Recht und Institution: Helmut Schelsky-Gedächtnissymposium Münster 1985. Hrsg. von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster [1 ed.] 9783428459407, 9783428059409


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German Pages 121 [122] Year 1985

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Recht und Institution: Helmut Schelsky-Gedächtnissymposium Münster 1985. Hrsg. von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster [1 ed.]
 9783428459407, 9783428059409

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RECHT UND INSTITUTION

MÜNSTERISCHE BEITRÄGE ZUR RECHTSWISSENSCHAFT Herausgegeben i m Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelme-Universität i n Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen

Dr. H e l m u t Kollhosser

Band 15

D r . Jürgen Welp

RECHT UND INSTITUTION Helmut Schelsky-Gedächtnissymposion Münster 1985

Herausgegeben von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster

DÜNCKER

&

HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1985 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1985 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3-428-05940-9

Vorwort Helmut Schelsky hat es i n seinem bewegten Leben an wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und Ehrungen wahrlich nicht gefehlt. A n ersteren hat er sich — seinem geistigen und schöpferischen Naturell folgend — auf dem i h m eigenen Vitalitätsniveau gern beteiligt; er war eine Forscherpersönlichkeit, wie es sie wohl nur ganz selten gibt, und ein akademischer Lehrer, der Begeisterung und Engagement für die Sache der Wissenschaft zu wecken wußte, weil er beides selber empfand. Persönlichen Ehrungen hingegen stand er Zeit seines Lebens m i t äußerster Skepsis, ja m i t spöttischem Widerstreben und entschiedener Abwehr gegenüber, da er als Wissenschaftler stets darauf bedacht war, die Person hinter der Sache, d.h. hinter seinem wissenschaftlichen Werk, zurücktreten zu lassen. Dies mag bei einem so politischen Menschen, wie Helmut Schelsky es war, bei dem Hochschulpolitiker und politischen Publizisten, der er auch war, bei einem Manne, der Jahrzehnte lang so i m Rampenlicht von Wissenschaft und Öffentlichkeit stand wie er, verwundern — und ist doch die Wahrheit! I n einem an mich gerichteten Brief vom 16. Oktober 1983, der m i r nach dem Willen von Helmut Schelsky erst nach seinem Tode ausgehändigt wurde, bat er darum, keine akademische Trauerfeier zu veranstalten. „Ich habe", so schrieb er, „genug davon mitgemacht bei Leuten, die ich lange kannte, und es wurde nie mehr gelogen als dort. Dem w i l l ich mich auf keinen Fall aussetzen." Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster und ihr damaliger Dekan, Prof. Dr. Bernhard Großfeld, haben die von m i r übermittelte letzte Bitte Helmut Schelskys, wenn auch schweren Herzens, respektiert und von der üblichen akademischen Trauerfeier abgesehen. Das hier dokumentierte Münstersche Helmut Schelsky-Gedächtnissymposion 1985 diente demgegenüber primär und hauptsächlich der Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Werk, das Schelsky uns hinterlassen hat. Der vorliegende Band vereinigt i m wesentlichen eine Reihe von Vorträgen namhafter auswärtiger Gelehrter, die mehr als ein Jahr nach dem Tode Helmut Schelskys i m Gedenken an sein wissenschaftliches Werk und an sein Wirken i n Münster am 21./22. Juni 1985 auf Einladung der hiesigen Rechtswissenschaftlichen Fakultät gehalten wurden.

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rwort

Die Fakultät trägt damit nicht nur der Tatsache Rechnung, daß Schelsk y ihr seit 1960 — abgesehen von einer kurzen Unterbrechung vom 1. Januar 1970 bis 23. Oktober 1973, i n der er jedoch weiterhin i n Münster lebte — insgesamt mehr als zwei Jahrzehnte zunächst als Ordinarius für Soziologie, dann als Inhaber des Lehrstuhls für Rechtssoziologie, Rechts- und Sozialphilosophie angehörte. Sie legt damit zugleich i m Gedenken an den Verstorbenen i n der von ihr neu begründeten Fakultätsreihe i m Rückblick und Ausblick auf sein Werk und dessen Wirkungen eine erste Würdigung vor. Der Leser w i r d unschwer erkennen, daß es i n den Vorträgen der auswärtigen, zum Teil ausländischen Referenten wie i n den Beiträgen der Diskussionsteilnehmer, die sämtlich m i t dem Werk von Helmut Schelsky wohlvertraut sind, primär nicht mehr u m etwaige Fächergrenzen zwischen Rechtswissenschaft, Soziologie und Philosophie geht und auch nicht u m bloße interdisziplinäre Zusammenarbeit. Vielmehr handelt es sich bei Schelskys eigenen Bemühungen u m eine Theorie und Soziologie des Rechts hauptsächlich u m die Erfordernisse einer Integration bzw. Substitution höchst unterschiedlicher Denkansätze, die i n einer i n sich kohärenten, fächerübergreifenden Rahmentheorie des Rechts verankert und vereinigt werden. I n der Tat war Helmut Schelsky einer der ersten, der auf die Aufgaben und Erfordernisse einer derartigen Theoriebildung hinwies, aber m i t Blick auf das Wissenschafts- und erkenntnistheoretische Niveau derartiger Theorien des Rechts zugleich kritisch anmerkte, daß damit Kompetenzen i m Grenzgebiet von allgemeiner Rechtslehre, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie gefragt und gefordert sind, die sich gegenwärtig i n wissenschaftlich zufriedenstellender Weise „nur i n wenigen Gelehrten überschneiden". Kein Zweifel, daß Schelsky selbst zu diesen Gelehrten gehörte. Wie wenige deutsche Rechtssoziologen vor ihm — ausgenommen nur die Begründer einer Theorie und Soziologie des Rechts, wie Rudolph Ihering i m 19. Jahrhundert und natürlich Max Weber zu Beginn dieses Jahrhunderts — hat Helmut Schelsky i n der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg i n Westdeutschland die Entwicklung der Theorie und Soziologie des Rechts nachhaltig bestimmt und geprägt. Die Bedeutung Schelskys für die gegenwärtige und künftige Entwicklung der modernen Rechtstheorie dürfte vor allem darin zu erblicken sein, daß er eine Theorie des Rechts und der Gesellschaft hinterlassen hat, i n der soziale Normen, insbesondere diejenigen des Rechts, eine maßgebende Struktur der gesellschaftlichen Beziehungen bilden. Die Basis und der Kern seiner theoretisch-wissenschaftlichen Grundposition, wie S c h e l s k y sie i n seinen genuin fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen von Anfang an bis zuletzt vertreten hat, werden jedoch gebildet durch seine —

rwort

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letztlich anthropologisch-philosophisch begründete — soziologische Institutionentheorie. Unter dem Rahmenthema Recht und Institution, das auch den Titel für das Helmut Schelsky'Gedächtnissymposion Münster 1985 abgab, erscheint dieser Band zu einem Zeitpunkt, i n dem — i m internationalen Vergleich betrachtet — i n der rechtstheoretischen Grundlagenforschung, insbesondere i n der britischen und i n der österreichischen Rechtstheorie, heute eine Reihe von neuen Denkansätzen auf der Grundlage einer institutionalistischen Rechtsauffassung vertreten wird, wie sie auch dem deutschen Rechtsdenken schon früh geläufig war. Erstere sind freilich — ihrem eigenen Selbstverständnis nach — dadurch gekennzeichnet, daß sie sehr weitgehend noch als ein institutionalistischer Rechtspositivismus verstanden werden wollen. Demgegenüber verdient festgehalten zu werden, daß es sich bei der maßgeblich von Helmut Schelsky entwickelten Theorie der Institutionen und des Rechts nicht u m eine bloße Wiederbelebung und Fortführung älterer, noch positivistischer Denkansätze handelt. Wie dieser Band deutlich werden läßt, geht es Helmut Schelsky i n seiner Theorie und Soziologie des Rechts u m eine Neubestimmung und Neubegründung der Institutionentheorie, deren Handlungs- und Forschungsparadigma i m Anschluß an die schon klassischen deutschen Denkansätze von Ihering und Max Weber selbst nicht mehr als reclitspositivistisch angesehen werden kann. Es erscheint daher nicht übertrieben, i m Hinblick auf Schelskys Rechtstheorie von einem Neuen Institutionalismus im Rechtsdenken der Gegenwart zu sprechen. Kein Zweifel, daß eine — auch i n ihren Widersprüchen — einmalige Forscherpersönlichkeit wie Schelsky, der schon zu Lebzeiten reichen Anlaß zu Legendenbildung bot, selbst das Zeug dazu besitzt, zum Klassiker der deutschen Theorie und Soziologie des Rechts zu avancieren. Seine Einstufung als Klassiker der deutschen Rechtssoziologie und m i t ihr der Soziologie überhaupt w i r d aber auch nahegelegt und begünstigt durch den Umfang, die Vielfalt und die Vielschichtigkeit seines nach letzter Zählung knapp 400 Titel umfassenden Gesamtwerks sowie durch die vielseitige Ausdeutbarkeit seiner Lehren. Sie liefern, wie auch dieser Band erkennen läßt, nicht nur reichen Stoff für eine Vielzahl wissenschaftlicher Kontroversen, sondern bieten vor allem Ansatzpunkte für neue Forschungen und damit für weitere Erkenntnisfortschritte. Die — fachsystematisch gesehen — breit gestreuten wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen, die Helmut Schelskys Institutionentheorie des Rechts und der Gesellschaft wie seinem Gesamtwerk entgegengebracht werden, sind i m letzten Jahrzehnt rasch gewachsen. Während noch

rwort

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1978 i m Jahre seiner Emeritierung insgesamt nur zwei umfassende Gesamtdeutungen von Person, Leben und Werk Schelskys vorlagen, sind seither mehr als 50 unmittelbar einschlägige Veröffentlichungen erschienen. Sie belegen — zusammen mit den insgesamt 5 Festgaben bzw. Gedächtnisschriften, die Helmut Schelsky bislang (Stichtag: Ende November 1985) zugeeignet wurden, das wachsende Interesse an seinem Werk. Von den unmittelbar nach seinem Tode an einer Reihe deutscher und ausländischer Universitäten i m Gedenken an Helmut Schelsk y veranstalteten Podiumsdiskussionen, Symposien und Seminaren, aus denen inzwischen einige Dissertationsvorhaben und weitergehende Forschungen erwachsen sind, braucht hier nicht geredet zu werden; sie sprechen für sich selbst. Einem gelegentlich geäußerten Wunsche Helmut Schelskys folgend, wurde die 1978 veröffentlichte Bibliographie seiner Schriften vervollständigt und ergänzt; sie erscheint als Anhang zu diesem Bande und umfaßt den Berichtszeitraum 1978 - 1984. Sie mag künftigen Forschungen als Hilfsmittel dienen. Zu diesem Zwecke wurde der Bibliographie erstmals auch eine Auswahl von Veröffentlichungen über Helmut Schelsky beigefügt. Die Fakultät ist hierfür Herrn Privatdozent Dr. Dieter Wyduckel, der — wie schon 1978 — auch diese aufopferungsvolle Arbeit besorgt hat, zu besonderem Dank verpflichtet. Besonderer Dank gebührt ferner einer Reihe von Mitarbeitern an meinem Lehrstuhl, deren tatkräftige Mithilfe es ermöglicht hat, die Dokumentation des Helmut Schelsky-Gedächtnissymposions Münster 1985 schon wenige Monate nach diesem Ereignis fertigzustellen. Meine Sekretärin, Frau Martina Böddeling, hat die zahlreichen Diskussionsbeiträge auf dem Podium und i m Plenum, deren Veröffentlichung wegen vielfältiger Anregungen und weiterführender Gedankengänge angezeigt erschien, von den Diskussionsbändern abgeschrieben, die Fahnenkorrekturen überwacht und die Umbruchkorrekturen besorgt. Für ihren wie stets unermüdlichen Einsatz und ihre Mithilfe beim Druckfertigmachen der Manuskripte, bei den Korrekturarbeiten und der Anfertigung des Personenregisters danke ich schließlich meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern, den Referendaren und Doktoranden: Frau Petra Werner, Herrn Athanasios Gromitsaris (Athen/Münster) und Herrn Andreas Schemann. Münster, 30. November 1985 Werner Krawietz

Inhaltsverzeichnis Grußwort des Rektors der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Prof. Dr. Wilfried

Schlüter

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Eröffnungswort des Dekans der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Prof. Dr. Jürgen

Schmidt

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Schelskys Theorie der Institutionen u n d des Rechts Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst-Joachim

Mestmäcker,

Hamburg

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Soziologie u n d normative Institutionentheorie Prof. Dr. Dr. Ota Weinberger,

Graz

33

Helmut Schelsky u n d die Institutionalisierung der Reflexion Prof. Dr. Hermann

Lübbe, Zürich

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Diskussion Leitung: Prof. Dr. Dr. Werner

Krawietz

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Bibliographischer Anhang Privatdozent Dr. Dieter

Wyduckel

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Personenregister

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Verzeichnis der Mitarbeiter

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Grußwort des Rektors der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Prof. Dr. Wilfried Schlüter Spektabilität! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor mehr als einem Jahr, am 24. Februar 1984, verstarb der international bekannte Münsteraner Soziologe und Philosoph, der emeritierte Professor für Rechtssoziologie, Rechts- und Sozialphilosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität, Dr. phil. Dr. h. c. mult. Helmut Schelsky i n seinem 72. Lebensjahr. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät hat zu diesem Symposion eingeladen, u m die Erinnerung an diesen bedeutenden Gelehrten lebendig zu halten und seiner zu gedenken. Zu diesem Symposion begrüße ich Sie alle sehr herzlich. Mein besonderer Gruß und Dank gilt den Referenten, den Herren Professoren Mestmäcker, Weinberger und Lübbe. Auf das Werk und den wissenschaftlichen Werdegang Helmut Schelskys w i r d der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Herr Kollege Schmidt, ausführlich und kompetent eingehen. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Ich möchte nur daran erinnern, daß Professor Schelsky insgesamt mehr als zwei Jahrzehnte dem Lehrkörper der Westfälischen Wilhelms-Universität angehört und sich i n dieser Zeit allen, die i h n erleben durften, als eine unverwechselbare Persönlichkeit eingeprägt hat. Ich selbst habe Helmut Schelsky als Kollegen, vor allem aber als Menschen schätzen gelernt. Er war uns Jüngeren ein väterlicher Freund und i m wahrsten Sinne Kollege. Helmut Schelsky war ein außergewöhnlicher Mann. Mutig, streitbar, unangepaßt, oft auch unbequem. Es sparte nicht mit scharfer K r i t i k , wenn i h m etwas mißfiel. Und das war nicht selten der Fall. Die streitbare wissenschaftliche Auseinandersetzung war sein Lebenselixier. Er hat seine Fakultät wie kaum ein anderer durch seine Persönlichkeit geprägt. Seinen Schülern und Mitarbeitern ließ er zur eigenständigen

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W i l f r i e d Schlüter

Entfaltung viel Freiraum. Das tolerierte er selbst dann, wenn sie sich ganz anders entwickelten als es den Vorstellungen ihres Lehrers entsprach. Schelsky war ein generöser und zutiefst toleranter akademischer Lehrer. Ohne i h n wäre die moderne deutsche Sozialwissenschaft nicht denkbar. Gerade w i r Juristen verdanken i h m viel. Er verfügte über die bei Soziologen nicht häufig anzutreffende Fähigkeit, juristische Probleme i n sich aufzunehmen und sozialwissenschaftliche Antworten zu geben. Für die Westfälische Wilhelms-Universität war es eine große Auszeichnung, Helmut Schelsky zu ihren Mitgliedern zählen zu dürfen. Er hat den Festvortrag zum 200jährigen Jubiläum der Universität gehalten und bei dieser Gelegenheit einen Rückblick auf vier Generationen i m Leben der deutschen Universität vermittelt. I n seinem Vortrag beschreibt er unter anderem auch sein Verhältnis zur Westfälischen W i l helms-Universität, das er bei aller K r i t i k als durchaus positiv empfunden hat. Ich darf aus seinen Ausführungen zwei Abschnitte zitieren, die das belegen: „Das entscheidende Erlebnis hier i n Münster war (allerdings) die Kollegialität, ja Freundschaft, die unter den Fakultätsmitgliedern i n den sechziger Jahren herrschte und sich i n einem regen geselligen Verkehr äußerte. W i r haben viel zusammen gefeiert i n jenen Jahren. Das aber war wiederum die Grundlage dafür, daß die immer auftretenden Konflikte i n gelöster Atmosphäre bereinigt werden konnten. Ich erinnere mich, daß i n meiner Dekanatszeit die Trennung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät aufgeworfen wurde; da die Frage brisant war, lud ich die Fakultät i n zwei Gruppen zu einem Weinabend zu m i r nach Hause ein; das hat mich zwei Dutzend Flaschen gekostet, aber am Schluß stand das Versprechen aller, i n den nächsten Jahren über das Thema nicht mehr zu reden." Und i n einer weiteren Passage heißt es: „Ich entschloß mich sehr früh, Abschied von jeder Hochschulpolitik zu nehmen und m i r die Nische zu suchen, i n der man noch individualistisch produktiv sein konnte. M i t Hilfe der Juristischen Fakultät dieser Universität und des damaligen Wissenschaftsministers Rau — denen ich dafür sehr herzlich danke — gelang m i r dies, indem ich hier einen Lehrstuhl (ohne Prüfungsberechtigung) für Rechtssoziologie und -philosophie übernehmen durfte. Damit hatte ich die für mein Alter geradezu einmalige Chance, mich i n ein ganz neues Forschungsund Lehrgebiet einarbeiten zu können und zu müssen und dies i m Kontakt m i t den Anfangssemestern der Studenten."

Grußwort

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M i t seiner Emeritierung i m Jahr 1978 stellte Schelsky seine Lehrtätigkeit ein, nahm aber häufig an Vortragsveranstaltungen und Diskussionen teil. Er widmete sich ganz seiner Forschung. Für die Universität Münster und besonders für deren Rechtswissenschaftliche Fakultät war es ein Glücksfall, daß ihr Helmut Schelsky so viele Jahre als Forscher und akademischer Lehrer angehört hat. M i t i h m hat die Universität einen der maßgeblichen Begründer der Münsterschen Schule der Rechtstheorie und zugleich eine ihrer anregendsten Forscherpersönlichkeiten verloren, deren wissenschaftliches Vermächtnis fortwirken wird. Dafür legt das heutige Symposion beredtes Zeugnis ab. W i r haben i h m zu danken für das, was er uns gegeben hat. Die Westfälische Wilhelms-Universität und w i r alle werden Helmut Schelsky nicht vergessen.

Eröffnungswort des Dekans der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Prof. Dr. Jürgen Schmidt Magnifizenz! Spektabilitäten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rechtswissenschaftliche Fakultät, als deren Dekan ich Sie hier begrüße, ehrt mit diesem Symposion das Andenken ihres verstorbenen Mitgliedes, des emeritierten ordentlichen Professors für Rechtssoziologie, Rechts- und Sozialphilosophie Helmut Schelsky. Der Umstand, daß so viele Persönlichkeiten aus Münster, aber auch aus auswärtigen Universitäten und anderen Institutionen unserer Einladung gefolgt sind, zeigt, welche Persönlichkeit Helmut Schelsky war. Aus der Zahl derjenigen, die heute zu kommen verhindert waren und die der Veranstaltung schriftlich ein gutes Gelingen gewünscht haben, lassen Sie mich nur zwei Stimmen herausgreifen: — Frau Hildegard Schelsky kann zu unserem Bedauern an dem Symposion nicht teilnehmen, da sie sich zur Zeit i m Krankenhaus befindet; w i r wünschen ihr eine gute Wiederherstellung ihrer Gesundheit. — Der Vorsitzende der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, A r t h u r Kaufmann, ist leider an der Teilnahme durch einen Auslandsvortrag verhindert; er hat mich aber ausdrücklich gebeten, der Versammlung die guten Wünsche der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie zu übermitteln; die Deutsche Sektion halte ihr ehemaliges Mitglied Helmut Schelsky i n hohen Ehren. Meine Damen und Herren, gestatten Sie m i r zunächst, daß ich einige Daten aus dem Leben von Helmut Schelsky i n Ihre Erinnerung zurückrufe; es ist ein ungewöhnlich farbiges Leben, in dem Helmut Schelsky viele Ehrungen zuteil geworden sind:

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Jürgen Schmidt

Geboren wurde Helmut Schelsky 1912 i n Chemnitz, wo er aber nur kurze Zeit verlebte. Nach dem Schulbesuch i m Anhaltischen studierte er i n Königsberg/Ostpreußen und i n Leipzig vor allem bei Driesch, Litt, Freyer, Gehlen, Rothfels und Berve. Er schloß i m Jahre 1935 sein Studium m i t dem Staatsexamen für das höhere Lehramt und m i t dem Dr. phil. ab und war anschließend als Assistent am Philosophischen Institut der Universität Leipzig, dann am gleichen Institut an der Universität Königsberg/Ostpreußen tätig, wo er sich 1939 habilitierte. Während des Kriegsdienstes von 1939 - 1945 wurde er als planmäßiger Extraordinarius für Soziologie an die Universität Straßburg berufen, konnte die Stelle aber nicht mehr antreten. Nach einer Tätigkeit beim Deutschen Roten Kreuz wurde Helmut Schelsky am 1.7.1949 Ordinarius für Soziologie an der Akademie für Gemeinwirtschaft i n Hamburg, am 1. 5.1953 sodann Ordinarius für Soziologie an der Universität Hamburg. Zum 1.4.1960 folgte Helmut Schelsky einem Ruf an die Universität Münster, wurde Ordinarius für Soziologie an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität, Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und Direktor der Sozialforschungsstelle der Universität Münster m i t Sitz i n Dortmund. Längst vergessen ist es, daß es Helmut Schelsky i m Rahmen seiner Berufung an die Westfälische Wilhelms-Universität durchgesetzt hat, daß — und ich zitiere aus dem Protokoll der Fakultätssitzung — „die Fakultät . . . grundsätzlich bereit ist, eine Fakultätsprüfung . . . zu ermöglichen, die dem interessierten Studenten ein voll ausgebautes soziologisches Studium erlaubt, das als Voraussetzung für eine w i r t schaftswissenschaftliche Promotion dient, i n der Soziologie als ein Hauptfach vertreten ist . . . " . Nachdem Helmut Schelsky dann i m Gründungsausschuß für eine „Universität i m ostwestfälischen Raum" — wie es damals hieß — tätig war und an deren wissenschaftlicher Konzeption maßgeblich beteiligt war, glaubte er sich 1969 einem Ruf auf einen Lehrstuhl an diese Universität, die i n Bielefeld installiert worden war, nicht verschließen zu können und ging am 1.1.1970 nach Bielefeld. Aus persönlichen Gründen bat er 1973 u m eine Versetzung an den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Münster, die der Minister für Wissenschaft und Forschung dann zum Oktober 1973 aussprach. Helmut Schelsky gehörte unserer Fakultät ab 1973 zunächst als ordentlicher Professor für Rechtssoziologie, Rechts- und Sozialphilosophie, dann als Emeritus bis zu seinem Tode i m Jahre 1984 an. Helmut Schelsky hat so viele Ehrungen erfahren, daß sie hier schwerlich alle aufzuzählen sind. Um wenigstens die wichtigsten akademischen Ehrungen zu nennen:

Eröffnungswort

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— 1967 wurde i h m von der Universität Cordoba, Argentinien, der Titel eines Dr. honoris causa verliehen; — 1968 wurde i h m von der Universität von Pernambuco i n Recife, Brasilien, der Titel eines Dr. honoris causa verliehen; — 1978 wurde er vom Österreichischen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung auf unbestimmte Zeit zum Honorarprofessor für Rechtssoziologie an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz ernannt; — 1983 wurde Helmut Schelsky zum Ehrensenator der Universität Bielefeld ernannt; — Helmut Schelsky war außerdem Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Eine Persönlichkeit, die insgesamt solche Resonanz auslöst, ist keine einfache Persönlichkeit. Helmut Schelsky war auch keine einfache Persönlichkeit. Nicht nur, daß er wissenschaftlich ein ungewöhnlich breites Feld beherrschte: Von der klassischen Philosophie (es sei daran erinnert, daß er über das Naturrecht bei Fichte promovierte und über die Philosophie von Thomas Hobbes habilitierte) über die theoretische Soziologie (seine Konzeption eines personfunktionalen Ansatzes ist vor allem den Juristen noch i n Erinnerung — und das vielleicht besonders i n Münster, weil sich hieran auch ein Streit i n der Fakultät i m Rahmen des Wechsels aus Bielefeld entzündete), über die empirische Soziologie (hier sind seine groß angelegten empirischen Felduntersuchungen i n Süd-Amerika heute i m allgemeinen Bewußtsein schon fast nicht mehr bekannt) bis h i n zu den Themen der politischen Philosophie und auch der politischen Praxis, die viele Veröffentlichungen i n den späteren Jahren von Helmut Schelsky gekennzeichnet haben, i n denen er persönliche Erlebnisse i m Gefolge der 68er Jahre verarbeitet hat und die — wohl zu Unrecht — für viele heute das Bild von „dem" Helmut Schelsky bestimmen; das war eine Facette von Helmut Schelsky, es war nicht der „ganze" Helmut Schelsky. Helmut Schelsky war auch deshalb keine einfache Persönlichkeit, weil er i n einem ungewöhnlichen Maße zwei normalerweise unvereinbare Eigenschaften i n sich vereinigte: Wissenschaftliche Analyse und missionarischen Eifer. Er konnte über ein Thema emotionsfrei — wissenschaftlich — nachdenken, forschen, seine tiefsten Gründe ausloten — seine theoretischen Arbeiten beweisen das; wer i h n gekannt hat, w i r d diesen Zug seines Wesens immer wieder vorgefunden haben. Er konnte aber auch — wenn er zu einer wissenschaftlichen Überzeugung gelangt 2 Schelsky-Gedächtnissymposion

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Jürgen Schmidt

war — mit dem Eifer eines Propheten aus dem Alten Testament agieren, das i n seinen Augen Gute fordern und fördern, das i n seine Augen Negative i n allen Abgrund verdammen. Dieses Zusammentreffen von Wissenschaft und Politik — verbunden mit einer außergewöhnlichen Begabung zur sprachlichen Formulierung, einer „Sprachgewalt" i m guten Sinne des Wortes — hat Helmut Schelsky zu einem faszinierenden Hochschullehrer, zu einem faszinierenden Menschen gemacht; er war ein gefragter Lehrer an allen Universitäten, an denen er lehrte, er war ein gefragter Vortragsredner i m In- und Ausland (lange, bevor ihn die politischen Parteien „entdeckten"), und nicht umsonst hat er auch die Festrede zur 200-Jahr-Feier unserer Westfälischen Wilhelms-Universität gehalten. W i r gedenken hier dieser Persönlichkeit Helmut Schelsky, der am 24. Februar 1984 verstorben ist, durch ein Symposion. Dies wurde veranlaßt durch die Überlegung, daß es für einen Wissenschaftler die größte Ehre ist, wenn man sich m i t seinem Werk auseinandersetzt, wenn man seine Gedanken diskutiert. Ich bin froh darüber und dankbar dafür, daß sich für eine solche Auseinandersetzung drei hervorragende Gelehrte bereit gefunden haben, deren Einsatz es erst ermöglicht hat, daß dieses Symposion wirklich zu einer Ehrung für Helmut Schelsky wird: Ernst-Joachim Mestmäcker aus Hamburg und Hermann Lübbe aus Zürich — beide zudem noch alte Weggefährten von Helmut Schelsky aus den Tagen der Gründung der Universität Bielefeld und des Zentrums für interdisziplinäre Forschung an der Universität Bielefeld — sowie Ota Weinberger aus Graz, der letzten akademischen Wirkungsstätte von Schelsky. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät möchte Ihnen für Ihre Bereitschaft, durch Ihre Vorträge diesem Symposion den notwendigen Glanz zu verleihen, ganz herzlich danken. Wenden w i r uns nun dem Verbleibenden an Helmut Schelsky — seinem wissenschaftlichen Werk — zu seinen Ehren zu. Ich darf Ihnen, Herr Kollege Mestmäcker, das Wort zu Ihrem Vortrag geben.

Schelskys Theorie der Institutionen und des Rechts Von Ernst-Joachim Mestmäcker 1. Zeitgeist Wie kaum ein anderer Sozialwissenschaftler hat Helmut Schelsky die geistigen Strömungen seiner Zeit auf den Begriff gebracht, noch ehe sie i n das allgemeine Bewußtsein getreten waren. Wie skeptisch die Nachkriegsgeneration war, das erfuhr sie von Schelsky. Die wissenschaftliche Zivilisation m i t ihrer „verwissenschaftlichen Primärerfahrung" wurden zu geflügelten Worten des Wissenschaftsbetriebs, ohne daß man sich des Autors noch erinnerte 1 . Die Krise der deutschen Universität nahm Schelsky i n historischer Rückbesinnung vorweg. „Einsamkeit und Freiheit" erwiesen sich Jahre später als wissenschaftliche Grundlage einer Universitätsreform am Beispiel Bielefeld 2 . Zugleich aber — und das zeigt einen persönlich und wissenschaftlich gleich tiefgreifenden Wandel an — avancierte Schelskys Universitätsverständnis zum Gegen- und Feinbild der Gruppenuniversität. Seit der 1971 erschienenen „Strategie der Systemüberwindung" wurde er nicht mehr als neutraler und scharfsinniger Analytiker, sondern als erbitterter K r i t i k e r des Zeitgeistes wahrgenommen 3 . Wenn sich die späteren Arbeiten so dezidiert der Theorie der Institutionen und des Rechts zuwenden, so ist dies nicht, wie häufig angenommen wird, auf akademische Enttäuschungen zurückzuführen. Gewiß hat es sie gegeben, und man sollte, zumal bei einem so kämpferischen Gelehrten wie Schelsky, Ärger als Motiv wissenschaftlicher Produktivität nicht geringschätzen. Ausschlaggebend war indessen die Einschätzung der Universität als einer Schlüsselinstitution. Daß Wissenschaft frei macht, war für Schelsky keine historische Reminiszenz, sondern eine Lebenserfahrung, die sein Wirken geprägt hat. Die Universität war, wie er es selbst formuliert hat, seine institutionelle Heimat 4 . M i t ihr sah er die institutio1 Der Mensch i n der wissenschaftlichen Zivilisation 1961, in: A u f der Suche nach Wirklichkeit, 1965, S. 439 ff. 2 Einsamkeit u n d Freiheit, Idee u n d Gestalt der deutschen Universität u n d ihrer Reform, 1963. 3 F A Z v o m 10.12.1971; auch in: Systemüberwindung, Demokratisierung Gewaltenteilung 1973, S. 19 ff. 4 Rückblicke eines Antisoziologen, 1981, S. 160.

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Ernst- Joachim Mestmäcker

nellen Grundlagen einer freien Gesellschaft überhaupt gefährdet. Das war der Grund, aus dem er sich den Leitideen der Institutionen und des Rechts i n freien Gesellschaften zuwendete. 2. Antisoziologe? Die Fragestellungen, die dieser Wendung zur Rechtssoziologie zugrunde liegen, hat Schelsky selbst zusammengefaßt: „ I n der von m i r immer wieder thematisierten Spannung zwischen freiheitlicher Selbstbestimmung des Subjekts und den institutionell gesetzten gesellschaftlichen Zwängen ist m i r das praktische Ordnungsprinzip des Rechts, wie es bereits Kant und die Aufklärung verstand, zur letzten zu vertretenden geistigen Position geworden. Recht verbindet nicht nur ererbte Stabilität m i t dauerndem sozialen Wandel, nicht nur die persönlichen Freiheitsrechte m i t den Bindungen an gesellschaftlich auferlegte Pflichten, sondern es ist i n dieser institutionellen Spannung zwischen subjektiver Freiheit und sozialem Sachzwang der einzige politische Mechanismus, der zwischen unaufhebbarer Fremdbestimmung und immer erstrebter Selbstbestimmung der einzelnen Person politisch und sozial vermitteln kann 5 ." W i r sollten diese Hochschätzung des Rechts, verbunden mit der Absage an die Soziologie, nicht als „Rückblicke eines Antisoziologen" einordnen 6 . Zwar sind die wiederholten Absagen an seine eigene Disziplin von nicht wenigen Fachkollegen zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Aber es handelt sich dabei u m eines der Mißverständnisse, die Schelsky provozierte, u m sie durch ihre Vordergründigkeit ad absurdum zu führen. Damit soll nicht i n eine Auseinandersetzung eingetreten werden, die allenfalls binnensoziologisch zu führen wäre. Es geht vielmehr darum, die Kontinuität und systematische Geschlossenheit der soziologischen Institutionentheorie festzuhalten, die das Werk von Schelsky prägt. Eine anthropologisch begründete Institutionentheorie kennzeichnet die Habilitationsschrift über Thomas Hobbes aus dem Jahre 19407 ebenso wie die späteren Arbeiten zur Rechtssoziologie8. 5 Soziologie — w i e ich sie verstand u n d verstehe, in: Die Soziologen und das Recht, 1980, S. 26/27; ähnlich schon ders., Die A r b e i t t u n die anderen 1975, S. 28: „ A n der Bedeutung, die sie dem Recht als dem Königsweg fortschreitender Rationalisierung der Herrschaft zumessen, scheiden sich die Geister einer politisch-pragmatischen Rationalität einer praktischen Vernunft i m Sinne Kants v o n denen, die „Rationalität" zu einem Glaubensakt machen u n d darauf ihre Glaubensherrschaft auch politisch richten w o l l e n / 6 Rückblicke eines „Antisoziologen", 1981. 7 Thomas Hobbes, Eine politische Lehre, i m Druck erschienen 1980. 8 Systemfunktionaler anthropologischer u n d personfunktionaler Ansatz der Rechtssoziologie, 1970, in: Die Soziologen u n d das Recht, 1980, S. 95 ff.

Schelskys Theorie der Institutionen u n d des Rechts

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3. Das Subjekt in der Institution Seit der Aufklärung ist es die Gretchenfrage der Institutionentheorie, welche Rolle dem Subjekt, seiner Vernunft, seinen Handlungen, seinen Zwecken, seinem Glauben, seiner Meinung, seinem Bewußtsein oder seinem Unterbewußtsein zukommt. Seit die Menschen frei und gleich sein sollen und sich selbst so erfahren, gibt es keine Institutionentheorie ohne diesen Rückbezug auf das Subjekt. Eben deshalb konnte jedoch das Subjekt als solches, das bürgerliche Subjekt zumal, nicht zur grundlegenden Einheit der Sozial- oder Rechtswissenschaften werden. Freiheit und Gleichheit disqualifizieren die höchstpersönlichen Eigenschaften des Subjekts, sein Geschlecht, seine Herkunft, seine Rasse, seinen Glauben als K r i t e r i u m für seinen Status. Das Subjekt w i r d — wie es Hegel formuliert — zur Summe seiner Handlungen i n der Gesellschaft. Die entscheidende Frage lautet jetzt, ob man nach Voraussetzungen und Wirkungen individuellen Handelns fragt, oder ob man das Ganze einer Gesellschaft, einer Institution oder eines Systems als „gut dekomponierbare Totalitäten" 9 zum Gegenstand der Analyse macht. Die politischen Implikationen der zuletzt genannten Theorien folgen aus der Entscheidung darüber, welche Dekompositionen als möglich oder als notwendig behandelt werden. Die These Luhmanns, daß der Jurist die Rationalitätsproblematik des Rechts verkennt, wenn er teleologisch nach dem Zweck einer Regelung fragt, bietet dafür ein gutes Beispiel. Die von Luhmann favorisierte „konditionale Programmierung" als wahre Rationalität des Rechts ist ihrerseits i n hohem Maße selektiv. Sie reduziert jedoch das Recht auf ein „normiertes Verhaltensmodell, das zur Lösung erkannter Probleme entworfen w i r d " 1 0 . Gewiß dienen große Normenmassen der Sozialplanung m i t den Mitteln des Rechts. Gleichwohl ist es nicht gerechtfertigt, diese Erscheinungsform der Positivität des Rechts mit seiner Rationalität zu identifizieren. Dam i t w i r d der Teil einer Rechtsordnung, der auf spontaner Regelbildung beruht, als „strukturelle Zulassung von Flexibilität" 1 1 systemfunktional verharmlost oder zur bloßen Umwelt des Systems erklärt. Damit verbunden ist der Verzicht auf die Funktion des Rechts, die seit Kant die Staatsgewalt begrenzt und legitimiert: Die Gewährleistung der gleichen Freiheit unter allgemeinen Gesetzen. Dieser Gedanke hat nichts m i t der Annahme eines höheren Naturrechts oder der Rückführung des 9 So Luhmann, Probleme eines Parteiprogramms, in: Freiheit u n d Sachzwang, Beiträge zu Ehren Helmut Schelskys, 1977, S. 167 ff. 10 Rechtssoziologie, 1972, S.342. Dazu auch ders., Gerechtigkeit i n den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft, in: Ausdifferenzierung des Rechts, 1981, S. 374 ff. 11 Luhmann (FN 9), S. 76.

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Rechts auf überholte Moralvorstellungen zu tun. Es handelt sich vielmehr darum, ob das Recht Selbstbestimmung gewährleisten kann, ohne ideologischen Selbsttäuschungen zum Opfer zu fallen. Diese These bildet den Kern der Schelskyschen Rechtstheorie. Schelsky entwickelt seine Institutionentheorie i n Auseinandersetzung vor allem mit Malinowski und Gehlen. Es geht i h m darum, die Spannung festzuhalten, die zwischen individueller Subjektivität und sozialer Objektivität besteht 12 . Die Ableitung der Institutionen aus der Natur des Menschen w i r d i m Anschluß an Malinowski zunächst dahin präzisiert, daß zwischen biologischen Antrieben und Bedürfnissen einerseits und den Formen und Institutionen des sozialen Handelns andererseits keine monokausale Beziehung herzustellen ist 13 . Die vitalen, rein biologischen Antriebe gehen i n ihrer Befriedigung beim Menschen durch kulturelle Media hindurch, sie werden zu neuen, von der jeweiligen Situation mitbestimmten, zu abgeleiteten Bedürfnissen. Deshab können die Leistungen der Institutionen nicht verstanden werden, ohne ihre Idee, ohne ihr Leitbild. Diese Seite der Institutionen knüpft an das individuelle Bewußtsein an. I h m w i r d ein ebenso großes Gewicht beigemessen wie den der Institutionalisierung zugrunde liegenden Bedürfnissen und den sie befriedigenden Funktionen von Organisationen 14 . Hieraus folgt sodann der Zusammenhang zwischen den Bewußtseinserfordernissen des Individuums und der Produktion neuer Bedürfnisse i n alten oder durch neue Institutionen. Schelsky sieht i n diesem Bewußtseinsbedürfnis, i n der kritischen Selbstreflektion und i m sachlich konstatierenden Selbstbezug des Menschen ein Kennzeichen der Moderne. Dem habe die Institutionentheorie Rechnung zu tragen. Vergleichend sei auf die Institutionentheorie Arnold Gehlens hingewiesen, m i t der Schelskys Position häufig allzu unkritisch identifiziert worden ist. Arnold Gehlen hat i m Prozeß zweckrationaler Legitimierung von Institutionen und i n der Frage nach ihrem fortdauernden Nutzen eine Ursache ihres Verfalls gesehen. Denn die gleichen Wesensmerkmale des Menschen, die i h n zwingen und instandsetzen, sich seine Welt, seine Zwischenwelt, wie es Gehlen nennt, zu schaffen, können zur Ursache ihrer Zerstörung werden. I n der treffenden Zusammenfassung von Jonas: „So können der Antriebsüberschuß, das entfremdete Selbstgefühl, die Entlastung, Distanzierung von der Welt nicht nur als Grundlage einer sinnvollen Lebensführung, sondern auch als Grundlage für 12 Zur soziologischen Theorie der Institution, 1970, in: Die Soziologen und das Recht, 1980, S. 216. 13 Ebd., S. 219. 14 Ebd., S. 221.

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den vollständigen Ruin dieses Lebens erscheinen 15 ." Aus dieser „konstitutionellen Riskiertheit" des Menschen 16 folgen für Gehlen die Gefahren der Subjektivität, der Beliebigkeit, des folgenlosen Meinens. Dagegen schützt nicht die teleologische Betrachtung oder der verstehende Nach Vollzug von Institutionen. I m Gegenteil: Gehlen folgert aus diesem Bemühen u m das Verstehen von Institutionen die inhärente Falschheit (fallacia intrinsica) des Reflektionszustandes: „ I n der modernen, überbewußten und isolierten Seele werden alle Inhalte zwar verstehbar, aber i n der Sphäre des Meinens und Vorstellens und eben damit vergegenständlicht und entmachtet; motivationsschwach 17 ." Institutionen, die empirisch und vergleichend darstellbar werden, verlieren i n diesem Prozeß ihren Geltungsanspruch, sie beginnen, wie es Gehlen nennt, i m Medium des Subjektiven und Historischen gewissermaßen flüssig zu werden 18 . Das für die Begründung von Institutionen unersetzliche idiative Bewußtsein kristallisiert sich i m Prozeß der Institutionalisierung. Das darin zum Ausdruck kommende Verpflichtungsbedürfnis ist als A k t der Selbstbeschränkung, der Askese, zu respektieren. Erst dadurch gleichen die Institutionen den tiefgreifenden Mangel an echt instinktiven Hemmungsmechanismen aus. Die Kehrseite des Bewußtseins ist die Instinktreduktion des Menschen und seine antriebhafte Plastizität 19 . A n dieser Stelle trennt sich Schelskys Theorie von der Gehlens. Er bezweifelt nicht die Leistungen der Institutionen, die Notwendigkeit der normativ bewußtgemachten und auf Dauer gestellten Regelmäßigkeiten des sozialen Handelns. Er wendet sich auch nicht gegen die Entlastungsfunktion der Institutionen. Aber er besteht auf der Möglichkeit des bewußten, eigene Zwecke verwirklichenden Handelns durch Institutionen und i n Institutionen. Die Leitidee der Institutionen sind der bewußten Setzung ebenso zugänglich und bedürftig wie die ihnen zugeordneten, aber davon doch klar zu unterscheidenden Normensysteme und Organisationen. Das Subjekt soll sich von den Institutionen nicht „konsumieren" lassen, sondern es soll seine Subjektivität i n den Institutionen zur Geltung bringen: „Die soziologische Theorie der Institutionen w i r d daher i n Zukunft sowohl die Freiheit der Subjektivität des einzelnen wie den sozialen Wandel der Institutionen, auch gegen ihre Funktionalität, selbst als institutionelle Prozesse erfassen müssen 20 ." Diese Forderung löst Schelsky i n seiner Rechtstheorie ein. Die Freiheit 15 16 17 13 19 20

Jonas, Die Institutionenlehre A r n o l d Gehlens, 1966, S.40. Gehlen, Der Mensch, 1966, S. 60. Ebd., S. 390. Ebd. Ebd., S. 397. Schelsky (FN 5), S. 231.

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der Subjektivität soll nicht die „reflektionshemmende Härte der Institutionen" aufweichen 21 . Sie hat sich vielmehr ihrerseits institutionell zu disziplinieren, wenn sie ihre Ansprüche auf sozialen Wandel geltend machen w i l l . Unter dieser Voraussetzung ist sie kein Störenfried institutioneller Ruhe und Stabilität, sondern ein Medium des unerläßlichen sozialen Wandels. Die institutionelle Disziplinierung, die sich die Subjektivität gefallen lassen muß, der Test auf ihre Ernsthaftigkeit, ist ihre Geltendmachung i n den Formen und m i t den M i t t e l n des Rechts. Recht ist i m Unterschied zu allen anderen Formen der Entlastung „durch bewußtes Zweckhandeln" gekennzeichnet. I n den Worten Schelskys: „Die konservative Ansicht der Institutionen sieht i n ihr nur eine Steuerung oder Beeinflussung des Individuums durch übergeordnete soziale Kräfte . . . Demgegenüber w i r d hier das Recht gerade als die Ebene des zweckgerichteten, ordnungsgestaltenden und bewußten Handelns für jeweils neue (sekundäre) Bedürfnisse des Menschen innerhalb der Institutionen aufgefaßt. Damit w i r d dem Recht die planende und gründende Funktion für die Gestaltung der Zukunft (und das Überleben) der Menschen zugeschrieben, denn Recht w i r d immer „gesetzt". . . . Das Recht als bewußtes Zweckhandeln ist die Rationalität und Zukunftsdimension der Institution, während das Institutionelle i m Sinne der dem individuellen Handeln und Denken vorgegebenen Steuerungsnormativität den anthropologischen Instinktersatz des menschlichen Handelns darstellt und sozusagen die „tierische" Seite der Institutionen, den dauerhaften Status quo, funktionalisiert" 2 2 . Es zeigt sich, daß Schelsky, i m Gegensatz zu Gehlen oder auch Malinowski, das Recht nicht als eine Institution unter anderen betrachtet, sondern daß das Recht, und zwar das objektive ebenso wie das subjektive Recht, den anthropologisch begründeten Funktionen der Institution gegenübergestellt w i r d : Das Recht w i r d zum Hort der Subjektivität i n den Institutionen. Das von Schelsky i n diesem Zusammenhang beklagte „Versagen der neueren deutschen Soziologie i n der Erkenntnis des Rechts" 23 findet jedoch eine Entsprechung i n den vielfältigen Erscheinungsformen einer „Rechtswissenschaft ohne Recht". I n das allgemeine Bewußtsein getreten sind etwa die weit über das Staatsrecht hinauswirkenden Lehren von der normativen Kraft des Faktischen, vom Recht als bloßem Überbau über den Produktionsverhältnissen oder vom Primat der Freund-Feind-Verhältnisse definierenden Politik. Solche Betrachtungsweisen unterlegen der Rechtsordnung rechtsfremde oder 21

So Schelsky i n einer Wendung gegen Habermas, ebd., S. 230. Systemfunktionaler anthropologischer u n d personfunktionaler Ansatz der Rechtssoziologie, 1970, in: Die Soziologen u n d das Recht, 1980, S. 124. 23 Die Soziologen u n d das Recht, 1978, in: Die Soziologen u n d das Recht, S. 77. 22

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rechtsfeindliche Leitbilder. Sie haben Auslegung und Anwendung öffentlicher und privatrechtlicher Normen nachhaltig beeinflußt. Nicht zuletzt zielen sie auf die Auflösung von Indvidualrechten. Diese sind aber, wie Schelsky den Juristen i n das Gedächtnis gerufen hat, das Substrat des Rechtsstaates24. 4. Die „Riskiertheit" der Freiheit M i t der Öffnung der Institutionen für das Subjektive w i r d nicht die „Riskiertheit" der Freiheit geleugnet. Aber wie die kantische Freiheitsantinomie ins Empirische und Juridische gewendet wird, läßt die Gegensätze zwischen Gehlen und Schelsky an einen zentralen Punkt jeder Gesellschaftstheorie hervortreten. Es ist nicht der Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit; es geht vielmehr, i n den Worten Kants, u m die unbegreifliche Möglichkeit des Bösen i m Menschen. Gehlen hält die Antinomien der Freiheit für unüberwindlich. Die Fälle, i n denen die Vernunft mit sich selbst i n Widerstreit gerät 25 , können i n kein wie immer geartetes Gleichgewicht gebracht werden. Deshalb bedürfen sie der institutionellen Kristallisierung. Aber nicht die Durchsichtigkeit ist es, die bei Gehlen das Kristall zum Symbol der Institution qualifiziert, es ist seine schneidende und doch zerbrechliche Härte. Indem Schelsky reflektierendes Handeln als institutionelles Handeln auch dann anerkennt, wenn es die jeweils vorgefundenen Institutionen i n Frage stellt, werden Möglichkeiten und Grenzen des institutionellen Wandels zum zentralen Gegenstand seiner Theorie. Bereits i n der Hobbes-Untersuchung ist diese Fragestellung als Leitfaden enthalten: „Der Mensch ist gleichgeartet und individuell verschieden; hinsichtlich seiner Lebensgefährdung ist er i m tieferen Sinne als gleich anzusehen; u m die i h m damit gestellte Aufgabe zu erfüllen, muß er sich selbst aber obendrein noch als gefährdet, d.h. i n diesem Falle als gleichgeartet erkennen und ansehen. . . . A u f Grund dieses gedoppelten Sachverhalts der Gefährdung und der Selbstanschauung der Gefährdetheit kann eine anthropologische Wirklichkeitsaussage überhaupt psychologisch-politisch gewendet werden, d.h. sie kann i n der Form ausgesagt werden, daß sie die Selbstanschauung des Menschen zugleich i n die Wege lenkt, die aus der betroffenen Wirklichkeit als Aufgabe für die Menschen erwachsen, wie es hier m i t der Lehre von der Gleichheit aller geschehen ist. I n diesem Verhältnis liegt die Möglichkeit jeglicher politischer Lehren begründet 26 ." 24 25 26

Die A r b e i t t u n die anderen, 1975, S. 280 ff. Gehlen, Der Mensch, S. 386. Ebd., S. 338.

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5. Die Leitideen des Rechts M i t der theoretischen und politischen Aufnahme des Rechts i n die Institutionenlehre verbindet Schelsky nicht etwa eine Weiterverweisung an die Rechtswissenschaft. Es gehört zu den von ihm hervorgehobenen Ergebnissen der mehrjährigen interdisziplinären Bemühungen u m eine Theorie der Institutionen i n Münster und i m Zentrum für interdisziplinäre Forschung i n Bielefeld, daß es eine allgemeine Institutionentheorie nicht geben kann. I m Mittelpunkt seiner soziologischen Rechtstheorie stehen die personalen Leitideen des Rechts. Sie sind „absolute Endziele des bewußten menschlichen Zweckhandelns, die zwar i n der Entscheidung des Menschen liegen, die ihrerseits aber aus Lebensnotwendigkeiten getroffen werden muß". Leitideen müssen m i t h i n von den Zweckideen unterschieden werden, welche die Kette der bloßen Mittelhandlungen steuern. Als Leitideen des Rechts, die bezogen sind auf die Bedürfnisse des Individuums i n der Geschichte und i n der gegenwärtigen Existenz des Rechts, werden genannt: — Gegenseitigkeit auf Dauer; — Gleichheit bei Verschiedenheit; — Integrität und Autonomie der Person gegenüber Organisationen. a) A m ehesten erklärt sich das Handlungsprinzip der Gegenseitigkeit, der Reziprozität, von selbst. I n der Tat ist es i n Gestalt des Tausches und der Vertragsfreiheit „die Wurzel der vom Sozialzwang am freiesten, bewußten Handlungsmöglichkeiten ebenso i n frühen Gesellschaften wie i n hochentwickelten Industriegesellschaften" 27 . Durch die Begründung von auf Dauer gestellten Rechtsbeziehungen w i r d das Recht zur Planungsmacht schlechthin. Hier ist der Hinweis notwendig, daß es sich nicht u m die gesetzgeberische Festlegung von Planungsprogrammen handelt, die bei Luhmanns Rechtssoziologie i m Mittelpunkt stehen; es handelt sich vielmehr u m die dem einzelnen zugängliche Möglichkeit, seine eigenen Pläne m i t Hilfe des Rechts zu verwirklichen. Das Prinzip der „Institutionellen Entlastung" kommt nach Schelsky i n der Rechtsfigur „des übermächtigen Dritten" zur Geltung. Damit zielt er nicht nur auf die Erzwingbarkeit rechtlich begründeter Verpflichtungen, also auf die Rolle des Richters als eines Dritten, sondern ebenso auf andere institutionelle Stabilisierungen durch Familie, Zeremoniell oder Konvention. b) Näherer Erläuterung bedarf das Prinzip der Gleichheit bei Verschiedenheit. Es scheint i m Gegensatz zu stehen zu dem naturrechtlich 27 Systemfunktionaler anthropologischer u n d personfunktionaler Ansatz der Rechtssoziologie, 1970, in: Die Soziologen und das Recht, 1975, S. 129.

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begründeten Gleichheitsprinzip, wonach Gleiches gleich, Ungleiches aber ungleich zu behandeln ist. Schelsky hat einen anderen Sachverhalt i m Auge. Es ist die Unterscheidung von Überordnung und Unterordnung auf der einen, Gleichordnung auf der anderen Seite. Hervorgehoben w i r d die zweiseitige Funktion des Rechts, einmal die für die Herrschenden (Systemfunktionalität) und die für die Beherrschten (Personfunktionalität). I m deutlichen Anschluß an die Hobbes-Untersuchung w i r d das Verhältnis von Herrschaft und Recht auf der Grundlage der Verschiedenheit der individuellen Interessen auf der einen, von denen des Staates, der Gesellschaft, also des jeweiligen sozialen Ganzen, auf der anderen Seite hervorgehoben. I n der Gegenüberstellung von objektivem und subjektivem Recht t r i t t hervor, daß auch rechtlich legitimierte Herrschaft nicht zur Identität m i t den Rechtsunterworfenen und die Summe subjektiver Rechte oder individueller Handlungen nicht zur Identität m i t einem sozialen Ganzen führen. Theorien, die diese Identifikation behaupten oder postulieren, erweisen sich eben dadurch als Herrschaftsideologien. c) Die Leitidee der Integrität und Autonomie der Person gegenüber Organisationen überträgt den am Verhältnis von Staat und Individuum ausgebildeten Gedanken auf die moderne Gesellschaft: „Das Umschlagen von personenbezogenen Rechten des Individuums i n organisierte und damit kollektiv institutionalisierte Rechte und Interessen ist eines der auffälligsten Kennzeichen unserer Sozialstruktur 28 ." Die neue Schutzbedürftigkeit sei primär nicht gegen Herrschaft gerichtet, sondern gegen die hohe funktionale Durchorganisiertheit der Gesellschaft 29 . Gefordert sei eine soziologische Theorie, die m i t einer Begrifflichkeit arbeite, die die Integrität und Autonomie der Person gegenüber der organisierten Gesellschaft und ihren universalistischen Systemansprüchen erst einmal theoretisch begreife 30 . Hier t r i t t die Antinomie von personaler Selbstbestimmung und ihrer Verwirklichung durch Recht von Subjektivität und Objektivität erneut hervor: „Sie [die Person] ist einmal ständig ,νοη außen4, also durch die Einarbeitung als bloßes Funktionsteil i n das Funktionieren politischer und sozialer Systeme, bedroht; sie ist gleichzeitig aber immer auch ,νοη innen 4 gefährdet, indem ihr eigener Reflektionsüberschuß sie i n ein bloßes ,Binnenverhältnis 4 der handlungslosen Reflektion, der Innerlichkeit, des folgenlosen Meinens, kurz, der bloßen Reflektion zur Selbstbewußtseinsimmanenz drängt 31 ." Es geht u m die Frage, welche 23 29 30 31

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. 137. S. 139. S. 140. S. 140 und 141.

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A r t und welcher Grad der Entfremdung notwendig ist, u m die „Ganzheit und Kontinuität" einer Handlungseinheit Person 32 stabilisieren zu können. Ein Blick i n die Hobbes-Untersuchung mag dazu beitragen, der Annahme eines voreiligen Rechtsoptimismus bei Schelsky entgegenzuwirken. Zweifellos — heißt es dort — ist Recht stets der aktivierendste Begriff i n rationalistischen Zeiten gewesen, weil neben seiner umfassenden und vielfältigen sachlichen Bedeutung ihm jene Fähigkeit des Appells an die Handlung i n hohem Maße innewohnt 3 3 . Eine solche Politisierung des Begriffs, nämlich eine „Gesellschaftspolitik gegen gesellschaftliche Systemzwänge" 34 , möchte Schelsky bewirken. Der Appell heißt, den Kampf ums Recht nicht zu scheuen, sondern ihn zu führen. Das „Ihering-Modell des sozialen Wandels durch Recht", das Schelsky als einen wissenschaftsgeschichtlichen Beitrag bezeichnet, erweist sich als ein i n hohem Grade wissenschaftspolitischer Beitrag 35 .

6. Selbstbestimmung in und durch Organisationen Wir würden die zugrundeliegende Fragestellung verfehlen, wenn w i r es bei dieser Interpretation beließen. Sie führt zu der Grundfrage an die Rechtswissenschaft, ob es neben der Legitimation durch Verfahren und neben der Erfüllung von Systemfunktionen durch das Rechtssubjekt einen Bereich gibt, i n dem sich Autonomie erst durch Recht verwirklicht. Der Hinweis auf subjektive Rechte, auch auf Grundrechte als Handlungsmacht, reicht nicht aus. Denn es sind eben diese Rechte, die zur Gründung von Großorganisationen führen und sich damit von ihrem personalen Bezug lösen. Kein Grundrecht ist dieser Entwicklung entgangen. Sie ist kennzeichnend gerade für solche Grundrechte, die durch ihren personalen Bezug ausgezeichnet sind. Die Religionsfreiheit legitimiert die Kirchen, die Meinungsfreiheit legitimiert Großverlage und Rundfunkanstalten, die Wissenschaftsfreiheit legitimiert Universitäten, und die Vertrags- und Planungsfreiheit i m Bereich des Ökonomischen legitimiert Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften. Unter solchen Bedingungen geht die Ausübung der subjektiven Rechte i m Außenverhältnis auf die Organisation über. Nicht die Mitglieder, sondern die Funktionäre sind es, die zur Durchsetzung der Ansprüche ihrer Organisationen berufen sind. Die aus dem Recht der juristischen Person wohlbekannte Verselbständigung von Zwecken führt 32

Ebd., S. 140. Hobbes (FN 7), S. 344. 34 Oben F N 27, S. 143. 35 Das I h e r i n g - M o d e l l des sozialen Wandels durch Recht — E i n wissen· schaftsgeschichtlicher Beitrag, 1972, in: Die Soziologen und das Recht, 1980 S. 147 ff. 33

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i m Innenverhältnis außerhalb ganz kleiner Gruppen notwendig zu der von Olson so klar gesehenen Diskrepanz von kollektiven und individuellen Interessen 36 . Die Antworten auf diese Fragen kann nicht i n einer gegen die Organisation gerichteten bloßen Re-Individualisierung der zugrundeliegenden Rechte gefunden werden. Ein Blick i n totalitäre Staaten belehrt uns, daß die Möglichkeit der vom Staat unabhängigen Organisationen eine Voraussetzung politischer Freiheit und der Autonomie der Person ist. Und ohne die Geltendmachung des Organisationsinteresses gegen die partikularen Individualinteressen der Mitglieder läßt sich der erwähnte strukturelle Gegensatz von Kollektiv- und Individualinteressen nicht überwinden. Andererseits muß die organisatorische Verselbständigung i n Übereinstimmung mit den satzungsgemäß normierten Zwecken begrenzt werden. Den normativen Ausgangspunkt bildet das Recht der Mitglieder jedes rechtlich organisierten Verbandes auf rechtmäßiges und satzungsgemäßes Handeln der Verbandsorgane. Dieses Recht konkretisiert sich einmal i n dem A n spruch auf das Vorhandensein und die Einhaltung eines Verfahrens, das den Mitgliedern die Möglichkeit der M i t w i r k u n g an der Willensbildung der Organisation gewährleistet. Davon zu unterscheiden ist das weitergehende Gebot, das Handeln der Verbandsorgane, an die idée directrice, d. h. an das wohlverstandene, i n der Satzung normierte M i t gliederinteresse zu binden. Das kann bei der empirisch häufig zu beobachtenden Wirkungslosigkeit der Verfahrensregeln ergänzende zwingende Vorschriften notwendig machen. I n der Rechtswissenschaft und i n der Rechtsprechung hat jedoch die an soziologische Theorien anknüpfende institutionelle Betrachtungsweise dazu geführt, daß die Interessen der Organisation als solcher, insbesondere die von Großunternehmen, höher bewertet werden als die der einzelnen Mitglieder. Die von Schelsky sogenannte personfunktionale Betrachtung leitet dagegen zur Entwicklung von Regeln an, welche die kollidierenden Interessen der Organisation, ihrer Funktionäre und ihrer Mitglieder auf der Grundlage der Gleichberechtigung ausgleichen. Vor allem aber zeigt sie, wie wenig das bloße Prinzip der Mehrheitsentscheidungen, die sogenannte Demokratisierung, geeignet ist, den Gefährdungen der Person i n Großorganisationen zu begegnen.

7. Juridische Rationalität Der Appellcharakter der Schelskyschen Rechtssoziologie führt zu einer weiteren Frage. Es geht nicht nur darum, die Wirkungsweise und die Funktion rechtlicher Regelungen i n dem jeweiligen Kontext zu ver36

Olson, Die Logik k o l l e k t i v e n Handelns, 1968.

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stehen und ihre Wirkungsmöglichkeiten richtig einzuschätzen; es geht i n viel höherem Maße u m die Schaffung einer Rechtsordnung, die Gefährdungen der Autonomie des einzelnen auf ein Mindestmaß reduziert. Das Leitbild der Person als des selbständigen und des nicht betreuten Menschen fordert den Vorrang der individuellen Freiheit vor den Mehrheitsentscheidungen i n der Demokratie. Damit w i r d zugleich eine Gesellschaftsordnung charakterisiert, die von den Sozialwissenschaften nicht abzubilden, sondern i n ihren Voraussetzungen, Grenzen und Möglichkeiten aufzuweisen ist. Die institutionellen Voraussetzungen, unter denen das Recht geeignet ist, diese Aufgabe zu bewältigen, sozialen Wandel zu bewirken und zu ordnen, hat Schelsky unter dem Begriff der juridischen Rationalität zusammengefaßt. Hier geht es darum, „das Werkzeug für die institutionellen Leitideen der juridischen Instanzen" zu entwickeln 37 . Dabei hat Schelsky die Eigenarten des Verfahrens eindringlich untersucht, indem das ermittelt wird, was nach dem Abschluß eines rechtsförmigen Verfahrens für die Beteiligten als richtig zu gelten hat. Die damit verbundene Distanzierung von den Wahrheitsansprüchen der Natur- und der Geisteswissenschaften legt die wesentlichen Funktionen des Rechts offen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß es für sie keine funktionale Äquivalenz gibt: „Die juridische Rationalität entsteht dagegen grundsätzlich nicht i m Einzelbewußtsein, sondern i n einem institutionellen, nach Regeln arbeitsteilig organisierten Prozeß. Sie zielt nicht auf ein Denkprodukt, sondern das Gesetz oder das Urteil wollen ,richtiges' Verhalten bei anderen i m sozialen Zusammenhang bewirken. . . . Das rationale der juridischen Prozesse besteht nicht nur i n einer Entscheidung..., sondern es erfüllt sich vor allem i n einer Handlungsanweisung und deren Durchsetzung als Regierung, Verwaltung, Sanktion. Das Produkt der juridischen Rationalität ist also selbst ein sozialer und institutioneller Vorgang, und nur, wenn man i h n als ganzen nimmt, kann man von einer Rationalität des Rechts', von einem »vernünftigen' Recht sprechen 38 ." Diese These w i r d gegen die „Selbsttäuschung der Rechtswissenschaftler und der von ihnen ausgebildeten Juristen" entfaltet. Die Gewährleistung juridischer Rationalität i n der Gesetzgebung, i n der Rechtsprechung und i n der Verwaltung werden zum rechtssoziologischen Prüfstein freier Gesellschaften, die keine „kommandierenden Philosophen" anerkennen. Hier soll nicht den Konsequenzen nachgegangen werden, die Schelsky daraus für die Gesetzgebung und vor allem für die Ausbildung der Juristen zieht. Hervorzuheben ist jedoch der systematische 37 38

Die juridische Rationalität, in: Die Soziologen u n d das Recht, 1980, S. 71 Ebd., S. 35/36.

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Zusammenhang, der „juridischen Rationalität" mit den Antinomien von Freiheit und Sachzwang, von Subjektivität und institutionellen Zwängen. Er kommt darin zum Ausdruck, daß es für die Konflikte, zu denen die gleiche Freiheit führt, keine ein für allemal richtigen und keine eindeutig wahren Lösungen gibt. I m Recht zeigt sich, warum die Freiheit unvollkommen ist; weil sie i m ursprünglichen Wortsinne Menschenwerk ist. Gewiß kann die Freiheit ebenso für die Begründung einer unerbittlichen Herrschaft mißbraucht werden, wie für die bewußte politische Lüge Wahrheit i n Anspruch genommen wird. Aber es ist eben diese Erfahrung, die Schelsky zum Nachdenken darüber geführt hat, wie es möglich ist, unvollkommen und frei, statt vollkommen und bevormundet zu leben.

Soziologie und normative Institutionentheorie Von Ota Weinberger Einleitung Ich möchte Ihnen heute einige Betrachtungen über die Theorie der Institutionen, über die theoretische Soziologie und den systemtheoretischen Z u t r i t t zu den Problemen von Gesellschaft und Recht vom Standpunkt meiner Handlungstheorie und Normenontologie vorlegen 1 . Über diese Fragen i m Rahmen eines Schelsky-Gedächtnis-Symposiums zu sprechen, scheint m i r aus zwei Gründen nicht unangemessen: 1. Schelskys These von der zentralen Rolle des Rechts für soziologische Betrachtungen weist eine gewissen Verwandtschaft m i t meiner Normenontologie und meiner normativistischen Konzeption der Institutionen auf, wenn auch die Ausgangspunkte meiner Überlegungen ganz andere waren, als jene Probleme, die Schelsky motiviert haben. 2. Ich werde i n diesem Rahmen Gelegenheit haben, über die komplexe Beziehung Schelskys zur Lehre von Niklas Luhmann zu sprechen. Ich muß mich i m voraus für meine Vermessenheit entschuldigen, daß ich als Nicht-Soziologe über die theoretischen Grundlagen der Soziologie sprechen werde. Ich überlasse es Ihrem Urteil und der Diskussion, festzustellen, ob und inwieweit meine These über die Soziologie einen für die Soziologen interessanten oder wenigstens diskutablen Standpunkt darstellen. 1 Z u meiner Auffassung der Handlungstheorie siehe: O. Weinberger, Studien zur formal-finalistischen Handlungstheorie, F r a n k f u r t / M . — B e r l i n — New Y o r k 1983; zur Normenontologie u n d der aus i h r resultierenden rechtstheoretischen Konzeption vgl.: O. Weinberger, Ontologia de las normas en la perspective de la theoria de la acción, in: A k t e n des 1. Internationalen K o n gresses für Rechtsphilosophie i n La Plata, 1982, Bd. 2, La Plata 1982, S. 544 566; ders., Eine Semantik für die praktische Philosophie, in: R. Haller (Hrsg.), Beiträge zur Philosophie v o n Stephan Körner, Grazer Philosophische Studien, Vol. 20, 1983, S. 219 -239; D. N. MacCormick / O.Weinberger, Grundlagen des Institutionalistischen Rechtspositivismus, B e r l i n 1985; O. Weinberger, Institutionentheorie u n d Institutionalistischer Rechtspositivismus, in: ders. / W. Krawietz (Hrsg.), H e l m u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker, Stuttgart 1985.

3 Schelsky-Gedächtnissymposion

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1. Verhalten und Handlung Der Begriff des Verhaltens kann so allgemein konzipiert werden, daß man nicht nur vom Verhalten eines gewissen Menschen oder eines Kollektivs, sondern vom Verhalten beliebiger Systeme sprechen kann. Das Verhalten eines Systems w i r d durch Zustandsbeschreibungen sowie durch die Angabe von Zustandsabfolgen i n der Zeit durch Verhaltenstrajektorien charakterisiert. Verhaltensbeschreibungen i m angeführten Sinne können i m wesentlichen als Feststellung von Beobachtungsergebnissen interpretiert werden. I n den Verhaltenstrajektorien des betrachteten Systems oder einer Klasse gleichartiger Systeme können Häufigkeitskorrelationen der Zustände und andere Besonderheiten des Verhaltensablaufes — wie ζ. B. Zyklizität — festgestellt werden. Die Erkenntnis des Verhaltens kann aber den Rahmen dieser Deskriptionen überschreiten. Das Verhalten w i r d i n Abhängigkeit von verschiedenen möglichen Einwirkungen auf das System betrachtet. Je nach vorausgesetztem Input gelangt man zu verschiedenen Ästen der Verhaltenstrajektorie. Die Wirklichkeit als Gegenstand der Erkenntnis ist nicht nur das tatsächlich Daseiende, sondern auch die mit dem Daseienden verknüpften Potentialitäten. Verhaltensbeschreibungen können nicht nur aktuell Daseiendes konstatieren, sondern auch mögliches Verhalten, Dispositionen und Charakteristiken des Verhaltens unter kontrafaktualen Bedingungen. Die Begründung von Dispositionsaussagen, kontrafaktualen Thesen — ebenso wie deren Widerlegung — beruht auf der Voraussetzung der Gültigkeit nomischer Relationen i n der realen Welt 2 . Das gleiche gilt von Prognosen. Ein Weltbild, welches nomische Bindungen i m Geschehen umfaßt, ist notwendigerweise faktentranszendent und beruht auf theoretischer Konstruktion sowie auf Hypothesen, die empirisch getestet sind. Das wissenschaftliche Weltbild ist nicht nur Feststellung des Daseienden, sondern Erkenntnis der Wirklichkeit i n einem umfassenderen faktentranszendenten Sinne: Wirklichkeit ist auch das empirisch Mögliche und das empirisch Notwendige (die nomischen Beziehungen i n der Welt, die durch die Wissenschaft i n einem Annäherungsprozeß erkannt werden). Die Verhaltensgesetze sind so konstruiert, daß gewissen Systemen von Ausgangsbedingungen, die i n Verhaltensbeschreibungen dargestellt 2 Vgl. O. Weinberger, Kontrafaktualität und Faktentranszendenz. Versuch, die Logik der faktentranszendenten u n d kontrafaktualen Bedingungssätze m i t den M i t t e l n der extensionalen Logik zu behandeln (englische Fassung: Contrary-to-fact and Fact-Transcendent Conditionals. A n A t t e m p t to deal w i t h the logic of fact-transcendent and contrary-to fact conditionals by means of truth-functional logic), in: Ratio 16, 1974, S. 13 - 28 (englische Ausgabe S. 15-32); ders., Faktentranszendente Argumentation, Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie 6, 1975, S. 235 -251.

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werden, m i t empirischer Notwendigkeit Begleitzustände oder Folgezustände zugeordnet sind 3 . Das System der Verhaltensbeschreibungen ist insoweit geschlossen, als i n ihm nichts anderes auftreten kann als Sachverhaltensbeschreibungen. Die behavioristische Einstellung i n der Psychologie und Soziologie sollte sich dieser prinzipiellen Beschränkung bewußt sein: I n dieser Sicht darf nichts anderes als Verhaltensbeschreibungen und deren Relationen auftreten. Traditionelle psychologische Begriffe, die gekoppelt sind m i t Erleben, Verstehen, Intention, Zweckfunktionalität oder Sinndeutung, dürfen hier überhaupt nicht vorkommen. Analoges gilt für die soziologische Betrachtung: Sinn, Funktion, soziales Handeln, Normen, Werte, Institutionen usw. sind i n einem Weltbild, das nur aus Verhaltensbeschreibungen und deren Beziehungen besteht, begrifflich nicht konstituierbar. Auch der Begriff der Handlung als eines intentional gelenkten Verhaltens, das abhängig ist von Informationen, wertenden Stellungnahmen und A k t e n des Entscheidens, hat i n der reinen Verhaltensbetrachtung keinen Platz. Der Begriff der Handlung kann nicht durch bloße Verhaltensbeschreibungen definiert werden. Auch die Einbeziehung eines kontrafaktualen Moments reicht zur Bestimmung des Handlungsbegriffes nicht aus. W i r sprechen zwar von einer Handlung des Subjekts S nur dann, wenn die kontrafaktuale Behauptung wahr ist, daß das Handlungsergebnis nicht eingetreten wäre, hätte sich S nicht i n der entsprechenden Weise verhalten 4 . Es handelt sich hier aber nur u m eine notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung. Wenn ein Lenker L infolge eines plötzlichen Kreislaufkollapses bewußtlos w i r d und sein nachfolgendes Verhalten V einen Zusammenstoß m i t einem anderen Wagen verursacht, dann ist zwar die kontrafaktuale Behauptung wahr, „Hätte sich der Lenker L nicht i n der Weise V verhalten, wäre der Zusammenstoß nicht eingetreten"; es ist aber keineswegs berechtigt, zu behaupten, der Lenker L habe eine zum Zusammenstoß führende Handlung vollbracht. — Handlung ist zwar Verhalten — sie läßt sich als Verhaltenstrajektorie charakterisieren und individualisieren —, aber nur partiell: Eine solche Verhaltensbeschreibung stellt jenen Aspekt der Handlung dar, der äußerer Beobachtung zugänglich ist, nicht aber die Handlung als Ganzes, für die die informationelle Konstituente wesentlich ist, welche die Handlungsweise durch einen Informationsverarbeitungsprozeß determiniert. 3 Vgl. N. Rescher, Lawfulness as Mind-dependent; in: ders. (Hrsg.), Essays i n Honor of Carl G. Hempel, Dordrecht 1969, S. 178 - 197; Ο. Weinberger, Der nomische Allsatz, in: Grazer Philosophische Studien 4, 1977, S.31 - 4 2 . 4 G. H. von Wright, Handlungslogik. E i n E n t w u r f , in: ders., Handlung, N o r m u n d Intention, S. 87 f.

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Handlung ist — darin ist man sich i m wesentlichen einig — informationsgelenktes Verhalten. Den wesentlichen Kern des Handlungsbegriffes bildet daher die Strukturtheorie der Informationsoperationen, die dem Handeln zugrunde liegen. I m einzelnen sind die Auffassungen der Handlungstheoretiker sehr verschieden. Ich möchte drei Typen der Zugangsweise zur Handlungsproblematik unterscheiden: (i) die intuitive Betrachtungsweise, dergemäß w i r mit dem Handeln und den handlungsbestimmenden Willensprozessen aus der Lebenspraxis unmittelbar vertraut sind, so daß w i r diese nur analytisch untersuchen und systematisch darstellen müssen, u m zu einer Handlungstheorie zu gelangen; (ii) die lerntheoretische Explikation der Handlungsphänomene, die zu einem behavioristischen Reduktionismus tendiert; (iii) die formal-finalistische Handlungstheorie, die von einer informationstheoretischen Analyse der handlungsbestimmenden und handlungslenkenden Operationen ausgeht, und die auf der grundlegenden These basiert, daß diese informationsverarbeitenden Operationen auf semantisch unterschiedlichen Informationen beruhen, nämlich: 1. auf Sachverhaltsinformationen, und 2. auf praktischen Informationen, die Aus Wahlfunktionen, Stellungnahmen, Zwecke, Richtlinien, Normen, Präferenzen u. ä. ausdrücken. Meines Erachtens führt nur der dritte Weg zu einer brauchbaren Handlungstheorie und einer adäquaten Konzeption der praktischen Philosophie. Die Handlungstheorie darf nicht psychologistisch konzipiert werden, sie muß vielmehr formalistisch fundiert sein, weil nur i n dieser Weise die Informationsstrukturen und die handlungsbestimmenden Operationen klar herausgearbeitet werden können. Für die formalistische Fundierung der Handlungstheorie gibt es noch andere wichtige Gründe. Die Handlungstheorie sollte nicht nur eine Theorie des Handelns von Individuen sein, sondern sie muß auch die Grundlage für die Explikation des sozialen Handelns, der Handlungen von Kollektiven, von j u r i stischen Personen und von verschiedenen anderen institutionalisierten Systemen sein. Und dies kann eine psychologistisch konzipierte Theorie nicht leisten. Nur auf der Basis einer formal konzipierten Theorie kann Handeln nach fremden Zwecken, also solche Phänomene wie die Hand-

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lungen von Organen und Stellvertretern i m Namen und Interesse anderer Subjekte erklärt werden. Den Kern des Handelns muß man i n der Intentionalität erblicken. Handeln verfolgt Zwecke; dies muß als Grundcharakteristik der Handlung angesehen werden, auch dann, wenn man andere Momente, ζ. B. Gewohnheiten, Normen u. ä. als Handlungsdeterminanten i n Rechnung zieht. Auch die kausalistischen und systemtheoretischen Theorien arbeiten implizit m i t Begriffen teleologischer A r t : Zwecken, Zielen, Absichten, Motiven u. ä. (die sie allerdings als eine A r t von Ursachen deuten), obwohl sie eine finalistische Konzeption der Handlung prinzipiell ablehnen. Die Explikation des Handelns muß vor allem auf eine formale Theorie der Teleologie zurückgreifen, die Zweck-Mittel-Beziehungen und Wahlentscheidungen aufgrund relativer Wertung analysiert. Diese formale Theorie befaßt sich nicht m i t den psychischen und physischen Eigenschaften von Menschen als Trägern teleologischer Systeme und als handelnder Personen, sondern sie setzt umgekehrt fest, welche Eigenschaften ein Subjekt haben muß, damit es als Träger des teleologischen Systems oder als Handelnder aufgefaßt werden kann: Ein solches Subjekt muß die Fähigkeit haben, die entsprechenden Informationsoperationen zu realisieren. Vom Standpunkt einer formalen Theorie der Finalität ist es unerheblich, ob die Informationen und die Operationen bewußt erlebte Prozesse sind. Je nach Anwendungssituation können sie es sein oder sie haben nur die Rolle explikativer Gedankenmodelle, die den teleologischen Hintergrund des Handelns verstehend erfassen. Die formale Teleologie, deren auch nur andeutungsweise Darstellung i n diesem Rahmen nicht möglich ist, beruht auf stellungnehmenden Funktionen: dem Zweckintendieren, der Fähigkeit des relativen Wertens und der damit verbundenen Fähigkeit, Wahlentscheidungen zu treffen 5 . Ausgehend von der formalen Handlungstheorie kann das Handeln i n verschiedener Perspektive betrachtet werden. Folgende Problemsituationen sind hier von grundlegender Bedeutung: (i) die Handlungsdeliberation, i n der Verhaltensmöglichkeiten bestimmt und Programme sowie Wahlentscheidungen unter Zwecken festgesetzt werden; 5 Eine ungefähre Charakteristik oder formale Teleologie enthält das Buch: Ch. Weinberger / O. Weinberger, Logik, Semantik, Hermeneutik, München 1979 (Kap. 8 „Formale Teleologie").

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(ii) die Motivinterpretation, die das Verhalten handelnder Subjekte sozusagen von außen als intentionale Handlungen zu erfassen sucht; (iii) es muß das Zusammenspiel verschiedener handlungsbestimmender Faktoren, die neben den Zwecken wirken, insbesondere der normativen Regulative, sowie — scheinbar oder tatsächlich — irrationaler Momente erklärt werden; (iv) man stellt die Frage, wann eine Handlung als gerechtfertigt erscheint, einerseits i n der Perspektive der moralischen Überlegung, andererseits bei der Beurteilung oder Handlung vom Standpunkt eines heteronomen Normensystems. Besonders interessant ist das Problem des Zeitfaktors i n der Teleologie. Das Programm und die Frage, was durchführbar, welche Zwecke erreichbar sind und ähnliche Fragen müssen naturgemäß als zeitabhängig analysiert werden. Daneben müssen aber auch das Zwecksystem selbst, die Setzung der Zwecke, ihr i m Zeitverlauf variables Gewicht näher untersucht werden. Dies ist eine der notwendigen Brücken zwischen der rein formal dargestellten Teleologie und ihrer praktischen Anwendung zur Analyse menschlichen Handelns und gesellschaftlicher Beziehungen. 2. Die Sprache der Praxis Unter dem Begriff der praktischen Philosophie verstehe ich nicht nur jene Lehren, welche die Frage zu beantworten suchen, wie man handeln soll, also nicht nur Ethik und Jurisprudenz, sondern die Gesamtheit der philosophischen Analysen und wissenschaftlichen Disziplinen, i n deren Mittelpunkt der Handlungsbegriff steht. Zur praktischen Philosophie zähle ich daher auch die Ökonomie und die Soziologie. Wenn w i r die dem Handeln zugrunde liegenden Informationsprozesse darstellen wollen, müssen w i r m i t zweierlei Informationen arbeiten: (i) mit Tatsacheninformationen und (ii) mit stellungnehmenden Informationen, die Wertestandards, Präferenzen (Ergebnisse relativen Wertens), Ziele, Zwecke und Normen ausdrücken. Der Beweis dieser wichtigen These ist leicht zu erbringen. Handlung gibt es ex definitione nur dort, wo Verhaltensalternativen, d. h. Handlungsspielräume 6 , bestehen. E i n Subjekt S handelt dann und nur dann,

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wenn das Verhalten von S durch den Informationsverarbeitungsprozeß bestimmt, welche der möglichen Verhaltensalternativen gewählt bzw. realisiert wird. Dies kann nicht durch Sachverhaltskonstatierung geschehen, sondern offenbar nur durch eine gewisse A r t stellungnehmender Informationen. Die Tatsache, daß informationelle Operationen der Handlungsdetermination und Handlungslenkung die angeführten zwei Kategorien von Informationen umfassen, führt dazu, daß für die praktische Philosophie eine Sprache erforderlich ist, die klar zwischen feststellenden und stellungnehmenden Sätzen als Ausdruck der entsprechenden Informationen unterscheidet. Es ist üblich, diese disjunkten Satzkategorien einander als theoretische und praktische Sätze gegenüberzustellen. Eine Semantik, die auf einer solchen kategorialen Unterscheidung der Sätze aufgebaut ist, bezeichne ich als gnoseologisch differenzierte Semantik'. Es ist eine nicht-reistische Semantik, d. h. eine Semantik, die nicht voraussetzt, daß jede sprachliche Äußerung über einen bestehenden Gegenstand berichtet und auf einen aus Gegenständen zusammengesetzten Sachverhalt hinweist. Die reistische Semantik ist eine Auffassung, die nicht nur zur Hypostasierung von Pseudoentitäten führt — wie etwa i n der Meinongschen Ontologie 7 —, sie leistete auch ganz verfehlten Konzeptionen i n der praktischen Philosophie Vorschub. Werte, Normen, Zwecke werden — wenn man von einer solchen Semantik ausgeht — als Gegenstände an und für sich angesehen, die erfaßt, beurteilt, erkannt werden; in Wirklichkeit sind sie aber keine Gegenstände an und für sich, die objektives Dasein oder objektive Geltung hätten, sondern spezifische Bedeutungen, die i m praktischen Denken eine Rolle spielen, ohne daß diese Bedeutungen referentiellen, d. h. Gegenstände bezeichnenden Charakter hätten. Das hat wichtige Konsequenzen für gewisse normenlogische und j u r i stisch-methodologische Konzeptionen, (i) Urteile über Normen drücken nicht Erkenntnisse über an und für sich existierende Norm-Entitäten aus, sondern sie sind entweder metasprachliche Sätze über Normsätze oder sie sind nur eine inadäquate Ausdrucksweise normativer Inhalte, da sie durch Normsätze (ggf. modo obliquo) individualisiert sein müssen. (ii) Solche Theorien wie Kelsens Gegenüberstellung von »Rechtsnorm' und ,Rechtssatz' sind prinzipiell verfehlt, weil das Erfassen einer 6 Z u m Problem der Handlungsspielräume siehe: O. Weinberger, Eine Sem a n t i k für die praktische Philosophie (FN 1); ders., Freedom, Range for Action, and the Ontology of Norms, Synthese, i n Druck. 7 A . Meinong, Über Gegenstandstheorie, in: ders., Untersuchungen zur Gegenstandstheorie, Leipzig 1904; ders., A . Meinong, in: R. Schmidt (Hrsg.), Die Philosophie der Gegenwart i n Selbstdarstellungen, Bd. 1, Leipzig 1922, S. 101-160.

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Norm ein Verstehen eines Normsatzes, aber nicht ein Beurteilen, nicht eine Aussage über eine Norm (über eine Sollensrealität) ist 8 . Die gnoseologisch differenzierte Semantik unterscheidet zwischen (a) sinnvoller Norm (als dem Bedeutungskorrelat eines i m Sprachsystem wohlgeformten Normsatzes) und (b) Normen, denen i n einem gewissen System Dasein, d.h. Geltung, zukommt. Die geltenden Normen sind natürlich eine Unterklasse der i n der Sprache sinnvollen — also möglichen — Normen. Die Norm ist aber i n keiner der beiden Perspektiven ein an und für sich bestehender Gegenstand, der erkannt werden könnte, sondern immer ein Gedankengebilde, das nur verstehend erfaßt werden kann. Die i n einem System geltenden (existierenden) Normen müssen nicht i n sprachlicher Formulierung vorliegen. Sie müssen aber als sinnvolle Normgedanken i m Prinzip sprachlich ausdrückbar sein. Normative Verhaltensregeln können bekanntlich w i r k e n und das Handeln bestimmen, ohne dem Handelnden explizit bewußt zu sein 9 . Sie können dann gegebenenfalls i n interpretativer Rekonstruktion dargestellt werden. Diese grundlegende semantische Konzeption steht vor der Aufgabe, die verschiedenen Grundbegriffe der stellungnehmenden Sprache oder jenes Teils der Sprache, der stellungnehmende Informationen ausdrückt, zu explizieren. Was ,Wert', ,Zweck', ,Norm' (,Sollen', ,Dürfen') bedeuten und welche Relationen zwischen diesen Begriffen gelten, w i r d durch die Theorie jener Operationen klargestellt, welche der Bestimmung und Lenkung der Handlung zugrunde liegen. 3. Die normativistische Institutionenontologie Die allgemeine Konzeption der Institutionen, von der ich ausgehe, läßt sich i n folgenden Punkten kurz charakterisieren: (i) Die handlungstheoretische

Explikation

der

Institutionen

Institutionen können nur als Elemente eines Handlungskontextes verstanden werden. Sie bestimmen den Rahmen für mögliches Handeln, sie schaffen Aktions- und Interaktionsformen, und sie spielen eine Rolle als Handlungsdeterminanten. 8 O. Weinberger, Intersubjektive K o m m u n i k a t i o n , Normenlogik u n d Normendynamik, in: RECHTSTHEORIE 8, 1977, S. 19 - 40; auch abgedruckt in: I. Tammelo / H. Schreiner (Hrsg.), Strukturierungen u n d Entscheidungen i m Rechtsdenken, W i e n — N e w Y o r k 1978, S. 235-263. 9 Vgl. L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, in: ders., Schriften 1, F r a n k f u r t a. M. 1969, S. 82 ff.

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(ii) Die Institution ist ein Bindeglied zwischen Individuum und Gemeinschaft Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen; Institutionen vermitteln das Zusammenspiel von Individuum und Gemeinschaft. Kollektive, gemeinschaftliches Handeln und verschiedene Interaktionsformen existieren nur als Institutionen. Das Handeln des Einzelnen, seine Lebensformen, sind — auch wenn er isoliert als Individuum handelt, wie etwa beim Lernen, Patience-Spielen oder Joggen — wenigstens teilweise durch institutionelle Handlungsrahmen bestimmt. (iii) Die Abhängigkeit der Institutionen von praktischen Informationen Das Wesen der Institutionen kann nicht durch bloße Verhaltensbeschreibungen dargestellt werden. Verhaltensabläufe und deren Regelmäßigkeiten oder statistische Häufigkeiten können Institutionen nicht angemessen und vollständig charakterisieren. Institutionen — wie ζ. B. das Recht, die Familie, das Geld, ein Betrieb, die Universität oder verschiedene Spiele — können nur i m Zusammenhang mit den ihnen zugrunde liegenden normativen Regulativen funktionieren. Diese These betrachte ich als Kernsatz meiner Konzeption der Institutionen. Ich nenne meine Auffassung deswegen ,normativistische Institutionentheorie'. Da Institutionen Handlungsstrukturen sind, können sie nur aufgrund der zugehörigen praktischen Informationen fungieren. Die Theorie der Institutionen kann die Gegenstände ihrer Untersuchung nicht durch Verhaltensbeschreibungen allein angemessen und hinreichend charakterisieren; sie muß vielmehr die praktischen Informationen als Kern der Institutionen aufdecken und explizit darstellen. Das Recht ebenso wie andere gesellschaftliche Normensysteme sind institutionelle Tatsachen. Von ihnen gilt trivialerweise der Kernsatz meiner Auffassung: Sie sind Normensysteme, nicht Systeme tatsächlichen Verhaltens. Meine Auffassung steht daher i n Opposition zur A n sicht mancher Rechtsrealisten, daß Recht Prognosen über das zukünftige Verhalten des Rechtsstabs sei. Gesellschaftlichen Normen kommt institutionelle Existenz zu, weil sie i n Wirkzusammenhängen m i t realen Systemen von Handlungen (eventuell potentiellen Handlungen) stehen. Institutionen, die man sonst gewöhnlich i m Sinne hat — Hauriou teilt sie ein i n institutions personnes' und ,institutions choses'10 —, sind komplex: sie beruhen auf einem System normativer Regeln, durch das ihre 10 M. Hauriou, Die Theorie der I n s t i t u t i o n u n d der Gründung. Essay über den sozialen Vitalismus, in: ders., Die Theorie der Institution, hrsg. v. R. Schnur, B e r l i n 1965.

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Struktur bestimmt ist und das einerseits das Handeln der Institutionen (ζ. B. einer Körperschaft) und andererseits das Verhalten der Menschen i n den Institutionen als deren Teilnehmer regelt; ferner haben sie ein sachliches und ein personales Substrat. Institutionen sind zu etwas da; sie sind daher funktional explizierbar. Daß die normativistische Konzeption der Institutionen nicht nur auf der allgemein begrifflichen Festsetzung beruht, dergemäß Institutionen wegen ihrer handlungsrelativen Funktion praktische Informationen umfassen müssen, sondern daß der Kern praktischer Sinngehalte von Institutionen auch konkret aufgewiesen werden kann, sei an einem Modellbeispiel des Schachspiels demonstriert: Spiele sind Institutionen; ad hoc oder — meist — relativ auf Dauer eingeführte Rahmen für eine gewisse Tätigkeit oder für eine geregelte Interaktion zwischen den Spielern. Durch Regeln sind die Rahmenbedingungen des Schachspiels definiert: Schachbrett, Figuren, Ausgangsposition, Operationsregeln usw. Man kann nun fragen, ob diese Regeln als normative Regeln oder als Definitionen anzusehen sind. Wären sie bloß Definitionen, würde dies bedeuten, daß derjenige, der die Regeln nicht einhält, nicht eine „Schachspiel-Pflicht" verletzt, sondern einfach nicht Schach spielt 11 . Es ist zwar niemand verpflichtet, Schach zu spielen; die Schachregeln gelten also für die Spieler nicht als gesellschaftlich auferlegtes Zwangssystem, sondern nur aufgrund des freiwilligen Eintritts ins Spiel; dann sind sie aber relevant für die Möglichkeit, Akte zu setzen, sie statuieren ein Pflichtverhalten und definieren die Ergebnisse des Spiels: das gewonnene (verlorene) Spiel, Remis. Ich möchte betonen, daß keine noch so vollständige Beschreibung des Spielverhaltens der Schachspieler (in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) das Wesen des Schachspiels bestimmen kann. Nur wenn man die Regeln versteht, kennt man das Spiel als Institution einer gewissen Struktur. Analog wie bei anderen Institutionen — ζ. B. dem Rechtsleben — determiniert das normative Regulativ des Schachspiels den Rahmen der Spielhandlungen, die Intention des Spielers — nämlich den Gegner schachmatt zu setzen —, nicht aber das Handeln selbst; dies ist Sache 11 Zwischen definitorischem Rahmen u n d Regeln des Systems gibt es keine logisch scharfe Grenze. Es ist eher eine zweckmäßige Trennung i n der Darstellungsweise, die Definitionen u n d normative Regeln i n der Konstitution v o n Spielen (oder anderen Institutionen) unterscheidet. Jedenfalls ist aber zu unterstreichen, daß Spielregeln auch (neben Definitionen) normative Bestimmungen umfassen. Z u diesem Problem vgl. D. N. MacCormick / O. Weinberger , Grundlagen des Institutionalistischen Rechtspositivismus (FN 1), S. 25 ff.

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anderer — der sogenannten strategischen — Regeln. Die Spielhandlungen unterliegen den Entscheidungen des Spielers und sind abhängig von seiner Invention und Strategie. Auch i m praktischen Leben ist durch die Rechtsregeln allein nicht bestimmt, wie man sich i m Rahmen des Rechts zweckmäßig verhält. (iv) Rollen und

Institutionen

Rollen können als Elemente von Institutionen angesehen werden. Sie sind nicht nur Verhaltensweisen, die von Menschen i n gewissen Positionen i n der Regel realisiert werden, sondern sie sind Verhaltensmuster i n doppeltem Sinne: (1) als übliche Verhaltensweisen gewisser Typen von Rollenträgern, und (2) als Regeln des Sich-Verhalten-Sollens für diese Rollenträger. Rollen sind nicht nur Schemata des Normalverhaltens von Rollenträgern, sondern sie umfassen Sollen, Dürfen und Können, Zielbestimmungen und rollenrelative Wertestandards. Rollen sind also m i t praktischen Informationen verbunden, und zwar meist sowohl m i t rechtlichen als auch mit moralischen Postulaten. Von Rollenträgern werden spezifische Verhaltensweisen nicht nur erwartet, sondern auch gefordert. Rollenbewußtsein ist nicht nur ein System von spezifischen Verhaltensgewohnheiten, es ist auch das Bewußtsein einer Aufgabe, von Pflichten und Verantwortung. Die Analyse der Rollen und des Rollenbewußtseins hat verschiedene Aspekte. Psychologisch gesehen ist das Bewußtsein von Rollenpflichten nicht nur eine Konstituente der Lebensform des Einzelnen, sondern auch eine Vorbedingung des zufriedenen Lebens. Rollenbewußtsein und Rollenverhalten sind notwendige Bausteine sozialer Beziehungen. Die Bewertung der Ausgewogenheit des Rollenspiels ist ein entscheidendes Element der Gerechtigkeitsanalysen 113 . (v) Institution, Institutionalisierung; Stabilität und Wandel Handeln ist praktisch nur möglich auf der Basis wenigstens relativ stabiler Rahmen und aufgrund stabilisierender Verhaltensmuster. Das Handeln hat eine gewisse Tendenz zur Herausbildung gewisser Verhaltensformen. Erprobte, erlernte und eingeübte Vorgangsweisen werVgl. O. Weinberger, Die Conditio Humana u n d das Ideal der Gerechtigkeit, A k t e n des X I . Weltkongresses der I V R i n H e l s i n k i 1983, ARSP Beiheft, i m Druck.

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den beibehalten, solange kein Motiv zu ihrer Modifikation vorliegt. Das Handeln ist zwar prinzipiell als zielstrebig anzusehen, die teleologische Abwägung und die Bestimmung der Handlungsweise rollt aber die teleologische Analyse nicht unentwegt auf, sondern realisiert Blöcke erprobter Handlungsabläufe, die zweckmäßig zur Lösung aktueller Aufgaben zusammengestellt werden. Es besteht auch i m Bereich der Institutionen und der mit ihnen korrelierenden gesellschaftlichen Beziehungen eine grundlegende Tendenz, Interaktionsformen beizubehalten und nach Schemen, die zur Gewohnheit geworden sind, zu leben. Wie der Prozeß der Institutionalisierung i m einzelnen vor sich geht, muß von der Soziologie untersucht werden. Die hierbei wesentlichen Vorgänge bauen auf der erwähnten Grundtendenz zur Wiederholung und Stabilisierung auf; sonst dürfte der Vorgang der Institutionalisierung je nach der A r t der Institution und der gegebenen Situation ziemlich verschieden verlaufen. Institutionalisierung bedeutet eine gewisse Stabilisierung von Einrichtungen, Rollen, Aktions- und Interaktionsformen. Es mag scheinen, und die Problematik w i r d wohl auch oft so aufgefaßt, daß Institutionen als Ergebnisse von Institutionalisierung definiert werden können. Ich neige jedoch zur Auffassung, daß das Wesen der Institutionen und der gesellschaftliche Prozeß der Institutionalisierung als zwei verschiedene, wenn auch meist zusammenhängende, Fragen behandelt werden sollten. Auch i n individuellen Situationen entsteht ein System von Regeln der Interaktion, das man als Institution ansehen kann, unabhängig davon, ob es zu einer stabilen Dauereinrichtung wird. Interaktionen und Gemeinschaften ad hoc sollten aus der institutionstheoretischen Betrachtung nicht ausgeschlossen werden, weil sie i n ähnlicher Weise Handlungsrahmen sind, wie etablierte Institutionen. Außerdem werden sie gelegentlich zu Ausgangspunkten von Dauereinrichtungen. Zweifellos bestehen i n der Gesellschaft Tendenzen zur Stabilisierung von Institutionen; und die Frage der Stabilisierung ist zweifellos rechtspolitisch drängend. Gegenstand der Theorie der Institutionen sollten aber gleichermaßen stabile wie instabile Institutionen sein. I n manchen rechtspolitischen und systemtheoretischen Lehren w i r d die Erreichung von Stabilität der Institution bzw. des Systems als entscheidendes K r i t e r i u m des guten Funktionierens einer Institution angesehen. Andere Denker unterstreichen eher die Forderung, daß die Institutionen die Fähigkeit zu einem inneren Wandel besitzen müssen. Ich b i n der Meinung, daß es zum Wesen der effektiven und insbesondere der demokratischen Institutionen gehört, daß sie den Wandel als inneren Prozeß i n der Institution realisieren. Ich weiß, daß Institutio-

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nen eine gewisse ideelle Basis i m Sinne einer ideé directrice haben und daß Leitgedanken meist bestehen bleiben und sich oft nur die V e r w i r k lichungstaktiken verändern. Trotz dieser wohl kaum bestreitbaren Tendenz halte ich es für durchaus möglich, wenn man sich von dem ideologischen Vorurteil der absoluten Voraussetzung der ideé directrice als unabänderlichem Kristallisationszentrum der Institution freimacht, die Adaptivität und Wandelbarkeit der Institution als dialogisch-dialektischen Prozeß bis i n den Bereich der Leitideen für möglich und für gelegentlich zweckmäßig zu halten. (vi) Institutionelle

Realien

Durch Institutionen werden neue Tatsachen geschaffen, und zwar teils als reale Gegenstände m i t spezifischer Funktion (ζ. B. Geld, Schachfiguren, Schulen), teils als normative Verhaltens- und Kompetenzregeln, teils als Handlungsmuster, also als Elemente der Lebensform. Es entstehen Tatsachen, die durch physikalisch-chemische Beschreibungen nicht adäquat dargestellt werden können: die institutionellen Tatsachen 12 . Institutionelle Tatsachen sind Element der menschlichen Wirklichkeit. (vii) Das institutionelle

Dasein gesellschaftlicher

Normen

Die Geltung gesellschaftlicher Normen beruht auf ihrer Beziehung zu Institutionen. Die Norm, z. B. eine Rechtsnorm, existiert i n der gesellschaftlichen Wirklichkeit genau dann, wenn sie i n Wirkzusammenhängen steht m i t Institutionen. Die Geltung der Rechtsnorm ist weder eine Erwartung aufgrund einer Prognose über das zukünftige Verhalten des Rechtsstabs — wie manche Rechtsrealisten meinen —, noch bloßes ideales Bestehen aufgrund einer Annahme, wie der reine Normativismus behauptet, sondern sie beruht auf der wesenhaften Verquickung von Norm und Realität i n der Institution. (viii) Das Eigenleben von

Institutionen

Institutionen unterliegen einer gewissen gesellschaftlichen Dynamik. Durch die institutionellen Realien entstehen neue Situationen, neue Handlungsmöglichkeiten und gegebenenfalls neue Handlungserfahrungen. Institutionen wachsen, verzweigen sich und ändern dadurch oft 12 G. E. M. Anscombe, On Brute Facts, Analysis 18, 3, 1958, S. 69 - 72; J. R. Searle, Speech Acts. A n Essay i n the Philosophy of Language, Cambridge 1969; O. Weinberger, Ausgangspunkte des Institutionalistischen Rechtspositivismus, D. Ν. MacCormick, Das Recht als institutionelle Tatsache, beides in: D. N. MacCormick / O. Weinberger, Grundlagen des Institutionalistischen Rechtspositivsmus (FN 1), S. 11 - 56; S. 76 - 107.

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ihre Struktur und Funktion. Es entstehen aufgrund des Wirkens der Institution, durch das Zusammentreffen verschiedener Institutionen oder durch andere gesellschaftlich relevante Momente neue Bedürfnisse, durch die neue Institutionen ins Leben gerufen werden oder eine Transformation bisheriger Einrichtungen eintritt. Das Eigenleben der Institutionen besteht nicht nur i n dieser Dynamik. Es entstehen nicht nur neue Formen und Verhaltenspotentialitäten; es verlieren auch gewisse Vorgangsweisen, Einstellungen und Lebensformen ihren Boden und ihre Funktion. Das Eigenleben der Institutionen zeigt sich unter gewissen Umständen auch darin, daß durch Institutionen etablierte Verwaltensweisen oft beibehalten werden, auch wenn sie ihre Funktion verloren haben. (ix) Institution

und System

Institutionen müssen als Systemrelationen angesehen werden, aber gleichzeitig auch i n ihrer Sinnhaftigkeit, Funktionalität und praktischinformationellen Charakteristik verstanden werden. 4. Die Bolle des Rechts bei Schelsky Der Begriff des Rechts spielt i n Schelskys Lehre eine wesentliche Rolle. Ich möchte drei Bereiche hervorheben, in denen dieser Begriff für ihn von fundamentaler Relevanz ist: — die Konzeption der allgemeinen theoretischen Soziologie, — die Theorie der Institutionen, — die Rolle, die er dem Recht als Garanten der personalen Freiheit zuschreibt. (i) Soziologie und Recht Für die allgemeine soziologische Theorie postuliert Schelsky, sie dürfe das Recht nicht bloß als Gegenstand der Rechtssoziologie ansehen, sondern sie müsse das Recht auch als wesentliches Element der allgemeinen theoretischen Soziologie berücksichtigen 13 . Diese These hat gewisse Berührungspunkte m i t meiner Auffassung, u m so mehr als auch Schelskys Überlegungen ebenso wie meine handlungstheoretisch konzipiert sind. Wenn man von der Betrachtung des menschlichen, individuellen und sozialen Handelns ausgeht, gelangt man notwendigerweise zu der Erkenntnis, daß normative Regeln und andere stellungnehmende Infor13 Vgl. H. Schelsky, Systemfunktionaler, anthropologischer u n d personfunktionaler Ansatz i n der Rechtssoziologie, in: ders., Die Soziologen u n d das Recht, Opladen 1980, S. 95.

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mationen zur Explikation dieser Phänomene i n Rechnung gezogen werden müssen. Bei Schelsky hat diese Funktion das Recht, das er als bewußte Regelung und Gestaltung durch freies und bewußtes Zweckhandeln betrachtet. Er zweifelt daran, daß die Pluralität der gesellschaftlichen Normensysteme (Sitte, Brauchtum, Religionsnormen usw.) sich aus einem ursprünglich einheitlichen Normensystem entwickelt hat, jedenfalls aber meint er, daß von Anbeginn allein das Recht die gesellschaftlichen Institutionen durch bewußtes Zweckhandeln schaffen konnte und daß es auch heute eigentlich das soziologisch entscheidende Soll-System ist. I n meiner Auffassung sind verschiedene normative Regulative — nicht nur das Recht — und deren Zusammenspiel in der Gesellschaft und i m Leben des Einzelnen i n Betracht zu ziehen. Dies ergibt m. E. ein adäquateres B i l d der Rechtsrealität ebenso wie der aktuellen politischen Welt, i n der ζ. B. die Normen und Organisationen der Religion eine nicht unwesentliche Rolle spielen. I n unserer Gesellschaft ist das Wirken des Rechts m. E. nur dann adäquat erfaßbar, wenn man das Zusammenspiel von Recht m i t anderen Normensystemen in Betracht zieht. Diese Betrachtung liegt wenigstens i n zwei Ebenen: i n jener der Transformation gewisser Grundsätze der Moral, Sitte, Religion usw. i n das Rechtssystem sowie i n der Ebene der Verhaltensdetermination des Individuums, das gleichzeitig durch das Recht und durch andere normative Regulative beeinflußt wird. Der Richter, der politische Funktionär und i n vielen Situationen jeder einzelne Bürger handeln nicht allein nach dem Recht, sondern i m Wirkungsfeld verschiedener normativer Regulative. Es ist für das Rechtsleben wichtig, daß der Richter sein Entscheiden nicht nur als Job, sondern auch als moralische Aufgabe ansieht. Meine Auffassung ist nicht nur allgemeiner und differenzierter als Schelskys Hinweise auf die Rolle des Rechts, denn es ist wichtig, i n komplexen Gesellschaften m i t dem Nebeneinander und dem Zusammenwirken einer Pluralität von Normensystemen zu rechnen, sondern sie orientiert sich auch an einer anderen Handlungstheorie, nämlich an einer formalen Theorie der Handlung, dergemäß die Handlung der Einzelpersonen und gesellschaftliches Handeln analog strukturiert sind, während Schelsky das Wesen der Handlung von der Person und der menschlichen Natur aus zu verstehen sucht 14 . (ii) Recht und

Institution

Wenn ich richtig sehe, bildet die Idee der Wechselwirkung zwischen der Einzelperson und der Institution den Kern von Schelskys Theorie der Institutionen. Und diese Wechselwirkung konzipiert er handlungstheoretisch. Er knüpft i n gewisser Weise insoweit an Gehlen an, als er 14

Ebd., S. 95.

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die Institutionen als notwendige Konstituenten und Rahmen des menschlichen Verhaltens und Handelns betrachtet, die infolge des Wegfalls, oder genauer: der sehr eingeschränkten Rolle, der Steuerung durch Instinkte, auftreten; er untersucht aber — wie er meint, i n Opposition zu Gehlen — die Wirkung der Person auf die Institutionen. Das Subjekt w i r d nicht einseitig durch die Institutionen gelenkt, sondern es schafft selbst die Institutionen, welche ihrerseits das Handeln des einzelnen mitbestimmen. „Die konkreten sozialen Tatbestände institutioneller A r t wirken auf die Motiv- und Willensstruktur der Personen steuernd und beeinflussend ein, aber umgekehrt bestimmen und verändern der subjektive Wille und die Zielvorstellungen der Menschen dauernd das Recht, j a schaffen immer neues 15 ." Angesichts der Tatsache, daß die Relation „Individuum — Gesellschaft — Recht" von Schelsky als Kreisprozeß angesehen wird, betrachtet er die Frage, ob die institutionelle Ordnung oder aber das Bewußtsein des sozial Handelnden die primäre Basis des Rechts darstellt, als müßig. Schelsky identifiziert nicht — etwa wie Santi Romano 16 — Institution und Recht, er sieht aber klar sowohl den institutionellen Charakter des Rechts als auch die Institutionen aufbauende und Ordnung schaffende Rolle des Rechts. Das Recht ist ein sozialer Mechanismus, an dem sich das Handeln des Einzelnen orientiert; es ist ein soziales Instrument der Stabilisierung des Gewordenen, ebenso wie es ein Mittel des sozialen Wandels sein kann. Daher ist es beteiligt am Entstehen, am Wandel und an der Entwicklung der Institutionen. Schelsky stützt sich bei der Darlegung der Institutionentheorie auf die Darstellungen anderer Autoren, wobei nicht immer ganz klar wird, ob er die Lehre, die er referiert, restlos rezipiert. Institutionen werden i n funktionaler und i n institutioneller Sicht analysiert. Sie erfüllen anthropologische oder/und kulturelle Bedürfnisse. Neue Institutionen werden aufgrund der durch die primären Institutionen hervorgerufenen Bedürfnisse ins Leben gerufen. Es gibt also eine A r t genetischer Schichtung der Institutionen. Leitideen spielen bei Schelsky ebenso wie bei anderen Institutionentheoretikern — Malinowski, Hauriou, Carl Schmitt — eine wesentliche Rolle. Sie sind Ausdruck des schöpferischen Anteils des Einzelnen an der Konstitution von Institutionen. Sie sind nicht identisch m i t den bestehenden Bedürfnissen. Sie begründen Funktionen und ermöglichen einen personalen Ansatz i n der Institutionentheorie sowie personfunk15 16

Ebd., S. 78. S. Romano, Die Rechtsordnung, hrsg. von R. Schnur, B e r l i n 1975.

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tionale und politisch-funktionale Analysen der Institutionen unter Berücksichtigung von gesellschaftlichen Funktionen und ideellen Kernen (ggf. Ideologien). M. E. ist es zwar richtig, daß die den Institutionen zugrunde liegenden Leitideen nicht mit Zwecken gleichgesetzt werden dürfen und nicht einfach als Produkte der individuellen oder gesellschaftlichen Bedürfnisse anzusehen sind; sie sind Programmkonstruktionen, die ihrem Wesen nach von Bedürfnisstrukturen abhängen und Zweckvorstellungen mitumfassen. Ideen und Leitbilder zu produzieren und entsprechende Institutionen ins Leben zu rufen, betrachtet Schelsky als anthropologische Notwendigkeit. Schelsky geht von der These aus, daß soziologische Theorien grundsätzlich von zweierlei begrifflichen Ansätzen ausgehen können: entweder vom sozialen Handeln oder aber vom Ganzen der Gesellschaft 17 . Er selbst geht von handlungstheoretischen Überlegungen aus; zu den ganzheitlich fundierten Theorien rechnet er neben den „Organologen" — wie er sagt — auch den systemtheoretischen Z u t r i t t zur Soziologie. A n anderer Stelle spricht er davon, daß man eine Typologie soziologischer Theorien gewinnen kann, wenn man sie danach unterscheidet, ob sie vom Ganzen der Gesellschaft her oder ausgehend vom Individuum die soziale Wirklichkeit zu erklären suchen. Er selbst scheint m i r durch seine Theorie der kreisprozeßartigen Wechselwirkung diese Alternative soziologischer Ansätze überwinden zu wollen. Von meinem Standpunkt aus besteht nicht nur eine Wechselwirkung zwischen individuellen Personen und gesellschaftlichen Ganzheiten, sondern auch insoweit eine strukturelle Beziehung zwischen beiden Explanationsweisen, als die formale Handlungstheorie sowohl individuelles als auch soziales Handeln betrifft. I n meiner Sicht erscheint auch der systemtheoretische Z u t r i t t nicht als Gegenposition des handlungstheoretischen Zutritts, sondern als Versuch, individuelles, kollektives und soziales Handeln i n ihrer wechselseitigen und komplexen Relation zu explizieren. Schelskys drei möglichen Ansätze i n der Rechtssoziologie (analog vielleicht auch i n der allgemeinen Soziologie): systemfunktionaler, anthropologischer und personfunktionaler Zutritt, erscheinen m i r eher als sich ergänzende Partialperspektiven denn als alternative Konzeptionen.

17 H. Schelsky, Z u r soziologischen Theorie der Institution, in: ders., Zur Theorie der Institution, S. 10.

4 Schelsky-Gedächtnissymposion

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(iii) Das Recht in personfunktionaler und als Basis der Freiheit

Sicht

Schelskys Meinung, daß das Recht auch i n personfunktionaler Sicht betrachtet werden kann, und seine Forderung, daß es so betrachtet werden muß, entspringen einerseits aus seiner Konzeption der Beziehung zwischen Individuum und Institution als eines Kreisprozesses, andererseits aus der Überzeugung, daß es anthropologisch notwendige Endziele des Menschen gibt, welche das Wesen des Rechts funktional und i n gewissem Sinne inhaltlich bestimmen. Es ist also nicht nur eine anthropologische Gegebenheit, daß der Mensch Institutionen schafft und zu deren Konstituierung Leitideen konzipiert, welche i n den Institutionen zur sozialen Wirklichkeit werden, wobei auch das entsprechende Recht herausgebildet wird; es gibt »personale Leitideen des Rechts', die anthropologisch fundiert sind und die als absolute Zwecke des Rechts die Position des Individuums zu anderen Menschen und gegenüber der Gesellschaft und dem Rechtssystem schützen. Die postulierten und immanent anthropologisch verankerten Leitideen des Rechts bezeichnet Schelsky als: (a) Gegenseitigkeit auf Dauer, (b) Gleichheit bei Verschiedenheit, (c) Integrität und Autonomie der Person gegenüber der Organisation. Diese Tafel der rechtlichen Leitideen ist offenbar mit Schelskys Vorstellung verbunden, daß das Recht die Basis der personalen Freiheit ist und diesem anthropologischen Charakter des Menschen entsprechend gestaltet werden muß. Seine anthropologisch-funktionale Charakteristik des Rechts ist also weltanschaulich durchaus nicht indifferent, also auch politisch wesentlich spezifischer als etwa Harts anthropologisch-funktionale Charakteristik des Rechts, die bei i h m unter dem Namen ,Minimalgehalt an Naturrecht' auftritt 1 8 . Die angeführten Leitideen des Rechts versteht Schelsky nicht — jedenfalls nicht primär — als rechtsphilosophische oder dogmatische Prinzipien, sondern vor allem als soziologische Charakteristik, nicht rechtsgeschichtlich, sondern strukturlogisch, und zwar m i t dem Bewußtsein der gesellschaftsprogrammatischen Rolle dieser Theorie. Das Prinzip der Gegenseitigkeit scheint für das Recht genetisch und funktional von primärer Bedeutung zu sein. Es strukturiert das ,Geben' und »Empfangen' m i t der Tendenz zur Institutionalisierung. Es treten Publizitätsmomente hinzu: Zeugen, Zeremoniell und aktive Ga18

H. L. A . Hart,

The Concept of Law, Oxford 1961, S. 189 ff.

Soziologie u n d normative Institutionentheorie

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ranten, insbesondere dann, wenn Interessen Dritter tangiert sind und wenn institutionelle Dauerhaftigkeit sowie Durchsetzbarkeit erreicht werden sollen. »Gleichheit bei Verschiedenheit' ist ein Schlagwort, das die Verschiedenheit von Herrschenden und Beherrschten entschärft durch die Gleichheit des Rechts; sie ist die Verrechtlichung der Macht durch Unterstellung der Macht unter das Recht mit der Konsequenz von Machtverteilung und Garantie des Freiheitsraumes der Person. Das Recht als Mittel der Sicherung der Person gegenüber den Zwängen der Gesellschaft i n Form der Herrschaft sei i n der aktuellen Welt weitgehend verloren gegangen. Für die Sozialstruktur unserer Gesellschaft sei das Umschlagen personaler Rechte i n organisierte und kollektiv institutionalisierte Rechte durch spezifische soziale Organisationen charakteristisch. Daraus entspringt die aktuelle Leitidee, der Schelsky heute besondere politische Relevanz zuschreibt, nämlich: das Postulat der Integrität und Autonomie der Person gegenüber der sozialen Ordnung. Er plädiert für die freie Persönlichkeit und gegen ihre Auflösung i n ein System sozialer Rollen, die eine Steuerung durch die entsprechenden rollenrelativen Institutionen impliziert. M. E. w i r d hier ein wesentliches strukturelles und politisches Problem aufgeworfen: Durchsetzung von partikularen Rolleninteressen sowie Schutz der Rollenfunktionen und der Person als Rollenträger erfordern partikulare Organisationen; die Existenz dieser Organisationen schlägt aber oft u m i n eine weitgehende Einschränkung personaler Freiheiten. Gibt es einen Weg der harmonischen Verbindung zwischen organisierter Durchsetzung von Interessen und der personalen Unabhängigkeit des Einzelnen von diesen Organisationen? Nicht die Auflösung von partikularen Interessensinstitutionen ist m. E. ein gangbarer Weg zur Sicherstellung der personalen Autonomie, sondern eine angemessene Ausgewogenheit der Funktion verschiedener Interessensinstitutionen und die allgemeine Anerkennung der Postulate der personalen Autonomie als eines Elements der demokratischen Lebensform. Die Struktur der Institutionen muß gewissen materiellen demokratischen Prinzipien (z. B. der Forderung nach Minderheitenschutz, nach freier meinungsbildender Diskussion) entsprechen. 5. Schelsky und Luhmanns systemtheoretische Methode Es scheint mir, daß Schelsky aufgrund seiner theorienpluralistischen Einstellung ein konfliktfreies Zusammenbestehen des anthropologischen und des personfunktionalen Ansatzes i n der Rechtssoziologie akzeptiert; Analoges gilt aber nicht ganz von der systemtheoretischen 4»

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Ota Weinberger

Funktionsanalyse, wie er sie vor allem i n der Luhmannschen Lehre vorfindet. Er erkannte zwar die Bedeutung von systemtheoretischen Analysen, doch m i t markanter Reserviertheit und mit tiefem Zweifel an ihrer pragmatischen Relevanz und Verwertbarkeit. Eine Reihe seiner Bedenken hat er explizit formuliert, andere scheinen seine reservierte bis ablehnende Haltung implizit bedingt zu haben, ohne daß er eine echte Auseinandersetzung vorgelegt hätte. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Schelsky es einerseits als erforderlich empfindet, sich m i t Luhmanns Lehre kritisch auseinanderzusetzen, andererseits aber Schwierigkeiten hat, diese Diskussion i m gesamten Feld der Meinungsverschiedenheiten überzeugend durchzuführen. M i t den einzelnen Begriffsexplikationen Luhmanns hat er sich i m einzelnen kaum auseinandergesetzt, obwohl dies für eine echte K r i t i k m. E. notwendig wäre. Schelsky war nicht nur Theoretiker, sondern auch empirischer Soziologe. Ich halte ihn für einen eminent politischen Denker, dessen Theorie als Basis empirischer Forschung dienen und gleichzeitig ein Weltb i l d mit politischen Perspektiven anbieten sollte. Er war kein formalistischer Denker. Es ist daher m. E. kein Wunder, daß ihm die Denkweise Luhmanns eigentlich fremd war, und daß i h m dessen Lehre befremdlich, ja i m Grunde unfruchtbar erschien. Luhmanns Theorie t r i t t i m Prinzip als empirische Theorie auf; sie w i l l strukturelle Realitäten beschreiben und nicht eine spekulative Metaphysik der Gesellschaft und des Rechts sein. Sie ist aber keine operationell-empirische Theorie. Ihre Grundbegriffe sind nicht operationeil bestimmt. Sie ist ein verstehend-explikatives System i n formaler Terminologie, nicht aber ein System von Hypothesen, das durch empirische Beobachtung Schritt für Schritt getestet wird. Schelskys Zweifel erscheinen m i r i n dieser Richtung verständlich. Schelsky konzipiert das Handeln personalistisch, als Funktion des bewußten Wollens und autonomen Entscheidens, und er deutet daher systemtheoretische Analysen als Gegenposition zur handlungstheoretischen Sicht. Die systemtheoretische Konzeption, welche — wie er sagt — die Person auf einen der Umwelttatbestände reduziert, die funktionale Äquivalenzen nebeneinanderstellt, ohne sich m i t den Differenzen wertend zu befassen, erscheinen Schelsky als formalistisches und praktisch inapplikables Spiel, das fern von der Lebenswirklichkeit ist. Diese Einstellung zeigt sich wohl am klarsten i n dem Satz: „ I n der Systemkategorie Luhmanns werden alle Katzen funktional grau 19 ." Explikationen mit Begriffen wie ,Reduktion der Komplexität' erscheinen i h m als 19

H. Schelsky, Die Soziologen u n d das Recht (FN 13), S. 93.

Soziologie und normative Institutionentheorie

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eine A r t von Zauberformel, m i t der man alles oder nichts erklären kann. Er kann sich nicht damit abfinden, daß Recht nach Luhmann nur kraft der Entscheidung durch soziale und politische Verfahren gelte, ohne daß man die i n der Rechtsetzung verankerte Lebenssinnentscheidung ins Auge faßt, denn der Schwerpunkt von Schelskys Überlegungen sind gerade diese Entscheidungen über Sinn und Lebensformen. Luhmanns Lehre führt zu Transformationen etlicher klassischer Begriffe der Rechtstheorie und zur Umdeutung verschiedener juristischer Grundprobleme. Diesen beiden Vorgangsweisen stand Schelsky — wie auch viele andere — mit Befremden gegenüber. Kann man das Problem der Gerechtigkeit — u m nur ein Beispiel zu nennen — auf das Postulat adäquater Komplexität transformieren, ohne Befremden und Widerspruch hervorzurufen? Wenn man von der Luhmannschen These „Ein System hat als Rechtsordnung adäquate Komplexität, i n dem Maße, als es seine übrigen Variablen auf die Ermöglichung konsistenten Entscheidens einspielt" 20 , ausgeht, dann w i r d die gesamte Gerechtigkeitsproblematik wertfrei gemacht, denn konsistentes Entscheiden ist m i t wertwidrigen Inhalten genauso gut möglich wie m i t akzeptablen. Auch ein Rechtspositivist kann dies nicht akzeptieren, soweit er Gerechtigkeit als Aufgabe auffaßt und die logische Struktur von de-legeferenda-Argumentationen als Problem der analytischen Jurisprudenz ansieht 21 . A n zwei Beispielen möchte ich zeigen, wie Luhmanns Begriffsexplikationen problematisch sind und — wie ich meine — zu einer unangemessenen Problemverschiebung führen. Komplexität definiert er i n seiner „Rechtssoziologie" als die Tatsache, daß es mehr Möglichkeiten gibt, als aktualisiert werden können 22 . Wenn er vom Anwachsen und von der Reduktion der Komplexität spricht, w i r d das Problem der Meßbarkeit und des quantitativen Vergleichs von Komplexität zu einer wichtigen Frage. 1973 weist er selbst auf die Schwierigkeiten hin, diesen Begriff genau zu bestimmen und meßbar zu machen. 20

N. Luhmann, Gerechtigkeit i n den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft, Rechtstheorie, 4. Bd., 1973, S. 153. 21 Vgl. O. Weinberger, Jenseits v o n Positivismus u n d Naturrecht, in: Contemporary Conceptions of L a w — 9th W o r l d Congress (Basel 1979), ARS Ρ, Supplementa, Vol. I. P a r t i , 1982, S.43 - 56. 22 N. Luhmann, Rechtssoziologie, Hamburg 1972, Bd. 1, S.31: „Unter Komplexität w o l l e n w i r verstehen, daß es stets mehr Möglichkeiten gibt, als aktualisiert werden können." Ähnlich, aber etwas ausführlicher S. 6: „Unter Komplexität soll hier u n d i m folgenden die Gesamtheit der Möglichkeiten des Erlebens u n d Handelns verstanden werden, deren Aktualisierung ein Sinnzusammenhang zuläßt."

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Ota Weinberger

„Jeder Versuch, die Denkmittel und bisherigen Erfahrungen der Systemtheorie für diese Aufgabe der Spezifikation einzusetzen, w i r d sich mit der Tatsache konfrontiert sehen, daß es nicht gelungen ist, einen eindeutigen, eindimensionalen Begriff der Komplexität zu bilden und logisch oder gar empirisch zu verwenden." . . . „ I n einem solchen für Recht zuständigen hochkomplexen Entscheidungssystem, i n dem die eigene Systemkomplexität zum Problem wird, kann man unterscheiden zwischen Variablen der Steigerung von Komplexität und Variablen, welche Möglichkeiten der Reduktion zu hoher Komplexität ausweisen. Um zunächst einen Überblick zu geben, stellen w i r die wichtigsten Variablen wie folgt zusammen: 1. Die Größe des Systems i m Sinne der Zahl der getroffenen und zu treffenden Entscheidungen; 2. die Varietät des Systems i m Sinne der Verschiedenartigkeit der getroffenen und zu treffenden Entscheidungen; 3. die Interdependenz im System i m Sinne der Abhängigkeit zwischen den einzelnen Entscheidungen; 4. der Generalisierungsgrad der Struktur des Systems, nämlich der programmatischen, organisatorischen und personellen Prämissen des Entscheidens, und davon abhängig die Zahl, Varietät und Interdependenz der i m System möglichen Entscheidungen und davon abhängig das Ausmaß der Selbstselektivität des Systems; und 5. die Häufigkeit und dungsprämissen 23. "

das Tempo der Veränderung

von Entschei-

Ermöglicht dieser Begriff ein Messen bzw. ein Vergleichen und größenmäßiges Ordnen der Systeme je nach Komplexität? Ich zweifle daran, denn es gibt kaum eine sinnvolle relative Gewichtung der Relevanz der Variablen, von denen die Komplexität abhängt. Ich betrachte daher Komplexität nicht — wie Luhmann — als mehrdimensionalen Begriff, sondern als eine A r t Familienbegriff, der nur aufgrund einer gewissen, für die analysierte Frage relevanten Spezifizierung und Operationalisierung i n einer Strukturtheorie verwendbar gemacht werden kann und Urteile über Veränderung der Komplexität erst sinnvoll macht. Es scheint m i r außerdem, daß sich dieser Komplexitätsbegriff von dem i n der „Rechtssoziologie" wesentlich unterscheidet.

N. Luhmann,

G e r e c h t i g k e i t . . . (FN 20), S. 155 f.

Soziologie u n d normative Institutionentheorie

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Luhmann versucht, den traditionellen Begriff der Norm durch eine behavioristisch-lerntheoretische Begriffsexplikation auszuschalten und durch eine A r t von Erwartung zu ersetzen. „Normen sind kontrafaktisch stabilisierte Erwartungen." Es gibt nach Luhmann i m wesentlichen zweierlei Erwartungen: kognitive und normative; ihre Grenze ist nicht scharf. „Kognitive Erwartungen sind m i t h i n durch eine nicht notwendig bewußte Lernbereitschaft ausgezeichnet, normative Erwartungen dagegen durch die Entschlossenheit, aus Enttäuschungen nicht zu lernen 24 ." Entscheidend sei also die A r t und Weise, wie die Enttäuschung der Erwartung behandelt wird. Aufgrund dieser Konzeption gibt es natürlich keine klare Grenze zwischen kognitiver und normativer Erwartung, also zwischen Sein und Sollen. Wenn man mit dem Begriff der Erwartungen arbeitet, sollte man immer klarstellen, u m wessen Erwartung es geht. I m Prinzip haben Erwartungen nur einzelne Menschen, man kann jedoch i m abgeleiteten Sinn auch von den i n einer Gruppe vorherrschenden Erwartungen sprechen. Erwartungen sind i m wesentlichen Ergebnisse von Lernprozessen, obwohl nicht ausgeschlossen werden sollte, daß es auch genetisch verankerte Erwartungen gibt. Es ist zwar möglich, daß ein und dasselbe Subjekt mit größerer oder kleinerer Wahrscheinlichkeit ein Ereignis erwartet, normalerweise w i r d aber immer eine Erwartungseinstellung vorhanden sein. Wenn jemand ein Ereignis erwartet und es nicht eintritt, w i r d er je nach Umständen seine Vorstellungen von der Regelmäßigkeit der Welt korrigieren oder die enttäuschende Erwartung durch eine Hilfshypothese erklären. Der Gedanke einer kontrafaktischen Stabilisierung von Erwartungen ist m. E. ein Unding. Sich zu entschließen, aus Erfahrung nicht lernen zu wollen, hat m i t Normen nichts zu tun, sondern ist einfach der Ausdruck von Unvernunft und i m Widerspruch zum lerntheoretischen Ansatz. Daß zwischen der gesellschaftlichen Existenz von Normen und den Erwartungen der Menschen durchaus keine solche Beziehung besteht, wie sie Luhmann voraussetzt, läßt sich durch folgende Überlegungen zeigen: Wenn eine Norm gilt, so kann die Erwartung, ob die Norm erfüllt wird, weitgehend schwanken, ohne daß dies einen Einfluß auf die Geltung der Norm hätte. Wenn ζ. B. i n Kriegszeiten freier Handel mit einem gewissen Gut untersagt ist, w i r d doch wohl niemand behaupten, daß diese Norm nicht gilt, weil zu erwarten ist, daß Schwarzhandel existieren wird. Es gibt zweifellos Erwartungen, daß sich die Menschen i n einer gewissen Weise verhalten werden, ohne daß man deswegen schließen dürfte, daß eine entsprechende Norm existiert. Man erwartet ζ. B., daß die Menschen die Wahrheit i m Sinne ihrer Interessen ver24

N. Luhmann,

Rechtssoziologie (FN 22), S. 43.

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zeichnen, doch folgt daraus nicht, daß sie dies sollen. Diese Unabhängigkeit der vernünftigen Erwartung und der Geltung von Normen beweist, daß die Norm nicht durch den Begriff der Erwartung definiert werden kann. Es läßt sich kaum daran zweifeln, daß i n einer modernen komplexen Gesellschaft verschiedene gesellschaftliche Normensysteme nebeneinander bestehen. Wenn man den Begriff der Norm auf eine zugeordnete Erwartung stützt, w i r d es unmöglich, die Normensysteme voneinander zu trennen, denn die Erwartung ist sozusagen eine einzige Resultante aus verschiedenen Faktoren. Ein ganz wesentlicher Mangel der Luhmannschen Konzeption der Norm ist die Tatsache, daß man auf dieser Basis das soziologisch wichtige Problem der Beziehung zwischen gesellschaftlich geltender Norm und der Abschätzung der Wahrscheinlichkeit ihrer Erfüllung begrifflich gar nicht durchführen kann 2 4 a . Trotz dieser K r i t i k an der lerntheoretischen Konzeption der Norm möchte ich unterstreichen, daß es natürlich sehr verdienstvoll ist, daß Luhmann auf die Frage der Erwartungen i m Zusammenhang mit Normen hingewiesen hat und daß er klarstellt, daß i m Handlungskontext nicht nur die Erwartungen der Akteure relevant sind, sondern auch die Erwartungen bezüglich der Erwartungen der Partner i n Interaktionsverhältnissen. Den systemtheoretischen Z u t r i t t zur Betrachtung des Rechts kann man verschieden konzipieren: 1. als eine der möglichen Analysen der Institutionen des Rechts neben anderen, oder aber als Lehre, welche allein den Kern der Rechtstheorie darstellt; 2. als Theorie, welche das Zusammenspiel zwischen Individuum und Gesellschaft i m Handlungskontext expliziert, oder als Theorie des Verhaltens i m behavioristischen Sinne, d. h. ohne Berücksichtigung der Rolle praktischer Informationen i m Bereich des menschlichen Handelns; 3. als Theorie, die auf einer erkenntnismäßig differenzierten Semant i k aufbaut, welche beschreibende und praktische Informationen 24a Ich hatte inzwischen Gelegenheit, m i t Prof. L u h m a n n über die k r i t i sierte Definition der N o r m zu sprechen. Er selbst hat ein sehr interessantes Argument gegen die Reduktion der N o r m auf Erwartungen angeführt: Die N o r m w i r d auch auf Vergangenes angewendet (nämlich als Wertmaßstab u n d als Grund von Rechtsfolgen); dies wäre nicht möglich, wenn die N o r m nichts anderes als eine A r t von E r w a r t u n g wäre.

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Soziologie u n d normative Institutionentheorie

unterscheidet, oder als reine Verhaltenstheorie, die versucht, Normen, Zwecke, Präferenzen und Werte auf Beschreibungen von Verhaltenszuständen zu reduzieren. Ich vertrete jeweils die erstgenannte Auffassung, zweite.

Luhmann die

Die Kybernetik und die Systemtheorie werden oft als rein behavioristisch orientierte Lehren angesehen25, doch haben einige Forscher schon sehr früh erkannt, daß i n diesen Theorien notwendigerweise Auswahlfunktionen, Zwecke und praktische Begriffe auftreten 26 . Es erscheint m i r deswegen sinnvoll, die Systemtheorie nicht i n semantischreduktionistischer Weise zu konzipieren. Für die Rechtssoziologie dürfte eine solche Auffassung adäquater sein als die behavioristische Reduktion, denn sie gestattet einen Brückenschlag zwischen systemtheoretischen Betrachtungen, soziologischen Funktionsanalysen und hermeneutisch-dogmatischer Jurisprudenz. 6. Thesen zur theoretischen Soziologie Aus meinen Überlegungen resultieren einige grundlegende Thesen über die theoretische Soziologie: 1. Gegenstand der allgemeinen Soziologie ist menschliches Handeln; das Handeln des Einzelnen, soweit es durch soziale Beziehungen bestimmt ist, die menschliche Interaktion, kollektives Handeln sowie alle Arten der Institutionen und deren Realien. 2. Die theoretische Soziologie baut auf einer Strukturtheorie der Handlung auf, welche die Handlung als informationsgelenktes intentionales Verhalten expliziert. Da i n soziologischen Betrachtungen soziale Körperschaften verschiedenster A r t untersucht und soziale Handlungen strukturell und empirisch analysiert werden, muß die Soziologie von einer formalen Handlungstheorie ausgehen, nicht von einer Bewußtseins- und Verhaltensbeschreibung handelnder Menschen. 3. Die Soziologie muß sich einer Sprache m i t erkenntnismäßig differenzierter Semantik bedienen, da die m i t dem Handeln verknüpften Informationsprozesse nur dann dargestellt werden können, wenn man deskriptive und praktische (stellungnehmende) Informationen ausdrücken und voneinander begrifflich scharf trennen kann. Der behavioristische Reduktionismus ist abzulehnen. 25 26

Vgl. z.B. R.Ashby, A n Introduction to Cybernetics, London 1971. Vgl. L. Couffignal, Notions de base, Paris 1958.

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4. Die Soziologie befaßt sich m i t allen Arten von Institutionen, deren Genesis, Funktionen und Wandel. I n dieses Untersuchungsfeld fallen ad-hoc-Institutionen ebenso wie Dauereinrichtungen und alle Prozesse der Institutionalisierung, inklusive die Fragen der Destabilisierung von Institutionen. Zur Institutionenanalyse gehört auch die Untersuchung von Rollen und die Gesamtheit der institutionellen Realien (der institutionellen Tatsachen, des personalen Sachsubstrats der Institutionen usw.). Die institutionelle (d. h. handlungsrelative) Realität kann nur i n Zusammenhang mit den sie konstituierenden und i h r inhärenten praktischen Informationen verstanden und erklärt werden. 5. Die Betrachtung normativer und evaluativer Systeme und deren Zusammenspiel i m gesellschaftlichen und persönlichen Handlungskontext ist für sozologische Betrachtungen unabdingbar. Die soziologische Analyse ist dabei abhängig von einer intern-verstehenden Betrachtungsweise der praktischen Information; sie ist aber auch Analyse der externen Beziehungen dieser Systeme zu sozialen Faktoren. 6. Die soziologische Analyse ist funktionale Analyse, die anthropologische, systemtheoretische und kulturell-sinnhafte Momente erfaßt. 7. Eine systemtheoretische Analyse ist erforderlich, w i l l man die Relationen und Wechselwirkungen „Individuum—Gesellschaft" explizieren; sie muß aber als strukturelle Handlungs- und Interaktionstheorie, nicht als reine Verhaltenstheorie konzipiert werden. 8. Systemanalysen können Funktionen von Institutionen erklären; sie ersetzen aber nicht politische Stellungnahmen, Programme und deren wertende Rechtfertigung.

Helmut Schelsky und die Institutionalisierung der Reflexion Von Hermann Lübbe

Jürgen Habermas hat Arnold Gehlen den »konsequentesten Denker eines gegenaufklärerischen Institutionalismus' genannt 1 . Diese Kennzeichnung hat eine politisch-moralische Qualität. Sie bezieht ihre k r i tische Schärfe aus der Erinnerung an die Herrschaft des Nationalsozialismus. Habermas hält es, 1970, für aktuell, vor der Wiederbelebung politischer Aggressivitäten zu warnen, die gegen neuernannte „innere Feinde" sich richten werde. Neue Freiheitsliquidationen von rechts werden befürchtet. „Das unglückliche Bewußtsein der intellektuellen Rechten" w i r d als Quelle ideologischer Formation gegenaufklärerischen Modernitätshasses identifiziert. Die nationalsozialistische Politik w i r d dabei als eine „Politik der nachgeahmten Ursprünglichkeit i n einer technisch entwickelten Zivilisation" 2 beschrieben. Kein Zweifel, daß es dergleichen i m Nationalsozialismus gab. Eine andere Frage ist, ob die „nachgeahmte Ursprünglichkeit" als Element nationalsozialistischer Bewegtheit nun gerade das ist, worauf es bei einer kritischen Analyse des Nationalsozialismus i n erster Linie ankommt. So oder so: Die „nachgeahmte Ursprünglichkeit" ist die Eigenschaft, über die Habermas die Institutionenlehre Arnold Gehlens m i t rechtstotalitärer Ideologie i n Verbindung bringt, und zwar i n der Absicht, sie damit moralisch zu disqualifizieren. Das ist i n zweierlei Hinsicht unpassend. Erstens ist die „nachgeahmte Ursprünglichkeit" eben gerade nicht das, womit sich die besondere Aggressivität nationalsozialistischer Herrschaft erklären ließe. Vielmehr ist diese Aggressivität die Konsequenz politischer Selbstprivilegierung durch eine Ideologie, die ihre Anhänger kraft Ensicht i n Naturgeschichtsgesetze wissen läßt, wieso man selber, als Angehörige einer Vorzugsrasse, nicht aber die anderen dieser Einsicht überhaupt fähig sind. Eine solche Selbstermächtigungsideologie macht überdies gerade nicht institutionenfromm. Sie macht ganz i m Gegenteil i n be1 Jürgen Habermas, Nachgeahmte Substantialität (1970), in: ders., Philosophisch-politische Profile, F r a n k f u r t am Main, S. 200-221, S.200. 2 Ebd., S. 221.

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sonderer Weise umsturzbereit. Sie ermächtigt zu revolutionärer Souveränität den institutionell befestigten gesellschaftlichen Verhältnissen gegenüber 3 . Sie setzt Bewegung frei und macht sich das Recht dienstbar, während der institutionelle Rechtsgehorsam als Rechtsformalismus der intellektuellen Verachtung anheimfällt 4 . — Zweitens ist — wie immer man die Institutionenlehre Gehlens schließlich ideologiekritisch validieren mag — die Empfehlung Ernst Blochs zu beachten, daß man keine Wahrheit bloß deswegen verschenken dürfe, weil man sie rechtsliegend vorgefunden hat. Ideologien, die exklusiv aus Irrtümern konstituiert wären, gibt es gar nicht, und es käme einer gut gemeinten, aber realitätsfernen Verharmlosung der Ideologie des Nationalsozialismus gleich, i h m keinerlei Nutzung gewichtiger Wahrheiten zuzutrauen. Was für eine Großideologie gilt, gilt selbstverständlich für eine Philosophie erst recht. Sogar für Zwecke der Analyse des Totalitarismus ließe sich doch die Institutionentheorie Arnold Gehlens verwenden. Wieso verschmähen so viele seiner K r i t i k e r diese Chance? Was ist es, das sie beim Studium dieser Theorie, wie auf Zynismus, empört reagieren läßt und damit zur Ausübung der Kunst der Unterscheidung momentan unfähig macht? Das läßt sich verständlich machen. Er erklärt sich aus der provozierenden Wirkung von Elementen einer K u l t u r k r i t i k der Moderne, die Gehlen seiner Institutionentheorie beigemischt hat. Das gilt insbesondere für das Institutionenkapitel aus seinem 1956er Buch „Urmensch und Spätkultur" 5 . Ich präsentiere zunächst eine kleine Blütenlese dieser kulturkritischen Elemente. Sie sind es, auf die sich ausdrücklich dann auch Helmut Schelsky bezieht, und zwar i n der Absicht, die Fälligkeit einer Theorie der Institutionalisierung der Reflexion zu begründen. Was also lesen w i r bei Gehlen zur K u l t u r k r i t i k der sich selbst thematisierenden Subjektivität i m Kontext der modernen Gesellschaft? Zunächst w i r d die kulturhistorisch-soziologische Trivialität nicht be3 Siehe dazu die bejahende A n t w o r t auf die Frage nach dem revolutionären Charakter des Nationalsozialismus bei Richard Löwenthal, Die nationalsozialistische „Machtergreifung" — eine Revolution? I h r Platz unter den totalitären Revolutionen unseres Jahrhunderts, in: Deutschlands Weg i n die D i k t a t u r . Internationale Konferenz zur nationalsozialistischen Machtergreifung i m Reichstagsgebäude zu Berlin. Referate u n d Diskussionen. E i n Protokoll, B e r l i n 1983, S . 4 2 - 7 4 . 4 Siehe dazu meinen Aufsatz „Die Politik, die Wahrheit u n d die Moral", in: Geschichte u n d Gegenwart, Viertelj ahreshef te für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse u n d politische Bildung, 3. Jahrgang 4 (Dezember 1984), S.288 304, bes. S. 298 ff. 5 Arnold Gehlen, Urmensch u n d Spätkultur. Philosophische Ergebnisse u n d Aussagen. 4., verbesserte Auflage, F r a n k f u r t am M a i n 1977.

Schelsky u n d die Institutionalisierung der Reflexion

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stritten, vielmehr bekräftigt, daß die enorme Expansion notwendigkeitsentlasteter Dispositionsfreiräume, i n denen heute das Individuum selbstbestimmt sich betätigen und somit als Subjekt sich erfahren kann, ein relativ spätes „Produkt" moderner „Kulturverhältnisse" ist. Institutionen, die funktionieren, indem sie auf der einen Seite Subjektivität binden, w i r k e n zugleich, auf der anderen Seite, durch Verschaffung von Hintergrundserfüllung entlastend. Eben damit befreien sie das Subjekt zu sich selbst, und zwar i n demselben Maße fortschreitend, i n welchem über Funktionenteilung zwischen den Institutionen die Menge der Lebensvoraussetzungen zunimmt, für deren Erfüllung weit weg, nämlich i m entfernten kulturellen und sozialen Hintergrund eigener Daseinslagen, längst gesorgt ist. „Widerstand der rohen Natur" w i r d kaum noch verspürt; »körperliche Anstrengung', sofern durch immédiat wirkende Erfordernisse der Lebensfristung erzwungen, entfällt. A l l e Verpflichtungsgründe werden tendenziell „versachlicht". „Symbolentleert" erscheint somit das kulturelle Ambiente, i n welchem das Subjekt als Selbstzweck sich wiederfindet. „Überall schießen" jetzt die „Ideen" empor, fährt Gehlen fort, „mit denen sich nichts anderes anfangen läßt, als sie zu diskutieren" 6 . „ . . . die am opus operatum orientierte Disziplin . . . zerfällt"; „das Ideologische und Humanitäre . . . verselbständigt" sich7. Ein Moralismus ,handlungsloser Gesinnungen' breitet sich aus8. Gesinnung aber, „der die Außenstützung durch Institutionen entzogen ist", verwandelt sich schließlich i n handlungslose k r i t i sche Befindlichkeiten 9 . „Geist", der so „nur individualistisch w i r k t , verflattert" 1 0 . Dazu ist, an anderer Stelle, Gehlen noch die hübsche petrochemietechnische Metapher des „Abfackeins" eingefallen — das B i l d also nutzloser Beleuchtung durch Entzünden des Unbrauchbaren. „Reflexion", so könnte man die Gehlenschen Reflexionen, mit seinen eigenen Worten, zusammenfassen, ist heute „chronischer Zustand und Strukturmerkmal sogar des Massenbewußtseins" 11 geworden. Die Reflexion aber ist, wie die Philosophie, institutionenfremd 1 2 . Selber nicht institutionalisierbar w i r k t sie als Ferment der Auflösung von Institutionen. Die Reflexion w i r f t , zum Beispiel, die „Sinnfrage" auf, was anzeigt, daß man sich „verlaufen" hat oder aus den „vorhandenen Institutionen" ausziehen möchte 13 . Das erklärt, wieso Gehlen schließlich die 6

Ebd., S. 256. Ebd., S. 24. 8 Ebd., S. 26. 9 Ebd., S. 42 f. 10 Ebd., S. 44. 11 Ebd., S. 93. 12 s. ebd., S. 41 13 Ebd., S. 61. 7

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Reflexion ,das gefährlichste aller Medien' nennt, und dem entspricht die komplementäre Stilisierung institutionell gefestigter Lebensverhältnisse, die Schilderung der plastischen Kraft und inneren Wahrheit' „primitiver Kulturen", deren „Reiz" „ein moralischer" sei 14 oder auch, späterhin, die Bekundung des Respekts vor allem, was „Status" hat, vor der ,intakten großen Autorität der Richter und Ärzte' einschließlich zugehöriger „Amtstracht", auf der diese Autorität „sehr wesentlich" beruhe 15 . Es erübrigt sich, diese Zitation der kulturkritischen Obertöne, die der Gehlenschen Institutionentheorie ihre spezifische Klangfarbe verleihen, fortzusetzen. Man darf, selbstverständlich, diese Klangfarbe nicht m i t der Melodie dieser Theorie verwechseln, das heißt mit ihrer anthropologischen Herleitung der Institutionen und mit ihrer Erklärung kultureller Dynamik aus der Expansion von Handlungsspielräumen durch progressive institutionelle Entlastung. Andererseits ist evident, daß die zitierten kulturkritischen Obertöne der Gehlenschen Institutionentheorie allen Emanzipationstheoretikern schmerzlich i n den Ohren stechen müssen, und so erklärt es sich, daß sie nicht selten ununterschieden beides verwerfen: die Institutionenlehre i n eins mit ihrer kulturkritischen Applikation. Genau an diesem Punkt t r i f f t Helmut Schelsky die fälligen Unterscheidungen. Dabei versteht sich, daß, was hier zu unterscheiden ist, sich i n der Einheit des Gehlenschen Werkes und ihres Autors nicht trennen läßt. Aber indem man die Operationen des Trennens einerseits und des Unterscheidens andererseits unterscheidet, läßt sich die Institutionentheorie Gehlens zustimmungsfähig halten, ohne sein Dekadenzaburteil über die Reflexionskultur entlastungsbegünstigter moderner Subjekte zu teilen. Entsprechend verteilen sich i n der Auseinandersetzung Schelskys m i t Gehlen Zustimmung und K r i t i k . Was man i m ersten Teil des Gehlenschen Werkes von 1956 lesen kann, zählt Schelsky zu den ,bedeutsamsten Aussagen und Fortschritten i n einer modernen Theorie der Institutionen' 1 6 . Bezieht man diese Institutionentheorie, statt auf kulturrevolutionär archaische Formationen, auf die zivilisatorischen Lebensverhältnisse der Moderne, so erkennt man, daß die ihr spezifisch zugehörige Reflexionskultur ihrerseits durch die Freisetzung- und Entlastungswirkungen unseres gegenwärtigen institutionellen Lebenszusammenhangs erst möglich geworden ist. Auch insoweit vermag Schelsky mit Gehlen noch übereinzustimen. Aber Schelsky teilt Gehlens Version der Dialektik der Aufklä14

Ebd., S. 295. Ebd., S. 26. 15 Helmut Schelsky, Z u r soziologischen Theorie der Institution, in: ders., Die Soziologen u n d das Recht. Abhandlungen u n d Vorträge zur Soziologie von Recht, Institutionen u n d Planung (1970), Opladen 1980, S. 215-231. 15

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rung nicht, derzufolge „die moderne Subjektivität", als das Freisetzungsprodukt funktionierender Institutionen, die Bedingungen ihres Funktionierens schließlich zersetzt und somit zur „Hauptursache eines allgemeinen Institutionenverfalls i n unserer K u l t u r " wird 1 7 . „Die pessimistische Zeitphilosophie" Gehlens verhält sich nach Schelsky zu seiner Institutionentheorie grundsätzlich kontingent 1 8 . Entsprechend läßt Schelsky — jedenfalls bis Ende der 60er Jahre — den Zivilisationspessimismus Gehlens auf sich beruhen und schlägt statt dessen eine Fortbildung seiner Institutionentheorie vor, die vor allem zwei Elemente enthält. Erstens handelt es sich darum, die moderne Reflexionskultur, statt sie für eine destruktiv wirkende kulturrevolutionäre Luxusbildung zu halten, i n ihrer funktionalen Notwendigkeit zu erkennen. Zweitens handelt es sich darum, die so den Erhaltungsbedingungen moderner Gesellschaften zuzurechnende Reflexionskultur dieser ihrer funktionalen Nötigkeit wegen selber zu institutionalisieren und so zu sichern. Gehlen hat die Institutionen ja unter anderem durch die Funktion charakterisiert, das Subjekt vor sich selber zu schützen. Eben das wendet Schelsky auf die reflexiv sich selbst thematisierende moderne Subjektivität an und programmiert die institutionelle Selbstorganisation und damit den funktionierenden Selbstschutz eben dieser reflektierenden Subjektivität. „Die Entzweiung zwischen dem Allgemeinen, das i n den Institutionen von alters verkörpert ist" und „der Subjektivität des modernen Menschen" sei „die entscheidende Spannung unserer gegenwärtigen K u l t u r " , und zwar eine funktional nötige Spannung, und sie bedürfe eben „deswegen der Institutionalisierung" 1 9 . So schrieb, Gehlen-kritisch, zusammenfassend Schelsky i m Kontext seiner späteren Bielefelder Zuwendung zum Institutionenproblem 1970. Für die von ihm geltend gemachte funktionale Nötigkeit institutionalisierter Reflexion i m Lebenszusammenhang der modernen K u l t u r hat Schelsky als Beleg naheliegenderweise die existenten Reflexionsinstitutionen i n Anspruch genommen — die kirchlichen Akademien also, die Institutionen der Publizistik, die Einrichtungen der Erwachsenenbildung und die Hochschulen selbstverständlich — von den gewerkschaftsnahen Gelegenheiten, zweite Bildungswege zu beschreiten, denen Schelsky ja selber biographisch verbunden war, bis h i n zum Zentrum für interdisziplinäre Forschung an der Universität Bielefeld, das als Reflexionsinstitution bekanntlich Schelskys eigener Gründungsidee zu verdanken ist. Das theoretische Interesse, m i t dem Schelsky diesen Einrichtungen zugewandt und verbunden war, ist das Interesse eines So17 18 19

Ebd., S. 227. Ebd. Ebd., S. 229.

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ziologen der Institutionen gegenwärtiger Intellektuellenkultur. Man darf sich nicht täuschen lassen: Schelskys spätere K r i t i k an der von i h m so genannten „Priesterherrschaft der Intellektuellen" 2 0 , auf die noch zurückzukommen sein wird, gehört einem anderen theoretischen sowie historisch-politischen Kontext an als die scheinbar gleichtönende, wohlbekannte ältere Intellektuellen-Kritik Gehlens 21 . Beide, Gehlen wie Schelsky, waren meisterliche Nutzer der Publizitätschancen, die dem Intellektuellen i n den Medien und i n den sonstigen Räsonnierund Reflexionsinstitutionen heute geboten sind und auf die er i n seiner Intellektuellen-Rolle angewiesen ist. Gehlen hat dabei i m Nachkriegsdeutschland vorzugsweise die dekadente Natur jenes Betriebs analysiert, zu dem er mit eben diesen Dekadenzanalysen selber beitrug, und wer i h m je zuzuhören Gelegenheit hatte, erinnert sich an die kalte Lust am Untergang, mit der er sein Publikum auf die Symptome verwies, die für den Bevorstand solchen Untergangs zu sprechen schienen. Schelskys analoge Auftritte hingegen schienen stets von einem Bewußtsein ihrer produktiven kulturellen Bedeutung erfüllt, und sie schlossen damit stets die Anerkennung der öffentlichen Nötigung der Institutionen ein, die i h m für seine Auftritte als Basis dienten. Selbst sofern er seinerseits diese Institutionen kritisierte, blieb ihre grundsätzliche A n erkennung vorausgesetzt. Entsprechend war die Anmutungsqualität solcher K r i t i k bei Schelsky stets vom Feuer des Engagements geprägt und später, unter dem Druck von Mißerfolgserfahrungen, von komplementärer Resignation. Wo man indessen, wie unter den Bedingungen der Bundesrepublik Arnold Gehlen, intellektuell desengagiert existiert, ist für Resignationen ein Auslöser gar nicht vorhanden. Das erklärt den grundsätzlichen Unterschied i n den Attitüden dieser beiden GroßIntellektuellen. Liest man aus der Perspektive dieses Unterschieds Schelskys Beiträge zur Theorie der institutionalisierten Reflexion nach, so fällt schon i n den älteren dieser Beiträge jene charakteristische Überbietung der Institutionenlehre Gehlens ins Auge, auf die es hier ankommt. Vor allem für seine wirkungsreiche religionssoziologisch zugespitzte Beantwortung der Frage, ob Dauerreflexion institutionalisierbar sei, gilt das22. Gehlens »negatives Urteil . . . über die moderne Subjektivität', so 20 Helmut Schelsky, Die A r b e i t t u n die anderen. Klassenkampf u n d Priesterherrschaft der Intellektuellen, Opladen 1975. — s. dazu die wichtige E r gänzung „Nachwort zur 2. Auflage. Erfahrungen m i t einem b e s t s e l l e r ' " , in: ders., Die A r b e i t t u n die anderen. 2. erweiterte Auflage 1975, S. 381 - 442. 21 Arnold. Gehlen, Gesamtausgabe Band 7: Einblicke, hrsg. von Karl-Siegbert Rehberg, Frankfurt am M a i n 1978, S. 237 ff.: I n t e l l e k t u e l l e n k r i t i k . 22 Helmut Schelsky, Ist Dauer reflexion institutionalisierbar? Z u m Thema einer modernen Religionssoziologie (1957), in: ders., A u f der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze, Düsseldorf/Köln 1965, S. 250 - 275.

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heißt es hier, sei eine Konsequenz ihrer Vergleichung mit der Stabilität und „Lebenshöhe tradierter Institutionen". Aber eben diese Vergleichung sei unangemessen. Sie enthalte eine „Verführung des Geistes zu konservativen Betrachtungsweisen". Sie insinuiere ,Verfall 4 2 3 , wo i n Wirklichkeit eine Spannung, ein spezifisch moderner produktiver »Widerspruch der Institution zu sich selbst' anzutreffen sei, der grundsätzlich seinerseits „mitinstitutionalisiert" werde 24 . — Ganz analog ist auch Schelskys ältere Theorie der öffentlichen Meinung und ihrer publizistischen Institutionen angelegt. Sie repetiert zunächst Gehlens bekannte Analyse der Rolle publizistisch gelenkter oder repräsentierter Meinung als Kompensat progressiver Erfahrungsschwäche des modernen Subjekts 25 . Aber dann verteidigt Schelsky „die Massenkommunikationsmittel" gegen jene ,intellektuelle K u l t u r k r i t i k ' , die i n ihnen vorzugsweise „die Nachteile der modernen Zivilisation i m Extrem verwirklicht" sehe26, und er erhebt die massenmedial zugänglichen Informationen emphatisch zur „ L u f t der sozialen Welt, i n der w i r leben". Wie Luft sei medial zugängliche Information heute ebenso „selbstverständlich" wie „lebensnotwendig" 27 . Inzwischen ist es überfällig zu sagen, welches denn nun die Funktion moderner Reflexionskultur sei, die die Institutionalisierung dieser Reflexionskultur Schelsky zufolge nötig macht und erzwingt. A u f diese Frage möchte ich hier, Schelskys einschlägige Theorien i n äußerster Verkürzung zusammenfassend, mit vier Hinweisen antworten. Erstens ist Reflexion, als mitinstitutionalisierte, das, was Institutionen i n dynamischen Zivilisationen an sich verändernde Umstände produktiv anpassungsfähig hält und ihnen somit Stabilität verschafft. „Die Möglichkeit selbstkritisch-analytischer Kontrolle gehört heute . . . zu den Grundlagen einer stabilen Institution", schrieb Schelsky bereits 194928. Es steht heute nichts entgegen, diese These t r i v i a l zu finden. Aber es ist niemals trivial, an Trivialitäten von fundamentaler Bedeutung gegen Theorien zu erinnern, die dieser Bedeutung nicht gerecht werden. Genau das ist die Position, die Schelsky hier gegenüber Gehlen bezieht. 23

Ebd., S. 265. Ebd., S. 272. 25 Siehe dazu Arnold Gehlen, Die Seele i m technischen Zeitalter. Sozialpsychologische Probleme i n der industriellen Gesellschaft, Hamburg 1957, S. 47 ff.: Meinungen, Erfahrungen aus zweiter Hand. 26 Helmut Schelsky, Gedanken zur Rolle der Publizistik i n der modernen Gesellschaft (1961), in: ders., A u f der Suche nach W i r k l i c h k e i t (FN 22), S. 310 323. 27 Ebd., S. 316. 28 Helmut Schelsky, Ueber die Stabilität v o n Institutionen, besonders V e r fassungen. Kulturanthropologische Gedanken zu einem rechtssoziologischen Thema, in: ders., A u f der Suche nach W i r k l i c h k e i t (FN 22), S. 33 - 55, S. 47. 24

5 Schelsky-Gedächtnissymposion

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Er stellt sich einerseits auf den Boden der Gehlenschen Anthropologie und übernimmt insbesondere den „Begriff der Entlastung" als ihre „reifste Kategorie" 2 9 . A u f der anderen Seite verwirft er die k u l t u r k r i tische Illusion der „Rückkehr zu einem naiven, d. h. . . . ohne Selbstversachlichung sich motivierenden institutionellen Verhalten" 3 0 und erklärt damit den kulturellen Modernisierungsprozeß für irreversibel. Auch i n dieser Irreversibilitätsthese darf Schelsky sich natürlich mit Gehlen noch einig wissen — nicht aber i n der Zusatzthese, daß die i n modernen Institutionen mitinstitutionalisierte Reflexivität zu den Erhaltungsbedingungen eben dieser Institutionen gehöre. — Zweitens ist institutionalisierte Dauerreflexion ein i n modernen, dynamischen K u l turen unentbehrliches Traditionsfortbildungsmedium. Das hat Schelsky vor allem i n seiner schon erwähnten religionssoziologischen Hauptschrift 31 verdeutlicht. Religiöse Institutionen, unsere Kirchen zumindest, sind, als conditio sine qua non ihres Daseins, an Urkunden von traditionaler Dauergeltung zurückgebunden. Aber es wäre illusionär anzunehmen, daß diese traditionale Dauergeltung der Glaubensurkunden sich am besten i m Wirklichkeitshorizont fundamentalistisch geprägter Naivität sichern ließe. Die Sache verhält sich umgekehrt: Je schärfer, zum Beispiel, das Bewußtsein ihrer Historizität sich i n der modernen K u l t u r kraft ihrer Dynamik irreversibel ausprägt, u m so zwingender sind w i r auf reflexive Vermittlungen religiöser Wahrheiten angewiesen, die sich bereits gestern mitgeteilt wissen, jedoch heute verstanden sein wollen. Generell sind Traditionen unter Bedingungen raschen kulturellen Wandels nur dynamisch zu stabilisieren, und Reflexion, als mitinstitutionaliserte, ist das unerläßliche Medium dieser dynamischen Stabilität. — Drittens muß man m i t Helmut Schelsky auch die Institutionen der Wissenschaft zu den Einrichtungen zählen, deren gesichertes Reflexionspotential eine Erhaltungsbedingung moderner Gesellschaften ist. Das ist das große Thema des Verhältnisses von wissenschaftlicher Theorie und gesellschaftlicher Praxis i m Kontext der von Helmut Schelsky so genannten wissenschaftlichen Z i v i l i sation 32 . Verwissenschaftlicht sind Zivilisationen i n demselben Maße, i n welchem es sich bei den Wirklichkeitsannahmen, die w i r unseren Entscheidungen und Handlungen zugrunde legen, u m wissenschaftsförmig i m Praxiszusammenhang wissenschaftlicher Institutionen generierte Wirklichkeitsannahmen handelt. Je mehr aber die Bedeutung der Wissenschaft als Lieferantin von entscheidungs- und handlungsrelevantem 29

Ebd., S. 50. Ebd., S. 48. 31 s. F N 22. 32 Helmut Schelsky, Opladen 1961. 30

Der Mensch i n der wissenschaftlichen

Zivilisation,

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Wissen anwächst, u m so nötiger w i r d zugleich die Sicherung der Interessenunabhängigkeit der Wissensproduktion. Zu den personalen Voraussetzungen dieser Unabhängigkeit gehört, als intellektuelle Fundamentaltugend, die Sachlichkeit, die ihrerseits der Sicherung durch Mechanismen sozialer Kontrolle bedarf, die institutionell durch den Kollegialverband der Angehörigen autonomer wissenschaftlicher Einrichtungen ausgeübt wird. Die Selbstbestimmungsrechte dieser Einrichtungen haben i n einer liberalen politischen K u l t u r nicht den Sinn, Intellektuelle zu privilegieren. Sie haben ganz i m Gegenteil den Sinn, sie durch Gewährleistung von Unabhängigkeit den Normen der Sachlichkeit zu unterwerfen und so zu disziplinieren. Helmut Schelsky hat i n seiner praktischen Tätigkeit als Forschungs- und Hochschulplaner 33 einerseits rigoroser als andere professorale Planer institutionenpolitisch auf Sicherung der Unabhängigkeit organisierten wissenschaftlichen Sachverstandes gedrungen. Hierhin gehört vor allem seine Forderung, daß Gremien mit dem Zweck wissenschaftlicher Politikberatung personell nicht nach politischen Proporzgesichtspunkten des Auftraggebers, vielmehr i n gremieninterner Autonomie sachkompetenzorientiert zu besetzen seien. I n seinen eigenen wichtigsten Beiratstätigkeiten hat Helmut Schelsky diesen Forderungen tatsächlich Geltung zu verschaffen verstanden. Das gilt für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Gründungsausschusses für die Universität Bielefeld 34 , und es gilt auch für seine analoge, sich daran anschließende Tätigkeit als Vorsitzender des Hochschulplanungsbeirats i m Lande Nordrhein-Westfalen 35 . I n beiden Fällen hat Schelsky es durchzusetzen vermocht, daß die ministeriellen Berufungen i n diese Sachverständigengremien i m wesentlichen nach innerkollegial abgesprochenen eigenen Vorschlägen erfolgten. A u f der anderen Seite wußte Helmut Schelsky natürlich, daß die personelle Rekrutierungsautonomie wissenschaftlicher Institutionen bizarre Effekte zeitigen muß, wenn man institutionenintern die Menge der Möglichkeiten, sich unmöglich zu machen, gegen N u l l sinken läßt. Der elementare Zusammenhang ist dieser: Wissenschaft setzt Freiheit ihrer Institutionen voraus und zugleich innerhalb dieser Institutionen rigoristisehe Geltung der spezifischen Moral des Wissenschaftsberufs. — Viertens nimmt, je wichtiger i n einer wissenschaftlichen Zivilisation die 33

Siehe dazu meinen Aufsatz „ H e l m u t Schelsky als Universitätsgründer", in: Horst Baier (Hrsg.), Helmut Schelsky — ein Soziologe i n der Bundesrepublik, Stuttgart 1985. 34 Siehe dazu Helmut Schelsky, Z u r Vorgeschichte dieser Schrift und zu den Zielen dieser Schriftenreihe, in: Paul M i k a t / Helmut Schelsky, Grundzüge einer neuen Universität. Z u r Planung einer Hochschulgründung i n Ostwestfalen, Gütersloh 1966, S. 7 - 10. 35 Aus dieser Tätigkeit sind die Empfehlungen I u n d I I zur „Entwicklung der akademischen Hochschulen i n Nordrhein-Westfalen bis 1974/75", Düsseldorf 1968 sowie Düsseldorf 1970, hervorgegangen. 5*

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Wissenschaften i n ihrer Rolle als Lieferanten von Entscheidungs- und Handlungswissen werden, komplementär dazu unsere Angewiesenheit auf Orientierungswissen zu. Komplexität und Dynamik der wissenschaftlichen Zivilisation steigern, sozusagen, den Philosophiebedarf. Es war Helmut Schelsky nicht zweifelhaft, daß dieser Philosophiebedarf sich heute nicht mehr durch Leistungen privater Selbstdenker bedienen läßt. Orientierungswissen ist, wie hochspezialisiertes Handlungswissen, seinerseits auf spezialisierte Institutionen angewiesen, die organisatorisch fällige Prozesse kognitiver Integration einleiten und begünstigen. Schelskys Idee eines Zentrums für interdisziplinäre Forschung ist die Idee einer solchen Institution. M i t dieser Idee hält Schelsky daran fest, daß, komplementär zu den ausbildungspraktischen sowie Handlungswissen bereitstellenden Dienstleistungen moderner Universitäten, es Aufgabe dieser Universitäten bleibt, den umfassenden kulturellen Lebenszusammenhang reflexiv einzuholen, auf den die Dienste der dienstleistenden Wissenschaften sich beziehen. Kurz: M i t seiner Idee dieses Zentrums für interdisziplinäre Forschung hat sich Helmut Schelsky als Humboldtianer zweiter Stufe erwiesen. Die Universitäten, die nach dem Konzept Humboldts K u l t u r und Natur reflex i v integrieren, bilden heute i n sich selbst Institutionen aus, in denen die Wissenschaften i n ihrer natur- und kulturverändernden Wirkung ihrerseits reflexiv thematisiert werden. Das Zentrum für interdisiziplinäre Forschung ist eine solche Institution. Nichts erweist die Nötigkeit der Idee, die diesem Zentrum zugrunde liegt, besser als das Faktum, daß auch i n Deutschland die Zahl der Einrichtungen ständig wächst, die i m institutionellen Zusammenhang der modernen Wissenschaften reflexiv der Sicherung der kulturellen Einheit der Wissenschaften gewidmet sind. Es ist an dieser Stelle noch hinzuzufügen, daß Helmut Schelsky speziell auch die Soziologie als eine Disziplin verstanden hat, von der wir, i m glücklichen Fall, überwiegend Orientierungswissen, also nicht unmittelbar nutzbares, gar technologisch umsetzbares Wissen zu erwarten haben. Das konveniert übrigens mit der Feststellung Rainer Lepsius', daß der „Anteil an . . . Entscheidungswissen", das die Soziologie habe zur Verfügung stellen können, eher gering geblieben sei, insbesondere geringer als die entsprechenden Anteile, m i t denen Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Naturwissenschaften die politischen „Entscheidungsprozesse" zu beeinflussen vermochten 36 . Anders ausgedrückt: Für Helmut Schelsky ist die Soziologie stets Philosophie, Reflexionswissenschaft also, geblieben — eine erfahrungswissenschaftlich gesättigte Philosophie freilich, deren kulturelle 36 M. Rainer Lepsius, Die Entwicklung der Soziologie nach dem zweiten Weltkrieg, 1945 - 1967, in: Deutsche Soziologie seit 1945. Entwicklungsrichtungen u n d Praxisbezug, hrsg. von Günter Lüschen, Opladen 1979, S. 25 - 70.

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Funktion die Schärfung des Sinns für orientierungskritische Lagen ist, i n denen es weniger an guter Gesinnung als an Kenntnissen dessen fehlt, was der Fall ist. — M i t dieser Skizze der Funktionen, die Helmut Schelsky der institutionalisierten Reflexion i m Lebenszusammenhang der modernen K u l tur zugeschrieben hat, ließe sich fortfahren — von seinen gelegentlichen Bemerkungen zur Rolle der modernen Kunst bis h i n zu seinen Analysen zur Funktion der Publizistik. Vergegenwärtigt man sich das, so w i r d schließlich evident, was die Institutionentheorie Schelskys von derjenigen Gehlens unterscheidet: Das Theorem nämlich der Mitinstitutionalisierung der Reflexion als institutionale Stabilitätsbedingung moderner Kultur. Was aber ist dann der Sinn der späten Intellektuellen-Kritik Schelskys, die mit dem publizistischen Paukenschlag seines Artikels über den langen Marsch durch die Institutionen i n der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. Dezember 197137 begann und mit der Veröffentlichung seines Bestsellers „Die Arbeit t u n die anderen" vier Jahre später auf ihren Höhepunkt kam? Hat Schelsky i n diesen sich fortsetzenden späten Polemiken 38 seine Gehlen-kritische Position und damit seine These von der nötigen Mitinstitutionalisierung der Reflexion revoziert und hat er damit nun selber der „Verführung des Geistes zu konservativen Betrachtungsweisen" nachgegeben, als deren Konsequenz er fünfzehn Jahre zuvor die Gehlensche kulturkritische Applikation der Institutionenlehre gekennzeichnet hatte 39 ? Die Sache verhält sich grundsätzlich anders. Die Theorie der wachsenden Nötigkeit von Reflexionsprozessen zur dynamischen Stabilisierung von Institutionen i n der modernen K u l tur w i r d keineswegs aufgegeben. Schelskys späte K r i t i k an den Reflexionseliten dementiert nicht die Nötigkeit der kulturellen und politischen Funktion dieser Eliten. Das Objekt dieser K r i t i k ist ein ganz anderes. Es handelt sich u m eine K r i t i k an manifesten Verstößen gegen Regeln der Institutionen, die die Reflexion i n der modernen K u l t u r zu sichern und funktionsfähig zu halten bestimmt sind. Nicht die Rolle des Intellektuellen w i r d kritisiert, vielmehr, zum Beispiel, die publizistische Praxis der Informationsunterdrückung aus moralisierender Gesinnungskonformität. Nicht die ideologische Bewegtheit akademischer Jungbürger w i r d angegriffen, sondern, zum Beispiel, die Beflissenheit 37 Wiederabdruck i m K o n t e x t weiterführender Analysen, in: Helmut Schelsky, Systemüberwindung, Demokratisierung und Gewaltenteilung. Grundsatzkonflikte der Bundesrepublik, München 1972. 38 Siehe zum Beispiel das Hochschulkapitel i n einm seiner letzten Bücher: Helmut Schelsky, Funktionäre — gefährden sie das Gemeinwohl?, StuttgartDegerloch 1982, S. 213 ff. 39 s. F N 23.

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von Professoren, an sich belanglose studentische Verstöße gegen Regeln, die innerakademisch die Wissenschaftsfreiheit sichern sollen, als k u l turrevolutionär legitimiert anzuerkennen. Nicht das Bürgerrecht der Gelehrten, sich publizistisch-politisch zu engagieren, w i r d bestritten, vielmehr, zum Beispiel, die wissenschaftskulturzerrüttende Insinuation, eine politische Meinungsäußerung gewinne an qualifizierter öffentlicher Geltung, indem sie durch einen Fakultätsbeschluß konfirmiert wird. I n der Zusammenfassung heißt das: Helmut Schelskys späte K r i t i k an der sich so nennenden kritischen Intelligenz dementiert nicht die kritische Rolle der Intelligenz. Sie hat vielmehr den Sinn der Erinnerung an gewisse institutionelle Bedingungen, die geeignet sind, diese Rolle i m Kontext einer liberalen politischen K u l t u r zu sichern und auf Dauer zu stellen. Schelskys später Konservativismus ist insofern ein Konservativismus i n bezug auf die reflexionsinstitutionellen Bedingungen dieser liberalen politischen K u l t u r .

Diskussion Dekan Prof. Jürgen Schmidt: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beginnen w i r m i t der Diskussion. Die drei Referenten auf dem Podium sind Ihnen schon bekannt. Die Diskussion w i r d leiten der Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Helmut Schelsky als Professor für Rechtssoziologie, Rechts- und Sozialphilosophie, Herr Kollege Dr. Dr. Werner Krawietz. Ich darf das Wort an ihn übergeben. Prof. Krawietz: Vielen Dank, Spektabilität, für die freundlichen Worte Ihrer Einführung. I n einem Punkt darf ich m i r vielleicht erlauben, das zurechtzurücken: Ich kann mich nicht als Nachfolger von Helmut Schelsky bezeichnen und betrachten. Nach allem, was w i r hier gehört haben, war Helmut Schelsky eine so überragende Persönlichkeit, daß niemand sich anmaßen könnte, i h m ein würdiger Nachfolger zu sein. Und Sie haben auch vielleicht, Spektabilität, aus dem Arrangement dieser Tagung gesehen, daß man drei — ich darf sagen — Wissenschaftler von höchstem Rang und Namen benötigt hat, u m Schneisen zu schlagen i n das Werk Schelskys, von dem w i r alle wissen, daß es fachsystematisch überaus heterogen ist, daß es i n viele Fachwissenschaften hineinreicht und, was die philosophische und die erkenntnistheoretische Basis angeht, so tief angelegt ist, daß nur erste Wege i n dieses vielschichtige Werk gewiesen werden konnten. Sie haben, meine Damen und Herren, die Sie hier verblieben sind, wofür ich Ihnen ganz herzlich danken möchte, sicherlich schon bemerkt, daß dies eigentlich kein Symposion ist, abgesehen vielleicht davon, daß Magnifizenz Schlüter uns gestern etwas Sekt gereicht hat und leider auch nicht allen. Ich sehe deshalb von diesen Symposionsbestandteilen i m engsten wörtlichen Sinne einmal ab. Eigentlich ist dies nach meinem Eindruck eine Vortragsveranstaltung i m Gedenken an Helmut Schelsky. Als solche war sie auch von vornherein geplant, denn genau das schien uns möglich und nötig zu sein. Es erschien uns möglich und nötig, gegenüber der Öffentlichkeit i m allgemeinen und auch gegenüber den vielen fachwissenschaftlichen Öffentlichkeiten zu zeigen, daß Helmut Schelsky — abgesehen von seinen A k -

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tivitäten als Hochschulpolitiker und Publizist, die hier ja überall schon erwähnt worden sind — i n erster Linie und ganz wesentlich und zentral Theoretiker gewesen ist und als solcher eine Institutionentheorie des Rechts und der Gesellschaft vorgelegt hat. Bezüglich dieser Institutionentheorie hat sich seltene Einmütigkeit unter allen Referenten hergestellt i n dem Sinne, daß sie sich durch sein ganzes Werk zieht und nicht etwa bloß i n viele einzelne Theorieteile zersplittert oder verteilt ist, daß sie sein gesamtes Werk von den Anfängen her begründet und auf einer Philosophie der Institution basiert. Seine Institutionentheorie erstreckt sich i m Grunde von seiner Dissertation über seine — erst nach der Emeritierung veröffentlichte! — Habilitationsschrift bis h i n zu den überaus konzisen und vielschichtigen großen Theoriefragmenten, die Helmut Schelsky uns i n seinem Spätwerk hinterlassen hat. Damit b i n ich bei unserem Thema. W i r haben versucht, von verschiedenen Zugängen her, die nicht mehr fachwissenschaftlich verengt sind, Möglichkeiten eines Zugangs zum Werke Helmut Schelskys aufzuzeigen. Die Diskussion w i r d wegen der Vielschichtigkeit der Thematik und wegen der Schwierigkeiten des Zugangs nicht ganz einfach sein. Vielleicht darf ich an den Anfang ein Wort stellen, daß sich i n den posthum veröffentlichten Philosophischen Untersuchungen von Wittgenstein findet, auf die Herr Kollege Weinberger ja angespielt hat. Bei Wittgenstein heißt es, wenn ich mich recht erinnere, sinngemäß: Ein Spiel spielen, wie Schach etwa, einen Befehl geben, einer Regel folgen, das sind Gepflogenheiten, Gewohnheiten, Institutionen. Damit sind w i r nicht nur bei unserem Thema, sondern es zeigt sich auch, daß man sich der institutionstheoretischen Problematik auf ganz unterschiedliche Weise nähern kann. Herr Mestmäcker hat — u m den Bezug zum gestrigen Vortrag herzustellen — gezeigt, daß es sich bei Schelskys Institutionentheorie um eine Theorie der Gesellschaft und der Institution handelt, u m eine Theorie der Institution und des Rechts, i n der Normen ein ganz maßgebliches Element der Sozialstruktur bilden und i n der den Normen des Rechts ein ganz prominenter Stellenwert zukommt. Wie aber das Zusammenspiel zwischen Gepflogenheiten, Gewohnheiten und Institutionen, d. h. zwischen den sprachlichen Regeln, den Normen des Rechts und dem Sozialverhalten abläuft, das ist ein Vorgang, der überaus schwer zu rekonstruieren ist. Herr Weinberger hat vom Standpunkt seiner institutionalistischen Normentheorie gezeigt, daß man versuchen kann, von den Sätzen, i n denen Recht artikuliert w i r d — denken Sie an die Zivilrechtssätze, die Strafrechtssätze, die öffentlich-rechtlichen Rechtssätze! —, zu einer allgemeinen Theorie der Normen zu gelangen, die von der Sprache ausgeht. Es geht i h m darum, aus der Sicht der Semantik und auf der Basis seiner gnoseologisch differenzierten Seman-

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tik, die zwischen vorschreibenden und beschreibenden Sätzen unterscheidet, ein System aufzubauen, das der Darstellung institutioneller Fakten, inbes. derjenigen des Rechts, dient. Dies ist offenbar nur möglich unter Rekurs auf eine Fülle politisch-philosophischer, rechts- und sozialtheoretischer Annahmen. Herr Lübbe hat uns das sehr anschaulich gemacht und auch gezeigt, wofür ich besonders dankbar bin, wie weit rechtstheoretische Ansätze m i t philosophischen Voraussetzungen und Implikationen verknüpft sind. Natürlich kann man eine Institutionentheorie nicht betreiben, die etwa vor dem Nationalsozialismus kapitulieren müßte. Selbstverständlich muß man auch an die Carl Schmittsche Institutionenlehre denken, mit der Schelsky sich zeit seines Lebens auseinandergesetzt hat und gegenüber der er sich abgegrenzt und einen eigenen Standpunkt formuliert hat. Vor uns liegt somit ein sehr weites Feld. Ich möchte der Diskussion nicht irgendwelche Topoi als Gliederung vorgeben. Ich sehe hier eine Reihe von Fachleuten, die, genau wie die Vortragenden, nicht nur die Schriften Schelskys bestens kennen, sondern auch noch i n Erinnerung haben, was er persönlich zu bestimmten Problemen gesagt hat. Ich darf zunächst um Wortmeldungen bitten! Prof. Petev: Ich habe eine Frage an Herrn Weinberger. Er schilderte die Institution als ein komplexes Handlungssystem und als einen Rahmen für Handlungen i n der Gesellschaft und hob, ganz i m Sinne von Helmut Schelsky, die Rolle des Rechts hervor. Schelsky hat gesehen, daß das Recht — und das hat auch Herr Mestmäcker gestern sehr deutlich gemacht — nicht außerhalb der Institution ist, daß das Recht nicht an sich eine Institution ist, sondern daß das Recht zu suchen ist innerhalb der Institution als ein ordnendes Moment. Das Recht hat sicher auch andere Funktionen. Herr Weinberger hat ausgeführt, man könne die Institution nicht adäquat identifizieren, wenn man nur von Beschreibungen der tatsächlich verlaufenden Handlungen ausgeht. Man muß, mit anderen Worten, auch auf Normen rekurrieren. Meine Frage lautet nun: Glauben Sie, daß Helmut Schelsky, der darauf hingewiesen hat, daß das Recht ein bewußtes Regulativ ist, und er es auf diese Weise abgehoben hat von möglichen anderen Regulativen, wie Sitte und Religion, uns doch keine hinreichende Spezifik des Rechts als Norm gegeben hat? Wie sehen Sie die Spezifik des Rechts i m Verhältnis zu den anderen Normen, die innerhalb der Institution wirken und auch konstitutiv wirksam werden?

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Prof. Weinberger: Ich danke Ihnen für die Frage, die m i r sehr willkommen ist, denn ihre Beantwortung bietet m i r Gelegenheit, einiges zu klären, was ich i n meinem Vortrag nur angedeutet habe. Ich vertrete eine etwas breitere Konzeption der Institution als Schelsky. Ich meine, daß auch jene Phänomene zu den Institutionen zu rechnen sind, i n denen Handlungssysteme nur ad hoc und m i t kurzer Dauer entstehen. Wenn zwei Knaben sich auf der Wiese treffen und Fußball spielen, gehen sie nicht von dem institutionalisierten Regelsystem des Fußballspiels aus, sondern bestimmen sich für ihr Spiel besondere Regeln. Auch sie haben institutionellen Charakter, weil sie ein Regelsystem darstellen, i n dessen Rahmen Handlungen vollzogen werden. Die breite Konzeption der Institutionen halte ich aus theoretischen Gründen für nutzbringend, weil Institutionalisierungsprozesse bei solchen Ad-hoc-Regeln gelegentlich ihren Anfang nehmen und weil die Handlungsbestimmung durch ad hoc festgesetzte Rahmen ganz ähnlich ist, wie jene durch etablierte Institutionen. Ihre Frage bezieht sich — wenn ich richtig sehe — auf die Bestimmung des Unterschieds zwischen Schelskys und meiner Auffassung der Institutionen. Bei Schelsky ist das Recht das entscheidende Moment der Konstitution gesellschaftlicher Institutionen, während andere normative Momente nur von sekundärer Bedeutung sind, weil nur i m Bereich des Rechts bewußte zwecksetzende Aktivitäten vorliegen, durch die gesellschaftliche Institutionen geschaffen werden. Ich halte dies für eine Verengung der Problematik. Meines Erachtens kann die soziale Realität nur dann voll erfaßt werden, wenn w i r das Zusammenspiel verschiedener normativer Regulative i n Betracht ziehen, und zwar auch jener, die nicht m i t einem Durchsetzungsapparat verbunden sind und nicht immer auf bewußter Zwecksetzung beruhen. Auch i m Rechtsleben ist die Tatsache i n Betracht zu ziehen, daß das Verhalten der Mitglieder der Gesellschaft auch durch Moral und Sitte und andere Regulative mitbestimmt wird. Als Positivist sehe ich diese Normensysteme nicht als subsidiäre Elemente des Rechts an, doch erfordert ein soziologisch adäquates B i l d des rechtlichen Geschehens, daß w i r diese Zusammenhänge i n Betracht ziehen. Es ist vom rechtssoziologischen Standpunkt aus wesentlich, daß der Richter seine Tätigkeit als moralische Aufgabe sieht. Ich glaube, daß ein volles B i l d dieser institutionellen Realität nur dann möglich ist, wenn w i r m i t dem gesamten Feld der praktischen Informationen rechnen, die i n der Gesellschaft wirken und zum Recht hinzutreten. Darin sehe ich den Unterschied meiner etwas allgemeineren Konzeption, die aber auch daraus resultiert, daß ich eine etwas allgemeinere Handlungstheorie vertrete als Schelsky.

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Prof. Mestmäcker: Herr Weinberger, könnte es nicht sein, daß w i r es hier — zu einem Teil jedenfalls — m i t terminologischen Unterschieden zu t u n haben? Der Institutionenbegriff bei Schelsky knüpft explizit i n verschiedenen Zusammenhängen an das Vorhandensein einer Organisation an und das ist ja das, was Sie als zu eng bezeichnen. Es ist sicher richtig und ich stimme i n dieser Beziehung m i t Ihrem Ansatz ganz überein, daß es Regelzusammenhänge und regelgeleitetes Handeln auch außerhalb organisierter Institutionen gibt. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, daß es zu den außerordentlich schwierigen und wichtigen Fragen gehört, i n welcher Weise das Handeln verschieden strukturierter Organisationen und das Handeln von Organisationen und Individuen aufeinander abgestimmt werden können. Ihre Handlungstheorie, die Sie zu Beginn expliziert haben, legt m i t Recht großen Wert darauf, daß die sozialen Handlungen von Institutionen, Organisationen und Individuen auf einer Ebene gesehen werden müssen. A u f der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß das Handeln i n Organisationen i m Vergleich zu individuellen regelgeleiteten Handlungen grundsätzliche Unterschiede aufweist. Wer i n Organisationen handelt, handelt normalerweise nach Weisung und zur Verwirklichung eines fremdgesetzten Zweckes. Dies ist einer der Gründe, aus denen sich Organisationen auch anders entwickeln als Regeln für individuelle Handlungen, die spontan i n zwischenmenschlichen Beziehungen gefunden werden. Diese Punkte hat Schelsky zwar nicht kategorial eindeutig unterschieden, wohl aber gibt es eine ganze Reihe von Bemerkungen, die sich auf das von Ihnen zuletzt genannte, sehr wichtige Problem des Verhältnisses von Ethik und Recht oder Moral und Recht beziehen. Dort v e r t r i t t er die These, daß die traditionelle Trennung von Moral und Recht unzutreffend sei. Wenn das so ist, dann gibt es i n der Tat — und das ist nun meine eigene Stellungnahme dazu — bei regelgeleiteten Handlungen der einzelnen Menschen keinen eindeutigen qualitativen Unterschied zwischen moralisch und rechtlich geleitetem Verhalten. Vielmehr ist i n weiten Bereichen unseres Privatrechtssystems ein zunächst nur moralisch gebotenes Handeln aus bestimmten wirtschaftsund sozialpolitischen Gründen rechtlich sanktioniert worden. Das gilt für den gesamten Bereich des sittenwidrigen Handelns und des Handelns, das nach Treu und Glauben geboten ist. Die Generalklauseln des Zivilrechts sind die Tore, durch die rechtlich freies, aber sozial vorgeregeltes Handeln mit rechtlichen Sanktionen versehen wird, weil die Sozialwertigkeit einen Grad erreicht, daß man die Beachtung der Regel nicht mehr dem moralischen Urteil des einzelnen überlassen kann. Hier besteht zwischen Moral und Recht i m Hinblick auf die Entwicklung von Regeln m i t h i n kein qualitativer Unterschied. Wenn

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das so ist — und das war der Grund, warum ich mich i m Anschluß an Ihre Bemerkungen gemeldet habe —, dann könnte es durchaus sein, daß der Unterschied nur darin besteht, daß Schelsky, was den Institutionenbegriff angeht, ihn auf die Organisation verengt, aber die Rolle des Rechts i m Verhältnis zur Regelbildung vielleicht gar nicht so verschieden sieht. Prof. Krawietz: W i r sollten jetzt auf dem Podium keinen Dialog führen, sondern das Auditorium zu Wort kommen lassen, zumal eine ganze Reihe von Wortmeldungen vorliegt. Herr Kollege Holzhauer, bitte. Prof. Holzhauer: Die Institutionen sind ein so hehrer Gemeinplatz, daß es möglich ist und das haben auch die Vorträge gezeigt, i n ganz unterschiedlicher Weise darauf einzugehen. Ich möchte dies t u n unter Bezugnahme auf ein Beispiel aus Schelskys Rede zum Jubiläum dieser Universität, wo er von der Binnendisziplin der Gremien sprach, die abhängig sei von einer bestimmten Größe, welche nicht überschritten werden dürfe, weil jenseits dieser Grenze wieder die private W i l l k ü r herrsche und die Steuerung durch die Institution aus dem Ruder läuft. Ich möchte dieses Beispiel verallgemeinern und daraus eine theoretische Folgerung ziehen. Ganz bestimmt gibt es für das Funktionieren von Institutionen eine optimale Betriebsgröße. Die Institutionen dürfen nicht zu groß, aber auch nicht zu klein sein. Die Erfahrungen sehr kleiner akademischer Gremien zeigen, daß sie nicht funktionieren, weil es an der Binnendisziplin fehlt, weil die Teilnehmer privat kommunizieren. Was ist es nun, was die Institution funktionieren läßt? Wenn es ein Phänomen der Betriebsgröße ist, dann ist es sicher das Phänomen der Masse. Die Institution wächst nicht i m zweckrationalen Kommunizieren zweier Subjekte, sondern es muß das Phänomen der Masse hinzukommen, weil dadaurch erst das Unterbewußte ins Spiel kommt. Ich denke niemals den Begriff der Institution, ohne zugleich auch an das vorbewußte und unterbewußte Potential i m Verhalten der Subjekte i n der Institution zu denken. Das möchte ich auch zu dem Ansatz von Herrn Weinberger sagen. Sicher beginnen Institutionen auch i m Privaten, aber damit sie eben zu Institutionen werden, muß diese Tiefenschicht erreicht werden und dafür habe ich das Wort der Masse i n die Diskussion einbringen wollen. Prof. Krawietz: Erlauben Sie m i r bitte eine ganz kurze Bemerkung. Ich glaube, w i r sollten doch unterscheiden zwischen 1) der Institutionalisierung mensch-

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licher Verhaltensweisen, die — einmal erfunden und als sozial nützlich erkannt — beibehalten und, wie auch immer, auf Dauer gestellt werden sowie 2) der Problematik ihrer Organisation. Selbstverständlich können institutionalisierte Verhaltensweisen, wie ζ. B. das Erlernen bestimmter Fähigkeiten und Fertigkeiten, auch i n der Schule bzw. in der Universität — also weitgehend organisationsgestützt — ablaufen, aber sie müssen es nicht; i n beiden Fällen handelt es sich u m Institutionalisierungen. Nach meiner Auffassung, Herr Weinberger, legt Schelsky genau wie Sie seinen Überlegungen diesen weiten Begriff der Institutionalisierung bzw. der Institution zugrunde. Ich glaube, daß insoweit gar kein Unterschied zwischen Ihrem Ansatz eines normativen Institutionalismus und demjenigen von Schelsky besteht. Unterschiede bestehen nur in den jeweiligen Ausgangspunkten sowie i n der A r t und Weise des Zugangs zum Recht, beispielsweise darin, daß sie — anders als Schelsky — von der sprachlichen Formulierung der Regeln und von ihrer semantischen Struktur ausgehen wollen und diesen Faktoren einen prominenteren Stellenwert einräumen. Man müßte daher näher zusehen, worin die Unterschiede i m einzelnen Detail liegen. Prof. Oelmüller: Ich habe je eine Frage an die drei Referenten. Mit diesen Fragen und natürlich mit den Antworten möchte ich m i r die Leistungsfähigkeit und Grenze einiger von den Referenten vorgestellten Thesen Schelskys unter den gegenwärtig sehr komplexen Lebens- und Handlungsbedingungen unserer westlichen Welt etwas verständlicher machen. Zunächst meine Frage an Herrn Lübbe: M i r leuchten die vorgetragenen Unterscheidungen zwischen Gehlen und Schelsky ein. Schelsky w i l l nicht aus der Perspektive einer globalen geschichtsphilosophisehen Verfallstheorie eine Überwindung bzw. Revision der Aufklärung und der von ihr ausgelösten Reflexions- und Differenzierungsprozesse. Er fordert daher nicht, daß sich das Subjekt m i t Haut und Haaren von den bestehenden Institutionen konsumieren lassen soll, sondern erwartet, zumindest zunächst, wenn ich das richtig sehe, daß sich Dauerreflexion an und i n bestehenden bzw. neu zu bildenden Institutionen institutionalisieren läßt. Diese Verteidigung der Aufklärung halte ich auch heute angesichts der wachsenden Tendenzen zur pauschalen Vernunfts- und Wissenschaftskritik und zu einer neuen nicht nur harmlosen Mythenfreundlichkeit für eine mögliche, ja notwendige Aufklärungsstrategie. Allerdings sind hierbei Differenzierungen notwendig.

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Meine Frage lautet: Wie verhält sich die These von der Institutionalisierung der Dauerre flexion, die Schelsky vor allem i m Blick auf die Religion und die Theologie formuliert hat — auf diesen Aspekt beschränke ich mich hier —, zu den religiösen Phänomenen und Bewegungen, die man seit einigen Jahren i n der westlichen Welt und anderswo unter dem Titel »Wiederkehr von Religion' diskutiert? Einige Beispiele: I n der katholischen Kirche zwanzig Jahre nach dem Konzil Korrekturen der i m bzw. durch das Vatikanische Konzil i n Gang gesetzten Anpassungen an die moderne Welt. Innerhalb und außerhalb der etablierten Religionen bei uns und anderswo ein neuer Fundamentalismus. I n den neuen religiösen Sekten bzw. Religionen geht es nicht u m eine Institutionalisierung, sondern u m die Überwindung von Dauerreflexion, um die Suche nach einer neuen sogenannten individualen, sozialen und politischen Identität diesseits von Aufklärung, Selbstkritik und Selbstreflexion. Welche Konsequenzen, auch politische Konsequenzen, all diese neuen Wendebewegungen haben und haben können, erfahren w i r täglich (einstweilen noch) an den Rändern Europas, i m Iran, i m Vorderen Orient, auch i n Israel. Was heißt heute Institutionalisierung von Dauerreflexion angesichts solcher unübersehbarer religiöser Phänomene und Bewegungen, die man unter dem Titel ,Wiederkehr von Religion' diskutiert und die nicht gerade für eine Differenzierung der Institutionen durch Dauerreflexion sprechen? Zu Herrn Weinberger: Wenn man Ihrer, wie ich es einmal nenne, formalen Bestimmung der normativistischen Institutionenlehre und Ihrer formalen Bestimmung des Handlungsbegriffs zustimmt, ergibt sich meiner Meinung nach folgende Frage: Wie kann man von diesem formalen Ansatz einer Rechtstheorie aus den „garstigen breiten Graben" (Lessing) überwinden zu den real existierenden rechtlichen Problemen, m i t denen einzelne, soziale und politische Gruppen heute in ihren Institutionen leben müssen? Ich nenne nur ein einziges Beispiel: die Anerkennung und Durchsetzung der sehr verschieden kodifizierten und interpretierten Menschenrechte auf den verschiedenen Ebenen, i n den sozialen Institutionen und i n den sozialen Systemen. Auch wenn man Luhmanns Deutung der sozialen Systeme i n seiner neuen „Supertheorie" nach dem von i h m für notwendig gehaltenen Paradigmawechsel nicht i n allen Punkten folgt, für die inzwischen i n den Wissenschaften und i n der öffentlichen Diskussion übliche Unterscheidung von sozialen Institutionen und sozialen Systemen gibt es gute Gründe. Wie kommen Sie von Ihrem formalen Theorieansatz aus zu diesen inhaltlichen, geschichtlich sehr voraussetzungsreichen realen Rechtsproblemen der einzelnen und sozialen Gruppen? Wie kommen Sie zu dem Rechtsbewußtsein der i n Rechtsinstitutionen lebenden Menschen? Was kann man von Ihrem Theorieansatz aus sagen,

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ζ. Β. zur Begründung, Verteidigung und Durchsetzung von Menschenrechten und zum Folterverbot? Die dritte Frage an Herrn Mestmäcker: Ich habe die zentrale These Ihres Vortrags, kurz gesagt, so verstanden: Zu Schelskys Rechtstheorie und auch zu meiner eigenen gehört konstitutiv die durch Modernisierungsprozesse geschichtlich ausgebildete Wechselwirkung, ja Spannung zwischen Person bzw. Subjekt auf der einen Seite und den entwickelten modernen Rechtsinstitutionen auf der anderen Seite. Diesen rechtstheoretischen Ansatz, den man kurz etwa als den kantischen kennzeichnen kann, kann man sicher verstehen und akzeptieren, wenn man die sehr voraussetzungsreichen neuzeitlichen Prämissen w i r t schaftlicher, sozialer, politischer, religiöser und philosophischer A r t der kantischen und auch der idealistischen Philosophie unterstellt und akzeptiert. Sind das jedoch noch die Voraussetzungen, die eine Rechtstheorie heute am Ende der europäischen Neuzeit ohne Differenzierung unterstellen kann? Gibt es nicht Phänomene und Bewegungen, die dafür sprechen, daß sich ζ. B. das, was sie als Person und Subjekt unterstellen, bei vielen sozusagen von innen und außen her aufgelöst hat, ja daß die substantiellen Voraussetzungen der Person und des Subjekts von vielen Theoretikern heute, ζ. B. von Luhmann, als erledigte Vergangenheit bzw. als alteuropäischer Traditionsbestand betrachtet wenden. Prof. Krawietz: Vielleicht machen w i r zunächst eine Beantwortungsrunde. Herr Kollege Lübbe! Prof. Lübbe: Die von Ihnen, Herr Oelmüller, erwähnten Fundamentalismen, die in verschiedenen Weltregionen innerhalb verschiedener Religionen, Kirchen und Konfessionen gegenwärtig an Intensität gewinnen, hat Helmut Schelsky natürlich gekannt und vor Augen gehabt. Seine wichtigste religionssoziologische Schrift stammt nun freilich bereits aus dem Jahre 1957. Damals hatten, zumindest i m deutschen und europäischen Erfahrungsumkreis damaliger Zeitbeobachter und Gesellschaftsanalytiker, die modernisierungsschockprovozierten Fundamentalismen noch keineswegs ihre uns heute gelegentlich irritierende, auch beunruhigende Intensität angenommen. Immerhin gab es auch damals bereits, auch i n der evangelischen Kirche, fundamentalistisch geprägte Widerstände, zum Beispiel gegen bultmannianisch geprägte Predigt-Praktiken oder auch gegen Erscheinungen der Modernitätsbeflissenheit auf evangelischen Kirchentagen. Die von Schelsky w i r k -

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sam so benannte Dauerreflexion sollte sich i n ihrer wachsenden Nötigkeit dazu komplementär verhalten. Kurz: Je größer die Gefahr fundamentalistischer Verengung religiöser Kultur, u m so nötiger sind die Reflexionsprozesse, ohne die w i r unsere religiösen Lebensorientierungen mit der sich dramatisch verändernden kulturellen Realität nicht i n Übereinstimmung zu halten vermögen. Schelsky hat aber, wenn ich ihn richtig verstehe, nicht die Illusion gehegt, daß man durch Prozesse der Reflexion fundamentalistische Verhärtungen schlechterdings aufzulösen und so aus der Welt zu schaffen vermöchte. Innerhalb von Modernisierungsprozessen, die sich ja, i m Hauptstrom, weltweit unverändert beschleunigen und für deren Verebben es keinerlei Anzeichen gibt, sind, sozusagen, Modernisierungsschocks unvermeidbar. Indessen sind moderne Gesellschaften so reich differenziert, daß sie sich Fundamentalismen gleichsam leisten können — analog wie sie auch durch die randkulturellen Erscheinungen des Aussteigertums ja nicht i m mindesten ernsthaft gefährdet sind. Nicht die in der Zwischenkriegszeit, aus erläuterungsunbedürftigen Gründen, von Philosophen und Soziologen favorisierten Vermassungserscheinungen prägen ja unsere gegenwärtige kulturelle Entwicklung, vielmehr Differenzierungen, Spezialisierungen, schwindende Homogenität von Bildungs- und Kulturniveaus, wachsende Ungleichheit also, und i n diesem Zusammenhang darf man auch eine Differenzierung, eine zunehmende Inhomogenität der kulturellen Erscheinungsweisen religiöseif Lebens erwarten. — A u f den von Ihnen, Herr Oelmüller, erwähnten islamischen Fundamentalismus — wenn anders das überhaupt eine sinnvolle Kennzeichnung ist — möchte ich nicht eingehen. Diese Erscheinungen sind von uns doch kulturgeschichtlich, auch sozialgeschichtlich sehr weit entfernt, und man braucht Spezialistenwissen, auch reiche, örtlich gewonnene Erfahrung, u m darüber urteilen zu können. Immerhin ist es wohl wenig riskant zu sagen, daß Erscheinungen wie der von Ihnen angesprochene Khomeinismus sich nur i n Kulturen entfalten können, die, sozusagen, das Programm der Aufklärung nicht absolviert haben. Es ist nicht erkennbar, wie sich, bei uns, Verhältnisse sollten wiederherstellen können, i n denen man, als mißliebiger intellektueller Modernitäts-Repräsentant, vor Erschießungspelotons zu treten hätte, weil man als „Feind Gottes" identifiziert ist. Für die spezielle Tätigkeit von Erschießungspelotons hat es ja i n unserer Geschichte andere Gründe genug gegeben, und man hat auch, zum Beispiel i m Kontext terroristischer Aktivitäten, Renaissancen von Orientierungen erlebt, i n deren Kontext Freund-Feind-Dissoziationen erneut absoluten Charakter annehmen und die gegenüber Reflexionsprozessen schlechterdings resistent sind. Indessen: Religiös waren und sind solche Orientierungen ja nun gerade nicht geprägt. Das, zumindest, haben w i r hinter uns.

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Prof. Krawietz: Vielen Dank! Herr Kollege Weinberger! Prof. Weinberger: Ich hege gegenüber der letzten These meines Vorredners einige Zweifel, doch möchte ich darüber nicht ausführlich sprechen. Ich glaube, alles ist auch bei uns möglich und die Gefahren bestehen bei uns genauso. W i r können für Reflexionsinstitutionen sorgen, und das ist ein richtiger und wichtiger Weg, aber die Gefahr, daß sie nicht w i r k sam genug sind und unter gewissen Umständen gar nicht wirksam werden, besteht auch bei uns. Bedenken w i r doch nur, daß gerade ein Volk, das auch von der Aufklärung und von der Hochkultur und von der geistigen Welt geprägt war wie das deutsche, fähig war, die Urteilskraft und die Resistenz gegenüber dem Nazismus vollkommen zu verlieren. Das bezieht sich auch auf alle anderen ähnlichen Phänomene. Ich habe also i n dieser Richtung sehr tiefe Zweifel. Entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen eigentlich nicht antworten, aber es hat mich so bewegt, daß ich es nicht verschweigen konnte. Ich möchte mit der Antwort an Herrn Holzhauer beginnen, weil sie sehr kurz ist, nämlich i n einem Wort erledigt werden kann: Ja! Die Fragen, welche die Rolle der Organisation i n der Institution betreffen, sind natürlich sehr wichtig. Es ändert sich das Wesen der Institution und sie tendiert notwendigerweise dazu, daß Organisationen entstehen. Das ist natürlich ein wesentliches Moment und da ist, glaube ich, kein Konflikt zwischen dem, was Sie gesagt haben, und meinen Meinungen. Ich möchte ferner auf ein Moment hinweisen, das ich i n meinem Vortrag wegen der notwendigen Kürzung ausgelassen habe und das das von Prof. Mestmäcker aufgeworfene Problem der Fremdzwecke betrifft. Von Fremdzwecken i n Institutionen und Organisationen zu sprechen, ist eigentlich nur dann möglich und sinnvoll, wenn w i r von einer formalistischen Theorie der Handlung ausgehen. Zu behaupten, daß ein Organ, ein Amtswalter oder ein Stellvertreter einer Person nicht nach seinen eigenen Zwecken, nicht nach seinen Bedürfnissen handelt, sondern i m Geiste der Funktion Akte setzt, ist nur dann sinnvoll und kann nur dann vernünftig erklärt werden, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: 1. wenn w i r von einer formalen Theorie der Handlung ausgehen, und 2. wenn w i r tatsächlich solche Situationen feststellen können, daß jemand nach fremden Zwecken handelt. Gerade die Notwendigkeit, Handeln nach fremden Zwecken i n Betracht zu ziehen, ist eines der wichtigsten Argumente für meine Konzeption der formalen Theorie der Handlung. 6 Schelsky-Gedächtnissymposion

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Nun zur Frage der Beziehung zwischen Recht und Moral. Da möchte ich noch ein bißchen spezifizieren. Der Begriff der Moral ist nämlich durchaus nicht so einfach wie es aussieht. Es ist zumindest eine Differenzierung von gesellschaftlicher Moral und ethischer Fragestellung als persönlich-philosophischer Überlegung des Einzelnen vonnöten. Das, was Sie i m Sinne haben, ist natürlich die gesellschaftliche Moral. Dort gibt es sicher Übergänge — soziologisch gesehen, nicht aber logischsystematisch betrachtet —, d. h. meiner Meinung nach sind auch die Sittlichkeit und die Moralvorstellungen, die i n der Gesellschaft herrschen, nicht automatisch ein Bestandteil des Rechts, sondern es bestehen hier Transformationsmechanismen, die wirken und wirken müssen. Auch die persönliche Moral — und das ist einer der Gründe, warum ich diese Erweiterung fordere — hat eine Rolle. Der Richter sieht als Person seine Tätigkeit als moralische Aufgabe. Das ist meiner Einsicht nach ein Bestandteil des Rechtslebens und muß einer sein. Zur Frage von Herrn Oelmüller. Es ist ein Wesenszug der formalen Theorien, daß sie wissen und behaupten, daß eine Ergänzung durch materielle Prämissen erforderlich ist. Ich kann also aus der formalen Theorie der Handlung keine politischen Entscheidungen ableiten, sondern nur die Form dieser Entscheidungen bestimmen. Ich kann hier also auch nicht Begründungen der Menschenrechte bringen. Es wäre m. E. sehr sinnvoll — und das ist eine politische Überzeugung, die ich habe —, die Menschenrechte nicht als petrifizierte unabdingbare Grundsätze anzusehen. Es wäre zweckmäßig, eine Diskussionsplattform zu schaffen, auf der auch die Reflexionen über Menschenrechte institutionalisiert angestellt werden könnten. Das ist, glaube ich, auch ein politisches Postulat, das vielleicht einen Weg eröffnen könnte für die Möglichkeit, daß sehr verschiedene Kulturen und verschiedene Gesellschaftssysteme an dieser Problematik gemeinsam teilnehmen und einiges weiterbringen könnten. Prof. Krawietz: Vielen Dank! Herr Kollege Mestmäcker! Prof. Mestmäcker: Herr Oelmüller, Sie haben hingewiesen auf die außerhalb der Rechtstheorie liegenden sozialen, politischen und religiösen Voraussetzungen der Vorstellung, daß für das institutionelle Gleichgewicht der Ausgleich der Spannung zwischen dem Subjektiven und der Institution das Entscheidende sei und daß dies auch für die kantische Theorie zutreffe. Das ist ganz sicher richtig. Ich habe fast den Eindruck, daß sich Ihre Frage dann darauf reduziert, was man noch dem

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Bereich der Rechtstheorie zurechnet; denn die Frage etwa, unter welchen wirtschaftlichen Voraussetzungen individuelles Handeln gesellschaftlich kompatibel w i r d und ob das Recht i n diesem Zusammenhang ein Mittel ist, diese Kompatibilität zwischen einem sozialen Ganzen, u m es nun etwas soziologisch auszudrücken, und dem Subjektiven herzustellen, hängt natürlich ganz entscheidend vom W i r t schaftssystem ab. Es ist geradezu einer der Hauptpunkte der sozialistischen Planwirtschaften, nicht nur ihrer Ideologie, sondern ihrer Wirklichkeit, daß subjektive Rechte oder die Behauptung des Subjektiven i m Verhältnis zur Aufstellung, Durchführung und Korrektur von Wirtschaftsplänen nicht vorkommen. Die Identität des Gesamtinteresses m i t der Wirtschaftsplanung gehört sozusagen, wie Schelsky es formuliert, zur Leitlinie dieser Rechtsordnung und Wirtschaftsordnung. Infolgedessen kommt dieses Spannungsverhältnis i m Bereich des Ökonomischen dort nicht vor. Aus einer sehr persönlichen Beratungserfahrung i n China möchte ich erwähnen, daß eine der nachhaltigsten politischen Spannungen i n den sozialistischen Systemen daraus entsteht, daß i m gleichen Moment, i n dem man Wirtschaftsplanung dezentralisiert, Rechtspositionen derjenigen unerläßlich werden, die dezentral Verantwortung übernehmen sollen. Von daher erklärt sich das politische Konfliktpotential der Wirtschaftsreformen. Sie führen zu der Grundfrage nach subjektiven Rechten. Ich glaube i m übrigen, daß es für die Zuordnung des Verhältnisses von Subjekt und Institution zu disziplinären Theorien genügt, darauf hinzuweisen, daß dies natürlich eine kantische Position ist und daß die kantische Theorie vor unseren disziplinären Trennungen und weit vor der Trennung von Soziologie, Politologie, Rechtswissenschaft usw. liegt. Das ist einer der Gründe, warum mich diese Grenzen auch nicht so sehr beunruhigen. Pro/. Krawietz: Vielen Dank, Herr Mestmäcker! Liegen noch weitere Wortmeldungen vor? Wenn das i m Augenblick nicht der Fall ist, dann könnten w i r vielleicht auf dem Podium einige noch offene Fragen erst einmal weiterdiskutieren. Ein Problem, das durch das Referat von Herrn Kollegen Weinberger aufgedeckt worden ist, liegt, wie ich glaube, darin, daß hier der Versuch unternommen wird, die Institutionentheorie — vom Standpunkt eines normativen Institutionalismus ausgehend — handlungstheoretisch zu begründen. Ich glaube, daß hier vielleicht doch ein Divergenzpunkt zu Schelsky liegt und möchte auch hinweisen auf das noch un*

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geklärte Verhältnis zwischen institutionellem Handeln und individuellem Handeln. Schelskys Begriff von Institutionalisierung und sein Institutionsbegriff waren nicht nur sehr weit gefaßt. Er wußte auch sehr genau, i n welchem Ausmaße menschliche Verhaltensweisen institutionalisiert, d. h. durch Regeln bestimmt sind, die den Handelnden oft gar nicht bewußt sind und auch gar nicht bewußt zu sein brauchen. Infolgedessen war Schelsky außerordentlich skeptisch gegenüber der Möglichkeit, ein w i r k l i c h individuelles Handeln an den Tag zu legen. Individuelles Handeln w i r d von i h m deshalb — genau umgekehrt! — institutionalistisch gedeutet. Ich frage mich daher, ob man die Leistung seiner Institutionentheorie nicht ohne Not preisgibt, wenn man versucht, sie jetzt i n eine Handlungstheorie zu transformieren, weil jedenfalls das Individualhandeln, wie Sie, Herr Kollege Mestmäcker, gerade am Beispiel der Planung zeigten, überhaupt nicht i n der Lage ist, i n einer verwissenschaftlichen Zivilisation so weitgehende Regulierungseffekte zu leisten. Der handlungstheoretisch verengte Denkansatz verfehlt möglicherweise genau das, was die Institutionen als Erfindung des Menschen i m geschichtlichen Prozeß immer schon geleistet haben, nämlich die Koordination, Integration und Regulierung des menschlichen Sozialverhaltens. W i r alle werden ja i n schon institutionell regulierte Gesellschaften hineingeboren, i n denen die möglichen Verhaltenssynthesen schon parat sind, so daß w i r unser Handeln gewöhnlich gar nicht erst zu erfinden brauchen. W i r wissen, wie man die vom Menschen geschaffenen Artefakte benutzt, wie man sich ihrer bedient, wie man sich i n Rollen verhält, wie man sich organisatorisch verhält, so daß meine Frage lautet: Leistet nicht doch die Institutionentheorie Schelskys weit mehr als die Handlungstheorie? Kommt es nicht gerade darauf an, die Handlungstheorie, die zu einseitig und zu stark verengt ist, durch seine Institutionentheorie zu substituieren? Es ist hier j a auch die Rede gewesen von der, wie ich mal formulieren möchte, Institutionentheorie Luhmanns. Auch da findet sich j a die Skepsis gegenüber der Möglichkeit des Individualhandelns und der Hinweis auf die Tatsache, daß alles Handeln immer schon institutionell geprägt, irgendwie systemisch ist, d. h. i n systemischen Bezügen abläuft, sei es, daß dieses Handeln vom Persönlichkeitssystem oder von organisierten Sozialsystemen her konzipiert wird. Es bietet sich daher gerade eben nicht mehr die Möglichkeit eines rein individuellen Handelns. Dies wäre ein Punkt, der sich hier aus den Vorträgen und aus den Gesprächen auf dem Podium ergeben hat. Und der andere Punkt, auf den Herr Weinberger auch hingewiesen hat, mündet i n die Frage: Welche Möglichkeiten hat das Recht jetzt und welche Möglichkeiten liegen i m Bereich des Rechts, bewußt künf-

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tiges menschliches Verhalten zu regulieren, zu steuern, zu beplanen? Vielleicht sollte man beiden Fragen noch etwas näher nachgehen. Prof. Weinberger: Ich möchte vor allem auf die erste Frage antworten. Das individuelle Handeln ist sicher — und das ist ein ganz wesentlicher Zug — abhängig von einem institutionellen Rahmen. Ich habe versucht, sogar anzudeuten, daß auch dort, wo jemand ganz isoliert und rein individuell handelt, wenn w i r ζ. B. lernen oder irgendetwas allein und i n Abgeschiedenheit tun, diese Tätigkeit immer zumindest partiell durch vorgegebene Rahmen bestimmt wird. Trotzdem glaube ich, daß hier eines zu unterstreichen ist, nämlich daß diese Rahmen zwar existieren und immer Handeln mitbedingen, aber daß sie selbst durch Handeln transformierbar sind. Dies ist ein ganz wesentlicher Zug, der die menschlichen Institutionen charakterisiert. Hierdurch unterscheidet sich das menschliche Sein von dem auch organisierten, auch geregelten, auch durch Informationen sowie durch Sprache geregelten analogen System der Tierwelt doch sehr wesentlich. Es ist schwer denkbar, daß ein Bienenstock sich entschließen würde, eine andere Wirtschaftsform einzuführen. Der Mensch ist dazu fähig und ist dazu berufen; er ist dazu genötigt. Ich glaube, das sieht Schelsky sehr genau, und dort sehe ich seinen personalen Ansatz. Die oben genannte Interrelation besteht tatsächlich. W i r haben zwar diese institutionellen Rahmen, aber sie selbst werden durch Handlungen, durch unser Entscheiden, natürlich meist i n Abhängigkeit von anderen Bedingungen, geprägt. W i r sind ständig vor die Aufgabe dieser Transformation gestellt, als Individuen, als suchende Menschen und als Menschen, die teilhaben an diesen gesellschaftlichen Relationen, die Institutionen nun einmal sind. Sie haben noch eine zweite Frage gestellt, die ich aber jetzt nicht mehr ganz präsent habe. Prof. Krawietz: Meine zweite Frage bezog sich auf Luhmann, der ja auch i n Ihrem Referat vorkam und auf die Skepsis, die sich auch bei einem systemtheoretischen Zugang ergibt, wenn es darum geht, die A k t i v i t ä t e n bzw. das selektive Verhalten von bereits etablierten sozialen Systemen i m Hinblick auf ihre Umwelt als Handeln zu deuten. Ist es nicht eine Verkürzung oder eine Etikettierung, m i t der man die Wirklichkeit organisierten Handelns nur höchst unzureichend beschreibt, weil man sie nach dem Modell des Individualhandelns deutet, wenn man — vom Individualhandeln ausgehend — sich auch Organisationen und Kollektivsubjekte so vorstellt als ob sie handelten, wie ein großer Mensch oder etwa der Staat, so wie ihn Hobbes uns vorgestellt hat?

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Prof. Weinberger: Meiner Ansicht nach besteht tatsächlich eine wesentliche Strukturanalogie zwischen dem Handeln des Individuums und dem Handeln von Kollektiven oder Institutionen. Ihr Handeln ist genauso zweckgerichtet, beruht auf der Beziehung zwischen Mitteln und Zwecken sowie auf den relativen Werten von möglichen Verhaltensalternativen usw. wie das Handeln des Individuums. Natürlich w i r d das soziale Handeln durch gewisse institutionelle gegebene Organe oder institutionalisierte Prozesse der kollektiven Willensbildung (ζ. B. Abstimmungen) realisiert. Wenn ich vom Handlungsbegriff ausgehe und Institutionen i m Handlungskontext betrachte, bedeutet dies keineswegs, daß ich das Individualhandeln (oder gar das bewußte Handeln des Einzelnen) gegenüber dem sozialen System hervorhebe, da ich einerseits von einer formalen Handlungstheorie ausgehe, die auch die Strukt u r des sozialen Handelns bestimmt, und andererseits das Zusammenspiel institutioneller Faktoren und individuellen Handelns als Charakteristikum des Handlungskontextes ansehe. W i r sind, glaube ich, entsprechend unserer anthropologischen Konstitution, genötigt, immer wieder etwas zu erfinden und Institutionen zu schaffen, gegebenenfalls zu transformieren, weil w i r nur i n geringem Maße instinktgelenkt und m i t Freiheitsspielräumen ausgestattet sind. W i r sind zu individueller und sozialer Lebensgestaltung berufen. Ein gefahrenvolles Privileg. Genau das, was die Basis unserer Freiheit ist, birgt die Gefahren krankhafter Fixierungen, von quälenden Neurosen und pathologischen Lebenseinstellungen des Individuums wie die Möglichkeit der Entstehung entarteter sozialer Systeme: Glaubenskriege, Scheiterhaufen und Vernichtungslager sind i n der Reichweite des Menschen. Ideen und ideologischer Wahn, die Gestaltung des eigenen und gemeinschaftlichen Lebens und seine Entartung sind Potentialitäten des menschlichen Daseins. Deswegen müssen w i r immer gestalten und auf der Hut sein vor gesellschaftlichen Fehlentwicklungen. Ich glaube, daß Schelsky das i m wesentlichen auch so gesehen hat, wenn ich i h n richtig verstehe. Prof. Krawietz: Danke sehr! Herr Kollege Lübbe bitte! Prof. Lübbe: Gern möchte ich m i t zwei Bemerkungen zu unserer Diskussion beitragen. Eine richtet sich an Herrn Weinberger, eine andere an Herrn Holzhauer. Zunächst noch einmal zu der von Herrn Weinberger bezweifelten These, daß i n nachaufgeklärten, das heißt durch die Auf-

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klärung sozusagen vollendet geprägten Kulturen fundamentalistische Bewegungen i n ihren etwaigen Bemühungen, die Grundlagen aufgeklärt-liberaler K u l t u r zu zerstören, i m wesentlichen chancenlos bleiben müßten. Demgegenüber haben Sie, Herr Weinberger, an die l i beralitätszerstörende Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei erinnert. Diese Erinnerung ist, allerdings, ein durchschlagendes Argument gegen den i n der Tat unbegründeten Optimismus, einmal etablierte liberale, aufgeklärte K u l t u r e n seien bis i n ihren politischen Lebenszusammenhang hinein unzerstörbar. Davon kann, selbstverständlich, keine Rede sein. Es liegt ja, i n der Aufklärung selbst, von Anfang an eine Tendenz totalitärer Selbstzerstörung. Es hängt das, i m wesentlichen, mit dem zu den Grundlagen, insbesondere der kontinentaleuropäischen Aufklärung gehörenden Konzept totalitärer Demokratie zusammen, als deren Erz-Klassiker w i r alle Rousseau kennen. Die Ideologie des Nationalsozialismus, ebenso wie die Ideologie des Marxismus-Leninismus, halte ich für Realisierungen der totalitären Möglichkeiten, die i n der Aufklärung selber angelegt sind. Nur eben: Die Hochideologien des Nationalsozialismus einerseits und des Marxismus-Leninismus andererseits Religionen, und nun gar fundamentalistische Religionen, zu nennen — das wäre doch begrifflich überaus unzweckmäßig, und meine zuversichtliche These bezog sich exklusiv auf die religiösen Fundamentalismen. Selbstverständlich kann ich nicht mit Rekurs auf irgendwelche Grundsätze ausschließen, daß diese Fundamentalismen irgendwann einmal eine Mächtigkeit entwickeln könnten, die ausreichen würde, liberale K u l t u r ernsthaft zu tangieren oder gar zu zerstören. Aber es hat, so w i l l m i r scheinen, wenig Sinn, solche Möglichkeiten zu erörtern und i n ihrem Horizont zu spekulieren, solange man nicht auf soziologisch oder politologisch identifizierbare konkrete Bedingungen verweisen kann, die einer religiös motivierten kulturellen und politischen Gegenaufklärung Chancen ernsthafter k u l tureller Machtergreifung einräumen würden. Und nun noch eine zweite Bemerkung zu Herrn Holzhauer. Wenn ich Schelskys hochschulpolitische und wissenschaftssoziologische Ausführungen richtig gelesen habe, so hat er nirgendwo die Größenordnung beklagt, zu der sich, etwa sei 1960, auch unser deutsches Wissenschaftssystem entwickelt hat. Eine solche Klage wäre doch auch unplausibel; denn das deutsche Wissenschafts- und Hochschulsystem hatte doch i n den späten vierziger sowie i n den fünfziger Jahren i n der Tat einen außerordentlichen Nachholbedarf zu verzeichnen, und i m Vergleich zum skandinavischen System, auch zum Wissenschaftssystem i n den USA, läßt sich pauschal nicht behaupten, daß es bei uns zu viele Wissenschaftler, zu viele Studenten, zu viele Universitäten und zu viele sonstige Hochschulen gäbe. Die fällige K r i t i k an der Entwick-

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lung des Wissenschafts- und Hochschulsystems i n Deutschland ist vor allem eine K r i t i k am überzogenen Entwicklungstempo dieses Systems. Jeder Betriebswirt weiß, daß die maximale Geschwindigkeit in der Vergrößerung eines Unternehmens nicht auch das Optimale ist. Dieses Optimierungsgebot ist i n der deutschen Hochschulpolitik gröblich verletzt worden. Ich muß mich hier damit begnügen, das an einem einzigen, uns allen vertrauten, sehr schwerwiegenden Bestand zu demonstrieren, nämlich an den unabsehbar folgereichen Massenbeförderungsschüben, zu denen w i r uns Ende der sechziger, noch Anfang der siebziger Jahre entschieden haben. Diese Massenbeförderungsschübe verderben heute bekanntlich die Karrierechancen der Jungwissenschaftler, und sie schädigen damit die gedeihliche Entwicklung deutscher Wissenschaft für vorerst unabsehbare Jahre. Es sind ja nichts als ein paar Tropfen auf den heißen Stein, was w i r uns dazu inzwischen an kompensatorischen Nachwuchsförderungsprogrammen haben einfallen lassen. Wenn man i m Rückblick fragt, wieso w i r uns denn, auch i m Vergleich m i t unseren deutschsprachigen Nachbarländern, gestattet haben, ein Tempo vorzulegen, daß aller personalpolitischen und organisatorischen Vernunft widerspricht, so lautet die Antwort: I n ihrem mangelnden Selbstgefühl, i n ihrer historisch ja leicht erklärbaren Schwäche ihrer demokratischen Autorität haben sich unsere Politiker unfähig gezeigt, seinerzeit dem organisierten Druck der interessierten Assistenten etc. den gebotenen Widerstand entgegenzusetzen. Es handelt sich somit u m das Syndrom deutscher Beflissenheit i n der Erfüllung vermeintlich demokratisch begründeter Forderungen auf Kosten späterer Generationen, die einem als Demonstranten ja derzeit noch nicht lästig werden können. — I m übrigen lassen sich viele der scharfen K r i t i k e n Schelskys an der deutschen Hochschulentwicklung auf den Begriff einer K r i t i k kulturrevolutionären Moralverschleißes bringen. Die Institutionen der Wissenschaft sind i n besonderer Weise auf funktionierende Mechanismen sozialer Kontrolle angewiesen, die informell wirken. Man frage sich etwa, wie es denn eigentlich möglich ist, daß Dozenten und Professoren, nachdem sie Lebenszeitbeamte geworden sind, nachdem sie also ihre wichtigsten Karriereziele längst erreicht haben, unverdrossen bei der Arbeit bleiben, die von Helmut Schelsky hochschulsoziologisch nachgewiesenen sechzig Arbeitswochenstunden absolvieren, und das alles, obwohl doch dergleichen durch eine dienstliche Aufsicht schlechterdings nicht bewirkt werden kann, j a eher verhindert werden würde. Die außerordentliche Arbeitsintensität bedeutender Forschungspersönlichkeiten beruht ersichtlich, nächst ihrer Bestimmtheit durch Sachleidenschaft, auf ihrer Bestimmtheit durch die Erwartungen von Kollegen überall i n der Welt, die einen nach den Resultaten der Forschungsarbeit einzuschätzen wissen und deren gutes

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Urteil man sich zu erhalten wünscht. Kurz: Auch und gerade wissenschaftliche Institutionen sind nur so lange funktionsfähig, wie die Menge der Möglichkeiten, sich i n ihnen unmöglich zu machen, noch nicht gegen N u l l gesunken ist. Die Binnenmoral akademischer Institutionen erhält sich i n Traditionen, die über allzu dramatische Prozesse der Vergrößerung und sozialen sowie ideologischen Umschichtung der Wissenschaftlerkommunitäten i n Gefahr geraten. Das ist es, was sich, abermals i n Abhängigkeit vom überzogenen Entwicklungstempo des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems, tatsächlich bei uns abgespielt hat. Nur i n wenigen anderen Ländern hat man so viele subkulturelle Verhaltensskurrilitäten beobachten können, wie sie die deutsche akademische Szene, sagen wir, vor fünfzehn Jahren erfüllten. Prof. Krawietz: Herr Lübbe, ich b i n Ihnen gerade für die letzte Diskussionsbemerkung sehr dankbar, weil das einen wesentlichen Aspekt i m Denken Schelskys zeigt. Er hat i n seiner Institutionentheorie das bewegende Moment i n der Tat darin gesehen, daß verschiedene Generationen die Institutionen weiter zu modifizieren und fortzuentwickeln haben, milder Möglichkeit, sie zu verflüssigen, fortzubilden und ihren Intentionen gemäß zu gestalten. Genau hier sehen w i r seinen Bezug zur Handlungstheorie. Ich habe jetzt zwei weitere Wortmeldungen. Privatdozent

Dr. Gerhardt:

Die Vorträge von Herrn Lübbe und Herrn Mestmäcker haben i n meinen Augen ihren besonderen Wert darin, daß sie i n verschiedener Hinsicht die Differenz zwischen Schelsky und Gehlen deutlicher machen. Man könnte nun die Frage stellen, ob sich i n ähnlicher Weise auch zwischen Schelsky und Luhmann differenzieren läßt. Darauf sind ja schon einige Diskussionsbemerkungen bezogen gewesen. Es sah i n einem Hinweis von Herrn Weinberger so aus, als habe bei Schelsky die Bereitschaft gefehlt, sich auf die hochdifferenzierte soziologische Theorie Luhmanns einzulassen; er habe möglicherweise sogar Schwierigkeiten gehabt, deren Komplexität zu folgen. Wahrscheinlich war die Bemerkung so nicht gemeint. Wenn sie so gemeint gewesen sein sollte, dann müßte man scharf dagegen protestieren. Wenn Schelsky überhaupt Schwierigkeiten hatte, sich auf Einzelheiten der Systemtheorie einzulassen, dann deshalb, weil er wußte — oder zumindest zu wissen glaubte —, worauf eine solche Theorie hinausläuft, nämlich auf das bloße Systematisieren von vorhandenem Wissen. I n Luhmann sah er eine Neuauflage Spencers. Seine Vertrautheit mit der Theorie Herbert Spencers, zu der er sich ja i n den letzten Jahren gelegentlich geäußert hat, ließ ihn fürchten, daß der systematische Aufwand, den Luhmann

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betreibt, für eine Theorie der Gesellschaft folgenlos bleiben werde. I n Luhmanns Theorie kommt das handelnde Subjekt nur als ein Element unter vielen anderen vor. I n Schelskys Augen war damit die Intention einer Theorie der Gesellschaft prinzipiell verfehlt, weil das wichtigste Moment i m sozialen Prozeß, nämlich das handelnde Subjekt, nicht adäquat erkannt war. Soziologie werde damit, wie bei Herbert Spencer, zu einer erweiterten Biologie. Schelskys genereller Einwand gegen die Systemtheorie w i r d wohl am deutlichsten i n dem Satz, der Systemtheoretiker könne niemals sagen: Handle systemkonform! Derjenige aber, der eine Theorie vertritt, wie sie i n soziologischer Hinsicht benötigt wird, kann durchaus sagen: Handle gerecht! I n dieser Pointierung w i r d deutlich, daß es dem Systemtheoretiker weder gelingt, seine Theorie i n ein Verhältnis zum praktischen Handeln des Menschen zu bringen noch seine eigene Stellung zur eigenen Theorie adäquat zu formulieren. Auch der Systemtheoretiker übernimmt offenbar für sich bestimmte Normen, etwa die der Komplexitätsreduktion, die er jedoch nach seiner eigenen Theorie gar nicht auf sich beziehen darf. Hier ist ein Selbstwiderspruch i n der Haltung des Systemtheoretikers. I n Abgrenzung gegen Luhmann, den er persönlich übrigens sehr schätzte, hat Schelsky versucht, die Dimension des eigenen Handelns zu einem konstitutiven Element seiner soziologischen Theorie zu machen. Der Soziologe darf sich i n keiner seiner möglichen gesellschaftlichen Rollen, schon gar nicht als Soziologe, aus der von i h m beschriebenen gesellschaftlichen Realität ausnehmen. Der Vortrag von Herrn Lübbe bringt mich nun auf die Idee, ob man nicht einen Punkt, i n dem sich Gehlen und Schelsky unterscheiden, nämlich ihr höchst verschiedenes Naturell, auch bei Luhmann und Schelsky i n Ansatz bringen könnte. Ein wesentlicher Effekt der Systemtheorie liegt j a darin, daß sie m i t einer bestimmten Lust Gegenaufklärung betreibt. Die Theorie kränkt, weil man von ihr geschildert bekommt, daß die Zwecke und Handlungsziele, an die man glaubt, i n Wirklichkeit gar nichts bedeuten. Es ist sicherlich falsch, hinter dieser A r t soziologischer Aufklärung einen Zynismus zu sehen. Vielmehr liegt darin die unvermeidliche aufklärerische Leistung der Theorie selbst, und das Subjekt muß m i t den kränkenden Einsichten der Theorie fertig werden. Für Schelsky war es aber eben auch soziologisch von Belang, daß man trotz ernüchternder Einsichten in den gesellschaftlichen Zusammenhang nicht an der Tatsache vorbeigeht, daß die Individuen an ihre Handlungsziele glauben. Selbst wenn man als Theoretiker wissen zu können glaubt, daß alle Absichten nichts bewirken, kann man dodi den Faktor nicht eliminieren, daß es Zwecke und Ziele gibt und daß

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sie für das handelnde Bewußtsein bestimmend bleiben. Handlung ist ein Bestandteil der soziologischen Realität und zu ihr gehören sowohl die Person wie auch deren Glauben an sich und an die möglichen Wirkungen ihres Tuns. Luhmann beläßt es nun bei der Aufklärung und überläßt es den Subjekten damit selbst, mit deren Folgen für sie selbst fertig zu werden. Für Schelsky dagegen — und das verweist meines Erachtens nicht bloß auf eine andere theoretische Position, sondern auch auf ein anderes Naturell — war damit die Aufgabe der Theorie noch nicht erledigt. Er nahm Anteil an den soziologischen Folgen der soziologischen Erkenntnis, das heißt: i h n interessierte, was das Subjekt aus den gesellschaftlichen Einsichten für die Bewältigung seiner Wirklichkeit zu gewinnen vermag. Schelskys ganzes Temperament zielte auf eine Soziologie der Tat — wenn ich diese Reminiszenz an seinen frühen philosophischen Lehrer, an Fichte, hier anbringen kann. Schelskys andere Einstellung gegenüber der Funktion von Handlungszielen führte i h n auch zu einer anderen Einschätzung der Sinndimension überhaupt. M i r erscheint bemerkenswert, daß er ζ. B. über eine Frage, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens, niemals so hätte urteilen können, wie Sie, Herr Lübbe, das am Anfang Ihres Vortrags geschildert haben. Schelsky hat eben die Sinndimension auch soziologisch ernstgenommen. Ohne sein Interesse an der Sinnfrage ließe sich weder seine „Suche nach der Wirklichkeit" noch seine Aufmerksamkeit für die Funktion der Intellektuellen erklären. Wichtig scheint m i r dabei auch, daß ihn weder die späten noch seine frühen Ansätze dieser A r t i n eine Opposition zur Metaphysik getrieben haben. Bis i n späte Äußerungen hinein zeigt sich bei i h m das Bemühen, die Soziologie i n die Tradition der Philosophie zu stellen. Ein wichtiger Impuls seines ganzen Wirkens liegt meines Erachtens eben darin, die Grenze zwischen der Soziologie und der Philosophie nicht definitiv werden zu lassen. I n den 50er Jahren, i n der Zeit seiner stärksten Beschäftigung m i t der empirischen Soziologie, entwarf er das Programm einer transzendentalen Theorie der Gesellschaft. Wenn Sie m i r erlauben, möchte ich noch eine Bemerkung zum Vortrag von Herrn Mestmäcker anfügen. Sie richtet sich auf die systematische Stellung des Rechts bei Schelsky. Die Leistung des Rechts ist bei i h m so fundamental, daß es i n meinen Augen schwierig wird, sie noch gänzlich unter den Begriff der Institution zu subsumieren. Natürlich ist das Recht eine Institution. Es ist nach Schelsky zugleich aber auch das, was Institutionen allererst ermöglicht. Insofern übergreift die Frage nach dem Recht die Institutionenlehre i m engeren Sinn und zielt auf eine Theorie der Gesellschaft überhaupt. Darauf haben Sie, Herr Mestmäcker, i n Ihrem Vortrag, wenn ich richtig verstanden habe, aufmerk-

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sam gemacht. Schelsky hat diese Sonderrolle des Rechts nicht i m einzelnen ausgewiesen, hat deren Primat gegenüber Ökonomie und Politik nicht zu rechtfertigen gesucht, aber er hat doch zahlreiche Hinweise auf ihre basale Funktion gegeben. Nicht von ungefähr hat er seine Rechtssoziologie dadurch ausgezeichnet, daß er i n ihr keine Bindestrich-Soziologie hat sehen wollen. Recht war für ihn kein Thema unter vielen anderen, sondern für i h n stellte sich i m Recht das eigentliche Problem der Gesellschaft. Man kann daher sagen, daß er die von i h m früher geförderte transzendentale Theorie der Gesellschaft unter dem Titel der Rechtssoziologie wieder aufgenommen hat. M i t den Prinzipien der Gegenseitigkeit auf Dauer, der Gleichheit bei Verschiedenheit und der Integrität der Person hat er, so glaube ich, bereits wesentliche Ansätze für eine solche Theorie entwickelt. I n diesem Zusammenhang scheint es m i r wichtig, auf die enge Beziehung zur Philosophie Kants hinzuweisen. Schelsky hat diese Nähe zu Kant selbst überrascht. Er hat sie i n den letzten Jahren gewissermaßen neu für sich entdeckt. Und ich glaube, daß man aus dieser Nähe auch Hinweise für die Klärung des Verhältnisses von Recht und Moral, von dem i n der Diskussion bereits die Rede war, gewinnen kann. Den Ausführungen von Herrn Mestmäcker läßt sich aus Kantischer Sicht durchaus zustimmen. Moral und Recht bleiben dabei sehr wohl unterscheidbar, obgleich die Moral natürlich mit dem Ursprung des Rechts aufs engste zusammenhängt. Gerade Schelskys Rechtssoziologie belegt die Nähe zwischen Moral und Recht. Aber neben vielen äußeren Unterschieden ist eine wesentliche Differenz offenkundig: Moralisch handeln muß ich letztlich allein, hier bin ich i m Zweifelsfall nur m i r selbst Rechenschaft schuldig; das rechtliche Handeln geschieht dagegen stets mit Rücksicht auf die anderen; die Gesellschaft ist hier als ein empirischer Zusammenhang vorausgesetzt, und die Entscheidung liegt letztlich bei einer bestimmten gesellschaftlichen Instanz. Prof. Krawietz: Vielen Dank, Herr Kollege Gerhardt. Sie haben, glaube ich, den Gegenstandsbereich und den Stoff für mindestens zwei bis drei Symposien herausgearbeitet. Da müßte noch nachgefaßt werden. Der nächste auf der Rednerliste ist Herr Kollege Petev. Prof. Petev: Ich möchte nur kurz eine Bemerkung zum Moment der Organisation machen, das Herr Mestmäcker hier hervorgehoben hat. Ich glaube, das ist konstitutiv für den Begriff der Institution. Organisation schafft man, Organisation entsteht nicht spontan. Und wenn w i r i n der In-

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stitution das Moment der organisierten sozialen Beziehungen nicht sehen, laufen w i r Gefahr, so ziemlich alles als Institutionen zu bezeichnen. Es gibt eine Tendenz, jedes regelhafte Verhalten bereits als tradiertes Handlungsmuster und insofern als institutionalisiert anzusehen. Ich glaube nicht, daß uns das weiterführt — und es ist auf jeden Fall nicht i m Sinne von Schelsky —, weil dabei die Rolle des Rechts übersehen wird. Gerade durch das Recht schafft man eine Organisation der sozialen Beziehungen, die man i n einer bestimmten Beschaffenheit, nach einem bestimmten Konzept sehen und vollziehen möchte. Man überläßt dies nicht der Spontaneität. Es ist beispielsweise nicht die Ehe, was alle möglichen oder tradierten Beziehungen des einen Geschlechts zum anderen mit einer bestimmten Zielsetzung umfaßt. Ehe ist nur dann eine Institution, wenn durch Normen der Moral und — i n staatlich organisierten Gesellschaften — vor allem des Rechts festgelegt wird, wie diese Beziehungen i n einem kulturellen und zeitlichen Kontext gestaltet werden sollen. Deshalb meine ich, Herr Mestmäcker hat recht; es ist auch begrifflich so. Dasselbe gilt für das Eigentum, für die Formen der Wirtschaft, gerade wegen der Notwendigkeit, soziale Beziehungen nach einem Konzept zu regeln. Das ist es, was Schelsky mit dem bewußten Zweckhandeln meinte. Er hat es individualisiert wegen seines personenfunktionalen Ansatzes, aber auch wenn man es von der sozialen Gruppe oder vom ganzen her sieht, ist jedesmal das Moment der Organisation nach einem Konzept, glaube ich, konstituierend für eine Institution. Sonst wäre alles eine Institution! Prof. Krawietz: Danke sehr! Herr Kollege Weinberger möchte direkt hierzu erwidern. Prof. Weinberg er: Sie haben etwas Wesentliches gesagt, indem Sie auf die Gefahr hinwiesen, daß man jedes regelhafte Verhalten als Institution ansehen würde. Das war nicht meine Absicht; aber ich möchte darauf hinweisen, daß zwischen den verschiedenen Typen des regelgelenkten Verhaltens und verschiedenen institutionellen Phänomenen Übergänge bestehen, und zwar wesentliche und notwendige. Es ist daher nicht möglich und nicht zweckmäßig, die Institutionentheorie auf jene Bereiche zu beschränken, wo Organisationen bestehen oder wo sie geschaffen werden. Vielmehr ist es notwendig, den ganzen Prozeß, inklusive den Status nascendi oder die Genesis der Institution zu verfolgen. Da möchte ich ein Beispiel nennen, das an I h r Beispiel anknüpft. Sie haben von der Ehe gesprochen; sie existiert als Phänomen sicherlich i m Zusammenhang m i t dem Recht und aufgrund des Rechts, aber es gibt auch das

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Konkubinat. Und dieses Konkubinat ist ursprünglich eine Handlung von Menschen, die i n einer gewissen Weise über eine gewisse Lebensform übereinkommen: ad hoc, nicht rechtlich organisiert. Das Konkubinat entsteht an sehr vielen Stellen. Es ist meines Erachtens immer ein Stüde Institution, auch wenn noch keine rechtliche Regelung vorliegt; und es w i r d dann auch zur rechtlich geregelten Institution. W i r müssen uns diesen Prozeß der Entstehung vor Augen halten und dürfen nicht durch die Einengung der Analyse der Institutionen auf den Gegenstandsbereich, i n dem schon fixe Organisationen vorliegen, den Prozeß dieser Genesis aus unserer Betrachtung ausschalten. Sie haben redit, daß man die Organisation als wesentliches Element immer sehen muß, aber man muß sozusagen auch das Vorfeld i n Betracht ziehen. Prof. Mestmäcker: Ich möchte doch m i t einem Satz, Herr Weinberger, auf folgendes hinweisen. M i r scheint, daß i n diesem Zusammenhang die Unterscheidung bei Hayek von spontanen Ordnungen und Organisationen außerordentlich hilfreich sein kann, weil dort dieser Gesichtspunkt doch thematisiert ist. Prof. Krawietz: Vielen Dank! Das Wort hat Herr Kollege Lübbe. Prof. Lübbe: Gewiß, Herr Gerhardt, kann man das Werk Helmut Schelskys ebensogut wie zu Gehlen auch i n Beziehung zum Werk von Luhmann setzen. I n Erinnerung an meine langjährigen Beziehungen zu Helmut Schelsky erinnere i m mich schlechterdings nicht an irgendwelche Bekundungen einer tiefreidienden Distanznahme Schelskys gegenüber den Arbeiten Luhmanns. Ich erinnere mich, ganz i m Gegenteil, an Bekundungen des Entzüdtens über Luhmanns frühes Buch, welches dem „Vertrauen" als einem Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität gewidmet war. Es ist leicht erkennbar, wieso dieses Buch Schelsky entzücken mußte. Das hängt nicht allein mit Wirkungen Luhmannscher Technik zusammen, i n einer Moralisten immer wieder einmal schockierenden Weise Werte und Tugenden funktionalistisch zu interpretieren. Es hängt vor allem zusammen mit der von m i r i n meinem Vortrag angedeuteten Theorie Gehlens über progressive Erfahrungsverluste, die i n komplexen Gesellschaften unvermeidbar sind, wie sie Gehlen entwickelt und Sdielsky aufgenommen und fortgeführt hat. Gewiß: Es wäre absurd, die Unfähigkeit der überaus großen Mehrheit der PkwBenutzer, auch nur einigermaßen technisch zureichend zu schildern, was unter der Motorhaube ihres Fahrzeugs geschieht, für einen Bildungs-

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mangel zu halten und als Ausdruck progressiver Erfahrungsverluste zu beklagen. Unbeschadet dessen bleibt es ein elementarer Bestand, daß der relative Anteil derjenigen Bedingungen unserer physischen und sozialen Existenz, die bis i n Produktion und Konservierung hinein Bestandteil unserer Primärerfahrung sind, fortschreitend absinkt, und eben dazu müssen w i r uns über Vertrauen, und zwar i n einem Ausmaß, wie das i n keiner Gesellschaft zuvor nötig war, verhalten. Vertrauen — das ist hier strikt das Vertrauen i n die Solidität der Leistungen des jeweils benachbarten Fachmanns. Wie sehr w i r i n der Tat auf so bestimmtes Vertrauen angewiesen sind — das kann man sich eindrucksvoll vor Augen rücken, indem man über einen einzigen Tag h i n auflistet, wie viele derartige Vertrauensakte zu den Bedingungen des Lebenkönnens gehören — vom morgendlichen Einnehmen des ärztlich verordneten Medikaments bis zum abendlichen Besteigen des Flugzeugs nach Kongreßende. Analysen i m Horizont dieser Thematik finden sich i n der Soziologie Schelskys vielfach, und es bedarf hier keiner sonderlichen Nachweise dessen, wie sehr er sich dabei m i t Luhmann i n Übereinstimmung zu wissen vermochte. I m übrigen war Schelsky ein Moralist. Das prägte sein Profil i n der Öffentlichkeit, und das war zugleich eine Bedingung seiner weit über den Kreis der Fachgenossenschaft hinausreichenden öffentlichen Wirkung. Das unterscheidet ihn, selbstverständlich, auch von Luhmann. Aber das sind Unterschiede, die, ersichtlich, als Unterschiede der Rolle zuerst beschrieben werden müssen, die man als Intellektueller ergreift, i n der man wahrgenommen w i r d und auf die h i n man sich dann auch stilisiert. Ob dem auch gravierende Differenzen oder gar Widersprüche zwischen den Theorien entsprechen — das ist eine ganz andere Frage. Ich neige dazu, sie i m fraglichen Fall m i t „Nein" zu beantworten. Aber das ist eine Antwort auf dem Hintergrund meiner Neigung, die großen Unterschiede sogenannter theoretischer Ansätze i m sozial wissenschaftlichen Bereich für Unterschiede entweder ideologischer oder für stilistischer A r t zu halten. Pragmatisch betrachtet, nämlich unter dem Gesichtspunkt, was sich aus solchen unterschiedlichen sogenannten Theorieansätzen sozialtechnisch an Unterschieden ergibt, so nehmen sich i n der literarischen Selbstdarstellung der fraglichen Theorien die Unterschiede zumeist viel größer aus als sie i n Wirklichkeit sind. Prof. Krawietz: Vielen Dank! Wenn Sie bei Luhmann nach dem Aspekt der Leistungen des handlungsrational organisierten Subjekts suchen, dann, würde ich sagen, finden Sie i h n genau da, wo er i n der Theorie neuerdings eine Wende vollzieht. Luhmann spricht sogar von einem Paradigmawechsel derart, daß alle Systeme als autopoietische oder als selbstrefe-

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renzielle zu denken sind i m Verhältnis zu ihrer Umwelt. I n seinem Konzept des autopoietischen Systems finden Sie begrifflich genau die Vorstellung, die Sie vermissen, nämlich die, daß der Einzelne sich selbst sozusagen herstellt, wie überhaupt alle Systeme die Elemente, aus denen sie bestehen, autopoietisch, d. h. unter Bezugnahme auf sich selbst und ihre jeweilige Umwelt, herstellen. Hier liegt auch der Bezug zum Rechtssystem, das damit einen Mechanismus gefunden und weiterentwickelt hat, Normen zu erzeugen und damit i n der Lage ist, sich beliebigen gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen zu können.. W i r haben noch, glaube ich, zwei weitere, sehr interessante Aspekte, die ich wenigstens nennen möchte und die, glaube ich, kontrovers beurteilt werden, auch unter den Referenten und i m Verhältnis zu Schelsky. W i r haben 1. die Frage, wie das Verhältnis von Recht und Moral institutionentheoretisch bzw. systemtheoretisch zu beurteilen ist und, was w i r auch nicht diskutiert haben, was aber nach meiner Auffassung sicher hätte diskutiert werden müssen, 2. die wichtige Überlegung und Frage, die Ota Weinberger beigesteuert hat, wie eigentlich das Verhältnis der Institutionentheorie Schelskys und der Institutionentheorie Luhmanns zum deutschen Rechtsrealismus anzusehen ist. Herr Weinberger hat ja ganz pointiert gesagt — und ich b i n nicht sicher, ob die anwesenden Juristen, insbesondere Herr Mestmäcker, da konsentieren —, daß er unterscheidet zwischen dem Normensystem und der Verhaltensordnung, was sicherlich angebracht ist, und daß die Positionen des Rechtsrealismus i n der Rechtstheorie das Recht verkürzen auf das faktisch gelebte Verhalten, woran ich Zweifel hege, jedenfalls i n dieser Verallgemeinerung. Wenn Herr Weinberger vom Standpunkt seines Normativismus das Rechtssystem als Normensystem deutet, so glaube ich, daß Schelsky hier einen eher vermittelnden Standpunkt bezogen hat, indem er die gelebte Verhaltensordnung und das Normensystem i n einen engen, sehr realistischen Zusammenhang bringt. Ich hatte den Eindruck, daß Herr Mestmäcker gestern genau diesen Aspekt stark betont und i n seiner Rekonstruktion Schelskys zum tragenden Gesichtspunkt gemacht hat. Ich möchte also nur der Chronistenpflicht genügen und auf diesen, nach meiner Auffassung bestehenden Gegensatz hinweisen. Prof. Mestmäcker: Ich möchte dazu gern noch einen Satz sagen, nicht aus einem besonderen Harmoniebedürfnis heraus, sondern weil ich nicht den Eindruck hatte, daß ein sehr nachhaltiger Gegensatz zu Herrn Weinberger besteht. I n der Formulierung, daß der Mensch dadurch ausgezeichnet ist, daß er Regeln durch Handlungen findet, ist darauf hingewiesen, daß

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der Prozeß, i n dem Regeln herausgebildet werden, immer auch ein Handlungsprozeß ist. Wenn das zutrifft, dann scheint m i r der Zusammenhang zwischen dem von Ihnen genannten faktischen Verhalten und der Entwicklung von Regeln i m wesentlichen darin zu bestehen, daß die Erfahrungen, die w i r machen müssen, u m Regeln zu erkennen, deutlich zu unterscheiden sind von den einfach vorgefundenen Verhaltensweisen. Es gibt sehr viele Verhaltensweisen, die nach bestimmten Regeln ablaufen, ohne daß w i r diese Regeln kennen. Ich erwähne hier nur das bekannte Beispiel des Verhältnisses von Sprache und Grammatik. Es ist vollkommen eindeutig, daß man eine Sprache glänzend sprechen kann, ohne daß man die Regeln der Grammatik kennen muß. I n gleicher Weise — und das ist seit der Aufklärung sehr oft bemerkt worden — sind auch die Regeln des menschlichen Verhaltens nur zu einem Teil bewußt gemachte Regeln. M i r scheint, daß ein ganz wichtiger Unterschied i n dieser Beziehung besteht zwischen der A r t und Weise, wie Regeln, etwa der Moral und des Rechts, anhand von Erfahrungen bewußt gemacht oder, wenn Sie so wollen, gefunden werden. Ich stimme m i t Herrn Weinberger auch darin überein, daß w i r Transformationsmechanismen gebrauchen, weil die Feststellung, ob eine Regel gilt, ob gegen sie verstoßen worden ist, welche Sanktionen dann einzusetzen haben, i m Rahmen der Rechtsordnung eindeutig und bewußt geregelt werden muß. Wenn Schelsky i n der Tat die Auffassung vertreten hat, Recht sei ein konstitutives Element von Gesellschaft, dann möchte ich daraus folgern, daß er sehr genau gesehen hat, daß es rechtlich geregeltes Verhalten auch aufgrund unbewußter Beachtung von Rechtsregeln gibt. Wenn das nicht so wäre, würde unser soziales Leben ganz schnell zusammenbrechen. Das zeigt, glaube ich, schon eine ganz kurze Überlegung. Eine wissenschaftlich außerordentlich wichtige Frage — und die lag, glaube ich, auch der Bemerkung von Herrn Gerhardt zugrunde — ist deshalb, wie die Prozesse der Regelbildung beschaffen sind, welche Voraussetzungen und Möglichkeiten eigentlich bestehen, aus menschlichen Verhaltensweisen die dafür maßgeblichen Regeln herauszufinden. I n der Beziehung bestehen ganz erhebliche Unterschiede zwischen der Erklärung des Verhaltens von einzelnen Menschen i n Organisationen, auch wenn es dann als Organisationsverhalten nach außen i n Erscheinung t r i t t , und den sogenannten spontanen Handlungen des Einzelnen, die gleichfalls geregelt sind, auch wenn w i r erst herausfinden müssen, was eigentlich die Elemente sind, die hier eine Regel stiften. Der Abstraktionsprozeß — das möchte ich jetzt aber nur noch mit einem Satz sagen, weil dies, glaube ich, i n eine ganz neue Dimension führt —, der Abstraktionsprozeß der Regelbildung ist m. E. i n der Formalität der kantischen Ethik und Rechtstheorie voll formuliert. Diese Formalität, d. h. das Abstrahieren von den Zwecken, Plä7 Schelsky-Gedächtnissymposion

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nen und Motiven dessen, mit dem ich kooperiere, ist eine praktische Notwendigkeit und geradezu eine Voraussetzung dafür, daß man überhaupt geregelt miteinander umgehen kann. Dies ist ein ganz elementarer Punkt m i t Blick auf die Gesetzmäßigkeiten der Regelbildung i m Recht. I n der Moral kommt, darauf haben Sie, Herr Weinbeger, hingewiesen, der ganz radikale Unterschied hinzu, daß die sog. gesellschaftliche Moral, die sich i n Handlungen und Handlungserwartungen der Mitmenschen niederschlägt, etwas ganz anderes ist als die individuell zu ermittelnde oder jeweils auch spontan ermittelte Verantwortung für mein eigenes Handeln und das Bild, daß ich m i r von meinen eigenen Handlungen mache. Dies ist eine sehr spezifische Schwierigkeit der transzendentalen Fassung der Ethik bei Kant. Demgegenüber w i r d der Prozeß der Regelbildung — wenn Recht ein konstitutives Element von Gesellschaft ist, worauf Herr Gerhardt m i t Recht hingewiesen hat — zur entscheidenden Frage bei der Unterscheidung verschiedener Regelsysteme. Prof. Krawietz: Herr Mestmäcker, das war schon fast ein resümierendes Schlußwort, i n dem Sie zugleich weiterführende Wege aufgezeigt haben. Ich möchte gern unser Diskussionsergebnis noch nach einer anderen Richtung abrunden, nämlich zum Politischen hin, das Sie, Herr Lübbe, zum Ausgangspunkt genommen hatten, und meinerseits noch eine Frage stellen, m i t der man sehr schnell konfrontiert wird, wenn man die Institutionen· und Normentheorie Schelskys traktiert, nämlich die Frage: Wie ist eigentlich das Verhältnis seiner Institutionentheorie zum Carl Schmittschen Ordnungsdenken zu beurteilen? Sie haben diese Frage i n Ihrem Referat ausgeklammert, aber sie stellt sich natürlich, wenn man an die Beziehung zur Institutionentheorie von Hauriou und Duguit einerseits und zu Carl Schmitt andererseits denkt. Schelsky hat sich, wenn ich es recht sehe, zum Carl Schmittschen Ordnungsdenken immer ausgrenzend und abgrenzend verhalten, aber m i r ist nicht ganz geläufig, wie die Grenzziehung verläuft, wo es Gemeinsamkeiten gibt und wo die Unterschiede liegen. Ich möchte hier jetzt nicht ein neues Thema aufwerfen, aber es erscheint m i r in dem von uns diskutierten Zusammenhang doch sehr wichtig. Prof. Lübbe: Durch die jetzt gestellte Frage fühle ich mich leicht überfordert, jedenfalls i n der Fähigkeit, spontan eine Antwort zu geben. Aber man kann sich natürlich spontan an das Gesamtwerk Carl Schmitts einerseits und an das von Helmut Schelsky andererseits erinnern, und in

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solcher Erinnerung werden dann gewisse Anmutungsqualitäten auffäll i g — von den weit divergierenden Gehalten einmal ganz abgesehen. Carl Schmitt w i l l m i r dann, bei einem solchen Vergleich intellektueller Anmutungsqualitäten, als ein Romantiker der Ausnahmesituation erscheinen. Wenn man bei Carl Schmitt die Schilderungen des Ausnahmezustandes nachliest, über den der Souverän entscheidet, dann ist das, unbeschadet der begrifflichen Durchdringung politischer Ausnahmesituationen, m i t einem bis i n die Stilgebärde hinein durchschlagenden Entzücken über die großen politischen Ausnahmelagen geschrieben. Es handelt sich, sozusagen, u m einen politischen Nietzscheanismus —: Gelangweiltheit durch spannungslose bürgerliche Normalität und kontrastierend dazu die Lust intellektueller Bewegtheit durch Situationen, die normativ-traditionell nicht mehr gebunden sind, i n der es vielmehr gilt, zu ermitteln, was von nun ab gelten soll. Eine welthistorische Figur von den Dimensionen Lenins, ja, die politische Theorie dieses Mannes, die ja die Weltgeschichte bis h i n zu ihrem Einrücken i n die Endformation des Kommunismus gleichsam als einen Ausnahmezustand auf vorläufig endgültige Dauer definiert, ist das kaum überbietbare Exempel der Politiktheorie Carl Schmitts, und das läßt sich, selbstverständlich, auch auf die Bewegung des Nationalsozialismus übertragen. Die ideologischen Inhalte sind gegenüber Formen der Politik, die i m skizzierten Sinne bei Carl Schmitt ebenso analysiert wie ästhetisiert werden, von sekundärer Natur. — Von diesem intellektuellen und ästhetischen Faible für politische Ausnahmelagen kann man i m Werk Schelskys, soweit es der Wissenschaftsgeschichte der Bundesrepublik zugehört, keine Spur entdecken. Schelsky war gewiß ein Mann ästhetischer Sensibilität für Phänomene, die für anderes als für bürgerliche Normallagen signifikant sind. Aber Schelsky kultivierte diese Sensibilität an ihrem gehörigen bürgerlichen Ort, nämlich i m Umgang m i t der modernen Kunst, die bekanntlich i n seiner Lebenskultur eine ungewöhnliche Rolle spielte. Prof. Krawietz: Bitte sehr, Herr Mestmäcker! Prof. Mestmäcker: Hierzu möchte ich doch auf Ihre Frage mitantworten, weil dies ein häufiger Gesprächsgegenstand zwischen Schelsky und m i r gewesen ist — und zwar aus einem sehr persönlichen Grunde, nämlich wegen meiner auch emotionalen K r i t i k an Carl Schmitt, begründet durch seine entsetzlichen Reden über die Judengesetze, und wegen Schelskys Hochschätzung von Carl Schmitt als eines Wissenschaftlers von hoher Diagnosekraft und als eines glänzenden Formulierers. Aber daraus folgt 7*

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keine Übereinstimmung des Werkes von Schelsky mit dem von Carl Schmitt. Der Unterschied besteht darin — und das ist speziell i n der Rechtstheorie, aber nicht nur da, deutlich —, daß Schelsky durchgängig das von i h m so genannte Leitbild der Institutionen normativ auffaßt. Das gilt auch für den von i h m so wunderbar dargestellten Bereich der Institutionalisierung der Reflexion, also für die „Binnenmoral" der Institutionen, wie Sie, Herr Lübbe, das genannt haben. Auch beim Recht sind es die Leitbilder, die über die konkreten Normenzwecke hinausgehen, zu individuellem und institutionellem Handeln anleiten sollen, die es ordnen oder steuern. Carl Schmitts Theorie der Ausnahmesituation ist aber gerade durch die Verachtung für das kleinbürgerliche Recht gekennzeichnet. Prof. Lübbe: So ist es! Prof. Mestmäcker: Dies ist, glaube ich, der entscheidende Punkt! Carl Schmitt hat ein Vergnügen daran gefunden, nachzuweisen, warum alle zivilisatorischen Bemühungen, die Politik zu domestizieren, i m Grunde Sandkastenspiele sind, und daß i n der großen Ausnahmesituation auch das Recht weggefegt wird. Übrig bleibt der große Führer, der — bengalisch beleuchtet — entscheidet, ob der Ernstfall eingetreten ist. Prof. Krawietz: Meine Damen und Herren! Ehe ich die Schlußwortrunde einläute, möchte ich fragen, ob noch weitere Wortmeldungen vorliegen. Das ist nicht der Fall. Dann können wir, wie es institutionell üblich ist, zu den Schlußworten kommen. Ich erteile das Wort i n der umgekehrten Reihenfolge der Vorträge und darf hierzu nur feststellen, daß Herr Mestmäcker auf ein Schlußwort verzichtet hat. Bitte sehr, Herr Kollege Lübbe! Prof. Lübbe: Ich darf mich noch einmal, ganz knapp, auf das Verhältnis Schelsky— Carl Schmitt beziehen. M i r ist, i m Unterschied zu Carl Schmitt, Schelsky sowohl i n seinem Werk wie i n seiner Person immer als ein Liberaler begegnet — nicht nur i n den vertretenen Grundsätzen, vielmehr auch i m Verhalten. Gewiß: Die außerordentliche intellektuelle Vitalität Schelskys und die gewisse Ungeniertheit, mit der er, was er zu sagen hatte, i n öffentliche oder private Debatten einzubringen verstand, konnte einschüchternd wirken. Aber sobald sich eine Runde auf Schels-

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kys eigenem Vitalitätsniveau bewegte, erzeugten sich regelmäßig Gruppenverhältnisse von außerordentlicher Freiheit, wechselseitiger Anerkennung und produktiver Heiterkeit, und nicht zuletzt daraus lebten auch die reichen Freundschaftsverhältnisse, zu denen sich bei Schelsky so viele kollegiale Beziehungen verdichteten. Zu den Grundsätzen der Liberalität, die Schelsky vertrat und praktizierte, gehörte nun eben auch der Grundsatz, daß man Person und Sache, obwohl sie auch i n der Wissenschaft sich niemals trennen lassen, stets zu unterscheiden habe. Eben das hat, wie ich mich zu erinnern glaube, Schelsky i n der Auseinandersetzung m i t Carl Schmitt stets vollkommen unbefangen sein lassen. Er hätte es für einen Grundsatz kulturrevolutionärer intellektueller Verengung gehalten, Urteile, die der Person gelten, unmittelbar i n Urteile über die Urteile dieser Person umzusetzen. Von Ernst Bloch stammt die Mahnung, daß man Wahrheiten nicht deswegen verschenken solle, weil man sie rechtsliegend vorgefunden hat. Schelskys spätere scharfe K r i t i k an den Tendenzen einer Reideologisierung deutscher akademischer Intelligenz war, sozusagen eine K r i t i k an ihrer neuerlichen Geneigtheit, diesen, hier m i t Ernst Bloch i n Erinnerung gebrachten, Grundsatz zu mißachten. Prof. Krawietz: Herzlichen Dank! Ich b i n ganz froh, daß ich Herrn Mestmäcker und Sie i n puncto Carl Schmitt noch angezapft habe. Bevor ich Herrn Kollegen Weinberger das Schlußwort erteile, möchte ich m i t Hinblick auf künftige Symposien, die m i r nach dem heutigen Gang der Diskussion geradezu unvermeidlich erscheinen, doch noch die Frage nach dem Verhältnis von Schelskyscher und Luhmannscher Institutionentheorie, die w i r hier nur anreißen konnten und sicherlich unzureichend behandelt haben, gleichsam als Merkposten noch einmal erwähnen. Auch möchte ich hinweisen auf das Verständnis des Rechtsrealismus, das Herr Kollege Weinberger hier vorgetragen hat, weil m i r ein Defizit i n der heutigen Diskussion darin zu liegen scheint, daß Rechtstheoretiker wie Rechtsphilosophen dabei nicht eben selten nur an den skandinavischen und an den nordamerikanischen Rechtsrealismus denken, aber nicht daran, daß schon der deutsche Rechtsrealismus seit Ihering und Max Weber bis h i n zu Schelsky und Luhmann die Verbindung von Normen und tatsächlichem Verhalten stets i n den Vordergrund gerückt hat, geschichtlich gesehen sehr viel früher übrigens als alle anderen Varianten eines Rechtsrealismus. Deswegen möchte ich auch an diesem Punkt, der Chronistenpflicht genügend, noch einmal nachfassen.

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Prof. Weinberger: Ich w i l l kein Schlußwort halten, sondern nur eine selbstkritische Bemerkung machen. Meine Anmerkung über den Rechtsrealismus war bewußt verkürzt. Ich habe da nur i n Schnelligkeit eine Anmerkung gemacht, u m zu zeigen, daß meine Position eine dritte Einstellung und eine, wenn Sie so wollen, Synthese ist zwischen zwei Haltungen, nämlich zwischen einem reinen Normativismus und der realistischen Auffassung. Durch meine Position w i r d keine der beiden Auffassungen voll negiert, aber auch keine v o l l akzeptiert, und es handelt sich auch nicht u m eine bloße Eklektik. Das, was ich kritisch gesagt habe, nämlich, daß das Recht nicht nur ein Verhalten ist, bezog sich eigentlich nicht auf den heute aktuellen Rechtsrealismus und natürlich auch nicht auf den von Ihnen angesprochenen. Es bezog sich vielmehr vor allem auf Hägerström und jene Auffassungen, welche die Normen überhaupt als sinnlos erklärt haben. Die heute aktuellen Lehren, die eher an Ross anknüpfen und von unseren Freunden i n den skandinavischen Ländern vertreten werden, negieren natürlich nicht die Existenz und die Bedeutung der Normensysteme. Ich wollte nur sagen, daß eine Reduktion auf Verhalten, wie manche Realisten es versucht haben, inadäquat ist. Das zu diesem Problem. Ich werde es i n der schriftlichen Ausarbeitung vorsichtiger formulieren. Prof. Krawietz: Herzlichen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! W i r sind am Fuße der Diskussion und am Ende dieser Vortragsveranstaltung angelangt. Neben dem nochmaligen Dank an die Herren Referenten bleibt m i r nur noch übrig, Ihnen, Spektabilis Schmidt, ganz herzlich dafür zu danken, daß Sie diese Vortragsveranstaltung organisiert haben. Auch möchte ich den übrigen Teilnehmern herzlich danken, daß Sie aktiv m i t uns diskutiert oder auch nur zugehört haben. Ich wünsche Ihnen allen eine gute Heimfahrt. Meinen Mitarbeitern am Lehrstuhl und m i r verbleibt nur noch die Aufgabe — und insofern betrachte ich mich sehr gern als Amtsnachfolger von Helmut Schelsky —, das alles noch für den Druck vorzubereiten. Ich hoffe sehr, daß von dieser Veranstaltung noch einige Anregungen ausgehen. Vielen Dank und guten Sonntag! Dekan Prof. Jürgen Schmidt: Meine Damen und Herren! Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster wollte mit diesem Symposion Helmut Schelsky ehren. Wenn ich den Verlauf dieser Veranstaltung betrachte, so wie er sich gestern Nachmittag und heute abgespielt hat, so denke ich, daß uns

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das gelungen ist, nicht zuletzt deshalb, weil die Beteiligten m i t ihren Vorträgen wirklich etwas Ehrendes für Helmut Schelsky bewirkt, nämlich sein Werk i n das Licht gerückt haben, das es verdient. Dafür möchte ich Herrn Kollegen Mestmäcker, Herrn Kollegen Weinberger, Herrn Kollegen Lübbe danken. Schließlich danke ich auch noch Herrn Kollegen Krawietz für die sachkundige Leitung dieser Diskussion. Ihnen allen möchte ich dafür danken, daß Sie i n diesem Rahmen an der Feierstunde mitgewirkt haben.

Bibliographischer Anhang Von Dieter Wyduckel Hinweise für den Benutzer Die vorliegende Bibliographie schließt an die 1978 i n der Festschrift für Helm u t Schelsky erschienene bibliographische Zusammenstellung seiner Werke an. Vgl. Recht und Gesellschaft. Festschrift für Helmut Schelsky zum 65. Geburtstag, hrsg. von Friedrich Kaulbach u n d Werner Krawietz, B e r l i n 1978, S. 791 - 835. Sie enthält erstens Nachträge, Ergänzungen u n d K o r r e k t u r e n zu dieser Bibliographie. Querverweisungen unter Angabe der laufenden N u m mer ermöglichen jeweils ein A u f f i n d e n der entsprechenden Titel. Sie umfaßt zweitens die Neuveröffentlichungen Helmut Schelskys aus den Jahren 1978 1984. Das Gliederungsprinzip der Bibliographie v o n 1978 wurde durchgängig beibehalten, u m eine leichtere Orientierung innerhalb der einzelnen Gruppen zu gewährleisten. Der nachfolgenden Bibliographie ist darüber hinaus i n i h r e m zweiten T e i l erstmals eine A u s w a h l der Veröffentlichungen über Helmut Schelsky beigegeben. Sie ist gegliedert i n eine Zusammenstellung der Nachrufe, der i n zwischen erschienenen Festgaben u n d Gedächtnisschriften sowie der W ü r d i gungen von Leben und Werk. Das i n den einschlägigen Buchhandels- u n d Verlagsverzeichnissen verschiedentlich angekündigte W e r k „Eine neue Stunde N u l l " wurde i m M a n u skript an den Verlag gegeben, jedoch v o m Verfasser noch vor der Drucklegung wieder zurückgezogen. Erster T e i l

Bibliographie Helmut Schelsky 1978 - 1984 Übersicht A . Selbständige Veröffentlichungen I. Monographien u n d Sammlungen von Abhandlungen u n d Vorträgen I I . Kleinere Schriften B. Herausgegebene Werke C. Beiträge zu Sammelwerken u n d Zeitschriften D. A r t i k e l , Kolumnen u n d Leserbriefe i n Zeitungen E. Interviews i n Presse u n d Fernsehen

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Dieter Wyduckel

Α. Selbständige Veröffentlichungen I. Monographien

und Sammlungen und Vorträgen

von

Abhandlungen

1. Der selbständige u n d der betreute Mensch. Politische Schriften u n d Kommentare. F r a n k f u r t a. M., Berlin, Wien: Ullstein 1978. 209 S. ( U l l stein-Bücher, Nr. 3527) Taschenbuchausgabe des unter 1978 genannten Werks

Nr. 17 der Schelsky-Bibliographie

von

2. A u f der Suche nach W i r k l i c h k e i t . Gesammelte Aufsätze zur Soziologie der Bundesrepublik. Genehmigte Taschenbuchausgabe. München: Goldmann 1979. 508 S. (Ein Goldmann-Taschenbuch, 11217: Goldmann-Sachbuch) Taschenbuchausgabe des unter 1978 genannten Werks

Nr. 11 der Schelsky-Bibliographie

von

3. Die Hoffnung Blochs. K r i t i k der marxistischen Existenzphilosophie eines Jugendbewegten. Stuttgart: K l e t t - C o t t a 1979. 234 S. 4. Die Soziologen u n d das Recht. Abhandlungen u n d Vorträge zur Soziologie von Recht, I n s t i t u t i o n u n d Planung. Opladen: Westdeutscher Verlag 1980.308 S. Dazu Hans Paul Bahrdt in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 33 (1981), S. 761 - 765, sowie Hans Ryffel in: Der Staat 22 (1983), S. 243 - 261 a) Soziologie — wie ich sie verstand b) Die juridische

Rationalität

und verstehe (siehe Nr. 26)

(siehe Nr. 11)

c) Die Soziologen und das Recht (siehe Nr. 25) d) Systemfunktionaler, anthropologischer und personfunktionaler satz der Rechtssoziologie (siehe Nr. 27) e) Das Jhering-Modell schaftsgeschichtlicher

des sozialen Wandels durch Recht. Ein Beitrag (siehe Nr. 21)

f) Soziologiekritische Bemerkungen soziologen (siehe Nr. 22)

Theorie der Institution

i) Der behavioristische Ansatz Allport) (siehe Nr. 19) k) Die Institutionenlehre Nr. 20) l) Über die Abstraktheiten schaften (siehe Nr. 28)

Herbert

der

Ausbildung

von

(siehe Nr. 32)

Institutionenlehre

(Floyd

Henry

Spencers und ihre Nachfolger

(siehe

des Planungsbegriffes

m) Technische und soziale Aspekte

wissen-

zu gewissen Tendenzen von Rechts-

g) Nutzen und Gefahren der sozialwissenschaftlichen Juristen (siehe Nr. 24) h) Zur soziologischen

An-

der Planung

n) Planung der Zukunft. Die rationale Rationalität (siehe Nr. 30)

Utopie

in den

Sozialwissen-

(siehe Nr. 29) und die Ideologie

der

Bibliographischer A n h a n g

107

5. Funktionäre. Gefährden sie das Gemeinwohl? Stuttgart-Degerloch: Seewald-Verlag 1981. 310 S. — 2. Aufl., ebd. 1981. 310 S. — 3. Aufl., ebd. 1982. 310 S. — 4. Aufl., ebd. 1983. 310 S. 6. Thomas Hobbes. Eine politische Lehre. M i t V o r w o r t 1980. Berlin: Duncker & H u m b l o t 1981. 443 S. Bis auf die Beseitigung offensichtlicher Druckfehler sachlich-inhaltlich unveränderte Neuausgabe der unter Nr. 2 der Schelsky-Bibliographie von 1978 genannten Habilitationsschrift Königsberg 1939 7. Rückblicke eines ,Anti-Soziologen'. Opladen: Westdeutscher Verlag 1981. 178 S. Dazu Hans Paul Bahrdt in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 33 (1981), S. 761 -765, sowie Hans Ryffel in: Der Staat 22 (1983), S. 243 - 261 Enth.: a) Zur Entstehungsgeschichte der bundesdeutschen Soziologie. Ein Brief an Rainer Lepsius (siehe Nr. 31) b) Soziologie — wie ich sie verstand und verstehe (siehe Nr. 26) c) Die Erfahrungen vom Menschen. Was ich von Bürger-Prinz gelernt habe (siehe Nr. 16) d) Notizen nach dem Symposion (siehe Nr. 23) e) Die verschiedenen Weisen, wie man Demokrat sein kann. Erinnerungen an Hans Frey er, Helmuth Plessner und andere (siehe Nr. 35) f) Erfahrungen mit vier Generationen der deutschen Universität. Vortrag zum 200jährigen Jubiläum der Universität Münster (siehe Nr. 33) 8. P o l i t i k u n d Publizität. Stuttgart-Degerloch: Seewald-Verlag 1983. 101 S. 9. Soziologie der Sexualität. Über die Beziehungen zwischen Geschlecht, M o r a l u n d Gesellschaft, 190. - 192. Tsd. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1983. 147 S. (Rowohlts deutsche Enzyklopädie, 2) Vgl. zu den Vorauf lagen Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 5. Die seinerzeit in Aussicht genommene griechische Übersetzung ist nicht zustandegekommen. II. Kleinere

Schriften

10. Sind w i r eigentlich noch frei? Hrsg. v o m Arbeitgeberverband der Metallindustrie K ö l n . K ö l n : Arbeitgeberverband der Metallindustrie 1978. 40 S. (Gesellschaftspolitische Schriftenreihe des A G V M e t a l l K ö l n , 9) — 2. Aufl., ebd. 1978. 40 S. — 3. Aufl., ebd. 1978. 40 S. — 4. Aufl., ebd. 1979. 40 S. Vortrag im Rahmen der Großveranstaltungen des der Metallindustrie Köln am 9. November 1977

Arbeitgeberverbandes

Dieter Wyduckel

108

11. Die juridische Rationalität. Opladen: Westdeutscher Verlag 1980. 17 S. (Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Geisteswissenschaften, Vorträge, G 247) Vortrag vor der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften am 23. April 1980 in Düsseldorf. In erheblich erweiterter Fassung in: Nr. 4 ders., Die Soziologen und das Recht. Opladen 1980, S. 34 - 76 12. Die Wirtschaftswissenschaft u n d die Erfahrung des Wirtschaftens. Eine laienhafte Betrachtung. Wiesbaden: Gabler 1980. 39 S. 13. Jugend u n d Alter. Gedichte oder so etwas Ähnliches. Privatdruck Pinkafeld 1982. 30 S. B. Herausgegebene Werke 14. Rechtssystem u n d gesellschaftliche Basis bei Hans Kelsen. Hrsg. von Werner Krawietz u n d Helmut Schelsky. Berlin: Duncker & Humblot 1984. 562 S. (Rechtstheorie, Beiheft 5) 15. Theorie der Normen. Festgabe für Ota Weinberger zum 65. Geburtstag. Hrsg. v o n Werner Krawietz, H e l m u t Schelsky, Günther W i n k l e r , A l f r e d Schramm. Berlin: Duncker & Humblot 1984. X I I I , 627 S.

C. Beiträge zu Sammelwerken und Zeitschriften 16. Die Erfahrungen v o m Menschen. Was ich von Bürger-Prinz gelernt habe. M i t einem Brief an Carl Jantke als Vorbemerkung. I n : Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- u n d Gesellschaftspolitik 24 (1979), S. 203 -217 = Festausgabe für Carl Jantke zum 70. Geburtstage Auch in: Nr. 7 ders., Rückblicke eines ,.Anti-Soziologen'. S. 109 - 126 (ohne den einleitenden Brief)

Opladen

1981,

17. Herrschaft durch Sprache. I n : Wörter als Waffen. Sprache als M i t t e l der Politik. Hrsg. von W o l f gang Bergsdorf. Stuttgart: Verlag Bonn aktuell 1979, S. 15 - 29 Auszug aus: ders., Die Arbeit tun die anderen. Opladen 1975, S. 233 - 249 (Taschenbuchausgabe München 1977, S. 315-336). Siehe auch SchelskyBibliographie 1978 Nr. 16. 18. Die metawissenschaftlichen W i r k u n g e n der Soziologie. I n : Perspektiven der Philosophie. Neues Jahrbuch 5 (1979), S. 117-133 = Festschrift zu Ehren v o n Friedrich Kaulbach, 2. T e i l Zuerst

1975 erschienen.

Vgl. hierzu

Schelsky-Bibliographie

1978 Nr. 218

19. Der behavioristische Ansatz der Institutionenlehre (Floyd Henry A l l port). I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 232 247 20. Die Institutionenlehre Herbert Spencers und ihre Nachfolger. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 248 - 261

Bibliographischer Anhang

109

21. Das Jhering-Modell des sozialen Wandels durch Recht. E i n wissenschaftsgeschichtlicher Beitrag. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 147 - 186 Zuerst in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie S. 47 - 86. Siehe Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 195

3 (1972),

22. Soziologiekritische Bemerkungen zu gewissen Tendenzen v o n Rechtssoziologen. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S.187 - 195 Zuerst in: S. 603-611.

Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Siehe Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 196

3 (1972),

23. Notizen nach dem Symposion. I n : Erfahrungen v o m Menschen i n Psychiatrie. 13. Hamburger psychiatrisch-medizinische Gespräche i m denken an Hans Bürger-Prinz. Hrsg. v o n Jan Gross, Klaus Dörner Ursula Plog. München: Urban & Schwarzenberg 1980 (Fortschritte Sozialpsychiatrie, 6), S. 146 - 150 Auch in: Nr. 7 ders., Rückblicke S.127 - 133

eines , Anti-Soziologen'.

Opladen

der Geund der 1981,

24. Nutzen u n d Gefahren der sozialwissenschaftlichen Ausbildung v o n J u r i sten. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 196 214 Ungekürzte deutsche Fassung des bisher in voller Länge nur in englischer bzw. französischer Sprache vorliegenden Beitrags. Siehe Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 202 Vgl. hierzu Hans Albrecht Hesse, Soziologie in der Juristenausbildung. Ein Erfahrungsbericht. Zugleich eine Auseinandersetzung mit Helmut Schelsky. In: Festschrift zur 150-Jahr-Feier des Rechtsanwaltsvereins Hannover. Hannover 1981, S. 134 - 151 25. Die Soziologen u n d das Recht. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen und das Recht. Opladen 1980, S. 77 - 94 Zuerst in: Rechtstheorie 1978 Nr. 218a

9 (1978), S.l-21.

Siehe

Schelsky-Bibliographie

26. Soziologie — wie ich es verstand u n d verstand u n d verstehe. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 7 - 33 Auch in: Nr. 7 ders., Rückblicke S. 70 - 108

eines ,.Anti-Soziologen'.

Opladen

1981,

27. Systemfunktionaler, anthropologischer u n d personfunktionaler Ansatz der Rechtssoziologie. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 95 - 146 Zuerst in: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie S. 37 - 89. Siehe Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 191

1 (1970),

28. Uber die Abstraktheit des Planungsbegriffes i n den Sozialwissenschaften. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 262 275

Dieter Wyduckel

110

Zuerst in: Zur Theorie der allgemeinen und der regionalen Planung. Bielefeld 1969 (Beiträge zur Raumplanung, Bd. 1), S.9-24. Siehe dazu Nr. 183 der Schelsky-Bibliographie 1978 29. Technische u n d soziale Aspekte der Planung. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S. 276 - 287 Zuerst in: Mitteilungen der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung 11 (1967), Dezemberheft, S.24-35. Es handelt sich hierbei nicht, wie in der Schelsky-Bibliographie 1978 angegeben, nur um eine andere Fassung des Aufsatzes über die „Abstraktheiten des Planungsbegriffes" (siehe dort Nr. 183), sondern vielmehr um einen eigenständigen Beitrag. 30. Planung der Z u k u n f t . Die rationale Utopie und die Ideologie der Rationalität. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen u n d das Recht. Opladen 1980, S.288 - 307 Zuerst in: Soziale Welt phie 1978 Nr. 177

17 (1966), S. 155 - 172. Siehe

Schelsky-Bibliogra-

31. Zur Entstehungsgeschichte der bundesdeutschen Soziologie. E i n Brief an Rainer Lepsius. I n : K ö l n e r Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 32 (1980), S. 417 - 456 Auch in: Nr. 7 ders., Rückblicke,Anti-Soziologen'.

Opladen 1981, S. 11 -69

32. Zur soziologischen Theorie der Institution. I n : Nr. 4 ders., Die Soziologen und das Recht. Opladen 1980, S. 215-231 Zuerst in: Interdisziplinäre Bibliographie 1978 Nr. 192

Studien

1 (1970), S.9-26.

Siehe

Schelsky-

33. Erfahrungen m i t vier Generationen der deutschen Universität. Vortrag zum 200jährigen J u b i l ä u m der Universität Münster. I n : Nr. 7 ders., Rückblicke eines ,Anti-Soziologen'. Opladen 1981, S. 160 - 177 34. V o r w o r t 1980. In: Nr. 6 ders., Thomas Hobbes. B e r l i n 1981, S. 5 - 12 35. Die verschiedenen Weisen, wie man Demokrat sein kann. Erinnerungen an Hans Freyer, H e l l m u t h Plessner u n d andere. I n : Nr. 7 ders., Rückblicke eines ,Anti-Soziologen'. Opladen 1981, S. 134 - 159 36. Der „Begriff des Politischen" u n d die politische Erfahrung der Gegenwart. Überlegungen zur A k t u a l i t ä t v o n Carl Schmitt. In: Der Staat 22 (1983), S. 321 -345 In geringfügig veränderter Fassung u. d. T.: Ein empirischer Begriff „des Politischen". Versuch einer Vergegenwärtigung von Carl Schmitt. In: Nr. 8 ders., Politik und Publizität. Stuttgart-Degerloch 1983, S. 27 - 99 D. Artikel, Kolumnen und Leserbriefe in Zeitungen 37. Verzicht auf eine organische Hochschulpolitik? Hochschulpolitische E n t scheidungen i n Nordrhein-Westfalen. I n : Handelsblatt Nr. 238 v o m 13. Dezember 1966, S. 14

Bibliographischer Anhang

111

38. Wer herrscht i n der Universität? Studenten u n d die A u t o r i t ä t der Professoren (I). Der K a m p f der Ideologen. I n : Christ und W e l t Nr. 23 v o m 7. J u n i 1968, S. 17, S. 21 Auszug aus ders., Der Student und die Autorität des Ordinarius. In: Studenten in Opposition. Hrsg. von Horst Baier. Bielefeld 1968, S. 83 -112. Siehe Schelsky-Bibliographie 1978 Nr. 185 39. Wer herrscht i n der Universität? Studenten u n d die A u t o r i t ä t der Professoren (II). Konkrete Vorschläge nach der Revolte. I n : Christ u n d Welt Nr. 24 v o m 14. J u n i 1968, S. 19 Auszug Nr. 38

aus ders., Der Student

und die Autorität

des Ordinarius.

Siehe

40. Ausbildung v o n Soziologen muß sich stärker am Beruf orientieren. V o r schläge zur U b e r w i n d u n g der Krise i m Soziologiestudium. I n : Handelsblatt Nr. 86 vom 6. M a i 1969, S. 23 41. Das wußte schon Aristoteles. Leserbrief zum Spiegel-Essay von Richard Schmid „Freiheit — für wen?". I n : Der Spiegel Jg. 30 Nr. 40 v o m 27. September 1976, S. 9 Nur in einem Teil der Ausgabe

enthalten

42. Die Medien i n der Sackgasse. Wer sympathisiert, denkt nicht mehr — Die Krise der R u n d f u n k - u n d Fernsehanstalten. I n : Deutsche Zeitung Nr. 38 v o m 15. September 1978, S. 17 43. Z u m 100. Geburtstag v o n Othmar Spann. Utopie eines wahren Staates. Plädoyer für einen verkannten Soziologen. Ebd., Nr. 41 v o m 6. Oktober 1978, S. 23 44. Meinungssteuerung. Leserbrief. Nr. 63 v o m 15. März 1979, S. 2

In:

Frankfurter

Allgemeine

Zeitung

45. Meinungsfreiheit als Privileg. E i n Plädoyer für die Rechte der Medienbeherrschten. Ebd., Nr. 90 v o m 18. A p r i l 1979, S. 9 46. Konservativer Gemeinsinn. Das Staatsbewußtsein u n d sein Einfluß auf das Verhalten der Wähler. In: Deutsche Zeitung Nr. 30 v o m 20. J u l i 1979, S. 18 47. E i n für allemal? Wie die NS-Vergangenheit nicht bewältigt werden kann. Ebd., Nr. 46 v o m 9. November 1979, S. 2 48. Wer schützt die Arbeiter vor den Funktionären? Wie m a n auf Kosten der angeblich Vertretenen die eigene Macht vermehrt. I n : Rheinischer M e r k u r / Christ u n d W e l t Nr. 36 v o m 3. September 1982, S. 3 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre.

Stuttgart-Degerloch

1981, S. 252 - 264

49. Funktionäre sind die feudalen Herrscher dieses Jahrhunderts. I n : Welt am Sonntag Nr. 41 v o m 10. Oktober 1982, S. 30 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre. 16 ff., 47 f., 56 ff.

Stuttgart-Degerloch

1981, S. 12 //.,

112

Dieter Wyduckel

50. Die neuen Funktionäre w o l l e n eine andere Republik. Ebd., Nr. 42 vom 17. Oktober 1982, S. 28 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre. 273 ff.

Stuttgart-Degerloch

1981, S.63ff.,

51. Die Funktionäre sind heute die sozial rückschrittlichste K r a f t . Ebd. Nr. 43 v o m 24. Oktober 1982, S. 31 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre. 26 ff., 110

Stuttgart-Degerloch

1981, S. 21 ff.,

52. Arbeiter, w e h r t Euch gegen Eure Funktionäre! Ebd. Nr. 44 v o m 31. Oktober 1982, S. 29 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre. 84 ff., 96, 201, 205, 304, 307

Stuttgart-Degerloch

1981, S. 82 ff.,

53. Bürokraten u n d Funktionäre. I h r e Mentalität gefährdet das Gemeinwohl u n d den Fortschritt. I n : Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 276 v o m 28. November 1981, S. 15 Auszüge aus Nr. 5 ders., Funktionäre.

Stuttgart-Degerloch

1981, S. 12 - 27

E. Interviews in Presse und Fernsehen 54. „Der Selbständige verliert an Boden". I n t e r v i e w m i t Herbert K r e m p u n d W i l m Herlyn. I n : Die Welt Nr. 120 v o m 24. M a i 1976, S. 4 55. Helmut Schelsky i m Gespräch m i t Ludolf H e r r m a n n (Zeitraum der Gespräche: 22. - 27. 9.1980). I n : Zeugen des Jahrhunderts. Porträts aus W i r t schaft u n d Gesellschaft. Nach einer Sendereihe des ZDF hrsg. u n d m i t einem V o r w o r t versehen von K a r l B. Schnelting. Frankfurt a. M. 1981 (Fischer-Taschenbuch, 4600), S. 147 - 173

Zweiter T e i l

Ausgewähltes Schrifttum zu Person, Leben und Werk von Helmut Schelsky Ubersicht A . Nachrufe B. Festgaben u n d Gedächtnisschriften C. Würdigungen v o n Leben u n d W e r k A. Nachrufe 1. Baier, Horst: Der Streiter. Z u m Tode v o n H e l m u t Schelsky. I n : Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 50 v o m 28. Februar 1984, S. 23 2. Barth, Achim: Eine noble Instanz. Z u m Tode des Soziologen Helmut Schelsky. I n : Münchner M e r k u r Nr. 49 v o m 28. Februar 1984

Bibliographischer Anhang

113

3. Buschbeck, Malte: E i n Stück deutscher Soziologie. Z u m T o d v o n Helmut Schelsky. I n : Süddeutsche Zeitung Nr. 49 v o m 28. Februar 1984, S.27 4. Busche, Jürgen: Nachrufer i n Verlegenheit. Das dürre Gedenken des Soziologen H e l m u t Schelsky. I n : Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 63 v o m 14. März 1984, S. 12 5. Dahrendorf, Ralf: Z u m Tode v o n H e l m u t Schelsky. Suche nach der W i r k lichkeit. Nachruf auf einen bedeutenden Soziologen. I n : Die Zeit Nr. 10 v o m 2. März 1984, S. 6 6. Herrmann, Ludolf: Z u H e l m u t Schelskys Tod. Gelehrter Stich w o r t geber des Zeitgeistes. E i n Soziologe, der mehr w a r als n u r ein Pionier seiner Wissenschaft. I n : Rheinischer Merkur/Christ u n d Welt Nr. 9 v o m 2. März 1984, S. 24 7. Krawietz, Werner: I n Memoriam H e l m u t Schelsky (1912 - 1984). Soziologie als Theorie v o n Recht u n d Gesellschaft. I n : Rechtstheorie 15 (1984), S.133 - 137 8. — Sein Vermächtnis w i r d f o r t w i r k e n . Z u m Tod v o n Professor Dr. Helm u t Schelsky. I n : Westfälische Nachrichten v o m 28. Februar 1984 9. — Prof. Dr. Helmut Schelsky f . I n : Nachrichten u n d Berichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Ausgabe v o m 10. A p r i l 1984, S. 33. 10. Lübbe, Hermann: Prinzip Erfahrung. Z u m Gedächtnis von H e l m u t Schelsky. I n : Neue Zürcher Zeitung Nr. 56 v o m 5. März 1984, S. 17 U. d. T.: Prinzip Erfahrung. Helmut Schelsky zum Gedächtnis. schrift für Soziologie 13 (1984), S. 275176

In:

Zeit-

11. Luhmann, Niklas: H e l m u t Schelsky zum Gedenken. I n : Zeitschrift für Rechtssoziologie 5 (1984), S. 1 - 3 12. — Nachruf auf H e l m u t Schelsky. I n : Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 1984. Opladen 1985, S. 42 - 44 13. Menzel, Claus: Verlorener Vater. I n : Frankfurter Rundschau Nr. 51 v o m 29. Februar 1984, S. 8 14. Neumann, Thomas: Der einflußreichste Soziologe i m Land. Z u m Tod v o n Helmut Schelsky. I n : Deutsche Volkszeitung/die tat Nr. 10 v o m 9. März 1984, S. 15 15. Schäfers, Bernhard: I n Memoriam H e l m u t Schelsky (14.10.1912-24.2. 1984). Person u n d Institution. I n : Kölner Zeitschrift für Soziologie u n d Sozialpsychologie 16 (1984), S. 420 - 426 16. Sprenger, Gerhard: V o n der Einheit der Wissenschaft. Z u m Tode Helmut Schelskys. I n : Z e n t r u m für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld. Jahresbericht 1984. Bielefeld [1985], S. 19 - 29 Englisch u. d. T.: On the Unity of Science. In memoriam ebd., S. 30 - 40 8 Schelsky-Gedächtnissymposion

Helmut

Schelsky,

114

Dieter Wyduckel

17. Willms, Bernard: Leidenschaft des Erkennens u n d W i l l e zur W i r k u n g . Z u m Tode des Soziologen H e l m u t Schelsky. Die Freiheit i n der Ordnung gedacht. I n : Die W e l t Nr. 49 v o m 27. Februar 1984, S. 21 B. Festgaben und Gedächtnisschriften 18. Freiheit u n d Sachzwang. Beiträge zu Ehren H e l m u t Schelskys. Hrsg. von Horst Baier. Opladen: Westdeutscher Verlag 1977. 340 S. 19. Recht u n d Gesellschaft. Festschrift für H e l m u t Schelsky zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Friedrich Kaulbach u n d Werner Krawietz. Berlin: Duncker & H u m b l o t 1978. L X X V I I I , 839 S. 20. Person u n d Institution. H e l m u t Schelsky gewidmet. Hrsg. von Rosemarie Pohlmann. Würzburg: Verlag Königshausen + Neumann 1980. 223 S. 21. H e l m u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Grazer Gedächtnisschrift zum Andenken an den am 24. Februar 1984 verstorbenen Gelehrten. Hrsg. v o n Ota Weinberger u n d Werner Krawietz. Stuttgart: SteinerVerlag 1985. 172 S. 22. H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Eine Gedächtnisschrift v o n Freunden, Kollegen u n d Schülern. Hrsg. v o n Horst Baier. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1985 (Soziologische Gegenwartsfragen, N. F., Nr. 46). X , 214 S. C. Würdigungen von Leben und Werk 23. Baier, Horst: H e l m u t Schelsky zum Gedächtnis. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 1 - 4 24. Bock, Klaus Dieter: H e l m u t Schelsky. Hochschulreformer „auf eigene Faust". Z u r Vorgeschichte der Bielefelder Universitätsgründung. Ebd., S. 167 - 181 25. Gerhardt, Volker: Transzendentale Theorie der Gesellschaft. Philosophische A n m e r k u n g e n zu einem soziologischen Programm. I n : Zeitschrift für Soziologie 8 (1979), S. 129 - 144 26. Hildebrandt, Walter: A u f der Suche nach W i r k l i c h k e i t . Bemerkungen zum W e r k H e l m u t Schelskys. I n : Moderne Welt. Zeitschrift für vergleichende geistesgeschichtliche u n d sozialwissenchaftliche Forschung 7 (1966), S.325 - 343 U. d. T.: Bemerkungen zum Werk Helmut Schelskys auch in: ders., Das nachliberale Zeitalter. Studien zur Gesellschaftslehre und politischen Bildung. Düsseldorf 1973, S. 127 - 159 27. — H e l m u t Schelsky i m Zenit. Ortsbestimmung der deutschen Gesellschaft 1947 - 1970. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der B u n desrepublik. Stuttgart 1985, S. 32 - 44 28. Holtwick-Mainzer, Andrea: Person u n d Recht nach den Kantischen V o r aussetzungen. Z u H e l m u t Schelskys Vorschlag eines personfunktionalen

Bibliographischer A n h a n g

115

Ansatzes aus rechtsphilosophischer Sicht. I n : Nr. 20 Person u n d I n s t i t u tion. Würzburg 1980, S. 157 - 174 29. — Öffentlichkeit u n d Rechtsbegriff. Z u H e l m u t Schelskys Leitideen des Rechts. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 149 - 156 30. Klages, Helmut: K o n t i n u i t ä t u n d Wandel i m Helmut Schelskys. Ebd., S. 20 - 31

WirklichkeitsVerständnis

31. Krawietz, Werner: H e l m u t Schelsky — ein Weg zur Soziologie des Rechts. I n : Nr. 19 Recht u n d Gesellschaft, B e r l i n 1978, S. X I I I - L X X V I I I 32. — Begründung des Rechts — anthropologisch betrachtet: zur I n s t i t u t i o nentheorie v o n Weinberger u n d Schelsky. I n : 1. Teil, Nr. 15 Theorie der Normen. B e r l i n 1984, S. 541 - 556 33. — Rechtssystem als Institution? Über die Schelskys sinnkritischer Institutionentheorie. stitution. Hrsg. v o n Dorothea Mayer-Maly, Strasser. Berlin: Duncker & H u m b l o t 1984 S. 209 - 243

Grundlagen v o n H e l m u t I n : Recht als Sinn u n d I n Ota Weinberger, Michaela (Rechtstheorie, Beiheft 6),

34. — Über die Fachgrenzen der Soziologie hinaus: Helmut Schelskys ,transzendentale' Theorie v o n Recht u n d Gesellschaft. I n : Nr. 21 H e l m u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S. 12 - 22 35. — Die Normentheorie H e l m u t Schelskys als F o r m eines Neuen I n s t i t u tionalismus i m Rechtsdenken der Gegenwart. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 114- 148 36. Lipp, Wolfgang: Helmut Schelsky. I n : Internationales Soziologenlexikon. Hrsg. von W i l h e l m Bernsdorf u n d Horst Knospe, Bd. 2: Beiträge über lebende oder nach 1969 verstorbene Soziologen, 2. neu bearbeitete A u f l . Stuttgart 1984, S. 747 - 751 37. — Institution, Reflexion u n d Freiheit. Wege i n Widersprüche. Helmut Schelskys Institutionenlehre. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 78 - 95 38. Lübbe, Hermann: H e l m u t Schelsky als Universitätsgründer. Ebd., S. 157 bis 166 39. Luhmann, Niklas: Die Soziologie u n d der Mensch. I n : Universität Bielefeld. Universitätsbericht. Bericht des Rektorats 1981 - 1984 vorgelegt dem Konvent am 5. J u l i 1984 v o m Rektor der Universität Bielefeld, Prof. Dr. K a r l Peter Grotemeyer. Berichte aus den Fakultäten u n d Einrichtungen 1981 - 1984. Bielefeld [1985], S. 121 - 126 Vortrag aus Anlaß des Festaktes für die Ehrensenatoren der Universität Bielefeld Eberhard Freiherr von Medem, Ernst-Joachim Mestmäcker, Paul Mikat und Helmut Schelsky am 4. Mai 1984 Auch in: Neue Sammlung. Vierteljahres-Zeitschrift Gesellschaft 25 (1985), S. 33 - 41 8*

für

Erziehung

und

116

Dieter Wyduckel

40. Maier, Hans: Laudatio auf H e l m u t Schelsky. I n : Nr. 18 Freiheit u n d Sachzwang. Opladen 1977, S. 335 - 338 Gehalten bei der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises schaft in Hannover-Herrenhausen am 4. Juni 1977

für Wissen-

41. Messelken, Karlheinz: Schelsky u n d die Kulturanthropologie. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 68 - 77 42. Meyer-Hesemann, Wolfgang: Verfahren, Rechtsgefühl u n d Rechtsbewußtsein. Versuch zu einigen zentralen Begriffen der Rechtssoziologie Helmut Schelskys. I n : Nr. 20 Person u n d Institution, Würzburg 1980, S. 175 - 190 43. Mozetië, Gerald: „Die Soziologie, diese unglückliche Wissenschaft . . . " . Überlegungen zu H e l m u t Schelskys K r i t i k der Soziologie. I n : Nr. 22 Helm u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S. 23 bis 56 44. Noelle-Neumann, Elisabeth: Der selbständige Mensch. E i n theoretisches Konzept Schelskys w i r d empirisch m i t einer ,Skala der Persönlichkeitsstärke' untersucht. I n : Nr. 22 H e l m u t Schelsky. E i n Soziologe i n der B u n desrepublik. Stuttgart 1985, S. 182 - 194 45. Üner, Elfriede: Die Entzauberung der Soziologie. Skizzen zu Helmut Schelskys Aktualisierung der ,Leipziger Schule'. Ebd., S. 5 - 19 46. Pohlmann, Rosemarie: Z u m soziologischen Denken H e l m u t Schelskys: ,Person u n d Institution' als Leitthema einer kritischen Gegenwartswissenschaft. I n : N r . 20 Person u n d Institution, Würzburg 1980, S . 9 - 3 3 47. Prisching, Manfred: Soziologische Anti-Soziologie. Eine kritische Übersicht über die A r b e i t e n H e l m u t Schelskys. I n : Nr. 21 H e l m u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S. 57 - 98 48. Ryffel, Hans: H e l m u t Schelsky, die Soziologen u n d das Recht. I n : Der Staat 22 (1983), S. 243 - 261 Rezensionsabhandlung zu: 1. Teil, Nr. 4 Die Soziologen und das Recht sowie zu 1. Teil, Nr. 7 Rückblicke eines ,.Anti-Soziologen' 49. Schäfers, Bernhard: H e l m u t Schelskys Jugendsoziologie. ,Prinzip Erfahrung' contra ,Jugendbewegtheit'. I n : Nr. 22 H e l m u t Schulsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 57 - 67 50. — L a théorie de l ' i n s t i t u t i o n d'Helmut Schelsky. U n paradigme oublié de la genèse des théories sociologiques. I n : Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 1 (1985), S. 1 - 22 51. Seidl, Christian: Das Glück braucht keinen Vormund. I n : Nr. 21 Helmut Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S. 99-112 52. Steiner, Michael: H e l m u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Bericht über eine Podiumsdiskussion an der Karl-Franzens-Universität Graz am 19. A p r i l 1984. I n : Rechtstheorie 15 (1984), S. 209 - 212

Bibliographischer A n h a n g

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53. — A u f der Suche nach dem selbständigen Menschen. Einige A n m e r k u n gen zu Schelskys Thesen aus ökonomischer Perspektive. I n : Nr. 21 Helm u t Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S. 113 bis 133 54. Tyrell, Hartmann: H e l m u t Schelskys Familiensoziologie. I n : Nr. 22 Helm u t Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 45 bis 56 55. Weinberger, Ota: Begrüßungsansprache zur Podiumsveranstaltung. I n : N r . 21 Helmut Schelsky als Soziologe u n d politischer Denker. Stuttgart 1985, S . 9 - 1 1 56. — Institutionentheorie Ebd., S. 134-172

und

Institutionalistischer

Rechtspositivismus.

57. Zöller, Michael: Selbständigkeit — oder w a r u m politisch vertan w i r d , was der gesellschaftliche Wandel möglich macht. I n : Nr. 22 Helmut Schelsky. E i n Soziologe i n der Bundesrepublik. Stuttgart 1985, S. 195 - 203

Personenregister A l l p o r t , F l o y d Henry 196,108 Anscombe, Gertrude Elizabeth M a r garet 45 Aristoteles 111 Ashby, W. Ross 57 Bahrdt, Hans Paul 106 f. Baier, Horst 111 f., 114 Barth, A c h i m 112 Bergsdorf, Wolfgang 108 Bernsdorf, W i l h e l m 115 Berve, Helmut 16 Bloch, Ernst 60, 101, 106 Bock, Klaus Dieter 114 Bürger-Prinz, Hans 107, 109 Buschbeck, Malte 113 Busche, Jürgen 113 Couffignal, Louis 57 Dahrendorf, Ralf 113 Dörner, Klaus 109 Driesch, Hans 16 Duguit, Léon 98 Freyer, Hans 16, 107, 110 Gehlen, A r n o l d 16, 22 f., 24 f., 47 f., 59, 60 ff., 65, 69, 77, 89 f., 94 Gerhardt, Volker, 89 - 92, 94, 97 f., 114 Gross, Jan 109 Großfeld, Bernhard 5 Grotemeyer, K a r l Peter 115 Habermas, Jürgen 24, 59 Hart, H. L. A . 50 Hägerström, A x e l 102 Hauriou, Maurice 41, 48, 98 Hayek, Friedrich, August v o n 94 Hegel, Georg W i l h e l m Friedrich 21 Hempel, Carl Gustav 35 Herlyn, W i l m 112

Herrmann, Ludolf 112 f. Hesse, Hans Albrecht 109 Hildebrandt, Walter 114 Hobbes, Thomas 20, 25, 27 f., 85, 107, 110 Holtwick-Mainzer, Andrea 114 Holzhauer, Heinz 76, 81, 86 f. Ihering, Rudolph von 6, 7, 28, 101, 106, 109 Jantke, Carl 108 Jonas, Friedrich 22 f. K a n t , Immanuel 20, 21, 25, 29, 82 f., 92, 98, 114 Kaulbach, Friedrich 105, 108, 114 Kelsen, Hans 39, 108 Klages, H e l m u t 115 Knospe, Horst 115 Krawietz, Werner 5 - 8 , 3 3 , 71, 76 f., 79, 8 3 - 8 5 , 89, 92, 95 f., 98, 100 - 102, 105, 108, 113 ff. Kremp, Herbert 112 Lenin, W l a d i m i r I l j i t s c h 99 Lepsius, M. Rainer 68,107, 110 Lipp, W o l f gang 115 L i t t , Theodor 16 Löwenthal, Richard 60 Lübbe, Hermann 18, 60, 67, 73, 77, 79, 86-89, 90 f., 94 f., 98, 100 f., 113, 115 Luhmann, Niklas 21, 26, 33, 51 ff., 78 f., 84 f., 89 ff., 94 ff., 101, 113, 115 MacCormick, Donald Neil 33, 42, 45 Maier, Hans 116 Malinowski, Bronislaw 22, 24, 48 M a y e r - M a l y , Dorothea 115 Medem, Eberhard Freiherr von 115 Meinong, A l e x i u s 39 Menzel, Claus 113

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Personenregister

Messelken, Karlheinz 116 Mestmäcker, Ernst-Joachim 18, 72 ff., 75, 79, 81, 82 f., 84, 89, 91 ff., 94, 96 - 98, 99 f., 101, 115 Meyer-Hesemann, W o l f gang 116 M i k a t , Paul 115 Mozetic, Gerald 116 Neumann, Thomas 113 Noelle-Neumann, Elisabeth 116 Oelmüller, W i l l i 77 - 79, 80, 82 Olson, Mancur 29 Petev, V a l e n t i n 73, 92 f. Plessner, H e l m u t h 107, 110 Plog, Ursula 109 Pohlmann, Rosemarie 114, 116 Prisching, Manfred 116 Rescher, Nicholas 35 Romano, Santi 48 Ross, A l f 102 Rothfels, Hans 16 Rousseau, Jean Jacques 87 Ryffel, Hans 106 f., 116 Schäfers, Bernhard 113, 116 Schlüter, W i l f r i e d 1 1 - 1 3 Schmid, Richard 111 Schmidt, Jürgen 71, 102 f.

Schmidt, Raymund 39 Schmitt, Carl 48, 98 ff., 110 Schnelting, K a r l B. 112 Schnur, Roman 41 Schramm, A l f r e d 108 Schreiner, H e l m u t 40 Seidl, Christian 116 Spann, Othmar 111 Spencer, Herbert 89 f., 106, 108 Sprenger, Gerhard 113 Steiner, Michael 116 Strasser, Michaela 115 Tammelo, l i m a r 40 Tyrell, H a r t m a n n 117 Üner, Elfriede 116 Weber, M a x 6, 7, 101 Weinberger, Christiane 37 Weinberger, Ota 18, 33 f., 35, 37, 39 f., 42 f., 45, 53, 72 ff., 76 ff., 81 f., 83 ff., 85 f., 87, 89, 93 f., 96 ff., 101 f., 108, 114 f. Willms, Bernard 114 W i n k l e r , Günther 108 Wittgenstein, L u d w i g 40, 72 W r i g h t , Georg H e n d r i k v o n 35 Wyduckel, Dieter 8, 105 - 117 Zöller, Michael 117

Verzeichnis der Mitarbeiter Gerhardt, Volker, Professor, Dr. phil., Philosophische Fakultät, Universität Münster, Domplatz 23, 4400 Münster Holzhauer, Heinz, o. Professor, Dr. jur., D i r e k t o r des Instituts für Deutsche Rechtsgeschichte, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universitätsstr. 14-16, 4400 Münster Krawietz, Werner, o. Professor, Dr. jur., Dr. rer. pol., Lehrstuhl für Rechtssoziologie, Rechts- u n d Sozialphilosophie, Rechtswissenschaftliche F a k u l tät, Direktor des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster, Bispinghof 24 - 25. 4400 Münster Lübbe, Hermann, o. Professor, Dr. phil., Lehrstuhl für Philosophie u n d Politische Theorie, Philosophische Fakultät, Universität Zürich, Rämistr. 71, CH-8006 Zürich Mestmäcker, Ernst-Joachim, o. Professor, Dr. jur., Dr. rer. pol. h. c., Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Hamburg; Direktor am Max-PlanckI n s t i t u t f ü r ausländisches u n d internationales Privatrecht, M i t t e l w e g 187, 2000 Hamburg 13 Oelmüller, W i l l i , o. Professor, Dr. phil., Philosophische Fakultät, Universität Bochum, Universitätsstr. 150, 4630 Bochum 1 Petev, Valentin, Professor, Dr. jur., Rechtswissenschaftliche Fakultät, U n i v e r sität Münster, Universitätsstr. 14 - 16, 4400 Münster Schlüter, Wilfried, o. Professor, Dr. jur., Rektor der Universität Münster; Direktor des Instituts für Arbeits- u n d Wirtschaftsrecht, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universitätsstr. 14 - 16, 4400 Münster Schmidt, Jürgen, o. Professor, Dr. jur., Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster, Lehrstuhl f ü r Rechtstheorie u n d Z i v i l recht, Bispinghof 24 - 25, 4400 Münster Weinberger, Ota, o. Universitäts-Professor, Dr. jur., Dr. phil., Vorstand des Instituts für Rechtsphilosophie, Rechtswissenschaftliche Fakultät, U n i v e r sität Graz, Universitätsstr. 27, A-8010 Graz; Honorarprofessor an der U n i versität Salzburg Wyduckel, Dieter, Privatdozent, Dr. jur., Rechtswissenschaftliche Fakultät, Universität Münster, Universitätsstr. 14 - 16, 4400 Münster; Professor fundador del Ateno Filosofica Mexico, D. F.