154 87 5MB
German Pages 70 [72] Year 1925
RATIONALISIERUNG DER SELBSTKOSTENERMITTLUNG IN FABRIKBETRIEBEN VON
DR.-ING. RICHARD H A M B U R G E R
MÜNCHEN UND B E R L I N 1925 DRUCK UND V E R L A G VON R . O L D E N B O U R G
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten. Copyright 1925 by R. Oldenbourg, München und Berlin.
Herrn Rudolf Eichmann
zugeeignet.
VORWORT. Die vorliegende Schrift gibt die Darstellung eines Abrechnungsverfahrens wieder, das in der Praxis entstanden ist und sich seit einiger Zeit gut bewährt. Der Aufbau der ersten Ausführung wurde in den Werken des Papierindustriellen Rudolf E i c h m a n n in Arnau an der Elbe vorgenommen. Ich danke Herrn Eichmann nicht nur die Gelegenheit zu dieser Arbeit, sondern auch die Anregungen dazu und nicht zuletzt eine große Zahl von Gedanken, die hier Verwendung gefunden haben. Die R a t i o n a l i s i e r u n g , die hier angestrebt wird, bezieht sich nicht auf Buchungsmethoden und Vorrichtungen zur Erleichterung der Schreib- und Rechenarbeiten. Im Gegenteil habe ich versucht, in der Darstellung von dem formalen Teil der Ausführung abzusehen. Entsprechend habe ich auch davon Abstand genommen, Zahlenmaterial zur Veröffentlichung zu bringen, um so mehr als dieses der erarbeitete Besitz der Unternehmungen ist, in denen ich tätig war, und ich 3ie Zuversicht haben kann, daß die Erkenntnis der Leitgedanken genügen wird, um den Nutzen darzutun. Ansätze zur Entwicklung von Kontrollen und Kalkulationsunterlagen, wie sie hier im Systemzusammenhang dargestellt sind, kann man vielerorts in der Praxis antreffen; hingegen glaube ich nicht, daß die systematische Durchführung in der hier dargelegten Form schon anderweitig stattgefunden hat. In einem Sonderfall fand ich den Aufbau der Selbstkosten in weitgehender Übereinstimmung mit meinem Vorgehen auf Grund ähnlicher Gedanken in der Literatur beschrieben, und zwar in dem ersten Heft des ersten Bandes der von der Gesellschaft für Betriebsforschung herausgegebenen Sammlung »Betriebswirtschaftliches Archiv«. Diese Arbeit heißt: »MengenVerrechnung in der I n d u s t r i e B a r m e r Artikel. Ein Beitrag zur Divisionskalkulation und Betriebsstatistik« und stammt von Dr. F a u l e n b a c h 1 ) . Bei oberflächlicher Beurteilung einzelner methodischer Kontrollmaßnahmen erinnert das hier befolgte Verfahren an die kameralistische Buchführung, während der Grundgedanke der Doppelbuchführung doch vorherrschend bleibt. Das Verfahren und seine Darstellung dürfte von Interesse sein für alle, die mit der Ausführung von Selbstkostenrechnungen betraut sind, dann aber vor allem für Unternehmer und Finanzleute, die durch die Wahl des Selbstkostenermittlungsverfahrens die Möglichkeit haben, sich eine klare und sachliche Übersicht über ihr Unternehmen zu verschaffen und darauf angewiesen sind, an Hand der Selbstkostenorganisation die Kapitaldisposition und Betriebsüberwachung vorzunehmen. Wernfeld a. M., im Februar 1925.
R. Hamburger. l
) Leipzig 1924, Verlag G. A. Gloeckner.
INHÄLT Einleitung: Di« bisherige Selbstkostenreehnung. 1. Die historische Bedingtheit 2. Welchen Erfordernissen muß die Selbstkostenrechnung genügen? 3. Kritische Betrachtung des bisherigen Verfahrens
9 11 12
Hauptteil: Entwicklang eines neuen Verfahrens. A) W a s e r w a r t e t d e r K a u f m a n n von d e r S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g ? Aufstellung einer F a b r i k a t i o n s b i l a n z 1. Die Aufwandseite a) Aufwendungen nachgewiesen durch Hauptbuchhaltung b) Aufwendungen nachgewiesen durch Lagerbuchhaltung c) Aufwendungen nachgewiesen nach Betriebsstatistik d) Aufwendungen fQr Erneuerlingen & conto Amortisation e) Aufwendungen durch Fakturen nachgewiesen 2. Die Ertragsseite a) Bewertung der in Arbeit befindlichen Waren b) Bewertung fertiggestellter Waren c) Schema der Ertragsrechnung und buchmäßige Kontrolle B) Die E r m i t t l u n g d e r S e l b s t k o s t e n 1. Die Komponenten der Selbstkosten a) Rohstoffaufwendungen b) Zeitaufwendungen c) Aufwendungen pro Zeiteinheit d) Beschäftigungsgrad e) Auftragsgröße f) Preise g) Ausschußquote 2. Komponentenkontrolle an Stelle der Nachkalkulation 3. Der Begriff der Schleppereinheit 4. Der Fabrikationsindex 5. Theoretische Erörterung des Fixkostenproblems a) Fixe Aufwendungen b) Fixzeiten c) Fixe Stoffaufwendungen C) Die K o n t r o l l e des B e t r i e b e s 1 Rohstoffkontrolle a) Mengenmäßige Kontrolle b) Qualitative Kontrolle 2. Ausschußkontrolle 3. Überwertigkeitskontrolle 4. Zeit- und Leistungskontrolle 5. Ausnutzungsnachweis 6. Aufwandskontrolle a) Regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen b) Aufwendungen der Mebenbetriebe c) Unregelmäßige Aufwendungen D) D u r c h f ü h r u n g d e r R e f o r m 1. Sammeln des Materials 2. Die vorläufigen Selbstkosten 3. Zweckmäßigkeit des Zusammenarbeitens mit einem Spezialisten .
15 16 17 19 22 24 25 27 28 29 29 32 33 33 34 35 37 37 38 39 39 41 45 47 47 50 52 53 54 54 56 57 57 58 60 62 62 64 65 66 66 67 68
EINLEITUNG.
Die bisherige Selbstkostenberechnung. 1. Die historische Bedingtheit. In dieser Schrift sollen die Probleme der Selbstkostenermittlung in einer Weise dargestellt und der Lösung näher gebracht werden, die von der historischen Linie grundsätzlich unterschieden ist, längs deren sich die Methode der Selbstkostenrechnung bisher entwickelte. Es wird das Verständnis für die Auffassung, die hier vermittelt werden soll, daher wesentlich erleichtern, wenn wir mit einem Rückblick auf die bisherigen Arbeiten in diesem Gebiete beginnen. Dabei soll nur das hervorgehoben werden, was zur Erkenntnis der historischen Bedingtheit und Gebundenheit des heutigen Standes der Methode nötig ist und genügt; es wird also weniger Wert auf Vollständigkeit der Darstellung in dieser Richtung gelegt, als auf das klare Erkennen des inneren Entwicklungsganges. Die Selbstkostenrechnung nahm ihren Ausgang von der Gleichung des Kaufmannes: Verkaufspreis — Selbstkosten = Gewinn. Betrachtet man diese Gleichung summarisch über alle Verkäufe und Selbstkosten eines Abrechnungszeitabschnittes hinweg, so stellt sie die Grundform der Bilanz eines produzierenden Unternehmens dar. Die kaufmännische Bilanz und die Doppelbuchführung, auf der sie beruht, waren die Ausgangspunkte der Selbstkostenrechnung und drücken ihr noch heute den Stempel auf. Aus den Daten der Buchhaltung wurden die ersten rohen Unterlagen für die Selbstkostenermittlung gewonnen und unter dem Zwang des scharfen Konkurrenzkampfes wurde die Methode differenziert und verfeinert, ohne je prinzipiell von dem einmal eingeschlagenen Wege abzuweichen. Die vom Kaufmann diktierte Forderung ist: die Selbstkosten zu ermitteln zum Zwecke der Preisstellung. Das Grunderfordernis hierzu war, daß die Summe aller Aufwendungen gleich der Summe aller Selbstkostenpreise der Fabrikate sein müsse. Die Summe aller Aufwendungen lieferten die Hauptbuchkonten, und es galt, diese mit ausreichender Genauigkeit auf die Fabrikate zu verteilen. Das einzige, was die Methode mit der Zeit entscheidend beeinflußte, war der Genauigkeitsgrad, der verlangt wurde. Zuerst begnügte man sich mit der einfachen Lohn-, Material-, Unkostenformel. Material und Lohn wurde soweit als möglich direkt auf das Fabrikat errechnet und alles übrige prozentuell zugeschlagen. Die Kontrolle wurde
10 mit Hilfe der kaufmännischen Bilanz geführt. Die weitere Entwicklung erforderte die Unterteilung der Unkosten nach Kostenarten und Kostenstellen. Beides wurde auf dem Wege der Kontierung erreicht. Sowohl für die einzelnen Kostenstellen, wie für die einzelnen Kostenarten wurden Unkostenkonten geführt, und die Verteilung intern abgestimmt. Vorbildlich ist diese Methode von P e i s e r in seinen » G r u n d l a g e n der B e t r i e b s r e c h n u n g in Mas c h i n e n b a u a n s t a l t e n « 1 ) dargestellt. Die Unkosten können nach dieser Methode für die einzelnen Stellen kontenmäßig gesammelt und nach dem gleichen Prinzip für jede Stelle verteilt werden, wie man sie in der rohen Rechnung über das ganze Unternehmen verteilte. Die Differenzierung war hier den Weg gegangen, das ganze Werk in Teilunternehmen zu gliedern, und für jede Teilproduktion eine entsprechende Selbstkostenrechnung aufzustellen. Notwendig führte diese Methode zu Kostenstellen, die nicht mehr direkt an der Produktion teilnahmen. Man mußte die dort auflaufenden Kosten auf die »direkten« Abteilungen umlegen und bediente sich hierzu, wie naheliegend, der Abteilungskonten. Diese Entwicklung vollzog sich im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahren. Neben ihr her läuft die Ausgestaltung eines weiteren Gedankens, der ebenfalls deutlich erkennen läßt, wie weit die Abhängigkeit von der kaufmännischen Buchhaltung ging: der Grundsatz, die einzelnen Abteilungen nach Möglichkeit selbständig bilanzieren zu lassen. Vom methodischen Standpunkte aus war dies eine Vollendung. Wir finden sie zum ersten Male 1907 in breitangelegter Form von L i l i e n t h a l für die Fabrikbuchhaltung bei der Firma Ludwig Löwe dargestellt. Die einzelnen Abteilungen oder Teilbetriebe haben nunmehr eigene Buchhaltung und eigene Bilanz. Hingegen entbehren sie der eigenen kaufmännischen Leitung. Sie sind daher für ihre Bilanz nur teilverantwortlich, denn sie arbeiten nicht mit eigener kaufmännischer Initiative. Professor Schles i n g e r hat ein Hauptverdienst an der gesunden Entwicklung, den Betrieb an seiner Bilanz zu interessieren und die Fabrikbuchhaltung der Betriebsführung nutzbar zu machen. Sein Werk über die S e l b s t k o s t e n b e r e c h n u n g 2 ) ist grundlegend in dieser Richtung. Die Bilanzierung der einzelnen Abteilungen verlangte offenbar die Entlastung für ihre Leistungen zu Lasten der folgenden Abteilung. Dieser buchhalterisch einfache und einleuchtende Vorgang hat eine Fülle neuer Probleme entstehen lassen, die in neuester Zeit durch Dr. Beste in feinsinniger Weise in seinem Buche über »Die V e r r e c h n u n g s p r e i s e in der S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g i n d u s t r i e l l e r Bet r i e b e « behandelt worden sind3). Die Inflationszeit legte naturnotwendig alle Verfahren auf dieser Grundlage still. Man kümmerte sich von kaufmännischer Seite nicht zu sehr um die Selbstkosten und hätte sie nach diesem Verfahren damals auch nicht ermitteln können. Die Abkehr von der Inflation brachte dann die Wiederaufnahme des Verfahrens. ') 2. erheblich erweiterte Auflage, Berlin 1923, bei Springer. ) Erstmalig bei Springer 1911 erschienen s ) 5. Heft der »Betriebswirtschaftlichen Zeitfragen«, herausg von der Gesellschaft für Betriebsforschung e. V., Berlin 1924, Springer. 2
11 Wir können uns hier auf einen Fachbericht beziehen, der im ersten Jahrgang, Aprilheft 1924, der »Betriebswirtschaftlichen Rundschau«1) aus der Feder von Dr.-Ing. A. W i n k e l erschien unter dem Titel: » E n t w i c k l u n g u n d h e u t i g e r S t a n d der S e l b s t k o s t e n b e r e c h n u n g « . In den einleitenden Worten stellt der Verfasser fest, daß nach Überwindung der Inflation die Selbstkostenrechnung wieder ihre Bedeutung gewinne und ffthrt fort: »Obgleich die Literatur über diese Thema inzwischen fast zu einem unübersehbaren Berg anschwoll, hat sich doch aus den alten Rezepten nunmehr ein Systematisches Gebäude entwickelt, dessen einheitliche Grundlinien in allen bekannten Veröffentlichungen deutlich zu erkennen sind.« Die vorstehende Darstellung gibt wohl einen Begriff von der Einheitlichkeit dieser Systeme, die bedingt ist durch das einheitliche Ziel und den einheitlich methodischen Weg. Beherrscht wird diese Entwicklung durch die systematische Anwendung der kaufmännischen Buchhaltung auf die Kostenermittlung. Betrachtet man den »unübersehbaren Berg« der Literatur etwas näher, so enthält er eine Fülle von Vorschlägen rechnerischer und organisatorischer Art, um diese Aufgabe nach der prinzipiell einheitlichen Methode zu bewältigen. Eine andere Frage hingegen bleibt unbeantwortet, ja sogar ungestellt: Ist dieser Weg der optimale zur Ermittlung der Selbstkosten? So ist denn auch in dem Grundplan der Selbstkostenrechnung (Oktober 1921), den der Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung vorschlägt, das historische Verfahren, wie wir es kurz nennen wollen, zur vorläufigen Norm der Abrechnung erhoben worden.
2. Welchen Erfordernissen muß die Selbstkostenrechnung genügen? Ehe wir daran gehen können, die Selbstkostenrechnung unabhängig von dem historischen Weg rationell zu entwickeln, müssen wir uns über die Anforderungen klar sein, die an sie gestellt werden. Die Methode soll uns in die Lage versetzen, die tatsächlichen Aufwendungen, die zu der Herstellung eines Fabrikats erforderlich sind, in Währungseinheiten ausgedrückt zu bestimmen. Des weiteren soll sie uns ermöglichen, Material für künftige Fabrikationen zu sammeln, das heißt, sie soll uns in einer Weise über den Gang der Aufwendungen belehren, die uns ermöglicht, aus diesen Daten auf die Fabrikationsaufwendungen für neuaufzunehmende Artikel zu schließen. Das Material soll uns ferner in Stand setzen, Vorkalkulationen auszuführen für Änderungen des Produktionsumfangs. Wir sollen imstande sein, auf Grund der Selbstkostenrechnung den Gestehungspreis bei Abänderung der Fabrikationsmethode zu ermitteln. Eine zweite wichtige Aufgabe der Selbstkostenrechnung ist die Betriebskontrolle. Wir wollen mit Hilfe der Selbstkostenrechnung die Leistungen des Betriebes in jeder erforderlichen Art kontrollieren und seine Erfolge und Mißerfolge nachweisen. ') Herausgegeben von der Gesellschaft Tür Betriebsforschung in Frankfurt a. M., Verlag G A Gloeckner, Leipzig.
12 Das dritte Haupterfordernis ist die Aufstellung einer Fabrikationsbilanz, bei der der etwaige Gewinn oder Verlust der Fabrikation im Sinne der kaufmftnnischen Erfolgsrechnung ermittelt werden soll. Unser Selbstkostenverfahren m u ß auch die hierzu erforderlichen Daten nachweisen. Schließlich fordern wir, daß alle Unterlagen und Rechnungen mit einem möglichst geringen Aufwand an Arbeitskraft ermittelt werden, und daß das Verfahren sich selbst kontrolliert. Die Methodik unseres Vorgehens wird dadurch gekennzeichnet, daß wir versuchen werden, die e i n z e l n e n Aufgaben möglichst zweckmäßig zu lösen, und von diesen e i n z e l n e n Lösungen schließlich nur soweit abweichen, wie es die Gemeinsamkeit einzelner Arbeiten für die verschiedenen Aufgaben verlangt. Bevor wir uns dieser Hauptaufgabe zuwenden, wollen wir uns die Schwierigkeiten, auf die das bisherige Verfahren stößt, vergegenwärtigen und uns einige Mängel vor Augen führen.
3. Kritische Betrachtung des bisherigen Verfahrens. Die Inflation brachte die Selbskostenberechnung nach dem alten Verfahren meist zum Erliegen. Gewiß sind das außergewöhnliche Verhältnisse gewesen, deren Wiederkehr ziemlich unwahrscheinlich sein dürfte, zum wenigsten im Ausmaße der abgelaufenen Periode. Immerhin verdient der Zusammenhang näher beleuchtet zu werden. Jede Selbstkostenermittlung beruht auf einer Messung der Aufwendungen. Diese Messung findet ursprünglich nie in Geld statt, sondern in Längen-, Zeit-, Gewicht-, Raummaß oder dergleichen. Dann folgt die Bewertung, bei der stillschweigend vorausgesetzt wird, daß die Wertzahl dem ursprünglichen Maß proportional sei. In diesem Sinne wird dann der Wert der Aufwendung in der Maßzahl der Währung ausgedrückt. Stimmt nun die Voraussetzung nicht, besteht z. B. an Stelle der konstanten Proportionalität der Maßzahlen eine zeitlich bedingte Funktion, so wird das Rechnungsergebnis unbrauchbar. Soweit es sich dabei um die W ä h r u n g handelt, kann man den Zustand der Kalkulation in Inflationszeiten vergleichen mit dem Messen an veränderlichen Maßstäben. Solches ist aber sinnlos. Die Währung kann nur dann als Maßstab verwendet werden, wenn sie die Grundeigenschaft eines jeden Maßstabes besitzt, die Unveränderlichkeit 1 ) 2 .) Diese Frage bleibt deshalb aktuell, weil sie uns die Gefahr vor Augen führt, die darin liegt, in währungsmäßigen Einheiten zu kalkulieren. Eine *) Siehe u. a. »Vortrage ü b e r S c h e i n g e w i n n e « von S c h m a l e n b a c h und P r i o n , Mitteilungen der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung, Sonderband I, 1. u. 2. Heft, 2. Aufl., 1922, Fischer, Jena. *) Heute ist diese Erkenntnis Allgemeingut geworden und man empfindet das soeben Gesagte als Binsenwahrheit. Als ich indessen im Dezember 1921 einen Artikel zu veröffentlichen versuchte mit der Überschrift: »Notwendigkeit der Rückkehr zur Goldmarkrcchnung« und mit den Teilüberschriften: 1. Die Messung mit Maßstaben, die ihre Größe verändern. 2. Die Mark als Maßstab. 3. Die Mark erfüllt seit der Kriegszeit nicht mehr die notwendigen Bedingungen für einen Maßstab. 4. Kalkulation mit falschen, unbrauchbaren Maßstäben. 5. Bilanzierung mit falschen Maßstäben usw , da wurde ich von Handelsredakteuren größter Zeitungen belächelt.
13 Kalkulation, die aus der Buchhaltung abgeleitet ist, geht selbstverständlich diesen Weg. Auch zur Feststellung des endgültigen Preises einer Ware ist die Überführung der etwa gewählten Maßeinheiten in die Währungseinheit nötig. Dies sollte aber möglichst spät im Kostenverfahren geschehen. Zum mindesten sollte das Verfahren so weit unabhängig von der Währung gemacht werden, als dies irgend möglich ist. Ist das geschehen, dann ist damit zwar nicht die Inflation des Noteninstituts unmöglich gemacht, aber die Inflation wird die betriebswirtschaftliche Kalkulation nicht mehr beeinträchtigen können. Worte, wie Preistreiberei- und Wucherverordnung, erinnern an den unfaßbaren kalkulatorischen Unsinn, den Juristen von Ansehen aus den üblichen Währungskalkulationen herauslesen konnten. Aber noch in anderer Hinsicht ist die Währungskalkulation gefährlich. Es verändert sich nicht nur gelegentlich der Wert der Währungseinheit, sondern selbst in normalen Zeiten der Wert der Aufwendungsbestandteile. Konstant bleibt hingegen nur die technische Einheit. Eine Kalkulation, die darauf ausgeht, möglichst schnell und zwingend die technische Maßeinheit aufzugeben und an deren Stelle die Währungseinheit zu setzen, verläßt daher sofort den sicheren Meßstand und vertauscht ihn mit dem schwankenden Grund des Marktes und dessen Bewertungen. Die Idee, die der ganzen kaufmännischen Rechnung zugrunde liegt, ist die messende Vergleichbarkeit, die Kommensurabilität wesentlich verschiedener Erscheinungen. Dieses Verfahren ist daher nur brauchbar für Zeiträume, in denen die einzelnen gemessenen Bestandteile in ihrem Wert zueinander und zum Wert der Einheit des Maßstabes quasi stationär verharren. Sobald einmal die Bestandteile Wertverschiebungen in den Einheiten unterliegen, wird das Kalkulationsbild zum Zerrbild. S c h m a l e n b a c h und seine Mitarbeiter haben diese Zusammenhänge zuerst erkannt. Mit Recht ist vom wirtschaftswissenschaftlichen Standpunkte aus die Forderung des Wiederbeschaffungspreises als Grundlage der Erfolgsrechnung und der Stückrechnung vor allem von G e l d m a c h e r erhoben worden. Dasselbe gilt von S c h m i d t , der durch die Kalkulation der Ersatzkosten zu gleichem Ergebnis zu gelangen sucht. Die Einzelheiten, in denen diese Betriebswirtschaftler voneinander abweichen, interessieren hier nicht. Ihnen allen gemeinsam ist, daß sie in Ermangelung eines besseren Maßstabes an der währungsmäßigen Fixierung der Kalkulation festhalten und die damit verbundenen Nachteile dadurch zu mindern suchen, daß sie die einzelnen Posten auf den Zeitwert des Aufwandes, also den Tageswert bringen 1 ). Zu starken Bedenken gibt auch die Gepflogenheit beim historischen Verfahren Anlaß, den Einzelbetrieb für sich bilanzieren zu lassen. Die Folge davon ist natürlich, daß der Einzelbetrieb bestrebt ist, so zu kalkulieren, daß er mit der Bilanz sein Auskommen findet. Da er aber keine kaufmännische G e l d m a c h e r , W i r t s c h a f t s u n r u h e und Bilanz, 1. Teil (Betriebswirtschaftliche Zeitfragen, herausgeg. von der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung E.V., Frankfurt a.M., Berlin 1923, Julius Springer.) Siehe ferner S c h m a l e n bach, Selbstkostenrechnung I, Zeitschr. f. hw. Forschung, 13. Jahrg. Seite 283/84 und Scheingewinne, (Sonderband I der »Mitteilungen der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung E. V.« Frankfurt a. M.) Jena 1922, Gustav Fischer.
14 Initiative hat und außerdem in der Erlangung der Aufträge an den Fabrikationsgang gebunden ist, so besteht die Neigung, das Risiko einer unverschuldeten Unterbilanz infolge von Unterbeschäftigung u. dgl. mehr durch »kalkulatorische Initiative«, könnte man sagen, auszugleichen. So kommt es, daß der Teilbetrieb, dessen Erfolg bei diesem Verfahren nach seiner Teilbilanz beurteilt wird, das Bestreben haben muß, mit einer Sicherheit für individuell schlechte Abteilungskonjunk'tur zu rechnen. Es ist ohne weiteres klar, daß solche Tendenzen dem Ziel der Selbstkostenermittlung zuwiderlaufen. Jede Abteilung hat bei diesem Verfahren einen Umsatz. Sehr häufig ist der Wert dieses Umsatzes sehr groß im Vergleich zur Leistung. Der Erfolg kann aber nur in der Leistung liegen, und infolgedessen verschwindet das Mehr oder Minder leicht in der Masse des Umsatzes. Weiter: Im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Umstände der Wertunbeständigkeit der Aufwendungsbestandteile kann es leicht geschehen, daß der Erfolg oder Mißerfolg durch Wertschwankungen verdeckt wird. Eine Ersparnis an einem Kostenbestandteil kann überdeckt werden durch den Preisanstieg und umgekehrt ein Mehrverbrauch irgendwelcher Art durch eine Senkung des Preises des betreffenden Gegenstandes. So werden die Bilanzen leicht inkommensurabel. Die Bedeutung des Beschäftigungsgrades für die Selbstkosten ist in jüngster Zeit ebenso knapp wie vollkommen von Peiser 1 ) dargestellt worden. Die Betriebskontrolle nach der historischen Methode steht diesen Problemen ziemlich hilflos gegenüber. Je geringer der Beschäftigungsgrad, um so höher die Selbstkosten, das ist die alte Weisheit. Damit aber wird in die Erfolgsrechnung der Abteilung eine Komponente eingeführt, die deren fabrikatorische Leistung verschleiert. Schließlich führt das historische Verfahren zur Nachkalkulation in der Währung. Zunächst ist das Verfahren äußerst umständlich und zeitraubend. Der Wert der darauf verwendeten Arbeit besteht lediglich in der Nutzbarmachung der Vergangenheit für künftige Vorkalkulationen. Bei einer großen Zahl von Fabrikationen sind die Artikel aber derart rasch wechselnd und von der Mode beeinflußt, daß die Nachkalkulation überhaupt wertlos wird. Aber selbst wo dies nicht der Fall ist, bleibt die Nutzbarmachung der Nachkalkulation für künftige Vorkalkulationen immer gebunden an eine Rückrechnung der Endwerte in die Ausgangswerte. Das ganze Problem der Verrechnungspreise, dessen Schwierigkeiten in der schon oben erwähnten Arbeit von Beste dargelegt sind, entspringt der kontenmäßigen Verrechnung der einzelnen Abteilungen untereinander. Das historische Verfahren hat nicht nur große Erschwerungen für die genaue Kostenermittlung zur Folge, es macht auch Kalkulationen verschiedener Produktionsstätten sonst gleicher Art unvergleichbar. So sehen wir, daß ein anscheinend einfaches Schema, das in der Praxis einen äußerst umfangreichen, kostspieligen Apparat erfordert, mit schweren Der E i n f l u ß des B e s c h ä f t i g u n g s g r a d es auf die i n d u s t r i e l l e K o s t e n e n t w i c k l u n g , 7. Heft der Betriebsw. Zeitfragen, herausgeg. von der Gesellschaft für Betriebsforschung in Frankfurt a. M. Berlin 1924, Springer.
15 Mängeln behaftet ist, von denen wir nur die hauptsächlichsten hier zusammengestellt haben. Der Kaufmann kümmert sich nicht um die Einzelheiten. Er sieht die Selbstkostenrechnung im Einzelnen nicht durch, ihn interessieren nur: das Gesamtergebnis, das ihn seine Bilanz lehrt, und der Gestehungspreis, dessen Feststellung er dem Fachmann überläßt. Er weiß, daß die Fabrikbuchhaltung zu einem anderen Ergebnis kommt, als seine Hauptbuchhaltung und — geht in seinen Entscheidungen nach »seiner« Buchhaltung. Auch dieser Mangel darf nicht übersehen werden. Die historische Selbstkostenrechnung ist vom kaufmännischen Standpunkte aus so undurchsichtig geworden, daß sie vom Kaufmann trotz der minutiösen Vorarbeiten nicht recht ausgenutzt werden kann.
HAUPTTEIL.
Entwicklung eines neuen Verfahrens. J\. Was erwartet der Kaufmann von der Selbstkostenrechnung? Aufstellung einer Fabrikationsbilanz. Wir stellen uns nunmehr auf den Standpunkt der Praxis. Wir haben kein Vorurteil irgendwelcher Art, das uns an eine Methode bindet. Wir haben die Praxis ab unser unentbehrliches Anschauungsmaterial. Von ihr erhalten wir die Aufgaben und versuchen, für jede Tailaufgabe die Lösung mit minimalem Aufwand an Kraft durchzuführen. Wir nehmen zunächst an, die Aufgabe der Selbstkostenermittlung sei irgendwie für das Fabrikat recht und schlecht gelöst. Es bestehen irgendwelche Selbstkosten-Ermittlungen für die Fabrikate, die der Verkäufer in Ermangelung von besseren benutzt. Wir fragen den kaufmännischen Leiter, was er von der Selbstkostenrechnung wissen will. Wir erhalten die Antwort: Ob die Kalkulationen richtig oder falsch seien im einzelnen, darum könne er sich nicht kümmern; dafür müsse der Kalkulator haften; die Kontrolle des Betriebes sei Sache des technischen Leiters. Ob die verschiedenen Abteilungen ordnungsmäßig gearbeitet haben, ob ihr Verbrauch und ihre Leistung der vorkalkulatorischen Annahme im e i n z e l n e n entsprochen haben, das interessiere ihn auch nicht. Was er wissen müsse, sei die Beantwortung der Frage: Waren die vorkalkulierten Preise auskömmlich ? Sonst nichts. Selbstverständlich ist er ebenso an einer genauen Kalkulation interessiert, wie an einem guten Fabrikat und an einer guten Verkaufsarbeit. Aber als Finanzleiter kann er sich nicht um die Details (von seinem Standpunkt aus betrachtet!) kümmern. Er will am liebsten eifie Bilanz als Kaufmann aufstellen. Er kauft von der produzierenden Fabrik die Ware und verkauft sie. Am besten übersieht er dabei sein Geschäft, wenn die Selbstkostenpreise (seine Einkaufspreise!) derart sind, daß sie die Aufwendungen decken. In diesem Falle fällt der ganze Produktionsbetrieb aus seinem Gesichtsfeld heraus, und er ist mit der verbleibenden Bilanz in seinem Element. Damit
16 ist uns eine klare Aufgabe gestellt. Wir versuchen nun, diese Aufgabe auf dem einfachsten Wege ihrer Lösung zuzuführen. Wir sollen den Gesamtnachweis der Auskömmlichkeit der vorkalkulierten Preise in einer Saldozahl ermitteln. Im Falle von Unstimmigkeiten per Saldo soll aus diesem summarischen Nachweis nicht hervorgehen, an welcher Kostenstelle oder bei welcher Kostenart oder bei welchem Kostenträger diese Unstimmigkeit liegt. Ebensowenig interessiert es uns dann, ob Fehler, die sich im Summenwert kompensieren, aus dieser Zusammenstellung zu ermitteln sind. Hingegen wird es erwünscht sein, eine Abstimmungsmöglichkeit unserer Aufstellung mit der Hauptbuchhaltung so weit als irgend möglich durchzuführen. Die Lösung unserer Aufgabe ist die Feststellung des Saldos einer summarischen Fabrikationsbilanz auf vorkalkulatorischer Bewertungsbasis. Das heißt: Den Aufwendungen, in Bausch und Bogen ist der Wert der Erzeugnisse gegenüberzustellen und aus diesen Summen der Saldo zu ziehen. Bei richtiger Vorkalkulation wird dieser Saldo gleich Null. In diesem Falle hat unser Auftraggeber, der kaufmännische Leiter, sich nicht weiter um ihn zu kümmern. Sind die Aufwendungen größer als der Wert der Erzeugnisse, so waren die kalkulierten Preise nicht auskömmlich. Der Saldo zeigt ihm, ein wie großer Betrag der Aufwendung nicht gedeckt war im kalkulierten Preise. Dieser Verlustposten ist als Ergänzungsposten in seiner äußeren Geschäftsbilanz nachzutragen (Erfolgsverminderung). Schließlich können die Aufwendungen kleiner sein, als der Wert der Erzeugung; in diesem Falle hat er in seiner äußeren Bilanz den Saldo auf der Gegenseite als Korrektur einzutragen (Erfolgserhöhung). Wie sieht die erforderliche innere Bilanz aus? In ihr soll die Summe aller Aufwendungen der Summe des Wertes der Gesamterzeugung gegenüberstehen. Irgendwelche Unterteilung nach Kostenstellen ist hierzu nicht erforderlich. In Großbetrieben brauchen wir nur ebensoviel äußere wie innere Bilanzen. Das heißt nur Betriebe, die als selbständige Geschäftsunternehmen aufgezogen sind, haben eine äußere und, sofern sie Produktionsbetriebe sind, eine innere Bilanz. 1. Die Aufwandsseite. Wir entwickeln zunächst die Aufwandsseite. Bedingung muß sein: Erfassung aller Aufwendungen des Produktionsbetriebes, Abstimmungsmöglichkeit mit der Buchhaltung. Hieraus ergibt sich eine organische Gliederung, die aus der Arbeitstechnik entspringt. Da wir eine beliebige Übersicht aller in Frage kommenden Kostenarten gebrauchen, so nehmen wir als Ausgang den Grundplan des Ausschusses für wirtschaftliche Fertigung 1 ). Er wird zwar nicht beibehalten werden können, aber der Gang an seiner Hand wird lehrreich sein, weil er uns zeigt, daß wir zwangläufig von ihm abweichen müssen. Der Grundplan unterscheidet also nach H e i d e b r o e k 2 ) folgende Hauptkostenarten: 1. Materialkosten: a) Fertigungsmaterial, b) fertig bezogene Teile, *) Druckschrift des Ausschusses W 8 vom September 1920. 2 ) Industriebetriebslehre, S. 43. Berlin 1923, Julius Springer.
17 c) vorrätige Normalien und Kleinmaterial, d) Betriebsmaterial und Bureaumaterial, 2. Personalkosten: a) Löhne, b) Gehälter, c) Personalnebenkosten (Teuerungszulagen, Urlaubsbeihilfen, soziale Zulagen usw.), d) Unternehmerlohn (wenn erforderlich), e) Reisekosten, f) Personalversicherungen, 3. Sachversicherungen (Feuerversicherung), 4. Steuern und andere Abgaben, 5. Postgebühren, 6. Werbekosten (Reklame, Vermittlungsgebühren u. dgl.), 7. Transportkosten, 8. Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster u. dgl.), 9. Abschreibungen, 10. Zinsen für Anlage und Betriebskapital, 11. Grundstück- und Gebäudekosten, 12. Wagnisse und Ausfälle (Risiko und Delkredere). Bei der Gliederung der Kostenarten verfolgen wir den Zweck, eine Abstimmung mit der Hauptbuchhaltung zu ermöglichen. Die Hauptbuchhaltung wird uns hierbei entgegenkommen. Eine summarische Abstimmung wäre wohl einfacher, aber sie läßt sich nicht erreichen. Die Hauptbuchhaltung führt die Aufwendungen nach Faktureneingängen, während die Betriebsbuchhaltung die Aufwendungen nach Betriebsentnahmen zu verbuchen hat. Es ist ohne weiteres einzusehen, daß diese Posten durchaus nicht übereinzustimmen brauchen, sondern eine starke Belastung durch Fakturen mit schwacher Entnahme durch den Betrieb einhergehen kann und umgekehrt. Nicht einmal die Heranziehung der Lagerbuchführung klärt unmittelbar die Differenz auf, denn die Lagerbuchführung ist auf Zu- und Abgang aufgebaut, während der Faktureneingang gegenüber der Lieferung meist nacheilt. Allgemein haben wir also zu unterscheiden zwischen Aufwendungen, die in Haupt- und Betriebsbilanz einander gleich sein werden, und solchen, die einer besonderen Untersuchung bedürfen. Da die Hauptbuchhaltung in ihrer Kontierung etwas Rücksicht auf unsere Ansprüche nehmen kann, so können wir uns für die Kostenarten, die in Übereinstimmung sein müssen, jede Arbeit sparen und die Beträge aus der Hauptbuchhaltung entnehmen. Es sind dies zunächst folgende Kostenarten: a) A u f w e n d u n g e n , n a c h g e w i e s e n d u r c h
Hauptbuchhaltung.
G e h ä l t e r (einschließlich anteilige Personalnebenkosten und Personalversicherungen, das heißt alle vom Gehalt direkt abhängigen Kosten). S a c h v e r s i c h e r u n g e n (soweit sie den Produktionsbetrieb betreffen). S t e u e r n (soweit sie nicht vom Ertrag abhängig sind und auf den Produktionsbetrieb entfallen, Monatsrate). H a m b u r g e r , Rationalisierung der Selbstkostenermittlung.
2
18 Wir haben damit die Posten 2. b, c z. T., f z. T., 3. 4., soweit sie in die Betriebsbilanz gehören, erledigt. Die Hauptbuchhaltung wird uns ohne Mühe diese Posten aufgeben können. Damit ist, streng genommen, die erste Gruppe von Aufwendungen erschöpft, die ohne besondere Abstimmung aus der Hauptbuchhaltung entnommen werden können. Doch können wir die Aufwendungen der Löhne und der zugehörigen Nebenausgaben, also 2. a), den Rest von c) und den Rest von f), mit geringer Mühe hier noch anschließen. Der Zusammenschluß der Gehaltshaupt- und Nebenkosten und der Lohnhaupt- und Nebenkosten wird in der Buchhaltung nur angenehm empfunden werden, um so mehr als die Errechnung der Nebenkosten für Gehalt und Lohn getrennt geschieht und die Zusammenfassung der Nebenkosten für Gehalt und Lohn recht unpraktisch ist. Organisch gehört selbstverständlich der Gehaltszuschlag zum Gehalt, und die Teuerungszulage für Gehalt ist der Versicherung für Gehaltsempfänger näher verwandt als der Teuerungszulage der Arbeiter. Bei den Löhnen besteht, wie schon erwähnt, eine kleine Schwierigkeit. Die Löhne werden leider in den meisten Werken nach Lohnwochen gezahlt. Gelegentlich werden Vorschußzahlungen geleistet bei Akkordrechnung. Infolgedessen ist der Lohnausweis der Hauptbuchhaltung nicht genau der Monatslohnaufwendung gleichzusetzen. Ich bin daher in der Praxis folgenden Weg bei der Abstimmung gegangen, der mit außerordentlich geringer Mühe zum Ziele führt. Zu jeder Lohnzahlung wird die Gesamtzahl der Arbeiterschichten (Belegschaft aller Schichten addiert) gemeldet, Teilschichten entsprechend. Durch Division wird hieraus der mittlere Verdienst errechnet pro Mann und Schicht. Am Monatsende wird die Gesamtzahl der Arbeiterschichten im Monat genommen und mit dem Mittelwert der vier bzw. fünf letzten Verdienstmittel multipliziert. Die so gefundene Zahl wird als Monatslohnsumme eingesetzt. Ich habe gefunden, daß die Arbeit, die man sich in der Praxis gelegentlich damit macht, die Wochenlöhne der Übergangswoche von einem zum anderen Monat zu teilen, sich in keiner Weise verlohnt. Die Monatswerte werden in einem Kontokorrent den Wochenlohnzahlungen laut Buchhaltung (Konto Kasse) gegenübergestellt. Der Saldo dieses Kontokorrents wird dann von Zeit zu Zeit zusammen mit ähnlichen Salden abgebucht. Nach meiner Erfahrung ist dieser Saldo ganz geringfügig im Vergleich zu Korrekturbuchungen, die z. B. gelegentlich der Inventur, selbst bei sehr sorgfältiger Magazinführung, erforderlich sind. Die Arbeit, dank deren auf diese Weise die Hauptbuchhaltung mit der Betriebsbuchhaltung dauernd abgestimmt bleibt, ist pro Monat wenige Minuten Rechenarbeit. Selbstverständlich können die Versicherungsbeiträge ohne weiteres mit einkalkuliert werden. Produktionsprämien, wie sie in manchen Zweigen der chemischen Industrie üblich sind, können in der Betriebsbilanz in d e m Monat geführt werden, in dem sie entstehen, und müssen dementsprechend in der Lohnziffer der Hauptbuchhaltung wegbleiben. Wir wenden uns nunmehr den Aufwendungen an Material zu, bei denen die Verhältnisse nicht so einfach liegen.
19 b) A u f w e n d u n g e n , n a c h g e w i e s e n durch
Lagerbuchhaltung.
Das Material, denken wir z. B. an einen stark im Preise schwankenden Rohstoff, wird vom Einkäufer nicht nur nach Bedarf sondern auch auf Spekulation gekauft. Er deckt sich nach Gutdünken, nach Beurteilung der Marktlage, wohl auch unter Berücksichtigung des Auftragsstandes ein. Bei Eingang der Ware ist das Lager mit dem Stoff tatsächlich belastet. Zu welchem Preis ? Bei Eingang der Rechnung wird das Lagerkonto der Buchhaltung belastet mit dem Ankaufspreis. Vielleicht liegt ein spekulativer Kauf vor. Dann ist also Betriebskapital in Rohstoff vorübergehend investiert worden. Ganz unabhängig davon findet die Entnahme statt. Wir fragen wieder, zu welchem Preis ? Lagermittelpreis oder Wiederbeschaffungspreis, das heißt Tagespreis? Vielleicht handelt es sich um die Ausführung eines Auftrages, der zur Zeit des Einkaufes des Rohstoffes angenommen wurde, und für den Selbstkosten und Verkaufspreis auf der damaligen Basis ermittelt wurden. Wenn jetzt die Fabrikation den Rohstoff zum Wiederbeschaffungspreis vom Lager beziehen soll, dann gewinnt oder verliert sie, denn sie erhält in der Fertigware nur den akkordierten Selbstkostenpreis. Auch der Lagermittelpreis ist mit diesem Übelstand behaftet. Wir stellen daher vom Fabrikationsstandpunkt aus folgende Forderung: Die Entnahme vom Lager ist mit den Preisen zu verrechnen, die der Kalkulation zugrunde liegen. Wollten wir diesen Grundsatz in aller Strenge durchführen, so müßten wir das Lager entlasten zu den Preisen, die dem Vorkalkulationspreis des jeweiligen Auftrages entsprechen. Die Schwierigkeit besteht nun darin, daß in einem Monatsabschnitt unter Umständen auf Entnahmen Aufträge stattfinden, die zu verschiedener Zeit übernommen sind und daher unter Umständen auf verschiedener Preisbasis beruhen. Bei jeder Lagerentnahme aber den Preis nach den bei Übernahme des Auftrags gültigen Preisen einzusetzen, stößt auf unüberwindliche praktische Schwierigkeiten. Wir halten daran fest, daß die Fabrikationsbilanz keinen Gewinn oder Verlust aus Materialpreisschwankungen aufweisen darf; denn sie soll uns vornehmlich darüber belehren, ob die Kalkulation auskömmlich war. Die Folgerung ist, daß wir auf der Aufwandseite und der Ertragseite mit den gleichen Materialpreisen rechnen müssen. Die aufgetretene Schwierigkeit läßt sich nur so beheben, daß wir in der Fabrikationsbilanz mit Materialpreisen rechnen, die wir den Preisschwankungen auf dem Markt der Materialien nicht dauernd anpassen. Wir wählen also mittlere Materialpreise nach Angabe des Einkäufers und geben ihm hierzu die Weisung, er solle uns die Preise aufgeben, zu denen er erwarte, den Einkauf im Mittel tätigen zu können. Wir müssen nunmehr genau untersuchen, welchen Einfluß diese Festsetzung des mittleren Materialverrechnungspreises auf unseren Geschäftsbetrieb hat. Zunächst für die Angebotspreise. Ein allgemeines Angebot wird so wie so nach einem mittleren Materialpreis zu stellen und daher auf den gleichen Selbstkostenpreisen aufgebaut sein, welche auf der Ertragseite unserer Bilanz zur Verrechnung kommen. Ein Sonderangebot hingegen wird auf Wiederbeschaffungspreisen aufgebaut werden. (Wegen der Ausführung siehe den Abschnitt über Kalkulation!) Wir fragen uns: was ist die Folge 2*
20 eines Auftrages auf Basis eines anderen Selbstkostenpreises als desjenigen, der in der Fabrikationsbilanz verrechnet wird. Um diese Frage zu lösen, müssen wir das Lager- bzw. Rohstoffkonto mit in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. Dieses Konto wird fakturenmäßig belastet, das heißt nach den tatsächlichen Warenpreisen, während die Entlastung nach den Materialmittelpreisen stattfindet. Hieraus ergibt sich, daß das Konto einen Saldo aufweisen muß, der durch den Lagerbestand allein nicht gegeben ist, sondern außer ihm einen Bestandteil enthält, der auf der Preisdifferenz der Belastungsund Entlastungsseite beruht. Eine getrennte Erfassung dieses Teiles ist leicht möglich, wenn wir ein Zwischenkonto führen, indem wir die Umstellung von den Einkaufspreisen auf die Verrechnungspreise vornehmen. In diesem Falle weist der Saldo des Kontos nach, ob der Einkäufer zu den Mittelpreisen einkaufen konnte oder nicht. Da die Beurteilung der Marktlage in dieser Hinsicht nur dem Einkäufer möglich ist, so erscheint uns dieser Saldo äußerst lehrreich für die Tätigkeit der Einkaufsstelle. Wir wünschen weder einen Saldo nach der einen, noch nach der anderen Richtung. Kauften wir u n t e r den Mittelpreisen ein, so werden unsere Allgemeinofferten höher liegen, als es der Marktlage der Rohstoffe entspricht. Im umgekehrten Fall werden wir zu billig offerieren. Um beides zu verhindern, werden wir eine unmittelbare Schaltung zwischen Einkauf, Kalkulation und Verkauf herstellen, von welchen Stellen der Einfluß der Materialpreise auf die Sebstkosten dauernd geprüft wird. Hat der Einkäufer einen Materialmittelpreis angegeben, der auf Grund der tatsächlichen Preisentwicklung sich als falsch herausstellt, so wird er zunächst die entsprechende Berichtigung für die Preisstellung dem Kalkulationsbureau mitteilen, welches seinerseits mit der Verkaufsleitung zusammenarbeitet. Hierzu folgt Näheres in dem Abschnitt über Kalkulation. Für die Bilanz hingegen wird das Übergangskonto vom Einkauf zum Magazin einen Saldo aufweisen, der den billigeren oder teuereren Einkauf gegenüber der Kalkulation als Gewinn bzw. Verlust am Rohlager ausweist, und zwar im Vergleich zu den Mittelpreisen. Da nun der Fabrikation die Erzeugnisse nur gutgeschrieben werden zu den Selbstkosten, die auf Grund der Mittelpreise errechnet sind, so wird nach Fertigstellung der Ware beim Verkauf der Saldo sich wieder ausgleichen, sofern die Verkaufspreise auf Grund der veränderten Rohstoffpreise gestellt waren. Sofern aber bei der Preisstellung dieser Veränderung keine Rechnung getragen wurde, verbleibt ein Saldo, der zu Recht besteht, denn in diesem Fall ist bei billigerem Einkauf tatsächlich ein Gewinn entstanden und bei teuererem Einkauf tatsächlich ein Verlust. Daß dieser Gewinn bzw. Verlust nicht in der Betriebsbilanz der Fabrikation erscheint, das heißt nicht als Auskömmlichkeit der Selbstkostenpreise angesprochen wird, erscheint uns nicht als ein Mangel, sondern als erhöhte Prägnanz. Die Auskömmlichkeit der Selbstkosten in fabrikatorischer Hinsicht wird bezüglich des Materials dann nur beeinflußt durch den Materialverlust und den Ausschuß, auf dessen Verminderung die Fabrikationsleitung Einfluß hat. Materialpreisveränderungen, denen die Verkaufspreisstellung nicht angepaßt werden konnte, haben nichts mit der Fabrikation zu tun,
21 sondern sind Folgen der kaufmännischen Initiative. Sie gehören daher unter die Erfolge der kaufmännischen Abteilung. Noch eine Beziehung ist in diesem Zusammenhang zu erörtern. Wir sind uns im Vorstehenden darüber klar geworden, daß die Materialeinkäufe gewissermaßen eine Schleuse passieren sollen, in der sie auf das Preisniveau der Materialmittelpreise gebracht werden. Der dabei entstehende Saldo wird nun erst bei der Fertigstellung des Fabrikates bilanzmäßig zurückgewonnen oder endgültig fixiert. Was bedeutet dieser Saldo, soweit er offen steht, für unsere Bilanz ? Er bedeutet eine Abschreibung der Lagerbestände auf den Normalpreis und ist aus diesem Grunde äußerst einfach zu bemessen. Es genügt offenbar, den Lagerbestand quantenmäßig zu erfassen und auf das gewünschte Preisniveau zu führen, um die Bilanz im Sinne einer Inventur buchmäßiger Art zu gestalten. Werden die Lagerkarten derart geführt, daß der disponierte und nichtdisponierte Bestand getrennt zu erkennen ist (Bestands-Saldokarte), so läßt sich auch der Standpunkt vertreten, daß die Umrechnung auf ein anderes Preisniveau nur für die undisponierten Bestände stattzufinden und die Bewertung der disponierten Bestände nach der bisherigen Höhe zu erfolgen habe, da nicht festzustellen sei, inwieweit für die disponierten Bestände Preisänderungen im Verkaufspreise Berücksichtigung gefunden haben. Es verbleibt nunmehr, noch zu besprechen, wann bzw. wie oft Mittelpreisänderungen stattzufinden haben, und wie diese durchzuführen sind. Zunächst muß die Initiative hierzu der Einkaufsstelle überlassen werden; diese hat jeweils eine Mittelpreisänderung zu beantragen, wenn die Änderung des Marktpreises gegen den Mittelpreis von ihr als dauernde Preisänderung erkannt ist. Sie soll also über vorübergehende Preisschwankungen grundsätzlich hinwegsehen, und nur dauernde Erscheinungen berücksichtigen. Schließlich braucht diese Arbeit, wie aus Vorstehendem hervorgeht, nicht allzu häufig vorgenommen zu werden, denn eine sichere Abwicklung des Geschäfts ist auch in der Zwischenzeit gesichert. Die Abänderung erfordert folgende Arbeit: Der quantenmäßige Buchbestand des Lagers muß einmalig umgestellt werden, und zwar nur für die nichtdisponierten Bestände. Die Selbstkostenpreise müssen neu aufgestellt werden. (Wegen der Technik siehe den Abschnitt über Kalkulation!) Die Aufträge, von diesem Tag an überschrieben, müssen zu dem neuen Preise in der Ertragsrechnung verrechnet werden. Sollte man die Arbeit scheuen, während dieser Zeit zwei Preislisten nebeneinander zu führen, so kann man ohne allzugroße Bedenken den Auftragsstand nach Zeitdauer der Fertigstellung abschätzen und alle Aufträge, die bis zu diesem Zeitpunkt fert'g werden, nach den alten Preisen abrechnen, die später fertig werdenden zu den neuen. Bis auf Fehler zweiter Ordnung wird auch dann bei einigermaßen gleichmäßiger Fabrikation die Materialpreisänderung die Fabrikationsbilanz unbeeinflußt lassen. Der Einfluß, der etwa mit einschlüpft, ist von der Materialdifferenz der vor diesem Zeitpunkt fertig werdenden Fabrikate (mit Materialdisposition n a c h der Preisänderung) und der n a c h diesem Zeitpunkt fertig werdenden Ware (mit Materialdisposition vor der Preisänderung) ab-
22 hängig, multipliziert mit der Preisänderung selbst und meist ein verschwindender Betrag. Die Folge dieser Form der Materialabrechnung ist, daß eine wertmäßige Abstimmung der Materialaufwendung mit der Hauptbuchhaltung grundsätzlich nicht möglich ist, da die Betriebsbuchhaltung auf anderen Preisen aufgebaut ist als die Hauptbuchhaltung. Wir können aber ohne Schaden für ein Unternehmen auf diese Abstimmung verzichten. Das Material unterliegt einer anderen zwangläufigen Kontrolle. Es soll beim Eingang vom Lieferanten nicht nur wertmäßig erfaßt werden, sondern auch mengenmäßig in der betreffenden technischen Maßeinheit. An diese Erfassung knüpft die weitere Bearbeitung der Betriebsdaten an. Zunächst muß die Magazinausgabe in dem gleichen Mengenmaß geführt werden und die Inventur den mengenmäßigen Saldo zwischen Ein- und Ausgang ergeben. Es war erforderlich, zur Darlegung der Materialfeststellung auf der Aufwendungsseite der Fabrikationsbilanz etwas weiter auszuholen und Nachbarfragen bei dieser Gelegenheit zu behandeln. Das äußerst einfache Ergebnis, das sich für die Feststellung der Materialaufwendung ergibt, ist: Aufstellung der monatlichen Magazinausgabc zu Materialmittelpreisen. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß diese Methode angewendet werden kann für Posten 1 a, b und c der Aufstellung des A. w. F. Es wird sich empfehlen, auch in unserer Aufstellung diese drei Gruppen getrennt zu führen, umsomehr als sie auch auf dem Markt häufig gleichzeitigen Preisänderungen unterliegen. Es kann unter Umständen erwogen werden, im Interesse der Arbeitsvereinfachung den letzten Posten, vorrätige Normalien und Kleinmaterial, in der Weise zu behandeln, wie die im Folgenden vorgeschlagene Bearbeitung der Aufwendung für Betriebsmaterial und Büromaterial vorgenommen wird. Die Entscheidung darüber ist lediglich eine Differenzierungsfrage und als solche einesteils vom gewünschten Genauigkeitsgrad, anderntoils von der Ungleichförmigkeit der Fabrikation abhängig. c) A u f w e n d u n g e n , n a c h g e w i e s e n d u r c h B e t r i e b s s t a t i s t i k (stark schwankend.) Es ist m. E. ein Schönheitsfehler, Bohstoffe und Betriebsmaterial in derselben Hauptgruppe der Aufwendungen zu führen, denn das Betriebsmaterial gehört zur Fabriksregie während der Rohstoff einschließlich des Halbzeuges und Kleinmaterials der Regie als besonderer Kosten-Bestandteil gegenübersteht. Wir werden sehen, daß bei jeder Betrachtung vom organischen Standpunkt aus das Betriebsmaterial wesentlich anders als das Rohstoffmaterial zu behandeln ist, und nur die historische Herkunft der Abrechnung es verständlich erscheinen läßt, wenn man Aufwendungen zusammenfaßt, weil die Konten, auf denen sie erscheinen, ähnliche Namen führen. Organisatorisch mag eine Zusammenfassung des Materials nach dem Gesichtspunkt der Verwaltungseinheiten anzustreben sein; kalkulatorisch hingegen sind andere Zusammenhänge maßgebend. Wir werden auf diese Fragen später zurückkommen müssen. Hier ist nur Folgendes zu entscheiden: ist der mengenmäßige Aufwand an Betriebsmaterial ebenfalls monatlich vom Magazin nachzuweisen, und kann
23 für die Preisaufstellung die gleiche Methode in Anwendung kommen, die wir für das Rohmaterial soeben ausführlich besprochen haben ? Die Beantwortung der ersten Frage führt uns zu folgender weiteren Fragestellung: in welchem Zusammenhang steht der Verbrauch an Betriebsmaterial mit der Erzeugung? Unbestreitbar wird eine höhere Erzeugung auch mehr Betriebsmaterial erfordern, jedoch wächst der Verbrauch des Betriebsmaterials bei einer bestimmten Anlage durchaus nicht im gleichen Verhältnis wie das Ausbringen. Hierzu kommt, daß das Betriebsmaterial starken Schwankungen im Bestand unterliegt und gerade bei Produktionsstillständen, die zu gründlichen Reinigungen u. dergl. m. benutzt werden, eine starke Entnahme stattfinden wird, die vernünftigerweise nicht der Produktion des betreffenden Zeitabschnitts gegenübergestellt werden sollte. Der Verbrauch mancher wertvoller Utensilien tritt nur von Zeit zu Zeit auf und belastet bei Gegenüberstellung nach der tatsächlichen Entnahme den betreffenden Monat empfindlich. Aus diesen Gründen können wir, ohne uns von der Wirklichkeit zu entfernen, in die Fabrikationsbilanz den mittleren Verbrauch an Betriebsmaterial laut Verbrauchsstatistik einsetzen. Den Fehler, den wir dabei machen, wird uns die Verbrauchsstatistik aufweisen. Bei einzelnen Bedarfsartikeln wird sich ein Mehrverbrauch, bei anderen ein Minderverbrauch herausstellen. Nach kurzer Zeit aber wird man, nach meiner Erfahrung wenigstens, zu konstanten Werten kommen. Es hat sich gezeigt, daß tatsächlich die Schwankungen im Verbrauch sich ohne erkennbaren Zusammenhang mit der Produktion vollzogen. Solange der Aufwand an Betriebsmaterial aber Schwankungen unterliegt, die produktionsunabhängig sind, kann diese Schwankung zur Beurteilung der Auskömmlichkeit der Selbstkosten nicht herangezogen werden, und wir gehen sicherer, einen wohlbegründeten Mittelwert an die Stelle eines Zufallswertes zu setzen. Sobald irgendwie die Betriebsstatistik ergibt, daß dieser Wert falsch war, wird eine Berichtigung für Zukunft und Vergangenheit stattfinden. Bei der Beurteilung dieses Vorschlages wolle man sich immer den Gesamtbetrag der Betriebsmaterialien vor Augen halten. Ist dieser schon ein geringer Prozentsatz von der Gesamtregie und ein noch viel geringerer Prozentsatz von dem gesamten Produktionswert, so wird die Berichtigung dieses Wertes um einige Prozent für die Frage der Auskömmlichkeit der Selbstkosten keine solche Bedeutung mehr haben, daß sie einen Arbeitsaufwand rechtfertigt, wie den, der erforderlich ist, um monatlich den wertmäßigen Verbrauch festzustellen. Zur Beurteilung des Genauigkeitsgrades, der von den einzelnen Summanden erreicht werden muß, ist nicht ein einheitlicher Prozentsatz zu wählen, sondern der Genauigkeitsgrad muß mit dem prozentuellen Anteil des Summanden an der Gesamtsumme steigen. In der Frage der Preisfestsetzung können auch hier Mittelpreise gewählt werden, die nach der gleichen Methode wie die für die Rohstoffe vom Einkäufer laufend überwacht werden. Wir müßten an dieser Stelle der weiteren Verteilung der Aufwendungen auf die Fabrikatspreise zu weit vorgreifen, wenn wir schon jetzt den Nachweis führen wollten, daß auch für diese Preise die oben angestellten Überlegungen betreffs der Rohstoffpreise Geltung haben. Ich verweise daher auf den Abschnitt B. 3. »Der Begriff der Schleppereinheit«.
24 d) A u f w e n d u n g e n f ü r E r n e u e r u n g u n d A m o r t i s a t i o n e i n s c h l i e ß lich G r u n d s t ü c k - und G e b ä u d e k o s t e n . Es sollen in diesem Abschnitt alle Aufwendungen zusammengestellt werden, die für die E r h a l t u n g d e r A n l a g e in ihren immobilien und mobilen Bestandteilen erforderlich sind. Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Wege, diese Aufgabe zu lösen. Der eine besteht in der Verteilung einer kaufmännisch festgesetzten Amortisationspauschalsumme auf den Monat. Der Grundgedanke dieser Lösung ist der folgende: der kaufmännisch eingestellte Unternehmer gibt uns auf, die Selbstkosten derart zu rechnen, daß nach Abdeckung sämtlicher Aufwendungen ein bestimmter Betrag für die Aufwendungen der oben bezeichneten Art verbleibt. Er übernimmt damit selbst das Risiko, das in der Feststellung einer Amortisationssumme liegt. Aufwendungen, die für Erneuerung gemacht werden, müssen dann zu Lasten des Amortisationskontos gehen. Die Fabrikationsbilanz hätte mit diesen Aufwendungen grundsätzlich nichts mehr zu tun. Anders hingegen, wenn uns die Aufgabe gestellt ist, die effektive Höhe der erforderlichen Amortisation zu ermitteln. In diesem Falle können wir außer acht lassen, was die kaufmännische Leitung für Erneuerungszwecke zurückstellt. Der Kaufmann schafft sich durch seine Rückstellung eine Erneuerungsreserve. Er läßt sich dabei von dem Geschäftsgang leiten, von dem Gesamtergebnis der Bilanz und begnügt sich damit, daß er im großen und ganzen nicht hinter der tatsächlichen Wertminderung seiner Anlage durch Abnutzung und Veralten zurückbleibt. Hier hingegen sollen wir die tatsächlichen Abnutzungen feststellen und dabei der Möglichkeit des Veraltens Rechnung tragen. Unser gesamtes Inventar werden wir aufnehmen und in Gruppen gleicher Lebensdauer einteilen. Bei der Festsetzung der Lebensdauer ist der Möglichkeit des Veraltens Rechnung zu tragen. Die verschiedenen Methoden der Abschreibung sind häufig genug beschrieben und ihre Vorteile und Nachteile dargelegt. Wir gehen daher hierüber hinweg. Wesentlich erscheint nur, darauf hinzuweisen, daß die Inventarkartothek kontomäßig geführt werden sollte. Sie ist eine Spezifikation des Kapitalskontos, soweit das Kapital investiert ist. Der Gesamtsaldo der Kartothek soll den tatsächlichen Wert des investierten Kapitals ausdrücken. Auf der Habenseite sind die monatlichen Abschreibungen vorzunehmen. Auf der Sollseit • sind die monatlichen Aufwendungen für Inventarerhaltung einzutragen. Der Saldo der Karte muß dann zu jedem Zeitpunkt den tatsächlichen Wert des betreffenden Inventargegenstandes angeben. Hieraus erhellt, daß Ausgaben für Reparatur usw. nur insoweit zu den laufenden Aufwendungen gehören, als sie zur Behebung eingetretener Schäden aufgewandt werden. In die gleiche Klasse von Aufwendungen gehören Maschinenumbauten bei veränderter Fabrikation. Hiervon zu trennen sind hingegen Aufwendungen äußerlich ähnlicher Art, die einer Verjüngung oder Verbesserung des betreffenden Inventarstücks zu gute kommen. Denn diese Aufwendungen sollen gedeckt sein durch den Betrag für Amortisation in der Betriebsbilanz. Die Feststellung des richtigen Betrages wird also nur dann gelingen, wenn die Schätzung des Wertes richtig erfolgt, wenn die Lebensdauer unter Berücksichtigung des Veraltens richtig geschätzt ist und wenn bei Aufwendungen für
25 Erneuerungen diese ebenfalls richtig amortisiert werden. Die einzige Möglichkeit zur Feststellung ist der Vergleich von Kartenwert und Schätzungswert. Gelegentlich wird es erforderlich sein, im Sinne des Wiederbeschaffungswertes eine Rückstellung vorzunehmen, die es ermöglicht, nach Verbrauch eines Inventarstücks es durch ein moderneres, vielleicht teuereres zu ersetzen. Eine solche Art der Abschreibung kann als Abschreibung vom Wiederbeschaffungswert bezeichnet werden. Obwohl eine solche Amortisation im kaufmännischen Sinn nicht üblich ist, ist sie doch unter Umständen geboten. Der Sinn einer solchen Abschreibung ist: Rechne deine Selbstkosten so, daß du nicht nur in der Lage bist, die Maschine zu ersetzen, sondern daß du eine Reserve ansammelst, die ausreicht, um eine moderne Maschine dieser Art zu beschaffen; oder anders: Der Gewinn soll derart geschmälert erscheinen, daß die Weiterentwicklung des Unternehmens bei Erneuerung nicht durch Rückgriff auf den Gewinn erfolgen muß, sondern aus der Amortisationsreserve bestritten werden kann. Es handelt sich sonach um einen Rechenmodus, den wir, sobald wir seine Tragweite nach den verschiedenen Richtungen kennen," unbedenklich verwenden dürfen. Eine besondere Bedeutung hatte dieser Gedanke in der Inflationszeit bekommen. Hier war nicht der W e r t der Neuanschaffung ein höherer als der der alten Maschine, sondern der P r e i s . In der damaligen Begriffsverwirrung schrieb man nicht vom Wert ab, sondern vom Anschaffungspreis. Man bezog den Ertrag nicht auf den Wert, sondern auf den Gründungsbetrag. Man wußte nicht oder stellte sich ein, als wüßte man nicht, daß diese Amortisation und dieser Gewinn inkommensurabel mit dem Bezugsobjekt waren. Wohl sind damals von S c h m a l e n b a c h , P r i o n und anderen die auf diese Weise errechneten Scheingewinne gekennzeichnet worden 1 ). Die damals vielfach erhobene Forderung, vom Wiederbeschaffungswert abzuschreiben, hatte aber nicht den gleichen Sinn wie unsere Betrachtung. Es sollte hier nur hervorgehoben werden: es muß vom Werte abgeschrieben werden, nicht vom Preis. Der Anschaffungspreis entsprach damals allerdings nicht dem Werte, sondern schon eher dem Wiederbeschaffungspreis 2 ). e) A u f w e n d u n g e n , d u r c h F a k t u r e n n a c h g e w i e s e n . Bei Besprechung des Amortisationsbetrages, dessen Ermittlung aus der Kartothek zu erfolgen hatte, sind wir auf einen weiteren Aufwendungsposten gekommen, der durch Reparaturen u. dgl. m. entsteht. Zu diesen Aufwendungen kommen als ähnlich geartete hinzu alle Dienstleistungen, die von außerhalb für den Betrieb gemacht werden; z. B. technische Beratung, Bauberatung, chemische Untersuchungen, Installationsarbeiten usw. Für alle diese AusV o r t r ä g e ü b e r S c h e i n g e w i n n e , I. Sonderband der Mitteilungen der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung in Frankfurt a. M., 2. Aufl. Jena 1922. Gustav Fischer. 2 ) Der Kampf wurde geführt um die Abschreibung von einer Preis-Zahl. Da sich nun in Wirklichkeit der W e r t verminderte, hätte es ohne weitere entschieden sein müssen, daß die Abschreibung von der Zahl des Anschaffungspreises baren Unsinn bedeutete. Trotzdem wurde dieses Verfahren gegen jede Vernunft verteidigt. (Vgl. Hamburger, Die unmittelbaren psychischen Folgen des Gebrauches der Papiermark in der Wirtschaft. »Praktische Psychologie«, 1922, 3. Heft.)
26 gaben fehlt in dem Kostenplan des A. f. w. F. die Angabe der Kostenart. Wir müssen daher diesen Plan ergänzen und als weitere Kostenart anführen: Aufwendungen für die Fabrikation laut Faktura anderer Firmen. Wir fassen darunter zusammen alle Aufwendungen, die unter den früher genannten Kostenarten keine Aufnahme fanden. Es kann erwogen werden, auch für diese Kosten an Stelle des tatsächlichen Monatswertes einen statistischen Mittelwert einzuführen, denn auch hier wird der Monatsbedarf außer Zusammenhang mit der Erzeugung sein und infolgedessen der Mittelwert der Wirklichkeit näher liegen als der Monatswert. Zudem ist die Aufstellung des Betrages an Fakturen-Eingänge gebunden, die durchaus nicht in dem Monat in Erscheinung treten, in dem die Aufwendung entstand. Gelegentlich der Betriebskontrolle werden wir uns erneut mit diesen Ausgaben zu befassen haben und die technische Verarbeitung der Unterlagen besprechen. Wir haben damit die G l i e d e r u n g der A u f w a n d s e i t e durchgeführt. Es haben sich dabei fünf Aufwendungsklassen ergeben mit einigen Unterabteilungen, sodaß wir folgendes Gesamtbild haben: 1. Über Hauptbuchhaltung: Gehälter, Steuern, Sachversicherung, Löhne (kontokorrentmäßig kontrolliert). 2. Über Lagerbuchhaltung: Fertigungsmaterial, Fertig bezogene Teile, Vorrätige Materialien und Kleinmaterial. 3. Über Betriebsstatistik: Betriebsmaterial und Büromaterial, Leistungen Außenstehender (soweit nicht unter obigen Aufwendungsarten). 4. Über Inventarkartothek: Amortisation (hiermit abgedeckt Erneuerung1). Vergleichen wir diese Aufstellung mit der Aufstellung der Kostenarten des A. f. w. F., so fehlen zunächst die Vertriebskosten insgesamt. Insbesondere 2 (Reisekosten), 5 (Postgebühren), 6 (Werbekosten). Transportkosten liegen, soweit es sich um eingehende Lieferungen handelt, auf den Preisen, soweit es sich um Ausgangstransporte handelt, gehören sie zu den Vertriebskosten. Die Selbstkosten sollen sich loco Fabrik berechnen. Die unter 8. aufgeführten Schutzrechte sind keine Kosten, sondern Kapitalteile und gehören daher auf die Inventarkartothek zwecks Tilgung. Die unter 10. angeführten Zinsen für das Betriebskapital führen uns auf ein Gebiet, über das schon alles Nötige in der Literatur gesagt ist. Wer ohne fremdes Kapital arbeitet, kann seine Kostenrechnung ohne Einbeziehung eines Kapitaldienstes aufstellen; bei ihm fließt Kapitalertrag und Unternehmergewinn zusammen. Wer mit fremdem Kapital arbeitet, wird dazu neigen, die Kapitalzinsen einzukalkulieren. Notwendig ist es durchaus nicht, denn als guter Kaufmann sucht jeder ohnehin x
) Verbesserung hingegen über Kapitalkonto als Kapitalzuwachs.
27 den bestmöglichen Verkaufspreis zu erzielen. Bleibt hierbei die Spanne zwischen Selbstkosten ohne Zinsen und Verkaufspreis hinter dem Zinsbetrag zurück, dann war dem auch nicht durch Einbeziehung des Zinses abzuhelfen. In diesem Falle würden die Selbstkostenpreise höher als die Verkaufspreise sein und infolgedessen ein Verlust an den Tag treten, der ebensogut gefunden werden kann, wenn man die Zinsensumme, die geschuldet wird, um den Bruttogewinn mindert. Wir müssen es daher offen lassen, wie ein jeder in dieser Frage zu entscheiden beliebt. Die Grundstücks- und Gebäudekosten sind in der obigen Aufstellung je nach der Entstehungsform der Aufwendungen getrennt aufgenommen. Die unter 12. angeführten Wagnisse und Ausfälle sind keine Kosten, die dem Fabrikate anhaften, sondern die eigentlichen kaufmännischen Verluste und m. E. vorweg von dem Gewinn abzuziehen. Selbstverständlich muß der Verkaufspreis so gestellt werden, daß solche Verluste aus dem Gewinn gedeckt werden können. Sollte dies nicht der Fall bzw. nicht möglich sein, dann hilft die formelle Einbeziehung in die Selbstkosten auch nichts. Zum mindesten ist es ein Schönheitsfehler, die Gestehungskosten mit diesen Verlusten zu verquicken. Wir schließen damit die Besprechung der Aufwendungsseite der Fabrikationsbilanz und wenden uns der Ertragsseite zu. 2. Die Ertragsseite. Wir müssen nunmehr der Summe aller Aufwendungen, die wir im vorangehenden Abschnitt zusammengestellt haben, die Erträgnisse gegenüberstellen. Während in bisherigen Darstellungen der Selbstkostenrechnung die Seite der Aufwendungen immer eine sorgfältige Darstellung gefunden hat, wurde die Nachprüfung der Richtigkeit dieser Aufwendungen nie bilanzmäßig versucht. Die Vorkalkulationen wurden mit den Nachkalkulationen fabrikatsweise verglichen. Die kaufmännische Hauptbilanz wiederum konnte nicht dazu dienen, irgendwelche Schlüsse auf die Fabrikationsbilanz zu ziehen. In der Hauptbilanz finden wir das Ergebnis der Einkaufstätigkeit, der Verkaufstätigkeit, der Produktion. Der Versuch der Ertragsbewertung, der nunmehr beschrieben werden soll, ist von mir in der Praxis mit gutem Erfolg durchgeführt. Es handelt sich in diesen Fällen Um Unternehmungen der Papiererzeugung und der Textilindustrie. Die Methode kann hier nur in den grundsätzlichen Zügen zur Darstellung gelangen. Methodisch soll dabei kein Dogma verfochten werden, und es muß für die Anpassung an die besonderen Verhältnisse einer jeden Industrie der nötige Spielraum bleiben. Es war daher das Grundsätzliche des Vorgehens vor allem herauszuarbeiten. Alle Einzelheiten über die praktische Durchführung sind nur als Anschauungsmaterial für die Illustrierung des Grundgedankens anzusehen. Wie wir für die Aufwandrechnung von einer Inventur, einer Bestandsaufnahme, ausgehen müssen, so werden wir auch für die Erträgnisse von einem Bestände ausgehen. Wir müssen an dieser Stelle späteren Ausführungen wieder etwas vorgreifen. Dergleichen ist unvermeidlich bei jeder systematischen Darstellung, denn ein System ist ein in sich geschlossenes Ganze, das sich selbst in seinen Teilen tragen soll. Die Darstellung eines solchen in sich ver-
28 knüpften Netzwerkes von Gedanken erfordert, daß wir an den wichtigen Verzweigungspunkten dem Faden bis zu dem nächsten Verknüpfungspunkte folgen oder ihn aus einer solchen Richtung herholen, sodaß wir unversehens in ein Gebiet hinübergleiten, das zunächst noch nicht ausführlich dargestellt werden kann. a) B e w e r t u n g d e r in A r b e i t b e f i n d l i c h e n W a r e n . Den Ausgangspunkt der Ertragsrechnung bildet die Bestandsaufnahme der halbfertigen Aufträge. Die Schwierigkeit, die sich hierbei ohne Weiteres ergibt, liegt selbstverständlich in der Bewertung. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten: die Bewertung kann entweder vorkalkulatorisch stattfinden oder nachkalkulatorisch. Vergegenwärtigen wir uns den Sinn einer solchen Entscheidung. Eine vorkalkulatorische Bewertung bedeutet: jeder Aufwand wird nach seinem kalkulatorischen Sollwert der Fabrikation fabrikatsweise gutgebracht. Somit der Materialwert nach dem Sollquantum, die geleistete Arb it nach der Sollzeit und nach dem Sollwert der Zeiteinheit. Entsprechend dürften in der späteren Fabrikation voraussichtlich entstehende Material- und Ausschußverluste n i c h t weiter berücksichtigt werden, denn diese Verluste liegen im Selbstkostenpreis einkalkuliert. Da bei der Fertigstellung des Fabrikats die Fabrikation mit dem Selbstkostenpreis erkannt wird, so hat dieses Verfahren den Vorteil für sich, daß ein jeder Betriebsmonat auf der Aufwandseite den tatsächlichen Gesamtaufwand nachgewiesen erhält bezw. die Bewertung des Eingangsbestandes eine Vorbelastung des beginnenden Monats darstellt, die genau den Anteil der vorherigen Zeit an der schon geleisteten Arbeit auf der Basis des Selbstkostenpreises enthält. Bauen wir auf dieser Bestandsaufnahme weiter, so müssen wir der Fabrikation im laufenden Monat alle ihre Leistungen zum vorkalkulatorischen Sollwert gutbringen. So einfach das theoretisch aussieht, so umständlich wird die Anwendung in der Praxis. Wie müßte der Werkstattsrapport aussehen, aus dem zu entnehmen ist, wieviel Arbeit geleistet wurde ? Handelt es sich um Teilfertigstellungen kleiner Serien oder leicht erfaßbarer Stückzahlen, dann ist die Entscheidung werkstattsweise leicht zu fällen. Handelt es sich hingegen um umfassende Arbeiten, so ist der Stand der Arbeiten gar nicht so leicht zu rapportieren. Außerdem verursacht die Bewertung eine nicht zu unterschätzende Rechenarbeit, selbst wenn wir uns aller Vorteile bedienen, die unser Verfahren gewährt und die an späterer Stelle noch zusammengefaßt werden sollen. Bei diesem Vorgehen würde nach Fertigstellung eines Fabrikats der auf den letzten Fabrikationsmonat entfallende Rest der vorkalkulatorischen Kosten gutgeschrieben, und damit würde der betreffende Auftrag für die Fabrikationsbilanzen seine Erledigung gefunden haben. Gehen wir nunmehr den anderen Weg, den der Bewertung nach nachkalkulatorischen Gesichtspunkten; d. h. wir belasten die Fabrikation auf Grund der Bestandsaufnahme mit dem tatsächlich auf den Auftrag entnommenen Material und den tatsächlich auf den Auftrag geleisteten Zeiteinheiten, allerdings nach dem vorkalkulatorischen Wert der Zeiteinheit. In diesem Falle werden wir auch bei Fortführung der Arbeit im folgenden Monat der Fabrikation die tatsächlichen weiteren Entnahmen an Material gutbringen, und ihr
29 die tatsächlichen weiteren Zeitleistungen zum vorkalkulierten Wert vergüten. Dies bedeutet, daß wir der Fabrikation einen Vorschuß geben in voller Höhe ihrer quantenmäßigen Leistung an Zeit und Material.. Dem gegenüber haben wir den Vorteil außerordentlich einfacher Rapporte. Wir können zu unserer Bilanz, soweit es sich um halbfertige Ware handelt, ohne weiteres die Rapporte verwenden, die wir zur Betriebskontrolle und Kalkulation gebrauchen. Die Tragweite dieser Entscheidung kann erst beurteilt werden im Zusammenhang mit der Endabrechnung des Auftrages. b) B e w e r t u n g f e r t i g g e s t e l l t e r W a r e n . Die Bewertung der fertiggestellten Ware geschieht auf jeden Fall zum vorkalkulierten Preis. Hat die betreffende Ware im Fabrikationsgang zuviel Material oder zuviel Zeit im Vergleich zur Vorkalkulation beansprucht, so hat dies zur Folge, daß die Fabrikation a conto dieser Gutschriften in der Bilanz ein zu günstiges Ergebnis erzielt hat. Da nun aber bei diesem Verfahren der Vorschuß auf die halbfertige Ware am Ende eines jeden Monats dem folgenden Monat zu Lasten vorgetragen werden muß, so wird in dem Monat der Fertigstellung der Gesamtverlust in Erscheinung treten. Um besser beurteilen zu können, wie sich die Verhältnisse bei dieser Ertragsrechnung gestalten, soll nunmehr das Schema einer solchen Abrechnung aufgestellt und diskutiert werden. Im Anschluß daran werden wir die buchmäßige Kontrolle der Abrechnung der Aufträge darstellen. c) S c h e m a
der E r t r a g s r e c h n u n g
und buchmäßigen
Kontrolle.
Zu Monatseingang in Arbeit befindlich: Wert Mk. ME (lt. Effektivaufwand) Hiervon bei Monatsausgang noch i. A. b. Wert Mk. MAj (lt. Eff.-Aufwand) Differenz ist der Wert des Teiles des Eingangs, der fertig geworden i s t . . . Mk. ME—MAj (lt. Eff.-Aufwand) Aus Monatseingang fertiggestellt: Wert Hiervon abgezogen, obige Differenz . . . Ergibt Gutschrift a conto d. h. erster Posten seite Im Monat angefangen und Im Monat angefangen und
Mk. F t (lt. Vorkalk.-Preis) Mk. ME—MAj (lt. Eff.-Aufwand)
Fertigstellung, der ErtragsE x = Fj—(ME—MAj) fertiggestellt . Mk. E 2 (lt. Vorkalk.-Preis) = F 2 nicht fertig . . Mk. E 3 (lt. Eff.-Aufwand) = MAa
Gesamtwert der Erzeugung
S = E 1 -j-E 2 -|-E 0 vorkalk.Preis Eff.-Aufwand Hieraus ergibt sich der Monatseingang des folgenden Monats: MA^MAa- Aus dieser Aufstellung geht hervor, daß die Über- oder Unterbevorschussung, die in dem Posten MA2 liegen kann, erst ausgeglichen wird in dem Monat, in dem diese Aufträge abgerechnet werden. Desgleichen wird eine Über- oder Unterbevorschussung in dem Wert MAj liegen können, soweit an diesen Aufträgen im Laufe des Monats weitergearbeitet wurde. Vom bilanztechnischen Stand-
30 punkt haben wir sonach die Möglichkeit einer Unter- oder Überbewertung. Fragen wir uns danach, wie groß dieser Fehler sein kann, so ist wohl zu berücksichtigen, daß es durchaus unwahrscheinlich ist, daß alle Aufträge überoder alle unterbewertet sind. Die Abweichungen werden sich großenteils gegenseitig aufheben. Handelt es sich aber um grundsätzliche Fehlkalkulationen, so wird ebenfalls eine recht weitgehende Kompensation automatisch stattfinden, da nämlich der Fehler sowohl im Monatseingang, wie im Monatsausgang enthalten sein wird. So kommt es in der Praxis dahin, daß Kalkulationsfehler, die selbst in der Höhe von 1 0 — 2 0 % liegen mögen, auf das Endresultat keinerlei wesentlichen Einfluß ausüben. Es ist sehr viel, wenn es sich um einen Fehler von 1 % handeln sollte. Nehmen wir noch dazu, daß dieser Fehler in den folgenden Monaten bei Fertigstellung der Aufträge eliminiert wird, so kommen wir zu dem Schluß, daß die Methode für die Praxis durchaus brauchbar ist. Die Unterteilung der Ertragssumme in der angegebenen Weise bietet einen weiteren Vorteil für die summarische Beurteilung der Fabrikation. Die Summe F 1 -|-F 2 belehrt uns über den Gesamtwert der fertiggestellten Ware zu vorkalkulatorischen Preisen, ein Betrag der für die Liquiditätsbeurteilung recht wesentlich ist. Ein Quervergleich der Summanden E l t E 2 E s in verschiedenen Monaten gibt einen Aufschluß über den fabrikatorischen Durchtrieb. Da von der Finanzabteilung im allgemeinen und besonders in Zeiten großer Geldknappheit Wert darauf gelegt wird, die einzelnen Aufträge schnell aufzuarbeiten, so wird der Posten E 3 = MA 2 zuzüglich MA 1 möglichst niedrig zu halten sein. Die technische Durchführung der Zusammenstellungen müssen wir zunächst noch zurückstellen, da die Einheiten, unter denen dies in einfachster Weise geschehen kann, noch nicht entwickelt sind. Man vergleiche hierzu den Abschnitt B. 3. »Der Begriff der Schleppereinheit«. Eine buchmäßige Kontrolle der Lückenlosigkeit unserer Aufstellung können wir indessen schon an dieser Stelle darlegen. Führen wir für jeden Auftrag das summarische Rohmaterialgewicht oder die summarische Rohmaterialmenge oder ein entsprechendes Maß der Rohaufwendung und tragen wir diese Kontrollzahl des Auftrags in unsere Aufstellungen ein, so muß die Gesamtaufstellung folgender Gleichung genügen: Kontrollsummenzahl ME -f- Kontrollsummenzahl E 2 + Kontrollsummenzahl E 3 = Kontrollsummenzahl ( F j 4 " F 2 ) - f Kontrollsummenzahl MA, in Worten: Das Rohgewicht des Monatseingangs vermehrt um das Rohgewicht der neu in Arbeit genommenen Aufträge muß gleich sein dem Rohgewicht der abgerechneten Aufträge + dem Rohgewicht bei Monatsausgang. Es ist hier nur das Prinzip der Doppelbuchungskontrolle sinngemäß mit anderen Maßeinheiten nutzbar gemacht. Bei manchen Spezialfabrikationen ermöglicht dieses Verfahren eine besondere quantitative Übersicht, sodaß hierin eine Organisationsmaßnahme zu erblicken ist. Dies liegt jedoch abseits von unserm Wege. Wir haben damit den Abschluß des ersten Teiles unserer Aufgabe erreicht: Die Aufstellung einer Fabrikationsbilanz zur Darstellung der Auskömmlichkeit unserer Selbstkostenpreise. Wir haben uns von dem Bestreben leiten lassen, die erforderlichen Unterlagen auf dem einfachsten Weg zu beschaffen.
31 Für die Aufwendungen kamen wir zu einer Zusammenfassung der Kostenarten nach den Quellen, aus denen sie fließen, eine Gliederung, die c!er organisatorischen Durchführung zustatten kommt. Wir waren gezwungen, dem Preisproblem die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden, und haben uns zu einer Methode entschlossen, welche die Fabrikationsbilanz von den Preisschwankungen unabhängig macht. Stellen wir die Gegenfrage, wovon sie denn nun abhängig sei, so lautet die Antwort: ausschließlich von dem technisch-fabrikatorischen Erfolg, von der tatsächlichen Ersparnis an Material und Zeit, und von der Ausschußquote. Wir haben bei der Ertragsseite in Kauf nehmen müssen, daß diese gegen die Fabrikation eine buchmäßige Nacheilung besitzt, wenn wir die Effektiv-Aufwendungs-B.ewertung für noch nicht fertige Aufträge einführen, und wir entschlossen uns zu diesem Verfahren in Ansehung seiner leichten Durchführbarkeit. Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß die. Betriebsbilanz in dieser Form immer noch währungsabhängig ist, sie wird daher nur solange unser Interesse haben, als die Währung quasi stationär ist. Nachdem wir aber dem Finanzmann seine Fragen beantwortet haben, wozu wir notwendig an die Währung gebunden waren, werden wir uns weiterhin in vollstem Maße von ihr loszulösen suchen. Die Fabrikationsbilanz umfaßt, wie wir gesehen haben, lediglich die Gestehungskosten der Herstellung, nicht aber die Kosten des Vertriebes. Der Hinzufügung der Vertriebskosten auf der Aufwendungsseite und der Erhöhung der Selbstkosten um irgendwelche entsprechenden Zuschläge steht selbstverständlich nichts, entgegen, doch möchte ich empfehlen, die Auskömmlichkeit der Zuschläge einer gesonderten Bilanz zu unterwerfen, cla sie mit der Fabrikation und ihren Selbstkosten organisch nichts zu tun hat. Überlegen wir etwas genauer, so liegt es auf der I-land, daß die in einem Monat entstehenden Vertriebskosten ohne jeden Zusammenhang mit dem fabrikatorischen Ergebnis des betreffenden Monats sind. Es ist in der Natur der Sache begründet, daß die Vertriebsaufwendungen zum größten Teil unabhängig von den tatsächlichen Aufträgen erfolgen, und insofern Zuschläge nur den Sinn einer bilanzmäßigen Statistik der Auskömmlichkeit haben können. Sind die Vertriebsaufwendungen für verschiedene Fabrikatsgruppen prozentuell verschieden hoch, so empfiehlt es sich, die hierfür erforderliche Statistik nach Fabrikatsgruppen getrennt zu führen, d. h. die Aufwendungen soweit als möglich zu trennen, was freilich nur zu oft auf unüberwindliche Schwierigkeiten und Weiterungen formaler Art führen wird, und diesen Aufwendungen die jeweils entsprechenden Zuschläge gegenüber zu stellen1). Wir werden im weiteren Verlaufe unserer Untersuchung uns nicht mit clen Vertriebskosten beschäftigen. Es dürfte indessen dem Leser keine Schwierigkeiten bereiten, den prinzipiellen Teil unserer Erkenntnisse auch etwaigen Untersuchungen über Vertriebskosten nutzbar zu machen. *) Über die Trennung nach Auftragsgrößen vergl. den Abschnitt B. 5 a. betreffend fixe Aufwendungen.
32
B. Die Ermittlung der Selbstkosten. Das historische Verfahren der Selbstkostenermittlung ging folgenden Weg: Dem Fabrikationsgang folgte in seinem zeitlichen Verlaufe die Rechnung auf dem Fuße, sodaß für jeden Teilprozeß der Fabrikation die Herstellungskosten aufgestellt wurden. Die einzelnen Summanden wurden durch die Nachkalkulation nachgeprüft und mit Hilfe der Nachkalkulation wurde festgestellt, ob das Fabrikat billiger oder teurer war, als die Vorkalkulation angenommen hatte. Das so gewonnene Ergebnis konnte späteren Vorkalkulationen nutzbar gemacht werden, indem man auf Grund der neuen Erfahrung einen anderen Selbstkostenpreis der Verkaufstelle als neue Vorkalkulation bekannt gab. Die Differenz zwischen einer jeweiligen Vorkalkulation und Nachkalkulation, das eigentliche Endergebnis der Rechnung, war hingegen ziemlich wertlos, sofern der Verkaufspreis schon vor Fertigstellung der Nachkalkulation verbindlich festgesetzt war. Die kontenmäßige Berechnung zwischen den einzelnen Betrieben führte dahin, daß jedes Fabrikat beim Eingang in einen und Ausgang aus einem Teilbetrieb nachkalkulatorisch bewertet und die Differenz der Teilbilanz des Betriebes nutzbar gemacht wurde. An späterer Stelle entstehender Ausschuß machte recht umständliche Korrekturbuchungen erforderlich, oder verschob das Ergebnis zugunsten d e r Abteilungen, in denen die Fehlerhaftigkeit festgestellt wurde, falls sie selbst an der Entstehung des Mangels unbeteiligt waren. Das Verfahren erfordert einen großen Arbeitsaufwand und führt zu einem Endergebnis, das in keiner Weise erkennen läßt, wo die etwaige Abweichung herrührt, die die Vorkalkulation von der Nachkalkulation unterscheidet. Der Selbstkostenpreis ist die Resultierende aus einer großen Zahl von Komponenten; daher wird eine sinnreiche Selbstkostenrechnung stets auf die Komponenten zurückgreifen müssen. Das historische Verfahren ist nun durchaus nicht dazu angetan, diese Untersuchung der Komponenten der Selbstkosten so einfach wie möglich zu gestalten. Es ist eben gebunden an Währungseinheiten und Herstellungabschnitte, sodaß das äußere Schema der Kostenrechnung den Anschein erweckt, als seien die Abschnitte mit ihren spezifischen Selbstkosten die Herstellungskomponenten. Die Tendenz, die Komponenten der Selbstkosten organisch zu erfassen, macht sich in der Praxis seit der Einführung der wissenschaftlichen Betriebsführung immer häufiger bemerkbar. Die stärkste Auswirkung in dieser Richtung hat die eingangs erwähnte, 1924 erschienene Schrift von F a u l e n b a c h zu Tage gefördert. Zur gleichen Zeit, während ich unabhängig und ohne von Faulenbachs Arbeit etwas zu wissen, in anderen Industrien das hier dargestellte Verfahren erprobte, wurde dort in der Textilindustrie ein Abrechnungsverfahren in die Praxis umgesetzt, das auf den gleichen Grunderkenntnissen zu beruhen scheint. Aus dem außerordentlich interessanten Material, das in Faulenbachs Schrift zusammengestellt ist, sehe ich mich bestärkt in der Annahme, daß die Zeit reif ist für den Aufbau eines Abrechnungsverfahrens, das aus den Erkenntnissen der rationellen wissenschaftlichen Betriebsführung entwickelt wird.
33 Faulenbach geht sogar noch einen Schritt weiter, als dies in dieser Darstellung geschehen soll. Er führt die Komponenten, die er in dem technischen Naturalsystem feststellt, untersucht und kontrolliert, nicht geradenweges nunmehr auf die währungsmäßige Einheit, sondern wählt als Hauptnenner wiederum eine technische Einheit. Er rechnet also in ein festes Maß technischer Art als Wertmaßstab um. Sein Verfahren ist dann berechtigt, wenn das technische Maß größere Konstanz hat als das Maß, das die Währung abgibt. Es erinnert an Roggenwährung und dergl. Ich habe davon abgesehen, eine solche Erweiterung darzustellen, da schließlich doch zu den Verkaufspreisen eine Beziehung gesucht werden muß und diese naturgemäß währungsmäßig sein muß. Für die Fabrikationsbilanz hat das Verfahren, über eine technische Währung zu rechnen, den Vorteil, daß der ganze Apparat unter einem Schlüssel gehalten werden kann. Die gekapselte Fabrikationsrechnung, auf technische Währung gebaut, ist dann nur für den in der Geldwährung lesbar, der den Umrechnungsschlüssel kennt. Man überschätze aber diesen Wert nicht, denn der Schlüssel ist nicht schwer zu finden. Etwas wichtiger ist es, daß durch die Währung in technischer Werteinheit ein Umdenken herbeigeführt werden kann, das anfangs vielleicht etwas unbequem ist, aber nachdem man sich einmal daran gewöhnt hat, ein sehr anschauliches Denken über Erfolge und Verluste ermöglicht. Der Ingenieur wird immer dazu neigen, einen Gewinn oder Verlust eine technische Größe umzurechnen, weil er sich diese leichter vorstellen kann als eine Geldgröße. Vielleicht liegt die Zukunft der Rechnung auf dem von Faulenbach beschrittenen Wege, im Augenblick müssen wir für die Allgemeindarstellung an der Währung wohl doch -noch, festhalten.
1. Die Komponenten der Selbstkosten. a) Die R o h s t o f f a u f w e n d u n g e n p r o f e r t i g e F a b r i k a t i o n s e i n h e i t . Man gewöhne sich nunmehr daran, nicht in dem kaufmännischen Wertmaß, sondern in dem technischen Naturalmaß die Begriffe zu fassen. Zur Fertigstellung eines beliebigen Artikels ist eine bestimmte Menge verschiedener Rohstoffe erforderlich. Als Rohstoffe begreifen wir alle Ausgangsmaterialien unseres Herstellungsprozesses, desungeachtet, ob sie schon irgendwelche Vorbearbeitung erfahren haben. In einem Strickereibetrieb sind es unter Umständen gefärbte Garne; in einer Maschinenfabrik fertig bezogene Gußteile, Normalprofile von Flußeisen, Schrauben, fertige Ventile und dergl.; in einer Papierfabrik handelsfertige Zellulose, Leimstoffe, Farbstoffe, Holzschliff, Hadern, Kaolin u. a. m. Es ist hierbei durchaus nicht notwendig, daß alle Rohstoffe in dem Fertigfabrikat nachgewiesen werden können. In der chemischen Industrie z. B., bei der Herstellung gummierter Artikel, gehört zu den Rohstoffen in der Regel ein Lösungsmittel, das im Herstellungsprozeß durch Verdampfen aus dem Fabrikat entfernt wird. In der Selbstkostenrechnung muß als erste Komponente der mengenmäßige Aufwand an Rohstoffen enthalten sein. Beziehen wir die Rohstoffaufwendung in Naturalmaß auf den Gehalt an Rohstoffen im Fertigfabrikat, so können wir daraus eine Selbstkostenkomponente ableiten, die R o h s t o f f a u s b e u t e . (Vgl. Abb. 1.) H a m b u r g e r , R a t i o n a l i s i e r u n g der Selbst k o s t e n e r m i t t l u n g .
3
34 Unsere Selbstkostenrechnung wird entweder direkt vön dem Rohstoffaufwand pro fertige Fabrikationseinheit ausgehen, oder von dem Gehalt an Rohstoff im Fertigfabrikat unter Berücksichtigung der Rohstoffausbeute.
gr/qm Abb. 1. Rohstoffkomponente. Maschinenausbeute in v H des Stoffeintrages, abhangig vom G r a m m g e w l c h t p r o qm.
b) Die Z e i t a u f w e n d u n g e n p r o f e r t i g e F a b r i k a t i o n s e i n h e i t . In der Zeitaufwendung, die an den einzelnen Arbeitsstellen aufgewendet wird, haben wir die zweite Komponente der Selbstkosten zu erblicken. Es ist für uns dabei durchaus nebensächlich, in welcher Weise wir die Arbeit vergeben,
>• Faser/änge Abb. 2. Zeitkomponente. Minutenzabi f ü r 100 l a u f e n d e Meter F e r t i g u n g , a b h ä n g i g von der FaserUnge.
ob in Akkord- oder Zeitlohn. Die Aufwendung in Zeiteinheiten ist die Grundlage. (Vgl. Abb. 2.) Der Stücklohn hat nur dann seine innere Berechtigung, wenn die Zeitaufwandsfrage gelöst ist 1 ). (Vgl. Abb. 3.) Der Zeitaufwand ist in diesem Sinne durchaus nicht gleichzusetzen mit der Arbeiterstundenzahl an dem betreffenden Herstellungsplatz. Sehr häufig wird die Zeiteinheit an ') Vgl. Abschnitt C 4.
35 der Beschäftigungsdauer einer Maschine mit irgendeiner Arbeit zu messen sein; diese Maschine erfordert vielleicht zu ihrer Bedienung eine Reihe von Arbeitern, z. B. die Walzenstraße. Oder wir haben die Zeiteinheit von dem Arbeitsplatz herzuleiten, etwa dem Prüfstand einer Motorenfabrik. Die Verteilung der Arbeitskräfte auf die Arbeitsstelle, den Träger der Arbeitszeiteinheit, kann auch umgekehrt gelagert sein, sodaß auf eine Reihe von Maschinen nur eine Arbeitskraft kommt. Grundsätzlich müssen wir daran festhalten, daß, wo eine Arbeit geschieht, gleichzeitig keine andere geschehen kann. Aus dieser Überlegung muß die Gliederung der A r b e i t s s t e l l e n hergeleitet werden und dementsprechend der Plan der Zeiteinheiten. Sofern eine terminmäßige Einteilung des Arbeitsplanes besteht, werden wir in der Regel die Zeiteinteilung in der für uns geeigneten Weise vorfinden.
Stck.
h
Grösse Abb. 3. Zeltkomponente. Hinutenzahl pro 1000 Stück Fertigung, abhlnglg von der GröOe (Stufenschelbendlagramm).
c ) Die d r i t t e K o m p o n e n t e der S e l b s t k o s t e n finden wir in den mittelbaren A u f w e n d u n g e n , die pro Z e i t e i n h e i t e r f o r d e r l i c h sind. Auch diese Aufwendungen sind Naturaleinheiten, zu ihnen gehören die Betriebsmaterialien, auch hier grundsätzlich nicht wertmäßig, sondern mengenmäßig erfaßt. Es gehört hierzu die Amortisation, d. h. der tatsächliche Verschleiß am Inventar. Hierzu gehören die Arbeitskräfte, die pro Zeiteinheit erforderlich sind. Nehmen wir als Beispiel eine Papiermaschine: Die Zeiteinheit ist die Papiermaschinenstunde. Zu den Aufwendungen gehört unter anderem je eine Stunde Papiermaschinenführer-Arbeit, eine Stunde Arbeit des ersten Maschinengehilfen, des zweiten Maschinengehilfen, des Aufpassers, des Jungen usf. Zu den Aufwendungen gehören anteilige Leistungen anderer Abteilungen, z. B. einer Transportkolonne. Auch hier suchen wir die Leistung so weit als irgend möglich im Naturalmaß zu erfassen. Als solches kommt z. B. in Frage die Zahl der Transportstunden, die auf eine Zeiteinheit, also auf eine Papiermaschinenstunde entfallen. Zu den Aufwendungen pro Zeiteinheit gehört der Dampfverbrauch und die Kraft für den Antrieb. Es ist durchaus denkbar, daß die Aufwendungen pro Zeiteinheit selbst wiederum Schwankungen unterliegen, die etwa daher rühren, daß Dampf oder Kraft pro Zeiteinheit je nach der zu leistenden Arbeit verschieden sind. Es ist lediglich die Frage des Genauigkeitsgrades
36 unserer Rechnung, ob wir hierauf Rücksicht nehmen wollen oder nicht. Die Entscheidung ist davon abhängig, wieviel Arbeit die Feststellung mit größerem Genauigkeitsgrad verursacht, und was-andererseits durch die größere Genauigkeit zu erzielen ist. Bleiben wir bei dem Beispiel der Papiermaschine. In neuerer Zeit haben sehr eingehende Studien über den Dampf- und K r a f t verbrauch von Papiermaschinen stattgefunden. Dieser ist unter anderm beispielsweise abhängig von dem Grammgewicht pro Quadratmeter der gearbeiteten Papiere. Wollen wir uns nun klar darüber werden, ob eine Differenzierung unserer Kalkulation nach dieser Richtung hin interessant ist, so müssen wir unterrichtet sein über den Anteil der Differenzierung an den gesamten Selbstkosten. Betragen z. B . die gesamten Kraftkosten (einschl. Dampf) pro Kilo Papier 10 % des Wertes desselben, und entfällt hiervon etwa die Hälfte, d. h. 5 % der Gesamtkosten, auf die Papiermaschine, sind die Schwankungen des K r a f t bedarfes j e nach der gearbeiteten Papiersorte 10 % , so würde sich aus diesen Zahlen ergeben, daß die Differenzierung der Kraftkosten nach dem Grammgewicht des gearbeiteten Papiers 6 % X 50 % X 5 % — 1,5 pro Mille des Selbstkostenpreises beträgt. E s ist nun durchaus unwahrscheinlich, daß sich die Arbeit zur Erreichung eines solchen Genauigkeitsgrades verlohnt. Andererseits ist aber sehr wohl denkbar, daß die Kontrolle des Kraftbedarfes eine Überwachung in Abhängigkeit von den Grammgewichten erwünscht erscheinen läßt. Des weiteren kann für die Entscheidung die Überlegung in Frage kommen, daß der vorübergehende Minderbedarf einer Maschine an der Kraftanlage kaum fühlbar sein wird und keinen entsprechenden Minderbedarf an Brennstoff zur Folge hat. W i r haben dieses Beispiel deshalb etwas ausführlicher durchgesprochen, um zu zeigen, wie die Erwägung derartiger Fragen in technologische und fachmännische Probleme hinüberführt, sodaß es unsinnig wäre, eine prinzipielle Lösung anzustreben. Sollte in einem ähnlich liegenden Falle die Differenzierung der Aufwendungen pro Zeiteinheit in Abhängigkeit von der Leistung gefordert werden, so müßte durch die ganze Kalkulation hindurch eine Klassifizierung der betreffenden Zeiteinheiten je nach der Arbeitsleistung stattfinden. Die Zahl der Zeiteinheiten soll in solchem Fall nicht nach der Arbeitsstelle benannt werden (Papiermaschinenstunden), sondern es muß ein Belastungsgrad angegeben werden. (Papiermaschinenstunde Klasse I : 8 0 % Belastung). S o kann es auch vorkommen, daß ein und dieselbe Maschine gelegentlich von einem besonderen Arbeiter bedient wird, bei anderer Arbeit wiederum mit noch anderen Maschinen zusammen von einem Arbeiter. Auch in diesem Falle müssen die Zeiteinheiten der betreffenden Maschine genauer benannt werden, da die Aufwendungen pro Zeiteinheit verschieden sind je nach der Beschäftigungsart, ebenso aber auch die Leistungen je Einheit. Da die Aufwendungen pro Zeiteinheit von der Betriebsleitung dauernd überwacht werden müssen, werden wir uns gelegentlich der Besprechung der Betriebskontrolle 1 ) noch ausführlich mit der Frage zu befassen haben. Vom Standpunkt dieser Kontrolle aus werden wir uns auch erneut mit den Zeiteinheiten pro Artikel zu beschäftigen haben, nur mit dem Unterschied, daß wir dann von der reziproken Größe, der Leistung pro Zeiteinheit, ausgehen werden. x)
Vgl. Abschnitt C 4.
37 d) B e s c h ä f t i g u n g s g r a d . Die Aufwendungen pro Zeiteinheit werden ihrerseits abhängig sein von dem Beschäftigungsgrad der einzelnen Teile der Anlage. Nur ein Teil der entstehenden Aufwendungen wächst proportional mit der geleisteten Arbeit. Ein anderer Teil hingegen stellt fixe Aufwendungen dar.
Z a / 7 / der Feieren Abb. 4. Z e i t k o m p o n e n t e in L e i s t u n g s d i a g r a m m dargestellt. Gewichtsleistung pro S t u n d e , abh&ngig von der Arbeitsbreite (Zahl der F a d e n ) . Leistungsziffern für normale A n f e r t i g u n g s g r ö ß e .
Die Folge hiervon ist, daß die Feststellung der Aufwendungen pro Zeiteinheit sich in fixe Aufwendungen und proportionale Aufwendungen gliedern wird. Die Kalkulation muß daher als weitere Komponente den Beschäftigungsgrad des in Frage stehenden Teiles der Anlage berücksichtigen.
A u f t r a g s g r ö ß e als S e l b s t k o s t e n k o m p o n e n t e . vH Ä n d e r u n g d e r Leistungsziffern a u s Abb. 4, in Abhängigkeit von der Anfertigungsmenge (Auftragsgröße).
e) Die unter a bis c genannten Selbstkostenkomponenten sind von einer weiteren äußerst wichtigen Komponente ihrerseits abhängig. Dies ist die A u f t r a g s g r ö ß e ; von ihr ist der Rohstoffaufwand und die Leistung pro Zeiteinheit in hohem Maße abhängig, aber auch die Aufwendungen pro Zeiteinheit werden durch ihren Anteil an Proportionalkosten (d. h. indirekt über die Komponente d)) durch die Auftragsgröße beeinflußt. (Abb. 4 u. 5.) Wir haben aus diesem Grunde die Auftragsgröße als weitere Komponente der Selbstkosten-
38 rechnung einzusetzen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß als Größe eines Auftrages die f a b r i k a t o r i s c h e Größenordnung der Anfertigung zu verstehen ist. Es ist sehr wohl möglich, daß kleine Bestellungseinheiten zu größeren Fabrikationseinheiten zusammengefaßt werden; und ebenso, daß größere Bestellungen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen in der Fabrikation auseinander genommen werden müssen. Die Selbstkostenrechnung hat von der fabrikatorischen Auftragsgröße auszugehen. f) Zu den bisher genannten Selbstkostenkomponenten tritt nunmehr der P r e i s . Der Preis hat zunächst für die innere Kalkulation den Zweck, die übrigen Komponenten miteinander vergleichbar zu machen, sie auf einen Hauptnenner zu bringen. Bliebe der Wert der einzelnen Komponenten und blieben ihre Bestandteile zu einander unverändert, so würde die Einsetzung der Preise
gr/qrn Abb G K o m p o n e n t e des Ausschusses A u s s c h u ß in v H des g e s a m t e n Q u a n t u m s , abhängig v o m G r a m m g e w i c h t pro qm
lediglich den oben genannten Zweck erfüllen. Da aber die Preise der einzelnen Aufwendungen im Verhältnis zueinander mit der Zeit schwanken, so wird auch diese Schwankung durch den Preis mit in die Kalkulation hineingetragen. Wir haben also auf der einen Seite Schwankungen in den Aufwendungen, auf der andern Seite Schwankungen in den Preisen, d. h. zunächst nur in dem Wertverhältnis der Aufwendungen zueinander. Kommt nunmehr noch hinzu, daß sich die Größe des Maßstabes, oder der Wert der Währungseinheit im Verhältnis zu den Aufwendungen ändert (Inflation oder Deflation), so wird auch dieser Einfluß mit den Preisen in die Selbstkostenrechnung hineingetragen. Aus dem eben Gesagten dürfte zwingend hervorgehen, daß unter Preis jedwede geldliche Bewertung einer Aufwendung zu verstehen ist. Somit z. B. Löhne und Gehälter als Preise für Arbeitskraft. In der Amortisation wiederum wird der Preis der Anlagen mittelbar enthalten sein usf. Das Ziel der Selbstkostenrechnung muß es sein, die drei Einflüsse, die sich nach der Preisberechnung zusammenfinden, voneinander isoliert zu erhalten. Wir müssen verlangen, daß die Aufwandskomponenten und ihre Änderung von den Preisänderun-
39 gen der Aufwendungseinheiten und von den Wertänderungen der Währungseinheit getrennt erfaßt werden, hierüber später mehr. g) Als letzte Komponente der Selbstkostenrechnung ist die A u s s c h u ß q u o t e anzuführen. Sie ist oft die wichtigste Unterlage zur genauen Ermittlung der Selbstkosten. Auch sie wird von der Auftragsgröße in vielen Fällen abhängen. Bei ihrer Feststellung ist zu berücksichtigen, daß die Ausschußware häufig einen Restwert besitzt, dessen Berücksichtigung erst eine endgültige Beurteilung des Fabrikationsausfalls ermöglicht. (Abb. 6.) Die Richtigkeit unserer Selbstkostenrechnung wird von der Richtigkeit der Feststellung der Komponenten abhängen.
2. KomponentenkontrQlle an Stelle der Nachkalkulation. Es dürfte ohne weiteres einleuchten, daß die Kontrolle der Komponenten eine viel geringere Arbeit verursacht als die Durchführung der Nachkalkulation. Außerdem aber führt uns die Kontrolle der Komponenten Fehler der Kalkulation unmittelbar vor Augen; haben wir aus der Kontrolle gesehen, daß die Vorkalkulation fehlerhaft war, so werden wir in Zukunft von den korrigierten Werten ausgehen. Zeigt aber die Kontrolle der Komponenten, daß die vorkalkulatorische Annahme richtig war, so erübrigt sich jede Rechenarbeit. Die Nachkalkulation nach dem historischen Verfahren wird abgelöst durch die Kontrolle, die die Fehler an der Quelle aufdeckt. Es wird auf diese Weise auch unmöglich, daß fehlerhafte Kalkulationen in den Komponenten übersehen werden, wenn sich verschieden gerichtete Fehler kompensieren. Dies wird von besonderer Wichtigkeit, sobald es sich darum handelt, einen neuen Artikel vorzukalkulieren, für den jedwede Unterlage fehlt (Modeartikel z. B.). Aus dem Kalkulationsmaterial der Komponenten wird sich diese Kalkulation so gut wie es nach Lage der Verhältnisse überhaupt möglich ist, aufbauen lassen. Wenden wir uns nunmehr kurz der Technik dieser Kontrollarbeit zu. Es handelt sich dabei um eine statistische Arbeit einfachster Art: Den Vergleich der kalkulatorischen Annahme des Sollwertes mit einem kalkulatorischen Istwert. Die Statistik muß für die einzelnen Komponenten gegliedert werden. Hierbei ergibt sich ein weiterer wesentlicher Vorteil aus der getrennten Behandlung der Komponenten. Was für die eine Komponente in eine Klasse gehört, kann bei der anderen Komponente in eine andere Klasse der Statistik eingereiht werden und umgekehrt. Wir sind also nicht darauf angewiesen, die Statistik der einzelnen Komponenten einheitlich zu gestalten. In manchen Fällen wird der Gliederungsgesichtspunkt von vornherein noch nicht zu Gebote stehen. Die Statistik selbst muß erst die richtige Gliederung aufzeigen. Auf diese Weise wird das Material, das wir zusammenstellen, die rationelle Betriebsführung unterstützen, und für die technische Leitung anregende und wissenswerte Aufschlüsse zutage fördern. Die Gesichtspunkte, von denen die Gliederung auszugehen hat, sollen und können nur von Fachleuten aufgestellt werden. Daher wird das Kalkulationsbüro in unmittelbarer Zusammenarbeit mit den Betriebsstellen die Komponentenermittlung und Kontrolle ausführen. Das ganze Material wird, wie wir im weiteren Verlauf dartun werden, ohne weiteres zur Betriebskontrolle benutzt werden können und in wesentlich schärferer Weise als bei dem „historischen" Verfahren zu einer genauen Kai-
40 kulation und straffen Überwachung führen. Wenn es auch nicht möglich ist, das Schema der Statistik in allgemeiner Form zu entwickeln, so soll doch der Versuch gemacht werden, an einigen Beispielen das Prinzip darzustellen. Die Kontrolle der Stoffausbeute wird zu gliedern sein nach Stoffsorten und innerhalb dieser nach technologischen Gesichtspunkten, wie z. B. Aufbereitungsart und Halbstoffklasse. In der Papierindustrie käme etwa eine getrennte Statistik nach Rezeptsorten in Frage, oder man könnte die Mahlungsverhältnisse im Holländer zugrunde legen. Des weiteren ist eine Gliederung nach Anfertigungsgrößen erforderlich, und schließlich nach Papierstärken. Bei einer Textilanlage wird die Stoffausbeute abhängig sein von den verschiedenen Garnarten, Wolle, Kunstseide usw., innerhalb dieser von Garnnummern; schließlich treten für gewisse Farben spezifische Verluste auf, die mit der Festigkeit des Garnes in engem Zusammenhang stehen. Auch die Partiegröße spielt hier eine wesentliche Rolle. (Vgl. Abb. 1, S. 34.) Die Zeitaufwendungen werden in den Leistungsziffern pro Zeiteinheit erfaßt. Bei einer großen Zahl von Maschinen sind hierbei die Laufgeschwindigkeiten maßgebend (vgl. Abb. 3, S. 35) und für diese wiederum technologische Gesichtspunkte, die uns der Fachmann angeben kann; so z. B. bei Trocknungsmaschinen die Trockenleistung. Unter Umständen spielen auch hier Materialsorten eine wichtige Rolle. Manchmal sind es Faserlängen (vgl. Abb. 2, S. 34), manchmal reine Festigkeitseigenschaften. Soweit es sich um Einrichtzeiten vor der Ingangsetzung handelt, können für die Statistik die Zeitdauern für die Einrichtung maßgebend werden. Man denke etwa an Automaten in der Metallverarbeitung. Die Statistik der Aufwendungen pro Zeiteinheit wird in einem Sonderabschnitt ausführlich besprochen werden. Im Zusammenhang damit stellt der Einfluß des Beschäftigungsgrades, dessen Besprechung wir daher ebenfalls zurückstellen müssen. Die Auftragsgröße übt ihren Einfluß stets indirekt über eine der vorbesprochenen Komponenten aus. Aus diesem Grunde wird sie als statistisches Problem erforderlichenfalls aufgenommen und das Ergebnis an entsprechender Stelle ausgewiesen. (Vgl. Abb. 4 u. 5, S. 37.) Der Ausschuß wird ebenfalls statistisch erfaßt. (Vgl. Abb. 6, S. 38). Ihm gleich zu setzen ist die Abfallstatistik, wie sie z. B. in der Konfektion für die Zuschneiderei zu führen ist, oder in der Stanzerei in ganz ähnlicher Weise. Der Ausschuß wird in vielen Fällen nach Stückzahlen zu ermitteln sein, der Abfall in Mengen- oder Flächenmaßen. Die Gesichtspunkte der Statistik sind hier häufig von der Formgebung abhängig oder von Qualitätssorten, da an die verschiedenen Qualitäten unterschiedliche Anforderungen bezüglich Fehlerlosigkeit gestellt werden. Auch Stoffqualitäten können in dieser Statistik noch von Bedeutung sein. Grundsätzlich wichtig ist die Feststellung, daß ein Fabrikat in verschiedener Hinsicht zu mehreren statistischen Klassen gehören kann und daß das Kalkulationsbüro die Rapporte der Werkstatt lediglich auf die Statistikblätter zu übertragen hat unter Gegenüberstellung von Sollwert und Istwert. Eine Mittelwertsrechnung belehrt dann über die mittlere Auskömmlichkeit der Kalkulation unter dem betreffenden Sortengesichtspunkt. Sind in einer solchen Statistik selbst bei guter Übereinstimmung der Mittelwerte starke Schwan-
41 kungen vorhanden, so ist zu untersuchen, ob ein weiterer sortenmäßiger Gesichtspunkt zwischen gleichliegenden Werten herauszufinden ist. Es ist selbstverständlich, daß hierbei die betreffenden Fachleute gehört werden müssen. Sie müssen untersuchen, ob die Schwankungen der einzelnen Werte auf Sortenunterschiede, Fabrikationsumstände oder unvermeidliche Schwankungen im Arbeitsgang zurückzuführen sind. Die Preiskomponente wird zweckdienlich von der Einkaufsstelle für den ganzen Bereich der Kalkulation überwacht. Änderungen, die an dieser Stelle auftreten, müssen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Kalkulation nachgeprüft werden und sollen, wie schon oben ausführlich dargetan, erst dann berücksichtigt werden, wenn eine Änderung der Materialmittelpreise erforderlich geworden ist. Eine Statistik über die Preise wäre in Form von Indexzahlen zu führen, bei der wir von einem Fabrikindex auszugehen haben, der uns die Preisbewegungen der hauptsächlichsten Aufwendungsbestandteile in ihrem Gesamtresultat vor Augen führt. 1 ) Der von uns eingeschlagene Weg ermöglicht es, die Kalkulationsfehler so rasch und klar wie nur irgendmöglich zu ermitteln, und da er unmittelbar auf die Daten der Fabrikation zurückgreift, ist er mit denkbar geringstem Arbeitsaufwand verbunden. 3. Der Begriff der Schleppereinheit. 2 ) Die gesamte Selbstkostenrechnung hat, von welchem Standpunkt wir sie auch immer betrachten mögen, das Ziel, entstehende Aufwendungen auf das Fabrikat zu übertragen. In dem ersten Abschnitt unserer Betrachtung haben wir die summarische Gegenüberstellung von Aufwendungen und Selbstkostenpreisen vorgenommen, ohne uns um die Einzelheiten der Übertragung zu kümmern. In dem zweiten Abschnitt haben wir dann versucht, die Komponenten der Selbstkosten grundsätzlich zu entwickeln und den Nachweis zu führen, daß die Kontrolle der Komponenten uns die Nachkalkulation erspart. Nehmen wir nunmehr an, die Komponenten seien soweit festgestellt, daß wir an die Aufstellung von Selbstkostenpreisen gehen können, so müssen wir uns über die Methode klar werden, nach der die Komponenten der Selbstkostenrechnung nutzbar gemacht werden sollen. Wir werden bestimmte Einheiten, die durch den Gang unserer bisherigen Betrachtung schon ziemlich klar herausgearbeitet sind, zu dem rechnerischen Transport der Aufwendungen auf das Fabrikat heranziehen. Wir geben ihnen den Namen S c h l e p p e r . Die wichtigsten Schleppepgrößen unserer Rechnung werden sein: Kilogramm und Zeiteinheit (etwa Stunde). Die gesamten Aufwendungen für einen Abrechnungszeitabschnitt müssen zu diesem Zweck auf Schleppersammeikarten zusammengeführt werden. Durch Division der gesamten Aufwendungen einer Schlepperkarte durch die auf sie entfallenden Schleppereinheiten ergibt sich der Aufwand pro Schleppereinheit. Andererseits ergibt die Multiplikation ') Vgl. A b s c h n i t t B 4. *) Diesen Begriff fand ich in der P a p i e r f a b r i k E i c h m a n n & Co. in Arnau vor und verwende ihn s e i t d e m mit M o d i f i k a t i o n e n , die seine allgemeine A n w e n d u n g ermöglichen.
42 der Wertzahl der Schleppereinheit mit der Aufwendungsziffer (an solchen Schleppereinheiten für ein Fabrikat) den Preis des Fabrikats. An einem Beispiel: Die gesamten Aufwendungen in einem Monat für eine bestimmte Maschinengattung werden zusammengestellt. Diese Zusammenstellung wird mit vorangegangenen Zeitabschnitten verglichen. Die kritische Bewertung des Ergebnisses ergibt einen Gesamtaufwand an Naturaleinheiten; die Preise für die Naturaleinheiten werden nunmehr eingesetzt. Hierzu nehmen wir den mittleren Beschäftigungsgrad der betreffenden Maschinengattung nach Zeiteinheit. Durch Division der Aufwendungen in die Zeiteinheiten erhalten wir den Preis einer Schleppereinheit. D i e s e r P r e i s d e r S c h l e p p e r e i n h e i t i s t d e r A n g e l punkt unserer Kalkulation. Er ist von jeder Seite der Komponentenkontrolle, wie wir sehen werden, zugänglich. Haben wir unseren Aufwendungen falsche Annahmen zu Grunde gelegt, so werden wir sofort nach Feststellung des Fehlers den Naturalwert auf der Schlepperkarte korrigieren können. Handelt es sich dabei um solche Aufwendungen, die starken Schwankungen unterliegen, so werden wir selbstverständlich warten müssen, bis unsere Erfahrung ausreicht, den tatsächlichen Aufwand festzustellen. Solange dies nicht möglich ist, wäre es Kraftverschwendung, nach irgendeiner Richtung rechnerisch herumzuexperimentieren. Während bei dem »historischen« Verfahren jede Zufälligkeit in die Rechnung einer bestimmten Fertigung einfließen kann, sind wir gegen den störenden Einfluß dadurch gesichert, daß wir nur dann eine Kalkulationsunterlage korrigieren, wenn wir einen Fehler erkannt haben. Man wende nicht ein, daß doch die unkorrigierten Fehler eine Gefahr für unser Geschäft mit sich brächten. Die Fabrikationsbilanz zeigt uns die Auskömmlichkeit unserer Preise in Bausch und Bogen; sollten wir im Ganzen zu niedrig oder zu hoch kalkulieren, so können wir uns zunächst mit einen Sicherheitszuschlag helfen, der unsere Fabrikationsbilanz in Zukunft ausgleichen soll. Eine KalkulationsU n t e r l a g e hingegen können wir erst dann verbessern, wenn wir einen neuen Wert als zutreffender gegenüber dem bisherigen erkannt haben. Sind die Fabrikationsmittelpreise abänderungsbedürftig, so wird ebenfalls die Korrektur am Schlepper vorgenommen werden können, ohne daß dadurch irgendwelche anderen Arbeiten erforderlich wären, als das Ausmultiplizieren der Schlepperkarten. Die Statistik des Beschäftigungsgrades wird nach Schlepperkategorien geführt. Die Einheiten dieser Statistik sind die effektiven Stundeneinheiten; hierbei ist es ganz gleichgültig, ob der Verbrauch an Einheiten höher oder niedriger als vorkalkuliert war. Z. B. eine Gruppe von Wirkmaschinen sei vorkalkulatorisch auf 1000 Nutzarbeitsstunden pro Monat eingeschätzt. Es werde ihr eine Arbeit zugewiesen, die einem vorkalkulatorischen Aufwand von 900 Stunden entspreche. Die Arbeitsleistung in dem Monat beziffert sich laut Bericht auf 950 Stunden. So ist diese Zahl 950 mit den Vormonaten zu vergleichen (selbstverständlich unter Berücksichtigung der Arbeitstagezahl bezw. Schichtdauer). Ergibt sich, daß die vorkalkulierte Zahl von 1000 Stunden pro Monat zu hoch war, so ist an deren Stelle die mutmaßlich richtige Zahl zu setzen. Die kalkulatorische Berichtigung besteht dann darin, daß der Summenaufwand der Schlepperkarte statt durch 1000 durch 950 zu dividieren ist.
43 Ganz unabhängig von dieser Korrektur der Schlepper kann die zugehörige Kontrolle der Zeitkalkulation geführt werden und auch hier können und müssen wir Erfahrungen sammeln, bevor wir eine Kalkulationsgrundlage umstoßen. Die Auftragsgröße, die in dem oben beschriebenen Sinne die Zeitkalkulation beeinflußt, wird in der Statistik der Zeitkalkulation Berücksichtigung gefunden haben 1 ). Sollte die Selbstkostenkomponente der Ausschußziffer verbesserungsbedürftig sein, so wird dies die Ausschußstatistik ergeben und der Kalkulation sortenmäßig nutzbar gemacht werden können, ohne im übrigen die Arbeit zu beeinträchtigen. Wir sind jetzt auch in der Lage, den Nachweis zu führen, daß die Mittelpreisfestsetzung für Betriebsmaterialien ebenso durchführbar ist, wie für Rohstoffmaterial. Wir beziehen uns auf den Abschnitt A) l c , Bearbeitung stark schwankender Aufwendungskosten. Wir führen nach der Methode der Mittelpreise die eingehenden Materialien über ein Zwischenkonto von den Einkaufspreisen auf die Magazinmittelpreise. Der Lagerbestand steht solange auf diesen Mittelpreisen, wie der Einkäufer sie für zutreffend hält. Die verbrauchten Utensilien werden über die Schlepper auf die Selbstkostenpreise des Fertigfabrikats verteilt. Infolgedessen sind in den Fertigpreisen die Materialmittelpreise ebenso enthalten wie die Rohstoffpreise. Bei Änderung der Mittelpreise ist ganz entsprechend der Änderung der Rohstoffpreise zu verfahren: Der quantenmäßige Buchbestand des Lagers muß einmalig umgestellt werden, und die Selbstkostenpreise der Schlepper müssen neu errechnet werden. Von dem gleichen Tage an werden die Lagerentnahmen zu den neuen Mittelpreisen abgerechnet, somit in der Fabrikationsbilanz zu den neuen Preisen belastet und über die umgerechneten Schlepper entsprechend zu den neuen Preisen entlastet. So ist auch für das Werkmaterial der Einfluß der Preise eliminiert, wenigstens hinsichtlich der Fabrikationsbilanz. Wir sind nunmehr auch in der Lage, den Weg anzugeben, wie die Fabrikationsleistung am Ende eines Monats über nicht fertiggestellte Ware zusammengestellt wird. Auf Grund der Fabrikationsberichte werden auf Aufwendungsblättern für jeden Auftrag im Kalkulationsbüro die tatsächlich gebrauchten Schleppereinheiten eingetragen. Aus der Kartothek dieser Blätter werden laufend die fertiggestellten Aufträge entnommen. In der Kartothek steht sonach der in Arbeit befindliche Auftragsstand. Aus diesem werden die in dem letzten Monat geleisteten Einheiten für jede Schlepperart zusammengestellt und addiert. Diese Arbeit ist denkbar einfach und kann selbst für ein sehr reichhaltiges Material in wenigen Tagen von dem Kalkulationsbüro durchgeführt werden. Die so entstehenden Summen werden mit dem Wert der Schleppereinheiten ausmultipliziert und geben offenbar den Gesamtwert der in Arbeit befindlichen Aufträge zum vorkalkulatorischen Schlepperpreis (laut effektiver Schlepperanzahl). Die Einführung des vorkalkulatorischen Schlepperpreises an dieser Stelle ist durchaus berechtigt, da er nach bestem Wissen zur Zeit des Abschlusses den Wert der Einheit darstellt. ') Vergleiche hierzu die theoretische Erörterung des Fixkostenproblems in dem folgenden Abschnitt.
44 Schon oben haben wir kurz erwähnt, daß es nicht notwendig ist, eine Stundeneinheit als Schlepper zu wählen. Besonders bei Nebenabteilungen, Veredlungsbetrieben, die einen sehr ungleichmäßigen Beschäftigungsgrad haben, wird man sich häufig veranlaßt sehen, die Kilo- oder die Stückzahl oder das Meter der verarbeiteten Ware als Schlepper zu nehmen. In der Rauherei z. B., einem Nebenbetrieb der Wirkerei, werden auf der Schlepperkarte wie gewöhnlich die Gesamtaufwendungen zusammengetragen. Die Grundlage der Rechnung bildete das Meter des gerauhten Stoffes. Es wurde daher monatlich die Gesamtzahl der Leistung in Metern ausgedrückt und durch Division der Preis des Rauhens von einem Meter ermittelt. Die Grundlage der Kalkulation, die Schleppereinheit, war dann der Preis des Rauhens eines Stückes von einem Meter Länge. Die Materialkalkulation kann unter Umständen ohne Preis durch die ganze Selbstkostenrechnung durchgeführt werden. Sie wird in diesem Falle rein quantenmäßig geführt. Der Verkaufsabteilung wird dann in der Vorkalkulation lediglich der Regiekostenbetrag angegeben und der mengenmäßige Aufwand an Rohstoff. Diese Methode empfiehlt sich dann, wenn sich das Fertigfabrikat aus wenigen Rohstoffbestandteilen zusammensetzt, diese aber starken Preisschwankungen unterworfen sind. Die Fabrikationsbilanz muß in diesem Falle auf eine Gegenüberstellung der Regie-Aufwendungen und der Regie-Selbstkostenpreise beschränkt werden. Als Ergänzung muß dann aber die mengenmäßige Auskömmlichkeit der Vorkalkulation nachgewiesen werden. Der mengenmäßige Unterschied ist dann zu den am Bilanztage gültigen Rohstoffpreisen zu bewerten und der Regie-Bilanz sinngemäß zuzuordnen. Es bleibt noch die Frage zu beantworten, wie oft bei dieser Methode Vorkalkulationen der Selbstkostenpreise auf Grund von korrigierten Komponenten stattzufinden haben. Die Beantwortung dieser Frage ist lediglich abhängig von der Genauigkeit, mit der man zu kalkulieren gezwungen ist, und dem Arbeitsaufwand, den eine solche generelle Vorkalkulation verursacht, insbesondere aber natürlich, von der Größe der Korrekturen, die sich als erforderlich erwiesen haben. Allzuhäufig werden die Korrekturen nicht stattfinden können, denn je älter die Erfahrungen sind, auf denen die Unterlagen beruhen, um so weniger wahrscheinlich wird es sein, daß sich schwerwiegende Fehler noch einstellen. Das gefährlichste Moment in dieser Beziehung sind die Preise. Diese können starken Schwankungen unterliegen, besonders wenn die Währung selbst in Unordnung gerät, bei Inflation und Deflation. Wir haben oben kurz erwähnt, daß zu den Aufwendungen, die wir auf den Schleppereinheiten eintragen, die Kosten gehören, die von einem indirekt für die Fabrikation tätigen Betriebe auf die direkt dafür tätigen zu übertragen sind. Auch diese Übertragung ist, wie ohne weiteres einzusehen, ein Schleppen. Nur tritt hier an Stelle des direkten Schleppens von den Aufwendungen auf das Fabrikat das indirekte Schleppen von Aufwendungen auf den direkten Schlepper. Die Hilfs- und Nebenbetriebe, die hier in Frage kommen, sind: Transport, Kraft, in eigener Regie betriebene Reparaturwerkstätten. Auch für diese Betriebe werden Schlepperkarten geführt; so etwa für die Schlosserwerkstatt ein Stunden-Schlepper, mit Hilfe dessen ausgerechnet wird, wie teuer eine Werkstattstunde zu stehen kommt. Die Verteilung wird
45 dann mit Hilfe eines Stunden-Rapportes vorgenommen. Für die Transportbetriebe können verschiedene Wege gegangen werden. J e nach der Organisation des Betriebes eignet sich die Stunde, das transportierte Gewicht (Umsatz in Kilogramm) oder ein Raummaß, etwa die verladenen Wagen, als Schleppereinheit. Die Kraftverteilung wird in der Regel als Schleppergröße eine Dampfmenge, eine PS-Stunde oder KW-Stunde nehmen. In manchen Betrieben, bei denen das Fabrikat alle Fertigungswerkstätten hintereinander durchläuft, genügt es, eine prozentuelle Verteilung der Kraft ein- für allemal festzulegen. Eine noch stärker vereinfachte Methode nimmt für die Kraft als Schlepper die Fertigerzeugung, was nur unter der Voraussetzung möglich ist, daß bei allen Fabrikaten sich der Kraftaufwand etwa proportional verteilt und eine Differenzierung die Selbstkosten nicht irgendwie wesentlich beeinflußt. Eine besondere Schwierigkeit bildet gelegentlich die Aufstellung der Schlepperkarte. Dies insbesondere dann, wenn die Krafterzeugung mit der Herstellung von Nebenprodukten verknüpft ist. Über die für die Verrechnung in diesem Falle wesentlichen Gesichtspunkte und die praktischen Möglichkeiten siehe die oben erwähnte Arbeit von B e s t e über »Verrechnungspreise in der Selbstkostenrechnung industrieller Betriebe« 1 ). Ähnliche Schwierigkeiten können übrigens auch entstehen, wenn die eigene Werkstatt für fremde Betriebe oder selbständig abrechnende Fabriken des eigenen Konzerns tätig ist. Bevor man aber große Arbeit an genaue Verfahren wendet, überlege man stets, wie stark das Ergebnis der Selbstkostenrechnung durch die methodische Verfeinerung der Abrechnung der Hilfsbetriebe beeinflußt wird, und ob diese Arbeit als lohnend angesprochen werden kann. Die Verrechnung der Aufwendungen für die verbleibenden Hilfsbetriebe: der Leitung des Unternehmens, einschließlich der Lagerverwaltung u. dgl. mehr, wird gelegentlich der Erörterung der Fixkosten behandelt werden. Ein Teil dieser Kosten kann unbedenklich über die Schlepper Verrechnung finden. Die grundsätzliche Bedingung hierfür ist, daß ein Träger gefunden wird, mit Hilfe dessen das Abschleppen der Kosten stattfinden kann, und als Voraussetzung davon, daß die Aufwendungen einigermaßen proportional mit der Schleppereinheit wachsen. Handelt es sich bei einem Hilfsbetriebe um feste Aufwendungen, die unabhängig von irgendwelcher Leistung an andere Abteilungen entstehen, so sind diese zweckmäßig als Hauptfixkosten zusammenzuführen. Die Verteilung dieser Hauptfixkosten ist lediglich bedingt durch den Beschäftigungsgrad des Gesamtunternehmens, und der naturgemäße Schlepper für diese Unkosten ist der Gesamtumsatz, sei es nun in gewichtsmäßigen, mengenmäßigen oder währungsmäßigen Einheiten.
4. Der Fabrikationsindex. Blicken wir auf den bisherigen Aufbau unseres Verfahrens zurück, so können wir die angenehme Zuversicht haben, daß selbst in Zeiten der Währungsschwankungen unsere Selbstkostenrechnung weitergeführt werden kann; nur müßten wir uns häufig dazu entschließen, die Schlepperkarten mit neuen
") A. a. O., S. 10 ff.
46 Preisen zu versehen und danach allerdings unsere gesamte Preisrechnung vorzunehmen. Um uns diese Arbeit zu ersparen, können wir den Weg der Indexrechnung beschreiben. Haben wir eine einheitliche Fabrikation, so können wir uns mit e i n e m Index für die ganze Fabrik behelfen, andernfalls müssen wir für verschiedene Fabrikatgruppen gesonderte Indexziffern aufstellen. Dies geschieht auf folgende Art: man entwirft ein Monatsfabrikationsprogramm für eine Fabrikatgruppe, und zwar stellt man zusammen: den gesamten Materialbedarf und alle erforderlichen Schlepperzahlen. Die Schlepper werden nach der vorkalkulatorischen Grundlage der Schlepperkarten ausgeworfen und hieraus die Gesamtaufwendung ermittelt, die das Fabrikationsprogramm erheischt. Eine solche Zusammenstellung sieht dann der Aufwandsseite unserer Fabrikationsbilanz durchaus gleich. Damit haben wir den Ausgangspunkt unserer Indexrechnung. Die einzelnen Bestandteile werden prozentual zur Gesamtsumme fixiert; die so gefundenen Vomhundertsätze werden mit dem Index der betreffenden Aufwendungsarten multipliziert und daraus als Mittel der Index für die Fabrikationsgattung gewonnen, für die die Zusammenstellung gilt. Als B e i s p i e l :
Art der Aufwendung
Teilbetrag
vom
Oesamtaufwand
33 000 Material A . . 27 000 Material B . . 6 000 Material C . . Lohn 15 000 3 600 Gehalt 1600 Werkmaterial. 2 000 Werkmaterial 13 000 Amortisation . Gesamtaufwand 100 000
Vom HundeTt des Gesamtaufwands
33 27 5 15 3,5 l,ö 2 13 100
Erhöhung von 100 auf
200 300 150 180 150 250 200 220 Gesamt
Ergibt Indexzahl
66 000 81000 7500 27 000 5250 3 760 4000 28 600 223 100
Hieraus ergibt sich also, daß die Fabrikationsgruppe eine Preiserhöhung von 100 auf 223 erfahren muß. Wird in dieser Weise mit allen Fabrikationsgruppen verfahren, so kann sozusagen täglich auf Grund der Teuerungszuschläge der Hauptsummanden der Gesamtzuschlag ermittelt und unbeschadet dessen die Fabrikationskalkulation weitergeführt werden. Es versteht sich, daß diese Indexrechnung überall da am Platze ist, wo die Mittelpreise starken Schwankungen unterliegen und man nicht geneigt ist, für jede Preisänderung die ganze Kalkulationsmaschine in Bewegung zu setzen. Die etwas mühsame Arbeit der Aufstellung des Aufwendungsplanes ist einmalig und, abgesehen von der Zweckdienlichkeit, in hohem Maße belehrend. Wir können nunmehr den Gang einer Kalkulation schematisch darstellen. Es ist hierbei gleichgültig, ob es sich um die Aufstellung der Kalkulation eines neuen oder schon gefertigten Fabrikates handelt. Die Selbstkostenkomponenten werden entsprechend den bisherigen Darlegungen so gut wir möglich zusammengestellt und dann nach folgendem S c h e m a gerechnet:
47 1. R o h s t o f f A
kg ä M
M.
»
B
» ä
»
»
»
C
Ȋ
»
»
Gesamtrohstoff A
B -f- G kg Summa . . . . . M.
eventuell bei x-prozentiger Ausbeute: (A + B + C) X 100 kg ä M hieraus Preis pro kg Rohstoff. 2. R e g i e von Schlepper a pro » b Fertigeinheit » c
Summa . . . M. Einheiten ä M » k * » ä »
M. » »
Gesamtregiesumme
M
3. A u s s c h u ß q u o t e y% auf Rohstoffproduktion ergibt: 100: (100— y) mal (Rohstoffsumme Regiesumme) = Selbstkosten ausschließlich Generalregie 4. G e n e r a l r e g i e z u s c h l a g (z%vom Wert) + (M fix pro Auftrag): (100 + z) 1100 mal obige Summe + (M fix): Auftragsgröße = Gesamtselbstkosten 1 ).
5. Theoretische Erörterung des Fixkostenproblems. Wir haben in der bisherigen Entwicklung des Verfahrens schon verschiedentlich Gelegenheit gehabt, das Problem der Fixkosten zu streifen. Die Trennung der Fixkosten und Proportionalkosten wird von den modernen Betriebswirtschaftern mit Recht in den Vordergrund der Betrachtung gestellt, seitdem S c h m a l e n b a c h 2 ) auf die Wichtigkeit ihrer Unterscheidung hingewiesen hat. a) F i x e A u f w e n d u n g e n . Fixe Aufwendungen in diesem Sinne sind Aufwendungen, die unabhängig von der Leistung einer Abteilung entstehen. Für die Kalkulation haben sie deshalb besondere Bedeutung, weil sie den Selbstkostenpreis in ihrem Anteil umgekehrt proportional zur Leistungshöhe beeinflussen. Im Rahmen unseres Abrechnungsplanes würden in jedem Schlepper fixe und proportionale Aufwendungen zu trennen sein, und der Anteil der Proportionalkosten müßte dann proportional mit den effektiven Schleppereinheiten pro Monat wachsen, während die Fixaufwendungen hiervon unabhängig verharrten. Besondere Schwierigkeit verursacht die Fixkostenrechnung bei der Berechnung der anteiligen Kosten gemeinschaftlicher Abteilungen. Es ist sehr schwer, zu ermitteln, in welchem Maße die Kraftaufwendungen proportional und in welchem ') In dem obigen Schema muß die Auftragsgröße, soweit sie die Stoffausbeute oder die Schleppereinheiten beeinflußt, in den entsprechenden Werten berücksichtigt sein. Der Einheitspreis für Rohstoffe ist aber der derzeit gültige Materialmittelpreis, der Einheitspreis für die Schleppereinheit der auf Grund der Schlepperaufwandsstatistik und der Aufwendungspreise derzeit gültige Schlepperpreis. *) S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g , Zeitschrift für hw. Forschung, Sept.—Dez. 1919, und seine dort zusammengefaßten früheren Veröffentlichungen zur Frage.
48 Maße sie als fix anzusprechen sind 1 ). Bei der Kesselanlage werden die Verluste, bei Maschinen die Leerlaufsarbeiten Fixaufwendungen sein, und die darüber gelagerte Nutzleistung als proportional anzusprechen sein. Nur in besonders günstigen Fällen wird es möglich sein, auf dem indirekten Wege aus den Leistungen und dem Kostenaufwand rückwärts den Anteil der Proportionalkosten festzustellen, wie dies Dr. B e s t e 2 ) in seinem Buch »Die V e r r e c h n u n g s p r e i s e i n d e r S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g i n d u s t r i e l l e r Bet r i e b e « vorführt. Wo dieser Weg gangbar ist, soll er sicherlich beschritten werden. Unser Verfahren setzt uns in die Lage, auch nach dieser Richtung hin die Monatswerte der Schlepper zu vergleichen und die fixen Anteile feste zustellen. Neben den fixen Kosten haben wir vornehmlich in den Reparaturaufwendungen umgekehrt proportionale Kosten, d. h. solche Aufwendungen, die zunächst in Korrelation mit geringen Leistungsziffern steigen. Diese Aufwendungen werden zweckdienlich über längere Zeit im Mittelwert festgestellt, wobei dann dieser Mittelwert als fixer Aufwand angesehen werden kann. Da unsere Schleppereinheiten auf Grund eines angenommenen mittleren Beschäftigungsgrades aufgestellt werden sollen, so hat dies zur Folge, daß die vorkalkulierten Preise bei übernormaler Beschäftigung überauskömmlich erscheinen werden, während bei schwacher Beschäftigung mangelnde Auskömmlichkeit in der Fabrikationsbilanz in Erscheinung treten wird. Dieser Umstand ermöglicht uns, auf dem Gebiet der Fixkosten in Zusammenhang mit der Bilanz in folgender Weise vorzugehen: Wir suchen aus den Fixkosten und dem Beschäftigungsgrad im Vergleich zur normalen Beschäftigung zu ermitteln, wie groß der bilanzmäßige Saldo infolge von Über- oder Unterbeschäftigung sein muß. Es werden bei a-prozentiger Überbeschäftigung a % der Fixkosten zuviel »geschleppt« werden. Stimmt unsere Fabrikationsbilanz mit dieser Zahl überein, so empfiehlt es sich, den Bilanzsaldo nicht in die Hauptbilanz zu übernehmen, sondern in eine »Konjunkturreserve« zu überführen. Kommen wir dann später in eine Zeit der Unterbeschäftigung, so werden wir auch den entsprechenden Verlust an zu wenig »geschleppten« Fixkosten auf dieses Konto übertragen und so buchmäßig die Konjunkturreserve aufzehren. *) Eine ziemlich eingehende Darstellung der hier behandelten Probleme der Aufwendungs-Fixkosten findet man in der » I n d u s t r i e b e t r i e b s l e h r e « von E. H e i d e b r o e k , im Abschnitt: Beziehungen zwischen festen und beweglichen Kosten. Heidebroek stellt das Problem in Zusammenhang mit den organisatorischen Maßnahmen zur Erreichung des erwünschten hohen Beschäftigungsgrades dar. Leider stammt ein großer Teil des angeführten Materials aus der Inflationszeit. Das Schwanken des Einflusses der festen Kosten ist in diesen Fällen nicht durch den Beschäftigungsgrad bedingt und gehört m. E. nicht zu dem Fixkostenproblem. Es hat vielmehr seinen Grund in der Verschiedenheit der I n d e x e n t w i c k l u n g von Proportional- und Fixkosten und diese ist offenbar zufällig. Es ist zu brücksichtigen, daß das Buch in der Inflationszeit geschrieben ist. So läßt es sich erklären, daß indexmäßige Betrachtungen in die Darstellung des Fixkostenproblems hineingeraten sind. Schließlich ist aber auch diese systematische Unschönheit bedingt durch das historische Verfahren, über die Währungseinheit abzurechnen und zu vergleichen. In einem späteren Abschnitt des gleichen Werkes wird das Problem an Beispielen behandelt. Hier setzt der Verfasser naturgemäß an Stelle der Währung das technische Maß und kommt zu typischen reziproken Kurven, die graphisch veranschaulicht werden. *) A. a. O., S. 10.
49 Diese buchmäßige Behandlung steht in bestem Einklänge mit unserer Festsetzung, daß der Beschäftigungsgrad, der unserer Vorkalkulation zugrunde liegt, erst dann abzuändern ist, wenn sich der angenommene >>Mittelwert« als falsch erwiesen hat. Es bleibt hierbei wiederum Sache der angestrebten Genauigkeit, ob die Fixkostenbestimmung für jeden Schlepper einzeln oder nur insgesamt geführt werden soll. Wir schaffen uns auf diese Weise die Möglichkeit, selbst starke Konjunkturschwankungen durch Zugrundelegung eines entsprechenden mittleren Beschäftigungsgrades in unsere Selbstkostenrechnung einzubeziehen. Bei der Festsetzung dieses Beschäftigungsgrades wird die Verkaufsstelle eine entscheidende Stimme zu führen haben. Sie hat kein Interesse daran, anders als nach bestem Wissen eine mittlere Beschäftigung anzugeben. Denn weder zu hohe, noch zu niedere Angaben werden das Kalkulationsergebnis in einer ihr erwünschten Weise beeinflussen. Bei Überschätzung des mittleren Beschäftigungsgrades würde sie zwar zunächst niedere Selbstkosten errechnet bekommen, jedoch bei schlechter Konjunktur eine Heraufsetzung der Preise erfahren, die ihr gerade in diesem Zeitpunkt höchst unerwünscht käme. Außerdem aber würde sie selbst für die Überschätzung des Marktes verantwortlich einzustehen haben. Bei dieser Gelegenheit soll die Verteilung der administrativen Aufwendungen besprochen werden. Die Verwaltung eines Industrieunternehmens wird zu einem wesentlichen Teil beansprucht durch die formelle Abwicklung der Aufträge. Je größer die fabrikatorischen Einheiten sind, um so niedriger werden die bezüglichen Aufwendungen werden. Es ist üblich, diese gewöhnlich unter den Generalunkosten enthaltenen Aufwendungen als Prozentzuschläge auf die Fabrikate zu verrechnen. Diese Verrechnung entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe daher versucht, der Wirklichkeit durch folgende Rechnung näher zu kommen. Nur ein Teil der administrativen Aufwendungen wird prozentuell, d. h. proportional zum Wert verrechnet. Der andere Teil (zur Not durch grobe Schätzung feststellbar) wird zu gleichen Teilen auf die Aufträge verteilt. Als Zahl der Aufträge gilt in diesem Sinne die Zahl der fabrikatorischen Herstellungsaufträge. Die Arbeit, die dieses Verfahren macht, ist äußerst gering. Nehmen wir etwa an, eine Fabrikation irgendwelcher Art betrage im Monat 2500000 kg, die mittlere Auftragsgröße sei 2500 kg, die administrativen Kosten seien M. 20000, somit M. 20 pro Auftrag. Wir setzen fest, die Hälfte dieser Kosten solle wertmäßig prozentuell zugeschlagen werden, die Hälfte solle pro Auftrag verrechnet werden; dann sind im Mittel pro 100 kg M. 0,40 zu verrechnen, pro Auftrag M. 10. Die Folge hiervon ist, daß auf einen Auftrag von 500 kg M. 12 entfallen, d. h. M. 2,40 pro 100 kg. Bei einem Auftrag von 20000 kg M. 90, somit M. 0,45 auf 100 kg. Nehmen wir an, der Preis für 100 kg sei M. 100, so werden auf diese Weise allein an dieser Stelle die Selbstkosten in Abhängigkeit von der Auftragsgröße nur durch die administrativen Kosten um 2% beeinflußt. Aber noch ein weiterer Vorteil ergibt sich aus dieser Rechnung. Nimmt die Auftragszahl zu, bei kleiner werdender Auftragsgröße, so wäre die Folge hiervon eine Zuvielverrechnung von administrativen Kosten, die sich in der H a m b u r g e r , Rationalisierung der Selbstkostenermittlung.
4
50 Fabrikationsbilanz ausdrücken müßte. Steigt die Auftragszahl in unserem Beispiel von 1000 auf 1250, so bringt dies einen kalkulatorischen Mehrertrag von M. 2500 pro Monat. Ein Teil dieses Mehrertrages wird für höhere Aufwendungen verbraucht, während ein Teil dadurch verzehrt werden wird, daß die Überlastung der Verwaltung die Gefahr von verlustbringenden Fehlern der verschiedensten Art entstehen läßt. Im umgekehrten Falle, bei Vergrößerung der Aufträge und Verminderung ihrer Zahl, wird ein Minderertrag erzielt, der teilweise durch Verminderung der Aufwendungen bilanziert werden kann, zum anderen aber durch Intensivierung der Tätigkeit der Verwaltungsorgane wieder hereingebracht werden sollte. Es sei bemerkt, daß die Größenordnungen unseres Zahlenbeispiels keine übertriebenen Demonstrationszahlen darstellen, sondern daß sie aus der Praxis entnommen sind. b) F i x z e i t e n . Die Idee der Unterteilung der Aufwendung in fixe und proportionale Anteile wird mit viel Erfolg auch in der Zeitkalkulation Anwendung finden können. Die Zeit, die für die Ausführung einer Herstellungsarbeit erforderlich ist, wird zweckmäßig zerlegt in eine Fixzeit und eine Proportionalzeit. Die Proportionalzeit soll hierin den Anteil darstellen, der pro Einheit (z. B. Stückzahl oder Länge) des Fabrikates aufzuwenden ist. Die Fixzeit bezeichnet im Gegensatz dazu die Zeitaufwendung, die auf Vorbereitung, Einrichten u. dgl. zu verwenden ist. Die gleiche Bedeutung, wie der Beschäftigungsgrad für die Fixaufwendung, hat die Auftragsgröße für die Fixzeit. In ganz ähnlicher Weise, wie P eis e r in dem schon erwähnten Schriftchen über den Einfluß des Beschäftigungsgrades auf die Selbstkosten stufenförmige Funktionen nachgewiesen hat, kann dies auch für die Auftragsgrößen geschehen. Untersuchungen in diesfer Richtung werden meines Erachtens in viel zu geringem Maße in der Industrie angestellt. Die Werkstätten vieler Unternehmungen werden von den Verkaufsabteilungen in äußerst schädlicher Weise mit Musteraufträgen und kleinen Gefälligkeitsanfertigungen für die Kundschaft belastet. Es soll gar nicht in Abrede gestellt werden, daß auch diese Arbeiten unumgänglich notwendig sind; jedoch erscheint es mir ebenso unumgänglich notwendig, den Kostenaufwand für diese Anfertigungen besonders zu ermitteln. Die Preisunterschiede in Abhängigkeit von der Auftragsgröße sind häufig so erheblich, daß sie. in die Größenordnung des normalen Verdienstes an dem Fabrikat hineinragen. Die Möglichkeit, diese Unterschiede zu ermitteln, besteht, wie wir schon weiter oben gesehen haben, in der Statistik, und unser Arbeitsverfahren führt uns notwendig zur Feststellung des Einflusses der Fixzeiten. Ein Beispiel mag dies erläutern. Wir wählen die Zeitkalkulation auf einer Raschel. Auf dieser Wirkmaschine wird dergestalt gearbeitet, daß zunächst nach dem Muster, das gewirkt werden soll, eine Steuerungskette gesetzt wird, die etwa die Aufgabe des Jacquardbandes am Webstuhl erfüllt. Diese Arbeit wird von dem Wirker meist selbst ausgeführt. Die Arbeit ist erforderlich für jedes Muster, das frisch auf die Maschine kommt. Dann erfolgt das Einfädeln der Kette. Diese Arbeit muß bei jeder neuaufgelegten Kette wiederholt werden. Dann kommt das Wirken. Die Leistung ist am besten durch eine Verbindung
51 von Maschenzahl in der Arbeitsrichtung und Maschendichte auszudrücken wobei auf die speziellen technischen Schwierigkeiten nicht eingegangen werden soll. Wir haben sonach pro Herstellungsgang einer fabrikationsmäßigen Einheit (Abb. 7) zunächst die Zeit für das Setzen der Steuerkette Zk; diese Zeit ist in unserem Sinne Fixzeit. Der zweite Bestandteil der Zeitkalkulation ist die Zeit für das Einfädeln und Einrichten des Kettbaumes. Sie kehrt für jeden Rettbaum wieder. Sie ist daher für die Gesamtzahl der Bäume proportional, für den einzelnen Baum fix. Man vergleiche die Beispiele von stufenförmigem Ansteigen der Kosten bei Kraftanlagen bei P e i s e r . Diese Zeit sei Zb\ die Zahl der Bäume sei i. Schließlich ist die Wirkzeit Zw die reine Proportionalzeit, die proportional der Stückzahl des Auftrages wächst. Wir können sie
A b b . 7. D a r s t e l l u n g der F u n k t i o n Ztot. F i x e (Zu), s t u f e n f ö r m i g e ( Z » ) , und proportionale ( Z , ) Z e i t a u f wendung g e t r e n n t d a r g e s t e l l t .
daher pro Stückzahl oder pro Länge oder pro Gewicht ausdrücken. Zur einfachen Darstellung wählen wir die Zeit pro Stück Za, Die Zahl der geforderten Stücke im Auftrag sei q. Dann ist die Gesamtzeit des Auftrages (vgl. Abb. 8) Ztot =
z
k +
Zb • i +
Zs
• q.
Nehmen wir an, daß aus einer Kette qb Stück entstehen werden, so ist q = q
h
•
i.
Daraus erhalten wir durch Division die vorkalkulatorische Zeit pro Stück (vgl. Abb. 9) z k a I : z
kal — — H