von Frauen in R e d e und im Bereich des Stadtrechts - insbesondere in Lübeck - diente die Einschaltung von Treuhändern der Überwindung der Erwerbsunfähigkeit von Nichtbürgern, Klerikern oder Juden für G r u n d e i g e n t u m in der Stadt. 1 2 Die Treuhand entsprach in solchen Fällen letztlich den Interessen aller Beteiligten, indem ständerechtliche Beschränkungen im Interesse eines erweiterten Rechts- und Wirtschaftsverkehrs überwunden wurden. 1 3 Mit der Beseitigung der engen und starren Regeln des römischen und mittelalterlichen Rechts hat die Treuhand nicht etwa ihre B e d e u t u n g verloren. Sie ist heute aktueller denn je. Ihr Einsatz dient in erster Linie Zwecken der Verwaltung und Vereinfachung: Investmentfonds verwalten in Deutschland beachtliche Vermögenswerte treuhänderisch für ihre Anleger. Grundstücke werden treuhänderisch für die im G r u n d b u c h nicht eintragbaren' 4 nichtrechtsfähigen Vereine und Gesellschaften bürgerlichen Rechts gehalten. 1 5 Ebenso bedeutende Vermögenswerte werden auf Treuhandkonten, insbesondere auf den A n d e r konten von Rechtsanwälten und Notaren, treuhänderisch für M a n d a n t e n verwaltet. Nicht zuletzt haben Treuhandkonstruktionen eine in jüngerer Zeit vermehrt diskutierte gesamtwirtschaftliche Dimension im Z u s a m m e n h a n g mit der Refinanzierung von B a n k e n und U n t e r n e h m e n : Durch eine treuhänderische Verwaltung von Sicherheiten können sowohl bei Konsortialfinanzierungen als auch bei der Verbriefung grundschuldgesicherter Kredite (asset backed securities) neue Refinanzierungswege erschlossen und dadurch erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden. 1 6 11 Dazu Helmholz/Zimmermann, in dies. (Hrsg.). Itinera Fiduciae, S.42; Wiegand, in FS Fikentscher, S.329, 334; Wulff, Trust, S. 14. 12 Dazu eingehend Scherner, in H e l m h o l z / Z i m m e r m a n n (Hrsg.). Itinera Fiduciae, S.239ff. und S. 257; vgl. auch Schless, Stellvertretung, S. 53 mit Fn.2.; Stier, Eigentum, S. 125; Wiegand, in FS Fikentscher. S.329, 333. 13 Scherner, in H e l m h o l z / Z i m m e r m a n n (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S.257. 14 Nach der A n e r k e n n u n g der Rechtsfähigkeit der ( A u ß e n - ) G b R durch den B G H ( B G H , 29.1. 2001, B G H Z 146,341 = N J W 2001, 1056 = D B 2001,423 = J Z 2001, 655) wird freilich teilweise nun auch deren G r u n d b u c h f ä h i g k e i t postuliert; vgl. i n s b e s o n d e r e Ulmer/Steffek, NJW 2002, 330; f e r n e r Demuth, B B 2002, 1555; Dümig, R p f l e g e r 2002. 53; Pohlmann, W M 2002, 1421, 1428; d e m g e g e n ü b e r kann Wertenbruch, N J W 2002, 324, 329, nicht hierher g e r e c h n e t werden, weil er zwar die G b R als materiell g r u n d b u c h f ä h i g ansieht, aber dennoch m a n g e l s Registerpublizität der G b R die E i n t r a g u n g aller Gesellschafter fordert und gerade deshalb bei einer G b R mit g r o ß e r Gesellschafterzahl von einer „ausgesprochenen G r u n d b u c h s c h w ä c h e der G b R " spricht; weiterhin a b l e h n e n d zur G r u n d b u c h f ä h i g k e i t der G b R B a y O b L G , 31.10. 2002, B a y O b L G Z 2002, 330 = Z I P 2002, 2175 m.w.N. zum n e u e r e n Schrifttum unter Ziff. II. 2 a) der G r ü n d e ; B a y O b L G , 8.9. 2004, Z I P 2004, 2375; B e d e n k e n auch bei Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, §60 II la (S. 1772); Demharter, Rpfleger 2001, 329 und 2002, 538; Stöber, M D R 2001, 544. 13 Vgl. Kümmerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S. 49; Beuthien, Z G R 1974, 26, 76; Beteiligung, S.29ff. und 51 f. thews, Treuhand, S.76; eingehend Armbrüster, 16 N ä h e r unten S. 43 ff.

Liebich/Ma-

$1

Einführung

5

Wir sehen also: Die Praxis kennt die Treuhand seit langem und bedient sich ihrer in vielfältiger Gestalt. Für die Wirtschaft ist die Treuhand von herausragender Wichtigkeit. Doch wie sieht es mit der Theorie aus? Der wirtschaftliche Tatbestand der Treuhand lässt sich rechtlich nur schwer erfassen und es lässt sich auch nicht leicht bestimmen, welche rechtlichen Konsequenzen sich aus der „wirtschaftlichen" Zuordnung einer Sache zu einem „Hintermann" ergeben. Die besondere Faszination der Treuhand ergibt sich daraus, dass sie als Rechtsinstitut zwischen den bekannten bürgerlichrechtlichen Kategorien Schuldrecht und Sachenrecht steht, gleichsam zwitterhafte Gestalt hat. Und gerade weil die übliche und einfache Unterteilung in Schuldrecht und Sachenrecht bei der Treuhand versagt, ist sie so schwer fassbar. Oft hat man die Treuhandproblematik auf einer begrifflichen Ebene zu lösen versucht. Ganz besonders gilt dies für jenen Streit um die Jahrhundertwende 1900, der durch die generelle Auseinandersetzung zwischen der romanistischen und der germanistischen Schule geprägt war und in dessen Verlauf eine Vielzahl von Dissertationen zum Thema Treuhand erschien 17 : Im Mittelpunkt dieses Streits stand die Frage nach der richtigen dogmatischen Erfassung der Treuhand: Handelt es sich um eine Vollrechtsübertragung mit nur schuldrechtlichen Bindungen im Innenverhältnis (so die auf dem Abstraktionsprinzip beruhende romanistische Sichtweise) oder liegt eine - wie auch immer geartete - inhaltlich begrenzte Rechtsmacht des Treuhänders vor (so die von einem flexibleren Sachenrechtssystem ausgehende deutschrechtliche Sichtweise)? 18 Der Streit wurde zwar im Wesentlichen zugunsten der von Regelsbergerbegründeten Theorie vom fiduziarischen Rechtsgeschäft entschieden 2 ", die von einer Vollrechtsübertragung mit nur schuldrechtlicher Bindung des Treuhänders im Innenverhältnis ausgeht. Doch damit war das eigentliche Problem nicht gelöst. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Treuhänder das Vollrecht innehat, bleibt es doch dabei, dass er bei der Treuhand in besonderer Weise schuldrechtlich gebunden ist; und aus dieser besonderen schuldrechtlichen Bindung bei der Treuhand werden bestimmte Treuhandwirkungen abgeleitet, die man einem sonstigen schuldrechtlichen Anspruch gerade nicht zuschreibt. Namentlich seien genannt das Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treu17

Vgl. dazu Asmus, G r u n d l a g e n . S.280. Vgl. dazu den Überblick bei Coing, T r e u h a n d , S.28 ff.; ausführlich Asmus, D o g m e n g e schichtliche G r u n d l a g e n der T r e u h a n d . Eine U n t e r s u c h u n g zur romanistischen und germanistischen Treuhandlehre, 1977. dessen Anliegen darin besteht, die These vom G e g e n s a t z beider Lehren in Zweifel zu ziehen; f e r n e r Ollen, Die Entwicklung der Treuhand im 19. J a h r h u n d e r t , Die Ausbildung des Treuhandbegriffs des m o d e r n e n Rechts, 1975. |l ' Regelsberger, A c P 63 (1880), 157 ff. 20 K o n t r a h e n t war insbesondere Alfred Schnitze in seiner b e r ü h m t e n A b h a n d l u n g zum „ T r e u h ä n d e r im geltenden bürgerlichen R e c h t " in Jher.Jb. 43 (1901), 1 ff., dessen A u s f ü h r u n gen zwar viel beachtet w u r d e n , sich aber nicht haben d u r c h s e h e n k ö n n e n ; vgl. dazu unten S. 272 ff. 18

6

Erster Teil:

Grundlagen

händers sowie das Recht des Treugebers zur Drittwiderspruchsklage bei einem Vollstreckungszugriff von Seiten der Gläubiger des Treuhänders. Auf der Suche nach einer Lösung des Treuhandproblems haben andere den Blick ins Ausland, insbesondere nach England und Amerika gerichtet. 2 1 Seit jeher wird beklagt, dass das deutsche Treuhandrecht, obwohl es sich bei der Treuhand um ein „uraltes Gemeingut" 2 2 handelt, fester Grundlagen entbehrt. 2 3 Bisweilen wird insgesamt die Unterentwicklung des Treuhandrechts in Kontinentaleuropa im Vergleich zum angloamerikanischen Rechtskreis konstatiert. 2 4 Das trifft jedoch nur teilweise zu. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass der Trust im angloamerikanischen Rechtsraum eine deutlich größere Verbreitung und vielfältigere Anwendungsfelder als in Kontinentaleuropa hat. Richtig ist außerdem, dass der Dualismus des angloamerikanischen Rechtssystems mit seiner Unterscheidung zwischen der „legal ownership" und der „ownership in equity" 2 5 die dogmatische Erfassung der Rechtsfigur des Trusts erheblich erleichtert. D a r a u s folgt jedoch nicht, dass nur das deutsche oder kontinentale Recht Schwierigkeiten im Umgang mit der Treuhand hätte. D e n n mit einer klareren dogmatischen Basis im angloamerikanischen Recht ist noch lange nicht die Frage nach der inneren Rechtfertigung von Sonderregeln für die Treuhand beantwortet, insbesondere in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung. Z u fragen ist, was „ownership in equity", diese durch das Billigkeitsrecht bestimmte Vermögenszugehörigkeit zum Vermögen des Treugebers, wirklich ausmacht. Ihre leichtere dogmatische Fundierung im angloamerikanischen Rechtssystem hat vielleicht die Notwendigkeit einer sachlichen Begründung der Treuhandwirkungen eher verschleiert. Ebenso wie im

21 Vgl. sehr früh schon die historisch angelegte Arbeit von Roth, Der Trust in seinem Entwicklungsgang vom Feoffee to Uses zur amerikanischen Trust Company. 1928; sowie rechtsvergleichend vor allem die A r b e i t e n von Assfalg, Die B e h a n d l u n g von Treugut im K o n k u r s des Treuhänders, i960, Kötz, Trust und Treuhand, 1963. und Marwede, R e c h t s n a t u r und Aussenschutz des Trust und der T r e u h a n d , 1971. 22 So Scharrenberg, Rechte, S. 3 in Fn. 1. 21 So z.B. Aengenheister, T r e u h a n d k o n t o . S.7; ähnlich Friedmann, G u t a c h t e n , S.856f., der seinerzeit Nussbaums Wort vom „unausgereiften Z u s t a n d der T r e u h a n d l e h r e " als e u p h e m i s tisch bezeichnete; vgl. aus j ü n g e r e r Zeit z.B. Scharrenberg, Rechte, S. 3: Es handele sich nicht u m ein einheitliches Rechtsinstitut; f e r n e r Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 54f. 24 Assfalg, N J W 1970,1902; vgl. auch schon Hein, G r u n d r i ß . S. 18, der von einem Vorsprung des englischen und amerikanischen T r e u h a n d r e c h t s spricht; ganz anders allerdings die Bewertung bei Schwarzkopf, T r e u h a n d . S. 11 und 44 f.. nach dessen Ansicht die Begeisterung f ü r das stark mediaevale englische Recht vorsichtig zu genießen ist, weil es in Wirklichkeit primitiven Vorstufen im römischen Recht entspreche. 25 Siehe dazu etwa Huber, in FS 50 Jahre IPR-Institut der Uni Heidelberg. S.399,408; Jungmann, R a b e l s Z 69 (2005), 487, 499ff.; Kötz. Trust, S. 17; Wolter. T r e u h a n d r e c h t , S.202, sowie sehr früh schon Hengstberger, Stellvertretung, S.27; Heymann, in FS Brunner, SATifV. Siebert. Treuhandverhältnis, S. 91 ff.; e i n g e h e n d zur historischen Entwicklung des englischen Trust Wolff, Trust, S. 13 ff.

§1

Einführung

1

kontinentaleuropäischen Bereich ist das rechtliche Kriterium einer treuhänderischen Vermögensverwaltung näher zu bestimmen. Es bleibt also die Frage: Wann steht ein Treugut „wirtschaftlich" einem Hintermann zu, und welche rechtlichen Konsequenzen leiten sich daraus ab? Welches sind die für die G e w ä h r u n g von Treuhandwirkungen entscheidenden Kriterien? Sind es dingliche wie etwa ein (unmittelbarer) Übertragungsakt zwischen Treugeber und Treuhänder oder sind es schuldrechtliche wie etwa die Weisungsbindung des Treuhänders oder die Nutzen- und Risikotragung des Treugebers? Eine weitere Frage tritt hinzu: Wie hängt die „Vermögensverwaltung" für f r e m d e Rechnung mit dem Handeln für f r e m d e Rechnung, der mittelbaren Stellvertretung und ihrer gesetzlichen Ausprägung, der Kommission, zusamm e n ? Ist H a n d e l n für f r e m d e Rechnung nur ein Weg zur „Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g " oder sind mittelbare Stellvertretung und Treuhand scharf voneinander zu trennen, wie dies vor allem vom R G gesehen wurde? 2 6 Das Rätsel der Treuhand ist noch ungelöst.

II. Das Zuordnungsproblem bei der Treuhand Es ist ein hoffnungsloses Unterfangen, sämtliche Rechtsprobleme der Treuhand lösen zu wollen. Die treuhänderische Inhaberschaft von Gegenständen (Gütern und Rechten) wirft eine Vielzahl von Rechtsfragen auf. So kann sich beispielsweise - nicht anders als bei sonstigen vertraglichen Bindungen - auch zwischen Treugeber und Treuhänder die Frage nach der Pflichtenbindung im Innenverhältnis stellen, ein Aspekt, dem sich vor allem die Habilitationsschrift von Grundmann „Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand" aus dem Jahr 1997 gewidmet h a t / 7 Im Gesellschaftsrecht löst die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften spezifisch gesellschaftsrechtliche Probleme

26 Z u d e m zur A b g r e n z u n g von Treuhand und mittelbarer Stellvertretung vom R G entwickelten Unmittelbarkeitsprinzip siehe sogleich unten S. 10 sowie eingehend S.51 ff. und 120ff. 21 Grundmann, T r e u h a n d v e r t r a g , S. 92 und insbesondere S. 166ff., unterscheidet - wie bei a n d e r e n Vertragsverhältnissen - zwischen H a u p t - und Nebenpflichten. Die Hauptpflicht beim T r e u h a n d v e r t r a g bezeichnet Grundmann als Treupflicht im engeren Sinne o d e r als Interessenwahrungspflicht strictu sensu (a.a.O., S.92f. und 169 sowie insbesondere S. 192ff.). E r weist überzeugend darauf hin, dass das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Dienstleistung des Treuhänders und der d a f ü r vom Treugeber gezahlten Vergütung vom eigentlichen T r e u h a n d verhältnis zu unterscheiden ist, bei d e m der R e c h t s e i n r ä u m u n g keine Gegenleistung gegenübersteht. Insoweit sei d a h e r der T r e u h ä n d e r unbedingt zur W a h r u n g der Treugeberinteressen verpflichtet (a.a.O., S.93 und insbesondere S. 192ff.). Hiervon zu t r e n n e n seien die allgemeinen, auch bei sonstigen Rechtsverhältnissen a n e r k a n n t e n und aus § 242 B G B hergeleiteten Nebenpflichten, die den T r e u g e b e r und den T r e u h ä n d e r gleichermaßen treffen k ö n n t e n (a.a.O., S. 169 f.).

8

Erster Teil:

Gritndlligen

aus 28 , die Armbrüster29, Tebbenm und Lenders31 in jüngerer Zeit eingehend un32 tersucht haben. Im Mittelpunkt der nicht auf einzelne Rechtsbereiche beschränkten Treuhanddiskussion hat jedoch seit Siebert (1933) 33 stets das Problem der Rechtszuständigkeit im Außenverhältnis gestanden. 1 4 Drei Schwerpunkte haben sich in der Diskussion herausgebildet 3 5 : An erster Stelle steht die Frage nach dem vollstreckungsrechtlichen Schutz des Treugebers in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung 3 6 : Kann der Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders das Treugut aussondern (§47 InsO) und Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) erheben, wenn Gläubiger des Treuhänders das Treugut p f ä n d e n ? Ist dieser Schutz davon abhängig, auf welchem Weg das Treugut zum Treuhänder gelangt, insbesondere davon, 2S Vgl. aus der Gerichtspraxis etwa die Frage der A n w e n d b a r k e i t von Z u s t i m m u n g s e r f o r dernissen für A n t e i l s ü b e r t r a g u n g e n RG, 18.11. 1921, R G Z 103, 195; R G . 2 0 . 2 . 1931, J W 1931, 2967, 2968 (Nr. 12); B G H , 8.4. 1965, N J W 1965, 1376, 1377; B G H , 22.01. 1979, B G H Z 7 3 , 2 9 4 , 300 = N J W 1979, 1503, 1504; B G H , 30.6. 1980. B G H Z 77,392 = N J W 1980, 2708; zur A n w e n d barkeit der Kapitalsicherungsvorschriften auf den Treugeber siehe z.B. B G H . 13.04. 1992, B G H Z 118, 107 = N J W 1992,2023 mit krit. A n m . Ulmer, ZUR 156 (1992). 377; zur A n w e n d barkeit der Formvorschrift des § 15 A b s . 4 G m b H G auf die aus einem Treuhandverhältnis resultierende Verpflichtung zur A b t r e t u n g eines G m b H - A n t e i l s siehe z.B. B G H , 17.11. 1955, B G H Z 19, 69 = N J W 1956, 58. 2l)

Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001 Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen. 2000. 11 Lenders, T r e u h a n d am Gesellschaftsanteil, 2004. 12 Siehe ferner die österreichische Arbeit von (¡ruber. Treuhandbeteiligung an Gesellschaften, 2001. 11 Siebert, Treuhandverhältnis, S. 18 ff. 34 Vgl. dazu bereits Heymann, in FS B r u n n e r . S.473, 507; ferner Armbrüster, Beteiligung, S. 8; Assfalg, Behandlung. S. 1 f.; ders., NJ W 1970. 1902; Coing, Treuhand, S. 41; Gaul, in FS Serick. S. 105, 106; Gremmels, T r e u h a n d , S. 19f.; Ilenssler, A c P 1% (1996), 37, 43 IT.; Ollen, Entwicklung. S. 193 ff.; Reinhardt/Erlinghagen. JuS 1962, 41; Wiegelnd, in FS Going II. S.565, 566; Wolter, T r e u h a n d r e c h t , S.4; nur in der Diagnose ü b e r e i n s t i m m e n d auch Grundmann. Treuhandvertrag, S.79ff., sowie ders., in H e l m h o l z / Z i m m e r m a n n (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S.470f. und 475. Interessant ist allerdings in diesem Z u s a m m e n h a n g , dass Sieberl, Treuhandverhältnis, S. 24, den Ansatz beim A u ß e n v e r h ä l t n i s damals seinerseits in bewusslen Gegensatz zu denjenigen brachte, die die obligatorische Bindung im Innenverhältnis, die Treuepflicht, in den Vord e r g r u n d stellten. Grundmann (oben Fn.27) k n ü p f t also gewissermaßen wieder bei den älteren Ansätzen aus der Zeit vor Siebert an; vgl. dazu z.B. Beyerle, Treuhand, S. 8: Die T r e u h a n d sei m e h r als die dingliche Außenseite; geschichtlich sei das Innenverhältnis das Wesentliche. 111

35

So schon Heymann, in FS B r u n n e r , S.473, 507; später auch Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 42f.; etwas a n d e r s die Beschreibung der drei wesentlichen G e f a h r e n s i t u a t i o n e n bei Kölz, Trust, S. 127 ( 1 . G l ä u b i g e r p r o b l e m [Vollstreckungszugriff], 2. E r w e r b e r p r o b l e m [treuwidrige Verfügungen], 3.Vermischungsproblem) sowie bei Grundmann, in H e l m h o l z / Z i m m e r m a n n (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S.470f. (1. Vollstreckungszugriff von Gl. des Treuhänders, 2. treuwidrige Verfügungen, 3. persönliche H a f t u n g des Treuhänders). 36 Wiegand, in FS Coing II, S.565, 566, spricht insoweit von der „Schlüsselfrage des Treuhandrechts"; dazu auch Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 43; ferner Armbrüster, Beteiligung, S. 178 f., der darauf hinweist, dass jedenfalls bei Sachen und Forderungen die Frage der B e h a n d l u n g in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung stets im Vordergrund g e s t a n d e n habe; ähnlich Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 81.

§I

Einführung

9

ob es unmittelbar vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen oder vom Treuhänder im Wege mittelbarer Stellvertretung von Dritten erworben wurde? Zweitens geht es um die Problematik treuwidriger Verfügungen des Treuhänders: Kann ein Dritter vom treuwidrig verfügenden Treuhänder nur gutgläubig erwerben oder kommt es auf Gutgläubigkeit gar nicht an, weil der Treuhänder das Vollrecht innehat? Wer die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung insgesamt in den Blick nimmt, muss weiter fragen: Gelten bei treuwidrigen Verfügungen des Treuhänders die gleichen Regeln wie bei einem Kommissionär, der verbotswidrig über die aus dem Ausführungsgeschäft erlangten Rechte verfügt? Den dritten Schwerpunkt bilden die Einwendungs- und Aufrechnungsfragen: Kann der Schuldner des Treuhänders Einwendungen aus der Person des Treugebers erheben und gegen den Treuhänder mit Forderungen aufrechnen, die ihm gegen den Treugeber zustehen? Sind diese Befugnisse wiederum davon abhängig, auf welchem Weg der Mittler die treuhänderische Inhaberschaft der Forderung erlangt hat? Z u diesen drei Schwerpunkten k o m m t schließlich noch eine vierte Frage hinzu, auch wenn sie traditionell nicht als spezifisches Treuhandproblem verstanden, sondern im R a h m e n der Drittschadensliquidation als eine von mehreren Fallgruppen diskutiert wird: Wie sieht es mit den Rechten des Treugebers aus, wenn das vom Treuhänder zu eigenem Recht, aber für f r e m d e Rechnung gehaltene Treugut durch Dritte beschädigt wird? Kommt dem Treugeber dann der Deliktsschutz des § 823 Abs. 1 B G B zugute oder nicht? Die Einbeziehung dieser vierten Frage wird sich als wertvoll für die Entwicklung einer konsistenten Treuhanddogmatik erweisen. Bei allen vier Problembereichen stehen jeweils die Wirkungen der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung in Rede. Es fragt sich, ob jene Fallgestaltungen, in denen ein bestimmtes Recht für f r e m d e Rechnung gehalten wird, mit den allgemeinen Regeln des Zivilrechts lösbar oder Sonderregeln erforderlich sind: Ist der Treuhänder im Vollstreckungsrecht einem gewöhnlichen, für eigene Rechnung handelnden Rechtsinhaber gleichgestellt mit der Folge, dass das Treugut von seinen Gläubigern gepfändet werden kann und es bei Insolvenz des Treuhänders in seine Insolvenzmasse fällt? O d e r muss der Umstand Berücksichtigung finden, dass er das Treugut nur für den Treugeber verwaltet? Finden auf den treuwidrig verfügenden Treuhänder die allgemeinen Regeln über Verfügungen eines Berechtigten A n w e n d u n g oder ist er wie ein Nichtberechtigter zu behandeln? Ist bei deliktischer Beschädigung des Treuguts ein Schaden des Treuhänders oder des Treugebers zu ersetzen? Und wie sieht es bei den treuhänderisch gehaltenen Forderungen mit dem Rechtsverhältnis zwischen Treuhänder und Forderungsschuldner aus: Ist zu Gunsten und/oder zu Lasten des Schuldners zu berücksichtigen, dass die Forderung für Rechnung des Treugebers gehalten wird? U n d abermals: Kommt es bei all diesen Fragen darauf an, auf welchem Weg die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung zustande g e k o m m e n ist?

10

Erster Teil:

Grundlagen

Rechtsprechung und Literatur ringen in jeder Streitfrage des Außenverhältnisses bei der Treuhand um die richtige Zuordnung: Bei dem einen Rechtsproblem - den treuwidrigen Verfügungen des Treuhänders - hat sich die dingliche Sichtweise durchgesetzt: Die Rechtsinhaberschaft des Treuhänders wird in den Mittelpunkt der Argumentation gerückt mit der Folge, dass ein Erwerb vom Treuhänder im Grundsatz wie ein E r w e r b vom berechtigten Rechtsinhaber behandelt wird (unten § 12). In der anderen Rechtsfrage - bei der Aufrechnungsund Einwendungsproblematik - hat sich demgegenüber die schuldrechtliche Sichtweise Bahn gebrochen. Die interne schuldrechtliche Beschränkung des Treuhänders wird besonders betont und seine Eigenrechtsstellung relativiert. In der Folge gestattet es die h.M. dem Schuldner des Treuhänders, gegenüber der nur treuhänderisch gehaltenen Forderung Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis des Schuldners zum Treugeber zu erheben sowie mit Forderungen gegen den Treugeber trotz fehlender Gegenseitigkeit aufzurechnen. Hier wird also der Treugeber trotz fehlenden Eigenrechts dem berechtigten Rechtsinhaber gleichgestellt (unten § 11). Eine Mittelposition findet sich beim Vollstreckungsproblem. Der Treugeber kann im Grundsatz in der Insolvenz des Treuhänders das Treugut auszusondern sowie gegen Vollstreckungen durch Gläubiger des Treuhänders mit der Drittwiderspruchsklage intervenieren. Der Treugeber wird damit im R a h m e n der §§47 InsO, 771 Z P O einem Rechtsinhaber gleichstellt. Allerdings wird diese Schutzposition begrenzt durch das so genannte Unmittelbarkeitsprinzip (unten §4 I). Danach kann eine Treuhand mit vollstreckungsrechtlichen Wirkungen nur anerkannt werden, wenn das Treugut unmittelbar vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen wurde (Übertragungstreuhand). Ein Schutz des Treugebers wird hingegen abgelehnt, wenn der Treuhänder das G u t im Wege mittelbarer Stellvertretung von Dritten erworben hat (Erwerbstreuhand) oder wenn das Treugut vom späteren Treuhänder selbst stammt (Vereinbarungstreuhand). Die durch das Unmittelbarkeitsprinzip gezogene G r e n z e soll verhindern, dass jener Vollstreckungsschutz des nur schuldrechtlich berechtigten Treugebers, der bei einem in dinglichen Bahnen sich bewegenden D e n k e n eigentlich als unsystematisch erscheint, zu weit ausgedehnt wird. Damit ist das Unmittelbarkeitsprinzip auch eine Folge des Ringens um die Zuordnungsfrage. Die vorliegende Arbeit zieht aus, die auf das einzelne Rechtsproblem beschränkte Sicht der Treuhandaußenwirkungen aufzubrechen und eine einheitliche Lösung zu suchen. Die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung wird bislang nicht als einheitliches Institut des Zivilrechts erfasst. Zwar werden allgemein Sonderregeln befürwortet, sowohl für die Treuhand wie auch für die mittelbare Stellvertretung mit dem Spezialfall der Kommission. Diese Sonderregeln führt man aber nicht auf ein gemeinsames Prinzip zurück. So kam es, dass sich für jede der angeführten Rechtsfragen eigene Prinzipien entwickelten, die bei einer Gesamtschau zu Widersprüchen führen. Hier soll demgegenüber ein konsistentes

§1

11

Einführung

Modell der Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g entwickelt werden, das die v o r h a n d e n e n Friktionen durch die Herausbildung eines allgemeingültigen sachlichen Abgrenzungskriteriums für die Treuhandwirkungen überwindet. Z u diesem Zweck müssen die für die einzelnen Rechtsprobleme entwickelten Lösungen analysiert und die hinter diesen Lösungen stehenden Wertungen offen gelegt und verglichen werden. Da die Frage nach dem Vollstreckungsschutz zugunsten des Treugebers in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung stets im Mittelpunkt der Diskussion gestanden hat, sie gewissermaßen die „Schlüsselfrage des Treuhandrechts" ist 37 , wird sich die Arbeit ausführlich mit dem Unmittelbarkeitsprinzip befassen müssen (unten §§4ff.). Erst wenn in dieser - wenn auch wichtigsten - Einzelfrage des Treuhandaußenrechts die allein für dieses Treuhandproblem in Rechtsprechung und Literatur entwickelte Begrenzung der Treuhandwirkungen überwunden und statt des Unmittelbarkeitsprinzips ein neues, allgemeingültiges Abgrenzungskriterium gefunden sein wird, kann sich der Blick für die G e s a m t z u s a m m e n h ä n g e öffnen: Die Frage des Vollstreckungsschutzes des Treugebers in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung wird dann nur mehr als Teilausschnitt aus der viel grundlegenderen und allgemeineren Zuordnungsproblematik bei der Treuhand erscheinen.

1. Überwindung

des Unmittelbarkeitsprinzips

im

Vollstreckungsrecht

Zweifel an der Sachgerechtigkeit des Unmittelbarkeitsprinzips wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hervorgerufen, also in jener Zeit, in der die Lehre dieses Prinzip im Anschluss an die Rechtsprechung des R G noch fast allgemein anerkannte. Dabei löste die Zweifel ausgerechnet eine Arbeit aus, die dieses Prinzip verteidigte, nämlich die erste Habilitationsschrift zur Treuhandproblematik von Siebert mit dem Titel „Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis" von 1933. w Neben den deutlich späteren Werken von Coing39 und Grundmann4(1 und einem ebenfalls erst aus jüngerer Zeit stammenden AcPAufsatz von Henssler41 wird diese Schrift noch heute mit Recht als grundlegend für das Treuhandrecht angesehen. 4 2 Da nach dem Unmittelbarkeitsprinzip ein Schutz des Treugebers abgelehnt wird, wenn der Treuhänder das G u t im Wege mittelbarer Stellvertretung von Dritten erworben hat (Erwerbstreuhand) 4 3 , ersann Siebert für diesen Fall des

17

Siehe bereits Fn.36. Siehe insbesondere Siebert, Treuhandverhältnis, S. 182 ff. w Coing, Die Treuhand krafl privaten Rechtsgeschäfts, 1973. 40 Grundmann, Der T r e u h a n d v e r t r a g insbesondere die w e r b e n d e Treuhand, 1997. 41 Henssler, Treuhandgeschäft - Dogmatik und Wirklichkeit, A c P 196 (1996), 37 ff. 42 In der Habilitationsschrift von Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, 2001, S . l . 43 Dazu unten S. 54 ff. 18

12

Erster Teil:

Grundlagen

Dritterwerbs als Notlösung den Weg einer doppelten Vollrechtsübertragung des Treuguts 4 4 : Zunächst sollte der „Treuhänder", der den Gegenstand von einem Dritten erwirbt, das G u t gemäß § 930 B G B dem Treugeber übereignen, der es sogleich anschließend - nun unmittelbar - auf den Treuhänder zurück überträgt (§929 Satz 2 B G B ) . D e r Treuhänder könne diese beiden Übertragungen sogar im Wege des erlaubten Selbstkontrahierens (8 181 B G B ) vornehmen, so Siebert.45 Wer diese Ausführungen heute liest, wird sich über die begriffsjuristische Manier der A r g u m e n t a t i o n nur wundern können. Wenn tatsächlich Sachgründe gegen die A n n a h m e von Treuhandwirkungen bei einem Erwerb von Dritten bestünden, dann d ü r f t e es auch nicht zulässig sein, die gewünschte Rechtsfolge durch derart einfache Hilfskonstruktionen auszuhebein. Müsste man dann nicht in der Hin- und H e r ü b e r t r a g u n g ein nicht ernstlich gewolltes Scheingeschäft (§ 117 B G B ) sehen? 4 6 In Wirklichkeit o f f e n b a r t e diese Notkonstruktion bereits eine Schwäche des später zunehmend in die Kritik geratenen reichsgerichtlichen Unmittelbarkeitsprinzips, von dem sich Siebert aber offenbar nicht zu lösen wusste: Es stellt auf den Weg der Begründung eines Treuhandverhältnisses und nicht auf dessen Inhalt ab. Die vorliegende Arbeit will zeigen, dass der tiefere G r u n d für das „schier unglaubliche Beharrungsvermögen" 4 7 des Unmittelbarkeitsprinzips in der fehlenden sachlich-materiellen Rechtfertigung der Treuhandwirkungen liegt. Bislang wird das Unmittelbarkeitsprinzip zwar als willkürlich und sachfremd kritisiert. 48 Eingewendet wird, die Rechtslage bei Erwerb des Treuguts vom Treugeber könne nicht anders beurteilt werden als bei einem E r w e r b von Dritten. In beiden Fällen sei die Sachlage nach dem Erwerb identisch. Die Feststellung dieser Willkür reicht aber zur endgültigen Ablösung des Unmittelbarkeitsprinzips nicht aus, weil ein alternatives Abgrenzungskriterium fehlt. Fragt man weitergehend nach einer sachlichen Rechtfertigung der Treuhandwirkungen überhaupt, dann lässt sich das Unmittelbarkeitsprinzip überwinden, ohne gleichzeitig der vom R G gesehenen G e f a h r zu erliegen, dass der Begriff des Treuhandverhältnisses „völlig ins Unbestimmte zerfließt". 4 9

44 Siebert. Treuhandverhältnis, S. 195 ff.; inspiriert war diese „ E r f i n d u n g " aber möglicherweise durch die f r ü h e r e n , auf G r u n d s t ü c k s g e s c h ä f t e bezogenen Überlegungen zu Hin- und H e r ü b e r t r a g u n g e n zwecks U m g e h u n g des Unmittelbarkeitsprinzips bei Hachenburg, JW 1915, 964 (dazu unten S.75ff.). 45 N ä h e r unten S. 75 ff. 46 Darauf weist mit R e c h t Thomas, N J W 1968, 1705, 1707, m.w.N. hin; im Anschluss d a r a n auch Weckerle, V e r w a l t u n g s t r e u h a n d , S. 27 f. 47 So Henssler, A c P 196 (1996), 37, 54; zustimmend Tebben, Unterbeteiligung, S.299 in Fußn.356. 48 N ä h e r unten S. 68 ff. 49 So RG, 19.2. 1914, R G Z 84,214, 217 f. = J W 1914,596; R G . 0 9 . 0 6 . 1931, R G Z 133.84,89; vgl. dazu auch Hein, G r u n d r i ß , S.51 f.; eingehend unten S. 131 ff.

§ 1 Einführung

2. Verbindungslinien Treuhandaußenrechts

zwischen erkannten

13

und unerkannten

Problemen

des

Die Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips als Grenze der Treuhandwirkungen im Vollstreckungsrecht und die Suche nach einem alternativen Abgrenzungskriterium (unten § § 4ff.) ist nach dem Ansatz dieser Arbeit nur die Vorarbeit für eine neue, allgemeinere Sicht des Treuhandaußenrechts. D e r weitergehende Blick auf das dahinter stehende Problem der Rechtszuordnung, das sich aus der zwitterhaften Stellung der Treuhand zwischen Schuldrecht und Sachenrecht ergibt, weist der das Treuhandrecht oftmals dominierenden Diskussion um das Unmittelbarkeitsprinzip den rechten Platz im G e s a m t z u s a m m e n h a n g zu. E r lässt uns erkennen, dass die h. M. das Unmittelbarkeitsprinzip nur in den Vollstreckungsfragen herangezogen hat, während eine derartige Beschränkung bei den anderen Außenwirkungen der Treuhand niemals, nicht einmal ansatzweise vertreten wurde. Nehmen wir das allgemeine Rechtsproblem in den Blick, wie sich die Treuhand in unser traditionelles dogmatisches System der Rechtszuordnung einordnen lässt, dann erscheint zweifelhaft, warum diese Zuordnungsfrage im R a h m e n der §§47 InsO, 771 Z P O grundsätzlich anders beurteilt werden soll als bei treuwidrigen Verfügungen eines Treuhänders oder bei der Frage, ob eine treuhänderisch gehaltene Forderung bei der Feststellung der Gegenseitigkeit i.S.v. §387 B G B dem Treuhänder oder Treugeber zuzurechnen ist. D e r Blick auf die G e s a m t z u s a m m e n h ä n g e wird es uns auch ermöglichen, die Drittschadensliquidation im Schadensrecht in einem Teilbereich als unerkanntes Zuordnungsproblem bei der Treuhand zu erkennen: Bei einer Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung ist die eine Person Rechtsinhaber eines Gegenstandes, während die andere Person (der H i n t e r m a n n ) die G e f a h r des zufälligen Untergang trägt. Diese für das Sachenrecht untypische Trennung von Rechtsinhaberschaft und G e f a h r t r a g u n g fordert zur Klärung auf, wessen Schaden im R a h m e n des §823 Abs. 1 B G B zu ersetzen ist, derjenige des Rechtsinhabers oder der des Hintermanns? Auch hier ergibt sich - wie in § 10 näher zu zeigen sein wird - ein Problem der Rechtszuordnung: Ist bei der Bestimmung des absoluten Rechts i.S.v. §823 Abs. 1 B G B das „formelle" Eigentum des Rechtsinhabers oder das „wirtschaftliche" Eigentum des H i n t e r m a n n entscheidend?

3. Konzentration

auf das „ Vermögensinteresse"

des 50

Treugebers

Der vor allem um die Jahrhundertwende 1900 , aber auch anschließend weiter geführte Streit um die dogmatische Einordnung der Treuhand (Vollrecht, Ermächtigung, Verfügungsrecht, beschränkt dingliches Recht etc.) hat oft den Blick auf das Wesentliche verstellt. Es ist noch kein materielles Abgrenzungs-

50

Siehe oben S. 5.

14

Erster Teil:

Grundlagen

kriterium gefunden, das die Mittelstellung der Treuhand zwischen Schuldrecht und Sachenrecht allgemeingültig zu charakterisieren geeignet ist. Diesem Defizit hat auch die 1997 erschienene Habilitationsschrift von Grundmann nicht entscheidend abgeholfen. Mit seiner Konzentration auf das Innenverhältnis will sich Grundmann zwar mit Recht von der oftmals allein in dinglichen Denkschemata verhafteten Diskussion lösen und die besondere schuldrechtliche Bindung des Treuhänders betonen. Z u r Begründung der Treuhandwirkungen im Außenverhältnis greift er dann aber auf ein Modell zurück, das mit einer vertraglichen Lastwirkung des Treuhandvertrags gegenüber Dritten operiert. 5 1 Darauf wird an späterer Stelle zurückzukommen sein. 52 Hier genügt vorerst der Hinweis, dass sich der Grundmann'sche Ansatz damit ebenfalls nur um eine konstruktive Begründung für die Wirkungen der Treuhand in der Vollstreckung und bei treuwidrigen Verfügungen bemüht, ohne intensiver auf die sachliche Rechtfertigung dieser Wirkungen einzugehen. Der Hinweis auf eine „Interessenbewertung", die es gebiete, „den Treugeber bei der uneigennützigen Verwaltungstreuhand im Konkurs des Treuhänders und bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Treuhänder bei bloßer Bestimmbarkeit des Treuguts zu schützen" 5 3 , kann dafür jedenfalls nicht ausreichen. Von den G e g n e r n des Unmittelbarkeitsprinzips, und zwar sowohl von Grundmann wie auch von anderen, nicht auf der Basis des Innenmodells argumentierenden Autoren, wird vor allem der Bestimmtheitsgrundsatz ins Spiel gebracht. 5 4 Ihm zufolge muss das Treugut nicht unmittelbar vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen werden, sondern nur hinreichend bestimmbar sein. 55 Doch stellen fast alle Vertreter dieser Ansicht die Konsequenzen ihrer These nicht deutlich heraus. Nur eine Arbeit, die gewöhnlich nicht als grundlegender Text zum Treuhandrecht genannt wird 56 , dies aber aus Sicht des Verfassers sehr wohl ist, macht hier eine Ausnahme: Bereits im Jahr i960 hat Assfalg eine Dissertation mit dem Titel „Die Behandlung von Treugut im Konkurs des Treuhänders" vorgelegt, in der er sich vehement gegen das Unmittelbarkeitsprinzip wendet. 5 7 Als Alternative führt er im R a h m e n der VollstreckungsproM

Grundmann, Treuhandvertrag, S. 295. Siehe unten S. 284ff., insbes. S.287 ff. 51 Grundmann, T r e u h a n d v e r t r a g . S. 320; ähnlich die A r g u m e n t a t i o n zum Problem der treuwidrigen Verfügungen, wo zur B e g r ü n d u n g ebenfalls auf eine A b w ä g u n g der Interessen abgestellt wird (S.328f.). 54 Vgl. die Nachweise unten S. 159 in F u ß n . 8 0 b i s 88; a n d e r s aber vor allem Walter, U n m i t t e l barkeitsprinzip, S. 148 ff., der den Bestimmtheitsgrundsatz als alleinigen Ersatz für d a s U n m i t telbarkeitsprinzip ablehnt und eine a n d e r e S c h r a n k e n z i e h u n g vorschlägt; vgl. a u s j ü n g e r e r Zeit auch Picherer, Sicherungsinstrumente. S. 160f. 55 Dazu n ä h e r unten S. 159 ff. 56 Vielleicht liegt dies an der sehr kritischen Besprechung der Arbeit durch Baur. Z H R 124 (1962), 51 ff. 17 Nur insoweit positiv und z u s t i m m e n d die Besprechung der Arbeit von Baur, Z H R 124 (1962), 51, 52 f. 52

§1

Einführung

15

blematik die These von der Bestimmtheit als „einzig mögliche und natürliche G r e n z e ' 0 8 konsequent zu Ende. 5 9 E r vertritt in seiner Arbeit die folgende, an späterer Stelle dieser Arbeit noch näher darzustellende 6 0 These: Jeder Anspruch, der auf einen konkret bestimmten Gegenstand gerichtet ist, besitzt Aussonderungskraft unabhängig davon, ob sich der Anspruch aus einem Kauf- oder Tauschvertrag, einer Schenkung, aus Bereicherungsrecht oder aus sonstigen Rechtsgründen ergibt. h l Beim Kaufvertrag sei - trotz gleicher Interessen des Gläubigers - zwischen Gattungs- und Stückschuld zu differenzieren 6 2 , weil aus Schuldnersicht nur ein durch Konkretisierung bestimmter Vermögensgegenstand seinem Vermögen schon entrückt sei. 63 Angesichts dieser weitreichenden Konsequenzen, welche die These von der Bestimmtheit als (alleiniger) Grenze des Vollstreckungsschutzes mit sich bringt, kann nicht verwundern, dass sich der B G H trotz einiger offener Formulierungen nach wie vor nicht endgültig vom Unmittelbarkeitsprinzip verabschieden mag. 64 Bei unterstellter Richtigkeit der Assfalg'schen Thesen wäre in der Tat die schon vom R G gesehene G e f a h r nicht zu leugnen, dass der Treuhandbegriff durch die Einbeziehung gewöhnlicher schuldrechtlicher Ansprüche ins Unbestimmte zerfließt. 6 5 Eben deshalb muss eine Arbeit, die sich erneut auf das für die Praxis relevante Gebiet des Treuhandaußenrechts begibt, zum Ziel haben, ein Abgrenzungskriterium für die Treuhandwirkungen zu finden, das enger als der - selbstver5f


handelt würde. 3 5 U n d gerade hier sah die Kommission einen Unterschied zu Art. 368 Abs. 2 A D H G B , der als „Sonderfall" gekennzeichnet wird. Die Vorschrift entspreche einer alten Gewohnheit des Handelsverkehrs. Bei dem gewerbsmäßigen Kommissionär wisse jeder, dass derselbe vielfach f r e m d e s Vermögen in H ä n d e n habe. Deshalb seien eine Täuschung der Gläubiger und eine Störung der Kreditverhältnisse kaum zu befürchten. 3 6 Schließlich tritt die Befürchtung fehlender Abgrenzbarkeit der Vollstreckungswirkungen hinzu: Zwar anerkannte die Kommission ausdrücklich, dass für den Vorschlag, dem Auftraggeber ein besonderes Vorrecht an den vom Beauftragten in Ausführung des Auftrags erlangten Forderungen zu geben, „in gewisser Weise die Billigkeit [spreche]". Wolle man diesem Gefühl der Billigkeit aber entsprechen, sei nicht einzusehen, warum nicht auch der gewöhnliche Käufer, der den Kaufpreis bereits entrichtet habe, ein besonderes Recht auf den erworbenen Gegenstand habe, wenn der Verkäufer vor Übergabe in Konkurs gerate. 37 c)

Konsequenzen

Der Umstand, dass der Gesetzgeber des B G B mit der fehlenden Ü b e r n a h m e einer dem §392 Abs. 2 H G B entsprechenden Vorschrift eine bewusste Entscheidung gegen den Vollstreckungsschutz des Hintermanns bei mittelbarer Stellvertretung getroffen hatte, beeinflusste nicht nur das R G zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch in der Lehre wird bis heute die Analogiefähigkeit der Regelung im bürgerlichen Recht mehrheitlich bestritten. 3 8 Eine Arbeit, die entgegen dieser heute h. M., jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts den Modellcharakter des §392 Abs. 2 H G B betonen will, wird sich folglich mit der Frage befassen müssen, o b und auf welchem Weg diese bewusste Entscheidung des BGB-Gesetzgebers überwunden werden kann. 3 9 Entscheidend für das R G war allerdings nicht allein der Umstand, dass die 2. BGB-Kommission eine bewusste Entscheidung getroffen hatte, sondern vor allem auch, wie sie diese Entscheidung begründet hatte. Die gegen die Änderungsanträge vorgebrachten Erwägungen der Kommission sind der entscheidende G r u n d für die Entwicklung des Unmittelbarkeitsprinzips. Sie wurden nicht nur im Feuerversicherungsfall herangezogen, sondern wirkten in den Begründungen der späteren Urteile fort, auch wenn sich diese nicht m e h r ausdrücklich auf die Beratungen der Kommission bezogen. 35

B G B - P r o t o k o l l e , B a n d 2 , S. 364. B G B - P r o t o k o l l e , Band 2, S. 364. 37 B G B - P r o t o k o l l e , B a n d 2 , S. 365. 38 Siehe u n t e n S. 195 ff. m.N. in F u ß n . 3 5 ; dazu auch Hager, A c P 180 (198Ü), 239, 249 m.N. in Fußn.41, der allerdings selbst a . A . ist. 39 Dazu unten S. 248 ff. 36

§5 Lehren aus der

2. Freie Wahl des

Unmittelbarkeitsdiskussion

129

Hintermanns

Das im Feuerversicherungsfall 4 0 ü b e r n o m m e n e A r g u m e n t freier Wahl des Hint e r m a n n s zwischen unmittelbarer und mittelbarer Stellvertretung lässt sich allerdings rasch als untauglich entlarven. Es kann aus zwei G r ü n d e n nicht überzeugen 4 1 : Erstens lässt sich die von der 2. BGB-Kommission eingeführte Differenzierung zwischen der handelsrechtlichen und der bürgerlichrechtlichen mittelbaren Stellvertretung damit nicht rechtfertigen. Das A r g u m e n t freier Wahl würde - wenn es denn überhaupt maßgeblich sein sollte - bei der handelsrechtlichen Kommission in gleicher Weise eingreifen. Auch den Kommittenten müsste man darauf verweisen, dass er mit der Wahl der Kommission anstelle eines Vertretungsverhältnisses die sich daraus ergebenden Nachteile in Kauf zu n e h m e n hätte. Recht verstanden richtet sich das A r g u m e n t also gegen die gesetzliche Wertung des § 392 Abs. 2 H G B selbst. Diese Vorschrift ist aber ganz off e n b a r von d e m G e d a n k e n getragen, dass es für ein H a n d e l n im eigenen N a m e n für f r e m d e R e c h n u n g gute G r ü n d e geben kann und der H i n t e r m a n n (Kommittent) vor diesem Hintergrund als schutzwürdig erscheint. 4 2 Damit wäre auch schon der zweite G r u n d genannt, der ganz allgemein bei allen Treuhandverhältnissen gegen das Argument freier Wahl spricht: Die Argumentation der 2. BGB-Kommission ähnelt derjenigen des IX. Zivilsenats in B G H Z 155, 277. Auch dort ist die A b l e h n u n g des Vollstreckungsschutzes - diesmal bei der Vereinbarungstreuhand - mit der Möglichkeit einer Eigensicherung durch Übereignung und A b t r e t u n g begründet worden. 4 3 Dazu ist schon das Nötige gesagt: Das A r g u m e n t lässt sich ebenfalls nicht auf einzelne Wege der Begründung eines Treuhandverhältnisses beschränken, sondern richtet sich gegen den Treugeberschutz insgesamt: Der Hintermann hat immer die Wahl, ob er es zu einer Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung k o m m e n lässt oder nicht. Wer demgegenüber anerkennt, dass es für eine solche Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung berechtigte wirtschaftliche G r ü n d e gibt, kann den Schutz des Hintermanns nicht vom Weg ihres Z u s t a n d e k o m m e n s abhängig machen. 4 4

411

R G , 14.6. 1904, R G Z 58, 273, 276. Im k o n k r e t zu e n t s c h e i d e n d e n Sachverhalt des Feuerversicherungsfalls tritt noch hinzu, dass d e r Kläger dort gerade vorgetragen hatte, der Pächter h a b e auftragswidrig nicht im fremden N a m e n abgeschlossen, sich also an seine „Wahl" nicht gehalten (vgl. die Sachverhaltswied e r g a b e in R G , 14.6.1904, R G Z 58,273,274). D a r a u f soll hier jedoch wegen der B e s c h r ä n k u n g auf den k o n k r e t e n Sachverhalt nicht weiter eingegangen w e r d e n . 41

42

Vgl. dazu auch noch unten S.215 bei Fußn. 113. Siehe o b e n S. 64 bei F u ß n . 58; e b e n s o Fridgen, Z I n s O 2004,530,533 (für die Kommission), 537 (allgemein für die Treuhand). 44 Siehe o b e n S.84f. 41

130

Zweiler Teil: Die Verwaltungstreuhand

3. Offenkundigkeit

der

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollstreckung

Vermögensverhältnisse

Das zweite von der Kommission angeführte A r g u m e n t , der Kredit einer Person könne erheblich gestört werden, wenn die Gläubiger sich über die Vermögenszuordnung nicht m e h r sicher wären, hat einen nachhaltigeren Einfluss auf die Rechtsprechung und die daran anschließende Diskussion in der Literatur gehabt. Bereits in seinem zweiten den Vollstreckungsschutz des Treugebers betreffenden Urteil aus dem 20. Jahrhundert hatte das R G dieses A r g u m e n t besonders betont. Wenn das Gericht im Jahr 1909 ausführte, bei einem Erwerb im Wege mittelbarer Stellvertretung könne „aus den dem Erwerbe zugrunde liegenden Tatsachen, soweit sie für Dritte e r k e n n b a r sind, nicht e n t n o m m e n werden kann, daß der E r w e r b e r nur ein seinem Rechtsurheber gegenüber eingeschränktes Eigentum erlangt hat" 4 5 , dann wurde damit auch ohne ausdrücklichen Bezug auf die Beratungen der 2. BGB-Kommission deren G e d a n k e übernommen. Die Problematik dieser Begründung liegt nun allerdings - wie wir bereits gesehen haben - darin, dass sie ebenfalls nicht die Differenzierung zwischen Übertragungstreuhand einerseits, Erwerbs- und Vereinbarungstreuhand andererseits zu rechtfertigen vermag. Die von der 2. BGB-Kommission für maßgeblich angesehene Erkennbarkeit der Vermögensverhältnisse für die Gläubiger fehlt bei einer unmittelbareren Übertragung des Treuguts in gleicher Weise. 46 Der in § 4 dieser Arbeit schon aufgedeckte Widerspruch in der Begründung des Unmittelbarkeitsprinzips hat seinen G r u n d - wie n u n m e h r deutlich wird in Folgendem: Die 2. BGB-Kommission und die ihr folgende Rechtsprechung postulierte die Offenkundigkeit in den Dritterwerbsfällen als Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes, während sich die Rechtsprechung bei unmittelbarer Übertragung weiter an jenen Grundsätzen orientierte, die sie den Gesetzesmaterialien zum früheren §35 K O e n t n o m m e n hatte. Da sich das R G in seiner Entscheidung zur mittelbaren Stellvertretung aus dem Jahr 190947 mit der parallelen Frage des Vollstreckungsschutzes bei der Treuhand überhaupt nicht beschäftigte, fiel ihm nicht auf, dass das Argument der Kreditgefährdung konsequenterweise auch bei der Übertragungstreuhand den dort allgemein anerkannten Treuhandwirkungen entgegenstehen müsste. Die Begründung der 2. BGB-Kommission löste so die im 19. Jahrhundert noch gesehene Verknüpfung zwischen den im R a h m e n des §35 K O (später §43 KO, heute §47 InsO) anerkannten Grundsätzen und der Vorschrift des §392 Abs. 2 H G B auf, o h n e dass der dadurch bewirkte Wandel offen vollzogen worden wäre. U m g e k e h r t ist sodann der B G H im Jahr 1993 bei der Beurteilung der Treuhandkontenfälle wieder von der A r g u m e n t a t i o n der 2. BGB-Kommission abge45

RG, 15.10. 1909, J W 1910,4,5 (Nr. 2) = Gruchot 54 (1910), 623, 626f.; siehe bereits o b e n

S.56. 46 47

Siehe oben S.80ff. RG, 15.10. 1909, J W 1910, 4 (Nr.2) = Gruchot 54 (1910), 623.

# 5 Lehren aus der

Unmittelbarkeilsdiskussion

131

rückt und dies ebenfalls ohne die erneute Abweichung von der darauf inzwischen aufbauenden Rechtsprechung kenntlich zu machen. Unter Hinweis auf die stille Zession und die Sicherungsübereignung führte der IX. Zivilsenat aus, die Gläubiger müssten auch sonst damit rechnen, dass Vermögensgegenstände, die dem äußeren Anschein nach dem Schuldner gehören, in Wahrheit nicht dem Vollstreckungszugriff unterliegen. Die Offenkundigkeit der Vermögenszuordnung sei deshalb keine Voraussetzung für den Treugeberschutz. 4 8 Welche Lehre lässt sich daraus für die weitere Untersuchung gewinnen, wenn wir nicht bei der Feststellung der Widersprüchlichkeit des Unmittelbarkeitsprinzips stehen bleiben wollen? Es kann zunächst nur eine vorläufige Erkenntnis sein: Die Tragfähigkeit der Offenkundigkeitsthese muss generell überprüft werden. Entweder ihre Wertung überzeugt in allen Treuhandfällen nicht. Dann wären die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen der 2. BGB-Kommission und der Rechtsprechung zu korrigieren, insbesondere wäre der behauptete, mit der Offenkundigkeitsthese begründete Ausnahmecharakter des §392 Abs. 2 H G B in Frage zu stellen. Oder die Wertung stimmt allgemein. Dann müsste die Offenkundigkeit in allen Fällen zur Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes erhoben werden, wie dies in der Literatur teilweise vorgeschlagen wird. 4g Bei der Suche nach einem alternativen Abgrenzungskriterium für die Treuhandwirkungen wird darauf zurückzukommen sein (unten §6 I). 50

4. Abgrenzung

zu schuldrechtlichen

Verschaffungsanspriichen

Entscheidend wirkt das letzte von der 2. BGB-Kommission gegen die Änderungsanträge vorgebrachte Argument bis heute in der Rechtsprechung fort. Es ist die Sorge, bei Anerkennung eines Vollstreckungsschutzes für den Hintermann bei mittelbarer Stellvertretung in der Folge auch bei sonstigen schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen wie beispielsweise dem Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache einen vergleichbaren Schutz gewähren zu müssen. a) Rechtsprechung

des

Reichsgerichts

aa) Erstmals kommen entsprechende Bedenken in der für das Unmittelbarkeitsprinzip grundlegenden Entscheidung R G Z 84, 21451 zum Ausdruck. Darin

48 B G H , 1.7. 1993, N J W 1993,2622 = Z I P 1993,1185 = W M 1993,1524 = B B 1993,1549 = D B 1993, 2378 = M D R 1993, 1119 = KTS 1993, 666; dazu schon o b e n S. 101 bei Fußn.277. 49 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.280: D e r Vollstreckungsschutz sei „nicht ... aus d e m Unmittelbarkeitsprinzip, s o n d e r n statt dessen aus d e m O f f e n k u n d i g k e i t s p r i n z i p zu entwickeln"; e b e n s o schon ders., N J W 1973, 825, 832. 50 Siehe unten S. 141 ff. 51 RG, 19.2. 1914, R G Z 84, 214 = J W 1914, 596.

132

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckun>

ging es - wie in § 4 1 dargestellt 5 2 - um den auftragsgemäßen Grundstückserwerb durch einen Treuhänder mit nachfolgender Vermietung der Wohnungen für Rechnung des Treugebers. In dieser sehr ausführlich begründeten Entscheidung fanden sich - allerdings unterbrochen durch die bereits dargestellten Erwägungen zum Ausnahmecharakter des § 392 Abs. 2 H G B und zum Begriff des T r e u h ä n d e r s 5 3 - H i n w e i s e auf jene die 2. BGB-Kommission leitende Sorge, die G r e n z e zwischen dem vollstreckungsfesten Herausgabeanspruch des Treugebers und den nicht vollstreckungsfesten schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen könne verwischt werden. Z u Beginn der Entscheidungsgründe führte das R G aus, es gehörten zu den in §771 Z P O bezeichneten R e c h t e n zwar neben den dinglichen Rechten auch die schuldrechtlichen A n s p r ü c h e auf Herausgabe eines dem Schuldner von dem Dritten ohne Übereignung überlassenen Gegenstandes. Hiernach sei die Widerspruchsklage auch dem Verpächter, Vermieter, Verleiher, Auftraggeber usw. gegenüber der Vollstreckung in den verpachteten, vermieteten, verliehenen und dem Beauftragten überlassenen Gegenstand zu gewähren. Zu versagen sei die Widerspruchsklage jedoch, wenn dem Widersprechenden nur eine persönliche Forderung auf Übereignung oder Übergabe solcher Gegenstände zusteht, die zum Vermögen des Schuldners gehören, ohne dass sie in dieses Vermögen durch Überlassung seitens des Widersprechenden aus dessen Vermögen (gegen die Verpflichtung zur Rückgabe) gelangt sind. D a h e r könne z. B. der Käufer gegen die Vollstreckung in den gekauften Gegenstand keinen Widerspruch erheben. Wolle man auch in solchen Fällen die Hinderung der Zwangsvollstreckung zulassen, so würden dadurch nicht nur die Grenzen der Begriffe des dinglichen und des persönlichen Rechtes verwischt, sondern auch die Verkehrs- und Kreditsicherheit auf das schwerste gefährdet werden. 5 4 Nach dem sodann folgenden Hinweis auf den Ausnahmecharakter des §392 Abs. 2 H G B fuhr das R G fort, die den Gegenstand der Zwangsvollstreckung bildenden Mietforderungen seien ebenso wie das Grundstück niemals Bestandteil des Vermögens der Klägerin gewesen und hätten deshalb nicht aus diesem in das Vermögen des Schuldners überlassen werden können. Vielmehr habe der Schuldner als „stiller Stellvertreter" gehandelt. D a n n aber stehe ihm nicht schon ein Recht an dem Grundstück und damit an den Mieten zu, sondern nur ein schuldrechtlicher A n s p r u c h auf Übereignung des Grundstücks und ein Recht auf A b t r e t u n g der Mietforderungen oder auf Auszahlung der eingezogenen Beträge (§667 BGB). 5 5 52

Siehe o b e n S. 56 f. Dazu o b e n S. 56 f. 54 RG, 19.2.1914, R G Z 84, 214, 216 = J W 1914, 596 stützt sich hier u.a. auf d e n Feuerversicherungsfall RG, 14.6. 1904, R G Z 58, 275 (dazu oben S.55 und 125ff.), d a n e b e n auf RG, 18.3. 1887, R G Z 18, 365,366. 55 RG, 19.2. 1914, R G Z 84, 214, 217 = J W 1914. 596. 51

§5 Lehren aus der

Unmittelbarkeitsdiskussion

133

Erst an späterer Stelle des Urteils folgt jene bereits in § 1 dieser Arbeit hervorgehobene 5 6 , hier wörtlich zitierte Passage: „ D e r Begriff des Treuhänderverhältnisses w ü r d e aber völlig ins U n b e s t i m m t e zerfließen, wenn man dabei vom Erfordernisse des „ A n v e r t r a u e n s zu treuen H ä n d e n " ganz absehen und ein solches Verhältnis überall schon da als vorhanden ansehen wollte, wo j e m a n d im A u f t r a g eines a n d e r e n f ü r dessen Rechnung, aber im eigenen N a m e n handelt." 5 7

Alle drei in der Entscheidung getrennten Textpassagen muss man zusammenziehen, um darin jene bereits von der 2. BGB-Kommission gegen die Änderungsanträge zum Auftragsrecht vorgebrachte Argumentation erkennen zu können: Die Drittwiderspruchsklage soll bei einer persönlichen Forderung auf Übereignung und Übergabe, insbesondere bei dem Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache abzulehnen sein, weil ansonsten die G r e n z e n der Begriffe des dinglichen und persönlichen Rechts verwischt würden. Sodann meint das RG, der Auftraggeber habe gegenüber dem mittelbaren Stellvertreter nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung aus § 667 BGB, und erst im Anschluss daran heißt es, die Einbeziehung solcher A n s p r ü c h e aus dem Auftragsverhältnis würde den Treuhandbegriff ins Unbestimmte zerfließen lassen. D a es sich nach Ansicht des VII. Zivilsenats bei dem Anspruch des Käufers und demjenigen des Auftraggebers jeweils um schuldrechtliche Ansprüche handelte und das Gericht zwischen beiden offenbar keinen Unterschied sah, zielte die Besorgnis des R G letztlich dahin, bei A n e r k e n n u n g des Vollstreckungsschutzes für den Auftraggeber in der Konsequenz auch einen Vollstreckungsschutz für den Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache anerkennen zu müssen. Dieser G e d a n k e entspricht den Erwägungen der 2. BGB-Kommission, wenn auch die Entscheidung R G Z 84,214 nicht erneut ausdrücklich auf die Verhandlungen der Kommission Bezug nimmt. Die vom R G geäußerte Besorgnis, die Begriffe des dinglichen und des persönlichen Rechts zu verwischen, ist im G r u n d e identisch mit der Besorgnis, der Begriff des Treuhandverhältnisses würde ins Unbestimmte zerfließen. U n d in der Tat wäre die G e f a h r einer Aufhebung der grundsätzlichen Trennung zwischen dinglichen und persönlichen A n sprüchen im Bereich des Vollstreckungsrechts nicht von der H a n d zu weisen, wenn die Einbeziehung von Lieferansprüchen aus Kaufverträgen zwingende Konsequenz einer A n e r k e n n u n g der Treuhand bei Auftragsverhältnissen wäre. G e r a d e weil das R G - wie seinerzeit die 2. BGB-Kommission - für den A n spruch des Käufers auf Übereignung ganz eindeutig einen Vollstreckungsschutz abzulehnen meinte und dies der traditionellen Sicht im Vollstreckungsrecht entspricht 58 , sah es sich im Hinblick auf die von ihm angenommene, allerdings nicht

56 57 58

Siehe oben S. 12 und 15. RG, 19.2. 1914, R G Z 84, 214, 217f. = JW 1914, 596. Vgl. nur MünchKommInsO/Ganfe/\ §47 Rdn.347; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzge-

134

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreithand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstrcckunq

n ä h e r ü b e r p r ü f t e Vergleichbarkeit beider A n s p r ü c h e gezwungen, auch den Vollstreckungsschutz f ü r schuldrechtliche A n s p r ü c h e aus Auftragsverhältnissen a b z u l e h n e n . b b ) D e u t l i c h e r noch als die G r u n d l a g e n e n t s c h e i d u n g R G Z 84, 214 ist in dieser Hinsicht das sechs J a h r e s p ä t e r e r g a n g e n e Urteil des V. Zivilsenat v o m 25.5. 1921 39 , j e n e s Urteil, in d e m d a s G e r i c h t den Versuch u n t e r n a h m , die Entscheid u n g e n R G Z 7 9 , 1 2 1 und R G Z 84, 214 in E i n k l a n g zu bringen. 6 0 D a r i n d e u t e t e das R G zwar vorsichtig an, d e r Fall einer u n m i t t e l b a r e n Ü b e r t r a g u n g des Treuguts v o m T r e u g e b e r auf d e n T r e u h ä n d e r k ö n n e materiell nicht a n d e r s b e h a n d e l t w e r d e n als j e n e r Fall, in d e m das Treugut zur V e r m e i d u n g einer d o p p e l t e n Ü b e r e i g n u n g direkt v o m D r i t t e n auf den T r e u h ä n d e r ü b e r t r a g e n wird. Wenn d e r V. Zivilsenat d e n n o c h vor d e r K o n s e q u e n z zurückscheute, bei auftragsg e m ä ß e m E r w e r b des T r e u g u t s im Wege m i t t e l b a r e r Stellvertretung einen Vollstreckungsschutz d e s H i n t e r m a n n s a n z u e r k e n n e n , lag auch dies an der fehlenden D i f f e r e n z i e r u n g zwischen d e n v e r s c h i e d e n e n schuldrechtlichen A n s p r ü chen. Klarer als d e r VII. Zivilsenat in R G Z 84, 214 wies der V. Zivilsenat nämlich in dieser E n t s c h e i d u n g aus d e m Jahr 1921 darauf hin, dass „kein G r u n d , a b e r auch keine Möglichkeit [bestehe], die persönliche F o r d e r u n g auf Übereign u n g eines G e g e n s t a n d e s [aus d e m Auftragsverhältnis] f ü r den Konkursfall anders zu b e h a n d e l n , wie sonst einen schuldrechtlichen A n s p r u c h auf Leistung." E i n e Gleichstellung zwischen m i t t e l b a r e r Stellvertretung und T r e u h a n d v e r h ä l t nissen k ö n n e nicht a n e r k a n n t w e r d e n , weil sie „nicht bloß den Begriff des Treuhandverhältnisses v e r d u n k e l n , s o n d e r n auch die G r e n z e n zwischen d e m Begriff des dinglichen und p e r s ö n l i c h e n R e c h t s verwischen [würde]". 6 1 Die B e f ü r c h t u n g , in d e r K o n s e q u e n z auch einen Vollstreckungsschutz f ü r den A n s p r u c h des K ä u f e r s auf Ü b e r e i g n u n g der K a u f s a c h e a n e r k e n n e n zu müssen, tritt hier ganz deutlich als Motiv f ü r die Festschreibung des U n m i t t e l b a r k e i t s prinzips u n d die A u s g r e n z u n g der E r w e r b s t r e u h a n d vom Vollstreckungsschutz hervor. b) Rechtsprechung

des

Bundesgerichtshofs

In d e r R e c h t s p r e c h u n g d e s B u n d e s g e r i c h t s h o f s lassen sich dieselben B e d e n k e n nachweisen. aa) A n s a t z w e i s e k a m e n sie im Urteil des V I I I . Zivilsenats v o m 16.12. 1970 z u m Ausdruck, in d e m d e r B G H erstmals o f f e n ließ, o b a m U n m i t t e l b a r k e i t s -

setze, §43 K O A n m . 7 ; MünchKommZPO//Car.«eii Schmidt, §771 Rdn.39; a . A . die unten S. 160 ff. näher dargestellten A r b e i t e n von Assfalg, Stier und Michaels. 59 RG, 25.5. 1921, W a r n R s p r . 1921, 157 (Nr. 130). 60 Dazu o b e n S. 105 f. 61 RG, 25.5.1921, W a r n R s p r . 1921, 157, 158 (Nr. 130); e b e n s o auch R G . 9 . 6 . 1931, R G Z 133, 84, 89 (VII. Zivilsenat).

§5 Lehren aus der

Unmiuelbarkeitsdiskussion

135

prinzip festzuhalten sei. 62 Zwar stellte der VIII. Zivilsenat in dieser Entscheidung fest, ein Vollstreckungsschutz für den H i n t e r m a n n sei bei einem A n d e r k o n t o auch für solche Beträge anzuerkennen, die durch eine Einzahlung von Dritten auf das Konto geleistet würden. D a v o n unterschied der B G H jedoch den Fall, in dem ein Anwalt die Forderung seines M a n d a n t e n auf ein allgemeines Geschäftskonto einzieht. Als Auftraggeber soll der M a n d a n t keinen Schutz genießen, weil er nach §667 B G B lediglich verlangen könne, dass der Beauftragte ihm einen Geldbetrag in der H ö h e zahlt, in der er seinerseits Geld für den Auftraggeber erhalten hat. Dieser Anspruch sei „rein schuldrechtlicher Art und begründef...] für sich kein Treuhandverhältnis". 6 3 Auch in dieser Formulierung k o m m t letztlich die in R G Z 84, 214 erstmals formulierte Sorge zum Ausdruck, bei einer generellen A n e r k e n n u n g des Vollstreckungsschutzes bei Auftragsverhältnissen könnten auch sonstige „rein schuldrechtliche" Ansprüche zur Aussonderung berechtigten. D e r Anspruch des Auftraggebers aus §667 B G B wurde wiederum einem gewöhnlichen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch gleichgestellt. bb) Deutlicher noch ist in dieser Hinsicht das Urteil im Lebensversicherungsfall aus dem Jahr 2002 64 , in dem der IX. Zivilsenats das Surrogationsverbot als Folge des Unmittelbarkeitsprinzips bestätigte. Z u r Erinnerung 6 5 : Der B G H hatte darüber zu entscheiden, ob der Geschäftsführer in der Insolvenz seines Arbeitgebers die Rechte aus einem zu seinen G u n s t e n abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag mit widerruflichem Bezugsrecht aussondern kann. Nach Ansicht des B G H endete das Treuhandverhältnis jeweils mit der Verwendung der Gehaltsteile des Geschäftsführers für die Versicherungsprämien. Es habe sich nicht im Wege der Surrogation an den Rechten aus dem Versicherungsvertrag fortgesetzt. 6 6 In der Begründung jener Entscheidung k o m m t das Bestreben einer Abgrenzung des vollstreckungsfesten Herausgabeanspruchs bei der Treuhand von den nicht vollstreckungsfesten Verschaffungsansprüchen klar zum Ausdruck: D e r der Gesellschaft überlassene Lohnanteil des Geschäftsführer sei - so der B G H - wirtschaftlich als dessen Vermögen anzusehen, vergleichbar den Werten, die der Auftraggeber dem Beauftragten zur Ausführung des Auftrags überlassen hat und nach Maßgabe des §667 B G B herausverlangen kann. Inwieweit daraus ein Aussonderungsrecht des Auftraggebers in der Insolvenz des Beauftragten entstehen könne, brauche nicht entschieden zu werden. Es erstrecke sich jeden62

Zu diesem Urteil schon oben S. 95 ff. BGH, 16.12. 1970, NJW 1971,559,560 = LM Nr. 12 zu §667 BGB = WM 1971,220= MDR 1971, 389 = BB 1971, 197. 64 BGH, 18.7. 2002, WM 2002, 1852 = ZIP 2002,1697 = DB 2002,2104 = NJW 2002,3253 = NZG 2002, 1015 = VersR 2002, 1294 = ZInsO 2002, 878 = NVersZ 2002, 495. 65 Siehe oben S. 66 f. 66 BGH, 18.7. 2002, WM 2002, 1852, 1853 = Fußn.64. 63

136

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckling

falls nicht auf das, was der Beauftragte selbst aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Insoweit erschöpfe sich die Rechtsstellung des Geschäftsherrn in einem Verschaffungsanspruch, der im Konkurs lediglich eine gewöhnliche Insolvenzforderung bilde. 67 D a der Geschäftsführer zu keinem Zeitpunkt die Rechtsmacht besessen habe, die Ä n d e r u n g des Lebensversicherungsvertrags im Sinne der Begründung eines unwiderruflichen Bezugsrechts zu seinen Gunsten ohne Mitwirkung der Versicherung zu bewirken, bestimme sich seine Rechtsstellung ausschließlich nach dem Inhalt der von der Gemeinschuldnerin mit dem Versicherungsunternehmen getroffenen Vereinbarung, obwohl die Prämien im Wege der U m w a n d l u n g seines Gehalts aufgebracht worden sind. 68 Nach Ansicht des B G H ermöglicht diese Lösung in allen vergleichbaren Versicherungsfällen eine einfache, klare Abgrenzung zwischen Massebestandteilen und Aussonderungsrechten. Die Gegenauffassung führe demgegenüber zu einer Ausweitung des in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher anerkannten Treuhandbegriffs. D a d u r c h würde dieses Rechtsinstitut die aus G r ü n den der Rechtssicherheit unbedingt gebotenen klaren Konturen verlieren, was zugleich eine Einschränkung des Prinzips der Gläubigergleichbehandlung in der Insolvenz zur Folge hätte. 6 9 O b der Hinweis auf die fehlende Rechtsmacht des Geschäftsführers zur Begründung eines unwiderruflichen Bezugsrechts überzeugen kann, mag hier dahinstehen. 7 0 Von Interesse ist im vorliegenden Z u s a m m e n h a n g mehr die letzte 67 B G H , 18.7. 2002, W M 2002, 1852,1853 = F u ß n . 6 4 unter Hinweis auf M ü n c h K o m m l n s O / Ganter, §47 Rdn.341, 347. 6S B G H , 18.7. 2002, W M 2002, 1852, 1853f. = F u ß n . 6 4 u n t e r Hinweis auf B A G E 92, 1, 9 f „ B A G Z I P 1996, 965 u.a. (Im Leitsatz des B G H - U r t e i l s wird die „im Ergebnis" bestätigte R e c h t s p r e c h u n g des B A G teilweise unrichtig wiedergegeben. So ist in W M 2002, 1852 von „ B A G E 99, 1 ff.", in N J W 2002,3253 und N Z G 2002, 1015 von „ B A G E 94, 1 = N Z A 2000, 776 = A P H. 8/2000 S 1 T V G Tarifverträge: Musiker Nr. 13" die R e d e ist. Richtig ist d e m g e g e n ü b e r die Wiedergabe des Leitsatzes in Z I P 2002. 1697 und D B 2002,2104, wo auf B A G E 92,1 Bezug g e n o m m e n wird.). 69 B G H , 18.7. 2002, W M 2002, 1852, 1854 = Fußn.64. 70 D e r B G H unterscheidet bei seiner B e t r a c h t u n g nicht hinreichend zwischen d e m Inhalt des in R e d e s t e h e n d e n Rechts als solchem und der Frage der (vollstreckungsrechtlichen) Rechtszuständigkeit f ü r dieses so b e s t i m m t e Recht: Völlig richtig stellt er zwar fest, dass das Recht aus der Lebensversicherung n u r mit einem widerruflichen Bezugsrecht für d e n G e schäftsführer b e g r ü n d e t wurde, es sich also um ein durch die spätere G e m e i n s c h u l d n e r i n einseitig entziehbares R e c h t handelt. Die R e c h t s i n h a b e r s c h a f t an diesem - widerruflichen u n d insoweit beschränkten - R e c h t steht a b e r solange, wie der Widerruf nicht erfolgt ist, d e m Bezugsberechtigten, hier also d e m G e s c h ä f t s f ü h r e r zu. Seine materielle Eigenrechtsstellung entspricht bis zum Widerruf - e b e n von dieser Widerruflichkeit abgesehen - genau d e r j e n i g e n eines unwiderruflich Bezugsberechtigten. Dieser sondert a u f g r u n d seiner Eigenrechtsstellung und gerade nicht a u f g r u n d eines Treuhandverhältnisses aus. Es geht d a h e r insoweit gar nicht um ein Problem des Vollstreckungsschutzes bei der T r e u h a n d , weil dieser bei der Vollrechtsstellung des T r e u h ä n d e r s (!) ansetzen w ü r d e . Richtigerweise stellt sich die T r e u h a n d f r a g e überh a u p t erst, w e n n der - aus d e m Sachverhalt der B G H - E n t s c h e i d u n g nicht ersichtliche, aber möglicherweise erfolgte - Widerruf d e s Bezugsrechts g e g e n ü b e r der Versicherung e r k l ä r t ist

§5 Lehren aus cler

Unmittelbarketlsdiskussion

137

Passage der Urteilsgründe. Darin kommt deutlich die in R G Z 8 4 , 2 1 4 , 2 1 7 f. erstmals formulierte Sorge vor einer unkontrollierbaren Ausweitung der Treuhandwirkungen zum Ausdruck, wenn schuldrechtliche Herausgabeansprüche aus einem Auftragsverhältnis generell in den Vollstreckungsschutz einbezogen würden. 71 Weil der IX. Zivilsenat auch hier keinen Unterschied zwischen diesem schuldrechtlichen Herausgabeanspruch aus einem Auftragsverhältnis und schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen sah, geriet für ihn das Prinzip der par conditio creditorum in Gefahr. U n d genau deshalb besinnt er sich offenbar stärker als die frühe Rechtsprechung des B G H auf das Unmittelbarkeitsprinzip zurück und wendet dieses konsequent an. cc) Ähnlich ist die Begründung im wenig später ergangenen, für die „ZweiKomponenten-Theorie" 7 2 grundlegenden Urteil B G H Z 155, 227. In Parallele zu R G Z 84, 214 führte der IX. Zivilsenat des B G H zunächst aus, dass nicht nur dingliche, sondern ausnahmsweise auch schuldrechtliche Ansprüche gemäß §47 InsO zur Aussonderung berechtigen könnten. Allerdings widerspreche es dem anerkannten System des Gläubigerschutzes in der Insolvenz des Schuldners, der Masse solche Gegenstände zu entziehen, die dem Schuldner gehören, hinsichtlich derer er jedoch später in eine schuldrechtliche Beschränkung seiner Befugnisse als Eigentümer eingewilligt habe. 7 3 Wolle man eine Aussonderungsmöglichkeit allein aufgrund einer schuldrechtlichen A b r e d e zulassen, so ergäben sich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, weil der Inhalt schuldrechtlicher Vereinbarungen - in den Grenzen der §§ 138 BGB, 242 B G B - unübersehbar sei und sich allgemein nur schwer bestimmen ließe, wie viel an Rechtsmacht der Schuldner abgetreten haben müsste, damit die ihm gehörende Sache seinem Vermögen nicht mehr zuzurechnen ist. 74 Zwar stellte der B G H hier nicht ausdrücklich den Vergleich mit dem Anspruch des Käufers auf Übereignung einer Kaufsache an. D e r Hinweis auf das „ a n e r k a n n t e System des Gläubigerschutzes in der Insolvenz des Schuldners", nach dem der Masse nicht jene Gegenstände entzogen werden dürften, hinsichtlich derer der Schuldner nur schuldrechtlich gebunden ist, zeigt aber doch deutlich die Besorgnis der Rechtsprechung, eine Abgrenzung zu den gewöhnlichen und damit die Insolvenzschuldnerin wieder bezugsberechtigte Inhaberin der A n s p r ü c h e aus d e m Versicherungsvertrag ist. Es k a m also im Lebensversicherungsfall gar nicht darauf an, ob der G e s c h ä f t s f ü h r e r die Macht hatte, aus d e m widerruflichen ein unwiderrufliches Bezugsrecht zu m a c h e n . Das betraf nur die Frage seiner Eigenrechtsstellung im Hinblick auf die Rechte aus der Versicherung. E n t s c h e i d e n d wäre gewesen, ob hinsichtlich derjenigen Rechte, die die Schuldnerin nach d e m tatsächlich erfolgten Widerruf (wieder) als eigene innehatte, ein T r e u h a n d v e r h ä l t n i s vorlag. 71

Vgl. dazu demnächst auch M ü n c h K o m m l n s O / G a n i e r , §47 R d n . 3 5 7 in der 2. Auflage. Dazu schon o b e n S. 30 f. und S. 61 ff. 73 B G H , 24.6. 2003, B G H Z 155, 227. 233 f. = N J W 2003, 3414, 3415 f. = W M 2003, 1733, 1734f. u n t e r Ziff. II. 2. c) der G r ü n d e ; vgl. auch B G H , 2.6. 2005, W M 2005, 1790, 1791 f. 74 B G H , 24.6.2003, B G H Z 155,227,235 = N J W 2003,3414,3416 = W M 2003,1733,1735 unter Ziff. II. 2. e) der G r ü n d e . 72

138

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Verschaffungsansprüchen (idealtypisch: §433 Abs. 1 Satz 1 B G B ) sei bei einem rein schuldrechtlichen Verständnis der Treuhand nicht möglich. 75 d)

Konsequenzen

Die Besorgnis der Rechtsprechung vor einer Verwischung der Grenze zwischen schuldrechtlichen und dinglichen Rechtspositionen im R a h m e n der §§771 ZPO, 47 InsO ist nicht unberechtigt. Doch spiegelt sich darin im G r u n d e nur das allgemeine Z u o r d n u n g s p r o b l e m bei der Verwaltungstreuhand wieder: die richtige Verortung der Treuhand im Mittelbereich zwischen Schuldrecht und Sachenrecht. 7 6 Das Unmittelbarkeitsprinzip ist - wie wir in §4 1 gesehen haben ein untaugliches Mittel, diesen im Ansatz berechtigten Bedenken der Rechtsprechung R e c h n u n g zu tragen: D e r Weg, den das Treugut zum Treuhänder gen o m m e n hat, ändert nämlich nichts an der Qualität der schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Treugeber und Treuhänder. Entscheidend ist jeweils der Inhalt der schuldrechtlichen Abrede. 7 7 Wer Lehren aus der Unmittelbarkeitsdiskussion ziehen will, die sich nicht in der Feststellung der Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung erschöpfen, muss die Wertungen aufgreifen, die hinter der Wahl des untauglichen Mittels standen. Nicht anders als bei dem zuvor angeführten Offenkundigkeitsargument gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, wie die Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung beseitigt werden kann: Entweder man sieht das Abgrenzungsbestreben der Rechtsprechung als berechtigt an. D a n n muss ein neues Abgrenzungskriterium gefunden werden, dass es unter Vermeidung der Widersprüche erlaubt, den vollstreckungsfesten Herausgabeanspruch des Treugebers von den nicht vollstreckungsfesten Verschaffungsansprüchen abzugrenzen. Will man den Vollstreckungsschutz - weil das Unmittelbarkeitsprinzip nicht überzeugt vom Erwerbsweg des Treuguts unabhängig machen, müsste aufgezeigt werden, dass entgegen der Rechtsprechung sehr wohl ein Unterschied zwischen dem Anspruch des Auftraggebers aus § 667 B G B und dem Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache aus §433 Abs. 1 Satz 1 besteht. Nur dann könnten die Dritterwerbsfälle in den Vollstreckungsschutz einbezogen werden, ohne gleichzeitig die von der Rechtsprechung gesehene G e f a h r heraufzubeschwören, dass der Begriff des Treuhandverhältnisses völlig ins Unbestimmte zerfließt, dass die G r e n z e zwischen Schuldrecht und Sachenrecht gänzlich verwischt wird. Die gleiche Sorge k o m m t bei Kesseler, Z N o t P 2003, 368, 370, zum Ausdruck, wenn er fragt: „Worin sollte sich nämlich z.B. das kaufvertragliche Treueverhältnis von V e r k ä u f e r und K ä u f e r vor E r f ü l l u n g noch von e i n e m b e s o n d e r e n Treuhandverhältnis unterscheiden, k ä m e es nur auf die schuldrechtlichen A n s p r ü c h e an. Die U n t e r s c h e i d u n g zwischen dinglichem Recht und schuldrechtlichem A n s p r u c h w ü r d e aufgegeben."; ähnlich die B e d e n k e n bei Fridgen, Z I n s O 2004, 530, 536 ff. 76 Dazu oben §1 II (S.7 ff.) und § 2 (S.21 ff.). 77 Siehe o b e n S. 75 ff.

§5 Lehren aus der

Unmittelbarkeitsdiskussion

139

Alternativ könnte man die traditionelle Sichtweise 7 8 verlassen und auch bei schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen, die auf eine konkrete Sache gerichtet sind, ein zur Aussonderung und Drittwiderspruchsklage berechtigendes „Treuhandverhältnis" anerkennen. Auf diese in der Literatur teilweise vertretene Lösung wird bei der Suche nach einem alternativen Abgrenzungskriterium für die Treuhandwirkungen ebenfalls näher einzugehen sein (unten §6 II). 79

4.

Manipulationsgefahr

Eine weitere Erwägung tritt in B G H Z 155, 227 hinzu, die den B G H veranlasst hat, speziell in Fällen der Vereinbarungstreuhand den Schutz des Treugebers abzulehnen. Wenn die Vereinbarung, einen bislang zu Eigenrecht gehaltenen Gegenstand ab sofort nur noch treuhänderisch für einen Dritten zu halten, ein Aussonderungsrecht des Begünstigten in der Insolvenz des „Treuhänders" begründen könnte, entstünden nach Ansicht des IX. Zivilsenats erhebliche Anreize für den Schuldner, im Z u s a m m e n w i r k e n mit einem „Treugeber" die Masse aushöhlende Vermögensverschiebungen vorzunehmen. 8 0 Dieses jüngst auch in der Literatur 8 1 vorgebrachte, im Übrigen gar nicht neue 8 2 Manipulationsargument hängt eng mit der Offenkundigkeitsthese zusammen: Wenn die vom formellen Recht abweichende Vermögenszuordnung eines Gegenstandes für den Rechtsverkehrs von vornherein erkennbar ist, besteht weniger die G e f a h r nachträglicher Manipulationen. Ist hingegen die Offenkundigkeit der Vermögenszuordnung für den Rechtsverkehr keine Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes, steigt diese Gefahr. Die auf den ersten Blick durchaus einleuchtende Argumentation der Rechtsprechung soll deshalb bei der Diskussion der Offenkundigkeitsthese gewürdigt werden. 8 3

III. Zusammenfassung Die Analyse der Gründe, die für die Entwicklung des Unmittelbarkeitsprinzips maßgeblich waren, gibt das weitere Untersuchungsprogramm dieser Arbeit vor. Aus der Unmittelbarkeitsdiskussion lässt sich folgende vorläufige Lehre ziehen: Das Unmittelbarkeitsprinzip ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert hatte die Rechtsprechung demgegenüber noch ausdrücklich die Paral78

Siehe o b e n Fußn.58. Siehe unten S. 159 ff. 80 B G H , 24.6.2003, B G H Z 155,227,235 = N J W 2003,3414,3416 = W M 2003,1733.1735 unter Ziff. II. 2. e) der G r ü n d e . 81 R e f e r i e r e n d Ganter, in FS Kreft, S.251, 259 = Z I n s O 2004, 1217, 1220; ferner Gundlach/ Frenzel, E W i R § 12 G e s O 1/03, 1191, 1192, die „ u n s a c h g e m ä ß e U m g e h u n g e n " b e f ü r c h t e n . 82 Siehe bereits Friedmann, G u t a c h t e n , passim, insbes. S.825, 889, 892,1019ff., 1032f.; ähnlich auch Siebert, Treuhandverhältnis, S. 190; dazu noch unten S. 155 f. 83 Siehe u n t e n S. 155 f. 19

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Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstrcckung

lelen zwischen dem Vollstreckungsschutz des Treugebers bei der (Übertragungs-)Treuhand und d e m Schutz des Kommittenten gemäß §392 Abs. 2 H G B (früher Art. 368 Abs. 2 A D H G B ) betont. Die nie ausdrücklich kenntlich gemachte Neuorientierung der Rechtsprechung hängt mit dem Inkrafttreten des B G B zur Jahrhundertwende um 1900 zusammen. Da die 2. BGB-Kommission die A u f n a h m e einer dem §392 Abs. 2 H G B entsprechenden Regelung ins Auftragsrecht abgelehnt hatte, fühlte sich die Rechtsprechung im 20. Jahrhundert an diese Entscheidung und die dafür vorgebrachten G r ü n d e der Kommission gebunden. Zwei wesentliche Erwägungen wirken bis heute in der Rechtsprechung fort und sind deshalb im Folgenden einer näheren Untersuchung zu unterziehen: Erstens fragt sich, ob eine Offenkundigkeit der Vermögensverhältnisse generell Voraussetzung für den Vollstreckungsschutz bei der Treuhand ist (unten § 6 I). Zweitens ist zu prüfen, ob das Bestreben der Rechtsprechung berechtigt ist, gewöhnliche Verschaffungsansprüche, auch wenn sie auf einen konkret bestimmten Gegenstand gerichtet sind, vom Schutz der §§771 ZPO, 47 InsO auszunehmen. Damit ist die Frage angesprochen, ob der Bestimmtheitsgrundsatz als alleinige Grenze des Vollstreckungsschutzes anerkannt werden kann (unten §6 11). Sollte sich zeigen, dass weder die Offenkundigkeit noch die Bestimmtheit geeignete Abgrenzungskriterien für den Vollstreckungsschutz des Treugebers darstellen, ist in einem weiteren Schritt zu untersuchen, ob nicht doch - wie dies die Rechtsprechung im 19. Jahrhunderts ansatzweise gesehen hat - der kommissionsrechtlichen Regelung des §392 Abs. 2 H G B ein Modellcharakter entnommen und auf dieser Basis die Abgrenzung zwischen dem vollstreckungsfesten Herausgabeanspruch des Treugebers und den nicht vollstreckungsfesten Verschaffungsansprüchen gelingen kann (unten §§7 und 8).

§ 6 Vorhandene Ansätze zur Ablösung des Unmittelbarkeitsprinzips Die bisherige Untersuchung hat vor allem das B e m ü h e n der Rechtsprechung gezeigt, die Treuhand im Mittelbereich zwischen Schuldrecht und Sachenrecht zu verorten. G e r a d e weil die Erfassung dieses zwitterhaften Rechtsinstituts so schwierig ist, stellen alle Urteile eine G r a t w a n d e r u n g dar: Jene Fälle, in denen ein Aussonderungsrecht gemäß §47 InsO und eine Drittwiderspruchsklage gem ä ß §771 Z P O aufgrund eines schuldrechtlichen Rechts gewährt wird, müssen von jenen Fällen unterschieden werden, in denen ein schuldrechtlicher Anspruch keine Vorrangstellung des Gläubigers begründet. Bei dieser Gratwanderung war die Rechtsprechung stets von dem Ziel geleitet, die Trennung zwischen Schuldrecht und Sachenrecht nicht vollständig aus den Angeln zu heben. Das zu diesem Zweck seit Beginn des 20. Jahrhunderts eingesetzte Mittel - das Unmittelbarkeitsprinzip - ist allerdings ein untaugliches. In der Literatur sind verschiedene alternative Abgrenzungskriterien entwickelt worden, die das Unmittelbarkeitsprinzip ersetzen sollen. Auch bei der Entwicklung jener Alternativkriterien ist jeweils dasselbe B e m ü h e n erkennbar, das schwierige Zuordnungsproblem bei der Treuhand in den Griff zu bekommen. D e r trennende G r a t wird nur an anderer Stelle gezogen. O b diese alternativen Kriterien das Treuhandproblem zu lösen geeignet sind, soll n u n m e h r untersucht werden. I. O f f e n k u n d i g k e i t als A b g r e n z u n g s k r i t e r i u m ? Das teilweise auch die Rechtsprechung bestimmende, dort allerdings nie konsequent herangezogene Offenkundigkeitsprinzip hat vor allem Canaris als alternatives Abgrenzungskriterium zum Unmittelbarkeitsprinzip vorgeschlagen. 1 1 Canaris, NJW 1973, 825, 832; ders., in FS Flume I, S.371, 405 ff.; ders., Bankvertragsrecht, Rdn.280; dem ohne eigene Begründung folgend auch BVerfG, 12.4. 1983, NJW 1983, 2766, 2767 ( d a z u - m . E . u n r i c h t i g - B G H , 1.7.1993,NJW 1993,2622 = Fußn. 26 unter Ziff. II. l.a.E.); aus der Literatur ferner Lammet, Haftung, S.9ff.; für eine Kombination aus Bestimmtheitsgrundsatz und Offenkundigkeitsprinzip Jaeger/Henckel, InsO, §47 Rdn.72; Thomas, NJW 1968, 1705, 1708 f.; für eine Kombination aus Unmittelbarkeits- und Offenkundigkeitsprinzip (unter Berücksichtigung der Bestimmtheit) Kümmerlein, Erscheinungsformen, S. 141 ff. mit Ergebnis S. 145; MünchKommInsO/GiW!fi>/', §47 Rdn.358; eher kritisch zum Offenkundigkeits-

142

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstrenhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckun?

1. Vier Thesen von Canaris aus der Festschrift Flume In der Festschrift für Flume untersucht Canaris im Jahr 1978 unter dem bei Dulckeit2 entlehnten Titel „Die Verdinglichung obligatorischer R e c h t e " verschiedene Tatbestände, in denen das Recht einem obligatorischen Anspruch gewisse Wirkungen beilegt, die gewöhnlich nur einem dinglichen Recht zukommen. 3 In diesem Z u s a m m e n h a n g geht er auch auf den Vollstreckungsschutz bei der Kommission und der Treuhand ein. D e n G r u n d für den in §392 Abs. 2 H G B gewährten Vollstreckungsschutz für den H i n t e r m a n n sieht Canaris im „Handeln für f r e m d e Rechnung in Verbindung mit dessen Offenkundigkeit kraft Gewerbes". 4 Zur Ermittlung dieser ratio legis des § 392 Abs. 2 H G B stützt sich Canaris5 - wie auch schon andere Autoren vor ihm 6 - in erster Linie auf jene Erwägungen, die die 2. BGB-Kommission gegen eine Ü b e r n a h m e der in §392 Abs. 2 H G B enthaltenen Regelung ins Auftragsrecht des B G B vorgebracht hatte und die sodann Einzug in die Rechtsprechung des R G hielten. 7 Z u r Erinnerung: Die handelsrechtliche Vorschrift war von der 2. BGB-Kommission als Sonderbestimmung eingeordnet worden. Beim gewerbsmäßigen Kommissionär wisse jeder, dass er vielfach fremdes Vermögen in H ä n d e n halte und deshalb sei eine Täuschung der Gläubiger und eine Störung des Kreditverkehrs kaum zu befürchten. 8 Diese nach Canaris in §392 Abs. 2 H G B angelegte Verknüpfung von Offenkundigkeit des Handelns für f r e m d e Rechnung und Vollstreckungsschutz will

prinzip aber die N e u a u f l a g e R d n . 3 5 7 b sowie Ganter, in FS Kruft, S. 251, 265 f. = Z I n s O 2004, 1217,1223; die O f f e n k u n d i g k e i t nur als Beweismittel, nieht a b e r als Tatbestandsvoraussetzung ansehend Karsten Schmidt, in FS Wiegand, 2005, S.933, 955 ff. 2 Dulckeit. Die Verdinglichung obligatorischer Rechle, in: Recht und Staat in Geschichte und G e g e n w a r t , H e f t 158/159, 1951. 3 Canaris, in FS Flume I, S. 371 ff. 4 Canaris, in FS Flume I, S. 371,407; d e m folgend Staub/Koller. H G B , § 392 R d n . 2 und 15; im Ansatz ü b e r e i n s t i m m e n d auch Scharrenberg, Rechte. S. 128f.. die aber meint, bei einem treuhänderischen Rechtsverhältnis vermittelten sowohl der „ U n t e r w e r f u n g s w i l l e " des Treuhänders als auch die gesondert a u f z u b e w a h r e n d e n T r e u h a n d g e g e n s t ä n d e „eine im Hinblick auf § 392 Abs. 2 H G B vergleichbare Publizität". Dies ist schlicht abwegig, weil der - interne - Unterwerfungswille für die Gläubiger nicht e r k e n n b a r ist und eine getrennte A u f b e w a h r u n g der G e g e n s t ä n d e keinen Rückschluss auf einen f r e m d e n Rechtsinhaber zulässt. Im Übrigen setzt sich Scharrenberg damit auch in Widerspruch zu ihren späteren A u s f ü h r u n g e n auf S. 173 f., wo sie das O f f e n k u n d i g k e i t s p r i n z i p ausdrücklich ablehnt; kritisch gegenüber dem Ansatz von Canaris vor allem Karsten Schmidt, Handelsrecht, §30 V 4 a (S. 898). 5

Canaris, in FS F l u m e I, S.371. 406f. Vgl. aus der älteren L i t e r a t u r i n s b e s o n d e r e Friedmann, G u t a c h t e n , S. 889 ff.; Hönsch, Stellvertretung, S.49f.; Radke, U n m i t t e l b a r k e i t s p r o b l e m , S.30f.: a . A . aber schon damals Nussbaum, Tatsachen, S. 39, der stattdessen auf die leichtere Trennbarkeit der F o r d e r u n g e n kraft der B u c h f ü h r u n g und der sonstigen Betriebseinrichtungen des K a u f m a n n s abstellte (dagegen wiederum z u t r e f f e n d Dressler, A n w e n d u n g , S. 111). 6

7 8

Siehe o b e n S. 126 ff. Siehe o b e n S.128.

§6 Vorhandene

Ansätze

zur Ablösung

des Unmittelbarkeitsprinzips

143

Canaris sodann auch ins Treuhandrecht übertragen. 9 Das Unmittelbarkeitsprinzip lehnt er als systemfremd ab, meint aber zugleich, das von der heute h.L. alternativ befürwortete Kriterium der Bestimmtheit 1 0 sei nicht ausreichend. Z u fordern sei auch bei der Treuhand eine Offenkundigkeit der Verhältnisse für den Rechtsverkehr." Der Hinweis der h.L. auf die Durchbrechung des Publizitätsprinzips in Fällen der „heimlichen" Sicherungsübereignung könne gegenüber dieser Forderung nach Offenkundigkeit nicht überzeugen. D e n n nach Ansicht von Canaris berechtigt ein „Sündenfall" - und die Zulassung der Sicherungsübereignung sei wegen des Verstoßes gegen die Wertung der §§1205 f., 1280 B G B ein solcher gewesen - nicht dazu, beliebig weiter zu sündigen. 1 2 Zudem liefere der Hinweis auf § 392 Abs. 2 H G B ein weiteres A r g u m e n t zugunsten des Offenkundigkeitsprinzips. Neben dem spezifisch sachenrechtlichen Publizitätsprinzip stehe nämlich ergänzend und mit (insoweit) ähnlicher Funktion das stellvertretungsrechtliche Offenheitsprinzip. 1 3 Aus diesen Überlegungen entwickelte Canaris vier Thesen: 1. Soweit Offenkundigkeit gewährleistet sei, k o m m e es auf Unmittelbarkeit nicht an. Er verweist hier vor allem auf die Rechtsprechung zu den offenen Treuhandkonten. 1 4 2. Im Liegenschaftsrecht könne Offenkundigkeit nur durch Eintragung gewährleistet werden und durch Unmittelbarkeit nicht ersetzt werden. 1 5 3. Außerhalb des Liegenschaftsrechts könne Offenkundigkeit grundsätzlich in beliebiger Weise, insbesondere durch das G e w e r b e oder den Beruf des Treugebers gewährleistet werden. 1 6 4. Außerhalb des Liegenschaftsrechts könne Offenkundigkeit durch Unmittelbarkeit, nicht jedoch durch bloße Bestimmtheit ersetzt werden. 1 7 D e n n anderenfalls müsse der Vollstreckungsschutz in allen Fällen mittelbarer Stellvertretung bzw. genauer in allen Fällen des Handelns für f r e m d e Rechnung zugelassen werden. Dies k ö n n e jedoch im Hinblick auf die schon von der 2. BGB-Kommission angestellten Überlegungen nicht zugelassen werden, weil anderenfalls der Kredit empfindlich gestört würde. 1 8

9

Canaris, in FS Flume I, S.371, 410ff. Dazu sogleich S. 159 ff. 11 Canaris, in FS Flume I, S.371, 411 f. 12 Canaris, in FS Flume I, S.371, 412. 13 Im Hinblick darauf noch a n d e r s Canaris, Feststellung, § 147 (S. 154) mit dem Hinweis in F u ß n . 4 0 a , dass er die damalige Position n u n m e h r in FS Flume I, S.371,424f. a u f g e g e b e n habe. 14 Canaris, in FS Flume I, S.371, 413f. 15 Canaris, in FS Flume I, S.371, 414ff. 16 Canaris, in FS Flume I, S.371, 416f. 17 Canaris, in FS Flume 1, S.371, 417f. 18 Siehe oben S.127f. 111

144

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

2. Spätere Akzentverschiebung

in Insolvenz

und

in der Position von

Fjnzelzwangsvollstreekung

Canaris

Diese in der Festschrift Flume entwickelte Position hat Canaris im 1988 erschienenen „Bankvertragsrecht" modifiziert, ohne dies allerdings selbst klarzustellen. Dort macht Canaris deutlicher, dass er das Unmittelbarkeitsprinzip durch das Offenkundigkeitsprinzip ersetzen will 19 , während die Thesen 1 und 4 aus der Festschrift Flume von einer Kombination beider Prinzipien ausgingen. Nur noch notgedrungen und mit einem Fragezeichen versehen will Canaris den Vollstreckungsschutz in den Unmittelbarkeitsfällen akzeptieren, indem er wörtlich ausführt: „ A n d e r s m a g a l l e n f a l l s d a n n zu e n t s c h e i d e n sein, w e n n d i e f r a g l i c h e n W e r t e wirklich u n m i t t e l b a r a u s d e m V e r m ö g e n d e s T r e u g e b e r s auf d a s K o n t o d e s T r e u h ä n d e r s g e l a n g t sind, weil sich i n s o w e i t m ö g l i c h e r w e i s e b e r e i t s G e w o h n h e i t s r e c h t g e b i l d e t h a t . " 2 0

Hierzu verweist Canaris zwar auf seine früheren Ausführungen in der Festschrift für Flume, in denen sich ebenfalls schon der Hinweis auf das Gewohnheitsrecht fand. 2 1 Erst durch die Akzentverschiebung und Präzisierung im „Bankvertragsrecht" wird aber deutlich, dass Canaris das Kriterium der Unmittelbarkeit eigentlich nicht für ausreichend hält und - sähe er sich nicht durch möglicherweise bestehendes Gewohnheitsrecht gehindert - den Vollstreckungsschutz immer von einer Offenkundigkeit der Verhältnisse abhängig machen würde. 2 2

3.

Stellungnahme

Das besondere Verdienst von Canaris besteht darin, dass er die aus seiner Sicht für den Vollstreckungsschutz maßgeblichen Wertungsgrundlagen offen legt und daraus - mit der Präzisierung im „Bankvertragsrecht" - ein in sich stimmiges Konzept entwickelt. Diese Präzisierung ist allerdings erforderlich, wenn die Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung vermieden werden soll, die den Vollstreckungsschutz teilweise auf die Offenkundigkeit, teilweise auf die Unmittelbarkeit stützt.

19 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.280: D e r Vollstreckungsschutz sei „nicht ... aus d e m Unmittelbarkeitsprinzip, s o n d e r n statt dessen aus d e m Offenkundigkeitsprinzip zu entwickeln"; e b e n s o allerdings auch schon der vor der Festschrift für Flume erschienene Beitrag von Canaris, N J W 1973, 825, 832. 20 Canaris, Bankvertragsrecht, R d n . 2 8 0 a.E. 21 Zitiert wird Canaris, in FS Flume I, S.371, 417 f. 22 Dies wird übergangen von B G H , 1.7. 1993, N J W 1993. 2622 = F u ß n . 2 6 u n t e r Ziff. II. 1. a.E. der Entscheidungsgründe.

§6 Vorhandene

Ansätze

zur Ablösung

a) Untauglichkeit einer Kombination Offenkundigkeitsprinzip

des Unmittelbarkeitsprinzips

von Vnmittelbarkeits-

145

und

Die zunächst von Canaris in der Festschrift für Flume sowie auch sonst verschiedentlich in der Literatur 2 3 vertretene Kombination von Unmittelbarkeits- und Offenkundigkeitsprinzip hat vor allem in der Rechtsprechung des B G H zu den Treuhandkonten ihre Spuren hinterlassen. Diese Rechtsprechung sei hier noch einmal kurz in Erinnerung gebracht 2 4 : Die Unmittelbarkeit der Vermögensübertragung soll dann nicht erforderlich sein, wenn von dritter Seite Geld auf ein A n d e r k o n t o eingezahlt oder überwiesen wird, das offenkundig zu dem Zweck bestimmt ist, fremde Gelder zu verwalten (Anderkonto). 2 5 Andererseits sieht aber der B G H die Offenkundigkeit der Rechtsverhältnisse am Treugut für den Rechtsverkehr nicht generell als Voraussetzung für einen Vollstreckungsschutz des Hintermanns an. 26 Im Vereinskassiererfall genügte dem B G H die Überweisung von Geldbeträgen auf ein nicht als A n d e r k o n t o eingerichtetes Postscheckkonto für ein Treuhandverhältnis, sofern nur die den Zahlungen zugrunde liegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden waren. 2 7 Ein Aussonderungsrecht sollen auch die Wohnungseigentümer in der Insolvenz ihres Verwalters an den von ihnen unmittelbar auf ein Wohngeldkonto eingezahlten Geldern haben. 2 8 Diese Kombination von Unmittelbarkeits- und Offenkundigkeitsprinzip kann jedoch nicht überzeugen. Wenn nämlich eine Offenkundigkeit als Voraussetzung der Rechte des Treugebers/Hintermanns aus §§47 InsO, 771 Z P O zu verlangen ist, dann könnte sich dieses Erfordernis - wie Canaris mit Recht hervorhebt - nur aus den Interessen der Gläubiger an der Erkennbarkeit der Vermögenszuordnung ergeben. Ausdrücklich baut Canaris die Offenkundigkeitsthese auf d e m von der h.M. geteilten Verständnis von Sinn und Zweck des §392 2i MünchKommlnsO/Görtfe/', §47 Rdn. 358 (siehe aber auch oben Fußn. 1); Kümmerlein, Erscheinungsformen, S. 141 ff. mit Ergebnis S. 145. 24 N ä h e r o b e n S.981T. 25 B G H , 7.4. 1959, N J W 1959, 1223, 1225 = LM N r . 3 zu §771 Z P O = M D R 1959, 659 = BB 1959,573 = D B 1959,620 = W M 1959,686 = Z Z P 1960,97 (ausführlich oben S. 91 ff.); dazu auch Münch Komm InsO/Gu/iier, §47 Rdn.357, 396; Hadding/Häuser, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 2. Aufl., §37 R d n . 2 5 f . 26 B G H , 1.7.1993, N J W 1993,2622 = Z I P 1993,1185 = W M 1993,1524 = BB 1993,1549 = D B 1993, 2378 = M D R 1993, 1119 = K T S 1993, 666; B G H , 8.2. 1996, N J W 1996, 1543 = W M 1996, 662 = BB 1996, 873 = M D R 1996, 630 = KTS 1996, 305 = LM Nr.22 zu §771 Z P O ; dazu auch M ü n c h K o m m l n s O / G f l W e r , §47 Rdn.357; Bitter, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 3.Aufl., §33 Rdn. 105; Hadding/Häuser, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 2. Aufl., §37 R d n . 6 2 f . 27 B G H , 7.4. 1959, N J W 1959, 1223, 1225 = Fußn.25; d e m folgend O L G N a u m b u r g , 20.12. 2001, W M 2003,1668 = W u B VI C. §47 InsO 3.03 Bitter, vgl. jüngst bestätigend B G H , 7.7.2005, Z I P 2005. 1465,1466 = W M 2005, 1796, 1797; f e r n e r M ü n c h K o m m l n s O / G a n f e r , §47 Rdn.357. 2S O L G H a m m , 11.2. 1999, Z I P 1999, 765, 766; vgl. auch M ü n c h K o m m l n s O / G a n f e r , §47 Rdn.401.

146

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Abs. 2 H G B auf. Wenn man jedoch umgekehrt - wie es die Rechtsprechung nur in Fällen der Unmittelbarkeit tut - auf die Offenkundigkeit der Treuhandverhältnisse verzichtet, kann der G r u n d dafür nur in dem Umstand begründet sein, dass die Gläubiger generell nicht darauf vertrauen können, dass ein im Besitz des Schuldners befindlicher Gegenstand auch tatsächlich zu seinem Vermögen gehört, es also im Vollstreckungsrecht keinen „Gutglaubensschutz" gibt. 29 Wenn dieses A r g u m e n t aber den Verzicht auf die Offenkundigkeit rechtfertigt, dann ist wiederum nicht erkennbar, warum dies nur bei unmittelbarer Übertragung, nicht aber bei einem E r w e r b im Wege der mittelbaren Stellvertretung gilt. In beiden Fällen müsste der fehlende „Gutglaubensschutz" im Vollstreckungsrecht in gleicher Weise relevant werden. 3 0 Nur eines kann also richtig sein: Entweder ist das Erkennbarkeitsinteresse immer entscheidend für den Vollstreckungsschutz des Hintermann oder es ist es nie. Die späteren Ausführungen von Canaris im „Bankvertragsrecht" sind insoweit konsequenter und vermeiden den durch die Kombination auftretenden Widerspruch. b) Offenkundigkeit als generelle Voraussetzung Vollstreckungsschutzes bei der Treuhand?

des

Die konsequente Forderung nach einer Erkennbarkeit der Vermögenszuordnung für den Rechtsverkehr hat das Argument der Rechtssicherheit für sich. Die G e f a h r nachträglich konstruierter Treuhandverhältnisse wird reduziert. 3 1 Zugleich wird ganz allgemein eine Täuschung der Gläubiger vermieden. Wenn für jeden Teilnehmer am Rechtsverkehr sogleich erkennbar wäre, ob ein bestimmter vom Schuldner zu Eigenrecht gehaltener Gegenstand ihm auch vermögensmäßig zusteht, k ö n n t e bei keinem Gläubiger das Vertrauen entstehen, auf einen nur treuhänderisch gehaltenen Gegenstand zur Befriedigung seiner Forderungen zugreifen zu können. Bei einem solchen Konzept könnten die Bedenken der Rechtsprechung gegenüber einer Verwischung der G r e n z e zwischen Schuldrecht und Sachenrecht zurückgestellt werden: Wo kein Gläubiger in seinem Vertrauen enttäuscht werden kann, erscheint die A n e r k e n n u n g einer Vorrangstellung des Treugebers in Insolvenz und Zwangsvollstreckung von vornherein unproblematisch. ^ In diesem Sinne B G H , 1.7. 1993, N J W 1993, 2622 = Fußn.26; Assfalg, Behandlung, S. 171 und 175; Beuthien, Z G R 1974, 26, 69; Blaurock, Unterbeteiligung, S.248; Grundmann, Treuhandvertrag, S.320; Henssler, A c P 196 (1996), 37, 57 m.w.N. in Fußn.96; Kötz, Trust, S. 133f.; Nickel-Schweizer, Beitrag, S. 99; Scharrenberg, Rechte, S. 153 und 174; Schless, Stellvertretung, S.79; Walter, Unmittelbarkeitsprinzip, S.63; Wiegand, in FS Going II, S.565, 588; sogar Fuchs, Treuhand, S. 93, der insgesamt der T r e u h a n d sehr kritisch g e g e n ü b e r steht und sie als Mittel von Schiebungen b r a n d m a r k t . 30 11

Siehe dazu schon o b e n S. 130 f. Siehe o b e n S. 139 f.

§6 Vorhandene

Ansalze

zur Ablösung

des Unmittelbarkeitsprinzips

147

Wird allerdings in allen Fällen eine Offenkundigkeit der Verhältnisse für die Gläubiger als Voraussetzung für den Vollstreckungsschutz verlangt, hat im Gegenzug das von der Rechtsprechung bislang a n e r k a n n t e Aussonderungs- und Drittwiderspruchsrecht in vielen Fällen der unmittelbaren Übertragung des Treuguts vom Treugeber auf den Treuhänder auszuscheiden. Eine irgendwann früher einmal stattgefundene unmittelbare Ü b e r t r a g u n g schafft nämlich keine Offenkundigkeit im Sinne einer E r k e n n b a r k e i t der Vermögenszuordnung für den Rechtsverkehr. 3 2 O b die damit verbundene, ganz erhebliche Einschränkung des bislang von der Rechtsprechung a n e r k a n n t e n Vollstreckungsschutzes bei der Treuhand überzeugen kann, ist sorgfältig zu prüfen: In einem ersten Schritt soll gefragt werden, ob das Offenkundigkeitsprinzip als alleiniges Abgrenzungskriterium überzeugt, die Offenkundigkeit also hinreichende Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes ist. 33 Sollte die Frage negativ zu beantworten sein, ist im zweiten Schritt zu untersuchen, ob dennoch die Offenkundigkeit als notwendige Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes neben einem anderen ergänzenden Tatbestandmerkmal zu fordern ist. aa) Offenkundigkeit als hinreichende Vollstreckungsschutzes?

Voraussetzung

des

Die erste der beiden Fragen lässt sich rasch im negativen Sinne beantworten. Wir müssen dazu nur die von Canaris angeführten Rechtsprechungsgrundsätze zu den Treuhandkonten 3 4 auf einen Fall übertragen, der im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer spielt. N e h m e n wir an, ein Zwischenhändler in der Verkaufskette zahlt den von einem A b n e h m e r gezahlten Kaufpreis auf ein für jeden offenkundig als solches bezeichnetes, aber ihm selbst unterstehendes „Treuh a n d k o n t o " ein, um den Betrag an seinen Verkäufer weiterzuleiten. Kann dieser Verkäufer die eingezahlten Beträge in einer Insolvenz des Zwischenhändlers aussondern oder bei einer Pfändung durch Gläubiger des Zwischenhändlers Drittwiderspruchsklage e r h e b e n ? O d e r wie wäre es in dem noch einfacheren Fall, in dem ein Käufer den an seinen Verkäufer zu zahlenden Kaufpreis auf ein derartiges „offenkundiges T r e u h a n d k o n t o " einzahlt, um die Gelder später - nach Klärung noch offener Vertragsfragen - an den Verkäufer auszuzahlen? Kann hier die Offenkundigkeit der Verhältnisse tatsächlich die Treuhandwirkungen rechtfertigen? Ein letztes Beispiel sei erlaubt, das von den Kontenfällen wegführt: Wie wäre der Fall zu beurteilen, in dem ein Verkäufer den verkauften Gegenstand in einem gesonderten, für jeden offenkundig als „Treu-

32

Siehe o b e n S. 80 ff. In diesem Sinne wohl Karsten Schmidt, in FS Wiegand, 2005, S.933. 958: „ O f f e n k u n d i g keit ist zwar keine erforderliche Voraussetzung für den Treugeberschutz, reicht aber aus, um Treugeberrechte im Verhältnis zu Dritten a n z u e r k e n n e n . " 34 Siehe dazu die Kurzwiedergabe soeben S. 145 sowie eingehend oben S.87ff. 33

148

Zweiler

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

h a n d r a u m " bezeichneten Lager zur Abholung durch den Käufer bereitstellen würde und der Gegenstand dort von Gläubigern des Verkäufers gepfändet wird oder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verkäufers e r ö f f n e t wird. Kann die „Offenkundigkeit" der Verhältnisse hier tatsächlich dazu führen, dem schuldrechtlichen Anspruch des Käufers auf Übereignung vollstreckungsrechtliche Treuhandwirkungen zu verleihen, ihn also zur Drittwiderspruchsklage bzw. Aussonderung zu berechtigten? Die Antwort muss in allen Fällen eindeutig nein lauten. Allein durch die für j e d e r m a n n e r k e n n b a r e Bezeichnung als „Treuhand" können einem Rechtsverhältnis keine Treuhandwirkungen in Gestalt des Vollstreckungsschutzes für den H i n t e r m a n n beigelegt werden. 3 5 Was gesucht und gefunden werden muss, ist ein sachliches Abgrenzungskriterium, das die vollstreckungsrechtliche Unterscheidung zwischen den Kaufvertrags- und den Treuhandfällen rechtfertigt. D i e angeführten Beispiele dürften hinreichend gezeigt haben, dass das O f f e n k u n d i g keitsprinzip hierzu nicht geeignet ist. bb) Offenkundigkeit als notwendige Vollstreckungsschutzes?

Voraussetzung

des

Steht damit fest, dass die Offenkundigkeit allein den Vollstreckungsschutz des Hintermanns nicht zu rechtfertigen vermag, ist n u n m e h r zu untersuchen, o b die Offenkundigkeit der Verhältnisse für den Rechtsverkehr denn jedenfalls notwendige Voraussetzung für einen Treugeberschutz neben weiteren hinzutretenden Tatbstandsmerkmalen ist. 36 Auch insoweit sind Zweifel am O f f e n k u n d i g keitsprinzip angebracht.

35 E b e n s o Ganter, in FS Kreft, S.251, 266 = Z I n s O 2004, 1217, 1223, für T r e u h a n d k o n t e n in der Insolvenz des Treuhänders: Die A u s s o n d e r u n g k ö n n e selbst bei einem ausdrücklich als „ T r e u h a n d k o n t o " deklarierten K o n t o versagt werden, wenn sich herausstellt, dass das K o n t o zwar so bezeichnet worden ist, tatsächlich a b e r kein T r e u h a n d k o n t o war; d e m g e g e n ü b e r wird bei M ü n c h K o m m l n s O / G a n / e r , §47 Rdn.402, in d e m Beispiel des unter E V e r w e r b e n d e n Händlers, der G e l d e r seiner A b k ä u f e r auf ein G i r o k o n t o zahlt, nicht deutlich, o b er die Verweig e r u n g der Aussonderungsmöglichkeit nur auf die fehlende O f f e n k u n d i g k e i t stützt und deshalb die Eigenschaft als „ S o n d e r k o n t o " verneint o d e r o b er e b e n s o entscheiden würde, w e n n das K o n t o o f f e n k u n d i g als „ T r e u h a n d k o n t o " bezeichnet würde. 36 Dabei soll Canaris in dieser A r b e i t nicht unterstellt w e r d e n , er habe die O f f e n k u n d i g k e i t als hinreichende Voraussetzung d e s Vollstreckungsschutzes betrachtet, obwohl sich seine Ausf ü h r u n g e n im „ B a n k v e r t r a g s r e c h t " d u r c h a u s so lesen lassen (vgl. Canaris, B a n k v e r t r a g s r e c h t , Rdn.280). D e n n jedenfalls in der Festschrift für Flume hatte Canaris die ratio des §392 A b s . 2 H G B im H a n d e l n für f r e m d e R e c h n u n g in Verbindung mit dessen O f f e n k u n d i g k e i t kraftt G e werbes gesehen. D a r a u s ließe sich d e r Rückschluss ziehen, Canaris verlange die O f f e n k u n d i g keit n u r als notwendige Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes neben einem zweiten f ü r die Treuhand k e n n z e i c h n e n d e n M e r k m a l , das sich aus d e m E r w e r b des G e g e n s t a n d e s für f r e m d e R e c h n u n g ergibt.

§6 Vorhandene

aaa) Unterscheidung

Ansätze

zur Ablösung

von Publizität

und

des Unmittelbarkeitsprinzips

149

Offenkundigkeit

Wenn Canaris den Verzicht auf einen publik gemachten Übertragungsakt bei der Sicherungsübereignung als „Sündenfall" bezeichnet und damit seine Forderung nach Offenkundigkeit zu stützen sucht, k o m m t in dieser Argumentation eine für sein Ergebnis bedeutsame Vermischung zwischen dem sachenrechtlichen Publizitätsprinzip und dem von ihm für maßgeblich gehaltenen O f f e n k u n digkeitsprinzip zum Ausdruck. Das eine hat mit dem anderen jedenfalls dann nicht viel zu tun, wenn man die Offenkundigkeit mit Canaris im Sinne einer Erkennbarkeit der Vermögenszuordnung für die Gläubiger des Treuhänders versteht: 37 Die Gläubiger sollen darauf vertrauen dürfen, dass die dem Treuhänder äußerlich zustehenden, in seinem Besitz befindlichen Gegenstände auch tatsächlich zu seinem Vermögen gehören und damit dem Vollstreckungszugriff unterliegen. Eine solche Offenkundigkeit der Vermögenszuordnung wäre selbst dann nicht gewährleistet, wenn man Ausnahmen vom sachenrechtlichen Publizitätsprinzip - wie bei der Sicherungsübereignung - nicht zugelassen hätte. Beim sachenrechtlichen Publizitätsprinzip geht es nämlich von vorneherin nur um eine Erkennbarkeit des Übertragungsaktes im Zeitpunkt der Übereignung. Werden Besitz und Eigentum nachträglich getrennt, ist eine Offenkundigkeit der Rechtszuordnung nicht m e h r vorhanden und wird vom Publizitätsprinzip auch nicht gefordert. Dies lässt sich rasch erkennen, wenn beispielsweise der Eigentümer nach dem E r w e r b einer Sache diese vermietet, verleiht oder in Verwahrung gibt und es so zu einer - völlig alltäglichen - Trennung von Besitz und Eigentum kommt. Für den Rechtsverkehr ist dann in keiner Weise erkennbar, dass der unmittelbar besitzende Mieter, Entleiher oder Verwahrer nicht Eigentümer ist. Die zeitpunktbezogene Publizität schafft also keine Offenkundigkeit in dem von Canaris für den Vollstreckungsschutz geforderten Sinne. 18 Da aber das sachenrechtliche Publizitätsprinzip von vornherein nicht für eine Offenkundigkeit in dem von Canaris gewünschten Sinne, also für eine E r k e n n barkeit der Rechtszuordnung zum Zeitpunkt des Vollstreckungszugriffs sorgt 39 , kann es auch nicht zur Begründung der Thesen von Canaris herangezogen werden. Wollte man die Position von Canaris tatsächlich konsequent durchhalten, müsste man in allen Fällen der Trennung von Besitz und Eigentum einen Vollstreckungsschutz mit d e m A r g u m e n t verweigern, für den Rechtsverkehr sei die 37 Dies wird teilweise auch von den Kritikern des Offenkundigkeitsprinzips ü b e r s e h e n , wenn sie O f f e n k u n d i g k e i t und Publizität in diesem Z u s a m m e n h a n g als Synonyme v e r w e n d e n ; vgl. z.B. Einsele, J Z 1990, 1005, 1006f.; Henssier, A c P 196 (1996), 37, 55ff. 38 Auf die jederzeit mögliche Trennung von Besitz und E i g e n t u m und die d a r a u s folgende Unerheblichkeit des Schuldnerbesitzes aus Sicht der Geldgläubiger weist auch Michaels, Sachzuordnung, S. 213 f. und 211, hin. w Diese ließe sich auch nicht aus den V e r m u t u n g e n der §§ 1006,891 B G B herleiten, weil sie vom Berechtigten jederzeit widerlegt w e r d e n k ö n n e n ; dazu Einsele, J Z 1990, 1005, 1012.

150

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Rechtszuordnung nicht e r k e n n b a r gewesen. D a n n aber müsste man auch dem Vermieter, Verleiher oder Leasinggeber jeglichen Vollstreckungsschutz in der Insolvenz des Mieters, Entleihers oder Leasingnehmers sowie bei Einzelzwangsvollstreckungen durch dessen Gläubiger absprechen. Eine solche Lösung k ä m e jedoch nicht ernsthaft in Betracht. Da Besitz und Eigentum sehr oft auseinanderfallen, ist vielmehr zu erkennen, dass es einen „Gutglaubensschutz" im Vollstreckungsrecht in Wahrheit nicht gibt. 40 Die fehlende Offenkundigkeit der Vermögenszuordnung für den Rechtsverkehr ist kein Spezifikum des angeblichen „Sündenfalls" Sicherungsübereignung, sondern gilt generell. 4 1 Die Besonderheit der Sicherungsübereignung liegt allenfalls darin begründet, dass sie die Trennung von Eigentum und Besitz zum Zwecke der Sicherung einer Forderung ermöglicht, während die Trennung in den Fällen der Vermietung, Leihe, Verwahrung etc. anderen Zwecken dient. A b e r sogar im Hinblick auf die Sicherungsfälle kennt das B G B keine einheitliche und klare Aussage gegen eine solche Trennung, wie sich am Beispiel des in §449 B G B zugelassenen Eigentumsvorbehaltes zeigt. 42 Auch hier ist für den Rechtsverkehr nicht offenkundig, dass der Eigentumsvorbehaltskäufer kein Rechtsinhaber ist und dennoch geht das Gesetz ganz selbstverständlich von einem Vollstreckungsschutz des Vorbehaltsverkäufers aus. Der Sinn des Eigentumsvorbehalts liegt ja gerade in diesem Schutz, den Canaris bei konsequenter Anwendung seiner Offenkundigkeitsthese ebenfalls verweigern müsste. bbb)

Offenkundigkeit

und §392 Abs. 2 HGB

Die Forderung nach einer Offenkundigkeit der Verhältnisse für den Rechtsverkehr ist aber nicht nur ein F r e m d k ö r p e r im Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht 4 3 , sondern lässt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des §392 Abs. 2 H G B herleiten. Zwar weist Canaris und ihm folgend auch Koller44 zutreffend auf die Erwägungen der 2. BGB-Kommission bei Schaffung des Auftragsrechts im B G B hin. Doch bedarf einer näheren Ü b e r p r ü f u n g , ob deren Erwägungen auch tatsächlich die Wertungsgrundlagen des Art. 368 Abs. 2 A D H G B , der Vorgängervorschrift des heutigen § 392 Abs. 2 H G B , zutreffend beschreiben. Zweifel ergeben sich bereits aus dem Umstand, dass die ältere Rechtsprechung aus dem 19. Jahrhunderts noch eine V e r k n ü p f u n g zwischen dem in Art. 368 Abs. 2 A D H G B gesetzlich gewährten sowie d e m im R a h m e n des §35 K O (später §43 KO) in den 40

Nachweise in F u ß n . 2 9 . Vgl. dazu auch Kleinrahm, K o m m i t t e n t . S.98ff. 42 Auf die Gleichheit von E i g e n t u m s v o r b e h a l t und Sicherungsübereignung im Hinblick auf die fehlende O f f e n k u n d i g k e i t hinweisend schon Scharrenberg, Rechte, S. 174; Einsele, J Z 1990, 1005, 1007; Wiegand, in FS Going II, S.565, 588. 43 Deutlich in diesem Sinne auch Henssler, A c P 196 (1996), 37, 57. 44 Staub/Koller, H G B , §392 R d n . 2 . 41

§6 Vorhandene

Ansätze

zur Ablösung

des Unmittelbarkeitsprinzips

151

Gesetzgebungsmaterialien anerkannten Vollstreckungsschutz des fiduziarischen Eigentümers hergestellt hatte. 4 5 Dieser Schutz sollte - wie das in den Materialien angeführte Beispiel der durch Vollindossament übertragenen Urkunden zeigt 46 - nicht von einer Offenkundigkeit abhängig sein. Wie an späterer Stelle dieser Arbeit noch näher zu zeigen sein wird, hatte der G e d a n k e der Erkennbarkeit der Vermögensverhältnisse beim gewerbsmäßigen Kommissionär bei den Diskussionen in der Nürnberger Kommission zur Schaffung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs ( A D H G B ) überhaupt keine Rolle gespielt. Der von Art. 368 Abs. 2 A D H G B gewährte Vollstreckungsschutz beruhte vielmehr auf Billigkeitserwägungen, die allein aus dem Handeln des Kommissionärs für f r e m d e Rechnung hergeleitet wurden. 4 7 Die fehlende Relevanz der Offenkundigkeit im R a h m e n des handelsrechtlichen Vollstreckungsschutzes zeigt sich aber bereits im Gesetz selbst, nämlich an der A n w e n d b a r k e i t des §392 Abs. 2 H G B auf den Gelegenheitskommissionär (§406 Abs. 1 Satz 2 H B G ) . Dort scheidet eine Erkennbarkeit kraft G e w e r b e s von vornherein aus. 48 Nun wollen freilich Canaris und Koller diese Vorschrift im Hinblick auf die von ihnen a n g e n o m m e n e ratio des §392 Abs. 2 H G B teleologisch reduzieren, um das Modell stimmig zu halten. 4 9 A b e r gerade diese Korrektur des Gesetzeswortlauts kann nicht überzeugen. D e r Gelegenheitskommissionär war bei der Schaffung des A D H G B eine durchaus alltägliche Erscheinung und es kann kaum a n g e n o m m e n werden, der Gesetzgeber habe die fehlende 45

Dazu o b e n S. 120 ff. mit Ergebnis S. 125. Dazu o b e n S. 53 f. 47 Dazu unten S. 198 ff. und 298 ff.; auf den T r e u h a n d c h a r a k t e r des Rechtserwerbs durch d e n Kommissionär hinweisend auch Karsten Schmidt, Handelsrecht, §30 V 4 a (S.898). MünchKommHGB///äi 190

Siehe o b e n S. 177 f. Vgl. die W i e d e r g a b e des Wortlauts o b e n S. 219. Siehe o b e n S. 198 ff.

§8 Vom konstruktiv

dinglichen zum funktionell-teleologischen

Denken

299

Gesetzesgeschichte des heutigen §392 Abs. 2 H G B , treffen wir zunächst in Art. 160 Abs. 1 des Württembergischen Entwurfs auf die Idee der Gefahrtragung. Dort heißt es: „ D e r Commissionär überträgt bei Einkaufskommissionen das E i g e n t h u m des e r k a u f t e n G u t e s statt auf sich auf den C o m m i t t e n t e n , und belastet ihn e b e n s o mit der G e f a h r , wenn er den Einkauf mit der erwiesenen Absicht dem A u f t r a g e zu genügen ausführte."

D e r frühe Rechtsübergang, der auf den Vollstreckungsschutz des Kommittenten zielt, ist hier als Spiegelbild der G e f a h r t r a g u n g angelegt. Mit dem Zeitpunkt der Ausführung eines konkreten Einkaufsauftrags soll der Hintermann (Kommittent) die G e f a h r der Sache tragen, gleichzeitig aber auch das Eigentum an der Sache erwerben. Die gleiche V e r k n ü p f u n g findet sich sodann in den Beratungen der Nürnberger Kommission, als sich diese in erster Lesung mit der in Art. 284 des Preußischen Entwurfs aufgegangenen Regelung beschäftigte. Der sofortige Eigentumserwerb des Kommittenten und das daraus folgende Vorrecht im Konkurs des Kommissionärs wurden als billig angesehen. Die Kommission wies darauf hin, der Kommittent habe mit dem Eigentumsübergang auch die G e f a h r des zufälligen Untergangs der vom Kommissionär erworbenen Ware zu tragen. 1 9 1 Die Abhängigkeit der G e f a h r t r a g u n g des Kommittenten vom Eigentumserwerb ist allerdings in der zweiten Lesung in Zweifel gezogen worden: D e r Kommittent trage die G e f a h r aufgrund des Auftragsverhältnisses mit dem Kommissionär und deshalb schon vor dem Rechtsübergang. 1 9 2 Auf diesen in der Sache völlig berechtigten Einwand kommt es für die Präzisierung der Vermögensinhaberschaft des Treugebers aber gar nicht an. D e n n der entscheidende Aspekt der in der ersten Lesung vorgenommenen V e r k n ü p f u n g von Eigentumsübergang und G e f a h r t r a g u n g liegt an ganz anderer Stelle: O f f e n b a r wurde von allen Seiten, also auch von den Kritikern jener Verknüpfung, die Verbindung von Gefahrtragung und Vollstreckungsschutz des H i n t e r m a n n s als billig e m p f u n d e n . Dieser Schutz war die mit der Entwurfsvorschrift erstrebte Rechtsfolge. A n d e r s gewendet war der sofortige Eigentumserwerb des Hintermanns nur das - dogmatisch kritisierte - Mittel f ü r eine in der Sache mehrheitlich als billig e m p f u n dene Rechtsfolge 1 9 3 , nämlich das Aussonderungsrecht derjenigen Person, die auch die G e f a h r des zufälligen Untergangs trägt. Besonders deutlich wird dies in den Schlussberatungen zu Art. 284 des Preußischen Entwurfs. 1 9 4 Der von den Gegnern des Art. 284 aus dogmatischen G r ü n d e n bevorzugte Eigentumsübergang auf den Kommissionär wurde im 191

ADHGB-Protokolle, S.699; dazu oben S.205. ADHGB-Protokolle, S. 1197. 193 Zum allseitigen Einverständnis der Versammlung mit dem Grundprinzip vgl. A D H G B Protokolle, S. 1202. 194 Dazu schon oben S. 207 f. 192

300

Zweiter Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Eime/Zwangsvollstreckung

Hinblick auf die dann eintretende „sehr ungünstige Lage" des Kommittenten abgelehnt. Es sei unbillig, dem Kommittenten im Konkurs des Kommissionärs das Aussonderungsrecht an einer Sache zu verweigern, für die er die G e f a h r zu tragen habe. D a n n nämlich würden ihm nur die Nachteile der Sache übergebürdet, die Vorteile aber vorenthalten. 1 9 5 Gegen jene, sich durch die gesamten Beratungen der Nürnberger Kommission ziehende Verknüpfung zwischen G e f a h r t r a g u n g und Vollstreckungsschutz des Hintermanns ist sachlich nie etwas eingewendet worden. Die an der Regelung des Art. 284 geübte Kritik richtete sich allein gegen die dogmatische Konstruktion zur H e r b e i f ü h r u n g des Vollstreckungsschutzes: D e r von Art. 284 vorgesehene sofortige Eigentumsübergang auf den H i n t e r m a n n war nach den Grundsätzen des (damals neuen 1 9 6 ) Stellvertretungsrechts nicht mit dem H a n deln des Kommissionärs im eigenen N a m e n in Einklang zu bringen. Lässt man jedoch den dogmatischen (Um-)Weg über den Direkterwerb beiseite, ergibt sich aus den damaligen Überlegungen ein Konzept für die Begründung des Vollstreckungsschutzes, das nicht nur bei mittelbarer Stellvertretung, sondern in allen Treuhandfällen verwendbar ist. bb) Bestätigung

durch gesetzliche

Regelungen

aus dem 18.

Jahrhundert

Die hier vertretene, aus der Entstehungsgeschichte des § 392 Abs. 2 H G B entwickelte Gefahrtragungsthese lässt sich auch gut a n h a n d einiger Vorgängerregelungen aus dem 18. Jahrhundert bestätigen. Hier wurde dem Kommittenten der Vollstreckungsschutz in solchen Fällen verwehrt, in denen der Kommissionär del credere steht. Del credere bedeutet gemäß § 394 H G B eine H a f t u n g s ü b e r n a h m e . Der Kommissionär steht für die Verbindlichkeit des Dritten, mit dem er das Geschäft für Rechnung des Kommittenten abschließt, persönlich ein. Er ist dem Kommittenten für die Erfüllung im Zeitpunkt des Verfalls unmittelbar insoweit verhaftet, als die Erfüllung aus dem Vertragsverhältnis gefordert werden kann. Eine Verknüpfung zwischen der H a f t u n g s ü b e r n a h m e des Kommissionärs und dem Vollstreckungsschutz des Kommittenten formuliert Nr. LII der Frankfurter Wechsel- und K a u f m a n n s o r d n u n g von 1739 wie folgt: „ D i e e i n e m zur Insolvenz g e r a t e n e n d e b i t o r i , u m die Provision zu v e r k a u f e n , in C o m m i s sion g e g e b e n e u n d a n n o c h v o r h a n d e n e W a a r e n und G ü t e r b e t r e f f e n d , b l e i b e n diesselben d e m C o m m i t t e n t e n nach wie vor sein E i g e n t u m , und ist er o h n e W i d e r r e d e solche w i e d e r z u r ü c k zu n e h m e n wohl b e f u g t , wie d a n n a u c h in d e m Fall, da d e r j e n i g e , so die W a a r e n zu v e r k a u f f e n in C o m m i s s i o n b e k o m m e n , u n d nicht del credere stehet, s o n d e r n die W a a r e n , so gut er k a n n , v e r h a n d e l t , vor die B e z a h l u n g a b e r nicht gut ist, solche z w a r wirklich verk a u f e t , d e n Preis d a v o r a b e r noch nicht e r h o b e n h a t , d e r s e l b e nicht ihm o d e r , w a n n e r et195 1,6

A D H G B - P r o t o k o l l e , S. 1442 f. Zur damals erkannten Abstraktion von Vollmacht und Auftrag siehe oben S.204f.

S8 Vom konstruktiv

dinglichen zum funktionell-teleologischen

Denken

301

wa in Insolvenz geräth, seinen Creditoren zustehen, sondern dem C o m m i t t e n t e n von dem Käufer verabfolgt werden soll." 1 9 7

Eine ähnliche, ebenfalls nach Maßgabe der del credere-Haftung des Kommissionärs differenzierende Schutzbestimmung für den Fall der Insolvenz des Kommissionärs fand sich in Art. 26 Abs. 2 der Hamburger Fallitenordnung von 1753. Die Vorschrift lautet: W ä r e n aber solche Commiszionsgüter schon ganz o d e r zum Theil verkauft und die Gelder von dem Fallito noch nicht eincasziret, so ist in Erwegung zu ziehen, ob der Fallitus del credere gestanden oder nicht. Im ersteren Falle sind die ausstehenden Schulden vom Curatoribus einzucasziren, und ad massam zu bringen, und m u ß der C o m m i t t e n t , in A n s e h u n g derselben, mit einem Platze interchirographarios sich begnügen lassen. Im letzten Fall aber, wenn die in Commiszion gesandten ... G ü t e r von dem Commissionärs ... verkauft worden, und die Gelder noch ausstehen, treten diese in die Stelle der v e r k a u f t e n Waaren, und kann der C o m m i t t e n t solche selbst, o d e r durch seine Bevollmächtigten, einfordern lassen. Auch sind Curatores b o n o r u m schuldig, die R e c h n u n g e n aus des Falliti Büchern zu extrahiren, solche an die C o m m i t t e n t e n zu cediren und zu übergeben; .,." 1 9 8

In dieser Differenzierung des Kommittentenschutzes anhand der Frage, ob der Kommissionär del credere steht oder nicht, kann man eine Bestätigung der Gefahrtragungsthese erblicken, wenn man sich zuvor die Bedeutung der „Gefahrtragung" bei Forderungen verdeutlicht. aaa) „Gefahrtragung"

bei

Forderungen

Von der Gefahrtragung war bislang nur im Zusammenhang mit Sachen die Rede, bei denen die Gefahr des zufälligen Untergangs gemeint ist. Die Gefahrtragungsregeln ordnen diese Gefahr des zufälligen Untergangs bei gegenseitigen Verträgen der einen oder anderen Seite zu. Wer die Gefahr zu tragen hat, in dessen Vermögen realisiert sich der aus dem zufälligen Untergang resultierende Vermögensverlust. Wird beispielsweise bei einem Kaufvertrag die verkaufte Sache vor der Übergabe durch Zufall im Lager des Verkäufers zerstört, dann trägt der Verkäufer den wirtschaftlichen Schaden, weil er gemäß §326 Abs. 1 B G B den Anspruch auf die Gegenleistung verliert. War die Sache aber bereits an den Käufer übergeben (§ 446 BGB) oder an ihn abgesandt (§ 447 BGB), realisiert sich der zufällige Verlust ab diesen Zeitpunkten im Vermögen des Käufers. Denn der Käufer bleibt im Hinblick auf den Gefahrübergang zur Kaufpreiszahlung verpflichtet, obwohl ihm der Sachnutzen durch die Zerstörung der Sache verloren geht. Forderungen können nun nicht in diesem Sinne durch Zufall zerstört werden oder untergehen, weil sie unkörperlich sind. Dennoch kann auch hier von der 197 Zitiert nach Böhm, Auslegung, S.94 in Fußn.26; Dressler, Anwendung, S.77 in Fußn.3; Hervorhebung durch den Verfasser. 1w Zitiert nach Böhm, Auslegung, S. 94 in Fußn. 27; Hartmann, Ausführungsgeschäft, S. 31 in Fußn.4, Dressler, Anwendung, S.78 in Fußn. 1; Hervorhebung durch den Verfasser.

302

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Tragung einer Gefahr, also eines durch Zufall eintretenden Vermögensverlustes, gesprochen werden. D e r Vermögenswert verkörpert sich bei Forderungen nicht in einem Sachwert, sondern in der Zahlungsfähigkeit (Bonität) des Schuldners. Kann der Schuldner die Forderung bedienen, beläuft sich der Forderungswert auf den Nennwert der Schuld. Wird der Schuldner hingegen insolvent und ist die Forderung deshalb uneinbringlich, entfällt ihr Vermögenswert. Damit entspricht dem zufälligen Untergang einer Sache bei Forderungen die von keiner Seite zu vertretende Insolvenz des Schuldners. 1 9 9 Hat beispielsweise ein Treugeber einem Treuhänder Gelder zur Anlage anvertraut und wird der Schuldner der Anlage später - ohne dass den Treuhänder ein Verschulden trifft - insolvent, realisiert sich der dadurch eintretende Verlust im Vermögen des Treugebers, nicht des Treuhänders. 2 0 0 D e r Treuhänder wird, da er die Unmöglichkeit der Rückgabe der angelegten Gelder nicht zu vertreten hat, von jeglicher Verpflichtung gegenüber dem Treugeber frei. 201 Diesen trifft der wirtschaftliche Schaden, obwohl der Treuhänder rechtlicher Inhaber der Forderung ist. Die Sachlage ist nicht anders, als wenn eine dem Treuhänder ü b e r g e b e n e Sache durch Zufall untergegangen wäre und der Treuhänder deshalb von seiner Rückgabepflicht ersatzlos frei geworden wäre. Gleiches gilt nun auch für den Kommissionär. H a t dieser im Wege der Verkaufskommission ein G u t des Kommittenten veräußert und wird der Käufer ohne dass den Kommissionär ein Verschulden trifft - vor der Zahlung insolvent, tritt der Verlust im Vermögen des Kommittenten ein. 202 D a der Kommissionär vom insolventen Käufer nichts erlangen kann und dies auch nicht zu vertreten hat, wird er gegenüber dem Kommittenten von seiner Herausgabepflicht frei. D a h e r wird sein eigenes Vermögen durch den Forderungsverlust nicht

19l)

E b e n s o schon Aengenheister, T r e u h a n d k o n t o , S. 84. Z u t r e f f e n d Aengenheister, T r e u h a n d k o n t o , S. 85, für den Vermögensverfall der Bank bei einem T r e u h a n d k o n t o ; siehe allgemein für im R a h m e n eines Auftragsverhältnisses entgegeng e n o m m e n e G e l d e r auch B G H , 21.12.2005, Z I n s O 2006,90,91 ( R d n . 10) = W M 2006,371, 372 m.w.N.; f e r n e r L G H a m b u r g , 13.1. 1949, D N o t Z 1950, 130, 133, wonach der „ U n t e r g a n g eines A n d e r k o n t o s " bei Schließung einer Bank durch die Militärregierung den T r e u h ä n d e r von der Rückzahlungspflicht gegenüber d e m Treugeber befreit. Interessanterweise stellt das Gericht dabei ebenfalls eine V e r k n ü p f u n g zwischen der G e f a h r t r a g u n g und d e m Vollstreckungsschutz des Treugebers her, allerdings in exakt u m g e k e h r t e r Richtung: Wenn der Treugeber als wirtschaftlich Berechtigter an d e m K o n t o g u t h a b e n die Vorteile eines Drittwiderspruchs- und Auss o n d e r u n g s r e c h t s g e g e n ü b e r den Gläubigern des T r e u h ä n d e r s genieße, müsse er billigerweise auch die G e f a h r des zufälligen U n t e r g a n g s des Kontos tragen. 21X1

2(11

B G H , 21.12. 2005, W M 2006, 371, 372 = Z I n s O 2006,90, 91 ( R d n . 10), dort auch zur ausnahmsweise eingreifenden H a f t u n g auf Schadensersatz bei einem Verschulden des B e a u f t r a g ten ( R d n . 11 ff.). 202 Vgl. allgemein auch Grundmann, Treuhandvertrag, S.410: „Untergangsrisiken t r e f f e n d e n Kommissionär im Verhältnis zum K o m m i t t e n t e n nicht, s o n d e r n nur solche eines Sorgfaltsverstoßes ...".

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

303

berührt. 2 0 1 Er trägt nicht die „ G e f a h r des zufälligen Untergangs" der Forderung. bbb)

Gefahrtragung

und del

credere-Haftung

Erkennt man, dass die zu tragende „ G e f a h r " bei Forderungen nicht in der Zerstörung oder dem Untergang, sondern in der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners besteht, erscheinen die genannten älteren Vorgängervorschriften des §392 Abs. 2 H G B als Bestätigung der Gefahrtragungsthese. Sie gewähren dem Kommittenten den Vollstreckungsschutz nur in solchen Fällen, in denen der Kommissionär nicht del credere steht. Ist ausnahmsweise eine H a f t u n g s ü b e r n a h m e des Kommissionärs vereinbart (§394 H G B ) , kommt es zu einer Abweichung von den zuvor beschriebenen Grundsätzen. Der Ausfall der Forderung trifft nun nicht den Kommittenten, sondern den Kommissionär selbst. Wird also in dem genannten Beispiel der Verkaufskommission der Dritte insolvent, muss der Kommissionär dem Kommittenten den Kaufpreis zahlen, obwohl er diesen selbst nicht vom Dritten erlangen kann. Die „ G e f a h r des zufälligen Untergangs" der Forderung in Gestalt der Insolvenz des Schuldners trägt hier der Kommissionär. Wenn diese älteren Gesetze den heute in § 392 Abs. 2 H G B geregelten Kommittentenschutz im Fall einer derartigen H a f t u n g s ü b e r n a h m e verweigerten, ließen sie damit die Verknüpfung dieses Schutzes mit der G e f a h r t r a g u n g sehr gut erkennen: D e r Vollstreckungsschutz des Kommittenten beruht auf dem G e d a n ken, dass das Kommissionsgeschäft im Regelfall auf seine Gefahr, auf sein Risiko ausgeführt wird. Es erschien unbillig, ihn in der Insolvenz des Kommissionärs rechtlos zu stellen, wenn er als Kommittent die G e f a h r des zufälligen „Untergang" der Sachen oder Forderungen trägt, also sein Vermögen von einem Verlust der Sache oder einem Ausfall der Forderung betroffen ist. U m g e k e h r t wurde ihm der Schutz versagt, wenn der Kommissionär die H a f t u n g übernommen hatte, also der Kommissionär die „ G e f a h r " für die Forderung trug. In letzterem Fall entspricht die Kommission nicht mehr einem Auftragsverhältnis, sondern sie ähnelt der Situation in einer Verkaufskette. Dort trägt jeder Verkäufer und Käufer das Insolvenzrisiko seines jeweiligen Vertragspartners selbst. D e r Zwischenhändler kann nicht die Zahlung des Kaufpreises an seinen Lieferanten verweigern, wenn sein A b n e h m e r zahlungsunfähig wird. D e r Ausfall der Forderung durch Insolvenz des Schuldners trifft damit - ganz anders als bei einem Auftragsverhältnis - sein eigenes Vermögen, nicht das des Lieferanten.

203 Nach richtiger Ansicht verliert der Kommissionär nicht einmal seinen Provisionsanspruch, w e n n die H e r a u s g a b e des Erlangten unverschuldet unmöglich wurde; vgl. Grundmann, Treuhandvertrag, S.410 in F u ß n . 194 m.w.N. auch zur wohl h e r r s c h e n d e n Gegenansicht.

304

Zweiter

Teil: Die Verwallungslreuhand

ccc) Fehlende Differenzierung

in Insolvenz

im ADHGB

und

und

Einzelzwangsvollstreckung

HGB

D e n vorstehenden Überlegungen ließe sich allerdings entgegenhalten, dass die dargestellte Differenzierung der älteren Schutznormen ins A D H G B und H G B nicht ü b e r n o m m e n wurde. Doch spricht dies nicht gegen die Gefahrtragungsthese. W ä h r e n d der Verhandlungen der Nürnberger Kommission zur Schaffung des A D H G B wurde ein A n t r a g gestellt, der exakt den älteren Regelungen entsprach. In den späteren Art. 368 Abs. 2 A D H G B sollte der Zusatz a u f g e n o m m e n werden: „es sei denn, dass der Commissionär del credere gestanden ist." D e r A n trag wurde folgendermaßen begründet 2 0 4 : Im Fall der del credere-Haftung werde der Kommittent den Kommissionär in laufender Rechnung alsbald für die betreffende Forderung belasten, und es gehe nicht an, dem Ersteren auch noch die Forderung an den Dritten zuzusprechen, wenn er bereits durch den an die Stelle des Schuldners tretenden Kommissionär Deckung erlange. Wenn der Kommissionär dem Kommittenten für die ausstehende Forderung hafte, sei es auch angemessen, ihn wegen derselben allein für berechtigt zu halten. Dieser A n t r a g wurde von der Kommissionsmehrheit mit einer sehr kurzen Begründung abgelehnt (10 zu 7 Stimmen): D e r del credere-Vertrag sei ein bloßer Nebenvertrag, dem man keinen gesetzlichen Einfluss auf die wesentlichen Wirkungen des Hauptvertrages einräumen könne. 2 " 5 Diese A b l e h n u n g ist formal und geht auf die wertenden Gesichtspunkte nicht ein, wie auch der A n t r a g selbst die zugrunde liegende Wertung allenfalls erahnen lässt. Die Begründung beschränkt sich letztlich auf die fehlende „Angemessenheit" einer Z u o r d n u n g der Forderung zum Kommittenten. Vermutlich k o m m t in der seinerzeitigen Verhandlung des Antrags genau jener Umstand zum Ausdruck, den bereits Schless in seiner Analyse des §392 Abs.2 H G B herausgestrichen hatte: Das zugrunde liegende Billigkeitsprinzip wurde oft „mehr gefühlt als klar erkannt" 2 0 6 und daher auch nicht in jeder Hinsicht konsequent angewendet. Zwar hat man - wie gesagt - an verschiedenen Stellen der Verhandlungen in der Nürnberger Kommission auf die Gefahrtragung des Kommittenten und die daraus folgende Unbilligkeit eines fehlenden Schutzes in der Insolvenz des Kommissionärs abgestellt. 2 0 7 G e r a d e bei diesem nur sehr k n a p p behandelten Antrag, der sich mit demselben G e d a n k e n gut hätte begründen lassen können, fehlt es aber an einer klaren Erkenntnis und Formulierung der Billigkeitsgründe. Die älteren Regelungen aus dem 18. Jahrhundert mögen hier also das Richtigere „gefühlt" haben. 2 0 8 204

A D H G B - P r o t o k o l l e , S.704. A D H G B - P r o t o k o l l e , S.704 f. 206 Schless, Stellvertretung, S.80; vgl. bereits oben S. 197 f. 207 Dazu o b e n S. 298 ff. 208 Exakt u m g e k e h r t die B e w e r t u n g bei Vrbaski, Forderungszuständigkeit, S. 39f.: „ W e n d e p u n k t in der Geschichte des Kommittentenprivilegs"; a n d e r s auch Hartmann, A u s f ü h r u n g s g e 205

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

305

Dass diese Überlegungen auch heute eine - ungeschriebene - Einschränkung des §392 Abs. 2 H G B in Fällen der del credere-Haftung des Kommissionärs gebieten, liegt nahe 209 , soll hier aber nicht abschließend beurteilt werden. Denn für den hiesigen Zweck reicht die Erkenntnis, dass sich aus der Ablehnung des seinerzeitigen Antrags jedenfalls nichts gegen die hier vertretene Gefahrtragungsthese herleiten lässt. b) Gefahrtragungsthese

im

Treuhandrecht

Hinsichtlich der Gefahrtragung lässt sich eine deutliche Nähe zwischen der Kommission und der Treuhand erkennen. 2 1 0 Das für den Vollstreckungsschutz des Art. 386 Abs. 2 A D H G B , § 392 Abs. 2 H G B maßgebliche Kriterium der Gefahr- und Risikotragung des „Hintermanns" 2 1 1 kennzeichnet nicht nur alle Fälle mittelbarer Stellvertretung, sondern zugleich auch die Treuhandfälle. Wie der Kommissionär Rechtsinhaber eines Gegenstandes 2 1 2 ist, für den der Kommittent die Gefahr trägt 213 , liegt auch bei der Treuhand eine Aufspaltung zwischen der Rechtsinhaberschaft des Treuhänders und der Gefahrtragung des Treugebers vor. aa) Der Wirkungsvergleich:

eine inversive

Methode

Nun ließe sich der generellen Definition der Treuhand über die Gefahrtragung des Treugebers aber möglicherweise entgegenhalten, die Gefahrtragung sei nicht Tatbestandmerkmal, sondern umgekehrt Rechtsfolge, Wirkung der Treuschäft, S.31 f. in Fußn.4, der den E i n f l u s s d e r d e l c r e d e r e - H a f t u n g auf den K o m m i t t e n t e n s c h u t z als „eigentümlich und ungerechtfertigt" bezeichnet; neutral hingegen Dressler, A n w e n d u n g , S. 3 in F u ß n . 3 . 2m A b l e h n e n d o h n e n ä h e r e B e g r ü n d u n g RG, 18.1. 1916, L Z 1916, 1119, 1120. 2111 D e r Vergleich zwischen Kommission und Treuhand findet sich - allerdings o h n e den hier b e t o n t e n A s p e k t der G e f a h r t r a g u n g des H i n t e r m a n n s - auch schon bei Grundmann, Treuhandvertrag, S.410; Hein, G r u n d r i ß , S. 125 f.; Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 a (S.898); f e r n e r D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / L e / j m u w ! , H G B , § 392 A n m . 11, der den K o m m i t t e n t e n als „materiellen" Rechtsinhaber und den Kommissionär als „fiduziarischen G l ä u b i g e r " bezeichnet; vgl. auch Böhm, Auslegung, S. 72: „Bis auf das Erfordernis, daß das Treugut unmittelbar vom V e r m ö g e n des Treugebers in das des T r e u h ä n d e r s ü b e r t r a g e n w o r d e n sein m u ß , sind alle Voraussetzungen des Treuhandverhältnisses erfüllt."; ausdrücklich auf die Risikotragung hinweisend M ü n c h K o m m H G B / / / ä « . v e r , §392 R d n . 2 . 211 Deutlich in diesem Sinne auch M ü n c h K o m m H G B / i f ä i M e r , §392 R d n . 2 , der diesen Ged a n k e n allerdings nicht k o n s e q u e n t a n w e n d e t , wenn er eine A u s d e h n u n g des §392 Abs. 2 H G B auf die Surrogate ablehnt ( R d n . 4 5 ) , obwohl der K o m m i t t e n t auch insoweit das Risiko trägt. 212 D e r G e g e n s t a n d wird hier im weiteren Sinne u n t e r Einschluss von Forderungen verstanden. 213 Völlig anders Nussbaum, Tatsachen, S.46f., der gerade im Hinblick auf die D e l k r e d e r e Kommission eine Definition des „ H a n d e l n s für f r e m d e R e c h n u n g " über die Gefahr-/Nachteilstragung des H i n t e r m a n n s ablehnt und stattdessen die A n l e g u n g eines Kontos (einer Rechn u n g ) f ü r begriffswesentlich hält; dagegen z u t r e f f e n d Schless, Stellvertretung, S. 12 f.

306

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

hand. Richtig daran ist ohne Zweifel, dass die G e f a h r t r a g u n g des Hintermanns Folge der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder, Auftraggeber und A u f t r a g n e h m e r ist. Doch liegt gerade in dieser folgenorientierten Betrachtung eine Chance für die Lösung des uralten Zuordnungsproblems bei der Treuhand. Die Überlegungen der h.M. zur Begründung der Treuhandwirkungen haben vor allem deshalb nicht zum Erfolg geführt, weil man stets den Versuch untern o m m e n hat, auf der Tatbestandsseite ein dingliches oder quasidingliches Recht herbeizureden, obwohl bei der Vollrechtstreuhand nun einmal der Treuhänder Inhaber des dinglichen Rechts ist und der Treugeber nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung dieses Rechtes hat. Die B e h a u p t u n g einer in bestimmter Weise dinglichen Rechtsposition des Treugebers wurde erforderlich, weil man sie gegenüber der eindeutig nur schuldrechtlichen Position des Gläubigers eines Verschaffungsanspruchs absetzen wollte. Das grundsätzliche Problem des Treuhandrechts besteht aber nun darin, dass die geltende Rechtssystematik nur die beiden Extrempositionen dinglich und schuldrechtlich bereithält und die Treuhand sich in dieses D e n k s c h e m a nicht einordnen lässt (oben § 1 II und § 2). Damit muss im G r u n d e jeder Versuch scheitern, die Treuhand vom Tatbestand her eindeutig in eine dieser beiden Kategorien einzuordnen. Das Oszillieren der Rechtsprechung und Literatur zwischen den beiden Extrempositionen dinglich und schuldrechtlich legt darüber ein beredtes Zeugnis ab. Entweder wird der Schutz des Hintermanns in Insolvenz und Zwangsvollstreckung unter Hinweis auf dessen fehlende (quasi-)dingliche Rechtsposition abgelehnt. Dies war früher die Ansicht der Rechtsprechung hinsichtlich der Erwerbs- und Vereinbarungstreuhand. 2 1 4 Sie ist es heute noch für die Vereinbarungstreuhand. 2 I S Das andere Extrem bildet die Position der h.L., wenn sie die Bestimmtheit des Gegenstandes als einzige G r e n z e des Vollstreckungsschutzes postuliert und damit im G r u n d e bei jedem schuldrechtlichen Anspruch, der auf einen konkreten Gegenstand gerichtet ist, die Rechte aus §§47 InsO, 771 Z P O gewährt. 2 1 6 Die Lösung liegt in einer inversiven Methode, dem Wirkungsvergleich: Es wird nicht mehr gefragt, ob das Treugeberrecht tatbestandlich ein dingliches oder schuldrechtliches ist, sondern danach, ob die schuldrechtliche Treuhandvereinbarung von ihren Rechtswirkungen her die Rechtsposition des Treugebers materiell der eines dinglichen Rechtsinhaber angleicht. Lässt sich feststellen, dass der Treugeber in der für die Vermögenszuordnung maßgeblichen Hinsicht durch die schuldrechtliche Treuhandvereinbarung wie ein dinglicher

214 215 216

Z u m Unmittelbarkeitsprinzip oben S.51 ff. und 120ff. Z u r „ Z w e i - K o m p o n e n t e n - T h e o r i e " o b e n S. 61 ff. und s o e b e n S. 278 ff. Dazu o b e n S. 159 ff.

SS Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

307

Rechtsinhaber dasteht, werden die §§47 InsO, 771 Z P O in einer teleologischen Interpretation auf ihn erstreckt, obwohl er nicht Inhaber eines dinglichen Rechtes ist. Der Ausgangspunkt ist damit derselbe wie j e n e r des IX. Zivilsenats in seiner jüngsten Grundsatzentscheidung B G H Z 155, 227: Die Vermögenszuordnung i.S.v. §§47 InsO, 771 Z P O wird - wie der B G H mit Recht betont - in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Richtig ist ferner, dass schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden wertenden Betrachtungsweise ausnahmsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuordnung führen können. 2 1 7 D a f ü r ist aber entgegen der Rechtsprechung nicht darauf abzustellen, ob - gemäß den Vorschriften zur Übertragung dinglicher Rechte - ein Übertragungsakt stattgefunden hat, sondern auf die Rechtswirkungen der schuldrechtlichen Vereinbarung. U n t e r teleologischen Gesichtspunkten ist ein Gegenstand dann vermögensmäßig dem Gläubiger eines schuldrechtlichen Anspruchs zuzuordnen, wenn dessen Rechtsstellung in vermögensmäßiger Hinsicht d e r j e n e n des Inhaber eines absoluten Herrschaftsrechts gleicht. Die Vermögenszuordnung erfolgt inversiv durch einen Wirkungsvergleich zwischen der schuldrechtlichen Rechtsstellung des Treugebers mit derjenigen eines dinglichen Rechtsinhabers. Diesbezüglich hat nun Stier schon im Jahr 1933 das Richtige getroffen, wenn er - wie in § 6 ausgeführt - zur Bestimmung des tatsächlichen Vermögens auf das „ H a b e n " und das damit korrespondierende Element der G e f a h r t r a g u n g abstellt. 218 Sein Fehler lag allein darin, diesen richtigen Ansatz nicht konsequent durchgehalten zu haben, indem er annahm, allein schon die Belastung eines Gegenstandes mit dem schuldrechtlichen Anspruch eines Dritten schließe die Vermögenszugehörigkeit aus. 219 Schält man allerdings den richtigen Kern der Überlegungen von Stier heraus, lässt sich damit die Einbeziehung der Treuhandfälle in den Tatbestand der §§47 InsO, 771 Z P O rechtfertigen: Wenn ein Regelzusammenhang zwischen dinglichem Recht und G e f a h r t r a g u n g besteht, die absolute Sachzuordnung gegenüber j e d e r m a n n also mit der G e f a h r t r a g u n g zusammenhängt, dann lässt sich ein Rechtsträger, der entgegen diesem Regelzusammenhang die G e f a h r trotz fehlender Rechtsinhaberschaft trägt, in vermögensmäßiger Sicht einem dinglichen Rechtsinhaber gleichstellen.

217 B G H , 24.6. 2003, B G H Z 155,227, 233 = N J W 2003, 3414, 3415 f. = W M 2003,1733,1734 unter Ziff. II. 2. c) der Gründe. 218 Siehe oben S. 162 f. 219 Dazu kritisch oben S. 168 ff. mit abschließender Würdigung S. 181 f.

308

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

bb) Orientierung am Regeltatbestand: (casum sentit dominus)

in Insolvenz

und

Gefahrtragung

Einzelzwangsvollstreckung

des

Rechtsträgers

Ein solcher Regelzusammenhang zwischen dinglicher Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g wird freilich von Michaels in A b r e d e gestellt, der - wie ausgeführt - stattdessen eine Sachzuordnung aufgrund des Kaufvertrags propagiert. 220 Die vom Gesetz bestimmte G e f a h r t r a g u n g des Verkäufers bis zur Übergabe soll dem nicht widersprechen, weil die G e f a h r t r a g u n g gesetzlich unabhängig von der Sachzuordnung geregelt sei. Sie sei weder vom Vertragsschluss noch vom Eigentum, sondern von der Ü b e r g a b e abhängig. Insoweit bestehe kein allgemeingültiger Satz „casum sentit dominus". 2 2 1 Dieser Hinweis auf den angeblich fehlenden Gleichlauf von Gefahrtragung und Sachzuordnung im geltenden Recht kann jedoch nicht überzeugen. Es ist zwar richtig, dass der G r u n d t a t b e s t a n d des Gefahrübergangs im Kaufrecht (§446 B G B ) an die Ü b e r g a b e und nicht an die Übereignung anknüpft. 2 2 2 Da aber die Übereignung in ihrem G r u n d t a t b e s t a n d wiederum eine Übergabe voraussetzt (§929 B G B ) , fällt der G e f a h r ü b e r g a n g im Regelfall mit dem Erwerb des Eigentums zusammen. Es ist dieser /?ege/zusammenhang zwischen Rechtsmacht und Gefahrtragung 2 2 3 , der nicht nur bei Stier, sondern auch in dieser Arbeit zum Ausgangspunkt der Überlegungen zur Treuhand gemacht wird: Gesetzlicher Regelfall ist die G e f a h r t r a g u n g des Rechtsträgers (casum sentit dominus 2 2 4 ). Fallen diese beiden, normalerweise miteinander verbundenen Elemente auseinander, liegt Treuhand vor. Die vermögensmäßige Z u o r d n u n g des Gegenstandes zum Treugeber folgt aus dessen, gewöhnlich nur mit der Rechtsträgerschaft zusammenfallenden Gefahrtragung. Und diese Vermögenszugehörigkeit ist wiederum die Grundlage der Gleichstellung von Rechtsträger und Treugeber im R a h m e n des Vollstreckungsschutzcs. § 447 B G B weicht nun allerdings für den Versendungskauf von dieser Grundregel ab, indem er den G e f a h r ü b e r g a n g bereits mit der Absendung eintreten lässt, während das Eigentum erst beim Eintreffen des Gutes auf den Empfänger übergeht. Dies ist aber entgegen Michaels22S kein Argument gegen den hier ang e n o m m e n e n Grundsatz einer Verknüpfung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung. D e r Versendungskauf ist im Gegenteil eine atypische Situation 2211

Siehe oben S. 164 ff. Michaels, Sachzuordnung, S.359. 222 Vgl. den e n t s p r e c h e n d e n Hin weis bei Michaels, Sachzuordnung, S. 359; dazu auch Bauer, Periculum, S. 20 f. 221 Bucher, Z E u P 1998, 615, 652, bezeichnet das Auseinanderfallen von Eigentum und G e f a h r t r a g u n g mit R e c h t als „systemwidrig und d a h e r ärgerlich". 224 Casum sentit dominus lässt sich wie folgt übersetzen: „ D e n Zufall spürt der E i g e n t ü m e r " ; vgl. Kaser/Knütel, Privatrecht, §41 R d n . 2 0 (S.262), dort auch zu d e m sachlich identischen naturrechtlichen Satz res perit domino ( „ D i e Sache geht d e m E i g e n t ü m e r unter."). 225 In diesem Sinne wird hier der zweifache Verweis auf §447 B G B bei Michaels, Sachzuordnung, S.359, verstanden. 221

SU Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

309

und das dortige Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g wird auf der Basis des in dieser Arbeit vertretenen Ansatzes dazu führen, in einem derartigen Fall ausnahmsweise ein Treuhandverhältnis zwischen Verkäufer und K ä u f e r anzuerkennen. 2 2 6 Ü b e r den Sonderfall des §447 B G B darf man aber nicht die Grundregel des § 446 B G B aus den Augen verlieren, die im Regelfall eben doch mit dem Grundsatz „casum sentit dominus" in Einklang steht. Interessant ist in diesem Z u s a m m e n h a n g die von Michaels an anderer Stelle seiner Arbeit selbst beschriebene Interpretation des römischen Rechts aus heutiger Sicht. 227 A n d e r s als im heutigen deutschen Recht galt im römischen Recht die Regel „(perfecta emptione) periculum est emptoris": Die G e f a h r trägt der Käufer (sobald der Kauf volle Wirksamkeit erlangt hat). 2 2 8 D e m Käufer standen gemäß dieser Regel nach Abschluss des Kaufvertrags sofort die Nutzungen zu, er hatte aber auch das Risiko des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung zu tragen. 2 2 9 G e r a d e um diese Regel „periculum emptoris" mit dem Satz „casum sentit dominus" in Einklang bringen zu können, geht man heute von einer im römischen Recht mit dem Kaufabschluss eintretenden Sachzuordnung zum Käufer aus. 230 Wenn nämlich im Innenverhältnis dem Käufer die Sache bereits gehörte, er so behandelt wurde, als sei die Sache bereits aus dem Vermögen des Verkäufers ausgeschieden und in das des Käufers übergegangen 2 3 ', dann trug er die G e f a h r sozusagen als deren „Quasi-Eigentümer". 2 3 2 Das mag, bezogen auf das römische Recht, zu Inkonsequenzen geführt haben, wenn es wegen des fehlenden „echten Eigentums" nicht auch einen Vollstreckungsschutz des Käufers gewährte. 2 3 3 Eine konsequente Lösung kann nämlich 226

Dazu unten S. 330 ff. Michaels. Sachzuordnung. S.70f. 22s Kaser/Knütel. Privatrcchl, §41 Rdn.21 (S.262); Thielmtmn, S a v Z / R o m 106 (1989), 292; zum Vergleich zwischen d e m römischen und gemeinen Recht einerseits sowie d e m Recht des B G B andererseits siehe aus j ü n g e r e r Zeit auch Raab, Austauschverträge, S.331 ff. m.w.N. 229 Vgl. - jeweils unter Hinweis auf Paul. D. 18, 6, 8 pr. - Kaser/Knütel, Privatrecht, §41 R d n . 2 0 f f . (S.262ff.); Käser, Privatrecht, § 131 IV 2. (S.552f.) bezeichnet dies m.w.N. als „ k a u m SavZ/Rom noch bestrittene Ansicht"; n ä h e r Ernst, S a v Z / R o m 99 (1982), 216ff.; Thielmann, 106 (1989), 292 ff.; eingehend Bauer, Periculum emptoris, passim, insbes. S. 18,26 ff., 80ff.; siehe auch Pennitz, Das periculum rei venditae, passim, der die Regel neuerdings vom „aktionenrechtlichen D e n k e n " der R ö m e r her erklären will. 230 Bauer, Periculum, S.75ff. m.w.N.; siehe auch Michaels, Sachzuordnung, S.70f.; Ernst, S a v Z / R o m 99 (1982), 216, 245. 231 D a z u auch Kaser/Knütel, Privatrecht, §41 R d n . 2 1 (S.262). 2,2 So Michaels, Sachzuordnung, S.71; ähnlich Ernst, S a v Z / R o m 99 (1982), 216, 243ff., insbes. S.245: G e f a h r t r a g u n g nicht als „ E i g e n t ü m e r im sachenrechtlichen Sinn", aber doch als „ V e r m ö g e n s h e r r " ; vgl. auch Thielmann, S a v Z / R o m 106 (1989), 292, 296. 211 D a h i n g e h e n d e Aussagen - w e d e r positiv noch negativ - finden sich bei Michaels, Sachzuordnung, S.61 ff. interessanterweise nicht, w ä h r e n d er an allen a n d e r e n Stellen seiner A r b e i t jeweils auch die vollstreckungsrechtliche Position des Käufers erläutert (S. 118 für das ius ad rem in der Zivilistik; S. 146 und 166 für das ius ad rem im Preußischen Recht; S. 156 zur Position des Käufers im französischen Recht; S. 197 zum „equitable interest" des Käufers im englischen Recht). D a auch im S t a n d a r d w e r k zum römischen Zivilprozessrecht von Kaser/Hackel, Zivil227

310

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

nur darin bestehen, dass entweder die Sache dem Käufer durch den Kaufvertrag zugeordnet wird und er in der Folge Vollstreckungsschutz genießt oder weder das eine noch das andere der Fall ist. Die zuerst genannte Lösung findet sich worauf Michaels an anderer Stelle hinweist - in Frankreich. 2 3 4 Im französischen Recht fallen G e f a h r t r a g u n g und Eigentum nicht nur im Allgemeinen 2 3 5 , sondern auch beim Kauf zusammen: D e r Käufer wird bereits mit dem Kaufabschluss Eigentümer, hat allerdings ab demselben Zeitpunkt auch die G e f a h r des zufälligen Untergangs zu tragen. 2 3 6 Die Regeln „periculum emptoris" und „casum sentit dominus" sind dort also in Einklang gebracht. 2 3 7 Der in der Folge des Käufereigentums a n g e n o m m e n e Vollstreckungsschutz eben jenes EigentümerKäufers ist auf dieser Basis konsequent. Die zweitgenannte Lösung entspricht dem geltenden deutschen Recht: D e r Käufer erwirbt mit dem Kaufabschluss weder Eigentum noch trägt er die G e f a h r und genießt in der Folge auch keinen Vollstreckungsschutz. D e r in dieser Arbeit als entscheidend angesehene Zus a m m e n h a n g zwischen Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung wird in beiden Rechtsordnungen, der französischen wie auch der deutschen, bestätigt, nur eben in konsequent gegensätzlicher Ausprägung beim Kauf. 238 cc) Bestätigung der Gefahrtragungsthese Miete, Pacht, Leihe und Verwahrung

durch den Vollstreckungsschutz

bei

Der Z u s a m m e n h a n g zwischen G e f a h r t r a g u n g und Vollstreckungsschutz wird auch bestätigt durch diejenigen Rechtsfolgen, die die h.M. für Miet-, Pacht-, Leih- und Verwahrungsverhältnisse in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung anerkennt.

prozessrecht, §59 (S.401 ff.), keine Aussage zu einem Vollstreckungsschutz des K ä u f e r s zu find e n ist, muss im Hinblick auf das fehlende Eigentum des Käufers im Zweifel davon ausgegangen werden, dass ein solcher Schutz nicht bestand. 214 Z u m französischen Recht vgl. Michaels, Sachzuordnung, S. 148ff., zum Vollstreckungsschutz des K ä u f e r s insbes. S. 156. Vgl. Hager, A c P 180 (1980), 239, 254, mit d e m Hinweis auf die V e r k ö r p e r u n g des naturrechtlichen Satzes „res perit d o m i n o " und der darin e n t h a l t e n e n V e r k n ü p f u n g von G e f a h r t r a gung und E i g e n t u m in A r t . 1138 C o d e Civil. 216 Kaser/Knütel, Privatrecht, §41 R d n . 2 3 (S.264); Bauer, Periculum, S.20 und 23. Im E n t wurf von 1793 taucht zum ersten Mal in den Gesetzesmaterialien des C o d e Civil der Vorschlag der e i g e n t u m s ü b e r t r a g e n d e n W i r k u n g des Kaufs auf und wird dort in explizite V e r b i n d u n g mit der G e f a h r t r a g u n g s r e g e l gebracht: „ D u m o m e n t que le contrat est formé, la p r o p r i é t é passe à l'acheteuer [...]; si elle périt [...] la p e r t e en est toute entière p o u r l'acheteur"; zitiert nach Bucher, Z E u P 1998, 615, 653. 237 Vgl. zu d e m B e s t r e b e n des französischen C o d e Civil, die Regel „periculum e m p t o r i s " auf die Eigentumsstellung durchschlagen zu lassen, insbesondere Bucher, Z E u P 1998, 615, 651 ff.; weitere Nachweise bei Michaels, Sachzuordnung, S. 153. 238 Vgl. dazu allgemein auch Bauer, Periculum, S.20, allerdings o h n e Bezug auf die Vollstreckungsfragen.

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

311

Ist der Vermieter, Verpächter, Verleiher oder Hinterleger Eigentümer einer Sache, ist sein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Mieters, Pächters, Entleihers oder Verwahrers völlig unproblematisch. Er sondert aufgrund seines dinglichen Rechtes aus. Ebenso hat er die Drittwiderspruchsklage, wenn Gläubiger der zuletzt genannten Personen auf das in seinem Eigentum stehende Gut zugreifen. D a r ü b e r h i n a u s gewährt die h.M. dem Vermieter, Verpächter, Verleiher oder Hinterleger aber auch dann Vollstreckungsschutz in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung, wenn sie nicht Eigentümer sind, sondern nur den schuldrechtlichen Herausgabeanspruch aus dem Miet-, Pacht-, Leih- oder Verwahrungsvertrag haben. 2 3 9 Es war genau jene Möglichkeit der Aussonderung aufgrund rein schuldrechtlicher Ansprüche, die schon der Rechtsprechung des R G als Argument gedient hatte, auch dem ebenfalls nur schuldrechtlichen Rückgewähranspruch des Treugebers Aussonderungskraft beilegen zu können. 240 Es ist jedoch nicht der Umstand der unmittelbaren Übergabe mit der Pflicht zur Rückgabe, der in all diesen Fällen die Vergleichbarkeit der Herausgabeansprüche begründen würde und damit eine Begrenzung des Vollstreckungsschutzes im Sinne des Unmittelbarkeitsprinzips rechtfertigen könnte. 241 Denn der Schutz für den Vermieter, Verpächter etc. könnte im Rahmen der §§47 InsO, 771 Z P O sicher nicht dann anders beurteilt werden, wenn der Mieter, Pächter etc. den Gegenstand selbst mit Mitteln des Ersteren bei Dritten erworben und damit zu keinem Zeitpunkt eine unmittelbare Übertragung des Gegenstandes stattgefunden hätte. Die auffällige Übereinstimmung beider Fälle besteht vielmehr in der hier hervorgehobenen Verteilung der Gefahrtragung. In den genannten Vertragsverhältnissen trägt jeweils der Vermieter, Verpächter, Verleiher, Hinterleger die Gefahr des zufälligen Untergangs. Geht nämlich der Gegenstand ohne Verschulden des Mieters, Pächters, Entleihers, Verwahrers bei diesem unter, wird er gemäß §275 Abs. 1 B G B von dem gegen ihn gerichteten Herausgabeanspruch (§§546, 604, 695 B G B ) ersatzlos frei, weil ein Schadensersatzanspruch gemäß §280 B G B Verschulden voraussetzen würde. Der Verlust trifft wirtschaftlich das Vermögen des Gläubigers des Herausgabeanspruchs. Im Fall der Miete und Pacht wird dies besonders augenfällig. Der Vermieter und Verpächter erhält nicht nur - wie der Verleiher oder Hinterleger -

2,9

RG, 18.3. 1887, R G Z 18,365,366; RG, 19.02. 1914, R G Z 214, 215 f.; vgl. auch R G , 15.1. 1930, R G Z 127, 8, 9; M ü n c h K o m m l n s O / G a n / e r , §47 Rdn.341; M ü n c h K o m m Z P O / K a r M e n Schmidt, §771 Rdn.40; Rosenberg/Gau//Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 7 (S.679) jeweils m.w.N. 24,1 R G , 19.02.1914, R G Z 8 4 , 2 1 4 , 2 1 5 f. (darauf hinweisend auch Stier, E i g e n t u m , S. 99); vgl. auch die A b g r e n z u n g zwischen d e m kaufrechtlichen Verschaffungsanspruch einerseits, den obligatorischen H e r a u s g a b e a n s p r ü c h e n des Treugebers sowie des Vermieters, Verleihers etc. andererseits in R G , 15.1. 1930, R G Z 127, 8, 9. 241 In diesem Sinne aber wohl RG, 19.02. 1914, R G Z 84,214,215 f.; deutlich Stier, E i g e n t u m , S. 99, nach dessen Ansicht das Aussonderungsrecht von der H e r k u n f t des R e c h t e s des G e m e i n schuldners aus einer Überlassung abhängig ist.

312

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

den Gegenstand nicht mehr zurück, sondern der Mieter/Pächter ist ab dem Zeitpunkt des Untergangs auch von der Miet-/Pachtzahlung befreit, weil der Vermieter/Verpächter seiner Hauptpflicht zur Gebrauchsüberlassung aus §535 Abs. 1 Satz 1 B G B nicht m e h r n a c h k o m m e n kann. Er wird zwar von dieser Pflicht durch den zufälligen Untergang befreit (§275 Abs. 1 BGB) 2 4 2 , verliert aber im Gegenzug gemäß §326 Abs. 1 B G B den Anspruch auf die Gegenleistung (§535 Abs. 2 B G B ) . G e h t die Sache nicht vollständig unter, sondern wird sie nur beschädigt und dadurch ihre Gebrauchstauglichkeit gemindert oder aufgehoben, wird der Mieter oder Pächter gemäß §536 B G B ebenfalls ganz oder teilweise von seiner Zahlungspflicht befreit. 2 4 3 Im Verhältnis der beiden Vertragsparteien trägt also exakt jene Person die Gefahr, der die h.M. den Vollstreckungsschutz in Gestalt des Aussonderungsrecht und der Drittwiderspruchsklage gewährt. Nun folgt daraus nicht, dass bei einer Miete, Pacht etc. jeweils ein Treuhandverhältnis im hier vertretenen Sinn vorläge. D e n n es fehlt an dem zweiten Merkmal, der Rechtsträgerschaft auf Seiten des Mieters, Pächters etc. 244 Keine der Parteien ist in den hier in R e d e stehenden Fällen Eigentümer des Gegenstandes, so dass es nicht zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung kommt. Die Darstellung dieser Vertragsverhältnisse sollte allein verdeutlichen, dass sich die hier für Treuhandverhältnisse entwickelte G e f a h r tragungsthese gut mit der vollstreckungsrechtlichen Rechtslage in den genannten Vertragsverhältnissen in Einklang bringen lässt, sie dadurch sogar bestätigt wird. Herausgabeansprüche, denen im Gegensatz zu Verschaffungsansprüchen ein Vollstreckungsschutz zuteil wird, sind jeweils solche schuldrechtlichen Ansprüche auf Übertragung eines Gegenstandes, bei denen der Gläubiger und nicht der Schuldner die G e f a h r des zufälligen Untergangs trägt. 245 dd) Kein Gefahrübergang

auf den Käufer durch

Kaufpreiszahlung

G e h t man allerdings von dem unter bb) dargestellten Regeltatbestand des Zusammenfallens von Rechtsinhaberschaft und G e f a h r t r a g u n g aus, erscheint die von Michaels für seine gegenteilige Ansicht herangezogene herrschende Lehre, die nach Zahlung des Kaufpreises von einer konkludenten Übereignung g e m ä ß §930 B G B ausgeht 2 4 6 , überprüfungsbedürftig. Die einer Übereignung g e m ä ß §930 B G B zugrunde liegenden Besitzmittlungsverhältnisse zeichnen sich - wie 242

Vgl. dazu auch P a l a n d t I W e i d e n k a f f BGB, §535 R d n . 3 5 . Z u m Verhältnis von § 326 Abs. 1 B G B und § 536 B G B vgl. nur PaUndt/Weidenkaff, BGB, §536 Rdn.10. 244 Vgl. allerdings auch die Darstellung des alten germanischen Rechts bei Haemmerle, G u t achten, S. 638. D a n a c h e m p f i n g der Entleiher einer Sache G e w e r e und dingliches Recht an der geliehenen Sache mit der B e s c h r ä n k u n g eines Treuhänders. 243 Siehe dazu auch noch sogleich unten S. 319 f. 246 Vgl. die Nachweise bei Michaels, Sachzuordnung, S. 286 in Fußn.23. 243

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

313

soeben unter cc) ausgeführt - im gesetzlichen Grundfall sämtlich durch eine Gefahrtragung des mittelbaren Besitzers aus. Die danach mit der Übereignung gemäß § 930 B G B verbundene Gefahrtragung des Käufers vor der Übergabe wäre aber gerade nicht mit der deutschen Rechtslage in Einklang zu bringen und entspricht - da sie auch wertungsmäßig nicht überzeugt 2 4 7 - kaum dem mutmaßlichen Parteiwillen. Mit Michaels gemäß §930 B G B das Eigentum ohne Gefahrtragung übergehen zu lassen 248 , hieße wiederum, den hier dargestellten Zusammenhang zu verkennen. Hinter solchen Konstruktionen stehen offenbar Billigkeitsgedanken, die dem Käufer, der seinen Kaufpreis vorgeleistet hat, in der Insolvenz des Verkäufers irgendwie einen Schutz verleihen wollen. Dass dieser fehlende Schutz aber durchaus im Sinne der par conditio creditorum liegt und den Käufer nur mit sonstigen vorleistenden Gläubigern gleichstellt, wurde bereits gesagt. Richtigerweise ist daher eine Übereignung gemäß § 930 B G B und ein daraus folgender Vollstreckungsschutz des Erwerbers nur dann anzuerkennen, wenn der Erwerber auch tatsächlich ab dem Zeitpunkt der Übereignung die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache tragen soll. Dies wäre etwa bei der Vereinbarung eines Miet- oder Leihvertrags zwischen Verkäufer und Käufer der Fall, aufgrund dessen der Verkäufer ab sofort die Sache als Mieter oder Entleiher des Käufers besitzt. Der aussonderungsfähige sowie zur Drittwiderspruchsklage berechtigende Herausgabeanspruch des Käufers beruht dann jedoch nicht auf seiner Eigenschaft als Käufer, sondern auf seiner Position als - die Gefahr des zufälligen Untergangs tragender - Vermieter bzw. Verleiher.

247 Bücher, Z E u P 1998,615,651 mit Fußn.98, weist darauf hin, dass sich die Regel „periculum e m p t o r i s " schon bei der Schaffung des C o d e Civil überlebt hatte. Die Regel h a b e allerdings auch im römischen Recht ihre Rechtfertigung vor allem aus d e m G e d a n k e n g e w o n n e n , dass derjenige mit der G e f a h r zu belasten ist, der den A u f s c h u b der S a c h ü b e r g a b e veranlasst hat. Das römische Recht sei ganz auf den M a r k t k a u f ausgerichtet gewesen; auf d e m Markt sei indessen der Verkäufer immer erfüllungsbereit. Aufschub verlange in aller Regel der K ä u f e r (und dies, weil er nicht genügend Geld in der Tasche trägt, um den Kauf sofort abzuwickeln). Hinzu k o m m e die Nachteiligkeit für den Verkäufer: dieser d ü r f e nicht am M a r k t t a g an a n d e r e ( m e h r bezahlende und abwicklungsbereite) Interessenten v e r k a u f e n und n e h m e allerlei Risiken auf sich. A u ß e r h a l b des M a r k t k a u f s m o d e l l s e r g e b e die K ä u f e r g e f a h r t r a g u n g als allgemeine Regel keinen Sinn. Die historische Prägung der periculum emptoris-Regel durch den Bark a u f g e d a n k e n wird auch von Bauer, Periculum, S. 73 ff. m.w.N. a n e r k a n n t , der allerdings zusätzlich auf eine schuldrechtliche Z u r e c h n u n g s w i r k u n g des Kaufs hinweist (vgl. oben bei Fußn.230). Dies ist letztlich a b e r keine e r g ä n z e n d e Motivation der Regel, s o n d e r n eine dogmatische Umschreibung ihrer Folgen. In der B e g r ü n d u n g insgesamt a n d e r s Pennitz, Periculum, passim, der die periculum emptoris-Regel zwar auch als wenig sachgerecht ansieht (z.B. S. 4 und 351 ), allerdings die Ansicht vertritt, die römische Jurisprudenz h a b e sich u m die Rechtfertigung der Regel ü b e r h a u p t wenig G e d a n k e n gemacht, weil sie a u f g r u n d eines „aktionenrechtlichen D e n k e n s " keinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum gesehen h a b e (zusamm e n f a s s e n d S. 350 ff.). 248

Auf diese Möglichkeit weist Michaels, Sachzuordnung, S. 359 in F u ß n . 3 8 9 hin.

314

Zweiter

c) Bedeutung

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

sonstiger Kriterien für die

und

Einzelzwangsvollstreckung

Vermögenszuordnung

Selbst wenn man anerkennt, dass ein Z u s a m m e n h a n g zwischen der Gefahrtragung des H i n t e r m a n n s und der G e w ä h r u n g des Vollstreckungsschutzes besteht, ist damit noch nicht gesagt, dass die G e f a h r t r a g u n g des zur Herausgabe Berechtigten im R a h m e n einer teleologischen Interpretation der §§47,771 Z P O allein schon das Aussonderungsrecht und die Drittwiderspruchsklage rechtfertigt. aa)

Nutzungsmöglichkeit

B e d e u t u n g könnte auch der Z u o r d n u n g der Nutzungen im Verhältnis zwischen H i n t e r m a n n und Mittler z u k o m m e n . Verschiedentlich hat die Rechtsprechung zur Beschreibung der Treuhand darauf hingewiesen, der Treuhänder dürfe das Treugut nur zum „Vorteil" oder zum „Nutzen" des Treugebers gebrauchen. 2 4 9 Nach Stier kennzeichnen die Nutzungsmöglichkeit und die G e f a h r t r a g u n g zusammen die Vermögenszuordnung. 2 5 0 Richtig daran ist, dass der Inhaber eines dinglichen Rechts gewöhnlich nicht nur die G e f a h r trägt, sondern ihm zumeist auch die Nutzungsmöglichkeit zusteht. Der gewöhnliche Eigentümer einer Sache kann beispielsweise den Nutzen aus der Sache ziehen und trägt gleichzeitig die G e f a h r des zufälligen Untergangs. Die grundsätzliche Verknüpfung von G e f a h r t r a g u n g und Nutzungsmöglichkeit zeigt sich auch in den Regeln des Kaufvertrags: Wie die Untersuchung der G e f a h r t r a g u n g beim Kauf gezeigt hat, wird der G e f a h r ü b e r g a n g auf den Käufer in einem weiteren Sinne verstanden. D e r Käufer trägt ab der Ü b e r g a b e (§ 446 B G B ) die G e f a h r des zufälligen Untergangs, erhält jedoch ab demselben Zeitpunkt auch die Nutzungen der Sache. 251 Nichts anderes gilt auch bei den gewöhnlichen Treuhandverhältnissen. Aufgrund des der Treuhand zugrunde liegenden Auftragsverhältnisses erfolgt eine Z u o r d n u n g des Nutzens und des Risikos zum H i n t e r m a n n . Und gerade weil dem „ G e f a h r t r ä g e r " zumeist auch die Nutzungen zustehen, ergibt sich im Regelfall nicht die Notwendigkeit festzustellen, wie die Sondersituation zu beurteilen ist, in der ein H i n t e r m a n n zwar die G e f a h r trägt, er aber nicht zugleich auch die Nutzungen erhält. Als problematisch erweist sich die vollstreckungsrechtliche Vermögenszuordnung im Sinne der §§ 47 InsO, 771 Z P O nur in den Fällen der Nutzungstreuhand, bei der ein Gegenstand zwar treuhänderisch für einen Treugeber gehalten wird, der Treuhänder jedoch nach der vertraglichen Absprache der Parteien ausnahmsweise die Nutzungen der Sache erhält. So könnte beispielsweise ein Hausgrundstück treuhänderisch übertragen werden mit der Abrede, dass der

249 250 251

Siehe dazu § 2 I der A r b e i t (oben S.21 ff.), insbes. S.25 und 27f. Siehe o b e n S. 161 ff. Siehe o b e n S. 308 ff.

§8 Vom konstruktiv

dinglichen zum funktionell-teleologischen

Denken

315

Treuhänder die Mieteinnahmen nicht an den Treugeber abzuführen hat, sondern sie für sich behalten darf. Bei einer solchen Nutzungstreuhand muss entschieden werden, ob der Treugeber im R a h m e n der teleologischen Interpretation der §§47 InsO, 771 Z P O dennoch einem dinglichen Rechtsinhaber gleichgestellt werden kann mit der Folge des Aussonderungs- und Drittwiderspruchsrechtes. Entscheidend sollte wiederum sein, ob sich - wie bei der Gefahrtragung - ein Z u s a m m e n h a n g zwischen dinglichem Recht und Nutzungsmöglichkeit und in der Folge auch ein Z u s a m m e n h a n g zwischen Vollstreckungsschutz und Nutzungsmöglichkeit im geltenden Recht feststellen lässt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Nutzungsmöglichkeit kann sowohl dinglich als auch schuldrechtlich vom „Stammrecht" getrennt werden und dennoch genießt das „Stammrecht" Vollstreckungsschutz. Dinglich lässt sich ein Recht gemäß § 1130 B G B in der Weise belasten, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch). Lässt sich aber in dieser Weise das Nutzungsrecht dinglich verselbständigen, kann die Nutzungsmöglichkeit nicht ihrerseits notwendiger Inhalt jedes dinglichen Rechts sein. Folglich k o m m t die Nutzungsmöglichkeit im R a h m e n des funktionell-teleologischen Vergleichs zwischen dinglichem Recht und Treuhand auch nicht als relevantes Kriterium in Betracht. Da die Nutzungsmöglichkeit nicht notwendiger Inhalt eines dinglichen Rechtes ist, fehlt es auch am Z u s a m m e n h a n g zwischen Nutzungsmöglichkeit und Vollstreckungsschutz im geltenden Recht: D e r Eigentümer einer Sache, die mit einem Nießbrauch belastet ist, kann als dinglicher Rechtsinhaber hinsichtlich seines „Resteigentums" die Rechte aus §§47 InsO, 771 Z P O ausüben, obwohl er gerade nicht zur Nutzung berechtigt ist. Auch schuldrechtlich lässt sich der Z u s a m m e n h a n g zwischen dinglichem Recht und Nutzungsmöglichkeit durch Vereinbarung eines Miet-, Pacht oder Leihverhältnisses durchbrechen, so dass es wenig überzeugend wäre, die Rechte aus §§47 InsO, 771 Z P O stets zusätzlich zur G e f a h r t r a g u n g von der Nutzungsmöglichkeit des Gläubigers abhängig zu machen. Bei einer vermieteten oder verpachteten Sache ließe sich zwar möglicherweise noch argumentieren, dass es nicht auf die tatsächliche Eigennutzung der Sache a n k o m m t , sondern auf die. finanzielle Nutzung durch Einzug der Miet- oder Pachterlöse. Diese stehen dem Vermieter oder Verpächter trotz oder gerade wegen der fehlenden Möglichkeit der tatsächlichen Eigennutzung zu. Spätestens bei der Leihe würde diese Überlegung jedoch versagen. Der Verleiher kann die verliehene Sache weder tatsächlich nutzen noch erhält er ein Entgelt, das als finanzielle Nutzung angesehen werden könnte. Wenn dennoch der schuldrechtliche Rückgabeanspruch des Verleihers im R a h m e n der §§47 InsO, 771 Z P O Vollstreckungsschutz genießt, spricht auch dies gegen einen Z u s a m m e n h a n g von Nutzungsmöglichkeit und Vollstreckungsschutz.

316

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Lässt sich aber die Nutzungsmöglichkeit nicht als notwendiges Element eines dinglichen Rechtes ausmachen und wird Vollstreckungsschutz auch für schuldrechtliche Herausgabeansprüche anerkannt, bei denen das Schuldverhältnis nicht durch eine Nutzungsmöglichkeit des Gläubiger gekennzeichnet ist, sollte man das Aussonderungs- und Drittwiderspruchsrecht auch in anderen Fällen nicht von der Nutzungsmöglichkeit des Gläubigers abhängig machen. Die Treuhandwirkungen sind deshalb im Rahmen der funktionell-teleologischen Interpretation der §§47 InsO, 771 Z P O auch im Sonderfall der Nutzungstreuhand nicht zu verweigern. bb)

Weisungsbindung

Verschiedentlich betonte die Rechtsprechung auch das Weisungsrecht des Treugebers als Charakteristikum der Treuhand. 2 5 2 Insbesondere in B G H Z 155, 227 stellte der IX. Zivilsenat für die Vermögenszuordnung i.S.v. §47 InsO entscheidend auf die Weisungsbindung des Treuhänders ab. Im Rahmen der teleologischen Interpretation des §47 InsO soll die vom dinglichen Recht abweichende Vermögenszuordnung bei der Treuhand deshalb gerechtfertigt sein, „weil der Treuhänder das dingliche Recht von vornherein nur in einer die Ausübungsbefugnis im Interesse eines anderen einschränkenden Gestalt erhalten hat. Infolge der Vereinbarung mit dem Treugeber", so der B G H , „hat der Treuhänder das Eigentum - auch dann, wenn es ihm von einem Dritten übertragen wurde - nur in solcher Weise eingeschränkt erworben, dass dem Treugeber wegen seiner von Anfang an bestehenden Weisungsbefugnis der Gegenstand vermögensmäßig zuzuordnen ist." 253 Auch in diesen Überlegungen steckt ein richtiger Kern: Die Treuhand ist im Regelfall durch eine Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder gekennzeichnet. Das Weisungsrecht folgt aus dem zugrunde liegenden Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis. Da nun der Inhaber eines dinglichen Rechts im Regelfall aufgrund seiner absoluten Herrschaftsmacht gleichfalls ein Bestimmungsrecht besitzt, der Eigentümer z.B. gemäß §903 BGB mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann, ließe sich das Weisungsrecht des Treugebers als dem Bestimmungsrecht des dinglichen Rechtsinhabers ähnlich ansehen und daraus die Gleichstellung im Rahmen der §§47 InsO, 771 Z P O herleiten. Trotz dieser grundsätzlichen Verknüpfung zwischen dinglichem Recht und Herrschaftsmacht ist jedoch zweifelhaft, ob das Weisungsrecht des Treugebers tatsächlich für die vollstreckungsrechtliche Vermögenszuordnung maßgeblich 252

Siehe o b e n S. 28 f. B G H , 24.6. 2003, B G H Z 155, 227,233 = N J W 2003, 3414,3415 f. = W M 2003, 1733,1734 unter Ziff. II. 2. c) der G r ü n d e ; im Anschluss d a r a n stellt auch Frind, Z I n s O 2004, 470, 476f., maßgeblich auf die Weisungsbindung ab. 253

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

317

sein kann. Der Z u s a m m e n h a n g zwischen dinglichem Recht und Herrschaftsmacht ist nämlich ebenfalls kein notwendiger, insbesondere nicht in jenen Fällen, in denen auch die Nutzungsmöglichkeit eingeschränkt ist. Ist das Eigentum durch einen Nießbrauch belastet, kann der Eigentümer keineswegs i.S.v. §903 B G B mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Mitwirkung ausschließen. Vielmehr ist der Nießbraucher gemäß § 1036 Abs. 1 B G B zum Besitz der Sache berechtigt. Die Herrschaftsmacht des Eigentümers ist damit erheblich eingeschränkt. Nichts anders gilt in den Fällen eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts. Wie sehr die Herrschaftsbefugnisse des Eigentümers hierdurch eingeschränkt sein können, zeigt vor allem das deutsche Wohnraummietrecht. Der Vermieter ist in seinem Bestimmungsrecht über die Mietsache fast gänzlich ausgeschlossen und dennoch genießt sein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch den Vollstreckungsschutz der §§ 47 InsO, 771 ZPO. Ein notwendiger Zus a m m e n h a n g zwischen Weisungs- oder Bestimmungsrecht und Vorrangstellung in Insolvenz und Zwangsvollstreckung lässt sich daher nicht erkennen. Wer die vollstreckungsrechtliche Vermögenszugehörigkeit vom Weisungsrecht des Hintermanns abhängig machen will, müsste außerdem klären, welchen U m f a n g das Weisungsrecht im konkreten Einzelfall haben muss, um eine A n w e n d u n g der §§47 InsO, 771 Z P O zu rechtfertigen. Betrachtet man den gesetzlichen Treuhandfall des §392 Abs. 2 H G B , wird rasch erkennbar, dass das Weisungsrecht des Hintermanns keineswegs umfassend sein muss. Ein Kommissionsverhältnis kann und wird häufig durch eine große Freiheit des Kommissionärs gekennzeichnet sein, vor allem dann, wenn der Kommissionär gegenüber dem Kommittenten die größere Marktmacht besitzt. D e r Kommittent ist nicht in jedem Fall berechtigt, dem Kommissionär bei der Ausführung der Kommission beliebig Weisungen zu erteilen, und seine vertragliche Rechtsposition kann sich faktisch auf den Herausgabeanspruch beschränken. Nichts anderes gilt auch in Fällen der Inkassozession, die der Gesetzgeber der K O als Musterfall des fiduziarischen Rechtverhältnisses angesehen und bei der in jedem Fall ein Aussonderungsrecht des H i n t e r m a n n bestehen sollte. 254 Es dürfte schwerlich anzunehmen sein, dass der vom Gesetzgeber vorausgesetzte Vollstreckungsschutz dann ausgeschlossen sein sollte, wenn das Weisungsrecht des Hintermanns gegenüber dem Inkassounternehmen hinsichtlich der Durchführung der Forderungseinziehung eingeschränkt oder im Einzelfall ganz ausgeschlossen wird. Unabhängig von der Intensität der Weisungsbindung trägt nämlich der Hintermann das wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung: Sind die Forderungen wegen Zahlungsunfähigkeit der Schuldner uneinbringlich, realisiert sich der Vermögensverlust in der Person des Hintermanns, nicht beim Inkassounternehmen. Diese Risikotragung ist der entscheidende Aspekt

254

Dazu oben S. 52 ff.

318

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

EinzelzMang.svollslreckimg

bei der Bestimmung der Vermögenszugehörigkeit und nicht das im Einzelfall mehr oder weniger weit reichende Weisungsrecht. Ein weiteres Beispiel sei hinzugefügt: Überträgt ein Treugeber Gelder auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft und schließen die Parteien das Weisungsrecht des Treugebers vertraglich aus, lässt also der Treugeber dem Treuhänder ausdrücklich freie H a n d bei der Anlage der Vermögenswerte, dann fragt sich, ob eine solche Gestaltung dennoch als vollstreckungsfeste Treuhand anzuerkennen ist. Nach der Rechtsprechung dürfte dies wegen des fehlenden Weisungsrechts konsequenterweise nicht der Fall sein, während die A n w e n d u n g der §§47 InsO, 771 Z P O nach der hier vertretenen Ansicht unproblematisch ist. Entscheidend ist nämlich für die Vermögenszugehörigkeit, dass der Treugeber die wirtschaftlichen Folgen der Anlagestrategie trägt, ihn also das Risiko des „zufälligen Untergangs" 2 5 5 des Treuguts trifft. Das mehr oder weniger weit reichende Weisungsrecht ist d a f ü r im Regelfall ohne Bedeutung. 2 '' 6 Dass das Weisungsrecht letztlich nicht entscheidend für die vollstreckungsrechtliche Vermögenszuordnung sein kann, zeigt auch eine einfache Kontrollüberlegung: Wie wäre der Fall vollstreckungsrechtlich zu beurteilen, in dem eine Person Rechtsträger ist, eine andere Person aber ein vertragliches Weisungsund Bestimmungsrecht besitzt, ohne gleichzeitig auch die G e f a h r des zufälligen Untergangs zu tragen? Man d e n k e z.B. an folgende Sachverhalte: D e r Eigentümer eines L K W stellt sich in den Dienst eines Speditionsunternehmens und verpflichtet sich, jede ihm angewiesene Fahrt mit dem LKW auf Weisung des Speditionsunternehmens durchzuführen. Oder: Der Eigner eines Segelschiffs verpflichtet sich gegenüber einem Veranstalter von Segelreisen, auf seinem Schiff die vom Veranstalter zugewiesenen Gäste mitzunehmen und die vom Veranstalter angewiesenen Segeltörns durchzuführen. In beiden Fällen wäre der Eigentümer des L K W bzw. Segelschiffs in seinem Bestimmungsrecht über sein Eigentum vertraglich mindestens ebenso beschränkt wie der Treuhänder hinsichtlich des Treuguts. U n d dennoch kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass das Speditionsunternehmen oder der Reiseveranstalter gegenüber den Gläubigern des Eigentümers irgendwelche Vorrechte in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung geltend machen kann. Das Weisungsrecht sagt über die Vermögenszuordnung letztlich nichts aus und kann deshalb auch nicht entscheidend für die G e w ä h r u n g des Vollstreckungsschutzes sein. Auch hier sei jedoch betont, dass die Streitfrage, ob und ggf. welche Bedeutung das Weisungsrecht für die Rechte aus §§47 InsO, 771 Z P O hat, nur dann re255

Verletzt die Vermögensverwaltungsgesellschaft bei der Anlage ihre Pflichten, besteht selbstverständlich ein Schadensersatzanspruch des Treugebers. Nur in diesem Fall k a n n der Treugeber also das wirtschaftliche Risiko der (fehlerhaft gewählten) Anlagestrategie auf d e n Vertragspartner abwälzen. 256 Z u r B e d e u t u n g des Weisungsrechts als Indiz bei der Bestimmung der G e f a h r t r a g u n g siehe aber noch unten S.322f.

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

319

levant wird, wenn im Einzelfall das Weisungsrecht des die G e f a h r tragenden Treugebers durch die vertraglichen A b s p r a c h e n der Parteien eingeschränkt ist. Im Regelfall wird der Treugeber nicht nur die G e f a h r tragen, sondern auch ein (weitgehendes) Weisungsrecht haben. Bestimmend für die Vermögenszuordnung bleibt auch in diesem Regelfall jedoch die G e f a h r t r a g u n g und nicht das Weisungsrecht. d) Herausgabe-

und

Verschaffungsansprüche

Auf der Basis der Gefahrtragungsthese lassen sich die vollstreckungsfesten Herausgabeansprüche von den nicht vollstreckungsfesten Verschaffungsansprüchen klar abgrenzen. Die von der h.M. v o r g e n o m m e n e Differenzierung hält Michaels nicht für überzeugend, weil sie ohnehin nicht konsequent durchgehalten werde. Die h.M. gewähre einerseits bei der Treuhand Vollstreckungsschutz auch für Verschaffungsansprüche, lehne ihn andererseits bei den Herausgabeansprüchen aus §§667, 812, 816 B G B ab. 257 Korrigiert man jedoch die von der h.M. gezogene Grenze im Sinne der Gefahrtragungsthese, lassen sich Widersprüche vermeiden, ohne zu der von Michaels für richtig gehaltenen Konsequenz zu gelangen, auch der schuldrechtliche Verschaffungsanspruch des Käufers müsse Vollstreckungsschutz genießen. Der entscheidende Unterschied zwischen dem schuldrechtlichen Anspruch des Treugebers auf (Rück-)übereignung des Treuguts und dem ebenfalls schuldrechtlichen Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache besteht in der unterschiedlichen Gefahrtragung. D e r Anspruch des Käufers ist daher als Verschaffungsanspruch, der Anspruch des Treugebers hingegen - wie der ebenfalls zur Aussonderung und Drittwiderspruchsklage berechtigende Rückgabeanspruch bei der Miete, Leihe oder Verwahrung - als Herausgabeanspruch zu qualifizieren. D e r von Michaels gegen die Ergebnisse der h.M. e r h o b e n e Vorwurf, rechtlich gleichartige Verschaffungsansprüche würden unterschiedlich behandelt 2 5 8 , ist dann behoben. 2 5 9 Berechtigt und fortbestehend ist allerdings der Vorwurf der Inkonsequenz gegenüber der h.M., soweit er sich auf die fehlende A n e r k e n n u n g des Vollstreckungsschutzes bei anderen Herausgabeansprüchen (§§667, 812,816 B G B ) bezieht. 260 D o c h ist diese Inkonsequenz nicht dadurch zu beseitigen, dass man mit Michaels ganz generell die Differenzierung zwischen Herausgabe- und Ver257 Michaels, Sachzuordnung, S. 403 ff. (zur Einzelzwangsvollstreckung) und S.420 (zur Insolvenz). 258 Michaels, Sachzuordnung, S.403f„ 420. 259 F ü r die B e h e b u n g der b e h a u p t e t e n I n k o n s e q u e n z ist dabei nicht die hier v o r g e n o m m e n e begriffliche Korrektur, d.h. die Z u o r d n u n g des A n s p r u c h s auf ( R ü c k - ) ü b e r e i g n u n g des Treuguts zu den H e r a u s g a b e a n s p r ü c h e n , entscheidend, s o n d e r n die materielle U n t e r s c h e i d u n g beider A n s p r u c h s a r t e n nach der G e f a h r t r a g u n g . 260 Michaels, Sachzuordnung, S.407.

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Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollstreckung

schaffungsansprüchen für irrelevant erklärt. 2 6 1 Vielmehr ist darüber nachzudenken, inwieweit die genannten Herausgabeansprüche entgegen der h.M. ebenfalls zur Drittwiderspruchsklage und zur Aussonderung berechtigen sollten. D e m in § 7 herausgestellten Modellcharakter des § 392 Abs. 2 H G B entspricht eine Korrektur der h.M. in den Fällen des §667 BGB. Ein Treuhandverhältnis ist nicht nur bei unmittelbarer Übertragung des Treuguts vom Treugeber auf den Treuhänder, sondern auch bei einem Erwerb im Wege mittelbarer Stellvertretung anzuerkennen. U n d dies gilt, wenn man die zutreffenden Wertungen des $392 Abs. 2 H G B erkennt, nicht nur bei einer Anschaffung durch einen Kommissionär, sondern bei allen Auftragsverhältnissen. 2 6 2 Der schuldrechtliche Anspruch aus §667 B G B genießt wegen der Gefahrtragung des Hintermanns Vollstreckungsschutz und ist daher konsequent als Herausgabeanspruch einzuordnen. U n d auch im Bereicherungsrecht sind - wie später noch näher ausgeführt wird - Korrekturen der h.M. erforderlich, soweit die G e f a h r t r a g u n g beim Bereicherungsgläubiger liegt. 263 Nimmt man bei jedem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g ein Treuhandverhältnis an und behält diese Linie konsequent bei, lässt sich darauf eine stimmige Lösung aufbauen: Einerseits werden die Widersprüche vermieden, die das Modell der Rechtsprechung produziert. Andererseits wird der Vollstreckungsschutz nicht in einem mit dem geltenden Recht unvereinbaren M a ß e ausgedehnt, wie dies bei dem allein auf die Bestimmtheit abstellenden Modell der h.L. der Fall ist. Im Ergebnis ist immer dann von einem Herausgabeanspruch zu sprechen, wenn der Gläubiger des Anspruchs die G e f a h r des zufälligen Untergangs im Hinblick auf den geschuldeten Gegenstand trägt. Dieser Anspruch berechtigt stets zur Aussonderung sowie zur Drittwiderspruchsklage. Ein Verschaffungsanspruch liegt demgegenüber vor, wenn der Schuldner die G e f a h r trägt. Ein solcher Anspruch genießt keinen Vollstreckungsschutz. 2 6 4 e) Gefahrtragung

und dingliches

Recht

Erkennt man, dass die Vermögenszuordnung von der G e f a h r t r a g u n g abhängig ist, im Regelfall allerdings Rechtsinhaberschaft und Gefahrtragung zusammenfallen, erscheint es zutreffend, wenn die Rechtsprechung das Aussonderungsrecht in B G H Z 155,227,233 im Grundsatz von einer dinglichen Rechtsposition abhängig macht. Die hier vertretene Gefahrtragungsthese will deshalb nicht in Frage stellen, dass im R a h m e n der §§47 InsO, 771 Z P O grundsätzlich die dingli261

Auch Ganter, in FS Kreft, S. 251, 263 = Z I n s O 2004, 1217, 1222 hält die D i f f e r e n z i e r u n g zwischen H e r a u s g a b e a n s p r ü c h e n und Verschaffungsansprüchen für ein „hoffnungsloses U n terfangen". 262 Siehe oben S. 189 ff. 263 Dazu unten S. 359 ff. 264 Siehe dazu noch § 9 der A r b e i t (S.326ff.).

§fi Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

321

chen Rechte Bedeutung haben. Auch in Z u k u n f t reicht zur Begründung des Aussonderungsrecht und der Drittwiderspruchsklage der Nachweis, dass der Anspruchssteiler Inhaber eines dinglichen Rechtes ist. Wenn aber der - vom Anspruchsteller zu beweisende 2 6 5 - Ausnahmefall vorliegt, in dem Rechtsinhaberschaft und G e f a h r t r a g u n g auseinander fallen und damit nach dem in dieser Arbeit entwickelten Verständnis eine Treuhand vorliegt, ist „dominus" im Sinne der römisch-rechtlichen Gefahrtragungsregel casum sentit dominus nicht der Rechtsinhaber, sondern der H i n t e r m a n n , weil eben jener die G e f a h r trägt. Dieser genießt ausnahmsweise Vollstreckungsschutz, obwohl er nicht Inhaber eines dinglichen Rechtes ist. Das Aussonderungsrecht bei der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung lässt sich auf diese Weise unmittelbar dem Gesetz entnehmen, wenn man nur den Vermögensbegriff der Insolvenzordnung („gehören" i.S.v. §47 InsO) mit dem „dominus" im Sinne der Gefahrtragungsregel identifiziert: Der Treugeber ist in der für den vollstreckungsrechtlichen Vermögensbegriff wesentlichen Hinsicht, der Gefahrtragung, dem gewöhnlichen Inhaber eines dinglichen Rechts gleichzuachten. U n d genau darin liegt letztlich die auch in B G H Z 155, 227, 233 anerkannte, dort allerdings nicht mit dem richtigen Kriterium verknüpfte teleologische Interpretation des §47 InsO und zugleich die Präzisierung des von der Rechtsprechung verwendeten Begriffs eines „wirtschaftlichen Eigentums" des Treugebers. Da die Befugnis zur Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) mit dem Aussonderungsrecht (§47 InsO) parallel läuft 266 , gelten für die Einzelzwangsvollstreckung dieselben Grundsätze. Auch dort ist das „die Veräußerung hindernde Recht" im Wege einer teleologischen Interpretation zu bestimmen und folglich diejenige Person, die - wie ein dinglicher Rechtsinhaber - die G e f a h r trägt, einem solchen Rechtsträger gleichzustellen. f ) Indizien für die

Gefahrtragung

aa) Gegenleistungsfreie

Übertragung

Bei der Bestimmung dieser G e f a h r t r a g u n g kann nun die gegenleistungsfreie Übertragung des Gegenstandes ein wichtiges Indiz sein, zumindest in den Fällen der unmittelbaren Übertragung vom Treugeber auf den Treuhänder: D e r Treugeber gibt ein Vermögensstück aus seinem Eigentum und Vermögen an den Treuhänder, ohne von diesem eine Gegenleistung zu erhalten. G e h t das Treugut bei diesem durch Zufall unter, d a n n schuldet der Treuhänder nichts. D a er bei der Übertragung kein eigenes Vermögen für den Rechtserwerb aufgebracht hat und dies auch jetzt im Verlustfall nicht tun muss, ist seine Vermögens265 266

Dazu schon oben S. 155 f. Vgl. die Nachweise oben S. 54 in Fußn. 13; siehe auch oben S. 171 f.

322

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreithand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Sphäre von dem zufälligen Untergang der Sache nicht betroffen. Es ist aber nicht die gegenleistungsfreie Übertragung des Gegenstandes als solche, die den Vollstreckungsschutz rechtfertigt, sondern der Umstand, dass eine „Geg e n l e i s t u n g selbst dann nicht (mehr) erbracht werden muss, wenn der Gegenstand beim E r w e r b e r durch Zufall untergeht. Hierfür, d.h. für die Gefahrtragung des Ü b e r t r a g e n d e n , ist die anfänglich gegenleistungsfreie Übertragung ein - widerlegliches - Indiz, weil bei gewöhnlichen Umsatzgeschäften die Gefahrübertragung regelmäßig mit der Rechtsübertragung zusammenfällt und jene Rechtsübertragung nur um der Gegenleistung willen erfolgt. In diesem Indiz der (gegenleistungsfreien) Rechtsübertragung kann letztlich auch ein berechtigter Kern des hier als verfehlt herausgestellten Unmittelbarkeitsprinzips sowie der neuen „Zwei-Komponenten-Theorie" 2 6 7 der Rechtsprechung gesehen werden. Beim E r w e r b des Treuguts von Dritten ist allerdings die Indizlage weniger klar, der Vollstreckungsschutz aber genauso an die Gefahrtragung des Hintermanns zu knüpfen. D a das Treugut erst noch von dritter Seite beschafft werden muss, wird eine Weiterleitung des dafür aufzubringenden Preises vom Hintermann an den Dritten erforderlich. Damit ergibt sich aber rein äußerlich betrachtet eine Ähnlichkeit zu den Verkaufsketten. Die Hingabe des Vermögenswertes als solche lässt noch keinen Rückschluss auf die Rechtslage bei einem zufälligen Verlust des angeschafften Gegenstandes zu. D e n n es ist gleichermaßen möglich, dass die Person in der Mitte der Kette die G e f a h r des zufälligen Untergangs trägt (im Verkaufsfall) oder das Glied am Ende der Kette (im Auftragsfall). Daher mag die Rechtsprechung hier an die Darlegung und den Beweis der Gefahrtragung des Hintermanns größere A n f o r d e r u n g e n stellen. Gelingt aber der Beweis, muss auch der Vollstreckungsschutz gewährt werden. bb) Weisungsbindung

des

Rechtsträgers

Auch die Weisungsbindung eines Rechtsträgers kann ein Indiz für die Gefahrtragung sein. Zwar ist das Weisungsrecht des Treugebers nach der hier vertretenen Ansicht keine notwendige Voraussetzung für den Vollstreckungsschutz. 2 6 8 Es kann aber mittelbar doch gewisse Bedeutung für die G e w ä h r u n g der Rechte aus §§47 InsO, 771 Z P O erlangen. D a dem Treuhandverhältnis ein Auftragsoder Geschäftsbesorgungsverhältnis zugrunde liegt und diese Rechtsverhältnisse im Regelfall sowohl durch ein Weisungsrecht des Auftraggebers als auch durch dessen G e f a h r t r a g u n g gekennzeichnet sind 269 , kann ein bestehendes und ausgeübtes Weisungsrecht dann ein Indiz für die Z u o r d n u n g der G e f a h r sein, wenn sich aus den vertraglichen A b r e d e n der Parteien keine eindeutige Rege267 268 269

Siehe dazu o b e n S. 30 f. und 61 ff. sowie das Zitat o b e n S.296 in Fußn. 181. Siehe o b e n S. 316 ff. Siehe auch dazu S. 316 ff.

§8 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

323

lung der G e f a h r t r a g u n g ergibt. Hat beispielsweise ein K a u f m a n n einem anderen K a u f m a n n den - nicht juristisch verstandenen - „ A u f t r a g " erteilt, für ihn bestimmte Waren zu beschaffen, kann das vom „ B e a u f t r a g t e n " daraufhin getätigte Beschaffungsgeschäft entweder ein Eigengeschäft im R a h m e n einer Verkaufskette sein oder ein Ausführungsgeschäft im R a h m e n eines Kommissionsverhältnisses. 270 Im ersteren Fall würde der „ B e a u f t r a g t e " die G e f a h r des zufälligen Untergangs tragen, im zweiten Fall der „Auftraggeber". Ist aus den vertraglichen Absprachen nicht klar erkennbar, welche Risikoverteilung die Parteien beabsichtigt hatten, kann das Weisungsrecht als Indiz für ein Auftragsverhältnis im juristischen Sinne (Kommission) und damit für die Gefahrtragung des H i n t e r m a n n s herangezogen werden. 2 7 1 D e n n o c h wäre aber die über das Weisungsrecht ermittelte G e f a h r t r a g u n g und nicht das Weisungsrecht selbst das entscheidende Kriterium für die Vermögenszuordnung und damit Grundlage für den Vollstreckungsschutz zugunsten des Hintermanns in direkter oder analoger A n w e n d u n g des §392 Abs. 2 H G B bzw. im Wege teleologischer Interpretation der §§47 InsO, 771 ZPO. cc) Nutzungszuweisung

zum

Hintermann

In gleicher Weise kann auch die vertragliche Zuweisung der Nutzungen zum H i n t e r m a n n ein Indiz für die G e f a h r t r a g u n g sein. Wie bei der Weisungsbindung ist zwar nach hier vertretener Ansicht die Nutzungsmöglichkeit kein notwendiges Element jeder vollstreckungsfesten Treuhand. 2 7 2 Weil aber Nutzen und Risiko im Regelfall - von den Gebrauchsüberlassungsfällen abgesehen - bei derselben Person liegen, kann einer ausdrücklichen vertraglichen Zuweisung der Nutzungen ein Indiz für die nicht vertraglich geregelte G e f a h r t r a g u n g e n t n o m m e n werden. Hätten beispielsweise die Parteien in dem vorgenannten „Auftragsfall" vereinbart, dass eventuell aus der beschafften Sache gezogene Nutzungen dem „Auftraggeber" zustehen sollen, so wäre im Zweifel anzunehmen, dass dieser gleichzeitig auch die G e f a h r zu tragen hat.

270 Z u r Abgrenzung von Kommission und Eigengeschäft siehe Baumbach///opf, HGB, § 383 Rdn.7; M ü n c h K o m m H G B / / / ä i « e r , §383 Rdn.30ff. 271 Z u r indiziellen Bedeutung der bestehenden oder fehlenden Weisungsbefugnis bei der Abgrenzung zwischen Kommission und Kaufvertrag siehe B G H , 19.1. 1951, B G H Z 1,75,79f. = N J W 1954, 270 (betr. G e f a h r t r a g u n g für das zu liefernde Gut); B G H , 27.2. 1991, NJW-RR 1991, 994, 995; O L G Frankfurt, 21.3. 1985, M D R 1985, 849 (betr. Risiko eines Rechtsmangels bei der Einkaufkommission); M ü n c h K o m m H G B / W ä u i e r , §383 Rdn.32; Baumbach///opi, H G B , §383 Rdn.7. 272 Siehe oben S. 314 ff.

324

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz,

und

Einzelz.wungsvollstreckung

III. Z u s a m m e n f a s s u n g Versuche, den Vollstreckungsschutz des Treugebers in Insolvenz und Zwangsvollstreckung auf eine (quasi-)dingliche Rechtsposition zurückzuführen, überzeugen nicht. Der Hinweis auf das (quasi-)dingliche Recht des Treugebers dient lediglich der Beschreibung, nicht aber der Rechtfertigung des Aussonderungsund Drittwiderspruchsrechts. Der Treugeber ist und bleibt bei der Vollrechtstreuhand allein schuldrechtlich am Treugut berechtigt. Die Treuhandproblematik lässt sich lösen unter Verwendung einer inversiven Methode, dem Wirkungsvergleich zwischen Treuhand und dinglicher Rechtsposition: Im Rahmen einer funktionell-teleologischen Interpretation der §§47 InsO, 771 Z P O ist der Treugeber dann einem dinglichen Rechtsinhaber gleichzustellen, wenn seine Rechtsstellung aufgrund der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung in der für die Vermögenszuordnung maßgeblichen Sicht einem dinglichen Rechtsinhaber ähnelt. Dies ist der Fall, wenn er als Gläubiger eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übertragung einer Sache (Treugut) die Gefahr des zufälligen Untergangs dieser Sache trägt. Bei Forderungen entspricht dem die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Bonitätsrisiko). Eine vollstreckungsfeste Treuhand liegt danach bei jeder Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung vor, die ihrerseits durch zwei Elemente gekennzeichnet: Erstens durch den schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Rechts und zweitens durch eine Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung. Der Treuhänder ist Inhaber des Rechts, trägt aber nicht die Gefahr des zufälligen Untergangs. Diese Gefahr trifft den Treugeber, obwohl er nur Inhaber eines schuldrechtlichen Herausgabeanspruchs ist. Als Träger der Gefahr steht er jedoch dem Inhaber eines dinglichen Rechts in vermögensmäßiger Hinsicht gleich und genießt deshalb Vollstreckungsschutz in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung. 273 Neben der funktionell-teleologischen Interpretation der §§47 InsO, 771 Z P O lässt sich der Vollstreckungsschutz des Treugebers auch auf eine Analogie zu §392 Abs. 2 H G B stützen (oben §7). Der in dieser Vorschrift gewährte Vollstreckungsschutz des Hintermanns (Kommittenten) beruht auf demselben Gedanken. Er ist Folge des Handelns für fremde Rechnung, das seinerseits durch die Gefahrtragung des Hintermanns gekennzeichnet ist. Erkennt man, dass §392 Abs. 2 H G B keine Ausnahmevorschrift ist, sondern einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält, sind die Begründungen über eine funktionell-teleologische m Eine interessante Parallele findet die hier v o r g e n o m m e n e n V e r k n ü p f u n g von G e f a h r t r a gung und vollstreckungsrechtlicher Vermögenszugehörigkeit übrigens im Steuerrecht: Bei der Z u r e c h n u n g eines f r e m d e n G e w e r b e t r i e b s nach §5 Abs. 1 Satz 2 G e w S t G wird bei der Frage, wer „ U n t e r n e h m e r " ist und wessen Vermögen der Betrieb damit steuerrechtlich z u z u r e c h n e n ist, bereits seit d e m 19. J a h r h u n d e r t darauf abgestellt, auf wessen „ R e c h n u n g und G e f a h r " das U n t e r n e h m e n betrieben wird; vgl. e i n g e h e n d Schön, in FS O f f e n h a u s , S.385, 399 ff.

88 Vom konstruktiv

dinglichen

zum funktionell-teleologischen

Denken

325

Interpretation des Vermögensbegriffs einerseits und über die Analogie zu § 392 Abs. 2 H G B andererseits entgegen der h. M. nicht konträr, sondern komplementär. Der Ansatz bei einer Analogie zu §392 Abs. 2 H G B verdeutlicht allerdings stärker, dass es bei der Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g nicht nur um ein Vollstreckungsproblem geht. D e n n der Anwendungsbereich der N o r m beschränkt sich darauf nicht. 274 Damit deutet sich an dieser Stelle bereits an, dass auch bei den im dritten Teil dieser Arbeit darzustellenden sonstigen Treuhandwirkungen Korrekturen der h.M. erforderlich werden.

274 Z u t r e f f e n d Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S.899), gegen Böhm, Auslegung, S. 68 ff. mit Z u s a m m e n f a s s u n g S. 95. Richtig ist allein, dass der G e s e t z g e b e r vorrangig den Vollstreckungsschutz des K o m m i t t e n t e n im Auge h a t t e (siehe dazu die Analyse d e r Materialien o b e n S. 198ff., sowie unten S.446f. bei Fußn. 129, S.487f. bei F u ß n . 154).

§9 Bewährung der Gefahrtragungsthese im Vollstreckungsrecht Wer auf der Basis der Gefahrtragungsthese jedem Inhaber eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Ü b e r t r a g u n g eines Gegenstandes, der - abweichend vom gesetzlichen Regelfall - die G e f a h r des zufälligen Untergangs für diesen Gegenstand trägt, das Recht zur Aussonderung (§47 InsO) und Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) gewährt (oben §§7 und 8), ruft möglicherweise die Frage hervor, ob eine derart allgemein formulierte Regel tatsächlich dem geltenden Recht entspricht: Führt eine strikte A n w e n d u n g der Gefahrtragungsthese nicht in Einzelfällen zu Ergebnissen, die mit den gesetzlichen Regeln des Insolvenz- und Vollstreckungsrechts unvereinbar sind? Ist es wirklich richtig, bei jeder Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung im zuvor dargelegten Sinn einen Vollstreckungsschutz des Gläubigers anzuerkennen? Vor dem Hintergrund dieser Fragen soll die Gefahrtragsungsthese im nun folgenden Abschnitt einer Bewährungsprobe unterzogen werden. Es soll aufgezeigt werden, dass die Abgrenzung des Vollstreckungsschutzes nach der Gefahrtragungsthese bei verschiedenen (bürgerlich-)rechtlichen Instituten (diverse Vertragsverhältnisse, Vermächtnis, Bereicherungsrecht), in denen es im Einzelfall zu einer Trennung von Rcchtsträgcrschaft und G e f a h r t r a g u n g kommen kann, nicht zu Ergebnissen führt, die mit dem geltenden Recht unvereinbar wären. Im Gegenteil vermittelt die Gefahrtragungsthese erst die entscheidenden Wertungsgrundlagen für einen Schutz, welchen die herrschende Meinung zwar gewähren will, nicht aber überzeugend zu begründen vermag. I. K a u f v e r t r ä g e Die Folgen der Gefahrtragungsthese für den Vollstreckungschutz bei schuldrechtlichen A n s p r ü c h e n aus Kaufverträgen i.S.v. §433 B G B sind größtenteils schon aus der bisherigen Untersuchung ersichtlich. D e n n die Gefahrtragungsthese wurde in Abgrenzung zu den Ansätzen von Assfalg, Stier und Michaels entwickelt, die auch den K ä u f e r zwischen Abschluss des Kaufvertrags und Übereignung in den Schutz der §§47 InsO, 771 Z P O einbeziehen. 1 Diese, dem hier vertretenen Modell entgegenstehenden Ansätze haben sich als mit dem 1

Siehe oben §6 II, §7 und §8 II 4 (S. 159ff., 189ff., 298ff., insbes. S.308ff.).

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

327

deutschen Vollstreckungsrecht unvereinbar erwiesen, das dem Käufer weder ein Aussonderungsrecht noch eine Drittwiderspruchklage gewährt. Umgekehrt ist daher die Gefahrtragungsthese voll mit den im Kaufvertragsrecht anerkannten vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen kompatibel. 2 Da grundsätzlich der Verkäufer die Gefahr bis zur Übergabe trägt (§446 BGB) und diese wiederum regelmäßig mit der Übereignung zusammenfällt, besteht zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und der Übereignung kein Treuhandverhältnis im Sinne der Gefahrtragungsthese, aus dem der Käufer ein Aussonderungsrecht oder ein Recht zur Drittwiderspruchsklage herleiten könnte. Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung liegen jeweils bei derselben Person. 1. Vollstreckungsschutz

des Drittkontrahenten

bei der

Kommission?

Zu untersuchen bleibt jedoch, ob von diesem Grundsatz dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn es sich bei dem Kaufvertrag um das Ausführungsgeschäft einer Kommission, also um das Geschäft zwischen dem Kommissionär und seinem Drittkontrahenten handelt. Dass der Kommittent gemäß § 392 Abs. 2 H G B bevorzugt wird und diese Regelung auf alle Fälle mittelbarer Stellvertretung übertragbar ist, wurde bereits gezeigt. 3 An dieser Stelle soll nun die umgekehrte Frage beantwortet werden: Ist in den Kommissionsfällen auch der Dritte besonders schutzwürdig, weil Vertragspartner des von ihm abgeschlossenen Kaufvertrags ein Kommissionär ist? Kann also beispielsweise der Dritte im Fall der Einkaufskommission, wenn er das Gut dem Kommissionär auf Kredit geliefert hat, in der Insolvenz des Kommissionärs dessen Forderung gegen den Kommittenten aus §670 BGB aussondern oder Drittwiderspruchsklage erheben, wenn Gläubiger des Kommissionärs auf den Aufwendungsersatzanspruch zugreifen? Während die h. M. eine vollstreckungsrechtliche Sonderstellung des Vertragspartners eines Kommissionärs, insbesondere eine Analogie zu § 392 Abs. 2 H G B ablehnt 4 , will eine Minderansicht dem Dritten einen vergleichbaren Schutz gewähren. 5 Schon im Jahr 1905 hatte sich Müller-Erzbach in seiner Schrift „Die 2 Z u m Unterschied zwischen d e n Kaufvertragsfällen und den Fällen mittelbarer Stellvertretung siehe auch Dressler, A n w e n d u n g , S. 142 f.; zur A b g r e n z u n g zwischen K a u f v e r t r a g und Treuhand siehe - insoweit ü b e r e i n s t i m m e n d - auch Radke, U n m i t t e l b a r k e i t s p r o b l e m , S. 34. 3 Siehe oben S. 189 ff. 4 KO, §23 R d n . 6 2 ; Münch Komm H G B/Wäu.ver, §392 R d n . 4 8 ; siehe auch ¡aegei/Henckel, deutlicher noch J a e g e r I L e n t , KO, 8. Aufl., § 23 R d n . 14 und Jaeger, KO, 6./7. Aufl., § 23 A n m . 14; Müller-Freienfels, Stellvertretungsregeln, S. 227, 232 spricht von h.M.; Capelle, in FS Raape, S.325, 326 m.w.N.; sehr früh - im Jahr 1839 - schon Treitschke, Rechtsgrundsätze, S.82f. (für den Fall d e r Verkaufskommission: D e r Dritte k ö n n e die von ihm bereits bezahlte, aber noch nicht an ihn übergebene Ware in d e r Insolvenz des Kommissionärs nicht aussondern); vgl. zur insoweit gleichen Rechtslage in Frankreich Kleinschmidt, Z E u P 2001, 697, 710. 5 Vgl. die Nachweise in d e n F u ß n o t e n 7, 8 und 10; f e r n e r Hager, A c P 180 (1980), 239, 251 f.; Schmidt-Rimpler, Kommissionsgeschäft, S. 1062 in Fußn.51a; siehe auch den Hinweis von

328

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

EinzelzwangsvoUstreckung

Grundsätze der mittelbaren Stellvertretung aus der Interessenlage entwickelt" 6 in dieser Richtung geäußert: Auf der Basis der herrschenden Ansicht zur mittelbaren Stellvertretung werde „beim Konkurs des Mittlers Recht zu Unrecht in dem Falle, daß der Dritte seinerseits noch nicht befriedigt ist und die Forderung gegen den Interessenten noch aussteht". Es sei interessenwidrig, wenn die Forderung zur Konkursmasse eingezogen werde und der Dritte lediglich eine Divid e n d e erhalte, obwohl derjenige, der allein leisten sollte und regelmäßig allein hierzu in der Lage sei (der Interessent) leistungsfähig geblieben ist. 7 Ähnlich hat sich sodann Hartmann im Jahr 1935 für einen Schutz des Dritten ausgesprochen. Man dürfe den Dritten nicht schlechter stellen als den Kommittenten. Wie die Forderungen des §392 Abs. 2 H G B im Verhältnis zum Kommissionär und dessen Gläubigern als Forderungen des Kommittenten angesehen würden, weil sie materiell die Gegenleistung für einen aus d e m Vermögen des Kommittenten s t a m m e n d e n Gegenstand darstellten, so müsse der Freihaltungsanspruch des Kommissionärs gegen den Kommittenten im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Kommissionär oder seinen Gläubigern als Anspruch des Dritten gelten. D e n n die Forderung, von der der Kommissionär Freihaltung verlangen könne, belaste das Vermögen des Kommissionärs, ohne dass dieses zugleich um eine Gegenleistung - die eingekaufte Ware - vermehrt worden sei. Praktisch bedeute dies: D e r Dritte müsse vom Kommissionär Abtretung des Freihaltungsanspruchs fordern können; er müsse bei Pfändungen dieses Anspruchs das Interventionsrecht des §771 Z P O haben und k ö n n e den Anspruch im Konkurs des Kommissionärs aussondernd Besonders eingehend hat sich Herbert mit der Frage beschäftigt. Er widmet seine Dissertation aus dem Jahr 1972 über „Die Beteiligung des Kommittenten am Ausführungsgeschäft bei der Warenkommission" ganz der Entwicklung folgender These 9 : Das Bestreben der h.M., den Kommittenten durch antizipierte Übereignung, Insichgeschäft oder Geschäft für den, den es angeht, möglichst schnell an den für ihn erworbenen Sachen materiell zu berechtigten („Folgenübertragung"), bringe eine nicht ausreichend beachtete Beeinträchtigung des Dritten mit sich: Die vom Dritten gelieferte Ware stehe nicht m e h r als Zugriffsobjekt im Vermögen des Kommissionärs zur Verfügung. D a h e r b e d ü r f e es eines Ausgleichs für den Dritten. Eine Sicherung der Kaufpreisforderung des Dritten könne dadurch erreicht werden, dass - unter Ü b e r n a h m e des in §392 Abs. 2 H G B für den Kommittenten geltenden G e d a n k e n s - die Forderungen des Kommissionärs gegen den Kommittenten dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen Neubecker, G r ü n h u t s Z 36 (1909), 31, 77 ff., auf die damalige Rechtslage in D ä n e m a r k (insbes. S.77, 82 und 89 f.). 6 Siehe dazu bereits o b e n S. 108. 1 Müller-Erzbach, G r u n d s ä t z e , S.27 (vgl. auch S. 54). 8 Hartmann, A u s f ü h r u n g s g e s c h ä f t , S. 69. 9 Herbert, Beteiligung, passim, insbes. S. 3, 29, 64, 79.

§9 Bewährung der Gefahrtragungsthese im

Vollstreckungsrecht

329

werden. 1 0 Allerdings ist diese analoge A n w e n d u n g des §392 Abs. 2 H G B nach Herbert nicht einmal a u s r e i c h e n d zum Ausgleich d e r von ihm g e s e h e n e n Nachteile des D r i t t e n . V i e l m e h r f ü h r e nur die M i t v e r p f l i c h t u n g des K o m m i t t e n t e n zu e i n e m i n t e r e s s e n g e r e c h t e n R i s i k o a u s g l e i c h . " D a b e i soll d e r K o m m i t t e n t d e m D r i t t e n selbst d a n n verpflichtet bleiben, w e n n er bereits an d e n K o m m i s s i o n ä r gezahlt hat. 1 2 Auf der Basis der G e f a h r t r a g u n g s t h e s e lässt sich recht schnell und eindeutig ü b e r d e n S t r e i t p u n k t entscheiden. D i e G e f a h r t r a g u n g s t h e s e liefert die sachliche R e c h t f e r t i g u n g f ü r die richtige, meist a b e r nicht n ä h e r b e g r ü n d e t e Position d e r h. M.: E n t g e g e n der M i n d e r a n s i c h t ist eine Vergleichbarkeit zwischen K o m m i t t e n t u n d D r i t t e m nicht gegeben. Sämtliche a n g e f ü h r t e n A u t o r e n v e r k e n n e n den e n t s c h e i d e n d e n U n t e r s c h i e d , der in d e r G e f a h r t r a g u n g des K o m m i t t e n t e n / H i n t e r m a n n s im G e g e n s a t z z u m D r i t t k o n t r a h e n t e n liegt. D i e s ist b e s o n d e r s bei Müller-Erzbach erstaunlich. Er selbst h a t t e an d e r s e l b e n Stelle d e n hier f ü r wesentlich a n g e s e h e n P u n k t im Verhältnis zwischen Mittler u n d H i n t e r m a n n bei d e r m i t t e l b a r e n Stellvertretung klargestellt. Im Hinblick auf dieses Verhältnis f ü h r t er mit vollem R e c h t aus: „In Wahrheit gehört ... die Forderung gegen den Drittkontrahenten gar nicht zum Vermögen des Vermittlers, und dessen Konkursgläubiger haben kein Anrecht auf sie. Denn der Vermittler steht ja dem ganzen, mit dem Dritten geschlossenen Geschäfte materiell fremd gegenüber. Es ist nicht sein Vermögen, über das er verfügt, das er einem Risiko aussetzt, sondern der Interessent allein trägt die Gefahr."'-1

Müller-Erzbach v e r k n ü p f t insoweit z u t r e f f e n d die vollstreckungsrechtliche V e r m ö g e n s z u g e h ö r i g k e i t mit der G e f a h r t r a g u n g . D a n n erscheint a b e r unverständlich, w a r u m er sogleich anschließend eine Parallele zwischen K o m m i t t e n t und D r i t t e m sieht und d e s h a l b die Verweigerung des Vollstreckungsschutzes f ü r d e n D r i t t e n als „ U n r e c h t " bezeichnet. 1 4 Beim D r i t t e n ist die L ö s u n g der h . M . w e r t u n g s m ä ß i g völlig z u t r e f f e n d , weil im Verhältnis zwischen K o m m i s s i o n ä r und D r i t t e m die gewöhnlichen, f ü r j e d e s K a u f g e s c h ä f t g e l t e n d e n G e f a h r t r a gungsregeln zur A n w e n d u n g k o m m e n . D e r K o m m i s s i o n ä r hält d e n A u f w e n d u n g s e r s a t z a n s p r u c h gegen den K o m m i t t e n t e n aus §670 B G B f ü r eigene R e c h n u n g u n d nicht f ü r R e c h n u n g des Dritten. Folglich trägt er die „ G e f a h r des zufälligen U n t e r g a n g s " im Hinblick auf diesen A u f w e n d u n g s e r s a t z a n s p r u c h 1 5 : Wird d e r K o m m i t t e n t insolvent, ist d a v o n das V e r m ö g e n des Kommissionärs, nicht d a s V e r m ö g e n des D r i t t e n b e t r o f f e n . D e r K o m m i s s i o n ä r rnuss - wie in d e r Herbert, Beteiligung, S. 62; vgl. auch S. 66: „Die Intercssenlage des Drittem ist aber der des Kommittenten nicht unähnlich.". 11 Herbert, Beteiligung, S. 62 ff., insbes. S. 66 ff. 12 Herbert, Beteiligung, S. 63 und 71. 11 Müller-Erzbach, Grundsätze, S. 27 (Hervorhebung durch den Verfasser). 14 Müller-Erzbach, a.a.O. 15 Zur Gefahrtragung bei Forderungen siehe oben S. 301 f.

330

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

gewöhnlichen K ä u f e r k e t t e - trotz des Ausfalls seines Anspruchs gegen den Kommittenten dennoch den Kaufpreis an den Dritten zahlen. Der Dritte trägt also nicht das Risiko der Insolvenz des Kommittenten. In der A r g u m e n t a t i o n von Hartmann kommt demgegenüber der hier schon als verfehlt herausgestellte G e d a n k e vom Wertumsatz, die Surrogationsidee, zum Ausdruck: Nicht jeder mit Mitteln eines Dritten finanzierte E r w e r b eines Gegenstandes (Sache oder Forderung) begründet eine Vorrangstellung des Dritten in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung hinsichtlich des erworbenen Gegenstandes. 1 6 Die von Hartmann behauptete Gleichheit der Interessenlage zeigt noch einmal deutlich, dass dieser Ansatz fehlerhaft zur Begründung eines Vollstreckungsschutzes in allen Kaufvertragsfällen führen würde. Im Hinblick auf den Wertumsatz ist nämlich in der Tat kein Unterschied zu den gewöhnlichen Kaufvertragsfällen erkennbar und der Dritte ist ein solch gewöhnlicher Kaufvertragspartner. E r k e n n t man aber, dass die Gefahrtragung und nicht der Wertumsatz Grundlage des in §392 Abs. 2 H G B gewährten Vollstreckungsschutzes ist, scheitert die A n n a h m e einer Vergleichbarkeit von Kommittent und Drittem. Schließlich kann auch der Hinweis von Herbert auf die besondere Schutzbedürftigkeit des Dritten nicht überzeugen. Die schnelle „Folgenübertragung" ist nämlich kein Spezifikum der Kommissionsgeschäfte. Vielmehr kann auch ein Verkäufer in der Käuferkette in keinem Fall darauf vertrauen, dass ihm die an den Käufer gelieferte Sache auch ohne Eigentumsvorbehalt als Haftungsmasse im Vermögen des Vertragspartners zur Verfügung steht. Das Eigentum an der Ware kann - insbesondere durch eine in der Praxis alltägliche Sicherungsübereignung von Warenlagern - eine logische Sekunde nach der Lieferung auf einen Dritten übergehen. Hat sich der Verkäufer in einem solchen Fall das Eigentum nicht vorbehalten, steht ihm seine Ware auch nicht mehr als Vollstreckungsobjekt zur Verfügung. Die analoge A n w e n d u n g des § 392 Abs. 2 H G B auf das Rechtsverhältnis zwischen Kommissionär und Drittem kommt deshalb nicht in Betracht, geschweige denn die darüber hinausgehende Folgerung von Herbert, die Mitverpflichtung des Kommittenten gegenüber dem Dritten.

2. Sonderfälle

der Gefahrtragung

beim

Kaufgeschäft

In einigen Randbereichen bedarf allerdings die Position der h.M., die eine vollstreckungsrechtliche Sonderstellung des Käufers generell ablehnt 1 7 , einer Kor16

Dazu o b e n S. 296 ff. Vgl. nur MünchKommlnsO/Garcie/-, §47 Rdn.347: Verschaffungsansprüche - zum Beispiel auf L i e f e r u n g der K a u f s a c h e - berechtigen nicht zur Aussonderung; e b e n s o für § 771 Z P O MünchKommZPO//Cars/i , rt Schmidt, §771 R d n . 3 9 ; vgl. auch Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, §40 R d n . 2 5 . 17

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

331

rektur: Auch bei Kaufgeschäften ist eine Situation nicht ausgeschlossen, in der Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g auseinander fallen. Dies sind die Sonderfälle einer Gefahrtragung des Käufers. Die erste Sonderregel enthält §447 B G B für den Versendungskauf. Ihr Anwendungsbereich ist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 1 8 zwar geschmälert worden, da die Vorschrift gemäß §474 Abs. 2 B G B auf den Verbrauchsgüterkauf keine A n w e n d u n g findet. 1 9 Im geschäftlichen Verkehr zwischen U n t e r n e h m e n , bei denen der Vollstreckungsschutz eher relevant werden wird, gilt sie aber weiterhin. 2 0 §447 B G B lässt die G e f a h r des zufälligen Untergangs bereits mit der Auslieferung der Ware an den Spediteur, Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person auf den Käufer übergehen. D e r Eigentumsübergang tritt jedoch in der Regel erst mit dem Eintreffen der Ware beim E m p f ä n g e r ein. 21 D a h e r fallen Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g während des Transports auseinander. Gleiches gilt bei der zweiten Sonderregel des §326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB. Befindet sich der Gläubiger im Verzug der A n n a h m e (§§293ff. B G B ) , geht die G e f a h r des zufälligen Untergangs auf ihn über. Geht während des A n n a h m e verzugs der Gegenstand ohne Verschulden von Käufer und Verkäufer verloren oder unter, wird er beschädigt oder zerstört, muss der K ä u f e r dennoch den vollen Kaufpreis bezahlen, obwohl er die Kaufsache nicht (ordnungsgemäß) erhält. Die Gefahrtragungsthese führt in diesen beiden Konstellationen zur A n n a h me eines Vollstreckungsschutzes des Käufers. 2 2 H a t beispielsweise ein Käufer, 1K

Vgl. o b e n S.261 in Fußn.323. Siehe dazu auch Lorenz, Z G S 2003, 421. 422. 20 D e r G r u n d s a t z einer G e f a h r t r a g u n g des Käufers w ä h r e n d des Transports wird allerdings im Sonderfall des Versandhandels d u r c h b r o c h e n , wenn m a n dort entgegen der j ü n g e r e n B G H R e c h t s p r e c h u n g ( B G H , 16.7. 2003. N J W 2003, 3341) generell von einer Bringschuld ausgeht (so mit beachtlichen A r g u m e n t e n Borges, D B 2004, 1815ff. m.w.N.). 21 Vgl. nur M ü n c h K o m m B G B / M . / 3 Westermann, §447 R d n . 2 . 22 Z u erwägen wäre allenfalls, o b der Vollstreckungsschutz in der Insolvenz durch §103 InsO in d e n j e n i g e n Fällen eingeschränkt wird, in d e n e n der K ä u f e r noch nicht vollständig gezahlt hat und deshalb der Insolvenzverwalter die E r f ü l l u n g des K a u f v e r t r a g s a b l e h n e n kann. K ö n n t e er hierdurch den schuldrechtlichen A n s p r u c h des Käufers auf Ü b e r e i g n u n g beseitigen (vgl. B G H , 9.7. 1986, B G H Z 98, 160, 168f. und dazu bei Fußn.40), wäre auch ein Aussonderungsrecht g e m ä ß § 47 InsO auf G r u n d eines „persönlichen R e c h t s " zweifelhaft. Richtigerweise sind die §§103 ff. InsO aber nur als insolvenzrechtliche R e g e l u n g zu verstehen, die die D u r c h s e t z b a r k e i t der Forderung g e g e n ü b e r d e m Insolvenzverwalter und die Z u o r d n u n g des A n s p r u c h s zu d e n Insolvenz- o d e r M a s s e f o r d e r u n g e n regeln, w ä h r e n d der Bestand der Forderung als solcher dadurch nicht in Frage gestellt wird (in diesem Sinne jetzt die n e u e r e Rechts p r e c h u n g des IX. Zivilsenats in B G H , 25.4. 2002, B G H Z 150, 353 = N J W 2002, 2783 = W M 2002,1199 = Z I P 2002, 1093 = D B 2002, 1499). Es sollte d a h e r auch in d e n Fällen der nicht vollständigen E r f ü l l u n g nicht von e i n e m Entfallen des schuldrechtlichen A n s p r u c h s als G r u n d l a g e des A u s s o n d e r u n g s r e c h t s ausgegangen werden. Die gegenteilige Position w ü r d e zu einer nicht zu rechtfertigenden U n g l e i c h b e h a n d l u n g mit den Fällen vollständiger Z a h l u n g durch den K ä u f e r f ü h r e n . Hier kann § 103 InsO tatbestandlich nicht eingreifen, so dass der Übereig-

332

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

der die Sache beim Verkäufer abzuholen hatte, trotz eines wörtlichen Angebots (§295 Satz 1 B G B ) die Sache tatsächlich nicht abgeholt und wird der Verkäufer nun insolvent oder wird die Sache nach diesem Zeitpunkt beim Verkäufer durch einen seiner Gläubiger gepfändet, dann ist dem K ä u f e r Vollstreckungsschutz in Gestalt des Aussonderungsrechts (§47 InsO) und der Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) zu gewähren. A n d e r e s gilt - wie auch bei einer erfolgten Übereignung - nur in denjenigen Fällen, in denen diese Schutzposition anfechtbar erlangt wurde (§§ 129ff. InsO). Das Ergebnis kann auf den ersten Blick überraschen. Es folgt aber zwingend aus den in dieser Arbeit herausgearbeiteten Wertungsgrundlagen des §392 Abs. 2 H G B . Die Position eines Käufers, der sich im Verzug der A n n a h m e befindet oder an den die Kaufsache abgesendet wurde, ist vermögensmäßig in jeder Hinsicht vergleichbar mit der Position eines Treugebers, der vom Treuhänder die (Rück-)Übertragung des Treuguts verlangen kann. Beide haben einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung der Sache und beide tragen die G e f a h r des zufälligen Untergangs für eben jene Sache. Es wäre daher umgekehrt unstimmig, d e m Käufer in diesen Sonderfällen der G e f a h r t r a g u n g den Vollstreckungsschutz zu verweigern, weil kein wertungsmäßiger Unterschied erkennbar ist. D e r einzige Unterschied kann in der Intensität der Pflichtenbindung im Innenverhältnis liegen: Selbstverständlich unterliegt ein treuhänderischer Vermögensverwalter anderen Pflichten hinsichtlich der Verwaltung des „Treuguts" als ein Verkäufer nach Übergang der Gefahr. Dieser Unterschied kann aber nicht zur B e g r ü n d u n g von Unterschieden bei den Treuhandwirkungen im Außenverhältnis dienen. 2 3 D e n n das M a ß der Pflichtenbindung im Innenverhältnis weist keinerlei sachliche Verbindung zu dem hierfür entscheidenden Merkmal der (vollstreckungsrechtlichen) Vermögenszugehörigkeit auf. 24 Im Hinblick darauf sind gerade keine Unterschiede zwischen beiden Fällen erkennbar. Insgesamt ist die praktische Bedeutung der hier anerkannten A u s n a h m e allerdings nicht zu überschätzen. Es handelt sich nur um einige wenige Sonderfälnungsanspruch grundsätzlich b e s t e h e n bleibt. Dieser normalerweise nur als Insolvenzforderung (§45 I n s O ) a n m e l d b a r e A n s p r u c h kann d a h e r durch das in den Sonderfällen d e r G e f a h r tragung a n z u e r k e n n e n d e T r e u h a n d v e r h ä l t n i s zum Aussonderungsrecht aufgewertet werden. Es wäre ungereimt, d e n Schuldner, der nur teilweise vorgeleistet hat, im Hinblick auf dieses Aussonderungsrecht schlechter zu stellen als denjenigen, der voll vorgeleistet hat. D e r einzige Unterschied besteht darin, dass der nur teilweise vorleistende Gläubiger das Aussonderungsrecht nur Z u g um Z u g gegen Z a h l u n g des R e s t k a u f p r e i s e s ausüben kann. 23 A . A . Picherer, Sicherungsinstrumente, S.74ff., 149 f. und 163, d e s s e n - f ü r sich g e n o m m e n z u t r e f f e n d e r - Hinweis auf d e n in § 392 Abs. 2 H G B e n t h a l t e n e n allgemeinen R e c h t s g e d a n k e n (a.a.O., S. 152) dann allerdings g e g e n ü b e r d e m eigenen Ansatz widersprüchlich erscheint, weil die Kommission ein Fall mittelbarer Stellvertretung ist und damit ein Vollstreckungsschutz ohne gesteigerte Pflichtenbindung im Innenverhältnis gewährt wird. 24 So schon Bitter, W M 2003, 2068, 2069, in A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit der in F u ß n . 2 3 angef ü h r t e n Arbeit von Picherer.

§9 Bewährung

der Gefuhrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

333

le, bei denen sich die Schutzposition des Käufers zudem auf einen regelmäßig kurzen Zeitraum, nämlich den der Versendung oder des Annahmeverzugs beschränkt. Eine Drittwiderspruchsklage gemäß §771 Z P O dürfte außerdem bei den Versendungsfällen kaum relevant werden, weil sich das Gut nicht mehr beim Verkäufer befindet und deshalb auch nicht mehr vom Gerichtsvollzieher in dessen Gewahrsam gepfändet werden kann (§808 Z P O ) . Bei der ganz überwiegenden Zahl von Kaufverträgen erhält der Käufer auch nach der Gefahrtragungsthese keine Sonderstellung im Verhältnis zu den anderen Gläubigern des Verkäufers.

II. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Besonderheiten könnten sich ergeben, wenn die Ware unter Eigentumsvorbehalt an den Käufer geliefert wird (§449 BGB). Zum einen stellt sich die Frage, ob der Verkäufer auch bei Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehaltes bei einem Weiterverkauf Vollstreckungsschutz genießt (dazu sogleich unter 1.). Zum anderen ist zu analysieren, ob sich die Gefahrtragungsthese mit den anerkannten Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen Vorbehaltsverkäufer und -käufer verträgt. Hier geht es letztlich um die allgemeine Frage des Vollstreckungsschutzes bei Sicherungsrechten (dazu unten 2.).

/. Weiterverkauf

bei einfachem

Eigentumsvorbehalt

An dem grundsätzlich fehlenden Vollstreckungsschutz zugunsten der Lieferanten in einer Verkaufskette ändert sich auch dann nichts, wenn die Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt an einen Zwischenhändler geliefert und sodann von diesem weiterverkauft wird. Bei einem solchen Verkauf handelt der Zwischenhändler zwar mit Ware, die wegen des Eigentumsvorbehaltes nicht in seinem Eigentum steht. Allein deshalb erwirbt aber der Lieferant der Ware kein Vorrecht an den Forderungen aus dem Weiterverkauf. §392 Abs. 2 H G B ist nicht analog anwendbar. 2 5 Zwar kann bisweilen zweifelhaft sein, ob ein Weiterverkauf in einer Lieferkette für eigene oder für fremde Rechnung erfolgt. 26 Der Umstand allein, dass fremde Ware veräußert wird, führt aber nicht zur A n n a h m e eines Handelns für fremde Rechnung (Kommission). Entscheidend ist vielmehr die Gefahrtragung. Trägt der Zwischenhändler die „Gefahr des zufälligen Untergangs" für die aus dem Weiterverkauf resultierende Forderung, also das Insolvenzrisiko des Abnehmers 2 7 , liegt eine Kette von jeweils für eigene Rechnung abgeschlos-

25 26 27

Z u t r e f f e n d Schlegelberger/Me/cvwW, H G B , §392 R d n . 5 und 28. Vgl. die Beispiele bei Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 III 2 b (S.867f.). Z u r G e f a h r t r a g u n g bei F o r d e r u n g e n siehe o b e n S. 301 ff.

334

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

lind

Einzelzwangsvollstreckung

senen Kaufverträgen vor und der Lieferant genießt im Hinblick auf die Forderung keinen Vollstreckungsschutz. Forderungsinhaberschaft und G e f a h r t r a gung fallen in einer Person zusammen. D e r Lieferant muss sich in diesem Fall durch eine Vorausabtretung schützen (verlängerter Eigentumsvorbehalt). Geht ein Ausfall der Forderung durch Insolvenz des A b n e h m e r s hingegen zu Lasten des Lieferanten, trägt dieser also die G e f a h r des Weiterverkaufsgeschäftes, ist dem Lieferanten auch ohne derartige Vorausabtretung Vollstreckungsschutz in direkter oder analoger A n w e n d u n g des §392 Abs. 2 H G B zu gewähren. 2. Vollstreckungsschutz

zugunsten

des

Vorbehaltskäufers/Sicherungsgebers

a) Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung

bei

Auch in der gewöhnlichen Verkaufskette k o m m t es allerdings im Verhältnis zwischen Vorbehaltsverkäufer und -käufer zu einem Auseinanderfallen von G e f a h r t r a g u n g und Rechtsträgerschaft in Bezug auf die Sicherungsrechte. Wenn der Verkäufer dem K ä u f e r die Sache übergibt und damit die G e f a h r übergeht (§446 B G B ) , der Verkäufer sich aber das Eigentum bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehält (§449 Abs. 1 B G B ) , bleibt der Verkäufer Rechtsträger des Vorbehaltsgutes, für das der Käufer die G e f a h r trägt. Geht die Kaufsache durch Zufall beim Vorbehaltskäufer unter, wird sein Vermögen durch den Verlust betroffen, weil er dennoch zur Zahlung des Kaufpreises gegenüber dem Verkäufer verpflichtet bleibt. Gleiches gilt für die Forderungen aus dem Weiterverkauf bei Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehaltes. Aufgrund der Vorausabtretung wird der Vorbchaltsvcrkäufcr Inhaber der Forderungen aus dem Weiterverkauf, während der Vorbehaltskäufer die G e f a h r trägt. Wird der A b k ä u f e r insolvent und realisiert sich damit die „ G e f a h r des zufälligen Untergangs" der Forderung 28 , wird durch diesen Verlust wiederum das Vermögen des Käufers betroffen. Dieser bleibt - anders als ein Kommissionär - weiterhin zur Kaufpreiszahlung an den Vorbehaltsverkäufer verpflichtet. Gleiches gilt für alle sonstigen Fälle der Sicherungsübertragung. G e h t der Wert des Sicherungsgutes durch Zufall verloren, sei es durch zufällige Zerstörung einer sicherungsübereigneten Sache oder durch die Insolvenz des Schuldners einer sicherungszedierten Forderung, dann trifft dieser Untergang wiederum den Sicherungsgeber: Dieser bleibt trotz des Untergangs der Sicherheit zur Zahlung an seinen Kreditgeber verpflichtet. In der Konsequenz der Gefahrtragungsthese liegt es daher, den Sicherungsnehmer/Vorbehaltsverkäufer im Hinblick auf das Sicherungsgut/Vorbehaltsgut

28

Z u r G e f a h r t r a g u n g bei F o r d e r u n g e n siehe oben S.301 ff.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

335

als Treuhänder des Sicherungsgebers/Vorbehaltskäufers anzusehen. Letzterem wäre als Treugeber Vollstreckungsschutz in der Insolvenz des Sicherungsnehmers/Verkäufers sowie bei Pfändungen durch dessen Gläubiger zu gewähren. Dies entspricht für den einfachen Eigentumsvorbehalt jedenfalls im Ergebnis, für den verlängerten Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsübertragung auch in der Begründung der Ansicht der h.M.: b) Bestätigung der herrschenden

Meinung

Die Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts wird herkömmlicherweise als Sicherungsabtretung angesehen. 2 9 Sie unterfällt daher den allgemein für Sicherungsübertragungen entwickelten vollstreckungsrechtlichen Regeln. In der Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers gehören die ihm im Voraus abgetretenen Forderungen nicht zur Insolvenzmasse, weil es sich um Treugut handelt. Der Vorbehaltskäufer (= Treugeber, Zedent) kann die Forderungen aussondern, aber nur Zug um Zug gegen Tilgung der Forderung aus dem Vorbehaltskauf. 30 Bei Einzelzwangsvollstreckungen durch Gläubiger des Sicherungsnehmers/Vorbehaltsverkäufers hat der Sicherungsgeber/Vorbehaltskäufer nach h.M. die Drittwiderspruchsklage. 3 1 Diese Lösung der h.M. wird durch die Gefahrtragungsthese untermauert. Beim einfachen Eigentumsvorbehalt kommt die h.M. nur im Ergebnis zu derselben Lösung, d.h. zu einem Vollstreckungsschutz des Vorbehaltskäufers. Der einfache Eigentumsvorbehalt wird herkömmlich nicht als Sicherungsübereignung angesehen, sondern bewusst davon unterschieden. 3 2 Allerdings hat diese Unterscheidung größere Relevanz für die umgekehrte Frage, welche Rechte der Vorbehaltsverkäufer in der Insolvenz des Käufers hat und welche Rechte ihm bei Einzelzwangsvollstreckungen durch Gläubiger des Käufers zustehen. Die Frage ist hier: Kann der Vorbehaltsverkäufer in der Insolvenz des Käufers wie ein Eigentümer aussondern (§47 InsO) oder nur wie ein Sicherungseigentümer absondern (§§50, 51 Ziff. 1 InsO)? 3 3 Hat er bei Einzelzwangsvollstreckun29 Vgl. MünchKommlnsO/Garcie/-, §47 R d n . 1 2 1 m.w.N.; MünchKommZPO//Carj'ien Schmidt,§771 R d n . 2 3 m.w.N.; Lwowski, Recht, R d n . 9 7 3 (S.762). 3(1 Vgl. speziell zum verlängerten E i g e n t u m s v o r b e h a l t M ü n c h K o m m l n s O / G a n f c r , §47 R d n . 158 m.w.N.; allgemein auch Rosenberg/Ga«//Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 4 b bb (2) (S. 676 oben). 31 Vgl. allgemein zur Sicherungsabtretung M ü n c h K o m m Z P O / K a r s t e n Schmidt, §771 R d n . 2 8 m.w.N. (für den verlängerten E i g e n t u m s v o r b e h a l t [Rdn.23] wird die Frage nicht besonders b e h a n d e l t ) ; allgemein zur Sicherungstreuhand B G H , 28.6. 1978, B G H Z 72, 141, 143 (Sicherungsübereignung), und Rosenberg/Ga«//Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 4 b b b (S. 675 f.) m.w.N., dort auch jeweils zu der A u s n a h m e , dass der Sicherungsfall bereits eingetreten ist. 32 M ü n c h K o m m l n s O / G a m e r , §47 R d n . 5 6 ; e i n g e h e n d Gaul, m.w.N. 33 D a z u MünchKommlnsO/GanifT-, §47 R d n . 62.

in FS Serick, S.105, 147ff.

336

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

gen die Drittwiderspruchsklage (§ 771 Z P O ) oder nur ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung (§805 Z P O ) . 3 4 Diese Fragen sind für die vorliegende Arbeit nicht von Interesse. 3 5 D e n n es geht bei dieser Konstellation nicht um die hier untersuchte Frage, ob aufgrund einer Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g auch schuldrechtliche Ansprüche Vollstreckungsschutz genießen. Der Vorbehaltsverkäufer ist vielmehr - wie der Sicherungseigentümer - Rechtsinhaber, nicht nur Inhaber eines schuldrechtlichen Anspruchs. Dort stellt sich allein die Frage, ob diese Eigentumsposition im Hinblick auf den Sicherungscharakter des Eigentums vollstreckungsrechtliche Einschränkungen erfährt. 3 6 Bei der hier interessierenden Frage eines Vollstreckungsschutzes für den nicht dinglich berechtigten V o r b e h a l t s k ä u f e r ist nach h.M. in der Begründung zwischen den Fällen der Einzelzwangsvollstreckung und der Insolvenz zu unterscheiden. Wird - was allerdings selten vorkommt - aufgrund eines gegen den Verkäufer gerichteten Titels in das Vorbehaltsgut vollstreckt, gewährt die h.M. dem Käufer die Drittwiderspruchsklage aufgrund seines Anwartschaftsrechts. E r kann zunächst nur der Verwertung widersprechen, nach vollständiger Kaufpreiszahlung auch gegen die Pfändung selbst intervenieren. 3 7 Im Konkurs (heute: Insolvenz) war die Rechtslage f r ü h e r umstritten. 3 8 W ä h r e n d die Literatur die Konkursfestigkeit des Anwartschaftsrechts überwiegend befürwortete 3 9 , wurde sie von der Rechtsprechung verneint. 4 0 Danach konnte der Konkursverwalter durch die Wahl der Nichterfüllung gemäß § 17 K O das Anwartschaftsrecht zerstören. Das Wahlrecht wurde nur im Einzelfall nach § 242 B G B eingeschränkt. 4 1 Nach neuem Recht hat der Insolvenzverwalter kein Wahlrecht mehr (§ 107 Abs. 1 InsO). E r hat nur die Rechte, die dem Schuldner aus dem Vertrag mit dem Käufer zustehen. Dessen Anwartschaft kann der Insolvenzverwalter nur zerstören, wenn der Käufer seinerseits nicht vertragstreu ist. Der Käufer bleibt daher gegenüber dem Verwalter berechtigt, durch Zahlung des (Rest-) Kaufpreises den bereits vor Verfahrenseröffnung eingeleiteten Eigentumserwerb ge-

34 35

Dazu M ü n c h K o m m Z P O / / ( a r . w e n Schmidt, §771 R d n . 2 0 . Vgl. dazu die E i n g r e n z u n g des U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d e s der Arbeit oben S. 1311 und

17 f. 36 Vgl. zur f e h l e n d e n Vergleichbarkeit der beiden Situationen auch schon die A u s e i n a n d e r setzung mit den Grundmann'schen Thesen auf S.287ff. 37 Vgl. nur M ü n c h K o m m Z P O / / i a n ' i c ' n Schmidt, §771 R d n . 2 1 m.w.N. 38 Vgl. dazu die Nachweise bei Marotzke, J Z 1995, 803, 804. 39 Vgl. z.B. }aeger/Henckel, KO, § 17 R d n . 5 2 ; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 17 Rdn. 18d; unentschieden Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, § 17 K O A n m . 3 b). 40 B G H , 10.10. 1962, N J W 1962, 2296, 2297 = LM Nr. 6 zu § 17 K O = W M 1962, 1239 = K T S 1962, 248; B G H , 9.7. 1986, B G H Z 9 8 , 1 6 0 , 168 f. = N J W 1986, 2948,2949 f. = W M 1986, 1161 = D B 1986, 2070 = Z I P 1986, 1059 = M D R 1986, 926 = K T S 1986, 682 = J Z 1987, 355 m. A n m . Henckel; B G H , 9.5. 1996, N J W 1996, 2233, 2235. 41 B G H , 10.10.1962, N J W 1962,2296,2297 = Fußn.40; B G H , 9.7. 1 9 8 6 . B G H Z 9 8 , 1 6 0 , 1 6 8 f. = Fußn.40.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

337

mäß § 158 Abs. 1 B G B zu vollenden. 42 Damit ist die Anwartschaft im Ergebnis in der Insolvenz ebenso geschützt wie in der Einzelzwangsvollstreckung. Dieser jedenfalls nach neuer Rechtslage gewährte Vollstreckungsschutz für den Vorbehaltskäufer entspricht im Ergebnis der hier vertretenen Lösung. Unterschiedlich ist nur die Begründung. Während die h.M. auf einen Schutz des Anwartschaftsrechts abstellt, ist der Schutz nach der Gefahrtragungsthese Folge eines Treuhandverhältnisses zwischen Vorbehaltsverkäufer und -käufer. 4 3 Die Gefahrtragungsthese erweist sich daher als kompatibel mit der geltenden, in § 107 InsO auch gesetzlich fixierten Rechtslage beim Eigentumsvorbehalt sowie bei Sicherungsübertragungen. III. S c h e n k u n g 1. Vollstreckungsschutz

bei formgültigem

Schenkungsversprechen

Auswirkungen hat die Gefahrtragungsthese auf den Vollstreckungsschutz bei der Schenkung (§516 BGB). Hat der Gläubiger einen wirksamen (vgl. §518 Abs. 1 B G B ) Anspruch aus einer Schenkung auf Übereignung eines bestimmten Gegenstandes, kommt es wiederum zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung. Der Schenker ist bis zur Erfüllung des Schenkungsversprechens noch Eigentümer der Sache, aber der Beschenkte trägt die Gefahr des zufälligen Untergangs. 44 Geht nämlich die Sache ohne Verschulden des Schenkers (§521 B G B ) bei diesem unter, ist der Schenker zu nichts verpflichtet. 45 Der Beschenkte verliert seinen Anspruch aus dem Schenkungsversprechen (§275 BGB), ohne irgendeinen Ersatz zu erhalten. Damit ist sein Vermögen von dem Verlust betroffen 4 6 , wie wenn die Übereignung bereits stattgefunden hätte und die Sache sodann bei ihm durch Zufall untergegangen wäre (casum sentit dominus). Gleiches gilt auch bei der Schenkung von Forderungen. Wird der Schuldner der geschenkten Forderung insolvent und realisiert sich damit die „Gefahr des zufälligen Untergangs" der Forderung 4 7 , trifft dieser

42

Marotzke, JZ 1995, 803, 807; MünchKommlnsO/Ga/Wer, §47 Rdn.76. Zur Irrelevanz d e s - n a c h neuem Recht ohnehin gemäß § 107 InsO nicht mehr anwendbaren - § 103 InsO (früher §17 KO) für das Aussonderungsrecht in der Insolvenz siehe oben Fußn.22. 44 Vgl. zur „obligatorischen Gcfahrentlastung" bei der Schenkung z.B. Staudinger/Scfa'emann, BGB, Vorbem. zu §§249ff. Rdn.74; Büdenbender, Vorteilsausgleichung, S. 64; ders., JZ 1995, 920f. und 925; ders., NJW 2000, 986, 987. 45 Zur Anwendbarkeit der Haftungsmilderung des §521 B G B auf die Fälle der Unmöglichkeit siehe Palandt/Pu/zo, BGB, §521 Rdn.4. 46 Vgl. dazu auch Büdenbender, Vorteilsausgleichung, S.64; ders., JZ 1995, 920, 921; ders., NJW 2000, 986, 987, der allerdings die Ansicht vertritt, der Schenker erleide einen eigenen Schaden wegen „sozialer Zweckverfehlung" (a.a.O., S. 88ff. bzw. JZ 1995, 920, 927; NJW 2000, 986, 991). 47 Zur Gefahrtragung bei Forderungen siehe oben S.301 ff. 43

338

Zweiler

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzehwangsvollstreckung

Ausfall das Vermögen des Beschenkten. Dessen Anspruch auf Übertragung der Forderung wird wertlos. Das Vermögen des Schenkers wird hingegen nicht (mehr) betroffen, weil er ohnehin aufgrund der formwirksamen Schenkung zur Übertragung der Forderungen verpflichtet war. Während die h.M. dem Inhaber eines Schenkungsanspruchs keinen Vollstreckungsschutz gewähren würde, weil sie für Verschaffungsansprüche ganz generell ein Aussonderungsrecht 4 8 sowie eine Drittwiderspruchsklage 4 9 ablehnt, liegt ein derartiger Schutz in der Konsequenz der Gefahrtragungsthese. Die Situation des Beschenkten, der einen wirksamen Anspruch auf Übereignung einer Sache oder auf Übertragung einer Forderung hat, ist wiederum wertungsmäßig mit derjenigen eines Treugebers vergleichbar, der den Anspruch auf (Rück-)übertragung des Treuguts hat. Beide Ansprüche sind daher nach der oben vorgeschlagenen begrifflichen Abgrenzung 5 0 als //eraMsgafreansprüche zu qualifizieren. Zu einer erheblichen Einschränkung der par conditio creditorum oder der Gläubigerrechte bei Einzelzwangsvollstreckungen führt auch die Anerkennung des Vollstreckungsschutzes beim Schenkungsversprechen nicht. Insbesondere müssen auf der Basis der hier vertretenen Ansicht keine zusätzlichen Manipulationen in Insolvenz- oder Vollstreckungsfällen durch schlichte Behauptung von Schenkungen befürchtet werden. Denn es ist immer erforderlich, dass das Schenkungsversprechen notariell beurkundet wurde (§518 Abs.2 BGB) und dies ist in der Praxis nur selten der Fall.51

2. Kein Vollzug der Schenkung

bei der

Vereinbarungstreuhand

Aus § 518 Abs. 2 B G B ergibt sich auch die Lösung für viele Fälle einer Vereinbarungstreuhand. Wie schon an früherer Stelle ausgeführt, will der B G H dem Treugeber nach Maßgabe der neuen „Zwei-Komponenten-Theorie" zumindest bei der Vereinbarungstreuhand keinen Vollstreckungsschutz gewähren, weil es an der „dinglichen Komponente", der Übertragung eines Rechts auf den Treuhänder fehle. 52 Und selbst diejenigen Autoren, die - ebenso wie in § 7 vertreten 48 Nicht ausdrücklich wird die S c h e n k u n g genannt bei M ü n c h K o m m l n s O / G a n i e r , §47 Rdn.347; Uhlenbruck, InsO, §47 R d n . 7 2 ; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, §43 K O A n m . 7 ; Gottwald, I n s o l v e n z r e c h t s - H a n d b u c h , §40 Rdn.25. 49 So ausdrücklich auch für die Schenkung M ü n c h K o r n r n Z P O / K a r i / e « Schmidt, §771 R d n . 3 9 ; nicht b e s o n d e r s g e n a n n t wird die Schenkung bei ZöllerIHerget, Z P O , §771 R d n . 14 (Stichwort „ H e r a u s g a b e a n s p r u c h " ) ; Stein/Jonas/Münzfrerg, Z P O , §771 R d n . 38; R o s e n b e r g / Gat///Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 7 (S.679f.); Gottwald, InsolvenzrechtsH a n d b u c h , §40 R d n . 2 5 . 50

Siehe o b e n S. 319 f. Z u r Seltenheit formgültiger Schenkungsversprechen vgl. auch Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S.49 (dort im Z u s a m m e n h a n g mit der Drittschadensliquidation). 52 Siehe die Darstellung der R e c h t s p r e c h u n g oben S. 61 ff. und dazu die kritische Stellungn a h m e S. 78 ff. sowie S. 278 ff. 51

§9 Bewährung der Gefahrtragungsthese

im

Vollslreckimgsrechl

339

- einen Vollstreckungsschutz in Fällen des Treuguterwerbs von Dritten im Wege mittelbarer Stellvertretung (Erwerbstreuhand) befürworten, haben Zweifel, ob auch bei der Vereinbarungstreuhand derselbe Schutz anzuerkennen sei.53 Die Frage ist folgende: Vereinbart eine Person, die ein Recht bislang zum eigenen Nutzen innehatte, mit einer anderen Person, dass sie dieses Recht ab sofort nur noch als Treuhänder für diese andere Person hält, hat der begünstigte „Treugeber" sodann in der Insolvenz des „Treuhänders" ein Aussonderungsrecht oder bei Pfändungen die Drittwiderspruchsklage? Nach Ansicht von Hugo Emmerich handelt es sich hier nur um eine Verzögerung der Eigentumsübertragung. Der „Treugeber" könne allein den obligatorischen Verschaffungsanspruch geltend machen. 54 Diese Einschätzung ist auf der Basis der Gefahrtragungsthese unrichtig, wenn tatsächlich ein Wechsel der Gefahrtragung stattgefunden hat: Trägt nicht mehr der Schuldner des obligatorischen Anspruchs, also der das Recht innehabende „Treuhänder", die Gefahr für das Treugut, sondern der durch die Vereinbarungstreuhand begünstigte „Treugeber", liegt ein Herausgabeanspruch vor. Hierfür ist maßgeblich, wessen Vermögenssphäre durch einen zufälligen Untergang des „Treuguts" betroffen ist: Oftmals werden der Vereinbarungstreuhand Schenkungsfälle zugrunde liegen. So hatte in einem Fall, der dem B G H vorlag, ein Vater mit seiner Tochter vereinbart, dass diese im Wege vorweggenommener Erbfolge im Innenverhältnis in die Gesellschafterstellung des Vaters in einer O H G eintritt. 55 Denkbar wäre aber auch, dass Eltern mit ihren Kindern vereinbaren, ab sofort eine wertvolle Sache, etwa ein Kunstwerk, eine Antiquität oder ein Grundstück, nur noch treuhänderisch für die Kinder zu halten. Der B G H hat in dem Gesellschaftsfall ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Vater um ein „echtes Treuhandverhältnis" handelt, weil es für die von ihm zu entscheidende Frage darauf nicht ankam. 56 Im Vollstreckungsrecht hätte nach dem Unmittelbarkeitsprinzip wie auch der neuen „Zwei-Komponenten-Theorie" ein solches „echtes Treuhandverhältnis" im Sinne der Rechtsprechung abgelehnt werden müssen, weil es an einer (unmittelbaren) Übertragung von der „Treugeberin", der Tochter, auf den „Treuhänder", den Vater, fehlte. Eine in der Vollstreckung wirksame Treuhand an eigener Sache kann nach der Rechtsprechung nie entstehen. Stellt man hingegen allein auf ein Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung, nicht aber auf den Weg ab, den das Treugut zum Treuhän53

Siehe oben S. 73. Emmerich, Sanierung I, S. 161; dazu Radke, Unmittelbarkeitsproblem, S.40; Scharrenberg, Rechte, S. 78. 55 B G H , 4.11. 1976, WM 1977,525,526. 56 B G H , 4.11. 1976, WM 1977,525,527. 54

340

Zweiler

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollstreckung

der genommen hat, ist grundsätzlich auch ein Vollstreckungsschutz des Treugebers bei der Vereinbarungstreuhand anzuerkennen. 5 7 Das Problem liegt in den Schenkungsfällen allerdings in der wirksamen Vereinbarung des Übertragungsanspruchs. Ist die Schenkung nicht notariell beurkundet (§518 Abs. 1 Satz 1 BGB), scheitert der Treugeberschutz an der Nichtigkeit des Übertragungsanspruchs (§ 125 BGB). Eine Heilung des Formmangels gemäß §518 Abs.2 B G B kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die versprochene Leistung, die Übertragung des Eigentums oder der Gesellschaftsbeteiligung, infolge des vereinbarten Treuhandverhältnisses noch nicht erfolgt ist. Der Schenker ist noch der Inhaber des Rechts. 58 Die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses zwischen Schenker und Beschenktem allein kann daher noch nicht als Vollzug der Schenkung i.S.v. §518 Abs.2 B G B angesehen werden. 5 9 Hierdurch wird allenfalls die schuldrechtliche Pflichtenstellung im Innenverhältnis gegenüber dem Schenkungsversprechen erweitert, nicht aber die versprochene Leistung bewirkt. Auch insoweit sind daher Manipulationen im Vollstreckungsrecht durch die schlichte Behauptung, es sei schenkungsweise ein Treuhandverhältnis vereinbart worden, nicht zu befürchten. Ein Schutz des angeblichen Treuhandbegünstigten würde an der fehlenden Form scheitern. 3. Abgrenzung

zu sonstigen Fällen der

Vereinbarungstreuhand

Anders stellt sich die Rechtslage allerdings dar, wenn dem Rechtserwerb des Treugebers bei der Vereinbarungstreuhand kein formbedürftiges Geschäft zugrunde liegt. Erwirbt jemand durch einfachen Kaufvertrag eine bewegliche Sache und vereinbart er mit dem Verkäufer, dass dieser die Sache ab sofort als Treuhänder des Käufers halten und verwalten soll, dann ist dem Käufer in seiner Eigenschaft als Treugeber Vollstreckungsschutz in der Insolvenz des Treuhänder-Verkäufers und gegen Pfändungen durch dessen Gläubiger zu gewähren. Es gilt nichts anderes als in den soeben dargestellten Sonderfällen des frühzeitigen Gefahrübergangs beim Kauf. 60 Mit der Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auch hier auf den Käufer über. Die erfolgte Kaufpreiszahlung für die jetzt treuhänderisch verwaltete Sache dient dabei als Indiz für diesen Wechsel der Gefahrtragung. 6 1 57 Siehe dazu schon o b e n S. 78 ff. sowie S. 278 ff.; im Ergebnis wie hier auch M ü n c h KommHGB//Cars7er? Schmidt, Vor §230 R d n . 8 0 f . , der die (verdeckte) V e r e i n b a r u n g s t r e u h a n d bei Gesellschaftsanteilen als d r i t t r e c h t s b e g r ü n d e n d a n e r k e n n t , wenn sie nachweisbar u n d wirksam ist. 58 Vgl. dazu auch Walter, Unmittelbarkeitsprinzip, S. 130. 59 Z u t r e f f e n d Armbrüster, Beteiligung, S. 123. 60 Siehe o b e n S. 330 ff. 61 Vgl. zur Indizwirkung des W e r t u m s a t z e s oben S.321 f.; d e m g e g e n ü b e r sieht Walter, U n mittelbarkeitsprinzip, S. 130 f., den W e r t u m s a t z o f f e n b a r auch bei der V e r e i n b a r u n g s t r e u h a n d als eigentlichen G r u n d f ü r die „wirtschaftliche Z u g e h ö r i g k e i t " zum Vermögen des Käufers an.

§9 Bewährung

der Gefahrtragiwgxthese

im

Vollstreckungsrecht

341

Gesteigerte Manipulationsmöglichkeiten ergeben sich auch aus dieser Anerkennung der Vereinbarungstreuhand nicht, weil Parteien, die es auf Manipulationen anlegen, in gleicher Weise auch die Vereinbarung einer Übereignung (§930 B G B ) oder A b t r e t u n g (§398 B G B ) b e h a u p t e n könnten. 6 2 Bei Grundstückskaufverträgen ist der Manipulation durch §31 l b Abs. 1 B G B vorgebeugt. D a die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstückeigentums nach Satz 1 dieser Vorschrift formbedürftig ist und die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses wiederum nicht die Voraussetzungen der Heilung nach Satz 2 erfüllt, kann ohne Einhaltung der notariellen Form kein wirksamer Anspruch auf Übereignung entstehen, der Grundlage für einen Vollstreckungsschutz des Treugeber-Käufers sein könnte. IV. L e a s i n g Von besonderem Interesse für die Gefahrtragungsthese ist der Leasingvertrag, bei dem im Ansatz zwischen dem Finanzierungs- und dem Operatingleasing zu unterscheiden ist. 63 1.

Operatingleasing

A n d e r s als beim Finanzierungsleasing trägt beim Operatingleasing der Leasinggeber das Investitionsrisiko. Eine Verpflichtung zur vollen oder ganz überwiegenden Amortisation der vom Leasinggeber getätigten Aufwendungen im Z u s a m m e n h a n g mit der Beschaffung und Finanzierung des Leasinggegebenstandes wird vom Leasingnehmer nicht ü b e r n o m m e n . Vielmehr sucht der Leasinggeber den vollständigen Rückfluss der von ihm eingesetzten Mittel dadurch zu erreichen, dass er das nicht auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Leasingnehmers zugeschnittene O b j e k t nach Beendigung des ersten Vertrags weiteren Leasingnehmern überlässt. Es handelt sich somit bei dem Operatingleasing typischerweise um einen von vornherein nur auf kurze Zeit geschlossenen oder vom Leasingnehmer kurzfristig k ü n d b a r e n Gebrauchsüberlassungsvertrag, der keine wesentlichen Besonderheiten gegenüber dem gewöhnlichen Mietvertrag i.S.v. §535 ff. B G B aufweist. 6 4

62

Siehe dazu schon o b e n S. 155 f. Vgl. zu dieser D i f f e r e n z i e r u n g z.B. Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 II 2 (S. 996); Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 R d n . 12f.; MünchKommBGB/f/ai>er.?ac/c, Leasing (nach §507), R d n . 4 . 64 So die h.M.; vgl. Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 II 2 a (S.996); Martinek, Vertragstypen, B a n d i , S.66; Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , §101 R d n . 3 2 ; MünchK o m m l n s O / G ö t t f e r , §47 R d n . 219; M ü n c h K o m m B G B / / / a 6 e r « j c / c , Leasing (nach §507), R d n . 4 m.w.N. und Hinweis auf die teilweise a b w e i c h e n d e R e c h t s p r e c h u n g des B G H , die Besonderheiten des Operatingleasings g e g e n ü b e r der Miete sieht (vgl. B G H , 28.3. 1990, B G H Z 111,84, 63

342

Zwe/ier Teil: Die Verwaltungstreuhand

2.

Finanzierungsleasing

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Einen erheblichen Unterschied gegenüber dem gewöhnlichen Mietverhältnis, insbesondere im Hinblick auf die Gefahrtragung, weist hingegen das Finanzierungsleasing auf. Wirtschaftliche Funktion und tatsächlicher Ablauf des Finanzierungsleasings sind im Grundsatz dadurch gekennzeichnet, dass der Leasinggeber eine vom Leasingnehmer getroffene Investitionsentscheidung vorfinanziert. Der Leasingnehmer wählt zunächst ein bestimmtes O b j e k t bei einem Lieferanten aus. Dieser schließt einen Kaufvertrag mit dem Leasinggeber, der das Leasinggut als Eigentümer erwirbt und es sodann d e m Leasingnehmer gegen Zahlung der Leasingraten zum Gebrauch überlässt. Dabei schuldet der Leasingnehmer dem Leasinggeber typischerweise die volle Amortisation der im Z u s a m m e n h a n g mit der A n s c h a f f u n g und Finanzierung des Leasinggegenstands getätigten Aufwendungen. Aus diesem G r u n d sieht der Leasingvertrag eine feste Grundlaufzeit vor, in der die kalkulierten Leasingraten sämtliche Kosten des Leasinggebers sowie einen entsprechenden Gewinn abdecken, gegebenenfalls in Verbindung mit einer sich nach Ablauf der Vertragslaufzeit aktualisierenden Absicherung des Restwerts des Leasinggegenstands durch den Leasingnehmer. 6 5 a) Gefahrtragung

des

Leasingnehmers

Mit der dem Finanzierungsleasing eigenen, neben die Gebrauchsüberlassungspflicht des Leasinggebers tretenden Finanzierungsfunktion, aber auch mit dem leasingtypischen Beschaffungsvorgang unvereinbar ist die mietrechtliche Vorschrift des § 536 BGB, der zufolge der Vermieter entsprechend § 326 Abs. 1 B G B die Gegenleistungsgefahr zu tragen hat und somit seinen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses verliert, wenn die Mietsache durch Zufall untergeht oder aus sonstigen, weder vom Leasingnehmer noch vom Leasinggeber zu vertretenden G r ü n d e n nicht mehr zu gebrauchen ist. Den Besonderheiten des Finanzierungsleasing trägt vielmehr die in §446 B G B enthaltene kaufrechtliche Verteilung der Gegenleistungsgefahr Rechnung, wonach die die Investitionsentscheidung treffende Vertragspartei mit Ü b e r g a b e der Sache das besagte Risiko zu tragen hat. 6 6 Deshalb wird die Sach- und Preisgefahr in der Praxis durch entsprechende Vertragsklauseln dem Leasingnehmer zugewiesen, eine Regelung, die vor d e m Hintergrund der aufgezeigten Besonderheiten des Finanzierungsleasings nicht gegen § 307 B G B (früher § 9 A G B G ) verstößt. 6 7 Da d e m Leasingnehmer zudem 94 ff. = N J W 1990,1785, 1787 f.). Die Streitfrage kann hier auf sich b e r u h e n , weil sie im vorlieg e n d e n Z u s a m m e n h a n g nicht relevant ist. 65 Vgl. nur MünchKommBGB///afcer.«ic/c, Leasing (nach §507), R d n . 1. 66 MünchKommBGB///ö/>eriac/c, Leasing (nach §507), R d n . 7 0 ; Martinek, Vertragstypen, Band I, S.68; vgl. auch Karsten Schmidt, Handelsrecht. §35 II 2 b (S.996f.). 67 B G H , 8.10. 1975, W M 1975, 1203, 1204; B G H , 30.9. 1987. N J W 1988, 198, 199f. m.w.N.;

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

343

in den üblichen V e r t r a g s w e r k e n auch die Pflicht zur I n s t a n d h a l t u n g , Instandsetzung u n d E r s a t z b e s c h a f f u n g ü b e r t r a g e n u n d er auf die gegen d e n L i e f e r a n t e n gerichteten G e w ä h r l e i s t u n g s r e c h t e verwiesen wird 6 8 , b e s c h r ä n k t sich die G e brauchsüberlassungspflicht des Leasinggebers mit erfolgter Ü b e r g a b e des Leasinggegenstandes an d e n L e a s i n g n e h m e r im G r u n d e darauf, d e n L e a s i n g n e h m e r nicht im G e b r a u c h zu stören u n d ihn bei S t ö r u n g e n D r i t t e r zu unterstützen. 6 9 b) Folgen für den Vollstreckungsschutz

des

Leasingnehmers

N u n soll hier nicht in die u m f a n g r e i c h e Diskussion e i n g e t r e t e n w e r d e n , o b d e r Finanzierungsleasingvertrag im Hinblick auf diese B e s o n d e r h e i t e n ü b e r h a u p t noch als - w e n n auch atypischer - M i e t v e r t r a g e i n g e o r d n e t w e r d e n k a n n o d e r stattdessen ein k r e d i t ä h n l i c h e r Vertragstyp vorliegt. 7 0 E n t s c h e i d e n d ist f ü r die vorliegende U n t e r s u c h u n g die Ä h n l i c h k e i t d e r G e f a h r t r a g u n g im Vergleich zu den zuvor b e h a n d e l t e n Fällen des E i g e n t u m s v o r b e h a l t e s und der Sicherungsü b e r t r a g u n g . Sofern der L e a s i n g g e b e r E i g e n t ü m e r des Leasinggutes ist, während d e r L e a s i n g n e h m e r die Sach- und Preisgefahr trägt, k o m m t es auch beim Finanzierungsleasing typischerweise zu e i n e m A u s e i n a n d e r f a l l e n von Rechtst r ä g e r s c h a f t u n d G e f a h r t r a g u n g . In d e r K o n s e q u e n z d e r G e f a h r t r a g u n g s t h e s e ist der L e a s i n g g e b e r d a h e r als T r e u h ä n d e r , d e r L e a s i n g n e h m e r als T r e u g e b e r im Hinblick auf d a s Leasinggut a n z u s e h e n , soweit l e t z t e r e m ein schuldrechtlicher A n s p r u c h auf Ü b e r t r a g u n g des Leasinggutes zusteht. Ist d e m L e a s i n g n e h m e r

B G H , 8.10. 2003, N J W 2004, 1041 = W M 2004, 1179; Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d buch, §101 R d n . 7 0 ; E r m a n U e n d r e k , BGB, A n h . §535 R d n . 2 3 ; P a l a n d t / f t / i z o , BGB, Einf v §535 R d n . 59; MünchKnmmBGBI Habersack, Leasing (nach §507), R d n . 7 0 m.w.N.; Tiedtke/ Müllmann, D B 2004, 915, 916 m.w.N.; von einem a n d e r e n rechtlichen Ausgangspunkt ausgehend auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1755; a n d e r e s gilt beim Operatingleasing, bei d e m die Ü b e r w ä l z u n g der Sach- und Preisgefahr auf den L e a s i n g n e h m e r gegen die „wesentlichen G r u n d g e d a n k e n " des Mietrechts verstoßen w ü r d e (vgl. Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 35 II in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 R d n . 33). 2 a [S. 996]; Martinek/Oechsler, 68 Z u r Zulässigkeit dieser leasingtypischen „ A b t r e t u n g s k o n s t r u k t i o n " siehe grundlegend B G H , 23.2. 1 9 7 7 , B G H Z 6 8 , 118, 123 ff. = N J W 1977,848; seither ständige Rspr.; siehe die weiteren Nachweise bei Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 II 2 b (S. 997); vgl. auch Martinek/ Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 Rdn. 77 ff., nach d e r e n Ansicht die A n e r k e n n u n g der Drittverweisungsklauseln nicht als „ G n a d e n a k t " der R e c h t s p r e c h u n g im Ausnahmefall, sondern als A n e r k e n n u n g einer schlichten Funktionsnotwendigkeit beim Finanzierungsleasing zu verstehen ist ( R d n . 79). Die Zulässigkeit der A b t r e t u n g s k o n s t r u k t i o n ist auch durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht in Frage gestellt (vgl. M ü n c h K o m m B G B / / / a i > e r sack, Leasing (nach §507), R d n . 2 und 80ff. m.w.N.). m

MünchKommBGB///a£>e/-.rac/c, Leasing (nach §507), R d n . 7 0 , 76 (zur Instandhaltung, Instandsetzung und E r s a t z b e s c h a f f u n g ) und 79 ff. (zur Gewährleistung). 70 Vgl. zur Diskussion um die R e c h t s n a t u r des Finanzierungsleasings eingehend Martinek, Vertragstypen, B a n d l , S.64ff.; vgl. auch MünchKommBGB///a£>er.sac£, Leasing (nach §507), R d n . 2 3 f f . ; Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , §101 R d n . 2 4 f f . ; ferner Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 II 2 b (S. 997), jeweils mit zahlreichen w.N.

344

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollstreckung

daher im Leasingvertrag ein Anspruch auf Ü b e r n a h m e des Leasinggutes eingeräumt, wäre ihm aufgrund seines „wirtschaftlichen Eigentums" in der Insolvenz des Leasinggebers Schutz zu gewähren. 7 ' Gleiches müsste bei einer - in der Praxis allerdings seltenen 7 2 - Einzelzwangsvollstreckung durch dessen Gläubiger gelten. Die h.M. geht demgegenüber von einem vollen, nicht nur einem treuhänderisch gehaltenen Eigentum des Leasinggebers aus. 71 Wie beim einfachen Eigentumsvorbehalt betrifft diese Einordnung allerdings wieder vorrangig die umgekehrte Frage nach den Rechten des Leasinggebers in der Insolvenz des Leasingnehmers sowie bei Einzelzwangsvollstreckungen durch dessen Gläubiger. Nach herrschender Ansicht hat der Leasinggeber in der Insolvenz des Leasingnehmers nicht nur - wie ein Sicherungseigentümer - ein Absonderungsrecht (§§50, 51 Ziff. 1 InsO), sondern ein Aussonderungsrecht (§47 InsO). 7 4 Dieses setzt allerdings eine wirksame Kündigung voraus, deren Ausübung durch den Leasingn e h m e r nach dem A n t r a g auf E r ö f f n u n g des Insolvenzverfahrens durch §112 InsO beschränkt wird. 75 Bei Einzelzwangsvollstreckungen steht d e m Leasinggeber aufgrund seines Eigentums die Drittwiderspruchsklage zu. 76 Nicht anders als für den Eigentumsvorbehalt 7 7 soll die Richtigkeit dieser h.M. auch für das Finanzierungsleasing nicht weiter überprüft werden. D e n n es geht insoweit nicht um die in dieser Arbeit untersuchte Frage, ob und in welchen Fällen auch schuldrechtliche Ansprüche Vollstreckungsschutz genießen. Diese Frage kann nur auf Seiten des Leasingnehmers relevant werden, da dieser - im Gegensatz zum Leasinggeber - keine dingliche Position am Leasinggut hat, auf die er den Vollstreckungsschutz stützen könnte. Hinsichtlich der Einzelzwangsvollstreckung in das Leasinggut durch Gläubiger des Leasinggebers wird allgemein auf die geringe praktische Bedeutung hingewiesen. Da sich das G u t im Gewahrsam des Leasingnehmers befindet, wäre 71 Bei diesem Hinweis auf das „wirtschaftliche E i g e n t u m " geht es allein u m die vollstreckungsrechtliche, nicht hingegen um die steuerrechtliche Beurteilung der Vermögenszugehörigkeit des Leasinggutes. 72 Vgl. M ü n c h K o m m Z P O / K a r . v / t n Schmidt. §771 R d n . 3 1 . und dazu sogleich bei Fußn.78. 73 Vgl. nur B G H , 27.2. 1985, B G H Z 94,44,49 = N J W 1985, 1535; M ü n c h K o m m B G B / / / a 6 e / - sack, Leasing (nach §507), R d n . 1. 74 Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 Rdn. 137 m.w.N.; M ü n c h K o m m l n s O / Ganter, §47 R d n . 2 2 3 f f . m.w.N. in F u ß n . 4 0 7 und 413; Uhlenbruck/S/oz, InsO, § 108 Rdn.91; Canaris, Bankvertragsrecht, R d n . 1782; Michalski/Ruess, N Z I 2000, 250, 252; a. A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rdn. 11.11, der sich für eine (teilweise) haftungsrechtliche Z u o r d n u n g des Leasingguts zur Insolvenzmasse ausspricht, e n t w e d e r in H ö h e der Teilamortisation als Teilleistung, o d e r insgesamt mit A b s o n d e r u n g s b e r e c h t i g u n g des Leasinggebers. 75

Vgl. dazu U h l e n b r u c k / S m z , InsO, § 108 R d n . 51 f. Münch KomniZPO/'/Carvic'« Schmidt, §771 R d n . 30; Stein/Jonas/Aiwizfterg, Z P O , §771 R d n . 4 1 spricht von allg.M.; MünchKommBGB///ai>i'r.sac'/i, Leasing (nach §507), R d n . 130; Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h . §101 Rdn. 136 m.w.N.; Michalski/Ruess, NZI 2000, 250, 252. 77 Siehe o b e n S. 335 f. 76

§9 BewUhrung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

345

eine Pfändung nur möglich, wenn der Leasingnehmer gemäß § 809 Z P O zur Herausgabe bereit ist. 78 Daran wird es wegen seines Interesses am Einsatz des Leasingguts als Produktionsmittel jedoch regelmäßig fehlen. 7 9 Eine unter Verletzung des § 809 Z P O erfolgende Pfändung kann im Wege der Erinnerung gemäß §766 Z P O gerügt werden. 8 0 Soweit im Hinblick auf diese Sachlage überhaupt noch auf einen Vollstreckungsschutz des Leasingnehmers gemäß § 771 Z P O eingegangen wird, findet sich einerseits der Hinweis auf das Recht zum Besitz, das zur Drittwiderspruchsklage berechtige 8 1 , andererseits aber auch eine Ablehnung des die Veräußerung hindernden Rechts. 82 Die Gefahrtragungsthese unterstützt die erstgenannte Ansicht, allerdings mit einer anderen Begründung: Grundlage der Drittwiderspruchsklage des Leasingnehmers ist das zwischen ihm und dem Leasinggeber aufgrund der Gefahrtragungsregelung bestehende Treuhandverhältnis. Deutlich problematischer ist die Rechtslage bei einer Insolvenz des Leasinggebers. Nach dem bis 1998 geltenden Konkursrecht ging die h.M. im Hinblick auf den von ihr a n g e n o m m e n e n mietähnlichen Charakter des Leasingvertrags von einer Anwendbarkeit des §21 K O aus. D e r Leasingvertrag war danach der Konkursmasse gegenüber wirksam, die Position des Leasingnehmers also während der Grundmietzeit konkursfest. 8 3 Von der Gebrauchsüberlassung getrennt wurde jedoch das Optionsrecht bei Leasingverträgen mit Kaufoption. 8 4 Hier sollte § 17 K O zur A n w e n d u n g k o m m e n , weil die Kaufoption auf die Ä n d e r u n g der sachenrechtlichen Z u o r d n u n g des Leasinggutes gerichtet sei. Nach Ansicht des B G H 8 5 ergab sich daraus die Versagung eines Schutzes für den Leasingnehmer. Es sei zwar nicht zu verkennen, dass die Leasingraten, die der Leasingnehmer während der Grundmietzeit leistet, je nach Vertragsgestaltung bereits zur Vollamortisation des Leasinggutes beim Leasinggeber führen können und der Leasingnehmer dann im Hinblick auf die einkalkulierte günstige Kaufoption gewisse Vorleistungen erbracht haben sollte. Dies rechtfertige es jedoch nicht, auf das Kaufoptionsrecht §21 Abs. 1 K O anzuwenden, weil kein vernünftiger 78 Vgl. MünchKommBGB//y«i>er.vflcA:, Leasing (nach §507), R d n . 132; Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 R d n . 139; Martinek, Vertragstypen, B a n d i , S.217. 79 Vgl. Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 R d n . 139; Martinek, Vertragstypen, Band I, S.217 jeweils m.w.N. und d e m Hinweis, dass die bewegliche Sache damit im Ergebnis der Zwangsvollstreckung zumindest w ä h r e n d der G r u n d l a u f z e i t entzogen ist. 8,1 M ü n c h K o r n r n Z P O / Z C a ^ e « Schmidt, §771 R d n . 3 1 ; S t e i n / J o n a s / M ü n z b e r g , Z P O , §771 R d n . 4 2 ; MünchKommBGB///abe/-.sac&, Leasing (nach §507), R d n . 132; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1780. 81 Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1780; Stein/Jonas/Mu/izòerg, Z P O , §771 R d n . 4 2 m.w.N. 82 M ü n c h K o m m Z P O / / C a m e / j Schmidt, §771 R d n . 3 1 m.w.N. 83 B G H , 14.12. 1989, B G H Z 109, 368, 375 = N J W 1990, 1113, 1115 = Z I P 1990, 180, 183; Kuhn/Vhlenbruck, KO, § 19 R d n . 36; Martinek, Vertragstypen, B a n d I, S. 218. 84 Vgl. dazu Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 19 R d n . 37. 85 B G H , 14.12. 1989, B G H Z 109,368,375 = N J W 1990, 1113, 1115 = Z I P 1990,180, 183.

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Teil: Die Verwallungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

G r u n d ersichtlich sei, den Leasingnehmer im Konkurs seines Vertragspartners besser zu stellen als den Käufer, der bei einem noch nicht erfüllten Kaufvertrag ganz oder teilweise vorgeleistet hat. In der Literatur wurde d e m g e g e n ü b e r z.T. auf das Anwartschaftsrecht des Leasingnehmers hingewiesen, das sich aus einer bedingten Vorausübereignung ergebe. Denn diesem Anwartschaftsrecht sprach eine verbreitete Lehre - wie oben zum Eigentumsvorbehalt bereits ausgeführt 8 6 - die Konkursfestigkeit durch Ausschluss des Wahlrechtes nach § 17 K O zu. 87 Ein völlig anderer Begründungsansatz fand sich bei Canaris,88 Die Konkursfestigkeit des obligatorischen Nutzungsrechts während der Grundmietzeit leitete er wegen der A b l e h n u n g der mietrechtlichen Einordnung des Leasingvertrags nicht aus §21 K O her, sondern aus einem Treuhandverhältnis. D e r Leasinggeber werde beim E r w e r b des Leasinggegenstandes ähnlich einem Einkaufskommissionär tätig, da er den Leasinggegenstand ganz oder überwiegend für f r e m d e Rechnung erwerbe. Das Eigentum des Leasinggebers sei daher bis zum Ablauf der Grundmietzeit treuhänderisch oder treuhandähnlich gebunden und der Leasingnehmer daher so lange zur Aussonderung berechtigt. Dieser Einordnung als Treuhandverhältnis wurde jedoch von anderer Seite entgegengehalten, dass das Leasinggut rechtlich und auf D a u e r dem Vermögen des Leasinggebers zuzuordnen sei. Der Leasinggeber habe sich kein Sicherungs-, sondern Volleigentum vorbehalten. 8 9 Für das neue Insolvenzrecht ist die Rechtslage nicht weniger umstritten. Z u m Teil wird recht pauschal darauf verwiesen, der Leasingvertrag bleibe bei Insolvenz des Leasinggebers analog § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO (§21 Abs. 1 KO) wirksam. 90 Doch können damit auch nur die in den Anwendungsbereich dieser Norm fallen Verträge, d.h. die durch Dritte refinanzierten Leasingverträge gemeint sein. Oftmals wird in der Lehre differenziert 9 1 : Grundsätzlich sollen Leasingverträge nach neuem Recht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterliegen. Wähle der Verwalter Erfüllung, werde der Vertrag durchgeführt. Wähle er hingegen Nichterfüllung, müsse der Leasingnehmer das Leasinggut zurückgeben. 9 2 Kein Wahlrecht habe der Verwalter nur bei den drittfinanzierten Verträgen des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO sowie den unter § 108

86

Vgl. die Nachweise in F u ß n . 3 9 und d e n dortigen Text. Vgl. für das A n w a r t s c h a f t s r e c h t des L e a s i n g n e h m e r s Kuhn/Uhknbruck, KO, § 19 R d n . 37. 88 Canaris, Bankvertragsrecht, R d n . 1719 und 1786. 89 Kuhn/Uhlenbruck, KO, §43 R d n . 67 b m.w.N. 911 Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 101 R d n . 140. 91 E i n g e h e n d M ü n c h K o m m l n s O / G a n / e r , §47 R d n . 2 4 4 ff.; vgl. auch Jacgerl Henckel, InsO, §47 R d n . 67; Uhlenbruck, InsO, §47 R d n . 92. 92 M ü n c h K o m m l n s O / G o n / e r , §47 R d n . 247; J a e g e r / H e n c k e l , InsO, §47 R d n . 67; vgl. auch Uhlenbruck, InsO, §47 R d n . 92, der missverständlich von „ A u s s o n d e r u n g " nach §47 I n s O spricht, obwohl es gar nicht u m eine Insolvenz des Leasingnehmers, s o n d e r n u m eine Insolvenz des Leasinggebers geht. 87

§9 Bewährung der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

347

Abs. 1 Satz 1 InsO fallenden Immobilienleasingverträgen. 9 3 Die zuvor gegen Canaris gerichtete Argumentation, für ein Aussonderungsrecht des Leasingnehmers sei im Hinblick auf das Volleigentum des Leasinggebers kein R a u m , weist Ganter insoweit zurück. Sie lasse a u ß e r Acht, dass der Leasingnehmer wenn der Leasingvertrag mangels Kündigung fortgesetzt wird - ein Recht zum Besitz habe. Dieses könne er, falls der Insolvenzverwalter es ihm streitig mache, aussondern. 9 4 Vergleicht man diese durchaus nicht einheitlichen Positionen mit der Gefahrtragungsthese, gelangt man - anders als in den Eigentumsvorbehaltsfällen - nicht immer zum selben Ergebnis. Es ist zu differenzieren: Soweit ohnehin kein Kündigungsrecht besteht, der Vertrag also auch nach der Insolvenz des Leasinggebers fortgeführt wird, ergibt sich im Grundsatz kein Bedürfnis für einen Vollstreckungsschutz des Leasingnehmers. Dies gilt auf der Basis der h.M. für Immobilienleasingverträge sowie für drittfinanzierte Verträge über Mobilien, weil die h.M. diese Verträge als „Miet- und Pachtverhältnisse" i.S.v. §108 Abs. 1 InsO (früher §21 KO) ansieht. Warum Ganter insoweit ü b e r h a u p t noch unter Berufung auf Canaris ein Aussonderungsrecht des Leasingnehmers thematisiert, erscheint wenig plausibel. Canaris selbst sah ja die Notwendigkeit, den Schutz des Leasingnehmers über ein Treuhandverhältnis zu begründen, nur deshalb, weil er beim Leasingvertrag von der U n a n w e n d b a r k e i t des §21 K O ausging. Der Fortbestand des Leasingvertrags, der ein zusätzliches Aussonderungsrecht des Leasingnehmers überflüssig macht, lässt sich nach neuem Recht allerdings noch auf ganz a n d e r e m Weg begründen als über § 108 InsO: Bereits vor dem Inkrafttreten der InsO hatte Marotzke95 vorgeschlagen, die für den Eigentumsvorbehalt geltende N o r m des § 107 Abs. 1 Satz 1 analog auf Leasingverträge anzuwenden. Da die InsO eine Sondervorschrift wie die des §21 Abs. 1 K O nur noch in Bezug auf „unbewegliche Gegenstände und R ä u m e " kenne (§ 108 Abs. 1 InsO), stehe einer analogen A n w e n d u n g des - ohnehin nur für bewegliche Sache geltenden - § 107 Abs. 1 InsO nichts entgegen. Mindestvoraussetzung der analogen A n w e n d u n g auf Leasinggeschäfte sei jedoch, dass dem Leasinggeber eine Kaufoption eingeräumt und ihm die Sache bereits vor Verfahrenseröffnung nicht nur übergeben, sondern auch bedingt übereignet worden sei. Die für eine solche Analogie erforderliche Regelungslücke wird man trotz der - dem Vorschlag von Marotzke zeitlich nachfolgenden - E i n f ü h r u n g des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO 9 6 befürworten können. Zwar findet sich nun auch für 93 MünchKommlnsO/Gan/ir, §47 Rdn.248ff. und 252; Jaeger/Henckel, InsO, §47 Rdn.67; Uhlenbruck, InsO, §47 Rdn.92. 1,4 Dazu MünchKommlnsO/Ganier, §47 Rdn.252. 95 Marotzke, J Z 1995, 803, 807. % Die „Nachbesserung" erfolgte durch Gesetz vom 19. Juli 1996 (BGBl. I S. 1013); vgl. dazu MünchKommlnsO/Gamer, §47 Rdn.248; Uhlenbruck/Smz, InsO, § 108 Rdn. 108; Bien, ZIP 1998, 1017.

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Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

bewegliche Sachen, soweit sie drittfinanziert sind, eine beschränkte Regelung im Gesetz. Daraus kann jedoch in der Frage eines Vollstreckungsschutzes des Leasingnehmers kein Umkehrschluss gezogen und ein die Analogie ausschließendes „beredtes" Schweigen des Gesetzgebers 9 7 für sonstige Leasingverträge über bewegliche Sachen hergeleitet werden. Bei der Diskussion zur E i n f ü h r u n g des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO ging es nämlich allein um den Schutz Dritter, denen die Forderungen aus dem Leasingvertrag als Sicherheit für die Finanzierung abgetreten wurden. 9 8 Ein Schutzbedürfnis für den Leasingnehmer, insbesondere die Vergleichbarkeit seiner Position mit einem Eigentumsvorbehaltskäufer, war hingegen nicht Gegenstand dieser Diskussion. Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Interessenlage zwischen dem die Sache in „ R a t e n " zahlenden Eigentumsvorbehaltskäufer und Leasingnehmer liegt deshalb eine Analogie nahe. Nach der Gefahrtragungsthese k o m m t es jedoch auf all dies gar nicht an. D e n n es ist, wie schon Canaris für die Rechtslage unter Geltung der K O richtig gesehen hat, von einem nur treuhänderischen Eigentum des Leasinggebers auszugehen, woraus sich ein Vollstreckungsschutz des Leasingnehmers für den schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung des Leasinggutes ergibt. Unzutreffend geht der B G H von einer Vergleichbarkeit des Übereignungsanspruchs des vorleistenden Leasingnehmers mit dem Übereignungsanspruch eines vorleistenden Käufers aus. D e r Unterschied besteht in der G e f a h r t r a g u n g des Leasingnehmers. Darin äußert sich das von Canaris richtig gesehene Handeln für f r e m d e Rechnung oder das „wirtschaftliche E i g e n t u m " des Leasingnehmers 9 9 , das ihn zum Begünstigten des vom Leasinggeber treuhänderisch gehaltenen Leasingguts macht. Aufgrund dieses Treuhandverhältnisses ist ein bestehender Anspruch des Leasingnehmers auf Übereignung des Leasinggutes aussonderungsfähig. Die Ergänzung des zweiten Satzes in § 108 Abs. 1 InsO steht auch der A n n a h m e eines Treuhandverhältnisses nicht entgegen, weil der Gesetzgeber damit - wie gesagt - keine bewusste Entscheidung gegen den Schutz des Leasingnehmers getroffen hat. 100 Die Gefahrtragungsthese ist damit auch für das Leasing mit der geltenden Rechtslage kompatibel 1 0 1 und führt jedenfalls dann, wenn sich die Rechtsprechung zu einer analogen A n w e n d u n g des in der K O noch nicht enthaltenen § 107 Abs. 1 Satz 1 InsO auf Leasingverträge entschließen sollte, auch im Ergeb97 Z u m E r f o r d e r n i s einer planwidrigen Gesetzeslücke, die durch ein „ b e r e d t e s " Schweigen des G e s e t z g e b e r s ausgeschlossen wird, Canaris, Feststellung, S.39f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 191; siehe auch schon oben S. 249 f. 98 Vgl. M ü n c h K o m m l n s O / G a / i / e r , §47 Rdn.248; Uhlenbruck/S/'/iz, InsO, §108 Rdn. 108; Bien, Z I P 1998, 1017. 99 Vgl. zum „wirtschaftlichen E i g e n t u m " d e n Hinweis o b e n in F u ß n . 7 1 . 100 A . A . Jaeger/Henckel, InsO, §47 R d n . 67; wohl auch Uhlenbruck, InsO, §47 R d n . 92. 101 Die eventuelle A n w e n d b a r k e i t des § 103 InsO steht d e m nicht e n t g e g e n , wenn m a n d e m o b e n in F u ß n . 2 2 a n g e f ü h r t e n G e d a n k e n folgt.

§9 Bewahrung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

349

nis zu k e i n e r E r w e i t e r u n g des V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z e s u n t e r Z u r ü c k d r ä n g u n g der par conditio creditorum.

V. Factoring A u c h b e i m F a c t o r i n g g e s c h ä f t k a n n sich die G e f a h r t r a g u n g s t h e s e

auswirken.

B e i m Factoring nimmt der Factor (ein Kreditinstitut) Forderungen seines Kunden (des K l i e n t e n ) gegen dessen Schuldner (die D e b i t o r e n ) herein, schreibt ihm d e n G e g e n w e r t abzüglich e i n e s v e r e i n b a r t e n Teils gut und zieht die F o r d e r u n g e n n a c h E i n t r i t t d e r F ä l l i g k e i t b e i m D e b i t o r e i n . 1 0 2 Z u u n t e r s c h e i d e n ist zwis c h e n d e m e c h t e n und d e m u n e c h t e n F a c t o r i n g . B e i m e c h t e n F a c t o r i n g ist das K a u f e l e m e n t b e s o n d e r s a u s g e p r ä g t . E s h a n d e l t sich r e c h t l i c h u m e i n e n F o r d e r u n g s k a u f mit g l o b a l e r V o r a u s a b t r e t u n g aller k ü n f t i g e n F o r d e r u n g e n des K l i e n t e n g e g e n s e i n e D e b i t o r e n an d e n F a c t o r u n t e r d e r a u f s c h i e b e n d e n B e d i n g u n g , dass d i e s e r d i e j e w e i l i g e F o r d e r u n g a n k a u f t . 1 0 3 D a d e r K l i e n t b e i m e c h t e n F a c t o ring n i c h t für die B o n i t ä t d e r v o m F a c t o r ü b e r n o m m e n e n F o r d e r u n g e n e i n z u s t e h e n b r a u c h t , spricht m a n n e b e n d e r F i n a n z i e r u n g s f u n k t i o n

(Bevorschussung

d e r F o r d e r u n g e n ) und d e r D i e n s t l e i s t u n g s f u n k t i o n ( B e s o r g u n g d e r F o r d e r u n g s e i n z i e h u n g und D e b i t o r e n b u c h h a l t u n g ) n o c h v o n e i n e r

Delkrederefunktion:

die B a n k n i m m t d e m K l i e n t e n das R i s i k o d e r Z a h l u n g s u n w i l l i g k e i t o d e r Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t des D e b i t o r s a b . 1 0 4 A n d e r s ist die R e c h t s l a g e b e i m u n e c h t e n Factoring, bei dem der Factor dem Kunden die Forderung zurückbelastet, wenn sie sich als u n e i n b r i n g l i c h e r w e i s t . 1 0 5 D i e F o r d e r u n g e n d e s K l i e n t e n g e g e n d i e D e b i t o r e n , d i e v o m F a c t o r b e v o r s c h u s s t w e r d e n und aus d e n e n e r b e v o r z u g t B e f r i e d i g u n g s u c h e n muss, d i e n e n i h m h i e r als K r e d i t s i c h e r h e i t . 1 0 6 N a c h d e r F o r d e r u n g s a b t r e t u n g k a n n ein A u s s o n d e r u n g s r e c h t des K l i e n t e n in d e r F a c t o r i n s o l v e n z n i c h t m e h r a u f die I n h a b e r s c h a f t an d e r F o r d e r u n g gestützt w e r d e n . O b d e m K l i e n t e n d e n n o c h V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z zu g e w ä h r e n ist, wird j e n a c h d e r A r t des F a c t o r i n g s u n t e r s c h i e d l i c h b e u r t e i l t . B e i m e c h t e n F a c t o r i n g wird d e m K l i e n t e n ein A u s - o d e r A b s o n d e r u n g s r e c h t an d e n F o r d e r u n g e n v e r w e h r t , die im Z e i t p u n k t d e r I n s o l v e n z e r ö f f n u n g e n d g ü l t i g a u f den F a c t o r ü b e r t r a g e n w a r e n . 1 0 7 D e r I n s o l v e n z v e r w a l t e r des F a c t o r s k a n n die F o r d e r u n g e n g e -

102 Vgl. Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 III 4 a (S. 1019); Martinek/Oechsler, in Bankrechts-Handbuch, § 102 Rdn. 1. 103 BGH, 19.9. 1977, B G H Z 69, 254 = NJW 1977, 2207. 104 Eingehend zu den drei Funktionen Martinek, Vertragstypen, Band I, S. 222ff.; Martinek/ Oechsler, in Bankrechts-Handbuch, § 102 Rdn. 1 ff.; vgl. auch Karsten Schmidt, Handelsrecht, 835 III 4 a (S. 1019). 105 Karsten Schmidt, Handelsrecht, §35 III 4 a (S. 1019). 106 Martinek/Oechsler, in Bankrechts-Handbuch, § 102 Rdn. 44. 107 Martinek/Oechsler, in Bankrechts-Handbuch, §102 Rdn. 145; Martinek, Vertragstypen, Bandl, S.322; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 1681; MünchKommlnsO/Ganfcr, §47 Rdn. 276.

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Teil: Die Verwallungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

gen die Debitoren geltend machen und zur Masse beitreiben. Voraussetzung ist allerdings, dass über die einzelne Forderung der Kaufvertrag abgeschlossen und der Barvorschuss geleistet wurde, weil erst damit die aufschiebende Bedingung des Abtretungsvertrags eintritt. 1 0 8 Nicht unumstritten ist die Rechtslage hingegen beim unechten Factoring. Die h.M. gewährt dem Klienten hier das Aussonderungsrecht des Treugebers an den dem Factor zur Sicherheit erfüllungshalber abgetretenen D e b i t o r e n f o r d e r u n g e n (§47 InsO), weil der Factor für Rechnung des Klienten handele. 1 0 9 D e r dadurch bewirkte Schutz des Klienten wird von einer Minderansicht als ungerechtfertigt kritisiert und eine Gleichbehandlung mit dem echten Factoring propagiert. 1 1 0 Die Gefahrtragungsthese stützt die h.M. und liefert die wertungsmäßige Basis für die unterschiedliche Behandlung von echtem und unechtem Factoring. Wie an f r ü h e r e r Stelle näher ausgeführt wurde, ist die G e f a h r des „zufälligen Untergangs" bei Forderungen mit dem Risiko einer Insolvenz des Schuldners zu identifizieren. 1 " D a sich die beiden Arten des Factorings in der Ü b e r n a h m e des Delkredererisikos voneinander unterscheiden, trägt der Factor in diesem Sinne nur beim echten Factoring die „ G e f a h r des zufälligen Untergangs der Forderung", während der Klient diese G e f a h r beim unechten Factoring trägt. Beim unechten Factoring k o m m t es daher zu einem Auseinanderfallen von Rechtsinhaberschaft des Factors und G e f a h r t r a g u n g des Klienten, aus der sich das von der h.M. mit Recht a n g e n o m m e n e Treuhandverhältnis ergibt. Der Klient kann daher beim unechten Factoring in der Insolvenz des Factors aussondern, weil dieser die Forderungen nur treuhänderisch für den „wirtschaftlich" berechtigten Klienten hält. Nichts anderes kann für den Fall der Einzelzwangsvollstreckung gelten. Sollte ein Gläubiger das Factors im Wege der Pfändung auf die Debitorenforderungen zugreifen, ist dem Klienten nur beim unechten Factoring die Drittwiderspruchsklage aufgrund des bestehenden Treuhandverhältnisses zu gewähren. 1 1 2 llls

Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , § 102 R d n . 145; Marünek, Vertragstypen, B a n d l , S.322. lm Martinek/Oechsler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , §102 R d n . 147; Marünek, Vertragstypen, B a n d l , S.323; Canaris, B a n k v e r t r a g s r e c h t , R d n . 1682; M ü n c h K o m m l n s O / G a n i e r , §47 Rdn.275; Heidland, K T S 1970. 165, 171. 110 Vgl. Lunckenbein, R e c h t s p r o b l e m e , S. 172, dessen Position allerdings nicht restlos klar wird, weil er unmittelbar zuvor „ein Aussonderungsrecht g e m ä ß §43 K O hinsichtlich lediglich treuhänderisch ü b e r t r a g e n e r F o r d e r u n g e n o d e r auch F o r d e r u n g e n , die zwar abgetreten, jedoch nicht a n g e k a u f t w u r d e n " , b e f ü r w o r t e t (S. 171); auf diese Unklarheit hinweisend auch Martinek, Vertragstypen, B a n d l , S.323 in F u ß n . 8 2 , und Martinek/Oechsler, in BankrechtsH a n d b u c h , §102 R d n . 147 in F u ß n . 1, die allerdings in F u ß n . 8 3 bzw. F u ß n . 2 auch Heidland, KTS 1970, 165, 172, f ü r diese Minderansicht zitieren. Dies scheint nicht zutreffend, da Heidland das Aussonderungsrecht n u r f ü r „ a n g e k a u f t e F o r d e r u n g e n " ablehnt, mithin wohl das echte Factoring meint. 111 112

Siehe oben S. 301 ff. Bei MünchKommZPO/Ä'ar.sfen Schmidt,

§771 Rdn. 32, wird n u r der u m g e k e h r t e Fall ei-

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

VI.

im

Vollstreckungsrecht

351

Darlehen

Die Gefahrtragungsthese liefert auch die Begründung für den wohl unstreitig fehlenden Vollstreckungsschutz bei Darlehensverträgen. Canaris untersucht in seiner A b h a n d l u n g über die „Verdinglichung obligatorischer Rechte" 1 1 3 u.a. auch den Unterschied zwischen den Treuhand- und Kommissionsfällen und d e m D a r l e h e n . " 4 E r referiert dabei zunächst die gängige Erklärung für die dem Kommittenten in §392 Abs. 2 H G B gewährte Schutzstellung, die sich auf die „wirtschaftliche" Zugehörigkeit zum Vermögen des Kommittenten stützt. Es gelte stattdessen zu einer spezifisch rechtlichen Sicht vorzudringen und dabei insbesondere zu klären, worin der Unterschied gegenüber anderen obligatorischen Positionen besteht, die nicht vollstreckungs- und konkursbeständig sind. Warum - so fragt Canaris - sage man nicht auch beim Darlehen, dessen Valuta noch unterscheidbar vorhanden ist, es gehöre „wirtschaftlich" gesehen nicht zum Vermögen des Schuldners, obwohl dieser es doch zweifellos ebenso wenig endgültig behalten dürfen solle wie der Kommissionär die Forderung aus der Kommissionsausführung oder der Treuhänder das Treugut? Die Antwort kann nach Ansicht von Canaris nur darin liegen, dass der Kommissionär und der Treuhänder für f r e m d e Rechnung handeln. Dieses Kriterium habe nicht nur den Vorzug, dass es spezifisch rechtlicher Art sei, sondern es ermögliche zugleich auch, wesentlich genauer anzugeben, inwiefern „wirtschaftlich" gesehen der betreffende Gegenstand nicht zum Vermögen des Schuldners gehört: wegen des Handelns für f r e m d e Rechnung lägen sowohl die Chancen als auch die Risiken bei einem f r e m d e n Vermögensträger, und man könne daher in der Tat in ganz anderer Weise als bezüglich der Darlehensvaluta sagen, der Gegenstand „gehöre" zu dem f r e m d e n Vermögen. Diese Überlegungen entsprechen exakt der in §8 herausgearbeiteten Differenzierung zwischen solchen schuldrechtlichen Ansprüchen, die Vollstreckungsschutz genießen (Herausgabeansprüche) und solchen, denen ein solcher Schutz nicht zuteil wird (Verschaffungsansprüche)." 5 Die von Canaris mit Recht hervorgehobene „Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g " k o m m t in der G e f a h r t r a g u n g des Gläubigers zum Ausdruck und exakt darin liegt der Unterschied zwischen den schuldrechtlichen Herausgabeansprüchen des Kommittenten oder Treugebers einerseits und dem Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta (§488 Satz 2 B G B ) oder d e m Anspruch auf Rückerstattung von Sachen gleicher Art, G ü t e und Menge beim Sachdarlehen (§607 Abs. 1 Satz 2

ner P f ä n d u n g aus einem gegen den Klienten gerichteten Titel diskutiert. Insoweit ist die Rechtslage bei beiden A r t e n des Factorings gleich, weil d e m Factor a u f g r u n d seiner Forderungsinhaberschaft die Drittwiderspruchsklage zusteht. 113 Siehe dazu schon o b e n S. 142 ff. 114 Canaris, in FS F l u m e I, S.371, 406. 115 Z u dieser D i f f e r e n z i e r u n g oben S. 319 f.

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Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

B G B ) andererseits. Beim Darlehen trägt der Darlehensnehmer für sämtliche erhaltenen sowie zurückzugebenden Geldbeträge oder Sachen die G e f a h r des zufälligen Untergangs. D e s h a l b sind sie vollstreckungsrechtlich im R a h m e n der §§47 InsO, 771 Z P O seinem Vermögen zuzuordnen. In dieser R ü c k f ü h r u n g des Vollstreckungsschutzes auf die Rechtsträgerschaft für fremde R e c h n u n g liegt allerdings entgegen Canaris kein Gegensatz zu der von ihm angeführten herrschenden Sichtweise, die auf die „wirtschaftliche" Vermögenszugehörigkeit abstellt. D e n n bei dem Hinweis auf das „wirtschaftliche" Eigentum oder die „wirtschaftliche" Vermögenszugehörigkeit handelt sich letztlich nur um eine bildhafte Kurzformel für eine durchaus rechtliche, nämlich funktionell-teleologische Betrachtungsweise." 6 VII.

Vermächtnis

Wie bereits bei der Vorstellung der A r b e i t s h y p o t h e s e n " 7 angedeutet, hat das hier vertretene Verständnis der Treuhand Auswirkungen auf die Beurteilung der vollstreckungsrechtlichen Stellung des Bedachten beim Vermächtnis: Das Vermächtnis ist eine der typischen Fallgruppen, bei denen Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g auseinander fallen und die deshalb im R a h m e n der Drittschadensliquidation unter d e m Stichwort „obligatorische G e f a h r e n t l a s t u n g " behandelt w e r d e n . " 8 G e m ä ß §2174 B G B wird durch das Vermächtnis für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern. Das B G B wandte sich mit dieser Einführung eines nur schuldrechtlichen Anspruchs des Bedachten gegen den E r b e n auf Ü b e r t r a g u n g des vermachten Gegenstandes bewusst von den zuvor geltenden G r u n d s ä t z e n sowohl des römisch-gemeinen wie des Preußischen Allgemeinen Landrechts, wie auch des Code Civil ab, die jeweils das dingliche Vermächtnis (Vindikationslegat) a n e r k a n n t e n . " 9 D a d u r c h kam es zu einer Aufspaltung von Rechtsinhaberschaft und Gefahrtragung: Der E r b e wird gemäß § 1922 B G B Rechtsinhaber des vermachten Gegenstandes. Er trägt aber nicht die G e f a h r des zufälligen Untergangs. G e h t nämlich der vermachte Gegenstand noch vor der Übertragung auf den Bedachten durch Zufall beim E r b e n unter, erlischt der schuldrechtliche Anspruch aus §2174 B G B gemäß §275 Abs. 1 BGB. 1 2 0 D a der E r b e allenfalls zur Herausgabe des erlangten Ersatzes (§285 B G B ) verpflichtet ist, eine darüber hinausgehende Ver116

Vgl. oben S.272 und S. 290ff., insbes. S. 305 ff. Dazu oben S. 115 ff. 118 Siehe o b e n S. 116 mit Nachweisen in Fußn.327. m Vgl. dazu S t a u d i n g e r / ß o e / i m e r , B G B , 11. Aufl., § 1922 Rdn.240. 120 Z u r G e f a h r t r a g u n g des B e d a c h t e n / V e r m ä c h t n i s n e h m e r s vgl. B G H , 10.7. 1963, B G H Z 4 0 , 9 1 , 1 0 1 = N J W 1963,2071,2074; Selb, NJ W 1964,1765,1767; Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S. 38. 117

§9 Bewährung

der Cefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

353

pflichtung zum Schadensersatz (§§280, 283 B G B ) jedoch Verschulden voraussetzt 121 , wird die Vermögenssphäre des Erben durch den zufälligen Untergang nicht berührt. Der Vermögensverlust tritt vielmehr im Vermögen des Bedachten ein. Dieser verliert bei zufälligem Untergang des vermachten Gegenstandes seinen Anspruch aus §2174 B G B - von den Fällen des §285 B G B abgesehen ersatzlos.122 Der zufällige Untergang trifft ihn in gleicher Weise wie es auch nach erfolgter Übertragung der Fall gewesen wäre (casum sentit dominus). 1 2 3 Die h.M., die ganz allgemein eine Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) sowie ein Aussonderungsrecht (§47 InsO) bei schuldrechtlichen Verschaffungsansprüchen ablehnt, versagt auch beim Vermächtnis dem Bedachten den Vollstreckungsschutz. 124 Allerdings finden sich auch vereinzelte Ansätze, die entweder de lege ferenda oder bereits de lege lata einen Schutz des Bedachten im Sinn hatten oder haben. 1. Verhandlungen

der 2.

BGB-Kommission

Anknüpfungspunkt aller Ansätze ist die fehlende dingliche Rechtsposition des Bedachten, die sich als Folge der Ablehnung des Vindikationslegats ergab. Bereits während der Verhandlungen der 2. BGB-Kommission ist die Frage des (fehlenden) Vollstreckungsschutzes des Bedachten sowie das Parallelproblem treuwidriger Verfügungen durch den Erben diskutiert worden: 125 Bei dem Streit um das Vindikationslegat stand ein grundlegender Interessenkonflikt zwischen dem Bedachten und den Nachlassgläubigern in Rede. 126 Für die Nachlassgläubiger ist das dingliche Vermächtnis insoweit gefährlich, als sie bei sofortigem Anfall des Eigentums an den Bedachten, der seinerseits nicht für die Nachlassverbindlichkeiten haftet, das Nachsehen haben, wenn der Nachlass zu ihrer Befriedigung nicht ausreicht. Man hat sich deshalb sowohl in den früheren Rechten, die das Vindikationslegat anerkannten, als auch in den der 2. BGB-Kommission unterbreiteten Änderungsvorschlägen zur Wiederherstel121

Dazu M ü n c h K o m m B C B / S i / i / i i t o / n g . 52174 Rdn. 11. Vgl. dazu auch Budenbender, Vorteilsausgleichung, S. 64; ders., J Z 1995,920,921 und 925; ders., N J W 2000, 986, 987, der allerdings die Ansicht vertritt, der E r b e erleide als G e s a m t rechtsnachfolger des Erblassers (§ 1922 B G B ) einen eigenen Schaden wegen „sozialer Zweckv e r f e h l u n g " (a.a.O., S. 88ff. bzw. J Z 1995, 920, 927; N J W 2000, 986, 991). 123 Vgl. zu der parallelen Rechtslage bei der S c h e n k u n g o b e n S.337f. 124 So ausdrücklich J a e g e r / H e n c k e l , KO, § 3 R d n . 107; Rosenberg/Ga«//Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 7 (S.679f.); S t e i n / J o n a s I M ü n z b e r g , Z P O , §771 R d n . 3 8 ; StaudingerlOtte, B G B , §2174 R d n . 6 (wo allerdings in R d n . 8 de lege f e r e n d a eine d e m §392 A b s . 2 H G B e n t s p r e c h e n d e Regelung g e f o r d e r t wird; vgl. dazu unten S.357 bei Fußn. 151); nicht ausdrücklich genannt wird das Vermächtnis u n t e r den Verschaffungsansprüchen bei MünchKommZPOl Karsten Schmidt, §771 R d n . 3 9 ; MünchKommlnsO/GimiiT-, §47 R d n . 3 4 7 ; Uhlenbruch, InsO, §47 Rdn. 75 f.; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, §43 K O A n m . 7 . 122

125 126

B G B - P r o t o k o l l e , B a n d V , S. 200 ff. D a z u instruktiv Staudinger/ßoe/iniiT, BGB, 11. Aufl., § 1922 R d n . 241 f.

354

Zweiter Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz und

Einzelzwangsvollstreckung

lung des Vindikationslegats bemüht, diese G e f a h r e n auszuschalten. 1 2 7 Die dafür vorgeschlagenen Regelungen waren allerdings äußerst kompliziert: Da der Gegenstand dem Bedachten dinglich zufallen sollte, wurde für den Fall der Insuffizienz des Nachlasses die E i n f ü h r u n g eines Verfügungsrecht des E r b e n über die ihm nicht gehörenden Gegenstände ebenso vorgeschlagen wie eine Bestimmung, die bei einem Nachlasskonkurs die Unwirksamkeit der Vermächtnisverfügung gegenüber den Konkursgläubigern anordnete. 1 2 8 Das vom B G B eingeführte schuldrechtliche Vermächtnis bringt auf der anderen Seite für den Bedachten die G e f a h r mit sich, dass der E r b e die vermachten Gegenstände veräußert, mit ihnen seine Eigenschulden bezahlt, dass Erbengläubiger die Vermächtnisgegenstände pfänden oder der Insolvenzverwalter des E r b e n sie an sich zieht, bevor sie dem Bedachten übertragen sind. 129 Die genannten Änderungsvorschläge zur Wiederherstellung des Vindikationslegats stellten daher ganz maßgeblich auf diese dem Bedachten d r o h e n d e n G e f a h r e n ab. 130 D e n n o c h lehnte die Mehrheit der 2. BGB-Kommission mit 10 gegen 8 Stimmen die entsprechenden Änderungsanträge ab. Es bestand zwar im Grundsatz Einigkeit, dass bei alleiniger Berücksichtigung der Interessen des Erblassers und des Bedachten die unmittelbare dingliche Wirkung des Vermächtnisses gegenüber der nur obligatorischen den Vorzug verdienen würde. 131 Die Kommissionsmehrheit hielt das Vindikationslegat jedoch für unvereinbar mit dem Traditionsprinzip 1 3 2 und wandte sich gegen ein Eigentumsrecht des Bedachten, das wiederum durch Verfügungsrechte zugunsten der Nachlassgläubiger eingeschränkt wird. Dabei handele es sich um ein „dominium sine re". 1 3 3 D e r Schutz des Bedachten könne eventuell durch G e w ä h r u n g eines Widerspruchsrechts gegen die Zwangsvollstreckung wegen nur persönlicher Schulden des E r b e n hergestellt werden. 1 3 4 Wie schon an f r ü h e r e r Stelle dieser Arbeit angedeutet wurde, ist der Vollstreckungsschutz beim Vermächtnis nicht nur bei der Behandlung der erbrechtlichen Vorschriften, sondern auch bei jenen von der 2. BGB-Kommission abgelehnten Anträgen angesprochen worden, die sich für die A u f n a h m e einer dem §392 Abs. 2 H G B entsprechenden Regelung ins B G B eingesetzt hatten. 1 3 5 In der Begründung eines jener Anträge wurde ausgeführt, die Rechtsform des fiduziarischen Eigentums oder sonstigen fiduziarischen Rechts eigne sich zur 127 128

130 111 132 133 134 135

Vgl. Staudinger/Boehmer, BGB, 11. Aufl., § 1922 Rdn.241. Vgl. die Wiedergabe der Anträge in den BGB-Protokollen, Band V, S.202f. Vgl. Staudinger/ßoe/imez-, BGB, 11. Aufl., § 1922 Rdn.242. BGB-Protokolle, BandV, S.204ff., insbes. S.207. BGB-Protokolle, BandV, S.204. BGB-Protokolle, BandV, S.208. BGB-Protokolle, BandV, S.209f. BGB-Protokolle, BandV, S.210. Dazu oben S. 126ff., hier insbes. S. 127 vor Fußn.33.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

355

Verwertung in einer Reihe von anderen Rechtsverhältnissen, insbesondere im Bereicherungsrecht im Verhältnis zwischen Bereicherungsgläubiger und -Schuldner sowie bei Vermächtnissen im Verhältnis zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer. In letzterem Fall sei das fiduziarische Eigentum bei Ablehnung des Vindikationslegats von Wert: der E r b e erlange die vermachte Sache, soweit sie nicht zur Deckung von Erbschaftsschulden erforderlich ist, von vornherein nur „für Rechnung des Vermächtnisnehmers". 1 3 6 Soweit ersichtlich, wurde hier zum ersten Mal eine Verknüpfung zwischen der Rechtsposition des Treugebers bei der Treuhand („fiduziarisches Rechtsverhältnis") und des Bedachten beim Vermächtnis hergestellt. Zu einer gesetzlichen Regelung des Vollstreckungsschutzes für den Bedachten kam es allerdings nicht. 2. Gesetzesvorschlag des Erbrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht Vermutlich waren es jene schon bei der Schaffung des B G B angestellten Überlegungen, die sodann im Jahr 1942 den Erbrechtsausschuss der Akademie für Deutsches Recht veranlassten, zum Schutz des Bedachten beim Vermächtnis eine gesetzliche Regelung zu fordern. 1 3 7 Der Erbrechtsausschuss griff dabei die grundsätzliche Diskussion zum dinglichen (Vindikations-) und verpflichtenden (Damnations-)Vermächtnis erneut auf, sprach sich allerdings überwiegend gegen die Wiedereinführung des dinglichen Vermächtnisses aus. 138 Grund waren die schon von der 2. BGB-Kommission erkannten allgemeinen Schwierigkeiten bei Anerkennung des dinglichen Vermächtnisses. Beim Stückvermächtnis - im Gegensatz zum Geldvermächtnis - entspreche zwar die dingliche Wirkung im Regelfall dem Willen des Erblassers. Damit wäre nämlich der Bedachte gegen Verfügungen des Erben sowie gegen den Eingriff der Erbengläubiger geschützt (Hinweis auf §§771 ZPO, 43 KO). 139 Die Nachlassgläubiger dürften aber durch das dingliche Vermächtnis nicht beeinträchtigt werden. Daher müsse man beim dinglichen Vermächtnis eine Haftung des Vermächtnisnehmers für die Nachlassverbindlichkeiten einführen. Diese sei entweder als Haftung im Außenverhältnis denkbar oder als Befugnis des Erben, auch über den vermachten Gegenstand zu verfügen. Bei der ersten Lösung würden die Nachlassgläubiger beschwert, weil sie den einzelnen vermachten Gegenständen „nachzulaufen" hät136 B G B - P r o t o k o l l e , Band II, S. 362: vgl. dazu auch Asmus, G r u n d l a g e n , S.285; f e r n e r Dressler, A n w e n d u n g , S. 105, der in F u ß n . 3 zudem auf eine interessante Parallele zu einer Vorschrift im D r e s d n e r Entwurf eines Bürgerlichen G e s e t z b u c h s hinweist, die auch das Verhältnis zwischen d e m E r b e n und d e m B e d a c h t e n einbezog ( W i e d e r g a b e des Wortlauts bei Dressler, a.a.O., S.99 in F u ß n . 5 ) . 137 Vgl. F ü n f t e Denkschrift des Erbrechtsausschusses der A k a d e m i e für D e u t s c h e s Recht, S. 132 ff., insbes. S. 141 f. und S. 156. 138 Vgl. E b e n d a S. 132 ff. 139 E b e n d a S. 133 f.

356

Zweiter Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz und

Einzelzwangsvollslreckung

ten, während die zweite Lösung eine schwierige und unübersichtliche Regelung erfordere. D a der E r b e das Verfügungsrecht nur erhalten solle, wenn der Nachlass zur Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten nicht ausreicht, k ä m e es zu einer Rangfolge sämtlicher Nachlassgegenstände, die jeder Nachlassgläubiger schon bei der Einzelzwangsvollstreckung zu beachten hätte. 1 4 0 Eine H a f t u n g im Außenverhältnis habe zudem zur Folge, dass die G r e n z e zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis verschwinde. 141 W ä r e aber der Vermächtnisnehmer weitgehend ebenso wie der E r b e dem Zugriff der Nachlassgläubiger preisgegeben, bleibe als praktischer Erfolg des dinglichen Vermächtnisses nur, dass der Bedachte gegen den Zugriff der Eigengläubiger des E r b e n durch die Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) geschützt werde. D a n n aber sei es sinnvoller, auf das dingliche Vermächtnis ganz zu verzichten und die billigenswerten Schutzziele des dinglichen Vermächtnisses auf a n d e r e m Wege zu erreichen. 1 4 2 Da der Bedachte in erster Linie durch Verfügungen des E r b e n beeinträchtig sei, gegen die er nach geltendem Recht nur gemäß §826 B G B geschützt sei, erwog der Erbrechtsausschuss zunächst, dem E r b e n ein - auf A n t r a g des Bedachten vom Gericht auszusprechendes - Veräußerungsverbot zum Schutz des Vermächtnisnehmers aufzuerlegen. Im Ergebnis hielt er dann jedoch die bestehende Möglichkeit einer einstweiligen A n o r d n u n g für ausreichend. 1 4 3 Als erforderlich sah der Ausschuss jedoch eine Regelung zum Schutz gegen die Eigengläubiger des E r b e n an. In Anlehnung an §392 Abs. 2 H G B schlug der Ausschuss eine Bestimmung vor, wonach der vermachte Gegenstand im Verhältnis zwischen dem E r b e n , dem Beschwerten und ihren Eigengläubigern bereits dem Vermächtnisnehmer gehört. 1 4 4

.?. Die weitere Diskussion

de lege lata und de lege ferenda

D a r a n a n k n ü p f e n d sprach sich im Jahr 1954 vor allem Boehmer für eine „Kompromisslösung" zwischen den Extremen eines dinglichen und schuldrechtlichen Vermächtnisses aus, die einen billigen Ausgleich zwischen den entgegengesetzten Belangen der Nachlassgläubiger und des Bedachten ermögliche. 1 4 5 D e m Bedachten werde zwar nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf den Vermächtnisgegenstand gewährt, so dass der E r b e in der Lage sei, erforderlichenfalls die vermachten Gegenstände zur Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verwerten. Für den Fall aber, dass der E r b e zu anderen Zwecken über sie verfügt, insbesondere zur Bezahlung von Eigenschulden, oder dass ein Erbengläubiger die 1411 141 142 141 144 145

Ebenda S. 135 f. Ebenda S. 137 f. Ebenda S. 139, 141 f. und 154. Ebenda S. 154 f. Vgl. Ebenda S. 156. StaudingerIBoehmer, BGB, 11. Aufl., § 1922 Rdn.243.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

357

Vollstreckung in sie betreibt, müsse dem Bedachten ein dinglich wirkendes Schutzmittel gewährt werden. Den Erbengläubigern gegenüber müsse dem Vermächtnisnehmer ein Widerspruchsrecht gemäß §771 Z P O und ein Aussonderungsrecht gemäß §43 KO (heute: §47 InsO) im Erbenkonkurs gegeben werden. 146 Diese Verstärkung des Schutzes des Vermächtnisnehmers wirke umso weniger „revolutionär", als für das Innenverhältnis zwischen dem Erben und dem Bedachten schon jetzt die §§2184 und 2185 B G B den letzteren vom Erbfall an wie einen Eigentümer behandelten. 1 4 7 Einerseits stünden nach §2184 B G B die Erträgnisse des Vermächtnisses, mit Ausnahme der Gebrauchsvorteile, vom Erbfall an dem Bedachten zu, andererseits habe dieser nach §2185 B G B dem Erben Verwendungen auf die Vermächtnisgegenstände vom Erbfall an so zu ersetzen, als ob er Eigentümer wäre. 148 Es sei dann nur folgerichtig, diese über den normalen Inhalt eines schuldrechtlichen Anspruchs hinausgehende Sonderstellung auch auf das Außenverhältnis zu Dritten, insbesondere zu den Erbengläubigern auszudehnen. 1 4 9 Während Boehmer den Vollstreckungsschutz des Bedachten gegenüber den Erbengläubigern damit offenbar schon de lege lata gewähren wollte 150 , haben sich andere Autoren nur de lege ferenda für die Übernahme einer dem §392 Abs. 2 H G B entsprechenden Regelung ins Vermächtnisrecht ausgesprochen. 151 4. Würdigung auf der Basis der

Gefahrtragungsthese

Nach der Gefahrtragungsthese ist sowohl die in den Verhandlungen der 2. BGB-Kommission geltend gemachte Nähe des Vermächtnisses zu den fiduziarischen Rechtsverhältnissen als auch die Anknüpfung des Vollstreckungsschutzes des Bedachten an § 392 Abs. 2 H G B zutreffend. Der im Treuhandrecht aus Billigkeitsgründen gewährte Vollstreckungsschutz des Treugebers beruht nämlich entgegen einem verbreiteten Missverständnis auf demselben rechtlichen Gedanken wie die in §392 Abs.2 H G B enthaltene Regelung. 152 Bereits de 146 S t a u d i n g e r I B o e h m e r , B G B , 11. Aufl., § 1922 R d n . 2 4 3 unter Hinweis auf die in Fußn. 137 g e n a n n t e Denkschrift. 147 Staudinger/ßoe/imer, B G B , 11. Aufl., § 1922 R d n . 2 4 3 (letzter Absatz). 148 Vgl. dazu auch Böhm, Auslegung, S. 58: „ H i e r a u s ergibt sich, dass im Verhältnis vom Bed a c h t e n zum Beschwerten der v e r m a c h t e G e g e n s t a n d als d e m B e d a c h t e n gehörig b e h a n d e l t wird." 149 S t a u d i n g e r / B o e h m e r , B G B , 11. Aufl., § 1922 R d n . 2 4 3 (letzter Absatz). 150 Die A u s f ü h r u n g e n von Boehmer sind in dieser Hinsicht nicht ganz eindeutig. 151 So deutlich Staudinger/Om?, BGB, §2174 R d n . 8 ; wohl ebenfalls nur de lege f e r e n d a Lange, E r b r e c h t , §27 II 1. (S.259), ü b e r n o m m e n bei Lange/Kuchinke, E r b r e c h t , §29 II (S.623), die sich allerdings widersprüchlich für einen Schutz in A n l e h n u n g an §392 A b s . 2 H G B aussprechen (in Fußn. 11 [Lange] bzw. 38 [Lange/Kuchinke]), die d a r a u s folgende Zubilligung der Drittwiderspruchsklage durch Staudinger/ßoe/inje/-, BGB, 11. Aufl., § 1922 R d n . 2 4 3 allerdings für „zu w e i t g e h e n d " ansehen (in F u ß n . 10 [Lange] bzw. 37 [Lange/Kuchinke]). 152

D a z u oben §§7 und 8 (S. 189ff., insbes. S.298ff. mit Z u s a m m e n f a s s u n g S.324f.).

358

Zweiter Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

lege lata ist deshalb dem Bedachten sowohl bei Einzelzwangsvollstreckungsm a ß n a h m e n von Eigengläubigern des E r b e n als auch in der Erbeninsolvenz gem ä ß §§771 Z P O , 47 InsO Schutz zu gewähren. O b man diesen Vollstreckungsschutz mit einer Analogie zu § 392 Abs. 2 H G B begründet oder ihn im Wege einer funktionell-teleologischen Auslegung unmittelbar den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften entnimmt, ist gleichgültig. 153 Die fehlende gesetzliche Regelung im Vermächtnisrecht steht einer solchen Schutzgewährung de lege lata nicht entgegen. Zwar ist die 2. BGB-Kommission jenen Änderungsanträgen nicht gefolgt, die eine dem § 392 Abs. 2 H G B entsprechende Regelung im B G B zu etablieren suchten und dabei u.a. auf die Bedeutung beim Vermächtnis hinwiesen. Doch ist bereits an früherer Stelle näher dargelegt worden, dass diese Entscheidung der 2. BGB-Kommission ganz allgemein einer analogen A n w e n d u n g des in §392 Abs. 2 H G B enthaltenen Rechtsgedankens nicht entgegensteht. 1 5 4 Die spezifische Diskussion der 2. B G B - K o m mission zum Vermächtnis bestätigt sogar die hier vertretene Sichtweise, da die Kommissionsmehrheit ein mögliches Widerspruchsrecht des Bedachten gegen Zwangsvollstreckungen der Erbengläubiger ausdrücklich erwogen, es nur nicht kodifiziert hat. 155 Die dadurch entstandene, vom Erbrechtsausschuss der Akademie für deutsches Recht ausdrücklich erkannte Lücke kann durch analoge Heranziehung des §392 Abs. 2 H G B oder eine funktionell-teleologische Interpretation der Vollstreckungsregelungen gefüllt werden. Allerdings wird dieser Vollstreckungsschutz, der nach der Gefahrtragungsthese auf dem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g beruht, eingeschränkt, soweit die Rechte der Nachlassgläubiger in Rede stehen. Dies spricht nicht gegen die generelle Richtigkeit der Gefahrtragungsthese. Vielmehr folgt die Beschränkung allein aus den Besonderheiten des Erbrechts. Die Nachlassgläubiger, die nur noch auf eine bestimmte Vermögensmasse und nicht auf das gesamte Vermögen einer Person zugreifen können, müssen gegen eine Aushöhlung ihrer Gläubigerposition durch Vermächtnisse des Erblassers geschützt werden. Ein überschuldeter Erblasser k ö n n t e anderenfalls durch Vermächtnisse fast alle seine Vermögensgegenstände auf bestimmte Einzelpersonen übertragen und den Nachlassgläubigern nur noch eine „leere Nachlasshülle" überlassen. Die Treuhandwirkung des Vermächtnisses beschränkt sich daher auf das Verhältnis des Bedachten zu den persönlichen Gläubigern des Erben.

153 154 155

Ebenda. Siehe oben S. 248 ff. BGB-Protokolle, BandV, S.210.

§9 Bewährung der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

359

VIII. Bereicherungsrecht Die vorstehenden Ausführungen zum Vermächtnis deuten bereits an, dass auch die traditionelle Beurteilung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche im Rahmen der §§47 InsO und §771 Z P O zu überprüfen ist. 156 7. Ansätze zur Verknüpfung

von Treuhand und

Bereicherungsrecht

Wie soeben unter VII. 1. gesagt, war in der Begründung jener Anträge, die sich in der 2. BGB-Kommission für die Aufnahme einer dem §392 Abs. 2 H G B entsprechenden Regelung ins B G B ausgesprochen hatten 157 , nicht nur eine Verknüpfung zwischen Treuhand und Vermächtnis, sondern auch zwischen Treuhand und Bereicherungsrecht hergestellt worden. 1 5 8 Wörtlich heißt es in den Protokollen bei der Wiedergabe jenes Antrags: „Die Rechtsform des fiduziarischen E i g e n t u m s o d e r sonstigen fiduziarischen Rechtes eigne sich zur Verwerthung in einer Reihe von Rechtsverhältnissen. Sie passe insbesondere f ü r den Fall, d a ß J e m a n d das Eigenthum o h n e Rechtsgrund erlangt habe; das o h n e Rechtsgrund Erlangte sei von vorneherein rechtlich dazu bestimmt, durch das Vermögen des Bereicherten lediglich hindurchzugehen und in das Vermögen dessen, der es o h n e Rechtsgrund verloren habe, überzugehen. D a d u r c h lassen sich die B e d e n k e n wesentlich mindern, welche, insbesondere auf dem G e b i e t e des Grundbuchrechts, gegen den abstrakten dinglichen Vertrag e r h o b e n worden seien; werde derjenige, der o h n e Rechtsgrund E i g e n t h ü m e r geworden sei, als fiduziarischer E i g e n t h ü m e r behandelt, so werde im Ergebnis etwas Aehnliches erreicht, wie durch G e w ä h r u n g einer A n f e c h t u n g wegen Mangels des Rechtsgrundes." 1 5 9

Diese seinerzeit propagierte Anwendung der Treuhandidee im Bereicherungsrecht findet sich auch an anderer Stelle. So lautet etwa der erste Leitsatz eines Urteils des KG vom 8.9. 1927 wie folgt: „Wer eine Hypothek „versehentlich" (ohne rechtfertigenden G r u n d ) abgetreten erhalten hat, ist treuhänderischer Rechtsinhaber für den wahren Gläubiger, für den die Abtretung bestimmt war." 160 Eine Verknüpfung wurde auch in der Arbeit „Treuhand und Schiebung" von Fuchs hergestellt, der sich in den 1930er Jahren mit den damaligen Bestrebungen zur Kodifizierung eines Treuhandrechts beschäftigte. Fuchs, der der Treuhandidee insgesamt sehr ablehnend gegenüberstand, anerkannte zunächst ausdrücklich eine Treuhand bei Auftragsverhältnissen: Es gebe - so Fuchs161 - selbstverständlich den Fall, dass jemand im Interesse und Auftrag ei156

Nachweise zur h.M. sogleich in Fußn. 166. Dazu oben S. 126ff., hier insbes. S. 127 vor Fußn.33. 158 Siehe oben S.354f.; vgl. dazu auch Asmus, Grundlagen, S.283 ff.; Otten, Entwicklung, S. 204 ff. i5,) BGB-Protokolle. Band II, S.362. 160 Zitiert nach Friedmann, Gutachten. S. 892. 161 Fuchs, Treuhand, S. 17. 157

360

Zweiter Teil: Die Verwaltungstreuhanä

in Insolvenz und

Einzelzwangsvollstreckung

nes A n d e r e n fremdes (Auftraggebers) Recht sich beilege: dies sei der Fall des (uneigennützigen) Treuhänders, der „Bevollmächtigung im G e w ä n d e des Eigenrechts". Anschließend stellte er eine Verbindung zwischen Treuhand und Bereicherungsrecht her: „Die A n w e n d u n g des T r e u h a n d g e d a n k e n s auf Kondiktionsbeklagte und ähnliche Besitzer widerstrebt zwar gewissen doktrinellen Begriffsbildungen, hat aber die N a t u r der Dinge für sich. Es wäre gut, wenn diese Fragen vom legislativen Standpunkt recht vorurteilslos betrachtet würden. Es kann nicht zugegeben werden, d a ß die Einstufung unberechtigter Besitzer in die Rangklasse „ E i g e n t ü m e r " als eine wirklich gesetzgeberische Genieleistung zu bewerten wäre. D e r Kondiktionsbeklagte könnte ebenso gut als Nichteigentümer gelten." 1 6 2

Fuchs war danach offenbar der Ansicht, dass der Bereicherungsschuldner - nicht anders als der Beauftragte - wertungsmäßig nicht wie ein (Voll-)Eigentümer, sondern wie ein Treuhänder zu behandeln sei. Zumindest bei einer gesetzlichen Regelung des Treuhandverhältnisses sei diese Ähnlichkeit zu berücksichtigen. Eine Nähe zwischen Bereicherungsrecht und Treuhand kommt auch in den schon an f r ü h e r e r Stelle dieser Arbeit vorgestellten Überlegungen von Stier zur Trennung von Rechtsmacht und Vermögen zum Ausdruck. In dieser Trennung sah Stier das wesentliche Merkmal der Treuhand. 1 6 3 Sie ergebe sich auch im Bereicherungsrecht 1 6 4 : Das strenge Sachenrecht erhalte seine Korrektur durch die Grundsätze der Billigkeit, die insbesondere in den Vorschriften der §§812ff. B G B ihren Ausdruck fänden. Diese Billigkeit k o m m e zu einer anderen Lösung als es die Verteilung der Rechtsmacht verlange. Die Vermögenszugehörigkeit, die ihrem Wesen nach nicht etwas Rechtliches, sondern etwas Tatsächliches sei, finde im Bereicherungsrecht ihre Anerkennung. Da der Zweck der Privatrechtsordnung nach allgemeiner Ansicht in der Sicherung des Vermögens liege, erscheine es als etwas Selbstverständliches, dass dieses auch im Recht berücksichtigt werde, so z.B. durch die §§ 812 ff. BGB. Die Scheidung des Eigentums in Rechtsmacht und Vermögen sei folglich nicht nur eine rein begriffliche, sondern auch eine in der Rechtsordnung lebendige. Ergänzend verwies Stier auf die im englischen Trustrecht anzutreffende Unterscheidung zwischen legal estate und equity title und die A n e r k e n n u n g eines „constructive trust" in Bereicherungsfällen. 165

2. Würdigung

auf der Basis der

Gefahrtragungsthese

Bedarf vor dem Hintergrund dieser Überlegungen die h.M. einer Korrektur, nach deren Ansicht der schuldrechtliche Anspruch aus §§812 ff. B G B keinen 162 163 164 165

Fuchs, Treuhand, S. 17. Dazu oben S. 161 ff. Stier, Eigentum, S. 51 f. Stier, Eigentum, S. 52 ff.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckimgsrechl

361

Vollstreckungsschutz genießt, soweit er auf Verschaffung des Eigentums oder A b t r e t u n g von Rechten gerichtet ist? 166 Wie die frühere Auseinandersetzung mit den Stier'schen Thesen bereits gezeigt hat, kann das für die Treuhand charakteristische Auseinanderfallen von Rechtsmacht und vollstreckungsrechtlicher Vermögenszugehörigkeit jedenfalls nicht darin gesehen werden, dass das Eigentum mit einem schuldrechtlichen Anspruch belastet ist. Bei einer konsequenten Verfolgung jener These müsste allen schuldrechtlichen Ansprüchen, die auf Übertragung eines konkreten Gegenstandes gerichtet sind, insbesondere dem Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache, Aussonderungskraft beigelegt werden. 1 6 7 Entscheidend ist, ob nach der Gefahrtragungsthese in den Bereicherungsfällen ein Treuhandverhältnis anzunehmen ist. Die Frage ist, ob der schuldrechtliche Anspruch aus §§812 ff. B G B wertungsmäßig mit d e m A n s p r u c h des Käufers auf Übereignung der Kaufsache vergleichbar, also Verschaffungsampruch ist, oder ob eine Vergleichbarkeit mit dem Anspruch des Treugebers/Auftraggebers auf (Rück-)übereignung des Treuguts besteht, also ein Herausgabearispruch vorliegt. 168 a) Gefahrtragung

im

Bereicherungsrecht

U m das Ergebnis vorweg zu nehmen: D e r Treuhandgedanke im Sinne der Gefahrtragungsthese ist nur partiell im Bereicherungsrecht anzuwenden. Seine Geltung beschränkt sich auf die Fälle einseitiger Bereicherungsansprüche, denen kein Anspruch auf Rückgewähr einer Gegenleistung gegenübersteht. Und selbst bei den einseitigen Herausgabepflichten sind weitere Einschränkungen zu beachten. Im Einzelnen: Eine Trennung von Rechtsinhaberschaft und G e f a h r t r a g u n g k o m m t im Bereicherungsrecht durchaus vor. Die G e f a h r t r a g u n g des nur schuldrechtlich berechtigten Bereicherungsgläubigers ergibt sich aus §818 Abs. 3 BGB: Da die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen ist, soweit der E m p f ä n g e r nicht mehr bereichert ist, wird das Vermögen des (zuvor) Bereicherten durch den zufälligen Untergang nicht betroffen. Dies gilt sogar bei verschärfter H a f t u n g des Bereicherungsschuldners gemäß §819 Abs. 1 BGB. 1 6 9

166 Vgl. jeweils m.w.N. S t e i n / J o n a s I M ü n z b e r g , Z P O , § 771 R d n . 38; M ü n c h K o r n r n Z P O / K a r s ten Schmidt, §771 Rdn.39; M ü n c h K o m m l n s O / G a n t e r , §47 Rdn.347; Uhlenbruch InsO, §47 Rdn. 76; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, §43 K O A n m . 7 ; auch Rosenberg/Gaw// Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 7 (S.679f.). 167 D a z u eingehend o b e n S. 159 ff. mit kritischer Analyse S. 168 ff. und Ergebnis S. 181. 168 Z u r D i f f e r e n z i e r u n g der Verschaffungs- und H e r a u s g a b e a n s p r ü c h e oben S. 319 f. 169 A b Kenntnis vom Mangel des rechtlichen G r u n d e s fingiert §819 Abs. 1 B G B zwar den Eintritt d e r Rechtshängigkeit, nicht aber zugleich auch ein Verschulden des E m p f ä n g e r s (so für die Verzugshaftung Palandt/5praii, BGB, § 819 R d n . 9). D e r E m p f ä n g e r k a n n sich d a h e r bei unverschuldeter Unmöglichkeit der H e r a u s g a b e trotz der Fiktion der Rechtshängigkeit g e m ä ß

362

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz

und

Einzelzwangsvollstreckung

Wird also beispielsweise die herauszugebende Sache beim Bereicherungsschuldner durch Naturgewalten oder Dritte zerstört oder von einem Dieb entwendet, ohne dass der Bereicherungsschuldner bei der Z e r s t ö r u n g oder Entwendung schuldhaft mitgewirkt hätte, verändert sich dessen Vermögenslage durch diesen zufälligen Untergang nicht. Der Bereicherungsschuldner ist - wie bei der Schenkung oder beim Vermächtnis - allenfalls zur A b t r e t u n g eines Ersatzanspruchs gegen den verantwortlichen Dritten verpflichtet, wird im Übrigen aber ersatzlos von seiner Herausgabepflicht befreit. Nur das Vermögen des Bereicherungsgläubigers ist von dem Verlust betroffen. Diese Verteilung der G e f a h r t r a g u n g im Bereicherungsrecht wird allerdings nicht unerheblich eingeschränkt durch die herrschende, insbesondere von der Rechtsprechung befürwortete Saldotheorie bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge. 1 7 0 Danach besteht bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von vornherein nur ein einheitlicher Anspruch auf Ausgleich der beiderseitigen Vermögensverschiebungen, der auf H e r a u s g a b e bzw. Wertersatz des Überschusses der Aktiv- und Passivposten (Saldo) gerichtet ist. D a r a u s folgt, dass Bereicherungsgläubiger von vornherein nur derjenige Beteiligte ist, für den sich beim Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ein Überschuss ergibt. Ist die Gegenleistung untergegangen oder hat sie an Wert verloren, so ist der E m p f ä n g e r zwar nicht mehr bereichert; er kann aber nicht seinerseits seine noch v o r h a n d e n e ( G e g e n l e i s tung vom G e g n e r zurückverlangen, ohne sich den Wert der an ihn erbrachten, nunmehr - gleichgültig ob vom E m p f ä n g e r verschuldet oder nicht - entwerteten Leistung entgegenhalten lassen zu müssen. 171 Aus diesen Grundsätzen folgt, dass der zufällige Untergang bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge vermögensmäßig den Bereicherungsschuldner und nicht den Bereicherungsgläubiger trifft. War etwa in unserem Beispielsfall die zerstörte oder von einem Dieb entwendete Sache dem Bereicherungsschuldner aufgrund eines nichtigen Kaufvertrags überlassen worden, ist der Schuldner zwar ebenfalls nicht zur Herausgabe verpflichtet. E r kann aber aufgrund der Saldotheorie seinerseits den für die Sache gezahlten Kaufpreis nicht herausverlangen. Auf diese Weise ist letztlich doch sein Vermögen von dem Verlust der Sache betroffen. D e r Bereicherungsanspruch entspricht deshalb bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge dem A n s p r u c h des Käufers auf Übereignung der Kaufsache. E r genießt wie dieser keinen Vollstreckungsschutz. 1 7 2

§275 Abs. 1 B G B weiterhin auf d e n Wegfall der Bereicherung b e r u f e n (Palandt/Sprau, B G B . §818 R d n . 5 3 ) . 170 Vgl. zur Saldotheorie z.B. B G H , 14.7. 1995, N J W 1995, 2627; B G H , 16.3. 1998, N J W 1998, 1951; P a l a n d t I S p r a u , BGB, §818 R d n . 4 8 . Auf d e n Unterschied zur Z w e i k o n d i k t i o n e n lehre soll hier nicht eingegangen werden. 171 Vgl. nur Palandt/Sprau, B G B , §818 R d n . 4 8 . 172 Für diesen Fall ist d a h e r Jakobs, Z I P 1999,733,737, zuzustimmen, w e n n er d e n Kondikti-

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im

Vollstreckungsrecht

363

D a r a n ä n d e r t sich auch d u r c h die n e u e r e R e c h t s p r e c h u n g d e s IX. Zivilsenats des B G H nichts, nach d e r die S a l d o t h e o r i e in d e r Insolvenz e i n z u s c h r ä n k e n ist. 173 Z u m e i n e n bezieht sich die n u n m e h r v o m B G H b e f ü r w o r t e t e Einschränk u n g nicht auf V e r m ö g e n s v e r ä n d e r u n g e n , die bereits vor der V e r f a h r e n s e r ö f f n u n g e i n g e t r e t e n waren. Insoweit bleibt die S a l d o t h e o r i e auch im s p ä t e r e n Ins o l v e n z v e r f a h r e n a n w e n d b a r . 1 7 4 Z u m a n d e r e n soll mit der E i n s c h r ä n k u n g n u r v e r h i n d e r t w e r d e n , dass ein nichtiger Vertrag in d e r Insolvenz des Vertragspartners s t ä r k e r e W i r k u n g e n ä u ß e r t als ein rechtsgültiger Vertrag. D i e S a l d o t h e o r i e soll keine G r u n d l a g e d a f ü r bieten, F o r d e r u n g e n , die o h n e eine Saldierungsmöglichkeit I n s o l v e n z f o r d e r u n g e n wären, zu „verdinglichen" o d e r gar zu M a s s e f o r d e r u n g e n zu e r h e b e n . 1 7 5 D a r u m geht es bei d e r a n s p r u c h s a u s s c h l i e ß e n d e n Berücksichtigung des U n t e r g a n g s einer Sache, die a u f g r u n d eines nichtigen Vertrags im G e g e n z u g zur K a u f p r e i s z a h l u n g überlassen wurde, nicht. D i e aus § 8 1 8 Abs. 3 B G B f o l g e n d e G e f a h r t r a g u n g des Bereicherungsgläubigers ist allerdings nicht n u r bei den gegenseitigen V e r t r ä g e n , s o n d e r n auch bei d e n einseitigen H e r a u s g a b e p f l i c h t e n eingeschränkt: Z u n ä c h s t einmal muss es sich u m einen isolierten B e r e i c h e r u n g s a n s p r u c h h a n d e l n , d e r nicht von e i n e m parallelen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h begleitet wird. Ist der S c h u l d n e r o h n e h i n z u m S c h a d e n s e r s a t z verpflichtet, hat er g e m ä ß §249 B G B in j e d e m Fall d e n j e n i g e n Z u s t a n d herzustellen, der b e s t e h e n würde, w e n n das z u m S c h a d e n s e r s a t z v e r p f l i c h t e n d e Ereignis nicht e i n g e t r e t e n wäre. D a m i t h a f t e t d e r S c h u l d n e r a b e r in fast allen Fällen auch f ü r einen in seinem Bereich e i n t r e t e n d e n , nicht g e s o n d e r t verschuldeten u n d insoweit zufälligen U n t e r g a n g der Sache. D e n n es h a n d e l t sich bei diesem U n t e r g a n g u m eine a d ä q u a t kausale Folge seines u r s p r ü n g l i c h e n s c h u l d h a f t e n Verhaltens. E r k e n n t m a n diese Eins c h r ä n k u n g , ist i n s b e s o n d e r e das „ H o r r o r s z e n a r i o " u n b e r e c h t i g t , das Friedmann176 f ü r d e n Fall d e r E i n b e z i e h u n g von B e r e i c h e r u n g s a n s p r ü c h e n in d e n T r e u h a n d t a t b e s t a n d gezeichnet hat. D e r D i e b einer Sache wird keinesfalls als T r e u h ä n d e r des E i g e n t ü m e r s a n g e s e h e n . Z u m einen nicht, weil er aus d e n vorg e n a n n t e n G r ü n d e n g e m ä ß §249 B G B auch f ü r einen in s e i n e m G e w a h r s a m e i n t r e t e n d e n zufälligen U n t e r g a n g der g e s t o h l e n e n Sache mit seinem V e r m ö gen e i n z u s t e h e n hat. 1 7 7 Z u m a n d e r e n a b e r schon d e s h a l b nicht, weil er gar nicht

o n s a n s p r u c h im R a h m e n der Vollstreckungsfragen mit einer gewöhnlichen Verpflichtung wie der Pflicht d e s Verkäufers zur Leistung der Kaufsache vergleicht. 173 B G H , 2.12. 2004, B G H Z 161, 241 = N J W 2005, 884 = N Z I 2005, 157; siehe auch B G H , 14.7. 2005, N J W 2005, 3285. 174 B G H , 2.12. 2004, B G H Z 161, 241, 250 = N J W 2005, 884 = N Z I 2005, 157, 159. 175 B G H , 2.12. 2004, B G H Z 161, 241, 250f. = N J W 2005, 884 = N Z I 2005. 157, 159; siehe zu d e m e i n g e s c h r ä n k t e n Schutz bei f e h l e n d e m Synallagma auch B G H , 14.7. 2005, N J W 2005, 3285 f. 176 Friedmann, G u t a c h t e n . S. 852. 177 Gleiches gilt übrigens auch für einen Verkaufserlös, den der D i e b für die gestohlene Sache erlangt hat. Auch hierfür trägt er die G e f a h r des zufälligen Untergangs, egal, o b er d e n Er-

364

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollstreckung

Eigentümer der gestohlenen Sache und damit nicht Rechtsträger im Sinne der Gefahrtragungsthese ist. Die zweite Einschränkung ergibt sich aus den allgemeinen A n f o r d e r u n g e n an ein Aussonderungsrecht (§47 InsO) sowie an die Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) . Wie bereits an f r ü h e r e r Stelle erläutert, ist die Bestimmtheit des Gegenstandes notwendige - wenn auch entgegen der h. L. nicht hinreichende - Voraussetzung des Vollstreckungsschutzes. 1 7 8 D e r Vollstreckungsschutz besteht deshalb keineswegs bei allen Bereicherungsansprüchen, sondern nur bei Ansprüchen auf Herausgabe bestimmter Vermögensgegenstände. Bedenkt man nun weiter, dass bei der Ü b e r t r a g u n g bestimmter Gegenstände ohnehin in sehr vielen Fällen eine Fehleridentität vorliegen wird, sich der Mangel des schuldrechtlichen Geschäfts also auch auf das dingliche Übertragungsgeschäft überträgt 1 7 9 und die h.M. auf diesem Wege auch zur A n w e n d b a r k e i t der §§47 InsO, 771 Z P O gelangt, führt die Gefahrtragungsthese im Ergebnis nur in wenigen Fällen zu einer Ausweitung des Vollstreckungsschutzes. Eine erhebliche Einschränkung des Grundsatzes der par conditio creditorum ist also nicht zu befürchten. Besteht allerdings ein isolierter, auf einen bestimmten Gegenstand 1 8 0 gerichteter und nicht im Sinne der Saldotheorie mit einem Gegenanspruch verknüpfter Bereicherungsanspruch, dann ist in der Tat die Rechtslage im Verhältnis zwischen Bereicherungsgläubiger und -Schuldner identisch mit derjenigen zwischen Treugeber und Treuhänder. D e r Bereicherungsgläubiger hat - wie der Treugeber - einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des in der Rechtsträgerschaft des Schuldners stehenden konkreten Gegenstandes, für den er als Gläubiger die G e f a h r des zufälligen Untergangs trägt. Die h.M. steht hier umgekehrt im Zugzwang zu begründen, inwieweit sich diese beiden Konstellationen im Hinblick auf die vollstreckungsrechtliche Vermögenszugehörigkeit unterscheiden. Dass der Hinweis auf die „quasidingliche" Rechtsposition des Treugebers nur eine Beschreibung und keine Rechtfertigung des von der h.M. im Treuhandrecht gewährten Vollstreckungsschutzes ist, wurde bereits gesagt. 181 E r k e n n t man aber an, dass es sich auch bei der Treuhand nur um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt, dem im Hinblick auf die G e f a h r t r a g u n g des Treugebers aus G r ü n d e n der Billigkeit ein Vollstreckungsschutz zugesprochen wird, dann muss man diese Erkenntnis konsequenterweise auf die oben

lös in bar besitzt o d e r auf ein K o n t o eingezahlt hat. Im letzteren Fall trüge der D i e b das Risiko der Insolvenz der Bank (zur G e f a h r t r a g u n g bei F o r d e r u n g e n siehe oben S. 301 ff.). 178 Eingehend oben S. 159 ff. mit Ergebnis S. 181. 119 Z u r Fehleridentität siehe aus j ü n g e r e r Zeit eingehend Michel, Rechtsmacht, S.80ff., der allerdings einen sehr w e i t g e h e n d e n Rechtsfortbildungsansatz für alle Fälle a b s t r a k t e r und nicht-akzessorischer K o n s t r u k t i o n e n entwickelt (dazu schon o b e n S.252ff.). 1811 D e r „ G e g e n s t a n d " wird hier w i e d e r u m im weiteren Sinne unter Einschluss von Forderungen und sonstigen R e c h t e n verstanden. 181 Vgl. dazu o b e n S.267ff., i n s b e s o n d e r e vor Fußn.36.

§9 Bewährung

der Gefahrtragungsthese

im Vollstreckungsrecht

365

herausgestellten, im Anwendungsbereich allerdings beschränkten Fälle von Bereicherungsansprüchen übertragen. Im Ergebnis kann folglich der Gläubiger eines isolierten, auf einen bestimmten Gegenstand gerichteten Bereicherungsanspruchs diesen Gegenstand in der Insolvenz des Bereicherungsschuldners aussondern (§47 InsO) sowie bei Pfändungen durch dessen Gläubiger Drittwiderspruchsklage erheben (§771 Z P O ) . b) Gefahrtragungsthese

und angloamerikanisch.es

Trustrecht

Beschränkt man den Schutz des Bereicherungsgläubigers auf die genannten Fälle, besteht die von der 2. BGB-Kommission gesehene G e f a h r einer unkontrollierten Ausdehnung des Treuhandrechts nicht. 182 E b e n s o unbegründet ist die von Vertretern der h. M. geäußerte Befürchtung, bei einer Einbeziehung von Bereicherungsansprüchen in das Treuhandrecht k o m m e es zu einer generellen Ü b e r n a h m e des - im Verhältnis zum deutschen Recht deutlich weiteren - angloamerikanischen Trustrechts. 1 8 3 Wie oben in Auseinandersetzung mit den Ansätzen von Michaels und Assfalg schon näher ausgeführt wurde, ist der G e d a n k e des angloamerikanischen Billigkeitsrechts „equity regards as done what ought to be d o n e " in der Tat nicht ins deutsche Recht übertragbar. 1 8 4 Soweit daher die A n n a h m e eines „implied trust", „constructive trust" oder „resulting trust" im angloamerikanischen Bereicherungsrecht 1 8 5 auf eben j e n e m G e d a n k e n der schuldrechtlichen Verpflichtung zur Ü b e r t r a g u n g des legal title beruht, kann diese Begründung für das deutsche Recht sicher nicht ü b e r n o m m e n werden. Beschränkt man hingegen - wie es hier in bewusster Abgrenzung von den ge182 B G B - P r o t o k o l l e , B a n d l l . S.365; vgl. zu den ähnlichen, auf die Einbeziehung kaufvertraglicher A n s p r ü c h e gerichteten B e f ü r c h t u n g e n der R e c h t s p r e c h u n g o b e n S. 131 ff. In diesem Z u s a m m e n h a n g wird von Asmus, G r u n d l a g e n , S.286f., mit Recht auf die oberflächliche Argumentation der 2. BGB-Kommission hingewiesen. Eine echte Diskussion der Tragweite der von der Kommission abgelehnten B e s t i m m u n g und ihre Vereinbarkeit mit bestimmten G r u n d v o r stellungen fehle. Die Problematik fiduziarischer Rechtsgestaltungen sei durch den pauschalen Hinweis auf nicht a b s e h b a r e K o n s e q u e n z e n der vorgeschlagenen R e g e l u n g gar nicht ernsthaft b e h a n d e l t worden. I8;!

In diesem Sinne vor allem Friedmann, G u t a c h t e n , S.846 ( „ D a ß wir die anglosächsische L e h r e von d e r implizierten T r e u h ä n d e r s c h a f t nicht ü b e r n e h m e n k ö n n e n , o h n e unser Bürgerliches G e s e t z b u c h zu g e f ä h r d e n , bedarf keiner E r ö r t e r u n g " ) und S.852 („Treuhänderschaft im R a h m e n von ungerechtfertigter Bereicherung k e n n t unser Recht nicht. Das ist eine spezielle Konstruktion des englischen Equity-Rechts."); ähnlich Otten, Entwicklung, S.206 („... in der Erfassung auch j e n e r Rückabwicklungsverhältnisse, die von Gesetzes wegen a u f g r u n d fehlerh a f t e r V e r m ö g e n s v e r f ü g u n g e n b e g r ü n d e t werden, als fiduziarischen Rechtsverhältnissen wäre eine Entwicklung eingeleitet w o r d e n , die in vielen Bereichen zu einer A n n ä h e r u n g des fiduziarischen Rechtsinstituts an das angloamerikanische Trustrecht hätte f ü h r e n k ö n n e n - eine E n t wicklung, die aber letztlich mit den systematischen Voraussetzungen des B G B im Widerspruch gestanden hätte."). 184

Siehe oben S. 177 f. Die Terminologie ist im angloamerikanischen R e c h t nicht einheitlich; vgl. Assfalg, handlung, S. 33 ff.; Kötz, Trust, S. 149f.; f r ü h e r schon Friedmann, G u t a c h t e n , S.845f. 185

Be-

366

Zweiter

Teil: Die Verwaltungstreuhand

in Insolvenz, und

Einzelzwangsvollsireckitng

nannten Ansätzen vorgeschlagen wurde - den Vollstreckungsschutz des Gläubigers auf solche Konstellationen, in denen es zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g kommt, steht eine Ü b e r n a h m e des angloamerikanischen Trustrechts gar nicht in Rede. Es kann nur in Einzelfällen zu gleichen Rechtsfolgen k o m m e n , wenn der engere, aus der Gefahrtragungsthese entwickelte Tatbestand erfüllt ist. IX.

Zusammenfassung

Die in §§ 7 und 8 entwickelte Gefahrtragungsthese hat ihren kasuistischen Plausibilitätstest in Vollstreckungs- und Insolvenzfällen bestanden und zu teilweise neuen Ergebnissen geführt. Dies gilt insbesondere für schuldrechtliche Ansprüche aus (wirksamen) Schenkungsversprechen, aus Vermächtnissen und teilweise auch im Bereicherungsrecht. Die damit verbundene Ausweitung des Vollstreckungsschutzes gegenüber der bisher h.M. und die daraus wiederum folgende partielle Einschränkung des insolvenzrechtlichen Grundsatzes der par conditio creditorum ist jedoch gerechtfertigt, wenn man ü b e r h a u p t Treuhandwirkungen aufgrund schuldrechtlicher Ansprüche anerkennen will. Weisen nämlich verschiedene Konstellationen im Hinblick auf die vollstreckungsrechtliche Vermögenszugehörigkeit keinerlei feststellbare Unterschiede auf, müssen sie auch in Einzelzwangsvollstreckung (§771 Z P O ) und Insolvenz (§47 InsO) gleich behandelt werden.

Dritter Teil

Bewährung der Gefahrtragungsthese bei sonstigen Treuhandwirkungen Der zweite Teil der Arbeit diente dem ersten der in § 4 angeführten Grundanliegen: der Überwindung des Unmittelbarkeitsprinzips durch Entwicklung eines alternativen Abgrenzungskriteriums für den Vollstreckungsschutz bei der Treuhand. Die in §4 III vorgestellte Gefahrtragungsthese ist tragfähig: Vollstreckungsschutz gemäß §§771 Z P O und 47 InsO ist danach bei schuldrechtlichen Ansprüchen zu gewähren, wenn Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g im Hinblick auf denjenigen Gegenstand (einschließlich Forderungen) auseinander fallen, auf den der Anspruch gerichtet ist. D e r Schuldner des Anspruchs muss Rechtsträger für f r e m d e R e c h n u n g sein. D e r dritte Teil der Arbeit wendet sich dem zweiten Grundanliegen zu. Die zweite der in §4 III angeführten Arbeitshypothesen ist n u n m e h r zu erhärten. Danach ist die Trennung von Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g (Treuhand) kein isoliertes Problem des Vollstreckungsrechts, sondern sie bringt Zuordnungsprobleme auch in anderen Bereichen des Rechts mit sich. Die Untersuchung dieser sonstigen Außenwirkungen der Treuhand wird zeigen, dass das von der Rechtsprechung für die Vollstreckungsfragen entwickelte und in dieser Arbeit zurückgewiesene Unmittelbarkeitsprinzip insoweit eine Singularität darstellt, als die sonstigen Treuhandwirkungen in keiner Weise von der Einhaltung dieses Prinzip abhängig gemacht werden. Erst die Zurückweisung des Unmittelbarkeitsprinzips für die Vollstreckungsfragen eröffnet den Blick für die Erkenntnis, dass die verschiedenen Treuhandwirkungen in Wirklichkeit in der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung eine gemeinsame Basis haben. Die ohne das Unmittelbarkeitsprinzip a u s k o m m e n d e Abgrenzung der sonstigen Treuhandwirkungen bestätigt so indirekt die Entbehrlichkeit des Prinzips im Vollstreckungszusammenhang: Alle Treuhandwirkungen beruhen letztlich auf einer einheitlichen Korrektur der allgemeinen Rechtssätze, die nur auf den Normalfall eines Zusammenfallens von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung ausgerichtet sind. Diese zweite These der Arbeit soll nachfolgend anhand dreier Problemfelder belegt werden, von denen zumindest die beiden letzten gewöhnlich im Zus a m m e n h a n g mit den Außenwirkungen der Treuhand diskutiert werden: die

3 6 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Drittschadensliquidation, die treuwidrigen Verfügungen sowie die Aufrechnungs- und Einwendungsproblematik bei treuhänderischer Forderungsinhaberschaft.

§ 10 Treuhand und Drittschadensliquidation Die Einordnung der Drittschadensliquidation unter die Außenwirkungen der Treuhand mag auf den ersten Blick überraschen. Die These lautet: Das Drittschadensproblem ist - jedenfalls in einem Teilbereich - nur ein Ausschnitt des generellen Zuordnungsproblems bei der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung, das seinerseits aus der atypischen Trennung von Rechtsinhaberschaft und G e f a h r t r a g u n g resultiert. Zwischen den im zweiten Teil dieser Arbeit behandelten Vollstreckungsfragen und der Drittschadensliquidation besteht eine Parallelität: Jeweils steht die Anpassung der gewöhnlichen, auf die Rechtsträgerschaft für eigene Rechnung zugeschnittenen Rechtsregeln an den Sonderfall der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung in Rede. E r k e n n e n lassen sich die Verbindungslinien zwischen dem erkannten Treuhandproblem im Vollstreckungsrecht und dem unerkannten Treuhandproblem im Schadensrecht allerdings nur, wenn man die bisherige Systematisierung der Fallgruppen der Drittschadensliquidation überdenkt. Die Treuhand ist zwar bislang als Anwendungsfall der Drittschadensliquidation anerkannt und es wird dabei auch nicht nach Maßgabe des Unmittelbarkeitsprinzips zwischen angeblich echter und unechter oder Treuhand im engeren und weiteren Sinne differenziert. 1 A b e r die Drittschadensliquidation wird nicht als spezifische Folge von Treuhandgestaltungen angesehen. Die Treuhand erscheint nur als eine von mehreren Fallgruppen, in denen es zu einer zufälligen Schadensverlagerung kommt. Diese zufällige S c h a d e n s v e r l a g e r u n g - z . T . wird präzisierend von Verlagerung der S c h a d e n s e n t s t e h u n g g e s p r o c h e n 2 - s o l l nach h.M. ihrerseits die Basis der Drittschadensliquidation ausmachen. 3 1

Siehe oben S. 109 ff. Sov. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,256; d e m folgend Diehle, Rechtsträgerschaft, S.47 und 48 f. 1 Vgl. B G H , 10.7. 1963, B G H Z 40, 91, 100 = N J W 1963, 2071, 2074 m.w.N.; B G H , 22.11. 1966, N J W 1967, 930, 931; B G H , 26.11. 1968, B G H Z 51, 91, 93 = N J W 1969, 269, 271; B G H , 8.12. 1986, N J W - R R 1987, 880, 881; B G H , 21.5. 1996, B G H Z 133, 36, 41 = N J W 1996, 2734, 2 7 3 5 \ J u n k e r , A c P 193 (1993), 348,351 m.w.N. in Fußn. 11; grundlegend zum A s p e k t der Schadensverlagerung Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S. 35 ff. mit Z u s a m m e n f a s s u n g S.53. In der Literatur wird die Schadensverlagerungsthese teilweise - zumindest für die Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung - bestritten (vgl. Hagen, Drittschadensliquidation, S. 71 f.; Selb, N J W 1964, 1765, 1766f.), teilweise aber auch als Schadensverlagerung i.S.v. H a u p t - und N e b e n s c h a d e n verteidigt (so Diehle, Rechtsträgerschaft, S.46f. und 87f.; in der Sache e b e n s o v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 256). D a es bei dieser Frage u m die in dieser A r b e i t nicht n ä h e r unter2

370

Dritter

Teil: Bewährung

der GefiihrlragKngsthe.se

bei sonstigen

Treuhanäwirkungen

I. D a s Z u o r d n u n g s p r o b l e m im S c h a d e n s r e c h t Soweit in Rechtsprechung und Literatur die Fallgruppen der Drittschadensliquidation zusammengestellt werden, finden sich gewöhnlich drei Anwendungsfälle genannt: die mittelbare Stellvertretung, die Gefahrentlastung bei Übereignungspflichten und die O b h u t für f r e m d e Sachen. 4 Die Treuhand wird überwiegend als eigenständige vierte G r u p p e angeführt 5 , zum Teil aber auch mit der mittelbaren Stellvertretung zu einer einheitlichen Fallgruppe, der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung, zusammengefasst. 6 Mit einer solchen Systematisierung scheint die hier vertretene Gefahrtragungsthese auf den ersten Blick unvereinbar. D e r Leser wird die Gefahrtragungsthese zunächst intuitiv nur mit der Fallgruppe der Gefahrentlastung in Verbindung bringen. D a r u n t e r werden allerdings typischerweise der Versendungskauf gemäß §477 B G B und das Vermächtnis, z.T. auch die Schenkung eingeordnet 7 , nicht allerdings die Treuhandfälle. Legt man allerdings die Definition der Treuhand zugrunde, wie sie hier zur Abgrenzung der Außenwirkungen der Treuhand entwickelt wurde, dann zeigen sich erste Verbindungslinien zwischen den einzelnen Fallgruppen der Drittschadensliquidation. Es kann nämlich - wie oben im Z u s a m m e n h a n g mit den Vollstreckungsfragen aufgezeigt wurde - sowohl aufgrund einer mittelbaren Stellvertretung als auch eines Treuhandverhältnisses im herkömmlichen Sinn als auch zuletzt bei den unter dem Stichwort „Gefahrentlastung" diskutierten Fällen zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung kommen. Und genau jener Tatbestand führt zu der für die Drittschadensliqui-

s u c h t c E i n b e z i e h u n g d e s D r i t t i n t e r e s s e s in d e n Inhalt

des vertraglichen

Anspruchs

geht (dazu

s o g l e i c h i m T e x t ) , soll d a r a u f n i c h t n ä h e r e i n g e g a n g e n w e r d e n . 4

B G H , 1 0 . 7 . 1963, B G H Z 4 0 . 9 1 , 100f. = N . I W 1963. 2 0 7 1 . 2 0 7 4 ; B G H . 2 6 . 1 1 . 1968, B G H Z

5 1 . 9 1 , 9 3 = N J W 1 9 6 9 , 2 6 9 , 2 7 1 ; lagert,

G e l t e n d m a c h u n g . S . 3 7 ff.; w e i t e r e N a c h w e i s e b e i

Dieh-

le. R e c h t s t r ä g e r s c h a f t , S . 4 in F u ß n . 3 ; vgl. a u c h M ü n c h K o m m B G B / O e / A r i r , § 2 4 9 R d n . 2 8 4 f f . , S t a u d i n g e r / S d i / e m a n / ? , B G B , V o r b e m . zu § § 2 4 9 f f . R d n . 6 9 f f „ S o e r g e l / M m m v , B G B , § 2 4 9 R d n . 2 5 2 f f „ v. Caemmerer,

Z H R 127 ( 1 9 6 5 ) , 2 4 1 , 2 5 4 f f . , u n d Peters,

Vor

A c P 180 ( 1 9 8 0 ) , 3 2 9 ,

3 3 1 in F u ß n . 3 , d i e a l l e r d i n g s n o c h d i e T r e u h a n d a l s v i e r t e F a l l g r u p p e h i n z u f ü g e n (vgl. F u ß n . 5 ) . Nicht besonders thematisiert wird hier die d a r ü b e r hinaus selbstverständlich i m m e r bestehende Möglichkeit einer Drittschadensliquidation kraft Vereinbarung zwischen den Vertragspartn e r n (vgl. d a z u SlaudingerlSchiemann, s

B G B , V o r b e m . zu § § 2 4 9 f f . R d n . 6 8 ) .

M ü n c h K o m m B G B / O e / Ä e r , §249 R d n . 2 9 4 m.w.N.; Staudinger/Sc/j/emann, B G B , V o r b e m .

z u § § 2 4 9 f f . R d n . 7 1 ; S o e r g e l / M e r t e n s , B G B , V o r § 2 4 9 R d n . 2 ; v. Caemmerer, 2 4 1 , 2 5 9 f . ; Peters, h

Z H R 127 ( 1 9 6 5 ) ,

A c P 180 ( 1 9 8 0 ) , 3 2 9 , 3 3 1 in F u ß n . 3 .

D a f ü r v o r a l l e m Diehle,

R e c h t s t r ä g e r s c h a f t , passim, insbes. S.42f. u n d 48 ( D i e Drittscha-

d e n s l i q u i d a t i o n b e i d e r T r e u h a n d ist F o l g e d e r „ R e c h t s t r ä g e r s c h a f t f ü r f r e m d e R e c h n u n g " ) s o w i e 6 4 f. ( D i e D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n b e i d e r m i t t e l b a r e n S t e l l v e r t r e t u n g ist e b e n f a l l s F o l g e d e r „ R e c h t s t r ä g e r s c h a f t f ü r f r e m d e R e c h n u n g " ) , f e r n e r S. 7 3 ( Z u s a m m e n f a s s u n g d e r D r i t t schadensfälle bei fiduziarischer T r e u h a n d und mittelbarer Stellvertretung unter d e m gemeinsamen Gesichtspunkt der „Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung"); einheitliche Erfassung d e r m i t t e l b a r e n S t e l l v e r t r e t u n g u n d T r e u h a n d in e i n e r F a l l g r u p p e a u c h b e i B G B , V o r b . v. § 2 4 9 R d n . 115. 7

S i e h e d a z u s c h o n o b e n S. 1 1 6 f . m i t N a c h w e i s e n in F u ß n . 3 2 7 u n d 3 2 8 .

Palandt/Heinrichs,

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

371

dation typischen Situation, dass eine Person - der Rechtsträger - Inhaber eines Schadensersatzanspruchs ist, während die andere Person - der „Gefahrträger" - den Schaden aus der Verletzung jenes Rechtes trägt. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob der nicht in seinen eigenen Rechten verletzte Geschädigte dennoch vom Schädiger schadlos zu halten ist, wie es in der Normalsituation der Fall gewesen wäre, in der Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung zusammenfallen. 1. Erforderlichkeit einer neuen Systematisierung der Drittschadensfälle: Das Zuordnungsproblem im Deliktsrecht und die Einbeziehung von Drittinteressen im Vertragsrecht Um die Parallele zwischen den im zweiten Teil dieser Arbeit untersuchten Zuordnungsfragen im Vollstreckungsrecht und der Drittschadensproblematik aufzeigen zu können, ist im Ansatz zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Gruppen von Drittschadensfällen zu trennen. Nur in einer dieser beiden Gruppen ergibt sich nämlich eine rechtliche Fragestellung, die als Teilbereich der in dieser Arbeit diskutierten Treuhandaußenwirkungen erscheint. Mit anderen Worten soll hier nachfolgend nicht der Versuch unternommen werden, die Drittschadensproblematik unter Hinweis auf die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung vollumfänglich einer neuen Lösung zuzuführen. Dies könnte Gegenstand einer eigenständigen Arbeit sein. Eine neue Lösung in Parallele zu dem für die Vollstreckungswirkungen bereits vorgestellten Ansatz kann vielmehr nur insoweit angeboten werden, wie sich die Problembereiche tatsächlich decken: Die rechtliche Zuordnung eines Gegenstandes zwischen zwei Personen Treuhänder und Treugeber - steht in Rede, wenn Dritte das Treugut deliktisch beschädigen oder zerstören. Im Grundsatz setzt ein deliktischer Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 B G B voraus, dass ein absolutes Rechtsgut des Geschädigten verletzt wurde. Reine Vermögensschäden, die nicht mit der Verletzung eines Rechtsguts des Geschädigten verknüpft sind, werden grundsätzlich nicht ersetzt. Wenn nun der „formelle" Träger des absoluten Rechtsgutes nicht - wie im Normalfall - zugleich auch die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt, kann es bei der Anwendung des § 823 Abs. 1 B G B zu genau denselben Zuordnungsproblemen kommen, die auch die Anwendbarkeit der §§771 Z P O und 47 InsO bei einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung haben schwierig erscheinen lassen. Ist die eine Person - der Treuhänder Inhaber des Rechtsguts und trägt die andere Person - der Treugeber - die Gefahr des zufälligen Untergangs, ist die Zuordnung auch bei den deliktischen Schädigungen zweifelhaft: Ist der Schaden des Treugebers, der nicht Rechtsträger ist, zu ersetzen oder nicht? Zur Beantwortung dieser Frage ist zu untersuchen, ob der Gegenstand - nicht anders als im Vollstreckungsrecht - auch im

3 7 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragung.sthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

R a h m e n der A n w e n d b a r k e i t des §823 Abs. 1 B G B dem Treugeber „wirtschaftlich" zugeordnet werden kann, damit im Fall der Beschädigung oder Zerstörung sein Interesse zu ersetzen ist. Von dieser Z u o r d n u n g s f r a g e im Hinblick auf die deliktisch geschützten Rechtsgüter zu trennen ist eine andere im R a h m e n der Drittschadensliquidation ebenfalls diskutierte Frage: Ist bei Vertragsverletzungen nicht nur das Interesse des Vertragspartners selbst, sondern auch das Interesse eines Dritten zu ersetzen? Hier geht es nicht um die Z u o r d n u n g der (vertraglichen) Forderung im R a h m e n eines Haftungstatbestandes, sondern um den Inhalt des vertraglichen Anspruchs. Ist dieser Inhalt auf den Ersatz von Schäden des Vertragspartners beschränkt oder nicht? Z u r Klarstellung sei eines hinzugefügt: Selbstverständlich soll hier nicht geleugnet werden, dass es auch bei Forderungen um Zuordnungsfragen gehen kann. Entsprechend wurde die hier vertretene Gefahrtragungsthese nicht nur für körperliche Gegenstände, sondern auch für Forderungsrechte entwickelt. Im Vollstreckungsrecht war die Frage nach einer Drittwiderspruchsklage und einem Aussonderungsrecht des Treugebers in gleicher Weise für Forderungen wie für körperliche G e g e n s t ä n d e zu beantworten. Diese Zuordnungsfrage stellt sich allerdings im Bereich des deliktischen Schadensersatzes deshalb nicht, weil die Forderungszuständigkeit von der h.M. nicht als absolutes Rechtsgut i.S.v. §823 Abs. 1 B G B a n e r k a n n t wird. 8 D a h e r kann sich bei einer Verletzung dieser Forderungszuständigkeit auch nicht die Folgefrage stellen, ob der Schaden eines dadurch beeinträchtigten Treugebers zu ersetzen ist. Selbst wenn man aber mit einer Minderansicht die Gleichstellung der Forderungszuständigkeit mit der sonstigen Rechtsinhaberschaft i.S.v. §823 Abs. 1 B G B befürwortete 9 , wäre die dann in der Tat zu diskutierende Zuordnungsfrage bei Verletzung der Forderungszuständigkeit immer noch von der Feststellung des Inhalts der vertraglichen Verpflichtung zu trennen, also von der Frage, ob Drittinteressen bei Verletzung der vertraglichen Verpflichtung ersatzfähig sind. Die Scheidung der Z u o r d n u n g s p r o b l e m e im Deliktsrecht von den Vertragsproblemen muss zunächst klar durchgeführt werden, um die Parallele zwischen der Drittschadensproblematik und den im zweiten Teil der Arbeit diskutierten Vollstreckungsfragen e r k e n n e n zu können. Die Parallele besteht nur, soweit es jeweils um die Z u o r d n u n g s f r a g e n bei einer Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung geht. Die davon zu t r e n n e n d e Einbeziehung von Drittinteressen in einen Vertrag soll d e m g e g e n ü b e r in dieser Arbeit nicht weiter thematisiert wer8

Vgl. nur M ü n c h K o m m B G B / A i m m s , 3. Aufl., §823 R d n . 132 m.w.N.; zahlreiche Nachweise auch bei Staudinger/Wager, BGB, §823 R d n . B 163, der allerdings selbst a.A. ist (vgl. Fußn.9). 9 Vgl. nur S o e r g e l I Z e u n e r , B G B , §823 R d n . 4 8 m.w.N.; Staudinger/Woger, B G B , §823 R d n . B 165 m.w.N. in R d n . B 164; siehe auch die Nachweise bei MünchKommBGB/Wijgrce/-, 4. Aufl., §823 R d n . 155.

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

373

den. Es liegt nahe, die Lösung für dieses zweite Problemfeld in einem spezifisch vertragsrechtlichen Ansatz zu suchen. 1 0 Die Neusystematisierung der bekannten Fallgruppen der Drittschadensliquidation verfolgt aber noch einen weiteren Zweck: Es soll aufgezeigt werden, dass die beim Drittschadensproblem oftmals v o r g e n o m m e n e Trennung der mittelbaren Stellvertretung und der Treuhand in zwei Fallgruppen überhaupt keinen Wert hat und zwar weder für die Vertragsfragen noch für die Zuordnungsprobleme im Deliktsbereich. Sie ist nur dadurch zu erklären, dass die Rechtsprechung im Vollstreckungsrecht eine scharfe, aber doch unberechtigte Trennlinie zwischen beiden Instituten gezogen hat und jene Unterteilung formal ins Schadensrecht übertragen wird, obwohl die Rechtsprobleme und Rechtsfolgen dort in der Sache auch von der Rechtsprechung nie unterschiedlich beurteilt wurden. 2. Mittelbare

Stellvertretung

Die mittelbare Stellvertretung wird gewöhnlich zuerst genannt. 1 1 D e n n es ist jene Fallgruppe, anhand derer sich die Diskussion um die Drittschadensliquidation entwickelt hat und zu der die weitaus meisten gerichtlichen Entscheidungen - vornehmlich des R G 1 2 - vorliegen. G e r a d e im Hinblick auf diese ständige, inzwischen fast 150jährige Rechtsprechung ist davon gesprochen worden, die mittelbare Stellvertretung sei die einzige gewohnheitsrechtlich anerkannte Fallgruppe der Drittschadensliquidation. 1 3 In der Praxis ging es zumeist um Fälle der Spedition oder Kommission.

10 Die hier v o r g e n o m m e n e T r e n n u n g findet sich auch schon bei Junker, der die Schädigung Dritter im R a h m e n eines rechtsgeschäftlichen Kontakts mit der Rechtsfigur der Vertretung im Vertrauen lösen ( J u n k e r , Die Vertretung im V e r t r a u e n im Schadensrecht, 1991; dazu kritisch Hagen, A c P 192 [1992], 568 ff.) und für den Deliktsbereich das „wirtschaftliche E i g e n t u m " des die G e f a h r tragenden G e s c h ä d i g t e n als sonstiges Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 B G B a n e r k e n n e n will (Junker, A c P 193 [1993], 348ff.; vgl. dazu noch unten S.403 ff.). Vgl. für den vertraglichen Bereich auch die von Köndgen vorgeschlagene Lösung ü b e r die e r g ä n z e n d e Vertragsauslegung (in Karlsruher Forum 1998, S.3ff., insbes. S. 37 ff.; dazu allgemein kritisch Canaris, a.a.O., S.90). 11 Vgl. SoergeV Mertens, BGB, Vor §249 Rdn.252; M ü n c h K o m m B G B / O i / t o - , §249 Rdn.284; auch Staudinger/Schiemann, B G B , Vorbem. zu §§249ff. Rdn.69, der allerdings in R d n . 6 8 noch die Möglichkeit vertraglicher V e r e i n b a r u n g einer Drittschadensliquidation voranstellt. 12 Vgl. die Nachweise in F u ß n . 17 bis 23. 13 So Hagen, Drittschadensliquidation, S. 142, u n t e r Hinweis auf eine „ m e h r als h u n d e r t j ä h rige Gerichtspraxis" und die „inzwischen einhellige Z u s t i m m u n g im Schrifttum", f e r n e r S. 253; vgl. zur gewohnheitsrechtlichen A n e r k e n n u n g der Drittschadensliquidation bei mittelbarer Stellvertretung auch B G H , 21.5. 1996, B G H Z 133,36,41 = N J W 1996, 2734,2735; Staudinger/ Schiemann, B G B , Vorbem. zu §§249ff. Rdn.69: v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 255; mit ausdrücklicher B e s c h r ä n k u n g auf d e n Fall von Vertragsverletzungen auch Diehle, Rechtsträgerschaft, S. 82 (dazu unten bei F u ß n . 31); a.A. - soweit ersichtlich - n u r Peters, A c P 180 (1980), 329, 352, im Hinblick auf einen atypischen Schaden des mittelbar Vertretenen.

3 7 4 Dritter Teil: Bewährung

a) Konzentration

der Gefahrtragungsthese

der Rechtsprechung

auf

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Vertragsverletzungen

Nimmt man die vorangestellte Differenzierung in zwei verschiedene Konstellationen der Drittschadensliquidation in den Blick, lässt sich eines sogleich festhalten: Es besteht ein deutliches Übergewicht derjenigen Entscheidungen zur mittelbaren Stellvertretung, die Drittschäden aus einer Vertragsverletzung durch den Vertragspartner des Mittler betrafen. Dies gilt bereits für den Korkholz-Fall des O A G Lübeck aus dem Jahr 1855 14 , der Ausgangspunkt der modernen Diskussion über die Drittschadensliquidation war' 5 : Eine oldenburgische Firma hatte im Ausland ( O p o r t o ) eine Partie Korkholz bestellt. Entgegen einer in das Konnossement a u f g e n o m m e n e n Vereinbarung löschte der Schiffer die Ladung nicht schon in Cuxhaven, sondern erst in Hamburg, obwohl die von der ausländischen Verkäuferin eingeschalteten hamburger Korrespondenten das Konnossement in Cuxhaven vorlegten und für die Frachtgebühr Kaution leisteten. Durch die Verzögerung der Auslieferung erlitt die Käuferin einen Schaden, den die Korrespondenten gegen den Schiffer einklagten. Dieser wandte gegen die Klage ein, die Korrespondenten hätten keinen Schaden erlitten und mit der geschädigten Käuferin stehe er nicht in vertraglichen Beziehungen. A n h a n d dieses Falles entwickelte die Rechtsprechung erstmals den folgenden, später vom R G in einer Vielzahl von Entscheidungen 1 6 bestätigten Rechtssatz: Der Spediteur oder Kommissionär, der einen Vertrag im eigenen N a m e n , aber für f r e m d e Rechnung abschließt, kann bei Vertragsverletzungen durch seinen Vertragspartner nicht nur sein eigenes Interesse, sondern zugleich auch das Interesse seines Hintermanns liquidieren. Wie eine genaue Analyse der jeweiligen Sachverhalte ergibt, ging es auch in den diversen Entscheidungen des R G jeweils um die Einbeziehung von Drittinteressen in einen vertraglichen Anspruch. Einige wichtige Entscheidungen seien zum Beleg kurz mit Sachverhalt vorgestellt: Im ersten einschlägigen Urteil des R G aus dem Jahr 1884 (Lesebuch-Fall) hatte ein Schuldirektor einen Verlagsvertrag für ein von ihm und einem Dritten gemeinsam bearbeitetes Lesebuch im eigenen N a m e n abgeschlossen. Nach Ansicht des R G stand die Klage wegen Verletzung des Verlagsvertrags nur d e m Direktor als alleinigem Gläubiger zu. Er könne aber den gesamten, beiden Autoren entstandenen Schaden ebenso geltend machen wie der Kommissionär Schadensersatzansprüche aus dem für Rechnung des Kommittenten geschlossenen Geschäft in vollem U m f a n g verfolgen könne, auch wenn der Schaden im Ergebnis dem Kommittenten zur Last falle. 17 14

O A G Lübeck, 20.1. 1855, S e u f f A r c h . 11 (1857), Nr.36 und 84. Vgl. dazu Staudinger/Sc'/iiemann, BGB, Vorbem. zu §§249ff. Rdn.69; v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241 f. und 249 f.; Diehle, Rechtsträgerschaft, S.49f.; zu der E n t s c h e i d u n g auch Hagen, Drittschadensliquidation, S. 111; Reinhardt, Ersatz, S.2. 16 Vgl. die Nachweise in F u ß n . 17 bis 23. 17 RG, 24.3. 1884, R G Z 12, 108, l l l f . 15

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

375

Im Dortmunder-Union-Aktienkauf-Fall aus dem Jahr 1891 hatten Beratungsfehler zum E r w e r b von wertlosen Aktien durch einen Kommissionär geführt. Dieser verlangte nach einem Kursverfall der Aktien den Schaden seines Kommittenten von der b e r a t e n d e n Bank ersetzt. 1 8 Im China-Uhren-Fall aus dem Jahr 1897 liquidierte der Kommissionär einen Schaden, der seinem Kommittenten aus einer Lieferverzögerung des Vertragspartners des Kommissionärs entstanden war. 19 Im Senegawurzel-Fall aus demselben Jahr ging es um einen mehrfach weitergeleiteten Auftrag, wonach Konnossemente gegen Wechselakzept auszuliefern waren. D e r letzte Auftraggeber in der Kette liquidierte bei seinem Vertragspartner den Schaden, der dem ersten Auftraggeber in der Kette dadurch entstanden war, dass die Konnossemente trotz fehlenden Wechselakzeptes ausgehändigt wurden. 2 0 Diese noch auf der Basis des gemeinen Rechts 2 1 sowie für das preußische allgemeine Landrecht 2 2 entwickelte Rechtsprechung bestätigte das R G später mehrfach unter der Geltung des BGB. 2 3 D a b e i findet sich jeweils der ausdrückliche Hinweis, dass der durch eine Vertragsverletzung des Vertragspartners des Mittlers verursachte Schaden des Hintermanns liquidiert werden könne. 2 4 D e r B G H hat diesen auch in der Literatur fast 2 5 allgemein anerkannten Rechtssatz 2 6 später übernommen. 2 7

18

RG, 31.1. 1891, R G Z 2 7 , 118, 125 f. RG, 13.11. 1897, R G Z 4 0 , 1 7 2 , 174 f. unter Hinweis auf die in F u ß n . 20 g e n a n n t e Entscheidung. 211 R G . 2 5 . 1 1 . 1897, R G Z 4 0 , 187, 189 ff. unter Hinweis auf die in Fußn. 17 und 18 g e n a n n t e n Entscheidungen. 21 Vgl. zuletzt RG, 23.3. 1904, R G Z 58. 39, 42 f. mit Nachweisen zur hier nicht weiter dargestellten R e c h t s p r e c h u n g des R O H G . 22 Die Ü b e r t r a g u n g auf das preußische allgemeine L a n d r e c h t erfolgte in RG, 25.11. 1897, R G Z 40, 187, 191. 23 RG, 29.1. 1906, R G Z 62,331,334f.: RG, 7.10. 1910, J W 1910,1000 (Nr. 5); RG, 16.5. 1917, R G Z 90, 240, 246 f.; RG, 11.5. 1918, R G Z 93, 39, 40; RG, 20.7. 1922, Recht 1923, Sp.45, 46 (Nr. 177); R G , 10.4. 1923, R G Z 107, 132, 135; RG, 15.1. 1927, R G Z 115,419, 425; RG, 11.4. 1934, H R R 1934 Nr. 1277; RG, 8.5. 1939, Deutsche Justiz 1939, 1439, 1441. 24 Deutlich z.B. RG, 13.11. 1897, R G Z 40, 172, 175 („... im Falle einer von seinem G e g e n k o n t r a h e n t e n a u s g e h e n d e n Vertragsverletzung ..."); RG, 25.11. 1897, R G Z 40, 187, 189 („... Ersatz des Schadens, welcher seinem A u f t r a g g e b e r durch die Kontraktwidrigkeit des a n d e r e n K o n t r a h e n t e n entsteht."); RG, 23.3. 1904, R G Z 5 8 , 3 9 , 4 2 („... beim B r u c h e des Vertrages ..."); vgl. ferner die Nachweise in F u ß n . 23 mit A u s n a h m e von R G , 10.4.1923, R G Z 107,132,135, wo bei der Formulierung des g e n a n n t e n Rechtssatzes der ausdrückliche Hinweis auf die Vertragsverletzung fehlt, allerdings d e n n o c h eine Vertragsverletzung vorausgesetzt wird. 19

25 A n d e r s - soweit ersichtlich - nur Peters, A c P 180 (1980), 329 ff., insbes. S. 352 ff. mit Ergebnis S.371, d e r die Drittschadensliquidation vollständig ablösen will. 26 Sogar Hagen, dessen Habilitationsschrift „Die Drittschadensliquidation im Wandel der R e c h t s d o g m a t i k " von 1971 d e m Ziel einer A b l ö s u n g der „eigenartigefn], der Rechtslogik spottenden Rechtsfigur der Drittschadensliquidation" (a.a.O., S. 287) dient, will sie d e n n o c h für die Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung a n e r k e n n e n (a.a.O., S. 142, 253 und 285); zu den G r e n z e n d e r A n w e n d b a r k e i t dieses Rechtssatzes vgl. allerdings B G H , 21.5. 1996, B G H Z 133,

3 7 6 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthe.se

b) Mittelbare Stellvertretung

und

hei sonstigen

Treuhandwirkungen

Deliktshaftung

Soweit ersichtlich hatte das R G niemals über einen Fall mittelbarer Stellvertretung zu entscheiden, in dem der Mittler Ansprüche aus Deliktshaftung geltend machte. In einem Urteil aus dem Jahr 1934 28 wurde im Gegenteil festgestellt, dass der „an den einzelnen Fundstellen recht verschieden begründete Rechtssatz", wonach bei einem H a n d e l n für f r e m d e Rechnung Ersatz auch des dem Auftraggeber entstandenen Schadens verlangt werden könne, „im allgemeinen nur für Fälle der H a f t u n g aus Verträgen anerkannt [ist]". O b auch im Bereich des Rechtes der unerlaubten Handlungen ein Ersatzanspruch mit der Verletzung f r e m d e n Interesses begründet werden könne, sei eine noch unausgetragene Frage, zu deren abschließender Beantwortung der vorliegende Fall keinen Anlass gebe. Auch der B G H wies zunächst nur auf die Möglichkeit hin, dass der Beauftragte bei mittelbarer Stellvertretung von seinem den Vertrag verletzenden Gegner Ersatz des dem Geschäftsherrn erwachsenen Schaden verlangen könne. 2 9 Im Jahr 1966 entschied er dann allerdings, der in der Rechtsprechung für die mittelbare Stellvertretung entwickelte feste Rechtsatz gelte auch bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Auch dort k o m m e es zu einer Schadensverlagerung aufgrund „treuhänderisch mittelbarer Vertretung" und die Freistellung des Schädigers sei nicht gerechtfertigt. 3 " Wegen der ganz überwiegenden Beschränkung der Rechtsprechungsfälle auf Vertragsverletzungen wird teilweise von denjenigen Autoren, die im R a h m e n der mittelbaren Stellvertretung zwischen Vertragsverletzungen und deliktischen Schäden differenzieren, von einer gewohnheitsrechtlichen A n e r k e n n u n g nur der ersten Fallgruppe gesprochen. Im zweiten Fall fehle es an einer festen Rechtsübcrzeugung. 3 ' In der Beschränkung der Rechtsprechungsfälle auf Vertragsverletzungen liegt vermutlich der G r u n d , warum oftmals in der Literatur die hier vorgenommene Differenzierung in zwei verschiedene Konstellationen für die Fallgruppe mittelbare Stellvertretung entweder nicht angesprochen 1 2 oder sogar die Möglichkeit deliktischer Schädigungen ausdrücklich verneint wird. 31 So stellt Tägert bei der Fallgruppe Gefahrentlastung ausdrücklich heraus, dass sie sowohl uner36 = N J W 1996,2734 (keine Drittschadensliquidation bei schädigender Auskunft an einen mittelbaren Stellvertreter). 27 Vgl. Fußn.29. 28 RG, 11.4. 1934, H R R 1934 Nr. 1277. 29 B G H , 23.11. 1954, B G H Z 15, 224. 227 f.; vgl. aus j ü n g e r e r Zeit auch B G H , 21.5. 1996, B G H Z 133, 36, 41 = N J W 1996, 2734, 2735. 3(1 B G H , 22.11. 1966, N J W 1967, 930, 931; vgl. dazu auch noch unten S.383. 11 Diehle, Rechtsträgerschaft, S.82. 32 So bei S t a u d i n g e r I S c h i e m a n n , BGB, Vorbem. zu §§249ff. Rdn.69f.; Soergel¡Mertens, BGB, Vor §249 Rdn.252; M ü n c h K o m m B O B / O i - i i e r , §249 R d n . 2 8 4 f f . 33 So Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S.40f.; dazu nachfolgend im Text.

§10

Treuhand

und

DrittschadensUquidation

377

laubte Handlungen als auch Vertragsverletzungen betreffe 3 4 , während er sogleich anschließend für die Fallgruppe mittelbare Stellvertretung der Ansicht ist, hier müsse ein Vertragsverhältnis vorliegen. Es gehe beim Drittschadensproblem in Fällen mittelbarer Stellvertretung nicht um Sachbeschädigung oder Sachentziehung, sondern um Vertragsverletzungen aller Art. 1 5 Wie unrichtig diese Darstellung ist, lässt sich anhand eines einfachen Falles zeigen: Erwirbt ein Beauftragter im eigenen N a m e n , aber für Rechnung seines Auftraggebers ein Hausgrundstück zu Eigentum und wird das G e b ä u d e anschließend von einem mit ihm nicht vertraglich verbundenen Dritten beschädigt, dann ist der Beauftragte als Rechtsträger der Inhaber des Anspruchs aus §823 Abs. 1 BGB, während der Auftraggeber im Hinblick auf seine Gefahrtragung geschädigt ist. Nicht anders als in den von Tägert angeführten, hier im Anschluss noch näher zu behandelnden Fällen der Gefahrentlastung können daher auch deliktische Schädigungen zu einer Drittschadensproblematik bei mittelbarer Stellvertretung führen. 3 6 D e r G r u n d , warum die Rechtsprechung über derartige Fälle nur selten zu entscheiden hatte, dürfte vor allem darin zu sehen sein, dass die Schadenshöhe bei Deliktsansprüchen oftmals in der Person des Hintermanns und des Mittlers nicht unterschiedlich hoch ist 37 und deshalb die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung gegenüber dem Schädiger von vornherein nicht offen gelegt wird 3x : G e h t es allein um den Ersatz des reinen Sachschadens, wird der Mittler - wie in unserem Beispiel der im G r u n d b u c h eingetragene Beauftragte - gegenüber d e m Schädiger gar keine Veranlassung haben, den vorangegangenen E r w e r b im Wege mittelbarer Stellvertretung bekannt zu geben. Er liquidiert einfach den entstandenen Sachschaden als (formeller) Eigentümer, ohne die - in Wirklichkeit aber entscheidungserhebliche - Drittschadensfrage zu thematisieren. 3 9 Die Schadensberechnung nach Maßgabe der Verhältnisse des Hintermanns wird nur dann relevant, wenn dieser einen höheren Schaden als der Mittler hat, z.B. dem Hintermann wegen der Beschädigung oder Zerstörung der im Eigentum des Mittlers stehenden Sache eine günstige Weiterverkaufsmöglichkeit entgangen ist, die der Mittler selbst nicht gehabt hätte. 4 0 In solchen Fällen eines hö34

Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S.38 ff., insbes. S.40. Tiigert, G e l t e n d m a c h u n g , S.40 f.; ähnlich auch Würthwein, Schadensersatz, S.420, nach d e r e n Darstellung es bei der Drittschadensliquidation - a b g e s e h e n von Fällen der obligatorischen G e f a h r e n t l a s t u n g - jeweils ( n u r ) um A n s p r ü c h e a u f g r u n d eines Vertragsverhältnisses geht. 16 Z u t r e f f e n d Peters, A c P 180 (1980), 329, 350. 37 Siehe dazu schon Neuner, A c P 133 (1931), 277, 311. w So z u t r e f f e n d für die Treuhandfälle Diehle, Rechtsträgerschaft, S.25 und 41; Peters, A c P 180 (1980), 329, 367. w Von dieser faktischen V e r d r ä n g u n g der D r i t t s c h a d e n s p r o b l e m a t i k durch f e h l e n d e O f f e n legung ist die „rechtliche V e r d r ä n g u n g " in denjenigen Fällen zu t r e n n e n , in d e n e n stets der objektive Schaden zu ersetzen ist, vgl. dazu v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 250f. 40 Vgl. auch noch das unten S.384ff. bei den Treuhandfällen a n g e f ü h r t e Beispiel. 35

3 7 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungslhese

bei .sonstigen

Treuhandwirkungen

heren Schadens des Hintermanns wird das Drittschadensproblem allerdings ebenfalls nicht relevant, wenn die Grundsätze über das Geschäft für den, den es angeht, die antizipierte Einigung mit Besitzkonstitut oder das Insichgeschäft eingreifen. 4 1 D e n n all diese Konstruktionen dienen dem Ziel eines raschen Eigentumserwerbs des Hintermanns, der seinen Schaden sodann als Rechtsträger (Eigentümer) selbst gemäß §823 Abs. 1 B G B liquidieren kann. G e r a d e an dieser Stelle zeigt sich die deutliche Parallele zwischen dem im zweiten Teil der Arbeit behandelten Vollstreckungsschutz und der Drittschadensliquidation, soweit es um deliktische Schädigungen geht. D a s Geschäft für den, den es angeht, und die anderen genannten Konstruktionen wurden von der Rechtsprechung und Literatur insbesondere mit dem Ziel entwickelt, den auf der Basis des Unmittelbarkeitsprinzips nicht zu gewährenden Vollstreckungsschutz in Fällen mittelbarer Stellvertretung doch zu ermöglichen. 4 2 Im Bereich der Drittschadensliquidation haben diese Rechtsinstitute durch die Z u o r d n u n g des Eigentums zum H i n t e r m a n n ebenfalls die Problematik weitgehend beseitigt, die ansonsten aus d e m Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung resultieren würde. Soweit allerdings diese Hilfskonstruktionen nicht eingreifen, insbesondere im Grundstücksrecht 4 3 , kann auf diesem Weg auch nicht in den Drittschadensfällen geholfen werden und es bedarf eines anderen, an die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung a n k n ü p f e n d e n Ansatzes. Die Problemfälle sind deckungsgleich.

3.

Treuhand

Die (Verwaltungs-)Treuhand ist nur selten ausführlich unter dem Blickwinkel der Drittschadensliquidation behandelt worden. 4 4 Zumeist beschränkt man sich im Anschluss an v. Caemmerer darauf, die Fallgruppe kurz zu benennen. 4 5 Eine Ausnahme bildet die Dissertation von Diehle mit dem Titel „Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung und Schadenseintritt beim Dritten. Zur Drittschadensliquidation bei Treuhand und mittelbarer Stellvertretung" aus d e m Jahr 1968. Der Titel ist Programm. Er wird hier vor allem deshalb besonders hervorgehoben, weil Diehle für die Drittschadensliquidation genau jene Erkenntnis heraus41

Z u t r e f f e n d w i e d e r u m Diehle, Rechtsträgerschaft, S.62f.; nicht thematisiert hingegen bei Peters, A c P 180 (1980), 329, 350f. 42 Z u der d a r a u s resultierenden Widersprüchlichkeit in R e c h t s p r e c h u n g und D o k t r i n siehe e i n g e h e n d oben S.221 ff. 41 Z u den G r e n z e n des A n w e n d u n g s b e r e i c h s für das dingliche G e s c h ä f t für d e n , d e n es angeht, o b e n S. 242 ff., z u m G r u n d s t ü c k s r e c h t insbes. S. 243 ff. 44 Z u t r e f f e n d Diehle, Rechtsträgerschaft, S.9, Peters, A c P 180 (1980), 329, 367, und Hagen, Drittschadensliquidation, S. 281, die auf die A u s n a h m e bei v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241. 259, verweisen. 45 Vgl. die Nachweise in F u ß n . 5 mit A u s n a h m e von Peters, A c P 180 (1980), 329, 367ff., der die Treuhandfälle etwas e i n g e h e n d e r beleuchtet.

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

379

arbeitet, die hier im zweiten Teil der Arbeit anhand des Vollstreckungsproblems entwickelt wurde: Mittelbare Stellvertretung und Treuhand schließen sich nicht etwa aus, sondern sind beide durch Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung gekennzeichnet. Bei der Treuhand geht es um einen Zustand der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, während die mittelbare Stellvertretung ein Tun ist, das zu diesem Zustand führt bzw. führen kann. 4 6 a) Konzentration

der Rechtsprechung

auf

Vertragsverletzungen

Diehle entnimmt diese Erkenntnis aus einer Sichtung der Rechtsprechungsfälle, die sich wiederum auf die Frage der Einbeziehung der Drittinteressen in den Inhalt vertraglicher Ansprüche konzentrieren. Dabei zeigt sich, dass die Rechtsprechung im Rahmen der Drittschadensliquidation zwischen mittelbarer Stellvertretung und Treuhand nicht getrennt hat. Die Wortwahl des B G H in der bereits angeführten Entscheidung aus dem Jahr 1966, in der er von „treuhänderisch mittelbarer Vertretung" spricht 47 , mag dies verdeutlichen. Bei der rechtlichen Beurteilung der Drittschadensliquidation ist niemals der G e d a n k e aufgekommen, die Rechtsfolgen auf der Basis des im Vollstreckungsrecht für so unentbehrlich gehaltenen Unmittelbarkeitsprinzips zu differenzieren. Oder anders ausgedrückt: Beide Fälle wurden wie selbstverständlich gleichbehandelt, weil das die Erkenntnis der Gemeinsamkeiten störende Unmittelbarkeitsprinzip hier (mit Recht) nicht in Betracht gezogen wurde. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch bei der Treuhand sinnvoll, im Sinne der oben vorgestellten Systematik zwischen den bereits für die mittelbare Stellvertretung herausgearbeiteten zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Zunächst geht es um die Einbeziehung des Treugeberinteresses in den vertraglichen Anspruch des Treuhänders gegen den Dritten (dazu sogleich). Andererseits stellt sich die Frage der Rechtszuordnung des Treuguts bei deliktischen Schädigungen durch Dritte (dazu unten b). aa) OAG Lübeck: Der

Korkholz-Fall

Betrachtet man den Korkholz-Fall des O A G Lübeck 4 8 noch einmal genauer unter dem Blickwinkel von Treuhand und mittelbarer Stellvertretung, dann lässt sich feststellen^ dass in Wahrheit eine Treuhandkonstellation vorlag, obwohl gerade dieser Fall Ausgangspunkt der Diskussion zur Drittschadensliquidation bei mittelbarer Stellvertretung war. Es wurde Schadensersatz aus der Verletzung des gegen den Schiffer gerichteten Anspruchs auf Entladung in Cuxhaven gefordert. Dieser stand dem Korrespondenten als Inhaber des Konnossementes 46 Diehle, Rechtsträgerschaft, S.69; vgl. die e n t s p r e c h e n d e n Ü b e r l e g u n g e n zum Vollstreckungsschutz o b e n in §§7 und 8 (S. 189 ff.), zur Ansicht von Schless insbes. S. 196 ff. 47 B G H , 22.11. 1966. N J W 1967, 930, 931. 48 Vgl. oben S.374.

3 8 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

zu. E r hatte ihn aber nicht durch ein Handeln für f r e m d e Rechnung, also durch mittelbare Stellvertretung erlangt, sondern er war ihm von der ausländischen Verkäuferin entweder direkt oder aber in deren Auftrag vom Verfrachter durch Aushändigung des Konnossements übertragen worden. Wie Diehle^ mit Recht herausgearbeitet hat, ist dies aber die typische Situation der fiduziarischen Treuhand mit Verwaltungsaufgaben. Auch hier kann sich die Frage stellen, ob sich der Schadensersatzanspruch bei einer Vertragsverletzung inhaltlich auf das Interesse des die Forderung haltenden Treuhänders beschränkt oder das Interesse Dritter, in deren Auftrag und Interesse der Treuhänder handelt, einbezogen werden kann. 5 0 bb) Rechtsprechung

des

Reichsgerichts

Auch in den RG-Entscheidungen, die sich mit einer Drittschadensliquidation bei der Treuhand beschäftigen, ging es jeweils um die Folgen von Vertragsverletzungen. Im Mirabellensprit-Fall aus dem Jahr 1923 51 , der gewöhnlich nur für die Drittschadensliquidation bei der mittelbaren Stellvertretung zitiert wird 52 , hatte das R G über folgende Konstellation zu entscheiden: Die Verkäuferin eines Fasses Mirabellensprit hatte den in Franken festgelegten Kaufpreisanspruch zum Inkasso an eine Firma abgetreten, die ihn in Mark umtauschen und bis zu anderweitiger Verfügung des Z e d e n t e n nutzbringend verwenden sollte. Wegen einer zu späten Zahlung des Käufers und zwischenzeitlicher Kursschwankungen zwischen Franken und Mark konnte nur ein geringerer Markbetrag erlöst werden. D a s R G n a h m hier an, dass der Zessionar einen eigenen Schaden nur in H ö h e der fehlenden Nutzungsmöglichkeit für die D a u e r der Zahlungsverzögerung hatte, der aber nicht eingeklagt sei. Er könne aber den aus der Zahlungsverzögerung resultierenden Schaden des Z e d e n t e n geltend machen. Die Rechtsprechung habe in zahlreichen Fällen die Schadensbegründung aus der Person eines Dritten gestattet, wenn der Dritte der wirklich und endgültig Geschädigte ist, während ein anderer, der im eigenen N a m e n , aber für Rechnung des Dritten gehandelt hat oder zu handeln hatte, nur nach außen hin zur Klage berufen ist. 53 Bei der A b t r e t u n g zur Einziehung habe der neue Gläubiger zwar nach außen die volle Gläubigerstellung. Im Innenverhältnis bleibe

4l)

Diehle, Rechtsträgerschaft, S. 51. D a b e i soll hier offen bleiben, o b Begünstigter der im Korkholz-Fall vorliegenden Treuh a n d unmittelbar die d e u t s c h e Käuferin war. Es kann auch a n g e n o m m e n werden, dass die H a m b u r g e r K o r r e s p o n d e n t e n d e r ausländischen Verkäuferin d e n A n s p r u c h auf E n t l a d u n g nur treuhänderisch für diese hielten, die Verkäuferin ihrerseits aber wieder den A n s p r u c h im Wege mittelbarer Stellvertretung für die Käuferin e r w o r b e n hatte, um deren A u f t r a g zu erfüllen, das Holz nach der Weser zu verladen. 50

51 52 53

RG, 10.4. 1923, R G Z 107, 132. Vgl. die z u t r e f f e n d e B e o b a c h t u n g bei Diehle, Rechtsträgerschaft, S. 15 f. RG, 10.4. 1923, R G Z 107, 132, 135 unter Hinweis auf R G Z 97, 87.

§10 Treuhand

und

Drittschadensliqiiidalion

381

aber dem alten Gläubiger sein Forderungsrecht gewahrt. Zahle der Schuldner nicht oder nicht rechtzeitig, sei deshalb der Z e d e n t der wirklich Geschädigte. D e m Zessionar entstehe kein Schaden, da er nur das, was der Schuldner zahlt, seinem Auftraggeber herausgeben müsse. D e r Schuldner würde in einem solchen Fall überhaupt nicht schadensersatzpflichtig werden können, wenn der Schaden des ursprünglichen Gläubigers unberücksichtigt bleiben müsste. Die U n a n n e h m b a r k e i t eines solchen Ergebnisses liege auf der Hand. 5 4 Ganz ähnlich entschied das R G in einem Kfz-Versicherungs-Fall aus dem Jahr 1937.55 Ein Versicherungsnehmer, der den Anspruch aus der Versicherung zur Sicherheit abgetreten hatte, verlangte den bei ihm eingetretenen Verzugsschaden (Verdienstausfall) wegen verspäteter Auszahlung der Versicherungssumme ersetzt. Das R G entschied, dass die Sicherungsabtretung zwar eine echte Abtretung darstelle, die Auszahlung aber für Rechnung des Versicherungsnehmers erfolge, so dass die nicht rechtzeitige Zahlung zu seinem Nachteil geschehe. Auch dieser Schaden könne geltend gemacht werden.""6 Nicht anders urteilte das R G nur zwei Jahre später in einem Darlehens-Fall. 5 7 Der Kläger hatte sein Vermögen im Wege einer Vergleichstreuhand auf eine Bank übertragen. Diese gab für seine R e c h n u n g aus dem Vermögen einen Kredit, der zu spät zurückgezahlt wurde. Der Kläger verlangte daraufhin seinen Verzugsschaden aus abgetretenem Recht der Bank; nach Ansicht des R G zu Recht. Ein Treuhänder, der im eigenen N a m e n für f r e m d e Rechnung mit einem Dritten einen Vertrag schließt, könne den dem Treugeber durch Vertragsverletzungen seitens eines Dritten erwachsenen Schaden geltend machen. Das Gericht stützte sich dabei sowohl auf den zur mittelbaren Stellvertretung ergangenen China-Uhren-Fall als auch auf den vorgenannten Mirabellensprit-Fall. 5K Es macht damit deutlich, dass es in keiner Weise darauf a n k o m m t , ob der verletzte Anspruch durch mittelbare Stellvertretung in der Person des Mittlers entstanden oder durch fiduziarische A b t r e t u n g auf ihn übertragen wurde. Es wird vielmehr im Bereich der Drittschadensliquidation von einem allgemeinen G r u n d satz ausgegangen, dass der Beauftragte den dem Auftraggeber entstandenen Schaden liquidieren kann. Das Unmittelbarkeitsprinzip bleibt von vornherein außer Betracht. 54

RG, 10.4. 1923, R G Z 107, 132, 135. RG, 30.4. 1937, R G Z 155, 50. 56 E b e n s o jüngst B G H , 9.2. 2006, BB 2006, 799 f.; das R G billigte seinerzeit die tatrichterliche Auslegung der Sicherungsabtretung als möglich und d a h e r für die Revisionsinstanz bindend, wonach der Sicherungsgeber den Verzugsschaden o h n e Z u s t i m m u n g des Sicherungsn e h m e r s selbst von der Versicherung verlangen k o n n t e (a.a.O., S.52). 57 RG, 8.5. 1939, Deutsche Justiz 1939, 1439. 5R RG, 8.5.1939, Deutsche Justiz 1939,1439,1441, u n t e r Hinweis auf R G Z 40,189 und R G Z 107, 135. D a r ü b e r hinaus wird noch R G Z 97, 88 zitiert, wo der allgemeine G r u n d s a t z ebenfalls formuliert, im Ergebnis aber die Ersatzmöglichkeit des D r i t t s c h a d e n s abgelehnt wird, weil kein H a n d e l n für f r e m d e R e c h n u n g vorlag. 55

3 8 2 Dritter Teil: Bewährung

cc) Rechtsprechung

des

der Gefahrtragungsthese

hei sonstigen

Treuhundwirkungen

Bundesgerichtshofs

Diese begriffliche und sachliche Gleichstellung von Treuhand und mittelbarer Stellvertretung ist auch in einem Urteil des B G H aus dem Jahr 198659 festzustellen. Danach kann der Treuhänder, der für mehrere Anleger über ein Sammelkonto Warentermingeschäfte an internationalen Börsen abwickelt, unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation Schadensersatzansprüche der Anleger gegen einen anderen Anleger wegen treuwidrig erzielter Gewinne durch geheime Beschaffung von „Insider-Informationen" geltend machen. Die zwischen dem klagenden Vermögensverwalter (Treuhänder) und den Anlegern abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge bildeten einen Fall der mittelbaren Stellvertretung. Der Kläger werde zwar auch im eigenen Interesse tätig, gleichzeitig nehme er aber die Interessen der Anleger wahr, die auf die Erzielung optimaler Gewinne gerichtet sind. Dies geschehe durch die Verwaltung des Warenterminsammelkontos und den Einsatz der Einlagen der Anleger an den Warenterminbörsen für deren Rechnung. Der Kläger habe damit eine Treuhandstellung hinsichtlich des ihm anvertrauten Vermögens. In derartigen Fällen bleibe für die Drittschadensliquidation Raum, wenn der Treuhänder das sein Eigeninteresse übersteigende Interesse des Treugebers geltend machen muss, weil diesem ein eigener Anspruch fehlt. 60 Auch hier geht der B G H wie selbstverständlich davon aus, dass durch einen im Wege mittelbarer Stellvertretung abgeschlossenen Vertrag ein Treuhandverhältnis entsteht. O b die Vermögensverwaltung eine Treuhand im engeren Sinne darstellt, ob also das verwaltete Vermögen unmittelbar vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen wurde oder die sonst im Vollstreckungsrecht an die Annahme eines Treugeberschutzes bei Treuhandkonten gestellten Anforderungen erfüllt sind, wird nicht thematisiert. Dies dürfte nicht allein daran liegen, dass es im konkreten Fall nicht um die Zuordnungsfragen im Hinblick auf das Treugut, sondern um die Verletzung der vertraglichen Pflicht eines Anlegers gegenüber den anderen Anlegern ging, für die der Treuhänder nach Ansicht des B G H die Geschäftsbesorgungsverträge in mittelbarer Stellvertretung abgeschlossen hatte. Vielmehr wird auch in dieser Entscheidung deutlich, dass es im Hinblick auf die Drittschadensliquidation in der Rechtsprechung keinen Unterschied macht, wie eine Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung zustande kommt. b) Treuhand und

Deliktshaftung

Neben den von der Rechtsprechung vorrangig behandelten Vertragsproblemen 60a sind bei der Treuhand - nicht anders als in den Fällen mittelbarer Stell59 60 6(,a

B G H , 8.12. 1986, N J W - R R 1987, 880. B G H , 8.12. 1986, N J W - R R 1987, 880, 881. Siehe jüngst wieder B G H , 9.2. 2006, BB 2006, 799 f.

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

383

Vertretung - auch die hier vorrangig i n t e r e s s i e r e n d e n Z u o r d n u n g s p r o b l e m e im Deliktsrecht relevant. aa) Amtspflichtverletzungen

gegenüber

dem

Treuhänder

D e r B G H h a t t e in d e m schon e r w ä h n t e n Fall aus d e m J a h r 1966 eine Sonderkonstellation deliktischer Schädigung zu b e u r t e i l e n , nämlich eine Amtspflichtverletzung durch einen N o t a r bei B e u r k u n d u n g eines Rechtsgeschäftes. E b e n s o wie die Urteile zu den V e r t r a g s p r o b l e m e n lässt auch diese E n t s c h e i d u n g eine Gleichstellung von m i t t e l b a r e r Stellvertretung und T r e u h a n d im Schadensrecht erkennen: D a s b e u r k u n d e t e R e c h t s g e s c h ä f t war von e i n e r t r e u h ä n d e r i s c h eingeschalteten Bank f ü r d e n Ausgleichsfonds d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d abgeschlossen w o r d e n . D e r B G H hielt die k l a g e n d e B a n k f ü r berechtigt, im Wege der Drittschadensliquidation d e n d e m Ausgleichsfonds aus der Amtspflichtverletzung e n t s t a n d e n e n S c h a d e n geltend zu m a c h e n . D i e B a n k sei „in ihrer t r e u h ä n derischen Stellung m i t t e l b a r e Stellvertreterin d e r B u n d e s r e p u b l i k (des Ausgleichsfonds)" u n d damit n u r „formell B e r e c h t i g t e " aus d e n abgeschlossenen D a r l e h e n s - und Sicherungsverträgen. Trägerin des geschützten Interesses sei hingegen die B u n d e s r e p u b l i k (der Ausgleichsfonds). E s sei ein fester R e c h t sprechungsgrundsatz, dass, w e n n in Fällen dieser A r t d e m Träger des vertraglich geschützten Interesses aus einer Vertragsverletzung S c h a d e n erwächst, d e r aus d e m Vertrage B e r e c h t i g t e diesen ( D r i t t - ) S c h a d e n gegen den Vertragsgegner geltend m a c h e n könne. 6 1 Im vorliegenden Fall h a n d e l e es sich allerdings nicht u m S c h a d e n s e r s a t z a n sprüche aus Vertragsverletzung, s o n d e r n u m solche aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g . Auch hier sei d e r Schadenseintritt a b e r nur verlagert, weil die Klägerin, der geg e n ü b e r der beklagte N o t a r seine A m t s p f l i c h t s c h u l d h a f t verletzt hat, bei d e m Rechtsgeschäft, das infolgedessen fehlgeschlagen ist, die Interessen des Ausgleichsfonds t r e u h ä n d e r i s c h mittelbar v e r t r e t e n h a b e . E s w i d e r s p r e c h e den Prinzipien des Schadensersatzrechts, w e n n d e r B e k l a g t e von d e r Verpflichtung zum Schadensersatz wegen A m t s p f l i c h t v e r l e t z u n g n u r d e s h a l b freigestellt bleibe, weil die Klägerin selbst k e i n e n S c h a d e n erlitten, d e r Beklagte a b e r seine Amtspflicht g e g e n ü b e r d e m geschädigten Ausgleichsfonds nicht verletzt habe. Die G r u n d s ä t z e einer D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n m ü s s t e n d a h e r auch hier zur Anwendung kommen.62 D i e Begriffe „ T r e u h a n d " u n d „ m i t t e l b a r e S t e l l v e r t r e t u n g " w e r d e n in dieser E n t s c h e i d u n g v o m B G H s y n o n y m v e r w e n d e t . U n d das ist n u r möglich, weil bei der R e c h t s f o l g e D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n - a n d e r s als im Vollstreckungsrecht 61

B G H , 22.11. 1966, N J W 1967,930,931 u n t e r Hinweis auf B G H Z 4 0 , 9 1 , 1 0 0 = N J W 1963,

2071. 62

B G H . 22.11. 1966, N J W 1967, 930, 931.

3 8 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

nicht nach der Einhaltung des Unmittelbarkeitsprinzips differenziert wird. Das Unmittelbarkeitsprinzip war bezüglich derjenigen Rechtspositionen der Bank, die sich aus den Geschäften ergab, nicht eingehalten. Und dennoch wird von „Treuhand" sowie von „formeller" Berechtigung gesprochen und damit ein Begriff verwendet, den die Rechtsprechung sonst zur Beschreibung der Treuhänderposition bei einer Treuhand im vollstreckungsrechtlichen Sinne verwendet hat. bb) Deliktische Schädigung

des Treuguts

Wie bei einem Erwerb des Gegenstandes im Wege mittelbarer Stellvertretung kann es auch bei einer unmittelbaren treuhänderischen Übertragung eines Vermögensgegenstandes dazu kommen, dass das Treugut durch einen Dritten deliktisch beschädigt oder zerstört wird. Wandeln wir den oben bei der mittelbaren Stellvertretung angeführten Hauskauffall 6 3 dahingehend ab, dass das Hausgrundstück nicht von Dritten erworben, sondern vom Treugeber dem Treuhänder unmittelbar übertragen wurde, kann die rechtliche Beurteilung der Beschädigung durch Dritte nicht anders ausfallen. Allerdings wird die Drittschadensproblematik bei der Treuhand im herkömmlichen Sinn nicht nur bei Grundstücksrechten praktisch relevant. Während bei der mittelbaren Stellvertretung die Hilfskonstruktionen wie das Geschäft für den, den es angeht, zu einem Eigentumserwerb des Hintermanns führen und damit das Bedürfnis für eine Drittschadensliquidation entfällt 64 , ist bei der unmittelbaren treuhänderischen Übertragung gerade ein Rechtserwerb des Mittlers gewollt. Die Problematik ergibt sich daher in gleicher Weise bei beweglichen Sachen. Wird beispielsweise ein wertvolles Kunstwerk, an dem ein Treugeber das Eigentum einem Treuhänder übertragen hat, von dritter Seite deliktisch beschädigt oder zerstört, kommt es auch hier zu einem Auseinanderfallen von Anspruchsberechtigung gemäß §823 Abs. 1 B G B beim Treuhänder und Schaden beim Treugeber. Wenn in der Praxis kaum Fälle deliktischer Schädigungen von Treugut zu entscheiden waren, liegt dies wiederum an dem schon bei der mittelbaren Stellvertretung angeführten Umstand: Der Treuhänder, der nur den reinen Sachschaden liquidieren will, wird in aller Regel gar keine Veranlassung haben, das Treuhandverhältnis offen zu legen. 65 Die Frage, ob das Interesse des Treugebers oder des Treuhänders maßgeblich ist, kann jedoch durchaus von erheblicher Bedeutung sein, wie das nachfolgende Beispiel aufzeigen mag. Es soll aus einer Abwandlung der bekannten Stromkabelfälle gebildet werden, die sich durch folgende Problematik auszeichnen: Die Verletzung des absolut geschützten Rechtsgutes Eigentum einer Person an 63 M 65

Siehe oben S. 377. Siehe oben bei Fußn.41. Vgl. dazu oben bei Fußn.38.

§10 Treuhand

und

Dritlschadensliquidalion

385

e i n e m S t r o m k a b e l führt im w e i t e r e n Verlauf der U r s a c h e n k e t t e bei D r i t t e n zu e i n e m reinen Vermögensschaden, insbesondere durch Ausfall der Produktion e i n e s an das S t r o m n e t z a n g e s c h l o s s e n e n Betriebes.66 D a der Dritte selbst nicht in e i n e m a b s o l u t g e s c h ü t z t e n R e c h t s g u t v e r l e t z t ist 6 7 , k a n n e r n a c h h . M . n i c h t aus §823 Abs. 1 B G B g e g e n diejenige Person vorgehen, die das Stromkabel beschädigt hat.68 D i e s wäre nur dann möglich, w e n n der G e s c h ä d i g t e selbst Eigent ü m e r d e s S t r o m k a b e l s g e w e s e n wäre, also z.B. ein auf s e i n e m B e t r i e b s g r u n d stück l i e g e n d e s S t r o m k a b e l b e s c h ä d i g t w o r d e n wäre. D a n n nämlich w ä r e n alle adäquat aus der Eigentumsverletzung folgenden Schäden g e m ä ß § 8 2 3 Abs. 1 B G B zu ersetzen.69 D i e R e c h t s p r e c h u n g h a t in d e n S t r o m k a b e l f ä l l e n , in d e n e n e i n e P e r s o n e n v e r schiedenheit zwischen d e m Eigentümer des Stromkabels und dem Geschädigt e n vorliegt u n d d e s h a l b A n s p r u c h s i n h a b e r s c h a f t u n d S c h a d e n a u s e i n a n d e r fall e n , e i n e D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n a b g e l e h n t . 7 0 D e m ist i m G r u n d s a t z z u z u s t i m m e n , da die B e s c h r ä n k u n g der Ersatzfähigkeit von S c h ä d e n außerhalb

von

V e r t r a g s b e z i e h u n g e n v o m G e s e t z b e w u s s t a u f d e n Fall b e s c h r ä n k t w u r d e , d a s s d e r G e s c h ä d i g t e in e i n e m e i g e n e n a b s o l u t g e s c h ü t z t e n R e c h t s g u t v e r l e t z t ist.

66 Vgl. z.B. B G H , 9.12. 1958, B G H Z 29, 65 = VersR 1959, 150; B G H , 12.3. 1968, N J W 1968, 1279 = VersR 1968.593: vgl. e i n g e h e n d zu den E r s a t z a n s p r ü c h e n bei Beschädigung von Versorgungsleitungen Tegelhoff, BB 1964. 19 ff.: Überblick aus j ü n g e r e r Zeit bei M ü n c h K o m m B G B / Wagner, 4. Aufl., §823 Rdn. 114 und 118; siehe auch M ü n c h K o m m B G B / M m m s , 3. Aull.. §823 R d n . 116 ff. 67 A n d e r e s gilt, wenn infolge des Stromausfalls auch beim Dritten ein absolutes Rechtsgut verletzt wird, z. B. in einer Geflügelzuchtanslalt der B r u t a p p a r a t ausfällt, so dass sämtliche beb r ü t e t e n Eier v e r d e r b e n (vgl. B G H , 4.2. 1964, B G H Z 41, 123 = VersR 1964, 533; zur A b g r e n zung dieses Falles von den Fällen fehlender Rechtsgutsverletzung beim Dritten siehe auch B G H . 12.3. 1968, N J W 1968, 1279, 1280 = VersR 1968,593). Hier ergibt sich für den geschädigten U n t e r n e h m e r ein eigener Ersatzanspruch aus §823 Abs. 1 BGB. 6X B G H , 9.12. 1958. B G H Z 29, 65, 75 a.E. = VersR 1959, 150, 153; B G H , 12.3. 1968, N J W 1968,1279, 1280 = VersR 1968,593. D a r ü b e r hinaus wird auch ein Schadensersatzanspruch wegen unzulässigen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten G e w e r b e b e t r i e b verneint, weil es an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehlt (vgl. auch dazu B G H , 9.12. 1958, B G H Z 29, 65ff., insbes. S.74f. = VersR 1959, 150, 152f.; B G H , 12.3. 1968, N J W 1968, 1279,1280 = VersR 1968,593). D e r f r ü h e r e Ansatz, in den Vorschriften der L a n d e s b a u o r d n u n g zum Schutz öffentlicher Versorgungsleitungen Schutzgesetze zugunsten des einzelnen Stroma b n e h m e r s zu sehen (so B G H , 12.3. 1968, N J W 1968,1279 = VersR 1968,593), w u r d e in B G H , 8.6. 1976, B G H Z 66, 388 = N J W 1976, 1740 wieder a u f g e g e b e n (vgl. dazu auch M ü n c h K o m m B G B / A i t O c n s , 3. Aufl., § 823 Rdn. 117 in Fußn.241). 69 Vgl. zu diesem nur auf den ersten Blick b e f r e m d l i c h e n Ergebnis, dass die Ersatzfähigkeit des Betriebsausfallschadens vom Eigentum am S t r o m k a b e l abhängig ist, v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 2 4 1 , 2 4 7 . 70 Vgl. dazu Hagen. Drittschadensliquidation, S. 135, und Tegelhoff, BB 1964,19,21, die darauf hinweisen, dass eine Drittschadensliquidation in der E n t s c h e i d u n g B G H , 9.12. 1958, B G H Z 29, 65 ff., erwogen, aber im Ergebnis verworfen w o r d e n sei, o h n e dass dieser Teil der E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e veröffentlicht wurde; zum f e h l e n d e n Ersatz der Drittschäden in den S t r o m k a b e l f ä l l e n vgl. auch v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 246, u n t e r Hinweis auf die gleichlautende R e c h t s p r e c h u n g des S u p r e m e C o u r t in G e o r g i a ( U S A ) .

3 8 6 Dritter Teil: Bewährimg

der Gefahrtragungsthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Wollte man eine Ersatzpflicht auch für sämtliche Folgeschäden statuieren, die bei irgendwelchen dritten Personen aus der Verletzung eines Rechtsgutes entstehen, k ä m e man ins Uferlose: Würde etwa das einem Elektrizitätsunternehmen gehörende Stromkabel beschädigt und k ä m e es dadurch zu einem Stillstand eines Druckereibetriebs, wären nicht nur dessen Schäden zu ersetzen, sondern folgerichtig auch die Schäden der Kunden der Druckerei und der weiteren Kunden, also vielleicht die Schäden der Redaktionen und Verlage jener Zeitungen, die nicht gedruckt wurden, und der Buchhändler und Zeitungskioske, die die Zeitungen nicht verkaufen konnten. 7 1 Nun aber die Abwandlung: Die Ersatzfähigkeit der Folgeschäden muss dann anders beurteilt werden, wenn eine Personenverschiedenheit zwischen dem Eigentümer des Stromkabels und dem geschädigten Betriebsinhaber nur „formal" aufgrund eines Treuhandverhältnisses besteht. N e h m e n wir an, der Betriebsinhaber habe das Grundstück oder den Grundstücksteil, auf dem sich das beschädigte Stromkabel befand, treuhänderisch auf einen Dritten übertragen. D a n n ist formal gesehen dieser Treuhänder Eigentümer des Stromkabels. Will dieser Treuhänder vom Schädiger nur den Ersatz der reinen Sachbeschädigung am Stromkabel, also die Kosten der R e p a r a t u r des Stromkabels verlangen, dann hat er - wie dargelegt - wenig Veranlassung, gegenüber dem Schädiger das Treuhandverhältnis und damit die Tatsache der Drittschadensliquidation 7 2 offen zu legen. D e n n dieser Teil des Schadens ist in jedem Fall gleich hoch zu bemessen. Soll jedoch auch der aus der Betriebsunterbrechung entstandene, deutlich höhere Schaden geltend gemacht werden, k ä m e es nun in der Tat darauf an, die Schadensberechnung aus der Person des Treugebers auch tatsächlich offen zu legen. Die Drittschadensliquidation ist hier ebenso zuzulassen wie in den Fällen der mittelbaren Stellvertretung, weil es jeweils um eine Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung geht. 7 1 c) Zusammenfassende

Würdigung

Im Ergebnis ist Diehle Recht zu geben, wenn er die Drittschadensfälle bei der fiduziarischen Treuhand und der mittelbaren Stellvertretung unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt der „Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung" zusammenfasst. Die von der h.M. aus der Vollstreckungsproblematik ü b e r n o m m e n e , schon dort wenig sinnvolle Einteilung in zwei verschiedene Fallgruppen (Treuhand einerseits, mittelbare Stellvertretung andererseits) erscheint für das Schadensrecht ohne Sinn. 71

Beispiel nach v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 246. D e r T r e u h ä n d e r des G r u n d s t ü c k s hat a u f g r u n d seines A u f w e n d u n g s e r s a t z a n s p r u c h s gegen den Treugeber keinen eigenen Schaden. " Zu der a b w e i c h e n d e n Lösung j e n e r A u t o r e n , die die Drittschadensliquidation a b l e h n e n und stattdessen die Idee des versagten Vorteilsausgleichs heranziehen wollen, siehe noch unten S. 394 ff. 72

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

387

Allerdings ist Diehle mit Siebert74 und gegen die Ansicht von Schless75 der Meinung, dass die mittelbare Stellvertretung nicht notwendig zu einer Treuhand führen müsse, wenn sie eine Rechtsträgerschaft des Mittlers zur Folge hat. Von einer Treuhand könne nämlich nur die Rede sein, wenn auch bei den anderen Treuhandfragen, insbesondere im Vollstreckungsrecht, eine rechtlich wirksame Treuhand im Wege mittelbarer Stellvertretung begründet werden könne. 76 Gerade hier wirkt sich nun aber die Beschränkung der Arbeit von Diehle auf die Drittschadensliquidation als Mangel aus. Denn es ist gerade die im Vollstreckungsrecht zu Unrecht vorgenommene Beschränkung durch das Unmittelbarkeitsprinzip, die die Erkenntnis der Problemverwandtschaft beider Fragen verdeckt. Geht man mit der in §§ 7 und 8 näher begründeten Ansicht davon aus, dass auch im Vollstreckungsrecht das Aussonderungsrecht und die Drittwiderspruchsklage allein an die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung anknüpfen 77 , dann stellt die mittelbare Stellvertretung, soweit sie überhaupt zu einer Rechtsträgerschaft des Mittlers führt, in jeder rechtlichen Hinsicht eine Möglichkeit zur Begründung eines Treuhandverhältnisses dar. Für die von Diehle78 ebenfalls ins Feld geführten Treuhandwirkungen bei der Einwendungsproblematik wird das noch an späterer Stelle aufgezeigt werden. 7 9 Es sollte deshalb auch im Schadensrecht generell nicht nach dem Weg unterschieden werden, den das Treugut zum Treuhänder genommen hat, sondern nach der Art der Schädigung: Auf der einen Seite kann sich sowohl bei einem im Wege mittelbarer Stellvertretung erworbenen wie auch bei einem unmittelbar treuhänderisch übertragenen Anspruch die Frage stellen, ob sich dieser Anspruch im Fall einer Vertragsverletzung inhaltlich auf den Schutz des Drittinteresses des Hintermanns bezieht. Auf der anderen Seite ist zu fragen, ob ein deliktisch geschädigter Gegenstand im Rahmen der Schadensberechnung „wirtschaftlich" dem mittelbar Vertretenen oder Treugeber zuzurechnen und deshalb der Schaden aus seinem Interesse zu bemessen ist. Nimmt man diese Trennung in zwei verschiedene Gruppen in den Blick, lässt sich auch ein zweiter Mangel in den überwiegend plausiblen Überlegungen Diehles erkennen: Nach seiner Ansicht weist die Fallgruppe der Rechtsträger74

Zitiert wird Siebert, Treuhandverhältnis, S. 110 in Fn.4. Zitiert wird Schless, Stellvertretung, S.43, 60 f. 76 Diehle, Rechtsträgerschaft, S.71. 77 D a b e i ist Diehle, a.a.O., Recht zu geben, dass sich diese Rechtsfolge nicht begriffsjuristisch aus der Feststellung der „Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g " herleiten lässt, sondern eine B e g r ü n d u n g d a f ü r erforderlich ist, w a r u m die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung auch im Vollstreckungsrecht entscheidend für den Treugeberschutz ist (vgl. dazu eingehend o b e n §§ 7 und 8 [S. 189ff., 264 ff., insbes. S. 298 ff.]). D e r von Diehle im Anschluss an Sieben g e g e n ü b e r Schless e r h o b e n e Vorwurf einer rein begrifflichen A r g u m e n t a t i o n scheint aber nicht gerechtfertigt (vgl. zu der B e g r ü n d u n g von Schless o b e n S. 196ff.). 75

78

Diehle, Rechtsträgerschaft, S.71. > Siehe unten §11 der A r b e i t (S. 412 ff.).

71

3 8 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragiingsthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

schaft für f r e m d e R e c h n u n g keine Gemeinsamkeit mit der nachfolgend zu besprechenden Fallgruppe der obligatorischen Gefahrentlastung auf. 80 Diese Beurteilung ist unrichtig. G e r a d e weil sich die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung durch eine G e f a h r t r a g u n g des Hintermanns auszeichnet, besteht im Gegenteil eine ganz erhebliche sachliche Nähe zur Fallgruppe der Gefahrentlastung. Diese Nähe ist allerdings nur dann klar erkennbar, wenn man die oben aufgezeigten, in der Rechtsprechung wenig behandelten Fälle deliktischer Schädigungen bei der Treuhand in die Betrachtung einbezieht. D a n n lassen sich - wie n u n m e h r zu zeigen sein wird - beachtliche Gemeinsamkeiten erkennen: Als Folge der obligatorischen Gefahrentlastung ergeben sich ebenfalls die beiden hier unterschiedenen Problemkreise. 4. Obligatorische

Gefahrentlastung

a) Tatbestände der

bei

Übereignungspflichten

Gefahrentlastung

Wie bereits gesagt, werden unter dem Stichwort der obligatorischen Gefahrentlastung bei Übereignungspflichten vor allem drei Konstellationen genannt: der Versendungskauf gemäß §447 BGB, das Vermächtnis und z.T. auch die Schenkung. 81 Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde für jede dieser Konstellationen näher dargelegt, inwiefern es hier jeweils zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft (beim Verkäufer, E r b e n oder Schenker) und G e f a h r t r a g u n g (beim Käufer, Bedachten oder Beschenkten) kommt. 8 2 Die erstere Person ist Eigentümer der Sache und damit bei Beschädigung oder Zerstörung durch Dritte Inhaber des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB, während die letztere Person den Schaden trägt: Beim Versendungskauf geht die G e f a h r - von den Fällen des §474 Abs. 2 B G B a b g e s e h e n 8 3 - g e m ä ß §447 B G B auf den Käufer über, der zur vollen Kaufpreiszahlung verpflichtet bleibt, obwohl er die Sache nicht oder nicht unbeschädigt erhält. Im Fall des Vermächtnisses und der Schenkung trägt der Gläubiger den Schaden, weil der Schuldner des Anspruchs gemäß § 275 Abs. 1 B G B ersatzlos von seiner Leistungspflicht frei wird. 84 Nur selten wird bei der Fallgruppe der obligatorischen Gefahrentlastung zusätzlich auch auf den G e f a h r ü b e r g a n g bei A n n a h m e v e r z u g des Käufers gemäß § 324 Abs. 2 B G B a.F., § 326 A b s . 2 S a t z l Alt. 2 B G B n.F. hingewiesen. V. Caemmerer bildet dazu das folgende Beispiel: Ein Antiquitätenhändler hat einem

811

Diehle, Rechtsträgerschaft, S.73f. Siehe dazu schon o b e n S. 116f. mit Nachweisen in F u ß n . 3 2 7 und 328 sowie o b e n S.370. 82 Siehe o b e n S. 330 ff. (zum V e r s e n d u n g s k a u f ) , S. 337 ff. (zur Schenkung), S. 352 ff. (zum Vermächtnis). 83 Dazu Lorenz, Z G S 2003, 421, 422. 84 Vgl. zum Vermächtnis B G H , 10.7. 1963, B G H Z 4 0 . 9 1 , 101 = N J W 2071, 2074 unter Ziff. II. 2. b) der G r ü n d e m.w.N. 81

§10

Treuhund

und

Drittschadensliquidation

389

Kunden einen Barockschrank verkauft, den dieser nach dem Vertrage selbst abholen sollte. Trotz Aufforderung hat der Käufer dies jedoch nicht getan. Der Schrank fällt in den Lagerräumen des Antiquitätenhändlers einem Brand zum Opfer, der durch Fahrlässigkeit im Nachbarhaus entstanden war und dessen Übergreifen sich nicht hatte verhindern lassen. Der Verkäufer könne in einem solchen Fall den Schaden des Käufers liquidieren, der mangels Übergabe noch nicht Eigentümer sei. 85 Danach scheint klar zu sein, dass sich bei der obligatorischen Gefahrentlastung das Zuordnungsproblem bei deliktischen Schädigungen ebenso stellen kann wie in den zuvor angeführten Fallgruppen. b) Trennung der deliktsrechtlichen Zuordnungsfragen von den Vertragsproblemen bei obligatorischer Gefahrentlastung Auch für die Fallgruppe der obligatorischen Gefahrentlastung ist allerdings zu erkennen, dass die Rechtsprechung nicht immer klar zwischen den deliktischen Zuordnungs- und den Vertragsfragen unterscheidet: Im Pitchpineholz-Fall R G Z 62,331 ging es um einen Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung beim Versendungskauf (§447 BGB). Die versendete Ware war nicht etwa auf dem Transport durch Dritte beschädigt worden, sondern ein Unterspediteur hatte es verschuldet, dass zwei Partien Pitchpineholz, die für verschiedene Käufer bestimmt waren, bei der Auslieferung verwechselt wurden. Das RG sprach dem Verkäufer, der den Kaufpreis daraufhin nicht erhalten hatte, einen Schadensersatzanspruch gegen den Unterspediteur zu, obwohl der Verkäufer wegen des Gefahrübergangs auf den Käufer den Rechtsanspruch auf den Kaufpreis behalten hatte. 86 Z u r Begründung wies das R G unter anderem auf die Drittschadensliquidation in Fällen mittelbarer Stellvertretung sowie auf verschiedene Stimmen in der Literatur hin, die dem Verkäufer, der nach §447 B G B die gekaufte Ware auf Verlangen des Käufers versendet und zu diesem Zweck mit dem Frachtführer oder Spediteur im eigenen Namen abschließt, das Recht gewährten, „mit seiner Kontraktsklage zugleich die Interessen der Käufer [zu] verfolgen ..." S7 In dieser Konstellation geht es um die Frage, ob ein vertraglicher Schadensersatzanspruch - hier gegen den Frachtführer oder Spediteur - inhaltlich die Drittinteressen einschließt. Insoweit kann einerseits, wie in R G Z 62,331, die Lieferpflicht verletzt werden und daraus ein Schaden beim Käufer entstehen. Dann lässt sich fragen, ob der Verkäufer diesen Schaden wie in der Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung liquidieren kann, wobei entscheidend ist, ob man in der 85 Bei v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,250, wird dieser Fall sogar als einziger u n t e r d e m Stichwort der obligatorischen G e f a h r e n t l a s t u n g des Verkäufers behandelt. 86 R G , 29.1. 1906, R G Z 62, 331, 333 ff. 87 R G , 29.1. 1906, R G Z 62, 331, 335.

3 9 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Versendung auf Kosten des Empfängers ein Handeln im eigenen Namen für fremde Rechnung sieht. 88 Andererseits kann - wie es in der Praxis wohl häufiger vorkommt - die Sache vom Transporteur beschädigt werden. Dann ist zu entscheiden, ob der Käufer von dem besonderen aus dem Transportvertrag folgenden Schutz profitiert, der gegenüber dem deliktischen Schutz weitergehend sein kann. Insoweit ist die Drittschadensproblematik mit der nachfolgend noch darzustellenden Fallgruppe der Obhutspflichten vergleichbar, in der es ebenfalls um die Einbeziehung Dritter in einen spezifisch vertragsrechtlichen Schutz geht. Beide vertragsrechtlichen Probleme sind aber im Ansatz klar von der deliktischen Schädigung zu trennen. Die Zuordnungsprobleme im Deliktsrecht stehen beim Versendungskauf in Rede, wenn das Gut während des Transports durch Dritte schuldhaft beschädigt oder zerstört wird. Nicht anders als in dem bei v. Caemmerer für den Annahmeverzug gebildeten Beispiel hat der Verkäufer als Eigentümer auch beim Versendungskauf keinen eigenen Schaden: Er wird von der Leistungspflicht frei und behält wegen des Gefahrübergangs gemäß §447 BGB seinen Anspruch auf den Kaufpreis. Geschädigt ist allein der Empfänger, weil er das Gut entweder gar nicht oder in schadhaftem Zustand erhält und er gleichwohl den vollen Kaufpreis bezahlen muss. Für diese Sachverhaltsgestaltung der deliktischen Schädigung anerkennt B G H Z 40, 91 die Möglichkeit der Drittschadensliquidation beim Versendungskauf 89 und in der Literatur heißt es ebenfalls, der Fall sei „einer anerkannten Fallgruppe der Drittschadensliquidation zuzuordnen".'" 1 In der Begründung des Urteils B G H Z 40,91 wird allerdings auf den PichtpineholzFall des RG Bezug genommen, der sich mit den Vertragsproblemen beschäftigte.91 Die Trennung zwischen den verschieden gelagerten Problemen des Schadensrechts wird von der Rechtsprechung offenbar nicht wahrgenommen. Demgegenüber bleibt festzuhalten: Auch in den Fällen der obligatorischen Gefahrentlastung ist zwischen den zwei Gruppen vertraglicher und deliktischer Schadensersatzansprüche zu unterscheiden. Zumindest beim Versendungskauf

S8 So RG, 11.5. 1918, R G Z 93,39,40, wo für die in R G Z 62, 331, entschiedene Konstellation ausgeführt wird, es handele sich freilich auch in diesem Fall um einen Abschluss für f r e m d e (des Käufers) R e c h n u n g ; a . A . v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,261; Hagen, Drittschadensliquidation, S.71. m B G H , 10.7. 1963, B G H Z 40, 91, 100f. = N J W 1963,2071,2074 unter Ziff. B. II. 2. b) der G r ü n d e . E b e n s o wird auch in B G H . 29.1. 1968. B G H Z 49, 356. 360f. = N J W 1968, 1567, 1568, das Auseinanderfallen von Rechtsposition und Risiko beim Versendungskauf im Z u s a m m e n hang mit der H a f t u n g aus § 823 Abs. 1 B G B diskutiert, allerdings dort - da nicht entscheidungserheblich - offen gelassen, o b die Lösung in der Drittschadensliquidation zu suchen ist. 1,0 So wörtlich Junker, A c P 193 (1993), 348,349; ebenfalls auf deliktische Schädigungen w ä h rend des Transports abstellend auch schon Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S. 1 und 38 f., dessen Ausf ü h r u n g e n in B G H Z 40, 91, 100 f. = N J W 1963,2071,2074, in Bezug g e n o m m e n w e r d e n . 91 B G H , 10.7. 1963, B G H Z 40, 91, 100f. = N J W 1963, 2071, 2074 unter Ziff. B. II. 2. b) der Gründe.

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

391

sind beide denkbar 1 ' 2 : Wird das Rechtsgut Eigentum an der Sache durch einen Dritten verletzt, und sei es auch durch den Frachtführer, stellt sich das deliktische Zuordnungsproblem: Kann der Schaden des die G e f a h r tragenden Käufers im R a h m e n des §823 Abs. 1 B G B ersetzt werden, obwohl das Eigentum „formal" dem Verkäufer zusteht? Davon zu trennen ist die Frage, ob das Interesse des Käufers inhaltlich in den Frachtvertrag zwischen Verkäufer und Frachtführer oder Spediteur einzubeziehen ist. Soweit das neue Transportrecht dem K ä u f e r beim Versendungskauf gemäß §421 Abs. 1 Satz 2 und 3 H G B einen Schadensersatzanspruch gewährt, hat sich zwar das Bedürfnis für eine Drittschadensliquidation reduziert, da dem Käufer nur noch beim privaten Transport und bei der Schädigung durch einen Spediteur, der nicht Frachtführer ist, ein eigener Schadensersatzanspruch fehlt. 9 3 Diese Neuregelung darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass der Versendungskauf dennoch eine von mehreren Fallkonstellationen bleibt, in denen Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g auseinander fallen und sich damit eine von dem Normalfall der Verknüpfung beider Elemente abweichende Rechtslage ergibt. Die daraus folgende Problematik wurde nur für den Bereich des Schadensersatzrechts vom Gesetzgeber durch E i n f ü h r u n g des §421 Abs. 1 Satz 2 und 3 H G B teilweise entschärft. Im Gegensatz zum Versendungskauf stehen bei den sonstigen in der Fallgruppe obligatorische Gefahrentlastung diskutierten Fällen zumeist aus praktischen G r ü n d e n nur deliktische Schädigungen in Rede. Beim Vermächtnis, der Schenkung sowie beim A n n a h m e v e r z u g geht es in der Regel um die Beschädigung oder Zerstörung durch einen nicht mit einer Seite vertraglich v e r b u n d e n e n Dritten vor Übereignung der Sache. 94 Hier stellt sich, nicht anders als beim Versendungskauf, das deliktsrechtliche Zuordnungsproblem: Wird der Schaden des die G e f a h r tragenden Bedachten, Beschenkten oder in A n n a h m e v e r z u g befindlichen Käufers im R a h m e n des Anspruchs aus §823 Abs. 1 B G B ersetzt, obwohl „formal" der Erbe, Schenker oder Verkäufer Eigentümer der Sache ist? Die andere Konstellation, in der die Einbeziehung des Bedachten, Beschenkten oder in A n n a h m e v e r z u g befindlichen Käufers in einen vom „formellen" Eigentümer geschlossenen Vertrag in Rede steht, scheint demgegenüber seltener vorz u k o m m e n . U n d e n k b a r ist sie aber nicht.

92

Auf beide Möglichkeiten wird hingewiesen bei Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S. 40; v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 260; Soergel/Mertens, BGB, Vor §249 Rdn.256. 93 Vgl. dazu eingehend Oetker, JuS 2001, 833 ff. 'M Z u r Drittschadensliquidation wegen deliktischer Schädigung beim Vermächtnis vgl. B G H , 22.11. 1966, N J W 1967, 930, 931. unter ausdrücklichem Bezug auf die v o r g e n a n n t e E n t scheidung B G H , 10.7. 1963, B G H Z 4 0 , 91, 100 = N J W 1963, 2071, 2074.

3 9 2 Dritter Teil: Bewährung

5. Obhut für fremde

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Sachen

Die letzte im Rahmen der Drittschadensliquidation diskutierte Fallgruppe der Obhut für fremde Sachen betrifft Sachverhalte, in denen der Vertragsgläubiger nur Besitzer, nicht aber Eigentümer einer Sache ist, die er in die O b h u t seines Vertragspartners gibt. 95 Es kann sich um eine Aufbewahrung, Einlagerung oder Indepotgabe fremder Gegenstände und deren Beschädigung, Zerstörung oder Verlust durch Verschulden der zur Aufbewahrung verpflichteten Person handeln. 96 Ferner lagen dem R G im Elbkahn-Fall 97 sowie dem B G H im Schiffscharter-Fall 98 Sachverhalte vor, in denen es jeweils um die Schädigung angemieteter Schiffe durch einen Vertragspartner des Mieters ging. Hier stellte sich die Frage, ob der Schiffseigner vertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger geltend machen kann, obwohl dieser nur mit dem Mieter in Vertragsbeziehungen steht. 99 In einem anderen Fall des R G verlangte ein Kutscher Schadensersatz aus § 701 B G B für die beim Gastwirt abhanden gekommenen Sachen seines Dienstherrn. 1 0 0 In all diesen Fällen hat der geschädigte Dritte aufgrund seines Eigentums an der beschädigten, zerstörten oder gestohlenen Sache durchaus einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Frage ist allein, ob der Schaden auch als Drittschaden aus dem Vertragsverhältnis liquidiert werden kann. 101 Daran besteht vor allem dann ein Interesse, wenn sich der für den Schaden verantwortliche Vertragspartner gegenüber einer Klage des Eigentümers aus unerlaubter Handlung gemäß § 831 B G B entlasten kann 1 0 2 1.5 Vgl. dazu und zum folgenden B G H , 10.7. 1963, B G H Z 4 0 , 9 1 , 1 0 1 = N J W 1963,2071,2074 u n t e r Ziff. B. II. 2. c) der G r ü n d e ; v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,264 ff.; S o e r g e l / M e r t e n s , BGB, Vor §249 Rdn.254f.; M ü n c h K o m m B G B / O f A e r , §249 Rdn.293; S t a u d i n g c r / S c t o n i a / m . BGB, V o r b e m . zu §§249ff. R d n . 7 2 . 1.6 So im Fall RG, 15.1. 1927, R G Z 115, 419. 97 RG, 11.5. 1918, R G Z 93,39: Ein angemieteter Kahn w u r d e von einem Schlepper, den der Mieter b e a u f t r a g t hatte, auf G r u n d gesetzt und dadurch stark beschädigt. 98 B G H , 27.1. 1958, L M N r . 3 z u §510 H G B = M D R 1958,307: D e r Kessel eines gecharterten Schiffs w u r d e beim Einfüllen von Wasser durch den Vertragspartner des C h a r t e r e r s beschädigt. w D e m vergleichbar ist der bei Soergel/Mertens, B G B , Vor §249 Rdn.254, a n g e f ü h r t e Fall der Beschädigung eines gemieteten K F Z während einer vom Mieter in Auftrag g e g e b e n e n Reparatur. Vgl. zu d e n O b h u t s p o s i t i o n e n aus der R e c h t s p r e c h u n g des B G H f e r n e r B G H , 23.11. 1954, B G H Z 15, 224. In j e n e m Fall hatte der B G H ü b e r eine vom Vertragspartner durch falsche D o k u m e n t e verschuldete Beschlagnahme des einem Dritten g e h ö r e n d e n L K W beim Int e r z o n e n g r e n z ü b e r t r i t t zu b e f i n d e n . 100 R G , 31.3. 1920, Das Recht 1921, Sp.109 (Nr.829). im peters A c P 180 (1980), 329,333 (Teilhabe an d e n „ b e s s e r e n " vertraglichen E r s a t z a n s p r ü chen eines a n d e r e n ) , 359 und 365. 102 Vgl. dazu B G H , 10.7.1963, B G H Z 40,91,101 = N J W 1963,2071,2074 u n t e r Ziff. B. II. 2. c) der G r ü n d e ; Soergel/Mertens, BGB, Vor §249 Rdn.255; M ü n c h K o m m B G B / O e i i e r , §249 Rdn.293; S t a u d i n g e r / S c h i e m a n n , B G B , Vorbem. zu §§249ff. R d n . 7 2 ; v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 266.

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

393

oder sich der Geschädigte die günstigere Beweislastverteilung des Vertragsrechts (früher § 282 B G B a. F. analog; heute § 280 Abs. 1 Satz 2 B G B n.F.) 103 oder eine Zufallshaftung' 0 4 zunutze machen will. Damit geht es in allen Fällen der O b h u t für fremde Sachen von vornherein nur um die Reichweite der vertraglichen Verpflichtung 1 0 5 und niemals um eine Zuordnungsfrage im Rahmen deliktischer Schädigungen. Denn eine Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, ein Auseinanderfallen von Eigentum und Gefahrtragung, liegt gar nicht vor. Für die hiesige Untersuchung ist die knappe Darstellung dieser Fallgruppe daher nur insoweit von Interesse, als sie den Grund für die Ausklammerung der Vertragsfragen verdeutlicht: Die Frage, ob ein Drittinteresse in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist, kann sich bei der Schädigung eines „Gefahrträgers" völlig unabhängig davon stellen, ob dieser „Gefahrträger" - wie etwa beim Versendungskauf - Nichteigentümer oder - wie in den Fällen der Obhut für fremde Sachen - zugleich Eigentümer der Sache ist. Sie ist damit kein Spezifikum der in dieser Arbeit untersuchten Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung.

6.

Zusammenfassung

Die Trennlinie zwischen vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüchen verläuft quer durch die traditionellen Fallgruppen der Drittschadensliquidation. Eine Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung lässt im Rahmen der Deliktshaftung gemäß §823 Abs. 1 B G B die Frage aufkommen, ob der „formelle" Eigentümer für die Beschädigung oder Zerstörung eines Gegenstandes Ersatz verlangen kann, obwohl ein Dritter die Gefahr und damit den wirtschaftlichen Schaden trägt. Sie begegnet uns bei der obligatorischen Gefahrentlastung ebenso wie in den Fällen der mittelbaren Stellvertretung und Treuhand. Legt man die in §4 III vorgestellte Definition der Treuhand zugrunde, die an das Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung anknüpft, dann stellt sich die Anerkennung der Drittschadensliquidation insoweit als einheitliche „Treuhandwirkung" dar. Das „wirtschaftliche" Eigentum des Treugebers führt - nicht anders als im Vollstreckungsrecht - zu einer besonderen Wertung im Rahmen des Schadensersatzrechts. Die Ersatzfähigkeit von Drittschäden im Rahmen vertraglicher Schadensersatzansprüche hat demgegenüber mit der Treuhandproblematik nichts zu tun. m

So im Elbkahn-Fall RG, 11.5. 1918, R G Z 93, 39. Vgl. v. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,266 für die G a s t w i r t s h a f t u n g g e m ä ß §701 B G B . 105 G e r a d e deshalb wird z.T. von einer Parallelentwicklung im Verhältnis zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gesprochen, bei d e m allerdings d e m Dritten ein eigener A n s p r u c h zugesprochen wird (vgl. Hagen, Drittschadensliquidation, S.91; ähnlich auch Peters, A c P 180 [1980], 329,333 f., 359 ff. [dort allerdings u n t e r der Fallgruppe mittelbare Stellvertretung diskutiert]). 1,14

3 9 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungslhese

bei sonstigen

Trenhandwirkttngen

Sie ist bei der Rechtsträgerschaft für eigene und f r e m d e Rechnung gleichermaßen relevant.

II. Eigene Lösung für die Fälle deliktischer Schädigungen E r k e n n t man die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung als gemeinsame Grundlage des Schadens- und Vollstreckungsproblems an, lässt sich aus dieser Erkenntnis eine alternative Begründung für die Drittschadensliquidation in Deliktsfällen entwickeln, die sich an jene Überlegungen anlehnt, die im zweiten Teil der Arbeit zum Vollstreckungsschutz angestellt wurden. Zugleich wird damit auch eine vom B G H 1 0 6 für den Versendungskauf offen gelassene, in der Literatur jedoch bis heute lebhaft diskutierte Frage beantwortet: Geht es um den Ersatz eines eigenen (normativ bestimmten) Schadens des verletzten Rechtsträgers oder um den Ersatz eines Drittschadens? Die Unterscheidung wird immer dann relevant, wenn dem H i n t e r m a n n (Treugeber) durch die Rechtsgutsverletzung eine Nutzungsmöglichkeit entgeht, die der Mittler (Treuhänder) selbst nicht gehabt hätte. Es muss dann entschieden werden, ob im R a h m e n des § 823 Abs. 1 B G B nur der Schaden des „formellen" Rechtsträgers, des Treuhänders, ersatzfähig ist oder stattdessen der Schaden des „materiellen" Rechtsträgers, des Treugebers.

1. Drittschadensliquidation

versus Lehre vom normativen

Schaden

Die Drittschadensliquidation ist mit Recht als „Tummelplatz der Lehrmeinungen" bezeichnet worden. 1 0 7 Nicht alle bislang angestellten Überlegungen können hier vollständig aufbereitet werden." 1 8 Zwei wesentliche Konzepte müssen aber doch unterschieden werden, die sich in den Ergebnissen vor allem für die Fälle deliktischer Schädigungen unterscheiden. Die Rechtsprechung geht ganz überwiegend von einem Ersatz des beim Dritten entstehenden Schadens aus. Nur in den älteren Entscheidungen des R G finden sich bisweilen gegenteilige Ansätze. Noch im 19. Jahrhundert liest m a n in Entscheidungen zur mittelbaren Stellvertretung, es gehe um den Ersatz eines eigenen Interesses des Kommissionärs: der Kommissionär mache durch das Handeln im f r e m d e n Interesse das Interesse seines Hintermanns zu seinem eigenen. 1 0 9 Besonders bemerkenswert ist die Begründung im Dortmunder-Union-

1116

B G H , 29.1. 1968, B G H Z 49,356, 361 = N J W 1968,1567,1568 unter Ziff. II. 1. d e r G r ü n -

de. 107

So Hagen, Drittschadensliquidation, S. 8. in« Vg[. dazu auf d e m Stand von 1971 die Habilitationsschrift von Hagen, Drittschadensliquidation, S. 9 ff. 109 R G , 2 5 . 1 1 . 1 8 9 7 , R G Z 4 0 , 1 8 7 . 1 8 9 ; weniger deutlich allerdings RG, 13.11. 1897, R G Z 4 0 ,

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

395

Aktienkauf-Fall aus dem Jahr 18911 lü : Die beklagte Bank hatte die Aktivlegitimation des Kommissionärs zur Liquidierung der seinem Kommittenten entstandenen Schäden bestritten. Diesen Einwand wies das R G mit der Begründung zurück, die Beziehung des Kontrahenten zu Dritten sei für die Schadensersatzpflicht aus dem Vertrag unerheblich. Im Kommissionsrecht sei der Kommissionär für den Anspruch auf Erfüllung und Schadensersatz allein legitimiert. Daher könne dem Anspruch der Einwand des mangelnden Interesses des Kommissionärs nicht entgegengesetzt werden. D e r Einwand der Beklagten sei ebenso unerheblich wie der Einwand des Beschädigers einer Sache, diese sei gegen die Beschädigung versichert oder der Schaden sei von anderer Seite schenkweise ersetzt w o r d e n . 1 " Auch im Pitchpineholz-Fall aus dem Jahr 1906, dem die vertauschte Auslieferung von zwei Holzpartien zugrunde lag" 2 , sprach das R G nicht eindeutig vom Ersatz eines Drittschadens, sondern (auch) von einem Eigenschaden des Verkäufers." 3 Dieser liege darin begründet, dass die Kaufpreisansprüche der nicht (ordnungsgemäß) ausgelieferten Ware vom K ä u f e r bestritten wurden. G e m ä ß § 249 B G B (Naturalrestitution) habe der Schädiger den Käufer so zu stellen, wie dieser bei einem anstandslosen Eingang der Kaufgelder gestanden hätte. D e r Verkäufer könne deshalb Ersatz fordern, auch wenn er im Hinblick auf den Gefahrübergang den Rechtsanspruch auf den Kaufpreis behalten h a b e . " 4 Im A n schluss an diese Ausführungen über den Eigenschaden des Verkäufers findet sich dann allerdings der oben bereits a n g e f ü h r t e Hinweis auf die Drittschadensliquidation in Fällen mittelbarer Stellvertretung sowie auf die Einbeziehung der Käuferinteressen in die „Kontraktsklage" des Verkäufers." 5 Das R G vermischte also die Frage nach einem Ersatz des Eigen- und Drittschadens. In späteren Entscheidungen hat das Gericht zur Begründung der Ersatzpflicht allerdings nicht mehr auf einen Eigenschaden des Mittlers abgestellt, sondern es hat - wie später der B G H - davon gesprochen, es könne der Ersatz eines Schadens verlangt werden, den ein Dritter erlitten h a b e . " 6 In diesem Sin172, 175, wonach der Kommissionär seiner S c h a d e n s e r s a t z f o r d e r u n g „das Interesse seines K o m m i t t e n t e n " zu G r u n d e legen kann. 110 Siehe oben S.375. 111 RG, 31.1. 1891, R G Z 27, 118, 125 f.; ähnlich auch schon R G , 2 4 . 3 . 1884, R G Z 12,108,112 ( hat doch dies Rechtsverhältnis des Klägers zu Dritten auf sein Rechtsverhältnis zur Beklagten keinen Einfluß."). 112 Siehe oben S. 389 f. 111 D a r a u f weist Hagen, Drittschadensliquidation, S. 115, mit R e c h t hin; vgl. auch ders., JuS 1970,442,444. 114 RG, 29.1. 1906, R G Z 62, 331, 333 f. 115 RG, 29.1. 1906, R G Z 62, 331, 335. Dieser Teil der Entscheidungsgründe wird bei Hagen (Fußn. 113) nicht gewürdigt. 116 So besonders deutlich z.B. R G . 2 3 . 2 . 1917, R G Z 89, 426, 432; RG, 10.4. 1923, R G Z 107, 132, 135 ( „ S c h a d e n s b e g r ü n d u n g aus der Person eines D r i t t e n " ) ; B G H , 26.9. 1957, B G H Z 2 5 , 250, 258 f.

3 9 6 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

ne einer echten Liquidation von Drittschäden wird das Institut der - gerade deshalb so genannten - Drittschadensliquidation heute gewöhnlich v e r s t a n d e n . " 7 Die H ö h e des Ersatzes berechnet sich nach diesem herrschenden Konzept aus dem Interesse des geschädigten Dritten, der nicht Rechtsträger und damit nicht Inhaber des Anspruchs aus §823 Abs. 1 B G B ist." 8 Dieser h.M. steht ein Alternativkonzept gegenüber, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst von Selb119 in die Diskussion gebracht, sodann in der Habilitationsschrift von Hagen aus dem Jahr 1971 120 vertieft sowie in jüngerer Zeit vor allem von Büdenbender für die Fallgruppe der obligatorischen Gefahrentlastung fortgeführt worden ist. 121 Es orientiert sich an den Grundsätzen des versagten Vorteilsausgleichs im Schadensrecht, denen zufolge es einen Schädiger nicht entlastet, wenn der Geschädigte gegen die Schadensentstehung versichert ist. In gleicher Weise soll die obligatorische G e f a h r e n t l a s t u n g zwischen dem Rechtsträger und dem wirtschaftlich geschädigten H i n t e r m a n n im Verhältnis zwischen Schädiger und Rechtsträger unerheblich sein. D e r Rechtsträger könne - ebenso wie der versicherte Geschädigte - trotz der Gefahrentlastung den Schaden ersetzt verlangen. Die Idee ist gar nicht so neu. Sie klingt bereits in der B e g r ü n d u n g des Dortmunder-Union-Aktienkauf-Falls an 1 2 2 und lässt sich ferner einem Beitrag von Wilburg „Zur Lehre von der Vorteilsausgleichung" aus dem Jahr 1932 entnehmen. Bereits in der damaligen Diskussion wurde eine V e r k n ü p f u n g zwischen Vorteilsausgleichung und Drittschadensersatz hergestellt 1 2 3 : D e r G r u n d g e d a n ke, welcher bei nur überwälztem Schaden eine Vorteilsausgleichung als unzulässig erscheinen lässt, reiche in das stark umstrittene Problem des Ersatzes von Drittinteressen, heißt es bei Wilburg,124 Die Lehre ziehe zu Unrecht einen

117

Vgl. nur Soergel/Mertens, BGB, Vor §249 Rdn.251, und StaudingerASt'/;/>mim/j, BGB, Vorbem. zu §§249 ff. R d n . 7 0 , die ausdrücklich zwischen einem ü b e r den versagten Vorteilsausgleich b e g r ü n d e t e n Eigenschaden des Verletzten und der Liquidation von Drittschäden differenzieren. I1S Vgl. nur S o e r g e l / M e r t e n s , BGB, Vor §249 R d n . 2 5 1 m.w.N. zum Streitstand in F u ß n . 4 . 119 Selb, Schadensbegriff, S.41 ff.; ders., N J W 1964, 1765, 1768f. 12,1 Hagen, Die Drittschadensliquidation im Wandel der R e c h t s d o g m a t i k . Ein Beitrag zur Koordinierung von Rechtsfortbildungen, 1971, passim, insbesondere die S t e l l u n g n a h m e im Dritten Hauptteil der Arbeit (S. 140t'f.); vgl. dazu auch noch F u ß n . 134. 121 Büdenbender, Vorteilsausgleichung und Drittschadenschadensliquidation bei obligatorischer G e f a h r e n t l a s t u n g , 1996, passim (insbes. S.77 ff.); kürzer ders.,}Z. 1995,920ff.; wiederholend auch ders., N J W 2000, 986ff.; für diese L e h r e auch Peters, A c P 180 (1980), 329 ff., insbes. S. 333, 343ff., der zusätzlich den G e d a n k e n der ü b e r h o l e n d e n Kausalität heranzieht (S.348f.); in jüngerer Zeit auch Raab, Austauschverträge, S.350f.; Würthwein, Schadensersatz, S.419ff„ die sich zwar in Fußn. 329 von Büdenbender abzugrenzen sucht, j e d o c h zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. 122 123 124

Siehe soeben S. 394 f. Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932), 51, 95 ff. Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932), 51, 95.

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

397

scharfen Trennstrich zwischen beiden Instituten. 1 2 5 Die Tatbestände, in denen der Gläubiger von seinem Schaden dadurch entlastet wird, dass er die G e f a h r der vom Schuldner nicht gelieferten oder deliktisch zerstörten Sache auf einen anderen übertragen hat, würden entweder ausschließlich in die Lehre von der Vorteilsausgleichung verwiesen oder unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes für Drittschäden behandelt. In jedem Fall stehe aber als Ergebnis fest, dass der Schuldner nicht völlig frei wird, auch wenn das ganze Interesse an der Sache beim Dritten liegt. 126 Man muss allerdings klar erkennen, dass der versagte Vorteilsausgleich entgegen der A n n a h m e bei Wilburgnl und Tägert128 eben nicht zum Ersatz des 129 Drittschadens führt , sondern zur A n n a h m e eines eigenen, normativ bestimmten Schadens beim verletzten Eigentümer. 1 3 0 Dieser braucht mit dem Drittschaden nicht identisch zu sein. 131 Wilburg meinte, die H a f t u n g für das Drittinteresse sei bei Eigentumsdelikten nicht auf den objektiven Wert der Sache beschränkt, da auch der auf eine Versicherungsgesellschaft abgewälzte Schaden meist nicht auf den gemeinen Wert des Objektes beschränkt sei und dennoch voll ersetzt werde. 1 3 2 D a s kann nicht überzeugen. Die Ersatzfähigkeit aller Schäden im Versicherungsfall ist kein A r g u m e n t für den Ersatz aller Schäden nach Maßgabe des Drittinteresses. Bei der versagten Vorteilsausgleichung ist klar, dass der Schaden aus der Person des verletzten Rechtsträgers bestimmt wird. Jener Schaden wird sodann von einem Versicherer oder - auch dies ist ein Fall des versagten Vorteilsausgleichs - von einem unterhaltspflichtigen Dritten ersetzt. Keinesfalls sind hier Folgeschäden ersatzfähig, die beim ersatzpflichtigen Versicherer oder bei der unterhaltspflichtigen Person entstehen. Wenn man daher den gleichen G e d a n k e n der versagten Vorteilsausgleichung auf die Gefahrentlastungsregelung zwischen Treuhänder und Treugeber im hier vertretenen Sinn überträgt, also auf das obligatorische Verhältnis zwischen dem Inhaber des absoluten Rechtsguts und d e m Träger der Gefahr, dann könnte dies nur dazu führen, dass der Schaden in der Person des Treuhänders bestimmt wird. Es bliebe nämlich nach diesem dogmatischen Ansatz allein dessen schadensentlastende interne Beziehung zum Treugeber außer Betracht.

125

Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932), 51, 96; vgl. dazu auch Selb, Schadensbegriff, S.42. Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932). 51, 96. 127 Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932), 51, 95 ff., insbes. S. 112 ff. 128 Tägert, G e l t e n d m a c h u n g , S. 38 ff. 129 Z u t r e f f e n d Selb, N J W 1964, 1765, 1768; Hagen, Drittschadensliquidation, S.70. 13(1 Hagen, Drittschadensliquidation, S.84ff., insbes. S.87, sowie S. 192; Hagen, JuS 1970,442, 443; sehr deutlich auch Budenbender, J Z 1995, 920, 927 f.; Peters, A c P 180 (1980), 329, 345; Raab, Austauschverträge, S. 352; Würthwein, Schadensersatz, S.424. 131 Unrichtig sagt Selb, Schadensbegriff, S.43, dass d e r Schaden in den Fällen der G e f a h r e n t lastung stets identisch sei; vgl. d e m g e g e n ü b e r die sogleich bei F u ß n . 136 und 137 a n g e f ü h r t e n Beispiele von Hagen. 132 Wilburg, Jher.Jb. 82 (1932), 51, 113. 126

3 9 8 Driller Teil: Bewährung

der Gefahrtragungslhese

bei sonstigen

Treuhundwirkungen

Diese „wertende Korrektur der Differenzhypothese"' 3 3 , die sich an der ebenfalls normativen Bestimmung des Schadens in den Fällen der versagten Vorteilsausgleichung orientiert 1 3 4 , ist kein dogmatischer Selbstzweck, sondern wird von ihren Vertretern auch für interessengerecht gehalten. 1 3 5 Hagen führt hierzu zwei Beispiele des Versendungskaufs an, in denen sich der Schaden des Eigentümers (= Verkäufers) und des geschädigten Dritten (= Käufers) nicht decken: Ein Schädiger S zerstört schuldhaft eine von V an K nach M a ß g a b e des §447 B G B versandte Sache. Ziehe man (mit der h.M.) aus der internen Gefahrverlagerung die Konsequenz, dass S den vollen Drittschaden zu ersetzen habe, so schließe die Ersatzpflicht auch den Gewinn ein, den K auf seiner Warenabsatzstufe zu erwarten hatte. K erhalte dann mehr, als er b e k o m m e n hätte, wenn er die Vergütungsgefahr tatsächlich noch nicht getragen hätte; denn dann wäre er nur seiner Kaufpreisverpflichtung ledig geworden, hätte aber nicht auch noch den Gewinnaufschlag der nächsten Handelsspanne ersetzt b e k o m m e n . K könne hier also von Glück sagen, wenn ihn intern bereits die Preisgefahr träfe: ein nach Ansicht von Hagen „ungereimtes Ergebnis". 1 3 6 Stelle man sich weiter vor, K habe die Sache bereits einem Vierten versprochen und eine Vertragsstrafe vereinbart, die er infolge des Untergangs der Sache verwirkt. Solange die Kaufpreisgefahr nicht von V auf K übergegangen sei, könne V unstreitig nur seinen eigenen Schaden gegen S geltend machen. Nach dem Übergang der Preisgefahr würde die Drittschadensliquidation hingegen dazu führen, dass V den gesamten Schaden des K, mithin auch die Vertragsstrafe, liquidieren dürfe. Auch hier sei es „nahezu abwegig", die für K prinzipiell ungünstige Veränderung der internen Risikoverteilung zum Anlass einer Verbesserung seiner Rechtsstellung im Verhältnis zum a u ß e n s t e h e n d e n Schädiger zu nehmen. 1 3 7

113

So Hagen, JuS 1970, 442, 444. Nach Ansicht von Hagen, Drittschadensliquidation, S. 149, ist es widersprüchlich, w e n n bei der versagten Vorteilsausgleichung mit einem normativen Schadcnsbegriff gearbeitet wird, im Bereich der D r i t t s c h a d e n s p r o b l e m a t i k hingegen der wertungsfreie Schadensbegriff Mommsens verewigt wird. Es bestehe kein begrifflicher Unterschied zwischen den Fällen der „Vorteilsausgleichung" und der „obligatorischen E n t l a s t u n g " u n t e r d e m rechnerischen A s p e k t der D i f f e r e n z h y p o t h e s e , da der versagten Vorteilsausgleichung die versagte obligatorische Entlastung entspreche; die G e f a h r ü b e r n a h m e durch einen Dritten lasse sich in A n a l o g i e zur Vorteilsausgleichung als „mittelbare Drittleistung" kennzeichnen (a.a.O., S. 161). 134

115 Vgl. a u ß e r Hagen ( F u ß n . 136 und 137) auch Biuienbender, J Z 1995, 920, 928, der die Bemessung des Ersatzanspruchs aus der Person des Käufers für „nicht sachgerecht" hält; ähnlich ders., N J W 2000, 986,992; f e r n e r Keuk, Vermögensschaden, S. 197 f.; Raab, Austauschverträge, S.352; Wiirthwein, Schadensersatz, S.424; e i n g e h e n d im Hinblick auf die beiden n a c h f o l g e n d a n g e f ü h r t e n , von Hagen ü b e r n o m m e n e n Beispiele Peters, A c P 180 (1980), 329ff. 136 Hagen, JuS 1970, 442, 443; ähnlich Budenbender ( F u ß n . 135). 117 Hagen, Drittschadensliquidation, S. 192; vgl. auch das identische Beispiel bei Raab, Austauschverträge, S.352 f.

§10

Treuhand

und

Drittschadensliquidation

399

Ein weiteres A r g u m e n t findet sich bei Selb: A n d e r s als in den Fällen mittelbarer Stellvertretung könne bei der obligatorischen Gefahrentlastung keine Treuhänderstellung des Vertreters zur Begründung gebotener Mitwahrnehmung fremder Vermögensinteressen herangezogen werden. Die Norm des §447 B G B schaffe keine Treuhandstellung des entlasteten Verkäufers für den belasteten Käufer, da sie völlig linear auf das Verhältnis der Vertragsparteien zugeschnitten sei und nicht die Drittwirkung der G e f a h r t r a g u n g berücksichtige. 1 3 8 Das Vermächtnis wiederum dürfe nicht über die Drittschadensliquidation zu dem vom B G B abgelehnten Vindikationslegat gemacht, nicht durch die A n n a h m e einer Treuhandstellung des E r b e n verdinglicht werden. 1 3 9 Die herrschende Meinung lasse hingegen den Verletzten das Interesse des Dritten liquidieren und mache ihn damit zum Treuhänder des geschädigten Dritten. 1 4 0 2. Die „ wirtschaftliche" Rechtsträgerschaft delik tischer Ersatz anspräche

als

Grundlage

D e n Leser werden diese A r g u m e n t e nach der Lektüre des zweiten Teils dieser Arbeit kaum noch zu überzeugen vermögen. Das von Hagen als „ungereimt" oder „nahezu abwegig" bezeichnete Ergebnis entspricht exakt jener Billigkeitswertung, die das Gesetz im Vollstreckungsrecht in §392 Abs. 2 H G B (früher: Art. 368 Abs. 2 A D H G B ) verankert hat und die allgemein durch die A n e r k e n nung eines Treugeberschutzes im R a h m e n von §§771 Z P O und 47 InsO bestätigt wird: a) Verknüpfung

von Gefahrtragung

und

Deliktsschutz

Die N ü r n b e r g e r Kommission zur Schaffung eines A D H G B hatte einen Vollstreckungsschutz jener Person für billig gehalten, die die G e f a h r des zufälligen Untergangs eines Gegenstandes trägt: Es sei unbillig, dem Kommittenten im Konkurs des Kommissionärs das Aussonderungsrecht an einer Sache zu verweigern, für die er die G e f a h r zu tragen habe. D a n n nämlich würden ihm nur die Nachteile der Sache übergebürdet, die Vorteile aber vorenthalten. 1 4 1 Jene Überlegung wurde in §§7 und 8 zur Begründung der Gefahrtragungsthese herangezogen. 1 4 2 Es k o m m t darin exakt jene Wertung zum Ausdruck, die Hagen als „abwegig" erscheint: Weil der Kommittent im Verhältnis zum Kommissionär aufgrund der internen obligatorischen A b r e d e die G e f a h r des zufälligen Untergangs für die vom Kommissionär treuhänderisch gehaltenen Gegenstände trägt, 138

Selb, N J W 1964, 1765, 1769. Selb, N J W 1964. 1765, 1769; ähnlich auch Hagen, Drittschadensliquidation, S.91; Peters, A c P 180 (1980), 329, 347. 140 Selb, N J W 1964, 1765, 1769. 141 A D H G B - P r o t o k o l l e , S. 1442 f. 142 Siehe o b e n S. 198 ff., 264ff., insbes. S.298 ff. 1,9

4 0 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treithandwirkungen

soll er im Verhältnis zu D r i t t e n , nämlich d e n G l ä u b i g e r n d e s Kommissionärs, vollstreckungsrechtlich bevorzugt w e r d e n . D i e d e n K o m m i t t e n t e n im I n n e n v e r hältnis b e l a s t e n d e G e f a h r t r a g u n g s r e g e l wird d a m i t v o m G e s e t z g e b e r des A D H G B zur B e g r ü n d u n g seiner B e v o r z u g u n g im D r i t t v e r h ä l t n i s h e r a n g e z o gen. aa) Deliktsschutz

bei mittelbarer

Stellvertretung

(Kommission)

N u n soll hier nicht b e h a u p t e t w e r d e n , d e r G e s e t z g e b e r des A r t . 368 Abs. 2 A D H G B ( h e u t e §392 Abs. 2 H G B ) h a b e die Ü b e r t r a g b a r k e i t dieser W e r t u n g ins S c h a d e n s r e c h t bereits selber n a h e gelegt. D e n n in d e n B e r a t u n g e n d e r N ü r n b e r g e r Kommission stand d e r Vollstreckungsschutz im V o r d e r g r u n d und m a n hat sich ü b e r die Liquidation von D r i t t s c h ä d e n - soweit ersichtlich - keine G e d a n k e n g e m a c h t . D a h e r lässt sich auch d e r Wortlaut der N o r m , d e r von einer Z u o r d n u n g der F o r d e r u n g aus d e m A u s f ü h r u n g s g e s c h ä f t „im Verhältnisse zwischen d e m K o m m i t t e n t e n u n d d e m K o m m i s s i o n ä r o d e r dessen G l ä u b i g e r n " spricht, nicht u n m i t t e l b a r auf das Verhältnis zu e i n e m deliktischen Schädiger ü b e r t r a g e n . D e n n o c h ist schon von a n d e r e r Seite mit R e c h t eine V e r b i n d u n g zwischen d e m in §392 Abs. 2 H G B v e r a n k e r t e n G e d a n k e n u n d d e r Drittschadensliquidation hergestellt w o r d e n l 4 i : Dies gilt zunächst f ü r die im ersten Teil dieser A r b e i t 1 4 4 bereits a n g e f ü h r t e E n t s c h e i d u n g des B G H aus d e m Jahr 1964. D e r e n wesentliche G e d a n k e n seien hier noch einmal wiederholt: Wirtschaftlich gesehen - so d e r B G H - sei d e r K o m m i t t e n t „ H e r r des A u s f ü h r u n g s g e s c h ä f t s " , da das G e s c h ä f t f ü r seine R e c h n u n g abgeschlossen sei, ihn also die Vorteile und Nachteile d e s A u s f ü h r u n g s g e schäfts treffen. Aus diesem G r u n d e b e s t i m m e das G e s e t z ( § 3 9 2 A b s . 2 H G B ) , dass die F o r d e r u n g e n des Kommissionärs aus d e m A u s f ü h r u n g s g e s c h ä f t , auch w e n n sie an den K o m m i t t e n t e n nicht a b g e t r e t e n sind, im Verhältnis zwischen d e m K o m m i t t e n t e n u n d d e m K o m m i s s i o n ä r ( o d e r dessen G l ä u b i g e r n ) als Ford e r u n g e n des K o m m i t t e n t e n gelten. D e r wirtschaftlichen I n t e r e s s e n l a g e w e r d e auch d a d u r c h R e c h n u n g getragen, dass der K o m m i s s i o n ä r d e n E r s a t z eines von seinem V e r t r a g s p a r t n e r zu v e r t r e t e n d e n Schadens, d e r in d e r P e r s o n des K o m m i t t e n t e n e n t s t a n d e n ist, von seinem V e r t r a g s p a r t n e r verlangen k a n n (Schadensliquidation im Drittinteresse). 1 4 5

143 Vgl. den nachfolgenden Text und die dortigen Nachweise. Im G r u n d e wird dies von Hagen, Drittschadensliquidation, S.253, auch selbst eingestanden, w e n n er sagt, die K o n s e q u e n zen der in §392 Abs. 2 H G B e n t h a l t e n e n relativen Rechtszuständigkeit hätten sich u n t e r d e m Gesichtspunkt des Schadensersatzes gewohnheitsrechtlich verfestigt. D a b e i weist er auf die A n e r k e n n u n g der Drittschadensliquidation in Fällen mittelbarer Stellvertretung hin. A . A . allerdings Peters, A c P 180 (1980), 329, 354f. 144 Siehe o b e n S.109 bei Fußn.302. 145 B G H , 8.10. 1964, N J W 1965, 249, 250.

§10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

401

Ähnliche Überlegungen waren auch Grundlage jener bei Schaffung des B G B eingebrachter Anträge, die sich für die Ü b e r n a h m e einer dem § 392 Abs. 2 H G B nachgebildeten Vorschrift in das Auftragsrecht des B G B aussprachen. Denn jenen zum Auftragsrecht gestellten Anträgen war ein zum allgemeinen Teil des B G B gestellter, aber nicht verhandelter Antrag vorausgegangen. 1 4 6 Dieser bezog sich nicht allein auf den Vollstreckungsschutz des Hintermanns, sondern sollte auch eine Regelung zur Drittschadensliquidation enthalten: „§ d. Ist f ü r e i n e n im W e g e d e r m i t t e l b a r e n S t e l l v e r t r e t u n g e r w o r b e n e n G e g e n s t a n d d e m E r w e r b e r S c h a d e n s e r s a t z zu l e i s t e n , s o gilt, s o w e i t d e r G e g e n s t a n d im V e r h ä l t n i s s e zwis c h e n d e m G e s c h ä f t s h e r r n u n d d e m E r w e r b e r als d e m e r s t e r e n g e h ö r i g gilt, d e r S c h a d e n d e s G e s c h ä f t s h e r r n als S c h a d e n d e s E r w e r b e r s . " 1 4 7

Mit Recht sagt daher v. Caemmerer, dass § 392 Abs. 2 H G B eine Durchbrechung des im kontinentaleuropäischen Recht verankerten Grundsatzes darstellt, wonach sich die Rechte und Pflichten aus einem vom Beauftragten im eigenen Namen für fremde Rechnung geschlossenen Vertrags auf die Vertragsparteien beschränken. 1 4 8 Die Anerkennung der Drittschadensliquidation in den Treuhandfällen sei eine konsequente Fortführung des im Vollstreckungsrecht bereits allgemein, bei treuwidrigen Verfügungen jedenfalls teilweise anerkannten Treugeberschutzes. I 4 y bb) Deliktsschutz bei sonstigen Fällen der für fremde Rechnung

Rechtsträgerschaft

Mit dieser Feststellung wäre allerdings noch nicht belegt, warum eine Drittschadensliquidation in allen Fällen des Auseinanderfallens von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung zuzulassen ist. Denn es ließe sich argumentieren, die genannte Durchbrechung beschränke sich eben nur auf den Bereich der mittelbaren Stellvertretung und Treuhand. In jenem Sinne dürften die angeführten Äußerungen von Selb zu verstehen sein, der auf das Fehlen eines Treuhandverhältnisses in den Fällen der obligatorischen Gefahrentlastung, insbesondere beim Versendungskauf, verweist. Doch kann dieser Einwand nicht überzeugen. Macht man sich klar, dass die in § 392 Abs. 2 H G B enthaltene Billigkeitsregelung an die Gefahrtragung des Hintermanns anknüpft, dann lässt sich dieser G e d a n k e auch auf andere Fälle der Trennung von Rechtsträgerschaft und Gefahrtragung anwenden. Im Hinblick 146

Vgl. die W i e d e r g a b e des k o m p l e t t e n Wortlautes o b e n S. 107 f. Vgl. die Mitteilung des A n t r a g s in den B G B - P r o t o k o l l e n , B a n d 2 , S.360f. in Fußn. 1. 148 V. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 257; ähnlich auch S t a u d i n g e r I S c h i e m a n n , B G B , Vorbem. zu §§249ff. Rdn.69: In §392 Abs.2 H G B sei der allgemeinere G e d a n k e enthalten, dass die R e c h t s o r d n u n g diese A r t der Funktionsteilung zwischen mittelbar V e r t r e t e n e m und m i t t e l b a r e m V e r t r e t e r a n e r k e n n e und den K o m m i t t e n t e n vor Nachteilen hieraus bewahre. V. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241, 259. 147

4 0 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefiihrtragitngslhe.se

hei sonstigen

i'reuhandwirkungen

auf das Vollstreckungsrecht ist dies im zweiten Teil dieser Arbeit bereits eingehend aufgezeigt worden. Für das Vermächtnis war diese Überlegung - wie gezeigt 150 - bei Schaffung des B G B sogar ausdrücklich Gegenstand der Diskussion um die E i n f ü h r u n g des Damnationslegats. Dessen E i n f ü h r u n g verfolgte den Zweck, die Nachlassgläubiger für den Fall eines insuffizienten Nachlasses zu schützen. Die vermachte Sache sollte dem E r b e n zur Befriedigung der Nachlassgläubiger zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wollte man aber durch die E i n f ü h r u n g des Damnationslegats nicht den ebenfalls berechtigten Schutz des Bedachten verhindern: Ihm sollte ein Widerspruchsrecht zustehen, wenn Gläubiger des E r b e n wegen dessen persönlicher Schulden in die vermachte Sache vollstrecken. 1 5 1 Durch diese vom Gesetzgeber ausdrücklich offen gelassene G e w ä h r u n g von Vollstreckungsschutz wird aber das Vermächtnis ebenso wenig „zum vom B G B abgelehnten Vindikationslegat" gemacht wie durch die parallele A n e r k e n n u n g eines Schutzes des Bedachten im Fall deliktischer Schädigung des Vermächtnisgegenstandes. Es geht allein darum, die berechtigten Belange des Bedachten mit dem aus G r ü n d e n des Nachlassgläuberschutzes vom BGB-Gesetzgeber gewählten Vindikationslegat in Einklang zu bringen. 1 5 2 Die Parallele zwischen der Drittschadensliquidation und dem Vollstreckungsschutz des Hintermanns gilt auch für andere Fälle. Entscheidend ist allein, dass tatsächlich eine Rechtsträgerschaft für fremde und nicht für eigene Rechnung vorliegt. Dieser G e d a n k e findet sich - allerdings mit anderer Terminologie - schon in der 1910 erschienenen Abhandlung von Krückmann zur „Schadensliquidation aus f r e m d e m Interesse". 1 5 1 Krückmann unterschied zwischen so genannten „echten Durchgangsposten", bei denen ein Vollstreckungsschutz für den H i n t e r m a n n ebenso wie die Möglichkeit der Liquidation seiner Schäden anerkannt werden sollte, während diese Rechte bei „unechten Durchgangsposten" nicht zu gewähren seien. Im Fall der Kommission „als Typus der Treuhand" 1 5 4 liege ein „echter Durchgangsposten" vor, in der Verkaufskette sei hingegen von einem „unechten Durchgangsposten" auszugehen. In letzterem Fall gehe die Sache zwar auch durch das Vermögen einer Person hindurch, aber

150

O b e n S. 352 ff. B G B - P r o t o k o l l e , B a n d V , S.210. Ii2 Zu der d a r a u s im Vermächtnisfall folgenden Z u w e i s u n g der Schadensersatzansprüche zum E r b e n vgl. unten S.410 in F u ß n . 189. 151 Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245 ff., zur V e r k n ü p f u n g zwischen der - damals noch nicht so g e n a n n t e n - Drittschadensliquidation und d e m Aussonderungsrecht im K o n k u r s insbes. S. 260 und 303 ff.; von Reinhardt, Ersatz, S.48ff., wird diese A b h a n d l u n g m . E . nicht zutreffend gewürdigt und vielleicht ist sie deshalb später k a u m noch w a h r g e n o m m e n w o r d e n . 154 Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245, 254. 151

$ I0 Treuhand

und

403

Drillschadensliquidation

diese sei nicht „wahrer Durchgangsmann", weil sie den Posten nicht ausschließlich in fremdem Interesse vereinnahmt habe. 155 Die im zweiten Teil dieser Arbeit für das Vollstreckungsrecht in Auseinandersetzung mit Michaels, Assfalg und Stier entwickelte Abgrenzung zwischen dem schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung aus einem Kaufvertrag und der Herausgabepflicht aus einem Treuhandverhältnis 1 5 6 hat Krückmann damit schon 1910 für das Gebiet der Drittschadensliquidation vertreten. Die von ihm als Voraussetzung für eine Drittschadensliquidation geforderte Herausgabepflicht sollte nämlich eine solche sein, wie sie in Reinkultur nur beim Auftrag und auftragsähnlichen Verhältnissen erscheine, im B G B aber nicht allgemein abgegrenzt sei.1"'7 Bei der Verkaufskette bestehe eine solche Herausgabepflicht nicht. INi Was in den damaligen Überlegungen von Krückmann fehlt, ist allerdings die Erkenntnis, dass die Herausgabepflicht in Abgrenzung zur Verschaffungspflicht durch die Gefahrtragung des Gläubigers gekennzeichnet ist. 15g Gerade deshalb ist in Ausnahmefällen des vorzeitigen Gefahrübergangs beim Kauf (Annahmeverzug und Versendungskauf) im Gegensatz zur gewöhnlichen Verkaufskette die Liquidation des Käuferschadens gestattet. 160 Nur in diesen Fällen ist - wie es v. Caemmerer formuliert - der Gegenstand bereits „obligatorisch gesehen Eigen des Käufers". 1 6 1 b) „ Wirtschaftliche" §823 Abs. 1 BGB

Rechtsträgerschaft

und Deliktsschutz

nach

Erkennt man, dass es auch bei der Drittschadensliquidation in Deliktsfällen um eine spezielle Ausprägung des (unerkannt) viel allgemeineren Problems der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung geht, können die zum Vollstreckungs1S5 Vgl. zur A b g r e n z u n g zwischen echten und unechten D u r c h g a n g s p o s t e n Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245, 2601'. 1,6 Dazu oben S. 159 ff. 157 Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245, 271. 158 Vgl. d a s bei Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245, 271, a n g e f ü h r t e Beispiel. Unrichtig hat Krückmann, A c P 139 (1934), 26, 58ff., allerdings später den von ihm so g e n a n n t e n „echten D u r c h g a n g s p o s t e n " auf die Fälle einer „unverzüglichen H e r a u s g a b e p f l i c h t " beschränkt. Darin k o m m t das an f r ü h e r e r Stelle dieser Arbeit bereits a n g e s p r o c h e n e Z e i t m o m e n t zum Ausdruck, das zu U n r e c h t als A b g r e n z u n g s k r i t e r i u m für den Vollstreckungsschutz des Hinterm a n n s herangezogen wird ( o b e n S. 182ff.). In gleicher Weise kann es auch nicht für die Zulässigkeit der Drittschadensliquidation relevant sein. IW D a z u o b e n S. 319 f.; aus hiesiger Sicht u n z u t r e f f e n d wird d a h e r bei Krückmann, Jher.Jb. 56 (1910), 245,263 und 273 f., die A n n a h m e eines „echten D u r c h g a n g s p o s t e n " bei einer rechtswirksamen Verpflichtung zur S c h e n k u n g abgelehnt. 16,1 Vgl. die e n t s p r e c h e n d e n Ü b e r l e g u n g e n zum Vollstreckungsrecht o b e n S.330ff. Ihl V. Caemmerer, Z H R 127 (1965), 241,261, der allerdings meint, diesen G e d a n k e n von der Wertungsgrundlage der Drittschadensliquidation in d e n Fällen mittelbarer Stellvertretung abgrenzen zu müssen; insgesamt a . A . Hagen, Drittschadensliquidation, S.90f.; d e m folgend Peters, A c P 180 (1980), 329, 339.

4 0 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhundwirkungen

schütz im zweiten Teil der Arbeit entwickelten Überlegungen 1 6 2 hierher übertragen werden: D e r Regeltatbestand lautet: Gefahrtragung des Rechtsträgers (casum sentit dominus). Das dingliche Recht fällt im Grundsatz mit der Gefahrtragung zusammen. Wenn aber ein Ausnahmefall vorliegt, in dem Rechtsträgerschaft und G e f a h r t r a g u n g ausnahmsweise getrennt sind und damit eine Treuhand im Sinne der Gefahrtragungsthese vorliegt, dann ist „dominus" nicht der Rechtsinhaber, sondern der Hintermann, weil jener die G e f a h r trägt. Wie nun im zweiten Teil dieser Arbeit der Vermögensbegriff der Insolvenzordnung („gehören" i.S.v. §47 InsO) mit dem „dominus" im Sinne der Gefahrtragungsregel identifiziert wurde und so das Aussonderungsrecht bei der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung unmittelbar dem Gesetz e n t n o m m e n werden konnte 163 , lässt sich auch im deliktischen Schadensrecht eine funktionell-teleologische Interpretation des absoluten Rechts i.S.v. §823 Abs. 1 B G B vertreten: E b e n s o wie die R e c h t e aus §§ 47 InsO, 771 Z P O im Grundsatz von einer dinglichen Rechtsposition abhängig sind 164 , ist auch der deliktische Schutz im Grundsatz auf den Inhaber eines dinglichen, gegenüber j e d e r m a n n wirkenden Rechtes beschränkt. Dieser Rechtsträger ist gewöhnlich auch der Geschädigte, weil er als „dominus" die G e f a h r für den Gegenstand trägt und er damit die von d e m Delikt vermögensmäßig betroffene Person ist. Liegt aber der rechtliche Sonderfall vor, in dem der Rechtsträger nicht die G e f a h r trägt (Treuhand), ist der deliktische Schutz dem jetzigen „dominus", dem „wirtschaftlichen" Rechtsträger (Treugeber) zu gewähren, ebenso wie dieser auch den Schutz der §§47 InsO, 771 Z P O genießt. 1 6 5 Die parallele Beurteilung der Vollstreckungs- und der Schadensproblematik rechtfertigt sich dabei aus der ähnlichen Zielrichtung der §§47 InsO, 771 Z P O einerseits, des §823 B G B andererseits. Jeweils soll der Rechtsinhaber davor geschützt werden, dass sein in dem Recht verkörperter Vermögenswert beeinträchtigt wird, sei es durch einen Vollstreckungszugriff Dritter oder durch einen deliktischen Eingriff Dritter. Vergleichbare, auf den Schutz des „wirtschaftlichen" Rechtsträgers hinauslaufende Überlegungen finden sich bereits bei Junker, dort allerdings ohne den Querbezug zum Vollstreckungsschutz. Auch er trennt im Grundsatz zwischen den Fällen rechtsgeschäftlichen Kontakts zwischen Schädiger und Mittler und dem Bereich des deliktischen Handelns. 1 6 6 Für den - in dieser Arbeit allein behandelten - Deliktsbereich will er die Figur der Drittschadensliquidation durch A n e r k e n n u n g des „wirtschaftlichen" Eigentums als sonstiges Recht im Sinne des §823 Abs. 1 B G B ablösen. 1 6 7 „Wirtschaftlicher Eigentümer" sei derjenige, 162 163 164 165 166 167

Siehe insbesondere o b e n S. 305 ff. O b e n S. 320 f. Dazu o b e n S. 320 f. Dazu oben S. 298ff., insbes. S.320f. Junker, A c P 193 (1993), 348. Junker, A c P 193 (1993), 348ff., insbes. S.352 ff. Auch Hagen,

Drittschadensliquidation,

§ 10 Treuhand

und

Drittschadensliquidation

405

der, o h n e E i g e n t ü m e r im Sinne des § 903 B G B zu sein, das alleinige Risiko einer Beschädigung o d e r Z e r s t ö r u n g d e r Sache trägt u n d d e n alleinigen N u t z e n aus der Sache zieht, d e m also i n s b e s o n d e r e W e r t s t e i g e r u n g e n d e r Sache z u g u t e kommen.'68 Als sonstiges R e c h t i.S.v. §823 Abs. 1 B G B a n e r k e n n e die h . M . allerdings bislang nur absolute R e c h t e , also solche, die g e g e n ü b e r j e d e r m a n n wirken und von j e d e r m a n n zu r e s p e k t i e r e n s e i e n . I W Dies sei f ü r d e n „wirtschaftlichen E i g e n t ü m e r " nicht i m m e r d e r Fall, weil es in d e n Fällen obligatorischer G e f a h r e n t l a s tung, i n s b e s o n d e r e beim V e r s e n d u n g s k a u f , an e i n e m Vollstreckungsschutz des G l ä u b i g e r s ( K ä u f e r s ) fehle. 1 7 0 Die R e l e v a n z d e r A b s o l u t h e i t eines R e c h t e s f ü r seine E i n o r d n u n g als sonstiges R e c h t i.S.v. § 823 Abs. 1 B G B sei indes von vornherein fraglich, w e n n m a n die R e c h t s p r e c h u n g b e t r a c h t e . D e r B G H h a b e selbst den B o d e n d e r dinglichen a b s o l u t e n R e c h t e d u r c h seine A n e r k e n n u n g eines R e c h t s am eingerichteten u n d a u s g e ü b t e n G e w e r b e b e t r i e b als sonstiges R e c h t im Sinne des §823 Abs. 1 B G B verlassen. 1 7 1 U n d auch die h . M . g e b e das D o g m a der A b s o l u t h e i t in der Sache auf, w e n n sie eine D r i t t s c h a d e n s l i q u i d a t i o n in D e liktsfällen gestatte. D e n n es w e r d e hier faktisch der S c h a d e n einer P e r s o n ersetzt, die gar nicht R e c h t s i n h a b e r ist. Letztlich g e w ä h r e die Drittschadensliquidation d a h e r nichts a n d e r e s als einen deliktischen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h f ü r die Verletzung des „wirtschaftlichen E i g e n t u m s " . Diese W e r t u n g , die hinter d e r artifiziellen d o g m a t i s c h e n K o n s t r u k t i o n liege, gelte es o f f e n zu legen. 1 7 2 Diese Ü b e r l e g u n g e n Junkers weisen in die richtige Richtung. Sie g e h e n allerdings von d e r u n z u t r e f f e n d e n Prämisse aus, in d e n Fällen obligatorischer G e f a h r e n t l a s t u n g fehle es an e i n e m Vollstreckungsschutz des „ H i n t e r m a n n s " . E r k e n n t m a n im A u s e i n a n d e r f a l l e n von R e c h t s t r ä g e r s c h a f t und G e f a h r t r a g u n g S.278, will nach d e m Vorbild der A n w a r t s c h a f t s r e c h t e die Rechtsstellung des Treugebers haftungsrechtlich als „sonstiges R e c h t " i.S.v. §823 Abs. 1 B G B a n e r k e n n e n , b e r u f t sich dabei allerdings zu Unrecht ganz allgemein auf B G H , 25.5. 1959, W M 1959,1002, 1004. In der zitierten Entscheidung zieht der B G H im Fall einer Sicherungsübereignung einen Schadensersatzanspruch des Sicherungsgebers g e m ä ß §823 Abs. 1 B G B in Betracht, „weil durch die Veräußerung der zur Sicherheit ü b e r e i g n e t e n G e g e n s t ä n d e ein dingliches A n w a r t s c h a f t s r e c h t auf RUckerwerb der Sachen nach Z a h l u n g der Schuld verletzt sein k ö n n t e . " Z u m einen entspricht die j e n e n Formulierungen o f f e n b a r z u g r u n d e liegende A n n a h m e einer auflösenden Bedingung bei der Sicherungsübereignung nicht m e h r der heutigen Sichtweise (vgl. nur Lwowski, Recht, R d n . 2 2 [S.45f.] m.w.N.). Z u m a n d e r e n kann jedenfalls nicht b e h a u p t e t werden, in allen Treuhandfällen liege eine bedingte Ü b e r e i g n u n g und damit ein A n w a r t s c h a f t s r e c h t des Treugebers vor. Insgesamt gegen die A n e r k e n n u n g der Rechtsposition des Treugebers als „sonstiges R e c h t " i.S.v. §823 Abs. 1 B G B h a b e n sich z.B. Canaris, in FS Flume I, S.371, 422 und M ü n c h KommBGB/MerfCTjj, 3. Aufl., §823 R d n . 1 3 3 und 142 ausgesprochen (anders aber Soergel/ Mertens, B G B , Vor §249 R d n . 2 5 3 und dazu unten F u ß n . 175). 161i 1', B G B , § 387 Rdn. 30, Soergel/Zm.v, BGB, §387 R d n . 3 , Gernhuber, JuS 1962, 41, 45, und Liebich/Mathews, Treuhand, JuS 1988, 355, 360, Reinhardt/Erlinghagen, S. 114, obwohl sich alle diese A u t o r e n o h n e Distanzierung auf die B G H - R e c h t s p r e c h u n g berufen. 54

B G H , 17.3. 1955, B G H Z 17, 19, 23 = N J W 1955, 745. Auch B G H , 15.1. 1990, B G H Z 110,47,81 = N J W 1990,982,990, verweist immer noch auf diese Entscheidung. % Z u m „Durchgriff", i n s b e s o n d e r e auch zur A b g r e n z u n g zwischen Z u r e c h n u n g s - und Haftungsdurchgriff Wiedemann, Gesellschaftsrecht 1, §4 III (S.217ff.); Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 (S. 217 ff.); eingehend Bitter, Durchgriffshaftung, S.82ff. 57 Vgl. die Z u s a m m e n s t e l l u n g der f r ü h e n R e c h t s p r e c h u n g in B G H , 17.3. 1955, B G H Z 17, 19, 22 f. = N J W 1955,745. 55

4 3 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungslhese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

des Schuldners auf das in §387 B G B aufgestellte Erfordernis der Identität zu berufen. 5 8 Z u r Begründung dieses Durchgriffs 5 9 hatte die Rechtsprechung bereits vor dem Urteil B G H Z 17, 19 auf das enge organschaftliche Abhängigkeitsverhältnis der Kriegsgesellschaften zum Reich abgestellt, teilweise jedoch auch darauf hingewiesen, die Gesellschaften hätten hoheitliche Aufgaben des Reichs mit zweckgebundenen Mitteln treuhänderisch durchgeführt. 6 0 Für diesen Fall werde ein gesellschaftliches Eigenleben der Gesellschaft verneint; ihre freie Entschließung beschränke sich dann auf die technische Durchführung von Reichsaufgaben. 6 1 Der G e d a n k e der erweiterten Zulässigkeit von Aufrechnungen in Treuhandverhältnissen klingt damit in der Rechtsprechung zu den Reichskriegsgesellschaften bereits an, er wird dort aber mit den Durchgriffsfragen vermischt. Richtigerweise muss beides getrennt werden. Die eine Frage, ob eine Aufrechnung trotz fehlender Gegenseitigkeit i.S.v. §387 B G B deshalb möglich ist, weil eine Gesellschaft mit ihrem Gesellschafter im Wege des Zurechnungsdurchgriffs als Einheit behandelt wird, hat mit der zweiten Frage, ob die fehlende Gegenseitigkeit bei einem Treuhandverhältnis im Hinblick auf die „wirtschaftliche" Forderungsinhaberschaft des Treugebers überwunden wird, im G r u n d e nichts zu tun. Beim Treuhandverhältnis kommt es nicht darauf an, ob die Abhängigkeit des Treuhänders vom Treugeber besonders groß ist, also ein irgendwie qualifiziertes Treuhandverhältnis vorliegt. Wie oben unter I. ausgeführt, beruht die Möglichkeit des Schuldners, Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum Treugeber auch dem Treuhänder entgegenhalten zu können, nach h.M. vielmehr auf der Überlegung, dass der Treuhänder als eine für Rechnung des Treugebers handelnde Person nicht fordern können soll, was sein Treugeber sogleich zurückzugewähren hätte. Deshalb muss sich der Treuhänder auch gefallen lassen, dass der Schuldner mit einer Forderung aufrechnet, die ihm gegen den Treugeber zusteht. Bei der Durchgriffsproblematik geht es hingegen um die rechtliche Verselbständigung der juristischen Person im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter und das sich daraus ergebende Problem, ob diese rechtliche Trennung in allen Fällen Geltung beanspruchen kann. Die Beziehung zwischen der juristischen Person und ihrem Gesellschafter kann nicht generell als Treu58

So B G H , 17.3. 1955, B G H Z 17, 19, 23 = N J W 1955, 745. Es handelte sich dabei um einen „ u m g e k e h r t e n " Durchgriff, weil dieser im Verhältnis zwischen Reich und Reichskriegsgesellschaft zu Lasten der Gesellschaft und nicht - wie gewöhnlich beim Durchgriff - zu Lasten d e s Gesellschafters erfolgte. m Vgl. die Z u s a m m e n s t e l l u n g der R e c h t s p r e c h u n g in B G H , 17.3. 1955, B G H Z 17,19,23 f. = N J W 1955,745; auf das enge organschaftliche Abhängigkeitsverhältnis als G r u n d für d e n ausnahmsweisen „ D u r c h g r i f f " bei d e n Reichskriegsgesellschaften hinweisend später auch B G H . 4.7. 1961, W M 1961, 1103, 1104, w ä h r e n d in B G H , 15.2. 1962, W M 1962,610,612, w i e d e r u m auf die treuhänderische A u s f ü h r u n g hoheitlicher A u f g a b e n des Reichs abgestellt wird. 59

61

So B G H , 17.3. 1955, B G H Z 17, 19, 24 = N J W 1955, 745.

§11 Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

431

handverhältnis, charakterisiert durch die G e f a h r t r a g u n g des „Hintermanns", angesehen und daraus die Sonderbehandlung im R a h m e n der Aufrechnung hergeleitet werden. D e n n die Z u r e c h n u n g der wirtschaftlichen Ergebnisse der juristischen Person zu ihrem Gesellschafter ist durch die Haftungsbeschränkung gerade durchbrochen. 6 2 Deshalb kann auch nicht davon die R e d e sein, die juristische Person handle ganz allgemein für R e c h n u n g ihres Gesellschafters. Wenn also im R a h m e n der Aufrechnung eine juristische Person mit ihrem Gesellschafter als Identität behandelt werden soll, müssen dafür andere (Durchgriffs-)Kriterien maßgeblich sein. Aus exakt jener Durchgriffsdiskussion stammt nun aber das Kriterium des „engen organschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses", das in den Fällen der Reichskriegsgesellschaften im Verhältnis zum Reich von der Rechtsprechung herangezogen wurde. 6 3 G e m e i n s a m ist d a h e r in den Durchgriffs- und Treuhandfällen nur die Rechtsfolge einer Aufrechnungsmöglichkeit trotz „formal" fehlender Gegenseitigkeit. D e r Durchgriff setzt aber kein Handeln für f r e m d e Rechnung und die Treuhand setzt kein irgendwie geartetes und damit erst recht kein qualifiziertes Gesellschafts- oder gar Organschaftsverhältnis voraus. Nur durch die Vermischung der Treuhand- mit den Durchgriffsfragen in der von B G H Z 25,360 herangezogenen Entscheidung B G H Z 17,19 ist letztlich erklärlich, wie das einschränkende Kriterium einer „besonders starken Abhängigkeit des Treuhänders vom Treugeber" in die Rechtsprechung zur Aufrechnung bei Treuhandverhältnissen Einzug halten konnte. In der Sache kann diese auch im Schrifttum teilweise unkritisch ü b e r n o m m e n e 6 4 Einschränkung nicht überzeugen. Die Widersprüchlichkeit lässt sich in der späteren B G H - R e c h t s p r e c h u n g anhand der Entscheidung B G H Z 110, 47, 81 gut herausstellen. Zwar wird dort in der Tradition der ständigen Rechtsprechung die qualifizierte Abhängigkeit gefordert 6 5 , sogleich anschließend jedoch ausgeführt: „ D i e s e R e c h t s p r e c h u n g f i n d e t ihre R e c h t f e r t i g u n g d a r i n , d a ß die v o n d e m T r e u h ä n d e r im w i r t s c h a f t l i c h e n I n t e r e s s e d e s T r e u g e b e r s b e g r ü n d e t e n F o r d e r u n g in d e r a r t i g e n F ä l l e n d e m Treugeber zugerechnet werden m u ß und aus der formellen Verschiedenheit dieser

62 Siehe dazu die e i n g e h e n d e ö k o n o m i s c h e Analyse der H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g bei Bitter, Durchgriffshaftung, S. 150 ff. 63 O b das Kriterium seinerseits zur B e g r ü n d u n g eines Durchgriffs geeignet ist, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Die j ü n g e r e Durchgriffsdiskussion hat jedenfalls bezüglich der H a f tungsfragen gezeigt, dass ein - wie auch immer qualifiziertes - Abhängigkeitsverhältnis nicht ausreichend für die B e g r ü n d u n g einer u n b e s c h r ä n k t e n persönlichen H a f t u n g der Gesellschafter einer G m b H für deren Verbindlichkeiten sein kann (vgl. dazu Bitter, Durchgriffshaftung, S. 490ff.; ders., Z I P 2001,265 ff.; ders., W M 2001,2133 ff„ jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). 64 65

Vgl. oben Fußn.53. Siehe oben bei Fußn.50.

4 3 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

R e c h t s p e r s o n e n d e m S c h u l d n e r bei d e r V e r f o l g u n g s e i n e r A n s p r ü c h e g e g e n ü b e r d e m T r e u g e b e r im R a h m e n d e r A u f r e c h n u n g k e i n N a c h t e i l e n t s t e h e n d a r f . "

Völlig zutreffend stellt der B G H auf die Begründung der Forderung „im wirtschaftlichen Interesse des Treugebers" ab. Warum ein solches Handeln im wirtschaftlichen Interesse des Treugebers aber nur in „derartigen Fällen", also bei „besonders stark ausgeprägter Abhängigkeit" vorliegen soll, wird in keiner Weise erläutert und ist auch nicht ersichtlich. 66 O b w o h l also in der Sache richtig das Handeln für f r e m d e Rechnung als alleinige Rechtfertigung der Sonderbehandlung von Treuhandverhältnissen bei der Aufrechnung durchaus erkannt wird, schleppt auch die jüngere Rechtsprechung das aus der Durchgriffsdiskussion stammende Kriterium einer besonderen Nähebeziehung zwischen Mittler und H i n t e r m a n n weiter fort, ohne dessen Berechtigung je ernsthaft überprüft zu haben. So k o n n t e der aufgezeigte Widerspruch in der Rechtsprechung bis heute fortbestehen: Bei den Aufrechnungsfragen postuliert der B G H das Erfordernis einer qualifizierten Abhängigkeit, während er ansonsten allgemein anerkennt, der Treuhänder könne keine weitergehenden Rechte geltend machen, als sie dem Treugeber selbst zustehen. 6 7 Richtigerweise ist das Erfordernis eines irgendwie qualifizierten Treuhandverhältnisses als Voraussetzung für die Aufrechnungsmöglichkeit bei Treuhandverhältnissen aufzugeben. 6 8 Die Möglichkeit des Schuldners, gegenüber dem Treuhänder mit Forderungen gegenüber d e m Treugeber aufzurechnen, folgt allein aus der Rechtsträgerschaft des Treuhänders für f r e m d e Rechnung. Zutreffend spricht daher das O L G H a m m in einem Urteil aus dem Jahr 1964 69 ganz allgemein davon, der Anspruch des uneigennützigen Treuhänders sei für die Zwebh Vgl. e b e n s o i n k o n s e q u e n t auch schon B G H , 10.1. 1963, W M 1%3, 287,288, wo einerseits im Anschluss an B G H Z 25, 360, 367, auf die Weisungsbindung „nach A r t eines A n g e s t e l l t e n " abgestellt, andererseits zur B e g r ü n d u n g für die Zulässigkeit der A u f r e c h n u n g über §406 B G B hinaus auf die „wirtschaftliche" Inhaberschaft der F o r d e r u n g auf Seiten des Treugebers (Zed e n t e n ) hingewiesen wird. 67 So deutlich B G H , 25.7. 2002, BB 2002, 1826. 68 So im Ergebnis auch schon Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.286; d e m tendenziell folgend Henssler, A c P 196 (1996), 37, 64. ^ O L G H a m m , 24.6. 1964, Rpfleger 1965, 174. In d e m z u g r u n d e liegenden Fall hatte ein ausgeschiedener Gesellschafter seinen in jährlichen R a t e n zu b e d i e n e n d e n A n s p r u c h auf das Auseinandersetzungsguthaben an einen Rechtsanwalt a b g e t r e t e n , der das Geld für die D a u e r von 10 Jahren treuhänderisch für ihn verwalten sollte. D i e letzte R a t e des Auseinandersetzungsguthabens zahlte die Gesellschaft nicht vollständig aus, weil sie mit einer F o r d e r u n g gegen den f r ü h e r e n Gesellschafter a u f r e c h n e t e , die ihr von einem Dritten a b g e t r e t e n worden war. Nach Ansicht des O L G H a m m war diese A u f r e c h n u n g g e g e n ü b e r d e m Rechtsanwalt (Zessionar) mit einer F o r d e r u n g gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter ( Z e d e n t e n ) zulässig. Es sei zu beachten, dass die Vollübertragung a u f g r u n d der T r e u h a n d s c h a f t in der rechtlichen Gestaltung über das wirtschaftlich notwendige M a ß d e r B i n d u n g des V e r m ö g e n s im Interesse einer o r d n u n g s g e m ä ß e n Verwaltung hinausgehe. D e r A n s p r u c h des T r e u h ä n d e r s sei daher für die A u f r e c h n u n g als F o r d e r u n g des Treugebers zu b e h a n d e l n , so dass sich beide Forderungen a u f r e c h e n b a r g e g e n ü b e r s t ü n d e n .

§11 Einwendnngs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der Treuhand

433

cke der Aufrechnung als Forderung des Treugebers zu behandeln, so dass sich beide Forderungen a u f r e c h e n b a r gegenüberstünden. 7 0 Gleiche Grundsätze erkennt die h.L. bei den Treuhandkonten an, wenn sie der Bank die Befugnis gibt, gegenüber der „formal" vom Treuhänder gehaltenen, wirtschaftlich aber dem Treugeber zustehenden G u t h a b e n f o r d e r u n g mit Forderungen gegen den Treugeber aufzurechnen. 7 1 Haben wir damit aber die der Rechtsprechung innewohnende Widersprüchlichkeit beseitigt, fügen sich auch die für die Aufrechnung anzuerkennenden Außenwirkungen der Treuhand nahtlos in das in dieser Schrift entwickelte Treuhandmodell ein. Die aus der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung folgende „wirtschaftliche" Zugehörigkeit des Treuguts zum Vermögen des Treugebers ist nicht nur für die im zweiten Teil dieser Arbeit behandelten Vollstreckungsfragen sowie die in § 10 diskutierten Verletzungen absoluter Rechtsgüter entscheidend. Vielmehr wird auch im R a h m e n des §387 B G B bei der Feststellung der „Gegenseitigkeit" nicht auf die „formelle", sondern die „wirtschaftliche" Rechtsträgerschaft abgestellt. 7 2 Es geht um eine teleologische Interpretation der „Gegenseitigkeit" i.S.v. §387 BGB. Das Recht des Schuldners, Einwendungen aus der Person des Treugebers zu erheben einschließlich der Möglichkeit, mit Forderungen gegenüber dem Treugeber aufzurechnen, erscheint damit als eine von mehreren, allgemein aus der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung folgenden „Treuhandwirkungen". 7 3 Die bereits oben bei der allgemeinen Einwendungsproblematik 7 4 aufgezeigte Beschränkung dieser Wirkung auf die Verwaltungstreuhand gilt dabei auch für die Aufrechnungsfragen. 7 S Verfolgt der Treuhänder mit der Rechtsträgerschaft eigene, insbesondere Sicherungszwecke, kann von einem (vollständig) uneigennützigen Handeln für f r e m d e Rechnung nicht gesprochen werden.

711 D e m ebenfalls allgemein für die uneigennützige T r e u h a n d folgend Staudinger/Gi/re£>\ BGB, §387 R d n . 3 1 ; MünchK.ommBGB/Sc'Wi/fer, §387 R d n . 15. 71 Hudding/Häuser, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 2. Aufl., §37 R d n . 5 6 ; S t a u d i n g e r / H o p t / M i i l bert, B G B , Vorbem. zu §§607ff. Rdn. 198; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.286; ders., N J W 1973,825, 832. 12 Deutlich in diesem Sinne auch Staudinger/Gwn&y, B G B , §387 R d n . 2 9 ; Hadding/Häuser, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 2. Aufl., §37 Rdn. 56: „Die f e h l e n d e formelle Gegenseitigkeit wird durch den wirtschaftlichen Tatbestand ersetzt.". 71 In diese Richtung auch Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41. 45 f.: Auch hinsichtlich der G e l t e n d m a c h u n g von E i n w e n d u n g e n gegen t r e u h ä n d e r i s c h a b g e t r e t e n e F o r d e r u n g e n werde der uneigennützige T r e u h ä n d e r keineswegs vorbehaltlos als wirklicher, nur obligatorischen Bindungen u n t e r w o r f e n e r I n h a b e r des Vollrechts a n g e s e h e n . 74 D a z u o b e n S. 420 ff. 75 Staudinger/GimÄy, BGB, §387 R d n . 3 0 ; MünchK.ommBGB/ScWiire/-, §387 R d n . 15; Gernhuber, JuS 1988, 355, 360; Henssler, A c P 196 (1996), 37, 63 f.; Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962,41,45.

4 3 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragnngsthese

bei sonstigen

Treuhundwirkungen

b) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem Treugeber mit einer Forderung gegen den Treuhänder Selten wird in Rechtsprechung und Literatur auf die exakt umgekehrte Situation eingegangen, in welcher der Treugeber Inhaber einer Forderung gegen den Dritten ist und dieser mit einer Forderung aufrechnet, die ihm gegen den Treuhänder aus einem von diesem für Rechnung des Treugebers abgeschlossenen Geschäft zusteht: Treugeber

Gegenforderung Nach Ansicht des B G H kann in diesem Fall aufgrund der identischen Interessenlage nichts anderes gelten als in der zuvor unter a) dargestellten Konstellation. Habe der Treugeber aufgrund des Treuhandverhältnisses ohnehin für die Verbindlichkeit des Treuhänders einzustehen und jenen freizustellen, dann könne er treuwidrig handeln, wenn er sich gegenüber der Aufrechnung des verklagten Schuldners auf das Fehlen der Gegenseitigkeit beruft. 7 6 Der Entscheidung ist zuzustimmen. Dabei sei allerdings betont, dass es sich um einen Sachverhalt handelt, der außerhalb des Untersuchungsbereichs dieser Arbeit liegt. Es geht nicht um eine Rechtsträgerschaft des Treuhänders für fremde Rechnung, da der Treuhänder nicht Gläubiger, sondern Schuldner der Forderung ist. Aus diesem Grunde lässt sich das Ergebnis auch nicht aus einer „wirtschaftlichen" Forderungsinhaberschaft des Treugebers an jener Forderung begründen, die sich aus dem für seine Rechnung abgeschlossenen Geschäft ergibt. Das Ergebnis des B G H ließe sich aber dennoch - nicht anders als in den unter a) behandelten Fällen - über eine teleologische Interpretation der „Gegenseitigkeit" i.S.v. §387 B G B rechtfertigen, wenn man über die in dieser Arbeit postulierte Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung hinaus eine Treuhand an ganzen Rechtsverhältnissen anerkennen wollte. 77 Dann nämlich ließe sich auch 76

B G H , 27.2. 1989, N J W 1989, 2386, 2387. Ein Beitrag von Karsten Schmidt zu dieser Frage befindet sich in Vorbereitung; siehe andeutungsweise bereits Karsten Schmidt, in FS Wiegand, 2005, S.933, 939 mit Fn. 15. 77

§11 Einwendimgs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der Treuhand

435

von einer „wirtschaftlichen" Verpflichtung des Treugebers aus der „formal" gegen den Treuhänder gerichteten Verbindlichkeit sprechen. Diese „wirtschaftliche" Verpflichtung ließe sich wiederum im Rahmen einer teleologischen Interpretation des §387 B G B berücksichtigen und damit die „formal" fehlende Gegenseitigkeit herstellen. Derartige Überlegungen gehen allerdings über den Rahmen der vorliegenden Untersuchung hinaus. Auf eine Vertiefung wird verzichtet. c) Aufrechnung des Schuldners gegenüber dem mit einer inkonnexen Gegenforderung

Treuhänder/Kommissionär

Fragen der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung sind allerdings wieder zu beurteilen, wenn es um folgende Konstellation geht, in der „formal" zwischen der Mittelsperson und dem Schuldner ein Gegenseitigkeitsverhältnis besteht, die Aufrechnungsbefugnis von Seiten des Schuldners jedoch möglicherweise deshalb Einschränkungen unterliegt, weil die Forderung des Mittlers lediglich für Rechnung eines Hintermanns gehalten wird: Treugeber bzw. Kommittent

Treuhand bzw. Kommission Forderung aus Treuhand/Kommission Treuhänder bzw. Kommissionär

Dritter Gegenforderung

Der Unterschied zu jener oben unter II. 1. c) geschilderten Fallgestaltung, die als Teilausschnitt aus dem Gesamtkomplex treuwidriger Verfügungen zunächst zurückgestellt wurde 78 , besteht allein darin, dass bei ansonsten gleichem Sachverhalt nicht die Aufrechnungsbefugnis des Mittlers, sondern diejenige des Dritten zu erörtern ist. Eine gesetzliche Regelung dieser Aufrechnungsproblematik findet sich - wie bereits an früherer Stelle gesagt 79 - im Investmentgesetz. G e m ä ß §31 Abs. 6 InvG 8 0 können Forderungen gegen die Kapitalanlagegesellschaft und Forde™ Siehe oben S.424f. n Zur gesetzlichen Regelung der Treuhänderschaft im Investmentgesetz siehe oben S. 38 ff. 80 Früher §9 Abs. 6 KAGG.

4 3 6 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragtingsrhe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

rungen, die zu einem Sondervermögen gehören, nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Der Aufrechnungsausschluss gilt also in beide Richtungen: Weder die Kapitalanlagegesellschaft (Treuhänder) noch der Dritte kann aufrechnen. O b sich ähnliche Wirkungen auch außerhalb des gesetzlich geregelten Bereichs begründen lassen, soll nachfolgend untersucht werden. Dabei wird parallel zu der klassischen Treuhandkonstellation auch die Kommission einbezogen. Denn diese begründet nach dem in dieser Arbeit vertretenen Verständnis in gleicher Weise eine Treuhand, wenn sie eine Rechtsträgerschaft des Kommissionärs zur Folge hat. Durch die Verknüpfung beider Themenkomplexe soll aufgezeigt werden, dass die in der allgemeinen Treuhanddiskussion und die im Kommissionsrecht anerkannten Rechtsgrundsätze teilweise divergieren, diese unterschiedliche Sichtweise aber anders als im Vollstreckungsrecht nicht auf einer bewussten Differenzierung, d.h. auf dem Unmittelbarkeitsprinzip, beruht. Letztlich sind die bestehenden Differenzen ganz überwiegend allein auf den Umstand zurückzuführen, dass die Querbezüge oft nicht ausreichend beachtet werden. So konnten sich teilweise unterschiedliche Grundsätze für die Treuhandverhältnisse, die auch im Wege mittelbarer Stellvertretung begründet werden können, und die insoweit nur einen Sonderfall darstellende Kommission entwickeln. Für die zuvor unter a) und b) diskutierten Fallgestaltungen existiert eine Paralleldiskussion im Kommissionsrecht wohl aus praktischen Gründen nicht. 81 In aller Regel bestehen nämlich zwischen dem Kommittenten und dem Vertragspartner des Kommissionärs keine Rechtsbeziehungen. Oftmals werden beide nicht einmal voneinander wissen, so dass sich die Aufrechnungsfragen in ihrem Verhältnis rein tatsächlich nicht stellen. Die an dieser Stelle untersuchte Konstellation eines „formal" bestehenden Gegenseitigkeitsverhältnisses, bei dem eine der beiden Forderungen für Rechnung eines Hintermanns gehalten wird, tritt hingegen sowohl in Treuhand- als auch in Kommissionsfällen sehr häufig auf und ist daher in Rechtsprechung und Literatur eingehend diskutiert. Auf der Basis eines Vergleichs der zu beiden Fallgestaltungen entwickelten Lösungsansätze soll ein einheitliches Modell entwickelt werden, das dem Ansatz dieser Arbeit folgend ganz allgemein bei der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung auf Seiten des Mittlers ansetzt. aa) Diskussionsstand

bei klassischen

Treuhandkonstellationen

Die Frage der Aufrechnungsbefugnis des Schuldners einer treuhänderisch gehaltenen Forderung gegenüber dem Treuhänder mit Gegenforderungen, die nicht mit der Treuhandschaft in Zusammenhang stehen, wird insbesondere für 81 Nur bei B a u m b a c h I H o p t , HGB, §392 Rdn.4 und Böhm, Auslegung, S.84, findet sich der kurze, aber nicht weiter begründete und belegte Hinweis, der Schuldner des Kommissionärs könne nicht mit einer Gegenforderung an den Kommittenten aufrechnen.

§11 Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der Treuhand

437

die Inkassozession und die T r e u h a n d k o n t e n diskutiert. B e i d e Fälle unterscheiden sich d a d u r c h , dass d e r D r i t t e bei der Inkassozession ü b e r h a u p t erst d u r c h die A b t r e t u n g z u m S c h u l d n e r des T r e u h ä n d e r s wird, w ä h r e n d bei d e n Treuh a n d k o n t e n ein Fall m i t t e l b a r e r Stellvertretung vorliegt, das F o r d e r u n g s r e c h t also u n m i t t e l b a r in d e r Person des T r e u h ä n d e r s entsteht. aaa)

Inkassozession

In Fällen d e r Inkassozession d ü r f t e es verhältnismäßig selten v o r k o m m e n , dass der S c h u l d n e r eine G e g e n f o r d e r u n g g e g e n ü b e r d e m Inkassozessionar besitzt. D a s P r o b l e m wird d a h e r in R e c h t s p r e c h u n g u n d L i t e r a t u r zumeist nur k n a p p behandelt. Die - soweit ersichtlich - einzige G e r i c h t s e n t s c h e i d u n g , in der es auf die Frage d e r Zulässigkeit einer A u f r e c h n u n g d e s Schuldners mit F o r d e r u n g e n gegen den Z e s s i o n a r tatsächlich a n k a m , s t a m m t a u s d e m Jahr 1911. 82 D a s O L G Stettin hat d a m a l s d e m S c h u l d n e r die A u f r e c h n u n g s b e f u g n i s u n t e r Hinweis auf d e n fiduziarischen C h a r a k t e r der A b t r e t u n g a b e r k a n n t . Z w a r sei auch eine Inkassoa b t r e t u n g ernstlich g e m e i n t , also kein Scheingeschäft. D e n n o c h bleibe der fiduziarische C h a r a k t e r der Ü b e r t r a g u n g nicht o h n e Rechtswirkung. D a s O L G Stettin verwies insoweit auf d e n v o m R G g e w ä h r t e n Schutz des T r e u g e b e r s in der Insolvenz des T r e u h ä n d e r s sowie bei Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g e n d u r c h dessen Gläubiger 8 3 , f e r n e r auf die Möglichkeit d e s Wechselschuldners, trotz Vollindoss a m e n t s E i n r e d e n aus der Person des I n d o s s a n t e n e r h e b e n zu k ö n n e n . 8 4 In d e r K o n s e q u e n z dieser R e c h t s p r e c h u n g sei d e m S c h u l d n e r auch die A u f r e c h n u n g mit G e g e n f o r d e r u n g e n aus d e r Person des Inkassozessionars zu versagen. Diese Rechtsansicht des O L G Stettin ist zunächst in d e r Literatur 8 5 u n d die dort v e r t r e t e n e Position s o d a n n s p ä t e r v o m B G H in d e r bereits o b e n 8 6 wörtlich w i e d e r g e g e b e n e n E n t s c h e i d u n g B G H Z 25, 360 in e i n e m o b i t e r dictum ü b e r n o m m e n worden. 8 7 D e r Ausschluss einer A u f r e c h n u n g des Schuldners mit Ford e r u n g e n gegen den Inkassozessionar wird d o r t gleichsam als G e g e n s t ü c k zu seiner Möglichkeit a n g e s e h e n , F o r d e r u n g e n gegen d e n I n k a s s o z e d e n t e n ü b e r §406 B G B hinaus zur A u f r e c h n u n g zu stellen. Für die Frage d e r „Gegenseitigkeit" i.S.v. §387 B G B e n t s c h e i d e t also a b w e i c h e n d von d e r „ f o r m e l l e n " Rechts-

82 O L G Stettin, 6.2. 1911, O L G R e c h t s p r e c h u n g 23 (1911), 19, 20 = S e u f f A r c h 6 6 ( 1 9 1 1 ) , Nr.92 = R e c h t 1911, Nr.698 (Kurzwiedergabe). 0 Dazu o b e n S. 52 ff. und 120 ff. 84 Dazu oben S.413ff. 85 Z.B. bei Soeigell Hahne, B G B , 8. Aufl., §387 A n m . 1 b und §398 A n m . V 2; vgl. dazu auch Böhm, Auslegung. S. 83 m.w.N. 86 Siehe oben S.427. 87 B G H . 22.10. 1957, B G H Z 25. 360, 367 = N J W 1958, 18, 19f. = W M 1957, 1539, 1542; d e m folgend Staudinger/Giir.siry, B G B , §387 R d n . 3 0 ; MünchKommBOB/Sc/i/iiter, §387 R d n . 15; S o e r g e l / Z e r a , BGB, §387 R d n . 2; Gernhuber, JuS 1988. 355, 360.

4 3 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

hei sonstigen

Treuhandwirkungen

läge in beiderlei Hinsicht nur die „materielle" Zugehörigkeit der Forderung zum Vermögen des Zedenten. In der Literatur ist dieser für die Inkassozession entwickelte Grundsatz verallgemeinernd auf alle Fälle der Zession im Rahmen einer uneigennützigen Treuhand übertragen worden. 8 8 bbb)

Treuhandkonten

Bei Treuhandkonten sehen die Aufrechnungsfälle folgendermaßen aus: Der Treuhänder eröffnet ein Bankkonto im eigenen Namen und führt es als Kontoinhaber treuhänderisch für einen Treugeber. Die kontoführende Bank hat in der Praxis nicht selten Gegenansprüche aus anderen Geschäften gegen den Treuhänder und will mit diesen gegen ein Guthaben auf dem Treuhandkonto aufrechnen. Es stellt sich dann die häufig diskutierte Frage, ob die Bank hinsichtlich des Guthabens in ihrer Aufrechnungsmöglichkeit begrenzt und ob sie mit ihrem AGB-Pfandrecht sowie mit Zurückbehaltüngsrechten ausgeschlossen ist. Rechtsprechung und Literatur unterscheiden übereinstimmend danach, ob das Treuhandkonto offen oder verdeckt geführt worden ist: Hat die Bank Kenntnis vom Treuhandcharakter des Kontos, dann ist sie mit ihrem AGBPfandrecht ebenso ausgeschlossen wie mit Aufrechnungs- und Zurückbehaltüngsrechten. Für ein verdecktes Treuhandkonto bestehen diese Rechte hingegen im vollen Umfang wie bei einem gewöhnlichen Eigenkonto. 8 9 Uneinheitlich wird die Rechtslage nur in denjenigen Fällen beurteilt, in denen die Bank nachträglich erfährt, dass es sich bei einem Guthaben um Treugut handelt. Im Grundsatz wird der Bank nach Ansicht der Rechtsprechung die einmal bei einem verdeckten Treuhandkonto erlangte Rechtstellung nicht dadurch entzogen, dass sie später irgendwie erfährt oder nachgewiesen wird, dass es sich bei dem Guthaben um Treugut handelt. 90 Wenn allerdings der Kontoinhaber die Die von Staudinger/Gi(r.vA:v, BGB, §387 Rdn.31, und MünchKommBGB/5c'/!/(i/fr, §387 Rdn. 15, jeweils h e r a n g e z o g e n e E n t s c h e i d u n g O L G H a m m , 24.6. 1964. Rpfleger 1965, 174, betrifft allerdings nur die Möglichkeit des Dritten, g e g e n ü b e r d e m T r e u h ä n d e r mit Forderungen gegen den Treugeber a u f z u r e c h n e n (dazu schon oben bei F u ß n . 6 9 ) . Da das O L G H a m m allerdings davon spricht, der A n s p r u c h des T r e u h ä n d e r s sei für die Zwecke der A u f r e c h n u n g als F o r d e r u n g des Treugebers zu b e h a n d e l n , lässt sich a n n e h m e n , dass das Gericht d e m Dritten die A u f r e c h n u n g mit F o r d e r u n g e n gegen den T r e u h ä n d e r im G e g e n z u g versagt hätte. S9 B G H , 25.6. 1973, B G H Z 61, 72, 78ff. = N J W 1973, 1754, 1755 = W M 1973, 894. 895f.; B G H , 22.6. 1987, N J W 1987. 3250, 3251 m.w.N.: B G H . 25.9. 1990, W M 1990, 1954f.; deutlich auch B G H , 1.7. 1993, N J W 1993, 2622; vgl. aus der Literatur ?a\andll Heinrichs, BGB, §387 R d n . 6 ; Bitter, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 3.Aufl., §33 Rdn. 109; Hudding/Häuser, ebenda, 2. Aufl., §37 R d n . 4 3 f f . ; Canaris, Bankvertragsrecht. Rdn.284; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 62 f.; zur im G r u n d s a t z identischen Rechtslage in der Schweiz siehe Wolter, Treuhandrecht, S. 165 ff. 90 B G H , 25.6. 1973, B G H Z 6 1 , 7 2 , 7 8 f f . = N J W 1973. 1754,1755 = W M 1973,894,896; B G H , 25.9. 1990, W M 1990, 1954, 1955.

§11 Einwendurtgs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der Treuhand

439

Bank nachträglich über die Treuhandbindung unterrichtet und die Bank dem nicht widerspricht, kann darin nach Ansicht des B G H ein Verzicht auf ihre Sicherungsrechte liegen. 91 D e m widerspricht die Literatur zum Teil.1'2 Der B G H ziehe zwar mit Recht eine Parallele zur E r ö f f n u n g des offenen Treuhandkontos, werte diese aber nicht folgerichtig aus. Bei der Errichtung werde zutreffend davon ausgegangen, dass bei Offenlegung des Treuhandverhältnisses und anschließender Kontoerrichtung auf ein Einverständnis des Kreditinstituts geschlossen werden kann. D e r Kontoinhaber dürfe die Errichtung des Kontos dann im Sinne seines Antrags verstehen. Dies treffe bei einer Fortsetzung der Kontoführung nach einer Mitteilung des Treuhandverhältnisses nicht ohne weiteres zu, weil der Kontoinhaber nicht ausschließen dürfe, dass das Kreditinstitut an der bisherigen Art der Kontogestaltung festhalten möchte. D e m g e g e n ü b e r hat sich der Verfasser an anderer Stelle bereits im Grundsatz der Rechtsprechung angeschlossen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Sicherungsrechte der Bank nur für die Z u k u n f t entfallen, also hinsichtlich derjenigen Beträge, die nach der Kenntnis der Bank auf das Konto gelangen. 9 1 Die Situation sei für diese Beträge nicht anders zu beurteilen als in jenen Fällen, in denen die Bank von A n f a n g an Kenntnis vom Treuhandcharakter des Kontos hat: Sie könne hinsichtlich der neu eingehenden Beträge nicht auf ein Verwertungsrecht vertrauen. 9 4 Für die vor Kenntniserlangung bereits auf dem Konto befindlichen Beträge gelte allerdings anderes. Insoweit sei das Vertrauen der Bank in ihr bestehendes Sicherungsrecht schutzwürdig. Nach einer Kenntnis der Bank könne insoweit allenfalls eine längere Duldung der Innehabung des Kontos als verdecktes T r e u h a n d k o n t o dazu führen, dass der Ausschluss als stillschweigend vereinbart gilt. 95 Trotz dieser Unterschiede im Detail lässt sich als gemeinsame Linie für die Treuhandkonten aber festhalten: Dem Schuldner wird grundsätzlich bei einer Kenntnis vom Treuhandcharakter des Kontos die Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber dem treuhänderischen Kontoinhaber versagt. Diesen G r u n d k o n s e n s besonders herauszustellen ist deshalb so wichtig, weil sich im nachfolgend darzustellenden Kommissionsrecht nur eine Minderansicht für eine solche, nach der Kenntnis des Schuldners differenzierende Lösung ausspricht.

91

B G H , 15.9. 1990. W M 1990, 1954, 1955. Hadding/Häuser, in B a n k r c c h l s - H a n d b u c h , 2. Aufl., §37 R d n . 4 6 . 91 Bitter, in B a n k r c c h t s - H a n d b u c h , 3. Aufl., §33 R d n . 109; so auch O L G N a u m b u r g , 20.12. 2001, W M 2003, 1668 m. insoweit zust. A n m . Bitter. W u B VI C. §47 InsO 3.03. 94 Bitter, W u B VI C. S47 InsO 3.03: ders., in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h . 3. Aufl., §33 R d n . 109, dort u n t e r zusätzlichem Hinweis auf den ähnlichen G e d a n k e n in der bereits o b e n vor F u ß n . 39 a n g e s p r o c h e n e n Entscheidung B G H . 26.3. 1952, B G H Z 5, 285, 294f. (mit berechtigter Eins c h r ä n k u n g für den späteren Anfall von Zinsen, Provisionen und N e b e n k o s t e n ) . 95 Bitter, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 3. Aufl.. §33 Rdn. 109. 92

4 4 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

In der Literatur ist dieser für Treuhandkonten entwickelte Grundsatz teilweise für alle Fälle der offenen Treuhandschaft verallgemeinert worden, in denen die Forderung in der Person des Treuhänders begründet wird. 96 bb) Diskussionsstand

im

Kommissionsrecht

Die Konstellation bei der Kommission ist der bei den Treuhandkonten ähnlicher als jener bei der Inkassozession. Auch bei der Kommission wird die Forderung gegenüber dem Schuldner im Wege mittelbarer Stellvertretung in der Person des Treuhänders begründet. Die Frage, ob der Partner aus dem Ausführungsgeschäft, der Schuldner des Kommissionärs, mit Forderungen aufrechnen kann, die er gegen den Treuhänder besitzt und die nicht im Zusammenhang mit dem Kommissionsgeschäft stehen 9 7 , wird unterschiedlich beantwortet. Es werden drei verschiedene Ansichten vertreten. actaj Zulässigkeit

der Aufrechnung

bis zur Grenze der Arglist

Nach Ansicht der Rechtsprechung ist der Schuldner, von Fällen arglistigen Handelns abgesehen, nicht gehindert, mit inkonnexen Forderungen gegenüber dem Kommissionär aufzurechnen. Bereits das R G hatte diesen Grundsatz in zwei Fällen entwickelt, in denen allerdings jeweils die Aufrechnung nicht unmittelbar gegenüber dem Kommissionär erfolgte, sondern dieser die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft bereits an den Kommittenten abgetreten hatte. 98 Es musste sodann geprüft werden, ob der Schuldner seine Gegenforderung vor der Abtretung gegenüber dem Kommissionär (Zedent) hätte aufrechnen können, weil er nur dann nach Schuldnerschutzgesichtspunkten (seit Inkrafttreten des BGB: §406) auch nach der Abtretung an den Kommittenten (Zessionar) dazu berechtigt sein würde. % In diesem Sinne S t a u d i n g e r / C i / n ^ y , BGB, §387 R d n . 3 2 ( „ F o r d e r u n g e n , die im R a h m e n eines Treuhandverhältnisses e r w o r b e n worden sind."); unklar hingegen M ü n c h K o m m B G B / Schlüter, §387 Rdn. 15, der sich zwar in F u ß n . 6 4 u.a. auf die v o r g e n a n n t e K o m m e n t i e r u n g von Gursky und die R e c h t s p r e c h u n g zu den T r e u h a n d k o n t e n bezieht, dabei aber von einer „treuhänderisch abgetretenen F o r d e r u n g " spricht ( H e r v o r h e b u n g durch den Verfasser). Er übersieht - ganz im G e g e n s a t z zu Gursky - o f f e n b a r , dass sich die von der R e c h t s p r e c h u n g entwickelte D i f f e r e n z i e r u n g zwischen o f f e n e r und verdeckter T r e u h a n d nur auf jene Fälle bezieht, in d e n e n der T r e u h ä n d e r die Forderung im Wege mittelbarer Stellvertretung erwirbt, sie also gerade nicht - wie bei der Inkassozession - vom Treugeber abgetreten ist. 97 Dass eine A u f r e c h n u n g mit k o n n e x e n G e g e n f o r d e r u n g e n , also solchen, die mit d e m Kommissionsgeschäft in Verbindung stehen, zulässig ist, wird nirgends bestritten (bereits von Capelle, in FS Raape, S. 325, 333, F u ß n . 3 8 u n t e r Hinweis auf Schmidt-Rimpler, Kommissionsgeschäft, S. 912, als unstreitig bezeichnet; e b e n s o aus j ü n g e r e r Zeit Grundmann, Treuhandvertrag, S.417; Staudinger/Gurafry, BGB, §387 R d n . 4 4 ; Hager, A c P 180 [1980], 239, 260). 1,8 RG, 11.11. 1893, R G Z 32, 39ff.; RG, 23.5. 1928, R G Z 121, 177 ff.; vgl. auch O L G Düsseldorf, 29.1. 1926, J W 1926, 2105; im Urteil R G , 21.11. 1927, S e u f f A r c h 82 (1928), 34ff., musste die Rechtsfrage für einen gewöhnlichen Fall mittelbarer Stellvertretung hingegen nicht entschieden werden, weil insoweit eine unzulässige K l a g e ä n d e r u n g vorlag (a.a.O., S. 36).

§11 Einwendung*-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

441

G r u n d l e g e n d ist das Urteil R G Z 32, 39 aus d e m Jahr 1893. In den Entscheid u n g s g r ü n d e n f ü h r t e das R G aus, sowohl aus A r t . 368 Abs. 1 A D H G B (heute: §392 Abs. 1 H G B ) als auch aus den allgemeinen G r u n d s ä t z e n des bürgerlichen Rechts ergebe sich die Gläubigerstellung des Kommissionärs und die Schuldnerstellung des Dritten. D a f ü r sei unerheblich, o b der D r i t t e von d e m H a n d e l n seines Vertragspartners f ü r f r e m d e R e c h n u n g K e n n t n i s h a b e . " Auch Art. 368 Abs. 2 A D H G B (heute: §392 Abs. 2 H G B ) stehe d e r A u f r e c h n u n g nicht entgegen. G e d a c h t sei die Vorschrift hauptsächlich f ü r den Fall des Konkurses, indem sie d e m K o m m i t t e n t e n g e g e n ü b e r den a n d e r e n G l ä u b i g e r n ein Aussonderungso d e r Separationsrecht gebe.'"" Auf den Schuldner des Kommissionärs aus d e m G e s c h ä f t , aus welchem die F o r d e r u n g e n t s t a n d e n sei, passe die Vorschrift hingegen nicht. Nach Art. 368 Abs. 1 A D H G B sei dieser nicht nur befugt, den Kommissionär als seinen G l ä u b i g e r anzusehen, s o n d e r n in Wahrheit sei n u r der Kommissionär sein G l ä u b i g e r aus d e m G e s c h ä f t . Bis zur B e k a n n t m a c h u n g der Zession an den K o m m i t t e n t e n sei er d e s h a l b befugt, seine Schuld g e g e n ü b e r d e m Kommissionär zu tilgen, sei es durch Z a h l u n g , sei es durch A u f r e c h n u n g . Die A u f r e c h n u n g sei zwar keine Zahlung, wirke aber wie die Z a h l u n g und sei kein A k t d e r Zwangsvollstreckung, s o n d e r n Tilgungsakt. 11,1 Im A u s n a h m e f a l l k ö n n e d e m Schuldner allerdings ein Vorwurf d e r Arglist gemacht w e r d e n , wenn er in Kenntnis der Kommissionärseigenschaft seines Vertragspartners seine G e g e n f o r d e r u n g von e i n e m G l ä u b i g e r des Kommissionärs e r w o r b e n habe, um diesem auf d e m U m w e g ü b e r die A u f r e c h n u n g diejenige Befriedigung zu verschaffen, welche dieser nach A r t . 368 Abs. 2 A D H G B in d e r Zwangsvollstreckung nicht erlangt h a b e n würde.'" 2 Im Jahr 1928 bestätigte das R G diese G r u n d s ä t z e u n t e r Hinweis auf die herrschende Auffassung zu §392 Abs. 2 H G B . " b D e r B G H ü b e r n a h m sie im Jahr 1968.1(14 §392 Abs. 2 H G B sei nach richtigem Verständnis auf einen G l ä u b i g e r des Kommissionärs, d e r zugleich dessen Schuldner ist, nicht a n z u w e n d e n . Die Vorschrift gelte grundsätzlich nicht f ü r das A u ß e n v e r h ä l t n i s zwischen d e m Kommissionär und seinem K o n t r a h e n t e n . Die Sicherheit und die R e c h t e des D r i t t k o n t r a h e n t e n d ü r f t e n durch das Innenverhältnis zwischen Kommissionär und K o m m i t t e n t nicht beeinträchtigt w e r d e n . D a h e r d ü r f e auch nicht darauf abgestellt werden, o b d e r D r i t t k o n t r a h e n t wusste, dass sein Vertragsgegner n u r f ü r R e c h n u n g eines K o m m i t t e n t e n abschloss. w

RG, 11.11. 1893, R G Z 32, 39, 41. RG, 11.11. 1893, R G Z 32. 39, 42. ,m RG, 11.11. 1893. R G Z 32, 39, 43. 102 RG, 11.11. 1893, R G Z 32, 39, 43 f. 103 RG, 23.5. 1928, R G Z 121, 177 ff.; ebenfalls unter Bezug auf R G Z 32, 42 ff. zuvor auch O L G Düsseldorf, 29.1. 1926, J W 1926,2106. 1114 B G H , 19.11. 1968, NJW 1969, 276 = M D R 1969,211 = BB 1969, 68 = LM Nr. la zu §392 H G B (dazu die Anm. von Dressler, N J W 1969,655); vgl. aus jüngerer Zeit auch die strafrechtliche Entscheidung O L G Düsseldorf, 24.11. 1997, N J W 1998, 690, 691. lno

4 4 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Die Position der Rechtsprechung wird auch in der Literatur verbreitet vertreten. 105 Dabei hat sich vor allem Canaris durch eine eigene Begründung hervorgetan.' 0 6 Nach seiner Ansicht ist der Drittkontrahent nicht nur in seiner Eigenschaft als Gläubiger betroffen, sondern auch als Vertragspartner, und auf diese „ D o p p e l f u n k t i o n " sei §392 Abs. 2 H G B nicht zugeschnitten. D a s stellvertretungsrechtliche Offenkundigkeitsprinzip gebiete, dass der Drittkontrahent Klarheit über die aus dem Vertragsschluss resultierenden R e c h t e habe. Damit sei es unvereinbar, dem Drittkontrahenten von vornherein bestimmte Rechte gegen den Vertragspartner zugunsten des im Hintergrund bleibenden Kommittenten zu nehmen. Im Übrigen lasse es sich auch von der Interessenlage her durch nichts rechtfertigen, den Dritten schlechter zu stellen, als ginge die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft aufgrund einer Vorausabtretung sofort auf den Kommittenten über; dann aber hätte der Dritte die Aufrechnungsmöglichkeit nach Maßgabe von §406 B G B und das Zurückbehaltungsrecht im R a h m e n von §404 BGB, so dass er diese Befugnisse zumindest im selben U m f a n g auch hier haben müsse. 107 Auf den Rechtsgedanken der §§404, 406 B G B k o m m e es aber letztlich nicht einmal entscheidend an und die Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsmöglichkeiten des Dritten seien nicht an die Voraussetzungen und Grenzen dieser Vorschriften gebunden. D e n n es müsse berücksichtigt werden, dass der Dritte nach geltendem Recht keine Durchgriffsansprüche unmittelbar gegen den Kommittenten habe. D a n n aber könne er sich auch umgekehrt auf den formalen Standpunkt stellen, dass er einen Vertrag nur mit dem Kommissionär hat. 1 0 8 Die A n e r k e n n u n g der Aufrechnungsmöglichkeit in den von der Rechtsprechung aufgestellten Grenzen erscheint damit für Canaris letztlich als gerechter Ausgleich für die fehlende Möglichkeit des Drittkontrahenten, unmittelbar auf den Kommittenten zur Befriedigung seiner A n s p r ü c h e aus dem Ausführungsgeschäft zugreifen zu können. Mit der Lage beim offenen T r e u h a n d k o n t o ist die Problematik der Aufrechnung bei der Kommission nach Ansicht von Canaris109 nicht vergleichbar. Bei den Treuhandkonten werde der Ausschluss der Aufrechnungsbefugnis und des Zurückbehaltungsrechts auf den Parteiwillen gemäß §§133, 157 B G B gestützt und gefordert, dass die Bank mit dieser Art der K o n t o f ü h r u n g einverstanden

11,5 B a u m b a c h / / / o p ; , H G B , §392 R d n . 12; Ebenroth/Boujong/Joost//Cniger, H G B , §392 Rdn. 11; G r o ß k o m m H G B / K o / / i v , §392 R d n . 2 0 ; PalanMHeinrichs, BGB, S 387 Rdn. 6; Böhm, Auslegung, S.83ff„ 96f.; Canaris, Handelsrecht, §32 R d n . 3 5 f f . (S.554ff.) m.w.N. in F u ß n . 3 2 (vgl. zur Position von Canaris sogleich ausführlich im Text); Hager, A c P 180 (1980), 239,260ff.; aus der älteren Literatur z.B. D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / L e ^ m a n n , H G B , §392 A n m . 2 m.w.N.; Hartmann, A u s f ü h r u n g s g e s c h ä f t , S.42f. 106 Canaris, in FS Flume I, S.371, 409f.; ders., Handelsrecht, §32 R d n . 3 5 f f . (S.554ff.). 11)7 Canaris, in FS Flume I, S.371, 409; ders., Handelsrecht, §32 R d n . 3 6 (S.555). 108 Canaris, Handelsrecht, §32 R d n . 3 7 (S.555f.). Canaris, in FS F l u m e I, S.371, 410.

§11 Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

443

ist."" Diese Konstruktion sei im Kommissionsrecht aber gerade nicht tragfähig, weil der Schuldner des Ausführungsgeschäfts zu einem vertraglichen Verzicht auf die Aufrechnungsmöglichkeit oder das Zurückbehaltungsrecht keinen Anlass habe und es folglich an einem entsprechenden (mutmaßlichen) Parteiwillen fehle. bbb) Generelle Unzulässigkeit

der

Aufrechnung

Eine verbreitete, früher vor allem von Schmidt-Rimpleril \ heute insbesondere von Karsten Schmidt112 vertretene Gegenansicht will dem Vertragspartner des Kommissionärs generell die Befugnis zur Aufrechnung mit inkonnexen Gegenforderungen gegenüber dem Kommissionär versagen." 3 Mit einer nicht konnexen Gegenforderung sei der Vertragspartner des Ausführungsgeschäfts ebenso Drittgläubiger wie irgendein anderer Gläubiger des Kommissionärs. Sein Vertrauen darauf, dass durch das Kommissionsgeschäft eine zugriffsfähige Forderung des Kommissionärs (seines Schuldners) entstehe, sei nicht schutzwürdiger als das Vertrauen irgendeines anderen Gläubigers, sich wegen seiner Ansprüche aus Forderungen befriedigen zu können, die dem Kommissionär aus Geschäftsabschlüssen zustehen. Diesem Vertrauen gebühre nach §392 Abs. 2 H G B kein Schutz." 4 § 392 Abs. 2 H G B liege der Gedanke zugrunde, den Gläubigern jede Befriedigung aus den aus dem Ausführungsgeschäft herrührenden Forderungen zu verwehren. Das Gesetz räume dem Interesse des Kommittenten an diesen ihm materiell zustehenden Forderungen eindeutig den Vorrang ein." 5 Die angebliche Unbilligkeit, die in der Versagung der Aufrechnungsmöglichkeit liege, sei also in Wahrheit nur die Kehrseite der von §392 Abs. 2 H G B bewusst bestimmten Bevorzugung des Kommittenten." 6 Warum diese gesetzliche Interessenbewertung ausgerechnet bei demjenigen Gläubiger anders sein solle, der als Vertragspartner des Kommissionärs im Vertrauen auf diese Sachlage eine vermeintliche Aufrechnungslage schafft, sei nicht einzusehen." 7 Der von der Gegenansicht vorgebrachte Hinweis auf das Offenkundigkeitsprinzip überzeuge nicht, da der Drittkontrahent den dadurch bezweckten Schutz eben nur in genau dieser Eigenschaft als Vertragpartner beim Ausfüh1,(1

Canaris, a.a.O., verweist insoweit auf B G H Z 61, 77 bzw. 80. Schmidt-Rimpler, Kommissionsgeschäft, S. 911 f. 112 Karsten Schmidt. Handelsrecht, §31 V 4 b (S. 900ff.). 111 In diesem Sinne auch M i i n c h K o m m H G B / / / ä « i e r , §392 R d n . 2 7 ; Schlegelberger/A/e/ermehl, H G B , §392 Rdn.24; Dressler, N J W 1969, 656; weitere Nachweise bei Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S.900ff.) in F u ß n . 155, wobei allerdings bei Röhricht/v. Westphalen/ Lenz, H G B , §392 R d n . 9 m.E. unklar bleibt, ob er der Position von Karsten Schmidt folgen o d e r diese nur darstellen will. 11

'

114 So Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 31 V 4 b (S. 901 f.); Schlegelberger/Z/e/erme«, H G B , §392 R d n . 2 4 ; Dressler, N J W 1969, 656. 115 So Dressler, N J W 1969, 656. 116 Dressler, N J W 1969. 656; S c h l e g e l b e r g e r / H e f e r m e h l , H G B , §392 R d n . 2 4 . 117 Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S.901 f.); ähnlich Dressler, N J W 1969, 656.

4 4 4 Driller Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treidlandwirkungen

rungsgeschäft, nicht aber in seiner Eigenschaft als Drittgläubiger verdiene. In dieser letzten Eigenschaft trete der Schutzzweck des Offenkundigkeitsgrundsatzes nach §392 Abs. 2 H G B hinter den Schutzinteressen des Kommittenten zurück."8 ccc) Unzulässigkeit der Aufrechnung vom Handeln für fremde Rechnung

bei

Kenntnis

Eine Mittelposition ist von Capelle119 entwickelt worden und wird im Anschluss daran teilweise noch bis heute vertreten. 1 2 0 Diese vermittelnde Ansicht differenziert nach der Kenntnis des Drittkontrahenten von der Kommissionärseigenschaft seines Vertragspartners. D a der Drittkontrahent Privatgläubiger des Kommissionärs ist, muss nach Ansicht von Capelle die A n w e n d u n g des §392 Abs. 2 zwar ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Doch zwinge die Tatsache, dass der Gläubiger gleichzeitig Dritter im Kommissionsverhältnis sei, mindestens in gewissem U m f a n g zu einer Berücksichtigung seiner Interessen. Gewiss solle sich kein Gläubiger des Kommissionärs aus der Forderung gegen den Drittkontrahenten befriedigen, und nicht nur die Zwangsvollstreckung und der Konkurs, sondern auch die Aufrechnung sei eine M a ß n a h m e der Befriedigung. Es müsse aber geprüft werden, ob nicht schutzwürdige Interessen des Dritten wenigstens in gewissen Fällen für die Zulassung der Aufrechnung sprächen. Capelle bildet dazu folgende zwei Beispielsfälle: 1. Der Dritte ist zunächst Schuldner des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft geworden, ohne von der Kommission zu wissen. Später, immer noch gutgläubig, gibt er dem Kommissionär ein Darlehen. Er rechnet dabei damit, sich notfalls durch Aufrechnung gegen die Forderung des Kommissionärs befriedigen zu können. 2. D e r Dritte hat zunächst eine Forderung gegen den Kommissionär erworben, später wird er sein Schuldner aus dem Ausführungsgeschäft, ohne zu wissen, dass er es mit einem Kommissionär zu tun hat. 121 Auch hier vertraut er auf die Aufrechnungsmöglichkeit. Nach Capelle verdient das Vertrauen des Dritten in diesen Fällen Schutz, die Aufrechnung sei also zuzulassen. Noch weiter solle man aber nicht gehen und wie die h.M. - die Aufrechnungsmöglichkeit bis zur G r e n z e der Arglist zulassen. IIS

Karsten Schmidt, H a n d e l s r e c h t , §31 V 4 b (S.902). Capelle, in FS R a a p e , S.325, 333; ders., Handelsrecht, 18. Aufl., § 13 VII 2 c (S. 125). 1211 Staudinger/Gwra/iy, B G B , §387 R d n . 4 4 ; MünchKommBGB/ScWi7/er, §387 R d n . 18; Grundmann, Treuhandvertrag, S.417f.; Schwark, JuS 1980, I I I , 781; Schwarz, N J W 1969, 1942 ff.; e n t g e g e n Canaris, H a n d e l s r e c h t , §32 R d n . 35 (S. 554) in F u ß n . 3 4 gehört Böhm, Auslegung, S. 83 ff., 97, aber nicht hierher, da er die Aufrechnungsmöglichkeit ausdrücklich u n a b h ä n gig von d e r Kenntnis des Dritten b e f ü r w o r t e t . 121 Vgl. als Fall aus der Praxis z.B. O L G Düsseldorf, 29.1. 1926, J W 1926,2106. m

Sil

Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

cc) Eigenes Modell für alle Fälle der Rechtsträgerschaft

Treuhand

fiir fremde

445 Rechnung

Bei einem Vergleich der zum Treuhand- und Kommissionsrecht vertretenen Positionen fallen die abgestuft unterschiedlichen Ergebnisse der jeweils h.M. auf. Während bei der fiduziarischen Abtretung im Rahmen der Inkassozession dem Dritten die Aufrechnung gegenüber dem Mittler mit inkonnexen Gegenforderungen gänzlich versagt wird, differenziert die h. M. bei den Treuhandkonten im Grundsatz nach der Offenkundigkeit des Treuhandverhältnisses für den Vertragspartner. Bei der Kommission schließlich lässt die h.M. die Aufrechnung bis zur Grenze der Arglist zu. Eine Kenntnis des Vertragspartners vom Kommissionsverhältnis soll unerheblich sein. Dieses Ergebnis überrascht, wenn man berücksichtigt, dass in allen Fällen eine Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, eine Treuhand im hier vertretenen Sinne vorliegt. Der Grund für die Differenzen scheint - wie auch sonst so häufig - in dem Grundkonflikt des Treuhandrechts begründet. Einmal wird stärker die tatsächliche Rechtsinhaberschaft des Treuhänders herausgestrichen, ein anderes Mal stärker die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Forderung zum Vermögen des Treugebers. 122 So beruht die Zulassung der Aufrechnung durch die h.M. bei der Kommission in erster Linie auf der Betonung der gemäß §392 Abs. 1 H G B begründeten Rechtsinhaberschaft des Kommissionärs (Treuhänders), während umgekehrt vor allem bei der Inkassozession auf die wirtschaftliche Forderungsinhaberschaft des Treugebers abgestellt und vor diesem Hintergrund die „formal" bestehende Gegenseitigkeit unberücksichtigt gelassen wird. aaa) Der Treuhandcharakter der Kommission für die Aufrechnungsproblematik

und seine Folgen

Die Berufung auf die formale Rechtslage wird vor allem in der Argumentation von Canaris sehr deutlich, der im Hinblick auf die von §392 Abs. 1 H G B angeordnete formelle Trennung der Rechtsverhältnisse die „Symmetrie" im Kommissionsrecht durch die Befürwortung der Aufrechnungsbefugnis des Drittkontrahenten herzustellen meint. 123 Den Gegenpol zu dieser Argumentation bildet die dargestellte Entscheidung des O L G Stettin, in der auf die diversen von der Rechtsprechung entwickelten Sonderregeln bei fiduziarischen Rechtsverhältnissen hingewiesen und die Versagung der Aufrechnungsbefugnis als konsequente Fortführung dieser Rechtsprechung angesehen wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich die von Canaris angenommene „Symmetrie" im Kommissionsrecht in Zweifel ziehen. Es ist zwar richtig, dass ein Forderungsdurchgriff nicht stattfindet. Dies gilt aber in beiderlei Hinsicht. Weder kann der Drittkontrahent unmittelbar auf den Kommittenten zugreifen noch kann umgekehrt der Kommittent ohne Abtretung der Rechte des Kommissionärs den Drittkontra122 m

Vgl. dazu auch Herbert, Beteiligung, S. 9. Dazu insbesondere Canaris, Handelsrecht, §32 R d n . 3 7 (S. 555 f.).

4 4 6 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrlragitngsthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkttngen

henten in Anspruch nehmen. Beides beruht auf der in § 392 Abs. 1 H G B gesetzlich bestimmten „formalen" Zuweisung der Rechtsträgerschaft zum Kommissionär, die bei der bürgerlichrechtlichen mittelbaren Stellvertretung übrigens nicht anders zu beurteilen ist. Nun wird aber die „wirtschaftliche" Berechtigung des Treugebers an der Forderung aus dem Ausführungsgeschäft nicht nur im Vollstreckungsrecht, sondern - wie gezeigt - auch bei der Möglichkeit des Dritten berücksichtigt, Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zum Treugeber zu erheben, insbesondere mit Forderungen gegen den Treugeber gegenüber dem Treuhänder aufzurechnen. 1 2 4 Wenn diese Möglichkeit auch für Kommissionsverhältnisse bislang offenbar aus praktischen G r ü n d e n nur wenig diskutiert wird, weil der Drittkontrahent seltener als bei der Inkassozession Forderungen gegen den Hintermann besitzt 125 , kann nicht ernsthaft zweifelhaft sein, dass die insoweit allgemein für Treuhandverhältnisse entwickelten Regeln auch bei der Kommission eingreifen müssen. 1 2 6 Hat der Drittkontrahent damit aber im Grundsatz 1 2 7 die Möglichkeit, gegenüber der für f r e m d e Rechnung gehaltenen Forderung des Kommissionärs mit Forderungen aufzurechnen, die ihm gegenüber dem Kommittenten zustehen, dann führt die Versagung der Aufrechnung mit nicht konnexen Forderungen gegenüber dem Kommissionär gerade nicht zu der von Canaris befürchteten „Asymmetrie". G a n z im Gegenteil erscheint dann - wie B G H Z 25, 360, 367 für das allgemeine Treuhandrecht mit Recht hervorhebt der Ausschluss der A u f r e c h n u n g mit Forderungen gegen den Mittler als „symmetrisches" Gegenstück zur Zulassung der Aufrechnung mit Forderungen gegen den Hintermann. 1 2 x Richtig ist allerdings, dass diese „Treuhandwirkung" nicht unmittelbar der Regelung in §392 Abs. 2 H G B e n t n o m m e n werden kann. Wie das R G in R G Z 124

Z u r E i n w e n d u n g s p r o b l e m a t i k siehe o b e n S.413 ff., zur A u f r e c h n u n g des Dritten mit Ford e r u n g e n g e g e n ü b e r d e m H i n t e r m a n n siehe oben S.426 ff. I2:> Dazu schon oben S.436. 126 A . A . Baumbach/Wu/», H G B , §392 R d n . 4 ; ferner Böhm. Auslegung, S.84 o b e n , dessen B e h a u p t u n g , eine A u f r e c h n u n g des Dritten mit Forderungen gegen den K o m m i t t e n t e n werde „einhellig abgelehnt", jedoch in keiner Weise belegt wird. Auch sein auf S. 83 in Fußn. 160 f. angebrachter Verweis auf die f r ü h e r e Darstellung auf S. 15 hilft nicht weiter, weil dort nur von der A u f r e c h n u n g des Dritten mit F o r d e r u n g e n gegen den Kommissionär die R e d e ist. 127 Nicht a n d e r s als bei der t r e u h ä n d e r i s c h e n Forderungseinziehung (siehe o b e n S.433 bei F u ß n . 7 5 ) ist die A u f r e c h n u n g auch bei der Kommission ausgeschlossen, soweit der Kommissionär die F o r d e r u n g nicht ausschließlich für f r e m d e R e c h n u n g innehat, sondern eigene Zwecke verfolgt. Dies ist i n s b e s o n d e r e in H ö h e des Sicherungsinteresses für seine noch nicht befriedigten Provisionsansprüche gegen den K o m m i t t e n t e n der Fall. 128 Diese „aufrechnungsrechtliche S y m m e t r i e " wird übrigens von Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 286, für die T r e u h a n d k o n t e n selbst a n e r k a n n t . Für die Kommission kann dann aber nichts anderes gelten, wenn m a n T r e u h a n d und Kommission für vergleichbar hält, wie dies off e n b a r auch der Ansicht von Canaris entspricht (a.a.O., Rdn.285, wo bei einer a n d e r e n Aufrechnungskonstellation der R e c h t s g e d a n k e des §392 A b s . 2 H G B für die T r e u h a n d k o n t e n f r u c h t b a r gemacht wird).

Sil

Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

447

32, 39 insoweit mit Recht hervorgehoben hat, war die Vorschrift von ihren Verfassern in erster Linie für die Vollstreckungsfragen, insbesondere für den Konkurs des Kommissionärs gedacht. 129 Diese Einschätzung des R G wird durch die in dieser Arbeit an früherer Stelle vorgenommene Analyse der Materialien bestätigt: Nicht nur in den Motiven zu Art. 284, 285 des Preußischen Entwurfs 1 3 0 hat man die Vollstreckungswirkungen hervorgehoben, sondern auch in den Beratungen dieser Vorschriften durch die Nürnberger Kommission wurde ausschließlich über das Aussonderungsrecht des Kommittenten diskutiert. 131 Erkennt man aber, dass § 392 Abs. 2 H G B nur Ausdruck eines allgemein für Treuhandverhältnisse geltenden Rechtsgrundsatzes ist und dass sich die Treuhandwirkungen nicht auf die Vollstreckungsfragen beschränken, dann muss für die Aufrechnungsproblematik der Bezug zur allgemeinen Treuhanddiskussion hergestellt werden: Die Abweichungen von der „formalen" Rechtslage im Rahmen des §387 B G B sind nur eine von mehreren aus der treuhänderischen Innehabung des Rechts folgenden Wirkungen, wie das Urteil des O L G Stettin mit vollem Recht herausstellt. Jeweils ist danach zu fragen, ob die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung im Rahmen einer teleologischen Auslegung Abweichungen von derjenigen Rechtslage erlaubt, die sich bei einer rein „formalen" Betrachtungsweise ergibt. bbb) Analogie zu §406 BGB bei verdeckter

Kommission

Nun folgt aus dieser Erkenntnis jedoch nicht, dass ebenso wie bei der Inkassozession auch bei der Kommission mit der u.a. von Karsten Schmidt vertretenen Lehre dem Drittkontrahenten die Aufrechnungsbefugnis generell zu versagen wäre. Denn es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass im ersten Fall der Anspruch an den Mittler erst abgetreten wird, während er im zweiten Fall originär in seiner Person entsteht. 132 Die von Karsten Schmidt vertretene Position rnüsste konsequent auch bei den Treuhandkonten zu einer Versagung der Aufrechnungsmöglichkeit der Bank beim verdeckten Treuhandkonto führen. Auch dort ließe sich argumentieren, die Bank werde in ihrer Position als Gläubigerin des Kontoinhabers nicht geschützt. Ebenso wie sie im Wege der Zwangsvollstreckung nicht auf die Forderung des Treuhänders zur Befriedigung inkonnexer Forderungen zugreifen könne (bei den Vollstreckungsfragen kommt es auf die Offenkundigkeit des Treuhandverhältnisses nicht an 133 ), werde sie auch nicht in

l2,J

Dazu auch Schwarz. N J W 1969, 1942, 1943. Wortlaut der Vorschriften oben S.201 f. 111 Dazu ausführlich oben S.201 ff. 112 Insoweit z u t r e f f e n d Böhm, Auslegung, S. 85. 1,5 Bitler, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 3. Aufl., §33 Rdn. 105 m.w.N.; Ganter, in FS Kreft, S. 251, 265 f. = Z I n s O 2004, 1217. 1223; zu der in dieser Hinsicht nicht immer klaren B G H R e c h t s p r e c h u n g bereits eingehend oben S. 95 ff., zum Verzicht auf die O f f e n k u n d i g k e i t für das Vollstreckungsrecht insbesondere S. 100 f. bei Fußn.275. 110

4 4 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtrugungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirklingen

ihrem Vertrauen auf eine bestehende Aufrechnungslage geschützt. Dieses Ergebnis wäre jedenfalls dann folgerichtig, wenn man - wie es d e m Ansatz dieser Arbeit und offenbar auch dem Verständnis von Karsten Schmidt entspricht § 392 Abs. 2 H G B nicht als Ausnahmevorschrift, sondern als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens für Treuhandverhältnisse ansieht. Die bei den verdeckten Treuhandkonten allgemein anerkannte Aufrechnungsbefugnis der Bank erscheint aber aufgrund der von Capelle auch für das Kommissionsrecht vorgetragenen Erwägungen als sachgerecht. Rechtlich lässt sie sich über den von Canaris herangezogenen Rechtsgedanken aus §406 B G B begründen, der übrigens in der Schweiz auch von der dortigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt wird. 134 Es macht rechtlich in der Tat einen Unterschied, ob ein Gläubiger von außen im Wege der Zwangsvollstreckung auf eine (vermeintliche) Forderung seines Schuldners zugreift oder ob er selbst Schuldner ist und gegen diese Forderung mit eigenen A n s p r ü c h e n aufrechnet. Betrachten wir zunächst den ersten Fall: Pfändet ein Gläubiger eine (vermeintliche) Forderung seines Schuldners und trifft er anschließend Vermögensdispositionen im Vertrauen auf die dadurch (vermeintlich) erlangte Rechtsstellung, wird er in diesem Vertrauen nicht geschützt. Dies gilt einmal, wenn die Forderung dem Schuldner schon „formell" nicht zusteht, weil dieser sie nie besaß oder er sie bereits zuvor an eine andere Person abgetreten hatte. D e r Pfändungszugriff geht ins Leere. Gleiches gilt aber auch dann, wenn die fehlende Zuordnung zum Vermögen des Schuldners auf der „wirtschaftlichen" Zugehörigkeit zum Vermögen eines Dritten beruht, die Pfändung also an den allgemeinen Grundsätzen über die U n p f ä n d b a r k e i t von Treugut scheitert, die in § 392 Abs. 2 H G B für das Kommissionsrecht lediglich gesetzlich kodifiziert sind. Hiervon ist der zweite Fall zu unterscheiden: Ist j e m a n d nur noch vermeintlich Schuldner eines anderen, weil dieser die gegen ihn gerichtete Forderung bereits abgetreten hatte, dann wird er gemäß §406 B G B in seinem Vertrauen auf die bestehende Aufrechnungslage durchaus geschützt. Wie Canaris mit Recht betont, kann dem Schuldner dieser Schutz nicht dann versagt werden, wenn der (frühere) Gläubiger die gegen den Schuldner gerichtete Forderung nicht einmal übertragen hat, sondern sie nur nach den Grundsätzen des Treuhandrechts (hier: §392 Abs.2 H G B ) wirtschaftlich einem H i n t e r m a n n zugeordnet ist. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn die nur wirtschaftliche Z u o r d n u n g zum Hintermann weitergehende Rechtswirkungen haben würde als eine auch rechtlich-formelle Z u o r d n u n g zum H i n t e r m a n n , wie sie bei einer A b t r e t u n g der Forderung vom Kommissionär an den Kommittenten vorliegt.

1,4 Zu A n w e n d b a r k e i t d e r Schuldnerschutzvorschriften im R a h m e n des A r t . 401 O R siehe BG, 13.7. 1973, B G E 99 II (1973), 393, 399 (italienisches Original); d e u t s c h e Ü b e r s e t z u n g in: Praxis des Bundesgerichts 1974, Nr. 121, S. 362, 366; im Ergebnis wie hier auch Vrbaski, Forderungszuständigkeit, S.69ff.

§11 Einwendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

449

Dagegen hat Karsten Schmidt vorgebracht, eine Aufrechnungsbefugnis, die g e m ä ß §392 Abs. 2 H G B schon gegenüber dem Kommissionär abzulehnen sei, k ö n n e auch im Abtretungsfall nicht fortbestehen. 1 3 5 Doch trifft diese A r g u m e n tation nicht den richtigen Punkt. Canaris geht es nicht d a r u m , ob eine einmal bestehende Aufrechnungsbefugnis auch nach der A b t r e t u n g fortbesteht - diese Möglichkeit ergibt sich aus §406 B G B in den dort genannten Grenzen - , sondern er argumentiert systematisch in dem oben ausgeführten Sinn: Die historische Analyse des §392 Abs. 2 H G B (früher Art. 368 Abs. 2 A D H G B ) hat deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber bei der Regelung dieses (Sonder-)Falls der mittelbaren Stellvertretung zwei Möglichkeiten hatte. E r hätte trotz des H a n delns des Kommissionärs im eigenen N a m e n einen unmittelbaren Rechtsübergang auf den Kommittenten anordnen können, wie es z.B. das schweizerische Auftragrecht für den Fall vorsieht, dass der Auftraggeber allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist. 136 Er hat sich aber gegen diese weitergehende Lösung entschieden und ein abgeschwächtes Schutzmodell entwickelt: Die Forderung wird g e m ä ß Art. 386 Abs. 1 A D H G B (heute: §392 Abs. 1 H G B ) „formell" dem Kommissionär zugeordnet, aber dem Kommittenten wird gemäß Art. 386 Abs. 2 A D H G B (heute: §392 Abs.2 H G B ) eine „wirtschaftliche" Berechtigung daran zugesprochen, die nicht zuletzt die im zweiten Teil dieser Arbeit vorgestellten Vollstreckungswirkungen hervorbringt. Die A r g u m e n t a t i o n von Canaris geht nun allein dahin, die Aufrechnungsbefugnis des Drittkontrahenten könne bei der vom Gesetz gewählten abgeschwächten Konstruktion nicht ungünstiger sein, als wenn sich der Gesetzgeber für die weitergehende Lösung eines echten Forderungsübergangs auf den H i n t e r m a n n entschieden hätte. D a n n aber wäre der Drittkontrahent im R a h m e n dieses Forderungsübergangs gemäß §406 B G B geschützt gewesen. 1 3 7 In diesem Punkt ist Canaris zuzustimmen. Das Recht macht eben, auch wenn sich der Gläubiger durch eine Aufrechnung wie bei einer Zwangsvollstreckung selbst Befriedigung verschaffen kann, zwischen beiden Situationen einen Unterschied: Das Vertrauen des eine Vermögensdisposition treffenden Gläubigers wird - wie gezeigt - im Vollstreckungsfall nicht, im Aufrechnungsfall gemäß 1.5

Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S.903) in Fußn. 157. Dazu o b e n S.219. L17 Interessanterweise b e f ü r w o r t e n Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S. 900), und deutlicher noch der von ihm zitierte Dressler, JuS 1969, 170, 173, die A n w e n d b a r k e i t des in §§ 407,408 B G B e n t h a l t e n e n R e c h t s g e d a n k e n s selbst u n t e r Hinweis auf die hier zu § 406 B G B angestellten Überlegungen (siehe dazu noch unten S.477f.). W a r u m aber ein Teil der Schuldnerschutzvorschriften analog a n w e n d b a r , der a n d e r e Teil hingegen nicht a n w e n d b a r sein soll, ist nicht ersichtlich. Vgl. im Übrigen auch die Ü b e r l e g u n g e n bei B G H , 19.11.1968, N J W 1969, 276 m.w.N., wonach die Schuldnerschutzvorschriften selbst d a n n s i n n g e m ä ß a n g e w e n d e t werd e n müssten, w e n n man bei einer V o r a u s a b t r e t u n g im Kommissionsvertrag von einer unmittelbar e n t s t e h e n d e n Gläubigerschaft des K o m m i t t e n t e n o h n e D u r c h g a n g s e r w e r b beim Kommissionär ausgehen wollte. 1.6

4 5 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefiihrtriigttng.sthe.se

hei .sonstigen

Ireuhnndwirkiingen

§406 B G B sehrwohl geschützt, weil es im ersten Fall um einen Zugriff auf die Forderung von außen, im zweiten Fall hingegen um das innere Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner geht. Nicht zu folgen ist aus den unter aaa) angeführten G r ü n d e n allein der weitergehenden Ansicht von Canaris, die Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsmöglichkeiten seien nicht einmal an die Voraussetzungen und G r e n z e n der §§404, 406 B G B gebunden. Insoweit betont er die „formale" Rechtsposition über und vernachlässigt die Wirkungen der nur fiduziarischen Innehabung der Forderung. Im Ergebnis erweist sich daher die von Capelle vertretene Position als zutreffend: Es ist nach der Kenntnis des Dritten zu differenzieren. ccc) Analogie

zu §406 BGB bei verdeckten

Treuhandkonten

Damit gelangen wir im Kommissionsrecht zu einer Lösung, die jedenfalls im Ergebnis denjenigen Rechtsgrundsätzen entspricht, die zu den Treuhandkonten allgemein befürwortet werden. Zu Unrecht wird dieser Vergleich von Canaris abgelehnt. G e h t man allerdings von der Begründung der Rechtsprechung bei Treuhandkonten, also von einem stillschweigenden Verzicht der Bank bei einer O f f e n kundigkeit des Treuhandverhältnisses aus, sind die von Canaris herausgestellten Unterschiede nicht zu bestreiten. Es sollte aber exakt jene Begründung der Rechtsprechung bei den Treuhandkonten ihrerseits korrigiert und ein allgemein für alle Fälle der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung geltendes Modell entwickelt werden. Mit Recht lässt die Rechtsprechung bei der Inkassozession für die Gegenseitigkeit i.S.v. §387 B G B jeweils die „materielle" Forderungsinhaberschaft des Hintermanns entscheiden. Warum bei den Treuhandkonten anders zu entscheiden sein soll, ist nicht ersichtlich, geht es doch jeweils um treuhänderisch gehaltene Forderungen. Der Ausschluss der Aufrechnungsbefugnis bei den Treuhandkonten sollte daher ebenso wie bei der Inkassozession als „Treuhandwirkung" und nicht als Folge eines stillschweigenden Verzichts angesehen werden. 1 3 8 Dass sich dieser Ausschluss auf offene T r e u h a n d k o n t e n beschränkt, hat ebenfalls nichts mit einem nur in dieser Konstellation begründbaren Verzicht, sondern - wie im Kommissionsrecht - mit einer analogen Anwendung der Schuldnerschutzvorschriften (§§404 ff. B G B ) zu tun. Die einmal entstandene Aufrechnungslage wird nach diesen Regeln auch dann geschützt, wenn die Bank später von d e m Treuhandverhältnis erfährt. Ein Verzicht der Bank ist d a h e r als Rechtsgrund für die Versagung der Aufrechnungsbefugnis al-

LW In diesem Sinne o f f e n b a r auch B G H , 26.3. 1952, B G H Z 5, 285, 294. wo der B a n k bei ein e m zur Einziehung h e r e i n g e n o m m e n e n Scheck nach ihrer Kenntnis von d u r c h g r e i f e n d e n E i n w e n d u n g e n des Scheckverpflichteten gegen den Scheck weitere Sicherungsrechte an d e m Scheck versagt werden, o h n e dass auf einen ausdrücklichen o d e r stillschweigenden Verzicht abgestellt würde.

$ 11 Eimvendungs-

und Aufrechnungsprobleme

bei der

Treuhand

451

lenfalls insoweit relevant, wie er sich auf diese einmal entstandene und der Bank nach §406 B G B eigentlich erhalten bleibende Sicherungsposition bezieht. 139 ddil) Zwischenergebnis zur Aufrechnungsbefugnis inkonnexen Forderungen

bei

Im Ergebnis haben wir damit für alle Treuhandfälle ein einheitliches Modell vor uns: Der Schuldner des Treuhänders/Kommissionärs kann im Grundsatz nicht mit inkonnexen Forderungen aufrechnen, weil es im Hinblick auf die Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung „wirtschaftlich" an der erforderlichen Gegenseitigkeit i.S. v. § 387 B G B fehlt. Schutz genießt der Schuldner aber nach den allgemeinen Grundsätzen des §406 BGB, soweit er von dem Treuhandverhältnis (Sonderfall: Kommission) keine Kenntnis und im Vertrauen auf die bestehende Aufrechnungslage Dispositionen getroffen hat. Die Begründung über §406 B G B zeigt dabei zugleich, dass die Differenzierung nach der Offenkundigkeit bei den Aufrechnungsfragen keineswegs eine Systemwidrigkeit im Treuhandrecht ist. Im Grundsatz zwingt die Treuhand vielmehr nicht nur beim Vollstreckungsschutz (§§5-9) und bei der schadensrechtlichen Güterzuordnung (§ 10), sondern auch hier zu Abweichungen von der gesetzlichen Grundregel. Diese in der vorliegenden Schrift als „Treuhandwirkung" bezeichneten Abweichungen werden nur ausnahmsweise aufgrund allgemeiner, auch außerhalb des Treuhandrechts anwendbarer Rechtsregeln durchbrochen. Die Rechtsprechung zur Aufrechnungsbefugnis bei der Inkassozession zeigt dies sehr deutlich. Wenn die Rechtsprechung dem Schuldner dort generell eine Aufrechnung mit inkonnexen Forderungen versagt, lässt sich dies schlicht damit begründen, dass der ausnahmsweise eine Aufrechnung ermöglichende Rechtsgedanke des §406 B G B nicht anwendbar ist. 140 Die Forderung gegen den Schuldner entsteht bei der Inkassozession gerade nicht in der Person des Mittlers, so dass es auch nicht zu ei-

119

D a r a u s erklärt sich die o b e n vor F u ß n . 9 5 w i e d e r g e g e b e n e Position des Verfassers. Eine a n d e r e Frage ist, o b der Schuldner auch bei der Inkassozession dann in seinem Vertrauen geschützt werden sollte, wenn ihm die A b t r e t u n g , nicht aber d e r e n t r e u h ä n d e r i s c h e r C h a r a k t e r mitgeteilt wird, und er anschließend Vermögensdispositionen im Verhältnis zum Inkassozessionar trifft. Nach d e m hier entwickelten Modell ist der Schuldner nur dann als schutzwürdig a n z u s e h e n , wenn er dies auch nach allgemeinen Regeln wäre, wenn er also auch sonst im Verhältnis zu einem Scheinzessionar geschützt würde. Dies aber ist nach d e m G e s e t z nur in den Fällen des § 408 B G B der Fall. D e r Schuldner wird nicht generell bei einer Leistung an einen Scheinzessionar bzw. bei Rechtsgeschäften mit diesem geschützt (zum begrenzten A n w e n dungsbereich des S 408 B G B siehe M ü n c h K o m m B G B / « ^ i / i , §408 R d n . 1 und 5). Ein Sachverhalt, der mit j e n e r in § 408 B G B gesetzlich geregelten Konstellation vergleichbar ist, d ü r f t e hier nicht vorliegen. D a r ü b e r hinaus ist auch umstritten, ob §406 B G B ü b e r h a u p t im R a h m e n des § 408 B G B e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g findet, d e m Schuldner also eine g e g e n ü b e r d e m Scheinzessionar geschaffene Aufrechnungslage erhalten bleibt (dazu MünchKommBGB//?orf?, §408 Rdn.7). 140

4 5 2 Driller Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

ner „wirtschaftlichen" Übertragung auf den H i n t e r m a n n k o m m t , die als Anknüpfungspunkt für die analoge A n w e n d u n g des §406 B G B dient. 1 4 1 III. G e s a m t e r g e b n i s z u r E i n w e n d u n g s - u n d Aufrechnungsproblematik Bei einer Gesamtschau der Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik lässt sich allgemein feststellen, dass die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung hier ebenso wie im Vollstreckungs- und Schadensrecht Berücksichtigung findet. Es wird nicht (allein) auf die „formelle" Rechtslage abgestellt. Im Grundsatz sieht die h.M. bei der uneigennützigen Verwaltungstreuhand für die Zwecke der Feststellung einer Berechtigung zur Aufrechnung oder E r h e b u n g von Einwendungen nicht den Treuhänder, sondern den Treugeber als Rechtsinhaber an. Die in Randbereichen feststellbaren Abweichungen von diesem Grundsatz sind zumeist Folge einer inkonsequenten A n w e n d u n g dieses Grundsatzes durch die h.M. So ist die Möglichkeit des Schuldners, gegenüber d e m Treuhänder mit Forderungen gegen den Treugeber aufrechnen zu können, entgegen der Rechtsprechung nicht von einem besonders qualifizierten Treuhandverhältnis abhängig zu machen. Sie ergibt sich vielmehr - wie die Rechtsprechung für sonstige Einwendungen des Schuldners selbst anerkennt - allein aus der Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung. Im Gegenzug kann der Schuldner im Grundsatz nicht mit inkonnexen Forderungen gegenüber dem Treuhänder aufrechnen und das nicht nur im allgemeinen Treuhandrecht, sondern entgegen der h.M. auch bei der Kommission. Eine Ausnahme gilt generell für verdeckte Treuhandund Kommissionsverhältnisse. Diese Ausnahme folgt jedoch nicht aus treuhandspezifischen Erwägungen, sondern allein aus einer entsprechenden Anwendung des in §406 B G B enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens. Im Sinne der eingangs angeführten Feststellung Hagensu2 lässt sich damit bei der Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik eine klare Relativierung der Rechtszuständigkeit des Treuhänders konstatieren, die ihre G r e n z e nur in den allgemeinen Grundsätzen des Schuldnerschutzes (§§404ff. B G B ) findet.

141 Die scheinbar genau k o n t r ä r e n Ü b e r l e g u n g e n bei Böhm, Auslegung, S. 84 ff., stehen der hiesigen Ansicht in Wirklichkeit nicht entgegen. D e n n Böhm b e t r a c h t e t nicht den Forderungsü b e r g a n g vom Mittler auf den H i n t e r m a n n unter d e m Blickwinkel des § 406 B G B . sondern gen a u u m g e k e h r t die A b t r e t u n g vom H i n t e r m a n n an den Mittler. D e s h a l b verschließt er sich aber den Weg zur richtigen Lösung, die in der D i f f e r e n z i e r u n g nach d e r K e n n t n i s des Dritten liegt. 142 Siehe oben S.412 bei F u ß n . 1.

§ 12 Treuwidrige Verfügungen Wie eingangs dieser Arbeit erläutert, haben sich im Treuhandaußenrecht vor allem drei Diskussionsschwerpunkte herausgebildet. 1 Nachdem für zwei dieser Schwerpunkte, die Vollstreckungsfragen sowie die Einwendungs- und Aufrechnungsproblematik, ein allein an die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung a n k n ü p f e n d e s Lösungsmodell entwickelt wurde, stellt sich abschließend die Frage, ob vergleichbare „Treuhandwirkungen" auch für die treuwidrigen Verfügungen a n e r k a n n t werden können, die den dritten Diskussionsschwerpunkt bilden. Eine gesetzliche Regelung dieses Problems findet sich nur im Investmentgesetz. 2 G e m ä ß § 31 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 InvG 3 ist die treuwidrige Verfügung einer Kapitalanlagegesellschaft (Treuhänderin) über ihr anvertrautes Vermögen gegenüber den Anlegern (Treugeber) unwirksam. Diese gesetzliche Regelung hat die allgemeine Diskussion zu den treuwidrigen Verfügungen in keiner Weise beeinflusst. Insbesondere hat man in ihr keinen Modellcharakter gesehen. Ganz im Gegensatz zu den ersten beiden Themenbereichen (Vollstreckungsproblem bzw. Aufrechnungs- und Einwendungsproblematik) hat die h.M. vielmehr bei den treuwidrigen Verfügungen zumeist die formale Rechtsinhaberschaft des Treuhänders in den Vordergrund gestellt und die interne Beschränkung nicht ins Außenverhältnis durchschlagen lassen. 4 Einen dinglich wirkenden Schutz des Treugebers gegen treuwidrige Verfügungen seines Treuhänders gibt es dann nicht. Vor dem Hintergrund dieser h.M. ist bereits mit Recht darauf hingewiesen worden, es handele sich bei den treuwidrigen Verfügungen um das am wenigsten befriedigend gelöste Problem des Treuhandrechts. 5 O b es allerdings bei diesem unbefriedigenden Stand bleiben muss oder nicht doch den Besonderheiten der Rechtsträgerschaft für f r e m d e R e c h n u n g auch bei den Verfügungen Rechnung getragen werden kann, soll im folgenden Abschnitt untersucht werden. 1

Siehe o b e n S. 8 bei F u ß n . 3 5 . Dazu auch Picherer, Sicherungsinstrumente, S.203; zur gesetzlichen Regelung der Treuh ä n d e r s c h a f t im Investmentgesetz siehe bereits o b e n S. 38 ff. 1 Früher § 9 Abs. 3 S. 1 Hs.2 K A G G . 4 Dazu sogleich unten S. 454 ff. 5 V. Kries, Rechtsstellung, S. 1; ähnlich Schlosser, N J W 1970, 681 linke Spalte; ausdrücklich a . A . aber C. Berger, V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 159. 2

4 5 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefuhrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkangen

Dabei wird sich zeigen, dass die h.M. durchaus nicht so eindeutig ablehnend gegenüber der A n e r k e n n u n g von Treuhandwirkungen ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Jedenfalls dann, wenn man in die Untersuchung treuwidriger Verfügungen nicht nur das allgemeine Treuhandrecht, sondern auch die Kommission einbezieht, zeigen sich bereits erste Einschränkungen in der Position der h.M.: Im Kommissionsrecht wird durchaus ein Schutz des Hintermanns gegen treuwidrige Verfügungen des Mittlers anerkannt und die Begründung für diesen Verfügungsschutz gerät in Konflikt mit der im Treuhandrecht herrschenden Sichtweise. Weitere Zweifel an der Position der h.M. kommen hinzu, wenn auch die in § 11 noch zurückgestellte Aufrechnung des Treuhänders/Kommissionärs gegenüber dem Schuldner mit inkonnexen Gegenforderungen als Spezialfall der treuwidrigen Verfügung in den Blick g e n o m m e n wird. Auch diesbezüglich kann nicht mit Eindeutigkeit gesagt werden, der fiduziarische Charakter der Rechtsinhaberschaft des Mittlers spiele nach h.M. bei der Beurteilung, ob die in der Aufrechnung liegende treuwidrige Verfügung wirksam ist, keine Rolle. Im Folgenden soll daher zunächst der Diskussionsstand zu den treuwidrigen Verfügungen bei Treuhand und Kommission einschließlich der genannten Aufrechnungsfrage dargestellt werden (unten I.), um auf dieser Basis einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, der die bestehenden Widersprüche der h.M. vermeidet und die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung generell auch bei den treuwidrigen Verfügungen zur Geltung bringt (unten II.).

I. S t a n d d e r D i s k u s s i o n D e r bisherige Streitstand zeichnet sich durch die erwähnten Widersprüche zwischen Kommissions- und Treuhandrecht einerseits sowie in der Beurteilung von Aufrechnungen und sonstigen Verfügungen andererseits aus, die nur dann hinreichend deutlich werden, wenn man die jeweils vertretenen Rechtsgrundsätze vergleichend gegenüberstellt. D a h e r wird zunächst die allgemeine Diskussion zu den treuwidrigen Verfügungen aufgezeigt (unten 1.) und sodann auf die Aufrechnung mit inkonnexen Gegenforderungen eingegangen (unten 2.). Innerhalb dieser Abschnitte wird jeweils zwischen dem allgemeinen Treuhand- und dem Kommissionsrecht getrennt.

1. Treuwidrige a) Allgemeines

Verfügungen Treuhandrecht

Die im allgemeinen Treuhandrecht geführte Diskussion zu den treuwidrigen Verfügungen prägt das Bild des gesamten Themenkomplexes. Nur hier zeigt sich die deutliche A b l e h n u n g von Treuhandwirkungen durch die h.M. In der Li-

§12 Treuwidrige

Verfügungen

455

teratur sind allerdings Alternativmodelle entwickelt worden, die eine Berücksichtigung der treuhänderischen Bindung des Treuhänders ermöglichen sollen. aa) Ablehnung

von Verfügungsschutz

durch die h.M.

Die Position der h.M., insbesondere der Rechtsprechung, wurde bereits angedeutet. Sie verweist auf die Rechtsinhaberschaft des Treuhänders und folgert daraus, der Treuhänder verfüge als Berechtigter über das Treugut. Auf einen guten Glauben des Empfängers soll es nicht a n k o m m e n . Die schuldrechtliche Bindung im Innenverhältnis habe gemäß § 137 Satz 1 B G B keine Wirkung im Außenverhältnis. aaa) Rechtsprechung

des

Reichsgerichts

Bevor diese Grundsätze erstmals in R G Z 99,142 entwickelt wurden, hatte das R G im Bauhandwerkerfali R G Z 79,121 allerdings Ausführungen gemacht, die auch im Sinne eines dinglichen Schutzes des Treuguts gegen treuwidrige Verfügungen interpretiert werden können. Z u r Erinnerung 6 : Gegenstand des Prozesses war die Drittwiderspruchsklage (§771 Z P O ) mehrerer Bauhandwerker, zu deren Gunsten der Grundstückseigentümer einem Treuhänder, dem Schuldner des Pfändungsgläubigers, eine Hypothek bestellt hatte. In jener Entscheidung heißt es, man könne entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht davon sprechen, dass der Treuhänder die Hypothek als Teil seines Vermögens erworben und deshalb, unbeschadet der Verpflichtung zum Schadensersatz, d a r ü b e r habe verfügen dürfen. Die Berechtigung des Treuhänders sei nur eine formale, der Wert der Hypothek gehöre nicht zu seinem Vermögen, sondern zu dem der Bauhandwerker. Eine Verfügung über die Hypothek zum eigenen Vorteil wäre nach Ansicht des RG nicht eine befugte gewesen, sondern ein Missbrauch der aus der Erteilung des a n g e n o m m e n e n Auftrags fließenden Rechte. Die Kläger hätten gegen solche auftragswidrigen Verfügungen kraft eigenen Rechts ein Widerspruchsrecht gehabt und dieses Widerspruchsrecht würde ihnen im Konkurs des Treuhänders auch gegenüber dem Konkursverwalter zugestanden haben. Die Rechtslage des Pfändungsgläubigers könne keine günstigere sein. 7 Zwar sprach das R G hier im Hinblick auf die Möglichkeit treuwidriger Verfügungen des Treuhänders davon, er habe nicht verfügen „ d ü r f e n " und der Auftraggeber habe ein „Widerspruchsrecht". Diese fehlende Befugnis des Treuhänders verstand das R G aber offenbar nicht als rein schuldrechtliche Bindung, wie insbesondere die von ihm a n g e n o m m e n e Wirkung des „Widerspruchsrechts" in Zwangsvollstreckung und Konkurs zeigt. 8 Die Verknüpfung des Vollstre6 7 8

Siehe zum B a u h a n d w e r k e r f a l l bereits oben S. 103 f. RG, 2Ü.3. 1923, R G Z 79, 121, 123 = J W 1912,645. Siehe Fußn.7.

4 5 6 Driller Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhundwirkungen

ckungsschutzes mit d e m V e r f ü g u n g s r e c h t des T r e u h ä n d e r s erzeugt vielmehr d e n E i n d r u c k , das R G sei in dieser E n t s c h e i d u n g davon ausgegangen, die n u r „ f o r m a l e " Rechtsstellung des T r e u h ä n d e r s sei im Sinne eines M i n u s an Rechtsm a c h t b e s c h r ä n k t . A n d e r e n f a l l s h ä t t e es d e r Rechtsansicht des B e r u f u n g s g e richts z u s t i m m e n müssen, das o f f e n b a r von einer b e s t e h e n d e n Verfügungsm a c h t u n d einer nur schuldrechtlichen Verpflichtung im I n n e n v e r h ä l t n i s mit der R e c h t s f o l g e von S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e n im Fall ihrer Verletzung ausgegangen war. Auf diese Ü b e r l e g u n g e n k a m das R G j e d o c h in seinem U r t e i l R G Z 99, 142 aus d e m Jahr 1920 nicht zurück. D e r Kläger h a t t e eine ihm gegen einen D r i t t e n z u s t e h e n d e F o r d e r u n g „mit allen R e c h t e n " u n d „ z u m u n b e s c h r ä n k t e n Eigent u m " a b g e t r e t e n u n d einen ü b e r die F o r d e r u n g b e s t e h e n d e n Schuldschein an die n e u e G l ä u b i g e r i n , die E - W e r k e , ü b e r g e b e n . Diese trat die F o r d e r u n g ihrerseits zur Sicherheit f ü r ein ihr g e w ä h r t e s D a r l e h e n an den B e k l a g t e n ab u n d ü b e r g a b ihm den Schuldschein. Mit d e r B e h a u p t u n g , die erste A b t r e t u n g sei in Wirklichkeit nur zur E i n z i e h u n g erfolgt, b e a n t r a g t e der Kläger, d e n Beklagten zu verurteilen, d e n Schuldschein h e r a u s z u g e b e n u n d a n z u e r k e n n e n , dass nicht er, s o n d e r n d e r Kläger allein berechtigt sei, die F o r d e r u n g einzuziehen. E r h a t t e beim R G k e i n e n Erfolg. Nach Ansicht des R G 9 war die Rechtsansicht des Klägers verfehlt, die Ü b e r t r a g u n g einer F o r d e r u n g zur E i n z i e h u n g sei eine Ü b e r t r a g u n g mit geringerer dinglicher W i r k u n g als eine Ü b e r t r a g u n g schlechthin. Sie u n t e r s c h e i d e sich von e i n e r gewöhnlichen A b t r e t u n g nur d a d u r c h , dass n e b e n den dinglichen Vertrag noch ein schuldrechtlicher trete, der ein V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t enthalte. Dieses V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t k ö n n e a b e r als rechtsgeschäftliches g e m ä ß § 137 B G B die B e f u g n i s des n e u e n Gläubigers, ü b e r die F o r d e r u n g zu v e r f ü g e n , nicht ausschließen o d e r b e s c h r ä n k e n . E i n e gleichwohl bewirkte A b t r e t u n g d e r F o r d e r u n g an einen D r i t t e n e n t b e h r e d e s h a l b nicht der dinglichen Wirkung. U n e r h e b l i c h sei, o b d e r E r w e r b e r das V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t k a n n t e o d e r nicht.'" N u r w e n n Z e d e n t u n d Z e s s i o n a r in sittenwidriger Weise z u m S c h a d e n des Klägers z u s a m m e n w i r k ten, k o m m e ein S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h nach §826 B G B in B e t r a c h t . " Interessanterweise ging das R G in dieser E n t s c h e i d u n g in k e i n e r Weise auf die bereits zuvor von ihm in a n d e r e m Z u s a m m e n h a n g a n e r k a n n t e Möglichkeit e i n e r E i n z i e h u n g s e r m ä c h t i g u n g ein. So h a t t e das G e r i c h t im Jahr 1893 in e i n e m Fall, in d e m es um eine D r i t t w i d e r s p r u c h s k l a g e des I n k a s s o z e d e n t e n gegen eine P f ä n d u n g von G l ä u b i g e r n des Inkassozessionars ging, der A b t r e t u n g zur Einziehung eine nur b e s c h r ä n k t e W i r k u n g z u g e s p r o c h e n . Z e d e n t u n d Z e s s i o n a r k ö n n t e n v e r e i n b a r e n , dass die Zession nur z u m Z w e c k e d e r E i n z i e h u n g f ü r

' RG, 4.6. 1920, RGZ 99, 142, 143. 10 RG. 4.6. 1920, RGZ 99, 142, 143. 11 RG, 4.6. 1920, RGZ 99,142, 145.

$12 Treuwidrige

Verfügungen

457

Rechnung des Z e d e n t e n erklärt werde. D a n n aber werde „das Gläubigerrecht nicht auf den Zessionar übertragen", weil eine solche Übertragung von den beiden übereinstimmend nicht gewollt sei. D a r a u s folge, dass die Forderung nicht in das Vermögen des Zessionars übergegangen, sondern beim Z e d e n t e n verblieben sei. Gläubiger des Zessionars k ö n n t e n die Forderung folglich nicht pfänden. 1 2 Diese auch in späteren Urteilen a n e r k a n n t e Option, das Verfügungsrecht über eine Forderung isoliert und ohne Übergang des Gläubigerrechts zu übertragen, hatte das R G zuletzt noch in R G Z 94, 137 bestätigt 1 3 , so dass wenig nachvollziehbar ist, warum das Vorliegen einer Einziehungsermächtigung in der nicht einmal zwei Jahre später ergangenen Entscheidung R G Z 99,142 nicht thematisiert wurde. W ä h r e n d das R G also bei den Vollstreckungsfragen und später auch bei der Einwendungsproblematik 1 4 teilweise die Legitimationstheorie zu Hilfe nahm, um „Treuhandwirkungen" zu begründen, lehnte es solche Wirkungen bei den treuwidrigen Verfügungen von vornherein ab. Es erwog auch nicht - wie in anderen Entscheidungen zur Vollstreckungs- und Einwendungsproblematik - , trotz A n e r k e n n u n g des („formalen") Übergangs des Forderungsrechts dennoch Treuhandwirkungen aus der „wirtschaftlichen" Rechtsträgerschaft des Treugebers zu begründen. Die Rechtsfolgen treuwidriger Verfügungen folgen aus Sicht des R G offenbar eindeutig aus § 137 BGB, denn es heißt in R G Z 99, 142 ausdrücklich, die B e d e u t u n g der N o r m liege gerade darin, dass der neue Gläubiger trotz seiner schuldrechtlichen Verpflichtungen vollgültiger Inhaber der Forderung mit allen sich daraus ergebenden Rechten ist. 15 Die in R G Z 99, 142 entwickelten Rechtsgrundsätze bestätigte das R G in seinem schon im ersten Teil dieser Arbeit erwähnten 1 6 Urteil R G Z 153, 366 und setzte sie dort auch in Bezug zu den Vollstreckungsfragen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Treugeber hatte dem Treuhänder eine Hypothek mit dem Auftrag übertragen, ihm durch Verwertung der Hypothek Geld zu verschaffen. Der Treuhänder trat die Hypothek an eine Finanzierungsgesellschaft ab, weil diese ihm die G e w ä h r u n g eines Darlehens versprochen hatte. Z u r Darlehenshingabe war es jedoch nicht g e k o m m e n . Gläubiger des Treuhänders pfändeten dessen Rückgewähransprüche gegen die Finanzierungsgesellschaft sowie die Rechte aus der Hypothek gegen den Hypothekenschuldner. Dagegen intervenierte der Treugeber gemäß §771 Z P O . Das Berufungsgericht hatte sich auf die B e g r ü n d u n g des R G im B a u h a n d werkerfall R G Z 79,121 gestützt und diese in d e m oben als nahe liegend bezeichneten Sinne interpretiert. Der Treuhänder habe nur gemäß den Belangen des 12 13 14 15 16

RG, 30.6. 1892. Gruchot 37 (1893), 119. 121. RG, 18.11. 1918, R G Z 94, 137. Dazu schon oben S. 418 tf. RG, 4.6. 1920, R G Z 99, 142, 143. Siehe oben S.90f. und 94.

4 5 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

hei sonstigen

Treuhandwirkungen

Treugebers und nach dessen eingeholter Weisung darüber verfügen dürfen. Deshalb sei der Treugeber trotz der Abtretung an den Treuhänder Gläubiger und Verfügungsberechtigter hinsichtlich der Hypothek geblieben und folglich interventionsbefugt. D e m widersprach das RG. Auf dem Gebiet des Sachenrechts sei der Parteiwillkür kein freier Spielraum gelassen. Werde ein Gegenstand übereignet oder ein Recht abgetreten, so k ö n n e die dingliche Wirkung der Übereignung oder des Rechtsübergangs nicht durch Parteivereinbarung eingeschränkt werden. Es k o m m e vielmehr zu einem vollständigen Rechtsübergang und die Verpflichtung des Treuhänders, nur in bestimmter Weise über das Treugut zu verfügen, sei lediglich schuldrechtlicher Art (§ 137 BGB), ebenso wie seine Verpflichtung, das Treugut nach Beendigung des Treuhandverhältnisses an den Treugeber zurückzuübertragen (§§675, 667 B G B ) . Falls daher der Treuhänder das Treugut veräußere, stehe dem Treugeber gegen den Dritten kein dinglicher Anspruch zu. 17 Die vom Berufungsgericht herangezogene Entscheidung R G Z 79,121 befasse sich nur mit der Frage, ob dem Treugeber die Widerspruchsklage nach §771 Z P O zustehe, wenn von einem Gläubiger des Treuhänders wegen einer Forderung gegen diesen in das Treugut vollstreckt werde. Das R G habe diese Frage unter dem Gesichtspunkt bejaht, dass das die Veräußerung hindernde Recht im Sinne des §771 Z P O nicht notwendig ein dingliches zu sein brauche. Vielmehr könnten auch bloß schuldrechtliche Ansprüche auf Herausgabe einer Sache, die dem Pfändungsgläubiger überlassen war, die Klage aus §771 Z P O begründen, wenn die Sache - zum mindesten wirtschaftlich - nicht zum Vermögen des Schuldners gehöre. 1 * Im vorliegenden Fall habe jedoch die Beklagte die Zwangsvollstreckung nicht in das Treugut betrieben, sondern in den Anspruch des Treuhänders auf Rückgewähr, der aber selbst kein Treugut mehr sei. 19 Nachdem der Treuhänder dem Treuhandvertrag zuwider über die Hypothek verfügt habe, sei diese auch wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers ausgeschieden. Auf einen bösen Glauben der Erwerberin komme es nicht an, weil der Treuhänder „sachlich-rechtlich" Gläubiger der Hypothek gewesen sei, eine Unrichtigkeit des G r u n d b u c h s also nicht in Frage komme. 2 0 Dieses Urteil ist gerade wegen der darin erstmals erfolgenden Abgrenzung zwischen den einzelnen Treuhandfragen von Bedeutung. Soweit es um treuwidrige Verfügungen ging, verwies das R G auf die „sachlich-rechtliche" Rechtsträgerschaft des Treuhänders, während es im Vollstreckungsrecht genau umge17

RG, 19.2. 1937, R G Z 153, 366, 368 f. RG, 19.2. 1937, R G Z 153, 366, 369 unter Hinweis auf R G Z 84, 214. w RG, 19.2. 1937, R G Z 153,366,369 f. u n t e r Hinweis auf den in R G Z 94,305, ausgesprochenen Grundsatz, dass sich der Schutz des Treugebers in Zwangsvollstreckung und Insolvenz nicht auf Surrogate bezieht (dazu ausführlich o b e n S. 64 ff.). 20 RG, 19.2. 1937, R G Z 153, 366, 370 u n t e r Hinweis auf R G Z 95. 244; 99, 142. Is

§ 12 Treuwidrige

Verfügungen

459

kehrt stets die nur „formale" Rechtsposition des Treuhänders betonte. Offenbar bewusst vermied das Gericht diese in R G Z 79,121 verwendete Wortwahl in R G Z 153, 366 und wies darauf hin, die Drittwiderspruchsklage gemäß §771 Z P O werde auch bei „bloß schuldrechtlichen Ansprüchen auf Herausgabe" gewährt. Warum allerdings die dafür maßgebliche, auch in dieser Entscheidung angeführte „wirtschaftliche" Zugehörigkeit zum Vermögen des Treugebers für das Problem treuwidriger Verfügungen nicht ebenfalls von Bedeutung sein soll, erläuterte das RG nicht. Der Grund für die Differenzierung liegt offenbar in § 137 BGB, weil das RG aus dieser Vorschrift den Satz ableitete, dem Treugeber stünde nach einer treuwidrigen Veräußerung durch den Treuhänder kein dinglicher Anspruch zu. bbb) Rechtsprechung

des

Bundesgerichtshofs

(1) Ablehnung eines Treugeberschutzes bei treuwidrigen Verfügungen in obiter dicta. Die vom RG entwickelten Grundsätze hielten erstmals in der im ersten Teil dieser Arbeit bereits eingehend analysierten Entscheidung des IV. Zivilsenats vom 5.11. 1953 Einzug in die Rechtsprechung des BGH. 2 1 In diesem Urteil ging es allerdings - wie oben näher ausgeführt - nicht unmittelbar um das Problem treuwidriger Verfügungen, sondern um die Frage, ob aufgrund eines Titels gegen den Treugeber in das Treugut vollstreckt werden kann. Nur in diesem Zusammenhang grenzte der B G H die fehlenden Außenwirkungen bei treuwidrigen Verfügungen gegenüber der Anerkennung von Treuhandwirkungen bei einer Vollstreckung von Gläubigern des Treuhänders in das Treugut ab. 22 Es sei zwar richtig, dass dem Treugeber bei Vollstreckungen die Drittwiderspruchsklage nach §771 Z P O zugebilligt werde, weil er wirtschaftlich der Berechtigte sei. Daraus könne aber nicht gefolgert werden, die Gläubiger des Treugebers könnten auf Grund eines von ihnen gegen den Treugeber erwirkten Titels unmittelbar in das Recht des Treuhänders vollstrecken. 23 An der Vollstreckung seien nicht nur der Vollstreckungsgläubiger und -Schuldner, sondern auch Dritte beteiligt, bei der Forderungspfändung z.B. der Drittschuldner der gepfändeten Forderung. Hier könne nicht daran vorbeigegangen werden, dass bei der treuhänderischen Rechtsbegründung das Eigentum und das Recht mit voller dinglicher Wirkung auf den Erwerber übergehe mit der Rechtsfolge, dass alle dinglichen Beziehungen des Eigentümers und des Inhabers des Rechts zu den Gegenständen des Treuhandvermögens gelöst würden, und dass die Verpflichtung des Treuhänders, nur in bestimmter Weise über das Treugut zu verfügen, lediglich schuldrechtlicher Art sei (§ 137 BGB), ebenso wie die Verpflich21 B G H , 5.11. 1953, B G H Z 11, 37 = NJW 1954, 190 = WM 1955,372 = BB 1953, 993 = DB 1953, 1032 = J Z 1954, 438 m. Anm. L. Raiser, dazu oben S.89ff. 22 Siehe oben S. 89 ff. 21 BGH, 5.11. 1953. B G H Z 11,37,41 f. = WM 1955, 372, 374f. = Fußn.21.

4 6 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

tung des Treuhänders, das Treugut nach Beendigung des Treuhandverhältnisses an den Treugeber gemäß §§ 667, 675 B G B zurückzugeben (Verweis auf R G Z 153,366,369). 2 4 Sei aber dem Dritten gegenüber nur der Treuhänder legitimiert, bedürfte es für die Vollstreckung eines Titels gegen diesen, während den Gläubigern des Treugebers nur der Zugriff auf den Rückgewähranspruch offen stehe. 25 Die Rechtsansicht des R G zu den treuwidrigen Verfügungen ü b e r n a h m der B G H im Wege des obiter dictum. Die A b l e h n u n g eines Schutzes des Treugebers bei treuwidrigen Verfügungen diente ihm - wie an früherer Stelle bereits ausgeführt - im G r u n d e nur als willkommener Beleg, um die an das „wirtschaftliche Eigentum" des Treugebers a n k n ü p f e n d e n Rechtswirkungen zu beschränken. 2 6 In der Sache ist jedoch die vom B G H zu beurteilende Frage, ob mit einem Titel gegen den Treugeber in das Treugut vollstreckt werden kann, nicht zwingend mit der weiteren Frage verknüpft, ob der Treugeber einen Schutz gegen treuwidrige Verfügungen genießt. Es wäre durchaus denkbar, einen solchen Schutz anzuerkennen und dennoch bei Vollstreckungen in das Treugut stets einen Titel gegen den Treuhänder zu verlangen. Für jedes durch die Rechtsträgerschaft für f r e m d e Rechnung hervorgerufene Rechtsproblem ist jeweils gesondert zu prüfen, ob im konkreten rechtlichen Z u s a m m e n h a n g eine Abweichung von jenen Rechtsfolgen angebracht ist, die sich bei einer rein „formalen" Betrachtung der Rechtslage ergeben. Die zweite Entscheidung des B G H , in der das Problem treuwidriger Verfügungen thematisiert wurde, stammt aus dem Jahr 1958. In einem Beschluss hatte der B G H darüber zu entscheiden, ob der Treugeber oder der Treuhänder berechtigt ist, Wertpapiere im Bereinigungsverfahren nach dem W B G anzumelden. Nach den gesetzlichen Vorschriften musste der A n m e l d e r beweisen oder wenigstens glaubhaft machen, dass er bei Inkrafttreten des W B G Eigentümer oder Miteigentümer der Wertpapiere oder Miteigentümer eines Sammelbestandes an Wertpapieren war. Hierzu führte der B G H aus. nicht der Treugeber, sondern der Treuhänder sei Volleigentümer des Treuguts. Nur er sei berechtigt, die aus diesem Volleigentum entstehenden Ansprüche gegen Dritte geltend zu machen. Mit der treuhänderischen Übertragung begebe sich der Treugeber der Rechte, die ihm als Eigentümer zugestanden haben würden. Er sei darauf angewiesen zu vertrauen, dass der Treuhänder nur den nach dem Treuhandvertrag vorausgesetzten G e b r a u c h von dem Treugut macht. Missbrauche der Treuhänder die ihm nach außen unbeschränkt, im Innenverhältnis nach Maßgabe des Treuhandvertrages eingeräumten Befugnisse des Volleigentümers, so verbleibe dem Treugeber nur ein Schadensersatzanspruch gegen den Treuhänder. Er kön-

24 25 26

B G H , 5.11. 1953, B G H Z 11, 37, 42f. = WM 1955,372.375 = Fußn.21. B G H , 5.11. 1953, B G H Z 11, 37, 43 = W M 1955, 372, 375 = Fußn.21. Siehe oben S.90.

{i 12 Treuwidrige

Verfügungen

461

ne dagegen nicht unter Berufung auf seine Eigenschaft als Treugeber und wirtschaftlicher Eigentümer des Treugutes unmittelbar gegen Vertragspartner des Treuhänders vorgehen. Die in der Rechtsprechung anerkannte beschränkte Außenwirkung des Treugeberrechtes nach §771 Z P O und §43 KO vertrage keine weitere Ausdehnung. 2 7 Auch hier führte der B G H die Rechtslage bei den treuwidrigen Verfügungen nur als obiter dictum an. Sie diente als Beleg für die Begrenzung der Treuhandaußenwirkungen. Nicht anders als in dem vorangegangenen Urteil aus dem Jahr 1953 lag nämlich eine treuwidrige Verfügung im konkreten Fall gar nicht vor. Die entscheidungserhebliche Frage, wer ein Recht gegenüber Dritten geltend machen und es dementsprechend auch im Bereinigungsverfahren anmelden kann, ist wiederum nicht zwingend mit den Rechtsfolgen bei treuwidrigen Verfügungen verknüpft. Wer einen Schutz des Treugebers bei treuwidrigen Verfügungen anerkennt, muss damit nicht notwendig auch die Befugnis des Treuhänders verneinen, treuhänderisch gehaltene Rechte gegenüber Dritten verfolgen zu können. Wie die spätere Darstellung der im Kommissionsrecht anerkannten Rechtsgrundsätze zeigen wird, hat sich die h.M. dort durch die in §392 Abs. 1 H G B bestimmte Zuordnung der Rechte zum Kommissionär und die fehlende Befugnis des Kommittenten, die Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft ohne Abtretung gegenüber dem Dritten zu verfolgen, nicht davon abhalten lassen, bestimmten Verfügungen des Kommissionärs über die Forderung die Wirksamkeit zu versagen. 2X (2) Keine Anwendung der Missbrauchslehre. Im Urteil des II. Zivilsenats vom 4.4. 1968 war erstmals unmittelbar über eine aus Sicht der Klägerin treuwidrige Verfügung über einen Gesellschaftsanteil zu entscheiden. 2 9 Die Revision berief sich für die von ihr angenommene Unwirksamkeit der Verfügung auf die zuvor vom B G H in NJW 1966, 1911 m.w.N. anerkannten Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht. Eine Heranziehung dieser Grundsätze war jedoch nach Ansicht des II. Zivilsenats ausgeschlossen. Der Vertreter handele im Namen des Vertretenen. Gegen dessen Willen könne das Geschäft für ihn nicht wirksam werden, wenn dem Vertragspartner dieser abweichende Wille bekannt war oder bekannt sein musste. Beim Treuhandverhältnis handele der Treuhänder im eigenen Namen und verfüge über ein eigenes Recht. Das etwa im Innenverhältnis zum Treugeber bestehende Verfügungsverbot habe keine dingliche Wirkung (§ 137 BGB). Die Verfügungen des Treuhänders müssten deshalb auch bei Verstoß gegen das Verfügungsverbot grundsätzlich als wirksam anerkannt 27

B G H , 14.7. 1958, W M 1958, 1044. 1045. D a z u unten S. 474 ff. 29 B G H , 4.4. 1968, N J W 1968, 1471 = M D R 1968, 428 = J Z 1968, 428 = LM N r . 3 0 zu § 164 B G B (dort mit A n g a b e des Sachverhaltes); vgl. dazu die zust. A n m . von Huber, J Z 1968, 791, sowie die abl. A n m . von Kötz, N J W 1968, 1471. 2S

4 6 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkimgen

werden. Der Treugeber könne - abgesehen von einem ihm gegen den Treuhänder zustehenden Schadensersatzanspruch - nur im Rahmen der §§138, 823 Abs. 2 (i.V.m. §266 S t G B ) oder §826 B G B geschützt werden. 3 0 Diese Grundsätze bestätigte derselbe Senat im Jahr 1976 für ein gesellschaftsrechtliches Unterbeteiligungsverhältnis mit Stimmrechtsbindung. 3 1 Auch darauf seien die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht nicht übertragbar, weil sich das Unterbeteiligungsverhältnis - nicht anders als das Treuhandverhältnis - von dem Vertretungsverhältnis unterscheide. 3 2 D e r Hauptgesellschafter sei alleiniger Inhaber der Beteiligung geblieben und nur im Innenverhältnis in der im Unterbeteiligungsvertrag im einzelnen festgelegten Weise verpflichtet, die Beteiligung so zu behandeln, als habe er sie auf den Unterbeteiligten übertragen. Bei der P r ü f u n g der §§ 138, 826 B G B verwies der Senat auf die ständige Rechtsprechung des B G H , nach der die Beteiligung eines Dritten an dem Vertragsbruch einer Vertragspartei im allgemeinen nicht schon dann als sittenwidrig anzusehen sei, wenn der Dritte von dem vertragswidrigen Verhalten Kenntnis hat. Es müssten vielmehr besondere Umstände hinzukommen. Diese vom II. Zivilsenat entwickelten Rechtsgrundsätze bestimmen bis heute das Bild der BGH-Rechtsprechung. 3 4 So hat der IX. Zivilsenat im Jahr 1998 noch einmal ausdrücklich die fehlende Übertragbarkeit der Missbrauchslehre auf Verfügungen eines Treuhänders für den Fall einer Sicherungsübertragung bestätigt und sich dabei auf die beiden vorgenannten Urteile bezogen. Auch dort heißt es, der Treugeber werde gegenüber einem Zessionar des Sicherungsnehmers nur im R a h m e n der §§ 138, 823 II (i.V.m. §266 S t G B ) oder §826 B G B geschützt. 3 5 Bereits im Jahr 1995 hatte sich der VI. Zivilsenat näher mit den A n f o r d e r u n gen an einen Treugeberschutz über §826 B G B befasst und dabei die treuwidrigen Verfügungen den allgemeinen Regeln über die Beteiligung an f r e m d e m Vertragsbruch unterstellt: Vertragliche A b r e d e n seien für einen außenstehenden Dritten im Grundsatz nicht maßgeblich; die Mitwirkung an ihrer Verlet30

B G H , 4.4. 1968, N J W 1968, 1471 = M D R 1968, 428 = J Z 1968. 428 = LM N r . 3 0 zu § 164 BGB. 31 B G H , 4.11. 1976, W M 1977,525. 32 B G H , 4.11. 1976, W M 1977,525,527. 33 B G H , 4.11. 1976, W M 1977,525,528. 34 Siehe n e b e n der nachfolgend im Text g e n a n n t e n E n t s c h e i d u n g auch den kurzen Hinweis auf § 137 B G B in B G H , 24.6. 2003, W M 2003, 1641, 1642 = N J W - R R 2003, 1375 = Z I P 2003, 1404. D o r t heißt es unter 1. 2. b) d e r G r ü n d e , der Treugeber h a b e sich durch die Ü b e r t r a g u n g der dinglichen Rechtsstellung in die H a n d des T r e u h ä n d e r s b e g e b e n . D a n n müsse er H a n d l u n gen des T r e u h ä n d e r s h i n n e h m e n , die das Treugut beeinträchtigen (fälschlich ist dabei im Urteil von H a n d l u n g e n des „Treugebers" die Rede, obwohl H a n d l u n g e n des Treuhänders gemeint sind). Im k o n k r e t e n Fall ging es um die V e r m e n g u n g von Treugut mit Eigengut. 35 B G H , 2.4.1998, N J W - R R 1998,1057. 1058f. = W M 1998. 1037 = Z I P 1998,830 u n t e r Ziff. II. 1. d) bb) der G r ü n d e .

§12 Treuwidrige

Verfügungen

463

z u n g l ö s e in d e r R e g e l k e i n e D e l i k t s a n s p r ü c h e g e g e n d e n D r i t t e n aus. E t w a s a n d e r e s g e l t e n u r d a n n , w e n n in d e m E i n d r i n g e n in d i e B e z i e h u n g e n d e r V e r t r a g s partner ein b e s o n d e r e s M a ß an R ü c k s i c h t s l o s i g k e i t g e g e n ü b e r d e n B e t r o f f e n e n h e r v o r t r e t e u n d d i e B e r u f u n g auf d i e r e l a t i v e B i n d u n g s w i r k u n g d e r V e r t r ä g e als m i s s b r ä u c h l i c h e s E i n s p a n n e n d e r R e c h t s o r d n u n g für die e i g e n e n I n t e r e s s e n ers c h e i n e . E i n e d e r a r t i g e s i t t e n w i d r i g e M i t w i r k u n g a m V e r t r a g s b r u c h k ö n n e in d e n Z i e l e n d e s V o r g e h e n s z u m Ausdruck k o m m e n , etwa bei kollusivem Z u s a m m e n w i r k e n mit d e m Vertragsschuldner g e r a d e z w e c k s Vereitelung der A n s p r ü c h e d e s G l ä u b i g e r s ; s i e k ö n n e s i c h a u c h in d e r A n w e n d u n g v e r w e r f l i c h e r M i t t e l , etwa Verleitung des Vertragsschuldners zum Vertragsbruch durch Versprechen der Freistellung v o n S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e n etc. zeigen. A l l e i n die Kenntnis, dass möglicherweise ein auf der treuhandrechtlichen G r u n d l a g e

beruhender

Abtretungsanspruch des Treugebers bestand und durch die Verfügung vereitelt werde, k ö n n e den Sittenverstoß des Erwerbers nicht begründen.36 ccc)

Zusammenfassung

der

Rechtsprechungsanalyse

D i e R e c h t s p r e c h u n g h a t d a m i t e i n e k o n s i s t e n t r e s t r i k t i v e L i n i e in S a c h e n T r e u g e b e r s c h u t z g e g e n t r e u w i d r i g e V e r f ü g u n g e n verfolgt.37 Sie hat sich bei d i e s e m P r o b l e m d e s T r e u h a n d a u ß e n r e c h t s für e i n e primär „ f o r m a l e " , w e n i g e r „funktionale" Interpretation der Treuhand e n t s c h i e d e n . 3 8 D i e sich aus e i n e m Treu-

•v' B G H , 19.9. 1995, W M 1995,2065,2069 = Z I P 1995,1860 unter Ziff. II. 3. der G r ü n d e ; vgl. auch schon RG, 19.2. 1937, R G Z 153, 366, 371; tendenziell anders aber der XII. Zivilsenat in B G H , 9.7. 1992, N J W - R R 1993, 367, 368. D e r XII. Zivilsenat will - ähnlich wie die unten in Fußn. 52 a n g e f ü h r t e n Stimmen in der Literatur - jedenfalls ein „Anzeichen für eine Sittenwidrigkeit" darin sehen, dass es sich um die Verletzung von Pflichten der Vertragspartei aus einem besonderen Treueverhältnis handelt. D e r XII. Zivilsenat b e r u f t sich dabei - wie die Literatur auf das Urteil B G H , 24.2. 1954, B G H Z 12, 308, 319f. (insoweit in N J W 1954, 1159 nicht abgedruckt), in dem es um die Verletzung der Pflichten aus einem Gesellschaftsvertrag ging. 17 Entgegen v. Kries, Rechtsstellung, S. 108 mit F u ß n . 101, stellt auch die Entscheidung des B G H vom 31.10. 1963 ( W M 1964. 87, 88) keine A u s n a h m e dar. D e r B G H hat darin nicht etwa den von der Revision a n g e f ü h r t e n Gesichtspunkt des „Missbrauchs der Vertretungsmacht o d e r der Verfügungsbefugnis" geprüft und damit zum Ausdruck gebracht, es sei unerheblich, ob die missbrauchte Verfügungsgewalt auf der Rechtsstellung eines Vertreters, gesetzlichen Verwalters o d e r fiduziarischen T r e u h ä n d e r s b e r u h t (so aber v. Kries, a.a.O.). Im Gegenteil machte sich der B G H unter Ziff. II. 3. der E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e gerade nicht die von der Revision eingeführte Terminologie vom „Missbrauch der Vertretungsmacht o d e r der Verfügungsbefugnis" zu Eigen, s o n d e r n p r ü f t e den Sachverhalt an dieser Stelle des Urteils nur für den streitigen - Fall einer Bevollmächtigung u n t e r d e m Blickwinkel des Vollmachtsmissbrauchs. Entgegen 7 / m m , J Z 1 9 8 9 , 13,24, ist der B G H auch in seinem Urteil vom 7.12. 1983 ( W M 1984, 240) nicht davon ausgegangen, die G r u n d s ä t z e zum Vollmachtsmissbrauch seien auch auf Rechtsgeschäfte a n z u w e n d e n , die ein T r e u h ä n d e r abschließt. Der in d e m Sachverhalt a u f t r e tende „Treuhänder E " hatte nämlich j e n e Verträge, die der B G H auf einen Missbrauch der Vertretungsmacht hin prüfte, g e r a d e nicht im eigenen N a m e n , sondern als rechtsgeschäftlich bevollmächtigter Vertreter abgeschlossen. A u ß e r der Bezeichnung des E als „ T r e u h ä n d e r " hat der ganze Sachverhalt d a h e r mit T r e u h a n d r e c h t nichts zu tun. ,s So mit Recht Huber, J Z 1968, 791.

4 6 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtrugungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

h a n d v e r h ä l t n i s e r g e b e n d e n B e s c h r ä n k u n g e n des T r e u h ä n d e r s werden nicht anders als alle a n d e r e n schuldrechtlichen Verpflichtungen b e h a n d e l t . A n d e r s als bei der Frage des Vollstreckungsschutzes des T r e u g e b e r s ist damit die U n t e r scheidung zwischen der H e r a u s g a b e p f l i c h t aus e i n e m T r e u h a n d v e r t r a g und gewöhnlichen Verschaffungspflichten irrelevant, soweit es um V e r f ü g u n g e n des R e c h t s i n h a b e r s geht. Schutz genießt der T r e u g e b e r n u r nach allgemeinen Vorschriften, wobei die R e c h t s p r e c h u n g selbst im R a h m e n d e r §§ 138,826 B G B keine D i f f e r e n z i e r u n g a n e r k e n n t , vielmehr die K e n n t n i s v o m Vertragsbruch ganz allgemein nicht ausreichen lässt u n d zusätzliche U m s t ä n d e verlangt, aus d e n e n sich der Sittenverstoß ergibt. 3 9 (I(ld) Unterstützung

der Rechtsprechung

in der

Lehre

40

E i n e verbreitete, z u m i n d e s t f r ü h e r auch h e r r s c h e n d e L e h r e folgt d e r R e c h t s p r e c h u n g im G r u n d s a t z in d e r B e u r t e i l u n g treuwidriger Verfügungen. 4 1 Auch in d e r L i t e r a t u r wird r e g e l m ä ß i g auf § 137 B G B verwiesen 42 Die W i r k u n g e n d e r 19

Vgl. aber auch die in F u ß n . 3 6 a n g e f ü h r t e Entscheidung des XII. Zivilsenats. Nach der Einschätzung von Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 199f., und Gruber, A c P 202 (2002), 435, 444, sind mittlerweile schon die B e f ü r w o r t e r der Missbrauchslehre (dazu unten S. 469 ff.) in der Mehrheit: a n d e r s aber die Einschätzung bei M ü n c h K o m m B G B / M a y e r - M a !y/Armbrüster, $ 137 Rdn. 18. 41 M ü n c h K o m m B G B / M a y e r - M a l y / A r m b r i i s t e r , §137 Rdn. 18; SoergeVHefermehl, BGB 1 1 , § 137 Rdn.9; Erman¡Palm, BGB, § 137 B G B R d n . 8 ; Staudinger/Kohler, BGB, § 137 Rdn.24; Palandt/Heinrichs, BGB, § 164 R d n . 14a; ?a\and\./Bassenge, BGB, §903 Rdn.39; Soergel/Le/;tien, B G B " , Vor § 164 R d n . 6 0 und § 177 R d n . 2 0 ; StaudingerAS'c/n/A:?«. BGB, § 167 R d n . 9 9 a.E.; R G R K - B G B / S t e f f e n , Vor § 164 R d n . 2 8 f . ; B a u m b a c h / / / o p i . H G B , §392 Rdn.4; Hadding/Häuser, in B a n k r e c h t s - H a n d b u c h , 2. Aufl., $37 R d n . 5 7 a.E.; Rosenberg/G«ii//Schilken. Zwangsvollstreckungsrecht, §41 VI 4 a aa (S.670); Aengenheister, T r e u h a n d k o n t o , S. 14; Anker, Rechtsnatur, S.44 (in A b g r e n z u n g zum englischen und liechtensteinischen Recht); Armbrüster, Beteiligung. S. 162 ff.; Asmus, G r u n d l a g e n . S.60; C. Berger. Verfügungsbeschränkungen, S. 1591'.; K.P. Berger, Z I P 2004, 1073, 1079; Beuthien, Z G R 1974, 26, 59(L:Canaris. Bankvertragsrecht, R d n . 274; Emmerich, Sanierung I, S. 174; Gaul, in FS Serick, S. 105, 119ff.; Huber, in FS 50 Jahre IPR-Institut der Uni Heidelberg, S.399, 406ff. (in A b g r e n z u n g zum englischen Recht); ders., J Z 1968, 791 ff.; Henssler, A c P 196 (1996), 37, 47f. und 66ff.; Liebich/Mathews, Rechte, Treuhand, S. 176ff.; Liebs, A c P 175 (1975), 1 ff., insbes. S.321'. und 40; Scharrenberg, S. 164 f.; Siebert, Treuhandverhältnis, S. 149 ff.; vgl. bereits vor der ersten R G - E n t s c h e i d u n g Regelsberger, A c P 63 (1880), 157, 197 (mit E i n s c h r ä n k u n g für die A u f r e c h n u n g ) ; siehe auch Nickel-Schweizer, Beitrag, S.71 ff., mit Hinweisen zur identischen Rechtslage in der Schweiz. 40

42

Besonders eingehend Liebs, A c P 175 (1975), 1 ff.; f e r n e r MünchKominBGB/Aiaye/'-Ma/^/ Armbrüster, § 137 R d n . 18; Pa\anAU Bassenge, BGB, §903 R d n . 3 9 ; S o e r g e l / L e p t i e n , B G B " , Vor § 164 Rdn.60; SoergeV Hefermehl, B G B " . § 137 R d n . 9 ; Staudinger/KoMer, BGB, § 137 R d n . 2 4 ; Rosenberg/Gai///Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht. §41 VI 4 a aa (S.670); Asmus, G r u n d lagen, S.60; Armbrüster, Beteiligung, S. 163; C. Berger, V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 159f.; Beuthien, Z G R 1974,26,59 und 61 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn.274; Gaul, in FS Serick, S. 105,120 und 122; Huber, in FS 50 Jahre IPR-Institut der Uni Heidelberg, S.399,410; ders.JZ 1968,791,792; Henssler, A c P 196 (1996), 37,47 f. und 66ff.; Liebich/Mathews, Treuhand, S. 177; Scharrenberg, Rechte, S. 164; n u r im G r u n d s a t z will Grundmann, Treuhandvertrag, S.328ff., die gesetzliche Wertung des § 137 B G B heranziehen, sie bei Kenntnis des Dritten a b e r nicht durchschlagen lassen.

§ 12 Treuwidrige

Verfügungen

465

Vorschrift k ö n n t e n nicht d u r c h den H i n w e i s auf die Q u a l i t ä t der quasidinglichen W i r k u n g der T r e u h a n d i n s b e s o n d e r e in Insolvenz und Zwangsvollstrec k u n g ausgehebelt w e r d e n . 4 3 Alle E r w ä g u n g e n , welche die Vorschrift des § 137 B G B ü b e r h a u p t rechtfertigten - die Sicherheit des R e c h t s v e r k e h r s ; die U n v e r änderlichkeit des gesetzlichen Inhalts dinglicher R e c h t e ; die U n e r w ü n s c h t h e i t d e r rechtsgeschäftlichen B e g r ü n d u n g v e r k e h r s u n f ä h i g e r R e c h t e - t r ä f e n gerade auf den Fall der T r e u h a n d zu. 4 4 Wer d e r T r e u h a n d a b r e d e bei K e n n t n i s des E r w e r b e r s eine dingliche W i r k u n g z u g e s t e h e n wolle, setze sich mit den G r u n d sätzen des bürgerlichen R e c h t s in Konflikt, nach d e n e n eine schuldrechtliche B i n d u n g den E r w e r b vom R e c h t s i n h a b e r nicht hindert. Ausdrücklich wird d e r Vergleich mit d e m Fall eines D o p p e l v e r k a u f s a n g e f ü h r t : Ü b e r e i g n e d e r V e r k ä u fer nach Abschluss des K a u f v e r t r a g s mit d e m E r s t k ä u f e r den G e g e n s t a n d an d e n Z w e i t k ä u f e r , so sei diese V e r f ü g u n g auch bei K e n n t n i s des E r w e r b e r s v o m ersten K a u f v e r t r a g grundsätzlich wirksam. 4 5 Die G r u n d s ä t z e ü b e r d e n Missbrauch der V e r t r e t u n g s m a c h t sind v e r b r e i t e t e n L e h r e nicht ü b e r t r a g b a r . 4 6 D e n n zwischen T r e u g e b e r ber b e s t e h e e b e n s o wie zwischen Erst- u n d Z w e i t k ä u f e r regelmäßig geschäftlicher K o n t a k t , so dass mangels „ S o n d e r v e r b i n d u n g " nicht s o n d e r n allein die §§ 138, 823 ff. B G B einschlägig seien. 4 7 eee) Reduktion

der Anforderungen

im subjektiven

nach dieser und E r w e r kein rechts§242 B G B ,

Bereich

Ein Teil d e r L e h r e hält allerdings die treuwidrige V e r f ü g u n g bereits bei K e n n t nis des E r w e r b e r s v o m P f l i c h t e n v e r s t o ß des T r e u h ä n d e r s f ü r nichtig. E i n e auf Huber48 z u r ü c k g e h e n d e Ansicht b e g r ü n d e t dies mit einer Beihilfe z u m Treubruch (§§27, 266 S t G B ) u n d einer d a r a u s f o l g e n d e n Nichtigkeit g e m ä ß §134 41

Henssler, A c P ! % ( 1 9 % ) , 37, 66 gegen Gernhuber, JuS 1988, 335, 359. Huber, J Z 1968, 791, 792; d e m folgend Beuthien, Z G R 1974, 26, 61. 45 Henssler, A c P 196 (1996). 37, 68. 46 E r m a n / P a l m , BGB, 8 137 B G B R d n . 8 ; Palandt///ew/c/;.v, BGB, § 164 R d n . 14a; Palandt/ Bassenge, BGB, §903 R d n . 3 9 ; S o e r g e V L e p t i e n , B G B " , Vor § 164 R d n . 6 0 und § 177 Rdn.20; Staudinger/Sdi//*e7j, BGB, 5 167 Rdn. 99 a.E.; R G R K - B G B / S f i / / t 7 ! , Vor § 164 R d n . 28; Armbrüster, Beteiligung, S. 163; Huber, in FS 50 Jahre IPR-Institut der Uni Heidelberg, S. 399,410; ders., J Z 1968,791 f., 793 f.; Henssler, A c P 196 (1996), 37, 68; beschränkt auf die (eigennützige) Sicherungstreuhand auch Gaul, in FS Serick, S. 105, 120 f.; insgesamt a n d e r s Siebert, T r e u h a n d verhältnis, S. 157 ff., der die A n w e n d u n g der Missbrauchslehre zwar nicht ablehnte, sie aber für ungeeignet hielt, weil sie nicht schon bei fahrlässiger U n k e n n t n i s des Dritten zur U n w i r k s a m keit des G e s c h ä f t s f ü h r e n k ö n n e (a.a.O., S. 159); das entspricht jedenfalls nicht m e h r d e m heutigen Stand der Missbrauchslehre; wieder a n d e r s Nickel-Schweizer, Beitrag, S.74ff., die einerseits die analoge A n w e n d u n g d e r Vollmachtsmissbrauchregeln ablehnt, d e n T r e u g e b e r aber d e n n o c h nach Treu und G l a u b e n schützen will, wenn der E r w e r b e r positive Kenntnis vom Treubruch hat. 44

47 Canaris, in FS Flume I, S. 371,421; ders., Bankvertragsrecht, R d n . 274; Henssler, A c P 196 (1996), 37, 68; Scharrenberg, Rechte, S. 164; dagegen Tebben, Unterbeteiligung, S. 197. 48 Huber, in FS 50 Jahre IPR-Institut der Uni Heidelberg, S.399, 410ff.; ders., J Z 1968, 791, 792 f.

4 6 6 Driller Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

BGB. 4 9 Eine andere, erstmals wohl bei v. Kries50 vertretene Meinung will demgegenüber eine Sittenwidrigkeit des Geschäfts ohne die von der Rechtsprechung geforderten besonderen Umstände 5 1 bejahen. Diese gesteigerten Voraussetzungen würden nur bei gewöhnlichen schuldrechtlichen Ansprüchen, z.B. aus einem Kaufvertrag, gelten, nicht aber bei einer „besonderen Treuepflicht", wie sie bei fiduziarischen Rechtsverhältnissen bestehe. Die Verletzung einer besonderen Treuepflicht wiege schwerer als eine einfache Vertragsverletzung. 52 Es müsse deshalb für die Sittenwidrigkeit die Kenntnis des Erwerbers ausreichen. 5 3 f f f ) Ausnahme

bei Verfügungen

zugunsten

von Gläubigern

des

Treuhänders

Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Wirksamkeit treuwidriger Verfügungen gemäß § 137 Satz 1 B G B will Canaris in A n l e h n u n g an die später noch darzustellenden Grundsätze im Kommissionsrecht anerkennen, wenn es sich um Verfügungen über das Treugut zugunsten von Gläubigern des Treuhänders handelt und die Verfügung mit Bezug auf die Gläubigerstellung vorgenommen wird. Diese Analogie zu §392 Abs. 2 H G B betrifft Sachverhalte, in denen der Treuhänder über das Treugut verfügt, um eine gegen ihn persönlich gerichtete, nicht auf das Treugut bezogene Forderung zu erfüllen oder zu sichern. 54

D e m folgend P a l a n d t / B a s s e n g e , BGB, §903 R d n . 3 9 : Canaris, Bankvertragsrecht. R d n . 2 7 4 a.E.; Kümmerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S.93 ff.: Tebben, Unterbeteiligung, S. 191; im gleichen Sinne für das österreichische Recht (gesetzliches Verbot i.S.v. §879 A B G B ) O G H , 17.6. 1993, SZ 66 Nr.76, S.386, 389f. = JB1 1994, 118; kritisch C Berger, Verfügungsbeschränkungen, S. 156; Gaul, in FS Serick, S. 105, 122. 511 V. Kries, Rechtsstellung, S. 88ff. 51 Siehe oben S.462 f. 52 V. Kries, Rechtsstellung, S.89ff„ stützt sich auf B G H . 24.2. 1954. B G H Z 12,308,319f. (insoweit in N J W 1954, 1159 nicht a b g e d r u c k t ) , wonach im R a h m e n des §826 B G B zwischen der Verletzung eines b e s o n d e r e n Treueverhältnisses (dort die Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten) und der Verletzung einfacher schuldrechtlicher Vertragspflichten zu unterscheiden ist; ebenso Kümmeriem, E r s c h e i n u n g s f o r m e n . S. 91 f. mit Fußn. 15; Pieherer, Sicherungsinstrumente, S. 182 f. mit Fußn. 701 f.; Tebben, Unterbeteiligung, S. 191 f. mit Fußn. 84; Wank, JuS 1979, 402,407f. mit Fußn. 74; aus der R e c h t s p r e c h u n g auch B G H , 9.7. 1992, N J W - R R 1993,367,368 (dazu oben Fußn. 36). 53 In diesem Sinne auch Kümmerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S. 91; Pieherer, Sicherungsinstrumente, S. 180ff.; Tebben, Unterbeteiligung, S. 191 f. m.w.N.; f e r n e r Wank, JuS 1979, 402, 407f., der bei einer e n t s p r e c h e n d e n I n t e r p r e t a t i o n des § 138 B G B im Ergebnis keinen U n t e r schied gegenüber der von ihm favorisierten Lösung ü b e r den Missbrauch der Vertretungsmacht mit gesteigerten A n f o r d e r u n g e n im subjektiven Bereich sieht (dazu unten bei F u ß n . 101); v. Kries: Kümmerlein und Tebben wollen allerdings n e b e n d e m hier beschriebenen Weg über § 138 B G B als zusätzliche Lösung und entgegen d e r h.M. auch schon bei Fahrlässigkeit einen Schutz des Treugebers ü b e r die A n w e n d u n g der Missbrauchslehre (§242 B G B ) ermöglichen (dazu unten S. 469 ff.). 54 Canaris, in FS F l u m e I, S.371, 420; e b e n s o für die A u f r e c h n u n g bei T r e u h a n d k o n t e n Canaris, Bankvertragsrecht, R d n . 2 8 5 (dazu noch unten S.483).

§12

bbj

Verfügungsschutz

Irenwiclrige

Uber auflösende

Verfügungen

467

Bedingung

Das Ergebnis der Rechtsprechung, einen Verfügungsschutz des Treugebers zu versagen und ihn selbst gegenüber einem (schlicht) unredlichen Dritterwerber nicht zu gewähren, ist auch von anderen als wenig interessengerecht beurteilt worden. Sie sehen eine mindestens partielle Lösung in der bereits für die Vollstreckungsfragen diskutierten 5 5 , auf die Überlegungen von Schutze zurückgehenden Bedingungskonstruktion 5 6 : Der Treugeber könne im Treuhandvertrag mit d e m Treuhänder vereinbaren, dass das Treugut automatisch an den Treugeber zurückfällt, wenn der Treuhänder treuwidrig über das Treugut verfügt. Konstruktiv soll dies im Wege einer durch die treuwidrige Verfügung auflösend bedingten Übertragung des Treuguts vom Treugeber auf den Treuhänder geschehen. 5 7 Schlosser'8 geht dabei am weitesten, weil er entgegen der herrschenden Ansicht^ 9 im Zweifel immer von einer derartigen Bedingung ausgehend will: Wähle man eine weniger am Vertragswortlaut h a f t e n d e und mehr nach dem Zweck der Treuhandvereinbarung fragende Auslegung, dann ergebe sich, dass die Parteien in j e d e m Fall vernünftigerweise eine auflösend bedingte Übertragung der Rechtsmacht wollen und zum Inhalt des Vertrages machen. 6 0 Eine solche an der Funktion der fremdnützigen (Verwaltungs-)Treuhand orientierte Auslegung der obligatorischen Treuabrede erlaube es, generell eine Rückfall-Automatik anzunehmen. 6 1 Bei seinen Überlegungen sieht Schlosser durchaus, dass die auch von der Rechtsprechung im Grundsatz anerkannte Möglichkeit einer auflösend beding-

55

Dazu oben S. 272 ff. Dazu eingehend C. Berger, V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 173 ff. mit Stellungnahme S. 182 ff., zur Treuhand insbes. S. 184f. 57 MünchKommBGB/Mayer-Maly/Armbrüster, $137 R d n . 18; Soergell Hefermehl, BGB 1 3 , § 137 R d n . 14; Staudinger/Kohler, BGB, §137 R d n . 3 0 f f . ; Asmus, G r u n d l a g e n , S.61 ff.; Beuthien, Z G R 1974, 26, 62 und 63 (für Gesellschaftsanteile); Coing, T r e u h a n d , S. 163 f.; Henssler, A c P 196 ( 1 9 % ) , 37, 69; Hönsch, Stellvertretung, S.39f.; Liebich/Mathews, Treuhand, S.26f.; eingehend Schlosser, N J W 1970, 681 ff.; siehe auch Gaul, in FS Serick, S. 105, 144f., der allerdings für die Sicherungsübereignung nur ein geringes Risiko treuwidriger Verfügungen sieht; Bevon einer aufschiebend bedingten ( R ü c k - ) ü b e r e i g n u n g geht d e m g e g e n ü b e r Armbrüster, teiligung, S. 163, aus; siehe dazu auch die E m p f e h l u n g e n in d e n gängigen F o r m u l a r b ü c h e r n oben S. 276 in Fußn. 75 ( B e d i n g u n g der E r ö f f n u n g des Insolvenzverfahrens) und F u ß n . 77 (Bedingung eigenmächtiger Verfügung). s

w

Schlosser, N J W 1970, 681, 684 f. Vgl. zur generellen A b l e h n u n g k o n k l u d e n t e r Bedingungen bei Treuhandverhältnissen die Nachweise oben S.276f. in Fußn. 78; speziell zur Bedingung vertragswidrigen Verhaltens des T r e u h ä n d e r s z.B. Henssler, A c P 196 (1996), 37, 69 f. 611 So tendenziell auch Hönsch, Stellvertretung. S.40, nach dessen Ansicht die Bedingung ebenfalls nicht ausdrücklich vereinbart sein muss. Es genüge, wenn die Bedingung „nach den b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n des Falles als stillschweigend gewollt anzusehen ist." Schlosser, N J W 1970, 681. 684 ( H e r v o r h e b u n g im Original). 59

4 6 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

ten Rechtsübertragung 6 2 nicht mehr und nicht weniger Unklarheit im Rechtsverkehr schafft als die von §137 B G B untersagte dingliche Verfügungsbeschränkung. 6 3 Die Bedingung führe nämlich unter Verzicht auf jede Publizität ebenfalls zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Verfügungsbefugnis. 6 4 Der „sich aufdrängende Systemwiderspruch" 6 5 und die mit der Bedingungskonstruktion intendierte „ U m g e h u n g des § 137 B G B " 6 6 soll aber entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht 6 7 nicht zu einer Nichtigkeit solcher Bedingungsklauseln führen. 6 8 Die Rechtsprechung habe unter dem Druck unabweisbarer Bedürfnisse des Zivilrechtsverkehrs vielmehr zu Recht auflösende Bedingungen auch bei Verfügungen für zulässig gehalten. 61 ' Nur bei bedingungsfeindlichen Rechtsgeschäften wie etwa der Auflassung, Erbbaurechtsübertragung und Indossierung von Wertpapieren scheitere das Bedingungskonzept. 7 0

62

Vgl. oben S.275 in Fußn.67. Dies a n e r k e n n e n auch MünchKommBGB/Mayer-Maly/Armbriister, § 137 Rdn. 15. 64 Schlosser, N J W 1970, 681. 683. 65 So Schlosser, N J W 1970, 681, 683 linke Spalte oben; Ilenssler, A c P 196 (1996), 37, 69, spricht von „evidenter Wertungskollision"; C. Berger, V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 176, von einem „Spannungsverhältnis". 66 So E r m a n / P a l m , BGB, § 137 R d n . 5 m.w.N.; Schlosser, N J W 1970, 681, 684 linke Spalte Mitte, spricht davon, dass sich die Konstruktion einer U m g e h u n g des § 137 B G B „bedenklich nähere". 67 Erstmals ausführlich wohl Schott, in FS D a h n III, S.303fi'., insbes. S.324ff. m.w.N.; aus späterer Zeit insbesondere Fiume, Rechtsgeschäft, 517 7. (S. 363). nach dessen Ansicht die Resolutivbedingung keine „ U m g e h u n g " des § 137 B G B ist, s o n d e r n unmittelbar d e m Wortlaut und Sinn des § 137 B G B unterfällt; u m f a s s e n d e Nachweise zum älteren Schrifttum bei Siebert, Treuhandverhältnis, S. 217 in Fußn. 10, der aber selbst a . A . ist; Karsten Schmidt hat seine f r ü h e r im Hinblick auf § 137 B G B g e ä u ß e r t e n B e d e n k e n gegen die Bedingungskonstruktion (Schlegelberger//i«r.vf£77 Schmidt, H G B , Vorbem. §335 [§230 n.f.| R d n . 6 3 ) inzwischen im Hinblick auf die dagegen gerichteten A u s f ü h r u n g e n bei Armbrüster, Beteiligung, S. 159 f., a u f g e g e b e n (MünchKommHGB//Cari7£-ii Schmidt, Vor §230 Rdn. 71), ä u ß e r t a b e r weiterhin B e d e n k e n im Hinblick auf die notwendige Bestimmtheit; für eine B e s c h r ä n k u n g der Bedingungskonstruktion auf zwei Fallgruppen (Treuhand und v o r w e g g e n o m m e n e E r b f o l g e ) C. Berger, Verfügungsb e s c h r ä n k u n g e n , S. 184 ff. 61

6S Schlosser, N J W 1970, 681, 684; e b e n s o im Ergebnis schon Sieberl, Treuhandverhältnis, S.217ff. m.w.N. zum älteren Schrifttum in F u ß n . 11, der allerdings von vornherein keinen Widerspruch sieht, weil die §§ 158 ff. gegenüber § 137 B G B im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen lex specialis seien; ähnlich Henssler, A c P 196 (1996), 37, 69, der wegen des Bekenntnisses des B G B - G e s e t z g e b e r s zur bedingten Verfügung unter I n k a u f n a h m e der Kollision zur Wertung des § 137 B G B in der Zulassung der Resolutivbedingung keine U m g e h u n g dieser Vorschrift sieht; a n d e r s die A r g u m e n t a t i o n bei Timm, J Z 1989, 13, 14 ff., nach dessen Ansicht die Bedingungskonstruktion nicht gegen den Sinn und Zweck des § 137 B G B verstößt. m

Schlosser, N J W 1970, 681, 684 rechte Spalte. Siehe zum begrenzten A n w e n d u n g s b e r e i c h der Bedingungslösung bereits o b e n S. 275 mit F u ß n . 69; Schlosser, N J W 1970, 681, 685 will in diesen Fällen die Regeln über den Vollmachtsmissbrauch heranziehen (dazu sogleich u n t e r cc). 70

§12

cc) Verfiigungsschutz den Missbrauch der

Treuwidrige

durch entsprechende Vertretungsmacht

469

Verfügungen

Anwendung

der Grundsätze

über

Eine sehr verbreitete, teilweise schon als herrschend bezeichnete 7 1 Auffassung in der Literatur will bei treuwidrigen Verfügungen die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht entsprechend anwenden. 7 2 Auch der österreichische O G H 7 1 hat seine Präferenz für diese Lehre erkennen lassen. 74 aaa) Überlegungen de lege ferenda De lege ferenda hatte bereits Friedmann75 für die von ihm vorgeschlagene gesetzliche Regelung der offenen Treuhandschaft entsprechende Überlegungen in seinem Juristentagsgutachten aus dem Jahr 1930 unterbreitet. Er verglich dort den vom RG und der damaligen Lehre entwickelten Rechtssatz, dem zufolge aus Rechtshandlungen eines Vertreters keine Rechte gegen den Vertretenen hergeleitet werden können, wenn der Vertreter bewusst die Vollmacht zum Nachteil des Vertretenen missbraucht und der Dritte dies weiß oder wissen müsste, mit den im angloamerikanischen Trustrecht anerkannten Grundsätzen. Man sehe, dass in beiden Rechten ein gewisser Logos wirke, etwas, „was heut und ewig die Geister, tiefer und tiefer gefühlt, immer nur einiger macht." Als Rechtsfolge des von ihm bereits so genannten „Missbrauchs der Treumacht" wollte Friedmann grundsätzlich die Nichtigkeit des Geschäfts bei der Treuhandschaft annehmen. Das Fehlen des guten Glaubens habe die gleiche Wirkung wie in § 932 BGB: der Erwerber werde nicht Eigentümer, was entsprechend auf den Erwerb anderer Rechte anzuwenden sei. Ausdrücklich sah Friedmann die Vergleichbarkeit als Folge der Publizität bei offener Treuhand. Der Treuhänder geriere sich hier als Treuhänder, und der andere wisse, dass er Treuhänder ist.

71 Von Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 199 f.. und Gruber, A c P 2 0 2 (2002), 435,444; anders die Einschätzung bei MüncbKommBGB/Mayer-Maly/Armbrüster, § 137 R d n . 18. 72 M ü n c h K o m m H G B / / f i i n 7 e « Schmidt, Vor S 230 R d n . 6 9 m.w.N.; G r o f . t k o m m H G B / t / / / m v . S 105 Rdn. 107; E r m a n / / / . Westermann, BGB, 6. Aufl., § 167 R d n . 2 2 a.E.; Assfalg, N J W 1970, 1902, 1906; Coing, Treuhand, S. 166f.; Kotz, Trust, S. 138ff.; ders., N J W 1968, 1471 ff.; v. Kries, Rechtsstellung, S.93ff., insbes. S. 108ff.; Kummerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S.96ff.; Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 195 ff.; Tebben, Unterbeteiligung, S. 192ff.; f e r n e r Sojka, Schutz, S. 117 ff. (mit B e s c h r ä n k u n g auf Fälle b e s t e h e n d e r S o n d e r b e z i e h u n g zwischen H i n t e r m a n n und Drittem); Schlosser, N J W 1970, 681, 685 f. (für die nicht ü b e r die a u f l ö s e n d e Bedingung [dazu oben bei Fußn.58] gelösten Fälle); siehe auch Karsten Schmidt, in FS H a d d i n g , S. 1093, 1112; mit d e n unten nach Fußn. 101 g e n a n n t e n E i n s c h r ä n k u n g e n auch Wank, JuS 1979. 402 ff., Schwark, JuS 1980, I I I , 780 und Timm, J Z 1989, 13, 22 ff.; Gruber, A c P 202 (2002), 435 ff.; für die Missbrauchslehre wohl auch Jakobs, Z I P 1999, 733, 737.

™ O G H , 17.6. 1993, S Z 66 Nr. 76. S. 386,390 = JB1 1994,118. D a im k o n k r e t e n Fall allerdings positive Kenntnis des E r w e r b e r s feststand, musste der O G H die Frage nicht endgültig entscheiden und konnte die U n w i r k s a m k e i t der V e r f ü g u n g bereits aus einer Mitwirkung des Erwerbers an einer s t r a f b a r e n U n t r e u e des T r e u h ä n d e r s herleiten (a.a.O., S. 389f.). 74 Dazu Gruber, A c P 202 (2002), 435, 451 f. 75 Friedmann, G u t a c h t e n , S. 1048ff.

4 7 0 Dritter Teil: Bewährung

bbb)

Überlegungen

der Gefahrtragimgsthe.se

bei sonstigen

Treithandwirkungen

de lege lata

D e lege lata haben bereits Danckelmann und Hoche in frühen Auflagen des Palandt eine A n w e n d u n g der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht vorgeschlagen, dies allerdings im Gegensatz zu Friedmann ausdrücklich für die fiduziarische Treuhand, bei der der Treuhänder im eigenen N a m e n auftritt, das Handeln für f r e m d e Rechnung also nicht offenkundig ist. Danckelmann bezeichnete in der 4. Auflage des Palandt aus dem Jahr 1941 76 die Entscheidung R G Z 153, 366 als „bedenklich" 7 7 und vertrat demgegenüber die Ansicht, treuwidrige Verfügungen des Treuhänders seien zugunsten solcher Erwerber unwirksam, die nicht in gutem Glauben bezüglich seiner Verfügungsbefugnis sind. 78 Hoche griff diese Überlegungen in seiner Kommentierung des Sachenrechts in der 10. Auflage des Palandt aus dem Jahr 19527l) auf und erwog, ob man den Treugeber nicht durch entsprechende A n w e n d u n g der für den Vollmachtsmissbrauch aufgestellten Grundsätze auch gegenüber fahrlässigen Dritten schützen könne. 8 0 Diese G e d a n k e n sind in der späteren Literatur fortgeführt worden, wobei vor allem Müller-Freienfels, Kötz, v. Kries und Wank die unterschiedliche Behandlung der Treuhand in Insolvenz und Zwangsvollstreckung einerseits, bei treuwidrigen Verfügungen andererseits angegriffen haben. 8 1 „Was rechtfertigt es", so fragt Kötz82, „dem Treugeber die Drittwiderspruchsklage zuzubilligen, wenn Treugut-Wertpapiere von einem Gläubiger des Treuhänders gepfändet werden, ihm jedoch das „Folgerecht" zu versagen, wenn der Treuhänder die Wertpapiere an den gleichen Gläubiger an Zahlungs Statt überträgt und dieser ihre Zugehörigkeit zum Treugut kennt? Wird nicht die Rechtsprechung den einmal eingeschlagenen Weg erst dann zu Ende gegangen sein, wenn sie die Ansprüche des Treugebers auch im letztgenannten Fall als dinglich ansieht, mit der Folge, daß beim E r w e r b von Treugut durch einen Dritten die §§892 f., 932 ff. B G B gerade so entsprechend anzuwenden sind, wie dies bisher schon im Fall des Gläubigerzugriffs mit den §§43 KO, 771 Z P O geschehen ist?" 8 1 Kötz stützt sich - wie später auch v. Kries84 und Going85 - bei seinen Überle76

Frühere Auflagen des Palandt lagen d e m Verfasser nicht vor. P a l a n d t / D a n c k e l m a n n , B G B . 4. Aufl., S 137 A n m . 1. ™ P a l a n d t / D a n c k e l m a n n , BGB, 4. Aufl., Einf vor § 164 A n m . 3; vgl. dazu auch MüHer-Freienfels, Vertretung, S. 135 f. 7g In der erstmals von Hoche b e a r b e i t e t e n 5. Auflage finden sich die Aussagen zur Treuhand noch nicht. Weitere E x e m p l a r e des Palandt zwischen der 5. und 10. Auflage lagen d e m Verfasser nicht vor. 80 P a l a n d t / H o c h e , BGB, 10. Aufl., Einf vor §929 A n m . 7) B. a). 81 Vgl. o b e n S. 112 bei F u ß n . 3 1 3 . 82 Kötz, Trust, S. 140 f. 83 Siehe bereits o b e n S. 112 f.; in der Sache e b e n s o v. Kries, Rechtsstellung, S. 84. 84 V. Kries, Rechtsstellung, S. 50 ff. 85 Coing, T r e u h a n d , S. 162 ff. 77

§12

Treuwidrige

Verfügungen

471

gungen auf eine rechtsvergleichende Untersuchung zum angloamerikanischen Trust-Recht. Dort wird dem Treugeber im Falle des „breach of trust" ein sehr weitgehendes „Folgerecht" („Right to follow the trust property") gegenüber einem bösgläubigen E r w e r b e r von Treugut zugesprochen. Nur der entgeltlich und gutgläubig vom Treuhänder erwerbende Dritte wird geschützt („bona fide purchaser for value without notice"). x 6 Dieselben Ergebnisse ließen sich im deutschen Recht durch die entsprechende A n w e n d u n g der Regeln zum Vollmachtsmissbrauch erzielen. 8 7 Für diese Lösung wird vor allem die identische Interessenlage ins Feld geführt.® Sowohl bei der Stellvertretung als auch bei der Treuhand gehe es um fremdbezogenes Handeln, bei dem sich die Rechtsfolgen der Handlung in der Person des Hintermanns realisierten. 8 9 Die f ü r den Vollmachtsmissbrauch entwickelten Grundsätze beruhten nicht auf der Eigenart der Stellvertretung als vielmehr auf dem allgemeinen Gesichtspunkt eines Verbots des Rechtsmissbrauchs. D e r Gesichtspunkt des Verstoßes gegen Treu und Glauben sei aber auf die Verhältnisse bei der fiduziarischen Treuhand übertragbar. 9 0 Den vom B G H in den Vordergrund gestellten Unterschied zwischen dem Handeln im eigenen und f r e m d e n N a m e n hält auch Karsten Schmidt91 nicht für relevant. Z w a r weise der Gesetzgeber das Risiko eines weisungswidrigen Handelns grundsätzlich dem Rechtsverkehr zu (arg. § 177 B G B ) , während er beim Eigenhandeln des Rechtsinhabers der Innenbindung grundsätzlich keine Außenwirkung zuerkennt (arg. § 137 B G B ) . Gleichwohl sei der Gegensatz zwischen §§137 und 177 B G B nicht beweiskräftig, weil sich auch die Fälle des Missbrauchs der Vertretungsmacht regelmäßig in j e n e m Bereich abspielten, in dem das Gesetz entgegen der Regel des § 177 B G B eine Außenwirkung der Binnen86 Vgl. zum „Folgerecht" beim Treubruch im angloamerikanischen Recht neben Kotz. Trust. S.30 ff., auch v. Kries, Rechtsstellung, S. 50ff., und Coing, Treuhand, S.7 und 1621., f e r n e r die ebenfalls rechtsvergleichenden U n t e r s u c h u n g e n bei Assfalg, Behandlung. S.7ff.; clers., N J W 1970, 1902, 1903; sehr früh auch schon Anker, Rechtsnatur, S. 17f.; Haemmerle, Gutachten. S.653 und 655; Hengstberger, Stellvertretung, S. 25 f.: Heymann, in FS B r u n n e r , S.473, 498 und 501; Sieberl, Treuhandverhältnis. S. 68 ff. 87 Kötz. Trust. S. 141, sieht die Rechtsfolge dabei in einer e n t s p r e c h e n d e n A n w e n d u n g der §§ 177 ff. B G B , während v. Kries, Rechtstellung, S. 110 und 155, d e m Treugeber ein Rücktrittsrecht g e w ä h r e n will (dem folgend Coing, T r e u h a n d , S. 168). Für den Vollmachtsmissbrauch mag diese letztgenannte Rechtsfolge noch v e r t r e t b a r sein, weil der Vertretene Vertragspartner des Vertrages ist. D e m T r e u g e b e r aber ein Rücktrittsrccht von einem Vertrag zwischen Treuh ä n d e r und Drittem zu geben, von einem Vertrag also, an d e m er selbst gar nicht beteiligt ist, erscheint dogmatisch fragwürdig (vgl. auch C. Berger. V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 155 f.). 88 So insbesondere MünchKommHGB/,Karsii>« Schmidt, Vor §230 R d n . 6 9 ; Kötz, N J W 1968, 1471; Picherer, Sicherungsinstrumente, S.204f.; Schlosser, N J W 1970, 681, 686; Tebben, Unterbeteiligung. S. 197 ff.; Timm, J Z 1989, 13,22 ff.; im Ansatz auch Wank, ]uS 1979,402,406 f. 89 So insbesondere v. Kries, Rechtstellung, S. 108. Coing, Treuhand, S. 167; eingehend Tebben, Unterbcteiligung, S. 196ff.; siehe auch v. Kries, Rechtstellung, S. 108. 1,1 M ü n c h K o m m H G B / K a r . v i r a Schmidt, Vor §230 R d n . 6 9 .

4 7 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefuhrtrugungsthese

bei sonstigen

l'reuhundwirkungen

beschränkung im Ausgangspunkt ablehne. Insofern sei die Parallelität entgegen der Ansicht des B G H zu bejahen, denn es gehe hier wie dort darum, dass die interne Bindung in Ausnahmefällen nach außen durchschlägt. 9 2 Teilweise wird auf die Rechtsprechung zum Missbrauch der Verfügungsmacht eines Testamentsvollstreckers verwiesen. 1 ' 3 Wenn die Rechtsprechung bei missbräuchlichen Verfügungen des Testamentsvollstreckers die gleichen Grundsätze wie beim Missbrauch der Vertretungsmacht heranziehe 9 4 , dann zeige sie damit, dass eine Beschränkung der Missbrauchslehre auf Fälle rechtsgeschäftlich erteilter Vertretungsmacht gerade nicht geboten sei. 95 Durch die neue insolvenzrechtliche Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des B G H dürfte sich diese Lehre bestätigt sehen. D e r B G H wendet nämlich die Regeln über den Vollmachtsmissbrauch nun auch auf eine Überschreitung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters an und dies unabhängig von einer Entscheidung über die Insolvenzverwaltertheorien (Amtstheorie und Vertretertheorie). Er stellt vielmehr allein auf einen a n g e m e s s e n e n Ausgleich der Interessen an e i n e m hinreichenden Schutz der Masse einerseits und d e m g e b o t e nen Vertrauensschutz des redlichen Geschäftspartners andererseits ab. 96 Nach den Überlegungen in der Literatur soll dieser „ a n g e m e s s e n e Interessenausgleich" bei der Treuhand aber gerade nicht anders zu beurteilen sein.

92

D e m folgend Sojku, Schutz, S. 1171'.; Tebben, Unterbeteiligung, S.200. Coing, T r e u h a n d , S. 167; Kotz, Trust, S. 141 f.; tlers., N J W 1968, 1471 f.; Kämmerlein, Erscheinungsformen, S.98 und 101; Sojku, Schutz, S. 120; dazu kritisch Armbrüster, Beteiligung, S. 163; gegen eine unmittelbare Ü b e r t r a g b a r k e i t der R e c h t s p r e c h u n g zum Testamentsvollstrecker auch Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 205, der sich a b e r im Ergebnis doch für eine A n w e n d b a r k e i t der Missbrauchslehre auf die T r e u h a n d ausspricht. 'M Siehe RG. 15.2. 1911, R G Z 75, 299, 302; RG, 10.12. 1913, R G Z 83. 348. 353; RG, 20.10. 1930, R G Z 130, 131, 134; beiläufig B G H , 29.4. 1959. B G H Z 30, 67,71 = N J W 1959, 1429, 1430; deutlich B G H , 8.3. 1989, N J W - R R 1989, 642 f. m.w.N. zur Literatur; vgl. dazu auch Erman/Af Schmidt. BGB, §2205 R d n . 19; e i n g e h e n d v. Kries, Rechtsstellung, S.54ff., sowie die rechtsvergleichende Darstellung bei Kötz, Trust, S.99 ff.. und Coing, in FS Heinsius, S. 79, 84f. (jeweils Vergleich zum Nachlass-Trust des angloamerikanischen Rechts); ferner Soergel/Durnrcnt. B G B , §2205 R d n . 8 7 , der allerdings hinsichtlich des Fahrlässigkeitsmaßstabs meint, die ältere R e c h t s p r e c h u n g lasse zu U n r e c h t schon leichte Fahrlässigkeit genügen. Die R G - R e c h t s p r e chung ist diesbezüglich allerdings o h n e h i n etwas bizarr, weil im Leitsatz der E n t s c h e i d u n g RG, 15.2. 1911, R G Z 75, 299, von „ g r o b e m Verschulden" die R e d e ist, es entsprechend auf S.301 heißt, das Rechtsgeschäft sei im Falle eines „groben Verschuldens" unwirksam, d a n n allerdings weiter ausgeführt wird, ein solch grobes Verschulden liege vor, wenn der Dritte den Missbrauch hätte „ e r k e n n e n k ö n n e n und e r k e n n e n müssen." Die letztgenannte Formulierung, die aber gerade nicht mit „grober Fahrlässigkeit" übereinstimmt, interpretiert sodann RG, 10.12. 1913, R G Z 83,348,353, e n t s p r e c h e n d der Begriffsbestimmung in § 122 Abs. 2 B G B im Sinne jedes fahrlässigen Nichtkennens. Diese ältere R G - R e c h t s p r e c h u n g d ü r f t e sich spätestens durch B G H , 8.3. 1989, N J W - R R 1989, 642f., erledigt haben. w

1,5

Kötz, N J W 1968, 1471. B G H , 25.4.2002, B G H Z 150.353,361 = W M 2002.1199,1202 = Z I P 2002,1093 u n t e r Ziff. II. 3. a) der G r ü n d e . %

§12 ccc)

Maßstab

der Gutgläubigkeit

Treuwidrige des

Verfügungen

473

Dritten

N i c h t einheitlich beurteilt w e r d e n die s u b j e k t i v e n V o r a u s s e t z u n g e n auf S e i t e n des Erwerbers. Z u m e i s t wird allgemein auf die R e g e l n z u m Missbrauch der Vertretungsmacht verwiesen.97 R e c h t s p r e c h u n g und Literatur fordern im Stellvertretungsrecht mittlerweile einheitlich eine „objektive Evidenz" des Missb r a u c h s . 9 8 D i e s e r M a ß s t a b ist e t w a g l e i c h b e d e u t e n d m i t e i n e m g r o b f a h r l ä s s i g e n V e r h a l t e n a u f S e i t e n d e s D r i t t e n . 9 9 D e r V e r t r e t e n e ist v o r e i n e m e r k e n n b a ren Missbrauch der Vertretungsmacht geschützt, w e n n der Vertreter von seiner V e r t r e t u n g s m a c h t in e r s i c h t l i c h v e r d ä c h t i g e r W e i s e G e b r a u c h m a c h t , s o d a s s sich d e m Vertragspartner der b e g r ü n d e t e Verdacht e i n e s T r e u e v e r s t o ß e s aufdrängen musste.100 E i n Teil d e r L e h r e will d e m g e g e n ü b e r b e i t r e u w i d r i g e n V e r f ü g u n g e n d i e A n f o r d e r u n g e n im subjektiven B e r e i c h g e g e n ü b e r d e m Stellvertretungsrecht anh e b e n . 1 0 1 S c h l i e ß e j e m a n d e i n R e c h t s g e s c h ä f t als V e r t r e t e r i m f r e m d e n N a m e n , s o w e r d e der R e c h t s v e r k e h r auf die i n t e r n e B i n d u n g h i n g e w i e s e n . 1 0 2 E s sei Dritten dann z u z u m u t e n , auf diese B i n d u n g Rücksicht zu n e h m e n . Trete d a g e g e n d e r intern G e b u n d e n e im e i g e n e n N a m e n auf, s o h a b e ein Dritter k e i n e V e r a n -

t'oing, Treuhand. S. 167; Kümmerlein, E r s c h e i n u n g s f o r m e n , S. 105 f. (mit d e m M a ß s t a b „objektiver Evidenz"); Schlosser, N J W 1970, 681, 685 f. (mit E i n s c h r ä n k u n g für Grundstücksrechte, S. 686 f.); Tebben, Unterbeteiligung. S. 192 ff., insbes. S.200f. (mit d e m M a ß s t a b der „grob e n Fahrlässigkeit"); unter H e r a n z i e h u n g der f r ü h e r e n R e c h t s p r e c h u n g zum Missbrauch der Vertretungsmacht stellen Kötz, Trust, S. 141, und v. Kries, Rechtsstellung, S.93f., 142 und 155, auf (einfache) „Fahrlässigkeit" ab (vgl. zur R G - R e c h t s p r e c h u n g bereits Fußn.94). w B G H , 19.4. 1994, N J W 1994, 2082, 2083: B G H , 25.10. 1994, N J W 1995, 250, 251: B G H , 29.6. 1999, N J W 1999,2883; B G H , 15.6.2004, D B 2004,2211,2212; B G H , 2 2 . 6 . 2 0 0 4 , D B 2004, 2213; Staudinger/Sc/ii/toi. BGB, § 167 R d n . 9 7 : P a l a n d t / H e i n r i c h s , BGB, § 164 Rdn. 14; die L e h r e von der „objektiven F v i d e n z " ist maßgeblich von Fiume, Rechtsgeschäft, §45 II 3 (S. 788 ff.), entwickelt worden; im Hinblick auf d e n Treuhandmissbrauch wird bei Picherer, Sicherungsinstrumente, S. 207 einerseits, S. 208,212,230,252,293 andererseits die „objektive Evid e n z " unzutreffend mit „evidenter Kenntnis" des Dritten gleichgesetzt (dazu kritisch Bitter, W M 2003, 2068, 2070). w So deutlich B G H , 25.4. 2002, B G H Z 150, 353, 361 = W M 2002, 1199, 1202 = Z I P 2002, 1093 u n t e r Ziff. II. 3. a) der G r ü n d e (für den Missbrauch der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters); ferner Tebben, Unterbeteiligung, S.200f.; Picherer, Sicherungsinstrumente. S. 196f.; f ü r grobe Fahrlässigkeit auch S o e r g e l / L e p t i e n , B G B 1 3 , §177 Rdn. 18, gegen die ältere Rechtsprechung, die teilweise einfache Fahrlässigkeit genügen ließ; nach Staudinger/Sc/ii/toi, B G B , § 167 Rdn.98, k o m m t die F o r d e r u n g nach grober Fahrlässigkeit der objektiven Evidenz „ n a h e " ; nach Fiume, Rechtsgeschäft, & 45 II 3. (S.789f.), soll es n u r auf die „objektive Evidenz", nicht aber auf eine wie auch immer geartete Fahrlässigkeit des Dritten a n k o m m e n ; das ä n d e r t jedoch nichts d a r a n , dass sich die T a t b e s t ä n d e der „objektiven E v i d e n z " und der „groben Fahrlässigkeit" in der praktischen A n w e n d u n g ähneln. 100 So z.B. B G H , 19.4. 1994, N J W 1994, 2082, 2083; B G H , 25.10. 1994, N J W 1995, 250, 251; B G H , 29.6. 1999, N J W 1999, 2883; B G H , 15.6. 2004, D B 2004, 2211, 2212; B G H , 22.6. 2004, D B 2004, 2213; Palandt ¡Heinrichs, B G B , § 164 R d n . 14, jeweils m.w.N. 101 Wank, JuS 1979, 402, 404 f. und 407; Schwark, JuS 1980, I I I , 780; Timm, J Z 1989, 13, 24. " ,2 Deutlich WankJuS 1979,402,405; f e r n e r Schwark, JuS 1980,777,780; Timm, J Z 1989,13, 24.

4 7 4 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

lassung, einem Innenverhältnis nachzuforschen. Wer also den Weg der Vollrechtsübertragung wähle, könne das Missbrauchsrisiko nicht in gleicher Weise wie bei einer Vollmachtserteilung auf Dritte abwälzen, sondern müsse ein erhöhtes Risiko in Kauf nehmen. 1 0 1 Fahrlässige, selbst grob fahrlässige Unkenntnis könne deshalb auf Seiten des Dritten nicht ausreichen, während ihm positive Kenntnis schade. 104 Auf der Basis dieses Gedankengangs hat Gruber105 jüngst einen differenzierenden Vorschlag unterbreitet. Da die Offenlegung der Vertreter- oder Treuhänderposition mitentscheidend für die Risikozuweisung zwischen Hintermann und Drittem sei, müsse man unterscheiden: Handle der Treuhänder im eigenen N a m e n und lege das Treuhandverhältnis nicht offen, dann schade dem Dritten nur Kenntnis. Erfolge aber die Offenlegung, sei - wie beim Missbrauch der Vertretungsmacht - auf die objektive Evidenz abzustellen. 1 0 6 b)

Kommissionsrecht

Die Diskussion im Kommissionsrecht ist weitaus weniger umfangreich als im allgemeinen Treuhandrecht und hat partiell andere Ergebnisse hervorgebracht. Verbindungslinien zwischen beiden Bereichen werden nur selten hergestellt. aa)

Rechtsprechung

Im Kommissionsrecht besteht eine ebenfalls konsistente Rechtsprechung zu treuwidrigen Verfügungen. Diese k o m m e n bei der Kommission vor, wenn der Kommissionär die aus dem Ausführungsgeschäft resultierende Forderung unbefugt abtritt. R G und B G H haben übereinstimmend entschieden, dass der Kommittent die Abtretung einer Forderung des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft 1113

Wank, JuS 1979, 402, 405 oben. So deutlich Schwark, JuS 1980,777,780; ü b e r e i n s t i m m e n d wohl Wank. JuS 1979,402,405 oben; vgl. aber auch die etwas unklaren A u s f ü h r u n g e n von Wank auf S. 407. wo zwischen einem „Weisungstatbestand" und einem „Schädigungstatbestand" differenziert und dabei für den ersten Fall nicht deutlich wird, welchen subjektiven Tatbestand Wank im Hinblick auf den „erhöhten Verkehrsschutz bei der T r e u h a n d " a n w e n d e n will, w ä h r e n d im zweiten Fall grobe Fahrlässigkeit genügen soll; unklar auch Timm, J Z 1989, 13, 24, der zunächst bei F u ß n . 2 0 9 im A n schluss an Schwark, a.a.O, eine grob fahrlässige U n k e n n t n i s der V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g nicht ausreichen lassen will, sogleich anschließend bei F u ß n . 2 1 3 jedoch Kenntnis o d e r zumindest grob fahrlässige U n k e n n t n i s der Weisungswidrigkeit fordert und hier nun ausgerechnet Schwark, a.a.O., als A u t o r mit gegenteiliger Auffassung zitiert; jedenfalls im Ergebnis stimmt Nickel-Schweizer, Beitrag, S.74ff„ mit der von Schwark v e r t r e t e n e n Position überein, weil sie zwar einerseits die analoge A n w e n d u n g der Vollmachtsmissbrauchregeln ablehnt, den Treuh ä n d e r aber d e n n o c h nach Treu und G l a u b e n schützen will, wenn der E r w e r b e r positive Kenntnis vom Treubruch hat. 104

105

Gruber, A c P 202 (2002), 435, 456 ff. Im Ergebnis ähnlich Timm, JZ 1989, 13, 24 rechte Spalte oben, dessen A u s f ü h r u n g e n aber nicht völlig klar sind (siehe Fußn. 104). 106

§ 12 Treuwidrige

Verfügungen

475

nicht gegen sich gelten lassen muss, wenn die A b t r e t u n g an einen Gläubiger des Kommissionärs zu dessen Deckung oder Sicherung erfolgt. 1 0 7 Die Begründungen aller Entscheidungen sind dabei nahezu identisch: Zwar stehe die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft allein d e m Kommissionär zu, denn nur zwischen ihm und dem Dritten entstünden vertragliche Beziehungen. D e r Kommittent könne deshalb Ansprüche gegen den Dritten aus dem Ausführungsgeschäft erst nach deren A b t r e t u n g geltend machen (§392 Abs. 1 H G B ) . §392 Abs. 2 H G B verstärke die Rechtsstellung des Kommittenten jedoch insofern, als Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft mit d e m Drittkontrahenten, auch wenn sie (noch) nicht abgetreten sind, im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kommittenten gelten. Dies habe nach allgemeiner Meinung zur Folge, dass der Kommittent der von Gläubigern des Kommissionärs betriebenen Zwangsvollstreckung in die Forderung nach §771 Z P O widersprechen und im Konkurs des Kommissionärs Aussonderung verlangen k ö n n e (§43 KO; heute §47 InsO). Für den Gläubiger sei die Forderung kein Gegenstand der Befriedigung. Aus diesem Grundsatz ergebe sich aber weiter, dass der Kommittent die A b t r e t u n g der Forderung an einen Gläubiger des Kommissionärs zu dessen Deckung oder Sicherung nicht gegen sich gelten zu lassen braucht. 1 0 8 Gleiches gilt nach Ansicht des B G H , wenn der Kommissionär die Forderung zwar nicht an seinen Gläubiger zur Einziehung und Befriedigung abtritt, diesen jedoch beauftragt, die Forderung einzuziehen, um sich aus dem Erlös für seinen Anspruch gegen den Kommissionär bezahlt zu machen. Auch in diesem Fall würde die Forderung des Kommissionärs aus dem Ausführungsgeschäft der Befriedigung des Gläubigers des Kommissionärs dienen. 1 0 9 Die Rechtsprechung stellt damit im Kommissionsrecht eine klare Verknüpfung zwischen den einzelnen Treuhandwirkungen her. Sowohl der Schutz des Kommittenten in Insolvenz und Zwangsvollstreckung als auch sein Schutz gegen treuwidrige Verfügungen werden einheitlich auf die gesetzliche Regelung in § 392 Abs. 2 H G B gestützt und damit als Folge eines einheitlichen Schutzkonzeptes angesehen.

107 RG. 25.5. 1935, R G Z 148, 190, 191 f. = J W 1935,3156,3157; BGH, 9.6. 1959, LM Nr. 1 zu §392 H G B = BB 1959. 975 = WM 1959, 1004, 1007 = NJW 1959, 1678 (LS); BGH, 30.3. 1988, B G H Z 104, 123, 127 = NJW 1988, 3203. 108 So BGH, 30.3. 1988, B G H Z 104,123, 127; ohne den Hinweis auf §43 KO auch RG, 25.5. 1935, R G Z 148,190,191 f. = JW 1935,3156,3157; BGH, 9.6. 1959, LM Nr. 1 zu §392 H G B = BB 1959, 975 = WM 1959, 1004, 1007; dem folgend OLG Nürnberg, NJW 1972, 2044. lm BGH, 9.6. 1959, LM Nr. 1 zu §392 H G B = BB 1959,975 = WM 1959,1004,1007; dem folgend O L G Nürnberg. NJW 1972, 2044.

4 7 6 Dritter Teil: Bewährung der Gefahrtragungsthese

bb)

bei sonstigen

Treuhandwirkungen

Literatur

Bereits das R G konnte sich im Jahr 1937 auf entsprechende Überlegungen im Schrifttum stützen 110 und bis heute folgt die klar h.L. der Linie der Rechtsprechung. 1 " Auch in der Literatur wird darauf hingewiesen, der Gläubiger dürfe nicht durch Rechtsgeschäft erlangen, was ihm im Wege der Einzel- oder Gesamtvollstreckung vorenthalten bliebe. 112 aaa) Wirksamkeit

der Verfügung bei

Neugeschäften

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind von der h.L. fortgeführt worden. Die aus §392 Abs. 2 H G B folgenden Beschränkungen sollen ausdrücklich nur für Verfügungen des Kommissionärs mit Bezug auf die Stellung des anderen Teils gerade als Gläubiger gelten, wenn dieser also bereits einen Anspruch gegen den Kommissionär hat. 113 §392 Abs. 2 H G B stehe demgegenüber bei einem Neugeschäft des Kommissionärs wie z.B. einem Verkauf der Forderung an einen Dritten der Erfüllung dieses Vertrages durch Abtretung nicht entgegen, weil der Verkauf der Forderung nicht wie eine Zwangsvollstreckung in die Forderung wirke." 4 Gleiches gelte grundsätzlich auch für eine Sicherungsabtretung, sofern die zu sichernde Forderung erst nach dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts begründet worden ist; denn die Verwendung der Forderung zum Zwecke der Kreditbeschaffung gehöre folgerichtig zu jenen Missbrauchsmöglichkeiten, die der Kommissionär auf Grund seiner Stellung als Gläubiger der Forderung grundsätzlich wirksam (wenngleich pflichtwidrig) ausnutzen k ö n n e . " 5 Soweit eine Verfügung nach diesen Grundsätzen nicht von §392 Abs. 2 H G B untersagt sei, sollen nur die von der Rechtsprechung allgemein anerkannten Grenzen treuwidriger Verfügungen aus §§ 138, 826 B G B bzw. §266 StGB gelten. 116

lln RG, 25.5. 1935, R G Z 148, 190, 191 f., verwies seinerzeit auf „Düringer-Hachenburg-Lehmann Anm.23 zu § 392 HGB; Staub-Gadow Anm. 12 zu § 392 H G B " (das Zitat ist in JW 1935, 3156, 3157 ausgelassen). 111 MünchKornmHGB/Wimtt'r, §392 Rdn. 18 ff.; Baumbach/Z/opt, HGB, §392 Rdn. 10f.; GroßkommHGB/KoWer, §392 Rdn. 12; Ebenroth/Boujong/Joost//(rögi7-, HGB, §392 Rdn. 10; Röhricht/v. Westphalen/Lenz, HGB, §392 Rdn. 8; Schlegelberger///c/iTmi>/!/, HGB, §392 Rdn.23; Karsten Schmidt, Handelsrecht, §31 V 4 b (S.900); Canaris, Handelsrecht, §32 Rdn.33. 112 So Canaris, Handelsrecht, §32 Rdn. 33. 113 MünchKommHGB/tfäM«7\ §392 Rdn. 18ff.; Baumbach/tfopf, HGB, §392 Rdn. 10; GroßkommHGB/AV;//er, §392 Rdn. 12; Ebenroth/Boujong/Joost/Kröger, HGB, §392 Rdn. 10; SchlegelbergerIHefermehl, HGB, §392 Rdn. 23; Canaris, Handelsrecht, §32 Rdn. 34; so früher auch schon Düringer/Hachenburg/Le/imann, HGB, §392 Anm.23. 114 Canaris, Handelsrecht, §32 Rdn. 34; dem folgend Baumbach/Wopf, HGB, §392 Rdn. 10. 115 Canaris, Handelsrecht, §32 Rdn.34; dem folgend Baumbach///opr, HGB, §392 Rdn. 10. 116 Baumbach/tfopi, HGB, §392 Rdn. 4; GroßkommHGB/Ko/fer, § 392 Rdn. 12; Röhricht/v.

§12

bbb)

Verbindungslinien

Treuwidrige

All

Verfügungen

zwischen Kommissions-

und

Treuhandrecht

W ä h r e n d die Rechtsprechung einen Vergleich zwischen Kommissions- und Treuhandrecht - soweit ersichtlich - nie angestellt hat und gleiches auch für die meisten Stellungnahmen in der Literatur gilt, ist vereinzelt eine solche Verk n ü p f u n g hergestellt worden. Aus dem Vergleich werden unterschiedliche Ergebnisse abgeleitet: Canaris will - wie ausgeführt 1 1 7 - in Analogie zu § 392 Abs. 2 H G B auch im allgemeinen Treuhandrecht eine Ausnahme von § 137 B G B anerkennen, wenn es sich um Verfügungen über das Treugut zugunsten von Gläubigern des Treuhänders handelt und die Verfügung mit Bezug auf die Gläubigerstellung vorgenommen wird. 118 Böhm k o m m t demgegenüber zum genau umgekehrten Ergebnis: Da die Inkassozession rechtlich nicht anders als die Kommission zu beurteilen sei, bei der Inkassozession jedoch die einhellige Meinung dahin gehe, der Inkassozessionar könne die ihm zur Einziehung übertragene Forderung an einen Dritten abtreten, obwohl er es im Innenverhältnis zum Z e d e n t e n nicht darf, müsse gleiches auch bei der Kommission gelten. Die Aussage des §392 Abs. 2 HGB, dass im Verhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär oder dessen Gläubigern die Forderung als solche des Kommittenten gelte, sei daher auf die Zwangsvollstreckungsfragen zu beschränken. Außerhalb der Zwangsvollstreckung bleibe es dabei, dass der Kommissionär gemäß dem in § 392 Abs. 1 H G B zum Ausdruck g e k o m m e n e n Grundsatz der mittelbaren Stellvertretung Gläubiger der Forderung geworden ist und deshalb wie jeder a n d e r e Gläubiger über die Forderung verfügen kann. Im Ergebnis könne der Kommissionär daher - wie der Inkassozessionar - die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft an jeden beliebigen Dritten abtreten, wobei es auch nicht darauf a n k o m m e , ob der Dritte das Innenverhältnis zwischen Z e d e n t und Zessionar oder Kommittent und Kommissionär gekannt hat." 1 ' ccc) Schuldnerschutz

bei treuwidrigen

Verfügungen

Soweit nach den Grundsätzen der h.M. die A b t r e t u n g des Kommissionärs an seinen Gläubiger gemäß § 392 Abs. 2 H G B als unwirksam anzusehen ist, wird in der Literatur ein Schutz zugunsten des gutgläubigen Schuldners des Kommissionärs befürwortet. Wisse der Schuldner aus dem Ausführungsgeschäft nicht, dass sein Gläubiger für f r e m d e Rechnung gehandelt hat und zahle er nach der Pfändung, A b t r e t u n g oder Ermächtigung an den (scheinbaren) Neugläubiger,

Westphalen/Lenz, H G B , §392 R d n . 2 ; S c h l e g e l b e r g e r I H e f e r m e h l , H G B , §392 R d n . 14 und 23; Canaris, Handelsrecht, §32 R d n . 3 4 . 117 Siehe oben S. 466. IIS Canaris, in FS Flume I. S.371, 420. Böhm, Auslegung, S.81 f.

4 7 8 Dritter Teil: Bewährung

der Gefuhrtragitngsthe.se

bei sonstigen

Treuhandwirkttngen

genieße er nach dem Rechtsgedanken der §§407, 408 B G B Schutz. Der gemäß §392 Abs. 2 H G B fingierte Forderungsübergang könne nicht anders beurteilt werden als wenn der Kommissionär die Forderung tatsächlich zunächst ohne Wissen des Käufers an den Kommittenten und dann an seinen Gläubiger abgetreten hätte. 120 2. Aufrechnung

des Mittlers mit inkonnexen

Forderungen

Ein Teilausschnitt aus der Gesamtproblematik treuwidriger Verfügungen ist die Frage, ob ein Mittler (Treuhänder oder Kommissionär) wirksam mit der treuhänderisch gehaltenen Forderung gegenüber einer Forderung aufrechnen kann, die nicht mit dem Treuhand-/Kommissionsverhältnis zusammenhängt, sondern sich aus einer persönlichen Verpflichtung des Mittlers gegenüber dem Dritten ergibt. Treugeber bzw. Kommittent

Treuhand bzw. Kommission Forderung aus Treuhand/Kommission Treuhänder bzw. Kommissionär

Dritter Gegenforderung

Wegen der Parallele zu sonstigen treuwidrigen Verfügungen wurde die Beschäftigung mit dieser Frage in § 11 zunächst zurückgestellt. Sie soll nun an dieser Stelle aufgegriffen werden, weil für eine einheitliche Problematik auch eine einheitliche Lösung gefunden werden sollte. Ganz im Gegensatz zu der allgemeinen Diskussion zu den treuwidrigen Verfügungen (oben 1.) wird die Aufrechnungsfrage vor allem für das Kommissionsrecht und weniger für die Treuhand diskutiert. Das dürfte allein praktische Gründe haben. Bei der Treuhand kommt es verhältnismäßig selten vor, dass der Dritte über das Treuhandverhältnis hinaus in persönlichen Rechtsbeziehungen zum Treuhänder steht und daher seinerseits Schuldner des Dritten ist. Dies gilt jedenfalls für die Übertragungstreuhand, insbesondere für die Inkassozession, 120 Dressler, (S. 900).

JuS 1969, 170, 173; d e m folgend Karsten

Schmidt,

Handelsrecht, §31 V 4 b

§12 Treuwidrige

Verfügungen

479

bei der eine Abtretung der Forderung an den Treuhänder (Inkassozessionar) erfolgt, der mit dem Schuldner regelmäßig nicht in persönlichen Rechtsbeziehungen steht. Relevant wird die Frage allenfalls bei der Erwerbstreuhand, in der Praxis vor allem bei den Treuhandkonten. Dort kann es durchaus vorkommen, dass der treuhänderische Inhaber eines Kontos auch persönlich Schuldner der Bank ist. Praktisch bedeutsamer und deshalb in Rechtsprechung und Literatur umfassender behandelt ist die Problematik hingegen bei der Kommission. D e r Kommissionär steht oftmals in dauernder Geschäftsbeziehung zu seinen Vertragspartnern, so dass er aus einzelnen Geschäften verpflichtet, aus anderen berechtigt ist. Auf diese Diskussion soll daher zunächst eingegangen werden. a) Aufrechnung

des

Kommissionärs

Soweit in der Literatur zum Teil behauptet wird, die Aufrechnung des Kommissionärs gegenüber d e m Dritten werde „allgemein zugelassen" 1 2 1 , ist dies unzutreffend. Die Ansichten gehen vielmehr auseinander. au) Rechtsprechung

des BGH

Die Rechtsprechung hat sich mit einer Aufrechnung durch den Kommissionär bislang nur am R a n d e befasst. D e r B G H ging in seiner Entscheidung vom 19.11. 1968, in der über die u m g e k e h r t e Frage einer Aufrechnung durch den Dritten zu entscheiden war 122 , in einem obiter dictum kurz auf eine mögliche Aufrechnung durch den Kommissionär ein. O b der B G H dabei nur die (schuldrechtliche) Befugnis oder die (dingliche) Möglichkeit der Aufrechnung im Auge hat, wird aus den Entscheidungsgründen nicht völlig klar. Wörtlich heißt es in der Entscheidung: „Die Revision versucht, aus §392 Abs.2 des H G B die Unzulässigkeit der A u f r e c h n u n g herzuleiten. Auch damit kann sie nicht durchdringen. Diese Bestimmung geht zwar über §384 Abs. 2 H G B hinaus, wonach der Kommissionär (schuldrechtlich) verpflichtet ist, seine K a u f p r e i s f o r d e r u n g dem Kommittenten abzutreten. Vielmehr gilt diese Forderung im Innenverhältnis schon sogleich als Forderung des Kommittenten. Infolgedessen war es C. [sei. dem Kommissionär] verwehrt, g e g e n ü b e r der Beklagten [sei. der Vertragspartnerin aus dem Ausführungsgeschäft] a u f z u r e c h n e n (insoweit zutreffend Schmidt-Rimpler in E h r e n b e r g s H a n d b u c h des gesamten Handelsrechts, 1928, B d . V 1 S. 911/912). Die B e s t i m m u n g des § 392 Abs. 2 H G B stand aber nicht der von der Beklagten erklärten Aufrechnung entgegen." 1 2 ' 1

121

So Staudinger/Guiw^y, BGB, §387 Rdn.44. Dazu oben S.441 bei Fußn. 104. 123 BGH, 19.11. 1968, NJW 1969,276 = M D R 1969,211 = BB 1969, 68 = LM Nr. l a z u § 3 9 2 H G B (dazu die Anm. von Dressier, NJW 1969, 655). 122

4 8 0 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragnngsthese

hei sonstigen

Trenhandwirknngen

Wenn der B G H hier sagt, es sei dem Kommissionär „verwehrt", im Verhältnis zu seinem Vertragspartner mit der Forderung aus dem Ausführungsgeschäft aufzurechnen, dann spricht der G e s a m t z u s a m m e n h a n g zunächst dafür, dass der B G H hiermit nicht nur ein schuldrechtliches Verbot, sondern die Verfügungsmöglichkeit im Sinne eines rechtlichen Könnens meint. Er grenzt nämlich die Wirkung des §392 Abs. 2 H G B bewusst gegenüber der nur schuldrechtlichen Wirkung des §384 Abs. 2 H G B ab. G e r a d e aus dem Umstand, dass die Forderung g e m ä ß § 392 Abs. 2 H G B „schon sogleich als Forderung des Kommittenten gilt", folgert er die Unzulässigkeit der Aufrechnung. Auch die anschließende Formulierung, in der der B G H hervorhebt, §392 Abs. 2 H G B stehe nicht der von der Beklagten (Hervorhebung im Original) erklärten Aufrechnung entgegen, spricht für diese Sichtweise. Denn auch insoweit geht es nicht um eine schuldrechtliche Bindung, sondern um das Verfügungsrecht des Dritten. Die entsprechende, in § 11 dargestellte Diskussion, ob §392 Abs. 2 H G B einer A u f r e c h n u n g durch den Dritten entgegensteht, ist jedenfalls stets in d e m Sinne verstanden worden, ob die Vorschrift die Aufrechnung dinglich und nicht nur schuldrechtlich hindert. 1 2 4 Zweifel an dieser Interpretation der Entscheidung könnten sich allenfalls aus der zitierten Fundstelle ergeben. D e n n Schmidt-Rimpler führt dort gerade aus, der Kommissionär d ü r f e mit Rücksicht auf §392 Abs.2 H G B nicht aufrechnen; doch sei die etwa v o r g e n o m m e n e Aufrechnung wirksam. U m g e k e h r t k ö n n e aber der Gläubiger des Kommissionärs mit einer nicht konnexen Forderung nicht aufrechnen. 1 2 5 Da Schmidt-Rimpler o f f e n b a r bewusst zwischen Können und Dürfen differenziert und für die A u f r e c h n u n g von Seiten des Kommissionärs nur das D ü r f e n und nicht das Können in Frage stellt 126 , stützt das Zitat die in der B G H - E n t scheidung getroffene Aussage jedenfalls nicht im Sinne eines Ausschlusses des rechtlichen Könnens. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass der B G H im Gegensatz zu Schmidt-Rimpler die zutreffendere Interpretation des §392 Abs. 2 H G B zugrunde legt, der gerade nicht nur die schuldrechtlichen Wirkungen des §384 Abs. 2 H G B wiederholt. Eigenständige B e d e u t u n g erlangt die Vorschrift in den Aufrechnungsfragen nur, wenn man aus ihr die Unzulässigkeit der Aufrechnung im Sinne des rechtlichen Könnens herleitet. Die zitierte Aussage Schmidt-Rimplers, der Kommissionär „dürfe" mit Rücksicht auf §392 Abs. 2 H G B nicht aufrechnen, ist d a h e r ihrerseits wenig überzeugend. Wenn der B G H also § 392 Abs. 2 H G B als Hindernis für die Aufrechnung des Kommissionärs ansieht, kann dies sinnvollerweise nicht allein im Sinne eines 124

Dazu o b e n S. 435 ff. Schmidt-Rimpler, Kommissionsgeschäft, S.911 f. 126 In diesem Sinne wird er d a h e r zitiert bei S c h l e g e l b e r g e r I H e f e r m e h l , H G B . §392 R d n . 2 5 , wobei dort allerdings u n g e n a u von S. 912 die R e d e ist, obwohl die relevante Aussage auf S.911 steht. 125

§12

Treuwidrige

Verfügungen

481

schuldrechtlichen Verbots verstanden werden, obwohl genau dies der Ansicht von Schmidt-Rimpler entspräche. bb)

Literatur

Diese Passage der B G H - E n t s c h e i d u n g von 1968 wird in der Kommentarliteratur regelmäßig nicht gewürdigt und zwar weder von Befürwortern noch von G e g n e r n der Aufrechnungsmöglichkeit des Kommissionärs. Die wohl h.L. ist der Ansicht, der Kommissionär könne mit der ihm gegen den Dritten zustehenden Forderung stets gegen eine G e g e n f o r d e r u n g des Dritten aufrechnen, selbst wenn diese Forderung nicht mit demselben Geschäft zusammenhängt, also inkonnex ist. 127 In diesem Fall k o m m e es nach §392 Abs. 1 H G B allein auf seine Gläubigerstellung an; er müsse bei der Verkaufskommission auch im Interesse des Kommittenten in der Lage sein, durch Aufrechnung die Erfüllung der Kaufpreisforderung zu erreichen. 1 2 8 E r verstoße jedoch, wenn der Kommittent nicht mit der Aufrechnung einverstanden ist, gegen die ihm gegenüber dem Kommittenten obliegenden Pflichten und mache sich diesem gegenüber schadensersatzpflichtig. Die Wirksamkeit der Aufrechnung sei dadurch aber im Grundsatz nicht gehindert. Drittwirkung entfalte der Pflichtenverstoß nur in den Ausnahmefällen der §§ 138, 826 B G B und §266 StGB. 1 2 9 Nach der Gegenansicht 1 3 0 greift der Hinweis auf §392 Abs. 1 H G B nicht durch. Daraus, dass der Kommissionär das vom Dritten in Erfüllung Geleistete entgegennehmen dürfe (§ 362 B G B ) , könne nicht ohne weiteres abgeleitet werden, der Kommissionär sei immer berechtigt, gegen Forderungen des Dritten aufzurechnen. 1 3 1 Zwar könne die Aufrechnung dem Kommittenten gelegen kommen, wenn der Dritte insolvent und damit die Forderung aus dem Ausführungsgeschäft für sich g e n o m m e n uneinbringlich sei. 112 Werde aber umgekehrt der Kommissionär insolvent, sei der Kommittent nur dann wirksam geschützt, wenn die Aufrechnung als (schwebend) unwirksam betrachtet wird. 133 Folge 127 M ü n c h K o m m H G ß l Häuser, §392 R d n . 2 9 ; S c h l e g e l b e r g e r / W e / e / w W , H G B , §392 R d n . 25; Baumbach/Wop/, H G B . §392 R d n . 4 ; Ebenroth/Boujong/Joost/Krage/-, H G B , §392 R d n . 11; Staudinger/G»/-.sÄ:v, B G B . §387 R d n . 4 4 . 12S M ü n c h K o m m H G B / H ä u s e r . §392 R d n . 2 9 ; S c h l e g e l b e r g e r / / / e / W w / i / , H G B , §392 R d n . 25. 129 So Schlegelberger///cfi > Siehe o b e n S. 506 ff. 250 In diese Richtung auch v. Kries, Rechtsstellung, S. 138. 251 So z.B. bei Pa\andU Heinrichs, BGB, § 137 R d n . 1.

5 1 2 Dritter Teil: Bewährung

der Gefahrtragungsthese

bei sonstigen

Treuhundwirkungen

Güter- und Leistungsaustausch 2 5 2 und weniger darum geht, dass res extra commercium zu einer Quelle von Rechtsunsicherheit werden 2 5 3 , hat die Orientierungssicherheit des Rechtsverkehrs eine andere Zielrichtung: Der numerus clausus dinglicher Rechte soll nicht aufgebrochen und es sollen nicht immer neue Rechte mit mehr oder weniger weit reichenden Befugnissen durch Privatautonomie geschaffen werden. 2 5 4 Auch insoweit ist jedoch eine Relativierung im Hinblick auf die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs angebracht. 2 5 5 Eine Rechtsordnung, die in der römischrechtlichen Tradition einen gutgläubigen E r w e r b vom Nichtberechtigten ablehnt und dem Berechtigten gemäß dem römisch-rechtlichen Vindikationsprinzip gestattet, sein Recht auch gegenüber dem gutgläubigen E r w e r b e r zu verfolgen 256 , muss strengstens darauf bedacht sein, keine anderen als die gesetzlich geregelten Beschränkungen der Rechtsmacht zuzulassen. Anderenfalls würde die Orientierungssicherheit des Rechtsverkehrs massiv beeinträchtigt: Jeder Erwerber hätte allen nur denkbaren durch Rechtsgeschäft begründeten Verfügungsbeschränkungen nachzuforschen, um einen Vermögensverlust durch die spätere Vindikation zu vermeiden. Dies würde schlicht unerfüllbare A n f o r d e rung an den Rechtsverkehr stellen. Gibt es hingegen die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs, so muss sich der Erwerber Beschränkungen im Grundsatz nicht entgegenhalten lassen. 257 D e r - zudem vom Berechtigten zu beweisende - Tatbestand der Bösgläubigkeit liegt bei beweglichen Sachen und Immobilien selten vor. O h n e k o n k r e t e Verdachtsmomente besteht keine Erkundigungspflicht des Erwerbers. Vor diesem Hintergrund bestehen jedenfalls gegen die A n e r k e n n u n g einer Verfügungsbeschrän252 B G H , 18.6. 1971, B G H Z 56, 275, 278f. = N J W 1971, 18005, 1805 f. ( V e r h i n d e r u n g einer E r s t a r r u n g des G ü t e r v e r k e h r s ) ; d e m folgend S o e r g e l ¡ H e f e r m e h l , B G B 1 1 .