Quintus Smyrnaeus »Posthomerica« 1: Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie. Mit einem Kommentar zu den Versen 1-219 9783666252938, 9783525252932, 9783647252933


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Quintus Smyrnaeus »Posthomerica« 1: Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie. Mit einem Kommentar zu den Versen 1-219
 9783666252938, 9783525252932, 9783647252933

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Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben

Herausgegeben von Albrecht Dihle, Siegmar Döpp, Dorothea Frede, Hans-Joachim Gehrke, Hugh Lloyd-Jones †, Günther Patzig, Christoph Riedweg, Gisela Striker Band 183

Vandenhoeck & Ruprecht

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Silvio Bär

Quintus Smyrnaeus »Posthomerica« 1 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie. Mit einem Kommentar zu den Versen 1–219

Vandenhoeck & Ruprecht

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Verantwortlicher Herausgeber: Christoph Riedweg

Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Herbstsemester 2008 auf Antrag von Herrn Prof. Dr. Christoph Riedweg und Herrn Prof. Dr. Manuel Baumbach als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-25293-2 Hypomnemata ISSN 0085-1671

Umschlagabbildung: © akg-images. Achill tötet Penthesilea / griechische Vasenmalerei, Penthesilea-Maler, zwischen 470 und 450 v. Chr., Athen.

© 2009, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co.KG, Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Druck und Bindung: c Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt

Vorwort ................................................................................................. .

9

1. Einleitung zu den Posthomerica ................................................... ...

11

1.1

1.2

1.3

1.4

Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung.................

11

1.1.1 1.1.2 1.1.3

Name...................................................................... Herkunft ............................................................. ... Werkdatierung.................................................... ...

11 12 14

Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte ..... ...

23

1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4

Textüberlieferung und Wiederentdeckung ........ ... Editionen und Übersetzungen seit 1600 ............ ... Forschung seit 1800 ........................................... ... Die Qualitätsurteile der Neuesten Zeit...................

24 26 29 33

Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica ...... ....

36

1.3.1 1.3.2 1.3.3

Quellenforschung und Intertextualität ............... ... Bisherige Forschung .......................................... ... Sprache und Formgestalt der Posthomerica ...... ...

36 43 53

Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale: Quintus, der Epische Zyklus und die Zweite Sophistik........................

69

1.4.1 1.4.2 1.4.3

Die Poetik der Posthomerica ............................. ... Der Epische Zyklus................................................ Die Zweite Sophistik als Rezeptionshorizont der Posthomerica ............................................... ...

69 78

2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica ................................... ...

92

2.1

Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches............. 2.1.1 2.1.2

2.2

85

92

Aufbau und narrative Struktur ........................... ... 92 Inhaltsübersicht, gegliedert nach narrativen Einheiten ............... ..... 103

Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie ............................................. ..... 110

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6

Inhalt

3. Text und Übersetzung der Verse 1–219...................................... ..... 118 3.1 Zum griechischen Text..................................................... ..... 118 3.2

Text und Übersetzung ...................................................... ..... 120

4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219......................................................................... 136 Methodische Vorbemerkungen......................................................... 136 Verse 1–17 .................................................................................. ..... 138 Verse 18–32 ................................................................................ ..... 167 Verse 33–61 ................................................................................ ..... 195 Verse 62–85 ................................................................................ ..... 251 Verse 85–97 ................................................................................ ..... 291 Verse 98–117 .............................................................................. ..... 323 Verse 118–137 ............................................................................ ..... 362 Verse 138–160 ............................................................................ ..... 401 Verse 161–181 ............................................................................ ..... 444 Verse 182–204 ............................................................................ ..... 474 Verse 205–219 ............................................................................ ..... 506 5. Bibliographie............................................................................... ..... 528 5.1

Textausgaben, Übersetzungen, kommentierte Ausgaben ..... 528 5.1.1 5.1.2

5.2

Nachschlagewerke ........................................................... ..... 531 5.2.1 5.2.2

5.3

Quintus Smyrnaeus .......................................... ..... 528 Übrige .............................................................. ..... 529

Abgekürzt zitiert .............................................. ..... 531 Übrige .............................................................. ..... 531

Sekundärliteratur.................................................................... 533

6. Anhänge ...................................................................................... ..... 552 6.1

Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos.................. 552 6.1.1 6.1.2

Griechische Quellen (Auswahl)............................. 552 Lateinische Quellen (Auswahl)........................ ..... 556

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Inhalt

6.2

7

Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica ...... ..... 558 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4

Gesamtübersicht Ilias, Odyssee, Argonautica, Posthomerica ................................................... ..... Iteratverse in den homerischen Epen und in den Posthomerica ................................. ..... hapax und dis legomena in den Posthomerica ..... Adjektive, die 20x oder mehr in den Posthomerica vorkommen.....................................

558 558 560 580

7. Register ....................................................................................... ..... 581 7.1 Stellenregister................................................................... ..... 581 7.2 Namen- und Sachregister................................................. ...... 624 7.3

Griechische Wörter .......................................................... ..... 639

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Vorwort

Das vorliegende Buch ist die geringfügig überarbeitete Fassung meiner im Herbstsemester 2008 von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich auf Antrag der Herren Prof. Dr. Christoph Riedweg und Prof. Dr. Manuel Baumbach angenommenen Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde. Herr Prof. Dr. Christoph Riedweg hat mich seit meiner Studienzeit in alles anderer als selbstverständlicher Weise gefördert und ist meinem Wunsch, mich im Rahmen meiner Dissertation (wie auch bereits meiner Lizentiatsarbeit) mit dem ›schlechtesten Dichter des Altertums‹ zu befassen, mit grossem Interesse begegnet. Ihm verdanke ich mehr, als ich mit Worten auszudrücken oder in Fussnoten nachzuweisen vermag – mit seiner Fach- und Sprachkompetenz, seiner Detailtreue sowie seiner nie versiegenden Begeisterungsfähigkeit hat er zum Gelingen dieser Arbeit ganz Wesentliches beigetragen. Ebenso zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr. Manuel Baumbach, mit dem zusammenzuarbeiten ich seit Sommersemester 2005 das Glück und das Vergnügen hatte und der mich in der entscheidenden Phase der Doktorandenzeit wesentlich gefördert und weitergebracht hat. Seine zahllosen Verbesserungsvorschläge und Denkanstösse haben meine Arbeit entscheidend optimiert, und wenn ich mich zuweilen gegen seine Kritik gesträubt habe, so wohl häufig nur deshalb, weil sie meistens berechtigt war. Dank eines grosszügig gesprochenen Stipendiums des ›Schweizerischen Nationalfonds‹ (SNF) durfte ich das akademische Jahr 2006/07 am Corpus Christi College der Universität Oxford zubringen, wo ich die bisher schönste Zeit meines Lebens geniessen und von der Betreuung durch Prof. Ewen L. Bowie profitieren konnte, der mir wichtige Impulse zur Kontextualisierung der Posthomerica im Rahmen der Zweiten Sophistik gegeben hat. Frau Annina Naef hat mit grenzenloser Geduld das gesamte Manuskript eines Buches, das kaum jemand freiwillig in einem Stück geniessen wird, Korrektur gelesen und mich auf manchem blinden Fleck sehend gemacht. Herr Ulrich Seyfried hat mir trotz seiner intensiven beruflichen Belastung bei der nervtötenden Erstellung der Indices geholfen. Ohne sie beide wäre nichts geworden, wie es ist; dass allfällige noch verbliebene Fehler allein mir anzulasten sind, versteht sich von selbst.

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10

Vorwort

Ferner schulde ich Dank: Frau Nicola Dümmler, die im Anfangsstadium der Arbeit einige Kapitel Probe gelesen hat und mir wichtige Anregungen hat geben können; Herrn Lucius Hartmann, ohne dessen beispiellose ITKompetenz mehr als einmal gar nichts mehr gegangen wäre; Herrn Dr. Thomas Zehnder für seine technische Hilfe bei der Beseitigung von Druckfehlern; Herrn Dr. Christian Utzinger für die Übernahme des Beisitzes bei der mündlichen Doktorprüfung; Herrn Karl Sigwart, meinem ersten Lateinlehrer am Gymnasium, für den Funken, den es braucht, um ein Feuer zu entfachen. Über die Aufnahme der Arbeit in die Reihe ›Hypomnemata‹ freue ich mich ausserordentlich; dem Verlag ›Vandenhoeck & Ruprecht‹ und den Herausgebern sei dafür herzlich gedankt. In diesem Zusammenhang dürfen Frau Dr. Ulrike Blech und Herr Markus Eidt nicht unerwähnt bleiben: mit ihnen zusammenzuarbeiten war nicht nur angenehm, sondern nachgerade ein Vergnügen. Ebenso gereicht es mir zur Freude, dem Zürcher ›Fonds für Altertumswissenschaft‹ für seinen grosszügigen Druckkostenzuschuss zu danken – auch bei den Geisteswissenschaftern geht es nicht ohne Finanzspritze! Der letzte und grösste Dank gebührt jedoch weder der Wissenschaft noch den Geldgebern, sondern meinen Eltern: meiner Mutter Rosmarie Bär-Hess und meinem Vater Friedrich Johann Rudolf Bär († 2002); beide haben mich in allen Lebensphasen stets vorbehaltlos unterstützt und nach Kräften gefördert. Dass mein Vater die Publikation dieser Arbeit nicht mehr miterleben kann, mag für mich heute ein Wermutstropfen sein, doch tröstet es mich zu wissen, dass wir irgendwann alle wieder beisammen sein werden. Ihm sei darum dieses μικρὸν ἔργον in dankbarer Verehrung zugeeignet. S.B., im Spätsommer 2009

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1. Einleitung zu den Posthomerica

»Among the late Greek epic poets Quintus is by far the worst.« Lloyd-Jones (1969) 101.

1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung1 1.1.1 Name Über die Biographie des Quintus Smyrnaeus existieren keine gesicherten Daten und Fakten; sein römisches praenomen (in griechischer Umschrift i.d.R. als Κόϊντος wiederge geben) ist der einzige nicht-werkimmanente Anhaltspunkt. Die erste und einzige namentliche Erwähnung in einer antiken Quelle findet sich an zwei Stellen in der sog. visio Dorothei – d.i. ein auf einem nur fragmentarisch erhaltenen, ins ausgehende 4. bzw. beginnende 5. Jh. n.Chr. zu datierenden Papyrus (PBodm. 29) überlieferter Text christlichen Inhalts in daktylischen Hexametern, dessen Verfasser Dorotheos möglicherweise ein Sohn des Quintus war –, dort allerdings in der Form Κύϊντος.2 Hernach finden sich namentliche Erwähnungen unseres Dichters erst wieder in byzantinischer Zeit, zum ersten Mal bei Eustathios von Thessaloniki (1110–1198)3 sowie bei Johannes Tzetzes (1110–1180). Letzterer verwendet die Posthomerica für seine eigene hexametrische Nacherzählung des Troischen Krieges und weist diese durch Nennung ihres Autors einige Male ausdrücklich als Quelle aus.4 Ferner findet sich in einem Scholion der Genfer Handschrift (13. Jh. n.Chr.) eine explizite Bezunahme auf unseren Dichter als Κόϊντος ὁ ποιητής, Verfasser von τὰ μεθ᾿ ῞Ομηρον.5 Der Name Quintus an sich mag auf einen römischen Hintergrund hinweisen, doch 1

Die nachstehenden Ausführungen basieren weitgehend auf Baumbach / Bär (2007b) 1–8 sowie auf Bär (2007) 52–61. Auf diese Arbeiten wird im Folgenden in den Fussnoten i.d.R. nicht mehr gesondert verwiesen. 2 Zur visio Dorothei und ihrer Bedeutung im Zusammenhang mit Quintus s. Kap. 1.1.3. 3 Vgl. Vian (1963) VII Anm. 1 und James / Lee (2000) 3 Anm. 14 für die genauen Stellen. 4 Vgl. Vian (1963) VII Anm. 1 + 2 und James / Lee (2000) 4 Anm. 15 für die genauen Stellen. 5 Schol. Gen. Il. 2,119 Nicole: ἰστέον δέ, ὅτι ὁ ᾿Αχιλλεὺς αὐτὸν ἀναιρεῖ, ὡς ἱστορεῖ Κόϊντος ὁ ποιητὴς ἐν τοῖς μεθ᾿ ῞Ομηρον. »Man muss wissen, dass Achilleus ihn [= Thersites] umbringt, wie der Dichter Quintus in seinen Posthomerica berichtet.«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

zwingend ist dies nicht: Einerseits wäre als Parallele an Lukian von Samosata zu denken, der – obwohl nicht hellenischer Provenienz – sich die griechische Sprache so gut aneignete, dass er in der Lage war, darin literarische Texte auf höchstem Niveau zu verfassen;6 andere, ähnliche Beispiele stellen etwa Plotin (aus Ägypten?) oder Porphyr (aus Tyros) dar. Andererseits ist jedoch auch bekannt, dass gerade Angehörige der oberen Mittelschicht im Griechenland der Kaiserzeit ihren Kindern aus Gründen des politischen bzw. sozialen Aufstiegs öfters lateinische praenomina gaben.7 Der Name des Verfassers lässt also letztlich keine biographischen Mutmassungen zu.8 1.1.2 Herkunft Die Validität des Toponyms Smyrnaeus erweist sich bei genauerem Besehen als Potemkinsches Dorf, da es sich dabei lediglich um eine Extraktion aus dem einzigen Binnenproömium in den Posthomerica (Q.S. 12,306–313) handelt, in welchem das epische ›Ich‹ von sich behauptet, beim Schafeweiden »in Smyrnas Landen« die Musenweihe empfangen zu haben; vgl. Q.S. 12,308–310: ὑμεῖς γὰρ πᾶσάν μοι ἐνὶ φρεσὶ θήκατ᾿ ἀοιδήν, / πρίν μοι ἔτ᾿ ἀμφὶ παρειὰ κατασκίδνασθαι ἴουλον, / Σμύρνης ἐν δαπέδοισι περικλυ τὰ μῆλα νέμοντι. »Denn ihr habt mir die ganze Sangeskunst in den Sinn gelegt, noch bevor mir meine Wange ringsum den Bartflaum wachsen liess, als ich in Smyrnas Landen das vielberühmte Vieh weidete.« Die Musenweihe im Umland von Smyrna lässt sich unschwer als Verschmelzung zweier loci classici erkennen: des Topos der Hesiodeischen Musenweihe einerseits (vgl. Hes. Th. 22–28 – mit der Alexandrinischen Fussnote περικλυτὰ μῆλα [V. 310] verweist Quintus unüberhörbar darauf), der Tradition von Smyrna als Geburtsstätte Homers andererseits.9 Dadurch meldet unser Dichter auf poetologischer Ebene seinen Anspruch, ein Homerus novus / ein ἄλλος ῞Ομηρος zu sein, an – mehr noch, er geriert sich in gewissem Sinne als ›echter‹ Homer, d.h. der Rezipient wird dazu genötigt, im epischen ›Ich‹ / im impliziten Autor letztlich niemand anderen als ›Homer‹ zu erkennen und somit in den Posthomerica eine ›echte‹ Fortsetzung der Ilias 6 Vorausgesetzt, wir wollen Lukians ›autobiographischen‹ Angaben in seinen drei Schriften Somnium sive Vita Luciani, Apologia und Bis Accusatus Glauben schenken; vgl. Hall (1981) 1–63; Swain (1996) 298–312; Baumbach (2002) 20f.; von Möllendorff (2000) 9f. (mit Anm. 21 zu den verschiedenen Standpunkten in der älteren Literatur). 7 Vgl. Vian (1963) VIII; Rizakis (1996); James / Lee (2000) 5. – So auch schon Laskaris im Vorwort seiner Abschrift des Hydruntinus (H): Λατινικοῖς ὀνόμασιν ἐχρήσαντο [sc. die Griechen] τοὺς ἄρχοντας κολακεύοντες. 8 Vgl. Paschal (1904) 11 für weitere Spekulationen zur Herkunft. Er selber vertritt die These, Quintus müsse griechischer Muttersprache gewesen sein, aber römische Wurzeln gehabt haben. 9 Zu Smyrna als Geburtsstadt Homers vgl. Bär (2007) 53 (mit Stellenverweisen).

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

13

zu sehen.10 Was dagegen die Frage nach einer allfälligen autobiographischen Aussagekraft des Passus angeht, so ist festzuhalten, dass Quintus nirgendwo sonst in der Antike, sondern zum ersten Mal in byzantinischer Zeit, bei Tzetzes, als Σμυρναῖος bezeichnet wird11 – für eine antike Verortung unseres Dichters in Smyrna gibt es also keinen aussertextlichen Anhaltspunkt. Auch wenn der Aussage im Binnenproömium ein autobiographischer Zug nicht a priori abgesprochen werden kann, so scheint dies aufgrund der gegebenen Topikalität einerseits und der fehlenden nichtwerkimmanenten Evidenz andererseits doch eher unwahrscheinlich, zumindest aber methodisch unzulässig. Nimmt Tzetzes die Herkunft des Quintus aus Smyrna offenbar stillschweigend an, so geht später, im Jahre 1496, Konstantin Laskaris im Vorwort seiner Abschrift des verloren gegangenen Hydruntinus (H)12 aufgrund von Q.S. 12,310 explizit davon aus: ἔστι δ ὲ εἰκάσαι α ὐτὸν Σμυρνα ῖον γεγον έναι ἐκ τουτων ὶ τῶν ἐπῶν τ ῶν α ὐτῷ γε γραμμένων ἐν τῷ ιβ´ τῆς ἑαυτοῦ ποιήσεως, ἐν ᾧ ἐκ τῆς Σμύρνης τὰς Μούσας ἐπικαλεῖται. Es lässt sich vermuten, dass er ein gebürtiger Smyrnäer war aufgrund der folgenden Worte, die er selber in Buch 12 seines Gedichts schreibt, worin er die Musen aus Smyrna anruft.13

Die autobiographische Aussagekraft des Passus wurde in den folgenden Jahrhunderten grundsätzlich nicht in Frage gestellt – so konstatiert etwa Tychsen nach einer kritischen Besprechung des Binnenproömiums unmissverständlich, man könne ›aufgrund dieser Stelle auf jeden Fall darauf schliessen, dass Smyrna die Heimat unseres Dichters gewesen sei‹,14 und auch in der Neuesten Zeit äussert bspw. James die Auffassung, dass »Quintus’ location at Smyrna does not have the appearance of a purely literary element […] The insistent particularity of the topographic details would seem to lack point other than as a factual record.«15 Beizufügen ist ferner, dass die Bezeichnung Smyrnaeus zuweilen mit Calaber konkurrierte, wofür der Fundort des von Basilius Bessarion in den 1450er-Jahren im Kloster von San Niccolò di Casoli in Apulien entdeckten Hydruntinus ausschlag10 Zur impliziten ›homerischen‹ Autorschaft der Posthomerica im Kontext dieser und anderer poetologisch relevanter Passagen vgl. Kap. 1.4.1. 11 Vgl. Vian (1963) VII Anm. 2 (mit Stellenangaben). 12 Matritensis gr. 4686 (= q). Zur Handschriftentradition der Posthomerica und zu Laskaris’ Vorwort s.u. Kap. 1.2.1. 13 Es folgt ein Zitat von Q.S. 12,306–313. Laskaris’ Vorwort ist in voller Länge abgedruckt bei Köchly (1850) proleg. CXIf. (Zitat danach). 14 Tychsen (1807) XXV: »[S]altem ex isto loco licet colligere, Smyrnam fuisse patriam nostri.« 15 James (2004) XVIII. Gegen das Argument, die ›genaue‹ Landschaftsbeschreibung lasse auf Autopsie und Ortsansässigkeit des Dichters schliessen, vgl. Bär (2007) 54–57.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

gebend war (s.u. Kap. 1.2.1), dessen Region – Apulien wurde in der Antike Calabria genannt – man kurzerhand auch als Heimat des Dichters ansah. Die Bezeichnung Quintus Calaber blieb sodann bis ins 19. Jh. parallel neben Quintus Smyrnaeus gebräuchlich.16 1.1.3 Werkdatierung Wissen wir also über Herkunft und Namen letztlich nichts, so lassen sich bezüglich der Werkdatierung etliche Spekulationen anstellen. In den nachstehenden Ausführungen werden die in der Geschichte der QuintusForschung wichtigsten Datierungsansätze vorgestellt und diskutiert.17 Ging Laskaris aufgrund des römischen Namens von des Verfassers Zugehörigkeit in die Kaiserzeit aus, so kam Lorenz Rhodomann – der editor princeps, der den Text kritisch ›bereinigte‹ und 1604 mit einer lateinischen Übersetzung versehen herausgab (s.u. Kap. 1.2.2) – aufgrund sprachlicher Eigenheiten der Posthomerica zu einem ähnlichen Schluss. Ferner wies Letzterer auf zwei Passagen hin, die er mit der Kaiserzeit in Verbindung brachte: Bei der einen handelt es sich um ein Gleichnis, welches tödliche Kämpfe zwischen wilden Tieren und Sklaven, die von den herrschenden ἄνακτες zwecks Unterhaltung des Volkes organisiert werden, beschreibt;18 die andere ist eine Prophezeiung des Kalchas, in welcher dieser Aineias’ Schicksal als Gründer Roms voraussagt.19 Daraus zog Rhodomann den 16 Der Erstdruck der Bibliotheca Aldina (1505) wurde unter dem Titel Quinti Calabri derelictorum ab Homero libri XIV publiziert. Bereits Rhodomann jedoch hat in der praefatio seiner Ausgabe von 1604 klar erkannt, dass Calabria nur der (zufällige) Fundort, nicht jedoch die Heimat des Dichters sein konnte; gleichwohl hat er (möglicherweise auf Wunsch oder Druck des Verlegers?) seine Edition unter dem Titel ᾿Ιλιὰς Κοίντου Σμυρναίου; seu Quinti Cala bri Paraleipomena veröffentlicht. Vgl. Vian (1963) VIII; James / Lee (2000) 3; James (2004) XXI. 17 Zu Quintus’ Datierung vgl. in neuester Zeit James / Lee (2000) 4–9; James (2004) XVII–XXI; Gärtner (2005) 23–26. 18 Q.S. 6,531–536: τοὶ δ᾿ ἐν μέσσοισιν ἐόντες / στρωφῶντ᾿, εὖτε σύες μέσῳ ἕρκεϊ ἠὲ λέοντες / ἤματι τῷ ὅτ᾿ ἄνακτες ἀολλίσσωσ᾿ ἀνθρώπους, / ἀργαλέως δ᾿ εἰλῶσι κακὸν τεύχοντες ὄλεθρον / θηρσ ὶν ὑπὸ κρατερο ῖς, ο ἱ δ᾿ ἕρκεος ἐντὸς ἐόντες / δμ ῶας δαρδ άπτουσιν, ὅ τις σφί σιν ἐγγὺς ἵκηται. »Und diese [= die Atriden] streiften umher in der Mitte, so wie Schweine oder Löwen inmitten einer Umzäunung, an dem Tag, wenn die Herrscher Menschen versammeln und sie auf grausame Weise einschliessen und ihnen so ein schreckliches Verderben bereiten durch die starken, wilden Tiere, die sich innerhalb der Umzäunung aufhalten und die Sklaven zerfleischen, wenn einer ihnen zu nahe kommt.« – ἄναξ entspricht in der Kaiserzeit terminologisch dem lateinischen princeps, bezeichnet also in allgemeiner Weise einen Chefbeamten und speziell den römischen Kaiser; vgl. Mason (1974) s.v. ἄναξ. 19 Q.S. 13,336–340: τὸν γὰρ θέσφατόν ἐστι θεῶν ἐρικυδέι βουλῇ / Θύμβριν ἐπ᾿ εὐρυρέεθρον ἀπὸ Ξάνθοιο μολόντα / τευξέμεν ἱερὸν ἄστυ καὶ ἐσσομένοισιν ἀγητόν / ἀνθρώποις, αὐτὸν δὲ πολυσπερέεσσι βροτοῖσι / κοιρανέειν. »Denn es gibt einen Götterspruch, dass dieser [= Aineias] nach dem ruhmvollen Willen der Götter vom Xanthos zum breitstromigen Tiber gehen

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

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Schluss, dass Quintus ›unter römischer Herrschaft‹ (»sub Monarchia Romana«) gelebt und gewirkt haben musste.20 Zweihundert Jahre später konnte Gottfried Hermann aufgrund von Vokabular- und Syntaxanalysen überzeugend zeigen, dass der Text des Quintus mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Kaiserzeit gehört, jedoch aufgrund der Hexameterstruktur vermutlich jünger als die Dionysiaca des Nonnos von Panopolis (Mitte 5. Jh. v.Chr.)21 sein musste, da Quintus von dessen ›Metrikreform‹ offensichtlich noch unbeeinflusst war22 und sich im Wesentlichen nach den Gesetzmässigkeiten und Bauformen des ›alten‹ homerischen Hexameters richtet.23 Darüber hinaus gibt es genügend Hinweise darauf, dass Nonnos das Werk des Quintus kannte und rezipierte,24 so dass eine Datierung der Posthomerica vor die Dionysiaca als gesichert gelten darf. Ferner wurde argumentiert, dass Triphiodor – der Autor des Epyllions ᾿Ιλίου ἅλωσις – sich intertextuell auf Quintus beziehe,25 wodurch ein weiterer, relativ verlässlicher terminus ante quem gegeben wäre, da Triphiodor aufgrund papyrologischer Evidenz auf eine Zeit nicht später als das frühe 4. Jh. n.Chr. datiert werden kann.26 Am andern Ende des Spektrums liefern Oppians Halieutica, auf welche Quintus nachweislich mehrfach intertextuell Bezug nimmt,27 einen terminus post quem, ist doch das Werk Kaiser Mark Aurel und dessen Sohn Commodus gewidmet,28 deren gemeinsame Regentschaft in die Jahre 176–180 n.Chr. und eine Stadt gründen soll, eine geheiligte und von den künftigen Menschen bewunderte, dass er selber aber über die weithin verstreuten Sterblichen herrschen wird.« 20 Rhodomann (1604) praef. (unpaginiert). 21 Zur Datierung des Nonnos vgl. Vian (1976) IX–XVIII, der die Dionysiaca auf einen Zeitraum zwischen 450 und 470 n.Chr. eingrenzt. 22 Hermann (1805) passim (zusammengefasst bei Paschal [1904] 17–20). Vgl. allerdings den berechtigten Einwand von James / Lee (2000) 5, dass »[t]his consideration alone is insufficient to establish relative chronology«. Darüber hinaus ist grundsätzlich zu sagen, dass das Fehlen positiver Evidenz nicht zwingend ein Zeichen dafür sein muss, dass Quintus die ›Reformen‹ des Nonnos nicht gekannt haben kann – theoretisch wäre es ebenso denkbar, dass er mit diesen zwar durchaus vertraut war, sie jedoch absichtlich ignorierte (in diesem Sinne implicite schon von Christ II, 962). 23 Die einzige ›grosse‹ Ausnahme davon ist die Attica correptio, die Quintus entgegen homerischer Praxis sehr häufig zulässt; vgl. Paschal (1904) 18f. sowie den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη τε καὶ ᾿Αντάνδρη […] 24 Vgl. Whitby (1994) 114–118, Hadjittofi (2007) und Shorrock (2007). 25 Vgl. James / Lee (2000) 5 und James (2004) XIX; ablehnend Gärtner (2005) 25 (»gibt es kaum stichhaltige Argumente«). Allerdings überwiegen quantitativ diejenigen Forscher, die von einer zeitlichen Priorität des Quintus gegenüber Triphiodor ausgehen; vgl. die Überblicke bei Dubielzig (1996) 11 und Gärtner (2005) 25. 26 Es handelt sich um ein Textfragment auf einem Oxyrhynchos Papyrus (POxy. 2946), publiziert von Rea (1972). Vgl. auch Dubielzig (1996) 9f. (mit weiterführender Diskussion und Literatur), gemäss dessen Datierung Triphiodor »nicht später als im 3. Jh. gewirkt haben [kann]« (10). 27 Vgl. White (2002) 352f. und Kneebone (2007). 28 Vgl. Opp. hal. 1,3; 1,66; 1,70; 2,41; 2,683; 3,1; 4,5; 5,1; 5,45; 5,675. – Anzufügen ist, dass die beiden Regenten nie namentlich genannt sind, doch da an zwei Stellen (hal. 2,683 und 5,45) Vater und Sohn als gemeinsame Herrscher bezeichnet werden (»eine Konstellation, die allein auf

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fällt; infolgedessen muss es während dieser Zeitspanne entstanden sein, woraus sich wiederum ableiten lässt, dass Quintus’ Posthomerica auf eine Zeit nach 180 n.Chr. zu datieren sind. Darüber hinaus sind weitere Versuche einer genaueren zeitlichen Eingrenzung unternommen worden, doch mögen diese – dies schon vorweg – allesamt wenig bis gar nicht zu überzeugen. So hat man versucht, die beiden Passagen, deren Bedeutung für eine Grobdatierung in die Kaiserzeit bereits Rhodomann erkannt hatte (s.o.), weiter auszuschöpfen: Tychsen glaubte, in 325 n.Chr. einen terminus ante quem sehen zu können, da Gladiatorenkämpfe, wie sie in Q.S. 6,531–536 Erwähnung finden, im Römischen Reich in diesem Jahre verboten wurden.29 Gleichermassen hat man 330 n.Chr. als terminus ante quem verstehen wollen, weil damals Konstantinopel als neue Reichshauptstadt eingesetzt wurde und Rom ablöste, in Kalchas’ Prophezeiung jedoch Rom als künftige Kapitale genannt ist (Q.S. 13,336–340).30 Ferner behauptete Cantilena gar, die Posthomerica könnten nicht nach 248 n.Chr. abgefasst worden sein, und zwar wegen der Festivitäten zum tausendjährigen Bestehen Roms, die in Übereinstimmung mit der ›Vergil’schen Doktrin‹ von Romulus und Remus als Gründern und Ahnherren Roms abgehalten wurden, wohingegen gemäss Kalchas’ Prophezeiung vielmehr Aineias die »heilige Stadt« (ἱερὸν ἄστυ [Q.S. 13,338]) gründen sollte.31 Allerdings erweist sich m.E. keines der genannten Argumente als stichhaltig: In Gleichnissen spiegeln sich nicht gezwungenermassen die zeitgenössischen politischen Verhältnisse, und Gladiatorenkämpfe dürften noch lange nach ihrem offiziellen Verbot Bestandteil des kollektivkulturellen Gedächtnisses der Römer wie auch der Griechen gewesen sein, selbst wenn sie nicht mehr stattfanden. Desgleichen blieb die Vorstellung von Rom als Reichshauptstadt auch nach 330 n.Chr. als (literarischer) Topos lebendig32 – darüber hinaus wäre es aber auch denkbar, Kalchas’ Prophezeiung von der Gründung Roms durch Aineias als recusatio der gültigen ›Staatsversion‹ zu lesen, insofern als Quintus damit von der ›offiziellen‹, durch und seit Vergil sanktionierten Auffassung von der Gründung durch Romulus und Remus abweicht.33 Marcus Aurelius Antoninus zutrifft, welcher im Jahre 177 n. Chr. seinen Sohn Commodus zum Mitkaiser erhob«, Fajen [1999] VIII), kann die Identifikation als gesichert gelten und »sind die Halieutika vermutlich vor 178 vollendet worden« (ibid.). 29 Tychsen (1807) XXXf. 30 Vgl. Vian (1963) VIIIf.; James / Lee (2000) 5; James (2004) XIX. 31 Cantilena (2001) 55f. 32 Vgl. Tychsen (1807) XXX und Gärtner (2005) 24. 33 Vgl. Vian (1963) VIIIf.: »Quintus se sépare de la doctrine devenue officielle depuis Virgile : // il attribue à Énée non la fondation de Lavinium, mais celle de Rome elle-même, conformément à une tradition hellénique […]« Vgl. auch Cuypers’ (2005b) 607 These, dass »the large discrepancies between Q[uintus] and Virgil in story matter, and the scant evidence for allusion, are not the

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

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Des Weiteren hat Cantilena versucht, seine Theorie einer Datierung der Posthomerica ins frühe 3. Jh. n.Chr. mit folgender Hypothese zu untermauern: »[I] principali centri culturali, Atene e le città anatoliche protagoniste della seconda Sofistica, cedono il posto a Costantinopoli, Antiochia ed Alessandria. Dopo il 250 si assiste insomma ad una dislocazione dei poli della cultura greca. Io penso che sia molto più probabile a priori che un poeta epico della Smirne del III secolo […] abbia operato prima del 250.«34 Abgesehen von der problematischen autobiographischen Zuordnung unseres Dichters nach Smyrna (s.o. Kap. 1.1.2), ist eine solche Argumentation freilich viel zu vage – ähnlich wie die ›Gegenhypothese‹, Quintus dürfe nicht ins frühe 3. Jh. n.Chr. datiert werden, weil »Q[uintus] is not mentioned in a work that is remarkable for the richness of its information on the literary circles of Smyrna, Philostratus’ Lives of the Sophists«:35 Wir können in keiner Weise davon ausgehen, dass Philostrat in seinen Sophistenviten auch nur annähernd auf Vollständigkeit erpicht war – so ist mit Skopelian nur ein einziger Autor genannt, der sowohl Sophist wie auch Ependichter gewesen sein soll,36 während weder die beiden Oppiane noch etwa Lukian von Samosata überhaupt Erwähnung finden. Alles in allem können wir also festhalten, dass die Posthomerica grundsätzlich sowohl während der ersten wie auch während der zweiten Hälfte des 3. Jhs. n.Chr. verfasst worden sein können. Zu guter Letzt hat Dillon (1995) eine Datierung der Posthomerica in die Mitte des 4. Jhs. n.Chr. vorgeschlagen, und zwar aufgrund auffälliger Parallelen zwischen Quintus’ Frauenredepaar in der Mitte des ersten Buches (Q.S. 1,403–476) und einem Traktat des Neuplatonikers Theodor von Asine (ca. 275–360 n.Chr.) über die Frage nach der Gleichheit bzw. Verschiedenheit männlicher und weiblicher Tugend (fr. 40 Deuse). Jedoch vermag Dillons Annahme, Quintus’ Frauenredepaar sei auf den Einfluss jenes Traktats zurückzuführen,37 trotz der nicht-trivialen inhaltlichen Berührungsresult of ignorance but of a well-considered ‘political’ scheme to ignore the Romans’ national epic and supplant it with a Greek account of the end of the Trojan war, viewed from the Greek perspective«. Zur politischen Dimension der Posthomerica im Zusammenhang mit dem Topos von Troja als mythischer Präfiguration Roms vgl. Hadjittofi (2007). 34 Cantilena (2001) 55. 35 James / Lee (2000) 6. 36 Vgl. Philostr. VS 514–521. – Bowies (1990) Erklärungsversuch, weshalb »Scopelianus’ ‘Gigantias’ is our only trace of a sophist’s epic«, nämlich weil »the demands – and prizes – of successful declamation may not have been so obvious to Scopelianus as to a sophist a century later« (255f.), vermag nicht zu überzeugen. 37 Vgl. Dillon (1995) 34: »I am attracted by the possibility that Quintus was stimulated by Theodorus’ essay into introducing this amusing episode into his otherwise rather tedious and wholly traditional narrative. If we take this to be the case, it would serve to date Quintus a little more satisfactorily to the middle of the 4th Cent. A.D., besides providing what would surely be a unique case of influence by a philosopher on a poet in this period.«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

punkte zwischen den beiden Texten nicht zu überzeugen: Erstens scheint es aus methodischer Sicht prinzipiell problematisch, aufgrund einer einzigen Parallele zwischen zwei Texten völlig verschiedener Genera eine Datierung postulieren zu wollen. Zweitens dürften die beiden Texte wohl vielmehr Zeugnisse kontemporärer Diskurse über dasselbe Thema darstellen, die sich in zwei unterschiedlichen Textgattungen auf die ihnen jeweils eigene Art und Weise manifestieren, als dass sie voneinander abhängen müssen – zumal sie inhaltlich grossenteils platonisches Gedankengut portieren und in ihren Grundaussagen letztlich wenig originär sind. Drittens wäre m.E. – falls denn eine direkte intertextuelle Abhängigkeit unter allen Umständen postuliert werden sollte – die Möglichkeit einer umgekehrten Beeinflussung (d.h. Einfluss von Quintus’ Redepaar auf Theodors Traktat) theoretisch ebenso denkbar. Nebst all diesen wenig beweiskräftigen Eingrenzungsversuchen hat jedoch die sog. ὅρασις Δωροθέου (visio Dorothei) neues Licht nicht nur auf die Datierung, sondern auch auf die Rezeption, ja möglicherweise gar auf die ›Biographie‹ unseres Dichters geworfen. Das Trägermedium des Texts ist ein in nur verstümmelter Form erhaltener Bodmer Papyrus (PBodm. 29), der ins späte 4. bzw. frühe 5. Jh. n.Chr. gehört.38 Inhaltlich handelt es sich – soweit der aufgrund der Defektivität des Trägermediums nur fragmentarische Textzustand erkennen lässt – um den Bericht über die Vision eines Christen, abgefasst in 343 homerisierenden daktylischen Hexametern und von einem homodiegetischen Ich-Erzähler vorgetragen. Die Erzählung endet mit folgender Sphragis: τ έλος τ ῆς ὁράσεως Δωροθ έου Κυ ΐντου ποιητοῦ. Zwei Übersetzungsmöglichkeiten bieten sich an: (1.) »[Dies ist] das Ende der Vision des Dorotheos, [des Sohnes] des Dichters Quintus.« – (2.) »[Dies ist] das Ende der Vision des Dichters Dorotheos Quintus.« Da wir keine Berichte über einen anderen epischen Dichter namens Quintus in der Antike besitzen und da sich darüber hinaus in der Tat einige Idiosynkrasien zwischen der epischen Diktion der Posthomerica und der der visio feststellen lassen,39 ist wohl in beiden Fällen davon auszugehen, dass es sich bei Κύϊντος um unseren Dichter handeln muss. In erstgenanntem Falle wären wir mit Dorotheos, einem Sohn des Quintus, konfrontiert; in letzte38 Editionen: Hurst / Reverdin / Rudhardt (1984) (vgl. dazu auch die ausführlichen Rezensionen von Fantuzzi [1985] und Livrea [1986]) und Kessels / van der Horst (1987). Zur Datierung des Codex vgl. Kasser / Cavallo (1984) (»le Codex des Visions a été écrit au début du Ve siècle«, 117) und Kasser / Cavallo / Van Haelst (1991) (»de la seconde moitié du IVe siècle«, 124). Zu bedenken ist freilich, dass das Alter des Codex in Bezug auf das Alter des darauf geschriebenen Texts nur einen terminus ante quem darstellt. 39 Vgl. z.B. James / Lee (2000) 8f. Ähnliches gilt auch für das Hexametergedicht Πρὸς ᾿Αβραάμ, welches auf dem Bodmer Papyrus 29 auf die visio folgt und ebenfalls Dorotheos zugeschrieben wird; vgl. Livrea (1994). Vgl. ferner auch die Kommentare zu (188) καὶ δή μιν und zu (217) θάρσος ἄᾱτον mit Anm. 1726.

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

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rem jedoch wäre die Konsequenz, dass Quintus’ voller Name eigentlich Dorotheos Quintus gelautet und dass dieser sowohl ein paganes wie auch ein christliches Epos verfasst hätte, wodurch er sich in die Reihe der semipaganen / semi-christlichen Autoren der späteren Kaiserzeit einordnen würde und eine auffallende Parallele zu Nonnos, dem Verfasser der heidnischen Dionysiaca wie auch der christlichen Hexameter-Paraphrase des Johannes-Evangeliums, darstellte.40 Aller Attraktivität zum Trotz muss jedoch diese Hypothese verworfen werden, da sich in Vers 300 der visio eine weitere Namensnennung findet, in welcher sich das epische ›Ich‹ selber als ὁ Κυντιάδης Δωρόθεος anspricht, was unzweideutig »Dorotheos, Sohn des Quintus« bedeutet.41 Im Übrigen ist einzuräumen, dass die Textgestalt der visio etliche sprachliche und prosodische Mängel aufweist – so finden sich, um nur ein Beispiel zu nennen, einige Fälle von gekürztem -η- in der Wortmitte, was auf Einflüsse aus der gesprochenen Sprache schliessen lässt –,42 so dass es doch eher unwahrscheinlich scheint, dass es sich beim Verfasser dieses Texts und beim Autor der Posthomerica, der sein Handwerk tadellos beherrscht, um ein und dieselbe Person handeln könnte.43 Dahingegen scheint die erstgenannte Hypothese nicht a priori unwahrscheinlich, zumal die festzustellenden partiellen Ähnlichkeiten zwischen dem epischen Code der beiden Texte ein Vater-Sohn-Verhältnis der beiden Autoren zwar keineswegs beweisen, jedoch auch nicht in ihrer Plausibilität schwächen. Versuche, den neuen Dorotheos mit einer bekannten Persönlichkeit zu identifizieren, liessen sodann nicht lange auf sich warten. Im siebten Buch seiner Kirchengeschichte (historia ecclesiastica) erwähnt Euseb einen an-

40 Vian hat sich lange vor der Erstpublikation des Codex von der Möglichkeit dieser Gleichsetzung vereinnahmen lassen; vgl. id. (1976) XV Anm. 1: »Aux auteurs mi-païens mi-chrétiens […] il faut maintenant ajouter Quintus de Smyrne dont un papyrus inédit a révélé qu’il avait écrit un poème chrétien après sa Suite d’Homère […]« Einige Jahre später jedoch, nachdem er Dorotheos’ Text einer eingehenden Prüfung unterzogen hatte und dessen zahlreicher sprachlicher und prosodischer Mängel gewahr wurde, änderte er seine Meinung radikal und stellte sodann gleich jeglichen Zusammenhang zwischen den Autoren der Posthomerica und der visio in Abrede; vgl. id. (1985) 48: »[J]’ai peine à croire qu’il soit le fils de l’auteur de la Suite d’Homère.« 41 Die Schreibung Κυντιάδης bzw. Κύϊντος unterscheidet sich von der in byzantinischer Zeit üblichen Schreibweise Κόϊντος (s.o. Kap. 1.1.1), doch ist dieser Unterschied als unproblematisch bzw. trivial zu erachten, da beide Varianten lediglich verschiedene Arten der Wiedergabe des Halbvokals /∑/ darstellen. 42 Zu den sprachlichen und prosodischen Eigenheiten der visio vgl. Hurst / Reverdin / Rudhardt (1984) 36–42 (»un poète qui a lu beaucoup de poésie épique, mais qui ne pousse pas jusqu’aux raffinements d’un Quintus de Smyrne ou d’un Nonnos«, 42); Vian (1985); Rossi (2002). 43 Hingegen besteht selbstverständlich kein Grund, aufgrund der qualitativen Mängel der visio eine Beziehung zwischen Quintus und Dorotheos – bspw. ein Vater-Sohn-Verhältnis – a priori auszuschliessen, so wie dies etwa Vian getan hat (s.o. Anm. 40); ähnlich auch Livrea (1986) 688: »Sul piano linguistico, gli stupefacenti volgarismi prosodici, morfologici, sintattici e lessicali, mentre escludono che Doroteo sia il figlio di Quinto Smirneo […]«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

derweitig nicht bekannten Mann namens Dorotheos, der Priester in Antiochia und offensichtlich sehr gebildet war: Eus. Hist. Eccl. 7,32,2–3: τῆς ᾿Αντιοχέων ἐπισκοπῆς μετ ὰ Δόμνον ἡγήσατο Τ ίμαιος, ὃν ὁ καθ ᾿ ἡμᾶς δι εδέξατο Κ ύριλλος· καθ ᾿ ὃν Δωρ όθεον, πρεσβε ίου το ῦ κατ ὰ ᾿Αντιόχειαν ἠξιωμένον, λόγιον ἄνδρα ἔγνωμεν. φιλόκαλος δ᾿ οὗτος περὶ τὰ θεῖα γεγονώς, καὶ τῆς ῾Εβραίων ἐπεμελήθη γλώττης, ὡς καὶ αὐταῖς ταῖς ῾Εβραϊκαῖς γραφαῖς ἐπιστημόνως ἐντυγχάνειν. ἦν δ᾿ οὗτος τῶν μάλιστα ἐλευθερίων προπαιδείας τε τ ῆς καθ᾿ ῞Ελληνας οὐκ ἄμοιρος, τὴν φύσιν δὲ ἄλλως εὐνοῦχος, οὕτω πεφυκὼς ἐξ αὐτῆς γενέσεως, ὡς καὶ βασιλέα διὰ τοῦτο, οἷόν τι παρ άδοξον, αὐτὸν οἰκειώσασθαι καὶ τιμῆσαί γε ἐπιτροπῇ τῆς κατὰ Τύρον ἁλουργοῦ βαφῆς. Nach Domnos übernahm Timaios das Bischofsamt in Antiochia, den [wiederum] unser Zeitgenosse Kyrill ablöste. Während dessen Amtszeit lernten wir Dorotheos kennen, einen gelehrten Mann, dem das Priesteramt in Antiochia übertragen worden war. Da dieser ein Schöngeist war in den göttlichen Dingen, bemühte er sich auch um die hebräische Sprache, so dass er sogar die [Heilige] Schrift auf Hebräisch kundig lesen [konnte]. Und er gehörte zu den am edelsten gesinnten Personen, und es mangelte ihm nicht an der bei den Griechen [üblichen] Grundausbildung, doch bei alledem war er von Natur aus ein Eunuch, denn er war von Geburt weg [schon immer] so gewesen, so dass ihn deswegen sogar der Kaiser zu seinem Freund machte, da er ihn für etwas Besonderes [hielt], und ihn ehrenamtlich mit der Aufsicht über die Purpurfärberei in Tyros betraute.

Im achten Buch sodann begegnen wir einer zweiten Person desselben Namens: ein am Hof beschäftigter Christ, den man trotz seines Glaubens in Ruhe liess, der jedoch später den Christenverfolgungen unter Diokletian zum Opfer fiel und der offenbar einen gewissen Bekanntheitsgrad genoss: Eus. Hist. Eccl. 8,1,3–4: τί δεῖ περὶ τῶν κατὰ τοὺς βασιλικοὺς λέγειν οἴκους καὶ τῶν ἐπὶ πᾶσιν ἀρχόντων; οἳ το ῖς ο ἰκείοις ε ἰς πρ όσωπον ἐπὶ τῷ θε ίῳ παρρησιαζομ ένοις λ όγῳ τε κα ὶ βίῳ συνεχώρουν, γαμετα ῖς κα ὶ παισ ὶ κα ὶ οἰκέταις, μ όνον ο ὐχὶ κα ὶ ἐγκαυχᾶσθαι ἐπὶ τῇ παρρησίᾳ τῆς πίστεως ἐπιτρέποντες· οὓς ἐξόχως καὶ μᾶλλον τῶν συνθεραπόντων ἀποδεκτοὺς ἡγοῦντο οἷος ἐκεῖνος ἦν Δωρόθεος, πάντων αὐτοῖς εὐνούστατός τε καὶ πιστότατος καὶ τούτων ἕνεκα διαφερόντως παρὰ τοὺς ἐν ἀρχαῖς καὶ ἡγεμονίαις ἐντιμότατος, ὅ τε σὺν αὐτῷ περιβόητος Γοργόνιος καὶ ὅσοι τῆς αὐτῆς ὁμοίως τούτοις ἠξίωντο διὰ τὸν τοῦ θεοῦ λόγον τιμῆς. Was soll man über die [Leute] in den Kaiserpalästen sagen und über die, die über alle herrschen? Sie tolerierten [einst] die Mitglieder ihres Haushalts, die das göttliche Wort und einen [gottesfürchtigen] Lebensstil offen praktizierten – Ehepartner, Kinder und Bedienstete –, ja sie erlaubten ihnen beinahe, mit ihrer Glaubensfreiheit zu prahlen; sie hielten diese für ganz besonders und mehr willkommen als [deren] Mitbedienstete. So einer war der bekannte Dorotheos, der wohlwollender und loyaler

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

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gegenüber diesen [= seinen Herren] war als alle [anderen] und deshalb in ganz besonderem Masse höchst angesehen war bei den zivilen und militärischen Führungskräften, und mit ihm auch der weitherum bekannte Gorgonios und [alle] diejenigen, welche gleich wie diese der gleichen Ehre für würdig erachtet wurden wegen des Wortes Gottes. Eus. Hist. Eccl. 8,6,1: πάντων δὲ ὅσοι τῶν πώποτε ἀνυμνοῦνται θαυμάσιοι καὶ ἐπ᾿ ἀνδρείᾳ βεβοημένοι εἴτε παρ ᾿ ῞Ελλησιν ε ἴτε παρ ὰ βαρβ άροις, θε ίους ἤνεγκεν ὁ καιρ ὸς κα ὶ διαπρε πεῖς μάρτυρας τοὺς ἀμφὶ τὸν Δωρόθεον βασιλικοὺς παῖδας, οἳ καὶ τῆς ἀνωτάτω παρὰ τοῖς δεσπόταις ἠξιωμένοι τιμῆς γνησίων τε αὐτοῖς διαθέσει τέκνων οὐ λειπόμενοι, μείζονα πλοῦτον ὡς ἀληθῶς ἥγηνται τῆς τοῦ βίου δόξης καὶ τρυφῆς τοὺς ὑπὲρ ε ὐσεβείας ὀνειδισμούς τε κα ὶ πόνους κα ὶ το ὺς κεκαινουργημ ένους ἐπ᾿ αὐτοῖς πολυτρόπους θανάτους. Doch von all denen, die einst als bewundernswert und für ihre Mannhaftigkeit berühmt gepriesen wurden, sei es vonseiten der Griechen, sei es vonseiten der Barbaren, machte der Moment [= der Anlass der Christenverfolgungen] die kaiserlichen Sklaven rund um Dorotheos zu gotteswürdigen und herausragenden Martyrern, welche – obwohl sie von ihren Herren der höchsten Ehre für würdig erachtet und von ihnen wie deren eheliche Kinder behandelt wurden – die Schmähungen und Leiden wegen ihrer Frömmigkeit und die gegen sie neu eingeführten, mannigfaltigen Todesarten als den wahrhaftig grösseren Reichtum erachteten als den Ruhm und Luxus des Lebens.

Die Erstherausgeber der visio, Hurst / Reverdin / Rudhardt, vertraten die These, dass diese beiden Dorotheoi ein und dieselbe Person seien und selbiger Dorotheos seinerseits wiederum identisch mit dem Verfasser ebenjenes Texts sein müsse.44 Und da die Verfolgungswelle gegen die Christen unter Diokletian in die späten 290er-Jahre bzw. in die Zeit um 300 fällt, wären dann das literarische Wirken von Dorotheos’ Vater Quintus und somit die Entstehungszeit der Posthomerica etwa in die zweite Hälfte des 3. Jhs. n.Chr. zu setzen.45 Aufgrund folgender Überlegungen muss jedoch diese These zurückgewiesen werden: Erstens ist die Identität der beiden Dorotheoi bei Euseb zwar nicht auszuschliessen, kann jedoch keineswegs als erwiesen angesehen werden.46 Zweitens ist Dorotheos ein überaus häufiger Name in der 44

Hurst / Reverdin / Rudhardt (1984) 47–49. Vgl. Hurst / Reverdin / Rudhardt (1984) 48: »Père d’un homme qui fut prêtre vers 290 et mourut martyr sous Dioclétien, Quintus de Smyrne aurait parfaitement pu vivre vers le milieu du IIIe siècle […]« – James (2004) XXI sieht sodann die Identität der beiden Euseb’schen Dorotheoi als gegeben an: »The son’s career can be dated precisely by his wholly convincing identification with a Dorotheos mentioned several times in Eusebios’ Ecclesiastical History […] Accordingly the activity of Quintus can be securely dated in the second half of the third century A.D.« 46 Sie werden als zwei verschiedene Personen aufgeführt in PLRE I s.v. sowie im Glossarium von Williamson / Louth (1989). 45

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Gräzität jener Zeit, so dass eine Gleichsetzung zweier oder gar dreier Personen desselben Namens nur aufgrund ihres gemeinsamen christlichen Glaubens und Martyriums zu weit hergeholt scheint. Drittens mag man sich, falls es tatsächlich nur ›einen‹ Dorotheos gab, fragen, weshalb Euseb weder dessen literarisches Schaffen noch seinen schriftstellerisch tätigen Vater nennt – zumal er auf die exzeptionelle Bildung des ›ersten‹ Dorotheos ausdrücklich hinweist. Schliesslich darf nicht vergessen werden, dass weder der Inhalt der visio noch der im Werk genannte Verfassername zwingend für bare Münze genommen werden müssen – zumal der Text sich in einer spezifisch surrealen Sphäre bewegt und sich nicht den Anschein eines ›Realitätsberichts‹ (effet de réel) gibt, in jedem Fall aber betontermassen ein literarisches Erzeugnis darstellt (worauf die Form des Hexametergedichts äusserlich unmissverständlich verweist). Möglicherweise können wir in ›Dorotheos‹ (»Gottesgeschenk«) gar einen sprechenden Namen sehen – der Name des Erzählers und des realen Autors müssen nicht zwingend identisch sein.47 Aufs Gesamte gesehen, kann also der Umstand, dass (1.) die Gleichsetzung der ›zwei‹ bzw. ›drei‹ Dorotheoi, (2.) die Annahme eines Vater-SohnVerhältnisses zwischen diesem ›einen‹ Dorotheos und Quintus und somit auch (3.) die Datierung der visio ins späte 3. Jh. n.Chr. und (4.) die Datierung der Posthomerica in die zweite Hälfte des 3. Jhs. n.Chr. in der heutigen Forschung nachgerade als communis opinio gelten,48 eigentlich nur erstaunen. Die Möglichkeit, dass der visio-Dichter ein Sohn des Posthomerica-Dichters war, bleibt zwar bestehen, doch lässt sich der erstgenannte nicht mit Sicherheit identifizieren und datieren. Abgesehen davon, bieten sich m.E. für die Interpretation von Dorotheos’ Selbstbezeichnung als »Sohn des Quintus« auch Alternativen an: Κυντι άδης könnte theoretisch ebensogut als Papponym verstanden werden, Dorotheos könnte aber auch ›nur‹ ein Schüler des Quintus gewesen sein – oder schlichtweg ein gebildeter Grieche, ein Intellektueller, der sich mit seiner Sphragis in Quintus’ ›traditionalistische‹, dem homerischen Duktus verpflichtete ›Schule‹ einzuschreiben suchte.49 Jedenfalls ergibt sich, dass die visio Dorothei für die Datierung von Quintus’ Posthomerica im Endeffekt nicht mehr als einen

47 Für eine Nicht-Identität von Verfasser und Erzähler (bzw. explizitem und implizitem Autor) plädiert auch Gelzer (2002). 48 Vgl. Fantuzzi (1985) 186f.; Kessels / van der Horst (1987) 315–317; James / Lee (2000) 9; Schmiel / Garstadt (2000); James (2004) XXI; Cuypers (2005b) 606. Die hier vertretene ausdrückliche Zurückweisung der These findet sich vor Baumbach / Bär (2007b) 7 m.W. nirgends. 49 Vgl. Cuypers (2005b) 606 (meine Unterstreichung zur Hervorhebung): »The case for the identification of Dorotheus’ father with the author of the Posthomerica largely rests on verbal similarities that cumulatively present a reasonable argument for at least dependency from Q.«

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1.1 Name und Herkunft des Dichters; Werkdatierung

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terminus ante quem aufgrund ihres auf ca. 400 n.Chr. zu datierenden Trägermediums bietet. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass von sämtlichen referierten Datierungsversuchen und Argumenten nur die folgenden stichhaltig sein können: (1.) terminus post quem: Quintus > Oppian d.Ä. (d.h. post 180 n.Chr.); (2.) terminus ante quem: Quintus < Nonnos

(d.h. ante 450 n.Chr.);

(3.) terminus ante quem: Quintus < PBodm. 29 (d.h. ante 400 n.Chr.); (4.) terminus ante quem: Quintus < Triphiodor (d.h. ante 300 n.Chr.).

Fazit: Wir haben den Dichter Quintus Smyrnaeus und sein Werk Posthomerica ins 3. Jh. n.Chr., d.h. in den Grosszeitraum zwischen ca. 200 und 300 n.Chr., zu datieren. Stichhaltige Anhaltspunkte für eine spezifischere Eingrenzung existieren trotz gegenteiliger Behauptungen nicht.

1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte50 Abgesehen von der Tatsache, dass Nonnos von Panopolis Quintus’ Posthomerica kannte und rezipierte, und abgesehen von der Erwähnung unseres Dichters in der visio Dorothei, die möglicherweise mit einer verwandtschaftlichen oder Schüler-Lehrer-Bindung zwischen den beiden Autoren einhergeht (s.o. Kap. 1.1.3), lassen sich weder zeitgenössisch noch in der späteren Antike konkret fassbare Rezeptionszeugnisse eruieren. Ob die lateinischen Troja-›Novellisten‹ Dictys Cretensis (4. Jh. n.Chr.) und Dares Phrygius (5. Jh. n.Chr.) die Posthomerica rezipiert haben können, muss aufgrund der fundamental verschiedenen Werkparameter unbeantwortet bleiben.51 Die ersten namentlichen Nennungen des Dichters Quintus finden sich nach der visio erst wieder in byzantinischer Zeit: bei Johannes Tzetzes, bei Eustathios von Thessaloniki, und einmal in der Genfer Handschrift (s.o. Kap. 1.1.1). Worin auch immer jedoch Wirkungsintention bzw. -potential der Posthomerica bestanden haben mögen:52 Tatsache ist, dass das Epos die 50

Dieses Kapitel ist eine umgestaltete und erweiterte Fassung der Darstellung bei Baumbach / Bär (2007b) 15–25, auf die im Folgenden in den Fussnoten i.d.R. nicht mehr gesondert verwiesen wird. Zur Handschriftentradition vgl. Vian (1959b) (Zusammenfassung: id. [1963] XLV–LV); zu Überlieferungsgeschichte, Wiederentdeckung und Renaissance-Rezeption der Posthomerica v.a. James / Lee (2000) 1–4. 51 Posthomerica vs. Dictys und Dares = Griechisch vs. Latein; Hexameterpoesie vs. Prosa; ‘Homernachfolge’ vs. ‘Homerkritik’. – Zu Dictys vgl. die Monographie von Merkle (1989), zu Dares vgl. Beschorner (1992); zu beiden Autoren / Werken vgl. ausserdem Usener (1994c). 52 Vgl. dazu meine Thesen in Kap. 1.4.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Zeiten überdauert hat und tradiert wurde, dass also eine – wie auch immer geartete – Rezeption stattfand und dass der Text ein – worin auch immer sich manifestierendes – ›öffentliches Bedürfnis‹ zu erfüllen schien. 1.2.1 Textüberlieferung und Wiederentdeckung Zur Handschriftentradition als solcher ist Folgendes festzuhalten: Der Text der Posthomerica ist uns in gesamthaft ca. zwanzig (teils vollständigen, teils partiellen) Manuskripten überliefert. Beachtenswert ist hierbei, dass in dreien davon der Text des Quintus zwischen Ilias und Odyssee steht,53 was als Hinweis darauf gedeutet werden kann, dass die Posthomerica (zumindest teilweise) offenbar nicht primär ihres literarischen Gehalts oder ihrer künstlerischen Vollkommenheit wegen tradiert wurden, sondern aus Gründen der Praktikabilität, d.h. da man durch diese Anordnung die Geschichte des Troischen Krieges als Ganzes kompakt beieinander hatte; gleichzeitig jedoch mögen wir darin auch ein Indiz dafür erblicken, als in welch hohem Masse ›homerisch‹ man den Text, den Duktus, die Sprache des Quintus tatsächlich empfunden haben mag. Stemmatisch gliedert sich die Handschriftentradition in zwei Klassen, deren Prototypen heute beide verloren sind: ein Subarchetypus (Y) und ein Hydruntinus (H), die ins 14. Jh. datiert werden; beide gehen zurück auf einen ebenfalls verlorenen Archetypus (Ω), der seinerseits ins 13. oder 14. Jh. gehört. Zwei der erhaltenen Codices – ein Parrhasianus (P) und ein unvollständiger Monacensis (M) – stammen von Y, der Rest von H ab. Die Geschichte der Wiederentdeckung und ›Renaissance‹ der Posthomerica beginnt mit der Auffindung des Codex H durch den byzantinischen Gelehrten und Kardinal Basilius Bessarion (1403–1472) zwischen 1453 und 1462 im Kloster von San Niccolò di Casoli in Apulien (was auch dazu führte, dass man Quintus während Jahrhunderten aufgrund des Fundorts fälschlicherweise als Calaber bezeichnete; s.o. Kap. 1.1.2). Zu den in der Folge entstandenen Abschriften gehört auch eine im Jahre 1496 angefertigte Kopie von der Hand des byzantinischen Emigranten Konstantin Laskaris (1434–1501),54 der im begleitenden Vorwort nicht nur die Umstände, die zu Bessarions Fund führten, darlegt sowie Überlegungen zu Name, Datierung und Herkunft des Dichters anstrengt (s.o. Kap. 1.1.2), sondern auch über dessen poetische Fähigkeiten reflektiert: 53 Vindobonensis Phil. gr. 5 (R); Cantabrigiensis, Coll. Corp. Christi 81 (C); Marcianus gr. Z 456 (V); vgl. James / Lee (2000) 1 mit Anm. 3. 54 Matritensis gr. 4686 (= q); vgl. Vian (1959b) 32–41. – Zu Laskaris’ Leben und Wirken vgl. die Monographie von Martínez (1994).

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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ποιητὴς ἄριστος ἐγένετο κα ὶ μέγιστος ζηλωτ ὴς το ῦ ῾Ομήρου π άντ᾿ ἐκεῖθεν ἀρυσάμενος, π ᾶσαν ποιητικ ὴν μ ίμησιν, λ έξεις, φρ άσιν, παραβολ άς, διαγραφ άς, γνώμας καὶ τἄλλα, ὅσα τέλειον ποιητὴν ἀποφαίνει. ῾Ομηρικώτατος δὲ γενόμενος ἠθέλησε τ ὰ τῷ ῾Ομήρῳ παραλελειμμ ένα τ ῆς ᾿Ιλιάδος ῾Ομηρικῶς ποι ῆσαι. ὅπου γὰρ ἐκείνῳ τέλος ἡ το ῦ ῞Εκτορος ταφ ή, το ύτῳ ἀρχὴ ἡ τῆς Πενθεσιλε ίας ἄφιξις […]55 Er war ein ausgezeichneter Dichter und der grösste Nacheiferer Homers, da er sich alles von ihm aneignete: die gesamte dichterische Gestaltung, das Vokabular, den Stil, die Gleichnisse, das narrative Gerüst, die Redensarten und alles Übrige, was ihn als vollendeten Dichter ausweist. Als perfekter Homerist wollte er das, was von Homer in der Ilias unberücksichtigt geblieben war, in homerischer Weise gestalten. Denn wo jener [= Homer] mit der Bestattung Hektors aufhört, da beginnt dieser [= Quintus] mit der Ankunft Penthesileias […]

Laskaris’ Beurteilung kann als typisch gelten für die Quintus-Rezeption der Renaissance: Gemäss der Zielsetzung der Epoche, die kulturellen und literarisch-künstlerischen Errungenschaften der Antike nicht bloss zu bewundern und zu imitieren, sondern sie gar übertreffen zu wollen, sah man in Quintus gewissermassen einen antiken ›Vordenker‹ der eigenen Ideale, der sich durch seine Fähigkeit, Homer ›in vollendeter Weise‹ nachzuahmen, nicht als zweitklassiger Epigone o.dgl. diskreditierte, sondern vielmehr durch sein Vermögen, sich mit dem Dichterfürsten auf eine Stufe zu stellen, Lob und Bewunderung erregte.56 Das Epos des Quintus wurde so als künstlerisches Werk ernstgenommen und geschätzt. Als weiteres Beispiel sei etwa der italienische Humanist und Dichter Angelo Poliziano (1454–1494) erwähnt, welcher in seinem Kommentar zu Statius’ Silvae an einigen Stellen aus den Posthomerica zitiert, dabei jedoch Quintus und Homer mehrfach verwechselt,57 wodurch er letztlich, nolens volens, Zeugnis dafür ablegt, dass er die beiden Dichter bzw. ihre Werke als einander ebenbürtig ansieht. Zweifelsohne ist es kein Zufall, dass nur wenige Jahre, nachdem Laskaris seine Abschrift angefertigt und seine Einleitung verfasst hatte, die editio princeps in der Bibliotheca Aldina erschien (1505), die bald darauf in Basel nachgedruckt wurde.58 Die nahezu zeitgleiche Entdeckung der Laokoon55

Es folgt eine Inhaltsangabe der Posthomerica. – Text nach Köchly (1850) proleg. CXIf. Damit steht die Renaissance-Rezeption in harschem Gegensatz zu der durchgängig negativen Beurteilung des Quintus in der Neuesten Zeit; vgl. Winkler (1875) 1f.: »Während Quintus […] anfänglich als zweiter Homer angesehen und mit Lob überhäuft wurde, änderte // sich allmälig die Sache, und es folgte dieser Zeit der Ueberschätzung eine Zeit der Ernüchterung, in der man Quintus beinahe kein Verdienst […] gelten liess und ihn für einen wenig begabten, fast sklavischen Nachahmer ausgab.« Dazu seine Fussnote (2 Anm. 1): »Diese Ansicht ist noch heute am meisten vertreten und wird, so wenigstens meinen wir, es auch immer bleiben.« 57 Vgl. Vian (1997) 985–987 und Carvounis (2004) 2f. 58 Vgl. Wolf (1839) 182. 56

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1. Einleitung zu den Posthomerica

gruppe auf dem Esquilin in Rom im Jahre 1506 mag die positive Rezeption der Posthomerica zusätzlich begünstigt haben, bietet doch das Werk des Quintus ein äquivalentes griechisches Pendant zur Vergil’schen Fassung der Laokoon-Episode.59 Unter den Lesern der Posthomerica finden sich auch homines universales wie der Zürcher Naturforscher und Altphilologe Conrad Gesner (1516–1565), der ein Exemplar der Aldina besessen und intensiv studiert hat, was seine zahlreichen handschriftlichen Annotationen belegen.60 Die Posthomerica hatten das Licht der Welt wieder erblickt und in der Gelehrtenwelt Verbreitung gefunden. 1.2.2 Editionen und Übersetzungen seit 1600 Die Geschichte der modernen Quintus-Forschung beginnt sodann erst ein Centennium nach der editio princeps: im Jahre 1604 erscheint die erste kritische Ausgabe der Posthomerica des deutschen Dichter-Philologen Lorenz Rhodomann (1546–1606). Dieser hatte den Text der Aldina von zahlreichen mittelalterlichen Schreibfehlern freigemacht und seine Ausgabe mit einer Einleitung (praefatio ad lectorem) und einer lateinischen Übersetzung versehen. Zehn Jahre später wurde eine Zweitauflage der Edition mit kritischen Noten (adnotamenta) von Claude Dausque (1566–1644) ergänzt. Dieser ›Rhodomann / Dausque‹ diente Johannes Cornelius de Pauw als Grundlage für seine eigene Quintus-Edition im Jahre 1734, die er durch eine erkleckliche Zahl weiterer textkritischer Änderungen und Bemerkungen aus eigener Hand erweiterte. Die Arbeit Rhodomanns wurde später von Gottfried Hermann gelobt, diejenige seiner beiden Nachfolger jedoch heftig kritisiert: »Bekanntlich ist bereits in früherer Zeit Vieles durch die geschickte Hand des Laurentius Rhodomannus verbessert worden, wogegen Dausqueius und Pauw meistens durch ihre Conjecturen das Gegentheil bewirkt haben.«61 Im 19. Jahrhundert folgten sodann weitere, auf substantiellen Arbeiten beruhende Neueditionen durch herausragende Gelehrte:62 Thomas Tychsen (1758–1834) war der erste, der seiner Ausgabe (1807) nicht den Text der Aldina zugrunde legte und daran ›herumkonjizierte‹, sondern elf Handschriften selber kollationierte, wodurch er zu der heute als communis opinio anerkannten Einsicht gelangte, dass die Manuskripttradition der Posthome59

Verg. Aen. 2,199–233; Q.S. 12,353–499; vgl. James (2007) 153–157 und Gärtner (2009). Das Exemplar befindet sich in der Sammlung Alte Drucke der Zentralbibliothek Zürich (Sig. 4.349); ein späterer Besitzer war der Zürcher Theologe und Altphilologe Johann Kaspar Hagenbuch (1700–1763). 61 Hermann (1840) 257; ähnlich auch Wolf (1839) 183. 62 Vgl. auch den Überblick bei Vian (1959b) 7–9. 60

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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rica zwei Klassen (H und Y) bildet.63 Dadurch leistete Tychsen »la contribution la plus importante à l’histoire des manuscrits de QS«,64 doch wurde er andererseits für seinen Hang zum Athetieren auch kritisiert.65 Auf eine Ausgabe von Franz Siegfried Lehrs im Jahre 1840 mit einer lateinischen Prosaübersetzung, jedoch ohne kritischen Apparat folgten kurz hintereinander zwei von Hermann Köchly (1815–1876) besorgte Ausgaben: Die erste (1850) besteht nebst dem griechischen Text aus einer gut hundert Seiten starken Einleitung (prolegomena) und einem ausladenden, jedoch vornehmlich auf textkritische Erörterungen beschränkten Kommentar in lateinischer Sprache; die zweite (1853) bietet nur den griechischen Text, weist aber gegenüber der ersten einige Abweichungen bzw. Verbesserungen auf. Hatte Köchly als erster den Codex Monacensis (M) kollationiert und somit einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Textgeschichte der Posthomerica geleistet, so berücksichtigte als nächster Albert Zimmermann in seiner Edition von 1891 zum ersten Mal eine vollständige (wenngleich nicht von ihm selbst, sondern von Treu [1875] besorgte) Kollation des Codex Parrhasianus (P). Doch erst siebzig Jahre später sollte die erste kritische Edition der Posthomerica erscheinen, die auf einer vollständigen Kollation sämtlicher relevanter Manuskripte beruhte und sich dabei (weitgehend) vom konjekturalen Überschwang des 19. Jhs. hatte lösen können: Francis Vians dreibändige Budé-Ausgabe (1963; 1966; 1969) umfasst zugleich die erste moderne französische Prosaübersetzung sowie einen z.T. beinahe überausführlichen kritischen Apparat66 wie auch einen durchgehenden Fuss-/Endnotenkommentar, der sich – im Unterschied zu Köchly (1850) – nicht fast ausschliesslich auf textkritische Fragen beschränkt, sondern diverse Einzelaspekte des Texts selektiv und knapp erörtert. Im Vergleich dazu stellt die Ausgabe von Giuseppe Pompella – zuerst in drei Bänden und mit italienischer Übersetzung erschienen (1979; 1987; 1993), später (2002) ohne Übersetzung und mit einigen Änderungen in einem Band wiederaufgelegt – nur teilweise einen Fortschritt dar. Zwar begibt sich Pompella mit Recht einiger unnötiger Konjekturen des 19. Jhs., die z.T. auch Vian noch bewahrt hat,67 doch machen der magere Apparat, der zuweilen übervorsichtige Textkonservatismus68 sowie die zahlreichen Druckfehler69 die Ausgabe für wissen63

Vgl. Tychsen (1807) XCIX–CI; ferner Köchly (1850) proleg. C–CII und Vian (1959b) 15. Vian (1959b) 7. 65 Vgl. Zimmermann (1889) 2: »Wenn man dieser Richtung folgen und sämtliche verdächtigten Stellen ausmerzen wollte, so würde das ganze Gedicht um etwa 100 Verse ärmer werden.« 66 Vgl. West (1964) 257: »a model of clarity […] perhaps fuller than necessary«. 67 Vgl. z.B. die Kommentare zu (63) ἀθρήσαντες ἀπ᾿ οὔρεος mit Anm. 813 oder zu (119) δύσετ᾿ mit Anm. 1233. 68 Vgl. z.B. den Kommentar zu (9) ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν. 64

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1. Einleitung zu den Posthomerica

schaftliche Zwecke mitunter unbrauchbar. Abgesehen von Rhodomanns Übersetzung ins Lateinische sowie der des italienischen Polyhistor Bernardino Baldi (1533–1617) in einen etruskischen Dialekt, wurden die Posthomerica erst mit Beginn des 19. Jhs. in verschiedene moderne Sprachen übertragen. Auf eine französische Übersetzung von René Tourlet (1800) folgten eine italienische von Paolo Tarenghi (1809) sowie einige Teilübersetzungen (›Proben‹) ins Deutsche.70 Die deutschen Gesamtübersetzungen von C. F. Platz (1857–58)71 und von Johann Jakob Christian Donner (1866) sind beidesamt wenig mehr als zweitklassige, ästhetisch kaum ansprechende Imitationsversuche von Voss’ens unnachahmlichem Hexameterstil, deren Nichtwiederauflage niemand bedauert. Die erste Übertragung ins Englische (in Blankverse) nahm Arthur S. Way vor (1913); sie wurde mehrfach nachgedruckt, ist jedoch in Wortwahl und Syntax, überhaupt im ganzen Duktus altmodisch und gestelzt72 – dahingegen mag Frederick M. Combellacks (1968) englische Prosaübersetzung zwar etwas ›papieren‹ wirken, doch scheint sie mir im Gesamten besser als ihr Ruf. Beide wurden indes durch Alan W. James’ rhythmische Prosafassung (z.T. auch als sehr freie Versübersetzung aufgefasst; vgl. z.B. Cuypers [2005a]) abgelöst.73 Ferner sind zu nennen: Francis Vians relativ freie französische Prosafassung (1963; 1966; 1969; s.o.); Pompellas italienische Übersetzung (1979; 1987; 1993; s.o.); zwei spanische Übersetzungen, von Inés Calero Secall (1991) bzw. Francisco Antonio García Romero (1997).

69 Druckfehler in der Ausgabe von Pompella (2002), auf die ich beim Lesen zufällig gestossen bin: 1,466 φρερ ὶν statt φρεσ ὶν; 1,644 οἰονῶν statt οἰωνῶν; 3,57 ῏Ω statt ῍Ω; 3,450 ῏Ω statt ῍Ω; 3,560 ῏Ω statt ῎Ω; 4,167 κάλλεΐ statt κάλλεϊ; 5,342 ῏Ω statt ῍Ω; 5,395 χρυνήνιος statt χρυσήνιος; 5,470 γε ἄλγεα statt γε μ ὲν ἄλγεα; 6,124 δὲ statt δέ; 7,151 ὣς statt ὧς; 7,667 ζανθο ῦ statt ξανθοῦ; 8,8 μέν statt μὲν ; 12,129 ἀπαναίνοντο statt ἀπαυαίνοντο; 12,130 ἃρ statt ἂρ; 14,61 ἄλλ᾿ statt ἀλλ᾿; 14,96 πτολιέθρον statt πτολίεθρον; 14,440 σφεσὶ statt φρεσὶ. 70 Beispielsweise Pfarrius (1830) oder Döhler (1848). 71 Der an früherer Stelle (Baumbach / Bär [2007b] 25 Anm. 115) geäusserten Behauptung, Platz’ens Übersetzung sei nie vollständig publiziert worden, liegt ein Irrtum zugrunde – eine Gesamtübersetzung in drei Bänden erschien in den Jahren 1857–58. 72 Vgl. Cuypers (2005a): »The archaizing language of Arthur Way’s 1913 Loeb is occasionally harder to follow than the accompanying Greek text […]« 73 Vgl. die durchweg positiven Rezensionen von Cuypers (2005a); González-Rivas (2005); Hall (2005); Bär (2006); Byre (2006); Carvounis (2006).

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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1.2.3 Forschung seit 180074 Die Publikation zahlreicher Ausgaben und Übersetzungen ging einher mit einem steigenden Forschungsinteresse an den Posthomerica seit Beginn des 19. Jhs.: Wie oben dargelegt, nahm Tychsen als erster eine systematische Handschriftenkollation vor (und stellte seiner Edition von 1807 ausserdem eine gut hundertseitige Einleitung [commentatio] voran), was als eigentlicher ›Gründungsakt‹ der modernen Quintus-Forschung angesehen werden kann. Selbige blieb jedoch während des 19. Jhs. fast ausschliesslich auf Textkritik beschränkt, was mitunter zu sachlich wenig relevanten, doch zuweilen gleichwohl anregenden Diskussionen führte.75 Dieser Forschungstrend zeigt sich wohl am deutlichsten in Köchlys lateinischsprachigem Lemmakommentar (1850), welcher sich primär Fragen der Textkonstitution und -kritik widmet, jedoch darüber hinaus – als, nota bene, erster und nebst Vians Fuss-/Endnotenkommentar bisher einziger Gesamtkommentar zu den Posthomerica – hin und wieder auch exegetische Erörterungen enthält, die auch für den Interpreten von heute z.T. noch von Interesse sein können. Zu den weiteren Gelehrten, die sich im 19. Jh. (v.a. zwischen 1830 und 1860) mit Quintus’ Text befassten und an entsprechenden Diskussionen partizipierten, gehören u.a. Franz Spitzner, Hermann Bonitz, Carl Ludwig Struve und sein Neffe Jacob Theodor Struve, und auch Gottfried Hermann.76 Textkritik war auch das Hauptanliegen der Forschung Albert Zimmermanns, der in einem Zeitraum zwischen 1885 und 1913 publizierte (zu seiner Edition von 1891 s.o. Kap. 1.2.2). Um die Jahrhundertwende erschienen sodann die ersten Monographien, welche sich von einer auf Textkritik begrenzten Forschung wegbewegten. Zu erwähnen ist etwa Martin Winkler mit einer Untersuchung über die Idiosynkrasien der Posthomerica im Vergleich zu Apollonios’ Argonautica und den homerischen Epen (1875);77 Frederick A. Paleys (1876) völlig 74 Es wird an dieser Stelle kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Ergänzend sei auf folgende älteren Forschungsüberblicke verwiesen: Köchly (1850) praef. V–VIII und proleg. CXIIIf.; Zimmermann (1889) III–VI; Keydell (1931) 60–80 und (1941) 9–11; Schmidt (1999) 139–143 (v.a. zur literarischen Rezeption); Gärtner (2005) 30–37 (spezifisch zum Verhältnis Quintus–Vergil; s.u.). Umfassende Bibliographien finden sich bei Vian (1959a) 7–15 (vollständig für die Jahre 1505–1958) und Baumbach / Bär (2007a) 421–465 (annähernd vollständig für das 19. und 20. Jh.) sowie online (URL aktiv am 30.9.2009): http://132.229.7.185/letteren/opleiding/klassieketalen/index.php3?m=184&c=154. 75 Vgl. bspw. die Kommentare zu (39) ὑπαὶ νεφέων; (93) ὃ οὔ ποτε θνητός; (95) νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι; (188) καὶ δή μιν; (217) ἐνὶ στέρνοισι βαλόντες. 76 Hermann (1840): Rez. von Spitzner (1839) und Köchly (1838). 77 Vgl. dazu eingehender Kap. 1.3.2.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

unhaltbare, jedoch für sich genommen ungemein stimulierende Hypothese, die Posthomerica stellten, mutatis mutandis, die Texte des Epischen Zyklus dar und seien daher als Quellen etwa für Vergils Aeneis, aber auch für andere Dichter und deren Werke in Erwägung zu ziehen;78 Karl August Eduard Niemeyer (1883; 1884) zu den Gleichnissen bei Q.S. (eine reine Materialsammlung); Franz Kehmptzow (1891) zu den mythographischen Quellen unseres Dichters (über weite Strecken in kritischer Auseinandersetzung mit Köchlys prolegomena); schliesslich die Dissertation von George W. Paschal (1904), der sich hauptsächlich mit linguistischen und stilistischen Besonderheiten sowie mit Quellenkritik befasst.79 Quellenforschung war es denn auch, was im Brennpunkt einer erheblichen Zahl von Aufsätzen in der ersten Hälfte des 20. Jhs. stand – namentlich zu nennen sind Forscher wie Angelo Taccone, Luigi Castiglioni, Samuel E. Bassett, Angelo Raffaele Sodano, u.a. Weitere Arbeiten, die sich anderen Aspekten widmeten, waren etwa George W. Elderkins Monographie Aspects of the Speech in the Later Greek Epic (1906), George E. Duckworths Abhandlung über Voraussagen und Spannung (foreshadowing and suspense) in den Posthomerica (1936),80 oder Melvin W. Mansurs Dissertation The Treatment of Homeric Characters by Quintus of Smyrna (1940). Ebenfalls dem Geiste der Quellenforschung entsprang jenes Thema, welches die Quintus-Forschung seit der Jahrhundertwende zu dominieren begann, nämlich die Frage nach der Beziehung der Posthomerica zu lateinischsprachiger Literatur und insbesondere zu Vergils Aeneis.81 Lebhafte Diskussionen zwischen verschiedenen Gelehrten82 führten schliesslich zu einem sprichwörtlich gewordenen Streit zwischen Rudolf Keydell und Francis Vian, den beiden herausragendsten Quintus-Forschern des 20. Jahrhunderts: Keydell ging von direkten und (quantitativ wie qualitativ) signifikanten Einflüssen verschiedener lateinischer Autoren (Vergil, Ovid, Seneca d.J., ja sogar Cicero) auf die Posthomerica aus: Unter den griechischen Dichtern des späteren Altertums, bei denen sich Berührungen mit römischer Poesie finden, ist Quintus von Smyrna derjenige, der am deutlichsten Bekanntschaft mit lateinischer Literatur verrät. Daß er Vergils Aeneis gekannt und 78

Meines Wissens stellt Paleys Arbeit die erste englischsprachige Monographie zu Q.S. dar. Vgl. dazu eingehender Kap. 1.3.2. 80 Zu demselben Thema vgl. nun auch Schmitz (2007); vgl. auch Kap. 2.1.1. 81 Vgl. Gärtner (2005) 30–37 für einen Forschungsüberblick hierzu, ferner auch die Überblicksdarstellung bei James (2007) 145–149. Der markante Interessensanstieg ausgerechnet auf diesem Gebiet ist wohl zu weiten Teilen auf Richard Heinzes bahnbrechende Studie Virgils epische Technik (Erstpublikation [1903]; Nachdruck der dritten verbesserten Auflage [31915] im Jahre 1995; vgl. James [2007] 146: »its status as a classic of Virgilian scholarship was reflected by publication of an English translation ninety years later«) zurückzuführen, in welcher auch Quintus berücksichtigt ist (vgl. Heinze [31915] 63–81). 82 Becker (1913), Bassett (1925a), Castiglioni (1926), Knight (1932), Kleinknecht (1944), u.a. 79

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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ausgiebig benutzt hat, steht fest. Aber auch Ovids Metamorphosen sind ihm bekannt gewesen. […] Jedoch auf diese beiden Hauptwerke der römischen Poesie kann sich die lateinische Lektüre des Quintus nicht beschränkt haben.83

Vian hingegen lehnte die Annahme jeglichen (direkten) Einflusses lateinischer Literatur auf die Posthomerica kategorisch ab und suchte stattdessen sämtliche Übereinstimmungen durch die Annahme gemeinsamer verlorener Quellen aus der Zeit des Hellenismus zu erklären: Les correspondances entre les auteurs latins et Quintus s’expliquent […] par des sources grecques communes, qui doivent être le plus souvent des œuvres hellénistiques […] Assurément, on ne saurait affirmer que Quintus ignorait les Latins ; mais, même si par endroit ces lectures ont laissé des traces, la mise en œuvre a été opérée avec des matériaux grecs […]84

Da jedoch sowohl Keydell wie auch Vian von einem einseitigen ›entwederoder‹ – entweder habe Quintus Vergil und andere lateinische Autoren immer und überall rezipiert und verarbeitet, oder eben gar nie – ausgingen, kam dieser Forschungszweig aller Bemühungen zum Trotz für lange Jahre letztlich kaum vom Fleck. Erst in jüngster Zeit wurde eine von Vorurteilen und Zirkelschlüssen weitestgehend freie Neubewertung aller einschlägigen Passagen vorgenommen: Gärtner (2005) konnte zeigen, dass ein (direkter) Einfluss Vergils auf Quintus in jedem Einzelfall neu zu prüfen ist und dass ein solcher an manchen Stellen möglich oder gar plausibel erscheint, sich allerdings kaum je wirklich handfest beweisen lässt.85 Während sodann Keydell für den RE-Artikel zu Quintus verantwortlich zeichnete, blieb Vian in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. die zentrale Figur der Quintus-Forschung. Nebst seiner kritischen Edition und zahlreichen Fachartikeln veröffentlichte er 1959 zwei einschlägige Bücher: in dem einen dokumentierte er seine Erforschung der Handschriftentradition (Histoire de la tradition manuscrite de Quintus de Smyrne), mit dem anderen legte er die erste methodisch und thematisch umfassende Monographie zu den Posthomerica vor (Recherches sur les Posthomerica de Quintus de Smyrne).86 Ferner publizierte er zusammen mit Élie Battegay ein griechischfranzösisches Speziallexikon zu den Posthomerica (Lexique de Quintus de 83

Keydell (1949/50) 81. – Vgl. z.B. auch id. (1954) und (1961) 279–282. Vian (1963) XXXIV. – Vgl. z.B. auch id. (1959a) 95–101. 85 Dahingegen bleibt die Frage nach Quintus’ Verhältnis zu / Umgang mit Vergil auf einer allgemeineren, über die Evaluation einzelner Textstellen hinausgehenden Ebene nach wie vor unbeantwortet (vgl. Bär [2006] 221). Erwägenswert scheint mir die von Cuypers (2005b) 607 aufgeworfene These einer politisch zu deutenden, intendierten ›Nicht-Beachtung‹ der Aeneis an einigen Schlüsselstellen (vgl. Anm. 33). 86 Kurz nach Vians Recherches erschien die Monographie von Kakridis (1962) (auf Neugriechisch), bei der es sich allerdings de facto zu weiten Teilen um einen Lemmakommentar zu ausgewählten Aspekten der Textgestalt und Interpretation handelt. 84

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Smyrne, 1984).87 Somit lässt sich mit Fug und Recht postulieren, dass der Anstieg der Forschungsbeiträge zu Quintus seit den 1970er-Jahren hauptsächlich Vians Verdienst ist. Einen ersten Kulminationspunkt dieser Entwicklung stellt Malcolm Campbells Kommentar zum 12. Buch der Posthomerica dar (1981);88 allerdings beschränkt sich dieser fast ausschliesslich auf das Herzählen von Parallelstellen und sprachlichen Eigenheiten, ohne selbige in einem übergreifenden Sinne auszuwerten und somit einen Beitrag zum Gesamtverständnis des Epos zu leisten. Erst mit der Arbeit von James / Lee (2000) erschien der erste full-scale-Kommentar (zu Buch 5), der den Text in den meisten seiner Aspekte untersucht und kommentiert (obschon die Autoren bisweilen ein leicht eindimensionales Intertextualitätskonzept zeigen)89 und überdies die erste moderne Gesamteinleitung zu den Posthomerica bietet.90 Das gesteigerte wissenschaftliche Interesse an den Posthomerica spiegelt sich seit den 1980er-Jahren auch in einer Reihe von Fachartikeln. Zu erwähnen ist bspw. Giangrande (1986) zu Quintus’ literarischen und sprachlichen Techniken; Appels (1994c) »[g]rundsätzliche Bemerkungen zu den Posthomerica und Quintus Smyrnaeus«, der jedoch mit seinem biographistischen Zugang eine ungebührlich spekulative und konservative Haltung einnimmt; Dillon (1995) mit Beobachtungen zu inhaltlichen Zusammenhängen zwischen Q.S. 1,403–476 und Theodor von Asine fr. 40 Deuse (wobei sich der postulierte direkte Zusammenhang und die daraus abgeleitete Datierung der Posthomerica ins 4. Jh. n.Chr. nicht halten lassen; s.o. Kap. 1.1.3); Schmiel (1986) und Schenk (1997) zum Aufbau von Buch 1; Schenk (1997) und Schmidt (1999) zur narrativen Struktur des Gesamtepos.91 Ferner ist eine erkleckliche Zahl spanischsprachiger Publikationen von Francisco Antonio García Romero und Inés Calero Secall zu erwähnen: Ersterer befasst sich hauptsächlich mit dem Einfluss intellektueller Konzepte, insbesondere der Stoa, auf die Posthomerica, Letztere v.a. mit genderFragen. Schliesslich hat Appel zwei Bücher publiziert: beim ersten handelt es sich um eine Untersuchung zu Buch 4, beim zweiten um eine Analyse

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Hingegen ist der griechisch-lateinische Index von Pompella (1981) weniger nützlich. Campbell beruft sich ausdrücklich auf Vians Autorität; vgl. id. (1981) VII: »The works of Francis Vian set the study of Quintus on a solid basis. […] I take his writings to be read.« Auch bezüglich der Beurteilung lateinischer Quellen schlägt sich Campbell ganz auf Vians Seite; vgl. ibid.: »[T]hose who insist on ‘Romanisation’ (and it is with them that the onus of proof must lie) do so with a vociferousness and confidence wholly out of tune with their partial use or complete disregard of relevant evidence. I hope that they will shake off some very bad habits […]« 89 Zur Intertextualität s.u. Kap. 1.3.1. 90 Vgl. die Rezensionen: Schmiel / Garstadt (2000); Whitby (2002); Cuypers (2005b). 91 Zu den letztgenannten vier Arbeiten vgl. auch Kap. 2.1.1. 88

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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der homerischen hapax legomena und ihrer Verwendung in den Posthomerica.92 Trotz des signifikanten Anstiegs des Forschungsinteresses während der 1990er-Jahre ist wohl die Jahrtausendwende als die eigentliche Wendemarke in der Quintus-Forschung anzusehen: Auf die Publikation des Kommentars von James / Lee (2000) und die Neuauflage von Pompellas Edition (2002) folgten eine Konkordanz von Papathomopoulos (2002) in zwei Bänden; ein Nachdruck von Vians Budé-Ausgabe (2003); James’ englische Übersetzung (2004; Paperback 2007) inkl. Einleitung, ausführlicher Inhaltszusammenfassung und einem nützlichen Endnotenkommentar, der sich (u.a. auch) an ein breiteres Publikum wendet;93 schliesslich Gärtners Monographie zu Quintus und Vergil (2005). Im September 2006 wurde an der Universität Zürich die erste internationale Tagung zu Quintus Smyrnaeus durchgeführt, organisiert von Manuel Baumbach und dem Verfasser der vorliegenden Studie. Die daraus resultierende Publikation (Baumbach / Bär [2007a]) umfasst 17 Beiträge, welche zum einen werkimmanente Aspekte wie z.B. intertextuelle Dialogizität, poetologische Strukturen oder narrative Techniken untersuchen, zum anderen den Einfluss des literarischen, gattungsgeschichtlichen und intellektuellen Umfelds, insbesondere aber der Zweiten Sophistik in den Blick nehmen. 1.2.4 Die Qualitätsurteile der Neuesten Zeit Im Jahre 1999 betitelte Ernst Günther Schmidt einen Überblicksartikel zur Quintus-Forschung und -Rezeption mit der rhetorischen Frage: »Quintus von Smyrna – der schlechteste Dichter des Altertums?« So die Quintessenz, wenn man auf die Sekundärliteratur zu Quintus’ Epos der vergangenen 100–200 Jahre zurückblickt. Der Eindruck täuscht nicht: So hat sich das vernichtende Verdikt von Lloyd-Jones, die Posthomerica seien ein »anaemic pastiche […] utterly devoid of life«,94 nicht bloss wegen seiner einpräg-

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Leider wurden die beiden Arbeiten von Appel (1993a) und (1994a) in der Forschung kaum rezipiert – die erste, da sie auf Polnisch abgefasst, die zweite, da sie schlecht zugänglich und vergriffen ist. Für eine Diskussion von Appel (1994a) vgl. auch Kap. 1.3.2 mit Anm. 161. 93 Inhaltlich ist James’ (2004) Endnotenkommentar stark am Fuss-/Endnotenkommentar von Vian (1963; 1966; 1969) orientiert. 94 Lloyd-Jones (1969) 101 in seiner Rezension der Übersetzung von Combellack (1968) – man muss sich das ganze Zitat gönnen: »Among the late Greek epic poets Quintus is by far the worst. Nonnus, tasteless and turgid beyond measure as he is throughout the immense length of the Dionysiaca and the Paraphrase, has a ghastly vitality that carries the reader—or at least some readers— along with him. But the anaemic pastiche served up by Quintus is utterly devoid of life; even the Oenone episode in the tenth book is good only by comparison with what surrounds it.« Sodann

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1. Einleitung zu den Posthomerica

samen Wirkkraft nachgerade zu einem running gag entwickelt, sondern auch, weil es in der Tat nur die Spitze eines Eisbergs darstellt. So schildert etwa auch Keydell – immerhin in seinem RE-Artikel zu Quintus – die (vermeintlichen) Eigenheiten der Posthomerica wie folgt: Mangel an Phantasie verraten auch die eigenen Erfindungen, die […] nur in gewissen Grenzen ein Streben nach Variierung erkennen lassen […] // [Der Stil] wird aber vor allem durch den Mangel an sprachlicher Gestaltungskraft bestimmt, der den Dichter zwingt, in kurzem Abstand das eben gebrauchte Wort zu wiederholen, und ihn immer wieder dieselben Epitheta verwenden läßt, so sehr er sich auch in gewissem Umfange um Variation bemüht. Der Ausdruck ist matt, ohne Fülle und Leben.95

In noch schärferem Ton urteilte einige Jahre zuvor bereits Lesky, demgemäss »[f]ür Dichtung dieser Art […] das alte Epos längst tot und begraben«96 sei, während es für Milman Parry, der Quintus freilich aus der spezifischen Perspektive des oral-poetry-Forschers betrachtete, »little to observe in this author except the misunderstanding of the nature of ornament« gab.97 Und selbst Vian, von dem man eine objektivere Betrachtung erwartet hätte, erweist sich nicht nur als bester Kenner, sondern auch als schärfster Kritiker unseres Dichters, indem er die vermeintlich mindere Qualität von dessen Werk auf entsprechende charakterliche Mängel (!) auf Seiten des Autors zurückführt: »Le lecteur des Posthomerica est de prime abord déçu par la pauvreté de l’inspiration, par la froideur du récit et la monotonie du style : ces défauts trahissent un manque certain de personnalité chez l’auteur […]«98 Stellt man dem die Urteile in der Forschung der vergangenen Dekade entgegen, so stellt man mit Erstaunen fest, dass sich diese zwar grundlegend im Ton, jedoch nur partiell auch in der Sache geändert haben. So heisst es etwa im entsprechenden DNP-Artikel, dass Quintus’ »Bemühung, das Vorbild zu variieren und Monotonie zu vermeiden«, »nicht immer gelungen« sei,99 oder aber man findet nebulöse Aussagen wie die nachstehend genannte von Schenk (1997), der seine bücherübergreifende Analyse der Handlungs- und Kompositionsstrukturen der Posthomerica mit den Worten beschliesst: »Künstlerische Vollkommenheit ist es sicher nicht, aber geht er über zu einer Kritik an Combellacks Prosastil, nur um abschliessend zu konstatieren: »[I]t is not much more distasteful than the original«. 95 Keydell (1963) 1293 und 1295. 96 Lesky (1957/58) 739. Man beachte, dass er seinen bissigen Ton in der Zweit- und Drittauflage seiner Geschichte der griechischen Literatur immerhin ein wenig zurücknimmt (Lesky [21963] 871 = [31971] 912): »Für Dichtung dieser Art gehört der Reichtum der alten Epik längst der Vergangenheit an.« 97 Parry (1971) 429. Er fährt fort: »Quintus does, however, do us a real service in helping us appreciate the real merit of Apollonios.« 98 Vian (1959a) 250. 99 Fornaro (2001) 724.

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1.2 Abriss der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte

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Quintus zeigt uns in seinen Posthomerica, daß er die epische Technik beherrscht und so unter Ausnutzung seiner Vorlagen zu einer durchaus eigenständigen Gestaltung findet.«100 Erstaunlich ist bei alledem, dass die qualitative Negativbeurteilung der Posthomerica v.a. ein Phänomen des 20. Jhs. darstellt. Wurde nämlich Quintus in der Renaissance als ῾Ομηρικώτατος bewundert (s.o. Kap. 1.2.1), so hat ihn das 19. Jh. ausserhalb der streng textkritischen Forschung, die sich um qualitative Urteile wenig gekümmert hat, häufig gänzlich ignoriert,101 zuweilen durchaus kritisiert,102 oftmals aber auch vielmehr wertgeschätzt. Als Beispiel für Letzteres sei etwa auf Gottfried Hermann verwiesen, der seine Rezension zu Spitzner (1839) und Köchly (1838) mit den Worten eröffnet: »Quintus von Smyrna gehört zu den am wenigsten gelesenen Schriftstellern, obgleich sein Gedicht unter den uns noch übrigen epischen Gedichten der Griechen nach dem Homer das beste ist.«103 In ähnlicher Weise äussert sich Paley: »[I]f the Posthomerica of Quintus had come down to us as an original poem with the traditional authority of our Homer, and the Iliad and Odyssey had been called […] “posthomeric,” the position of the poems, as far as language and matter are concerned, would have been reversed; or at least the superior merits of the Iliad, if acknowledged, would have been attributed to its later development.«104 Doch letztlich ist es nicht die wissenschaftliche, sondern die populärliterarische Rezeption, welche das Epos des Quintus zu einem Teil unseres kollektiv-kulturellen Gedächtnisses gemacht hat: Kein geringerer als Gustav Schwab nämlich hat für die Erzählung der Ereignisse zwischen Ilias und Odyssee, also vom Tode Hektors bis zur Heimkehr der griechischen Helden, die Posthomerica als zwar nicht einzige, jedoch evidentermassen als Hauptquelle benutzt. Dabei war ihm das Epos nicht bloss eine willkommene Materialsammlung, sondern er hat, wie er im Vorwort zum zweiten Band seiner Schönsten Sagen des klassischen Altertums (1839) ausführt, selbiges auch in seiner dichterischen Qualität durchaus geschätzt.105 Infolgedessen hält sich Schwab streckenweise 100

Schenk (2000) 385. Dies gilt v.a. für die kreativ-künstlerische Rezeption; vgl. Schmidt (1999) 139–141. 102 Vgl. Winkler (1875) 1–3 für einen Überblick. 103 Hermann (1840) 257. 104 Paley (1876) 7. 105 Vgl. Schwab (1839) (zitiert nach dem Nachdruck [1986] 336): »[…] ist hier der Darsteller [= Schwab] so glücklich gewesen, in der Fortsetzung Homers durch den Dichter Quintus […] eine echt poetische Grundlage und Stoff wie Form zu fortlaufender Erzählung vorzufinden. Die Paralipomenen dieses Poeten sind ein klassisches Kunstwerk und werden hoffentlich in ihrer Schönheit und Größe, gleich den Schöpfungen anderer Dichter, durch die treffliche metrische Übersetzung des Herrn Professors Platz […] sich bald die Anerkennung aller Freunde echter Poesie gewinnen.« Zur Übersetzung von Platz (1857–58) vgl. Anm. 71. Wilamowitz (31912) 286 hat Schwab für die Benutzung der Posthomerica hart kritisiert. 101

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1. Einleitung zu den Posthomerica

sehr genau an den erzählerischen Verlauf der Posthomerica und inkorporiert z.T. auch Material, welches aus rein narratologischer Sicht eigentlich überflüssig wäre, wie etwa das Frauenredepaar in Q.S. 1,403–476. Somit hat das Werk des Quintus seit der Mitte des 19. Jhs. indirekt, aber nachhaltig die populäre Rezeption der entsprechenden Sagenteile aus der griechischen Mythologie beeinflusst.

1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica In dem vorliegenden Kapitel wird versucht, Sprache und Formgestalt der Posthomerica unter dem Blickwinkel moderner intertextueller Ansätze zu betrachten und zu verstehen (Kap. 1.3.3). Als Basis dient das im Kommentarteil zu den Versen 1–219 gesammelte Material und dessen Interpretation. Voraus gehen einerseits ein Überblick über die bisherige Forschung (Kap. 1.3.2), andererseits einige Überlegungen zur Intertextualität aus methodischer Sicht, welche als Basis für eine adäquate Diskussion von Sprache und Formgestalt des Werks vonnöten sind (Kap. 1.3.1). Im anschliessenden Kapitel (1.4 »Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale: Quintus, der Epische Zyklus und die Zweite Sophistik«) werden die in Kap. 1.3.3 gesammelten Daten und erstellten Befunde in einen breiteren Kontext gestellt und im Sinne einer Gesamtdeutung der Posthomerica fruchtbar zu machen versucht. 1.3.1 Quellenforschung und Intertextualität Ein systematischer Gesamtüberblick über Entstehung, Entwicklung, Bedeutung und Anwendungsbereich des Begriffs der Intertextualität kann und soll an dieser Stelle nicht geleistet werden; zu diesem Zweck sei auf bereits existierende zusammenfassende Darstellungen verwiesen.106 Die nachstehenden Ausführungen beschränken sich auf die für unsere Zwecke notwendigen Begriffsklärungen und Definitionen. Der von Kristeva (1969) im Anschluss an Bachtin geprägte Begriff der Intertextualität bezeichnete ursprünglich ein (in einem poststrukturalistischen Sinne) ontologisches Konzept unendlicher Bezüglichkeiten zwischen semiotisch bedeutsamen ›Äusserungen‹, während er heutzutage – in all seinen zahlreichen Schattierungen und z.T. auch in unreflektiert-›verwäs106 Vgl. – exempli gratia und jeweils mit weiterführender Bibliographie – Worton / Still (1990) 1–44; Fowler (1997) = (2000) 115–137; Allen (2000); von Möllendorff (2000) 11–17; Aczel (42008); Schmitz (2002) 91–99.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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serter‹ Form – meist wieder in einem konkreteren Sinne zur »Umschreibung für Phänomene, die bereits lange vor Bachtin und Kristeva bekannt und untersucht waren«, nämlich »das Zitieren und Anspielen in literarischen Texten«,107 gebraucht wird.108 Entsprechend lässt sich der zweitgenannte Ansatz als hermeneutisch, der erstgenannte als un- oder antihermeneutisch verstehen.109 Während m.E. ein antihermeneutischer Intertextualitätsansatz für die ›praxisorientierte‹ Textdeutung kein taugliches Instrument darstellt und deshalb hier und im Folgenden nicht weiter diskutiert werden muss,110 so können wir, was den hermeneutisch orientierten Ansatz betrifft, unter diesem – de facto und über den Daumen gepeilt – eine ›objektivierte‹ Form der in der Klassischen Philologie seit jeher verankerten und praktizierten Methode der sog. ›Quellenforschung‹ sehen. Mit dieser von mir postulierten Parallelisierung soll allerdings in keiner Weise dem von methodenkonservativer Seite zuweilen vorgebrachten Pauschalvorwurf, die sog. ›modernen‹ Literaturtheorien – d.h. die über die Hermeneutik traditionellen Zuschnitts hinausgehenden literaturtheoretischen Ansätze verschiedenster Prägung des 20. Jahrhunderts in globo – böten nicht viel mehr als ›alter Wein in neuen Schläuchen‹,111 zugedient werden. Vielmehr gilt zu beachten, dass sich ein moderner Intertextualitätsbegriff – wie auch immer man diesen in den konkreten Details seiner Theoriebildung und seiner praktischen

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Schmitz (2002) 91. Zu diesem prinzipiellen Unterschied vgl. z.B. Aczel (42008) 330: »Grundsätzlich sind zwei Kategorien von I[ntertextualitäts-]T[heorien] zu unterscheiden. In der einen wird I[ntertextualität] als deskriptiver Oberbegriff für herkömmliche Bezugsformen von Texten verstanden, in der anderen in einem umfassenderen ontologischen Sinn zur qualitativen Bezugnahme auf sämtliche Arten von bedeutungstragenden Äußerungen verwendet. Während deskriptive I[ntertexualitäts-] T[heorien] versuchen, die intentionale und spezifische Anspielung eines Autors auf das Werk eines anderen zu bezeichnen, wurde der ontologische Begriff der I[ntertextualität] urspr[ünglich] innerhalb eines breiteren und radikaleren theoretischen Projekts geprägt, das gerade die Vorstellung auktorialer Intentionalität […] sowie die Einheit und Autonomie des ›Werks‹ selbst unterminieren wollte.« 109 Vgl. in diesem Sinne auch von Möllendorff (2000) 12: »[E]s macht einen Unterschied, ob man die intertextuellen ‚Reminiszenzen‘ […] dekonstruktivistisch als anonyme Spuren auf dem unendlichen Feld einer Transtextualität oder hermeneutisch/semiotisch als absichtlich vom Autorsubjekt für ein Lesersubjekt hinterlassene, teils klare, teils chiffrierte Steuerzeichen der Interpretation versteht.« 110 Der Begriff ›Intertextualität‹ wird darum von nun an e silentio immer im Sinne von ›hermeneutischer Intertextualität‹ verstanden. 111 Vgl. hierzu z.B. West (1995) 17: »In the study of Latin literature this [= intertextuality] has not produced new knowledge, but new terms to describe old practices, and with these terms nothing except obscurity and banality, pretentious writing and penitential reading.« – Latacz (1995b) 85: »Es ist wohl wahr, daß […] der Text den meist jungen Theorie-Fans oft als bloßes Sprungbrett dient für ihre eigenen Spekulationen: ein paar Wippbewegungen, und schon geht es hinauf in die feurigen Regionen höherer Gedankenwelten, und der Text bleibt unten und entschwindet weit und weiter.« 108

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Anwendung ausdifferenzieren mag – von der althergebrachten Quellenforschung durch folgende Prämissen wesenhaft unterscheidet:112 (1.) Die traditionelle Quellenforschung geht grundsätzlich und i.d.R. ausschliesslich von einem autorzentrierten (= produktionsästhetischen) Zugang zu und Verständnis von Texten aus, d.h. es interessiert primär die Frage, welche ›Quellen‹ (= welche älteren Texte) ein Autor für die Komposition seines Werks verwendet habe, wogegen die wirkungs- und die rezeptionsästhetische Seite des ›Dreiecks‹ vernachlässigt werden. Während eine rein autorzentrierte Sicht auf einen Text sich ständig mit der Schwierigkeit der nicht sicher rekonstruierbaren Unterscheidung zwischen ›bewusster‹ und ›unbewusster‹ Anspielung (d.h. zwischen intertextuellen Bezügen, welche vom Autor zwecks Wiedererkennung durch den Leser in den Text ›hineinkomponiert‹ wurden, und intertextuellen Anklängen, welche – vom Autor unbeabsichtigt – ›mitschwingen‹ [bspw. im Falle verbreiteter Topoi]) konfrontiert sieht,113 so löst sich das Problem sozusagen von selbst, wenn die Perspektive um eine wirkungs- und rezeptionsästhetische Seite erweitert wird, wenn also die Wirkungs- und Sinnpotentiale des Texts an sich bzw., damit verknüpft, der Rezeptionshorizont des Lesers mit in den Blick gerückt werden. Die Möglichkeit, bei der Suche nach intertextuellen Bezügen »möglichst unprätentiös zwischen direkt und indirekt imitierten Texten zu unterscheiden«,114 eröffnet sich somit suo ipso (bzw. die Notwendigkeit einer solchen Unterscheidung wird nachgerade aufgehoben), da als Referenzpunkt nicht mehr der (nicht sicher rekonstruierbare) Autorwille, sondern vielmehr der Leser gilt – handle es sich um den potentiellen historischen Leser, also im Falle der Zweiten Sophistik den literarisch, historisch, philosophisch und rhetorisch ›getrimmten‹ πεπαιδευμ ένος, handle es sich um den Verfasser der vorliegenden Arbeit, der sich dem Text unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden gedruckten und elektronischen Hilfsmittel zu nähern sucht –, dem es anheimgestellt ist, einen intertextuellen Bezug als sinnstiftend zu erkennen.115 So ist – um ein Beispiel mit Blick auf 112 Vgl. auch den Überblick bei Baumann (42008) sowie die tabellarische Nebeneinanderstellung der Unterschiede zwischen allusion und intertextuality bei Fowler (1997) 15. – Die nachfolgend genannten Aspekte werden jeweils durch ein passendes Beispiel aus der Quintus-Forschung exemplifiziert. 113 Vgl. Riffaterre (1980) und dessen Unterscheidung zwischen »intertextualité aléatoire« und »intertextualité obligatoire«. 114 Von Möllendorff (2000) 16. 115 Die produktionsästhetische Seite des ›Dreiecks‹ und somit der Blick auf den Autor ist allerdings keinesfalls in Bausch und Bogen abzulehnen, und mit blosser Häme gegen biographistisches Interpretieren – hinter der sich, nota bene, oft wenig mehr als das Fehlen sachlicher Argumente verbirgt – ist niemandem gedient. Grundsätzlich ist bei jedem Text die Methodenfrage neu zu stellen, und das einzige, was die Literaturwissenschaft nicht brauchen kann, ist eine dogmatische Haltung. Mit Blick auf Quintus ist jedoch freilich einzuwenden, dass eine autorzentrierte Sicht aufgrund der negativen biographischen Evidenz (vgl. Kap. 1.1.1 + 1.1.2) kaum möglich scheint.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Quintus zu nennen – die Frage nach dem Einfluss lateinischer Literatur, insbesondere der Vergil’schen Aeneis, auf die Posthomerica seit jeher ausschliesslich unter autorzentrierter Perspektive betrachtet worden, d.h. es wurde zwar die Frage gestellt nach den »loci, in quibus Quintus Virgilium ante oculos habuisse dicitur«,116 nicht aber nach den Wirkungs- und Sinnpotentialen, d.h. nach der Frage, ob ein – wie auch immer geartetes – Leseoder Hörpublikum der Posthomerica Bezüge zur Vergil’schen Aeneis gesehen bzw. gehört haben mag, unabhängig von den Intentionen unseres Dichters.117 (2.) Ferner geht ebendiese autorzentrierte Quellenforschung im Normalfall von der Grundannahme mangelnder Kreativität bzw. Originalität vonseiten des ›imitierenden‹ Autors bzw., eng damit verknüpft, von der qualitativen Inferiorität der späteren (= imitierenden) Texte gegenüber der früheren (= vorbildhaften) Literatur aus. Diese in vielen Fällen nur implizit bestehende, aber umso mehr unangefochtene Prämisse basiert auf der im 18. und 19. Jahrhundert vorherrschenden Auffassung der Überlegenheit der als ›klassisch‹ empfundenen gegenüber der als epigonal bzw. minderwertig angesehenen ›nachklassischen‹ oder ›spätantiken‹ Literatur.118 Die in Kap. 116

Köchly (1853) XV (meine Hervorhebung). – Von einer ähnlich autorzentrierten Grundhaltung geht letztlich auch Gärtner (2005) aus, wenn sie ihre Untersuchung zu Quintus und Vergil, welche den bis dato jüngsten Beitrag zur Frage darstellt (vgl. Kap. 1.2.3), mit folgenden Worten beendet (286f.): »[M]an mag zwar nach wie vor ein Vergilisches Spezifikum bei Quintus fordern, doch muß ebenso der ‚Beweis‘, daß Quintus die Aeneis nicht gelesen hat oder nicht lesen konnte, noch erbracht werden. Man wird sich Quintus nicht ‚abhängig‘ von Vergil, die Posthomerica nicht aus der Aeneis ‚entwickelt‘ denken, nicht sämtliche in der vorliegenden Arbeit diskutierten Parallelen aus der Aeneis erklären und auch nicht von geziel-//ten Anspielungen sprechen wollen – hier hat man die Bedeutung des Βεργίλλιος als ἄλλος ῞Ομηρος sicherlich überschätzt; Kenntnis aber sowie Übernahme und Umsetzung einzelner Motive oder Szenen wie auch eine gewisse Auseinandersetzung mit dem Nationalepos der Römer wird man dem Dichter der Posthomerica nicht gänzlich absprechen können.« 117 In diesem Zusammenhang ist die Frage nach den Lateinkenntnissen der griechischsprachigen Bevölkerung während der römischen Kaiserzeit entscheidend (vgl. dazu die Übersichten bei Werner [1983] 591–593 und Gärtner [2005] 13–22 sowie, spezifisch zur Literatur und v.a. zu Vergil, Irmscher [1985] und [1986]), doch wenn tatsächlich »Vergil […] bei den Griechen als ‚der lateinische Dichter schlechthin‘ galt und dessen Name bei einer größeren Zuhörer- bzw. Leserschaft als bekannt vorausgesetzt wurde« (Gärtner [2005] 22), so ist damit über den potentiellen Rezeptionshorizont des Publikums mehr gesagt als über die Frage, ob Quintus die Aeneis im Original gelesen habe oder nicht. 118 Die hinter dieser Haltung stehenden geistigen Voraussetzungen und Auffassungen können hier nicht im Detail nachgezeichnet werden. Vgl. etwa Johann Wolfgang von Goethe, in: Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens 1823–1832, am 2. April 1829 (zitiert nach: Michel, Christoph / Grüters, Hans [Hg.]: Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, Bd. 12/39 [Frankfurt a.M. 1999] 324): »Das Klassische nenne ich das Gesunde, und das Romantische das Kranke. Und da sind die Nibelungen klassisch wie der Homer, denn beide sind gesund und tüchtig. Das meiste Neuere ist nicht romantisch, weil es neu, sondern weil es schwach, kränklich und krank ist, und das Alte ist nicht klas-

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1. Einleitung zu den Posthomerica

1.2.4 umrissenen negativen Qualitätsurteile über unseren ›schlechtesten Dichter des Altertums‹ (Schmidt [1999]) bzw. über sein Werk sind letztlich allesamt in diesem Lichte zu sehen,119 und wenn ihm etwa »Mangel an Phantasie«120 vorgeworfen, eine »nüchterne Denkart«121 attestiert oder »un manque certain de personnalité« aufgrund der konstatierten »défauts«122 seines Werks unterstellt werden, so zeigt sich darin ebenjene Verflechtung einer rein autorzentrierten Werkinterpretation mit dem Pauschalvorwurf des Epigonentums. Ferner fällt auf, dass Quintus oftmals einerseits für sein (scheinbares) Epigonentum, für sein als unkreativ oder ›sklavisch‹ empfundenes Nachahmen des homerischen Vorbilds (d.i., nota bene, im Endeffekt dieselbe Qualität, welche ihm in der Renaissance das epitheton laudans ῾Ομηρικώτατος einbrachte; s.o. Kap. 1.2.1), andererseits jedoch – und nicht selten in einem Atemzug – desgleichen für die (scheinbar misslungene) Variation und Verfremdung ebendessen getadelt wurde.123 Auch dieser – sachlich unhaltbare bzw. inhärent widersprüchliche – Deutungszugang ist eine Folge dieser unausgesprochenen Prämisse und ausserdem zirkelschlüssig: Als ›später‹, ›epigonaler‹ Dichtung könne Quintus nur von mediokrem Talent gewesen sein und das leuchtende homerische Vorbild nur schlecht nachgeahmt bzw. variiert haben – entsprechend erkläre sich die mindere Qualität seines Werks, welche wiederum von dem ›minderen Wesen‹ des Dichters zeuge. sisch, weil es alt, sondern weil es stark, frisch, froh und gesund ist. Wenn wir nach solchen Qualitäten Klassisches und Romantisches unterscheiden, so werden wir bald im Reinen sein.« 119 Bemerkenswert ist jedoch immerhin, dass diese negative Einschätzung im Grossen und Ganzen nur die Forschung des 20. Jhs. betrifft, wohingegen Quintus in der Renaissance als ῾Ομηρικώτατος bewundert wurde (s.o. Kap. 1.2.1) und auch im 19. Jh. z.T. noch Wertschätzung genoss (s.o. Kap. 1.2.4). 120 Keydell (1963) 1293 (»Mangel an Phantasie verraten auch die eigenen Erfindungen, die […] nur in gewissen Grenzen ein Streben nach Variierung erkennen lassen […]«). 121 Keydell (1963) 1272 (»Qu[intus] war, wie die Posthomerica zeigen [sic!], von nüchterner Denkart und jedem Überschwang abhold«). 122 Vian (1959a) 250. 123 Vgl. bspw. Keydell (1963) 1294: »Die Sprache des Qu[intus] schließt sich im allgemeinen an die homerische an. […] Überhaupt ist trotz Übernahme homerischer Versteile das Streben nach Abwandlung des homerischen Ausdrucks unverkennbar.« Nach Nennung einiger signifikanter sprachlicher Unterschiede zum homerischen Sprachgebrauch werden dann jedoch der Stil als »durch den Mangel an sprachlicher Gestaltungskraft bestimmt« und der Ausdruck als »matt, ohne Fülle und Leben« abqualifiziert (id. 1295). Man hat Quintus’ sprachliche Homernachahmung deshalb gerne als ›oberflächlich‹ wahrgenommen; vgl. z.B. Cantilena (2001) 69: »La tecnica di Quinto assomiglia solo superficialmente a quella di Omero.« Dagegen hat Appel zu Recht Partei ›für‹ Quintus ergriffen (obgleich seine Erklärung von Quintus’ Sprachgebrauch als imitatio cum variatione oder oppositio in imitando zu pauschal [da rein deskriptiv] bleibt); vgl. z.B. id. (1994c) 2: »Was früher z.B. als sklavische Nachahmung betrachtet wurde, wollen wir jetzt als eine Art der poetischen imitatio sehen. […] Heute kann niemand ernsthaft daran denken, daß Quintus eine einfache Nachahmung oder irgendeine Kontinuation des homerischen Epos zu schreiben beabsichtigte.«

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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(3.) Mit diesen beiden Punkten, v.a. aber mit letztgenanntem in engster Verbindung steht sodann die positivistische Grundhaltung124 der Quellenforschung: Gemeinsamkeiten zwischen zwei Texten (= positive Evidenz) werden als Indizien für eine (i.d.R. direkte) Abhängigkeit des einen Texts vom anderen gewertet (oder, wie im Falle Aeneis–Posthomerica, auf gemeinsame verlorene Quellen zurückgeführt, falls man – wie Vian – von der Annahme einer direkten Abhängigkeit zurückschreckt),125 während das Fehlen von Gemeinsamkeiten (= negative Evidenz) als Zeichen für die nicht vorhandene Kenntnis eines sich zur Imitation anbietenden Texts vonseiten des imitierenden Autors gewertet wird. In diesem Kontext ist etwa auch die Ursache für das Gewicht, welches man der Frage beimass, ob Quintus noch Zugang zu den Epen des Troischen Zyklus gehabt und diese als Quelle benutzt haben könne, zu verorten.126 Auf einer ähnlich positivistischen Prämisse aufbauend, begründet Campbell seine Grundhaltung, Quintus könne die Aeneis nicht als Quelle benutzt haben (hier mit Bezug auf die Sinon-Laokoon-Episode) folgendermassen: The Sinon and Laocoon episodes in Q. raise the question: did Q[uintus] use Virgil? It may be said at once that direct imitation is out of the question, // unless Q[uintus] had a remarkably stubborn temperament—so stubborn that, having scanned what V[irgil] had to say on the building of the Horse, on Sinon, on Laocoon, on the introduction of the Horse, he promptly forgot or ignored almost every memorable detail and instead contented himself with reflecting, not always with precision, and sometimes in a spirit of blatant contradiction, the underlying structure, preferring to go elsewhere for a large variety of key elements in the saga.127

Die unter (1.) und (2.) genannten Prämissen werden hier als ebenso selbstverständlich vorausgesetzt wie die als Notwendigkeit angesehene Annahme einer durchgängigen und detailgetreuen ›positiven Imitation‹ einer zur Verfügung stehenden (besseren) Quelle durch den (schlechteren) imitierenden Epigonen. Dagegen wird etwa die Möglichkeit einer gezielten, künstlerisch oder u.U. auch politisch motivierten Nicht-Beachtung bzw. Um124

Der Begriff des ›Positivismus‹ wird hier und im Folgenden wie alle von mir verwandten Termini grundsätzlich wertneutral sowie in seinem eigentlichen Wortsinn gebraucht, d.h. als Bezeichnung für eine Interpretationsmethode, welche ausschliesslich auf der Berücksichtigung und Deutung ›positiver‹ (= vorhandener bzw. nachweisbarer) Evidenz fusst (zu Geschichte und Methodik des Positivismus vgl. einführend Köhn [1971]). Entschieden abzulehnen ist der Begriff als polemische Pauschalbezeichnung für »eine theoriekritische bzw. -feindliche Haltung« bzw. den »Verzicht auf methodische Reflexion« im Allgemeinen (Kablitz [42008] 582). 125 Zu der von Vian verfochtenen These der ›gemeinsamen verlorenen Quellen‹ von Vergil und Quintus (denen – so die Grundannahme – Quintus ›sklavischer‹ gefolgt sei als der ›kreative[re]‹ Vergil) und zur Gegenthese von Keydell (d.i.: unbedingter direkter Einfluss von Vergil auf Quintus) vgl. Kap. 1.2.3. 126 Vgl. dazu Kap. 1.4.2. 127 Campbell (1981) 117f.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Schreibung (unwriting) der allbekannten Vergil’schen Fassung (im Sinne einer recusatio der gültigen ›Staatsversion‹) nicht erwogen.128 (4.) Schliesslich bleibt die Quellenforschung in den meisten Fällen rein deskriptiv, d.h. sie geht nicht über das Konstatieren von Quellen, Vorbildern und Parallelen hinaus129 und macht die gewonnenen Erkenntnisse kaum interpretatorisch fruchtbar, was m.E. hauptsächlich aus den unter (2.) genannten impliziten Grundannahmen der Inferiorität der späteren Texte und der mangelnden Kreativität / Originalität des imitierenden Autors resultiert. Bereits vor sechzig Jahren, also lange vor Kristeva, bemängelte Kayser: »Was die Quellenforschung mit dem Odium der Stoffhuberei belastet hat, war das Sich-zufrieden-geben mit den bloßen Feststellungen stofflicher Bezüge. Tatsächlich ist damit nichts für die künstlerische Erfassung und noch sehr wenig für die literaturhistorische getan. Die eigentliche Arbeit müßte jetzt beginnen. Warum ergriff der Dichter diesen Stoff, was reizte ihn? Wie und wozu verarbeitete er ihn?«130 Viele philologischen Kommentare älteren Zuschnitts funktionieren primär nach diesem Muster131 – ein Extrembeispiel ist der genannte Kommentar von Campbell (1981) zu Posthomerica 12, welcher sich in den meisten Fällen auf das erschöpfende Herzählen sprachlicher Parallelstellen beschränkt, jedoch wenig interpretatorisch relevante Schlussfolgerungen aus selbigen zieht.132 Dagegen zeigen Arbeiten wie bspw. diejenigen von Conte (1986), Fowler (1997) und Hinds (1998), welch ungeahnte Tiefendimensionen in einem Text sich eröffnen können, wenn es gelingt, ›Parallelen‹ oder ›Reminiszenzen‹ als »functional rhetorical matrix« zu verstehen, welche dem Zweck dienen, »to make [allusion and poetic memory] contribute to the process of poetic signification as constitutive elements of poetic discourse«.133 128

Zu dieser These vgl. Kap. 1.1.3 mit Anm. 33 sowie Kap. 1.2.3 mit Anm. 85. Von Conte (1986) 23 despektierlich als »comparisonitis« bezeichnet. 130 Kayser (1948) 60. – Freilich steht jedoch auch bei Kaysers modern anmutender Forderung die Frage nach Klärung der Autorintention noch im Vordergrund. 131 Vgl. z.B. Fowler (1997) 14: »Classicists have always been concerned with ‘parallels’ – with what goes after the magic word ‘cf.’ – particularly because of the central role of the commentary within the interpretative community, an almost unique feature of the discipline. What has not been clear with the traditional citation of parallel passages is what the point of the activity is, how the parallels affect the interpretation of the text.« – Auch hier muss man sich allerdings vor Pauschalurteilen hüten – so bieten bspw. die Kommentare von Wilamowitz (21909) (zu Euripides’ Herakles) oder von Fraenkel (1950) (zu Aischylos’ Agamemnon) hervorragende exegetische Ausführungen, und mit Bezug auf Quintus ist der Kommentar von Köchly (1850) zu nennen, der zuweilen über vorzügliche interpretatorische Ansätze verfügt (vgl. Kap. 1.2.3). 132 Beizufügen ist allerdings, dass Campbells Kommentar als Materialsammlung von grossem Nutzen ist und aufgrund seiner konsequenten Berücksichtigung auch der späteren Gräzität es möglich macht, Quintus’ Werk im Kontext eines nach-/uniliadisch-epischen Codes (vgl. dazu Kap. 1.3.3.3) zu verstehen. 133 Conte (1986) 23. – Vgl. auch Fowler (1997) 18: »Traditionally, there has been much uncertainty about what the function of allusion was: was it to demonstrate learning, to pay homage to a 129

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Abschliessend noch ein Wort zur verwendeten Terminologie: Wenn hier und im Folgenden sowie auch und v.a. im Kommentarteil traditionelle Begriffe wie Quelle, Vorbild, Nachahmung, Imitat, Anspielung, Reminiszenz etc. trotz ihrer ›Vorbelastung‹ weiterhin verwendet werden, so geschieht dies (1.) aus rein (sprach-)praktischen Gründen; (2.) weil die moderne Literaturtheorie zwar häufig die althergebrachte Begrifflichkeit ablehnt, jedoch weitaus seltener Termini von äquivalenter Praxistauglichkeit als Alternativen zur Verfügung stellt; (3.) angesichts der Tatsache, dass auch die moderne(re)n Begriffe polyvalent sind und somit Angriffsflächen bieten; (4.) da die Quellenforschung, wie gezeigt, nicht in globo aufgegeben werden, sondern lediglich modifiziert und objektiviert werden muss.134 1.3.2 Bisherige Forschung Die nachfolgende Darstellung sucht die bisherigen Forschungserkenntnisse zu Sprache und Formgestalt der Posthomerica zusammenzustellen, ohne dabei in den Einzelheiten Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben; insbesondere wird darauf verzichtet, bestehende Einzelbeobachtungen, welche (etwa in Form von Aufzählungen, Listen oder Tabellen) leicht zugänglich sind, en détail wiederzugeben. Vielmehr wird ein kritischer Überblick über das bisher Geleistete unter Herausarbeitung der wichtigsten Forschungsstränge angestrebt. Diese Synopse soll als Hintergrund und Basis für meinen eigenen Versuch einer exemplarischen Darstellung von Sprache und Formgestalt der Posthomerica unter Berücksichtigung intertextueller Ansätze dienen (Kap. 1.3.3). Die erste und einzige Gesamtdarstellung zu Sprache und Formgestalt der Posthomerica, die auf einer vollständigen Sichtung und Auswertung des ganzen Werkes beruht, ist diejenige in den prolegomena von Köchly (1850); sämtliche Untersuchungen und Ausführungen zum Thema ruhen also bis dato notwendigerweise auf den Schultern dieses Giganten: Auf eine 17-seitige Abhandlung zur Metrik (»De versu et numeris Quinti«, XXXII– predecessor, to acknowledge a debt, to borrow lustre from a classic model? All of these are again ‘extras’, things done with texts rather than part of their meaning. In contrast, the focus in recent years has been on the way in which intertextuality creates meaning in texts through a dialectic between resemblance and difference.« 134 In diesem Sinne auch von Möllendorff (2000) 13: »Der Kampf der hermeneutisch orientierten Intertextualitätstheoretiker gegen die Quellenforschung mutet […] oft wie ein Schattengefecht zur Sicherung eigener diskursiver Herrschaftsansprüche an. […] [D]ie zentrale Gemeinsamkeit der beiden Richtungen besteht aber in der grundsätzlichen Anerkennung der Möglichkeit absichtsvoller und sinnstiftender auktorialer Anspielungen. Kritisierbar wäre im Begriff der ‚Quelle‘ höchstens die darin implizit enthaltene Bewertung des anspielenden ‚Textes‘ als abhängig und damit nicht originell.«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

XLVIII)

folgt eine 52 Seiten starke Darstellung der Sprachgestalt (»De dictione Quinti«, XLIX–C), welche die verschiedenen Parameter der Sprache systematisch abhandelt, so etwa den nach Wortarten geordneten Wortgebrauch, die Verwendung der Kasus und Präpositionen, den Modusgebrauch und die Nebensätze, schliesslich auch einige Bemerkungen zu den Gnomen und zur Gleichnistechnik. Eine systematische Würdigung oder Wiedergabe von Köchlys Leistung kann und soll hier nicht geleistet werden, zumal seine innerhalb der Kategorien meist alphabetische Ordnung des Materials einen leichten Zugriff ermöglicht. Köchlys Darstellung der dictio Quinti orientiert sich ausschliesslich am Vergleich mit den homerischen Epen und konstatiert hauptsächlich die Unterschiede zu selbigen – vgl. z.B. die Listen der unhomerischen Flexionsformen (§§ 2–3, LI–LIII), der unhomerischen Substantive und Adjektive (§§ 6–7, LV–LXIV) oder der unhomerischen Verbzusammensetzungen (§ 12, LXVI [»Ut Quintum in ponendis praepositionibus luxuriantem postea videbimus, ita in compositis verbis multo plus sibi indulsit«]). Trotz der aus der rein positivistischen Herangehensweise resultierenden grundsätzlichen Objektivität Köchlys dringt zuweilen eine wertende Haltung durch, z.B. in den Kommentaren zum – im Vergleich zum homerischen Vorbild eingeschränkten – Gebrauch von Konjunktiv und Optativ,135 oder in einer Bemerkung wie der folgenden (zum Konjunktivgebrauch in Temporalsätzen, § 40, LXXXIV; meine Unterstreichung zur Hervorhebung): »Nihil offensionis est in his conjunctivis post conjunctiones temporales positis.« Völliges Unverständnis und offene Abneigung zeigt Köchly schliesslich gegenüber Quintus’ extensivem Gebrauch von Gnomen und Sentenzen (§ 47, XCV): »Neque aliam rem silentio praeterire fas est, quae et ipsa Quinto maxime peculiaris est. Frequentissime enim et paene ad nauseam usque locos communes admiscuit, qui maximam partem sapientiam vulgarissimam produnt.«136 135 Vgl. § 25, LXXVIII: »Conjunctivi usus simplicissimus est et ne Homericos quidem fines explet. Frustra enim tale quid ut καὶ ποτέ τις εἴπῃσιν vel οὐ γάρ πω τοίους ἴδον ἀνέρας , οὐδὲ ἴδωμαι similiaque apud Quintum quaeramus.« – § 26, ibid.: »Nec minus simplex, ne dicam tenuis, optativi usus est, comparatus ille cum Homeri, tragicorum, oratorum, dialogistarum abundantia et varietate […]« – Zum bemängelten Fehlen des prospektiven Hauptsatzkonjunktivs ist zu sagen, dass dieser schon unmittelbar nachhomerisch völlig verschwunden ist (mit Ausnahme von Floskeln wie τ ί πάθω; – vgl. Schwyzer II, 309–311) – die negative Evidenz ist also vielmehr ein Zeichen eines nach-/uniliadisch-epischen Codes (zu diesem Terminus vgl. Kap. 1.3.3.3). Der ›magere‹ Optativgebrauch sodann ist im Kontext des allgemeinen und stetigen Rückgangs des Optativs seit klassischer Zeit zu sehen (vgl. Schwyzer II, 337f.); Konjunktiv statt Optativ im Finalsatz nach übergeordnetem Nebentempus ist homerisch die Ausnahme, bei Q.S. jedoch die Regel (vgl. den Kommentar zu (22) μή […] χαλέψῃ). 136 Köchlys Beobachtung zur relativen Häufigkeit der Gnomen in den Posthomerica ist korrekt: Es finden sich gesamthaft 132 Gnomen in dem Werk; die Ilias verfügt – bei doppelter Länge – nur über wenig mehr, nämlich 154 (Zahlen nach Maciver [2007] 269f.). Die spätere Forschung ist allerdings kaum über Köchlys pauschale Negativbeurteilung hinausgekommen; für eine Neube-

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Winkler (1875) hat im Anschluss an Köchly (1850) einige Spezifika von Quintus’ Sprache dargestellt, wobei er im Unterschied zu diesem (1.) punktuell auch Beobachtungen zu nachhomerischen Epikern wie Kolluthos oder Triphiodor, v.a. aber Apollonios Rhodios miteinbezieht und festhält, dass Quintus Letzteren »nach Homer wohl am meisten benützt haben dürfte«,137 und (2.) den Anschauungsbereich über die Wort-, Junkturen- und Phrasenebene hinaus auch auf die Gestaltung ganzer Verse ausweitet. Als sprachliche Idiosynkrasien der Posthomerica nennt er u.a.: die gehäufte Verwendung zusammengesetzter Verben (teils mit einem, teils mit zwei Präverbien), die homerisch ›erst‹ als Simplicia (oder in einfacher Zusammensetzung) vorkommen;138 homerische Verben in homerisch unüblicher Diathese oder Zeitform;139 homerisierende Wortneuschöpfungen im Bereich der Adjektive nach homerischem Vorbild;140 sodann die Verwendung von »Verstheilen und Verbindungen, die theils unverändert […], theils abgeändert oder entstellt Homer entlehnt sind« (25) bzw. »Verse, welche Quintus paraphrasiert, und von denen einige sich nur sehr wenig von den homerischen unterscheiden« (27); schliesslich die Applizierung formelhaft verwendeter homerischer epitheta ornantia auch auf andere Bezugswörter.141 Eine wertvolle und benutzerfreundliche Ergänzung zu Köchlys Darstellung bietet ferner Paschal (1904) 22–36 in Form alphabetisch strukturierter Listen: unhomerisches Vokabular, chronologisch geordnet nach den Erstbelegen von Hesiod bis Q.S., welches sich gemäss Paschals Auszählung auf gesamthaft 576 unhomerische Vokabeln beläuft (davon 162 erstmals bei urteilung unter Berücksichtigung intertextueller und v.a. narratologischer Analysen vgl. Maciver (2005) und (2007). 137 Winkler (1875) 28. 138 Vgl. Winkler (1875) 10f. (dazu Liste: 11–15): »Die Zusammensetzung der Verba mit einer Præposition, sowie überhaupt die Zusammensetzung war für Quintus ein sehr beliebtes Mittel, das homerische Wort zu seinem Worte zu machen. Wenigstens finden sich unter den nicht homerischen Verben bei Quintus etwa zwei Drittel einfach zusammengesetzte Verba, welche bei Homer alle als verba simplicia (oder daneben auch in irgend einer andern Zusammensetzung, als nämlich die bei Quintus ist) vorkommen. Von diesen Zu-//sammensetzungen kommen viele nur bei Quintus vor, wie man aus den unten angeführten Beispielen sehen kann. Viele dieser Zusammensetzungen aber, sowie auch sonstiger nicht homerischer Wörter bei Quintus, finden sich schon bei Hesiod und noch viel mehr bei Apollonios Rhodios.« 139 Vgl. Winkler (1875) 17: »Nicht selten gebraucht Quintus zwar das gleiche homerische Wort, hat aber a) das Activum, während Homer nur das Medium oder Passivum oder b) den Indicativ, während Homer nur das Participium hat, oder c) andere spätere Zeitformen.« 140 Winkler (1875) 20–23; über die Adjektive in den Posthomerica später systematisch Vian (1959a); vgl. meine Anm. 149. 141 Vgl. Winkler (1875) 29f.: »Ein anderes Mittel der Abänderung homerischer Verbindungen war die Vertauschung der Epitheta. Die Epitheta betreffend, hat nämlich Quintus diese oft vertauscht […], manche gar nicht herübergenommen, bisweilen auch Adjectiva, die bei Homer nur mit Sachen verbunden sind, // Personen beigelegt, daneben auch nicht selten die homerische Verbindung beibehalten.«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Q.S. belegt) und somit ca. 15% von Quintus’ Gesamtwortschatz ausmacht (22–27);142 semantische und formale Variationen, z.B. homerische Substantive mit Bedeutungserweiterungen/-änderungen, substantivisch gebrauchte Adjektive oder homerische Verben in homerisch unüblichen Zeitformen (27–30); unhomerische Flexionsformen (»dialectal variations from Homer«, 30–32); von Quintus häufig verwendete homerische Phrasen und Klauseln (32f.) sowie Junkturen aus Adjektiv und Substantiv (34f.); sodann homerisierende Wendungen, welche die homerische Formelsprache imitieren, jedoch als solche unhomerisch sind (35f.). Aufs Ganze besehen, betont Paschal mehrfach die Nähe der Posthomerica zum homerischen Sprachgebrauch und sieht die unhomerischen Elemente als äussere Einflüsse der allgemeinen Sprachentwicklung,143 während er die kreative Eigenleistung des Dichters marginalisiert, etwa indem er in den gesamthaft 162 erstmals in den Posthomerica belegten Wörtern nicht Neologismen, sondern Spuren aus den verlorenen Zyklischen Epen sieht.144 Nach möglichen künstlerischen Gründen für diese Nähe und die gleichzeitig festzustellenden Abweichungen wird jedoch nicht gefragt, so dass seine Gesamtbeurteilung des Werks, in die er nebst Sprache und Stil auch die rhetorische Ausgestaltung, die Gleichnistechnik und die Personencharakterisierung einbezieht, letztlich zuungunsten unseres Dichters ausfällt: Quintus could not reconceive the Homeric world in its completeness. He was under the necessity, then, of con-//stantly reproducing that part of it which he clearly conceived. He knew a chariot and a ship, but his imagination could not body forth the various parts of a chariot or ship as seen by Homer. His epithets are not, as in Homer, genuine expressions of some quality; their constant and indiscriminate use adds much to the monotony of the poem, and at the same time gives it a bookish and insipid flavor. His sentences also show a sameness of structure. He uses ad nauseam introductions such as ἀλλ᾿ ὅτε δή followed by δὴ τότε. His sentences are short and simple and show only one face. After a while the reader tires of ἄλλοθεν ἄλλος , but Quintus never does.145

Die umfassendste Erweiterung von Köchlys (1850) Darstellung bietet dagegen Vian (1959a) in drei Kapiteln: Das erste (Kap. 5 »Homérismes et néologismes méconnus« [145–174]) stellt Früchte von Vians beispielloser

142 Paschal (1904) 22 geht von einem Gesamtvokabular der Posthomerica von ca. 3800 Wörtern aus (ohne Berücksichtigung der Eigennamen). Ich komme bei meiner Auszählung der Lemmata bei Papathomopoulos (2002), exkl. Eigennamen, auf eine Gesamtzahl von 3912. 143 Vgl. z.B. Paschal (1904) 27: »Quintus in general adheres very closely to the Homeric meaning of the words he uses, but he has not altogether escaped the influence of the regular historical development of the language.« 144 Paschal (1904) 27. 145 Paschal (1904) 63f.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Beschäftigung mit der Handschriftentradition der Posthomerica146 dar und bringt »vor allem für die Herstellung des Textes reichen Ertrag«:147 die Richtigkeit der handschriftlichen Überlieferung lässt sich an zahlreichen Stellen, an denen die Konjekturalkritik des 18. und 19. Jhs. ›geglättet‹ hat, als richtig und intertextuell abgestützt (d.h. i.d.R. als variierende Bezugnahmen auf homerische oder nachhomerische Vorbilder) erweisen, während an anderen Stellen gewisse Eigenheiten der Posthomerica durch den Einfluss des Homertexts im Laufe der Handschriftentradition fälschlicherweise an das homerische Vorbild ›angeglichen‹ wurden.148 Kap. 6 (175– 211) widmet sich dem homerisierenden Formularstil der Posthomerica: untersucht wird der Gebrauch einiger Verben in Typischen Szenen sowie – in extenso – der Adjektive in homerischen bzw. homerisierenden Formeln,149 gefolgt von einigen weiteren textkritischen Erörterungen, die im Zusammenhang mit dem homerischen Formularsystem stehen, sowie der Darstellung einiger syntaktischer Auffälligkeiten (Anakoluthe, Parenthesen, Brachylogien). Das letzte Kapitel (212–249) behandelt einige Aspekte der Metrik (Hiat; silbisches Augment; Spondeus; Penthemimeres; trochäische Zäsur; zweites Hemistich).150 Was die Gesamtbeurteilung (250–252) angeht, so oszilliert Vian zwischen Anerkennung und Ablehnung, indem er unserem Dichter »une connaissance intime d’Homère« attestiert, dem es gelungen sei »à s’assimiler la langue et le style d’Homère« (250) und dessen ›Bemühen um Varietät‹ er zwar ästimiert, doch sei er damit ›nicht bis zur Originalität vorgedrungen‹ und deshalb ›weder zu verkennen noch überzubewerten‹.151 Er hat die epische Diktion des Quintus als homerische bzw. 146

Vian (1959b); vgl. Kap. 1.2.1 + 1.2.2. Keydell (1961) 284. 148 Vgl. Vian (1959a) 162: »L’imitation d’Homère est si manifeste qu’elle a dû frapper tout lecteur ou tout copiste quelque peu cultivé. Il n’est donc pas surprenant que des réminiscences homériques se soient glissées dans les Posthomerica au cours de la transmission manuscrite en se substituant au texte original.« 149 Gemäss Vian (1959a) 182 stehen in den Posthomerica 720 homerische Adjektive 220 unhomerischen gegenüber (»on sent que QS a trouvé dans les adjectifs un moyen commode de se différencier d’Homère«). Von 180 Formeln sind nur 76 bereits homerisch, wobei 15 davon in den homerischen Epen nur ein- oder zweimal vorkommen (»ne peuvent donc être tenues pour de véritables formules«, 191). Vian ist m.W. der erste, der die von Quintus häufig angewandte Technik, homerische Formeln variierend aufzugreifen (vgl. mein Kap. 1.3.3.3) beschrieben hat (192): »A chaque instant se manifeste le désir de renouveler le matériel épique hérité d’Homère. Tantôt les formules sont affectées d’une signification nouvelle […] Tantôt le schéma métrique demeure, mais l’épithète traditionnelle est remplacée par un synonyme […]« 150 Vgl. Vian (1959a) 212 für eine Übersicht über die vor ihm geleisteten Beiträge zur Metrik der Posthomerica; ferner die Studie von Rodríguez-Pérez (1983) sowie Whitby (1994) 114 für eine Kurzübersicht über die wichtigsten metrischen Besonderheiten bei Q.S. 151 Vian (1959a) 250f.: »[C]’est d’une façon consciente qu’il donne à son style une discrète teinte « moderne » […] Quintus a trouvé chez Homère une manière de conter ; mais, plutôt que de juxtaposer paresseusement des centons, il substitue sa propre technique formulaire à celle de son 147

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1. Einleitung zu den Posthomerica

homerisierende κοινή bezeichnet152 – dies in offensichtlicher Anlehnung an die pangriechische κοιν ή der Kaiserzeit: ein seinerseits problematischer Begriff, der als simplifizierende Sammelbezeichnung für ein nachklassischkaiserzeitliches ›Einheitsgriechisch‹, d.h. ein vereinfachtes, geglättetes Attisch,153 dient –, welches in seinem Grundstock klar homerisch bzw. homerisierend sei, dabei allerdings Raritäten, Archaismen und Glossen weitgehend vermeide und sich so in Opposition zur hellenistischen Dichtung stelle. Gegen den Vorwurf der ›sklavischen‹, ›misslungenen‹ oder ›verflachten‹ Homernachahmung haben sich – m.W. als erste in dieser eindeutigen Form – Chrysafis (1985) und Giangrande (1986) gewandt. Stattdessen sehen sie, in impliziter Absetzung gegen Vians κοινή-Begriff, das Werk des Quintus in der Fortsetzung der alexandrinisch-hellenistischen Tradition, welche der gelehrten intertextuellen Anspielung, der arte allusiva, verpflichtet ist.154 Schlüsselbegriffe wie imitatio cum variatione, oppositio in imitando und Selbstvariation, mit welchen die alexandrinische Anspielungs- und Zitiertechnik charakterisiert wird, werden auch für die Sprachgestalt der Posthomerica als konstitutiv erkannt.155 So zeigt Chrysafis (1985) u.a., dass Quintus das Pronomen μιν mehrfach unhomerisch i.S.v. ο ἱ, d.h. als Dativ, verwendet und somit einer alexandrinischen Praxis folgt (18–26), und dass auffällige Repetitionen von Wörtern und Wendungen auf engem Raum, die Castiglioni (1921) noch als Zeichen für mangelnde Gestaltungskraft des Quintus kritisiert hatte,156 vielmehr oftmals von semantischer und / oder modèle ; il s’efforce à la variété, sans parvenir, il est vrai, à // l’originalité ; il se risque parfois à des hardiesses qu’il ne faut ni méconnaître, ni non plus surestimer.« 152 Vian (1959a) 145 (»une espèce de koiné homérique«), (1963) XLI (»koine homérisante«) und (1986) 336 (»une espèce de koiné épique«); danach auch Fornaro (2001) 724. 153 Vgl. Art. »Koine« in: DNP 6 (1999) 631–633 (Vera Binder) (»man bezeichnet damit zumeist undifferenziert ein relativ einheitliches nachklass[isches] Griechisch auf att[ischer] Basis, aber mit zahlreichen ion[ischen] Einflüssen durchsetzt, das die altgriech[ischen] Dial[ekte] […] verdrängt habe und der Vorfahr des Neugriech[ischen] sei«, 631). 154 Der Begriff der arte allusiva als Konstituente alexandrinischer Dichtung und ihrer intertextuellen Technik wurde geprägt von Pasquali (1951) und weiterentwickelt von Giangrande (1967); vgl. ausserdem Hunter (1989) 32–42 (»dense, ostentatiously learned poetry in which every word counts, where nothing is there simply to fill up the // verse, where surprises of both language and subject lurk around every page«, 37f.) und id. (1997) 259. Kritik am Begriff wurde geäussert von Rengakos (1993) 44f. und Kyriakou (1995) 15 Anm. 38; allerdings ist festzuhalten, dass unter arte allusiva heute mehr verstanden wird als nur die Anspielung auf ausgefallene Varianten im Homertext. 155 Vgl. Chrysafis (1985) 17: »I need hardly repeat here how freely, allusively, and cleverly Hellenistic and post-Hellenistic epic poets, not least Quintus, used Homeric language, style and motifs: imitatio cum variatione towards Homer and Selbstvariation were the canons adhered to, so that it can be stated that Quintus hardly ever repeats Homer’s words verbatim, without a slight variation, and hardly ever repeats his own phrases without changing their wording.« 156 Castiglioni (1921) 39; vgl. Kap. 1.3.3.2 mit Anm. 204.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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poetischer Signifikanz sind (27–32).157 Giangrande (1986) sodann weist anhand ausgewählter Beispiele nach, dass Quintus mit Techniken wie der ›kommentierenden‹ Verwendung homerischer Raritäten / Glossen (interpretatio Homeri), der literarisch ›versteckten‹ Anspielung auf grammatische oder textkritische Probleme der Homerphilologie oder des Gebrauchs sog. ›Nebenformen‹ desselben Wortes im Sinne der Selbstvariation sich bewusst in eine alexandrinisch-hellenistische Tradition stellt (»continua una tradizione letteraria e linguistica formatasi, o per meglio dire consolidatasi, nel periodo ellenistico«, 41).158 Im Anschluss an diese beiden Arbeiten hat Appel (1993b; 1994a; 1994b) weitere wichtige Beiträge dazu geleistet, die ›alexandrinische Seite‹ unseres Dichters klarer zu erkennen: Er konnte nachweisen, dass der Gesamtwortschatz der Posthomerica zu ca. 10% (d.i. ca. 410 Wörter bei einem Gesamtwortschatz von ca. 4600 Wörtern) aus homerischen hapax legomena besteht,159 die Quintus darüber hinaus i.d.R. in formaler und / oder semantischer Variation gegenüber seinem Vorbild verwendet oder gar – im Falle umstrittener homerischer Bedeutung – auf einer Metaebene ›diskutiert‹, indem er verschiedene mögliche Bedeutungen aktiviert bzw anklingen lässt:160 Es kann […] gesagt werden, daß das Epos des Quintus vom lexikographischen Gesichtspunkt aus eine wichtige Quelle ist, die nicht außer acht gelassen werden sollte. Es ergibt sich weiter, daß man bei verallgemeinernden Feststellungen, daß der Wortschatz des Dichters zu 80% homerisch ist, vorsichtiger sein muß. […] [Es] treten auch Wörter, die zuerst von Homer und dann von Quintus wieder verwendet wurden, in den // Posthomerica nicht immer in ihrer ursprünglichen Bedeutung und syntaktischen Verwendung auf. Es ist ferner zu vermuten, daß die Prozentzahl der direkten Entlehnungen aus Homer in Wirklichkeit geringer ist, als im allgemeinen behauptet wird. Besonders interessant scheinen diejenigen Stellen aus den Posthomerica zu sein, wo man sehen kann, daß Quintus aus Homer schöpft, doch gleichzeitig versucht, einem übernommenen Ausdruck seine eigene Prägung zu geben. Beim Gebrauch solcher Wörter durch Quintus haben wir Beispiele für eine imitatio cum variatione,

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Vgl. Chrysafis (1985) 29: »Repetition is not only an ingredient which was compulsory in itself in late epic poems such as the Posthomerica: it was elegantly used by Quintus in order to achieve constant self-variation.« 158 Dabei erweist er – ähnlich wie schon Vian (1959a) 145–174 (s.o.) – an einigen Stellen die handschriftliche Überlieferung als richtig und entsprechende Emendationen als unnötig. Einige weitere Beispiele dafür auch bei Deliyannis (1992). Vgl. zu diesem Bereich auch den Kommentar zu (60) παρήια, in kritischer Auseinandersetzung mit Giangrande (1986) 47. 159 Von diesen ca. 410 hapax legomena sind 25 ausschliesslich bei Homer und bei Q.S. belegt, stellen also echte, von Quintus ›reaktivierte‹ Raritäten dar; vgl. Appel (1993b) 179 Anm. 5. 160 Zu dieser typisch alexandrinischen Technik der interpretatio Homeri bei Q.S. vgl. v.a. auch Appel (1994b), unter expliziter Berufung auf Giangrande (1986) und Rengakos (1992).

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1. Einleitung zu den Posthomerica

bzw. oppositio in imitando, die für die literarische Technik unseres Dichters und sein poetisches Handwerk ein charakteristisches Merkmal zu bilden scheint.161

Ein weiterer zentraler Aspekt in der Forschung zu Form und Sprachgestalt der Posthomerica ist schliesslich die Frage nach Quintus’ Adaption des homerischen Formularsystems: Die Tatsache, dass Quintus seinen Text nicht bloss wie ein Centonendichter aus präexistenten homerischen Versatzstücken und Versen ›zusammengeschnipselt‹, sondern die formelhafte Verskomposition der homerischen Epen in kreativ-schöpferischer Weise aufgegriffen und weiterentwickelt hat, wirft die Frage nach dem Grad des Zusammenhangs zwischen Formelhaftigkeit (formularity) und Mündlichkeit (orality) bei der Produktion eines dichterischen Texts auf – konkret: Kann Quintus’ Dichtung als Hinweis dafür gelten, dass auch die homerischen Epen nicht zwingend das Endprodukt einer oral poetry sein müssen, oder ist vielmehr davon auszugehen, dass die Posthomerica ebenfalls aus einer (wie auch immer gearteten) ›Mündlichkeit‹ hervorgegangen sind, dass wir also in letzter Konsequenz von einem aktiven Weiterleben mündlicher Rhapsodendichtung bis ins 2./3. Jh. n.Chr. auszugehen hätten?162 Verstand Parry formularity ausschliesslich und unbedingt als Zeichen für orality und fand daher in den Posthomerica »little to observe […] except the misunderstanding of the nature of ornament«,163 so differenzierte Hoekstra (1965) dessen Verdikt dahingehend, dass er auf die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Kreation und Adaption hinwies: »[Parry] proved, by comparing Homer with Apollonius and Virgil, that a single poet, who is at the same time a “pen-poet”, // does not create a vast system of formulae […] He certainly did not prove […] that only an oral poet can adopt a formulaic diction which has previously been created.«164 In kritischer Auseinandersetzung mit Hoekstra, der die Ansicht vertrat, man müsste die Posthomerica aufgrund ihrer Nähe zu den homerischen Epen für genuine oral poetry halten, wenn man es nicht besser wüsste,165 versuchte sodann Visser (1987) 266–289 anhand seines ›generativen Ansatzes‹166 zu zeigen, 161

Appel (1993b) 187f. – Appels Arbeiten sind in der Forschung bisher leider kaum rezipiert und gewürdigt worden (vgl. auch Kap. 1.2.3 mit Anm. 92). So geben James / Lee (2000) 22 den Forschungsstand nicht adäquat wieder, wenn sie behaupten: »One significant limitation to Q[uintus]’s imitation of H[omer] is that, unlike his Hellenistic predecessors, he shows no liking for rare or unique H[omeric] words of disputed meaning, so-called glosses.« In diesem Sinne bereits Köchly (1850) proleg. XLIX; Vian (1959a) 145; Campbell (1981) 195. Vgl. auch Kap. 1.3.3.3. 162 Letzteres vermutet z.B. Jensen (1980) 127. 163 Parry (1971) 429 (meine Hervorhebung). 164 Hoekstra (1965) 16f. 165 Hoekstra (1965) 17. In diesem Sinne früher implizit auch schon Paley (1876) 7. 166 Zu diesem Ansatz vgl. zusammenfassend id. 336: »[D]ie homerische Technik der Verskomposition ist kein reines Addieren von Formeln, sondern in den meisten Versen ein immer wieder neues Zusammensetzen einerseits der metrischen Determinanten, die den individuellen

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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dass in Quintus’ »Art, Verse zu strukturieren und zu komplettieren, signifikante Unterschiede sichtbar werden« (268), und nennt hierfür drei Hauptaspekte, die er auf den Unterschied zwischen mündlicher Versifikation und deren Imitation ›auf dem Papier‹ zurückführt: (1.) Quintus’ Versstruktur ist weniger stichisch, d.h. er verwendet häufiger Enjambement, da »der Dichter nicht gezwungen ist, seine Aussageintentionen auf kleine Räume aufzuteilen, um so ihre Versifikation zu vereinfachen« (287). – (2.) Es finden sich häufiger metrische Dubletten, d.h. v.a. ›unökonomische‹ Variationen von epitheta ornantia bei gleichbleibender metrischer Struktur, da Quintus die Notwendigkeit des improvisierenden Dichters, Epitheta gemäss den variierenden metrischen Strukturen auszutauschen, für eine rein formale (oder poetische) Variation hält, so dass »es dabei oft zur Bildung von Dubletten kam« (287). – (3.) Bei Q.S. sind »Epitheta nicht als kontextneutrale Elemente gebraucht, die bestimmte Wörter auf Kolonlänge ausdehnen, sondern als homerisierendes Beiwerk« (288). Den jüngsten Beitrag zur Thematik finden wir schliesslich bei James / Lee (2000) 24–30:167 Untersucht werden das Substantiv νη ῦς sowie sechs Heroennamen, welche sowohl homerisch wie auch bei Q.S. häufig vorkommen (Αἰνείας, ᾿Αγαμέμνων, Πρ ίαμος, Α ἴας, ᾿Αχιλλεύς, ᾿Οδυσσεύς), auf das ›System‹ ihrer jeweiligen Epitheta-Kombinationen hin. Von insgesamt 115 verschiedenen Epitheta erweisen sich nur 26 als distinktiv, d.h. in ihrer Anwendung auf einen bestimmten Heroennamen beschränkt, während 89 generisch sind, d.h. auch auf andere Namen oder Substantive appliziert werden. Die Autoren ziehen daraus den Schluss, dass »Q[uintus]’s heroic epithets, like H[omer]’s, function at least predominantly as an ornament, not with contextual significance« (27) – das epitheton ornans wird also im Parry’schen Sinne als rein schmückendes Beiwerk verstanden, und Vissers Aussagewillen des Dichters Homer repräsentieren, andererseits der mit Blick auf die metrischen Voraussetzungen gewählten, von der epischen Tradition geprägten und vorgegebenen Füllelemente. Da auch im Bereich der inhaltlich notwendigen Wörter wie etwa des Prädikats eine erhebliche metrische Flexibilität festzustellen war, konnten auch auf improvisatorischer Basis nahezu unendlich viele Aussageintentionen metrisch korrekt wiedergegeben werden, jedenfalls so lange, wie sich die Thematik in einem traditionellen Bereich bewegte.« 167 Abgesehen von ihrem Beitrag zur Analyse des posthomerischen Formularsystems weisen James / Lee (2000) in ihrer Einleitung lediglich auf einige ausgewählte Merkmale von Quintus’ Sprache und Stil hin, ohne eine systematische Darstellung anzustreben (wofür auf Köchly [1850] und Vian [1959a] verwiesen wird): so nennen sie u.a. die Tendenz unseres Dichters, gewisse Adjektive in stark erhöhter Frequenz zu verwenden (»overworked adjectives« [22] – Lieblingswörter); ferner den Einfluss des Attischen, z.B. im Bereich des Modusgebrauchs (häufiger coniunctivus pro optativo; s.o. Anm. 135) und der Diathesen (mediopassive Formen anstelle von aktiven: »[a] matter that seems not to have been noted elsewhere […] is best explained by influence of prose usage, since later Atticising writers often made excessive use of middle verbs«, 22); schliesslich (im Anschluss an Castiglioni [1921]) Wortwiederholungen auf engem Raum, allerdings »not accidental, but made for intended effect […] as a rhetorical device« (24).

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Ansicht, dass zwischen der homerischen und der posthomerischen Versifikationstechnik »signifikante Unterschiede sichtbar« würden, wird zugunsten von Hoekstras Ähnlichkeits- und Adaptionsthese zurückgewiesen.168 Gegen diese Auffassung hat Cuypers (2005b) den Einwand erhoben, dass damit der Umstand ignoriert werde, dass formelhafte Wiederholungen innerhalb desselben Werks oftmals die Funktion intratextueller ›Signale‹ oder ›Zitate‹ haben, die auf Passagen bzw. Kontexte innerhalb desselben Texts rückverweisen oder diese über die sprachliche Gleichheit bzw. Ähnlichkeit inhaltlich miteinander in Beziehung setzen – dies in Analogie zu intertextuellen Anspielungen, die mittels sprachlicher Anklänge / Zitate auf andere Texte / Kontexte verweisen bzw. Bezüge zwischen zwei verschiedenen Texten / Kontexten herstellen –, also Intratextualität im Conte’schen Sinne einer ›rhetorischen Matrix‹ (s.o. Kap. 1.3.1) generieren.169 Diese Technik, welche Cuypers (2005b) 608–612 für die Posthomerica anhand einiger Beispiele in Buch 5 demonstriert,170 lässt sich nicht bloss für die nachhomerische Epik – namentlich für Apollonios’ Argonautica171 und die Vergil’sche Aeneis172 – nachweisen, ja ist für deren Poetizität nachgerade konstitutiv, sondern ist bereits in den homerischen Epen lebendig.173 168

Vgl. v.a. James / Lee (2000) 30: »These conclusions amount to a total vindication of Hoekstra’s observations on the relationship between the formulaic language of Q[uintus] and that of H[omer], and also, as a corollary, to a disproof of Visser’s conclusion that there is a difference between the two attributable only to the difference between written and oral composition.« 169 Cuypers (2005b) 608; in diesem Sinne auch schon Chrysafis (1985) 27–32 (s.o.). 170 Das erste, von Cuypers (2005b) 608 genannte Beispiel sei zur Illustration zitiert: Buch 5 der Posthomerica beginnt mit den Worten ἀλλ᾿ ὅτε δὴ πολλοὶ μὲν ἀπηνύσθησαν ἄεθλοι (»doch als da die zahlreichen Wettkämpfe beendet waren«). Dieser Vers ist ein Echo von Q.S. 2,490 ἀλλ᾿ ὅτε δὴ πολλὴ μὲν ἄδην μηκύνετο δῆρις (»doch als sich da die grosse Schlacht reichlich hinzog«) – so wird die Entscheidungsschlacht zwischen Memnon und Achilleus eingeleitet. Rufen wir zu Beginn des 5. Buches diesen Intratext auf, so erinnern wir uns an einen Kontext zurück, in welchem es um Leben und Tod ging und einer der beiden Kämpfer sterben musste – somit wird der bevorstehende Redeagon zwischen Odysseus und Aias mit einem tödlich endenden Zweikampf in Analogie gesetzt und der Tod des Aias proleptisch vorausgedeutet. 171 Vgl. Fantuzzi (2001), v.a. 186–192 (»many cases where the first time […] that a phrase from archaic epic enters the Argonautica the expression involves a sort of memory which alludes to its archaic context, but then, in successive re-uses, it seems to become an organic and neutral element of Apollonius’ diction, no longer alluding to Homer but rather resuming a previous passage of Apollonius«, 186). 172 Vgl. Moskalew (1982). 173 Mit anderen Worten: Obschon die in den homerischen Epen greifbare Formulartechnik ihre Herkunft unbestreitbar der oral poetry verdankt, hatten sich bereits die Dichter von Ilias und Odyssee von ebendieser so weit emanzipiert, dass es ihnen möglich war, das bestehende Formularsystem für ihre poetischen Zwecke kreativ und flexibel zu nutzen und zu gestalten. Vgl. z.B. Mueller (1984) 149–158 (»repetition and contextual surplus«); Pucci (1987), v.a. 236–245 (»the formulaic repetition […] turns out to be the very ground of a continuous intertextuality, of quotations, of incorporation, of an exchange of views or polemic arguments among the texts«, 242); Bannert (1988); Martin (1989) 171–179; Kahane (1994), welcher eine ›Poetik der Repetition‹ ent-

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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1.3.3 Sprache und Formgestalt der Posthomerica Versuch einer exemplarischen Darstellung unter Berücksichtigung intertextueller Ansätze 1.3.3.1 Prämissen Die nachstehenden Ausführungen suchen die unter Kap. 1.3.2 skizzierten bisherigen Forschungsresultate dahingehend zu ergänzen, dass sie Überlegungen bzw. Anregungen bieten wollen, wie sich Sprache und Formgestalt der Posthomerica unter Berücksichtigung moderner intertextueller Ansätze differenzierter verstehen lassen. Dabei kann kein Anspruch auf Vollständigkeit bestehen, da als Basis meiner Überlegungen nicht eine Gesamtanalyse der Posthomerica, sondern lediglich das in dem auf Formanalyse und Intertextualität fokussierten Kommentar zu den Versen 1–219 gesammelte Datenmaterial und dessen Interpretation dient. Namentlich die konkret genannten Beispiele haben somit primär exemplarischen Charakter. Folgende zwei Prämissen, die m.E. in der bisherigen Forschung zur Sprache des Q.S. zu wenig Beachtung gefunden haben, stelle ich meiner Betrachtung voran: (1.) Die Posthomerica sind eine unmittelbare Fortschreibung der Ilias. Die Anknüpfung an die Odyssee ist zwar zu Ende des 14. Buches gewährleistet, indem mittels einer kurzen Prolepse174 dem Rezipienten die Möglichkeit geboten wird, das Werk als ›Lückenfüller‹ zwischen den beiden homerischen Epen zu lesen,175 doch erscheint, aufs Ganze besehen, der Anschlusscharakter an die Ilias bzw. die Betonung der Werkeinheit Ilias–Posthomerica allein aufgrund der Kriegsthematik ungleich grösser.176 Infolgewickelt hat. – Vgl. ausserdem Bakker (2005), der die Formularität der homerischen Epen in einem weiteren Kontext von Sprechakt und Performanz betrachtet. 174 Q.S. 14,628–631: α ὐτὰρ ᾿Αθήνη / ἄλλοτε μ ὲν θυμ ῷ μέγ᾿ ἐγήθεεν, ἄλλοτε δ ᾿ αὖτε / ἄχνυτ᾿ ᾿Οδυσσῆος πινυτόφρονος, οὕνεκ᾿ ἔμελλε / πάσχειν ἄλγεα πολλὰ Ποσειδάωνος ὁμοκλῇ. »Doch Athene freute sich bald sehr in ihrem Herzen, bald aber jammerte es sie wieder um den kluggesonnenen Odysseus, weil er auf Befehl des Poseidon viele Schmerzen erleiden sollte.« Der sprachliche Anschluss an das Proömium der Odyssee ist unüberhörbar (Q.S. 14,631 πάσχειν ἄλγεα πολλά < Od. 1,4 πολλὰ δ᾿ ὅ γ᾿ ἐν πόντῳ πάθεν ἄλγεα ὃν κατὰ θυμόν); vgl. auch Kap. 1.4.1 mit Anm. 247. 175 Dies trifft auf drei mittelalterliche Handschriften zu, in denen die Posthomerica tatsächlich zwischen Ilias und Odyssee stehen; vgl. Kap. 1.2.1 mit Anm. 53. 176 Die Posthomerica schildern die Fortsetzung und Beendigung des Troischen Krieges (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Figur des Neoptolemos als novus Achilles, der seinem Vater aufs Haar gleicht; vgl. dazu die wichtige Arbeit von Boyten [2007]). Dahingegen ist die Odyssee bekanntermassen betont ›unkriegerisch‹, ja ›unheroisch‹; zur Deutung der Odyssee als ›Gegentext‹

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1. Einleitung zu den Posthomerica

dessen müsste eine Betrachtung von Sprache und Formgestalt der Posthomerica genau genommen nicht zwischen ›homerisch‹ und ›unhomerisch‹, sondern vielmehr zwischen ›iliadisch‹ und ›uniliadisch‹ unterscheiden.177 Zumindest jedoch ist davon auszugehen, dass im Rezipienten eine entsprechende Erwartungshaltung geweckt wird, nämlich eine durch und durch homerische Dichtung – ῾Ομηρικώτατος (vgl. Kap. 1.2.1) – und demgemäss auch eine entsprechend ›rein homerische‹ Diktion – im Extremfall eine aus iliadischen Versen sich zusammensetzende Centonendichtung – vor sich zu haben. (2.) Ferner ist es vonnöten, die sprachlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die Bezüge und Anspielungen des posthomerischen Texts zur Ilias, aber auch zu anderen Werken (v.a. zur Odyssee und den Argonautica), nach Massgabe einer modernen hermeneutischen Intertextualität zu betrachten – d.h. im Conte’schen Sinne von Intertextualität als einer semiotisch bedeutsamen ›rhetorischen Matrix‹, wie von Cuypers (2005b) 608 zu Recht gefordert (s.o. Kap. 1.3.2 a.E.). Sprachliche Gestaltung und Intertextualität lassen sich nicht als getrennte Bereiche ansehen, zumal nicht bei einem Werk wie den Posthomerica, welches in nahezu anti-Bloom’scher Manier den Anschluss an das ›überväterliche Vorbild‹ gezielt sucht und somit einen 1:1-Vergleich mit diesem geradezu herausfordert. 1.3.3.2 Repetivität und Singularität als Gradmesser der Homerizität Drei Hauptmerkmale sind es, welche die sprachlich-formale Gestalt der homerischen Epen im Wesentlichen ausmachen: (1.) der stichische daktylische Hexameter; (2.) die artifizielle Dialektmischung;178 (3.) der hohe Grad an Repetivität. Alle diese drei Merkmale sind für uns Rezipienten des 21. Jhs., die wir in unseren Vorstellungen darüber, was Dichtung sei bzw. sein solle, zu weiten Teilen von der Romantik geprägt sind, nicht a priori als poetische Kriterien einsehbar. Während wir uns jedoch mit den beiden erstgenannten Kritieren zumindest anfreunden können, so läuft das letztgenannte unserer Vorstellung von Poesie und Poetizität nachgerade entgegen. zur Ilias vgl. z.B. die anregende Studie von Pucci (1987). – Zur implizierten Einheit Ilias– Posthomerica als Konstituente der Gesamtinterpretation vgl. Kap. 1.4.1. 177 Grundsätzlich werden in der modernen Beurteilung Ilias und Odyssee m.E. oft zu pauschal über einen Leisten geschlagen: Es gilt zu bedenken, dass der Antike in erster Linie die Ilias als das grosse homerische Meister- und Referenzwerk galt – dies zeigt sich etwa an deren überragender Bedeutung als Schultext (vgl. Anm. 240) oder auch an der Bewegung der sog. ›Chorizonten‹, die Homer die Autorschaft an der Odyssee absprachen (vgl. Art. »Chorizontes« in: DNP 2 [1997] 1148 [Franco Montanari]). 178 Altionisch als Basis, durchsetzt mit zahlreichen Äolismen und einigen wenigen Mykenismen; vgl. Meister (1921) 235–240; Palmer (1963) 97–106; Forssman (1991); Horrocks (1997).

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Wiederholung als Mittel sprachlicher Kunst einerseits179 und deren Ablehnung und / oder Missverständnis andererseits ist so alt wie die Dichtung selbst: So hat die Repetivität in den homerischen Epen, welche zwar ein Produkt der oral poetry darstellt, doch nichtsdestotrotz bereits daselbst auch als wichtiges Mittel der Kreativität und Poetizität dient,180 bekanntlich in der Schule der Alexandriner ihre härtesten Kritiker gefunden, ja sie ist der Hauptgrund für deren Ablehnung der homerischen Grossepik. Entsprechend ist das augenfälligste Merkmal von Apollonios Rhodios’ Argonautica deren Nicht-Repetivität: Insbesondere auf die Wiederholung von epitheta ornantia, stereotypen Formeln oder gar ganzen Versen (seien es homerische oder eigen kreierte) wird beinahe gänzlich verzichtet – die refutatio dieser homerischen Technik par excellence hat bei den Alexandrinern programmatische Bedeutung. Stattdessen wird »die altepische Stetigkeit der zur Formel tendierenden Diktion verfeinert durch eine neuepisch elegante Abwandlung von Stelle zu Stelle«.181 Analoges gilt für die sog. ›Typischen Szenen‹: In den homerischen Epen werden dieselben Tätigkeiten in stets denselben Worten, mit oft nur geringfügigen oder gar keinen Variationen geschildert,182 bei A.R. dagegen »in der Regel nur einmal ausführlich und in bedeutsamem Zusammenhang«.183 Ein nachhellenistischer bzw. kaiserzeitlicher Epiker sieht sich also zwei einander entgegenstehenden epischen Schulen gegenüber und muss, nolens volens, Stellung beziehen. So tendiert Nonnos mit den Dionysiaca in die alexandrinisch-apollinische Richtung, indem er in schier unendlicher Kreativität Wortneuschöpfungen bildet und sein Werk so zu einem harten Prüfstein für jeden an Homer geschulten Leser macht,184 während er inhaltlich – auch darin Apollonios vergleichbar – vor die Zeit des Troischen Krieges zurückgeht.185 Am anderen Ende des Spektrums wären bspw. die Homercentonen der Eudocia (erste Hälfte 5. Jh. n.Chr.) zu sehen, welche die neutestamentarischen Geschichten über das Leben Jesu in einem Pastiche aus Versen und Halbversen, die tel quel den homerischen Epen entnommen

179

Vgl. auch die theoretisch-philosophisch orientierte Arbeit von Waldenfels (2001). Vgl. dazu Kap. 1.3.2 a.E. mit Anm. 173. 181 Dräger (2002) 583; vgl. auch Hunter (1989) 32–42 und (1997) 259. 182 Vgl. dazu die grundlegenden Arbeiten von Arend (1933), Armstrong (1958) und Fenik (1968); vgl. ferner den Kommentar zu den Versen 138–160. 183 Dräger (2002) 584; vgl. auch Hunter (1989) 32–42 und (1997) 259. 184 Vgl. Hollis (1994) und Whitby (1994). 185 Vgl. Shorrock (2001) 25–111. – Nonnos’ Ziel ist eine synkretistisch-integrative Zusammenführung der drei epischen Hauptgattungen: In den ersten 24 Büchern stehen strukturell bzw. gattungsmässig die hymnische Epik (Bücher 1–24) und die Lehrdichtung (Bücher 13–24) im Vordergrund, während die Heldenepik erst in der zweiten Werkhälfte (Bücher 24–48) bestimmend wird (Hinweis von Manuel Baumbach). 180

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1. Einleitung zu den Posthomerica

sind, darstellen.186 Quintus scheint sich mit seiner Fortsetzung der Ilias klar in die zweitgenannte Richtung einzuschreiben und lässt somit den Rezipienten eine von einem hohen Grad an Repetivität geprägte, eben homerische bzw. iliadische Diktion erwarten. Diese Erwartungshaltung gilt es zu prüfen: Augenfälligstes Merkmal der homerischen Repetivität stellen die sog. Iteratverse dar: Verse, die sich in unveränderter Form an anderer Stelle im Werk wiederholen. Gemäss Schmidt (1885) VIII verfügen Ilias und Odyssee zusammen über 1804 sich wiederholende Verse, welche zusammen 4730x vorkommen, was einen prozentualen Gesamtanteil von ca. 17% ausmacht. In den Posthomerica dagegen finden sich nur gerade 31 Iterata, welche zusammen 68x vorkommen – dies ist ein prozentualer Anteil von lediglich ca. 0.8%.187 Nimmt man die Verse hinzu, welche nur geringfügig – d.h. um 1 bis max. 1.5 Versfüsse, i.d.R. am Versanfang oder -ende – voneinander abweichen, so ergibt sich ein ähnliches Bild.188 Die Frage, weshalb beinahe ein Fünftel von Ilias und Odyssee aus sich wiederholenden bzw. wiederholten Versen bestehe, liesse sich mit Blick auf die Genese der homerischen Epen aus der oral poetry und deren formularity beantworten – entsprechend wären dann die signifikanten Abweichungen bei Q.S. im Sinne Vissers (s.o. Kap. 1.3.2) durch den Unterschied zwischen echter improvisierter Dichtung und deren Imitation auf dem Papier zu erklären. Allerdings ist Quintus’ Entscheid, auf Iteratverse weitgehend (wenn auch nicht gänzlich!) zu verzichten, v.a. unter metapoetischem Gesichtspunkt zu betrachten:189 Erstens gilt es zu bedenken, dass sich unser Dichter in diesem Bereich enger an Apollonios Rhodios als an Homer anzuschliessen scheint, da sich in den Argonautica wörtliche Wiederholungen, wie gesagt, fast gar nicht finden. Zweitens scheint mir die Distribution der Iteratverse bei Q.S. von Belang: Fünf Verse aus dem 1. Buch finden sich über die Bücher 2–5 verteilt ein 186 Vgl. Beck (1966), Usher (1998) sowie Art. »Cento« in: DNP 2 (1997) 1061–1064 (Hans Armin Gärtner). 187 Gemäss meiner eigenen Auszählung von Papathomopoulos (2002). Vollständigkeit wurde bei der Zählung angestrebt, kann jedoch nicht garantiert werden, da in der Konkordanz identische Verse nicht immer direkt untereinander aufgelistet sind. Auf jeden Fall korrigiert meine Zählung die Angaben bei Paschal (1904) 36 (zählt fünf verschiedene Iteratverse) und Elderkin (1906) 33 (»[a] few more«); vgl. auch James / Lee (2000) 25. – Vgl. die tabellarische Auflistung der genannten Zahlen sowie aller Iteratverse bei Q.S. im Anhang. 188 Ilias und Odyssee (gemäss Schmidt a.a.O.): 2118 Iterata mit geringfügigen Abweichungen, die gesamthaft 5612x erscheinen (~ 20%); Posthomerica (gemäss Auszählung von Papathomopoulos [2002]): 83 Iterata mit geringfügigen Abweichungen, die gesamthaft 176x erscheinen (~ 2%). – Vgl. auch hierzu die tabellarische Auflistung im Anhang. 189 Zumal bereits innerhalb der homerischen Epen Wiederholungen über ihre entstehungsgeschichtlich bedingte Formularität hinaus auch (und ganz stark) als Mittel der Poetizität dienen; vgl. Kap. 1.3.2 a.E. mit Anm. 173. Für einen gerafften Überblick über die Geschichte der Iteratforschung innerhalb der Homerphilologie vgl. Strasser (1984) 1–5.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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zweites Mal wieder190 – somit werden in grosszügigen Abständen, jedoch konstant Signale ausgesteckt, die auf die homerische Iterattechnik verweisen und den Dichter als ›dazu befähigt‹ ausweisen, doch gleichzeitig verweist deren Rarität auf das alexandrinische Dichtungsideal und kommt somit einer recusatio der homerischen Technik gleich. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die einzige Wiederholung, welche in einem derart engen Abstand erfolgt, dass sie jedem Leser bzw. Hörer auf Anhieb auffallen muss, nämlich 4,94 = 4,104 υἱέος ἀμφὶ τάφῳ περικαλλέα θεῖναι ἄεθλα.191 Die Repetition hat somit nachgerade den Charakter einer Alexandrinischen Fussnote, insofern als sie die homerische Iterattechnik anzitiert und so den Leser an dessen nicht eingelöste Erwartungshaltung erinnert, da dieser in einem homerisierenden Epos eigentlich eine erheblich dichtere Menge an Iterata erwartet und als Folge davon, dass er sich in dieser Erwartung getäuscht sieht, zum Nachdenken über Charakter und Poetizität des vorliegenden Texts eingeladen wird.192 Eine poetologische recusatio ähnlicher Art finden wir ausserdem zu Beginn des 1. Buches gleich an zwei aufeinander folgenden Stellen: (1.) In den Versen 124–137 wird ein von Athene gesandter ο ὖλος ὄνειρος an Penthesileia geschildert. Dessen unverkennbares intertextuelles Vorbild ist der zeusgesandte Unheilstraum an Agamemnon im zweiten Buch der Ilias; dabei aber handelt es sich um die erste wörtliche Wiederholung einer längeren zusammenhängenden Passage in der Ilias193 – Quintus dagegen rekurriert zwar zu Beginn seines Epos auf ebendiese Szene, verzichtet aber auf die (zu erwartende) wörtliche Wiederholung.194 (2.) Die darauf folgende Rüstungsszene der Penthesileia (Verse 138–160) stellt die erste Gelegenheit einer Typischen Szene dar, da alle iliadischen Panhoplien (vier an der Zahl)195 nach einem stark formularisierten, stereotypen Schema ablaufen. Quintus seinerseits behält zwar den Ablauf des Schemas bei, variiert jedoch die in der Ilias mehr oder weniger fixen sprachlichen Formeln und ersetzt sie durch eigene Wendungen – weder wiederholt er ›bequem‹ das zur Verfügung stehende tradierte Material, noch wiederholt er sich selber an späte190

Q.S. 1,205 = 2,202; 1,373 = 4,32; 1,584 = 3,345; 1,644 = 5,441; 1,781 = 4,378. Kontext: Aias weist den kriegshungrigen Diomedes darauf hin, dass man auf Thetis warten müsse, da diese »am Grabe ihres Sohnes herrliche Spiele aussetzen« wolle (4,89–99). Diomedes erwidert in einer kurzen Replik, wenn Thetis tatsächlich kommen und »am Grabe ihres Sohnes herrliche Spiele aussetzen« wolle, so hätten sie, die Sterblichen, sich dem zu fügen (4,103–108). Auf rhetorischer Ebene können wir in Diomedes’ Zitat eine leichte Ironie gegenüber Aias herauslesen (> sog. catchword technique). 192 Möglicherweise sollen wir in περικαλλέα […] ἄεθλα gar programmatisch den Werktitel erkennen (freundlicher Hinweis von Manuel Baumbach). 193 Il. 2,11–15: Zeus’ Auftrag an den ῎Ονειρος; Il. 2,28–32: Wiederholung des ῎Ονειρος. 194 Vgl. dazu den Kommentar zu den Versen 118–137 (Einleitung). 195 Il. 3,328–339; 11,15–45; 16,130–144; 19,364–391. 191

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1. Einleitung zu den Posthomerica

rer Stelle: Penthesileias Panhoplie bleibt die einzige ihrer Art in den ganzen Posthomerica.196 Die Frage nach der Repetivität der homerischen Epen und der Posthomerica im Vergleich liesse sich nun – mit beträchtlich grösserem Aufwand197 – auf die nächstkleineren Einheiten, auf die weniger als einen ganzen Vers umfassenden Formeln und schliesslich auf die reinen Zweiwortverbindungen ausdehnen. Diese Arbeit kann hier nicht systematisch geleistet werden.198 Zentral ist aber die Beobachtung, dass Quintus zwar nicht im Bereich der Iteratverse, so doch in anderen Bereichen um homerisierende Repetivität bemüht ist: Gewisse Wörter werden in nachgerade penetranter Häufigkeit und Repetivität verwendet – so hat bereits Vian festgehalten, dass von den gesamthaft 720 homerischen Adjektiven, die sich auch bei Q.S. finden, 149 mehr als zehnmal bei ihm vorkommen; von diesen 149 aber weisen 60 eine höhere Frequenz bei Q.S. als bei Homer auf.199 Eine Auszählung der Adjektive im gesamten posthomerischen Lexikon200 kann diesen Befund bestätigen: 66 der bei Q.S. belegten Adjektive finden sich 20x oder öfters; 28 von diesen wiederum 40x oder öfters; nachgerade ›Lieblingswörter‹201 (80x oder öfters) sind: ἀθάνατος (95x), α ἰνός (99x), ἀλεγεινός (81x), δῖος (89x), θοός (163x), κακός (120x), κρατερός (92x), μακρός (116x), μ έγας (497x), ὄβριμος (91x), στον όεις (82x), φ ίλος (112x). Ausserdem ist festzustellen, dass oftmals Lieblingswörter des Quintus – i.d.R. handelt es sich auch hier um Adjektive – auf engem Raum (d.h. im Normalfall in einem Abstand von maximal ca. zehn Versen) wiederholt werden. Dadurch schafft sich der Dichter einerseits eine Möglichkeit intratextueller Vor- und Rückverweise innerhalb seines Texts202 und andererseits 196 Vgl. dazu den Kommentar zu den Versen 138–160 (Einleitung) sowie die schematische Übersicht über die Panhoplien und ihre Formularität auf S. 403. 197 Schmidt (1885) V notiert im Vorwort zu seinem Parallel-Homer, er habe zehn Jahre an seiner »Sammlung der im Homer wiederkehrenden Verse, Halbverse und Versteile« gearbeitet. 198 Die ausführlichste Behandlung zum Thema bietet Vian (1959a) 175–211; vgl. insb. die Untersuchung des formelhaften Adjektivgebrauchs bei Q.S. (182–192); vgl. auch Kap. 1.3.2. 199 Vian (1959a) 182. 200 Nach Papathomopoulos (2002); inkl. dazugehörige Adverbien; ohne Verbal-/Pronominaladjektive. 201 Ich verwende den Begriff Lieblingswort als terminus technicus trotz seines autorzentrierten Beigeschmacks (vgl. Kap. 1.3.2 a.E.). – Für einige kommentierte Beispiele vgl. die Kommentare zu (8) ὄβριμον ἄνδρα; (16) ἀνιηρόν; (17) στονόεντι; (41) ἐσσυμένῃσιν; (101) ἀταρβέι Πηλείωνι; (174) ἐπὶ δῆριν ἀναιδέα; (178) ὀβριμόθυμοι. 202 Dies ist ein Aspekt, den es separat und systematisch zu untersuchen gälte. Diese Arbeit kann hier nicht geleistet werden; exempli gratia sei nur auf die erste, m.E. bedeutsame Wiederholung des Adjektivs στονόεις im 1. Buch verwiesen: Die das Proömium ersetzenden, einleitenden Verse werden mit den Worten ὡς ἤδη στον όεντι καταιθομ ένης πυρ ὶ Τρο ίης (»als ob Troja bereits von seufzerreichem Feuer in Flammen stünde«, Q.S. 1,17) beschlossen. Als Motivationsgrund für das anschliessende Kommen Penthesileias wird ihre Kriegslust genannt: στον όεντος ἐελδομένη πολ έμοιο (»seufzerreichen Krieg begehrend«, Q.S. 1,20). Mittels der Repetition des

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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einen Weg, einen Eindruck homerisierender Repetivität zu erzeugen, ohne auf Iteratverse zurückgreifen zu müssen. Diese ›Kompensationstechnik‹ ist jedoch nicht als Unvermögen oder als Zeichen für Quintus’ mangelnde Gestaltungs- und Variationskraft zu sehen, wie dies Castiglioni, der das Phänomen als erster beobachtet und beschrieben hat,203 behauptete,204 sondern vielmehr im Sinne einer künstlerischen variatio, mittels deren es dem Dichter gelingt, den Eindruck homerisierender Repetivität zu erzeugen und zugleich auf eine tel-quel-Imitation zu verzichten. Stellt der hohe Grad an (formelhafter) Repetivität einen Parameter dar, welcher jedem Leser der homerischen Epen sofort ins Auge sticht, so finden wir – sozusagen am anderen Ende des Spektrums, als Gegenpol dazu – ein Phänomen, welches nicht auf Anhieb augenfällig ist, nämlich Wörter, die im Gesamtwerk überhaupt nicht (oder nur einmal) wiederholt werden: hapax bzw. dis legomena.205 Die Valenz dieser lexikalischen Raritäten für die Gesamtcharakteristik der dictio Homeri zeigt sich jedoch bei einer entsprechenden statistischen Häufigkeitsanalyse: ca. ein Drittel des IliasLexikons besteht aus Wörtern, welche nur ein- oder zweimal im Gesamtwerk erscheinen; Ähnliches gilt für die Odyssee. In dieser »frequency of infrequency« (so Dee [2001] XIII), welche quantitativ auf Augenhöhe mit der homerischen Formularität und Repetivität steht und qualitativ selbige ›ausbalanciert‹,206 sah Apollonios Rhodios einen Anknüpfungspunkt für das alexandrinische Dichtungsideal und somit die Möglichkeit, eine eigene Adjektivs στον όεις klingt der bevorstehende Untergang Trojas in Penthesileias Ankunft an, und ihre Kriegsfreude ist von Beginn weg entsprechend gefärbt, so dass aus der Wiederholung letztlich eine Prolepse auf den unabwendbaren Tod der Amazonenkönigin gelesen werden kann. 203 Castiglioni (1921) 39: »Una cosa che non mi sembra sufficientemente avvertita dagli studiosi di Quinto è la ripetizione a breve distanza di una medesima parola o l’ uso prossimo di termini somiglianti per valore e per forma.« – Liste für diese Repetitionen in den Posthomerica s. ibid.; vgl. auch den Kommentar zu (17) στονόεντι. 204 Castiglioni (1921) 39: »[M]olte delle ripetizioni sono dovute all’ organica incapacità del versificatore di variare la frase e la concezione della cosa e di passare rapidamente da un immagine all’ altra.« 205 Einen Überblick zur Forschung im Bereich der homerischen hapax legomena bietet Kumpf (1984) 3–30; als Materialsammlung steht nun neben Kumpf (1984) auch die hervorragende Konkordanz von Dee (2001) zur Verfügung. 206 Vgl. dazu Dee (2001) XIII: »[N]o matter how we count them, the number is surprisingly high, especially when one considers the […] quantity of formulaic repetition found throughout the corpus. Thus, paradoxically, the frequency of infrequency calls for further investigation. Indeed, I would suggest that it is time to counterbalance the longstanding emphasis on formulaically repeated phrases and scenes by looking more closely at those expressions that do not recur. […] [T]hey show us that the poetic tradition was often able […] to resist the impulse to develop fixed formulae—although it would take an exhaustive study of all such words in Homer (and the remainder of archaic epic) to determine which of those rarities are likely to be significant and which may be regarded as coincidental.« In diesem Sinne auch schon Kumpf (1984) 4: »Because the magnitude of Homeric repetition is so pronounced, the large number of hapax legomena (and there are thousands) seems almost anomalous to the general pattern of Homeric diction.«

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1. Einleitung zu den Posthomerica

epische Diktion, ja eine eigene Poetologie des Singulären zu entwickeln.207 Auf quantitativer Ebene zeigt sich dies darin, dass lexikalisch beinahe die Hälfte aller Wörter in den Argonautica hapax oder dis legomena sind. Die dictio Apollonii als un- oder anti-homerisch zu bezeichnen, wäre also, so besehen, unzutreffend – vielmehr nimmt Apollonios eine betont einseitige Gewichtung vor, indem er auf homerische Repetivität fast gänzlich verzichtet, dafür jedoch die für Homer ebenso typische Singularität potenziert. Quintus nun nähert sich quantitativ unübersehbar der dictio Apollonii an – man vergleiche die vier Epen nebeneinander:

Ilias Odyssee Argonautica Posthomerica

Gesamtwortschatz208 hapax legomena209 5683 κοινά: 1199 [21%] 7145 5090 907 [18%] 4781 1610 [34%] 3912 1200 [30%]

dis legomena210 1010 711 577

[14%]211 [15%] [15%]

Wir stellen also fest, dass Quintus auf der Ebene der Repetivität auf Iteratverse weitgehend verzichtet, dafür aber auf der Ebene der Singularität über 40% der von ihm verwendeten Vokabeln als hapax oder dis legomena behandelt. So gesehen, steht er der dictio Apollonii eindeutig näher als der dictio Homeri. Der Grund, dass sein Werk dennoch stark homerisch bzw. homerisierend wirkt, liegt in der Verwendung formelhafter Wendungen, häufig wiederkehrender Adjektive (Lieblingswörter) sowie der genannten, verschiedentlich anzutreffenden Repetitionen gewisser Wörter auf engem Raum. Dem beizufügen ist ausserdem die (m.E. nicht triviale) Beobachtung, dass als dis legomena behandelte Wörter zuweilen in sehr kurzem Abstand hintereinander wiederholt werden, wodurch die Parameter ›Singularität‹ und ›Repetivität‹ gewissermassen kurzgeschlossen werden.212 Mit 207

Vgl. dazu die Studie von Kyriakou (1995), die eine Rhetorik und Poetologie der hapax legomena bei A.R. nachzuweisen sucht. Zur Verwendung der homerischen hapax legomena bei A.R. existieren zahlreiche Arbeiten; vgl. Kyriakou (1995) 1–18 für eine Übersicht. Dagegen liegen über die spezifisch apollinischen hapax legomena (d.h. diejenigen Wörter, die bei A.R. nur einmal vorkommen, aber u.U. auch sonstwo [früher] belegt sind) m.W. keine Untersuchungen vor. 208 Exkl. Eigennamen und deren Zugehörigkeitsadjektive. – Angaben für Homer nach Dee (2001) xv; für A.R. und Q.S. gemäss Auszählungen der Lemmata im Wörterbuch von Pompella (2001) bzw. in der Konkordanz von Papathomopoulos (2002). 209 Angaben für Homer nach Dee (2001) XII; für A.R. und Q.S. gemäss Auszählungen der Lemmata im Wörterbuch von Pompella (2001) bzw. in der Konkordanz von Papathomopoulos (2002). – Für sämtliche hapax und dis legomena in den Posthomerica vgl. Kap. 6.2.3. 210 = Anm. 209. 211 Davon 314 κοινά (= 1x Il. + 1x Od.); 400 je 2x in Il.; 296 je 2x in Od. (vgl. Dee [2001] XII). 212 Die auffälligsten Beispiele für dieses Phänomen sind: ἀμφικαίνυμαι: 10,179 ἀμφεκέκαστο, 10,188 ἀμφεκέκαστο – ἄροτρον: 11,208 ἀρότρῳ, 11,213 ἀρότρου – γυναιμανής: 1,726 γυναι-

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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alledem wird an der Oberfläche der Eindruck starker Homerizität erzeugt, gleichzeitig jedoch wird der Text auch dem alexandrinischen Dichtungsideal gerecht und findet so zu einem eigenen epischen Code. Anzufügen ist, dass in all den genannten Fällen – d.h. sowohl bei den von Quintus besonders häufig als auch bei den von ihm nur ein- oder zweimal verwendeten Wörtern – konsequent die diachrone bzw. intertextuelle Ebene analysiert werden müsste, um zu einem wirklich vertieften Verständnis der posthomerischen Sprachform zu gelangen. Auch diese Arbeit ist hier systematisch nicht zu leisten. Allerdings liegt aufgrund einiger Beobachtungen (vgl. den Kommentar passim) die Vermutung nahe, dass Quintus auch in dieser Hinsicht mit einer poetologisch bedeutsamen Systematik verfährt: so finden sich Beispiele von Wörtern, welche bei Homer und / oder bei Apollonios hapax oder dis legomena darstellen, unserem Dichter jedoch zu Lieblingswörtern werden213 – mit dem Effekt, dass somit der lector doctus nicht bloss aufgefordert ist, die Sprache der Posthomerica im Spannungsfeld zwischen Repetivität und Singularität als quasi-homerisch und quasi-alexandrinisch zugleich wahrzunehmen, sondern darüber hinaus eingeladen wird, einerseits seine eigene Kenntnis der epischen Vorbilder anhand der dargebotenen variatio zu testen und andererseits die dictio Quinti als eigenständigen bzw. kreativ variierten epischen Code zu erkennen und zu würdigen. 1.3.3.3 Epische Codes und Intertextualitätssignale: arte allusiva und interpretatio Homeri Chrysafis (1985), Giangrande (1986) und Appel (1993b; 1994a; 1994b) haben die Sprachkunst des Quintus als erste mit den Begriffen der imitatio μανές, 1,735 γυναιμανέουσι – δαμάω: 5,247 δαμόωσι, 5,249 δαμόωνται – δικασπολίη: 5,172 δικασπολίην, 5,176 δικασπολίην – ἐγγυαλίζω: 4,384 ἐγγυάλιξεν, 4,400 ἐγγυάλιξε – ἐκπρέπω: 1,38 ἐκπρέπει , 1,51 ἐκπρέπει – ἐπίολπος: 14,291 ἐπίολπα, 14,295 ἐπίολπα – κάλπις: 13,446 κάλπιν, 13,450 κάλπις – καταρρέω: 4,354 κατέρρεεν, 4,362 κατέρρεεν – λούω: 3,523 λούσαντες, 3,528 λοῦσαι – περίκλυστος: 4,385 περικλύστῳ, 4,389 περικλύστῳ – ὕδρος: 9,385 ὕδρος, 9,394 ὕδρου – ὑπερβάλλω: 4,472 ὑπέρβαλε, 4,474 ὑπερβαλέειν – φόρμιγξ: 6,172 φορμ ίγγων, 6,174 φορμίγγων. – Man wird, nota bene, einwenden, dass viele dieser Wiederholungen rein sachlich bedingt seien. Das mag natürlich stimmen – doch tut dies der Eigengesetzlichkeit und Poetizität der formalen Wiederholung an sich keinen Abbruch. 213 Zu erwähnen sind bspw. ὄβριμος (29x Il., 6x Od., 1x A.R., 119x Q.S.), ἀνιηρός (3x Od., 2x A.R., 28x Q.S.), ἀταρβής (1x Il., 1x Od., 1x A.R., 25x Q.S.) oder δῆρις (2x Il., 1x A.R., 71x Q.S.); vgl. die entsprechenden Kommentare zu (8) ὄβριμον ἄνδρα, (16) ἀνιηρόν, (101) ἀταρβέι Πηλείωνι, (174) ἐπὶ δῆριν ἀναιδέα. – Auch die konträre Technik findet sich; vgl. z.B. das Adjektiv ποδαρκ ής, welches in der Ilias epitheton solum für Achilleus ist und von Quintus ein einziges Mal – nota bene formal variiert – verwendet wird; vgl. den Kommentar zu (130) ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

cum variatione, der oppositio in imitando und der ›Selbstvariation‹ beschrieben (s.o. Kap. 1.3.2). Somit wird die Tatsache, dass »Quintus hardly ever repeats Homer’s words verbatim, without a slight variation, and hardly ever repeats his own phrases without changing their wording«,214 nicht mehr als »öde[s] Nachplappern«215 oder als Versuch einer »in gewissem Umfange um Variation bemüht[en]«216 Homernachahmung, die »nicht immer gelungen«217 sei, gesehen, sondern die Diktion der Posthomerica wird in die Nähe der Sprachkunst der Alexandriner, insbesondere des Apollonios Rhodios, und der intertextuellen Technik der arte allusiva gerückt. Im Folgenden soll Quintus’ Affinitäten zum alexandrinischen Dichtungsideal, das unter dem Gesichtspunkt der Repetivität und der Singularität bereits herausgestellt wurde, in weiteren Bereichen nachgegangen werden. Vergleichen wir die homerischen Epen und die Posthomerica mit den Argonautica bezüglich der quantitativen Grössen ihrer Gesamtlexika, so ergibt sich folgendes Bild: Ilias Odyssee Argonautica Posthomerica

Gesamtverszahl218 15'693 12'020 5832 8786

Gesamtwortschatz219 5683 5090 4781 3912

Setzt man den Gesamtwortschatz ins Verhältnis zur Gesamtlänge der jeweiligen Epen, so ist unschwer zu erkennen, dass sich die Posthomerica mehr oder weniger in den Grössenordnungen von Ilias und Odyssee bewegen, während die statistische ›Vokabeldichte‹ in den Argonautica im Verhältnis zur Werklänge ungleich höher ist.220 Von dieser Perspektive aus betrachtet, geben sich die Posthomerica also klar homerisch bzw. homerisierend, nicht alexandrinisch. Wie jedoch in Kap. 1.3.3.2 gezeigt werden konnte, wird die Homerizität der Posthomerica durch den weitgehenden Verzicht auf Iteratverse sowie die hohe Frequenz an nur ein- oder zweimal verwendeten Wör214

Chrysafis (1985) 17. Wilamowitz (31912) 286. 216 Keydell (1963) 1295. 217 Fornaro (2001) 724. 218 Nach Elderkin (1906) 6. 219 Exkl. Eigennamen und deren Zugehörigkeitsadjektive. – Angaben für Homer nach Dee (2001) XV; für A.R. und Q.S. gemäss Auszählungen der Lemmata im Wörterbuch von Pompella (2001) bzw. in der Konkordanz von Papathomopoulos (2002). 220 Das in der Klassischen Philologie bis dato sträflich vernachlässigte, doch in der modernen Sprachwissenschaft längst etablierte linguistische Teilgebiet der sog. word frequency studies dürfte zu weiteren Ergebnissen führen, kann an dieser Stelle jedoch nur gestreift werden. Vgl. Dee (2001) XI–XV für eine knappe Einführung in die Thematik und XXII–XXVIII für eine hilfreiche Einstiegsbibliographie. 215

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tern unterminiert – um nicht zu sagen: ›alexandrinisiert‹. Dieses Bild, demgemäss ca. 45% des posthomerischen Lexikons werkintern (›synchron‹) hapax oder dis legomena darstellen, lässt sich unter Beizug einer werkexternen (›diachronen‹) Perspektive entsprechend erweitern: Gemäss Paschal (1904) sind 576 Wörter und somit ca. 15% des Gesamtwortschatzes in den Posthomerica unhomerisch (d.h. frühestens bei Hesiod erstmals belegt),221 wovon 162 bei Q.S. zum ersten Mal überliefert sind. Eine Mehrzahl von Letzteren (93 gemäss der Liste bei Paschal [1904] 26f.) sind zusammengesetzte Verben, die bei Q.S. zum ersten Mal in komponierter Form vorkommen – was, wie schon Winkler festhielt, »für Quintus ein sehr beliebtes Mittel [war], das homerische Wort zu seinem Worte zu machen«.222 Ferner sind 410 Wörter und also gut 10% des Gesamtwortschatzes in den Posthomerica homerische hapax legomena.223 Bereits auf der Ebene des reinen Lexikons lässt sich also zeigen, dass gut 25% des posthomerischen Vokabulars entweder aus unhomerischen Wörtern oder aber aus homerischen Raritäten besteht, jedenfalls also nicht Bestandteil eines allgemein iliadischepischen Codes (zu diesem t.t. s.u.) ist. Bei alledem gilt es jedoch zu bedenken, dass mit der Betrachtung eines lexikalischen Lemmas erst das Wort in seiner ›Rohform‹ erfasst ist – noch völlig unberücksichtigt sind hierbei alle weiteren Parameter, welche es bei der Frage nach der Homerizität einer bestimmten Vokabel bei Q.S. zu analysieren gilt: so die konkreten Flexionsformen; die Semantik; die Wortverbindungen, die ein Wort eingeht; die sedes im Vers – all dies sind Konstituenten, mit denen auch einem homerischen Wort ein (wie auch immer geartetes oder zu bewertendes) unhomerisches Gepräge verliehen werden kann.224 Unberücksichtigt ist in einer solchen statistischen Angabe ferner auch die zentrale Frage nach der Intertextualität: so mag eine bestimmte Vokabel oder Wendung zwar sprachlich durch und durch homerisch sein, doch dient deren Verwendung an einer bestimmten Stelle u.U. nicht so sehr dazu, der sprachlichen Diktion bloss ein homerisches Gepräge zu verleihen, sondern sie ruft möglicherweise intertextuell einen Kontext auf, der in seiner Ganzheit als Intertext von Bedeutung ist. Gerade mittels der Übernahme homerischer hapax legomena demonstriert ein epischer Autor – 221 Nach Paschal (1904) 22–27. Homerische Hymnen: 29 – Hesiod: 29 – frühgriechische Poesie: 17 – Pindar: 24 – attisches Drama des 5. Jhs. v.Chr.: 103 – Prosaautoren des 5./4. Jhs. v.Chr.: 53 – Nikander: 10 – Apollonios Rhodios: 53 – übrige Alexandriner: 21 – Prosaschriftsteller der Kaiserzeit: 21 – beide Oppiane: 21 – Anthologia Graeca: 33 – Erstbelege bei Q.S. (Neologismen?): 162. 222 Winkler (1875) 10; vgl. Kap. 1.3.2 mit Anm. 138. 223 Nach Appel (1993b) 178 und (1994a) 94; vgl. auch Kap. 1.3.2. 224 Aus diesem Grund gilt es auch, die Aussage von Paschal (1904) 22 (übernommen von Vian [1963] XLI Anm. 1), der Wortgebrauch der Posthomerica sei lexikalisch zu 80% und in der Frequenz gegen 95% homerisch, zu relativieren.

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handle es sich um Apollonios, Quintus oder einen anderen – nicht nur seine Gelehrtheit und seinen Anschluss an Homer – hapax legomena stellen auch und v.a. eine, wenn nicht die Möglichkeit zur Herstellung intertextueller Verknüpfungen dar; vgl. Kumpf (1984) 5: »Since the hapax legomenon, in contrast to Homer’s repetitive vocabulary, possesses the potential to recall not only Homer but a specific passage, that is a particular person, event, etc. within one of the poems, later authors frequently exploited some of Homer’s hapax legomena in order to endow their literary works with additional degrees of meaning. The Homeric connotation of these words could, in fact, aid writers in developing parallels and contrasts between their own material and Homer’s.«225 Nur ein Beispiel sei hierfür genannt: In Priamos’ Bittrede an Zeus um Penthesileias unversehrte Heimkehr (Q.S. 1,186–197) verwendet Quintus das homerische hapax παλίνορσος, welches in Il. 3,33 im Zusammenhang mit Paris’ erschrockenem Rückzieher vor dem andringenden Menelaos verwendet wird. Der Kontext einer alles anderen als heldenhaften und siegreichen Rückkehr aus dem Kampf ist im Hinblick auf Penthesileias bevorstehendes Todesschicksal, das Zeus in seinem Vogelomen unmittelbar im Anschluss an Priamos’ Gebet ankündigt (Q.S. 1,198– 202), sinnfällig und verleiht Priamos’ Gebet eine entsprechende Färbung.226 Mit diesem Aspekt in enger, ja unlöslicher Verflechtung steht das Phänomen der sog. interpretatio Homeri, d.h. in den dichterischen Text integrierter impliziter Anspielungen auf Fragen der Homerphilologie, die z.B. umstrittene Lesarten oder semantische Probleme betreffen. Häufig geht es dabei um die Frage nach der genauen Bedeutung seltener Homerwörter (›Glossen‹). Ist die interpretatio Homeri eine Technik, die für die alexandrinischen Dichter als zweifelsfrei erwiesen und konstitutiv gelten kann,227 so hat man Quintus diesbezüglich meist unterschätzt: communis opinio ist seit Köchly (1850), dass dieser den Gebrauch ›problematischer‹ homerischer Glossen weitgehend vermeide.228 Seit den Arbeiten von Appel (1993b; 225 Dieser Aspekt wurde in den genannten Arbeiten von Appel (1993b; 1994a; 1994b) m.E. zu wenig berücksichtigt, da sich der Autor zu oft damit begnügt, eine formale Variation lediglich zu konstatieren und diese unter dem Etikett der imitatio cum variatione bzw. oppositio in imitando zu verbuchen. 226 Vgl. den Kommentar zu (188) παλίνορσον. 227 Vgl. v.a. die Arbeiten von Rengakos (1992; 1993; 1994). 228 Köchly (1850) proleg. XLIX; Vian (1959a) 145; Campbell (1981) 195; James / Lee (2000) 22; vgl. auch meine Anm. 161. – Es sei daran erinnert, dass die gelehrte interpretatio Homeri auch für die alexandrinische Dichtung lange Zeit in Frage oder gar in Abrede gestellt wurde, da man philologische Gelehrsamkeit und poetischen Erfindungsreichtum für unvereinbar hielt; vgl. Rengakos (1992) 21. – Ausserdem ist die interpretatio Homeri auch für die Zeit der Zweiten Sophistik nicht untypisch: Zu denken wäre bspw. an Triphiodor, der, so Dubielzig (1996) 16–18, als ›antialexandrinischer‹ poeta doctus dichtet, indem er Lesarten, welche die Alexandriner ablehnten, in seinen Text aufnimmt. Ein Reflex dieser Ablehnung der (über-)kritischen Homerphilologie findet

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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1994a; 1994b; s.o.) kann jedoch mit Recht behauptet werden, dass diese Auffassung angesichts der hohen Dichte homerischer hapax legomena in den Posthomerica zu kurz greift – ausserdem wäre etwa auch die Frage zu stellen, ob das offensichtliche Vermeiden einer homerischen Glosse an einer bestimmten Stelle, an welcher eine solche zu erwarten wäre, nicht ebensosehr als semiotisch bedeutsames Signal (im Sinne eines ›Nullsignals‹, einer ›Leerstelle‹) aufzufassen wäre.229 Drei Beispiele für Quintus’ interpretatio Homeri, die im Kommentar eingehend diskutiert werden, seien hier genannt: (1.) Quintus verwendet das homerische hapax πολύτλητος (Od. 11,38) gesamthaft 12x, teils als verbales Rektionskompositum in der ursprünglichen homerischen Bedeutung »vieles erleidend / erlitten habend«, teils aber auch als faktitives Possessivkompositum in der vor ihm nicht belegten, also wohl von ihm geprägten Bedeutung »viele Leiden bewirkend«.230 (2.) Das in seiner Bedeutung strittige homerische dis legomenon μορ όεις (Il. 14,183; Od. 18,298) wird in der Antike auf verschiedene Weisen erklärt. Quintus verwendet es in der Kollokation μορόεντα […] τεύχη (Q.S. 1,152). Aufgrund des Bezugswortes, des Kontexts sowie der Parallelisierung mit dem Ausdruck τε ύχεα δαιδαλ όεντα (Q.S. 1,141) schwingen alle in der Antike fassbaren Bedeutungsnuancen mit.231 (3.) Mit der Kollokation θάρσος ἄᾱτον (Q.S. 1,217) nimmt Quintus intertextuell auf Il. 21,395 θ άρσος ἄητον Bezug; basierend auf der nachhomerischen Assoziation des in seiner Semantik hochumstrittenen absoluten hapax ἄητος mit dem ähnlich klingenden Adjektiv ἄᾰτος, das teils als »schädlich«, teils als »unersättlich« verstanden wurde, kontaminiert er die beiden Wörter formal zu dem Neologismus ἄᾱτος und festigt damit zugleich die Bedeutung »unersättlich«.232 Aufs Ganze besehen, können wir den Text der Posthomerica letztlich als Geflecht verschiedener ›epischer Schichten‹ oder ›epischer Codes‹ analysieren. Dies gilt – rein formal, d.h. auf der blossen Textoberfläche und ohne sich ferner in Lukians Verae Historiae (2,20), wo Homer persönlich auf der Insel der Seligen die Echtheit sämtlicher ihm zugeschriebener Verse bezeugt. 229 Vgl. z.B. Q.S. 12,154 θε ὰ πολ ύμητις ᾿Αθήνη anstelle des homerischen θε ὰ γλαυκ ῶπις ᾿Αθήνη, mit Campbells (1981) Kommentar ad loc. Die Tatsache, dass Quintus das in seiner Bedeutung umstrittene γλαυκῶπις durch das semantisch unproblematische πολύμητις ersetzt, ist an der vorliegenden Stelle durchaus signifikant: (1.) Quintus gebraucht πολύμητις ausschliesslich hier; indem er das Wort in den Rang eines hapax erhebt, spielt er implizit auf die konstruierte Leerstelle, d.h. auf das zu erwartende γλαυκῶπις an. (2.) πολύμητις ist traditionell ein Epitheton für Odysseus; indem Quintus es auf Athene appliziert, setzt er Odysseus und Athene, die hier sozusagen ›gemeinsam‹ für den Bau des hölzernen Pferdes verantwortlich zeichnen, miteinander gleich: Odysseus hat die Idee zum Bau des Pferdes, während Athene den Troern die Kraft eingibt, das Werk innert Rekordzeit zu vollenden. 230 Vgl. den Kommentar zu (135) φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων. 231 Vgl. den Kommentar zu (152) μορόεντα […] τεύχη. 232 Vgl. den Kommentar zu (217) θάρσος ἄᾱτον.

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66

1. Einleitung zu den Posthomerica

Berücksichtigung von Parametern wie Semantik, Kontext oder Intertextualität – sowohl für den Einzelwortgebrauch als auch für Wortverbindungen. Ausgehend vom Anschlusscharakter der Posthomerica an die Ilias, halte ich folgende Unterscheidungen für sinnvoll: • Wörter / Wendungen, die iliadisch, nachiliadisch sowie auch bei Q.S. vorkommen, also Bestandteil eines allgemein iliadisch-epischen Codes sind, an dem auch Quintus partizipiert; • Wörter / Wendungen, die nur iliadisch sowie bei Q.S. vorkommen, also Bestandteil eines spezifisch iliadischen Codes sind, den Quintus aufgreift und imitiert (> imitatio Homeri); • Wörter / Wendungen, die erst nachiliadisch sowie bei Q.S. vorkommen, also Bestandteil eines nach-/uniliadisch-epischen Codes233 sind, den Quintus aufgreift bzw. in den er sich einschreibt; • Wörter / Wendungen, die nur (oder fast nur, oder zum ersten Mal) bei Q.S. vorkommen, die also hapax oder Neologismen bei Q.S. sind und somit Spezifika von Quintus’ eigenem epischen Code darstellen. Auf der Ebene der Wortverbindungen kommen ausserdem zwei Techniken hinzu, mit denen die Überführung eines bestehenden epischen Codes in einen eigenen zustande kommt: • Variationen bestehender iliadischer (oder auch nach-/uniliadischer) Kollokationen, Wendungen und Formeln (> variatio Homeri); • Kreation homerisierender (›pseudo-homerischer‹ oder ›hybrider‹) Wortverbindungen auf der Basis von bestehendem homerischem Vokabular (> translatio Homeri).234 Durch das Neben- und Ineinander dieser verschiedenen epischen Codes ist der Rezipient stetig aufgefordert, auf der Ebene der Sprache selbigen nachzuspüren, das Homerische als ›echt‹, das Pseudo-Homerische als ›unecht‹ unsd das Unhomerische als solches zu erkennen, mit anderen Worten: die imitatio cum variatione, oppositio in imitando und Selbstvariation, die der Text bietet, zu erfassen und zu decodieren. Eine auf dem Kommentar basierende graphische Übersicht soll die Verflechtung der verschiedenen Codes exemplarisch anhand der Trugtraumszene (Q.S. 1,118–137) illustrieren (vgl. gegenüberliegende Seite). Über das rein Formale hinaus bietet jedoch der Text auch eine Vielzahl an spezifisch intertextuellen Rezeptionsangeboten; einige Beispiele wurden 233 Der Begriff ›nachiliadisch‹ bzw. ›uniliadisch‹ ist hier in bewusst simplifizierender Weise gebraucht. Selbstverständlich spielt es bei der Prüfung einer einzelnen Stelle eine Rolle, ob bspw. ein Wort bereits in der Odyssee oder erst in den Argonautica belegt ist. Mit der hier hergestellten Dichotomie zwischen ›iliadisch‹ und ›nach-/uniliadisch‹ soll dem engen Anschlusscharakter der Posthomerica an die Ilias Rechnung getragen werden. 234 Ich führe den Begriff der translatio Homeri hier als Analogiebildung zu geläufigen Termini wie variatio Homeri oder interpretatio Homeri ein.

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δύσετ᾿} {ἐς ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον,} ἄνυτο δ᾿ ἠώς.

{καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ {δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς},}

δὴ τότε που δμωαὶ {στόρεσαν θυμήρεα λέκτρα}

{ἐν Πριάμοιο δόμοισι} θρασύφρονι Πενθεσιλείῃ.

ἡ δὲ κιοῦσ᾿ εὕδεσκεν, ὕπνος δέ οἱ ὄσσε κάλυψε

{νήδυμος ἀμφιπεσών}. μόλε δ᾿ αἰθέρος ἐξ ὑπάτοιο

{Παλλάδος ἐννεσίῃσι} μένος {δολόεντος ᾿Ονείρου},

ὅππως μιν λεύσσουσα κακὸν Τρώεσσι γένηται

οἷ τ᾿ αὐτῇ, μεμαυῖα ποτὶ πτολέμοιο φάλαγγας.

καὶ τὰ μὲν ὣς ὥρμαινε δαΐφρων Τριτογένεια·

τῇ δ᾿ ἄρα {λυγρὸς ῎Ονειρος} ἐφίστατο {πατρὶ ἐοικώς},

καί μιν ἐποτρύνεσκε {ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος}

θαρσαλέως μάρνασθαι ἐναντίον. ἡ δ᾿ ἀίουσα

γήθεεν ἐν φρεσὶ πάμπαν· ὀίσατο γὰρ μέγα ἔργον

ἐκτελέσειν αὐτῆμαρ {ἀνὰ μόθον} ὀκρυόεντα,

νηπίη, ἥ ρ᾿ ἐπίθησεν {ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ}

ἑσπερίῳ, ὃς φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων

θέλγει γ᾿ ἐν λεχέεσσιν, ἄδην {ἐπικέρτομα βάζων},

ὅς μιν ἄρ᾿ ἐξαπάφησεν {ἐποτρύνων πονέεσθαι}.

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**

{᾿Ηέλιος δὲ θοῇσιν {ἑλισσόμενος περὶ δίνῃς}

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–––––––– * ohne Berücksichtigung von (epischem) Basisvokabular (z.B. ἠέλιος, δόμος, etc.) ** ἠέλιος […] δύσετ᾿ zusammengehörig

Details s. Kommentar

(6) homerischem Vokabular (> translatio Homeri)

(6) homerisierende {Wortverbindungen} auf der Basis von bestehendem

(5) {Wortverbindungen} (> variatio Homeri)

(5) Variation / Paraphrase iliadischer oder nach-/uniliadischer

(4) Quintus’ eigener epischer Code: Wörter – Formen / Wortverbindungen

(3) nach-/uniliadisch-epischer Code: Wörter – Formen / Wortverbindungen

(2) (> imitatio Homeri)

(2) spezifisch iliadischer Code: Wörter – Formen / Wortverbindungen

(1) allgemein iliadisch-epischer Code: Wörter – Formen / Wortverbindungen

Epische Codes und Intertextualitätssignale in den Posthomerica: Exemplarische graphische Übersicht anhand von Q.S. 1,118–137*

68

1. Einleitung zu den Posthomerica

im Zusammenhang mit der Verwendung homerischer hapax legomena und der interpretatio Homeri bereits diskutiert. Grundsätzlich ist zu sagen, dass jeder sprachliche ›Baustein‹ ein ›intertextuelles Potential‹ besitzt, dass also die Möglichkeiten, Intertexte über sprachliche Anklänge aufzurufen, theoretisch beinahe unbeschränkt sind. Zugleich jedoch lässt sich die Plausibilität einer postulierten intertextuellen Verknüpfung anhand der Intensität des Zitatcharakters ablesen.235 So wird man der Imitation einer Wortverbindung in der Tendenz grösseres Gewicht zumessen als der Imitation eines Einzelwortes; desgleichen verfügen, wie im Zusammenhang mit der Diskussion der hapax legomena bereits angedeutet wurde, seltene Wörter oder Junkturen über ein stärkeres intertextuelles Potential als häufig(er) auftretende, formelhafte Ausdrücke; schliesslich wird man einer intertextuellen Verknüpfung im Normalfall einen ›Mehrwert‹ zusprechen wollen, sofern sie über das rein Formale hinaus auf einen sinnfälligen Intertext rekurriert, welcher dem zu untersuchenden Kontext eine semiotisch bzw. interpretativ bedeutsame Zusatzdimension zu verleihen vermag. Auf drei Beispiele aus der Trugtraumszene sei hingewiesen: (1.) Die Phrase ἑλισσόμενος περ ὶ δίνῃς in Q.S. 1,118 ist aus Il. 21,11 ἑλισσόμενοι περὶ δίνας entnommen. Da es sich um eine in der Ilias singuläre und auch von Quintus nur einmal gebrauchte Wendung handelt, liegt die Annahme einer konkreten intertextuellen Bezugnahme nahe: Indem aus einem Kontext zitiert wird, der im Zusammenhang mit Achilleus’ Wüten und Morden am Skamander steht, wird das friedvolle Bild des Sonnenuntergangs mit Blick auf die bevorstehende Schlacht und Penthesileias Tod entsprechend getrübt.236 (2.) Die Kollokation δαιτ ός τ ᾿ ἐρατεινῆς (Q.S. 1,120) ist eine Variation der odysseischen Versschlusswendung δαῖτ᾿ ἐρατεινήν (Od. 8,61 und 20,117; sonst nirgends). Ein intertextueller Bezug auf Od. 20,117 ist insofern von inhaltlicher Relevanz, als diese Stelle im Zusammenhang einer Vorausdeutung auf den nahenden Tod der Freier steht, die – wie Penthesileia – die »ersehnte Speise« zum letzten Mal genossen haben.237 (3.) Die Formulierung ὄσσε κάλυψε (Q.S. 1,123) ist der iliadischen Versschlussformel (τὸν δὲ) σκότος ὄσσε κάλυψε( ν) entnommen, mit welcher stets der gewaltsame Kampfestod bezeichnet wird. Dadurch wird Penthesileias Schlaf intertextuell als Todesbringer markiert: der nahende οὖλος ὄνειρος stachelt die Amazonenkönigin zum Kampf an und führt sie so ins Verderben.238

235 Zu diesem Komplex vgl. die wichtige Arbeit von Helbig (1996), der vier progressive Bereiche der Markierung von Intertextualität unterscheidet (83–142): Nullstufe – Reduktionsstufe – Vollstufe – Potenzierungsstufe. Vgl. auch Kap. 1.4.1 mit Anm. 267. 236 Vgl. den Kommentar zu (118) ἑλισσόμενος περὶ δίνῃς. 237 Vgl. den Kommentar zu (120) καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς. 238 Vgl. den Kommentar zu (123) ὄσσε κάλυψε.

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1.3 Sprache, Form und Intertextualität der Posthomerica

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Abschliessend anzufügen ist, dass die wenigsten dieser und ähnlicher intertextueller Anspielungen für das inhaltliche Textverständnis als solches absolut unabdingbar sind. Die Intertextualität des Quintus erweist sich vielmehr als arte allusiva in alexandrinischer Manier, welche dem lector doctus ein beständiges Rezeptionsangebot zur Verfügung stellt, das von Stelle zu Stelle genutzt werden kann, aber nicht muss, während die enarratio qua enarratio als solche ihren Gesamtsinn nicht einbüsst. Dem Text wohnt somit das Potential inne, sowohl einem intellektuell anspruchsvollen, gebildeten Publikum (> lectores docti) als auch einer breiteren, weniger gebildeten Rezipientenschicht gerecht zu werden.239

1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale: Quintus, der Epische Zyklus und die Zweite Sophistik 1.4.1 Die Poetik der Posthomerica Jedes in stichischen daktylischen Hexametern abgefasste literarische Werk der griechischen Antike steht in beständiger, unausweichlicher Auseinandersetzung mit den homerischen Epen, insbesondere aber mit der Ilias, und also mit der Grossform der homerischen Heldenepik. Nebst der Lehrdichtung, der religiös-hymnischen Epik und dem Epyllion – um nur die wichtigsten Subgattungen bzw. Nebenzweige des Genre zu nennen – sind sodann in einem weiteren Kontext auch die aus der alternierenden Abfolge von Hexameter und Pentameter sich ergebenden Formen der Epigrammatik bzw. der Elegie in diesem Dunstkreis zu sehen. Ja, es lässt sich – mit nur wenig rhetorischer Emphase – postulieren, dass jeder griechische Hexameter automatisch in einen intertextuellen Dialog mit den homerischen Epen tritt und in der einen oder anderen Form sich (formal und inhaltlich) aus diesen speist und / oder sich von ihnen absetzt. Dass dieses in einer weit über tausendjährigen Tradition nicht versiegende Bewusstsein auch in der Spätantike lebendig blieb, zeigt bspw. die anhaltende herausragende Stellung der Ilias als Schultext,240 aber etwa auch – im Bereich der kreativen Epenproduktion – Nonnos von Panopolis (5. Jh. n.Chr.), dessen episches ›Ich‹ in den Dionysiaca sich nachgerade ostentativ in eine direkte home239 Vgl. auch Kap. 2.1.1 zu meiner Unterscheidung zwischen expliziten / obligatorischen (= konkret im Text ausformulierten) und impliziten / optionalen (= durch intertextuelle Referenzen erzeugten) Prolepsen. 240 Vgl. Ibrahim (1976) (»from about 300 extant school texts pertaining to all the stages of education, at least 80 are Homeric«, 195); Morgan (1998) 105–111 (»[b]oth papyri and elite writers testify to the primary importance of Homer in education«, 105).

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1. Einleitung zu den Posthomerica

risch-iliadische Tradition stellt und Homer als seinen ›Vater‹ bezeichnet,241 oder in ähnlicher Weise Christodor (6. Jh. n.Chr.) in seiner Beschreibung der Statuen im Zeuxippos zu Konstantinopel.242 In diesem Lichte besehen, scheint Quintus mit seiner Fortsetzung der Ilias sozusagen den ›Weg des geringsten Widerstands‹ zu gehen, indem er sich – so möchte man meinen – der kreativen Auseinandersetzung mit seinem Vorbild begibt. Wie jedoch bereits die Analyse von Sprache und Formgestalt (s.o. Kap. 1.3.3) gezeigt hat, lässt sich das Werk des Quintus auf eine solch einseitige Deutung nicht reduzieren. Zu fragen wäre also, von was für Rezeptionsbedingungen wir bei einem Text wie den Posthomerica, der sich so eng an sein Vorbild anschliesst – dies jedoch, nota bene, mit einem zeitlichen Abstand von gut tausend Jahren –, ausgehen bzw. was für (potentielle) Rezeptionshaltungen wir an den Text herantragen können und ob bzw. wie diese eingelöst werden. Zu diesem Zweck werden im Folgenden drei poetologisch signifikante Schlüsselstellen im Epos des Quintus – nämlich (1.) Werkbeginn; (2.) Ekphrasis / Schildbeschreibung; (3.) Sphragis / Binnenproömium – diskutiert und dahingehend befragt, »ob und wie Quintus diese Passagen für poetologische Aussagen nutzt und im Dialog mit Homer entwickelt«.243 (1.) Werkbeginn:244 Quintus eröffnet sein Epos mit folgenden Versen (Q.S. 1,1–4): εὖθ᾿ ὑπὸ Πηλείωνι δάμη θεοείκελος ῞Εκτωρ καί ἑ πυρὴ κατέδαψε καί ὀστέα γαῖα κεκεύθει, δὴ τότε Τρῶες ἔμιμνον ἀνὰ Πριάμοιο πόληα δειδιότες μένος ἠὺ θρασύφρονος Αἰακίδαο. Als der götterähnliche Hektor vom Peleussohn bezwungen ward und der Scheiterhaufen ihn verzehrt hatte und die Erde seine Knochen barg, da blieben die Troer in der Stadt des Priamos, weil sie den ungestümen Zorn des kühn gesinnten Aiakiden fürchteten.

241 Vgl. Nonn. Dion. 25,6–9: οὐ μὲν ἀείσω / πρ ώτους ἓξ λυκ άβαντας, ὅτε στρατ ὸς ἔνδοθι πύργων / ᾿Ινδὸς ἔην· τελ έσας δ ὲ τύπον μιμηλ ὸν ῾Ομήρου / ὕστατον ὑμνήσω π τολέμων ἔτος. »Ich werde nicht die ersten sechs Jahre besingen, als sich das Heer der Inder innerhalb der Mauern aufhielt; ich werde meine Darstellung in Anlehnung an Homer gestalten und das letzte Kriegsjahr im Gesange preisen.«; 25,264f.: ἀλλά, θεά, με κ όμιζε τὸ δεύτερον εἰς μέσον ᾿Ινδῶν, / ἔμπνοον ἔγχος ἔχοντα καὶ ἀσπίδα πατρὸς ῾Ομήρου. »Doch bringe mich, Göttin, ein zweites Mal unter die Reihen der Inder, [mich, der ich] den beseelten Speer und den Schild von Vater Homer trage.« 242 Vgl. Christodor (= Anth. Gr. 2) 320f.: σύννομος ᾿Απόλλωνι, πατὴρ ἐμός, ἰσόθεος φώς, / ἵστατο θεῖος ῞Ομηρος. »Der Gefährte des Apollon, mein Vater, ein gottgleicher Mann, tritt auf: der göttliche Homer.« 243 Baumbach (2007) 108. 244 Die nachstehenden Ausführungen basieren weitgehend auf Bär (2007) 29–40, worauf im Folgenden in den Fussnoten i.d.R. nicht mehr gesondert verwiesen wird. Für eine ausführlichere Analyse und Bewertung vgl. auch den Kommentar zu den Versen 1–17 (Einleitung).

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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Anders als aufgrund der etablierten Gattungstradition zu erwarten wäre, verzichten die Posthomerica auf ein die folgende Erzählung thematisch umreissendes Proömium sowie auf einen Anruf an die Musen zwecks Bitte um künstlerische Inspiration – Bestandteile, welche die Eröffnung eines epischen Gedichts seit Ilias und Odyssee wesenhaft konstituieren. Stattdessen werden mit der Erwähnung von Achilleus’ Wüten und Hektors Tod und Bestattung die Kulminationspunkte der iliadischen Handlung mit ein paar knappen Pinselstrichen evoziert, ehe mit dem Eintreffen der Amazonenkönigin Penthesileia der Fortgang der Handlung beginnt (1,18f.: κα ὶ τότε Θερμώδοντος ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων / ἤλυθε Πενθεσ ίλεια). Mittels dieser unmittelbaren Fortschreibung wird die Einheit der Handlung von Ilias und Posthomerica herausgestellt,245 ja fast scheint es, als habe der Dichter beabsichtigt, die Grenzen zwischen den beiden Werken durch den Verzicht auf Proömium und Musenanruf bewusst zu verwischen, um somit sein Werk als zur Ilias gehörig, gewissermassen als ›Buch 25 der Ilias‹,246 und also letzten Endes sich selber als niemand geringeren denn als Homer in Szene zu setzen. Anders gesagt: der Texteinstieg ohne Proömium und Musenanruf generiert im Leser die Rezeptionshaltung, als impliziten Autor der Posthomerica Homer zu erkennen.247 (2.) Ekphrasis / Schildbeschreibung: Anlässlich der Beendigung der Leichenspiele für Achilleus (Q.S. 4,180– 588) setzt Thetis dessen Schild und Rüstung für den ›besten der Achaier‹ – womit implizit Aias gemeint ist – aus; vgl. Q.S. 5,125–127 (Thetis spricht): ἀλλ᾿ ἴτω ὅς τ᾿ ἐσάωσε νέκυν καὶ ἄριστος ᾿Αχαιῶν, / καί νύ κέ οἱ θηητὰ καὶ ἄμβροτα τε ύχη ἕσασθαι / δ ώσω. »Doch es möge derjenige, der die Leiche [des Achilleus] gerettet hat und der beste der Achaier ist, vortreten, 245 Diese Deutung ist im Kern nicht neu; vgl. z.B. Keydell (1963) 1273: »Qu[intus] wollte ein Epos schreiben, das die Lücke zwischen Ilias und Odyssee ausfüllte; das wird dadurch deutlich, daß er auf ein Prooemium verzichtet hat.«; Fornaro (2001) 723: »Die Posthomerica erzählen von den Ereignissen nach Hektors Tod, in der Absicht, die Lücke zw. ›Ilias‹ und ›Odyssee‹ zu füllen.« Allerdings ergeben sich andere Implikationen, wenn man den Schwerpunkt der Deutung auf den Fortsetzungscharakter der Posthomerica und nicht auf die Einheit von Handlung und Werk legt. 246 Dieser Eindruck wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass gleich zu Beginn der Posthomerica ein Gleichnis steht (Q.S. 1,5–8), wohingegen das erste Gleichnis in der Ilias sich erst im zweiten Buch findet (Il. 2,87–93), während ansonsten öfters Gleichnisse zu Beginn eines neuen Buches stehen. Vgl. dazu den Kommentar zu (5–8) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι […] ὣς οἱ […] ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα. 247 Diese Rezeptionshaltung findet ihre ringkompositorische Entsprechung zu Ende des 14. Buches, als der Erzähler in einer kurzen Prolepse auf die zu erwartenden ›Leiden des Odysseus‹ vorausdeutet (Q.S. 14,628–631) und dabei unverkennbar das Odyssee-Proömium zitiert (Q.S. 14,630f. ο ὕνεκ᾿ ἔμελλε / πάσχειν ἄλγεα πολλ ὰ Ποσειδ άωνος ὁμοκλῇ »weil er auf Befehl des Poseidon viele Schmerzen erleiden sollte« < Od. 1,4 πολλὰ δ᾿ ὅ γ᾿ ἐν π όντῳ πάθεν ἄλγεα ὃν κατὰ θυμόν »und viele Schmerzen erlitt er auf dem Meer in seinem Gemüte«); vgl. auch Anm. 174.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

und ich werde ihm die wunderlichen und unsterblichen Waffen zu tragen geben.« Diesen Moment nutzt der Dichter, um mittels einer fast hundert Hexameter umfassenden Ekphrasis des Schildes (Q.S. 5,6–101)248 einen ersten eigentlichen Ruhepunkt nach dem Kampfgeschehen und den Sportwettkämpfen – Letztere stellen bereits eine gewisse »Atempause vom Kampfgetümmel«249 dar, sind jedoch ebenso wie der Krieg nach wie vor von körperlicher Aktivität und Siegesstreben geprägt – zu schaffen. Damit knüpft er evidentermassen an die iliadische Beschreibung desselben Schildes (Il. 18,478–613) an, ohne freilich diese tel quel zu kopieren oder nur in variierenden Worten zu wiederholen250 – vielmehr übernimmt er zwar das von der iliadischen Schildbeschreibung vorgegebene Konzept der umfassend-kosmogonischen Darstellung, schildert innerhalb dieser jedoch andere Szenen, als es sein homerisches Vorbild tut.251 Somit wird dem Rezipienten die Unvollständigkeit der beiden Ekphraseis bzw. deren Zusammengehörigkeit als Einheit, welche sich erst in gegenseitiger Ergänzung der beiden ›Teile‹ zu einem Ganzen ergibt, suggeriert – ein Eindruck, den der Text gegen Ende der Beschreibung expliziert (Q.S. 5,97f.): ἄλλα δὲ μυρία κεῖτο κατ᾿ ἀσπίδα τεχνη έντως / χερσ ὶν ὑπ᾿ ἀθανάτῃς πυκιν όφρονος ῾Ηφαίστοιο. »Und unzählige weitere Kunstwerke befanden sich auf dem Schild, kunstvoll [gefertigt] von den unsterblichen Händen des dicht sinnenden Hephaistos.« Mittels dieser Rezipientenlenkung werden auf einer metapoetischen Ebene auch die Einheit von Werk, Handlung und Autor ein zweites Mal hervorgehoben. (3.) Sphragis / Binnenproömium: Eine dritte metapoetisch signifikante Passage bestätigt diesen Eindruck abermals: Im 12. Buch der Posthomerica findet sich vor dem Katalog der Helden, die das hölzerne Pferd besteigen, das erste und einzige Binnen-

248 Zum posthomerischen Schild des Achilleus vgl. die wegweisenden Arbeiten von Baumbach (2007) und Maciver (2007). 249 Baumbach (2007) 109; vgl. Q.S. 4,22–24 (ein Troer spricht anlässlich von Achilleus’ Tod): ἦ γὰρ ὀίω / βλημένου ἀμπνεύσειν Τρώων ἐρικυδέα φῦλα / αἵματος ἐξ ὀλοοῖο καὶ ἀνδροφόνου ὑσμίνης. »Ja, ich glaube wohl, dass [nun, da er] gefallen ist, das hochhehre Volk der Troer wird aufatmen können nach dem tödlichen Blutvergiessen und der männermordenden Schlacht.« 250 Von den zahlreichen intertextuellen Bezügen zur homerischen Ekphrasis im Detail natürlich abgesehen; vgl. dazu im Einzelnen den Kommentar von James / Lee (2000) 33–68. 251 Zur Gliederung vgl. Baumbach (2007) 112 (andere Einteilungen bei Byre [1982] 184f. und James / Lee [2000] 34f.): (1.) Himmel, Luft, Erde, Meer (5,6–16) – (2.) wilde Tiere, Jäger (5,17– 24) – (3.) Kriegsszene (5,25–42) – (4.) Friedensszene, Gerechtigkeit, Landarbeit (5,43–65) – (5.) Tanz, Aphrodite, Hochzeit von Peleus und Thetis (5,66–79) – (6.) Seesturm, Befriedung durch Poseidon (5,80–96) – (7.) Okeanos (5,99–101). – Die augenfälligste ›Neuerung‹ vonseiten des Quintus ist der ›Berg der Tugend‹ (5,50: τρηχὺ ζαθέης ᾿Αρετῆς ὄρος), dessen Beschreibung das Herzstück der ganzen Ekphrasis darstellt (5,49–56) und der mit seiner stoisch aufgeladenen Topik als mise-en-abyme für das ganze Werk gelesen werden kann; vgl. Maciver (2007).

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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proömium und somit der einzige Musenanruf des ganzen Werks (Q.S. 12,306–313):252 τούς μοι νῦν καθ᾿ ἕκαστον ἀνειρομένῳ σάφα, Μοῦσαι, ἔσπεθ᾿, ὅσοι κατέβησαν ἔσω πολυχανδέος ἵππου· ὑμεῖς γὰρ πᾶσάν μοι ἐνὶ φρεσὶ θήκατ᾿ ἀοιδήν, πρίν μοι ἔτ᾿ ἀμφὶ παρειὰ κατασκίδνασθαι ἴουλον, Σμύρνης ἐν δαπέδοισι περικλυτὰ μῆλα νέμοντι, τρὶς τόσον ῞Ερμου ἄπωθεν ὅσον βοόωντος ἀκοῦσαι, ᾿Αρτέμιδος περὶ νηὸν ᾿Ελευθερίῳ ἐνὶ κήπῳ, οὔρεϊ οὔτε λίην χθαμαλῷ οὔθ᾿ ὑψόθι πολλῷ. Diese nun nennt mir, der ich [euch danach] frage, Musen, untrüglich der Reihe nach, welche in das vielfassende Pferd hineinstiegen: Denn ihr habt mir die ganze Sangeskunst in den Sinn gelegt, noch bevor mir meine Wange ringsum den Bartflaum wachsen liess, als ich in Smyrnas Landen das vielberühmte Vieh weidete, [nur] dreimal so weit vom Hermos entfernt, wie [man] einen Rufenden hören [kann], in der Umgebung eines Artemistempels im Garten der Freiheit [an einem Ort] weder von allzu flacher Anhöhe noch besonders steil.

Die Homer-Referenzen scheinen evident: Erstens ist die Behauptung des epischen ›Ichs‹, »in Smyrnas Landen« die Musenweihe empfangen zu haben, eine unmissverständliche Anspielung auf den verbreiteten antiken Topos von Smyrna als Geburtsstadt Homers253 – Quintus geriert sich damit gewissermassen als ›zweiter Homer‹, und wir kommen nicht umhin, darin in erster Linie nicht eine autobiographische Angabe, sondern vielmehr eine weitere poetologische Aussage über die ›homerische‹ Autorschaft der Posthomerica zu sehen.254 Ferner nimmt das posthomerische Binnenproömium intertextuell Bezug auf ebenjenes im 2. Buch der Ilias, welches vor dem Katalog der Schiffe steht (Il. 2,484–492): ἔσπετε νῦν μοι, Μοῦσαι ᾿Ολύμπια δώματ’ ἔχουσαι – ὑμεῖς γὰρ θεαί ἐστε πάρεστέ τε ἴστε τε πάντα, ἡμεῖς δὲ κλέος οἶον ἀκούομεν οὐδέ τι ἴδμεν – οἵ τινες ἡγεμόνες Δαναῶν καὶ κοίρανοι ἦσαν. πληθὺν δ’ οὐκ ἂν ἐγὼ μυθήσομαι οὐδ’ ὀνομήνω, οὐδ’ εἴ μοι δέκα μὲν γλῶσσαι, δέκα δὲ στόματ’ εἶεν, φωνὴ δ᾿ ἄρρηκτος, χάλκεον δέ μοι ἦτορ ἐνείη, εἰ μὴ ᾿Ολυμπιάδες Μοῦσαι, Διὸς αἰγιόχοιο θυγατέρες, μνησαίαθ’ ὅσοι ὑπὸ ῎Ιλιον ἦλθον. 252 Die nachstehenden Ausführungen basieren weitgehend auf Bär (2007) 40–61, worauf im Folgenden in den Fussnoten i.d.R. nicht mehr gesondert verwiesen wird. 253 Vgl. Bär (2007) 53 (mit Stellenverweisen). 254 Zur Frage nach Quintus’ Herkunft und der Verwertbarkeit des Binnenproömiums als autobiographischer Quelle vgl. Kap. 1.1.2 sowie ausführlich Bär (2007) 52–61.

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1. Einleitung zu den Posthomerica Sagt mir nun an, Musen, die ihr die Häuser des Olymps bewohnt – denn ihr seid Göttinnen und seid zugegen und wisst alles, wir aber hören von der Kunde nur, wissen sie aber nicht [mit Sicherheit] –, welches die Anführer und Herren der Danaer waren: Denn die [ganze] Menge könnte ich wohl nicht erzählen und nennen, auch wenn ich zehn Zungen, zehn Münder hätte und eine unzerreissbare Stimme und [auch wenn] mir ein ehernes Herz innewohnte, wenn nicht die Musen vom Olymp, die Töchter des Aigishalters Zeus, mir in Erinnerung riefen, welche [Helden] nach Ilion zogen.

Ohne an dieser Stelle auf sämtliche intertextuellen Bezüge im Einzelnen eingehen zu müssen,255 lässt sich mit Fug und Recht konstatieren, dass das Binnenproömium der Posthomerica nachgerade ein reworking des iliadischen Binnenproömiums darstellt – allein schon das Zitat des Eingangsverses macht dies augenfällig (Il. 2,484 ἔσπετε ν ῦν μοι , Μο ῦσαι ᾿Ολύμπια δώματ᾿ ἔχουσαι > Q.S. 12,306f. τούς μοι ν ῦν καθ᾿ ἕκαστον ἀνειρομένῳ σάφα, Μο ῦσαι, / ἔσπεθ᾿). Nicht nur gibt sich also das epische ›Ich‹ der Posthomerica ein drittes Mal als ›Homer‹ zu erkennen, sondern die beiden Binnenproömien und also auch die beiden Kataloge werden durch das intertextuelle Zitat in Analogie zueinander gesetzt – zwei Kataloge, die beide von überragender narrativer Bedeutung für den Gang der Handlung sind, da in dem ersten die Schiffe, Völkerschaften und Heroen, die gegen Troja ziehen, aufgezählt und in dem anderen die Helden, die das Pferd besteigen und somit die Eroberung Trojas erst ermöglichen, genannt werden. Wir stellen also fest, dass sich die antizipierte Rezeptionshaltung, dergemäss wir in den Posthomerica eine ›rein homerische‹ Fortsetzung der Ilias sehen können, auf den ersten Blick bestätigt, da an drei poetologisch bedeutsamen Angelpunkten entsprechende Signale eindeutig gesetzt sind. Bei genauerem Besehen jedoch eröffnen sich weitere Dimensionen, die das gezeichnete Bild massgeblich erweitern: (1.) Was das Initialproömium angeht, so ist festzuhalten, dass das Fehlen eines solchen nicht bloss eine unmittelbare Fortschreibung der homerischen Ilias impliziert, sondern ebenso einen auffälligen Bruch mit dem nämlichen Gattungszwang bedeutet, zumal man zu erwarten hätte, dass ein SichEinschreiben eines epischen Dichters in eine homerische Tradition in erster Instanz über ein entsprechendes Proömium zu erfolgen hätte.256 Der Kunstgriff unseres Dichters besteht also darin, mittels einer formalen Leerstelle einen direkten Anschluss an das Vorbild und gleichzeitig eine Absetzung davon aneinanderzukoppeln. Die Art und Weise, wie Quintus sein Werk 255

Vgl. dazu im Detail Bär (2007) 41–45. Vgl. z.B. das Proömium in Dionysiaca 25, mit dem Nonnos die zweite, ›homerische‹ Hälfte seines Werks ankündigt (Dion. 25,1–30, insb. Vers 8 τελέσας δὲ τύπον μιμηλὸν ῾Ομήρου). 256

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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eröffnet, ist somit gewissermassen gleichzeitig homerisch wie auch unhomerisch. (2.) Mit Blick auf die Schildbeschreibung ist festzustellen, dass es Quintus nicht bei der einen Ekphrasis bewenden, sondern dass er im 6. Buch eine zweite solche folgen lässt, und zwar eine Beschreibung des Schildes des Eurypylos, auf welchem die Heldentaten von dessen Grossvater Herakles zu sehen sind (Q.S. 6,198–293).257 Diese zweite Schildbeschreibung bietet einen erneuten Ruhepunkt vor Eurypylos’ Eingreifen in die Schlacht und bereitet letztlich auf die Konfrontation Neoptolemos – Eurypylos vor, in welcher sich der letzte grosse Heroenzweikampf des Troischen Krieges manifestieren wird. Mit dieser zweiten ausladenden Ekphrasis, deren Analogie zur ersten allein schon aufgrund der gleichen Länge beider (je 96 Verse) evident ist, legt Quintus auf einer metapoetischen Ebene nicht nur Beweis für seine schöpferische Eigenständigkeit – d.h. dafür, dass er ›zu mehr‹ in der Lage ist als nur zur Fortschreibung bzw. Ergänzung einer bereits bestehenden Ekphrasis – ab, sondern er verlässt mit der Wahl der Herakles-Thematik auch den Troischen Sagenkreis und somit auch den homerisch-iliadischen Horizont, da Herakles einer noch älteren Heldengeneration angehört.258 Darüber hinaus sei bemerkt, dass Quintus’ zweite Schildbeschreibung sich intertextuell wenn auch nicht so offenkundig wie die Achilleische Schildbeschreibung auf die Ilias, so doch zumindest von der Thematik her unübersehbar auf die pseudo-hesodeische Aspis bezieht259 – zu jenem Epyllion also, welches ebenfalls die Taten des Herakles schildert und das in der Antike Hesiod zugeschrieben wurde. Quintus verlässt also auch auf der Ebene der Intertextualität die rein homerisch-iliadische Ebene und erweitert seinen Bezugsrahmen um Homers ›Rivalen‹ Hesiod260 – kurzum: könnte Quintus’ erste Schildbeschreibung in Thematik und Intertextualität homerischer bzw. iliadischer nicht sein, so ist dies die zweite ebenso betontermassen nicht. 257

Zu Eurypylos’ Schild und dessen Ekphrasis vgl. Baumbach (2007) 128–141. Zu beachten ist, dass der Heraklesmythos mit Ausnahme der pseudo-hesiodeischen Aspis nie eine veritable epische Verarbeitung erfahren hat – ein Umstand, auf den Apollonios Rhodios wie auch Quintus poetologisch rekurrieren; vgl. Baumbach (2007) 141: »Herakles wird in der Ilias nur am Rande erwähnt […] und ist eine Nebenfigur in der Nekyia der Odyssee (11.266-268). Auch spätere Epiker wie Apollonios Rhodios führen ihn zwar zunächst in die Handlung ein, aber nur, um ihn schnell wieder aus dieser zu entlassen (A.R. 1.1298-1309). Es scheint, dass die epische Tradition es konsequent vermieden hat, von den (Un-)Taten des Herakles zu berichten bzw. ihm eine prominente Stellung im Epos einzuräumen. In diese Tradition scheint sich auch Quintus einzureihen, insofern er Herakles zwar in das Epos einschreibt, aber nur in Form einer Ekphrasis.« 259 Vgl. Baumbach (2007) 139–141. 260 Zur Topikalität der Rivalität zwischen Homer und Hesiod in der Antike vgl. etwa das Certamen Homeri et Hesiodi; vgl. dazu Graziosi (2001) und (2002) 168–180 sowie Art. »Wettkampf Homers und Hesiods« in: DNP 12/2 (2002) 503–505 (William D. Furley). 258

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1. Einleitung zu den Posthomerica

(3.) Endlich lassen sich auch im Binnenproömium des 12. Buches Elemente festmachen, welche über die Homerica hinausgehen:261 nebst dem iliadischen Schiffskatalog (Il. 2,484–492) spielen auch Anspielungen auf Hesiod sowie auf Kallimachos eine zentrale Rolle. Erstens nimmt Quintus mit der Musenweihe in Smyrna auf Hesiods Dichterweihe am Berg Helikon Bezug (Th. 22–28): αἵ νύ ποθ᾿ ῾Ησίοδον καλὴν ἐδίδαξαν ἀοιδήν, ἄρνας ποιμαίνονθ᾿ ῾Ελικῶνος ὑπὸ ζαθέοιο. τόνδε δέ με πρώτιστα θεαὶ πρὸς μῦθον ἔειπον, Μοῦσαι ᾿Ολυμπιάδες, κοῦραι Διὸς αἰγιόχοιο· »ποιμένες ἄγραυλοι, κάκ᾿ ἐλέγχεα, γαστέρες οἶον, ἴδμεν ψεύδεα πολλὰ λέγειν ἐτύμοισιν ὁμοῖα, ἴδμεν δ᾿, εὖτ᾿ ἐθέλωμεν, ἀληθέα γηρύσασθαι.« Diese [= die Musen] lehrten einst Hesiod die schöne Sangeskunst, als er die Schafe weidete am Fusse des hochhehren Helikon. Und dieses Wort sprachen die Göttinnen bei der ersten Begegnung zu mir, die Musen vom Olymp, die Töchter des Aigishalters Zeus: »Ihr Hirten, die ihr das freie Feld bewohnt, ihr üblen Feiglinge, nur Bäuche! Wir wissen viele Trugreden zu sagen, der Wahrheit ähnlich, wir wissen aber auch, wenn wir es wollen, Wahres zu verkünden.«

Der thematische Bezug – d.h. die Weihe eines jungen Schafhirten zum Dichter durch die Inspiration der Musen an einem abgelegenen Ort während des Schafehütens – ist nicht zu verkennen (Q.S. 12,308–310 < Th. 22–24). Mit der wörtlichen Übernahme des Wortes ἀοιδήν zitiert Quintus den Schlüsselbegriff262 zur Bezeichnung der epischen Dichtkunst, die »Sangeskunst«,263 und spinnt somit nicht bloss motivisch, sondern auch konkret sprachlich einen intertextuellen Faden zu Hesiod. Die eigentliche Subtilität von Quintus’ Intertextualität und der damit verbundenen Poetologie zeigt sich jedoch erst, wenn wir das Versstück μ ῆλα ν έμοντι (Q.S. 12,310) in den Blick nehmen: Dieses ist nämlich ein wörtliches Zitat aus Kallimachos’ Aitienprolog aus der Traumszene,264 in welcher das erzählende ›Ich‹ von seiner Versetzung auf den Helikon und seiner Musenweihe im Stile Hesiods berichtet (Kall. Aet. 1, fr. 2,1f. Pf. = 4,1f. Asper): 261

Vgl. Bär (2007) 45–51. Man beachte die identische Wortform (Akk. Sg.) und die identische sedes im Vers. Das Wort wird mittels seiner Endstellung im Vers hervorgehoben; Quintus verleiht ihm ausserdem zusätzliche Emphase, indem er es als hapax behandelt. 263 Zur vorliegenden Bedeutung »Sangeskunst« (hier eher als »Gesang«) vgl. Verdenius (1972) 233 und Campbell (1981) 103. 264 Dass es sich um eine Traumszene handelt, ist aus Kallimachos’ Fragmenten nicht direkt ersichtlich, ist aber in späterer Überlieferung gut genug bezeugt, um als sicher gelten zu können; vgl. Bär (2007) 49 mit Anm. 71. 262

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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ποιμ⌋ένι μῆλα νέμ⌊οντι παρ᾿ ἴχνιον ὀξέος ἵππου ῾Ησιόδ⌋ῳ Μουσέων ἑσμὸ⌊ς ὅτ᾿ ἠντίασεν / […] Als dem Hirten, der bei der Spur des feurigen Pferdes Schafe weidete, dem Hesiod, der Musen Schwarm begegnete […]265

Bereits Kallimachos hat sich über den Topos der Musenweihe beim Schafeweiden in die Tradition Hesiods und in die von ihm begründete Gattung der Lehrdichtung eingeschrieben.266 Die Subtilität von Quintus’ intertextuellem Spiel besteht darin, aus einem hellenistischen Text wörtlich zu zitieren (μῆλα νέμοντι), welcher seinerseits bereits auf einen anderen, archaischen Text intertextuell referiert, auf den Quintus hinwiederum auch direkten intertextuellen Bezug nimmt und aus dem er ebenfalls zitiert (ἀοιδήν). Doch damit noch nicht genug: Mit dem Adjektiv περικλυτά stellt Quintus gleichsam ein ›Hinweisschild‹ auf, welches auf die genannte doppelte intertextuelle Verbindung zu Hesiod und zu Kallimachos aufmerksam machen soll – das Zitat wird somit als Zitat markiert, es bezeichnet im Sinne einer Alexandrinischen Fussnote »das [von Hesiod und Kallimachos her] berühmte Vieh« und legt dem Leser eine poetologische Lesart des ganzen Passus nahe.267 Aufs Ganze besehen, ist also festzuhalten, dass Quintus den Bezugsrahmen seiner imitatio bzw. aemulatio, variatio und oppositio in einem Dreischritt sukzessive und systematisch erweitert: Kann das Fehlen des Initialproömiums noch als rein ›inner-homerische‹ Auseinandersetzung gelten, so öffnet sich mit dem Schild des Eurypylos der Horizont für Hesiod und somit für die Lehrdichtung, bis schliesslich im Binnenproömium auch Kallimachos und das alexandrinische Dichtungsideal mit in den Blick rücken. In diesem Kontext ist auch der Schlussvers des Binnenproömiums (313) zu 265

Übersetzung: Asper (2004). Vgl. dazu Kambylis (1965) 69–123; zusammenfassend 122: »Kallimachos hat das Motiv der Dichterweihe von Hesiodos übernommen, es aber neu gestaltet. Dazu haben Ansätze beigetragen, die er bei seinem Vorbild vorfand; das Erlebnis des Hesiodos ist bei ihm zu einem Traum geworden, das Wasser wird zu einem Symbol für die Dichterweihe. Sowohl die Übernahme des Motivs (und somit Kallimachos’ ausdrückliche und unmittelbare Berufung auf sein Vorbild) als auch seine Verwendung überhaupt und – verbunden damit – die Notwendigkeit, es weiter auszugestalten, erwuchsen aus der besonderen geistigen Situation der hellenistischen Zeit.« 267 περικλυτός ist in der Odyssee u.a. Epitheton für die beiden Sänger Phemios und Demodokos (Od. 1,325; 8,83; 8,367; 8,521: ἀοιδὸς ἄειδε περικλυτός »es sang der weitberühmte Sänger«) und besitzt von daher bereits eine starke poetologische Qualität. – Es ist bezeichnend, dass die früheren Interpreten, die das posthomerische Binnenproömium ausschliesslich als autobiographische Aussage des Dichters lasen (vgl. dazu Kap. 1.1.2), gerade mit diesem nur poetologisch zu verstehenden Attribut nichts anfangen konnten und es als rein schmückendes Beiwort auffassten; vgl. z.B. Tychsen (1783) 6: »Est hoc merum epitheton poeticum, […] nihil amplius.« – Das hier vorliegende Zitat wäre nach der Terminologie von Helbig (1996) 83–142 (vgl. Anm. 235) dem Bereich der Reduktionsstufe zuzurechnen, da es zwar nicht explizit als Zitat ausgewiesen, jedoch mit dem sonst wenig bedeutsamen Adjektiv περικλυτά implizit emphatisch markiert ist. 266

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1. Einleitung zu den Posthomerica

verstehen, der eine Anspielung auf die genera dicendi darstellen dürfte (οὔρεϊ […] χθαμαλῷ > genus humile; ὑψόθι > genus grande) und – als Bescheidenheitstopos gelesen – Quintus’ hochgegriffenen Anspruch, einen Homer-Hesiod-Kallimachos in Personalunion zu verkörpern, ein Stück weit wieder auf ein vertretbares Niveau drosselt, indem die Posthomerica im ›rhetorischen Mittelfeld‹, d.h. im Bereich des genus medium / mixtum, angesiedelt werden.268 Die anhand der Analyse von Sprache und Formgestalt der Posthomerica konstatierte Beobachtung, dass Quintus durch den Fortsetzungscharakter seines Werks eine an Homer orientierte Rezeptionshaltung generiere, diese jedoch mittels seiner Gestaltung der sprachlichen Ausdrucksform, d.h. mittels der Verflechtung iliadischer und nicht-iliadischer Codes und der ständigen Mit-Rekurrenz auf das alexandrinische Dichtungsideal permanent unterminiere, findet an den drei diskutierten poetologischen Schlüsselstellen ihre Bestätigung. Liesse sich der sprachliche Duktus an sich allenfalls noch als Produkt eines allgemeinen spätepischen Codes – sozusagen als ›homerisierende κοινή‹ (vgl. Anm. 152) ohne tiefere Poetizität – erklären, so können wir uns angesichts der evidenten poetologischen Implikationen damit nicht zufrieden geben.269 Es drängt sich vielmehr die Frage nach der Werkmotivation, nach den Wirkungsintentionen und Wirkungspotentialen von Quintus’ Dichtung auf – anders gesagt: Was mag einen Autor im griechischen Kulturraum des 3. Jhs. n.Chr. veranlasst haben, ein solches Werk zu verfassen, und wie mag ein zeitgenössisches Publikum dieses rezipiert haben? Zwei Erklärungsmodelle seien im Folgenden zur Diskussion gestellt. 1.4.2 Der Epische Zyklus Da die Posthomerica dieselben Ereignisse schildern wie die Epen des fast gänzlich verlorenen Troischen Zyklus, hat die Quellenforschung notwendigerweise immer wieder die Frage beschäftigt, ob selbige unserem Dichter noch als Quelle zur Verfügung gestanden haben können und ob er sie noch 268 Zu dieser Lesart vgl. Hopkinson (1994a) 106f. und Bär (2007) 59–61. Der Einwand, die Gattung Epos gehöre in der Antike dem genus grande an, weshalb eine poetologische Lesart von Q.S. 12,313 abzulehnen sei (so z.B. James [2004] XVIII), lässt sich insofern relativieren, als die Vorstellung von den drei Stilen in der antiken Rhetoriktheorie längst nicht so kanonisch war und die drei genera dicendi keine derart hermetisch abgeriegelten Bereiche darstellten, wie häufig angenommen wird; vgl. z.B. Quint. inst. 12,10,67; vgl. auch Russell (1981) 137–139 und Lausberg (31990) 524. Quintus zeigt seinen massvoll-undogmatischen Standpunkt mittels der Adverbien λίην und πολλῷ eindeutig an. 269 Auch die rein deskriptiven Begriffe der μίμησις und ζήλωσις bzw. imitatio und aemulatio mögen hier als Erklärung nicht zu genügen.

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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benutzt habe, oder ob der Zyklus zu Quintus’ Zeit bereits verloren gewesen sei. Mit der Quellenfrage hat man i.d.R. auch die Motivationsfrage verknüpft: Die ›Kenntnisgegner‹ sahen in den Posthomerica einen notwendig gewordenen Ersatz, einen buchstäblichen ›Lückenbüsser‹ für den verloren gegangenen Zyklus – und damit die Frage nach der Werkmotivation für hinreichend beantwortet; vgl. z.B. Noack (1892) 770: »Dafür [= dass Quintus den Epischen Zyklus nicht gekannt haben kann, Anm.d.Verf.] spricht vor allem schon die bloße Existenz einer solchen späten Dichtung. Ilias und Odyssee waren da; er dichtet seine Posthomerika dazu […] – weil es kein andres Epos über diese Sagen mehr gab.«270 Analog dazu nahmen die ›Kenntnisbefürworter‹ an, Quintus habe verschiedene disparate Werke und Werklein durch ein zusammenhängendes episches Gedicht vereinen wollen.271 Aus philologischer Perspektive kann und soll die vielbemühte Kenntnisfrage hier nicht ein weiteres Mal aufgerollt und diskutiert werden.272 Folgende grundsätzlichen Einwände seien jedoch aus methodischer Sicht gegen die Fragestellung an sich vorgebracht: (1.) Unsere Kenntnis über die Epen des Zyklus ist in jeder Hinsicht äusserst beschränkt: sie sind sämtlich bis auf ein paar wenige, kurze Fragmente verloren.273 Alles, was wir inhaltlich über sie wissen, stammt aus den pro-

270 Zuweilen hat man die Frage auch mit der auf Rhodomann (1604) zurückgehenden These, Quintus sei ein Schulmeister (und die μῆλα [Q.S. 12,310] seine Schüler) gewesen, verknüpft; vgl. z.B. von Christ II, 963f.: »Das Epos des Quintus sollte die damals vergessenen Werke des epischen Kyklos ersetzen. […] // [M]an tut dem Quintus vielleicht Unrecht, wenn man hohe dichterische Maßstäbe an ihn anlegt. Sein Ehrgeiz wird nicht weiter gegangen sein als dahin, für den Schulbedarf, zunächst vielleicht einer eigenen Schule – denn er ist doch wohl γραμματικός gewesen –, den zwischen Ilias und Odyssee liegenden Sagenstoff in genießbare Verse zu bringen. Dazu würden auch die mehr oder weniger offenen moralistischen Tendenzen stimmen.« 271 In diesem Sinne z.B. Wolf (1839) 182 oder Dihle (1989) 436. 272 Vgl. Gärtner (2005) 28f. mit Anm. 10 für einen Überblick über die Lehrmeinungen; für das 18. und 19. Jahrhundert ausserdem Paschal (1904) 68–73 und Vian (1959a) 87–94. Die Auffassung, Quintus habe den Epischen Zyklus noch gekannt und benutzt, galt bis vor Köchly (1850) als communis opinio, wurde jedoch von diesem energisch abgelehnt (vgl. ibid. proleg. VIII–XXXII). – Für die Diskussion einer Detailfrage hierzu vgl. auch den Kommentar zu (9–14) μνησάμενοι προτέρων […] φέρεν Τρώεσσιν ὄλεθρον. 273 Die Masse an Forschungsliteratur zum Epischen Zyklus verhält sich umgekehrt proportional zur geringen Menge der auf uns gekommenen Fragmente. Eine auch nur annährend vollständige Forschungsübersicht zu geben wäre ein Ding der Unmöglichkeit; nur exempli gratia sei verwiesen auf die Studien von Wilamowitz (1884) 328–380, Welcker (21865; 21882), Rzach (1921), Severyns (1938), Kullmann (1960), Griffin (1977), Kullmann (1981), Davies (1986; 1989a; 1989b), Kullmann (1991), Latacz (1997), Burgess (2001; 2004), Debiasi (2004); die Sammlung der Testimonien und Fragmente bei Davies (1988) (= EpGF) und Bernabé (21996) (= PEG I). – Auffallend ist, dass in der Zyklus-Forschung von Q.S. als möglicher Quelle für Rückschlüsse auf den Inhalt der Zyklischen Epen nur selten die Rede ist; die ganze Thematik wurde (und wird) fast ausschliesslich in der Quintus-Forschung breitgetreten.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

saischen Inhaltsangaben bei Apollodor274 und v.a. bei Proklos – Letztere jedoch sind uns ebenfalls nur fragmentarisch bzw. in Exzerpten überliefert275 und somit so knapp und rudimentär, dass sie auf Gestalt, Inhalt und Umfang der einzelnen Zyklischen Epen im Endeffekt nur begrenzte Rückschlüsse zulassen. Ebenso wenig wissen wir über die genaue Abfassungszeit276 und über den Zeitpunkt des Verlusts277 der Texte Bescheid. Deswegen kommt jedwede Mutmassung, ob Quintus die nämlichen Epen als Quellen benutzt haben könne (und habe), über die Bereiche der Spekulationen letztlich nicht hinaus. (2.) Die Epen des Zyklus stellten mitnichten ein einheitliches Werk, sondern vielmehr eine heterogene Gruppe verschiedener epischer Texte dar, welche – in ihrer Entstehung zeitlich und geographisch diversifiziert – verschiedenen Autoren (Homer und anderen) zugeschrieben wurden.278 Selbst Zahl und Titel der dem Zyklus zuzurechnendens Einzelepen waren alles andere als kanonisch fixiert – teils verstand man darunter ausschliesslich diejenigen Epen, welche den troischen Sagenstoff behandelten, teils auch

274 Der Epische Zyklus als Quelle für Apollodors Bibliotheke wird angezweifelt von Dräger (2005) 872–875; vgl. aber Burgess (2001) 16: »The description of the Trojan War in Apollodorus’s Epitome is essentially a summary of the Epic Cycle.«; in diesem Sinne auch Davies (1986) 104–109 und (1989a) 6–8. Apollodor nennt nur zweimal Werke des Zyklus namentlich (Nostoi: Apollod. 2,23 = EpGF Nosti fr. 1; Ilias mikra: Apollod. epit. [ES] 5,14 = EpGF Ilias parva fr. 10). 275 Proklos’ Chrestomathie als solche ist verloren; erhalten sind einerseits eine Zusammenfassung in der Bibliotheke des byzantinischen Patriarchen Photius und andererseits einige Exzerpte in verschiedenen mittelalterlichen Ilias-Handschriften; vgl. dazu ausführlich Davies (1986) 100–109. 276 Die angesetzten Datierungen variieren zwischen dem 8. und dem 6. Jh. v.Chr.; vgl. z.B. Griffin (1977) 39 Anm. 9 mit Verweis auf ältere Literatur; Davies (1989a) 3–5 und (1989b); Latacz (1997) 1155f.; Burgess (2001) 8–12. Auch Kullmann ging später, entgegen seiner ursprünglichen These (1960), von einer nachiliadischen/-odysseischen Abfassungszeit aus; vgl. id. (1981) 33 und (1991) 104f. Das Datierungsproblem steht in ursächlicher Wechselwirkung mit der Frage nach dem anzunehmenden intertextuellen Verhältnis zwischen Ilias und Odyssee und den Epen des Zyklus; vgl. dazu zuletzt Burgess (2001) und (2004). 277 Mit diesem Problem ist auch und v.a. die Frage nach der Identifikation des Proklos verbunden: Ist der Verfasser der Chrestomathie identisch mit dem Neuplatoniker des 5. Jhs. n.Chr., oder handelt es sich um eine andere Person, und hatte dieser Proklos selber noch direkten Zugang zu den Epen des Zyklus? Vgl. Rzach (1921) 2351–2354 (mit knapper Diskussion der älteren Forschungsliteratur und -meinungen); Davies (1986) 100–109 und (1989a) 6–8; Burgess (2001) 12 mit Anm. 29 für einen ausführlichen Literaturüberblick. – Zu der mit der Frage nach dem Verlust verbundenen grundsätzlichen Problematik s.u. Punkt (2.) im Lauftext. 278 Kypria: Homer, Stasinos oder Hegesias – Aithiopis: Homer oder Arktinos – Ilias mikra: Homer, Lesches oder Thestorides – Nostoi: Homer, Agias / Hegias oder Eumelos. Zu dem ganzen Komplex vgl. Davies (1986) 99f. und (1989a) 5f.; Graziosi (2002) 184–193; ausserdem Davies (1989a) und EpGF passim zu den jeweiligen Testimonien. Die Standarduntersuchung zur Autorenfrage der Zyklischen Epen ist nach wie vor diejenige von Wilamowitz (1884) 328–380, der gezeigt hat, dass erst spätere Quellen (darunter Proklos) Autorenzuschreibungen unprätentiös vornehmen, während frühere Quellen diesbezüglich äusserst vorsichtig verfahren.

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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den thebanischen Sagenkreis, teils auch noch weitere Götterepen.279 Somit ist es wahrscheinlich, dass die Texte auch punkto Umfang, Duktus und Qualität untereinander stark divergierten. Es kommt deshalb nicht bloss einer unhaltbaren Vereinfachung gleich, generalisierend von dem Verlust der Zyklischen Epen zu sprechen, da anzunehmen ist, dass sich dieser ›Verlust‹ über einen längeren Zeitraum – evtl. über mehrere Jahrhunderte hinweg sowie geographisch differenziert – hinzog,280 sondern es wäre mit Blick auf Q.S. auch durchaus in Rechnung zu stellen, dass unser Dichter nur einzelne der Zyklischen Epen als Quelle benutzt haben könnte – sei es aus Gründen eingeschränkter bzw. partieller Verfügbarkeit, sei es aufgrund eines bewussten künstlerischen Entscheids. Die Frage, ob Quintus den Epischen Zyklus verwendet und ›verwertet‹ habe oder nicht, ist also in dieser Form unsachgemäss gestellt. (3.) Schliesslich ist zu sagen, dass die Reduktion eines literarischen Werks auf einen ›Lückenbüsser‹ in einem narrativen ›Struktursystem‹ aus künstlerischer Sicht völlig unhaltbar ist. Die Annahme, die Genese der Posthomerica sei allein dadurch zu erklären, dass »es kein andres Epos über diese Sagen mehr gab« (Noack [1892] 770; s.o.), trägt dem Umstand, dass ein bestimmtes literarisches Werk durchaus auch neben einem anderen Werk gleichen Inhalts Bestand haben, ja mit diesem bewusst in Konkurenz treten kann, keine Rechnung – zumal wenn wir bedenken, dass die Inhalte der Troischen Sage (zumindest in ihren groben Zügen) kulturelles Allgemeingut waren und dass ausserdem in der antiken Literatur nicht primär der Inhalt, sondern die formale Gestaltung von Wichtigkeit war. Aus einem ähnlichen Grund steht auch die Annahme, aufgrund gewisser (angeblicher) Divergenzen in Quintus’ Stoff-, Motiv- und Erzählgestaltung zu der der Zyklischen Epen liessen sich selbige als Quellen – bzw., präziser, als Sub-, Referenz- oder Intertexte – für die Posthomerica grundsätzlich ausschliessen,281 auf wackligen Beinen: Abgesehen davon, dass die Zusammenfassungen des Proklos ohnehin nur beschränkt verlässliche Zeugnisse für den Inhalt des κ ύκλος darstellen (s.o.), sind ›Abweichungen‹ von einer poten279 Vgl. Prokl. Chrest. ap. Phot. Bibl. 319a 21 = EpGF de epico cyclo test. 1; Philopon. in Arist. Anal. Post. 77b 32 = EpGF de epico cyclo test. 2; vgl. auch Davies (1986) 96–98 und (1988) 171– 173 sowie Latacz (1997) 1155. 280 Gemäss Philopon. in Arist. Anal. Post. 77b 32 (= EpGF de epico cyclo test. 2) soll der Epische Zyklus ausser Gebrauch gekommen sein, da ihn Peisandros von Laranda (schriftstellerisch tätig unter Kaiser Alexander Severus, 222–235 n.Chr.) mit seinen sechzig Bücher umfassenden ῾Ηρωικαὶ θεογαμίαι überflüssig gemacht habe. Die Frage ist, wie viel Gewicht wir dieser Aussage des Johannes Philoponos (frühes 6. Jh. n.Chr.) beimessen, sprich ob wir daraus ein sofortiges und umfassendes Verschwinden der Zyklischen Epen aus dem gesamten griechischen Kulturraum ableiten können und wollen. Auch die Frage, ob Proklos den Zyklus noch im Original zur Verfügung gehabt haben könne, ist m.E. aufgrund von Philoponos’ Behauptung nicht automatisch zu verneinen. 281 So zuletzt James / Lee (2000) 6f. mit Anm. 27; James (2004) XX; James (2007) 149.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

tiellen Quelle keineswegs zwingend als Indizien für mangelnde Kenntnis zu werten, sondern können ebenso gut einen bewussten, künstlerisch motivierten Entscheid bedeuten, da eine negative Evidenz bzw. eine NichtÜbereinstimmung zwischen zwei Texten aus intertextueller Perspektive prinzipiell ebenso bedeutsam sein kann wie eine nachweisbare positive Evidenz bzw. Übereinstimmung (vgl. dazu auch Kap. 1.3.1). Es liesse sich also mit ebensolchem Recht bspw. die Hypothese aufstellen, Quintus habe die Posthomerica als ›Konkurrenzprodukt‹ zu den Zyklischen Epen komponiert. Die These scheint mir insofern erwägenswert, als seit Aristoteles eine Tradition besteht, die Qualität der Zyklischen Epen gegenüber der Ilias und der Odyssee abzuwerten; vgl. Poetik 1459a35–b5: νῦν δ᾿ ἓν μέρος ἀπολαβὼν ἐπεισοδίοις κέχρηται αὐτῶν πολλοῖς, οἷον νεῶν καταλόγῳ καὶ ἄλλοις ἐπεισοδίοις, οἷς διαλαμβάνει τὴν ποίησιν. οἱ δ᾿ ἄλλοι περὶ ἕνα ποιοῦσι καὶ περὶ ἕνα χρόνον καὶ μίαν πρᾶξιν πολυμερῆ, οἷον ὁ τὰ Κύπρια ποιήσας καὶ τὴν μικρὰν ᾿Ιλιάδα. τοιγαροῦν ἐκ μὲν ᾿Ιλιάδος καὶ ᾿Οδυσσείας μία τραγῳδία ποιε ῖται ἑκατέρας ἢ δύο μ όναι, ἐκ δ ὲ Κυπρ ίων πολλα ὶ κα ὶ τῆς μικρ ᾶς ᾿Ιλιάδος πλέον ὀκτώ. Er [= Homer] hat sich daher einen einzigen Teil vorgenommen und die anderen Ereignisse in zahlreichen Episoden behandelt, wie im Schiffskatalog und in den übrigen Episoden, durch die er seine Dichtung auseinanderzieht. Bei den anderen Epikern hingegen geht es um einen einzigen Helden oder um einen einzigen Zeitabschnitt, oder auch um eine einzige Handlung, die indes aus vielen Teilen besteht, wie etwa beim Dichter der ›Kyprien‹ und dem der ›Kleinen Ilias‹. Daher kann man aus der ›Ilias‹ und der ›Odyssee‹ nur je eine Tragödie oder höchstens zwei machen, aus den ›Kyprien‹ hingegen viele, und aus der ›Kleinen Ilias‹ mehr als acht.282

Die von Aristoteles für die Tragödie geforderte und auf das Epos übertragene Forderung nach Einheit und »Überschaubarkeit« der Handlung (τὸ εὐσύνοπτον, Po. 1451a4 und 1459a33) scheint auf die alexandrinische Dichtungstheorie gewirkt zu haben: Können wir in den Argonautica des Apollonios Rhodios trotz der zahlreichen Digressionen, Aitien etc. eine einheitliche und klar motivierte Haupthandlung (Fahrt nach Kolchis zwecks Einholung des Goldenen Vlieses und erfolgreiche Rückkehr) als übergeordnetes narratives Prinzip erkennen und somit die aristotelische Forderung

282 Übersetzung: Fuhrmann (1982). – Vgl. zu dieser Stelle Else (1957) 571f.: »Epics ought to have a dramatic structure, like tragedies. But in fact the only epics that do have such a structure are Homer’s; all the rest are indeed just narratives-in-verse. Thus Aristotle’s treatment of the epic is ‘skewed’ from the beginning. What it gives is not really a theory of what the epic is, but of what // it ought to be—or, to put the same thing in another way, it gives a theory based on the Homeric epic. Moreover the thing that Aristotle admires most in Homer is precisely his dramatic, not any specifically epic, quality.« – Vgl. auch Koster (1970) 42–80, Halliwell (1986) 254–266 und Hunter (1989) 33f.

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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als erfüllt betrachten,283 so finden wir eine offene Ablehnung der Zyklischen Epik in Kallimachos’ sog. »Echo-Epigramm«, Epigr. 28 Pf.:284 ἐχθαίρω τὸ ποίημα τὸ κυκλικὸν οὐδὲ κελεύθῳ χαίρω, τίς πολλοὺς ὧδε καὶ ὧδε φέρει· μισέω καὶ περίφοιτον ἐρώμενον, οὐδ᾿ ἀπὸ κρήνης πίνω· σικχαίνω πάντα τὰ δημοσία. Λυσανίη, σὺ δὲ ναίχι καλὸς καλός – ἀλλὰ πρὶν εἰπεῖν τοῦτο σαφῶς, ἠχώ φησί τις »ἄλλος ἔχει«. Verhaßt ist mir das kyklische Gedicht, und nicht freue ich mich an der Straße, die viele hierhin und dorthin bringt. Ich hasse auch den unsteten Liebsten, und nicht vom Brunnen trinke ich: Widerlich ist mir alles Öffentliche. Lysanias, du bist wirklich schön, ja schön – doch bevor ich das noch deutlich gesagt habe, antwortet schon ein Echo »Ein anderer hat ihn«.285

In ähnlich abfälliger Weise äussert sich der kaiserzeitliche Epigrammatiker Pollianos (Anth. Gr. 11,130,1f. = EpGF de poetis cyclicis test. 6): τοὺς κυκλίους τούτους τοὺς »αὐτὰρ ἔπειτα« λέγοντας μισῶ, λωποδύτας ἀλλοτρίων ἐπέων. Diese kyklischen [Dichter] da – die, die [immer nur] »und dann« sagen – hasse ich, sie, die [immer nur] in die Gewänder anderer Epen schlüpfen.286

Die refutatio des Zyklus ist also ein seit Aristoteles wiederkehrender Topos. Die einzelnen Epen mögen irgendwann verloren gegangen bzw. ausser Gebrauch / ›aus der Mode‹ gekommen sein, doch der κύκλος als solcher blieb im Sinne eines kollektiven Kulturwissens vorhanden, und das sich darin manifestierende, im Bloom’schen Sinne ödipal geprägte Spannungsverhältnis zur ›echten‹ homerischen Dichtung (s.o. Kap. 1.4.1 a.A.) kam zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Formen zum Ausdruck. Wir wissen nicht, ob bzw., falls ja, in welcher Weise Quintus die Zyklischen Epen als Quelle benutzte und ob er sein Werk als Ersatz, als Alternative oder aber als Konkurrenzprodukt für diese gedacht haben mag. Wir können uns deshalb auch keinen Begriff davon machen, was für Wirkungs- und Sinnpotentiale 283

Vgl. Hunter (1988) 437f. und (1989) 33f. = 2 Asper = Anth. Gr. 12,43 = EpGF de epico cyclo test. 5. 285 Übersetzung: Asper (2004). – Kallimachos’ Echo-Epigramm ist in seiner Gesamtdeutung hochumstritten; vgl. (exempli gratia) Krafft (1977); Henrichs (1979); Thomas (1979); Schwinge (1986) 5–9; Riedweg (1994) 137–141. Insbesondere strittig ist, ob mit τὸ ποίημα τὸ κυκλικόν nur die Zyklischen Epen oder auch noch andere Arten von Dichtung gemeint seien; für unsere Zwecke ist die Frage jedoch kaum von Belang, da die Zyklischen Epen sicher mitgemeint sind (vgl. Schwinge [1986] 6 Anm. 9). 286 Vgl. zu dem ganzen Epigramm Mersinias (1993) 19–24. 284

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1. Einleitung zu den Posthomerica

die Posthomerica im Kontrast zu den Epen des Zyklus genau entfaltet haben mögen. Doch wir können feststellen, dass Quintus kein einsamer Rufer in der Wüste war, sondern sich vielmehr in eine bestehende, lebendige Tradition der Homerfortsetzung einschrieb, die gefragt und populär gewesen sein muss, doch ebenso auf Widerstand stiess, und dass er also mit seinem Werk mehr ›Reibungsfläche‹ bot, als man vielleicht denken möchte. Eine konkrete Anspielung auf den Epischen Zyklus glaubt Dubielzig in Triphiodors Epyllion ᾿Ιλίου ἅλωσις entdeckt zu haben: Triph. 664–667: πᾶσαν δ᾿ οὐκ ἂν ἔγωγε μόθου χύσιν ἀείσαιμι κρινάμενος καθ᾿ ἕκαστα καὶ ἄλγεα νυκτὸς ἐκείνης· Μουσάων ὅδε μόχθος, ἐγὼ δ᾿ ἅπερ ἵππον ἐλάσσω τέρματος ἀμφιέλισσαν ἐπιψαύουσαν ἀοιδήν. Die ganze Wirrnis des Gemetzels und alle Schmerzen jener Nacht werde ich für meinen Teil aber kaum in allen Einzelheiten besingen können: Das ist der Musen schweres Amt. Ich hingegen will meinen Gesang wie ein Rennpferd haarscharf an der Wendemarke wenden und den Rückweg einschlagen lassen.287

Dubielzig (1996) 20 erwägt »die Möglichkeit, daß das umstrittene Adjektiv 667 ἀμφιέλισσαν […] den Nebensinn von κυκλικ ός, ‘kyklisch’, trage«. Wollen wir auch seinem Schluss, dass deswegen »[d]ie alte Streitfrage […], ob Tr[iphiodor] den epischen Kyklos noch im Original gekannt habe«, zu bejahen sei, nicht automatisch folgen, so finden wir hier doch ein weiteres Zeugnis dafür, wie sich auch die zweitsophistische Epik in der einen oder anderen Form in die Tradition der Zyklischen Epik einschreibt. Angesichts der mannigfaltigen Affinitäten der Posthomerica zur alexandrinischen Dichtung mag man deshalb das Epos des Quintus in globo als kommentierende Referenz auf die kallimacheische recusatio des πο ίημα κυκλικ όν sehen. Eine Hypothese, die nicht abschliessend zu beweisen ist, aber reizvoll erscheint.288

287

Übersetzung: Dubielzig (1996). Sollte es ein Zufall sein, dass Quintus die von Pollianos als Geschmacklosigkeit verunglimpfte Formulierung α ὐτὰρ ἔπειτα nur gerade fünfmal (2,135; 3,758; 8,111; 8,472; 12,139) verwendet? 288

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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1.4.3 Die Zweite Sophistik als Rezeptionshorizont der Posthomerica Eine Gesamtdeutung der Posthomerica im Kontext der Zweiten Sophistik ist in der bisherigen Forschung bisher kaum erfolgt.289 Drei Gründe sind m.E. denkbar, die wohl alle in summa Grund sind für die bisherige Vernachlässigung dieses Aspekts in der Quintus-Forschung: (1.) die Konzentration auf Textkritik und Quellenforschung im 19. Jh. (vgl. Kap. 1.2.3) und die Geringschätzung des Autors als eines unkreativen Epigonen im 20. Jh. (vgl. Kap. 1.2.4); (2.) die Problematik der zeitlichen Eingrenzung bzw. Einordnung sowohl der Zweiten Sophistik290 wie auch der Posthomerica (zu Letzterer vgl. Kap. 1.1.3); (3.) die Tatsache, dass die Posthomerica formal nicht zu der Textsorte gehören, welche die Zweite Sophistik als ›klassisch‹ und somit als nachahmenswert definiert, d.h. keine in klassischem Hochattisch verfasste Prosa darstellen. Gleichwohl drängt sich eine Betrachtung der Posthomerica im Lichte der Zweiten Sophistik allein aufgrund der zeitlichen Koinzidenz nachgerade auf – zumal gezeigt werden konnte, dass die bisherigen Erklärungsversuche zur Werkmotivation nur mässig zu überzeugen vermögen (s.o. Kap. 1.4.2). Im Übrigen ist zu bedenken, dass für ein literarisches Werk, auch wenn es wie das unsere evidentermassen nicht zum ›harten Kern‹ der zweitsophistischen Literatur gehört, dennoch mit Einflüssen aus ebendieser Kultur zu rechnen ist – dies umso mehr, als die Zweite Sophistik alles andere als eine reine Buch- und Lesekultur, sondern vielmehr ein gesamtgesellschaftliches, d.h. soziokulturelles Phänomen darstellt, welches sich – abgesehen von den formalen Kritierien sowie seiner inhärenten Rhetorizität – in der Hauptsache durch die Aspekte der Öffentlichkeit und der Performanz auszeichnet.291 289 Angedacht bei Baumbach / Bär (2007b) 8–15, Bär (2007) 61–64, Schubert (2007), Jahn (2009) 108; ferner Versuch einer breiteren Verortung bei Bär (2009). 290 Die Frage der zeitlichen Eingrenzung der Zweiten Sophistik kann und soll hier nicht diskutiert werden, zumal sie untrennbar mit der inhaltlichen Definition des Phänomens verknüpft ist bzw. eigentlich erst aus dieser resultiert. Die verbreitete Einschränkung »mid-first to the early third century of the common era« (Whitmarsh [2001a] 1; ähnlich auch Swain [1996] 1–6, Bowie [2002] 851, Whitmarsh [2005] 3) mag m.E. nicht zu überzeugen. Vgl. danebst z.B. auch Kennedy (1994) 230–256, der die Zweite Sophistik als rein rhetorisches Phänomen auffasst und somit bis ins 6. Jh. ausdehnt. – Die Sekundärliteratur zur Zweiten Sophistik als solcher ist immens, eine Übersicht muss hier ausbleiben; vgl. stattdessen die Einführung von Whitmarsh (2005), inkl. Abriss der Wissenschaftsgeschichte (4–10) und weiterführender Bibliographie (90–102). 291 Vgl. dazu die Standarduntersuchung von Korenjak (2000) passim (»die Aktivitäten der Sophisten nicht als statisches Objekt, als ein Stück Literatur, sondern als einen dynamischen Prozeß zu verstehen, der auf vielfältige Weise im sozialen Leben der Spätantike verankert ist und mit diesem in Wechselwirkung steht«, 220) sowie Schmitz (1999) und für eine Übersicht Whitmarsh (2005) 23–40.

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1. Einleitung zu den Posthomerica

Anders gesagt: selbst wenn Quintus seine Posthomerica in der Abgeschiedenheit gedichtet und als reines Lesewerk intendiert haben sollte, so wird ein Durchschnittspublikum des 3. Jhs. n.Chr. das Epos nicht als rein solches, sondern auch (und v.a.?) vor dem Hintergrund seiner eigenen Zeit rezipiert haben. Von Interesse ist also einmal mehr weniger der (historische) Autor als vielmehr der (potentielle) Rezipient. Jüngere Forschungen292 zum Publikum der zweitsophistischen Rhetorik und der damit verbundenen Frage nach der soziokulturellen Bedeutung des daselbst zur Schau getragenen Bildungsguts haben gezeigt, dass wir die Zweite Sophistik als ein Phänomen kultureller Selbstidentifikation und -definition zu verstehen haben, und zwar in einem doppelten, d.h. einem weiteren und einem engeren Sinne: Einerseits erfährt die griechische Sprach- und Kulturgemeinschaft als Ganzes – οἱ πολλο ί / τ ὸ πλ ῆθος – während des öffentlichen Auftritts eines Sophisten ein Gefühl panhellenischer Identität, wodurch sie sich in einer zunehmend globalisierten Welt von den sie umgebenden nicht-griechischen Volksgruppen, insbesondere aber von den Römern absetzen und sich diesen kulturell überlegen fühlen kann.293 Andererseits und gleichzeitig jedoch setzt sich innerhalb dieser Gesamtgemeinschaft eine quantitativ kleine Elite – die Gruppe der πεπαιδευμένοι –, die sich als Trägerin, Vermittlerin, Hüterin und Bewahrerin ebendieser Identität und deren Kultur versteht, auf einem höheren Niveau von der Masse ab, was hinwiederum in deren eigenem Kreis zu einer spezifisch elitären Identitätsstiftung führt. Ein Autor jener Zeit – handle es sich um einen öffentlich auftretenden Deklamator oder um einen Schriftsteller wie z.B. Lukian, der ganz nahe am Puls der Zweiten Sophistik schreibt – ist also gefordert, in seinen Texten sowohl den πολλοί als auch den πεπαιδευμένοι gerecht zu werden, und zwar so, dass er beiden Gruppen ein Angebot zur Selbstidentifikation und -definition in den beiden genannten Weisen eröffnet. Dieser doppelten Rezeptionsforderung wird, vereinfacht gesagt, auf der Ebene des Inhalts für die πολλο ί und auf der Ebene der Form für die πεπαι δευμένοι nachgekommen: Während sich die Texte inhaltlich i.d.R. auf einige wenige Themata aus Mythos oder Geschichte beschränken, die jedem auch nur halbwegs Gebildeten bekannt sein mussten – dergestalt, 292

Schmitz (1997), bsd. 160–196, und Korenjak (2000), bsd. 41–65. Dieses Sich-Absetzen ist allerdings keinesfalls in einem politischen (d.h. antirömischen) oder eskapistischen (d.h. der Politik und allgemein der Alltagsrealität entsagenden, Zuflucht in einer ›virtuellen‹ Vergangenheit suchenden) Sinne zu verstehen, wie oft angenommen wurde – so etwa von Bowie (1974) 208f., id. (1982) und Swain (1996) passim (vgl. z.B. 89: »overall we notice a certain distance, a resistance to integration«); vgl. auch Schmitz (1997) 178 und Whitmarsh (2005) 8 mit jeweils weiterführender Literatur. Im Gegenteil ist es so, dass eine sophistische Deklamatorentätigkeit häufig nachgerade als Sprungbrett für die politische Karriere eines Griechen der Oberschicht oder der gehobenen Mittelschicht diente; vgl. zu diesem Phänomen Bowersock (1969) und, dessen Thesen weiterentwickelnd, Schmitz (1997) 39–66. 293

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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dass »die Autoren die Ansprüche an die Kenntnisse des Publikums auf ein niedriges Niveau hinunterschrauben, damit alle Angeredeten sich in die Gemeinschaft der πεπαιδευμ ένοι eingeschlossen fühlen können«294 –, so diente die Form, d.h. das gepflegte, anachronistische Hochattisch, das zwar von jedermann (einigermassen) verstanden, jedoch nur von einer kleinen gebildeten Minorität auch wirklich beherrscht wurde, als Medium der spezifischen Identitätsstiftung für den engeren, elitären Kreis der πεπαιδευμένοι – mit dem Effekt, dass Wertschätzung und Karriere eines Deklamators fundamental von seiner tadellosen Beherrschung des klassischen Hochattisch abhingen und dass somit über die formale Sprachkompetenz eine soziale Selektion und Kontrolle innerhalb der Oberschicht stattfanden.295 Homer – womit sowohl die homerischen Epen wie auch ›Homer‹ als Dichter, den man in der Antike stets als historische Person empfunden hat, gemeint sind – nimmt in diesem ganzen Komplex eine singuläre Sonderstellung ein:296 Wie zu Beginn von Kap. 1.4.1 skizziert wurde, ist die Bedeutung Homers sowohl als Schulautor/-text wie auch als literarischer ›Voroder Übervater‹ bis tief in die Spätantike ungebrochen. In der Zweiten Sophistik nimmt die Wertschätzung Homers eher zu als ab, da die homerischen Gedichte ein ideales panhellenisches Identifikationsangebot ›für die Masse‹ bieten. Homer ist nicht bloss »Anfang, Mitte und Ende« jeglicher Bildung, der »für jede Alters- und Bildungsstufe etwas bereithält«;297 er gilt 294 Schmitz (1997) 175 (zum ganzen Themenkomplex 160–196, bsd. 171–175). – Vgl. auch id. 167: »Was insbesondere die Improvisationen der Sophisten betrifft, so muß man davon ausgehen, daß die Häufigkeit dieser Auftritte, verbunden mit dem recht eingeschränkten Kreis der behandelten Themen, jedem Bürger, der im Ambiente einer durch griechische Kultur geprägten π όλις aufwuchs, durch die unablässige Wiederholung zumindest einen gewissen Grundvorrat an Wissen vermittelte, auf den jeder Redner zählen konnte. Gewiß war das Publikum in seiner Gesamtheit nicht in der Lage zu beurteilen, inwieweit ein Redner Fehler in der Beherrschung der attizistischen Kunstsprache machte, doch war es immerhin imstande, diese Sprache zu verstehen und ihren feierlichen, archaischen Klang zu spüren. Die besonders beliebten historischen μελέται umfaßten einen so geringen Zeitraum der griechischen Geschichte (und auch aus diesem nur wenige markante Ereignisse), daß ein Zuhörer, der eine Reihe von Auftritten miterlebt hatte, mit ihnen vertraut war […]« 295 Die Quellentexte, welche die eklatante Wichtigkeit des ἀττικίζειν für einen Sophisten und Gebildeten des 2./3. Jhs. n.Chr. belegen, sind überaus zahlreich; vgl. bspw. Aristid. or. 34,62: κἂν μὲν ῥήματι πταίσῃ τις, ἀμαθὴς εὐθέως. »Und wenn einer [nur schon] bei einem Wort strauchelt, [gilt er] sogleich als ungebildet.« Vgl. auch den satirischen Dialog Lexiphanes des Lukian, in welchem die sprachpuristischen Praktiken gewisser »Über-Attizisten« (ὑπεραττικοί) auf die Schippe genommen werden. Zum ganzen Komplex vgl. Schmitz (1997) 67–96 und Whitmarsh (2005) 41–52. 296 Zur Thematik ›Homer in der Zweiten Sophistik‹ vgl. Kindstrand (1973); Bouquiaux-Simon (1968); Zeitlin (2001). Grundsätzlich ist allerdings zu sagen, dass das Thema in der Forschung nur wenig untersucht ist. Die folgenden Ausführungen müssen sich auf ein paar wenige Bemerkungen allgemeiner Art beschränken. Einige weiterführende Überlegungen auch bei Bär (2009). 297 So Dio Chrysostomos in or. 18,8: ῞Ομηρος δὲ καὶ πρῶτος καὶ μέσος καὶ ὕστατος, παντὶ παιδὶ καὶ ἀνδρὶ καὶ γέροντι τοσοῦτον ἀφ᾿ αὑτοῦ διδοὺς ὅσον ἕκαστος δύναται λαβεῖν. »Doch

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1. Einleitung zu den Posthomerica

nicht nur als Brunnquell jeglicher τ έχνη – so ist er etwa im pseudoplutarchischen Traktat de Homero als πρῶτος εὑρετής der politischen Rede ausgewiesen298 und wird somit indirekt auch zum ›Urvater‹ der Zweiten Sophistik –; er ist bei Aelius Aristides auch ὁ κοινὸς τῶν ῾Ελλήνων ποιητής (»der gemeinsame Dichter der Hellenen«, or. 1,377), ja wird an anderer Stelle gar pathetisch als ὁ κοιν ὸς το ῖς ῞Ελλησι τροφε ὺς κα ὶ φίλος ἐκ πατέρων τε κα ὶ ἐκ παιδ ὸς ἑκάστῳ (»der gemeinsame Ziehvater für die Hellenen, ein Freund für ein jeden seit alters her und von Kindesbeinen an«, or. 17,15) bezeichnet.299 Gleichzeitig jedoch kann Homer aus sprachlichen Gründen nicht zum Kanon der nachzuahmenden Vorbilder der Zweiten Sophistik gehören – er stellt, wie Swain (1996) 55 es formuliert, »a particular danger to the atticists« dar. Das Verhältnis der Zweiten Sophistik zu Homer ist somit a domo ambivalent. Diese Ambivalenz zeigt sich bspw. in den zahlreichen Versuchen, Homer zu ›korrigieren‹ – man denke etwa an Philostrats Dialog Heroikos, in welchem Homer als partieller Lügner, der manchmal aber auch die Wahrheit sagt, dargestellt ist, oder an Dio Chrysostomos’ elfte Rede Τρωι κὸς ὑπὲρ το ῦ ῎Ιλιον μ ὴ ἁλῶναι (»Die Troische Rede über die Nicht-Einnahme Ilions«), in welcher die Koordinaten des Troischen Krieges in ihr völliges Gegenteil verkehrt werden. Was das ›Sprachproblem‹ an sich angeht, so ist eine Stelle in Aelius Aristides’ Panathenaeicus aufschlussreich, in der versucht wird, die homerische Kunstsprache als Derivat des attischen Dialekts zu ›verkaufen‹ (or. 1,328): καὶ γάρ τοι πᾶσα μὲν ποίησις ἡ παρ᾿ ὑμῶν ἀρίστη καὶ τελεωτάτη καὶ ὅση σεμνότητος καὶ ὅση χαρίτων προέστηκεν. εἰ δὲ δεῖ καὶ τῆς ῾Ομήρου μνησθῆναι, μετέχει καὶ τα ύτης τ ῆς φιλοτιμ ίας ἡ πόλις, ο ὐ μόνον δι ὰ τῆς ἀποίκου π όλεως, ἀλλ᾿ ὅτι καὶ ἡ φωνὴ σαφῶς ἐνθένδε. Denn all eure Dichtung ist vorzüglich und ganz und gar vollendet – sowohl diejenige, welche die Erhabenheit, als auch diejenige, welche die Ästhetik regiert. Wenn aber Homer [kommt] als erster, in der Mitte und zuletzt, dadurch, dass er jedem Kind, jedem Manne und jedem Alten soviel von sich gibt, wie ein jeder [für sich] fassen kann.« – Vgl. auch Lukian Lex. 22, wo ein viergliedriger Bildungsgang anempfohlen wird, an dessen Anfang »die besten Dichter« (ἀρξάμενος δὲ ἀπὸ τῶν ἀρίστων ποιητῶν) stehen, »womit gewiß vornehmlich Homer, wohl auch Hesiod gemeint sind« (Weissenberger [1996] 129). 298 Vgl. Ps.-Plut. de Homero 2,161: ὁ δὲ πολιτικ ὸς λ όγος ἐστὶν ἐν τ ῇ ῥητορικῇ τέχνῃ, ἧς ἐντὸς ῞Ομηρος πρ ῶτος γ έγονεν, ὡς φα ίνεται. »Die politische Rede ist [Bestandteil] der Redekunst, in die Homer als erster eingetreten ist, so wie es aussieht.« Vgl. zur Stelle Hillgruber (1998) 347: »Die Bemühungen, Homer zum Vater der Rhetorik zu machen, reichen bis in die Sophistenzeit zurück, wurden im Hellenismus verstärkt, um die Rhetorik gegen Angriffe vonseiten der Philosophie in Schutz zu nehmen, und erreichten schließlich in der rhetorischen Literatur der Kaiserzeit ihren Höhepunkt […]« 299 Vgl. auch Schmitz (1997) 143–146 für die »Nähe von homerisch-heroischen und kaiserzeitlichen Wertvorstellungen« (145 Anm. 28), die sich darin äussert, dass »sich die Sophisten als homerische Helden stilisieren«, umgekehrt aber auch »die homerischen Helden als Sophisten verstanden werden« (145).

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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auch die [Dichtung] Homers Erwähnung finden soll, so hat die Stadt [Athen] auch an diesem Ruhme Anteil, und zwar nicht bloss wegen der Kolonie [an sich],300 sondern auch, weil der Dialekt [Homers]301 ganz klar von dort [stammt].

Vor diesen Hintergründen betrachtet, können, ja müssen die Posthomerica nachgerade als antipodisch gelesen werden: Ein Epos, welches die Ilias in homerisierenden Hexametern weiter- und zu Ende dichtet, hebt sich nicht bloss vor der Folie des zweitsophistischen Ideals der attischen Sprachreinheit und Kunstprosa, sondern auch vor dem skizzierten zweitsophistischen Homerbild deutlich ab. Die Frage nach der Bewertung dieser Antipodizität kann hier nicht weiter verfolgt werden.302 Tatsache ist jedenfalls, dass sich Quintus mit seinem Epos aus der Masse der zweitsophistischen Literaturproduktion heraushebt, gleichzeitig jedoch mit seiner auf homerische Autorität Anspruch erhebenden Fortsetzung der Ilias dem zeitgenössischen Publikum ein wirksames Rezeptions- und Identifikationsangebot im Rahmen der verbreiteten Vorstellungen von Homer als ›Urheber der politischen Rede‹, ›gemeinsamem Dichter der Hellenen‹ etc. eröffnet. Fehlen uns auch konkrete Zeugnisse darüber, ob die Posthomerica nur als Lesetext rezipiert oder etwa auch öffentlich aufgeführt bzw. deklamiert (oder zumindest in kleinerem Kreise rezitiert) wurden,303 so lässt sich das oben skizzierte Modell der für die Zweite Sophistik konstitutiven doppelten Identitätsstiftung und die damit verbundene Dichotomie zwischen Inhalt und Form auf die mögliche zeitgenössische Rezeption der Posthomerica m.E. gewinnbringend übertragen und gleichzeitig mit den angestrengten Beobachtungen zur sprachlichen Gestaltung (Kap. 1.3.3) und zur Poetik (Kap. 1.4.1) verknüpfen: Jeder einigermassen gebildete Grieche des 2./3. Jhs. n.Chr. wird nicht bloss die Figuren und Ereignisse des Troischen Krieges gekannt haben,304 sondern er wird auch in der Lage gewesen sein, die homerische Hexametersprache als solche zu erkennen und dem Vortrag 300

Gemeint ist Smyrna. Zu φων ή i.S.v. »Sprache« vgl. LSJ s.v. φων ή II. 2. Die Bedeutung »Dialekt« ist daselbst nicht ausgewiesen, ergibt sich allerdings aus Stellen wie z.B. Aischyl. Choeph. 563 φων ὴν […] Παρνησσίδα; Aischyl. Sept. 170 ἑτεροφώνῳ στρατ ῷ (von Thebanern über die Argiver); Plat. Crat. 398d κατὰ τὴν ᾿Αττικὴν τὴν παλαιὰν φωνήν; Plat. Prt. 341b τὴν Σιμωνίδου φωνήν. 302 Einige weiterführende Überlegungen zu den Posthomerica als Gegenentwurf zum gängigen zweitsophistischen Homerbild finden sich bei Bär (2009). 303 Denkbar wäre, dass epische Gedichte und somit auch die Posthomerica im Rahmen der für die Zweite Sophistik typischen und in Ionien weit verbreiteten musischen Agone aufgeführt wurden; bejahend dazu Appel (1994c) 9–13 und Cantilena (2001) 63–66, ablehnend (ohne Begründung) Schmitz (1997) 36 (»gehören die dichterischen Werke, von denen uns noch mehr überliefert ist […], überwiegend in den Bereich „privater“ Literatur«). Möglicherweise können wir in Nestors Enkomion auf Achilleus zur Eröffnung der Leichenspiele (Q.S. 4,118–180) einen Reflex der zweitsophistischen Konzertrhetorik sehen (vgl. bereits Keydell [1963] 1279). 304 Vgl. dazu auch Kap. 1.4.2 zum Epischen Zyklus als Bestandteil des kollektiv-kulturellen Gedächtnisses der Griechen. 301

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1. Einleitung zu den Posthomerica

eines Ilias-Gesanges zumindest in den groben Zügen zu folgen.305 Wir können uns also durchaus vorstellen, wie eine Rezitation auch der Posthomerica von einem breiten zeitgenössischen Publikum, von den οἱ πολλοί, verstanden und genossen und somit als identitätsstiftend in einem weiteren Sinne empfunden worden sein mag – dies umso mehr, da der Troische Krieg sowohl als mythische Präfiguration der historischen Perserkriege wie auch als Metapher für den ›Sieg‹ der Griechen über die Römer (basierend auf der Vergil’schen Doktrin von Troja als Mutterstadt Roms) aufgefasst werden konnte.306 Ein solches Publikum wird die subtilen Variationen der homerischen Sprache, die alexandrinischen Einsprengsel und die zahllosen, zu weiten Teilen auf der Mikroebene der Sprache verborgenen intertextuellen Anspielungen und Verweise kaum bemerkt, wird bspw. das diskutierte Versstück μῆλα νέμοντι nicht als Kallimachos-Zitat identifiziert, doch das Binnenproömium in seiner Gesamtheit als für die homerische Dichtung typisch erkannt, wird jedoch v.a. an der Erzählung der allgemein bekannten mythischen Inhalte, etwa an der mitreissenden Schilderung von Penthesileias Angriff gegen die Achaier und Achilleus und ihrem selbstverschuldeten Tod, sowie am archaischen Klang der homerisierenden Sprache seine Freude gehabt und sich also in jenem Moment als zusammengehörige Einheit mit einem gemeinsamen kulturellen, geschichtlichen und sprachlichen Erbe gefühlt haben. Die sachverständigen πεπαιδευμένοι jedoch sind es, welche darüber hinaus die Feinheiten, Spezialitäten und Anspielungen in Quintus’ Sprache verstanden und geschätzt haben und sich so in ihrer Identität in dem zweitgenannten engeren Sinne innerhalb ihres eigenen elitären Kreises desgleichen bestätigt fühlten. Dazu passen nebst den zahllosen intertextuellen Anspielungen auf die homerischen Epen auch die mannigfaltigen, doch inter lineas verborgenen alexandrinischen Züge der Posthomerica, die es aufzuspüren gilt, ohne dass sie für das inhaltliche Gesamtverständnis der Erzählung von Belang wären, und welche darüber hinaus auf ein Dichtungsideal rekurrieren, das seinerseits von Exklusivität und Elitarismus geprägt war. Ja, wir könnten vielleicht sogar so weit gehen uns vorzustellen, wie die breite Masse bei einer Posthomerica-Rezitation die neuen Texte für echt homerisch gehalten haben mag – wozu die Poetik des Quintus mit der Stilisierung des impliziten Autors als ›Homer‹ nachgerade einlädt –, während die πεπαιδευμένοι die zahlreich und stetig vorhandenen, jedoch eben subtilen Unterschiede bemerkten und sich so der Schicht der gutgläubigen weni305

Zumal man am Text der Ilias lesen und schreiben lernte; s.o. Kap. 1.4.1 mit Anm. 240. In diesem Kontext ist m.E. v.a. die im Kontrast zur Aeneis auffallend positive Charakterisierung Sinons als tapferen Helden und der Troer als sadistischer Folterknechte von Belang; vgl. Kap. 1.1.3 mit Anm. 33 sowie Kap. 1.2.3 mit Anm. 85. 306

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1.4 Wirkungsintentionen und Wirkungspotentiale

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ger Gebildeten überlegen fühlen konnten – wozu wiederum der an der Oberfläche durchweg homerische Duktus der Posthomerica passt, von dem sich ein nur leidlich anspruchsvoller Rezipient ohne weitergehende Reflexion mitreissen lassen konnte. Mag man diesen letzten meiner Gedankengänge als (zu) spekulativ abtun, so möge man doch zumindest bedenken, dass in der Antike zahlreiche hexametrische Texte für homerisch gehalten wurden, die heute zweifelsfrei als unecht erwiesen sind:307 so nebst einigen der Zyklischen Epen (vgl. Anm. 278) auch die sog. ›Homerischen Hymnen‹ oder weitere Pseudo-Homerica wie die Batrachomyomachie oder der Margites.308 Demnach lässt sich zu Recht postulieren, dass in der Antike die Hemmschwelle, ein in ein homerisches Gewand gekleidetes Epos als tatsächlich homerisch anzusehen, wesentlich tiefer lag als in der Philologie der Neuzeit, für welche der Nachweis der Unechtheit zuweilen nachgerade das höchste der Gefühle ist. Die Tatsache, dass viele der Homer zugeschriebenen Werke bereits in der antiken Literaturkritik aus Stil- und Qualitätsgründen für unecht gehalten wurden,309 tut dem keinen Abbruch – im Gegenteil: Daran lässt sich ersehen, dass die Autorschaft gewisser homerischer bzw. eben pseudo-homerischer Werke kontrovers diskutiert wurde und dass Attribute wie ›echt‹ oder ›unecht‹ keineswegs festgefahrene Grössen darstellten, wie man sich dies heute allenfalls vorstellen mag. So besehen, dürfte die Annahme einer Rezeption der Posthomerica als genuin homerische Dichtung durch ein zeitgenössisches Publikum durchaus an Plausibilität gewinnen.

307

Vgl. Lesky (1968) 821–831; Graziosi (2002) 184–193. – Das Suda-Lexikon s.v. 251 ῞Ομηρος ὁ ποιητής nennt folgende Werke, die Homer nebst Ilias und Odyssee ebenfalls zugeschrieben wurden (p. 526,4–8 Adler): ἀναφέρεται δ ὲ εἰς α ὐτὸν κα ὶ ἄλλα τιν ὰ ποι ήματα· ᾿Αμαζονία, ᾿Ιλιὰς μικρ ά, Ν όστοι, ᾿Επικιχλίδες, ᾿Ηθιέπακτος ἤτοι ῎Ιαμβοι, Βατραχομαχ ία, Μυοβατραχομαχία, ᾿Αραχνομαχία, Γερανο μαχία, Κεραμε ῖς, ᾿Αμφιαράου ἐξέλασις, πα ίγνια, Σικελίας ἅλωσις, ἐπιθαλάμια, Κύκλος, ὕμνοι, Κύπρια. 308 Daneben gab es freilich auch die Bewegung der Chorizonten, die Homer die Autorschaft an der Odyssee absprachen; vgl. Anm. 177. 309 Vgl. z.B. vita Homeri 5,19–22: οὐδὲν δ᾿ αὐτοῦ θετέον ἔξω τῆς ᾿Ιλιάδος καὶ τῆς ᾿Οδυσσείας, ἀλλὰ καὶ τοὺς ὕμνους καὶ τὰ λοιπὰ τῶν εἰς αὐτὸν ἀναφερομένων ποιημάτων ἡγητέον ἀλλότρια κα ὶ τῆς φ ύσεως κα ὶ τῆς δυν άμεως ἕνεκα. »Nichts [anderes] ist ihm zuzuschreiben ausser der Ilias und der Odyssee, doch sowohl die Hymnen als auch das übrige, was an Dichtungen auf ihn zurückgeführt wird, ist als von anderer Herkunft anzusehen wegen des [Gesamt]charakters und auch wegen der [Gesamt]bedeutung.« – δύναμις als grammatikalischer t.t. bezeichnet eigentlich eher die »Bedeutung« eines einzelnen Wortes (vgl. Dickey [2007], »Glossary of Grammatical Terms« s.v. δύναμις: »meaning (of words), phonetic value (of letters)«), doch muss an dieser Stelle kontextbedingt eher der Gesamtsinn gemeint sein.

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

»The idea of a female warrior […] is contrary to Homer’s picture of the world, where women are accorded a small number of strictly normal roles […]« Davies (1989a) 53.

2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches 2.1.1 Aufbau und narrative Struktur310 Die Posthomerica sind bisher erst wenig unter dem Aspekt ihres Aufbaus und ihrer narrativen Struktur untersucht worden. Dies mag einerseits mit der bis weit ins 20. Jahrhundert anhaltenden Fokussierung der Forschung auf Textkritik und Quellenforschung zusammenhängen (vgl. dazu Kap. 1.2.3), andererseits aber auch mit dem Umstand, dass man das Werk auf narrativer Ebene i.d.R. als wenig mehr denn eine erzähltechnisch ›uninteressante‹, sukzessive Aneinanderreihung von Episoden hat sehen und infolgedessen insbesondere dem Werkganzen eine über das rein AdditivEpisodische hinausgehende Gesamtstruktur oder Gesamtlogik hat absprechen wollen.311 In der Tat lässt sich unschwer ersehen, dass die Posthomerica nicht mit denselben komplexen Erzählstrategien arbeiten wie die home310

Die nachstehenden Ausführungen umfassen einen knappen, kommentierten Überblick über die Forschungssituation, gefolgt von einigen Überlegungen zu Aufbau und narrativer Struktur von Posthomerica 1. Dabei wird keine vollständige narrative Analyse angestrebt; vielmehr sollen einige spezifische Erzählaspekte selektiv erläutert werden. Meine Analysen sind keiner bestimmten Erzähltheorie verpflichtet; wichtige Anregungen und terminologisches Rüstzeug verdanke ich jedoch Genette (1994) und de Jong (1997; 2001; 22004). 311 Vgl. z.B. Wolf (1839) 182: »einzelne Rhapsodien«; Wagner (1866) 9: »[…] keine Einheit der Handlung und der Hauptperson, überhaupt keine kunstreiche Anordnung im Ganzen und in den einzelnen Theilen. Fast jeder Gesang bildet ein kleines Epos für sich […]«; Keydell (1963) 1293: »Epos aus aneinandergereihten Episoden.« Der jüngste Beitrag in diese Richtung stammt von Appel (1994c), der die Ansicht vertritt, »daß Quintus ursprünglich nur an einzelne Gesänge dachte, und deren Verbindung zu einer Einheit eine spätere, aber noch seine eigene, Idee war« (5 [sog. ›Einzelliedertheorie‹]), woraus sich erklären liesse, weshalb Quintus »das einfache Prinzip der Komposition des Poems, die rein episodisch ist«, angewandt habe und »diese Lieder eine bessere Konstruktion zu haben scheinen als das Werk als Ganzes« (ibid.).

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

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rischen Epen, deren Charakteristik bekanntermassen u.a. darin besteht, metadiegetische Erzählelemente (›Geschichten in der Geschichte‹) in den eigentlichen Handlungsgang einzubauen und dabei zwischen hetero- und homodiegetischer Erzählposition (d.h. zwischen auktorialer ErzählerErzählung und personaler Ich-Erzählung) zu changieren (vgl. z.B. die vom Trojakämpfer Glaukos berichtete Geschichte über seinen Grossvater Bellerophontes [Il. 6,145–231] oder die prototypische Binnenerzählung des Odysseus über seine Irrfahrten [Odyssee 9–12]).312 Quintus’ Verzicht auf diese oder ähnliche Verschachtelungs- und Rückblendetechniken dürfte m.E. in erster Linie dadurch zu erklären sein, dass die zu erzählende Geschichte (histoire) aufgrund des durch Ilias und Odyssee gegebenen Rahmens dergestalt eindeutig definiert ist und deren unmittelbare Anknüpfung an die Ilias, die Quintus bekanntlich bezweckt, einen Erzählmodus etwa im Stile der Odyssee nicht zulässt; somit aber erscheint eine linear-chronologische, heterodiegetische Erzählweise naheliegend, wenn nicht zwingend. Erst in zwei Arbeiten ist bis anhin der Versuch unternommen worden, die narrative Gesamtstruktur des Epos einer Analyse zu unterziehen: Schenk (1997) erkennt eine übergeordnete triadische Struktur (Bücher 1–5 [Achilleus]; 6–11 [Kämpfe]; 12–14 [Iliupersis]), wobei die Gliederungseinschnitte durch jeweils analog komponierte Beratungsszenen markiert werden.313 Von einer unterschiedlichen, doch ebenfalls triadischen Gesamtstruktur geht Schmidt (1999) aus, wobei der Tod wichtiger Figuren jeweils strukturelle Mittel- und dramatische Höhepunkte bildet (Bücher 1–5 [3: Tod des Achilleus]; 6–10 [8: Tod des Eurypylos]; 11–14 [13: Tod des Priamos]). Dem narrativen Mittel der Prolepse / des foreshadowing widmet sich die Arbeit von Duckworth (1936); der Autor kommt zum Schluss, dass Vorausdeutungen über Buchgrenzen hinweg eher spärlich, innerhalb der einzelnen Bücher jedoch sehr ausladend eingesetzt sind, was wiederum den 312 Zur metadiegetischen Erzählung vgl. Genette (1994) 165–167, zur Unterscheidung zwischen homo- und heterodiegetischem Erzähler id. 174–181. Zu den narrativen Eigenschaften der homerischen Epen vgl. de Jong (1997) und (22004) 1–28 (mit 291–305 für weiterführende und ältere Literatur); vgl. ausserdem de Jong (2007) zur narrativen Gestalt der homerischen Epen unter dem Aspekt der Zeit. 313 Vgl. Schenk (1997) 376f.: »Die beiden Buchzäsuren, die sich mit dem Ende des fünften und elften Buches ergeben, unterbrechen den Handlungsverlauf nicht. Quintus führt zu Beginn des folgenden Buches den Erzählfaden sofort weiter und leitet zu einer Beratungsszene über, die jeweils aus fünf Reden besteht und einen identischen Aufbau zeigt. Ausgangspunkt ist jeweils eine für die Griechen schwierige Situation, die bereits am Ende des vorigen Buches exponiert worden war. Die Beratung bringt die Lösung des Problems. Mit dieser Szene gibt Quintus der Erzählung eine Neuorientierung und einen neuen Impuls; s i e markiert den Einschnitt. […] Die Beratungsszenen des sechsten und des zwölften Buches sind durch ihre Aufgabe, der Handlung jeweils eine neue Richtung zu weisen und einen neuen Zusammenhang vorzugeben, Marksteine einer Gliederung der Posthomerica, die drei Teile, die Achilleusbücher (1–5), die Kämpfe (6–11) und die // Eroberung der Stadt mit der anschließenden Heimkehr (12–14), erkennen läßt.«

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

Eindruck der Episodenhaftigkeit des Erzählens verstärkt.314 Der Versuch einer narrativen Analyse unter Einbezug moderner narratologischer Ansätze findet sich sodann m.W. zum ersten Mal bei Schmitz (2005; 2007): Unter Benutzung Genette’scher Terminologie gruppiert er Ana- und Prolepsen in sog. »narratological« und »intertextual anachronies«.315 Erstere bewegen sich »within the framework of the Posthomerica itself« (= interne Ana-/ Prolepsen), wohingegen Letztere über den zeitlichen Werkrahmen hinaus auf vor- oder nach-posthomerische Ereignisse verweisen und somit »bring the Posthomerica into contact not only with the Homeric epics, but also with other ‘texts’« (= externe Ana-/Prolepsen).316 Seine These zielt sodann darauf ab zu zeigen, dass »Quintus […] made constant and conscious use of narratological devices such as anachronies to draw his readers’ attention to this generic belatedness. Quintus’ narrative thus becomes a metapoetical text that reflects upon the poetical situation of a literary latecomer who has to navigate through these masses of prior treatments of his subject matter.«317 Aufbau und narrative Struktur von Posthomerica 1 sind behandelt bei Vian (1963) 3–5 und Schmiel (1986). Ersterer geht von einer dreiteiligen »composition […] claire et bien équilibrée« aus:318 Préambule (v. 1-17), servant de transition avec l’Iliade et d’introduction générale ; I. — L’arrivée, la réception et le songe de Penthésilée (v. 18-137) ; II. — La première partie de la bataille : victoires de Penthésilée (v. 138-493) : a) Préliminaires (v. 138-226) ; b) Aristies individuelles et notamment combat de Penthésilée contre Podarcès (v. 227-306) ; c) Vue d’ensemble de la bataille : l’Amazone brise la résistance des Argiens (v. 307-402) et les contraint à fuir jusqu’aux navires (v. 475-493) ; III. — Le dénouement de la bataille et ses conséquences (v. 494-781) : a) L’entrée en scène d’Achille et d’Ajax (v. 494-537) ; b) La rencontre d’Achille et de Penthésilée et la mort de l’Amazone (v. 538-653) ; c) Le chagrin d’Achille ; l’intervention et le châtiment de Thersite (v. 654-781) ; Épilogue (v. 782-830) : les funérailles.

314

Vgl. Duckworth (1936) 72: »Instead of being sparing in his use of forecasts, he sows with a lavish hand and again and again reminds the reader of the fate in store for a certain individual.«; 80: »His normal procedure is to give a forecast of a character’s fate at the beginning of the episode in which that character plays a prominent part.«; 84: »[T]he poem is in many ways little more than a series of episodes, and Quintus does not connect the episodes as successfully as he might have done.« 315 Zum narrativen Konzept der Anachronie vgl. Genette (1994) 22–31. 316 Zitate nach Schmitz (2007) 66. – Zum Begriff der ex- und internen Pro- und Analepse vgl. Nünlist / de Jong (2000) 159 + 168 und de Jong (2001) XI + XVI. 317 Schmitz (2007) 67. 318 Vian (1963) 3.

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

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Ohne explizite Bezugnahme auf Vians Gliederung unterzieht Schmiel (1986) das erste Buch der Posthomerica einer Strukturanalyse, u.a. unter Berufung auf die strukturalistische Mythentheorie von Lévi-Strauss. Mittels verschiedener tabellarischer Raster gelingt es ihm, Parallelen, Symmetrien und Entsprechungen innerhalb der Erzählung der Penthesileia-Episode aufzuzeigen. Insbesondere sucht er zu zeigen, dass die Makrostruktur des Buches zwar chiastisch (mit dem Frauenredepaar [Q.S. 1,403–476] als Zentrum) angeordnet ist, dass jedoch innerhalb dieser Teile Wortwiederholungen bzw. -entsprechungen in parallel-linearer Abfolge erscheinen.319 Seine Analyse der Makrostruktur sei im Folgenden ebenfalls wiedergegeben:320 A B C D

1–17 18–137 138–395 396–493

c b

494–653 654–781

a

782–830

Trojan sorrow at the death of Hector Arrival and reception of Penthesileia (Trojans marvel) Battle: Penthesileia’s aristeia (4 speeches) War-lust seizes the Trojan women/ they are dissuaded from joining battle Battle: Penthesileia’s defeat and death (4 speeches) (Greeks marvel) Achilles falls in love with Penthesileia; Thersites reviles Achilles Funerals

Obschon Schmiels Analyse gewisse Verknappungen in Kauf nimmt und gegenüber derjenigen Vians inhaltlich eigentlich weniger genau ist,321 so wird doch v.a. aufgrund seiner Aufstellung klar ersichtlich, dass das erste Buch der Posthomerica nicht bloss eine sich sukzessive fortspinnende, geradlinige Erzählung darstellt, sondern dass die Episode einen aus aufeinander Bezug nehmenden Teilkomponenten bestehenden, ringkompositorisch gebauten Gesamtkomplex darstellt. In ähnlicher Weise, wie man Querbezüge zwischen den einzelnen Büchern der Posthomerica hat feststellen können (s.o. Schenk [1997] und Schmidt [1999]), lassen sich auch innershalb dieses ersten Buches szenische, thematisch-motivische sowie natürlich auch zahlreiche sprachliche Verflechtungen ersehen. Das Zentrum bildet dabei, wie Schmiel feststellt, das Frauenredepaar; darum herum

319 Vgl. Schmiel (1986) 187: »The overall structure of the book and of Interlude D is chiastic (abcba), but the verbal repetitions in the related sections occur, with few exceptions, in parallel linear sequences (abc, abc). The symmetrical structure becomes most apparent in the central Interlude (D).« 320 Schmiel (1986) 185. 321 So bemängelt Schubert (1996) 112 – m.E. zu Recht –, dass Schmiel die Thersites-Episode als eigenständige Handlungskonstituente ausgeblendet hat.

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

gruppieren sich die verschiedenen Szenen und Motive in konzentrischen Kreisen.322 Im Folgenden sei – in Ergänzung zu Vian (1963) und Schmiel (1986) – folgende narrative Analyse des ersten Buches vorgeschlagen: Meines Erachtens drängt sich aufgrund inhaltlicher und dramaturgischer Kriterien eine pentadische Grobgliederung des Handlungsgerüsts auf, wobei die Teile I und V bzw. II und IV ringkompositorisch aufeinander Bezug nehmen bzw. sich um den Mittelteil III gruppieren: Zwei gewaltfreie, den Kampf vor- bzw. nachbereitende Teile (I und V) umschliessen die eigentliche Erzählung vom Schlachttag mit den Amazonen (II und IV). Deren Ziel- und Höhepunkt ist der Aufstieg und Fall Penthesileias (II.b und IV.a); Ersterer wird von einigen allgemeinen Schlachtgeschehnissen (II.a) eingeleitet, auf Letzteren folgen weitere Gewalttätigkeiten ausserhalb der eigentlich kriegerischen Handlungen (u.ä. Tötung des Thersites) (IV.b). In der Mitte des ganzen Buches steht das (bezüglich des eigentlichen Handlungsgangs redundante) Frauenredepaar (III), welches als Angelpunkt die unmittelbar bevorstehende Peripetie in Penthesileias Aristie markiert bzw. als retardierendes Moment selbige spannungsvoll hinauszögert.323 Dieses ringkompositorische Prinzip lässt sich auch auf einer nächsttieferen Mikroebene feststellen:324 Es finden sich zahlreiche analogische und antithetische Korrespondenzen zwischen verschiedenen Motiven und Handlungskomponenten, wobei sich auch hier die Strukturierung in konzentrischen Kreisen um die Buchmitte als konstitutives Bauprinzip erweist. Die Rahmenhandlung der Episode wird durch die Ankunft Penthesileias und ihrer Amazonen in Troja einerseits (18–36) und deren Bestattung am Ende des nächsten Tages andererseits (789–810) eingegrenzt; der eigentliche Schlachttag ist durch Sonnenauf- und -untergang (118f.; 826f.) an seinen ›Eckpunkten‹ fixiert. Aufstieg und Fall der Amazonenkönigin spiegeln sich sodann prominent in der analogen Schilderung ihrer Schönheit als Lebendige (36–61) und als Tote (659–674) sowie in der Antithese zwischen ihrer Panhoplie vor Schlachtbeginn (138–160) und dem Moment, als Achilleus der Getöteten den Helm abnimmt (654–662). Ferner ist auch der Tod der zwölf Amazonen sinnfällig angeordnet: Sieben von ihnen kommen gleich

322 Diese Technik der Struktur- und Kohärenzbildung findet sich bekanntermassen auch in Vergils Aeneis. Vgl. dazu Heinze (31913) 448–453, bsd. 451ff. 323 Vgl. die Aufstellung (1) auf der gegenüberliegenden Seite. 324 Vgl. die Aufstellung (2) auf S. 100. Anspruch auf Vollständigkeit kann in diesem Bereich nicht erhoben werden; aufgeführt werden hier nur die m.E. augenfälligsten, ›grösseren‹ erzählerisch-motivischen Korrespondenzen. Ebenso bleibt Sprachliches unberücksichtigt. Für weitere Korrespondenzen vgl. den Kommentar passim. Die Anordnung der Pfeile in dieser Aufstellung (links – rechts) erfolgt hier nur aus Platzgründen.

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

(1) Pentadische Makrostruktur

TEIL I: VERSE 1–219 Vorbereitung der Schlacht

TEIL II: VERSE 220–402 Schlacht: Glück auf Seiten der Troer; Penthesileias Aristie a) Verse 220–306 Beginn der Schlacht, Tote auf beiden Seiten (allgemeiner Teil) b) Verse 307–402 Penthesileias Aristie (spezifischer Teil)

TEIL III: VERSE 403–476 Frauenredepaar (retardierendes Moment)

TEIL IV: VERSE 476–781 Schlacht: Peripetie > Glück auf Seiten der Griechen; Penthesileias Tod a) Verse 476–629 Penthesileias Tod b) Verse 630–781 Ereignisse und Gewalttätigkeiten nach Penthesileias Tod

TEIL V: VERSE 782–830 Nachbereitung der Schlacht

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

zu Beginn der Kampfhandlungen ums Leben (235–237; 247–266), die übrigen fünf unmittelbar vor Penthesileias Tod (531–533).325 Die beiden einzigen rituell geprägten Handlungen der Episode stehen in einem antithetischen Verhältnis zueinander: Priamos’ Gebet an Zeus (= Bitte um Kampfbeistand) in Teil I (182–197) findet sein Gegenstück in der rituellen Leichenbestattung in Teil V (789–810).326 Desgleichen stehen das Mahl der Troer am Abend vor Schlachtbeginn (85–90) und dasjenige der Griechen am Abend nach Schlachtende (828–830) einander antithetisch gegenüber, wobei wir im Motiv der gemeinsamen Nahrungsaufnahme eine Siegeschiffre (> [trügerische!] Siegesgewissheit Penthesileias und der Troer ↔ Sieg der Griechen) sehen können. Von besonderer Bedeutung für die narrative Struktur von Posthomerica 1 sind ferner die Reden. Reden kommt in der Epik seit Ilias und Odyssee ein hoher Stellenwert zu – man denke etwa an die zahlreichen Beratungsreden in Heeres- und Volksversammlungen (z.B. prototypisch die Heerprobe in Ilias 2 und die Volksversammlung auf Ithaka in Odyssee 2), an Botenberichte, Kampfparänesen, etc.; überdies ist die Fähigkeit ›gut reden zu können‹ für den idealen homerischen Helden bekanntlich eine ebenso notwendige Voraussetzung wie Bewährung und Tapferkeit im Krieg.327 Nicht ohne Grund sahen deshalb bereits die antiken Theoretiker und Literaturhistoriker in den homerischen Epen die Wurzeln der Redekunst und in Homer deren πρῶτος εὑρετής. 328 Gemäss Elderkin (1906) 6 bestehen die homerischen Epen ca. zur Hälfte aus direkten Reden, wohingegen selbige in den Posthomerica nur ca. ¼ des Gesamtwerks ausmachen.329 Dieser Unterschied dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass Quintus auf die für die homerischen Epen typischen Wort-für-Wort-Wiederholungen direkter

325

Dabei sind Derinoe und Klonië die einzigen zwei, die überhaupt einen Feind töten (1,230 Δηρινόη δ᾿ ἕλε Λαογόνον, Κλονίη δὲ Μένιππον), während die übrigen zehn Amazonen sang- und klanglos aus der Handlung ausscheiden (= getötet werden). 326 Priamos hat eine Botschaft an die Griechen gesandt mit der Bitte, Penthesileias Leiche freizugeben (1,785f. ἐπεὶ Πριάμοιο νόησαν / ἀγγελίην προϊέντος). Im Gegensatz zu seiner Bitte an Zeus um Schonung der Amazonenkönigin findet dieses Begehren Gehör. 327 Vgl. z.B. Il. 15,281–284: τοῖσι δ᾿ ἔπειτ᾿ ἀγόρευε Θόας ᾿Ανδραίμονος υἱός, / Αἰτωλῶν ὄχ᾿ ἄριστος, ἐπιστάμενος μὲν ἄκοντι / ἐσθλὸς δ᾿ ἐν σταδίῃ· ἀγορῇ δέ ἑ παῦροι ᾿Αχαιῶν / νίκων, ὁππότε κο ῦροι ἐρίσσειαν περ ὶ μύθων. »Zu diesen aber sprach darauf Thoas, der Sohn des Andraimon, unter den Aitolern der weitaus Beste, da er sich auf den Wurfspiess verstand und gut war im stehenden Kampf; in der Versammlung aber übertrafen ihn nur wenige der Achaier, wenn die jungen Männer um ihre Worte wetteiferten.« 328 Vgl. z.B. Quint. inst. 10,1,46: omnibus eloquentiae partibus exemplum et ortum dedit. »[Homer] hat allen Bereichen der Beredsamkeit als Vorbild und Ursprung gedient.« Eine seit Cicero verbreitete Ansicht war, dass die Reden von Odysseus, Nestor und Menelaos die drei genera dicendi wiedergeben bzw. für diese stehen; vgl. Kennedy (1957) 26f. (mit Stellenbelegen). 329 Ilias: 44%; Odyssee: 56%; Argonautica: 29%; Posthomerica: 24%; Dionysiaca: 36%.

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

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Reden gänzlich verzichtet.330 Die Posthomerica verfügen jedoch, typologisch gesehen, gleichwohl über das gesamte Spektrum an typisch epischen Redesituationen.331 Im ersten Buch finden sich dreizehn Reden,332 wobei aus narrativer Sicht zu unterscheiden ist zwischen handlungsmotivierenden Reden und solchen, welche den Gang der Handlung als solchen nicht tangieren. Fünf Reden sind es, welche den Verlauf der Erzählung entscheidend beeinflussen bzw. an seinen Angelpunkten markieren: • Eintritt der Griechen in die Schlacht (= Beginn von Teil II.a): 212–219: Rede eines namenlosen Griechen (Kampfparänese) > veranlasst die Griechen zum Eintritt in die Schlacht; vgl. 220f.: ὣς φ άτο· το ὶ δὲ φαειν ὰ περ ὶ σφ ίσι τεύχεα θέντες / νηῶν ἐξεχέοντο μένος καταειμένοι ὤμοις. »So sprach er. Sie aber [= die Argeier] legten sich ihre glänzenden Waffen um und strömten aus den Schiffen hervor, die Schultern mit Kampfesmut bedeckt.« • Beginn von Penthesileias Aristie (= Beginn von Teil II.b): 326–334: Schmährede Penthesileias gegen die Griechen > stachelt sich selber an, motiviert sich zu ihrer Aristie (exhortatio ad se ipsam); vgl. 335: ἦ ῥα καὶ ᾿Αργείοισι μέγα φρον έουσ᾿ ἐνόρουσε. »Sprach’s und stürmte hochfahrend gegen die Argeier los.« • Achilleus’ Eintritt in die Schlacht (= Beginn von Teil IV.a – Peripetie): 497–507: Kampfparänese des Aias an Achilleus > veranlasst Achilleus zum Eintritt in die Schlacht; vgl. 508: ὣς φάτο· τῷ δ᾿ ἐπίθησε θρασὺ σθένος Αἰακίδαο. »So sprach er. Und es hörte auf ihn die mutige Kraft des Aiakiden.« • Penthesileias Tod durch Achilleus (= Höhepunkt der gesamten Episode): 553–562: Schmährede Penthesileias gegen Aias und Achilleus > provoziert Achilleus, Penthesileia zu töten; vgl. seine Antwort (575–591), v.a. 582–584: σ ὺ δ᾿ ἐν φρεσ ὶ πάγχυ μέμηνας, / ἣ μέγ᾿ ἔτλης καὶ νῶιν ἐπηπείλησας ὄλεθρον / σήμερον. »Du aber bist in deinem Innern ganz und gar von Sinnen, die du so frech warst und uns beiden den Tod angedroht hast für heute.«

330

Zu Quintus’ Verzicht auf wörtliche Wiederholungen vgl. Kap. 1.3.3.2. Die facettenreiche Bedeutung von Reden und Rhetorik in der Epik, die Frage nach ihrem Bedeutungswandel im Laufe der Literatur- bzw. Eposgeschichte sowie die durch die sich wandelnden Produktions- und Rezeptionsbedingungen (mit-)bedingten Unterschiede können hier nicht weiter diskutiert werden; vgl. dazu bspw. Elderkin (1906), Kennedy (1957), Kennedy (1963) 35– 39, Lohmann (1970), Hölkeskamp (2000), Primavesi (2000). 332 Vgl. die Aufstellung (3) auf S. 101. Die Pfeile auf der rechten Seite bezeichnen Antworten einer Rede auf eine andere Rede (dick: direkte Antwort – dünn: indirekte Erwiderung). Die Pfeile auf der linken Seite bezeichnen Reden, die inhaltlich bzw. motivisch-strukturell miteinander korrespondieren (dick: Analogie – dünn: Antithese). 331

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

(2) Mikrostruktur: analogische und antithetische Korrespondenzen 18–36: Penthesileia und die Amazonen kommen 36–61 (u.a.): Schönheit Penthesileias als Lebendige 85–90: Priamos und Penthesileia essen 93–97: Penthesileia verspricht, Achilleus zu töten 118f.: Sonnenaufgang am Schlachttag 138–160: Penthesileia legt ihre Rüstung an 161–181: Auszug / Angriff der Troer und der Amazonen 182–197: Gebet des Priamos (Bitte um Kampfbeistand) 220–226: Gegenangriff der Griechen 227–246; 307–352; 383–402: Penthesileia tötet (Aristie) 235–237; 247–266: Tod von sieben Amazonen 373–383: Aias und Achilleus trauern am Grab des Patroklos 403–476: Frauenredepaar 476–487: Flucht der Griechen 508–537: Aias und Achilleus greifen in die Schlacht ein 531–533: Tod von fünf Amazonen 592–629: Penthesileia wird von Achilleus getötet 630–642: Flucht der Troer 654–662: Achilleus nimmt Penthesileia den Helm ab 659–674: Schönheit Penthesileias als Tote 675–715: Ares will sich an Achilleus rächen 741–749: Achilleus tötet Thersites 766–781: Diomedes will sich an Achilleus rächen 789–810: Bestattung Penthesileias und der Amazonen (Ritus) 826f.: Sonnenuntergang am Schlachttag 828–830: Griechen essen

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

(3) Direkte Reden Verse 100–114 Andromaches Ethopoiie (sagt Penthesileia den Tod voraus) Verse 186–197 Gebet des Priamos (bittet um Penthesileias Rettung) Verse 212–219 Rede eines namenlosen Griechen (Kampfparänese) Verse 326–334 Schmährede Penthesileias gegen die Griechen Verse 358–372 Rede eines namenlosen Troers Verse 409–435 Rede (suasoria) der Troerin Hippodameia Verse 451–474 Gegenrede (dissuasio) der Theano Verse 497–507 Kampfparänese des Aias an Achilleus Verse 553–562 Schmährede Penthesileias gegen Aias und Achilleus Verse 575–591 Antwort des Achilleus an Penthesileia Verse 644–653 Schmährede des Achilleus gegen die tote Penthesileia Verse 723–740 Schmährede des Thersites gegen Achilleus Verse 757–765 Schmährede des Achilleus gegen den toten Thersites

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

• Thersites’ Tod durch Achilleus: 723–740: Schmährede des Thersites gegen Achilleus > provoziert Achilleus, Thersites zu töten; vgl. 741f.: φ ῆ μέγα νεικε ίων· ὁ δέ οἱ περιχ ώσατο θυμ ῷ / Πηλε ίδης ἐρίθυμος. »Sprach’s und schnödete heftig. Er aber zürnte ihm sehr in seinem Innern, der hochgemute Sohn des Peleus.«

Daneben finden sich fünf Reden, welche den Handlungsverlauf an sich nicht beeinflussen, nämlich Andromaches Ethopoiie (100–114), das Gebet des Priamos (186–197), die Rede des namenlosen Troers (358–372) sowie die Schmähreden des Achilleus gegen die tote Penthesileia (644–653) und gegen den toten Thersites (757–765). Eine Sonderstellung unter den Reden nimmt wiederum das Frauenredepaar ein, insofern als die Kampfparänese der Hippodameia zwar handlungsmotivierend ist – die Troerinnen wollen sich in den Kampf einschalten und greifen bereits zu den Waffen –, doch beendet die Gegenrede der Theano die angesetzte Handlung vorzeitig wieder, so dass die ganze Episode den eigentlichen Schauplatz des Geschehens und somit den vorgegebenen (und von Quintus zu befolgenden) Handlungsgang gar nicht tangiert, also gewissermassen eine Sache zwischen Erzähler und Leser (primary narrator und primary narratee) bleibt. Schliesslich bleibt das narrative Mittel der Prolepse / des foreshadowing zu nennen, welches, wie bereits erwähnt (s.o., Duckworth [1936]), von Quintus innerhalb der einzelnen Bücher / Episoden in hoher Frequenz eingesetzt wird. Im ersten Buch ist es der bevorstehende und unabwendbare Tod Penthesileias, der an verschiedenen Stellen immer wieder vorausgedeutet wird – zum ersten Mal ausdrücklich in den Versen 96f., als der auktoriale Erzähler Penthesileias Versprechen, »Achilleus niederzumachen und […] die Schiffe ins Feuer zu werfen« (94f.), mit den Worten kommentiert: νηπίη· οὐδέ τι ᾔδη ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα, / ὅσσον ὑπέρτατος ἦεν ἐνὶ φθισ ήνορι χάρμῃ. »Die Törichte! Denn sie kannte den lanzenkundigen Achi lleus ganz und gar nicht, um wieviel er der überlegenste war in der männermordenden Schlacht.«333 Diesen und ähnlichen expliziten (= obligatorischen) Prolepsen auf Penthesileias Tod sind ferner zahlreiche implizite (= optionale) Prolepsen beizufügen, die mittels intertextueller Referenzen auf (i.d.R. iliadische) Subtexte zustande kommen und je nach Intensität des intertextuellen Anklangs und / oder nach inhaltlicher Komparatibilität des aufgerufenen Subtexts eine bestimmte Passage stärker oder weniger stark proleptisch färben können. Je ein Beispiel sei genannt: Während z.B. eine Aussage wie die, die Keren trieben Penthesileia an, »zu ihrem zugleich 333 Vgl. den Kommentar zu (96) νηπίη; zu den übrigen Prolepsen auf Penthesileias Tod vgl. Duckworth (1936) 72f. Die gehäufte Vorausdeutung auf den Tod von Protagonisten finden wir sodann auch in den Büchern 2 (Memnon), 5 (Aias) und 10 (Paris); vgl. dazu Duckworth (1936) 80.

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ersten wie auch letzten Kampf zu gehen« (171–173: λυγραὶ δέ μιν ὀτρύ νεσκον / Κῆρες ὁμῶς πρώτην τε καὶ ὑστατίην ἐπὶ δῆριν / ἐλθέμεν), eine explizite / obligatorische Todesprolepse darstellt, so ist bspw. in der Wendung ὄσσε κάλυψε (123) im Zusammenhang mit Penthesileias Nach tlager vor dem Schlachttag eine implizite / optionale Todesprolepse zu sehen, da es sich um einen Ausdruck handelt, der in der Ilias ausschliesslich für den gewaltsamen Tod im Kampf verwendet wird.334 Während eine explizite / obligatorische Prolepse ›unüberhörbar‹ ist, mag eine implizite / optionale Prolepse einer bestimmten Passage über den intertextuellen Anklang ein zusätzliches Chroma (hier etwa: ›das Todesschicksal überschattet Penthesileias letzte Nacht‹) verleihen, doch beeinträchtigt ihr Nicht-Erkennen das Verständnis der weiteren narrativen Entwicklung nicht. 2.1.2 Inhaltsübersicht, gegliedert nach narrativen Einheiten Teil I: Verse 1–219: Vorbereitung der Schlacht • Verse 1–17: Anknüpfung der Erzählung an den Schluss der Ilias Nach Hektors Tod bleiben die Troer in der Stadt, da sie um Hektor trauern und sich, weil sie ihren grössten Helden verloren haben, vor der Gewalt des Achilleus fürchten. Achilleus wird mit einem Löwen verglichen, vor dem die Rinder (~ Troer) scharenweise fliehen. • Verse 18–32: Ankunft der Amazonenkönigin Penthesileia Die kriegstüchtige Amazonenkönigin Penthesileia kommt nach Troja: einerseits aus Kriegsbegierde, andererseits, weil sie unabsichtlich ihre Schwester Hippolyte getötet hat und deshalb dem üblen Gerede ihrer Landsleute entgehen will und sich Entsühnung durch Priamos (= Befreiung von den Erinnyen) erhofft. • Verse 33–61: Penthesileias Schönheit; Katalog der Amazonen Penthesileia tritt in der Begleitung von zwölf Amazonen auf (> Katalog der Amazonen); sie alle, v.a. aber Penthesileia erregen grosses Aufsehen unter den Troern ob ihrer Schönheit und ihrem Kriegsmut. Penthesileia scheint einer Göttin gleich zu sein (> 2 Vergleiche: Penthesileia ~ Mond, der inmitten aller Sterne hervorglänzt, und ~ Eos, die vom Olymp herabsteigt und unter den Horen hervorragt; erotisierende Beschreibung). • Verse 62–85: Aufkeimende Hoffnung der Troer und des Priamos Penthesileias Ankunft lässt in den Troern wieder Hoffnung auf einen ›doch-nochSieg‹ aufkeimen (> Vergleich mit Bauern, die nach langer Dürrezeit endlich den 334

Vgl. den Kommentar zu (123) ὄσσε κάλυψε.

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

ersehnten Regen bekommen). Priamos freut sich ebenfalls, doch bleiben seine Hoffnung und Freude vorerst noch getrübt, da er noch immer über den Tod vieler seiner Söhne trauert (> Vergleich mit einem Blinden, der sein Augenlicht partiell wieder erlangt hat). • Verse 85–97: Empfang und Versprechen Penthesileias; Hybris Priamos nimmt Penthesileia gastlich wie eine nach zwanzigjähriger Abwesenheit heimgekehrte Tochter (> Vergleich) bei sich auf. Sie essen gemeinsam. Penthesileia verspricht »eine Tat, auf die niemals ein Sterblicher gehofft hätte« (93), nämlich Achilleus zu töten und die Schiffe der Griechen in Brand zu stecken. • Verse 98–117: Andromaches Ethopoiie Andromache, Hektors Witwe, wendet sich in einem inneren Monolog bzw. einem ›virtuellen Dialog‹ an Penthesileia und sagt ihr den Tod voraus: Penthesileia wird Achilleus nicht bezwingen können, da nicht einmal ihr Gatte Hektor, der tapferste Troerheld, dies geschafft hat. Andromache beklagt ihr eigenes Schicksal und wünscht sich den Tod. • Verse 118–137: Athenes Unheilstraum Nach dem Essen, nach Sonnenuntergang, legt sich Penthesileia schlafen. Athene, erbitterte Feindin Trojas, schickt ihr einen Trugtraum (in der Gestalt von Penthesileias Vater Ares), mit dem sie sie noch mehr dazu anstachelt, gegen Achilleus zu kämpfen, und verheisst ihr den baldigen Sieg. Penthesileia glaubt dem Traum. • Verse 138–160: Penthesileias Rüstung Penthesileia erwacht, steigt voller Tatendrang in ihre Rüstung (> Rüstungsszene / Panhoplie: ausführliche Beschreibung) und greift zu ihren Waffen. • Verse 161–181: Auszug in den Kampf; Penthesileias Pferd Sie sammelt die Besten der Troer um sich, ermutigt sie zum Kampf und reitet auf ihrem Pferd, das sie einst von der Thrakerin Oreithyia bekommen hat, aus der Stadt. Ihr folgen Troer und Amazonen wie Schafe ihrem Leithammel (> Vergleich). • Verse 182–204: Gebet des Priamos an Zeus; Todesomen Priamos betet zu Zeus und bittet ihn um Beistand für Penthesileia und gegen die Griechen. Zeus jedoch schickt ein ungünstiges, unheilverheissendes Vorzeichen (Adler mit sterbender Taube in den Fängen). Priamos »grämt sich gebrochenen Herzens« (204). • Verse 205–219: Rede eines namenlosen Griechen (Kampfparänese) Die Griechen staunen über das Herandringen der Troer und über deren neuen Anführer/-in (> Vergleich: Troer ~ wilde Raubtiere, Penthesileia ~ Buschfeuer). Ein namenloser Grieche aus der Masse des Heeres fordert in einer Rede (> Kollektivrede) dazu auf, dem Angriff entgegenzutreten (> Kampfparänese).

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Teil II: Verse 220–402: Schlacht: Glück auf Seiten der Troer; Penthesileias Aristie a) Verse 220–306: Beginn der Schlacht, Tote auf beiden Seiten (allgemeiner Teil) • Verse 220–246: Podarkes tötet Klonië; Penthesileia rächt ihren Tod Der Kampfparänese des Griechen Folge leistend, strömen die Achaier aus ihren Schiffen hervor; die Schlacht beginnt, »und die Troische Erde rötet sich« (226). Penthesileia tötet einige Griechen. Klonië (eine Amazone in Penthesileias Gefolge) tötet Menippos, worauf dessen Freund, der Phylakenführer Podarkes, Klonië tötet. Aus Zorn über Kloniës Tod tötet Penthesileia deren Mörder Podarkes. • Verse 247–266: Tod von sechs weiteren Amazonen Sechs weitere Amazonen werden von verschiedenen griechischen Kämpfern getötet: Idomeneus tötet Bremusa (> Vergleich mit einer Esche, die gefällt wird); Meriones tötet Euandre und Thermodossa; der Kleine Aias tötet Derinoe; Diomedes tötet Alkibië und Derimacheia (> Vergleich mit Kälbern, die geschlachtet werden). • Verse 267–290: Aristie des Griechen Meges; Heimat von Nastes und Amphimachos (Ekphrasis) Der Grieche Sthenelos tötet den für die Troer kämpfenden Söldner Kabeiros. Darob erzürnt, schiesst Paris einen Pfeil gegen Sthenelos, verfehlt ihn aber und trifft stattdessen den für die Griechen kämpfenden Söldner Euenor. Dessen Tod wiederum provoziert den Griechen Meges: »wie ein Löwe auf eine Schafherde« (277) stürzt er herbei und tötet mehrere Troer. Die Erwähnung der beiden troischen Alliierten Nastes und Amphimachos leitet über zu einer Ekphrasis ihrer Heimat, der Gegend um den Fluss Maiandros im westlichen Kleinasien (282–286). • Verse 291–306: Der Niobe-Fels (Ekphrasis) Dresaios wird von Polypoites getötet. Die Erwähnung des Griechen Polypoites, der am Fusse des Sipylosgebirges gezeugt wurde, leitet über zu einer längeren, anschaulichen Ekphrasis des Sipylosfelsens, »wo [einst] die Götter Niobe zu einem Felsen gemacht hatten, deren Tränen noch immer sehr zahlreich aus der Höhe vom harten Felsen herabrinnen« (294f.).

b) Verse 307–402: Penthesileias Aristie (spezifischer Teil) • Verse 307–324: Vergleich Penthesileias mit einer Berglöwin und einer Meereswoge Der Gott des Schlachtenlärms und andere Todesgötter triumphieren auf dem Schlachtfeld (> Personifikationen). Penthesileia wird mit einer nach Blut lechzenden

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

Berglöwin verglichen, die sich auf Rinder stürzt, und mit einer Meereswoge, die den Segelschiffen folgt: so verfolgt die heranstürmende Amazonenkönigin die zurückweichenden Troer. • Verse 325–334: Schmährede Penthesileias gegen die Griechen Penthesileia beschimpft die Troer als Hunde und brüstet sich, sie mit ihrer Kampfkraft alle töten zu wollen, »den Vögeln und Raubtieren zum Frass« (329). In ihrer Vermessenheit ruft sie nach Diomedes, Achilleus und Aias, den grössten griechischen Helden, die nirgends zu sehen sind. • Verse 335–352: Penthesileias Aristie Die blutrünstige Penthesileia stürmt zusammen mit den Troern heran, »einem wilden Tier an Gewalt gleichend« (336), und tötet viele Griechen (> Vergleich: Griechen ~ Laubblätter oder Tauregen); auch mehrere Pferde finden den Tod. Penthesileias Pferd trägt Köcher und Bogen, die amazonentypischen Kampfattribute. • Verse 353–372: Rede eines namenlosen Troers So wie zuvor die Griechen (205–219), staunen auch die Troer über die kriegsmutige Penthesileia (> Vergleich: Penthesileia ~ Meeressturm). Ein namenloser Troer aus der Masse des Heeres hält eine Rede (> Kollektivrede): Er hält Penthesileia für eine zeusgesandte Unsterbliche und glaubt, dass sie die Griechen noch am selben Tage vernichtend schlagen und ihre Schiffe anzünden werde. • Verse 373–402: Penthesileias Aristie (Fortsetzung) Aias und Achilleus haben noch gar nichts von der Schlacht gemerkt, da sie am Grabmal des Patroklos trauern. Sie werden durch göttliche Intervention noch zurückgehalten, doch sobald sie eingreifen werden, wird sich das Blatt gegen Penthesileia wenden (> auktoriale Prolepse). Doch vorerst kämpft diese noch unermüdlich und erfolgreich und tötet viele Griechen (> Vergleich: Penthesileia ~ Kalb, das einen Garten in Abwesenheit seines Besitzers verwüstet), da sie die Schicksalsgöttin (Αἶσα) immer mehr antreibt, sie gegen Achilleus aufhetzt und sie »ein letztes Mal glorreich stärkt« (395).

Teil III: Verse 403–476: Frauenredepaar (retardierendes Moment) • Verse 403–446: Rede (suasoria) der Troerin Hippodameia Die Troerinnen bewundern aus der Ferne Penthesileias kriegerische Taten. Da stachelt die Troerin Hippodameia die anderen Troerfrauen an, auch ins Kampfgeschehen einzugreifen (> Kampfparänese), da die Frauen den Männern in nichts nachstünden, die Unterschiede zwischen Mann und Frau nur kulturell bedingt seien und es für sie alle, die schon so viele Angehörige verloren hätten, besser sei, im Krieg zu sterben, als später versklavt zu werden. Die Troerinnen lassen sich davon begeistern und wollen sich in die Waffen stürzen (> Vergleich: Troerinnen ~ Bienen, die im Frühling den Bienenstock verlassen).

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

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• Verse 447–476: Gegenrede (dissuasio) der Theano Theano, Hekabes Schwester, sucht die Troerfrauen von ihrem unheilvollen Vorhaben, ins Kriegsgeschehen einzugreifen, abzuhalten und hält eine Gegenrede (dissuasio). Sie argumentiert mit der fehlenden Kriegserfahrung der Frauen. Auch wenn Frauen im Kern dieselben Grundvoraussetzungen besitzen mögen wie Männer, so stellen die Amazonen aufgrund ihrer jahrelangen Kriegserfahrung doch einen Sonderfall dar. Ausserdem ist Penthesileia eine Tochter des Ares. Die Troerinnen lassen sich von Theanos Argumenten überzeugen, »da sie die ältere ist« (475).

Teil IV: Verse 476–781: Schlacht: Peripetie > Glück auf Seiten der Griechen; Penthesileias Tod a) Verse 476–629: Penthesileias Tod • Verse 476–493: Vergleich Penthesileias mit einem Wirbelsturm Penthesileia setzt ihre Aristie ungebrochen fort, die Griechen ergreifen die Flucht. Sie wird mit einem Wirbelsturm verglichen, der Bäume mitsamt der Wurzeln (~ die Griechen) ausreisst und übereinandertürmt. • Verse 494–537: Aias und Achilleus greifen ins Kampfgeschehen ein; Peripetie Doch ehe die Schiffe der Griechen in Brand gesteckt werden können, vernimmt Aias das Geschrei und fordert Achilleus auf, der Vernichtung der Griechen und ihrer Schiffe zuvorzukommen (> Kampfparänese). Die beiden ziehen ihre Rüstungen an und treten zur allgemeinen Erleichterung und Freude der Griechen in die Schlacht ein und »vernichten das unermessliche Heer der Männer« (528) (> Vergleich: Achilleus und Aias ~ zwei Löwen, die eine Rinderherde reissen und sich an ihrem Blut laben). Achilleus tötet die noch lebenden fünf der ursprünglich zwölf Amazonen: Antandre, Polemusa, Antibrote, Hippothoe, Harmothoe. • Verse 538–572: Vergebliche Angriffe und Schmährede Penthesileias gegen Aias und Achilleus Penthesileia erblickt Aias und Achilleus und stürmt ihnen entgegen (> Vergleich: Penthesileia ~ Panther, der seine Jäger angreift). Sie schleudert erfolglos einen Speer gegen Achilleus; darauf hält sie eine Schmährede gegen die beiden, fordert sie frech zum Kampf heraus und rühmt sich ihrer Abstammung von Ares – doch Aias und Achilleus lachen sie nur aus. Eine zweite Lanze, die sie gegen Aias wirft, prallt ebenfalls ab. Unbeeindruckt wendet dieser sich ab, stürzt sich zurück ins Schlachtgetümmel und überlässt die Amazonenkönigin dem Achilleus zur Beute »wie eine Taube dem Falken« (572). • Verse 573–591: Antwort des Achilleus an Penthesileia Achilleus kontert Penthesileias vermessene Schmährede: Er und Aias stammten aus dem Geschlecht des Zeus und seien »die weit besten unter den Heroen auf Erden«

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

(577). Sogar Hektor sei ihm, Achilleus, unterlegen, und entweder habe Penthesileia noch nie von ihm und Aias gehört, oder die Götter hätten ihr den Verstand geraubt (> Vergleich: Penthesileia ~ Hirschkalb, Achilleus ~ Löwe). • Verse 592–629: Penthesileias Tod Achilleus zielt mit seiner Lanze gegen Penthesileia und trifft sie unterhalb ihrer rechten Brust. Die Amazonenkönigin bricht sofort zusammen und lässt ihre Axt fallen. Doch rafft sie sich schnell wieder auf, und während sie noch überlegt, ob sie den herandringenden Feind mit dem Schwert abwehren oder aber sich ihm zu Füssen werfen und ihn um Gnade anflehen oder sich freikaufen solle, stürmt Achilleus – provoziert, da sein Opfer sich noch regt – herbei und spiesst sie zusammen mit ihrem Pferd auf (> Vergleich: Penthesileia ~ Stück Fleisch, das jemand auf einen Bratspiess steckt, oder ~ Hirschkuh, die von einem Jäger durchbohrt wird und dessen Lanze in einem Baum stecken bleibt). Penthesileia stürzt wie eine vom Nordwind umgelegte Fichte zu Boden (> Vergleich), doch bleibt ihre schöne Gestalt unversehrt.

b) Verse 630–781: Ereignisse und Gewalttätigkeiten nach Penthesileias Tod • Verse 630–642: Flucht der Troer in die Stadt Die Troer, die Penthesileias Tötung mitangesehen haben, flüchten in die Stadt und beweinen die Amazonenkönigin und alle anderen Toten (> Vergleich: Troer ~ schiffbrüchige Seefahrer, die sich an Land haben retten können, die aber ob des zerstörten Schiffes und der verlorenen Kameraden betrübt sind). • Verse 643–653: Schmährede des Achilleus gegen die tote Penthesileia Achilleus hält eine zweite Schmährede, diesmal gegen die tote Penthesileia. Er »verhöhnt sie und prahlt gross« (643), da sie in ihrer Verblendung glaubte, ihn und Aias, die besten achaiischen Helden, besiegen zu können und dafür von Priamos Geschenke zu erhalten. • Verse 654–674: Achilleus’ Liebe zu Penthesileia Achilleus holt seine Lanze zurück und nimmt Penthesileia den Helm ab. Sie erstrahlt auch als Tote noch von göttlicher Schönheit (vgl. 33–61) und erregt allgemeine Aufmerksamkeit unter den Griechen. Sie wird mit der schlafenden Artemis verglichen, die sich nach der Berglöwenjagd ausruht. Aphrodite hat ihr Schönheit verliehen, um Achilleus zu betrüben; dieser härmt sich, dass er sie getötet statt als Gattin nach Hause geführt hat. • Verse 675–715: Zorn des Ares Als Ares von den Töchtern des Boreas vom Tod seiner Tochter erfährt, stürzt er – von Zorn und Schmerz ergriffen – wie der Blitz des Zeus vom Olymp herab auf den Ida und lässt die Gegend erbeben. Doch der Göttervater schüchtert ihn mit seinen Blitzen ein und hält ihn davon ab, Achilleus mitsamt den Myrmidonen zu vernichten (>

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2.1 Aufbau, narrative Struktur und Inhalt des 1. Buches

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Vergleich: Ares, der sich nur mit Mühe zu beherrschen weiss ~ Felsblock, der von Sturmwinden abgerissen wird, ins Tal hinunterdonnert und erst im Flachland stehen bleibt). Ares’ inneres (emotionales) Hin und Her zwischen seinem Rachedurst und dem notwendigen Gehorsam gegenüber Zeus wird stark hervorgehoben. • Verse 716–740: Schmährede des Thersites gegen Achilleus Achilleus trauert um Penthesileia wie weiland um Patroklos. Da schilt ihn das Lästermaul Thersites heftig, wirft ihm Geilheit (γυναιμανὲς ἦτορ, 726), mangelnde Selbstbeherrschung und mangelnde Kriegstauglichkeit vor und stellt ihn implizit mit dem feigen Frauenheld Paris auf eine Stufe. • Verse 741–765: Zorn des Achilleus; Thersites’ Tod; Schmährede des Achilleus gegen den toten Thersites Dergestalt provoziert, erschlägt Achilleus den Lästerer mit einem gezielten Faustschlag ins Gesicht. Alle Griechen sind froh, dass sie diesen »Schandfleck der Danaer« (749) endlich los sind, und sehen in Thersites’ Tötung einen gerechten Vergeltungsakt. Achilleus aber hält eine Schmährede gegen den Toten: Thersites hat seinen Tod selber zu verantworten, denn »es ziemt sich nicht für einen schlechten [Mann], sich einem besseren Manne entgegenzustellen« (758). • Verse 766–781: Zorn des Diomedes: Im Unterschied zu allen anderen Griechen ist Diomedes über Thersites’ gewaltsamen Tod erzürnt, da er mit ihm verwandt war (Diomedes’ Vater Tydeus = Cousin des Thersites). Diomedes und Achilleus wollen sich wutentbrannt aufeinander stürzen, doch den Gefährten gelingt es, die beiden Streithähne durch gutes Zureden im Zaum zu halten.

Teil V: Verse 782–830: Nachbereitung der Schlacht • Verse 782–830: Bestattung Penthesileias und der übrigen Gefallenen; Sonnenuntergang. Die Atriden gewähren den Troern auf Bitten des Priamos, ihre Leichen – darunter auch diejenige der Penthesileia und der Amazonen – abzuholen. Penthesileia wird auf einem Scheiterhaufen verbrannt; ihre Urne wird im Mausoleum des Laomedon bestattet, daneben die anderen zwölf Amazonen, und die Troer trauern um sie »wie um ihre eigene Tochter« (800). Auch die Griechen verbrennen ihre Gefallenen und beklagen sie, v.a. aber den von Penthesileia getöteten Podarkes, für den ein spezielles Grabmal errichtet wird, wohingegen der elende Thersites verschachert wird. Mahl der Besten in Agamemnons Hütte; Sonnenuntergang.

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

2.2 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie Die Sage um Aufstieg und Fall der Amazonenkönigin Penthesileia ist lange vor der Zeit des Quintus Bestandteil des Troischen Sagenkreises gewesen und setzte die auf Hektors Tod folgende postiliadische Erzählung bereits in der dem Arktinos von Milet zugeschriebenen Aithiopis in unmittelbarem Anschluss fort.335 Dass jedwede Fortsetzung der Ilias die PenthesileiaAchilleus-Geschichte an ihren Anfang stellen musste, versteht sich somit von selbst.336 So besehen, mag sich eine tiefergehende Deutung des Mythos vor dem Hintergrund der Zweiten Sophistik auf den ersten Blick nicht aufdrängen. Andererseits jedoch gilt es zu bedenken, dass weder einer schriftlich noch einer mündlich tradierten Sage je eine feste Bedeutung eingeschrieben ist, sondern dass auch ein Mythos, der seit alters Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses einer Kulturgemeinschaft darstellt, das Potential besitzt, sich jederzeit semantisch neu aufzuladen bzw. aufladen zu lassen – sei es (produktionsästhetisch betrachtet) aufgrund einer Um- oder Neudeutung von Produzenten-/Autorenseite, sei es (rezeptionsästhetisch gesehen) vonseiten eines Publikums, welches aus Gründen sich wandelnder soziokultureller, historischer oder politischer Kontexte in einem bekannten Mythos neue Bedeutungshorizonte vorfindet, neues Bedeutungspotential entdeckt.337 Vor diesem Hintergrund betrachtet, ist also für unsere Zwecke zuerst nach denkbaren Bedeutungspotentialen des Amazonenmythos zu fragen.338 Das Menschenbild der griechischen Antike ist patriarchalisch und hellenozentristisch: Der Mensch in seiner Normal- bzw. Idealprägung ist männlich und Grieche, ferner heterosexuell und freigeborener Polisbürger. Dem 335

Prokl. Chrest. 175–184. Von dem Widerspruch, dass die Amazonen gemäss Il. 3,188f. in Priamos’ jungen Jahren mit den Troern verfeindet waren, selbigen aber zu einem späteren Zeitpunkt zu Hilfe kommen, ist hierbei abzusehen; vgl. dazu den Kommentar zu den Versen 18–32 (Einleitung). 337 Von Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang die »Bestimmung von M[ythos] als einer ›traditionellen Erzählung von kollektiver Bedeutsamkeit‹«; ›kollektive Bedeutsamkeit‹ »impliziert eine Funktion der jeweiligen Erzählung innerhalb der Selbstdefinition einer Gruppe (Clan, Polis usw.) von Rezipienten und die Kontrolle der jeweiligen Erzählung durch diese« (Art. »Mythos. I. Theorie des Mythos« in: DNP 8 [2000] 633–635 [Fritz Graf], 633; diese Mythosdefinition geht zurück auf die Arbeiten von Kirk [1970] und Burkert [1979]). 338 Die Literatur zum Thema ›Amazonen› ist immens – von den zahllosen halb- und pseudowissenschaftlichen Versuchen zum Beweis ihrer ›tatsächlichen Existenz‹ gar nicht zu sprechen –; genannt werden können im Folgenden nur einige wenige Arbeiten der letzten dreissig Jahre: Carlier (1979), DuBois (1979), Tyrrell (1984), Wagner-Hasel (1986), Döhl (1989), Hardwick (1990), Blok (1995), Dowden (1997), Bol (1998), Lindblom (1999), Bremer (2000), Huld (2002), Fornasier (2007). Für eine ausführliche Diskussion der Amazonenforschung des 19. und 20. Jahrhunderts vgl. Blok (1995) 21–143. Als Sammlung der schriftlichen und archäologischen Quellen sind die beiden RE-Artikel von Toepffer (1894) bzw. Graef (1894) nach wie vor unerlässlich. 336

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2.2 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie

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Normal-/Idealkonzept von Männlichkeit und Griechentum steht somit konsequenterweise als Deviation davon Weiblichkeit und Barbarentum, darüber hinaus Homosexualität und un- oder halbfreier Status entgegen. Die Amazonen stellen demnach in zweierlei Hinsicht eine Bedrohung für den männlichen Normalbürger und somit für das Griechentum schlechthin dar, insofern als sowohl die ›unmögliche‹ Verbindung von Weiblichkeit und Kriegertum wie auch die nicht-griechische Herkunft bzw. das Eindringen der Amazonen aus der Peripherie339 in die griechische Ökumene eine potentielle Bedrohung für das griechische Selbstverständnis darstellen.340 Dabei besteht die Bedrohlichkeit der Amazonen nicht in deren Anderssein an sich, sondern darin, dass sie als Frauen sich in die den Männern vorbehaltenen Sphären vorwagen (vgl. die homerische Formel ᾿Αμαζόνες ἀντιάνειραι, Il. 3,189 und 6,186)341 und sich zugleich den den Frauen κατὰ φύσιν zuko mmenden Verpflichtungen verweigern, wodurch sie nach allgemeiner Vorstellung gegen die gottgewollte Weltordnung verstossen, also Hybris begehen.342 Eine psychologisch motivierte Mythendeutung wird somit in den Amazonomachien unschwer eine Sublimierung und Bewältigungsstrategie dieser Ängste, eine mythisch verbrämte Auseinandersetzung mit den sowohl von innen (< Frauen) wie auch von aussen (< Barbaren) drohenden bzw. als bedrohlich wahrgenommenen Gefahren sehen,343 ebenso wie man 339

Zu den verschiedenen Lokalisierungen der Amazonen durch die Griechen vgl. ausführlich den Kommentar zu (18) Θερμώδοντος. Gemeinsam ist allen Lokalisierungen, dass es sich um Randregionen der aus griechischer Sicht zivilisierten Welt handelt. Da die Amazonen ein Randphänomen des griechischen Kulturkreises darstellen, welches diesem zwar fremd ist und ihn bedroht, ihm jedoch in gewisser Weise dennoch zugehört, so kann sich deren Heimat weder in der zivilisierten Welt an sich noch in einer völligen Utopie befinden, sondern wird an die Peripherie verlagert. Dazu passen auch die zahlreichen antiken Versuche, den Namen ᾿Αμαζόνες etymologisch an die griechische Sprache anzuschliessen; vgl. z.B. Schol. vet. bT Il. 3,189 (5–8). 340 Auch die Frage nach der sexuellen Orientierung schwingt bei der Vorstellung von einem reinen Frauenvolk nolens volens implizit mit. 341 Zur Formel vgl. Blok (1995) 145–193; vgl. auch meine Anm. 667. 342 Zur Hybris der Amazonen vgl. Bol (1998) 107–116. Im Epos vgl. A.R. 2,987–989: οὐ γὰρ ᾿Αμαζονίδες μ άλ᾿ ἐπητέες ο ὐδὲ θέμιστας / τ ίουσαι πεδ ίον Δοι άντιον ἀμφενέμοντο, / ἀλλ᾿ ὕβρις στονόεσσα καὶ ῎Αρεος ἔργα μεμήλει. »Denn die Amazonen siedelten rings in der Doiantischen Ebene und waren weder besonders freundlich, noch beachteten sie [zivilisierte] Satzungen, sondern seufzerreicher Übermut und die Werke des Ares lagen ihnen am Herzen.« Zur Bestrafung des Menschen, der gegen die gottgefügte Rollenverteilung der Geschlechter verstösst, vgl. z.B. Xen. Oik. 7,31: εἰ δέ τις παρ ᾿ ἃ ὁ θεὸς ἔφυσε ποιεῖ, ἴσως τι κα ὶ ἀτακτῶν τοὺς θεοὺς οὐ λήθει καὶ δίκην δ ίδωσιν ἀμελῶν τ ῶν ἔργων τ ῶν ἑαυτοῦ ἢ πρ άττειν τ ὰ τῆς γυναικ ὸς ἔργα. »Wenn aber jemand gegen das, was der Gott geschaffen hat, handelt, dann bleibt er mit seinem Verstoss gegen die Disziplin den Göttern wahrscheinlich nicht verborgen, und er erhält seine Strafe, weil er sich nicht um seine eigenen Aufgaben kümmert oder weil er die Aufgaben der Frau erledigt.« 343 In diesem Sinne vgl. z.B. Hardwick (1990) 23: »[O]nce the Amazons are perceived as a group (in contrast to heroic individuals) and once they leave their remote lands, both their achievements and their life style begin to be presented as a challenge to Greece. Defeating them in battle and/or abducting their leader begins to be formalized not merely as a sign of the supremacy of the

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im Sieg einzelner Helden über die Amazonen als Kollektiv bzw. stärker noch über einzelne Amazonen-Heroinnen ein mythisches Exempel der Selbstbestätigung griechischen Heroentums und griechischer Maskulinität wird erkennen können.344 Dabei ist es kein Zufall, dass nur die ›grössten‹ Helden als Amazonenbezwinger auftreten – nebst Achilleus ist an Bellerophontes, Herakles und Theseus, in historischer Zeit auch an Alexander d.Gr. zu denken –; zumal wenn man bedenkt, dass ein echter Heros nur gegen einen ebenbürtigen Gegner antritt: darin zeigt sich nichts weniger als die Bedeutung der Sublimierung und Bezwingung ebendieser Ängste.345 Was für eine Stellung mögen nun Amazonenmythos und Amazonomachie in der Zweiten Sophistik haben? Die Zweite Sophistik ist in ihrem Kern geprägt von einem Identitätsdiskurs, der die Frage nach dem Eigenen und dem Fremden sowohl unter dem Aspekt der Nationalität wie auch des Geschlechts verhandelt.346 Sowohl der elitäre Kreis der πεπαιδευμένοι wie auch die die Gesamtheit aller Griechen umfassende hellenische Kultur- und Sprachgemeinschaft (οἱ πολλοί / τὸ πλῆθος) st ehen in einer permanenten Auseinandersetzung mit der Frage nach Selbst- und Fremdbild, -wahrnehmung und -definition.347 In diesem Zusammenhang können auch den im kulturellen Bewusstsein der Griechen verankerten Mythen entsprechende Bedeutungen neu eingeschrieben werden. So wird der Troische Krieg als Metapher für den ›Sieg‹ der Griechen über die Römer aufgefasst,348 kann aber auch zu einer mythischen Präfiguration der Perserkriege umgedeutet mythical heroes but as a sign of the historical supremacy of the Greeks (and most notably the Athenians) over outsiders.« 344 Vgl. z.B. Bremer (2000) 54: »As the Amazons left so many unmistakable traces in archaic art: abundant in the visual arts, only a few and far between in poetry, we must infer that they were deeply rooted in the imagination of the Greeks. They are linked with the two most powerful Greek heroes, Heracles and Achilles, who fight and kill them. Amazons seem to represent the danger of females challenging masculine heroic superiority.«; 56 (im Original kursiviert zwecks Emphase): »[I]n 5th century Athens the Amazons do not function any more as foils and doomed adversaries of the unique aristocratic hero, but as a collective threat to the collective of masculine citizens. In this function they become a fixed theme, a recurrent topic in the chauvinistic ideology of the Athenian polis.« 345 Vgl. dazu Bol (1998) 122–125. 346 Zum zweitsophistischen Identitätsdiskurs vgl. den Überblick bei Goldhill (2001) 13–20 sowie mein Kap. 1.4.3; zum Geschlechterdiskurs vgl. die Standardmonographie von Gleason (1995). Die öffentlich auftretenden Deklamatoren waren ausschliesslich männlichen Geschlechts, und auch das Publikum scheint im Normalfall nur aus Männern bestanden zu haben (vgl. Korenjak [2000] 48–50). 347 Identität ist per se ein Konstrukt, doch kommt deren Konstruiertheit in einem sowohl rückwie auch vorwärtsgewandten soziokulturellen Kontext wie dem der Zweiten Sophistik besonders zum Vorschein, so dass die entsprechenden Konstruktionen wieder und wieder erfolgen und gefestigt werden müssen. Vgl. dazu v.a. Whitmarsh (2001b), der von einer »Janus-like duality […] [of] the culture of what is known as the ‘Second Sophistic’« spricht, deren »self-definition in the present involves both the appropriation and the transcendence of the paradigms of the past« (273). 348 Vgl. Kap. 1.4.3 mit Anm. 306.

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2.2 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie

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werden. Letztere wiederum stehen bekanntermassen für den Sieg des Griechentums (= des Westens) über das Barbarentum (= den Osten) und gehören deshalb zu den beliebtesten Stofflieferanten für die μελέται der öffentlich auftretenden Deklamatoren.349 In ähnlicher Weise sind m.E. auch der Amazonenmythos, die Amazonomachie und insbesondere der Kampf zwischen Penthesileia und dem griechischen ›Superhelden‹ Achilleus nachgerade prädestiniert, als Paradigma für die genannte hellenische Selbstdefinition, als Auseinandersetzung (struggle) zwischen Griechentum und Barbarentum und als ›Beweis‹ für den (kulturellen) Sieg bzw. die (kulturelle) Überlegenheit der Griechen gegenüber den Nicht-Griechen gelesen zu werden.350 Auch die unmögliche Liebe zwischen Achilleus und Penthesileia erhält somit einen neuen semantischen Wert: In dem Moment, als Achilleus der Getöteten den Helm abnimmt, ist sie als Tote wieder ganz Frau, sie hat ihre amazonentypischen Charakteristika eingebüsst, und umso mehr erstrahlt ihre göttliche Schönheit.351 Achilleus muss die Amazonenkönigin töten, damit er sich in sie verlieben kann – darin besteht die Tragik der unmöglichen Liebesgeschichte. Gleichzeitig jedoch bedeutet der Kampf eines Mannes gegen eine Frau für diesen einen ehrenrührigen Akt: Solange die Amazone lebt, kann der Heros den Aspekt ihrer Weiblichkeit ›verdrängen‹ und ihre ›Männergleichheit‹ fokussieren, doch ist sie tot und hat also ihre maskuline Seite verloren, so wird der Kampf gegen sie für den Heros post eius mortem zum Ehrenproblem. Die Schmähworte des Thersites gegen Achilleus (vgl. Q.S. 1,716–740) berühren genau diesen wunden Punkt: Achilleus hat eigentlich mit einer Frau gekämpft, und jetzt, da sie tot ist, tritt ihre Weiblichkeit ganz und gar in Erscheinung. Aus diesem Grund wird 349 Vgl. Schmid I, 34f. Anm. 10 (Liste der überlieferten Stoffe, hauptsächlich basierend auf den Angaben in Philostrats Vitae Sophistarum) sowie Schmitz (1997) 113 mit Anm. 58 für weiterführende Literatur. 350 Man mag nicht zu Unrecht einwenden, dass ein Rezipient Achilleus nicht a priori als Identifikationsfigur eines idealen Griechen ansehen wird, da dieser in der Ilias nicht eindeutig positiv besetzt ist, sondern vielmehr den Griechen durch seinen Zorn grosses Unheil zufügt. Quintus scheint genau diesen ›Missstand‹ dadurch zu korrigieren, dass er Achilleus’ Sohn Neoptolemos als Eben- und Gegenbild seines Vaters zeichnet, der diesem zwar einerseits aufs Haar gleicht und somit sein Erbe fortsetzt (vgl. z.B. Q.S. 7,631 καί μιν ἰδὼν θάμβησεν ἐοικότα Πηλείωνι »und [Phoinix] staunte, als er sah, wie er dem Peleussohn glich«), der aber andererseits seinem Vater moralisch überlegen ist und im Gegensatz zu diesem einen völlig integren Charakter darstellt (vgl. insb. Neoptolemos’ Verhalten bei der Tötung des Priamos [Buch 13] und bei der Opferung der Polyxena [Buch 14]; vgl. dazu Boyten [2007], bsd. 320–323 und 326–333). Zur Achilleus-Figur vgl. Latacz (1995a) und Burgess (2009). 351 Q.S. 1,654–674; ihre göttliche Schönheit in 659–662. Das Amazonentypische wirkt freilich nach in dem Vergleich der toten Penthesileia mit der schlafenden Artemis (663–668). Das Ablegen der amazonentypischen Elemente kommt auch in Penthesileias eigentlichem Todesmoment zum Ausdruck, als sie, von Achilleus’ Speer unterhalb der rechten Brust (!) getroffen, zusammensinkt und ihre Doppelaxt, eine charakteristische Amazonenwaffe, fallen lässt (597 ἐκ δ᾿ ἔβαλεν χειρὸς πέλεκυν μέγαν). Vgl. dazu auch den Kommentar zu (159) ἀμφίτυπον βουπλῆγα a.E.

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Achilleus’ Zorn entfacht, und er tötet das Lästermaul (vgl. Q.S. 1,741– 747).352 Ebenso jedoch lässt sich die Episode auch als ›Beweis‹ dafür lesen, dass eine Frau – auch wenn sie sich wie die Amazonenkönigin noch so sehr darum bemüht – eben doch nie ein Mann sein kann, sondern im Grunde doch immer eine Frau bleibt, und dass es Ehrensache eines aufrechten Griechen (< Achilleus) ist, für die Erhaltung dieser gottgewollten Ordnung zu sorgen, was im Rezipienten wiederum ein Gefühl der Selbstbestätigung und der Identitätsstiftung im genannten Sinne auszulösen vermag. Man mag freilich die Tatsache, dass Quintus die Penthesileia-AchilleusGeschichte in eine homerisierende Fortsetzung der Ilias und somit in ein ›unsophistisches‹ Medium kleidet, als Einwand gegen die vorgetragene Deutung vorbringen. Dem gilt m.E. Folgendes entgegenzuhalten: Erstens ist zu sagen, dass eine Verortung der Posthomerica im weiteren Kontext der Zweiten Sophistik, wie sie in Kap. 1.4.3 vorgeschlagen wurde, zu durchaus fruchtbaren Ergebnissen führen kann, so dass ein Deutungsansatz wie der vorliegende nicht a priori ausgeschlossen werden sollte. Zweitens gilt zu bedenken, dass die Amazonen per se ein ›unhomerisches‹ Thema darstellen, dass also bereits die Einführung der Penthesileia-Figur in der Aithiopis einen gewissen Traditionsbruch bedeutet, an den sich unser Dichter anschliesst.353 Drittens finden wir in den Posthomerica eine (m.E. augenfällige und nicht-triviale) Parallele in der Auseinandersetzung zwischen Aias und Odysseus um Rüstung und Waffen des toten Achilleus, der sog. ὅπλων κρίσις, welche, obschon sie evidentermassen Teil der traditionellen postiliadischen histoire ist und somit von Quintus gar nicht vernachlässigt werden kann, im Werk unseres Dichters die Wertigkeit / Semantik eines rhetorisch-sophistischen ἀγών (und Odysseus die Rolle eines sophistischen tricksters, der sein Ziel mit allen Mitteln der Redekunst zu erreichen weiss und dabei buchstäblich über Leichen geht) eingeschrieben bekommt bzw. – rezeptionsästhetisch gesprochen – als solcher gelesen werden kann.354 In 352

Nach Blok (1995) 281–288 (für alternative Deutungen vgl. ead. 195–210). Thersites (ead. 287) »reveals what Achilles must disguise at all costs, viz. the fact that the Amazon was also potentially a woman when she fought with Achilles. […] [I]n confronting Achilles with the paradox of the Amazon when the fighting is over, he fundamentally tarnishes Achilles’ [kleos]. […] [T]he accusation that Achilles recognized Penthesileia as a woman was the worst insult that could be uttered.« 353 Vgl. Davies (1989a) 53: »What should particularly be stressed here is the markedly unHomeric nature of this personage. The idea of a female warrior, presumably (as in later authors) at the head of a whole army of female warriors, is contrary to Homer’s picture of the world, where women are accorded a small number of strictly normal roles (wife, mother, or the like) and even the notion of a prophetess […] must be excluded.« Vgl. auch Bremer (2000) 54: »The Greeks were not satisfied with Homer’s passing mention of the Amazons. They wanted recitals in which Amazons played their proper part in the Trojan saga. The post-homeric narrative Aithiopis catered for them by giving ample space to Penthesileia and her Amazons.« 354 Vgl. dazu ausführlich Bär (2009).

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2.2 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie

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ähnlicher Weise dürfte ein zeitgenössisches Publikum die Amazonomachie, den Tod der Penthesileia und die Geschichte von der unmöglichen Liebe zwischen ihr und ihrem Mörder vor seinem eigenen soziokulturellen Hintergrund rezipiert haben. Abschliessend ist erneut auf das Frauenredepaar (Q.S. 1,403–476) zu sprechen zu kommen, welches, wie schon ältere Quellenforschung gezeigt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Erfindung des Quintus ist, also wohl nicht Bestandteil der Aithiopis war und deshalb ein Novum, eine Auffälligkeit innerhalb der traditionellen histoire darstellt.355 Der auffallende Charakter wird durch die strukturelle / numerische Mitte, durch die dramaturgische Funktion als retardierendes und somit spannungssteigerndes Moment vor der Peripetie der Handlung sowie durch die narrative Besonderheit der in Gang gesetzten, doch unvollendet wieder abgebrochenen Aktion zusätzlich herausgehoben (vgl. zu alledem Kap. 2.1.1). Eine ›uneigentliche‹ (= metaphorische oder allegorische) Deutung drängt sich deshalb auf: Die in der Penthesileia-Achilleus-Geschichte implizit angelegte Identitäts- und Geschlechterdiskursivität wird hier über die beiden Reden, in denen für (< Hippodameia, 409–435) bzw. gegen (< Theano, 451–474) die Teilnahme der Frauen am Krieg votiert wird, expliziert. So sieht die ›emanzipierte‹ Hippodameia in den Unterschieden zwischen Mann und Frau eine reine Sache des νόμος: Q.S. 1,414–419: οὐ γὰρ ἀπόπροθέν εἰμεν ἐυσθενέων αἰζηῶν, ἀλλ᾿ οἷον κείνοισι πέλει μένος, ἔστι καὶ ἡμῖν· ἶσοι δ᾿ ὀφθαλμοὶ καὶ γούνατα, πάντα δ᾿ ὁμοῖα, ξυνὸν δ᾿ αὖ πάντεσσι φάος καὶ νήχυτος ἀήρ, φορβὴ δ᾿ οὐχ ἑτέρη. τί δ᾿ ἐπ᾿ ἀνδράσι λώιον ἄλλο θῆκε θεός; τῶ μή τι φεβώμεθα δηιοτῆτος. Wir sind nämlich nicht weit entfernt von den kraftvollen Kriegern, sondern soviel Elan, wie jenen zu eigen ist, kommt auch uns zu. Dieselben Augen und Knie [haben wir], alles [ist] gleich, gemeinsam [sind] allen fernerhin Licht und die reichlich strömende Luft, und auch die Nahrung [ist] keine andere. Was sonst hat Gott den Männern besser gegeben? Deshalb also wollen wir uns nicht aus Furcht vor der Schlacht fernhalten! 355 Vgl. Keydell (1963) 1274. Ein möglicher Verbindungspunkt zu Verg. Aen. 11,891–895 (Frauen versuchen, inspiriert durch das Wirken der amazonenhaften Kriegerin Camilla, die andringenden Feinde mit improvisierten Schusswaffen von den Stadtmauern aus zu verscheuchen) wurde zuweilen diskutiert (vgl. Vian [1963] 28 Anm. 3; Calero [1992b] 166f.; James [2004] 272; Gärtner [2005] 58–62), doch selbst wenn besagte Stelle tatsächlich die Quelle oder der ›Urkern‹ für Q.S. 1,403–476 gewesen sein sollte, so ändert dies an der Tatsache, dass das Frauenredepaar innerhalb der Penthesileia-Achilleus-Episode ein Novum darstellt, nichts.

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2. Einleitung zum 1. Buch der Posthomerica

Dem hält die ›reaktionäre‹ Theano die Auffassung von der unterschiedlichen φύσις von Mann und Frau entgegen und insistiert auf der traditionellen Auffassung, dass jeder Mensch ›das Seine‹, d.h. das ihm von Natur aus Gegebene und Gottgewollte tun und anderes unterlassen solle;356 die Amazonen stellten dabei aufgrund ihres aussergewöhnlichen Erfahrungsschatzes in kriegerischen Angelegenheiten eine einmalige Ausnahme – sozusagen ›die Ausnahme, die die Regel bestätigt‹ – dar: Q.S. 1,454–460; 464–466: […] οὐ γὰρ σθένος ἔσσεται ἶσον ὑμῖν καὶ Δαναοῖσιν ἐπισταμένοισι μάχεσθαι. αὐτὰρ ᾿Αμαζόσι δῆρις ἀμείλιχος ἱππασίαι τε εὔαδεν ἐξ ἀρχῆς καὶ ὅσ᾿ ἀνέρες ἔργα πένονται· τοὔνεκ᾿ ἄρα σφίσι θυμὸς ἀρήιος αἰὲν ὄρωρεν, οὐδ᾿ ἀνδρῶν δεύονται, ἐπεὶ πόνος ἐς μέγα κάρτος θυμὸν ἀνηέξησε καὶ ἄτρομα γούνατ᾿ ἔθηκε. // […] πᾶσι δ᾿ ἄρ᾿ ἀνθρώποισιν ὁμὸν γένος, ἀλλ᾿ ἐπὶ ἔργα στρωφῶντ᾿ ἄλλος ἐπ᾿ ἄλλα· πέλει δ᾿ ἄρα κεῖνο φέριστον ἔργον ὅ τι φρεσὶν ᾗσιν ἐπιστάμενος πονέηται. […] Ihr werdet nicht die gleiche Stärke haben wie die Danaer, die es verstehen zu kämpfen. Den Amazonen jedoch hat der unerbittliche Krieg und die Reiterei und was die Männer [sonst noch] für Taten besorgen von Anfang an gefallen. Aus diesem Grund also regt sich ihnen immer das kriegerische Herz, und sie haben keine Männer nötig, da ihnen die Kriegsmüh’ zu grosser Kraft das Herz steigert und ihre Knie nie zittern lässt. // […] Alle Menschen haben wohl dieselbe Herkunft, doch jeder wendet sich anderen Tätigkeiten zu; und es ist jene die zuträglichste Tätigkeit, welche man mit verständigem innerem Wissen ausübt.

Auf die Feststellung des Erzählers, dass die anfänglich so kriegsbegeisterten Troerinnen »auf [Theano] hörten« und »die Schlacht aus der Ferne mitansahen« (475 ταὶ δ᾿ ἐπίθοντο [… ] / ὑσμίνην δ᾿ ἀπάνευθεν ἐσέδρα κον), wird die Erzählung unvermittelt wieder aufgenommen (476ff. ἡ δ᾿ ἔτι λαούς / δάμνατο Πενθεσίλεια κτλ.). Als Begründung jedoch, weshalb die Frauen Theanos Rat befolgen, heisst es nur: »weil sie die ältere war« (475 παλαιοτέρῃ περ ἐούσῃ). In dieser Form der embedded focalization357 liegt m.E. der Schlüssel zum Verständnis der Passage und somit – auf einer 356 Die philosophische Forderung nach dem τὸ τὰ ἑαυτοῦ πράττειν ist platonisch; vgl. Charm. 161b–162d (Definition von σωφροσύνη) und rep. 433a (Definition von δικαιοσύνη). 357 Wir können hierin eine Form der embedded focalization sehen, da der auktoriale Erzähler (primary narrator) die Gründe für das Handeln der Figuren – d.h. deren subjektive Sichtweise – in seinen Erzähltext (narrator-text) einflicht.

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2.2 Die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie

117

›uneigentlichen‹ Ebene – des ganzen 1. Buches: Der im Frauenredepaar ausgetragene Wertediskurs endet mit einem Bekenntnis zu den traditionellen Rollenverteilungen der Geschlechter und somit zu dem traditionellen hellenischen Wertesystem an sich, demgemäss jeder Mensch κατὰ φύσιν τὰ ἑαυτοῦ πράττει, und bietet somit den (männlichen [vgl. Anm. 346]) Rezipienten der Posthomerica ein Identifikations- und Selbstbestätigungsangebot in dem skizzierten zweitsophistischen Sinne. Der Leser / Hörer wird nachgerade aufgefordert, die Amazonomachie nicht bloss als narrativen Bestandteil der traditionellen post-iliadischen histoire zu ›konsumieren‹, sondern sie ebenso mit Blick auf die eigene, zeitgenössische Befindlichkeit zu reflektieren. Hippodameias Rede und die vorübergehende Kriegsbegeisterung der Troerinnen regen zwar einerseits dazu an, potentielle alternative Versionen der Geschichte an- oder weiterzudenken, doch andererseits verläuft die Erzählung im Endeffekt in den traditionellen Bahnen. Narratologisch gesehen, dient somit das Frauenredepaar nicht mehr nur der Retardation und Spannungssteigerung vor dem Handlungshöhepunkt, sondern es wird nachgerade zu einer mise-en-abyme für Penthesileias Todesschicksal, indem es ›vernünftiges‹ weibliches Handeln (> σωφροσύνη) – repräsentiert durch die umsichtige, alters-(!)weise Theano – dem ›naturwidrigen‹ Verhalten (> ὕβρις) der Amazonen und ihrer Königin gegenüberstellt und deren Schicksal ex negativo vorwegnimmt.358 Das poetologische Programm unseres Dichters liegt somit in der Neudeutung eines traditionellen postiliadischen Sagenstoffes: die Wiedergeburt des Epos aus dem Geiste der Amazonomachie.

358 Die implizite Vorwegnahme von Penthesileias bevorstehendem Tod erfolgt v.a. über den auktorialen Kommentar in Q.S. 1,447–450 (in einer typisch epischen »wenn-nicht«-Situation): καί νύ κεν ἄστεος ἐκτὸς ἅμα σφετ έροισιν ὄλοντο / ἀνδράσι κα ὶ σθεναρ ῇσιν ᾿Αμάζοσιν ἐν δα ῒ κεῖναι, / εἰ μή σφεας κατέρυξε πύκα φρονέουσα Θεανώ. »Und nun wären jene draussen vor der Stadt zusammen mit ihren Männern und den gewaltigen Amazonen vernichtet worden in der Schlacht, wenn die Heranstürmenden nicht die klug sinnende Theano zurückgehalten hätte.« Was hier mittels einer irrealen Aussage als ›beinahe eingetreten, aber im letzten Moment noch verhindert‹ geschildert ist, wird für die Amazonenkönigin in Kürze Realität werden. – Die Antithese zwischen σωφροσ ύνη und ὕβρις ist auch in der Ethopoiie der Andromache (Q.S. 1,100–114) bestimmend; vgl. den Kommentar zu den Versen 98–117 (Einleitung).

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

3.1 Zum griechischen Text Die nachstehende Tabelle verzeichnet sämtliche Abweichungen in der Textgestalt von Posthomerica 1,1–219 innerhalb der vier modernen Ausgaben von Köchly (1853), Zimmermann (1891), Vian (1963) und Pompella (2002) (von trivialen Abweichungen wie z.B. ἡ vs. ἥ abgesehen). In Klammern ist jeweils angegeben, ob es sich um eine Lesart des Archetypus (Ω), des Subarchetypus (Y) oder des Hydruntinus (H) handelt; Konjekturen sind durch Fettdruck gekennzeichnet.359 Textkritische Fragen werden im Kommentar diskutiert, sofern sie inhaltlich relevant und / oder forschungsgeschichtlich interessant erscheinen. Vers 9

Köchly (1853) servabat ambo360

11 13 14 21 25 32

Zimmermann Vian (1963) (1891) ἀπὸ θυμὸν ἴαψε (Y)

ὅσσους (Ω) ὑπὸ (Lehrs)

ἄλλων (Köchly) ἄλλους (Ω) φέρε (H) φέρεν (Y) ἀλευαμένη (Y) ἀλευομένη (Vian) ἀλευαμένη (Y) δή τι ἑκοῦσα (τι Köchly) δή το γ᾿ ἑκ. (Ω) οὐδέ τιν᾿ ἐστὶ οὐδέ τιν᾿ ἔστι οὐδέ τι ἔστι οὐδέ νυ ἔστι361 (τιν᾿ Hermann)

39 47 57 58 87 93 95 110

όσους (Vian)

Pompella (2002) ἀπέταμνε κάρηνα (H) ὅσσους (Ω) ὑπαὶ (H)

(τιν᾿ Hermann) ὑπὸ (Lehrs) ἀμφιέποντο (H)

Köchly lacunam statuit post 57 μειδιόωσ᾿ (Rhodomann) (-όων Ω) τηλόθι (Lask.) ὅ τ᾿ οὔποτε (τ’ Köchly) πυρσὸν δὲ νεῶν (Köchly) ἑ (Spitzner, Köchly)

(τι Vian)

(Ω)

ἀμφὶς ἕποντο (Y)

ὑπαὶ (H) ἀμφιέποντο (H)

μειδίαεν

μειδιόωσ᾿ (Rh.)

(Zimmermann) τηλόθε (H)

ὃ οὔ ποτε (Ω) νῆας δὲ πυρὸς (Ω) σφε (Ω)

359

Für Details vgl. den Apparat von Vian (1963). Versum 14 post versum 9 ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν transposuit ac lacunam statuit post versum 14 et ante versum 9 ὁπόσων ἀπέταμνε κάρηνα. 361 ἔστι P : ἐστὶ M H. 360

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3.1 Zum griechischen Text 120 123 127 132 133 136 136 147 149 151

119

οἳ δ᾿ ὅτε (Köchly) καί ῥ᾿ ὅτε (Köchly)362 ὄσσε κάλυψε (H) ὄσσ’ ἐκάλυψε (Y) πτολέμοιο πτολέμου στροπτολέμοιο φάλαγγας (Ω) φάλαγγας (Ω) φάλλιγα (Zimm.) ὀίσσατο (Tyc.) ὀίσατο (Ω) ὀίσσατο (Tyc.) ἐκτελέσειν (H) ἐκτελέειν (Castiglioni) ἐνὶ (Y) γ᾿ ἐν (Pompella) ἄδην (H) ἅδην (Y) ἄδην (H) ἕλετ᾿ (Glasewald) ἔθετ᾿ (Ω) ἕλετ᾿ (Gl.) περὶ γναμπτῇσι (Tychsen) περιγνάμπτοισι περὶ γναμπ(Vian) τῇσι (Tychsen) ἐθείρῃσι (Ω) ἐθείρῃσι ἐθείρῃσι (Ω) (Zimmermann)

159 167 176 184 188 212 217

βουπλῆγ᾿ ἀμφίτυπον, τόν (Köchly) ἀμφίτυπον βουπλῆγα τόν (Ω) καλῷ, ὠκυτάτῳ, καλῷ τ᾿ ὠκυτάκαλῷ τ᾿ ὠκυτάτῳ τε τόν (Ω) τόν (Köchly) τῳ θ᾿, ὅν (Herm.) νισσομένων (Ω) νισομένων (Vian) νισσομένων αἰπὺ (Dietsch, Köchly) ἠὺ (Ω) δ᾿ αὖ μιν (Hermann) δή μιν (H) ἔγειρε (Köchly) ἄγειρε (Ω) λαβόντες (Ω) βαλόντες (Bonitz)

Meiner Übersetzung und meinem Kommentar liegt der griechische Text von Pompella (2002) zugrunde. Die nachstehende Tabelle verzeichnet diejenigen Stellen innerhalb von Posthomerica 1,1–219, an denen ich von Pompellas Lesart abweichen möchte; zur Erörterung und Diskussion vgl. den Kommentar ad loc. Vers 9 119 123 132 133 161 168 186

Pompella (2002) ἀπέταμνε κάρηνα (H) ἤνυτο (Heyne) ὄσσ᾿ ἐκάλυψε (Y) ὀίσσατο (Tychsen) ἐκτελέειν (Castiglioni) τῷ ἐπικαγχαλόωσα (Ω) κιούσῃ (Struve) ᾿Αχαιικόν (de Pauw)

Bär ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν (Y) ἄνυτο (Ω) ὄσσε κάλυψε (H) ὀίσατο (Ω) ἐκτελέσειν (H) τῷ δ’ ἐπικαγχαλόωσα (δ᾿ Bär) κιοῦσα (Ω) ᾿Αχᾱϊκόν (Ω)

362 Der Vers ist in verderbter Form καὶ τοίη δ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ καὶ δαιτὸς ἐρατεινῆς überliefert; vgl. den Kommentar zu (120) καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς.

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120

3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

3.2 Text und Übersetzung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Εὖθ᾿ ὑπὸ Πηλείωνι δάμη θεοείκελος ῞Εκτωρ καί ἑ πυρὴ κατέδαψε καὶ ὀστέα γαῖα κεκεύθει, δὴ τότε Τρῶες ἔμιμνον ἀνὰ Πριάμοιο πόληα δειδιότες μένος ἠὺ θρασύφρονος Αἰακίδαο· ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι βόες βλοσυροῖο λέοντος ἐλθέμεν οὐκ ἐθέλουσιν ἐναντίαι, ἀλλὰ φέβονται ἰληδὸν πτώσσουσαι ἀνὰ ῥωπήια πυκνά· ὣς οἱ ἀνὰ πτολίεθρον ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα, μνησάμενοι προτέρων ὁπόσων ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν θύων ᾿Ιδαίοιο περὶ προχοῇσι Σκαμάνδρου, ἠδ᾿ ὅσσους φεύγοντας ὑπαὶ μέγα τεῖχος ὄλεσσεν, ῞Εκτορά θ᾿ ὡς ἐδάμασσε καὶ ἀμφείρυσσε πόληι, ἄλλους θ᾿ οὓς ἐδάιξε δι᾿ ἀκαμάτοιο θαλάσσης, ὁππότε δὴ τὰ πρῶτα φέρεν Τρώεσσιν ὄλεθρον. τῶν οἵ γε μνησθέντες ἀνὰ πτολίεθρον ἔμιμνον· ἀμφὶ δ᾿ ἄρα σφίσι πένθος ἀνιηρὸν πεπότητο ὡς ἤδη στονόεντι καταιθομένης πυρὶ Τροίης. Καὶ τότε Θερμώδοντος ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων ἤλυθε Πενθεσίλεια θεῶν ἐπιειμένη εἶδος, ἄμφω, καὶ στονόεντος ἐελδομένη πολέμοιο καὶ μέγ᾿ ἀλευαμένη στυγερὴν καὶ ἀεικέα φήμην, μή τις ἑὸν κατὰ δῆμον ἐλεγχείῃσι χαλέψῃ ἀμφὶ κασιγνήτης, ἧς εἵνεκα πένθος ἄεξεν, ῾Ιππολύτης· τὴν γάρ ῥα κατέκτανε δουρὶ κραταιῷ, οὐ μὲν δὴ τό γ᾿ ἑκοῦσα, τιτυσκομένη δ᾿ ἐλάφοιο· τοὔνεκ᾿ ἄρα Τροίης ἐρικυδέος ἵκετο γαῖαν. πρὸς δ᾿ ἔτι οἱ τόδε θυμὸς ἀρήιος ὁρμαίνεσκεν, ὄφρα καθηραμένη περὶ λύματα λυγρὰ φόνοιο σμερδαλέας θυέεσσιν ᾿Εριννύας ἱλάσσηται, αἵ οἱ ἀδελφειῆς κεχολωμέναι αὐτίχ᾿ ἕποντο

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3.2 Text und Übersetzung

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121

Als der götterähnliche Hektor vom Peleussohn bezwungen ward und der Scheiterhaufen ihn verzehrt hatte und die Erde seine Knochen barg, da blieben die Troer in der Stadt des Priamos, weil sie den ungestümen Zorn des kühn gesinnten Aiakiden fürchteten. So wie Rinder im Gehölz einem grausigen Löwen nicht begegnen wollen, sondern fliehen und sich scharenweise ducken in dichtbewachsenen Büschen, so zitterten diese in der Burg vor dem gewaltigen Manne, im Gedenken an [all] die [Menschen] von früher, wie vieler Seelen er weggeworfen hatte, als er bei der Mündung des Idäischen Skamanders wütete, und wie viele Flüchtende er am Fusse der grossen Mauer vernichtet hatte, und wie er Hektor bezwang und rings um die Stadt herum schleifte, und andere, die er auf dem unerschöpflichen Meer durchbohrte, damals, als er das erste Mal den Troern Verderben brachte. Im Gedenken an diese blieben sie in der Burg. Und um sie herum flatterte jammervoller Schmerz, als ob Troja bereits von seufzerreichem Feuer in Flammen stünde. Und da kam von den Strömen des breitpfadigen Thermodon Penthesileia, angetan mit der Gestalt von Göttern, zweierlei begehrend: einerseits seufzerreichen Krieg, andererseits, und vor allem auch, um dem verhassten und schimpflichen Gerede zu entgehen, damit nicht einer in ihrem Volke sie mit Schimpf und Schande anfeinde wegen ihrer Schwester, um derentwillen sich ihr Schmerz [immer mehr] steigerte, [wegen] Hippolyte. Diese nämlich hatte sie mit ihrem gewaltigen Speer getötet – dies bestimmt nicht absichtlich, sondern als sie auf einen Hirsch zielte Aus diesem Grund also kam sie ins Land des ruhmvollen Troja. Zudem drängte auch dazu noch ihr streitbarer Sinn, dass sie, ringsum von der verderbenbringenden Mordbefleckung gereinigt, die grässlichen Erinnyen mit Rauchopfern besänftigte, welche sie, wegen ihrer Schwester zürnend, augenblicklich verfolgten,

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

ἄφραστοι· κεῖναι γὰρ ἀεὶ περὶ ποσσὶν ἀλιτρῶν στωφῶντ᾿, οὐδέ νυ ἔστι θεὰς ἀλιτόνθ᾿ ὑπαλύξαι. Σὺν δέ οἱ ἄλλαι ἕποντο δυώδεκα, πᾶσαι ἀγαυαί, πᾶσαι ἐελδόμεναι πόλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην, αἵ οἱ δμωίδες ἔσκον ἀγακλειταί περ ἐοῦσαι· ἀλλ᾿ ἄρα πασάων μέγ᾿ ὑπείρεχε Πενθεσίλεια. ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανὸν εὐρὺν ἐν ἀστράσι δῖα σελήνη ἐκπρέπει ἐν πάντεσσιν ἀριζήλη γεγαυῖα, αἰθέρος ἀμφιραγέντος ὑπαὶ νεφέων ἐριδούπων, εὖτ᾿ ἀνέμων εὕδῃσι μένος μέγα λάβρον ἀέντων· ὣς ἥ γ᾿ ἐν πάσῃσι μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν. ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Κλονίη Πολεμοῦσά τε Δηρινόη τε Εὐάνδρη τε καὶ ᾿Αντάνδρη καὶ δῖα Βρέμουσα ἠδὲ καὶ ῾Ιπποθόη, μετὰ δ᾿ ῾Αρμοθόη κυανῶπις ᾿Αλκιβίη τε καὶ ᾿Αντιβρότη καὶ Δηριμάχεια, τῇς δ᾿ ἔπι Θερμώδοσσα μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα· τόσσαι ἄρ᾿ ἀμφιέποντο δαΐφρονι Πενθεσιλείῃ. οἵη δ᾿ ἀκαμάτοιο κατέρχεται Οὐλύμποιο ᾿Ηὼς μαρμαρέοισιν ἀγαλλομένη φρένας ἵπποις ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων, μετὰ δέ σφισι πάσαις ἐκπρέπει ἀγλαὸν εἶδος ἀμωμήτοις περ ἐούσαις· τοίη Πενθεσίλεια μόλεν ποτὶ Τρώιον ἄστυ ἔξοχος ἐν πάσῃσιν ᾿Αμάζοσιν. ἀμφὶ δὲ Τρῶες πάντοθεν ἐσσύμενοι μέγ᾿ ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο ῎Αρεος ἀκαμάτοιο βαθυκνήμιδα θύγατρα εἰδομένην μακάρεσσιν, ἐπεί ῥά οἱ ἀμφὶ προσώπῳ ἄμφω, σμερδαλέον τε καὶ ἀγλαὸν εἶδος ὀρώρει, μειδιόωσ᾿ ἐρατεινόν, ὑπ᾿ ὀφρύσι δ᾿ ἱμερόεντες ὀφθαλμοὶ μάρμαιρον ἀλίγκιον ἀκτίνεσσιν, αἰδὼς δ᾿ ἀμφερύθηνε παρήια, τῶν δ᾿ ἐφύπερθε θεσπεσίη ἐπέκειτο χάρις καταειμένη ἀλκήν. Λαοὶ δ᾿ ἀμφεγάνυντο καὶ ἀχνύμενοι τὸ πάροιθεν·

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3.2 Text und Übersetzung

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

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Unbemerkt. Jene [Erinnyen] nämlich treiben sich immerzu rings um die Füsse der Frevler herum, und niemandem, der gefrevelt hat, ist es möglich, den Göttinnen zu entrinnen. Mit ihr aber folgten zwölf andere, allesamt erhaben, allesamt begehrend nach Krieg und dem tödlichen Kampf. Diese waren ihre Dienerinnen, wiewohl sie [selber auch] hochberühmt waren. Doch alle überragte bei weitem Penthesileia. So wie wenn am weiten Himmel inmitten der Sterne der göttliche Mond hervorglänzt, hell strahlend unter allen, nachdem der Äther unter den lautbrausenden Wolken sich rings zerrissen hat, wenn die grosse, reissende Gewalt der wehenden Winde zur Ruhe kommt, so ragte diese unter allen [anderen] Herbeieilenden hervor. Dort waren also Klonië, Polemusa, Derinoe, Euandre, Antandre, die göttliche Bremusa sowie auch Hippothoe, und mit dabei [auch] die dunkeläugige Harmothoe, und Alkibië, Antibrote, Derimacheia, zu diesen [allen] hinzu aber [auch noch] Thermodossa, die mit dem Speer gross Triumphierende. Soviele [Frauen] folgten rings um die kriegstüchtige Penthesileia. So wie vom unendlichen Olymp Eos herabsteigt und im Herzen ihre Freude hat an ihren schimmernden Pferden, zusammen mit den flechtenschönen Horen, unter ihnen allen aber, die doch untadelig sind, ragt ihre schillernde Gestalt heraus – so kam Penthesileia zur Troischen Stadt, herausragend unter allen Amazonen. Die Troer aber kamen ringsum von überall herbeigeeilt und bestaunten sie sehr, als sie die tiefgeschiente Tochter des unermüdlichen Ares erblickten, in ihrer Erscheinung den glückseligen [Göttern] gleich, denn ihr regte sich ums Gesicht beides: ein sowohl schreckliches als auch strahlendes Aussehen, und sie lächelte liebreizend, und unter den Augenbrauen funkelten ihre sehnsuchterweckenden Augen, Sonnenstrahlen gleich, und Scham liess ihre Wangen auf beiden Seiten erröten, darüber aber lag eine göttliche Anmut, [zugleich] mit Abwehrkraft angetan. Das Volk aber freute sich ringsum, auch wenn es eben noch besorgt gewesen war,

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες ἀπ᾿ οὔρεος ἀγροιῶται ῏Ιριν ἀνεγρομένην ἐξ εὐρυπόροιο θαλάσσης, ὄμβρου ὅτ᾿ ἰσχανόωσι θεουδέος, ὁππότ᾿ ἀλωαί ἤδη ἀπαυαίνονται ἐελδόμεναι Διὸς ὕδωρ, ὀψὲ δ᾿ ὑπηχλύνθη μέγας οὐρανός, οἱ δ᾿ ἐσιδόντες ἐσθλὸν σῆμ᾿ ἀνέμοιο καὶ ὑετοῦ ἐγγὺς ἐόντος χαίρουσιν, τὸ πάροιθεν ἐπιστενάχοντες ἀρούραις· ὣς ἄρα Τρώιοι υἷες, ὅτ᾿ ἔδρακον ἔνδοθι πάτρης δεινὴν Πενθεσίλειαν ἐπὶ πτόλεμον μεμαυῖαν, γήθεον· ἐλπωρὴ γὰρ ὅτ᾿ ἐς φρένας ἀνδρὸς ἵκηται ἀμφ᾿ ἀγαθοῦ, στονόεσσαν ἀμαλδύνει κακότητα. Τοὔνεκα καὶ Πριάμοιο νόος πολέα στενάχοντος καὶ μέγ᾿ ἀκηχεμένοιο περὶ φρεσὶ τυτθὸν ἰάνθη. ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ ἀλαοῖσιν ἐπ᾿ ὄμμασι πολλὰ μογήσας ἱμείρων ἰδέειν ἱερὸν φάος ἢ θανέεσθαι ἢ πόνῳ ἰητῆρος ἀμύμονος ἠὲ θεοῖο ὄμματ᾿ ἀπαχλύσαντος ἴδῃ φάος ἠριγενείης, οὐ μὲν ὅσον τὸ πάροιθεν, ὅμως δ᾿ ἄρα βαιὸν ἰάνθη πολλῆς ἐκ κακότητος, ἔχει δ᾿ ἔτι πήματος ἄλγος αἰνὸν ὑπὸ βλεφάροισι λελειμμένον· ὣς ἄρα δεινήν υἱὸς Λαομέδοντος ἐσέδρακε Πενθεσίλειαν· παῦρον μὲν γήθησε, τὸ δὲ πλέον εἰσέτι παίδων ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. ῎Αγε δ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ ἄνασσαν, καί μιν προφρονέως τίεν ἔμπεδον, εὖτε θύγατρα τήλοθε νοστήσασαν ἐεικοστῷ λυκάβαντι, καί οἱ δόρπον ἔτευξε πανείδατον, οἷον ἔδουσι κυδάλιμοι βασιλῆες, ὅτ᾿ ἔθνεα δῃώσαντες δαίνυντ᾿ ἐν θαλίῃσιν ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης. δῶρα δέ οἱ πόρε καλὰ καὶ ὄλβια, πολλὰ δ᾿ ὑπέστη

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3.2 Text und Übersetzung

63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

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wie wenn Landmänner, die vom Berg herab Iris aufgehen sehen aus dem breitpfadigen Meer, weil sie nach göttlichem Regen sich sehnen, wenn die Saatfelder schon am Verdorren sind, nach Zeus’ Wasser lechzend, spät aber erst hat sich der weite Himmel allmählich verhüllt, sie aber erblicken das gute Zeichen des Windes und freuen sich, dass der Regenguss schon nahe ist, sie, die vorher noch um die Äcker gestöhnt hatten – so also freuten sich die Söhne Trojas, als sie hier in ihrer Vaterstadt die gewaltige Penthesileia sahen, wie sie nach dem Kriege trachtete. Denn wenn Hoffnung auf etwas Gutes ins Herz eines Mannes gelangt tilgt sie [alsbald] das seufzerreiche Leiden aus. Aus diesem Grund erheiterte sich auch des Priamos’ Sinn, der die Stadt bestöhnte und in seinem Herzen sehr betrübt war, ein wenig. So wie ein Mann, der vieles erduldet um seiner blinden Augen willen und sich danach sehnt, entweder das heilige Licht zu sehen oder aber zu sterben, sei es durch die Anstrengung eines trefflichen Arztes oder auch eines Gottes, der ihm die Dunkelheit von den Augen nimmt, das Licht der Morgenröte [wieder] sieht, zwar nicht nicht so gut wie früher, so freut er sich gleichwohl ein wenig nach einer langen Leidenszeit, doch hat er noch immer den furchtbaren Schmerz des Leides, der unter seinen Augenlidern zurückgeblieben ist – so also erblickte der Sohn des Laomedon die gewaltige Penthesileia. Ein bisschen freute er sich, doch mehr betrübte ihn noch immer der Tod seiner Kinder. Und er führte die Königin in seinen Palast, und er ehrte sie fortwährend mit Beflissenheit, wie eine Tochter, die im zwanzigsten Jahr von weit her heimgekehrt ist, und er rüstete ein reichhaltiges Nachtmahl für sie, wie es die ruhmreichen Könige zu sich nehmen, wenn sie, nachdem sie [feindliche] Völker vernichtet haben, tafeln beim Gelage und sich über den Sieg freuen. Geschenke brachte er ihr dar, schöne und wertvolle, und vieles versprach er ihr

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120

δωσέμεν, ἢν Τρώεσσι δαϊζομένοις ἐπαμύνῃ. ἡ δ᾿ ἄρ᾿ ὑπέσχετο ἔργον ὃ οὔ ποτε θνητὸς ἐώλπει, δῃώσειν ᾿Αχιλῆα καὶ εὐρέα λαὸν ὀλέσσειν ᾿Αργείων, νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι, νηπίη· οὐδέ τι ᾔδη ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα, ὅσσον ὑπέρτατος ἦεν ἐνὶ φθισήνορι χάρμῃ. Τῆς δ᾿ ὡς οὖν ἐπάκουσεν ἐὺς πάις ᾿Ηετίωνος ᾿Ανδρομάχη, μάλα τοῖα φίλῳ προσελέξατο θυμῷ· »῏Α δειλή, τί νυ τόσσα μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις; οὐ γάρ τοι σθένος ἐστὶν ἀταρβέι Πηλείωνι μάρνασθ᾿, ἀλλὰ σοὶ ὦκα φόνον καὶ λοιγὸν ἐφήσει. λευγαλέη, τί μέμηνας ἀνὰ φρένας; ἦ νύ τοι ἄγχι ἕστηκεν Θανάτοιο τέλος καὶ Δαίμονος Αἶσα. ῞Εκτωρ γὰρ σέο πολλὸν ὑπέρτερος ἔπλετο δουρί ἀλλ᾿ ἐδάμη κρατερός περ ἐών, μέγα δ᾿ ἤκαχε Τρῶας οἵ ἑ θεὸν ὣς πάντες ἀνὰ πτόλιν εἰσορόωντο· καί μοι ἔην μέγα κῦδος ἰδ᾿ ἀντιθέοις τοκέεσσι ζωὸς ἐών. ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει, πρίν σφε δι᾿ ἀνθερεῶνος ὑπ᾿ ἔγχεϊ θυμὸν ὀλέσσαι. νῦν δ᾿ ἄρ᾿ ἀάσπετον ἄλγος ὀιζυρῶς ἐσάθρησα, κεῖνον ὅτ᾿ ἀμφὶ πόληα ποδώκεες εἴρυον ἵπποι ἀργαλέως ᾿Αχιλῆος, ὅ μ᾿ ἀνέρος εὖνιν ἔθηκε κουριδίου, τό μοι αἰνὸν ἄχος πέλει ἤματα πάντα.« ῞Ως φάθ᾿ ἑὸν κατὰ θυμὸν ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη μνησαμένη πόσιος· μάλα γὰρ μέγα πένθος ἀέξει ἀνδρὸς ἀποφθιμένοιο σαόφροσι θηλυτέρῃσιν. ᾿Ηέλιος δὲ θοῇσιν ἑλισσόμενος περὶ δίνῃς δύσετ᾿ ἐς ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον, ἄνυτο δ᾿ ἠώς. καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς,

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3.2 Text und Übersetzung

92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120

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[dazu noch] zu geben, wenn sie den Troern, die aufgerieben wurden, zu Hilfe käme. Sie aber versprach sodann eine Tat, auf die niemals ein Sterblicher gehofft hätte: Achilleus niederzumachen und das grosse Heer der Argeier zu vernichten und die Schiffe ins Feuer zu werfen. Die Törichte! Denn sie kannte den lanzenkundigen Achilleus ganz und gar nicht, um wieviel er der überlegenste war in der männermordenden Schlacht Als diese nun Andromache, die gute Tochter Eetions, hörte, da sprach sie gar solche [Worte] in ihrem Herzen: »Ach, Unselige! Was sprichst du solches, hochmütig sinnend? Denn du hast nicht die Kraft, gegen den furchtlosen Peleussohn zu kämpfen, sondern er wird dir alsbald Tod und Verderben bringen. Du Bejammernswerte! Was bist du von Sinnen in deinem Innern? Wahrlich, die Erfüllung des Todes und das Schicksal des Daimon stehen dir nahe bevor. Denn [selbst] Hektor war dir vielfach überlegen mit der Lanze, doch [auch] er wurde bezwungen, so stark er auch war, und es betrübte die Troer sehr, die alle auf ihn wie auf einen Gott schauten rings in der Stadt. Auch mir war er eine grosse Zierde und seinen göttergleichen Eltern, als er [noch] lebte. Ach, hätte mich doch ein Grabhügel zugedeckt, bevor er, von einer Lanze durch den Hals [getroffen], den Lebensatem verlor. Nun aber habe ich den unsäglichen Schmerz gesehen, qualvoll, als ihn die fussschnellen Pferde des Achilleus, der mich meines Ehemannes beraubte, schrecklich um die Stadt herum schleiften. Dieses schlimme Leid verfolgt mich alle Tage.« So sprach sie in ihrem Herzen, die Tochter des Eetion mit den schönen Knöcheln, ihres Gatten gedenkend. Denn gar sehr mehrt sich sittsamen Frauen der Schmerz, wenn ihnen ihr Mann hinweggerafft wurde. Helios aber, sich um seine schnellen Wirbel drehend, tauchte ein in den tiefen Strom des Ozeans, und der Tag ging zu Ende. Und als sie so mit Trank und Speise, der ersehnten, geendet hatten,

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150

δὴ τότε που δμωαὶ στόρεσαν θυμήρεα λέκτρα ἐν Πριάμοιο δόμοισι θρασύφρονι Πενθεσιλείῃ. ἡ δὲ κιοῦσ᾿ εὕδεσκεν, ὕπνος δέ οἱ ὄσσε κάλυψε νήδυμος ἀμφιπεσών. μόλε δ᾿ αἰθέρος ἐξ ὑπάτοιο Παλλάδος ἐννεσίῃσι μένος δολόεντος ᾿Ονείρου, ὅππως μιν λεύσσουσα κακὸν Τρώεσσι γένηται οἷ τ᾿ αὐτῇ, μεμαυῖα ποτὶ πτολέμοιο φάλαγγας. καὶ τὰ μὲν ὣς ὥρμαινε δαΐφρων Τριτογένεια· τῇ δ᾿ ἄρα λυγρὸς ῎Ονειρος ἐφίστατο πατρὶ ἐοικώς, καί μιν ἐποτρύνεσκε ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος θαρσαλέως μάρνασθαι ἐναντίον. ἡ δ᾿ ἀίουσα γήθεεν ἐν φρεσὶ πάμπαν· ὀίσατο γὰρ μέγα ἔργον ἐκτελέσειν αὐτῆμαρ ἀνὰ μόθον ὀκρυόεντα, νηπίη, ἥ ῥ᾿ ἐπίθησεν ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ ἑσπερίῳ, ὃς φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων θέλγει γ᾿ ἐν λεχέεσσιν, ἄδην ἐπικέρτομα βάζων, ὅς μιν ἄρ᾿ ἐξαπάφησεν ἐποτρύνων πονέεσθαι. ᾿Αλλ᾿ ὅτε δή ῥ᾿ ἐπόρουσε ῥοδόσφυρος ᾿Ηριγένεια, δὴ τότε Πενθεσίλεια μέγ᾿ ἐνθεμένη φρεσὶ κάρτος ἐξ εὐνῆς ἀνέπαλτο καὶ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε τεύχεα δαιδαλόεντα, τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης. πρῶτα μὲν ἂρ κνήμῃσιν ἐπ᾿ ἀργυφέῃσιν ἔθηκε κνημῖδας χρυσέας αἵ οἱ ἔσαν εὖ ἀραρυῖαι· ἕσσατο δ᾿ αὖ θώρηκα παναίολον· ἀμφὶ δ᾿ ἄρ᾿ ὤμοις θήκατο κυδιόωσα μέγα ξίφος ᾧ πέρι πάντῃ κουλεὸς εὖ ἤσκητο δι᾿ ἀργύρου ἠδ᾿ ἐλέφαντος· ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ ἀσπίδα δῖαν ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης, ἥ θ᾿ ὑπὲρ ᾿Ωκεανοῖο βαθυρρόου ἀντέλλῃσιν ἥμισυ πεπληθυῖα περὶ γναμπτῇσι κεραίῃς· τοίη μαρμαίρεσκεν ἀάσπετον· ἀμφὶ δὲ κρατί

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3.2 Text und Übersetzung

121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150

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da bereiteten die Dienerinnen ein herzerfreuendes Lager im Palast des Priamos für die kühn gesinnte Penthesileia. Und sie ging hin und schlief, und ein erquickender Schlaf umfing sie und bedeckte ihr die Augen. Es kam aber aus dem obersten Äther auf Pallas’ Weisung ein trügerischer Traum, damit, wenn [Penthesileia] ihn erblickte, sie den Troern zum Verderben würde und sich selbst, wenn sie nach den Schlachtreihen des Krieges strebte. Und so dachte sie darüber nach, die kriegskluge Tritogeneia; ihr aber erschien also ein verderbenbringender Traum, ihrem Vater gleichend, und er trieb sie an, gegen den fussstarken Achilleus beherzt zu kämpfen, von Angesicht zu Angesicht. Als sie [den Vater] hörte, freute sie sich im Herzen gar sehr. Sie glaubte nämlich, eine grossartige Tat noch am selben Tag zu vollbringen im grausigen Schlachtgetümmel, die Törichte, die dem nächtlichen Unglückstraum vertraute, der die Völker der vielduldenden Menschen berückt in ihren Betten, indem er ihnen unablässig Törichtes vorschwatzt. Dieser also täuschte sie, indem er sie zu kämpfen antrieb. Doch als nun die rosenknöchlige Frühgeborene herbeieilte, da legte sich Penthesileia viel Kraft in ihren Sinn und sprang aus dem Bette auf, und um ihre Schultern tauchte sie ihre kunstvoll gearbeitete Rüstung, die ihr der Gott Ares gegeben hatte. Zuerst legte sie auf ihre weissschimmernden Waden goldene Beinschienen, die ihr gut gefügt waren; dann zog sie den allschimmernden Brustpanzer an; um die Schultern aber legte sie [siegesgewiss] prangend ihr grosses Schwert, um welches rundherum eine Scheide aus Silber und Elfenbein schön gefügt war. Und sie hob den Schild auf, den göttlichen, der Sichel des Mondes ähnlich, welcher über dem tieffliessenden Ozean aufgeht, halbvoll, mit ringsum gekrümmten Hörnern – so unsagbar [schön] glänzte er. Und aufs Haupt

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181

θῆκε κόρυν κομόωσαν ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν. ὣς ἡ μὲν μορόεντα περὶ χροῒ θήκατο τεύχη· ἀστεροπῇ δ᾿ ἀτάλαντος ἐείδετο, τὴν ἀπ᾿ ᾿Ολύμπου ἐς γαῖαν προΐησι Διὸς μένος ἀκαμάτοιο δεικνὺς ἀνθρώποισι μένος βαρυηχέος ὄμβρου ἠὲ πολυρροίζων ἀνέμων ἄλληκτον ἰωήν. αὐτίκα δ᾿ ἐγκονέουσα δι᾿ ἐκ μεγάροιο νέεσθαι δοιοὺς εἵλετ᾿ ἄκοντας ὑπ᾿ ἀσπίδα, δεξιτερῇ δέ ἀμφίτυπον βουπλῆγα τόν οἱ ῎Ερις ὤπασε δεινή θυμοβόρου πολέμοιο πελώριον ἔμμεναι ἄλκαρ. Τῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα τάχ᾿ ἤλυθεν ἔκτοθι πύργων Τρῶας ἐποτρύνουσα μάχην ἐς κυδιάνειραν ἐλθέμεναι· τοὶ δ᾿ ὦκα συναγρόμενοι πεπίθοντο ἄνδρες ἀριστῆες, καί περ πάρος οὐκ ἐθέλοντες στήμεναι ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος· ὁ γὰρ περιδάμνατο πάντας. ἡ δ᾿ ἄρα κυδιάασκεν ἀάσχετον· ἕζετο δ᾿ ἵππῳ καλῷ τ᾿ ὠκυτάτῳ τε τόν οἱ ἄλοχος Βορέαο ὤπασεν ᾿Ωρείθυια πάρος Θρῄκηνδε κιοῦσα ξείνιον, ὅς τε θοῇσι μετέπρεπεν ῾Αρπυίῃσι· τῷ ῥα τόθ᾿ ἑζομένη λίπεν ἄστεος αἰπὰ μέλαθρα ἐσθλὴ Πενθεσίλεια· λυγραὶ δέ μιν ὀτρύνεσκον Κῆρες ὁμῶς πρώτην τε καὶ ὑστατίην ἐπὶ δῆριν ἐλθέμεν· ἀμφὶ δὲ Τρῶες ἀνοστήτοισι πόδεσσι πολλοὶ ἕποντ᾿ ἐπὶ δῆριν ἀναιδέα τλήμονι κούρῃ ἰλαδόν, ἠύτε μῆλα μετὰ κτίλον, ὅς θ᾿ ἅμα πάντων νισσομένων προθέῃσι δαημοσύνῃσι νομῆος· ὣς ἄρα τῇ γ᾿ ἐφέποντο βίῃ μέγα μαιμώωντες Τρῶες ἐυσθενέες καὶ ᾿Αμαζόνες ὀβριμόθυμοι. ἡ δ᾿ οἵη Τριτωνίς, ὅτ᾿ ἤλυθεν ἄντα Γιγάντων, ἢ ῎Ερις ἐγρεκύδοιμος ἀνὰ στρατὸν ἀίσσουσα, τοίη ἐνὶ Τρώεσσι θοὴ πέλε Πενθεσίλεια·

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3.2 Text und Übersetzung

151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181

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setzte sie den Helm, den mit goldenen Rosshaarbüscheln lang wallenden. So legte sie sich die kunstvoll gearbeitete, schimmernde, todbringende Rüstung rings um den Leib; und sie sah aus gleich wie ein Blitzstrahl, den vom Olymp der unermüdliche, kraftvolle Zeus zur Erde hinabwirft, wenn er den Menschen die Gewalt des schwerdröhnenden Regens zeigt und das vielzischende Brausen der lautpfeifenden Winde. Und sogleich beeilte sie sich, aus der Halle herauszugelangen, und nahm zwei Speere unter den Schild, mit der Rechten aber eine zweischneidige Axt, die ihr die schreckliche Eris gegeben hatte, eine mächtige Schutzwehr zu sein im Krieg, der das Innerste verzehrt. Und darin frohlockend, ging sie rasch aus den Mauern hinaus und trieb die Troer an, in die männerehrende Schlacht zu gehen. Und diese versammelten sich schnell und gehorchten ihr, die besten Männer, auch wenn sie sich zuvor nicht gegen Achilleus hatten stellen wollen. Denn dieser bezwang ausnahmslos alle. Sie aber triumphierte unaufhaltsam: Sie setzte sich auf ihr Pferd, ihr schönes und blitzschnelles, das ihr Oreithyia gegeben hatte als Gastgeschenk, als [diese] einst als Gattin des Boreas nach Thrakien kam; und es ragte [sogar] unter den schnellen Harpyien hervor: So also setzte sie sich auf dieses [Pferd] und verliess die steil abfallenden Häuser der Stadt, die treffliche Penthesileia. Und die verderbenbringenden Keren trieben sie an, zu ihrem zugleich ersten wie auch letzten Kampf zu gehen. Und zu Fuss folgten ringsherum viele Troer, [denen] keine Heimkehr [beschieden ward,] der Jungfrau, der verwegen-unglückseligen, in den zügellosen Kampf, in Scharen, wie Schafe hinter dem Widder, der, wenn alle zusammen heimkehren, vorauseilt unter der kundigen Führung eines Hirten. So also folgten ihr, gar begierig vor [lauter] Kraft, die starken Troer und die ungestüm gesinnten Amazonen. Sie aber: wie Tritonis, als [diese] gegen die Giganten zog, oder wie Eris, die Schlachtgetümmel Erregende, wenn sie durchs Heer stürmt, so war sie unter den Troern, die hurtige Penthesileia.

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212

Καὶ τότε δὴ Κρονίωνι πολυτλήτους ἀναείρας χεῖρας Λαομέδοντος ἐὺς γόνος ἀφνειοῖο εὔχετ᾿ ἐς ἱερὸν ἠὺ τετραμμένος ᾿Ιδαίοιο Ζηνὸς ὃς ῎Ιλιον αἰὲν ἑοῖς ἐπιδέρκεται ὄσσοις· »Κλῦθι, πάτερ, καὶ λαὸν ᾿Αχαϊκὸν ἤματι τῷδε δὸς πεσέειν ὑπὸ χερσὶν ᾿Αρηιάδος βασιλείης, καὶ δή μιν παλίνορσον ἐμὸν ποτὶ δῶμα σάωσον ἁζόμενος τεὸν υἷα πελώριον ὄβριμον ῎Αρην αὐτήν θ᾿, οὕνεκ᾿ ἔοικεν ἐπουρανίῃσι θεῇσιν ἐκπάγλως καὶ σεῖο θεοῦ γένος ἐστὶ γενέθλης. αἴδεσσαι δ᾿ ἐμὸν ἦτορ, ἐπεὶ κακὰ πολλὰ τέτληκα παίδων ὀλλυμένων οὕς μοι περὶ Κῆρες ἔμαρψαν ᾿Αργείων παλάμῃσι κατὰ στόμα δηιοτῆτος· αἴδεο δ᾿, ἕως ἔτι παῦροι ἀφ᾿ αἵματός εἰμεν ἀγαυοῦ Δαρδάνου, ἕως ἀδάικτος ἔτι πτόλις, ὄφρα καὶ ἡμεῖς ἐκ φόνου ἀργαλέοιο καὶ ῎Αρεος ἀμπνεύσωμεν.« ἦ ῥα μέγ᾿ εὐχόμενος· τῷ δ᾿ αἰετὸς ὀξὺ κεκληγώς ἤδη ἀποπνείουσαν ἔχων ὀνύχεσσι πέλειαν ἐσσυμένως οἴμησεν ἀριστερός· ἀμφὶ δὲ θυμῷ τάρβησεν Πριάμοιο νόος, φάτο δ᾿ οὐκέτ᾿ ἀθρήσειν ζωὴν Πενθεσίλειαν ἀπὸ πτολέμοιο κιοῦσαν. καὶ τὸ μὲν ὣς ἤμελλον ἐτήτυμον ἤματι κείνῳ Κῆρες ὑπεκτελέειν· ὁ δ᾿ ἄρ᾿ ἄχνυτο θυμὸν ἐαγώς. ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο Τρῶας ἐπεσσυμένους καὶ ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν, τοὺς μὲν δὴ θήρεσσιν ἐοικότας, οἵ τ᾿ ἐν ὄρεσσι ποίμνῃς εἰροπόκοισι φόνον στονόεντα φέρουσι, τὴν δὲ πυρὸς ῥιπῇ ἐναλίγκιον, ἥ τ᾿ ἐπὶ θάμνοις μαίνεται ἀζαλέοισιν ἐπειγομένου ἀνέμοιο. καί τις ἅμ᾿ ἀγρομένοισιν ἔπος ποτὶ τοῖον ἔειπε· »Τίς δὴ Τρῶας ἄγειρε μεθ᾿ ῞Εκτορα δῃωθέντα,

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3.2 Text und Übersetzung

182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212

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Und da betete zum Sohn des Kronos, seine vielduldenden Hände erhebend, der edle Spross des wohlhabenden Laomedon, zum schönen Heiligtum des Idäischen Zeus gewandt, der immerzu mit seinen Augen auf Ilion herabblickt: »Erhöre mich, Vater, und gib, dass das Achaiische Heer am heutigen Tage von den Händen der Königin, der Arestochter, fällt, und bewahre sie, auf dass sie wieder zu meinem Hause zurückkehre, aus Ehrfucht vor deinem Sohn Ares, dem gewaltigen, ungeheuren, und auch vor ihr selbst, weil sie den himmlischen Göttinnen ganz ausserordentlich gleicht und ein Spross deines Göttergeschlechts ist. Und habe Achtung vor meinem Herzen, da ich viele Übel erlitten habe, da meine Söhne getötet wurden, die mir die Keren rings entrissen haben mit den Händen der Argeier an der verschlingenden Front des Gefechts. Und zeige deine Achtung, solange wir noch einige wenige übrig sind von dem Blute des erlauchten Dardanos, solange die Stadt noch unzerstört, damit auch wir von dem schmerzlichen Morden und von Ares, vom Krieg, aufatmen [können].« So also sprach er, mit Inbrunst betend. Doch auf ihn stürzte ein Adler los, schrill kreischend, eine Taube, die schon den Geist aushauchte, in den Fängen haltend, stürmisch – von links! Und rings in seinem Innern verzagte Priamos’ Herz, und er wähnte, dass er Penthesileia nicht mehr lebend sehen würde, wie sie aus dem Kriege heimkäme. Und dies sollten die Keren wahrhaftig noch an jenem Tage erfüllen. Er aber grämte sich gebrochenen Herzens. Die Argeier aber staunten aus der Ferne, als sie die Troer herandringen sahen und die Arestochter Penthesileia – jene wilden Tieren gleichend, die im Gebirge den wolligen Schafherden den seufzerreichen Tod bringen, sie aber der Gewalt eines Feuers gleich, das über den Büschen, den ausgedorrten, wütet, wenn der Wind heranstürmt. Und manch einer sprach unter den Versammelten ein solches Wort: »Wer versammelt denn [nun wieder] die Troer nach dem Tode Hektors,

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3. Text und Übersetzung der Verse 1–219

213 214 215 216 217 218 219

οὓς φάμεν οὐκέτι νῶιν ὑπαντιάσειν μεμαῶτας; νῦν δ᾿ ἄφαρ ἀίσσουσι λιλαιόμενοι μέγα χάρμης. καί νύ τις ἐν μέσσοισιν ἐποτρύνει πονέεσθαι· φαίης κεν θεὸν ἔμμεν, ἐπεὶ μέγα μήδεται ἔργον. ἀλλ᾿ ἄγε, θάρσος ἄατον ἐνὶ στέρνοισι βαλόντες ἀλκῆς μνησώμεσθα δαΐφρονος· οὐδὲ γὰρ ἡμεῖς νόσφι θεῶν Τρώεσσι μαχησόμεθ᾿ ἤματι τῷδε.«

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3.2 Text und Übersetzung

213 214 215 216 217 218 219

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nachdem wir doch wähnten, dass sie uns nicht mehr entgegenzutreten trachteten? Doch nun plötzlich stürmen sie herbei in grosser Kampfesbegierde. Und jemand in ihrer Mitte spornt sie nun an, sich [im Kampfe] abzumühen – man dürfte wohl meinen, es sei ein Gott, da er eine grosse Tat ersinnt. Doch wohlan! Kommt! Werfen wir unersättlichen Mut in unsere Brust und besinnen wir uns auf unsere kriegskundige Wehrkraft! Denn auch wir werden am heutigen Tage nicht ohne [die Hilfe] der Götter gegen die Troer kämpfen.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

»I make no apology for the flood of statistical facts. There is no other way of establishing beyond question what we want to know.« Page (1959) 239.

Methodische Vorbemerkungen Vorgehen bei der Zitation von statistischem Material Statistische Angaben zum Vorkommen bestimmter Wörter, Formen und Wortverbindungen erscheinen i.d.R. zu Beginn eines Lemmas im Petitdruck. Grundsätzlich immer angegeben werden die Frequenzen bei: Homer (Il.; Od.) – homerische Hymnen (h.h.) – Hesiod (Th.; Erga; [Scut.]; fr.) – Apollonios Rhodios – Quintus – Nonnos (Dion.; Par.) – visio Dorothei. Weitere epische (zuweilen auch andere poetische oder prosaische) Autoren und Werke werden angegeben, wo dies sachdienlich scheint (z.B. bei besonders hoher Frequenz eines Wortes [etc.] bei einem bestimmten Autor oder bei einer kleinen, überschaubaren Gesamtbeleglage eines Wortes [etc.]). Erschöpfende statistische Angaben sind mit dem Symbol  ausgewiesen. Frequenzen bis zu 4x bei einem Autor / Werk werden mit den genauen Stellenangaben ausgewiesen (z.B.: θρασύφρων Opp. hal. 1,112 – Opp. cyn. 3,51 und 296 – 15x Q.S.). Allfällige weitere formale Angaben, z.B. zur sedes eines Wortes im Hexameter, stehen ebenfalls im Petitdruck im Anschluss an die Frequenzangaben. Zur Zitierweise Abkürzungen antiker Autoren und Werke richten sich nach dem Zitierschlüssel in DNP; wo DNP keine Lösung bietet, nach LSJ oder DGE.

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Methodische Vorbemerkungen

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Wo es sachdienlich erscheint, wird zuweilen ad hoc auch von diesen Zitiervorgaben abgewichen (z.B. wird bei sehr entlegenen Autoren und Werken im Sinne der Verständlichkeit auf Abkürzungen verzichtet). Man beachte insbesondere: A.R. = Apollonios Rhodios, Argonautica; Q.S. = Quintus Smyrnaeus, Posthomerica. Zitiergrundlagen für häufig zitierte Autoren / Werke: Anthologia Graeca: Beckby (21965) – Anth. Gr. Appendix: Cougny (1927) – Apollodor, Bibliotheke: Dräger (2005) – Apollonios Rhodios, Argonautica: Vian / Delage (1976; 1980; 1981) bzw. Dräger (2002) – Eudocia, Homerocentones: Schembra (2007) – Hesiod: Solmsen / Merkelbach / West (31990) – homerische Hymnen: Allen (1912) – Ilias: van Thiel (1996) – Ilias, Scholia vetera: Erbse (1969–1988) – Kallimachos: Asper (2004) – Kolluthos: Schönberger (1993) – Manethon(ia): Köchly (1858) – Moschos, Europa: Bühler (1960) – Musaios, Hero und Leander: Kost (1971) – Nonnos, Dionysiaca: Vian et al. (1976–2003) – Nonnos, Paraphrasis: Scheindler (1881) – Odyssee: van Thiel (1991) – Oppian, Cynegetica: Papathomopoulos (2003) – Oppian, Halieutica: Fajen (1999) – Quintus Smyrnaeus, Posthomerica: Pompella (2002) – Theokrit: Gow (1950) – Tzetzes, Antehomerica, Homerica, Posthomerica: Bekker (1816) – Vergil: Mynors (1969) – visio Dorothei: Kessels / van der Horst (1987). In allen anderen Fällen wird i.d.R. nach der neuesten kritischen Ausgabe zitiert (vgl. auch die Bibliographie). Originalzitate und Übersetzungen Griechische und lateinische Zitate werden i.d.R. übersetzt. Wo nicht anders angegeben, stammen die Übersetzungen von mir. Ergänzungen in Übersetzungen, die für das Verständnis und / oder die grammatische Richtigkeit des deutschen Ausdrucks vonnöten sind, stehen in eckigen Klammern.

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Verse 1–17: Anknüpfung der Erzählung an den Schluss der Ilias363 Seit Ilias und Odyssee und somit seit Anbeginn der griechischen Literatur gehört es zum festen Bestandteil eines Epos, dass dieses vom epischen ›Ich‹ mit einem kurzen Abschnitt eingeleitet wird, in welchem einerseits eine Göttin bzw. Muse oder auch kollektiv die Musen angerufen und um Inspiration gebeten werden und andererseits die anschliessende Erzählung thematisch umrissen wird; vgl. Il. 1,1 μῆνιν ἄειδε, θεά, Πηληι άδεω ᾿Αχιλῆος »den Groll besinge, Göttin, des Peleussohnes Achilleus«; Od. 1,1 ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον »den Mann nenne mir, Muse, den vielgewandten«.364 Dafür wird in der modernen Forschung zusammenfassend der aus der antiken Rhetorik entlehnte Begriff ›Proömium‹ verwendet.365 Bei den griechischen und lateinischen Epikern nach Homer und Hesiod ist ein stetiges Bemühen zu erkennen, die genannten proömialen Elemente zu variieren, zu individualisieren und somit jeweils neu zu beleben.366 Dabei ist jedoch festzustellen, dass ein Proömium bzw. proömiale Elemente zu Werkbeginn selten völlig aufgegeben werden; wo dies doch der Fall ist – etwa bei Nikander, Dionysios Periegetes oder dem älteren Oppian –, haben wir es mit hexametrischen Texten zu tun, welche nicht mythischen Inhalts sind, d.h. rein menschliches Wissen zum Gegenstand haben und deshalb, so die antike Vorstellung, nicht zwingend eine göttliche Inspiration benötigen.367 363 Die nachstehenden Ausführungen beruhen zu weiten Teilen auf Bär (2007) 29–40. Einige Aspekte und Beobachtungen sind ergänzend hinzugekommen; die Ausführungen zum literaturgeschichtlichen Hintergrund von Musenanruf und Proömium sind dagegen knapp gehalten, vgl. dazu ausführlicher Bär (2007) 29–31 (mit weiterführender Literatur). – Christoph Riedweg und Manuel Baumbach sei für zahlreiche wertvolle Hinweise zur Mikrostruktur dieser Verse herzlich gedankt. 364 In beiden Epen ist das erste Wort Thema, Titel und Programm; vgl. Klotz (1965) 14: »Der grammatische Kasus macht den Zorn und den Mann zum greifbaren Objekt der Erzählinstanz, zum betroffenen Gegenstand der Erzählung. Sie werden buchstäblich ›akkusativ‹ vors Tribunal der epischen Veranstaltung zitiert, zunächst nur lapidar und namentlich – dann erst, im Lauf des erzählerischen Prozesses, wird die Geschichte in aller sinnlichen Ausführlichkeit entwickelt.« 365 Das Wort προο ίμιον ist bei Pindar zum ersten Mal belegt (Nem. 2,3) und seit Aristoteles Bestandteil der rhetorischen Theorie (vgl. Rhet. 1414b). Nebst seiner Funktion als t.t. für die Einleitung von Epen ist auch der Begriff προοίμιον als Gattungsbezeichnung für die homerischen Hymnen nicht zu vergessen (vgl. Thuk. 3,104). – Proömien, die inmitten eines Werks stehen, werden i.d.R. ›Binnenproömien‹ genannt; in Analogie dazu verwende ich den Begriff ›Initialproömium‹ für Proömien zu Werkbeginn (vgl. Bär [2007] 30 Anm. 11). 366 Vgl. dazu Koster (1970) 151–158 und Bär (2007) 30f.; ferner Art. »Musenanruf« in: DNP 8 (2000) 514f. (Ulrich Schmitzer). 367 Vgl. dazu z.B. Serv. Verg. Aen. 1,8: sane observandum est, ut non in omnibus carminibus numen aliquod invocetur, nisi cum aliquid ultra humanam possibilitatem requirimus. »Es ist

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Kommentar zu den Versen 1–17

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Die Tatsache, dass Quintus auf Musenanruf und Proömium zu Beginn seiner Posthomerica verzichtet, ist somit auffällig und erklärungsbedürftig. Traditionellerweise hat man dies als Beweis dafür gedeutet, dass Quintus ›bloss‹ ein Epos in direktem Anschluss an die Ilias verfassen wollte;368 von da aus war der Vorwurf des Epigonentums und der mangelnden Originalität dann nicht mehr weit.369 Eine modernere Auffassung schreibt den Eingangsversen zwar einen ›gewissen‹ proömialen Charakter zu, versteht das Ganze aber trotzdem als lückenlosen Anschluss an die Ilias.370 Eine völlig gegenteilige Ansicht vertritt schliesslich Appel: Fussend auf der spekulativen Ansicht, die Posthomerica stellten eine Kompilation ursprünglich autonomer Gesänge dar und seien erst zu einem späteren Zeitpunkt von Quintus zu einem Gesamtepos zusammengefügt worden (sog. ›Einzelliedertheorie‹), glaubt er, unser Dichter habe gar keinen Anschluss an die Ilias bezweckt und genau darum auf ein Proömium verzichtet.371 Allen diesen Ansätzen ist gemein, dass sie auf der Prämisse einer monokausalen Erklärung beruhen: Entweder habe Quintus den direkten (= ›unkreativen‹) Anschluss an Homer gesucht – oder eben nicht. Meines Erachtens sind jedoch beide Deutungsmuster im Sinne einer adäquaten Textinterpretation miteinander in Einklang zu bringen: Aus narratologischer Sicht handelt es sich um einen sog. »etischen« Textbeginn, d.h. einen Lektüreeinstieg, der davon ausgeht bzw. suggeriert, dass sich der Leser im Referenzfeld des Texts bereits auskennt, wodurch von Beginn weg ein implizites ›wir-Gefühl‹ zwischen Rezipient und Text (bzw. Erzähler) zustande kommt.372 Gleichwohl lässt sich die Auffassung, freilich zu beachten, dass nicht in allen Gedichten irgendeine Gottheit angerufen werden soll, ausser wenn wir etwas jenseits menschlicher Möglichkeiten suchen.« – Vgl. auch Koster (1970) 153–155. 368 Vgl. z.B. Keydell (1963) 1273: »Qu[intus] wollte ein Epos schreiben, das die Lücke zwischen Ilias und Odyssee ausfüllte; das wird dadurch deutlich, daß er auf ein Prooemium verzichtet hat.«; Winkler (1875) 4: »Ist ja doch sein Werk nichts anderes als eine Fortsetzung der Iliade Homers, wie schon die ersten, jeder Einleitung entbehrenden Zeilen der Gedichte beweisen können, in welchen die Ereignisse des troianischen Krieges von Hektors Tode angefangen bis zur Heimfahrt der Griechen erzählt werden […]« 369 Zu den Negativurteilen der modernen Forschung über Q.S. vgl. Kap. 1.2.4. 370 Vgl. z.B. Schenk (1997) 377: »Die Passage hat trotz ihres erzählerischen Charakters die Funktion eines Proömiums, das der Grundlegung des eigenen Ansatzes dient. Der direkte Anschluß an das Ende des 24. Iliasgesangs exponiert die Posthomerica als Fortsetzung des homerischen Epos.« Ähnlich schon, doch noch vager, Vian (1963) 3: »Préambule […] servant de transition avec l’Iliade et d’introduction générale.« 371 So Appel (1994c) 6: »Wenn Quintus an eine unmittelbare Anknüpfung an die Ilias gedacht hätte, wäre es ihm leicht gewesen, das besser zu handhaben. Es hätte genügt, eine kleine Änderung in den vorhandenen Text ei[n]zuführen, um ein solches Ziel gut zu erreichen.« – Eine kritische Auseinandersetzung mit Appels Thesen bietet Schenk (1997) 365 Anm. 5 und 377 Anm. 25. 372 Dagegen sind die Anfänge von Ilias und Odyssee tendenziell stärker »emisch« geprägt, d.h. sie führen den Leser ›systematisch(er)‹ in die Voraussetzungen des Texts ein, indem sie die Ur-

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Quintus stürze sich, da er auf ein Proömium verzichte, schon mit dem ersten Satz in medias res und fahre in der Erzählung der Geschehnisse in unmittelbarem Anschluss an das Ende der Ilias fort,373 in dieser Form nicht aufrechterhalten. Genau genommen beginnt die Fortsetzung der Ilias erst mit Vers 18, während die Verse 1–17 noch ganz dem iliadischen Geschehen verpflichtet sind: Auf die Eingangsverse (1–4), welche eine allgemeine thematische Situierung mit Worten zur troischen Befindlichkeit verbinden, folgt ein Gleichnis, in dem die Troer mit flüchtenden Rindern und Hektor mit einem wütenden Löwen verglichen werden (5–8). Die folgenden Verse (9–14) jedoch, eingerahmt durch zwei participia coniuncta (9: μνησά μενοι; 15: μνησθέντες), überführen die anfänglich rein etische Te xteröffnung in eine stärker emisch geprägte, indem sie gedanklich (d.h. in der Erinnerung der Troer) Höhepunkt und Schluss der Ilias-Handlung, d.h. Achilleus’ grausames Wüten am Idagebirge, am Fluss Skamander und auf dem Meer sowie Hektors Tötung und Schleifung rekapitulieren. Die abschliessenden drei Verse (15–17) führen sodann den Kausalzusammenhang zwischen der Furcht der Troer und ihrem Verbleiben innerhalb der Mauern Ilions noch einmal vor Augen und bieten gleichzeitig einen kurzen Ausblick (> Prolepse) auf das τέλος des ganzen Epos: die unabwendbare Zerstörung Trojas. Insbesondere der die ›Einleitung‹ beschliessende Vers 17 (mit dem Städtenamen Τροίης in prägnanter Endposition) deutet das tragische Ende des Krieges bereits voraus. Auf sprachlicher Ebene werden zentrale Schlüsselbegriffe – der bezwungene Hektor, das verzehrende Feuer, das Verbleiben der Troer in der Stadt sowie ihre quälenden Erinnerungen – innerhalb des Einleitungsteils wiederholt und geben diesem somit einen kompositionellen Rahmen:374 1,1 δάμη […] ῞Εκτωρ

~ 1,12 ῞Εκτορα […] ἐδάμασσε

1,2 πυρή

~ 1,17 πυρί

1,3 ἔμιμνον ἀνὰ Πριάμοιο πόληα

~ 1,15 ἀνὰ πτολίεθρον ἔμιμνον

1,9 μνησάμενοι

~ 1,15 μνησθέντες

sache der μῆνις bzw. die Abenteuer und Taten des ἀνήρ in den wichtigsten Zügen umreissen (Il. 1,1ff. μῆνιν ἄειδε […] / […] ἣ μυρί᾿ ᾿Αχαιοῖς ἄλγε᾿ ἔθηκε κτλ.; Od. 1,1ff. ἄνδρα μοι ἔννεπε […] ὃς μάλα πολλά / πλάγχθη κτλ.) und somit ahnungslosen Lesern die wichtigsten Pflöcke zur Orientierung einschlagen. – Zur Unterscheidung in »etische« und »emische« Textanfänge vgl. Harweg (21979) 152–172. 373 So bspw. Bates (1931) 2: »The poet loses no time, but plunges at once into his narrative.« 374 Man beachte auch die stilistische Gestaltung des kompositionellen Rahmens: chiastische Anordnung an zwei Stellen: 1,1 δ άμη […] ῞Εκτωρ – 1,12 ῞Εκτορα […] ἐδάμασσε sowie 1,3 ἔμιμνον ἀνὰ Πρι άμοιο π όληα – 1,15 ἀνὰ πτολ ίεθρον ἔμιμνον; ferner Variation der Diathese: 1,1 δάμη – 1,12 ἐδάμασσε sowie 1,9 μνησάμενοι – 1,15 μνησθέντες.

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Kommentar zu den Versen 1–17

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Ferner ist zu bemerken, dass Τροίης am Versende in 1,17 mit ῞Εκτωρ am Versende in 1,1 korrespondiert – indem die beiden Namen im ersten bzw. letzten Teil der ›Einleitung‹ parallelisiert werden, wird Hektors Tod symptomatisch für den bevorstehenden Untergang der ganzen Stadt. Das persönliche Schicksal des grössten troischen Helden präfiguriert das kollektive Schicksal ganz Trojas, es hat – narratologisch gesprochen – die Funktion einer mise-en-abyme. Ähnliches gilt für das Motiv des Feuers in der Einleitung: πυρί in 1,17 bezieht sich auf die Zerstörung Trojas durch das Feuer, πυρή in 1,2 auf den Scheiterhaufen, auf dem Hektor verbrannt wurde. Die ersten 17 Verse der Posthomerica stellen also eine Art ›Ilias in Miniatur-Format‹ dar, wobei die Rekapitulation des iliadischen Geschehens nicht in einer simplen Zusammenfassung vorgenommen, sondern unter Beibehaltung der erzählten Zeit in das Innere der Figuren, der troischen Männer und Frauen, verlegt wird. Quintus gelingt es somit, denjenigen Punkt auf der Zeitachse, von dem aus er seine eigene Erzählung beginnen und fortsetzen will, zu fokussieren und gleichzeitig dennoch auf die davor liegenden Ereignisse zurückzugreifen, ohne dass er dabei in der Erzählung als solcher zurückspringen muss. Somit erreicht der Dichter zweierlei: Einerseits kann er unmittelbar an das Ende der Ilias anknüpfen und von da aus weiterfahren – die Posthomerica stellen also, so besehen, tatsächlich einen direkten Anschluss an ihr homerisches Vorbild dar. Andererseits kann er die narrative Technik der Rückblende, die ja in Ilias und Odyssee so meisterhaft gehandhabt wird, gleich zu Beginn anwenden und somit nicht zuletzt auch sein Können als ›Homeride‹ unter Beweis stellen. Zugleich gelingt es ihm, auf einem Tableau von 17 Versen die momentane Stimmung eindringlich zu schildern sowie den dramatischen Höhepunkt des Vorgängerepos noch einmal deutlich zu evozieren. Somit macht Quintus nicht bloss die vorliegende Situierung des Geschehens unmissverständlich klar, sondern er versetzt den Leser auch in die dafür passende emotionale Lage. Entsprechend wirkungsvoll ist dann der Fortgang des Geschehens, der in Vers 18 einsetzt: Der plötzliche, unerwartete Auftritt der Amazonenkönigin Penthesileia wirkt wie eine Götterepiphanie, ihr unvermutetes Erscheinen in der verzweifelten, ausweglosen Situation wie ein lichter Hoffnungsschimmer am trüben Horizont. Indem Quintus in den ersten 17 Versen die vergangenen Heldentaten des Achilleus in den Mittelpunkt stellt, findet jedoch nicht bloss eine Analepse auf die Ilias statt, sondern es wird eine Inhaltsangabe bezüglich des Folgenden (> Prolepse), welche für ein Proömium zu erwarten wäre, indirekt dennoch vorgenommen. Im weiteren Verlauf des Epos wird nämlich klar, dass Achilleus und seine Heldentaten bis zu seinem Tod und in einem gewissen Sinne auch noch danach im Mittelpunkt stehen: Nach zwei weiteren grossen Aristien gegen Penthesileia und Memnon (Bücher 1 und 2), welche

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seine iliadische Aristie gegen Hektor fortsetzen, nach seinem Tod (Buch 3), nach den für ihn veranstalteten Leichenspielen (Buch 4) und nach dem Streit zwischen Odysseus und Aias um seine Waffen (Buch 5) setzt sein Sohn Neoptolemos das Erbe des Vaters im Kampf gegen den letzten bedeutenden Troerhelden Eurypylos fort (Bücher 6–8). Danach nimmt Neoptolemos’ Bedeutung zwar zeitweilig ab (u.a. zugunsten Philoktets in den Büchern 9 und 10), er bleibt aber nach wie vor als wichtiger griechischer Held grundsätzlich präsent. In Buch 14 erscheint sodann Achilleus noch einmal persönlich, und zwar nunmehr (und somit umso wirkungsvoller und theatralischer) als Toter dem Neoptolemos im Traum, um in einem langen Monolog Polyxenas Opferung zu fordern (Q.S. 14,185–222). Somit ist also Achilleus (direkt oder indirekt) über weite Teile der Posthomerica sehr präsent und zentral, auch über seinen Tod hinaus. Zusammenfassend lässt sich also postulieren, dass das Epos des Quintus eigentlich eine Fortsetzung der Ilias mit einem speziellen Fokus auf der Achilleus-Figur und ihrer Taten darstellt, sozusagen eine weitergeführte ᾿Αχίλλεια oder ᾿Αχιλληίς. Zu erwähnen ist hierbei, dass es in der Antike eine literaturkritische Strömung gab, welche sich mit der Frage befasste, weshalb Homer die Ilias nicht analog zur ᾿ Οδύσσεια als ᾿Αχίλλεια b ezeichnet habe, da doch Achilleus in diesem ›Stück‹ eindeutig die Hauptrolle spiele375 – man könnte somit Quintus’ Epos in globo als Stellungnahme zu diesem Diskurs auffassen. Da ein Proömium auch das Wesen der Dichtkunst an und für sich thematisiert und reflektiert und da Quintus proömiale Elemente in die ersten siebzehn Verse seiner ›Einleitung‹ integriert, ist ferner auch nach (expliziten und / oder impliziten) poetologischen Aussagen und Anklängen in diesen einleitenden Versen zu fragen. Drei Aspekte sind m.E. von Bedeutung: (1.) In Posthomerica 4, kurz nach Achilleus’ Tod und als Auftakt zu den Leichenspielen, preist Nestor dessen während der Belagerungszeit und während des Kriegsgeschehens bis zu seinem Tod begangene Heldentaten in einem ausgedehnten ἐγκώμιον / ἐπικήδειον; sodann folgt ein Eulogium auf seine Schönheit, seine Stärke und sein sportliches Geschick (Q.S. 4,146–168). Im 14. Buch sodann heisst es, dass die achaiischen Sänger bei den Siegesfestivitäten den ganzen Krieg noch einmal rekapitulieren, wobei naturgemäss Achilleus (sowie seinem Sohn Neoptolemos) eine tragende Rolle zukommt (Q.S. 14,125–142). Dadurch, dass Achilleus und seine Taten nicht nur die narrative Entwicklung entscheidend prägen und bestim375 Vgl. etwa Schol. vet. bT Il. 1,1b (30–32): ζητεῖται, διὰ τί ᾿Αχιλλέως ὡς ἐπὶ τὸ πλεῖστον ἀριστεύοντος οὐκ ᾿Αχίλλειαν ὡς ᾿Οδύσσειαν ἐπέγραψε τὸ σωμάτιον. »Es wird gefragt, weshalb [Homer] seinen Text nicht analog zu ›Odysseia‹ mit ›Achilleia‹ überschrieb, da doch Achilleus darin am meisten Heldentaten vollbringt.«

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men (s.o.), sondern auch an zwei herausragenden Eckpunkten der Erzählung – nach seinem Tod und nach der Eroberung Trojas – in einer mise-enabyme thematisiert werden, wird einerseits dessen prädominante Rolle in den Posthomerica zusätzlich betont. Andererseits jedoch ist von Wichtigkeit, dass eine solche mise-en-abyme, als deren typologisches Vorbild der Gesang des Demodokos am Hof der Phaiaken (Od. 8,73–82 und 8,499–520) zu gelten hat, die Tätigkeit eines Homeriden reflektiert und somit eine stark poetologische Qualität besitzt. Hat man als Leser die poetologische Färbung von Q.S. 4,146–168 und 14,125–142 erkannt und die beiden Szenen mit 1,1–17 gedanklich in Verbindung gebracht, so dürfte dies aus der Retrospektive des lector doctus eine poetologische Lesart der einleitenden Verse stützen. (2.) Ferner knüpft Quintus in den einleitenden Versen der Posthomerica mehrfach an das Proömium der Ilias an:376 Q.S. 1,1 ὑπὸ Πηλείωνι

< Il. 1,1 Πηληιάδεω ᾿Αχιλῆος

Q.S. 1,9 ἀπὸ θυμὸν ἴαψε

< Il. 1,3 ἰφθίμους ψυχὰς ῎Αιδι προΐαψεν

Q.S. 1,14 δὴ τὰ πρῶτα

< Il. 1,6 δὴ τὰ πρῶτα

Mittels dieser Zitate bzw. Anklänge werden die einleitenden siebzehn Verse der Posthomerica zusätzlich proömial aufgeladen, ihre proömialen Qualitäten werden noch mehr herausgehoben. Dies ist jedoch auch mit weitreichenden poetologischen Implikationen verbunden:377 Der Ausdruck τὰ πρῶτα verweist nicht nur unüberhörbar auf Il. 1,6, sondern er besitzt auch für sich genommen eine implizite poetologische Qualität, insofern als er das Moment des Erinnerns bzw. des Suchens nach den Anfangsgründen – in der Ilias sind dies die Auslöser für den Streit zwischen Agamemnon und Achilleus, in den Posthomerica die Anfänge von Achilleus’ Wüten und Morden – als Movens epischen Erzählens in den Vordergrund stellt. Diese Suche nach den Anfangsgründen ist insbesondere auch in den homerischen Götterhymnen sehr präsent: eine Mehrheit der Hymnen beginnt mit einer Form des Verbs ἄρχεσθαι »beginnen« oder einer Futurform von ἀείδειν »besingen«.378 Vergleichbares gilt auch und ganz besonders für den Ausdruck μνησάμενοι προτέρων in Q.S. 1,9, insofern als das Erinnern, das Nicht dem-Vergessen-Anheimstellen ja die eigentliche Hauptfunktion des epischen Erzählers bzw. der ihn unterstützenden Musen ist. Die Musen gelten

376

Vgl. auch die Lemmakommentare zu den einzelnen Versen. Christoph Riedweg sei für den wertvollen Hinweis auf diesen Aspekt herzlich gedankt. 378 Am gebräuchlichsten ist die Versschlussformel ἄρχομ᾿ ἀείδειν »ich fange an zu besingen« (h. Cer. 1; h.h. 9,8; 11,1; 13,1; 16,1; 22,1; 26,1; 28,1) sowie das voluntative Futur ἀείσομαι »ich will besingen« (h.h. 10,1; 15,1; 23,1; 30,1; ausserdem h.h. 6,2 ἄισομαι). 377

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bei und seit Hesiod als Töchter der personifizierten Mnemosyne379 und sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auch etymologisch mit der indogermanischen Wurzel *mneh2- »denken an« in Verbindung zu bringen.380 Das Verb μνησᾶσθαι und seine Verwandten sind also mit dem Appellativum Μοῦσαι sowohl inhaltlich als auch etymologisch klar verknüpft. Somit können wir Quintus’ μνησάμενοι προτέρων auf metapoetischer Ebene als (strukturelles und inhaltliches) Substitut für die zu erwartenden, jedoch nicht vorhandenen Musen zu Beginn der Posthomerica auffassen.381 (3.) Schliesslich ist auch der Verzicht auf ein Initialproömium mit weitreichenden poetologischen Implikationen verbunden: Einerseits schliesst Quintus zwar motivisch und narrativ an die Ilias an, andererseits und untrennbar damit verbunden setzt er sich jedoch genau durch diesen Verzicht ebenso klar von der Gattungstradition, die einen Musenanruf für ein Heldenepos zwingend verlangt, ab. Der Kunstgriff besteht also darin, mittels einer formalen Leerstelle einen direkten Anschluss an das Vorbild und eine Absetzung davon aneinanderzukoppeln. Unser Dichter bedient sich nicht der Technik reiner imitatio, sondern der aemulatio bzw. einer imitatio cum variatione. Der Verzicht auf ein Initialproömium ermöglicht also, zusammenfassend gesagt, nicht bloss eine optimale, quasi-dramatische Vorbereitung und Inszenierung des nun folgenden Geschehens, sondern ihm kommt auch eine implizit poetologische Aussage zu: Mittels der unmittelbaren Fortschreibung der Ilias wird die Einheit der beiden Werke herausgestellt; die Grenzen werden verwischt, das 1. Buch der Posthomerica liest sich gewissermassen als ›Buch 25 der Ilias‹. Dadurch aber wird im Leser die Rezeptionshaltung generiert, als impliziten Autor der Posthomerica letztlich niemand anderen als Homer selbst zu erkennen.382 379

Vgl. Hes. Th. 53f.: τὰς ἐν Πιερίῃ Κρονίδῃ τέκε πατρὶ μιγεῖσα / Μνημοσ ύνη. »Diese [= die Musen] gebar Mnemosyne in Pierien, nachdem sie mit ihrem Vater, dem Kronossohn, geschlechtlich verkehrt hatte.« 380 Zur Wurzel und ihren verbalen Ableitungen im Griechischen vgl. LIV s.v. *mneh2-. Zur Etymologie von Μο ῦσα < *mont[ºa vgl. Frisk II s.v. μο ῦσα und LfgrE s.v. Μο ῦσα, -αι. Diese Herleitung ist wahrscheinlicher als die von Wackernagel angenommene Etymologie Μο ῦσα < *montºa »Bergnymphe« (zu lat. mons), da dies im Griechischen ein völlig isoliertes Wort wäre (vgl. Frisk a.a.O.). 381 Vgl. auch den Eingangsvers zum homerischen Apollonhymnos, h. Apoll. 1: μνήσομαι οὐδὲ λάθωμαι ᾿Απόλλωνος ἑκάτοιο. »Ich will Apollon, den Ferntreffer, in Erinnerung rufen und nicht dem Vergessen anheimstellen.« – Eine Kombination des für die Anfänge homerischer Götterhymnen typischen Verbs ἄρχεσθαι (vgl. Anm. 378) mit der Wurzel *mneh2- findet sich im Proömium zu Apollonios’ Argonautica; vgl. A.R. 1,1f.: ἀρχόμενος σέο, Φοῖβε, παλαιγενέων κλέα φωτῶν / μνήσομαι. »Beginnend bei dir, Phoibos, will ich die Ruhmestaten vor langer Zeit geborener Männer in Erinnerung rufen.« 382 Zur poetologischen Deutung des Werkbeginns im Gesamtkontext der Posthomerica und der systematisch generierten Rezeptionshaltung von Homer als implizitem Autor vgl. Kap. 1.4.1.

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(1–4) εὖθ᾿ ὑπὸ Πηλείωνι […] θρασύφρονος Αἰακίδαο Mit den ersten beiden Versen wird via Analepse an Höhepunkt und Schluss der Ilias-Handlung angeknüpft: die Ermordung Hektors durch Achilleus und dessen Bestattung (s.o., Einleitung). Gemäss Il. 24,664–666 hat Hektors Beerdigung am zehnten Tag nach seinem Tod (nach einer neuntägigen ›Staatstrauer‹) stattgefunden, am elften wurde der Grabhügel errichtet. Gemäss Il. 24,667 vermeldet Priamos, dass die Troer am zwölften Tag wieder zu kämpfen bereit sein würden; wir können somit den Beginn der Posthomerica am zwölften Tag nach Hektors Tod bzw. am zweiten Tag nach seiner Beisetzung ansetzen. Die Anknüpfung an diese Details aus der Ilias werden als bekannt vorausgesetzt – es handelt sich um einen etischen Textbeginn: dem Leser soll suggeriert werden, dass er sich in einem ihm bereits vertrauten Referenzfeld befindet. Auf linguistischer Ebene wird dies durch das erste Wort, die Temporalkonjunktion εὖθ᾿ (εὖτε, »nachdem«), bewerkstelligt, die suo ipso auf etwas vorzeitig Geschehenes (und bereits Bekanntes) rückverweist. Dies ist umso bedeutsamer, als in der Ilias das erste Wort, μῆνιν, programmatischen Charakter hat und prole ptisch auf das Movens der kommenden Handlung vorausweist, während mit εὖθ᾿ analeptisch auf die iliadische Vergangenheit zurückgegriffen wird. Mit δὴ τότε in Vers 3 wird die Ebene der Ilias-Handlung mit dem nunc, der Ebene der vorliegenden posthomerischen Handlung verzahnt. Doch auch darin verbirgt sich eine weitere Analepse auf die Ilias, denn gemäss Il. 21,602–607 hatten sich die Troer allesamt hinter die schützenden Stadtmauern zurückgezogen, während Achilleus von Apollon in Richtung Skamander gelockt und somit von der Stadt abgelenkt wurde – seither halten sie sich verschanzt und bleiben dort bis nach Hektors Tod, Lösung und Bestattung. Bei seinem Besuch im griechischen Lager deutet Priamos gegenüber Achilleus an, dass die Troer sich noch immer in der Stadt einschliessen und höchstens vereinzelt herauskommen werden, um Holz für Hektors Scheiterhaufen zu holen; vgl. Il. 24,662–667. Der iliadische istZustand nach Hektors Tod wird somit als unverändert geschildert, es hat sich ›seit dem Ende der Ilias‹ nichts verändert.383 (1) ὑπὸ Πηλείωνι Die homerische Sprache kennt drei suffixale Varianten für das Patronymikon des ›Peleussohnes Achilleus‹: -δης (Πηλείδης bzw. die metrisch gedehnte Variante Πηληιάδης, wobei von Letzterem nur der Genitiv Πηλη383 Vgl. Schmitz (2007) 74: »It is impossible to list all passages in the Posthomerica where such flashbacks remind Quintus’ audience that it is indeed reading a ‘sequel’. Such analepses recur at decisive moments in the narrative; here, at the beginning of the epic, they highlight the fact that Quintus’ story will pick up exactly at the point where the Iliad left off, hence the emphatic adverbial expression δὴ τότε.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

ιάδαο / Πηληιάδεω gebräuchlich ist), -ων (Πηλείων) und -ιος (Πήλιος). Quintus verwendet alle drei (bzw. vier) Varianten desgleichen. Die Wahl des Suffixes hier im Eingangsvers des Werks dürfte jedoch kaum Zufall sein: Wie in der Einleitung dargelegt, setzt Quintus mittels seines Verzichts auf ein traditionelles Initialproömium zwar einerseits die iliadische Erzählung direkt fort, setzt sich jedoch gleichzeitig durch ebendiesen Verzicht auch von ebenjener Tradition deutlich ab. Nun knüpft der erste Vers der Posthomerica nicht bloss inhaltlich an das Ende der Ilias an, sondern er umklammert auch sprachlich deren ›Eckpunkte‹:384 Das Patronymikon Πηλείων stellt zum ersten Vers der Ilias (Il. 1,1 μῆνιν ἄειδε, θεά, Πηληιάδεω ᾿Αχιλῆος), der Name ῞Εκτωρ zum letzten ( Il. 24,804 ὣς οἵ γ᾿ ἀμφίεπον τάφον ῞Εκτορος ἱπποδάμοιο) einen Bezug her. Dabei wählt Quintus jedoch ein anderes Suffix zur Bildung des Patronymikons für Achilleus (Πηληιάδης ≠ Πηλείων) – und bildet auf sprachlicher Ebene somit genau das ab, was auf narrativer Ebene durch den Verzicht auf ein Initialproömium bewirkt wird. Ferner liegt mit der Wendung ὑπὸ Πηλείωνι möglicherwei se auch eine Anspielung auf einen ›alternativen‹ Anfang der Ilias vor, welcher gemäss Aristoxenos im Schwange war und drei Verse anstelle von Il. 1,1–9 umfasste, denn dort findet sich dasselbe Patronymikon ebenfalls.385 (1) θεοείκελος Il. 1,131; 19,155 – Od. 3,416; 4,276; 8,256 – h. Cer. 159; h. Ven. 279; h.h. 28,15; – Hes. fr. 70,32; 251a,6 – Sappho fr. 44,34 Voigt – Greg. Naz. carm. mor. col. 526,4 und 577,11 – Q.S. 1,1 und 12,324 – Anth. Gr. 2,97 und 2,354 (Christodor) – danebst auch ein paar prosaische Belege.

Das Adjektiv, das seit dem 1. Jh. n.Chr. auch prosaisch vereinzelt belegt ist und sich im byzantinischen Griechisch grösserer Beliebtheit erfreut,386 ist in der Ilias pikanterweise ein Epitheton für Achilleus in dem Iteratvers μὴ δ᾿ οὕτως, ἀγαθός περ ἐών, θεοείκελ᾿ ᾿Αχιλλεῦ ( Il. 1,131 = 19,155);387 in der Odyssee bezieht es sich auf verschiedene Männer (Telemachos, Deiphobos, Alkinoos). Quintus verwendet es hier sowie, bezogen auf Euryalos, im Katalog der Helden, welche das hölzerne Ross besteigen (Q.S. 12,324). Der Gebrauch des in der Ilias für Achilleus reservierten Adjektivs für dessen 384

Zum Folgenden vgl. auch Bär (2007) 39. Aristoxenos fr. 91, I Wehrli: ἔσπετε νῦν μοι Μο ῦσαι ᾿Ολύμπια δώματ᾿ ἔχουσαι, / ὅππως δὴ μῆνίς τε χ όλος θ᾿ ἕλε Πηλείωνα / Λητοῦς τ᾿ ἀγλαὸν υἱόν· ὁ γὰρ βασιλῆϊ χολωθεὶς »Sagt mir nun an, Musen, die ihr die Häuser des Olymps bewohnt, wie Groll und Zorn den Peleussohn ergriffen und Letos strahlenden Sohn: Denn der, dem Führer zürnend […]« Vgl. dazu zusammenfassend Kirk (1985) 52f. 386 Ein sowohl bei Homer als auch bei Quintus häufigeres Synonym ist θεοειδής. – Eine Zusammenstellung homerischer Ausdrücke zur Bezeichnung der Gottähnlichkeit von Menschen bietet Parry (1973) 218–223. 387 Vgl. auch die homerische Versschlussformel θεοῖς ἐπιείκελ᾿ ᾿Αχιλλεῦ (5x Il.); vgl. Parry (1971) 92. 385

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mittlerweile toten Gegenspieler Hektor kann im Sinne des foreshadowing gedeutet werden:388 Das Todesschicksal, das Hektor bereits ereilt hat, wird Achilleus in Bälde auch treffen; die beiden Helden teilen sich, obschon sie Todfeinde sind, durch ihr tragisches Schicksal ein gemeinsames und ausserdem ›kausal‹ verkettetes Los, da der Tod des Achilleus eine unausweichliche Folge von Hektors Tod sein wird.389 Prosodisch ersetzt das nicht-formelhafte θεοείκελος ῞Εκτωρ die geläufige homerische Formel κορυθαίολος ῞Εκτωρ (37x Il., immer am Versschluss).390 Inhaltlich zu vergleichen ist die homerische Formel ῞Εκτορα δῖον (27x Il.) bzw. ῞Εκτορι δίῳ (11x Il.), welche unser Dichter bis auf eine Ausnahme (Q.S. 7,730 ῞Εκτορα δῖον) vermeidet. (2) κατέδαψε Formen des Verbs καταδάπτειν Il. 22,339 – Od. 3,259 und 16,92 – 8x Q.S. – sonst kaum gebräuchlich.

Bei Homer findet sich das Verb zweimal in der Grundbedeutung »(fr)essen, verschlingen« (Hunde und Vögel, welche die herumliegenden Leichen auffressen: Il. 22,339; Od. 3,259), einmal bildlich in Bezug auf das ›Zerreissen‹ des Herzens (Od. 16,92 καταδάπτετ’ […] φίλον ἦτορ). 391 Bei Q.S. liegt seine eigentliche Bedeutung vor in 1,400 (Gleichnis von einem grasfressenden Kalb); 7,332 (Gleichnis von einer Schlange, welche die Jungen einer Schwalbe verschlingt); 9,362 (Philoktet, der aus Not Vögel frisst). In homerischer Manier metaphorisch finden wir es in 1,720 (von den ›herzzernagenden Schmerzen‹, die Achilleus beim Anblick der von ihm getöteten schönen Penthesileia empfindet). Darüber hinaus verwendet Quintus das Verb gerne im übertragenen Sinne vom Feuer, das die zu bestattenden Leichen ›verzehrt‹; vgl. 1,793 καὶ τὴν μὲν κατέδαψε μένος μέγα ῾Ηφαίστοιο (von Penthesileia); 7,43 πῦρ ὀλοὸν κατέδαψε καὶ ὀστέα δέξατο γαῖα (von Machaon); 9,99 πῦρ ὀλοὸν κατέδαψε (von Achilleus). Quintus erweitert also das Bedeutungs- bzw. Anwendungsspektrum von καταδάπτειν, indem er es in unhomerischer Weise für die ›verzehrende‹ Kraft des Feuers gebraucht. Man beachte ausserdem, dass – mit Ausnahme 388 Zur Technik des von Quintus zuweilen nachgerade exzessiv betriebenen Vorausdeutens kommender, insbesondere todbringender Ereignisse vgl. Duckworth (1936); zu den Pro- und Analepsen bei Q.S. ausserdem Schmitz (2007) sowie die Bemerkungen in meinem Kap. 2.1.1 a.E. 389 Dies prophezeit Thetis ihrem Sohn unmissverständlich in Il. 18,95f. Vorausdeutungen auf Achilleus’ nahe bevorstehenden Tod finden sich ferner in Il. 9,410–416; 16,707–709; 18,329–332; 19,420–423; 21,109–113; 22,358–360; 23,80f.; 24,131f.; 24,538–542. Vgl. Kullmann (1960) 11. 390 Ein häufig zu beobachtendes Phänomen bei Q.S.: Bestehende homerische Formeln werden von Quintus nicht übernommen, sondern – im Normalfall durch Austausch des Epithetons – variiert (> variatio Homeri), behalten jedoch dieselbe metrische Struktur und oft auch die angestammte metrische Position im Vers; vgl. Venini (1995) 192–194. 391 Vgl. LSJ s.v. καταδάπτω: »devour, […] metaph., καταδάπτετ᾿ ἀκούοντος φίλον ἦτορ , like δαίεται ἦτορ, Od.16.92«; LfgrE s.v. δάπτω: »zerfleischen«.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

von 1,720 und 9,362 – immer genau die Verbform κατέδαψε steht, und zwar stets an der jeweils gleichen metrischen Position. (2) ὀστέα γαῖα κεκεύθει Ein textkritisches Problem: Überliefert ist in allen Codices πάντα, was Tychsen zu γαῖα konjiziert hat. κέκαυται heisst es gemäss H, während Y die wenig sinnvolle Variante κέκευθε bietet, was Lehrs zu einem Plu squamperfekt κεκεύθει geändert hat. 392 Die aus den Konjekturen von Lehrs und Tychsen so entstandene Emendation γαῖα κεκεύθει ist seither allg emein anerkannt.393 Mir scheint freilich, dass die Überlieferung des Hydruntinus zwar nicht vorzuziehen, aber doch immerhin zu erwägen ist, denn ὀστέα πάντα κέκαυται »alle Knochen waren verbrannt« mag zwar für den modernen Leser etwas ›flacher‹ und zusammen mit πυρὴ κατέδαψε tautologisch wirken, doch gibt es rein sachlich kaum etwas dagegen einzuwenden. Gleichwohl lässt sich die Emendation gegenüber der Überlieferung rechtfertigen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist in der Ilias ausdrücklich davon die Rede, wie nach Hektors Kremation seine »weissen Knochen« (ὀστέα λευκά, Il. 24,793) eingesammelt, in einen goldenen Kasten gelegt und zusammen mit Grabbeigaben bestattet werden (Il. 24,792–799).394 Zweitens lässt sich die Wendung γαῖα κεκεύθει intra- wie intertextuell gut abstützen; vgl. Q.S. 1,109 ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει; 3,464 und 7,656 ὡς ὄφελόν με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει. Sprachliches Vorbild ist Hes. Th. 505 τὸ πρὶν δὲ πελώρη Γαῖα κεκεύθει »z uvor barg sie [= die Kyklopen] die gewaltige Gaia / Mutter Erde«; vgl. ausserdem Od. 3,16 ὅπου κύθε γαῖα »wo [ihn, = Odysseus] die Erde birgt« (Athene zu Telemachos). Das Verb κεύθειν ist Standardvokabular zur Ang abe von Bestattungsorten395 und findet sich deshalb öfters auch inschriftlich auf Grabepigrammen; vgl. bspw. das Ehrendenkmal des Aischylos in Gela (GVI 43,1f.): Αἰσχύλον Εὐφορίωνος ᾿Αθηναῖον τόδε κεύθει / μνῆμα καταφθί μενον πυροφόροιο Γέλας. »Dieses Grabma l birgt den Athener Aischylos, [Sohn des] Euphorion, gestorben im weizenspendenden Gela.«; ferner z.B. IG IV 622 (Argos): κ]ούφ[η γα]ῖα κέκ[ευθ]ε τρι[ακο]στῷ λυ κάβαντι / ὠ[μ]ὸ[ν ἔτ᾿] ὠδεινῶν φόρτον ἀει[ρο]μένην / Πώλλαν, [πο]λ[λὰ λ]ιποῦ σαν ἀ[π]εχθέα [δάκρ ]υα μητρί, / μητέρα [τὴ]ν μήπω πικρὸς [ἔμ]α[ρ]ψ᾿ 392 Dies bestimmt zu Recht, denn ein resultativer Zustand in der Vergangenheit wird nicht mit einem Perfekt, sondern mit einem Plusquamperfekt angezeigt. 393 So die Ausgaben von Köchly (1850) und (1853), Zimmermann (1891), Vian (1963), Pompella (2002). Vgl. die ausführliche Diskussion bei Köchly (1850) 1f. 394 Zu diesem ›epischen Bestattungsritus‹ vgl. auch Il. 23,241; Verg. Aen. 11,210–212; Q.S. 3,723–729; 5,654f. 395 Vgl. LSJ s.v. κεύθω: »cover, hide, esp. of the grave«.

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᾿Αίδης. »Leichte Erde bedeckt sie, die in ihrem dreissigsten Lebensjahr eine noch unreife Frucht in ihrem Leibe trug, Polla, und viele verhasste Tränen hinterlässt sie ihrer Mutter – sie, die, [selber] noch nicht Mutter, der grausame Hades zu sich nahm.«396 (3) ἀνὰ Πριάμοιο πόληα Ein textkritisches Problem: Der Hydruntinus (H) überliefert ἀνὰ Πριάμου πτολίεθρον, der Subarchetypus (Y) dagegen κατὰ Πριάμοιο πόληα. Da raus hat Köchly ἀνὰ Πριάμοιο πόληα rekonstruiert.397 Textintern spricht für Πριάμοιο πόληα und gegen Πριάμου πτολίεθρον die Ta tsache, dass Πριάμοιο […] πόληα ein in den Posthomerica verbreitetes Syntagma darstellt, was auf Πριάμου […] πτολίεθρον nicht zutrifft.398 Auf intertextueller Basis lässt sich ausserdem das Argument anführen, dass πόλις Πριάμοιο (o.ä.) bereits ein homerischer Ausdruck ist,399 während Πριάμου πτολίεθρον dergestalt in den homerischen Epen nicht gebräuchlich ist.400 Schliesslich fällt auf, dass der Ausdruck Πριάμοιο […] πόλις zu B eginn des zwölften Buches der Ilias zweimal kurz hintereinander auftaucht und dass ebendiese Verse inhaltlich starke Affinitäten zum Beginn der Posthomerica aufweisen, also einen potentiellen Intertext für Q.S. 1,1ff. darstellen, da dort aus der Perspektive des allwissenden epischen Erzählers auf das Ende und die Zerstörung der Stadt Troja zurückgeblickt wird: Il. 12,10–18: ὄφρα μὲν ῞Εκτωρ ζωὸς ἔην καὶ μήνι᾿ ᾿Αχιλλεύς καὶ Πριάμοιο ἄνακτος ἀπόρθητος πόλις ἔπλε, τόφρα δὲ καὶ μέγα τεῖχος ᾿Αχαιῶν ἔμπεδον ἦεν. αὐτὰρ ἐπεὶ κατὰ μὲν Τρώων θάνον ὅσσοι ἄριστοι, πολλοὶ δ᾿ ᾿Αργείων οἳ μὲν δάμεν, οἳ δὲ λίποντο, πέρθετο δὲ Πριάμοιο πόλις δεκάτῳ ἐνιαυτῷ, ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἐν νηυσὶ φίλην ἐς πατρίδ᾿ ἔβησαν, δὴ τότε μητιόωντο Ποσειδάων καὶ ᾿Απόλλων τεῖχος ἀμαλδῦναι, ποταμῶν μένος εἰσαγαγόντες. 396

Für weiteres Belegmaterial vgl. LSJ s.v. κεύθω sowie West (1966) 304f. Köchly (1838) 167; die nachstehenden Ausführungen danach. 398 Πριάμοιο […] π όληα als Versschlussformel in Q.S. 3,362; 7,213; 8,445; 10,360; 12,27; 14,74; 14,211; im Versinnern in Q.S. 3,29; 13,80. Vgl. ausserdem Πρι άμου π όλιν (4,58); Πριάμοιο κατ ὰ πτ όλιν (8,370; 8,502); Πρι άμοιο π όλιν (8,477; 14,84); π όληα […] Πρι άμοιο (14,140). Dagegen steht nur 14,96 Πριάμοιο καταιθόμενον πτολίεθρον. 399 Πριάμοιο π όλιν (Il. 1,19; 22,165; Od. 3,130); π όλις Πρι άμοιο (Il. 4,18); Πρι άμοιο […] πόλις (Il. 12,11; 12,15). 400 Köchly (1838) 167: »An meminerat [Quintus], apud Homerum πτολίεθρον praegresso statim Πριάμου aut alio genitivo non occurrere, et excepto P. 407 […] huic vocabulo semper epitheton, ut ἱερόν, ἐϋκτίμενον, εὐναιόμενον esse adiectum?« – Vgl. allerdings ἱερὸν πτολίεθρον im Proömium der Odyssee (Od. 1,2). 397

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Solange Hektor noch am Leben war und Achilleus grollte und die Stadt des Königs Priamos noch unzerstört war, solange war auch die grosse Mauer der Achaier standhaft. Doch nachdem von den Troern all die Besten gefallen waren, viele von den Argeiern aber teils [auch] bezwungen wurden, teils überlebten, und die Stadt des Priamos im zehnten Jahre zerstört wurde, die Argeier aber auf den Schiffen in ihr geliebtes Heimatland gingen: Da sannen Poseidon und Apollon darauf, die Mauer einzureissen, indem sie ihr die Gewalt der Flüsse zuführten.

(4) μένος ἠύ Die Kollokation 5x Il. – Od. 2,271 – Opp. cyn. 4,8 –Q.S. 1,4; 4,464; 11,235; 12,229 – auch prosaisch.

Der seit der Ilias sowohl episch als auch prosaisch sporadisch immer wieder anzutreffenden Wortverbindung haftet ein gewisser Nimbus des Göttlichen an, denn an drei Stellen in der Ilias (Il. 17,456; 20,80; 24,442) ist von dem μένος ἠύ die Rede, welches die Götter den Me nschen bzw. den Pferden einhauchen.401 Vgl. demgegenüber das viel weniger gebräuchliche Syntagma δέμας ἠύ ( 5x Q.S.). (4) θρασύφρονος Αἰακίδαο  Das Adjektiv θρασύφρων Opp. hal. 1,112 – Opp. cyn. 3,51 und 3,296 – 15x Q.S.

Quintus gebraucht das Adjektiv ausschliesslich formelhaft: Es steht immer zwischen der dritten trochäischen Zäsur und vor der Bukolischen Diärese (und mit einer Ausnahme immer im Genitiv);402 das Bezugswort steht entweder (wie hier) dahinter und bildet somit einen Versschluss (Typ 1), oder unmittelbar davor (Typ 2) Typ 1 (Bsp.: Q.S. 1,4):

δειδιότες μένος ἠὺ / θρασύφρονος // Αἰακίδαο

Typ 2 (Bsp.: Q.S. 1,766):

ὣς ἔφατ᾿ Αἰακίδαο / θρασύφρονος // ἄτρομος υἱός

Sieben Formeln funktionieren nach dem ersten,403 acht nach dem zweiten Typ.404 Quintus bezieht das Adjektiv 6x auf Achilleus und 3x auf dessen Sohn und ›Nachfolger‹ Neoptolemos; sodann 2x auf Aineias und je 1x auf Penthesileia, Sthenelos, Herakles und Menelaos (vgl. Anm. 403 + 404).

401

Vgl. Jahn (1987) 43f.: »Der Besitz von μένος ist keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas Besonderes und von Fall zu Fall eigens erwähnenswert; das Haben oder Nichthaben von μένος ist also keine Existenzfrage […], es entscheidet nur über den Besitz bzw. den Grad von Aktivität und // Energie […]« 402 Q.S. 1,122 θρασύφρονι Πενθεσιλείῃ. 403 θρασύφρονος Α ἰακίδαο: 1,4; 3,461; 5,5; 7,689; θρασ ύφρονι Πενθεσιλε ίῃ: 1,122; θρα σύφρονος Αἰνείαο: 11,235; 11,440. 404 Αἰακίδαο θρασ ύφρονος: 1,766; 7,708; Σθεν έλειο θρ.: 4,582; ᾿Αλκείδαο θρ.: 6,292; Νεοπτολέμοιο θρ.: 7,433; 7,524; 7,615; ἀνδρὸς κουριδίου θρ.: 13,387.

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Es handelt sich bei θρασύφρων um das erste Wort in den Posthomerica, welches betont unhomerisch ist, aufgrund der mageren vorposthomerischen Beleglage ›Raritätencharakter‹ besitzt und von Quintus gehäuft verwendet sowie in eine homerisierende Formel eingebunden wird – kurzum: ein Wort, das sowohl in seinem Charakter als auch in seiner formelhaften Verwendung durch und durch homerisch aussieht und wirkt, es aber nicht ist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten und bestimmt kein Zufall, dass Quintus das erste Wort solchen Ranges in seinem Epos ausgerechnet auf Achilleus, die Hauptfigur, bezieht, und es im Folgenden als ›Chiffre‹ für diesen und, nach dessen Tod, für seinen Sohn Neoptolemos verwendet.405 Quintus hat eine Vorliebe für komponierte Adjektive mit dem Hinterglied -φρων: Gesamthaft finden sich 21 verschiedene solcher Adjektive in seinem Korpus; fünf davon sind unhomerisch: θρασύφρων (15x), κακό φρων (1x: 4,527), μεγαλόφρων (1x: 6,86), πινυτόφρων (1x: 14,630), πυκινόφρων (1: 5,98). Allerdings verwendet er den Adjektivtyp quantitativ deutlich sparsamer als Homer, welcher seinerseits einzelne davon (z.B. δαΐφρων, περίφρων, πρόφρων) nachgerade exzessiv verwendet – demgegenüber finden sich bei Q.S. etliche nur ein- oder zweimal: • einmal: ἀεσίφρων (2,83), ἐπίφρων (14,112), κακόφρων (4,527), μεγαλό φρων (6,86), μελίφρων (10,33), πινυτόφρων (14,630), πολύφρων (1,727), πυκινόφρων (5,98); • zweimal: ἀταλάφρων (12,107; 13,122), ἐχέφρων (6,580; 10,9), ὀλοό φρων (3,425; 5,405). (5–8) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι […] ὣς οἱ […] ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα In den homerischen Epen, insbesondere jedoch in der Ilias steht öfters am Anfang eines Buches ein Gleichnis oder ein eingängiger Vergleich zur Versinnbildlichung der herrschenden Situation oder Stimmung.406 Dies trifft allerdings nicht auf den Beginn der beiden Epen zu: In der Ilias findet sich das erste Gleichnis in 2,87–93,407 in der Odyssee gar erst in 4,335–340. So besehen, können wir das Auftauchen eines Gleichnisses gleich zu Beginn der Posthomerica in zweierlei Richtungen deuten: Einerseits bietet es einen 405

Venini (1995) 193 sieht in Quintus’ Formel θρασ ύφρονος Α ἰακίδαο einen prosodischen Ersatz für die homerische Formel ποδώκεος ᾿Αιακίδαο (8x Il., 2x Od.), welche Quintus seinerseits nicht gebraucht; »emphatic naming of Achilles« gemäss James / Lee (2000) 39. 406 Il. 3,1–7; 5,4–8; 7,4–7; 9,4–8; 10,5–10; 14,16–22; 16,7–11; 17,3–6; 18,1; 21,12–16. – Od. 15,17–21; 20,13–16; 24,6–10. – Zum Thema der homerischen Gleichnistechnik an sich, worüber eine erkleckliche Menge an Sekundärliteratur existiert, sei exempli gratia auf die grundlegenden Arbeiten von Fränkel (1921) und Lee (1964) sowie auf die enzyklopädische Materialsammlung von Grinda (2002) hingewiesen. Zu den Gleichnissen in den Posthomerica vgl. Vian (1954), Spinoula (2000), Maciver (2008) und Jahn (2009). 407 Dies fiel auch den antiken Homerexegeten schon auf; vgl. Schol. vet. AbT Il. 2,87a (62): πρώτη δὲ αὕτη παραβολὴ τῷ ποιητῇ. »Dies ist für den Dichter [= Homer] das erste Gleichnis.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Kontrapunkt zum nicht vorhandenen Initialproömium: der homerisch ›vorbelastete‹ Leser erwartet einen Musenanruf zu Beginn der Posthomerica, findet jedoch keinen vor; stattdessen wird er mit einem Gleichnis konfrontiert, was er – wiederum in Analogie zu Ilias und Odyssee – erst später erwartet hätte. Andererseits wird die implizierte Einheit von Werk und Autor, d.h. die Perzeption des 1. Buches der Posthomerica als ›25. Buch der Ilias‹ und des Posthomerica-Dichters als ›Homer‹, herausgehoben, wenn wir den Beginn der Posthomerica nicht als ›echten‹ Anfang, sondern als Fortsetzung der Ilias lesen.408 Von den zahlreichen homerischen Gleichnissen gehören diejenigen, in welchen Löwen eine Rolle spielen, zu den häufigsten.409 Ähnliches darf für die Posthomerica gelten.410 Quintus vergleicht zahlreiche Helden mit Löwen, am häufigsten Achilleus, Aias, Eurypylos und Neoptolemos, also die wichtigsten Akteure der Posthomerica.411 Im ersten Buch finden sich gesamthaft fünf Löwengleichnisse. Aufschlussreich ist dasjenige in 1,314– 318: Dort ist von Penthesileia die Rede, welche »heranstürmend aus einer tiefen, felsigen Waldschlucht, nach Blut lechzend« (1,316f. ἀίξασα βαθυσκοπέλου διὰ βήσσης / αἵματος ἱμείρουσα) sich auf die Danaer stürzt wie eine Löwin auf die Rinder (1,315 λέαινα [prägnant am Verse nde]) – das Gleichnis ist das exakte Gegenstück zu 1,5–8; die Antagonisten Achilleus und Penthesileia werden somit qualitativ auf eine Stufe gestellt.412 In 1,276– 278 sodann ist von dem Griechen Meges die Rede, welcher sich vor Wut über den Tod des Euenor »wie ein Löwe auf eine Herde von Schafen« (1,277 λέων ὣς πώεσι μήλων) stürzt; zu bemerken ist hierbei die identische Formulierung ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα »sie [= die Troer] zitterten vor dem gewaltigen Manne« (1,278 [ebenfalls am Versende]).413 Achilleus und Aias in ihrer Mordgier gegen die Troer werden in 1,524–528 mit zwei Löwen gleichgesetzt, welche »fette Schafe suchen im Gehölz« (1,524f. πίονα μῆλα […] / εὑρόντ᾿ ἐν ξυλόχοισι) und diese »mit Hast und Eifer t öten« 408

Vgl. dazu ausführlich Kap. 1.4.1. Zu den Löwengleichnissen im antiken Epos allgemein vgl. Grinda (2002) 1101–1104; zu Homer Wilson (2002) (mit 231 Anm. 7 für weitere Literatur); zu Q.S. Niemeyer (1884) 1–3 (reine Materialsammlung), Vian (1954) 31 und Spinoula (2000) 1–40. 410 Gemäss Spinoula (2000) 10 gibt es in der Ilias 44 und in der Odyssee 7 Löwengleichnisse, in den Posthomerica deren 34. Die Autorin a.a.O. differenziert dabei noch zwischen »lion-similes« und »non lion-similes«, ihre Kriterien für diese Unterscheidung sind allerdings unklar. 411 Eine quantitative Auswertung bei Spinoula (2000) 16f., eine qualitative ead. 17ff. 412 Dass auch Frauen mit Löwinnen verglichen werden, ist eine fast schon ›revolutionäre‹ Neuerung, welche weder die homerischen Epen noch Apollonios Rhodios und Vergil kennen. Nebst dem Vergleich Penthesileias mit einer Löwin in Q.S. 1,315 werden in 3,200–203 die Troerinnen mit »Leoparden oder Löwen« (3,202 πορδάλιες […] ἠὲ λέαιναι) gleichgesetzt, und in 12,530–532 heisst es von Kassandra, dass sie »laut schrie wie eine Löwin« (12,530 μέγ᾿ ἴαχεν, εὖτε λέαινα), die von einem Jäger verwundet wurde. Vgl. auch Anm. 416. 413 Vgl. dazu auch den Kommentar zu (8) ὄβριμον ἄνδρα. 409

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(1,526 πανσυδίῃ κτείνωσιν) und sich so »ihren vielfassenden Bauch fü llen« (1,527 ἐμπλήσωνται ἑὴν πολυ χανδέα νηδύν). Schliesslich vergleicht Achilleus in seiner Invektive gegen Penthesileia selbige mit einem »Hirschkalb, welches im Gebirge mit einem rinderbezwingenden Löwen zusammentrifft« (1,586f. εὖτ᾿ ἐν ὄρεσσι / κεμμὰς ὁμαρτήσασα βοοδμη τῆρι λέοντι), bevor er ihr den Todesstoss versetzt, und setzt sich somit implicite ebenfalls mit einem Löwen gleich. Der Löwe gilt seit jeher als Träger von körperlicher Stärke und heldenhaftem Mut, aber auch als Symbol für die unbändige und gewalttätige Kraft der Natur im Gegensatz zur menschlichen Zivilisiertheit und Kultur.414 Herakles, der gegen den Nemeischen Löwen kämpft und sich durch den Sieg über ihn dessen ›übermenschliche‹ Kräfte einverleibt (was äusserlich durch das Attribut des Löwenfells sichtbar wird), kann unschwer als mythisches Paradigma für die Unterwerfung der wilden Naturkräfte durch den Menschen verstanden werden. Aufschlussreich ist ferner etwa auch Od. 9,292, wo Polyphem, der zwei von Odysseus’ Gefährten verschlingt, mit einem »in den Bergen genährten Löwen« verglichen wird:415 Hier zeigt sich die unbändige Gier und die Gnadenlosigkeit des Löwen, was bald Bewunderung, bald jedoch auch Abscheu auszulösen vermag. In den epischen Gleichnissen steht der Löwe meist für den (bald siegreichen, bald unterlegenen) Kriegshelden;416 in der Ilias werden die wichtigsten und tapfersten Heroen am häufigsten mit Löwen verglichen: so mehrfach Hektor, Diomedes und Achilleus.417 Bei alledem ist daran zu denken, dass gemäss den Zeugnissen zahlreicher antiker Autoren der Löwe in Griechenland bis weit in historische Zeit heimisch gewesen sein muss418 – die Angst des antiken 414 Dasselbe gilt nicht nur für den Löwen in der Literatur, sondern auch in der Ikonographie; vgl. dazu Martini (1994) 36–38: »In allen antiken Bildern der Begegnung von Mensch und Löwe stellt sich der Löwe […] uns als wildes, gelegentlich sogar todbringendes Tier dar, das in der Herrscherikonographie die Bedrohung der königlichen Ordnung, beim Heraklesmotiv die Gefährdung des Gemeinwesens und in römischer Zeit die Gefährlichkeit des Lebens generell verkörpert. Zugleich aber nobilitiert der stets siegreich bestandene Löwenkampf als Privileg des Herrschers, des stärksten griechischen Helden und des römischen Adels den Menschen und verleiht ihm magische Kräfte. Der Löwe dient als Chiffre // für größte physische Stärke und höchsten heldischen Mut seines Bezwingers.« 415 Od. 9,292: ἤσθιε δ᾿ ὥς τε λ έων ὀρεσίτροφος, οὐδ᾿ ἀπέλειπεν. »Er verschlang sie wie ein in den Bergen genährter Löwe und liess nicht von ihnen ab.« 416 Dies erklärt auch, weshalb in der Ilias (und auch in den Posthomerica) Löwengleichnisse dermassen häufiger vorkommen als in der Odyssee (vgl. Anm. 410). – Die stereotype Assoziation ›Kriegsheld – Löwe‹ hat Vergil in einem (überdies politisch verbrämten) Gleichnis zum Ausdruck gebracht, in welchem der kampfgierige Turnus mit einem Löwen verglichen wird (Aen. 12,4–9): Dort heisst es vom Löwen (Aen. 12,6): movet arma leo »der Löwe greift zu den Waffen«. 417 Für die Stellen vgl. Spinoula (2000) 3 Anm. 2. 418 Vgl. dazu Usener (1994a); vgl. zusammenfassend id. 33: »Das moderne Fundmaterial lehrt in Verbindung mit den antiken literarischen Zeugnissen, daß man von einem schrittweisen Rückgang der Löwen zu rechnen hat: Dieses Verschwinden der Raubkatze erfolgt in zeitlicher und

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Menschen (insbesondere des Bauern und des Viehhirten) vor diesem Raubtier, die sich u.a. eben auch in den zahlreichen Löwengleichnissen im Epos zeigt, hat also einen ganz realen Sitz im Leben. Dass der brutale Achilleus mit seiner unbezwingbaren und gefürchteten Stärke einerseits und seinem wilden und ungestümen Zorn andererseits geradezu als Inbegriff des ›Löwen‹ gelten kann, liegt somit auf der Hand. An einer Stelle im siebten Buch der Ilias wird er in der Tat als θυμολέων »löwenmutig« bezeichnet, und zwar von Aias in einer Drohrede gegenüber Hektor;419 ausserdem wird er im Zuge seiner blutrünstigen Aristie nach Patroklos’ Tode in drei Gleichnissen bzw. Vergleichen ebenfalls mit einem Löwen verglichen.420 Als primärer intertextueller Anknüpfungspunkt für Q.S. 1,5–8 hat jedoch ein anderes homerisches Gleichnis zu gelten, in welchem Achilleus keine Erwähnung findet. Die von Quintus nur einmal gebrauchte Junktur ἀνὰ ῥωπήια πυκνά hat nämlich ihr Vorbi ld in einer ebenso einmaligen Wendung in einem homerischen Gleichnis: Il. 13,198–202: ὥς τε δύ’ αἶγα λέοντε κυνῶν ὑπὸ καρχαροδόντων ἁρπάξαντε φέρητον ἀνὰ ῥωπήια πυκνά ὑψοῦ ὑπὲρ γαίης μετὰ γαμφηλῇσιν ἔχοντε, ὥς ῥα τὸν ὑψοῦ ἔχοντε δύω Αἴαντε κορυστά τεύχεα συλήτην. […] Und wie zwei Löwen eine Ziege [unter] den scharfzahnigen [Wach-]Hunden entreissen und sie ins dichtbewachsene Gestrüpp tragen, sie hoch über dem Boden mit den Kinnbacken festhaltend, so hielten die beiden behelmten Aias diesen [= Imbrios] in die Höhe und entwendeten ihm die Waffen.

räumlicher Dimension. In nachmykenischer Zeit noch auf der Peloponnes nachweisbar, scheint er sich im Norden Griechenlands noch etwas länger gehalten zu haben, bevor er auch dort ausgestorben ist.« Usener zieht sogar in Erwägung, dass der Löwe in Griechenland ausgerottet wurde; vgl. id. 28f.: »[…] muß man mit einiger Zuversicht davon ausgehen, daß die Raubkatze in der Zeit zwischen dem Tod des Aristoteles und den ersten Jahrzehnten unserer Zeit (spätestens) auch in Nordgriechenland verschwunden ist. Die zahlreichen Hinweise bei Xenophon, im pseudoOppian’schen Lehrgedicht Über die Jagd aus dem dritten Jahrhundert n. Chr. […] und in vielen weiteren Quellen zeigen, daß man auf Löwenjagd zu gehen pflegte; daraus könnte man schließen, daß der Löwe nicht ausgestorben ist, sondern ausgerottet wurde […]« 419 Il. 7,228: κα ὶ μετ ᾿ ᾿Αχιλλῆα ῥηξήνορα θυμολ έοντα »auch nach dem männerdurchbrechenden, löwenmutigen Achilleus«. Das Adjektiv θυμολέων wird sonst nur noch auf Herakles (!) (Il. 5,638f.; Od. 11,267) sowie auf Odysseus (Od. 4,724 und 4,814, beide Male aus dem Munde der Penelope) appliziert (unkorrekt Parry [1971] 92, der das Adjektiv in die Liste der »epithets which are used for only one hero« [88] aufnimmt). 420 Il. 20,164–175 (Achilleus im Kampf gegen Aineias); 24,39–45 (Apollon despektierlich über Achilleus); 24,572.

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Hier werden die beiden Aias, welche, vom Zorn über den getöteten Amphimachos angestachelt, den Imbrios aus der Menge der Troer zerren, ihm die Waffen rauben und ihm sodann den Kopf abschlagen und diesen »wie einen Ball durch die Menge« dem Hektor vor die Füsse werfen (Il. 13,202–205), mit zwei Löwen verglichen. Imbrios ›ist‹ die gerissene Ziege, die »scharfzahnigen Hunde« ›sind‹ die Troer. Durch die sprachliche Verknüpfung mittels der Junktur ἀνὰ ῥωπήια πυκνά sowie durch die An alogie zwischen den beiden Aias (δύ᾿ […] λέοντε) und dem ›grausigen Löwen‹ Achilleus wird eine Verbindung zwischen den beiden Gleichnissen hergestellt. Das in Quintus’ Gleichnis fehlende Analogon zum getöteten Imbrios lässt sich somit assoziativ leicht ergänzen: So wie die beiden ›Löwen‹ Aias & Aias damals den Troern den Imbrios entrissen und ihn abgeschlachtet haben, so hat nun auch der ›Löwe‹ Achilleus selbigen ihren grössten Helden, nämlich Hektor, weggenommen und getötet. Dass die beiden Aias in Il. 13,205 das Haupt des Imbrios ausgerechnet dem Hektor vor die Füsse werfen, macht den Analogieschluss umso leichter – Quintus mag die Tatsache, dass Hektor der Kopf eines abgeschlachteten Troers direkt vor die Füsse fällt (῞Εκτορι δὲ προπάρoιθε ποδῶν πέσεν ἐν κονίῃσι), als Omen für dessen eigenen Tod gelesen haben und flicht darum diese Lesart in seinen Text ein, indem er intertextuell auf ebendieses iliadische Gleichnis Bezug nimmt. Ebendieser intertextuelle Bezug geht jedoch einher mit einer Inversion der Räumlichkeit: Schleppen in dem Ilias-Gleichnis die Löwen die Ziege ins Gebüsch, um sie dort zu töten und zu fressen, und bezeichnen somit die ῥωπήια πυκνά den Ort des Todes für das Tier, so meint in den Posthomerica ebenjener Ausdruck das Versteck der Rinder als Metapher für den Zufluchtsort der Troer. Denkt man in Q.S. 1,7 die negative Assoziation aus Il. 13,199 mit, so fällt auf die Troer erneut ein Todesschatten. Ihr Zufluchtsort wird für sie keine Rettung sein, im Gegenteil: genau dort werden die Griechen sie vernichtend schlagen. (5) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι βόες βλοσυροῖο λέοντος  ἐν(ὶ) ξυλ όχοισ(ι)(ν) 5x Opp. hal. – 7x Opp. cyn. – 14x Q.S. – Nonn. Dion. 15,204 und 41,195 – Kolluth. 42 – Anth. Gr. 6,181,5 und 9,644,3. ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι gebildet nach Od. 4,335 = 17,126 ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἐν ξυλόχῳ ().

Sprachliches Vorbild für den Vers ist Od. 4,335 = 17,126 ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἐν ξυλόχῳ ἔλαφος κρατεροῖο λέοντος (ein Tiervergleich);421 ferner Opp. cyn. 421 Od. 4,335–340 = 17,126–131: ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἐν ξυλόχῳ ἔλαφος κρατεροῖο λέοντος / νεβ ροὺς κοιμήσασα νεηγενέας γαλαθηνούς / κνημοὺς ἐξερέῃσι καὶ ἄγκεα ποιήεντα / βοσκομένη, ὃ δ᾿ ἔπειτα ἑὴν εἰσήλυθεν εὐνήν, / ἀμφοτέροισι δὲ τοῖσιν ἀεικέα πότμον ἐφῆκεν, / ὣς ᾿Οδυ σεὺς κείνοισιν ἀεικέα πότμον ἐφήσει. »So wie wenn eine Hirschkuh, die im Gehölz, [dem Lager] des kräftigen Löwen, ihre neugeborenen, milchsaugenden Kälber gebettet hat, die Waldtäler und grasreichen Bergschluchten weidend durchforstet, der aber hat dann sein Lager betreten,

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2,474 ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισιν ἐπεσσυμένοιο λέοντος (ebenfalls ein Tiervergleich)422 sowie drei Tiergleichnisse des älteren Oppian, die mit der Junktur ἐν(ὶ) ξυλόχοισ(ι)(ν) im Anfangsverse operieren (Opp. hal. 1,237; 3,386; 4,586). Bei Q.S. steht die Junktur ἐν(ὶ) ξυλόχοισ(ι)(ν) mit einer Ausnahme423 ebenfalls in Vergleichen oder Gleichnissen. (5) βλοσυροῖο Il. 7,212; 11,36; 15,608 – [Hes.] Scut. 147; 175; 191; 250 – Theokr. 24,118 – Kall. h. Cer. 52 – A.R. 2,740 und 4,1437 – Nik. Ther. 336; 370; 706; Alex. 234 – 5x Opp. hal. – Opp. cyn. 2,104; 2,165; 4,234 – 19x Q.S. – 46x Nonn. Dion.; Par. 19,27 – daneben zahlreiche weitere, auch prosaische Belege, gehäuft bis in byzantinische Zeit.

In Il. 7,211f. heisst es von Aias: ὦρτο […] / μειδιόων βλοσυροῖσι προσ ώπασι »er erhob sich […] lächelnd mit finsterem Antlitz«; in Il. 15,607f. lesen wir über den kampfeswütigen Hektor: τὼ δέ οἱ ὄσσε / λαμπέσθην βλοσυρῇσιν ὑπ᾿ ὀφρύσιν »be ide Augen funkelten ihm unter den finsteren (oder: buschigen) Brauen«;424 vgl. ausserdem Il. 11,36 Γοργὼ βλοσυρῶπις »die finsterblickende Gorgo« (auf dem Schild des Agamemnon). In [Hes.] Scut. 175 wird das Adjektiv – wohl ausgehend von Il. 15,608 – erstmals auf einen Löwen appliziert: κείατο τεθνηῶτες ὑπὸ β λοσυροῖσι λέουσιν. »Sie [= zwei Eber] lagen da, getötet von zwei grausigen (oder: struppigen) Löwen.«425 Quintus verbindet βλοσυρός auch andernorts mit dem Löwen: vgl. 2,576 ἢ συὸς ἠὲ λέοντος ὐπὸ βλοσυρῇσι γένυσσι; 3,146 und 7,471 σμερ δαλέον βλοσυρῇσιν ὑπαὶ γενύεσσι βε βρυχώς (von einem verwundeten bzw. wütenden Löwen). Gerade mit Blick auf die grandiose Schilderung von Hektors pathologischer Kriegswut im 15. Buch der Ilias und auf die wirkmächtigen Verse

und er hat beiden ein schmähliches Todesschicksal bereitet: So wird Odysseus jenen [= den Freiern] [auch] ein schmähliches Todesschicksal bereiten.« 422 Opp. cyn. 2,474–480: ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισιν ἐπεσσυμένοιο λέοντος, / ᾿Αρτέμιδος δώροισι κεκασμένος ἄλκιμος ἀνήρ, / αἰχμὴν ἀστράπτουσαν ἔχων κρατερῇς παλάμῃσιν, / εὖ διαβὰς μίμνει, τὸν δ᾿ ἄγρια θυμαίνοντα / δέξηται προβλῆτα φέρων ἀμφήκεα χαλκόν· / ὣς ὄρυγες μίμνουσιν ἐπεσσυμένους τότε θῆρας, / αὐτοφόνους σφετέρῃσιν ἀτασθαλίῃσι δαμέντας. »So wie im Gehölz, wenn ein Löwe heranstürmt, ein wehrhafter, mit den Gaben der Artemis begabter Mann, seinen glänzenden Speer in seinen starken Händen haltend, sich breitbeinig hinstellt und [auf den Löwen] wartet und diesen in seinem wilden Zorn empfängt, indem er seinen zweischneidigen, ehernen Speer ihm entgegenstreckt: So warten da die Gazellen auf die heranstürmenden wilden Tiere, die sich in ihrem Übermut selber den Tod bereiten.« 423 Q.S. 10,133 (in einer mythographischen Digression). 424 βλοσυρός heisst bei Homer in erster Linie »schrecklich, wild, wütend, grimmig« (vgl. Kirk [1990] 262: »‘terrible’, ‘savage’ or ‘imposing’«), doch zeigt Il. 15,608, dass auch an »haarig, struppig« zu denken ist (vgl. LSJ s.v. βλοσυρός: »hairy, shaggy, bristling«). Vgl. auch Leumann (1950) 141–148 und Watson Williams (1960). 425 Vgl. Russo (1950) 110: »[A]l 175 βλοσυροῖσι λέουσιν si ha un ampliamento dell’uso […], ché i leoni sono da considerarsi come dei grandi guerrieri (i quali in Omero venivano spesso paragonati a leoni).«

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15,607f.426 erhält Quintus’ Gleichnis eine zusätzliche Tiefendimension: Ähnlich, wie das bei Homer dem Achilleus vorbehaltene Adjektiv θεο είκελος im ersten Vers auf Hektor bezogen wird, bezieht sich nun hier βλοσυρός nicht wie in der Ilias auf Hektor, sondern auf Achilleus – Hektor und Achilleus haben die Rollen getauscht, auch der Sieger wird bald zum Besiegten werden. (7) ἰληδόν ἰληδόν (): Arr. Alex. anab. 3,15,2 – Tyrt. fr. 23,13 2IEG (Text unsicher) – Q.S. 1,7; 2,397; 6,643. ἰλᾰδόν: Il. 2,93 – Hes. Erga 287 – A.R. 4,240 – 10x Q.S. – sowie einige weitere, auch prosaische Belege.

Es handelt sich um eines der zahlreichen homerischen hapax legomena bei Q.S.,427 welche, wie Appel festgestellt hat, ungefähr 10% des Gesamtwortschatzes der Posthomerica ausmachen.428 Bei Q.S. finden wir ἰληδόν bzw. dessen metrische Komplementärvariante ἰλᾰδόν »immer in derselben, noch homerischen Bedeutung "in großen Quantitäten, in Menge" und meistens an derselben Versstelle«.429 (7) ἀνὰ ῥωπήια πυκνά  Il. 13,199; Q.S. 1,7. Sonst keinerlei Belege; vgl. jedoch Il. 23,122 διὰ ῥωπήια πυκνά; Od. 14,473 κατὰ ῥωπήια πυκνά.

 Zum Gleichnis vgl. den Kommentar zu (5–8) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι […] ὣς οἱ […] ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα. (8) ἀνὰ πτολίεθρον  A.R. 1,825 und 3,824; 7x Q.S.

(8) ὄβριμον ἄνδρα Das Adjektiv ὄβριμος 29x Il. – 6x Od. – A.R. 3,1286 – 119x Q.S. – zahlreiche weitere, v.a. epischpoetische Belege.

Ein offensichtliches Lieblingswort unseres Dichters – was den subjektiven Leseeindruck einer ermüdenden, monotonen Sprachbehandlung durchaus verständlich werden lässt. Beachtenswert scheint freilich, dass Quintus – in Auseinandersetzung mit der archaischen und der hellenistischen Epik – das bei Homer gängige Adjektiv nicht wie Apollonios Rhodios in den Rang

426 Il. 15,607f. klingt an in [Hes.] Scut. 147f.: ἐπὶ δὲ βλοσυροῖο μετώπου / δεινὴ ῎Ερις πεπότητο »und auf der finstern Stirn flatterte die schreckliche Eris«. Wie eine Kreuzung der beiden Stellen wirkt A.R. 4,1437: ὄσσε δ έ οἱ βλοσυρ ῷ ὑπέλαμπε μετ ώπῳ. »Und seine beiden Augen funkelten ihm unter der finsteren Stirn.« 427 Interessanterweise auch von Apollonios Rhodios als hapax behandelt. 428 Vgl. dazu Appel (1993b; 1994a; 1994b) sowie Kap. 1.3.2 und 1.3.3.3. 429 Appel (1994a) 54. – Anzumerken ist, dass, entgegen Appels Behauptung (ibid. 55), die Form ἰληδόν nicht ausschliesslich (wenn auch fast nur) von Quintus verwendet wird (s.o.).

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eines hapax erhebt, sondern genau gegenteilig vorgeht, indem er es geradezu exzessiv verwendet. Die Junktur ὄβριμον ἄνδρα ist vor Quintus nur 1x belegt (Batr. 282, bezogen auf Kapaneus, ebenfalls am Versende) und wird von ihm 7x verwendet, erhält also den Rang einer homerisierenden Formel. Quintus bezieht diese auf verschiedene Helden; besonders zu beachten ist, dass der Ausdruck ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα »sie zitterten vor dem gewaltigen Ma nne« an zwei weiteren Stellen (1,278; 5,438), jeweils am Versende, vorkommt, und zwar in beiden Fällen ebenfalls in einem Vergleich: In 1,276– 278 heisst es von dem Griechen Meges, dass sich dieser aus Wut über Euenors Tod »wie ein Löwe auf eine Herde von Schafen« (1,277 λέων ὣς πώεσι μήλων) stürze;430 in 5,435–438 ist die Rede von den Hirten, welche sich aus Angst vor dem wahnsinnigen Aias in den Büschen verstecken wie Hasen vor einem Adler. (9–14) μνησάμενοι προτέρων […] φέρεν Τρώεσσιν ὄλεθρον431 Es folgt ein chronologisches Resumée des dramatischen Höhepunkts der Ilias: das Wüten und Morden des Achilleus am Skamander und, als Kulminationspunkt, die Tötung und Schleifung Hektors. Buch 21 der Ilias schildert, wie Achilleus die Troer in die Strömungen des Skamander treibt und dort viele Helden tötet, bis sich schliesslich der Fluss gegen ihn erhebt und ihn in Todesgefahr bringt, ehe Hephaistos das Wasser mit Feuer zurückdrängt. Die Handlung geht schliesslich über in den Götterkampf. Buch 22 sodann ist ganz der Verfolgung und Tötung Hektors gewidmet, während die grausame Schleifung des toten Troerhelden gegen Ende des 22. und zu Beginn des 24. Gesanges (Il. 22,395–404; 22,463–465; 24,14–18) geschildert ist. Mit der Schleifung Hektors um die Mauern Trojas weicht Quintus von der homerischen Version ab, denn dort schleift ihn Achilleus zuerst vor der Stadt und dann zu den Schiffen der Griechen und später um das Grab des toten Patroklos; vgl. Il. 22,463–465: τὸν δ᾿ ἐνόησεν / ἑλκόμενον πρόσθεν πόλιος· ταχέες δέ μιν ἵπποι / ἕλκον ἀκηδέστως κοίλας ἐπὶ νῆας ᾿Αχαιῶν. »Und sie [= Andromache] bemerkte, wie er vor der Stadt geschleift wurde; und die schnellen Pferde schleiften ihn sorglos zu den hohlen Schiffen der Achaier.«; Il. 24,16f.: τρὶς δ᾿ ἐρύσας περὶ σῆμα Μενοιτι άδαο θανόντος / αὖτις ἐνὶ κλισίῃ παυέσκετο. »Und nac hdem er ihn dreimal um das Grabmal des getöteten Menoitios-Sohnes geschleift hatte, ruhte er sich wieder in seiner Hütte aus.« Quintus hingegen stützt sich auf eine alternative Sagenversion, welche bei Euripides und Vergil schon fass430 Vgl. dazu auch den Kommentar zu (5–8) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι […] ὣς οἱ […] ὑπέτρεσαν ὄβριμον ἄνδρα. 431 Die nachstehenden Ausführungen basieren auf Vian (1963) 12 Anm. 1, James (2004) 269 und Usener (2007) 406f.

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bar ist; vgl. Eur. Andr. 107f. (Andromache spricht): καὶ τὸν ἐμὸν μελέας πόσιν ῞Εκτορα, τὸν περὶ τείχη / εἵλκυσε διφρεύων παῖς ἁλίας Θέτιδος »und meinen Gatten Hektor, – [ach, ich] Erbärmliche! – welchen der Sohn der Meer[nymphe] Thetis auf dem Wagen um die Stadtmauern schleifte«; Verg. Aen. 1,483f.: ter circum Iliacos raptaverat Hectora muros / exanimumque auro corpus vendebat Achilles. »Achilles hatte Hektor dreimal um die Mauern Iliums geschleift und verkaufte [dann] seinen entseelten Körper für Gold.«432 Ob diese Sagenversion, wie Vian in Erwägung zieht, auf den Epischen Zyklus zurückgeht,433 muss aufgrund unserer spärlichen Kenntnisse über selbigen freilich Spekulation bleiben;434 allenfalls liesse sich ihre Genese aus einer Kontamination des Motivs ›Schleifung vor der Stadt‹ und ›Schleifung um Patroklos Grab‹ (πρόσθεν πόλιος  περὶ σῆμα > ›περὶ πόλιν‹) erklären.435 Quintus selber kommt an zwei weiteren Stellen darauf zurück; vgl. Q.S. 1,112 κεῖνον ὅτ᾿ ἀμφὶ πόληα ποδώκεες εἴρυον ἵπποι »als die fussschnellen Pferde ihn um die Stadt schleiften«; 14,133 ῞Εκτορά θ᾿ ὡς εἴρυσσεν ἑῆς περὶ τείχεα πάτρης »und wie er [= Achilleus] Hektor um die Mauern von dessen eigener Heimatstadt schleifte«. Auf alle Fälle wird hier auf motivischer Ebene deutlich, was Quintus auch strukturellnarrativ und sprachlich zeigt, nämlich, dass Homer zwar sein hauptsächliches, jedoch nicht sein alleiniges Vorbild ist und dass er auch auf andere, alternative Quellen und Versionen zurückgreift, dass er sich also sowohl an die homerischen Epen anlehnt als auch sich gleichzeitig von ebendiesen absetzt.436 In den Versen 13f. sodann wird auf die Einnahme und Plünderung der zwölf Inselstädte sowie der elf Städte auf dem Festland unter Achilleus’ Führung angespielt.437 Eine Umstellung der Verse aus Gründen der Chrono432 Vgl. auch Verg. Aen. 2,278f.: vulneraque illa gerens, quae circum plurima muros / accepit patrios »und jene Wunden ›tragend‹, welche [Hektor] in sehr grosser Zahl um die väterlichen Mauern herum abbekam […]« Für ein paar weitere Reflexe dieser Sagenversion vgl. Kopff (1981) 930, der jedoch Q.S. ad loc. nicht nennt. 433 So Vian (1963) 12 Anm. 1 (»remonte sans doute au Cycle«); vgl. auch Kopff (1981) 931. 434 Zum Verhältnis Quintus – Epischer Zyklus vgl. Kap. 1.4.2. 435 Ob die iliadische Schleifung vor der Stadt (Il. 22,464 πρ όσθεν π όλιος) eine ›separate‹ Schleifung darstellt oder ob damit bloss Andromaches Wahrnehmung in dem Moment, als sie Hektors Leiche erblickt, zum Ausdruck kommt, können wir wohl nicht entscheiden. 436 Zu kurz greift m.E. die Erklärung von James (2004) 269, da er die poetologische Implikation von Quintus’ ›Abweichung‹ nicht berücksichtigt: »Though just a slight variation on the Iliad’s version […] and attested in earlier literature […], it exemplifies Quintus’ readiness to depart from Homeric authority.« 437 Il. 9,328f. (Achilleus zu Odysseus): δώδεκα δὴ σὺν νηυσὶ πόλεις ἀλάπαξ᾿ ἀνθρώπων, / πεζὸς δ ᾿ ἕνδεκα φημ ὶ κατ ὰ Τρο ίην ἐρίβωλον. »Denn zwölf Städte [voller] Menschen zerstörte ich mit Schiffen, und zu Fusse elf, sage ich, in der grossscholligen [Gegend von] Troja.« Vgl. auch Od. 3,105f.; Q.S. 4,150f.; Q.S. 14,128f; vgl. ferner Vian (1963) 12 Anm. 1. Es handelt sich auch um einen Topos der zweitsophistischen Homerlektüre; vgl. Aristid. or. 16,25; Lib. decl. 5,12 Förster.

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logie, wie sie Köchly vornahm,438 ist völlig unnötig, da es sich bei der ganzen Beschreibung der Verse 9–14 um eine Stimmungsschilderung handelt, bei der nicht die korrekte Ordnungsabfolge der konkreten Ereignisse, sondern vielmehr die Befindlichkeit, sozusagen die ›emotionale Unordnung‹ der Troer im Vordergrund steht. (9) μνησάμενοι προτέρων Die vorliegende Wendung – das Partizip Aorist μνησάμενος »sich eri nnernd an, in Erinnerung an« zu Versbeginn mit einem Genitiv der erinnerten Person / Sache – findet sich in den Posthomerica gesamthaft 8x.439 Im 1. Buch vgl. 1,116 μνησαμέ νη πόσιος (von Andromache in Erinnerung an ihren getöteten Gatten Hektor) und 1,379 μνησάμενοι ἑτάροιο (von Aias und Achilleus in Erinnerung an ihren getöteten Freund Patroklos).  Zur poetologischen Qualität der Stelle vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. (9) ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν Neben der vorliegenden Lesart ἀπὸ θυμὸν ἴαψεν des Subarchetypus (Y) bietet der Hydruntinus (H) die Variante ἀπέταμνε κάρηνα. Köchly hatte versucht, durch Annahme einer Lücke sowie Umstellung von Vers 14 zwischen die Verse 9 und 10 beide Lesarten beizubehalten, was jedoch Zimmermann – m.E. überzeugend – zurückgewiesen hat.440 Zimmermann (1891) und Vian (1963) drucken ἀπὸ θυμὸν ἴαψε, 441 Pompella (2002) dagegen ἀπέταμνε κάρηνα. Ich möchte mich der Ansicht von Zimmermann (1885) 43 anschliessen, welcher in ἀπέταμνε κάρηνα eine ursprüngliche Glosse im Archetypus vermutet, die dann der Schreiber von H für ἀπὸ θυμὸν ἴαψε einsetzte – sei es aus Versehen, sei es aus Unverständnis gegenüber der originalen Formulierung.442 Für ἀπὸ θυμὸν ἴαψε spricht erstens, dass es wegen der Tmesis und der leicht euphemisierenden Ausdrucksweise gegenüber dem planen ἀπέταμνε κάρηνα lectio difficilior ist, und zweitens – und dies ist das Entscheidende –, dass ἀπὸ θυμὸν ἴαψε klar das Proömium der Ilias aufgreift: Il. 1,3 πολλὰς δ᾿ ἰφθίμους ψυχὰς ῎Αιδι 438

Köchly (1881) 353: »Iam patet esse aliquem in enumerandis Achillis factis ordinem […] Primum in memoriam sibi revocant Troiani, quot eorum Achilles interfecerit cum primum Graeci ad Troianum litus appulerint […] Deinde recordantur eorum, quos Achilles Agamemnoni Graecisque reconciliatus ἐν μάχῃ παραποταμίῳ trucidaverit […]« 439 Q.S. 1,9; 1,116; 1,379; 3,404; 3,517; 9,86; 10,455; 13,268. 440 Vgl. Köchly (1881) 353f.; Zimmermann (1885) 42f. 441 Auch James (2004) geht von dieser Lesart aus: »robbed of breath«. 442 Für Unverständnis der Formulierung ἀπὸ θυμὸν ἴαψε seitens des Schreibers von H dürfte m.E. sprechen, dass H in Vers 12 anstelle des als sicher anzusehenden ἀμφείρυσσε π όληι mit ἦμαρ ἔρυσσε πολήων einen völlig sinnlosen Text bietet – der H-Schreiber dürfte mit der ganzen Stelle, aus welchem Grund auch immer, Mühe bekundet haben.

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Kommentar zu den Versen 1–17

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προΐαψεν »und [Achilleus] warf viele kräftige Seelen dem Hades vor«.443 Vian (1961) 271 macht ausserdem auf ein Fragment aus Hesiods Frauenkatalogen aufmerksam, welches seinerseits auf Il. 1,3 basiert und Quintus ebenfalls als intertextueller Anknüpfungspunkt gedient haben mag und also die Richtigkeit der Lesart Y in Q.S. 1,9 weiter stützt: Hes. fr. 204,118 π]oλλὰς ᾿Αίδηι κεφαλὰς ἀπὸ χαλκὸν ἰάψ[ει]ν.444  Zur poetologischen Qualität der Stelle vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. (12) ῞Εκτορά θ᾿ ὡς ἐδάμασσε Die formelhafte Wendung findet sich hier sowie in 4,160 (). Letztere Stelle steht im Kontext von Nestors (in indirekter Rede wiedergegebenem) Nekrolog auf den verstorbenen Achilleus (Q.S. 4,146–168): Erst werden dessen Heldentaten während der Belagerungszeit (Eroberungen an der kleinsasiatischen Küste) und während des Kriegsgeschehens bis zu seinem Tod in geraffter Form wiedergegeben; es folgt sodann ein Eulogium auf seine Schönheit, seine Stärke und sein sportliches Geschick. Die Tötung von Hektor und Penthesileia wird in ebenjenem Vers erwähnt: ῞Εκτορά θ᾿ ὡς ἐδάμασσε καὶ ὡς ἕλε Πενθεσίλειαν »und wie er Hektor bezwang und wie er Penthesileia erledigte«. Dadurch, dass der Tod des grossen Troerhelden der Ilias und der ersten Troerheldin der Posthomerica in ein- und demselben Vers nebeneinanderstehen, werden die Grenzen zwischen Ilias und Posthomerica verwischt, die Taten des Achilleus (᾿Αχίλλεια / ᾿Αχιλληίς) werden als zusammengehörige Einheit gesehen.445 (12) ἀμφείρυσσε πόληι Platt (1901) 104 schlägt – in Analogie zu Q.S. 1,112 ἀμφὶ πόληα […] εἴρυον bzw. 14,133 εἴρυσσεν […] περὶ τείχεα – auch für diese Stelle den Akkusativ πόληα anstelle des Dativs πόληι vor. A llerdings ignoriert er, dass es sich in dem einen Fall hier um ein Präverb, in den anderen beiden Fällen um Präpositionen handelt. Man vergleiche ferner auch das Verb ἀμφιβάλλειν, welches homerisch sowohl mit doppeltem Akkusativ als auch mit direktem + indirektem Objekt (Akkusativ + Dativ nebeneinander) konstruiert wird; vgl. Od. 10,365 ἀμφὶ δέ με χλαῖναν καλὴν βάλεν ἠδὲ χιτῶνα gegenüber Il. 18,203f. ἀμφὶ δ᾿ ᾿Αθήνη / ὤμοις ἰφθίμοισι βάλ᾿ αἰγίδα. Für eine Kasusänderung besteht also hier kein Anlass. 443 Interessanterweise liefern zu Il. 1,3 einige Handschriften statt ψυχάς die Variante κεφαλάς; der so entstehende Vers begegnet fast identisch in Il. 11,55: πολλ ὰς ἰφθίμους κεφαλ ὰς ῎Αιδι προϊάψειν. Vgl. ferner Il. 5,190 ᾿Αιδωνῆι προϊάψειν (VE) und 6,487 ῎Αιδι προϊάψει (VE). 444 Vian (1961) 271 nennt ferner vier weitere Fragmente aus Hesiods Frauenkatalogen, welche an anderen Stellen in den Posthomerica anklingen. 445 Vgl. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt sowie Kap. 1.4.1.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Das komponierte ἀμφε(ι)ρύειν ist ein absolutes hapax, ἐρύειν / εἰρύειν dagegen ist seit Ilias und Odyssee gut belegt und wird homerisch häufig für Menschen, z.B. für das Wegziehen oder -schleppen von Leichen oder getöteten Feinden, gebraucht.446 Quintus verwendet öfters Verben, welche homerisch nur als simplicia oder mit anderen Präpositionen vorkommen, in komponierter Form.447 Der Aorist εἴρυσσα mit Doppelsigma ist rein episch und wird von Quintus bevorzugt verwendet.448 (13) δι᾿ ἀκαμάτοιο θαλάσσης Das Adjektiv ἀκάματος 8x Il. – Od. 20,123 und 21,181 – 6x Hes. Th.; Hes. fr. 294,3 – 8x A.R. – 60x Q.S. – 8x Nonn. Dion.; Par. 4,179 und 5,34 – daneben zahlreiche, auch prosaische Belege, gehäuft bis in byzantinische Zeit.

Die formelhafte Wendung δι᾿ ἀκαμάτοιο θαλάσσης findet sich hier sowie in Q.S. 14,63 in einem nautischen Gleichnis, ebenfalls am Versende, ist jedoch sonstwo nirgends belegt. Zu der auffallenden Verwendung der Präposition διά + Genitiv 449 vgl. Thuk. 1,2,2 οὔτε κατὰ γῆν οὔτε διὰ θαλάσ σης »weder zu Land noch zu Wasser«; Nonn. Dion. 28,245 ἀκοντοφόρου διὰ πόντου.450 (14) δὴ τὰ πρῶτα Zur Metrik: Gemäss Ludwich (1874) 234 gilt sowohl für Quintus als auch für Nonnos die Regel, dass »die durch muta und liquida gebildete positionslänge […] nicht in der thesis stehen« darf, sondern nur in der Arsis. Zu einer Handvoll von Gegenbeispielen, bei denen bei Q.S. die durch muta cum liquida gebildete Positionslänge gleichwohl in der Thesis steht, gehört auch 1,14. Mit dem Ausdruck τὰ πρῶτα verweist Quintus unüberhörbar auf das Proömium der Ilias; vgl. Il. 1,6 ἐξ οὗ δὴ τὰ πρῶτα διαστήτην ἐρίσαντε »von dem Moment an, als sie [= Agamemnon und Achilleus] sich zum ersten Mal im Streit entzweiten« (mit δὴ τὰ πρῶτα bei Q.S. 1,14 an derselben metrischen Position). Mit diesem Bezug spinnt Quintus einerseits einen weiteren intertextuellen Faden zum Ilias-Proömium und lädt dadurch die einleitenden Verse proömial auf. Andererseits besitzt der Ausdruck für sich genommen eine implizite poetologische Qualität, insofern als er das Moment des Erinnerns bzw. des Suchens nach den Anfangsgründen – in der Ilias sind dies die Auslöser für den Streit zwischen Agamemnon und Achil-

446 Vgl. LSJ s.v. ἐρύω [1.]; LfgrE s.v. ἐρύω: »bez[eichnet] eine oft gewaltsame, überwiegend größeren Krafteinsatz voraussetzende Aktion, die i. d. R. intentional-zweckvoll ist«. 447 Vgl. dazu Winkler (1875) 10–14 (Liste). 448 8x Il.; 3x Od.; 6x A.R.; 19x Q.S.; 4x Nonn. Dion.; u.a. 449 Vian (1963) »sur les flots houleux de la mer«; James (2004) »upon the restless sea«. 450 Vgl. dazu auch Zimmermann (1885) 43.

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leus, in den Posthomerica die Anfänge von Achilleus’ Wüten und Morden – als Movens epischen Erzählens in den Vordergrund stellt.  Zur poetologischen Qualität der Stelle vgl. auch die Einleitung zu diesem Abschnitt. (15–17) τῶν οἵ γε μνησθέντες […] καταιθομένης πυρὶ Τροίης Die Verse 15f. fassen Gedanken und Gefühle der Troer, die in den vorhergehenden Versen plastisch dargelegt und mit einem Gleichnis illustriert wurden, noch einmal zusammen. μνησθέντες greift μνησάμενοι in 1,9 auf, ἀνὰ πτολίεθρον ist eine Wi ederholung aus 1,8, und ἔμιμνον wiede rholt dieselbe Imperfektform aus 1,3 – Quintus ist also um eine Rahmenkomposition in den ›proömialen‹ Eingangsversen bemüht.451 Der abschliessende Vers 17 nimmt – ganz im Sinne des foreshadowing kommender Ereignisse – die Zerstörung Trojas bereits vorweg; obschon die Partikel ὡς die Formulierung noch im Bereich des Irrealen belässt, weist das Adverb ἤδη schon klar auf das bevorstehende, unabwendbare Geschehen hin. Die einleitenden 17 Verse der Posthomerica nehmen somit, als Ganzes betrachtet, das gesamte ›Universum‹ des Troischen Krieges in den Blick, mit klaren Referenzen auf Beginn und Ende der homerischen Ilias und mit einer ebenso unzweideutigen Vorausschau auf den Untergang Trojas und somit auch auf das Ende des vorliegenden Werkes. (16–17) ἀμφὶ δ᾿ ἄρα […] καταιθομένης πυρὶ Τροίης Die die Einleitung abschliessenden Verse knüpfen an die Situation unmittelbar nach der Ermordung Hektors durch Achilleus an, als dieser den Leichnam zwecks Schändung hinten an seinen Wagen anbindet und zum Meer schleift (Il. 22,395–404), während Hektors Eltern von der Burg aus zusehen müssen (Il. 22,405–408). Sodann heisst es (Il. 22,408–411): […] ἀμφὶ δὲ λαοί κωκυτῷ τ᾿ εἴχοντο καὶ οἰμωγῇ κατὰ ἄστυ. τῷ δὲ μάλιστ᾿ ἂρ ἔην ἐναλίγκιον, ὡς εἰ ἅπασα ῎Ιλιος ὀφρυόεσσα πυρὶ σμύχοιτο κατ᾿ ἄκρης. […] Ringsum aber ergingen sich die Leute in Geheul und Wehklage durch die Stadt hin, diese aber war dem [Zustand] am ähnlichsten, als ob die ganze terrassenartig [gebaute Stadt] Ilios von Feuer schwelte von oben her.

(16) ἀνιηρόν Od. 2,190; 17,220; 17,377 – Hes. fr. 75,24 – 8x Thgn. – A.R. 3,1066 und 4,63 – Opp. hal. 2,448 – 28x Q.S. – sowie einige weitere, hauptsächlich poetische Belege.

451

Vgl. dazu die schematische Darstellung in der Einleitung zu diesem Abschnitt.

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Das homerisch nur für die Odyssee bezeugte Adjektiv, bei Apollonios Rhodios ein dis legomenon, wird von Quintus gehäuft eingesetzt – es handelt sich um eine frühepische Rarität, welche unserem Dichter zum Lieblingswort wird, nachdem Apollonios den homerischen Raritätencharakter bewahrt hat.452 Auffallend ist sein beinahe vollständiges Fehlen bei den späteren Epikern.453 Auf Personen bezogen, bedeutet ἀνιηρός (attisch ἀνιᾱρός) »lästig, mühselig, nervig«;454 in der Odyssee dient es zweimal als wenig schmeichelhaftes Bei-, um nicht zu sagen Schimpfwort für πτωχός ( Od. 17,220; 17,377). Bei Tyrtaios ist es auch sachbezogen noch mit Betteln assoziiert (Tyrt. fr. 10,4 2IEG: πτωχεύειν πάντων ἔστ᾿ ἀνιηρότατον). Quintus stellt es mit verschiedenen Abstrakta, insbesondere mit affektiven Begriffen (Trauer, Schmerz, Wut), sowie mit Gegenständen, v.a. mit Waffenbezeichnungen, nur an einer einzigen Stelle jedoch mit einem Konkretum455 zusammen. Mit der vorliegenden Kollokation πένθος ἀνιηρόν vgl. v.a. Q.S. 1,434 / 12,230 ἀνιηρῇ ὑπ᾿ ἀνάγκῃ; 7,529 ἀνιηρὸν δέος; 9,373 ἀνιηρὸν […] ἄλγος; 9,424 / 14,170 ἀνιηροῖο χόλοιο; 10,327 ἀνιηρῶν ὀδυνάων; 10,346 μῆνιν ἀνιηρήν. Als Vorbild für die Paarung des Adjektivs mit Begriffen des Schmerzes oder des Todes könnten Stellen gedient haben wie Thgn. 276 2IEG π ⌋όλλ᾿ ἀ ⌊ν⌋ιηρὰ ⌊παθών; Thgn. 811f. 2IEG χρῆμ᾿ ἔπαθον θανάτου μὲν ἀεικέoς οὔτι κάκιον, / τῶν δ᾿ ἄλλων πάντων […] ἀνιηρότατον; A.R. 4,63 ἀνιηρόν […] πῆμα. (16) πεπότητο  Diese typisch epische Verbform [Hes.] Scut. 148 – A.R. 1,1097; 3,447; 3,684; 3,1151 – 6x Q.S. – 20x Nonn. Dion.; Par. 20,79 – Orph. Arg. 696 – Menophil. fr. 558,7 SH. Metrisch meist (bei Nonnos immer) nach der Trithemimeres, selten am Versende.

Den Erstbeleg für die Verbform πεπότητο bietet [Hes.] Scut. 147f.: ἐπὶ δὲ βλοσυροῖο μετώπου / δεινὴ ῎Ερις πεπότητο κορύσσουσα κλόνον ἀνδ ρῶν. »Und auf der finstern Stirn flatterte die schreckliche Eris, die Schar der Männer zum Kampf rüstend.«456 Für die im Griechischen verbreitete Metapher des ›Fliegens‹ oder ›Dahineilens‹ von Gefühlen und Gedanken vgl. bspw. Il. 15,80 ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἂν ἀίξῃ νόoς ἀνέρος »wie wenn dahineilt der Gedanke eines Mannes«; Od. 7,36 τῶν νέες ὠκεῖαι ὡς εἰ πτερὸν ἠὲ νόημα »deren Schiffe [sind] schnell wie ein Flügel oder ein Gedanke«; [Hes.] Scut. 222 ὃ δ᾿ ὥς τε νόημ᾿ ἐποτᾶτο »er flog [schnell] wie ein Gedanke«; Aischyl. 452

Vgl. diesbezüglich auch den Kommentar zu (8) ὄβριμον ἄνδρα. Einziger Beleg: Opp. hal. 2,448 ἀνιηραὶ […] στίχες. 454 Vgl. LSJ s.v. ἀνιαρός: »grievous, troublesome, annoying, of persons, […] 2. mostly of things, painful, grievous«; LfgrE s.v. ἀνιηρός: »lästig, beschwerlich; immer in dir[ekter] R[ede]«. 455 Q.S. 11,39f. Κῆρες […] / […] ἀνιηραί »[t]he cursed Fates« (James [2004]). 456 Ps.-Hesiods Scutum ist ein wichtiger Vorbildtext für Quintus, insbesondere natürlich für die Schildbeschreibungen (Q.S. 5,6–101 und 6,198–293); vgl. dazu James / Lee (2000) 35f. und Baumbach (2007) 139–141. Vgl. auch den Kommentar zu (5) βλοσυροῖο. 453

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Ag. 977f. δεῖμα προστατήριον / καρδίας τερασκόπου ποτᾶται »Furcht schwebt vor den Toren meines hellseherischen Herzens«. Als sprachliches und konzeptionelles Vorbild für Quintus dürften Stellen aus Apollonios’ Argonautica gedient haben: vgl. A.R. 3,446f. νόος δέ οἱ ἠύτ᾿ ὄνειρος / ἑρπύζων πεπότητο μετ᾿ ἴχνια νισ ομένοιο; id. 3,683f. μῦθος δ᾿ ἄ λλοτε μέν οἱ ἐπ᾿ ἀκροτάτης ἀνέτελλε / γλώσσης, ἄλλοτ᾿ ἔνερθε κατὰ στῆθος πεπότητο; id. 3,1151 ψυχὴ γὰρ νεφέεσσι μεταχρονίη πεπότητο. Werkintern vgl. Q.S. 13,33 ὕπνος ἄδην πεπότητο; 14,152 Κύπρις πεπότητο περὶ φρένας. Mit der Wahl des Verbs ποτᾶσθαι geling t unserem Dichter eine anschauliche Metapher – man mag den ›flatternden‹ Schmerz etwa mit dem Bild einer lästigen Fliege assoziieren, welche uns Menschen piesackt und nicht zu vertreiben ist. (17) στονόεντι Il. 8,159; 15,590; 17,374; 24,721 – 7x Od. – 7x A.R. – 82x Q.S. – auch sonst dichterisch öfters belegt.

Bei Homer ist das Adjektiv mehrmals Epitheton für Wurfgeschosse,457 einmal (Od. 11,383) für das Kampfgeschrei. Das Wort ist bei Q.S. häufig und begegnet überdurchschnittlich (16x) im 1. Buch. Quintus verbindet es, ausgehend von seinem homerischen Vorbild, mit zahlreichen Substantiven aus den Sachfeldern ›Krieg, Mord, Tod, Schmerz‹ etc. bzw. ›Waffen, Kriegsmaterial‹. In vielen, jedoch längst nicht allen Fällen bindet er das Adjektiv in eine homerisierende Formel ein; es finden sich (Aufzählung in der Reihenfolge ihres Auftretens): στονόεντος […] πολέμοιο (3x) bzw. στονόεντος […] πτολέμοιο (1x, Selbstvariation); φόνον στονόεντα (11x) bzw. στονόεντα φόνον (2x, Selbstvariation); δῆριν ἐπὶ στονόεσσαν (3x) bzw. δῆριν ἀνὰ στονόεσσαν (2x, Selbs tvariation); στονόεντι κεραυνῷ (4x); στονόεσσά τ᾿ ᾿Ενυώ (3x); (ὑπὸ) ξίφεϊ στονόεντι (3x); στονόεντα βέλη (2x);458 στονόεντα […] ὄλεθρον (2x); στονόεσσαν […] ὁμοκλήν (2x); στονόεντι βελέμνῳ (2x); 459 στονόεντος […] ὀλέθρου (2x). Be i alledem fällt auf, dass genau die beiden homerischen Formeln βέλεα στονό εντα (3x Il., evtl. 1x Od., s. Anm. 457) und στονόεντες ὀι στοί (2x Od., s. ibid.) von Quintus nicht formelhaft gebraucht werden.460

457 βέλεα στον όεντα (Il. 8,159; 15,590; 17,374); στον όεντες ὀιστοί (Od. 21,12; 21,60); στονόεντα βέλεμνα (Od. 24,180; möglicherweise jedoch auch hier βέλεα στονόεντα). 458 variatio des homerischen βέλεα στονόεντα; s.o. Anm. 457. 459 variatio des homerischen στον όεντα β έλεμνα. Die in den Posthomerica zweimal zu findende Kollokation στονόεντι βελέμνῷ könnte gegebenenfalls dafür sprechen, dass Quintus in Od. 24,180 στονόεντα βέλεμνα und nicht βέλεα στονόεντα las. 460 βέλεα στονόεντα nur in Q.S. 11,370; στονόεντας ὀιστούς nur in Q.S. 10,207.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Dasselbe Adjektiv erscheint drei Verse später gleich noch einmal (1,17 στονόεντι […] πυρί – 1,20 στονόεντος […] πολέμοιο). 461 Hier zeigt sich zum ersten Mal eine Erscheinung, die sich durch die gesamten Posthomerica zieht, nämlich die Repetition bestimmter, von Quintus häufig verwendeter Adjektive – wir können sie als ›Lieblingswörter‹ unseres Dichters bezeichnen – auf engem Raum (d.h. im Normalfall in einem Abstand von maximal ca. zehn Versen), mit dem Effekt, dass die Wiederholung dem Leser sofort ins Auge springt. Castiglioni hat dieses Phänomen erstmals erkannt und beschrieben.462 Folgende Adjektive erscheinen in den Posthomerica an mehreren Stellen in jeweils kurzen Abständen zwei- oder mehrmals hintereinander: στονόεις, ἐσσύμενος, ἀάσπετος / ἄσπετος, ἀκάμα τος, αἰνός, θοός. Im 1. Buch finden wir folgende Wiederh olungen auf engem Raum:463 • στονόεις: 1,17 στονόεντι […] πυρί – 1,20 στονόεντος […] πολέμοιο; • ἀκάματος: 1,48 ἀκαμάτοιο […] Οὐλύμποιο – 1,55 ῎Αρεος ἀκαμάτοιο; • ἐσσύμενος: 1,200 ἐ .-ως – 1,206 Τρῶας ἐπεσσυμένους – 1,242 ἐ. -ως – 1,257 ἐ.-ως – 1,272 ἐ.-ος – 1,274 ἐ.-ως; • θοός: 1,341 θοοί […] ἄνδρες – 1,345 θοοῖς φύλλοισιν; • αἰνός: 1,682 μόρον αἰνόν – 1,685 αἰνὸν ὄλεθρον. Castiglioni hat in diesen Wiederholungen ein Zeichen für die mangelnde Gestaltungs- und Variationskraft des Quintus gesehen.464 Einem solchen Verdikt können wir freilich heute nicht mehr zustimmen – vielmehr zeigt sich in dem Phänomen eine Methode unseres Dichters, Repetivität zu erzeugen. Selbige ist typisch für die homerische (Formel-)Sprache; Quintus ist in seinem Epos bemüht, ähnliche Effekte zu erzielen, ohne jedoch die homerischen Techniken tel quel zu kopieren.465  Vgl. auch die Kommentare zu (20) στονόεντος […] πολέμοιο und zu (208) φόνον στονόεντα φέρουσι.

461

Zur Interpretation vgl. den Kommentar zu (20) στονόεντος […] πολέμοιο. Castiglioni (1921) 39; vgl. Kap. 1.3.3.2 mit Anm. 203. 463 Nach Castiglioni (1921) 39 (Liste für die ganzen Posthomerica ebenda). 464 Castiglioni (1921) 39; vgl. Kap. 1.3.3.2 mit Anm. 204. 465 Quintus übernimmt nie ganze Homerverse eins zu eins, und auch eigene Iteratverse sind im Vergleich mit deren Abundanz in den homerischen Epen selten; vgl. dazu ausführlich und im Kontext von Quintus’ Poetologie Kap. 1.3.3.2. 462

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Kommentar zu den Versen 18–32

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Verse 18–32: Ankunft der Amazonenkönigin Penthesileia In der Antike wie auch in der Moderne wurde die Frage diskutiert, warum die Amazonen den Troern überhaupt zu Hilfe kommen, obschon sie vor nicht allzu langer Zeit, nämlich in Priamos’ besten Jahren, noch mit diesen verfeindet waren – denn so war es gemäss Il. 3,188f.: κα ὶ γὰρ ἐγὼν ἐπίκουρος ἐὼν μετὰ τοῖσιν ἐλέχθην / ἤματι τῷ, ὅτε τ᾿ ἦλθον ᾿Αμαζόνες ἀντιάνειραι. »Denn auch [= Priamos] wurde zusammen mit diesen als Helfer ausgewählt an jenem Tage, als die männergleichen Amazonen kamen.« Strabon versucht den Widerspruch auf eine rationalistische Art und Weise wegzuerklären: Bei den Amazonen, die früher mit Priamos verfeindet waren, habe es sich um die echten Amazonen gehandelt, bei denen jedoch, die ihm später zu Hilfe eilten, nur um deren Nachbarn.466 Dictys Cretensis dagegen erwägt nebst Penthesileias Kriegsbegierde auch, dass Priamos sie um Geld angeheuert haben könnte.467 In Philostrats Dialog Heroikos schliesslich wird die Amazonenepisode als schlichtweg »unglaubwürdig« ([οὐ] πιθαν όν) bezeichnet – die Amazonen hätten gar nie vor Troja gegen Achilleus gekämpft, vielmehr sei aber »der kampfstärkste Teil von ihnen« (αὐτῶν […] τὸ μαχιμώτατον) auf der Insel Leuke von Achilleus getötet worden.468 Was die moderne Forschung angeht, so hat in neue466 Strab. 12,3,24: α ἱ μὲν ο ὖν ᾿Αμαζόνες ο ὐ συν εμάχουν δι ὰ τὸ τὸν Πρ ίαμον πολεμ ῆσαι πρὸς α ὐτὰς συμμαχο ῦντα το ῖς Φρυξ ίν. […] ο ἱ δ᾿ ὁμοροῦντες α ὐταῖς οὔθ᾿ οὕτως ἄπωθεν ὄντες, ὥστε χαλεπὴν εἶναι τὴν ἐκεῖθεν μετάπεμψιν, οὔτ᾿ ἔχθρας ὑποκειμένης, οὐδὲν ἐκωλύοντο, οἶμαι, συμμαχεῖν. »Die Amazonen freilich waren keine Verbündeten [der Troer], weil Priamos, der mit den Phrygern verbündet war, gegen sie Krieg geführt hatte. […] Ihre Grenznachbarn aber liessen sich, wie mir scheint, nicht daran hindern, [den Troern] im Kampf beizustehen, da sie nicht so weit entfernt waren, dass eine Abberufung von dort schwierig gewesen wäre und da keine Feindschaft [zwischen ihnen] vorlag.« 467 Dict. Cret. 3,15: quae regina Amazonibus incertum pretio an bellandi cupidine auxiliatum Priamo adventaverat. »[Es ist] ungewiss, ob jene Amazonenkönigin um Geld oder aus Kriegslust dem Priamos zu Hilfe geeilt war.« Da Dictys in seiner Ephemeris belli Troiani an einer Ironisierung des troischen Kriegsgeschehens bzw. einer Entheroisierung der grossen Heldengestalten gelegen ist, müssen wir die Begründung pretio wohl als seine eigene Idee auffassen. Die Stelle kann uns jedoch gleichwohl helfen zu sehen, dass die Frage nach den Gründen für Penthesileias Symmachie mit den Troern in der Antike ein Thema war. 468 Philostr. Her. 56,11 (Sprecher ist der ἀμπελουργός, der Winzer, der seinem Gesprächspartner die ›Wahrheit‹ über den Troischen Krieg berichtet; Übersetzung: Grossardt [2006]): ᾿Αμαζόνας δέ, ἃς ἔνιοι τῶν ποιητῶν φασιν ἐλθεῖν ἐς Τροίαν ᾿Αχιλλεῖ μαχουμένας, οὐκ ἀπέκτεινεν ὁ ᾿Αχιλλεὺς ἐν Τρο ίᾳ. πιθ ανὸν γ ὰρ ο ὐκ ο ἶδ᾿ ὅπως Πρι άμου πολεμ ήσαντος α ὐταῖς ὑπὲρ Φρυγῶν κατ ὰ Μυγδ όνα, ξυμμ άχους ᾿Αμαζόνας ὕστερον ἐλθεῖν ᾿Ιλίῳ, ἀλλ᾿ οἶμαι κατ ὰ τὴν ᾿Ολυμπιάδα ἣν τὸ πρῶτον ἐνίκα στάδιον Λεωνίδας ὁ ῾Ρόδιος, ἀπώλεσεν αὐτῶν ὁ ᾿Αχιλλεὺς τὸ μαχιμώτατον ἐν αὐτῇ, φασί, τῇ νήσῳ. »Die Amazonen dagegen, die nach der Erzählung einiger

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

rer Zeit Blok (1995) vermutet, dass die Amazonenepisode in Il. 3,188f. ein vergleichsweise junger Einschub in der Ilias gewesen sei, der dem wachsenden Interesse an den Amazonen in der Archaik zu verdanken war, und glaubt, dass der Interpolator jener Episode die Achilleus-PenthesileiaGeschichte nicht in seinem Repertoire hatte und darum für ihn dieser Einschub keinen Widerspruch darstellte zu dem, was später in der Aithiopis geschehen sollte.469 Dies würde auch erklären, warum der alte Priamos an jener Stelle von seinen Heldentaten als Jüngling erzählt, was er sonst (etwa im Gegensatz zu Nestor) nie tut. Alle diese (antiken und modernen) Ansätze mögen freilich dazu dienen zu verstehen, wie die beiden Verse Il. 3,188f. zustande gekommen sein können bzw. warum die Amazonenepisode in der Aithiopis und jene beiden Ilias-Verse nebeneinander Bestand haben konnten, doch ist damit noch keine Erklärung gefunden, warum Quintus Penthesileia ›diskussionslos‹, d.h. ohne auf Il. 3,188f. Bezug zu nehmen, in Troja eintreffen und ihr von Priamos einen derart herzlichen Empfang bereiten lässt (vgl. Q.S. 1,85–92). Meines Erachtens sind folgende Antworten denkbar: Erstens wäre, wenn wir Bloks obengenannter Argumentation zustimmen wollen, davon auszugehen, dass die Geschichte des jungen Priamos, der den Phrygern gegen die Amazonen zu Hilfe eilt, wohl nicht Bestandteil einer grösseren mythischen Tradition war, mit der Quintus ›fertigwerden‹ musste.470 Zweitens ist auch zu bedenken, dass gemäss Il. 3,188f. die Troer damals nur Verbündete der Phryger waren, welche sich offenbar gegen die andringenden Amazonen zu verteidigen hatten und zu diesem Zweck auswärtige Hilfe benötigten, und nicht deren direkte Feinde. Drittens wird Penthesileia von Quintus als eine Vertriebene, ihrer Heimat Entfremdete vorgestellt, die ›nichts mehr zu Dichter nach Troja kamen und mit Achilleus kämpften, die tötete Achilleus nicht vor Troja. Ich weiss nämlich nicht, wie es glaubwürdig sein kann, dass die Amazonen, nachdem Priamos zum Schutz der Phryger und ihres damaligen Königs Mygdon gegen sie Krieg geführt hatte, später als Bundesgenossen nach Ilion kamen. Stattdessen glaube ich, dass Achilleus zur Zeit der Olympiade, an der Leonidas von Rhodos zum ersten Mal den Stadionlauf gewann, den kampfstärksten Teil von ihnen vernichtete, wie man sagt, eben auf dieser Insel.« 469 Blok (1995) 298–303. – Zum wachsenden Interesse am Amazonenmythos in der Archaik vgl. auch Bremer (2000) 54 (zitiert in Anm. 353). 470 Falls hinter Il. 3,188f. dennoch eine alte Amazonomachie zwischen den Troern bzw. Phrygern und den Amazonen stecken sollte, von welcher uns nichts überliefert wäre, so könnte doch wohl auch eine Aussöhnung dazugehört haben – dies aber ist freilich reine Spekulation. Lesen wir jedoch Berichte wie z.B. Diod. 2,44–46, so stellen wir fest, dass Penthesileias Kampf auf troischer Seite überhaupt kein ›Problem‹ darstellt und eine allfällige frühere Feindschaft zwischen Troern und Amazonen mit keinem Wort erwähnt wird. Zumindest ›im Groben‹ scheint also der in Il. 3,188f. erwähnte troische Hilfszug gegen die Amazonen nicht Bestandteil des mythischen Gedächtnisses gewesen zu sein. (Vgl. auch Kullmann [1960] 46: »Die Ilias bezieht sich Γ 189 möglicherweise auf ein vorhomerisches Heraklesepos, auf jeden Fall aber auf einen nicht spezifisch troischen Sagenkomplex […]«)

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verlieren hat‹ und als Schuldbeladene nicht in der Position ist, Forderungen zu stellen, sondern Priamos bloss um Hilfe bitten und ihm, sozusagen als Gegenleistung für die Entsühnung, ihre kriegerische Unterstützung anbieten kann, so dass (allfällige!) alte Rivalitäten gar nicht erst thematisiert zu werden brauchen. Dies mag erklären, warum Quintus das tragische Motiv der schuldlos schuldig Gewordenen, welche aus Angst vor übler Nachrede in die Fremde flüchtet und sich dort Entsühnung und somit Befreiung von den Rachegöttinnen erhofft, überhaupt einbringt, obschon er es im weiteren Verlauf der Erzählung dann doch nicht ausführt, sondern vielmehr Penthesileias Kriegsbegierde in deren Aristie ausschlachtet: Er erspart es sich somit, auf die einstige, möglicherweise längst beigelegte Feindschaft zwischen den Troern und den Amazonen zu verweisen.471 Viertens ist schliesslich in Betracht zu ziehen, dass Penthesileia und Priamos beide ein äusserst tragisches Schicksal teilen: Beide haben einen geliebten, ihnen nahestehenden Menschen auf schreckliche Weise verloren – Penthesileia ihre Schwester Hippolyte, Priamos seinen Sohn Hektor. So kann man sich vorstellen, dass Penthesileia und Priamos eine alte, womöglich längst versandete Feindschaft angesichts der Umstände und des gemeinsamen Loses stillschweigend begraben.472 (18) Θερμώδοντος473 In den antiken Quellen werden im Wesentlichen drei Grossregionen als potentielle Heimaten der Amazonen genannt: erstens Kleinasien bzw. im Speziellen das troische Hinterland; sodann Thrakien und das Land der Skythen bis nach Südrussland; schliesslich Nordafrika, insbesondere Libyen.474 Die letztgenannte Lokalisierung wird gemeinhin als später und sekundär, als »mirror inversion of the location in the North«475 angesehen, wohin471

Vgl. aber den berechtigten Einwand von Blok (1995) 297: »The problem with the killing story, however, is that it does not explain anything: why does Penthesileia turn to a former enemy of her people for purification? It is customary for offenders to resort to an outsider for purification after a killing, because they are alienated from their own surroundings and are therefore bound to leave them, but the purifier must also have the confidence of the guilty party if he is to perform this duty.« – Zum Motiv des Verwandtenmords, der Entsühnung und der Verfolgung durch die Erinnyen sowie zu der von Quintus vorgenommenen Verschwisterung von Penthesileia und Hippolyte vgl. die Kommentare zu (23–24) ἀμφὶ κασιγνήτης […] ῾Ιππολύτης bzw. zu (27–32) πρὸς δ᾿ ἔτι […] ὑπαλύξαι. 472 Diese Überwindung der Feindschaft kann somit als Parallele zur (temporären) Überwindung der Feindschaft zwischen Achilleus und Priamos im 24. Buch der Ilias gesehen werden. 473 Die nachstehenden Ausführungen stützen sich im Wesentlichen auf Toepffer (1894) 1755– 1758 und Blok (1995) 83–93; vgl. ferner Severyns (1926), Carlier (1979), Hardwick (1990) 17– 20, Dowden (1997) 98–116. 474 Vgl. dazu Toepffer (1894) 1755–1758 (mit erschöpfender Liste an Belegstellen) sowie zusammenfassend Blok (1995) 83. 475 Blok (1995) 83.

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gegen die häufig anzutreffende Beheimatung im nordöstlichen, pontischen Kleinasien in der Gegend des Flusses Thermodon sozusagen als locus classicus bezeichnet werden kann.476 Gemeinsam ist all diesen Lokalisierungen, dass es sich um Randregionen der – aus der Sicht der Griechen – zivilisierten Welt handelt: Da die Amazonen ein Randphänomen des griechischen Kulturkreises darstellen, welches diesem zwar fremd ist und ihn bedroht, ihm jedoch in gewisser Weise dennoch zugehört, so kann sich deren Heimat weder in der zivilisierten Ökumene an sich noch in einer völligen Utopie, sondern muss sich an der Peripherie der bekannten Welt befinden.477 Gemäss Diodors Bericht über die Geschichte der Amazonen (2,44–46)478 soll sich das Amazonenvolk aus einer Gruppe aufständischer Skythinnen entwickelt haben, welche durch hartes Training und das Aneignen männlicher (Kampf-)Tugenden zu einem starken und widerstandsfähigen Frauenvolk wurden und »grosse Teile Europas und Kleinasiens« (πολλὴν τῆς Εὐρώπης καὶ τῆς ᾿Ασίας, Diod. 2,44,2) unterwarfen. Darauf siedelten sich die Amazonen in der Gegend des Thermodon an. Die erste, nicht namentlich genannte Amazonenkönigin soll schliesslich, nachdem sie dem Amazonenvolk Gesetze gegeben und die amazonentypischen Gebräuche (z.B. das Ausbrennen der rechten Brust) institutionalisiert hatte, die Amazonenstadt Themiskyra an der Mündung des Thermodon gegründet haben.479 Anderer Überlieferung zufolge soll Themiskyra keine ursprüngliche Gründung der Amazonen, sondern von diesen erst später besiedelt worden sein; vgl. Schol. vet. Aischyl. Prom. 723a,4f.: ἀφεῖσαι τὴν ἰδίαν πατρίδα, κατῴκησαν εἰς Θεμίσκυραν πλησίον τοῦ Θερμώδοντος ποταμοῦ. »Nachdem sie ihre angestammte Heimat hinter sich gelassen hatten, siedelten sie sich in 476 So auch James (2004) 269: »The traditional home of the Amazons was round the river Thermodon in northeast Asia Minor, although some sources place them elsewhere.« 477 Zur Wahrnehmung der Amazonen als Erscheinung am Rande der zivilisierten griechischen Welt passt auch, dass in ›aufgeklärter‹ Zeit die Amazonen als einer zeitlich fernen, jedoch offensichtlich nicht vergessen gegangenen Epoche zugehörig gerechnet werden. Vgl. bspw. Lys. or. 2,4: ᾿Αμαζόνες γ ὰρ ῎Αρεως μ ὲν τ ὸ παλαι ὸν ἦσαν θυγατ έρες, ο ἰκοῦσαι δ ὲ παρ ὰ τὸν Θερ μώδοντα ποταμ όν. »In alter Zeit gab es die Amazonen, die Töchter des Ares, welche beim Fluss Thermodon wohnten.« Vgl. auch Diod. 2,46,6: κατ ὰ το ὺς νεωτ έρους καιρο ύς, ἐπειδάν τινες περὶ τῆς α ὐτῶν ἀνδρείας διεξ ίωσι, μ ύθους ἡγοῦνται πεπλα σμένους τ ὰς περ ὶ τῶν ᾿Αμαζονίδων ἀρχαιολογίας. »In neueren Zeiten bezeichnen die Leute, wann immer sie sich über deren Mannhaftigkeit äussern, die alten Erzählungen über die Amazonen als erfundene Geschichten.« 478 Für weitere Kernstellen zur Geschichte der Amazonen vgl. Severyns (1926) 6 Anm. 1. 479 Diod. 2,45,4: καθόλου δὲ διαφέρουσαν αὐτὴν συνέσει καὶ στρατηγίᾳ πόλιν μὲν κτίσαι μεγάλην παρ ὰ τὰς ἐκβολὰς το ῦ Θερμ ώδοντος ποταμο ῦ, το ὔνομα Θεμ ίσκυραν, κα ὶ βασίλεια κατασκευάσαι περιβόητα. »Sie [= die Amazonenkönigin], welche sich an Verstand und Kriegsführung ganz und gar auszeichnete, [soll] eine grosse Stadt gegründet haben an den Mündungen des Flusses Thermodon mit Namen Themiskyra, und sie [soll] einen weitherum berühmten Königspalast erbaut haben.« Die Lokalisierung des Thermodon an sich ist in der Antike gut bezeugt; vgl z.B. Hdt. 9,43,2; Strab. 12,3,15; vgl. auch Fiehn (1934) und Ruge (1934). Zu Themiskyra als Amazonenstadt vgl. bspw. auch Aischyl. Prom. 723–725.

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Themiskyra in der Nähe des Flusses Thermodon an.« In der Darstellung der Geschichte der Amazonen von Dionysios Skytobrachion, welche uns ebenfalls durch Diodor greifbar ist (3,52–55) und sich mit dessen eigener Darstellung im zweiten Buch seiner Universalgeschichte (2,44–46) nicht deckt, sollen die Amazonen ursprünglich aus Libyen stammen und sich von da aus auf Kriegszüge nach Kleinasien begeben, schliesslich aber wieder nach Libyen zurückgedrängt worden und dort vor langer Zeit ausgestorben sein. Die Amazonen aus Libyen seien die ursprünglichen, diejenigen am Thermodon jedoch, entgegen verbreiteter Meinung, viel jünger; während »das Geschlecht dieser [= der libyschen Amazonen] schon viele Generationen vor dem Troischen Krieg vollständig verschwunden« sei (ἠφανισμένου γὰρ ὁλοσχερῶς το ῦ γένους τῶν ᾿Αμαζονίδων το ύτων πολλα ῖς γενεα ῖς πρότερον τ ῶν Τρωικ ῶν, Diod. 3,52,2), seien »diejenigen Frauen in der Gegend des Thermodon kurz vor dieser Zeit [= vor dem Troischen Krieg] in voller Blüte gestanden« (τῶν δὲ περὶ τὸν Θερμώδοντα ποταμὸν γυναικῶν ἠκμακυιῶν μικρὸν πρὸ τούτων τῶν χρόνων, Diod. 3,52,2).480 Ist der Thermodon den homerischen Epen noch unbekannt und bei Hekataios zum ersten Mal erwähnt (Hekat. fr. 7a und fr. 203 FGrHist), so ist und bleibt er seit dem 5. Jh. v.Chr. eng mit den Amazonen verknüpft; zu den frühesten Belegen zählen Aischyl. Prom. 723–725; Hdt. 4,110,1 und 9,27,4; Ephor. fr. 60b FGrHist (= Steph. Byz. s.v. ᾿Αμαζόνες); Lys. or. 2,4.481 Auch im nachhomerischen Epos werden die Amazonen am Thermodon situiert; vgl. A.R. 2,370–374; 2,970ff.; Verg. Aen. 11,659; Triph. 33; Nonn. Dion. 20,198; 36,263; 37,117–120. In der Scholienliteratur, welche ein Stück weit als ›Gradmesser‹ für allgemein verbreitete Auffassungen gelten kann, sind die entsprechenden Zeugnisse ebenfalls zahlreich; vgl. etwa Schol. vet. bT Il. 3,189 (94): παρὰ τῷ Θερμώδοντι οἰκοῦσιν. »Sie leben in der Nähe des Thermodon.« Da die Amazonen gemeinhin als Töchter des Ares gelten,482 erhält der nämliche Fluss zuweilen entsprechende Epitheta; vgl. etwa Triph. 33 ἀπὸ Θερμώδοντος ἀρηιφίλοιο.483 Gemäss Proklos soll Penthesileia in Arktinos’ Aithiopis nicht pontischer, sondern thrakischer Herkunft gewesen sein; vgl. Chrest. 175: ῎Αρεως μ ὲν 480

In Diodors / Dionysios’ Bericht wird, gesamthaft gesehen, das Bemühen sichtbar, die oben genannten verschiedenen Lokalisierungen der Amazonen (Libyen / Nordafrika einerseits, Kleinasien andererseits) zu verbinden. Zugleich dürfte die verbreitete Geschichte der letzten Amazonenkönigin Penthesileia und ihrer Beteiligung am Troischen Krieg bei Diod. 3,52,2 im Hintergrund stehen, obwohl davon nicht ausdrücklich die Rede ist: Da die Amazonen vom Thermodon als langlebigere Nachfahren der längst ausgestorbenen Amazonen dargestellt werden, muss Penthesileias Mitwirkung am Troischen Krieg nicht in Frage gestellt werden. 481 Eine erschöpfende Liste aller griechischen und lateinischen Stellen, welche den Thermodon als Heimat der Amazonen nennen, bietet Ruge (1934) 2396f. 482 Vgl. dazu den Kommentar zu (55) ῎Αρεος […] θύγατρα. 483 Für weitere Beispiele (Epitheta wie ἐνυάλιος und πολεμικώτατος) vgl. Ruge (1934) 2397.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

θυγάτηρ, Θρᾷσσα δὲ τὸ γένος »eine Tochter des Ares und Thrakerin dem Geschlecht nach«.484 Vergil hat in einem Vergleich, in dem er Camilla und deren Gefährtinnen mit Penthesilea und den Amazonen vergleicht, diese beiden Lokalisierungen kontaminiert (Aen. 11,659–663). Diese Kontamination verfestigt sich mit der Zeit zu einem Topos und wird auch von Quintus aufgegriffen, indem er die Amazonen an dieser Stelle sozusagen ›beiläufig‹ als thermodontisch bezeichnet,485 an anderer Stelle jedoch ebenso ›beiläufig‹ von Penthesileia als Thrakerin spricht; vgl. 1,167–169: τόν οἱ ἄλοχος Βορέαο / ὤπασεν ᾿Ωρείθυια πάρος Θρῄκηνδε κιοῦσα / ξείνιον. »Dieses [Pferd] hatte ihr [= Penthesileia] Oreithyia als Gastgeschenk gegeben, als [diese] einst als Gattin des Boreas nach Thrakien kam.«  Zur Kontamination der pontischen und der thrakischen Herkunft vgl. den Kommentar zu (166–169) ἕζετο δ᾿ ἵππῳ […] μετέπρεπεν ῾Αρπυίῃσι. (18) ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων Das Adjektiv εὐρύπορος Il. 15,381 – Od. 4,432 und 12,2 – Opp. hal. 1,363 und 3,620 – Opp. cyn. 3,176 – Q.S. 1,18; 1,64; 5,74; 8,384 – Nonn. Dion. 24,82; Par. 3,118 – sowie weitere vereinzelte Belege.

Die Lesart ῥεέθρων des Subarchetypus (Y) wird gegenüber der Variante ῥοάων des Hydruntinus (H) von allen vier modernen Editoren vorgezogen. Köchly argumentiert für ῥεέθρων aufgrund philologischer Überlegungen; aus heutiger Sicht jedoch mag seine rein positivistische Argumentation freilich nicht mehr voll und ganz überzeugen.486 Vielmehr liesse sich sowohl für ῥοάων (im Sinne der imitatio Homeri) als auch für ῥεέθρων (im Sinne der variatio Homeri) plädieren; da Quintus beide dieser Techniken anwendet, ist eine abschliessende Entscheidung für die eine oder die andere Lesart aus philologischer Sicht nicht zu fällen. Vorbild für die einmalige Junktur ε ὐρυπόροιο ῥεέθρων / ῥοάων ist die homerische Schlussklausel θαλ άσσης ε ὐρυπόροιο (Il. 15,381; Od. 4,432; 12,2).487 Allenfalls liesse sich die Lesart ῥοάων in Q.S. 1,18 aufgrund einer möglichen sprachlichen Reminiszenz an Od. 12,1–3 stützen: α ὐτὰρ ἐπεὶ ποταμοῖο λ ίπεν ῥόον ᾿Ωκεανοῖο / νη ῦς, ἀπὸ δ᾿ ἵκετο κ ῦμα θαλ άσσης εὐρυπόροιο / ν ῆσόν τ ᾿ Αἰαίην »aber nachdem das Schiff den Strom des 484

Vgl. Schwenn (1940) 869: »P[enthesileia]s Heimat ist bei Proklos, aber nur bei ihm, Thrakien, wohin auch der Vater, der so häufig als Thraker gedachte Ares, weist […]; bei anderen werden die sonst üblichen Amazonen-Lokalisierungen auch für P[enthesileia] angegeben […] oder wohl vorausgesetzt.« 485 Dazu passt auch der Amazonenname Θερμώδοσσα (Q.S. 1,46 und 1,254). 486 Köchly (1841) 702: »εὐρυπόροιο ῥεέθρων , quam vocem a Quinto positam esse apparet inde, quod idem quatuor locis […] etiam dativo ῥεέθροις in versuum exitu usus est, repudiatis Homericis clausulis ῥοάων […] et ῥοῇσιν […] Contra apud Homerum saepe quidem ῥέεθρα, ut etiam apud Q[uintum] […], numquam autem ῥεέθρων aut ῥεέθροις in extremis versibus invenitur.« – Ähnlich Köchly (1850) 6 ad loc. 487 Zur homerischen Formel θαλάσσης εὐρυπόροιο vgl. Janko (1992) 269.

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Flusses Okeanos verlassen hatte und es zur Woge des breitpfadigen Meeres und zur Insel Aiaië gelangte«. Auch inhaltlich lassen sich gewisse Parallelen herstellen: Beide Stellen markieren eine Fortsetzung, einen Übergang und einen Neubeginn – hier die Anknüpfung an die Ilias und das Erscheinen der (vermeintlichen) Retterin Penthesileia mit ihren Begleiterinnen, dort die Rückkehr von Odysseus und seinen Gefährten aus der Unterwelt und die Weiterfahrt auf dem Weg nach Hause.  Vgl. auch den Kommentar zu (64) ἐξ εὐρυπόροιο θαλάσσης. (19) Πενθεσίλεια Blok (1995) 216ff. sieht in der Entwicklung von der Erwähnung der Amazonen in der Ilias (s. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt) zu der Achilleus-Penthesileia-Geschichte einen ›Gräzisierungsprozess‹ des Amazonenmythos: Penthesileia und ihre Rolle als Gegenspielerin des Achilleus wurden gegen Mitte des 7. Jhs. ›erfunden‹; mit Penthesileia wird eine Amazone aus einer entfernten Vergangenheit in die Gegenwart geholt, welche mit ihrem griechischen Namen, ihrer schicksalhaften Verbindung mit Achilleus, ihrem Mitwirken im Troischen Krieg und ihrer Abstammung von Ares starke Affinitäten zum griechischen Kulturkreis besitzt und für die Griechen nicht mehr bloss ›das Fremde‹, sondern ein Stück weit auch ›das Eigene‹ verkörpert.488 Möglicherweise sollen wir in den Versen 22f. eine Anspielung auf die volksetymologische Ableitung des Namens Πενθεσίλεια von ‘πένθος + λαός’ sehen:489 Nach der erstmaligen Erwähnung des Namens hier in Vers 19 wird mit κατὰ δῆμον (Vers 22) auf das Hinterglied -λεια ( eine Art Enallage).

630 Dass im Laufe der Überlieferung Verschriebe sowohl in die eine als auch in die andere Richtung passieren konnten, beweisen Q.S. 7,28 (richtiges ὑπαί neben offensichtlich falschem ὑπό überliefert) und 13,328 (richtiges ὑπό neben offensichtlich falschem ὑπαί überliefert) (vgl. die Anmerkungen 628 + 629). 631 Vgl. dazu den Kommentar zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν. 632 Die Junktur ὑπαὶ νεφέων findet sich homerisch auch noch in Il. 16,375 und 23,874, doch existiert für diese beiden Stellen ebenfalls die varia lectio ὑπὸ νεφέων. 633 Platz (1857): »Wenn kein Donnergewölk den Azur umschleiert des Himmels«; Donner (1866): »Wenn am entwölkten Azur ringsher sich erschlossen der Aether«; Way (1913): »When through the thunderclouds the cleaving heavens / Open«; Vian (1963): »quand l’azur a déchiré le voile des nuages tonnants«; Combellack (1968): »when the clear upper air breaks through from the thunderclouds«; James (2004): »[w]hen thunderclouds are torn apart to show the heavens«. 634 Platt a.a.O.: »Why not ὑπέρ? Take it with ἐκπρέπει.« Der Satz hiesse dann wohl etwa: »So wie wenn am weiten Himmel inmitten der Sterne der göttliche Mond über den lautbrausenden Wolken hervorglänzt, hell strahlend unter allen, nachdem der Äther sich rings zerrissen hat.« Doch auch dieser Auffassung (die sich, nota bene, sprachlich durch A.R. 2,171 ὑπὲρ νεφ έων stützen liesse; vgl. Anm. 595) ist ›logisch‹ nicht beizukommen, denn entweder steht der Mond ›über‹ den Wolken und ist darum nicht sichtbar oder er steht am Himmel, weil keine Wolken mehr da sind – auch mit Platts Korrektur muss man sich also etwas ›zurechtlegen‹. 635 Wohl ähnlich dürfte es Vian (1954) 235 verstanden haben: »Dans notre texte, l’éther fait irruption de partout (ἀμφι-) et apparaît par-dessous (ὑπό) les nuages qui le « couvraient » : « l’éther éclate par-dessous les nuages ».« – Zur Lokalisierung des αἰθήρ in der antiken Kosmologie vgl. den Kommentar zu (124) αἰθέρος ἐξ ὑπάτοιο.

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(39) ἐριδούπων Das Adjektiv ἐρίδουπος mit seiner Nebenform ἐρίγδουπος (»laut tosend, donnernd«) ist zu dem epischen Verb δουπεῖν »(dumpf) tönen, tosen« bzw. zum Substantiv δο ῦπος »(dumpfes) Geräusch, Getöse« zu stellen. Dass ἐρίγδουπος keine blosse Kunstform metri gratia ist, sondern ursprünglich sprachwirklich war, beweist die Aoristform ἐγδούπησαν in Il. 11,45, wo das anlautende γ - dank des Augments bewahrt blieb.636 Nachhomerisch wurden in Analogie zu ἐρίγδουπος die episierenden Kunstformen ἁλίγδουπος, βαρ ύγδουπος und μελ ίγδουπος gebildet.637 Das Verb δουπε ῖν bezeichnet in der Ilias hauptsächlich das Dröhnen der Waffen oder das Aufschlagen eines getöteten Kriegers auf dem Boden;638 durch einen Bedeutungstausch in der iliadischen Formel δο ύπησεν δ ὲ πέσων (»er dröhnte fallend« > »er fiel dröhnend«) hat sich dann für δουπεῖν sekundär auch die Bedeutung »(im Kampf) fallen« entwickelt.639 Das Adjektiv ἐρί(γ)δουπος dagegen bezeichnet allgemein einen lauten Krach, wobei in den homerischen Epen unterschiedliche Anwendungsbereiche der beiden Formen (mit und ohne -γ-) festzustellen sind: ἐρίδουπος ist ein spezifisch homerisches Wort (Il. 20,50; 24,323; 8x Od.), welches von den späteren Epikern mit Ausnahme des Quintus (1,39; 14,653) gemieden wird. Homerisch ist es gebräuchlich als Epitheton für das Substantiv αἰθούση in den Versschlussformeln αἰθούσης/-ῃ ἐριδούπου/-ῳ (Il. 24,323; 7x Od.); danebst noch Il. 20,50 ἐπ᾿ ἀκτάων ἐριδούπων sowie Od. 10,515 ξύνεσίς τε δύω ποταμ ῶν ἐριδούπων. Die hier vorliegende Junktur ὑπαὶ νεφέων ἐριδούπων ist beispiellos und folgt keinem konkreten Vorbild. Das quantitativ etwas stärker vertretene ἐρίγδουπος ist ebenfalls homerisch (8x Il.; Od. 8,465; 15,112; 15,180) und ist (bis auf eine Ausnahme, s.u.) immer auf Zeus bezogen, in der Mehrzahl der Fälle in der Versschlussformel ἐρίγδουπος πόσις ῞Ηρης (4x Il., 3x Od.).640 Quintus verwendet zwar diese Formel nicht, appliziert jedoch das Adjektiv in einer Mehrzahl der Fälle641 ebenfalls auf Zeus; vgl. 1,578f. ἐκ γὰρ δὴ Κρονίωνος ἐριγδούποιο γενέθλης / εὐχόμεθ᾿ ἐκγεγάμεν; 1,693f. ὁ [= Ares] δ᾿ ἄρ᾿ εἰσορόων ἐνόη636

Vgl. dazu Frisk I s.v. δοῦπος. ἁλίγδουπος: Opp. hal. 5,423 und Nonn. Dion. 1,266 (dis legomenon). – βαρ ύγδουπος: Erstbelege bei Pind. Ol. 6,81; Ol. 8,44; Pyth. 4,210; Belege bei Q.S.: 1,320; 3,391; 7,369; 11,309; ausserdem Nonn. Dion. 29,224 sowie einige weitere vereinzelte Belege. – μελ ίγδουπος: Pind. Nem. 11,18 (hapax). 638 Vgl. Pape I s.v. δουπέω; LfgrE s.v. δουπ(έω). 639 Vgl. dazu ausführlich Leumann (1950) 217f. 640 Vgl. dazu Lukians freche Veräppelung der verschiedenen traditionellen Zeus-Epiklesen in Tim. 1: ὦ Ζεῦ φίλιε κα ὶ ξένιε κα ὶ ἑταιρεῖε καὶ ἐφέστιε καὶ ἀστεροπητὰ καὶ ὅρκιε καὶ νεφεληγερέτα καὶ ἐρίγδουπε καὶ εἴ τί σε ἄλλο οἱ ἐμβρόντητοι ποιηταὶ καλοῦσι. 641 Gesamtbelegzahl bei Q.S.: 10x. 637

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σε / πατρ ὸς ἐριγδούποιο μέγα βρομ έουσαν ὁμοκλήν; 2,177 ἐριγδούπου Κρονίδαο; 10,301 Ζηνὸς ἐριγδούποιο θύγατρες; ausserdem 4x die homerisierende Formel ἐριγδούποιο Δι ός, jeweils vor der Hephthemimeres (11,22; 13,520; 14,421; 14,560). Die Verwendung des Adjektivs ausserhalb des göttlichen Bereiches für Naturgewalten ist bereits in Il. 11,152 ἐρίγδουποι π όδες ἵππων vorgeprägt; vgl. sodann bei den späteren Epikern Opp. hal. 1,75f. κα ὶ ναετ ῆρες ἐριγδούποιο θαλ άσσης / δα ίμονες; Triph. 690 ἐριγδούπου δι ὰ πόντου; Q.S. 2,221 ἐρίγδουποι ποταμο ί; 3,766 ἐριγδούποιο […] ἁλός.  Zur Verwendung des Präfixes ἀρι-/ἐρι- bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (38) ἀριζήλη. (41) ἐν πάσῃσι μετέπρεπεν  Vgl. den Kommentar zu (38) ἐκπρέπει ἐν πάντεσσιν. (41) ἐσσυμένῃσιν Formen von ἐσσύμενος (inkl. Adverb ἐσσυμένως oder Zusammensetzungen wie ἐπεσσύμενος) 29x Il. – 18x Od. – 10x h.h. – 4x Hes. – 18x A.R. – 182x Q.S. – vis. Dor. 209 – 48x Nonn. (47x Dion., 1x Par.) – u.a. Davon als Αdverb ἐσσυμένως 8x Il. – 4x Od. – 9x h.h. – 4x Hes. – 11x A.R. – 65x Q.S. – u.a. (nicht bei Nonnos).

Das mediopassive Partizip642 gehört mit seiner hohen Zahl an Belegen zu den von Quintus am ärgsten strapazierten Wortformen. Quintus kombiniert dieses sein Lieblingswort auch gerne mit Formen von σε ύεσθαι zu einer figura etymologica; hierin folgt er allerdings nicht Homer, der die Kombination nicht kennt, sondern vielmehr Apollonios oder Oppian d.Ä.643 (42–46) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Κλονίη […] Θερμώδοσσα μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα Kataloge gehören für uns zu den auffälligsten Charakteristika des archaischen griechischen Epos,644 da eine blosse Herzählung von Namen in Form von Listen unseren grossenteils romantisch geprägten Vorstellungen von Dichtung als Ausbund von Originalität und Kreativität zuwiderläuft. Diese unsere Auffassung ist allerdings keinesfalls auf die antike Poetologie zu übertragen; zumindest sind uns aus der Antike keine grundsätzlich negativen, sondern vielmehr positive Urteile über (epische) Katalogdichtung überliefert. So äussert etwa Dionysios von Halikarnass in Bezug auf den homerischen Schiffskatalog die Meinung, dass zwar das blosse Aufzählen 642 Partizip ἐσσύμενος zum intransitiven mediopassiven Wurzelaorist ἔσσυτο mit der Wurzelbedeutung »sich in (rasche) Bewegung setzen«, mit momentaner oder ingressiver Aktionsart; vgl. Kümmel (1998) 195–197. 643 Vgl. Campbell (1981) 194 (zu Q.S. 12,582 σεύοντ᾿ ἐσσυμένως). 644 Vgl. dazu einführend Art. »Katalog« in: DNP 6 (1999) 334–336 (Christiane Reitz). Immer noch grundlegend für das Verständnis der Katalogdichtung in der archaischen griechischen Epik ist die Arbeit von Kühlmann (1973).

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von Städtenamen unpoetisch anmute, doch habe Homer die blossen Namen »zwischen wohlklingenden Füllwörtern verteilt, so dass [diese] als die erhabensten aller Namen erschienen«.645 Rein gattungsbedingt muss sich folglich ein homerisierender Dichter wie Quintus der Herausforderung der Kataloggestaltung stellen. Inhaltlich lassen sich im frühgriechischen Epos zwei Katalogtypen unterscheiden: Einerseits der homerische Typus, dessen gleichzeitig ältesten wie auch umfangreichsten Vertreter der Schiffskatalog (Il. 2,484–877) darstellt,646 nämlich die Aufzählung von Truppenkontingenten oder einzelnen Kriegern, andererseits der hesiodeische Typus, d.i. der genealogische Katalog, welcher etwa in Hesiods Theogonie oder in dessen Frauenkatalogen greifbar ist. Spezifische Frauenkataloge wie den hier vorliegenden kennen auch die archaischen Epen – als strukturelle Vorbilder zu nennen sind die Nereidenkataloge in der Ilias bzw. in der Theogonie sowie die Ozeanidenkataloge in der Theogonie und im homerischen Demeterhymnos.647 Die Amazonen, die gemeinhin als Töchter des Ares gelten,648 aber gleichwohl sterblich sind, entstammen ähnlich wie die nymphenartigen Nereiden und Ozeaniden einem nebulösen Halbbereich zwischen reiner Menschen- und reiner Götterwelt. Kontextbedingt muss der iliadische Nereidenkatalog als das direkteste Vorbild für Q.S. 1,42–46 angesehen werden,649 da dort die Nereiden im Zusammenhang mit Patroklos’ Tod – sie kommen im Gefolge der Thetis, um mit ihr zusammen Achilleus zu trösten bzw. die Totenklage für dessen getöteten Freund anzustimmen – genannt werden und da wir dort eine vergleichbare personelle Struktur – eine Reihe von Frauen unter der Leitung einer Anführerin, welche als prima inter pares agiert – vorliegen haben. Dagegen handelt es sich bei den beiden hesiodeischen Katalogen lediglich um Teile eines grösseren, genealogisch bzw. kosmogonisch moti645 Dion. Hal. comp. 102: παραπληρ ώμασιν ε ὐφώνοις διε ίληφεν ὥστε μεγαλοπρεπ έστατα φαίνεσθαι π άντων ὀνομάτων. – Dionysios zitiert anschliessend als Beispiel Il. 2,494–501 und verallgemeinert seine aufgrund dieser Verse geäusserte Ansicht folgendermassen: ἅπας γάρ ἐστιν ὁ κατ άλογος α ὐτῷ τοιο ῦτος κα ὶ πολλ ὰ ἄλλα, ἐν ο ἷς ἀναγκασθεὶς ὀνόματα λαμβ άνειν ο ὐ καλὰ τὴν φύσιν ἑτέροις αὐτὰ κοσμεῖ καὶ λύει τὴν ἐκείνων δυσχέρειαν τῇ τούτων εὐμορφίᾳ. »Denn der gesamte Katalog ist so wie dieser [Ausschnitt], und auch viele andere, in welchen [Homer] unter dem Zwang Namen aufzugreifen, [welche] von ihrer Natur her nicht schön [sind], diese mit anderen [Wörtern] ausschmückt und [so] die Hässlichkeit von jenen durch die schöne Gestalt von ebendiesen aufhebt.« 646 Zum homerischen Schiffskatalog vgl. die Arbeit von Visser (1997). 647 Nereidenkataloge: Il. 18,39–49 (vgl. dazu Edwards [1991] 147–150 sowie Wachter [1990a] und [1990b]) und Hes. Th. 240–264 (vgl. dazu West [1966] 235–242 sowie Wachter op. cit.); Ozeanidenkataloge: Hes. Th. 346–361 (vgl. dazu West [1966] 263–268) und h. Cer. 417–424 (vgl. dazu Richardson [1974] 287–291). 648 Vgl. dazu den Kommentar zu (55) ῎Αρεος […] θύγατρα. 649 So auch Paschal (1904) 45 und Vian (1963) 14 Anm. 2.

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vierten Gesamtkatalogs, während die Aufzählung von Persephones Gespielinnen im homerischen Demeterhymnos, der Situation entsprechend, vielmehr erotisch denn kriegerisch konnotiert ist.650 Gesamthaft betrachtet, ist Quintus’ Amazonenkatalog aus Inhaltsgründen klar dem homerischen Katalogtypus zuzuordnen, handelt es sich doch um eine Liste von Kriegerinnen; gleichzeitig jedoch zeigt er, bedingt durch seine Affinitäten zu den Nereidenkatalogen, auch Züge des hesiodeisch-genealogischen Typs. Amazonenkataloge sind auch sonst in der Antike überliefert; zu nennen ist etwa eine Liste bei dem Mythographen Hygin.651 Interessant ist sodann Diodors Katalog in 4,16,2f. im Zusammenhang mit Herakles’ Kampf gegen das Frauenvolk wegen Hippolytes Gürtel: Diodor nennt, gleich wie später Quintus, zwölf Amazonen mit Namen, welche – im Gefolge ihrer Anführerin Melanippe, deren konkretes Schicksal im Dunkeln bleibt – von Herakles getötet werden. Seine Schilderung weist stark homerisch-epische Züge auf: Die ersten vier Amazonen (῎Αελλα, Φιλιππ ίς, Προθ όη und ᾿Ερίβοια) werden je einzeln, die nächsten drei (Κελαινώ, Εὐρυβία und Φοίβη) kollektiv mit einer ›Kurzbiographie‹ versehen, während die letzten fünf (Δηιάνειρα, ᾿Αστερία, Μάρπη, Τέκμησσα und ᾿Αλκίππη) nur noch hergezählt werden. Tzetzes schliesslich führt in seinen Posthomerica einen Katalog von zwanzig Amazonen auf, jedoch erst in dem Moment, als diese im Kampf fallen (PH 176–182). Sieben der zwölf in Q.S. 1,42–47 aufgeführten Amazonennamen finden sich auch anderweitig als Personennamen (teils nur literarisch, teils nur inschriftlich, teils beides) – allerdings ist einzig ῾Ιπποθόη auch anderswo als Bezeichnung für eine Amazone belegt (s.u.). Die übrigen fünf sind ausschliesslich in den Posthomerica bezeugt:

Κλονίη Πολεμοῦσα Δηρινόη Εὐάνδρη ᾿Αντάνδρη Βρέμουσα ῾Ιπποθόη

literarische Belege √

inschriftl. Belege

männliches Pendant √

nur bei Q.S. √ √

√ √

√ √ √

√ √ √ √

650 Ausserdem wird der iliadische Nereidenkatalog mit ἔνθ᾿ ἂρ ἔην gleich eingeleitet (Il. 18,39) wie der Amazonenkatalog der Posthomerica (Q.S. 1,42). Vgl. allerdings den Kommentar zu (42) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην. 651 Hyg. fab. 163 (unterstrichen: Namen, die auch bei Q.S. vorkommen): Ocyale, Dioxippe, Iphinome, Xanthe, Hippothoe, Otrere, Antioche, Laomache, Glauce, Agaue, Theseis, Hippolyte, Clymene, Polydora, Penthesilea.

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῾Αρμοθόη √ ᾿Αλκιβίη √ ᾿Αντιβρότη Δηριμάχεια Θερμώδοσσα



√ √ √ √

Ob Quintus die fünf Namen, von denen sich in der übrigen Gräzität keinerlei Spuren finden, in verlorenen Vorlagen (etwa gar in Arktinos’ Aithiopis?) vorgefunden oder selber erfunden hat,652 muss offen bleiben. Für Eigenerfindung spricht m.E., dass es sich grossenteils um sprechende Namen handelt, die amazonentypische Eigenschaften wie Kriegstüchtigkeit, Tapferkeit, Schnelligkeit und ›Männergleichheit‹ zum Ausdruck bringen. Die meisten sind etymologisch durchsichtige Komposita aus jeweils zwei (meist nominalen) Wortbestandteilen. Nicht zu diesem onomastischen Typ gehören Κλονίη, Πολεμοῦσα, Βρέμουσα und Θερμώδοσσα.653 Κλονίη ist gemäss Apollod. 3,111 eine Nymphe, die mit Hyrieus, einem Enkel des Atlas und der Okeanos-Tochter Pleione, zwei Söhne namens Nykteus und Lykos gezeugt haben soll. Interessant ist, dass in Apollod. 3,110f. im Katalog von Atlas’ Nachfahren mit Kelaino (Tochter von Atlas und Pleione) und Antiope (Tochter von Hyrieus und Klonië) zwei weitere Atlantiden (und somit nymphenähnliche Gestalten) genannt sind, welche anderweitig auch als Amazonen bekannt sind.654 Zu Κλονίη existiert ferner das männliche Pendant Κλον ίος: Diesen Namen trägt in der Ilias ein Anführer der Boioter (Il. 2,495), welcher von Agenor erschlagen wird (Il. 15,340). Gemäss Apollod. 3,153 heisst einer der zahlreichen Söhne des Priamos, deren Mutter nicht Hekabe, sondern eine Nebenfrau ist, ebenfalls so. Schliesslich heissen in der Aeneis zwei verschiedene Gefährten des Aeneas Clonius – der eine wird von Turnus (Aen. 9,574), der andere von Messapus (Aen. 10,749) getötet. Inschriftlich ist der Name nicht belegt,

652 Vgl. Vian (1959a) 20: »Il est vraisemblable que leurs noms ont été inventés par notre poête, et donc que celui-ci n’a eu à sa disposition qu’un résumé [= der Aithiopis, Anm.d.Verf.] où n’étaient pas mentionnées les compagnes de Penthésilée.« Letztere Behauptung ist freilich reine Spekulation, denn genausogut könnte Quintus, anstatt einen bestehenden Katalog aus der Aithiopis abzuschreiben, diesen aus freien Stücken durch einen eigenen ersetzt haben. – Eigenerfindung auch gemäss Noack (1892) 774 und Keydell (1963) 1274. 653 Der Einfallsreichtum der Griechen bei der Erfindung neuer, in den meisten Fällen sprechender Amazonennamen war gross – gemäss Döhl (1989) 228 sind aus der gesamten Gräzität ca. 120 Amazonennamen erhalten, wobei »wir elfmal eine Zusammensetzung mit hippos (Pferd), neunmal eine Zusammensetzung mit maché (Kampf)« vorfinden. Allein auf griechischen Vasen finden sich gesamthaft 65 verschiedene Amazonennamen; vgl. Devambez (1981) 653. 654 Kelaino ist gemäss Diod. 4,16,3 eine der von Herakles im Zuge des Gürtelraubs getöteten Amazonen. Antiope ist ein bekannter Amazonenname; vgl. den Kommentar zu (23–24) ἀμφὶ κασιγνήτης […] ῾Ιππολύτης.

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allerdings ist in Athen einmal der Männername Κλόνικος bezeugt,655 welcher ebenso wie Κλονίη von dem epischen Substantiv κλόνος »Schlachtengetümmel« herzuleiten ist. Πολεμοῦσα – eigentlich ein feminines Partizip Präsens zu πολεμεῖν – ist weder literarisch noch inschriftlich als Name bezeugt. Allerdings kennt das Griechische zahlreiche andere Vornamen, die von πόλεμος abzuleiten sind: besonders häufig ist der Männername Πολ έμων (in der ganzen Gräzität verbreitet), danebst etwa auch Πόλεμος (!) (m.), Πολεμώ (f.) oder Πολεμίς bzw. Πόλεμις (f.).656 Der Name Δηρινόη ist zu deuten als »die auf den Kampf Sinnende«, bestehend aus dem Substantiv δ ῆρις, das Quintus im Wesentlichen als Synonym für μ άχη benutzt,657 und dem vermutlich verbalen Hinterglied, von welchem griechisch νόος und νοέω abgeleitet sind.658 Namen mit dem Vorderglied Δηρι - sind im Griechischen kaum sprachwirklich: es gibt mit Δηριμένης nur ein inschriftlich belegtes Beispiel dafür.659 Εὐάνδρη: Das unhomerische660 Adjektiv ε ὔανδρος bedeutet »reich an guten, tapfern Männern«.661 Homerisch und darum spezifisch episch ist εὐήνωρ »gut für den Mann, mannhaft« bzw. »den Mann zierend«;662 von und seit Pindar jedoch wird dasselbe Adjektiv auch im Sinne von εὔανδρος gebraucht663 – so ist in Triph. 468 vom hölzernen Pferd als εὐήνορος ἵππου die Rede. Der Name Ε ὐάνδρη ist somit als »die Mannhafte« aufzufassen. Quintus gebraucht weder εὔανδρος noch ἐυήνωρ als Adjektive – stattdessen kennt er Εὐήνωρ an zwei Stellen als Männernamen: in 1,274 findet sich ein von Paris getöteter Euenor aus Dulichion, in 11,33 heisst ein von Neoptolemos erschlagener Troer so. Ferner heisst gemäss Apollod. 3,153 ein weiterer Nebensohn des Priamos Εὔανδρος (vgl. den Kommentar zu Κλονίη). Inschriftlich ist Ε ὐάνδρα gut bezeugt, mehr noch ihr männliches LGPN II 268 (= IG II2 2405,4) (4. Jh. v.Chr.). Zu Πολέμων vgl. LGPN I 375; II 370; III.A 366; III.B 349; IV 282f.; zu Πόλεμος LGPN I 375; zu Πολεμώ LGPN II 370; III.A 366; zu Πολεμίς / Πόλεμις LGPN I 375. 657 Zu dem von Quintus exzessiv genutzten Substantiv δῆρις vgl. den Kommentar zu (174) ἐπὶ δῆριν ἀναιδέα. 658 Gemäss LIV handelt es sich bei dem Verb νο έω möglicherweise um ein Iterativum zur Wurzel *ne∑- »nicken, (den Kopf) neigen«; eine denominale Ableitung aus ν όος oder aber eine Zugehörigkeit zur Wurzel *nes- »davonkommen, unbeschadet heimkehren« wird desgleichen erwogen (vgl. LIV s.v. *ne∑- [mit Anm. 4] und s.v. *nes-). 659 LGPN I 130 (Chios, 4. Jh. v.Chr.). 660 Erstbeleg: Pind. Pyth. 1,40 εὔανδρον […] χώραν; Pind. Nem. 5,8f. ματρόπολιν […] / […] εὔανδρον. 661 So Pape I s.v. εὔανδρος; vgl. LSJ s.v. εὔανδρος: »abounding in good men and true«. 662 So Pape I s.v. ἐυήνωρ; vgl. LSJ s.v. εὐήνωρ: »prob. ‘the joy of men’«. 663 So Pape I s.v. ἐυήνωρ: »mit guten, starken Männern, reich an guten Männern, wie εὔανδρος«; vgl. LSJ s.v. ἐυήνωρ II.: »later, of communities, etc., well-manned, abounding in brave men«; anders LfgrE s.v. εὐήνωρ: »mit guten Männern« (Possessivkompositum). 655 656

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Pendant Ε ὔανδρος; daneben existieren Eigennamen wie Εὐανδρίδας/-ης (m.), Εὐανδρίς (f.) oder Εὐάνδριος (m.).664 ᾿Αντάνδρη: Inschriftlich ist der Name in der Form ᾿Αντάνδρα einmal bezeugt, und zwar auf einer (vermutlich hellenistischen) argolischen Inschrift.665 Wie zu Ε ὐάνδρη existiert mit ῎Αντανδρος ein männliches Pendant: Mythologisch findet sich der Name auf der sog. »Françoisvase« (CIG 8185) in einem Katalog von Teilnehmern an der Kalydonischen Eberjagd, ausserdem ist er inschriftlich in verschiedenen Gegenden Griechenlands zu finden.666 Da jedoch ᾿Αντάνδρη literarisch nirgends belegt ist, können wir darin auch eine jüngere Kunstbildung in Analogie zum altepischen ἀντιάνειρα sehen,667 welches in der Ilias nur »männergleich«, nicht jedoch »männerfeindlich« bedeutet,668 doch später in der Antike gleichwohl auch in letzterem Sinne verstanden wurde,669 und können den Namen sowohl als »die Männergleiche« wie auch als »die Männerfeindliche« auffassen. ἄντανδρος als Adjektiv ist erst spät, bei Lukian,670 bezeugt, allerdings in einer völlig anderen Bedeutung, nämlich »an Mannes statt; der sich für Jemand stellt«.671 Tzetzes hat in seinem Amazonenkatalog (PH 176–182) einer seiner zwanzig Amazonen den Namen ᾿Αντιάνειρα gegeben (PH 176 ἔνθ᾿ ἦτοι π έσεν ῾Ιπποθόη κα ὶ ᾿Αντιάνειρα). Ferner erscheint auf einer Vase aus Cumae eine Amazone mit ebendiesem Namen unter den Gegnerinnen des Theseus.672 Βρέμουσα ist – gleich wie Πολεμοῦσα – eigentlich ein feminines Partizip Präsens zu βρ έμειν. Literarisch ist der Name nicht belegt, allerdings 664 Zu Εὐάνδρα vgl. LGPN III.A 158; III.B 147. – Zu Εὔανδρος vgl. LGPN I 170; II 162f.; III.A 158f.; III.B 147; IV 129. – Zu Ε ὐανδρίδας/-ης vgl. LGPN I 170; II 162; III.A 158; III.B 147; IV 129. – Zu Εὐανδρίς vgl. LGPN II 162; III.A 158. – Zu Εὐάνδριος vgl. LGPN III.A 158. 665 LGPN III.A 43 (= SEG XI 356). 666 Vgl. LGPN I 43; II 33; III.A 43; III.B 37; IV 27. – Ausserdem existieren einmal der Frauenname ᾿Αντανδρίς (LGPN IV 27) (Skythien, Olbia-Borysthenes, 5. Jh. v.Chr.) sowie mehrfach die Männernamen ᾿Αντανδρίδας/-ης (vgl. LGPN I 43; III.B 37), ᾿Αντάνωρ/-ήνωρ (vgl. LGPN I 43; III.A 43; III.B 37f.; IV 27) und ᾿Αντίανδρος (vgl. LGPN II 33; IV 27). 667 In der alten epischen Formel ᾿Αμαζόνες ἀντιάνειραι (Il. 3,189 und 6,186); vgl. dazu Blok (1995) 145–193. Das hohe Alter und die in einem vorhomerischen Stadium fixierte Formelhaftigkeit des Adjektivs ἀντιάνειραι zeigt sich in dem nicht getilgten Hiat und in dem fehlenden epenthetischen -δ-. 668 Vgl. dazu Blok (1995) 169f.: »The prefix [anti] is never used in the sense of “(fighting) against” in epic diction. The figurative use “equivalent to” is based on the image of a pair of scales in equilibrium: what lies on one side is “against” [anti] what lies on the other side, and is thus equivalent. The local sense of [anti] as “opposite” is not found in Homeric epic.« 669 Vgl. Schol. vet. b Il. 3,189 (9): ἀ ν τ ι ά ν ε ι ρ α ι δὲ αἱ ἶσαι ἢ ἐναντίαι το ῖς ἀνδράσιν. »ἀντιάνειραι aber [heisst] entweder ›den Männern gleich‹ oder ›den Männern [feindlich] entgegengesetzt‹.« 670 Lukian DMort. 16,2; Cat. 10,3. 671 So Pape I s.v. ἄντανδρος; vgl. LSJ s.v. ἄντανδρος: »instead of a man, as a substitute«. 672 Neapel, Mus. Naz. RC 239 (in LIMC I.2, S. 471, Abb. 243).

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findet er sich einmal auf einer kampanischen Inschrift. Daneben existiert vereinzelt das männliche Pendant Βρέμων.673 Mit δῖα Βρέμουσα sowie ῾Αρμοθόη κυανῶπις (1,44; s.u.) imitiert Quintus die geläufige, generisch aus den Gegebenheiten der oral poetry zu erklärende Technik, sporadisch einzelne der in einem Katalog aufgezählten Namen mit einem Epitheton zu versehen. Mit δ ῖα Βρ έμουσα konkret zu vergleichen ist Hes. Th. 260 δέμας δίη […] Μενίππη. ῾Ιπποθόη: Amazonennamen mit dem Wortbestandteil -hippo- (im Normalfall als Vorderglied wie hier) bringen die typische Berittenheit der Amazonen zum Ausdruck und sind deshalb sehr häufig.674 ῾Ιπποθόη bedeutet wörtlich »die Pferdeschnelle«; es handelt sich um den einzigen Namen in Quintus’ Katalog, der auch anderweitig als Amazonenname belegt ist: Hyg. fab. 163 nennt eine Hippothoe in einer Liste mit verschiedenen bekannten Amazonennamen (darunter auch Hippolyte und Penthesilea; vgl. Anm. 651); ferner Tzetzes PH 176 ἔνθ᾿ ἦτοι π έσεν ῾Ιπποθόη κα ὶ ᾿Αντιάνειρα. Ferner ist eine Nereide (Tochter des Nereus und der Doris) gleichen Namens bekannt; vgl. Hes. Th. 251 sowie Apollod. 1,11. Danebst finden sich in Apollodors Bibliotheke zwei weitere Frauen desselben Namens675 sowie vier männliche Figuren namens ῾Ιππόθοος, darunter erneut ein ›Nebensohn‹ des Priamos (vgl. die Kommentare zu Κλον ίη und zu Ε ὐάνδρη).676 Inschriftlich ist ῾Ιππόθοος dreimal zu finden, einmal auf Chios und zweimal in Thrakien.677 ῾Αρμοθόη kennt weder ein männliches Pendant, noch kommt es inschriftlich vor. Gemäss den Odyssee-Scholien soll eine Tochter des Amphidamas und spätere Gemahlin des Pandareos so geheissen haben, dem sie drei Töchter gebar.678 Der Name bedeutet wörtlich »die Wagenschnelle« und ist hier wohl in erster Linie als Analogiebildung zu ῾Ιπποθόη zu verstehen. Der ganze Vers 1,44 lehnt sich an Hes. Th. 251 ῾Ιπποθόη τ᾿ ἐρόεσσα καὶ ῾Ιππονόη ῥοδόπηχυς an: Hesiod behält das Vorderglied ῾Ιππο- bei und tauscht das Hinterglied aus; Quintus behält das Hinterglied -θόη und wech673 Βρέμουσα: LGPN III.A 94 (= CIL X 2215) (Kampanien, Dikaiarchia-Puteoli, vermutlich 2. Jh. n.Chr.). – Βρ έμων: Vgl. LGPN II 90; III.A 94. – Vgl. ferner (von derselben Wurzel) den häufigeren Männernamen Βρόμιος (vgl. LGPN I 105; II 90; III.A 94; III.B 89) sowie den in einem Nymphaion einmal belegten Frauennamen Βρόμις (LGPN IV 75 = SEG XLV 997.10) (kimmerischer Bosporos, 3. Jh. v.Chr.). 674 So sind bspw. auf griechischen Vasen fünf verschiedene -hippo-Amazonennamen belegt: Hippo, Hippolyte, Hippomache, Hipponike, Xanthippe; vgl. Devambez (1981) 653. 675 Hippothoe heisst auch eine Tochter von Pelias und Anaxibia oder Phylomache (Apollod. 1,95) sowie eine Tochter von Mestor und Lysidike (id. 2,50). 676 Hippothoos heissen ein Sohn des Aigyptos (Apollod. 2,17), ein Sohn des Hippokoon (id. 3,124), ein Sohn des Priamos von einer seiner Nebenfrauen (id. 3,152) sowie ein Sohn des Pelasgos und Verbündeter der Troer (id. epit. 3,35). 677 LGPN I 236; IV 176. 678 Schol. Od. 19,518 sowie Schol. Od. 20,66 (wobei dort die Namensform ῾Αρμαθόη lautet).

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selt das Vorderglied. Tzetzes hat diese Technik in seinem Amazonenkatalog mehrfach imitiert; vgl. PH 177 Τοξοφόνη δ᾿ ἐπὶ τῇσι θάνεν καὶ Τοξοάνασσα; 179 ᾿Ανδρώ, ᾿Ιόξεια, Βιοστρ όφη, ᾿Ανδροδάιξα; 182 ῾Εκάτη ᾿Αγχιμάχη τε κα ὶ ᾿Ανδρομάχη βασ ίλεια. Mit dem Attribut κυαν ῶπις greift Quintus weitere sprachliche Vorbilder auf, nämlich andere Epitheta mit dem Hinterglied -ῶπις in den genannten vorbildhaften Frauenkatalogen (immer am Versende); man vgl. Il. 18,40 Θόη θ᾿ ῾Αλίη τε βοῶπις; Hes. Th. 355 Πλο ύτω τε βο ῶπις; h. Cer. 420 ᾿Ωκυρόη καλυ κῶπις. Das Adjektiv κυανῶπις ist ein homerisches hapax: in Od. 12,60 ist es Epitheton für die Nereide Amphitrite,679 welche ihrerseits auch im hesiodeischen Nereidenkatalog figuriert (Hes. Th. 243) – somit stellt Quintus direkt und indirekt weitere intertextuelle Bezüge zu den Nereidenkatalogen her. Auch Quintus verwendet κυανῶπις nur hier; ausserdem 6x Hes. (Scut. 356 sowie 5x in Fragmenten),680 sowie einige weitere, vereinzelte Belege.681 ᾿Αλκιβίη: Der Name ist eine Art Hendiadyoin, zu übersetzen etwa als »die Wehrgewaltige«, und ist ein zweites Mal belegt in einem dem Archilochos zugeschriebenen Gedicht der Anthologia Graeca, wo es jedoch in einem mit dem hier vorliegenden Kontext nicht zu vergleichenden Zusammenhang steht.682 Inschriftlich ist der Name in der Argolis und in Lakonien zu finden; danebst ist das Maskulinum ᾿Αλκίβιος relativ häufig.683 Die letzten drei Namen sind ausschliesslich in den Posthomerica belegt und dürften sprachunwirkliche Augenblicksbildungen des Quintus sein. ᾿Αντιβρότη ist etwa zu verstehen als »die, die sich gegen die Menschen auflehnt / die, die sich den Menschen entgegenstellt« o.dgl. (in Analogie zu ᾿Αντάνδρη). Δηριμάχεια ist, ähnlich wie ᾿Αλκιβίη, eine Art Hendiadyoin, zu übersetzen etwa als »die Schlachtenkämpferin« o.dgl.684 Θερμώδοσσα nimmt klar auf den topikalisierten Lebensraum der Amazonen, die Gegend 679

Od. 12,60: κ ῦμα μ έγα ῥοχθεῖ κυαν ώπιδος ᾿Αμφιτρίτης. »Es wogt die grosse Welle der schwarzäugigen Amphitrite.« 680 Vgl. besonders Hes. fr. 169* (aus dem Katalog der Atlantiden): Τηϋγ έτη τ ᾿ ἐρόεσσα κα ὶ ᾿Ηλέκτρη κυανῶπις / ᾿Αλκυόνη τε κα ὶ ᾿Αστερόπη δίη τε Κελαιν ώ / Μαῖά τε κα ὶ Μερόπη, τὰς γείνατο φαίδιμος ῎Ατλας. 681 κυανῶπις wird auch sonst gerne für Nymphen, Nereiden u.dgl. verwendet (vgl. etwa Opp. cyn. 2,118 νύμφης κυανώπιδος ᾿Ωκεανίνης); dies hat wohl damit zu tun, dass dunkle Augen zum Schönheitsideal gehörten und Nymphen und Nereiden gemeinhin als schön galten (vgl. etwa Chariton 3,2,15). 682 Anth. Gr. 6,133 = Archil. fr. 326 2IEG: ᾿Αλκιβίη πλοκάμων ἱερὴν ἀνέθηκε καλύπτρην / ῞Ηρῃ, κουριδ ίων ε ὖτ᾿ ἐκύρησε γ άμων. »Alkibië hat den heiligen Schleier ihrer Haare der Hera geweiht, als sie ihres ehelichen Hochzeitsfests teilhaftig wurde.« 683 ᾿Αλκιβία/-η: LGPN I 29; III.A 29. – ᾿Αλκίβιος: LGPN I 29; II 22; III.A 29. – Zu denken ist ferner freilich an den davon abgeleiteten, sehr gebräuchlichen Männernamen ᾿Αλκιβιάδας/-ης. 684 Amazonennamen mit dem Hinterglied -mache- sind sehr häufig – so finden sich auf griechischen Vasen sieben verschiedene: Andromache, Antimache, Areximacha, Aristomache, Deinomache, Eumache, Pyrgomache; vgl. Devambez (1981) 653.

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am und um den Fluss Thermodon, Bezug, bedeutet also »die vom Thermodon«.685 Zu bemerken ist, dass auf einer makedonischen Inschrift aus dem Jahre 208 n.Chr. der Männername Θερμόδων belegt ist.686 Sieben der zwölf Amazonen werden ganz zu Beginn der Kampfeshandlungen (1,220ff.) getötet: Podarkes tötet Klonië als Rache dafür, dass sie seinen Freund Menippos getötet hat (1,230–237). Sodann werden sechs weitere Amazonen von verschiedenen griechischen Kämpfern getötet: Idomeneus tötet Bremusa (1,247–253); Meriones tötet Euandre und Thermodossa (1,254–257); der Kleine Aias tötet Derinoe (1,258f.); Diomedes tötet Alkibië und Derimacheia (1,260–266). Die verbleibenden fünf Amazonen (Antandre, Polemusa, Antibrote, Hippothoe, Harmothoe) kommen sodann erst später von der Hand des Achilleus zu Tode (1,531–533); ihr Tod unmittelbar vor dem ersten Zusammentreffen zwischen Achilleus und Penthesileia mag als symptomatisch für die durch den Kampfeseintritt von Achilleus und Aias hervorgerufene Peripetie (Penthesileias Aristie > Penthesileias Tod) gelten. Strukturell gesehen, ist der Tod der zwölf Amazonen somit gleichmässig auf die beiden grossen Schlachtteile von Posthomerica 1 (= Teile II und IV der narrativen Grobstruktur) verteilt.687  Vgl. auch den Kommentar zu (19) Πενθεσίλεια (zum Namen der Penthesileia). (42) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Das überlieferte ἔνθ᾿ ἄρα ἦν wurde von Hermann (1805) 740 zu ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην emendiert, da der iliadische Nereidenkatalog ebenso eingeleitet wird (Il. 18,39 ἔνθ᾿ ἂρ ἔην Γλα ύκη τε Θ άλειά τε Κυμοδ όκη τε; vgl. auch Il. 18,47 ἔνθα δ ᾿ ἔην), und / oder zur Vermeidung eines Hiats in der Zäsur. Allerdings ist zu bedenken, dass auch für Il. 18,39 einige Handschriften die varia lectio ἔνθ᾿ ἄρα ἦν bieten; die Emendation scheint mir deshalb nicht zwingend.688 (43) Εὐάνδρη τε καὶ ᾿Αντάνδρη (—— | — ˘ ˘ | — — | —) + (45) ᾿Αλκιβίη τε καὶ ᾿Αντιβρότη (— ˘ ˘ | — ˘ ˘ | — ˘ ˘ | —)689 Q.S. 1,43 Ε ὐάνδρη τε κα ὶ ᾿Αντάνδρη ist in seiner metrischen Struktur identisch mit Il. 18,46 Νημερτής τε καὶ ᾿Αψευδής.690 Analoges gilt für Q.S. 685

Vgl. dazu den Kommentar zu (18) Θερμώδοντος. LGPN IV 167 (= IG X.2.1 1014). 687 Zur pentadischen Grobstruktur von Posthomerica 1 vgl. Kap. 2.1.1. 688 Ebenso könnte es theoretisch in Il. 18,47 *ἐνθα δὲ ἦν statt ἔνθα δ᾿ ἔην geheissen haben. 689 Die Angaben in diesem Lemma basieren auf La Roche (1900) 38 (mit Anm. 2). 690 Zwischen Il. 18,46 und Q.S. 1,43 besteht eine weitere Affinität in der jeweiligen Parallelisierung der beiden Namen: Νημερτ ής und ᾿Αψευδής sind als sprechende Namen sozusagen Synonyme (»die Unfehlbare« bzw. »die Untrügliche«), während Ε ὐάνδρη und ᾿Αντάνδρη mit demselben Hinterglied gebildet sind. 686

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1,45 ᾿Αλκιβίη τε κα ὶ ᾿Αντιβρότη, dessen metrisches Vorbild Il. 18,44 Δεξαμένη τε κα ὶ ᾿Αμφινόμη ist. Da der Nereidenkatalog in Il. 18,39–49 gesamthaft ein wichtiges Vorbild für Q.S. 1,42–47 darstellt,691 können die genannten Übereinstimmungen in der metrischen Gestaltung kaum auf Zufall beruhen. Die muta cum liquida -βρ- in ᾿Αντιβρότη (— ˘ ˘ —) ist an dieser Stelle nicht positionsbildend. Das Phänomen der sog. Attica correptio ist der homerischen Sprache bekanntlich fremd, begegnet jedoch bei Q.S. häufig – hierin liegt ein gewichtiger Unterschied zwischen den homerischen Epen und den Posthomerica im Bereich der Metrik.692 (46) μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα  Zum Verb κυδιᾶν vgl. den Kommentar zu (145) κυδιόωσα. (47) δαΐφρονι Πενθεσιλείῃ Das Adjektiv δαΐφρων 38x Il. – 21x Od. – h. Cer. 96; 233; 359 – 6x Hes. – A.R. 1,560 – 43x Q.S. – u.a. (nicht bei Nonnos).

Die etymologische Zuordnung des Adjektivs δα ΐφρων ist unsicher: teils wird es von (ἐν) δα ΐ »im Kampfe« hergeleitet und als »tapfer, kampfesmutig« gedeutet, teils wird es zu δαῆναι »kennenlernen, erfahren« gestellt und als »klug, verständig« aufgefasst.693 Kontextbedingt überwiegt in der Ilias die erstgenannte Assoziation – das Adjektiv ist dort Epitheton für zahlreiche Helden (mehrfach etwa für Atreus, Achilleus, Tydeus oder Diomedes) und wird auffallend häufig auf deren Patronymikon bezogen.694 In der Odyssee dagegen überwiegt die zweitgenannte Assoziation – mit δα ΐφρων wird dort vor allen Dingen Odysseus als »kluggesonnen« bezeichnet. Nur einmal in den homerischen Epen bezieht sich das Adjektiv auf eine Frau, nämlich in Od. 15,356 auf Odysseus’ Mutter.695 Quintus hält sich im Wesentlichen an die iliadische Verwendungsweise,696 appliziert es jedoch auch auf weibliche Kriegerfiguren, nämlich hier und an drei weiteren Stel-

691

Vgl. dazu den Kommentar zu (42–46) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Κλονίη […] Θερμώδοσσα μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα. 692 Eine vollständige Liste aller Stellen mit Attica correptio bei Q.S. bietet Ludwich (1874) 237–240. In diesem Abschnitt vgl. auch die Verse 52 ποτὶ Τρώιον ἄστυ; 53 ἀμφὶ δὲ Τρῶες; 56 ἀμφὶ προσώπῳ. 693 Vgl. Frisk I s.v. δαΐφρων; LfgrE s.v. δαΐφρων; Latacz et al. (2000) II.2, 18 (zu Il. 2,23). 694 So auch von Apollonios bei seiner einzigen Verwendung; vgl. A.R. 1,560f. φραδμοσ ύνῃ μήτι τε δα ΐφρονος ῾Αγνιάδαο / Τίφυος »dank der Verständigkeit und der Weitsicht des kluggesonnenen Tiphys, [des Sohnes des] Hagniades«. 695 Od. 15,355f.: ἐκπάγλως γὰρ παιδὸς ὀδύρεται οἰχομένοιο / κουριδίης τ᾿ ἀλόχοιο δαΐφρονος. »Denn furchtbar schmerzt es ihn [= Laertes] um den Sohn, der fortging, und um seine Ehegattin, die kluggesonnene.« 696 Zur Verwendung des Adjektivs δαΐφρων bei Q.S. vgl. auch Campbell (1981) 130f.

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len auf Penthesileia697 sowie gesamthaft viermal auf Athene (wodurch er die Doppelbedeutung des Adjektivs geschickt ausnutzt, ist doch Athene als Göttin der Kriegslist sowohl ›kriegstüchtig‹ als auch ›kluggesonnen‹);698 ausserdem – auch dies ein unhomerischer Gebrauch – an einer Stelle auf ein Abstraktum.699 (48–53) ο ἵη δ ᾿ ἀκαμάτοιο […] το ίη Πενθεσ ίλεια […] ἐν π άσῃσιν ᾿Αμαζόσιν Entgegen bisheriger Ansicht700 möchte ich das konkrete Vorbild für dieses Gleichnis nicht in dem odysseischen Nausikaa-Artemis-Gleichnis (Od. 6,102–109) sehen. Dieses ist als Referenztext für die ganze Passage Q.S. 1,33–61 von eminenter Bedeutung und hat verschiedene ›intertextuelle Spuren‹ hinterlassen, weist aber mit dem vorliegenden Gleichnis zu wenige sprachliche und inhaltliche Berührungspunkte auf, als dass man ein konkretes diesbezügliches Abhängigkeitsverhältnis postulieren könnte. Sowohl Eos als auch die Horen treten in der griechischen und römischen Literatur und Ikonographie in vielfältigen Erscheinungsformen auf. Im Folgenden wird nur diskutiert, was für die vorliegende Stelle von Relevanz ist.701 Eos ist nach hesiodeischer Genealogie eine Tochter der Titanen Hyperion und Theia und eine Schwester des Helios und der Selene.702 Zusammen mit Astraios ist sie ihrerseits Mutter des Morgensterns und der Sterne.703 Dass die personifizierte Göttin der Morgenröte geradezu paradigmatisch als Lichtbringerin mit all den dazugehörigen Assoziationen (Schönheit / Erotik einerseits, Hoffnung andererseits) dienen kann, liegt auf der Hand.704 Geläufige homerische Epitheta wie ῥοδοδάκτυλος »rosenfingrig«, κροκόπεπλος »safrangewandet«, ῥοδόπηχυς »mit rosigen Armen« oder ἐυπλόκαμος 697

Q.S. 1,538 δαΐφρων Πενθεσίλεια; 1,594 und 2,17 δαΐφρονα Πενθεσίλειαν. Q.S. 1,128 δα ΐφρων Τριτογ ένεια; 11,285 Παλλ άδος […] δα ΐφρονος; 12,377 δα ΐφρονι Τριτογενείῃ; 14,582f. δαΐφρων / Παλλάς. 699 Q.S. 1,218 ἀλκῆς μνησώμεσθα δαΐφρονος »lasst uns der tapferen Wehrkraft gedenken«. 700 Niemeyer (1884) 16; Vian (1963) 14 Anm. 3; James (2004) 269. 701 Die Ausführungen in diesem Lemma basieren auf folgenden Artikeln: zu Eos: Rapp (1884– 1890b); Escher (1905); Weiss (1986); Art. »Eos« in: DNP 3 (1997) 1060 (Tanja Scheer) – zu den Horen: Jolles (1913); Art. »Horai« in: DNP 5 (1998) 716f. (Theodor Heinze). 702 Hes. Th. 371–374: Θεία δ᾿ ᾿Ηέλιόν τε μέγαν λαμπράν τε Σελήνην / ᾿Ηῶ θ᾿, ἣ πάντεσσιν ἐπιχθονίοισι φαείνει / ἀθανάτοις τε θεοῖσι τοὶ οὐρανὸν εὐρὺν ἔχουσι, / γείναθ᾿ ὑποδμηθεῖσ’ ῾Υπερίονος ἐν φιλ ότητι. »Theia aber gebar den grossen Helios und die leuchtende Selene und Eos, die für alle [Menschen] auf der Erde scheint und auch für die unsterblichen Götter, die den weiten Himmel bewohnen, nachdem sie in Liebe zu Hyperion bezwungen ward.« 703 Hes. Th. 381f.: τοὺς δὲ μετ᾿ ἀστέρα τίκτεν ῾Εωσφόρον ᾿Ηριγένεια / ἄστρα τε λαμπετ όωντα τά τ᾿ οὐρανὸς ἐστεφάνωται. »Nach diesen [= den Winden] gebar die Frühgeborene den Morgenstern (den ›Bringer der Morgenröte‹) und die leuchtenden Sterne, mit denen der Himmel sich kränzt.« 704 Zum Wirken von Eos als Lichtgottheit vgl. Weiss (1986) 748f. 698

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»flechtenschön«705 weisen nicht nur die seit homerischer Zeit bestehende Personifikation als weibliche Gottheit aus, sondern implizieren auch die Vorstellung einer erotisch anziehenden Frau.706 Auch Eos’ geschlechtliche Verbindung mit Tithonos, von dem sie sich jeden Morgen trennen muss, um den Menschen das Licht zu bringen, weist klar in diese Richtung;707 desgleichen verschiedene weitere fleischliche Verbindungen, welche der Mythos überliefert,708 und insbesondere auch die bei Apollodor überlieferte Sage, Eos habe mit Ares ein Verhältnis gehabt und sei deshalb von Aphrodite als Strafe zur Nymphomanin gemacht worden.709 Somit nimmt es wenig wunder, dass Eos in einem Vergleich als secundum comparatum für eine schöne, göttliche Frau herangezogen wird. Ein solcher Vergleich ist m.W. erstmals angelegt bei Ov. am. 2,4,43: Aurora wird im Katalog der verschiedenen Frauentypen, welche dem elegischen ›Ich‹ sämtlich gefallen, als Exemplum für Blondinen genannt.710 Nonnos nutzt die in den Vorstellungen von der hell leuchtenden Eos angelegten Assoziationen mehrfach für Vergleiche erotischen Inhalts; vgl. z.B. Nonn. Dion. 42,422f.: βολα ῖς δ ᾿ ἀντίρροπος ᾿Ηοῦς / εἴκελος ἠλέκτρῳ Βερόης ἀμαρύσσεται αὐχήν. »Beroes Nacken, den Strahlen der Morgenröte ähnlich, funkelt gleich Bernstein.«711 Seit der Odyssee wird Eos in der Begleitung von Pferden imaginiert, die z.T. sogar namentlich genannt werden; vgl. Od. 23,243–246: νύκτα μὲν ἐν περάτῃ δολιχὴν σχέθεν, ᾿Ηῶ δ᾿ αὖτε / ῥύσατ᾿ ἐπ᾿ ᾿Ωκεανῷ χρυσόθρονον ο ὐδ᾿ ἔα ἵππους / ζε ύγνυσθ᾿ ὠκύποδας, φ άος ἀνθρώποισι φέροντας, / Λ άμπον κα ὶ Φα έθονθ᾿, ο ἵ τ᾿ ᾿Ηῶ πῶλοι ἄγουσι. »[Athene] hielt die Nacht am Horizont auf [und machte sie] langwährend, die goldthronende Morgenröte aber hielt sie zurück beim Okeanos und liess sie 705 Vgl. Weiss (1986) 748f. und Escher (1905) 2667 für Belegstellen dazu sowie für weitere, auch nachhomerische Eos-Epitheta. 706 Vgl. Escher (1905) 2667: »E[os] wird mit all dem Reiz und all der Pracht ausgestattet, die dem jungen Morgen, dem jungen Weibe, eigen ist. Rosig, safranfarben, golden schildern die Dichter die jugendfrische, blühende Gestalt der E[os].« 707 Vgl. Il. 11,1f. = Od. 5,1f.: ᾿Ηὼς δ᾿ ἐκ λεχέων παρ᾿ ἀγαυοῦ Τιθωνοῖο / ὤρνυθ᾿, ἵν᾿ ἀθανάτοισι φ όως φ έροι ἠδὲ βροτο ῖσι(ν). »Eos aber erhob sich von dem Lager bei dem erlauchten Tithonos, um den Unsterblichen und den Menschen das Licht zu bringen.« Diese Stelle imitiert Quintus in 6,1–3: ᾿Ηὼς δ᾿ ᾿Ωκεανοῖο ῥόον καὶ λέκτρα λιποῦσα / Τιθωνοῦ προσέβη μέγαν οὐρανόν, ἀμφὶ δὲ πάντῃ / κίδνατο παμφανόωσα, γέλασσε δὲ γαῖα καὶ αἰθήρ. »Eos aber verliess den Strom des Ozeans und das Lager des Tithonos und erhob sich zum weiten Himmel, und sie zerstreute sich ringsum überall mit ihrem hellen Leuchten, und es lachte die Erde und der Äther.« 708 Vgl. dazu Rapp (1884–1890b) 1267–1270 und Escher (1905) 2665f. 709 Apollod. 1,27: ᾿Ωρίωνος δ᾿ ᾿Ηὼς ἐρασθεῖσα ἥρπασε καὶ ἐκόμισεν εἰς Δῆλον· ἐποίει γὰρ αὐτὴν ᾿Αφροδίτη συνεχῶς ἐρᾶν, ὅτι ῎Αρει συνευνάσθη. »In Orion aber hatte sich Eos verliebt, und [deshalb] raubte sie ihn und brachte in nach Delos. Denn Aphrodite hatte bewirkt, dass sie ständig Lust auf Sex hatte, weil sie mit Ares im Bett gewesen war.« 710 Ov. am. 2,4,43: seu flavent – placuit croceis Aurora capillis. »Oder mögen [die Mädchen] blond sein – Aurora gefiel [schon immer] mit ihrem safranfarbenen Haar.« 711 Weitere Stellen bei Escher (1905) 2669 (m.E. aber nicht alle besonders passend).

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nicht ihre fussschnellen Pferde anspannen, die den Menschen das Licht bringen – Lampos und Phaethon, die Fohlen, welche Eos chauffieren.«712 Auffällig ist allerdings, dass Eos in Q.S. 1,48 vom Olymp her kommt und sich nicht wie üblich aus den Fluten des Okeanos, wo sie ihrer Natur gemäss ihren Wohnsitz hat, erhebt; vgl. zu dieser Vorstellung z.B. Il. 19,1f.: ᾿Ηὼς μ ὲν κροκ όπεπλος ἀπ᾿ ᾿Ωκεανοῖο ῥοάων / ὤρνυθ᾿, ἵν᾿ ἀθανάτοισι φόως φέροι ἠδὲ βροτοῖσιν. »Eos aber, die safrangewandete, erhob sich von den Strömen des Okeanos, um den Unsterblichen und den Menschen das Licht zu bringen.«713 Quintus selber hält sich andernorts an diese traditionelle Verortung; vgl. Q.S. 6,1–3 (vgl. Anm. 707) und die mit 1,48f. nahe verwandten Verse 11,330f.: ἦμος δ ᾿ ᾿Ωκεανοῖο ῥοὰς ὑπερήλασεν ᾿Ηώς / ἵππους μαρμα ίροντας »als aber Eos ihre schimmernden Pferde über die Strömungen des Okeanos hinweggetrieben hatte«. Dass er hier die Morgenröte vom Olymp her auftreten lässt, lässt sich m.E. nur damit erklären, dass deren göttliche Personifikation gegenüber der reinen Naturerscheinung hervorgehoben werden und Eos ad hoc in den Rang einer Olympischen Gottheit erhoben werden soll. Die Horen sind ebenfalls seit den homerischen Epen als göttliche Gestalten bekannt und treten in vielfältigen Funktionen auf; auch bei ihnen oszilliert die Auffassung zwischen Naturphänomen einerseits und Personifikation andererseits, so dass wir oft kaum unterscheiden können (und wohl auch nicht müssen), ob das eine oder das andere vorliegt.714 In Ilias und Odyssee kommen ihnen verschiedene dienende Funktionen zu;715 interessant ist, dass sie auch da schon in Verbindung mit Pferden, als Pflegerinnen für die Rosse von Hera und Athene, genannt werden.716 In der Theogonie sodann werden sie als drei Töchter (Eunomia, Dike und Eirene) des Zeus und der Themis

712

Für weitere literarische sowie auch ikonographische Belege vgl. Escher (1905) 2667f. In späterer Zeit ist Eos ikonographisch vereinzelt auch als Reiterin zu finden; vgl. dazu Escher (1905) 2668. Die daselbst genannten literarischen Quellen sind m.E. alle eher zweifelhaft. 713 Vgl. auch Od. 12,1–4; Od. 23,244; h. Merc. 184f.; h. Ven. 226f. 714 Vgl. dazu Jolles (1913) 2300: »Wo in der antiken Literatur das Wort ‚H[oren]‘ fällt, wird nun das Schwebende noch schwebender, da hier der Göttername immer in engster Berührung mit Ausdrücken der gewöhnlichen und der dichterischen Sprache geblieben ist. Es ist schwer, oft unmöglich zu bestimmen, wo das Appellativum ὥρη aufhört und das Nomen proprium ῞Ωρη anfängt und umgekehrt. Vergessen wir jedoch nicht, daß eine so spitzfindige Trennung dem antiken Geist zwecklos, ja töricht vorkam. Gerade die Beweglichkeit der Grenzen erschien ihm eine Erhöhung der Ausdrucksfähigkeit.« 715 Vgl. dazu Jolles (1913) 2301f. 716 Il. 8,433–435: τῇσιν δ᾿ ῟Ωραι μὲν λῦσαν καλλίτριχας ἵππους· / καὶ τοὺς μὲν κατέδησαν ἐπ᾿ ἀμβροσίῃσι κ άπῃσιν, / ἅρματα δ ᾿ ἔκλιναν πρ ὸς ἐνώπια παμφαν όωντα. »Diesen [= Hera und Athene] aber lösten die Horen die Pferde mit den schönen Mähnen; und sie banden sie fest bei den Futterkrippen, wo es Ambrosia gibt, und die Wagen lehnten sie an bei der vorderen Hauswand, der glänzenden.«

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in ein genealogisches System eingepasst.717 Sie sind, aufs Gesamte betrachtet, »göttliche Dienerinnen, die das Kommen und Gehen der Wolken regeln, dann wie das Wetter, so auch die in vielen Sprachen damit zusammenfallende Zeit in ihrem Lauf ordnen, dadurch mit dem Jahr auch die Jahreszeiten, vor allem den Segen bringenden Frühling beherrschen, um schließlich bei den Göttern zu Pflegerinnen von Helden zu werden, bei den Menschen zu Vertreterinnen der wechselnden Anordnungen, die das Leben einteilen und die Gesellschaft zusammenhalten«.718 In welcher Funktion auch immer sie auftreten, sie sind stets schön, liebreizend und gutherzig. Im sechsten homerischen Hymnos nehmen sie die junge, schaumgeborene Aphrodite in Empfang und kleiden, bekränzen und schmücken sie »mit goldenen Ketten, mit denen sie sich auch selber« schmücken (h.h. 6,11: ὅρμοισι χρυσέοισιν ἐκόσμεον οἷσί περ αὐταί);719 in Hes. Erga 75 werden die Horen als καλλίκομοι bezeichnet, wo sie zusammen mit den Chariten bei der Schmückung der neu erschaffenen Pandora Erwähnung finden (73–75). Ikonographisch sind die Horen den Chariten und den Nymphen oft ähnlich;720 in Hesiods Erga stehen sie bei der Erschaffung Pandoras mit den Chariten auf einer Stufe.721 Somit nimmt es wenig wunder, dass das Wort ὥρα in späterer Zeit nachgerade ein Synonym für χ άρις oder κ άλλος werden konnte.722 Diese und ähnliche erotische Assoziationen sind wohl auch der Hauptgrund dafür, dass die Horen hier an unserer Stelle, an welcher Penthesileias Schönheit und erotische Ausstrahlung hervorgehoben und ihre sittliche Befleckung für einen Moment beiseite gelassen werden sollen, als Begleiterinnen der Eos auftreten. Auch in Posthomerica 2 sind die Horen Eos’ Begleiterinnen und trösten sie nach Memnons Tod. Es sind zwölf an der Zahl – man beachte die Parallele zum Amazonenkatalog –, die in einer Digression als Allegorien der vier Jahreszeiten präsentiert und mit den die zwölf Tierkreiszeichen repräsentierenden zwölf Heliaden assoziiert werden:723

717

Hes. Th. 901f. Jolles (1913) 2302. 719 Ganze Szene: h.h. 6,5–13. 720 Zu den Horen in der bildenden Kunst vgl. Jolles (1913) 2307–2313. 721 Hes. Erga 73–75: ἀμφὶ δέ οἱ Χάριτές τε θεα ὶ κα ὶ πότνια Πειθ ώ / ὅρμους χρυσε ίους ἔθεσαν χροΐ· ἀμφὶ δὲ τήν γε / ῟Ωραι καλλίκομοι στέφον ἄνθεσι εἰαρινοῖσιν. »Ringsum legten ihr die göttlichen Chariten und die Gebieterin Peitho goldene Ketten auf die Haut, und ringsum bekränzten sie die schönhaarigen Horen mit Frühlingsblumen.« 722 Vgl. LSJ s.v. ὥρα (C) B. II. 2.: »freq. involving an idea of beauty, […] b. »generally, beauty, grace, elegance of style« (mit Stellen). Zu χάρις bei Homer vgl. Latacz (1966) 78–98. 723 Zur Assoziation Horen – Heliaden vgl. Vian (1963) 14 Anm. 3; (1969) 208 Anm. 4 (zu 30). 718

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Q.S. 2,593–606: δύσετο δ’ ἠελίοιο φάος· κατὰ δ’ ἤλυθεν ᾿Ηώς οὐρανόθεν κλαίουσα φίλον τέκος, ἀμφὶ δ’ ἄρ’ αὐτῇ κοῦραι ἐυπλόκαμοι δυοκαίδεκα, τῇσι μέμηλεν αἰὲν ἑλισσομένου ῾Υπερίονος αἰπὰ κέλευθα νύξ τε καὶ ἠριγένεια καὶ ἐκ Διὸς ὁππόσα βουλῆς γίνεται, οὗ περὶ δῶμα καὶ ἀρρήκτους πυλεῶνας στρωφῶντ’ ἔνθα καὶ ἔνθα πέριξ λυκάβαντα φέρουσαι καρποῖσι βρίθοντα, κυλινδομένου περὶ κύκλον χειμῶνος κρυεροῖο καὶ εἴαρος ἀνθεμόεντος ἠδὲ θέρευς ἐρατοῖο πολυσταφύλοιό τ’ ὀπώρης. αἱ δ’ ὅτε δὴ κατέβησαν ἀπ’ αἰθέρος ἠλιβάτοιο ἄσπετ’ ὀδυρόμεναι περὶ Μέμνονα, σὺν δ’ ἄρα τῇσι Πληιάδες μύροντο, περίαχε δ’ οὔρεα μακρά καὶ ῥόος Αἰσήποιο, γόος δ’ ἄλληκτος ὀρώρει. Es entschwand das Licht der Sonne; Eos aber kam vom Himmel herunter, ihren geliebten Sohn beweinend, und um sie herum zwölf flechtenschöne Jungfrauen, denen die steilen Pfade des sich immerzu wendenden Hyperion anheimgestellt sind und die Nacht und die Frühgeborene [= der Tag] und all das, was aufgrund von Zeus’ Willen geschieht, um dessen Palast und unzerstörbare Tore sie sich hierhin und dorthin rings wenden, die Jahresbahn führend, die an Früchten prall ist, wenn in ihrem Kreis wechselweise der eisige Winter kommt und der blütenreiche Frühling, dann der liebliche Sommer und [schliesslich] der traubenreiche Herbst. Als diese also vom hochtrabenden Äther herunterstiegen, unsäglich klagend um Memnon, da weinten mit ihnen auch die Pleiaden, und es hallten rings wider die weiten Gebirge und der Strom des Aisepos, und unaufhörliches Klagegeschrei erhob sich.

Ferner ist in Q.S. 4,134–136 die Rede von den Horen, welche bei der Hochzeit von Thetis und Peleus bei Tische aufwarten (Erzählung im Rahmen von Nestors Eulogium auf Achilleus).724 In 10,336–339 treten sie zu viert als persönliche Dienerinnen Heras auf und werden als Schwestern des Mondes und der Sonne ausgewiesen;725 die anschliessenden Verse, die Attribute und 724

Q.S. 4,134–136: ὅτ᾿ εἴδατα θε ῖα φ έρουσαι / χερσ ὶν ὑπ᾿ ἀμβροσίῃσι θοα ὶ παρεν ήνεον ῟Ωραι / χρυσείοις κανέοισι »als die flinken Horen die Götterspeisen brachten mit ihren ambrosischen Händen und sie in goldenen Körben vorsetzten«. 725 Q.S. 10,336–339: καί ῥά οἱ ἀμφίπολοι πίσυρες σχεδὸν ἑδριόωντο / τάς ποτ᾿ ἄρ᾿ ᾿Ηελίῳ χαροπὴ δμηθε ῖσα Σελ ήνη / γε ίνατ᾿ ἀν᾿ οὐρανὸν ε ὐρὺν ἀτειρέας, ο ὐδὲν ὁμοίας / ἀλλήλαις· μορφῇ δὲ διέκριθεν ἄλλη ἀπ᾿ ἄλλης. »Und ganz in ihrer [= Heras] Nähe sassen vier Dienerinnen, die einst die strahlenäugige Selene, von Helios bezwungen, geboren hatte in den Weiten des Himmels: unverwüstliche, einander überhaupt nicht ähnlich: denn an Gestalt unterschied sich eine von der anderen.«

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Aufgaben der Horen beschrieben haben dürften, sind grossenteils verloren.726 Diese beiden Stellen im vierten und im zehnten Buch der Posthomerica beruhen auf Il. 8,433–435, wo die Horen als Dienerinnen die Pferde der Hera und der Athene versorgen (vgl. Anm. 716).  Zur Lichtmetaphorik als Ausdruck für Schönheit / Erotik und Hoffnung vgl. die Einleitung sowie den Kommentar zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν. (48) ἀκαμάτοιο […] Οὐλύμποιο ἀκάματος »unermüdlich«727 8x Il., 2x Od., immer bezogen auf πῦρ, bis auf eine Ausnahme (Il. 15,597f. π ῦρ / […] ἀκάματον) immer in der Versschlussformel ἀκάματον π ῦρ. Bei Hesiod dann auch Epitheton für andere Substantive wie αὐδή, μ ένος, π όδες und χε ῖρες. Das auch bei Tragikern und Lyrikern verbreitete Wort findet sich sodann 8x bei A.R.; aufschlussreich sind dort 3,1030 ἀκαμάτοιο ῥοῇσι λοεσσ άμενος ποταμο ῖο »sich in den Strömen eines unermüdlichen [= unendlich fliessenden] Flusses badend« und 4,1656 ἀκάματος […] α ἰών »eine unendliche Lebenszeit«. Hierin ist eine gewisse ›Bedeutungsaufweichung‹ bzw. -erweiterung von »unermüdlich« zu »unendlich weit / lang / gross« o.dgl. festzustellen; man vgl. bspw. (zufällige Auswahl aus zahlreichen Stellen) Orac. Sib. 1,223 GCS ἀβύσσου ἀκαμάτοιο; ibid. 14,232 σκότος ἀκάματον; Clem. Alex. Strom. 6,16,148,2 τὴν ἀκάματον δ ύναμιν. Semantisch mit Q.S. 1,48 zu vergleichen sind 2,118 ἀκαμάτου π έρατα χθον ός »die Grenzen der unendlichen Erde«; 3,507 δι᾿ αἰθέρος ἀκαμάτοιο »durch den unendlichen Himmel«. Quintus gebraucht das Adjektiv gesamthaft 60x; er appliziert es auf verschiedene, sowohl belebte als auch unbelebte Substantive und bindet es z.T. auch formelhaft ein: 6x χερσ ὶν ὑπ᾿ ἀκαμάτοισι(ν) (stets am Versanfang; Vorbild: Hes. Th. 519 und 747 ἀκαμάτῃσι χέρεσσιν); 3x ἀκάματος Ζεύς (stets am Versende); 3x (δι᾿ / κατ᾿) ἀκαμάτοιο θαλ άσσης (stets am Versende); 3x (κατ᾿ / ἀπ᾿ / δι᾿) ἀσπίδος ἀκαμάτοιο (stets am Versende); 2x Δι ὸς ἀκαμάτοιο728 sowie 2x ἀκαμάτου Δι ός. Die homerische Versschlussformel ἀκάματον π ῦρ ist 1x tel quel übernommen (11,94) und 2x variiert (5,387 πυρὸς ἀκαμάτοιο; 14,455 ἀκαμάτου πυρός). Ein Echo der Stelle findet sich wenige Verse später in 1,55 ῎Αρεος ἀκαμάτοιο, wobei dort die ursprüngliche Bedeutung »unermüdlich« prä726

Vgl. dazu James (2004) 321. Zur Bedeutung: Frisk I s.v. κάμνω: »ohne Mühe«; LfgrE s.v. ἀκάματος: »ohne Ermüden, unermüdlich«; LSJ s.v. ἀκάματος: »untiring, unresting«. VB s.v. ἀκάματος differenzieren die Bedeutungen in »immuable«, »en perpétuel mouvement« und »puissant« für Naturelemente und »invincible, indomptable« für Lebewesen. Zur Frequenz vgl. den Kommentar zu (13) δι᾿ ἀκαμάτοιο θαλάσσης. 728 Sowie 1,154 Διὸς μένος ἀκαμάτοιο (am Versende). 727

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dominant ist. Durch das kurze Aufeinanderfolgen des Adjektivs in seinen beiden Bedeutungen wird seine semantische Entwicklung inter lineas diskutiert.729 (49) μαρμαρέοισιν Il. 14,273; 17,594; 18,480 – Hes. Th. 811 – A.R. 4,1710 – Q.S. 1,49 und 6,197 – 9x Nonn. Dion.

Das seltene homerische Adjektiv μαρμ άρεος wird – ähnlich wie das verwandte Partizip Präsens μαρμαίρων – hauptsächlich zur Bezeichnung von reflektierendem Licht auf metallenen Gegenständen verwendet, ist also etwa mit »funkelnd, glänzend, blendend« (ggf. mit der Konnotation ›weiss‹) wiederzugeben;730 vgl. z.B. Il. 17,593f. αἰγίδα […] / μαρμαρέην; Il. 18,479f. περὶ δ᾿ ἄντυγα βάλλε φαεινήν / τρίπλακα μαρμαρέην; Hes. Th. 811 ἔνθα δὲ μαρμάρεαί τε πύλαι κα ὶ χάλκεος οὐδός (von der Unterwelt); A.R. 4,1710 μαρμαρέην δ ᾿ ἀπέλαμψε βιὸς π ερὶ πάντοθεν α ἴγλην (vom Silberbogen des Apollon); ferner auch vom Wasser, das Licht reflektiert: Il. 14,273 ἅλα μαρμαρ έην. Quintus folgt diesem Gebrauch bei der Charakterisierung von Eurypylos’ Waffen, Q.S. 6,196f.: ὣς δ ὲ κα ὶ Εὐρύπυλος μεγάλοις περικ άτθετο γυίοις / τεύχεα μαρμαρέ ῃσιν ἐειδόμενα στεροπῇσι. »So legte auch Eurypylos um seine kräftigen Glieder die Waffen, die funkelnden Blitzen glichen.«731 Dagegen ist die hier vorliegende Kollokation μαρμαρ έοισιν […] ἵπποις singulär und ohne Parallele. Die Lichtmetapher, welche die weibliche Schönheit (> glänzende, weisse Haut) versinnbildlicht und zu Eos von Natur aus gehört, wird auch auf deren Pferde (> Schimmel) übertragen.732  Vgl. auch den Kommentar zu (59) μάρμαιρον. (50) ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων ἐυπλόκαμος 7x Il. – 20x Od.733 – 7x h.h. – 6x Hes. fr. – A.R. 1,976 – 8x Q.S. – Nonn. Dion. 7,216 und 42,41 – daneben zahlreiche weitere, v.a. hexametrische Belege. 729 Wiederholungen bestimmter Adjektive auf engem Raum sind ein typisches Phänomen von Quintus’ Sprachgebrauch; vgl. dazu Kap. 1.3.3.2 sowie den Kommentar zu (17) στονόεντι. 730 Zur Bedeutung vgl. Suda s.v. 220 μαρμαρέην· λαμπράν. καὶ μαρμαρέαισιν αὐγαῖς, ταῖς λαμπραῖς. μαρμαίρειν γ ὰρ τὸ λάμπειν κα ὶ καταυγάζειν. Vgl. auch LfgrE s.v. μαρμαίρων und s.v. μαρμάρεος. 731 Die Verse dienen als Einleitung zur Beschreibung von Eurypylos’ Schild. Q.S. 6,197 ist gebildet in Anlehnung an Il. 18,617 (dem Schlussvers des achtzehnten Buches der Ilias) τε ύχεα μαρμαίροντα παρ ᾿ ῾Ηφαίστοιο φ έρουσα »die funkelnden Waffen von Hephaistos tragend« (Subjekt: Thetis). 732 Vgl. dazu (alle Stellen nach Weiss [1986] 749): Aischyl. Pers. 386 λευκ όπωλος ἠμέρα; Soph. Aias 673 τ ῇ λευ κοπώλῳ φέγγος ἡμέρᾳ φλ έγειν; vgl. auch die Vorstellung von einem ›goldenen‹ Pferdegespann der Eos in Eur. Tro. 854–856: πόσιν ἐν θαλάμοις, / ὃν ἀστέρων τέθριππος ἔλα-/βε χρ ύσεος ὄχος ἀναρπάσας »den Gatten [= Tithonos] in den Gemächern, den der güldene viergespannte Pferdewagen hinweggeraubt und mitgenommen hatte«. 733 Danebst kennt die Odyssee das feminine Adjektiv ἐυπλοκαμίς in der Versschlussformel ἐυπλοκαμῖδες ᾿Αχαιαί (Od. 2,119; 19,542).

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Vgl. demgegenüber das fülligere und quantitativ seltenere Synonym καλλιπλ όκαμος: Il. 14,326; 18,407; 18,592; 20,207 – Od. 10,220 und 10,310 – h. Apoll. 101 – Hes. fr. 26,10; 129,18; 180,7 – Q.S. 2,588 und 10,127 – daneben ebenfalls einige weitere Belege.734

Zum Idealbild einer attraktiven Frau gehörten schon bei den Griechen genauso wie bei uns schöne, lange, gepflegte und mit Vorteil blonde Haare.735 Entsprechend wird das Adjektiv ἐυπλόκαμος in der Ilias und v.a. in der Odyssee auf schöne, insbesondere göttliche Frauen bezogen und ist ein häufiges Epitheton für νύμφη/-αι oder κούρη/-αι.736 Nausikaas Begleiterinnen im sechsten Buch der Odyssee werden mehrfach so bezeichnet,737 desgleichen Kalypso738 und Kirke,739 an einer Stelle gar Artemis persönlich (Od. 20,80). Im Nereidenkatalog im 18. Buch der Ilias ist die Nereide Amatheia mit dem Attribut ἐυπλόκαμος versehen,740 und im homerischen Selenehymnos ist ἐυπλόκαμος Attribut für die personifizierte Mondgöttin.741 Als direktes Vorbild für Q.S. ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων ist wohl der odysseische Iteratvers ἀλλ’ ὅτε δὴ τρίτον ἦμαρ ἐυπλόκαμος τέλεσ’ ᾿Ηώς 734 Vgl. ferner die Synonyme καλλ ίκομος (1x Il., 1x Od., 3x Hes., 2x Opp. cyn., 1x Nonn. Dion., sowie einige lyrische und tragische Belege; nicht bei Q.S.) und das häufigere ἠύκομος (18x Il., 3x Od., 10x h.h., 20x Hes., 1x A.R., 5x Opp. cyn., 1x Triph., 7x Q.S., 1x Nonn. Dion., sowie einige weitere Belege in verschiedenen literarischen Genera); vgl. dazu LfgrE s.v. καλλ ίκομος und s.v. ἠύκομος. 735 Exempli gratia sei hierfür auf Hld. 3,4,5 verwiesen, wo die atemberaubende Schönheit der weiblichen Protagonistin Charikleia bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt an den delphischen Festspielen ausführlich beschrieben wird; u.a. ist auch die Rede von ihren Haaren: ἡ κόμη δὲ οὔτε πάντῃ δι άπλοκος ο ὔτε ἀσύνδετος, ἀλλ᾿ ἡ μὲν πολλ ὴ κα ὶ ὑπαυχένιος ὤμοις τε κα ὶ νώτοις ἐπεκύμαινε τὴν δὲ ἀπὸ κορυφῆς καὶ ἀπὸ μετώπου δάφνης ἁπαλοὶ κλῶνες ἔστεφον ῥοδοειδῆ τε καὶ ἡλιῶσαν διαδέοντες καὶ σοβεῖν ταῖς αὔραις ἔξω τοῦ πρέποντος οὐκ ἐφιέντες. »Das Haar aber war weder ganz geflochten noch ganz offen, sondern ein Teil davon – das meiste – [fiel] unter den Nacken und wogte über die Schultern und den Rücken, den anderen Teil aber bei der Scheitel und bei der Stirn bekränzten zarte Lorbeerzweige, welche das rosenfrische und sonnenblonde [Haar] festbanden und verhinderten, dass es unordentlich im Winde wehte.« – Man beachte besonders die Lichtmetapher (ἡλιῶσαν), die in Heliodors Aithiopika zwar funktional zu deuten ist (Charikleia ist die Adoptivtochter eines Apollonpriesters und wird später einmal Heliospriesterin werden), die jedoch auch in der Tradition von der Metapher des Lichts für Schönheit und Erotik steht (vgl. den Kommentar zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν). – Zur Attraktivitätsforschung vgl. den Band von Hassebrauck / Niketta (1993). 736 Geflochtene Haare sind auch ein Zeichen für Sittsamkeit, während offenes Haar den (ungebändigten) Eros verkörpert (Hinweis von Christoph Riedweg). 737 Die Junkturen ἀμφιπόλοισιν ἐυπλοκάμοισι/-οις (Od. 6,198 und 6,238 [dieselbe Wendung auch in Il. 22,442]) und κούρῃσιν ἐυπλοκάμοισι(ν) (Od. 6,135 und 6,222) stehen für Nausikaas Begleiterinnen. Vgl. auch δμῳῇσιν ἐυπλοκάμοισι (Il. 22,449) für Hekabes Dienerinnen. 738 Vgl. die Junktur νύμφῃ ἐυπλοκάμῳ (Od. 1,86; 5,30) sowie die Wendung νύμφη / ναῖεν ἐυπλόκαμος (Od. 5,57f.) bzw. Καλυψώ / ναίει ἐυπλόκαμος (Od. 7,245f.; 7,254f.; 12,448f.). 739 Od. 10,136; 11,8; 12,150. 740 Il. 18,48 Μαῖρα κα ὶ ᾿Ωρείθυια ἐυπλόκαμός τ’ ᾿Αμάθεια. – Zur Vorbildhaftigkeit des homerischen Nereidenkatalogs für den Amazonenkatalog der Posthomerica vgl. den Kommentar zu (42–46) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Κλονίη […] Θερμώδοσσα μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα. 741 h.h. 32,17f. χαῖρε ἄνασσα θε ὰ λευκώλενε δ ῖα Σελήνη / πρόφρον ἐυπλόκαμος. – Vgl. auch den Kommentar zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν.

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(»doch als dann den dritten Tag die flechtenschöne Morgenröte vollendet hatte«) anzusehen, wo Eos persönlich »flechtenschön« genannt wird.742 Ferner werden die Horen in Hes. Erga 75 als καλλ ίκομοι bezeichnet, wo sie zusammen mit den Chariten bei der Schmückung der neu erschaffenen Pandora erwähnt werden (73–75). Quintus verwendet das Adjektiv nicht formelhaft und appliziert es auf verschiedene Frauenfiguren bzw. Göttinnen: auf Briseis (4,276), Thetis (4,542),743 die Athenepriesterin Auge (6,138), Kleomede (die Mutter des Paion, eines Söldners vor Troja) (6,550), Aphrodite (13,343) und Tritonis / Athene (13,417). Besonders zu erwähnen ist sodann 2,595: dort ist erneut von den Horen als Begleiterinnen der Eos, welche kommt, um ihren gefallenen Sohn Memnon zu betrauern, die Rede, und zwar als κο ῦραι ἐυπλόκαμοι. Noch sparsamer als ἐυπλόκαμος gebraucht Quintus das Synonym καλλιπλ όκαμος, nämlich nur 2x: 2,588 νυμφ άων καλλιπλοκ άμων (von Nymphen, die einen Hain [ἄλσος] beim Fluss Aisepos bewohnen, wohin der tote Memnon von den Winden getragen wird) und 10,127 καλλιπλοκάμων νυμφ άων (von Nymphen in einer Grotte [ἄντρον] Phrygiens, dort, wo Endymion von der Mondgöttin besucht wurde).744 Gemäss La Roche (1900) 38 (mit Anm. 2) lehnt sich Q.S. 1,50 in seiner sprachlichen Gestaltung an Il. 18,407 πάντα Θέτι καλλιπλοκάμῳ ζωάγρια τίνειν an: Quintus hat die Hephthemimeres nach καλλιπλοκ άμῳ ›übersetzt‹, indem er sein ἐυπλοκάμων ebenfalls vor diese bei ihm seltene Zäsur setzt. Inhaltlich weisen die beiden Verse keine Affinitäten auf; auffallend ist jedoch die Nähe zum Nereidenkatalog (Il. 18,39–49). (50–51) μετὰ δέ σφισι πάσαις / ἐκπρέπει  Vgl. den Kommentar zu (38) ἐκπρέπει ἐν πάντεσσιν. (51) ἀγλαὸν εἶδος Eine unhomerische Wendung, 4x bei Q.S., auch nach ihm nicht mehr gebräuchlich. Hier und in 1,57 bezieht sich ἀγλαὸν εἶδος auf Penthesileia, in 6,303 auf Eurypylos (bzw. dessen Grossvater Herakles) und in 6,376 auf Nireus. Erstbeleg und einzige hexametrische Parallele ist Tyrt. fr. 10,9 2IEG αἰσχύνει τε γ ένος, κατ ὰ δ᾿ ἀγλαὸν ε ἶδος ἐλέγχει »[der Kriegsflüchtige] bringt Schande über sein Geschlecht und straft sein strahlendes Äusseres Lügen«. Die Junktur erinnert ferner an Sappho fr. 34,1–4 Voigt: ἄστερες μὲν ἀφμὶ κάλαν σελ άνναν / ἂψ ἀπυκρύπτοισι φάεννον ε ἶδος / ὄπποτα 742 Od. 5,390 = 9,76 = 10,144. – Direkte Imitation des Verses bei Eudoc. homeroc. 2,212: ἀλλ’ ὅτε δ’ ἕβδομον ἦμαρ ἐυπλόκαμος τέλεσ’ ᾿Ηώς. 743 In der Ilias wird für Thetis das Synonym καλλιπλόκαμος verwendet (Il. 18,407; 20,207), das Quintus seinerseits anderswo auch gebraucht (s.o.): imitatio cum variatione. 744 Mögliches Vorbild für die Kollokation ist Hes. fr. 26,10 νυμφάων καλλιπ[λο]κάμ[ω]ν.

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πλήθοισα μ άλιστα λ άμπη / γ ᾶν . »Die Sterne verbergen rings um den schönen Mond / ihre lichte Gestalt hinweg, / wenn er als voller am stärksten strahlt / über der ganzen Erde […]«745 (51) ἀμωμήτοις Ein homerisches hapax (Il. 12,109), das über die Jahrhunderte vereinzelt belegt ist, bei Q.S. 3x vorkommt und erst spät, bei christlichen und byzantinischen Autoren, eine ›steile Karriere‹ macht (Rekord: über 200 Belege bei Kyrill von Alexandria). Altepisch wird es ausschliesslich für Männer verwendet.746 Für Unbelebtes findet es sich erstmals bei Archil. fr. 5,2 2IEG ἔντος ἀμώμητον; vgl. ferner Pind. Pyth. 2,74 καρπὸν ἀμώμητον und Bakchyl. 5,147 ἀμώμητον δέμας. Ein Adverb ἀμωμήτως begegnet zum ersten Mal bei Hdt. 3,82,2. Der Erstbeleg für die Anwendung des Adjektivs auf eine Frau begegnet in einem hexametrischen Versatzstück unsicherer Zuordnung, welches in Schol. Pind. Nem. 3,64b (= SH 1168) überliefert ist. Interessanterweise wird es auch dort auf eine Amazone, nämlich auf Melanippe (eine Schwester Hippolytes) bezogen.747 Quintus seinerseits verwendet das Adjektiv ausschliesslich für Frauen und deren Schönheit:748 Hier bezieht es sich auf die Horen (die für die Amazonen stehen), in 1,674 auf die Amazonenkönigin Penthesileia, in 14,58 auf Helena.749 (52) μόλεν ποτὶ Τρώιον ἄστυ Die Wendung ποτὶ Τρώιον ἄστυ 3x bei Q.S. (). In allen drei Fällen geht ein unaugmentiertes Vergangenheitstempus voraus; vgl. 3,339 φ έρον ποτ ὶ Τρώιον ἄστυ; 12,421 ἄγον ποτὶ Τρώιον ἄστυ. Zu ποτί vgl. La Roche (1900) 49: »Bei Homer steht πρός, wo dafür auch προτὶ oder ποτὶ eintreten könnte […] Bei unseren Dichtern findet sich πρός fast nur dort, wo das Metrum keine andere Form gestattet, sonst in der

745 Übersetzung: Tzamali (1996). – Zu Sappho vgl. auch die Kommentare zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν (a.A.) und (51) ἀγλαὸν εἶδος. 746 Il. 12,109 (Pulydamas); h.h. 33,3 (Polydeukes); [Hes.] Scut. 102 (Iolaos); Hes. fr. 204,44 (Aias). Zur Bedeutung vgl. LfgrE s.v. ἀμώμητος: »untadelig, lobenswert, einer, an dessen Handlungsweise nichts zu tadeln ist, dem die anderen gerechterweise nichts vorwerfen können«. 747 SH 1168: Τελαμ ὼν ἀκόρητος ἀ ϋτῆς / ἡμετέροις ἑτάροισι φ όως πρ ώτιστος ἔθηκε / κτείνας ἀνδρολέτειραν ἀμώμητον Μελαν ίππην, / α ὐτοκασιγνήτην χρυσοζ ώνοιο ἀνάσσης. »Telamon, unersättlich im Kampf, setzte unseren Gefährten als erster ein Licht [der Hoffnung], indem er die männervernichtende, untadelige Melanippe tötete, die Schwester der goldgegürteten Königin.« Zur Amazone Melanippe vgl. den Kommentar zu (23–24) ἀμφὶ κασιγνήτης […] ῾Ιππολύτης. 748 Vgl. VB s.v. ἀμώμητος: »d’une beauté irréprochable (pour une femme)«. 749 Hier imitiert Quintus das homerische Vorbild am direktesten: Il. 12,109 βουλῇ Πουλυδάμαντος ἀμωμήτοιο πίθοντο; Q.S. 14,58 θάμβεον ἀθρήσαντες ἀμωμήτοιο γυναικός.

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Regel ποτί […] Im 4. Fuß steht nirgends πρός, sondern nur ποτί, wie ποτὶ Τρώιον ἄστυ Qu. Sm. I, 52 […]«750  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (53) ἔξοχος ἐν πάσῃσιν  Vgl. den Kommentar zu (38) ἐκπρέπει ἐν πάντεσσιν. (53) ἀμφὶ δὲ Τρῶες  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (54) μέγ᾿ ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο Der Ausdruck εὖτ᾿ ἐσίδοντο kommt 8x bei Q.S. vor (): 4x in der Formel (ἐ)θάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο (1,54; 1,205; 2,202; 10,469), 2x in der Formel ἐγήθεον, ε ὖτ᾿ ἐσίδοντο (6,128; 6,295),751 sowie zwei weitere Male (9,355 θάμβος ἐπήλυθεν, εὖτ᾿ ἐσίδοντο; 13,418).752 Zum hier vorliegenden (ἐ)θάμβεον, ε ὖτ᾿ ἐσίδοντο vgl. textintern Q.S. 1,205f. ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο / Τρῶας ἐπεσσυμένους καὶ ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν; 2,202f. ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, ε ὖτ᾿ ἐσίδοντο / ἐσσυμένους;753 6,156f. Ε ὐρύπυλον δ ᾿ ῾Ελένη μέγ᾿ ἐθάμβεεν εἰσορόωσα, / κεῖνος δ᾿ αὖθ᾿ ῾Ελένην; 9,355 θάμβος ἐπήλυθεν, εὖτ᾿ ἐσίδοντο; 10,469 θάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο. Der optische Eindruck (und nicht etwa das Können oder die Leistung) sind es, die Staunen und Bewunderung hervorrufen. Diese Reaktion ist vor dem Hintergrund der καλοκ ἀγαθία zu verstehen, der Vorstellung, dass äussere und innere Schönheit grundsätzlich miteinander korrelieren. Umso mehr kontrastiert die begeisterte Reaktion der Troer auf Penthesileias Erscheinung mit den Misstönen der Verse 21–32, denn bei ihr stimmen Äusseres und Inneres ja gerade nicht überein. Das Staunen, ja das Erstarren oder gar Erschrecken des Volkes ob der eindrucksvollen Schönheit der Amazonenkönigin wird hier zum ersten Mal erwähnt und zieht sich dann wie ein roter Faden durch das 1. Buch: • 1,205f. ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο / Τρῶας ἐπεσσυμένους καὶ ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν; • 1,319 ο ἱ [= die Troer] δ ᾿ ὀπίσω χάζοντο τεθηπότα θυμ ὸν ἔχοντες; 353f. καί τις ἐνὶ Τρώεσσιν ἀγάσσατο μακρὰ γεγηθώς, / ὡς ἴδε Πενθεσίλειαν ἀνὰ στρατὸν ἀίσσουσαν; • 1,403f. Τρωιάδες δ᾿ ἀπάνευθεν ἀρήια ἔργα γυναικός / θαύμαζον. 750

Zu πρός, προτί and ποτί in den homerischen Epen vgl. auch Janko (1979). Das Verb γηθεῖν wird bereits homerisch »auffallend häufig mit dem Partizip eines Verbs des Sehens verbunden« (Latacz [1966] 134). 752 Die Form ἐθάμβεον steht in hexametrischer Dichtung i.d.R. vor der Bukolischen Diärese. 753 NB den Iteratvers ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο: Q.S. 1,205 = 2,202. 751

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Diese Bewunderung für ihr göttlich schönes Äusseres hält auch an, als Penthesileia fällt und als sie bereits tot ist: • 1,628f. τοίη Πενθεσίλεια κατ᾿ ὠκέος ἤριπεν ἵππου, / θηητή περ ἐοῦσα; • 1,661f. οἱ δ᾿, ὡς ἴδον, ἀμφιέποντες / ᾿Αργεῖοι θάμβησαν, ἐπεὶ μακ άρεσσιν ἐῴκει. Aphrodite persönlich konserviert die Schönheit der Leiche, so dass die Atriden schliesslich den Troern erlauben, sie nach Ilion zu holen: • 1,666f. αὐτὴ γάρ μιν ἔτευξε καὶ ἐν φθιμένοισιν ἀγητήν / Κύπρις; • 1,782–784 ο ἱ δὲ μέγ᾿ οἰκτείραντες ἀγαυὴν Πενθεσ ίλειαν / ᾿Ατρεῖδαι βασιλῆες, ἀγασσάμενοι δὲ καὶ αὐτοί / Τρωσὶ δόσαν ποτὶ ἄστυ φέρειν ἐρικυδέος ῎Ιλου. Einen intertextuellen Vergleichspunkt zu Q.S. 1,54f. bietet Odysseus’ Bittrede an Nausikaa im sechsten Buch der Odyssee (Od. 6,149–185): Odysseus, der unsicher ist, ob er eine Göttin – Artemis – oder ›nur‹ eine unvorstellbar schöne Sterbliche vor sich habe, reagiert entsprechend (Od. 6,168f.): ὡς σ έ, γ ύναι, ἄγαμαί τε τ έθηπά τε, δε ίδια δ ᾿ αἰνῶς / γο ύνων ἅψασθαι. »Wie ich dich bewundere und bestaune und mich gewaltig fürchte, deine Knie zu berühren.«754 Noch näher jedoch ist A.R. 3,919–925 mit Q.S. 1,54f. verwandt: Jason, der von Hera persönlich ausstaffiert worden ist und alle bisherigen Helden und Halbgötter an Schönheit und Ausstrahlung übertrifft, löst unter seinen Kollegen höchste Bewunderung aus; vgl. A.R. 3,924f.: τὸν καὶ παπταίνοντες ἐθάμβεον αὐτοὶ ἑταῖροι / λαμπόμενον χαρ ίτεσσιν. »Und als sie sich nach diesem [= Jason] umsahen, staunten sogar sie, die Gefährten, wie er in Anmut erstrahlte.« Inhaltliche Parallelen ergeben sich daraus, dass auch Jason vor einer entscheidenden Begegnung (mit Medea) steht und deshalb eine gottähnliche Gestalt annimmt (hier freilich mit Heras Hilfe), und v.a. dass sein Erscheinen grosses Staunen bei den Kollegen auslöst. Das von Quintus breitgetretene Moment der herausragenden Schönheit Penthesileias vor den anderen, ebenfalls durchaus achtbaren Amazonen findet seine Analogie darin, dass sogar Jasons Gefährten (αὐτοὶ ἑταῖροι), welche – so impliziert das Pronomen – selber ja auch ansehnliche Kerle sind, vor Bewunderung erstarren. Gärtner (2005) 48 vergleicht Q.S. 1,54 ἐθάμβεον mit Verg. Aen. 1,495 stupet: Aeneas schaut sich die Wandbilder mit Szenen des Troischen Krieges auf den Tempeltüren von Karthago an (Aen. 1,466–493), wo als Letztes Penthesilea und die Amazonen dargestellt sind755 – und reagiert mit bassem 754 Die Begegnung zwischen Odysseus und Nausikaa spielt in der vorliegenden Passage der Posthomerica an verschiedenen Stellen als Subtext eine Rolle; vgl. die Kommentare zu (36) πασάων μέγ᾿ ὑπείρεχε, (48–53) οἵη δ᾿ ἀκαμάτοιο […], (50) ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων und (56) εἰδομένην μακάρεσσιν. 755 Verg. Aen. 1,490–493: ducit Amazonidum lunatis agmina peltis / Penthesilea furens mediisque in milibus ardet, / aurea subnectens exsertae cingula mammae / bellatrix, audetque viris con-

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Erstaunen auf die Bilder, als plötzlich die schöne Dido sozusagen aus dem Nichts auftaucht.756 Vergils Ekphrasis der kriegerischen Penthesilea ist narratologisch als mise-en-abyme für das bevorstehende Schicksal Didos aufzufassen – beides sind ›starke Frauen‹, welche grundsätzlich mit Männern auf einer Stufe stehen und sich mit ihnen messen können, welche aber genau deshalb zu weit gehen und, bedingt durch ihre eigene Verblendung und Selbstüberschätzung, schliesslich den Tod finden – einen Tod, der in beiden Fällen mit einer unmöglichen Liebe verbunden ist.757 Falls wir davon ausgehen wollen, dass Quintus mit seinem μέγ᾿ ἐθάμβεον tatsächlich auch auf Aen. 1,495 stupet intertextuell verweist, so könnte man darin eine Art ›Umkehrung‹ dieser mise-en-abyme sehen: So wie bei Vergil Penthesilea Didos Schicksal präfiguriert, so nimmt bei Quintus die Anspielung auf Dido Penthesileias Schicksal vorweg. So wie Didos Liebe zu Aeneas unerwidert bleiben muss, da das fatum es anders will, so kommt Achilleus’ Liebe zu Penthesileia zu spät. Und so wie Dido sich aus Scham und Selbstverachtung schliesslich selbst das Leben nimmt, so hat auch Penthesileia ihren Tod letztlich selber zu verschulden.758 (55–61) ῎Αρεος ἀκαμάτοιο βαθυκν ήμδια θ ύγατρα […] χ άρις κατα ειμένη ἀλκήν Die auktoriale Beschreibung Penthesileias, welche auf die beiden Gleichnisse folgt, gibt den äusseren Eindruck, den sie auf die Troer ausübt, wieder. Charakteristisch für die Beschreibung ist die Verknüpfung von (männlicher) Kriegsbegierde und Kriegstüchtigkeit einerseits und (weiblicher) Schönheit und Erotik andererseits. Erstgenanntes Element hatte in den beiden currere virgo. »Den Zug der Amazonen mit den halbmondförmigen Schilden führt rasend Penthesilea an, und sie glüht mitten unter tausenden, das goldene Wehrgehenk unter die entblösste Brust gebunden, die Kriegerin, und sie wagt es, mit Männern zusammenzustossen, die Jungfrau.« 756 Verg. Aen. 1,494–497: haec dum Dardanio Aeneae miranda videntur, / dum stupet obtutuque haeret defixus in uno, / regina ad templum, forma pulcherrima Dido, / incessit magna iuvenum stipante caterva. »Während der Dardaner Aeneas sich diese wundersamen Dinge ansah, während er staunte und mit seinem Blick an einem einzigen Punkt haftete, da betrat die Königin den Tempel, die an Gestalt überragend schöne Dido, von einer grossen Schar junger Leute dicht umgeben.« 757 Penthesileas Verblendung kommt in der Vergil’schen Ekphrasis v.a. durch die Worte furens und ardet (Aen. 1,491; die Verben erinnern an Begriffe für die niedrigen Affekte in der stoischen Ethik) sowie durch die abschliessende Bemerkung audetque viris concurrere virgo (Aen. 1,493) zum Ausdruck. Die Mann-Frau-Dichotomie wird ausserdem durch die assonierenden, an metrischen Schlüsselpositionen (vor Hephthemimeres bzw. am Versende) stehenden Wörter viris und virgo hervorgehoben. Der nachfolgende Vergleich Didos mit der ebenfalls bewaffneten und jungfräulichen Göttin Diana und deren Gespielinnen (Aen. 1,498–504) verleiht der assoziativen Gleichsetzung Penthesilea–Dido noch zusätzlich Nachdruck. (Zu einer weiteren möglichen Rezeption dieses Gleichnisses durch Quintus in diesem Abschnitt vgl. den Kommentar zu (36) πασάων μέγ᾿ ὑπείρεχε.) 758 Zur Funktion der Bildbeschreibung in Verg. Aen. 1,490–493 im Zusammenhang mit Didos erstem Auftritt vgl. Pigoń (1991).

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Gleichnissen zugunsten des zweitgenannten zurückgestanden, um nun hier wieder stärker hervorzutreten; die Verbindung von beidem setzt in Vers 61 mit χάρις καταειμ ένη ἀλκήν (»Anmut, mit Abwehrkraft angetan«) den Schlussakkord. Tzetzes hat diese für Penthesileia typische Ambivalenz, die bis nach ihrem Tod richtungsweisend ist, da sich Achilleus in ihr totes Antlitz verlieben wird, allegorisch umgesetzt: In einer kleinen Ekphrasis von Penthesileias Schild lässt er Ares und Eros um deren Vaterschaft streiten: Tzetzes PH 63–72: πρὸς δὲ σάκος βριαρὸν ἐπέην λαιὴν κατὰ χεῖρα· ἐν δ᾿ ἄρ᾿ ἔην ῎Αρης καὶ ῎Ερως καὶ Πενθεσίλεια. μάρνατο δ᾿ αὖτε ῎Ερως ἰδ᾿ ῎Αρης περὶ τῆσδε γυναικός, καὶ γραπτοί περ ἐόντες· ζωοῖς δ᾿ αὖτε ἐίκτην. ἦτοι γὰρ μὲν ῎Ερως κούρην φάτο ἔμμεναι εἷο, ῎Αρης δ᾿ αὖ ἑτέρωθε. μέση δ᾿ ἐπιίστατο κούρη, κάλλεϊ καὶ ἔντεσσι διακριδὸν ἀστράπτουσα. τῆς δ᾿ ἄρ᾿ ῎Ερως κόρυν ἁρπάζων φιλέεσκεν ὀπωπάς, ῎Αρης δ᾿ αὖ ἑτέρωθεν ἐκύνεε κρᾶτα πυκάζων. τοίη οἱ ἐπέην ἀσπὶς λαιὴν κατὰ χεῖρα. Und in ihrer linken Hand hielt [Penthesileia] den wuchtigen Schild; darauf aber waren Ares und Eros und Penthesileia [abgebildet]. Und es kämpften Eros und Ares um diese Frau, und obschon sie nur bildlich dargestellt waren, glichen sie dennoch Lebenden. Ja, denn da behauptete Eros, dass sie seine Tochter sei, Ares aber [behauptete] seinerseits [dasselbe]. In der Mitte aber stand die junge Frau, von Schönheit und in ihren Waffen gut sichtbar glänzend. Und Eros packte sie am Helm und küsste ihr Gesicht, Ares aber seinerseits wiederum umschloss ihr Haupt und küsste es. So hielt sie den Schild in ihrer linken Hand.

(55) ῎Αρεος […] θύγατρα Eine Bezeichnung wie »Sohn / Tochter des Ares« oder mehr noch das Epitheton ᾿Αρήιος / ῎Αρειος müssen nicht zwingend wörtlich genommen, sondern können auch nur etwa im Sinne eines Synonyms für μεγ άθυμος oder μεγαλ ήτωρ verstanden werden.759 Obschon nach allgemeiner Auffassung die aktive Rolle der Götter in den Posthomerica gegenüber den homerischen Epen stark zurücktritt und die Gottheiten stärker den Charakter von Abstraktionen bzw. Personifikationen – dies ein stoischer (bzw. allgemein religionsphilosophischer) Zug – aufweisen, müssen wir uns gleichwohl davor hüten, jegliches göttliche Walten in den Posthomerica ausschliesslich 759

Vgl. dazu den Kommentar zu (27) θυμὸς ἀρήιος.

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allegorisch zu deuten.760 Eine rein metaphorische Auffassung von Penthesileia als ›Arestochter‹ ist nämlich in dem Moment, als Ares nach deren Tod erzürnt zur Erde niederstürmt und Achilleus töten will und sich nur dank Zeus’ sofortiger Intervention mit Mühe zu beherrschen weiss (Q.S. 1,675– 715), nicht mehr plausibel: spätestens hier wird deutlich, dass wir uns Ares nicht nur (oder nicht immer) als Allegorie bzw. Personifikation des Krieges, sondern (zuweilen) auch konkret als Kriegsgott in homerischer Manier vorzustellen haben.761 Ares gilt gemäss zahlreichen antiken Quellen als Vater der Penthesileia; wird auch eine Mutter genannt, so ist dies Otrere. Exempli gratia sei der berühmte, in den Ilias-Scholien überlieferte alternative Ilias-Schluss zitiert, welcher den direkten Anschluss an die Aithiopis gewährleistete; Schol. vet. T Il. 24,804a (88–90): τινὲς γράφουσιν ›ὣς οἵ γ᾿ ἀμφίεπον τάφον ῞Εκτορος· ἦλθε δ ᾿ ᾿Αμαζών, / ῎Αρηος θυγ άτηρ μεγαλ ήτορος ἀνδροφόνοιο‹. »Einige schreiben: ›So besorgten sie das Grab; es kam aber die Amazone [= Penthesileia], die Tochter des grossmutigen, männertötenden Ares.‹« Eine andere Variante erwähnt nicht den Vater, sondern die Mutter;762 Schol. vet. Il. 24,804 (PLit.Lond. 6): τιν ὲς γρ άφουσιν ›ὣς ο ἵ γ᾿ ἀμφίεπον τ άφο[ν] ῞Εκτορος· ἦλθε δ᾿ ᾿Αμαζώ[ν], / ᾿Οτρήρ[η] θυγάτηρ εὐειδὴς Πενθεσίλια‹. »Einige schreiben: ›So besorgten sie das Grab; es kam aber die Amazone, die wohlgestaltete Tochter der Otrere, Penthesileia.‹«763 Als Eltern der Amazonen allgemein werden bisweilen Ares und Harmonia genannt; vgl. Schol. vet. T Il. 3,189 (95f.): ῎Αρεος καὶ ῾Αρμονίας νύμφης Ναΐδος θυγατ έρες ε ἰσίν. »Sie sind Töchter des Ares und der NaiadenNymphe Harmonia.«764 Dass Ares und kein anderer Gott als Vater der Amazonen in Frage kam, liegt angesichts deren kriegerischer Natur auf der Hand.765 760

Zu diesem Themenkomplex vgl. Gärtner (2007). Ähnlich verhält es sich mit ἠώς / ᾿Ηώς, der (Göttin der) Morgenröte: Bei einem gewöhnlichen Sonnenaufgang lässt sie sich als Allegorie verstehen, nicht jedoch in Posthomerica 2, wo sie als Mutter des zu Tode kommenden Memnon eine echte dramatis persona darstellt. Grundsätzlich ist freilich stets in Rechnung zu stellen, dass im antiken Denken genau diese Grenzen viel weniger klar gezogen sind und es unangemessen wäre, in jedem Fall eine eindeutige Entscheidung (Person oder Allegorie) treffen zu wollen (vgl. Anm. 714). So gesehen, liesse sich u.U. auch der Akt des zornigen Ares allegorisch lesen (Hinweis von Christoph Riedweg). 762 Ob es sich hierbei tatsächlich um ein Fragment der Aithiopis handelt, ist allerdings strittig; ablehnend Wilamowitz (1884) 373, ihm folgend Davies (1988) 48 und (1989b) 95 Anm. 44. 763 Weitere Quellen für Penthesileias Elternschaft sind Diod. 2,46,5; Apollod. epit. [E] 5,1; Schol. Lykophr. Alex. 997; Hyg. fab. 112; Serv. Verg. Aen. 1,491. 764 Desgleichen gemäss A.R. 2,989–992. – Harmonia gilt andernorts auch als Tochter des Ares (und der Aphrodite); vgl. Apollod. 3,25 ῾Αρμονίαν, ᾿Αφροδίτης καὶ ῎Αρεος θυγατέρα; vgl. auch Hes. Th. 936f. 765 Vgl. Blok (1995) 259: »If she [= Penthesileia] was to be assigned a genealogy which was consonant with her nature, a problem immediately presented itself. It was no coincidence that the 761

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 Vgl. auch den Kommentar zu (19) Πενθεσίλεια (zum Namen der Penthesileia). (55) ῎Αρεος ἀκαμάτοιο Quintus hat das Adjektiv kurz zuvor (1,48 ἀκαμάτοιο […] Ο ὐλύμποιο) bereits verwendet, dort allerdings nicht in seiner homerischen Bedeutung »unermüdlich« wie hier, sondern i.S.v. »unendlich«.  Vgl. den Kommentar zu (48) ἀκαμάτοιο […] Οὐλύμποιο (zum Adjektiv ἀκάματος bei Q.S.). (55) βαθυκνήμιδα βαθυκνήμις ist eine Neuerfindung des Quintus und hapax bei ihm. Nonnos greift den Neologismus einmal auf, allerdings in metaphorischer Bedeutung: Bei ihm bezieht es sich auf den »tiefhängenden Bergsturz« des Parnass; vgl. Dion. 9,273f.: δυσαμ ένη δ ὲ κάρηνα βαθυκν ήμιδος ἐρίπνης / Δελφικὸν ἄντρον ἔναιε φόβῳ λυσσώδεος ᾿Ινοῦς. »Und [die Pythia] tauchte ein in die Gipfel des tiefhängenden Bergsturzes und suchte Zuflucht in der delphischen Grotte aus Angst vor der rasenden Ino.«766 Quintus’ βαθυκνήμις ist Ersatz für das geläufige homerische epitheton ornans ἐυκνήμις, welches in Ilias und Odyssee ausschliesslich in der Versschlussformel ἐυκνήμιδες ᾿Αχαιοί (bzw. -ας […] -ους) vorkommt (31x Il., 10x Od.)767 und von Quintus seinerseits gemieden wird (ebenso von Apollonios; dagegen Triph. 100 κύκλον ἐυκνήμιδα; 5x Nonn. Dion.). Von den »goldenen Beinschienen« der Penthesileia ist später im Zusammenhang mit ihrer Rüstung vor der Schlacht die Rede; vgl. Q.S. 1,143 κνημῖδας χρυσέας. Possessivkomposita mit dem Vorderglied βαθυ - sind im Griechischen von frühester bis in späteste Zeit enorm produktiv.768 Daneben ist schon früh eine Verselbständigung zu einer rein intensivierenden Bedeutung des Vorderglieds festzustellen (ähnlich wie dt. »tieftraurig«);769 die Möglichkeit zur two goddesses who were consistent with the character of the Amazons as [antianeirai] and which were later associated with them—Pallas Athena and Artemis—were virgins. They were thus ruled out as mothers, while heroic or mythical genealogies displayed a general preference for descent from a god or goddess. A male god of war was there required to father the Amazons, and the appropriate candidate for this position was the ultimate warrior, Ares.« 766 Kontext: Die Pythia flieht vor Ino, die in ihrer Raserei nach Delphi gekommen ist und dort alle in Angst und Schrecken versetzt, in eine Grotte auf dem Parnass. – Zur Bedeutung von βαθυκνήμις in Nonn. Dion. 9,273 vgl. Peek, Lex. Dion. s.v. βαθυκνήμις (»Mit tiefen Hängen«) und DGE s.v. βαθυκνήμις (»de hondos despeñaderos«). 767 Daneben existiert auch noch das homerische hapax χαλκοκνήμις (Il. 7,41 χαλκοκνήμιδες ᾿Αχαιοί), welches jedoch von der späteren Epik nicht aufgenommen wurde. 768 Pape I führt gesamthaft 87 zusammengesetzte Adjektive mit dem Vorderglied βαθυ- auf. 769 Zum Beispiel βαθύβουλος (Aischyl. Pers. 142), βαθυγνώμων (Babr. 126,5), βαθύδοξος (Pind. Pyth. 1,66 und fr. 52b,58), βαθυκλε ής (Anth. Gr. 9,575,5), βαθυκτ έανος (Nonn. Dion. 12,126), βαθυμῆτα (Pind. Nem. 3,53), βαθύπλουτος (Aischyl. Suppl. 554), βαθυπόλεμος (Pind.

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Bildung ›echter‹ Possessivkomposita auf βαθυ - bleibt jedoch parallel durchgehend erhalten. Bereits die homerischen Epen kennen gesamthaft acht verschiedene βαθυ -Komposita;770 ein paar weitere kommen in den homerischen Hymnen und bei Hesiod dazu.771 Pindar und Aischylos sodann lieben den Wortbildungstyp – auf Pindar entfallen sieben, auf Aischylos fünf Erstbelege (wohl grossenteils Neologismen).772 Apollonios Rhodios schliesslich verwendet typischerweise nicht die herkömmlichen nomina epica, sondern entweder Neologismen oder solche, die bis anhin episch ungebräuchlich waren.773 Nach Quintus entwickelt Nonnos eine besondere Vorliebe für βαθυ -Komposita: Von insgesamt 18 Wörtern dieses Typs in seinem Wortschatz sind fünf epische und fünf absolute Erstbelege (Neologismen).774 βαθυ -Komposita wurden also offenbar als typisch epischpoetisch empfunden und verwendet, obschon einzelne von ihnen durchaus auch prosaisch geläufig sind. Auffallend ist, wie häufig in all den genannten Epen Wörter dieses Typs als hapax legomena behandelt werden, also Raritätencharakter besitzen bzw. zugesprochen bekommen. Die Verteilung der βαθυ-Komposita bei Q.S. sieht wie folgt aus: βαθυδίνης βαθυκνήμις βαθύπεπλος βαθύρριζος βαθύρροος βαθύρρωχμος βαθύσκιος βαθυσκόπελος βαθύστομος

Erstbeleg Il. (5x) Q.S. 1,55 Appion (2x) Soph. Trach. 1195

PH 1x 1x 1x 1x

Il. (3x) Q.S. 1,687 h. Merc. 229 Porph. de phil. ex oraculis p. 124,2 Strab. 16,2,20

6x 1x 1x 3x 1x

Bemerkung epischer Erstbeleg epischer Erstbeleg: A.R. 1,1199 absolutes hapax epischer Erstbeleg epischer Erstbeleg

Pyth. 2,1), βαθύφρων (Solon fr. 33,1 2IEG), βαθυχαῖος (oder βαθύχᾱος) (Aischyl. Suppl. 859), βαθυχρήμων (Manetho 4,66; 4,504; 4,579) (in Klammern der jeweilige Erstbeleg). 770 βαθυδινήεις, -δίνης, βαθύζωνος, -κολπος, -λειμος, βαθυρρείτης, βαθύρροος, -σχοινος. 771 βαθύθριξ (h. Apoll. 412), -σκιος (h. Merc. 229), βαθυχαίτης (Hes. Th. 977; fr. 217,1). 772 Pindar: βαθ ύδοξος, -κρημνος, -μαλλος, βαθυμ ῆτα, βαθ ύπεδος, βαθυπ όλεμος, βαθ ύστερνος; Aischylos: βαθύβουλος, -ξυλος, -πλουτος, βαθυχαῖος, βαθύχθων. 773 Epische Erstbelege bei A.R. sind βαθυπλ όκαμος (1,742; absoluter Erstbeleg: Bakchyl. 11,8) und βαθύρριζος (1,1199; absoluter Erstbeleg: Soph. Trach. 1195), absolute Erstbelege sind βαθυλήιος (1,830; vgl. dazu Kyriakou [1995] 149 Anm. 70) und βαθυρρείων (2,659 und 2,795). 774 Epische Erstbelege bei Nonnos sind βαθ ύδενδρος, βαθ ύκρημνος, βαθυκ ύμων, βαθ ύπλουτος und βαθ ύστρωτος. Absolute Erstbelege sind βαθ ύκνημος (wohl nach Quintus’ βαθυ κνήμις gebildet), βαθυκρήπις, βαθυκτέανος βαθύσκαρθμος und βαθυσμῆριγξ.

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(56) εἰδομένην μακάρεσσιν Die erneute Erwähnung von Penthesileias göttlicher Schönheit ist dieses Mal, bedingt durch den Vergleich mit den »glückseligen [Göttern]« (μακάρεσσιν), eindeutig positiv konnotiert – dies im Gegensatz zu 1,19 θεῶν ἐπιειμένη εἶδος, wo der Kontext (unfreiwilliger Schwestermord) die göttliche Schönheit eher ambivalent erscheinen lässt.775 Der Vergleich erinnert ferner wiederum an das Nausikaa-Artemis-Gleichnis im sechsten Buch der Odyssee; auch Odysseus ist hernach selber unschlüssig, ob es sich bei ihr um eine Göttin oder um eine Sterbliche handle, und er mutmasst in seiner Bittrede an sie, entweder Artemis persönlich vor sich zu haben776 oder aber eine ganz ausserordentlich schöne Sterbliche.777 (56) ἐπεί ῥά 5x Il. – Od. 1,263 – Hes. Th. 881 – A.R. 1,317 und 3,252 – 20x Q.S. – u.a. (nicht bei Nonnos).

(56) ἀμφὶ προσώπῳ Vorbilder auf rein sprachlicher Ebene sind Il. 18,414 σπ όγγῳ δ᾿ ἀμφὶ πρόσωπα καὶ ἄμφω χεῖρ᾿ ἀπομόργνυ (Q.S. 1,56f. ἀμφὶ προσώπῳ / ἄμφω!) sowie Od. 18,173 μηδ᾿ οὕτω δακρύοισι πεφυρμένη ἀμφὶ πρόσωπα. ἀμφὶ πρόσωπα bei Q.S. noch in 4,403, sonst nirgends mehr. Nonnos greift Quintus’ ἀμφὶ προσώπῳ auf (8x Dion., stets am Versende).  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (58–59) μειδιόωσ᾿ ἐρατεινόν […] ὀφθαλμοὶ μάρμαιρον Penthesileias Lächeln und ihre leuchtenden Augen sind ebenso erotisch wie die Schamesröte, die ihr in die Wangen steigt (1,60). Was die Erotizität des Lächelns angeht, so braucht man nur an das homerische Adjektiv φιλομμειδής, epitheton ornans für Aphrodite in der Junktur φιλομμειδὴς ᾿Αφροδίτη, zu denken, oder an Sappho fr. 31 Voigt,778 oder auch an das sog. »archaische Lächeln« der kore-/kuros-Figuren aus dem 6. Jh. v.Chr.779 775

Vgl. dazu den Kommentar zu (19) θεῶν ἐπιειμένη εἶδος. Od. 6,149–152. 777 Od. 6,153ff. 778 Sappho fr. 31,1–5 Voigt (Übersetzung: Tzamali [1996]): φαίνεταί μοι κῆνος ἴσος θέοισιν / ἔμμεν᾿ ὤνηρ, ὄττις ἐνάντιός τοι / ἰσδάνει καὶ πλάσιον ἆδυ φωνεί-/σας ὐπακούει / καὶ γελαίσας ἰμέροεν. »Es scheint mir derjenige den Göttern gleich zu sein, der Mann, der dir gegenüber sitzt und aus der Nähe dich süß reden hört und liebreizend lachen.« 779 Der griechische Liebesroman kennt ähnliche erotische Beschreibungen schöner Mädchen; vgl. etwa Ach. Tat. 1,19,1 (Leukippe wird mit den Blumen auf einer Wiese verglichen; allerdings fehlt hier das Lächeln): ναρκ ίσσου μ ὲν τ ὸ πρ όσωπον ἔστιλβε χροι άν, ῥόδον δ ὲ ἀνέτελλεν ἐκ τῆς παρειᾶς, ἴον δὲ ἡ τῶν ὀφθαλμῶν ἐμάρμαιρεν αὐγή, αἱ δὲ κόμαι βοστρυχούμεναι μᾶλλον εἱλίττοντο κιττοῦ. »Ihr Gesicht leuchtete [wie] die Farbe einer Narzisse, eine Rose entsprang ihrer Wange, [wie] ein Veilchen glänzte das Strahlen ihrer Augen, und die gelockten Haare ringelten sich mehr als Efeu.« 776

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Quintus’ Beschreibung erinnert sowohl sprachlich als auch inhaltlich an verschiedene epische Vorbilder. Hauptsächlich als sprachliche Parallele heranzuziehen ist eine Stelle aus der Ilias: In Il. 3,396f. wird Aphrodite (aus der Sicht Helenas) mit folgenden Worten beschrieben: καί ῥ᾿ ὡς οὖν ἐνόησε θεᾶς περικαλλέα δειρήν / στήθεά θ’ ἱμερόεντα καὶ ὄμματα μαρμαίροντα. »Ja, und da erkannte [Helena] den gar schönen Hals der Göttin und die liebreizende Brust und die strahlenden Augen.« Einen wichtigen Subtext sowohl auf sprachlicher wie auch auf inhaltlicher Ebene stellt sodann erneut die Begegnung zwischen Jason und Medea dar, genauer die Passage, in welcher das betretene Schweigen zwischen den beiden beschrieben ist, nachdem Jason Medea um Hilfe gebeten hat und Medea vor Liebe glüht (A.R. 3,1008–1025). Medea wagt es vor lauter Verliebtheit nicht, Jason in die Augen zu sehen, und antwortet ihm nur mit einem schüchternen Lächeln; vgl. A.R. 3,1008f.: ἡ δ᾿ ἐγκλιδὸν ὄσσε βαλοῦσα / νεκτάρεον μείδησε. »Sie aber schlug ihre Augen zu Boden und lächelte mit einem nektarsüssen Lächeln.« Quintus’ μειδι όωσ᾿ ἐρατεινόν ist augenscheinlich nach Apollonios’ (allerdings viel poetischerem) Ausdruck νεκτ άρεον με ίδησε gebildet.780 Wenig später heisst es sodann, A.R. 3,1022–1024: ἄμφω δ ᾿ ἄλλοτε μέν τε κατ ᾿ οὔδεος ὄμματ᾿ ἔρειδον / αἰδόμενοι, ὁτὲ δ᾿ αὖτις ἐπὶ σφίσι β άλλον ὀπωπάς / ἱμερόεν φαιδρ ῇσιν ὑπ᾿ ὀφρύσι μειδιόωντες. »Bald richteten beide ihre Augen verschämt auf den Boden, bald wiederum warfen sie einander Blicke zu, lieblich lächelnd unter ihren strahlenden Augen.« Die wörtlichen Anklänge bei Q.S. 1,58f. sind hier ganz offensichtlich.781 Die Verwendung des Akk. Sg. Ntr. des Adjektivs als Adverb ist sowohl bei A.R. 3,1009 νεκτάρεον με ίδησε und 3,1024 ἱμερόεν […] μειδιόωντες als auch bei Q.S. 1,58 μειδι όωσ’ ἐρατεινόν nach Sappho fr. 31,5 Voigt γελαίσας ἰμέροεν (vgl. Anm. 778) gebildet;782 Sapphos Gedicht fr. 31 Voigt scheint an beiden Stellen bei beiden Autoren als zentraler Referenztext im Hintergrund präsent zu sein. Man beachte ferner, dass auch das Moment der Scham (αἰδώς) bei A.R. von eminenter Wichtigkeit ist: Ist es bei Q.S. in 1,60 wenig mehr als ›erotisches Beiwerk‹, so ist die Scham Jasons und Medeas voreinander ungleich gewichtiger, da die beiden ja ineinander verliebt sind. Der Grund, weshalb Quintus so klar auf diese berühmte Szene bei A.R. verweist, dürfte einerseits in ihrem hohen Grad an Erotizität, andererseits aber auch und v.a. in den Parallelen zwischen Penthesileia und Medea begründet sein: (1.) Beide, Penthesileia und Medea, sind Frauen, welche in nachgerade bedrohlicher Weise die Grenzen weib780

Auf diesen intertextuellen Bezug hat schon Mondino (1957) 140 [~ (1958) 63] hingewiesen. Vian / Delage (1980) 94 Anm. 1 erwähnen als Parallelen zu A.R. 3,1024 ὑπ᾿ ὀφρύσι μειδιόωντες: h. Cer. 357f. μείδησεν […] ὀφρύσιν; Sappho fr. 31,5 (s.o. Anm. 778); Pind. Pyth. 9,38 γελάσσαις ὀφρύι; Hermesianax fr. 7,9 CA ὑπ᾿ ὀφρύσι μειδήσαντα. 782 Zu diesem grammatikalischen Phänomen bei Sappho fr. 31,5 Voigt vgl. Tzamali (1996) 173. 781

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licher Zurückhaltung und Folgsamkeit überschreiten. (2.) Beide verfügen über besondere Fähigkeiten – militärisches Können bzw. Zauberkräfte – und bewegen sich somit, obschon sie innerhalb wichtiger Ereignisse des griechischen Mythos zentrale Rollen spielen, an der kulturellen und geographischen (Thermodon / Themiskyra bzw. Kolchis) Peripherie zu Griechenland. (3.) Beide haben mit den Männern kein Glück: Penthesileia wird von Achilleus getötet; Medea wird von Jason benutzt, ihrer Heimat entwurzelt und schliesslich hintergangen und sitzengelassen. Textintern lassen sich folgende Passagen in den Posthomerica mit Q.S. 1,58f. vergleichen (der Fokus liegt stets, wie hier, auf prägnanten Adjektiven): 1,660 ἐξεφάνη ἐρατῇσιν ὑπ’ ὀφρύσι καλὰ πρόσωπα »ihr sch önes Antlitz wurde unter den lieblichen Augenbrauen sichtbar« (von der getöteten Penthesileia, als Achilleus ihr den Helm abnimmt); 3,557f. ἀγλαΐη δ ὲ καὶ ἀχνυμένης ἀλεγεινῶς / ἱμερόεν μάρμαιρε, χάρις δέ οἱ ἄμφεχεν εἶδος »ihre Schönheit glänzte sehnsuchterweckend, obwohl sie sich schmerzlich grämte, und Anmut umgab ihre Gestalt« (von Briseis, die sich aus Gram über den toten Achilleus die Wangen zerkratzt); 5,72 μειδι όων ἐρατεινὰ σὺν ἠυκόμοις Χαρίτεσσιν »lieblich lächelnd zusammen mit den schönhaarigen Chariten« (von dem personifizierten Gott Himeros, der Aphrodite begleitet). Dieselben oder ähnliche Worte können allerdings nicht bloss erotische, sondern auch furchteinflössende Bilder evozieren – sowohl ein Lächeln als auch das Glänzen der Augen können zärtlich, aber auch hämisch sein und entsprechend unterschiedliche Gefühle auslösen; vgl. 7,362 ὄμματα μαρμαίρουσιν ἴσον πυρί »seine Augen leucht eten wie Feuer« (von Neoptolemos);783 7,464 ὄσσε δέ οἱ μάρμαιρεν ἀναιδέος εὖτε λέοντος »seine Augen leuchteten wie die eines kaltblütigen Löwen« (von Neoptolemos); 10,182f. λυγρ ὸν ὑπ’ ὀφρύσι μειδιόωσαι / πορδ άλιες »Panther, grimmig unter den Augenbrauen lächelnd« (Detail auf Philoktets Bandelier); 12,537 ὄσσε δέ ο ἱ μάρμαιρεν ἀναιδέα »ihre Augen leuchteten furchtlos« (von der rasenden Kassandra, die vor dem hölzernen Pferd warnen will).784 (58) μειδιόωσ’ Rhodomanns Korrektur des überlieferten μειδιόων ist so simpel wie richtig; Zimmermanns μειδίαεν ist Phantasie.785

783

Zu den Formulierungen an dieser Stelle im 7. Buch vgl. auch Vian (1954) 32f. Als Vorbilder vgl. Il. 7,211f. ὦρτο […] / μειδιόων βλοσυροῖσι προσώπασι »er erhob sich […] lächelnd mit finsterem Antlitz« (von Aias); Il. 15,607f. τὼ δέ οἱ ὄσσε / λαμπέσθην βλοσυρῇσιν ὑπ᾿ ὀφρύσιν »seine beiden Augen funkelten ihm unter den finsteren (oder: buschigen) Brauen« (von Hektor); vgl. auch den Kommentar zu (5) βλοσυροῖο. 785 Zimmermann (1899) 7; gedruckt von Vian (1963). 784

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(58) ὑπ᾿ ὀφρύσι Il. 13,88; 14,236; 15,608 – Od. 4,153; 8,86; 8,531; 16,219 – Hes. Th. 827 und 911 – A.R. 3,371; 3,1024; 4,547 – 5x Q.S. – Nonn. Dion. 15,197 und 29,89 – ferner einige weitere epische / poetische Belege. Im Hexameter immer vor der BD.

(59) μάρμαιρον Das homerische Verb μαρμα ίρειν kommt in der Ilias nur als maskulines oder neutrales Partizip Präsens vor (9x), meist in der Form μαρμα ίροντα und in der Formel »| — ˘ ˘ | μαρμαίροντα«. Hesiod bildet zum ersten Mal eine feminine Form des präsentischen Partizips (Th. 699 αὐγὴ μαρμαίρουσα). Die ersten Belege für eine finite Form sind Alkaios fr. 140,2f. Voigt μαρμ⌋αίρει δὲ ⌊μέγας δόμος / χάλκῳ und Eur. fr. 229,2 TrGF πεδίον πυρὶ μαρμαίρει. Quintus verwendet das Verb gesamthaft 27x, davon 10x in altepischer Manier als Partizip Präsens, 17x als finites Verb (davon 7x mit dem von ihm geliebten -σκ-Suffix zur Bildung eines iterativen Imperfekts). Semantisch wird μαρμαίρειν ähnlich wie das verwandte Adjektiv μαρμάρεος v.a. zur Bezeichnung von reflektierendem Licht auf metallenen Gegenständen verwendet; man vgl. bspw. die Varianten der genannten Formel »| — ˘ ˘ | μαρμα ίροντα«: χ άλκεα μαρμα ίροντα (Il. 16,664; 18,131; 23,27); ὄμματα μαρμα ίροντα (Il. 3,397);786 ἔντεα μαρμα ίροντα (Il. 12,195); χρ ύσεα μαρμα ίροντα (Il. 13,22); τε ύχεα μαρμα ίροντα (Il. 18,617). Zur semantischen Äquivalenz des Adjektivs μαρ μάρεος und des Partizips μαρμαίρων vgl. auch Q.S. 6,197 τεύχεα μαρμαρέῃσιν ἐειδόμενα στεροπῇσι, was Il. 18,617 τεύχεα μαρμαίροντα nachempfunden ist.787 (60) αἰδὼς δ᾿ ἀμφερύθηνε Das Simplex ἐρυθαίνεσθαι ist bereits homerisch; vgl. Il. 10,484 ἐρυθαίνετο δ ᾿ αἵματι γα ῖα; 21,21 ἐρυθαίνετο δ ᾿ αἵματι ὕδωρ. Nachhomerisch ist der Präsensstamm ἐρυθαιν- episch und auch sonst sporadisch belegt, allerdings stets in mediopassiver Form und Bedeutung »rot werden«; die ersten Belege für ein ἐρυθαίνειν »rot machen, erröten lassen« finden sich prosaisch bei Sext. Emp. Adversus mathematicos 9,247; [Lukian] Amores 40,2. und 41,18. Quintus ist der erste Epiker, der vom Präsensstamm ἐρυθαιν- eine aktive Form bildet, und zwar in 4,355 ἱδρὼς α ἱματόεις θαλερὰς ἐρύθαινε παρειάς »blutiger Schweiss liess ihre blühenden Wangen rot werden« (von Epeios und Akamas im Boxkampf); die übrigen fünf

786

Vgl. auch den Kommentar zu (58–59) μειδιόωσ᾿ ἐρατεινόν […] ὀφθαλμοὶ μάρμαιρον. Zur Semantik vgl. auch Philod. de poem. fr. 186,1–3: καθ᾿ αὑτό τι φαίνεται / καλὸν ἔχειν, ἢ τὸ “μαρ-/μαίρειν” ἢ “παμφαίνειν” (mit dem Kommentar von Janko [2000] 409 Anm. 2). Vgl. ferner auch den Kommentar zu (49) μαρμαρέοισιν. 787

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von Quintus gebrauchten präsentischen Formen des Verbs sind in homerischer Manier mediopassiv.788 Der Aoriststamm ἐρυθην- ist zum ersten Mal in den Argonautica belegt; allerdings hat er nur an einer von insgesamt drei Stellen auch tatsächlich aktive Bedeutung, wohingegen er an den anderen beiden im Sinne eines Wurzelaorists mit aktiven Endungen zu einem mediopassiven Präsens (Typus ἁλίσκομαι – ἑάλων, φ ύομαι – ἔφυν, etc.) verwendet wird; vgl. A.R. 4,473f. τῆς δὲ καλύπτρην / ἀργυφέην καὶ πέπλον ἀλευομένης ἐρύθηνεν »[das Blut] rötete ihren [= Medeas] weissschimmernden Schleier und ihr Gewand, obwohl sie es zu vermeiden suchte« gegenüber 1,790f. ἡ δ᾿ ἐγκλιδὸν ὄσσε βαλοῦσα / παρθενικὰς ἐρύθηνε παρηίδας »sie aber [= Hypsipyle] schlug ihre Augen zu Boden und errötete an ihren jungfräulichen Wangen«789 und 3,681f. τῆς δ᾿ ἐρύθηνε παρήια· δὴν δέ μιν α ἰδώς / παρθενίη κατ έρυκεν, »ihre [= Medeas] Wangen aber röteten sich, und jungfräuliche Scham hielt sie lange zurück«. Quintus verwendet den Aoriststamm gesamthaft 4x, und zwar immer in echt aktiver Bedeutung: 2x als Simplex, 4,156f. α ἵματι δ ᾿ ὡς ἐρύθηνεν ἄδην ποταμο ῖο ῥέεθρα / Ξ άνθου »und wie [Achilleus] die Ströme des Flusses Xanthos reichlich rötete« und 9,529f. φάος δ᾿ ἐρύθηνε κολώνας / ἠελίου »und das Sonnenlicht rötete die Hügel«; 2x mit dem Präverb ἀμφ-, hier sowie in 14,41 καλ ὰς ἀμφερύθηνε παρη ίδας »[Scham] liess [Helenas] Wangen rings erröten«. Zu bemerken ist schliesslich, dass Nonnos in den Dionysiaca 16x die Form ἐρυθαίνετο und 2x die Form ἐρύθηνε, danebst jedoch keine anderen Formen des Verbs verwendet. Das komponierte ἀμφερυθαίνειν ist ausser an den beiden genannten Stellen der Posthomerica nirgendwo belegt. Das Präverb ἀμφ- hat nicht bloss schmückenden oder verstärkenden Charakter, sondern es nimmt die in 1,56 ἀμφὶ προσώπῳ angelegte Vorstellung von dem »sowohl schrecklichen als auch strahlenden Äusseren« Penthesileias, von der sie rings umgebenden ›Aura‹ wieder auf.790 Mit Q.S. 1,60 direkt zu vergleichen ist 14,39–41, wo von Helena, als sie von Menelaos aus der Stadt geführt wird, wie folgt die Rede ist: ἀλλ᾿ οὐ μὰν ῾Ελένην γόος ἄμφεχεν· ἀλλά οἱ αἰδώς / ὄμμασι κυανέοισιν ἐφίζανε καί οἱ ὕπερθε / καλὰς ἀμφερύθηνε παρηίδας. »Jedoch Helena liess sich nicht zum Klagegesang hinreissen, sondern Scham senkte sich auf ihre 788 Quintus lehnt sich bei der Verwendung des Verbs stark an die beiden Modellverse Il. 10,484 und 21,21 an; vgl. z.B. 9,177 φόνῳ δ’ ἐρυθαίνεται ὕδωρ; 14,319 αἵματι πορφύροντι θοῶς ἐρυθαίνεθ’ ὕπερθεν. 789 παρθενικὰς […] παρη ίδας ist hier Akkusativ der Beziehung; zur Richtigkeit der Lesart παρθενικάς (als Attribut zu παρηίδας) und gegen die Konjektur παρθενική (als Prädikativum zu ἡ) vgl. Campbell (1971) 407f. 790 Vgl. Giangrande (1986) 47 (Übers.): »la modestia la fece arrossire completamente«.

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dunklen Augen und liess ihre schönen Wangen auf beiden Seiten von oben her erröten.«791 (60) παρήια Überliefert ist an dieser Stelle in den Codices παρηιάδων, was Rhodomann zu παρήια, τῶν emendiert hat und was seither von allen modernen Herausgebern so gedruckt wurde. Demgegenüber hat Giangrande (1986) 47 versucht, die Überlieferung zu bewahren, und zwar mit folgenden Argumenten: (1.) Da der Wechsel zwischen Formen auf -ηίς und -ηιάς in der hellenistischen und nachhellenistischen Zeit nichts Aussergewöhnliches ist und da Quintus παρηίς verwendet, sei eine Nebenform παρηιάς bei ihm grundsätzlich nicht auszuschliessen. (2.) Quintus habe die Nebenform παρηιάς in der hellenistischen Epik als »rarità morfologica ellenistica« vorgefunden und diese zu bewahren gesucht; als konkretes Vorbild habe ihm A.R. 4,172 ἐπὶ ξανθ ῇσι παρηι άσιν/-ῃάσιν gedient. So wie Apollonios Rhodios in 4,172 eine Form von παρηι άς, sonstwo jedoch Formen von παρη ίς gebraucht habe, verwende Quintus im Sinne der Selbstvariation in 1,60 eine Form von παρηιάς, in 14,41 jedoch eine Form von παρηίς. Giangrandes Argumente halten jedoch m.E. einer genaueren Prüfung nicht stand. Die nachfolgend aufgeführten Gegenargumente sollen gleichzeitig den intertextuellen Hintergrund von Q.S. 1,60f. erhellen: (1.) Eine Nebenform παρηιάς ist in den Posthomerica zwar nicht grundsätzlich auszuschliessen; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine entsprechende handschriftliche Überlieferung zwingend korrekt sein muss. (2.) Apollonios Rhodios verwendet in den Argonautica an gesamthaft zehn Stellen das παρηι -Wort für »Wange«: an drei Stellen eindeutig eine Form von παρ ήιον,792 an fünf Stellen eindeutig eine Form von παρη ίς;793 nur an zwei Stellen bieten einige (jedoch nicht alle) Handschriften Formen von παρηι άς.794 Q.S. 1,60 ist zwar nach einer Stelle in den Argonautica gebildet, allerdings nicht nach A.R. 4,172, sondern nach 3,681f.: ὣς φάτο· τῆς δ᾿ ἐρύθηνε παρήια· δὴν δέ μιν α ἰδώς / παρθενίη κατέρυκεν ἀμείψασθαι μεμαυῖαν. »So sprach [Medea]; ihre Wangen aber röteten sich, und jungfräuliche Scham hielt sie lange zurück, obwohl sie [eigentlich] begehrte zu antworten.« Aus verschiedenen Gründen ist die Stelle klar als Vorbild für Q.S. 1,60 anzusehen: Auf formaler Ebene übernimmt Quintus die Wendung ἐρύθηνε παρ ήια (an gleicher metrischer Position) sowie das Wort αἰδώς. Semantisch variiert bzw. neuert er jedoch die Bedeutung von 791

Zu dieser Stelle vgl. auch den Kommentar zu (60) παρήια mit Anm. 796. 2,82 παρήια; 3,681 παρήια; 4,45 παρήια. 793 1,791 παρηίδας; 2,59 παρηίδας; 3,963 παρηίδας; 3,1064 παρηίδα; 4,1066 παρηίδες. 794 3,831 παρηίδας wE : -ηιάδας LA; 4,172 -ηιάσιν LA : -ῃάσιν w : -ειάσιν E (durchgesetzt hat sich allerdings in den modernen Textausgaben die Emendation παρηίσιν [Brunck]). 792

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ἐρύθηνε: Hat dieses bei A.R. trotz der aktiven Form mediopassive Bedeutung (»die Wangen röteten sich«), so ist bei Q.S. auch die Bedeutung aktiv und das Verb dementsprechend transitiv (»Scham rötete die Wangen«). Auf inhaltlicher Ebene rückt die in A.R. 3,682 betonte Jungfräulichkeit Medeas selbige stark in die Nähe der ebenfalls jungfräulichen Amazonenkönigin. Man beachte ferner, dass θεσπεσίη in Q.S. 1,61 prosodisch mit dem ebenfalls zu Versbeginn stehenden παρθενίη in A.R. 3,682 identisch ist – legt man die beiden Verse als Folien übereinander, so paaren sich also in der Figur der Penthesileia Jungfräulichkeit und göttliche Abstammung. Mit Blick auf den grösseren Kontext ist schliesslich daran zu denken, dass die Begegnungsszene zwischen Medea und Jason in den Argonautica (bzw. deren Vorbereitung) generell einen wichtigen Subtext für das 1. Buch der Posthomerica darstellt.795 (3.) Giangrandes Argument, Quintus gebrauche im Sinne der Selbstvariation von demselben Substantiv verschiedene morphologische Varianten, lässt sich auch mit Rhodomanns Emendation aufrechterhalten, denn in dem mit 1,60 eng verwandten Vers 14,41 verwendet er den Stamm παρηιδ: καλὰς ἀμφερύθηνε παρη ίδας »[Scham] liess [Helenas] Wangen rings erröten«. Dieser Vers beruht m.E. ebenfalls auf einem konkreten apollonischen Vorbild, nämlich A.R. 1,791 παρθενικὰς ἐρύθηνε παρηίδας »[Hypsipyle] errötete an ihren jungfräulichen Wangen«.796 (4.) A.R. 4,172 kommt, entgegen Giangrande a.a.O., als direktes intertextuelles Vorbild für Q.S. 1,60 nicht in Frage: die einzige Übereinstimmung zwischen den beiden Versen besteht im παρηι -Wort an der jeweils gleichen sedes, sonst jedoch kann ich weder sprachliche noch inhaltliche Parallelen sehen. Ausserdem ist zu beachten, dass der Text der Argonautica genau an jener Stelle nicht gesichert ist. Dasselbe gilt für die zweite Stelle (A.R. 3,831), an welcher einige Handschriften ebenfalls eine Form von παρηιάς bieten (vgl. Anm. 794); überdies käme auch A.R. 3,831 als direktes Vorbild für Q.S. 1,60 m.E. schwerlich in Frage.797 Die beiden einzigen 795

Vgl. die Kommentare zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν, (54) μέγ᾿ ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο und (58–59) μειδιόωσ᾿ ἐρατεινόν […] ὀφθαλμοὶ μάρμαιρον […] 796 Die Gründe, dass ich (in Übereinstimmung mit Campbell [1971] 408) A.R. 1,791 als intertextuelles Vorbild für Q.S. 14,41 ansehe, sind folgende: (1.) ἐρύθηνε παρη ίδας: gleicher Wortlaut, gleiche sedes. (2.) Die semantische Modifikation, die Quintus für ἐρύθηνε gleich wie in 1,60 vornimmt: ἐρύθηνε hat bei A.R. in beiden ›Vorbildversen‹ mediopassive, bei Q.S. jedoch in beiden ›Imitaten‹ aktive Bedeutung. (3.) Der Kontext: Beide Frauen erröten wegen eines Mannes (Jason bzw. Paris). (4.) Die Ironie, die entsteht, wenn man die beiden Verse ›übereinanderlegt‹: Wohl mögen Hypsipyles Wangen »jungfräulich« sein – dies trifft jedoch wohl kaum auf Helena zu, nachdem sie zehn Jahre mit Paris verbracht hat! 797 Es handelt sich zwar auch um eine erotische Stelle (Medea wäscht sich bei Sonnenaufgang), doch sind die sprachlichen Affinitäten zwischen Q.S. 1,60f. und A.R. 3,681f. ungleich grösser.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

möglichen Zeugen für Formen von παρηι άς bei A.R. stehen also textkritisch auf wackligen Beinen und lassen sich weder sprachlich noch inhaltlich als Vorlage für Q.S. 1,60f. bestimmen. (61) χάρις καταειμένη ἀλκήν  Vgl. den Kommentar zu (19) θεῶν ἐπιειμένη εἶδος.

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Kommentar zu den Versen 62–85

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Verse 62–85: Aufkeimende Hoffnung der Troer und des Priamos Dominierte in den vorangegangenen Versen 33–61 eine auktoriale (bzw. z.T. indirekt via den Blickpunkt der Troer vermittelte) Aussensicht auf Penthesileias Aussehen und ihre ›strahlende Schönheit‹, so erfolgt nun eine Verschiebung des Schwerpunkts zur Innensicht auf die Reaktion der Menschen bei ihrem Erscheinen. Sowohl die Freude der Menschen in Troja (1,62–73) als auch die des Priamos (1,74–85) werden mit zwei Gleichnissen illustriert, welche beide die Lichtmetapher, die zuvor als Bild für Penthesileias Schönheit bemüht worden war (1,37–41; 1,48–53), verwenden, um nun die wieder aufkeimende Hoffnung auf einen ›doch-noch-Sieg‹ über die Griechen zum Ausdruck zu bringen.798 Während sich jedoch die breite Masse der Troer über alle Massen und uneingeschränkt freut und sich somit einer letztlich nichtigen Hoffnung hingibt, bleibt Priamos’ Freude vorerst getrübt – dies einerseits, weil er immer noch in grosser Trauer um den Verlust seiner vielen Söhne ist (vgl. 1,84f. πα ίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων), andererseits jedoch auch – was sich nur implizit aus dem Text ergibt –, weil er den Untergang Trojas bereits vorausahnt.799 Eine analoge, jedoch stark kondensierte Struktur findet sich im zweiten Buch der Posthomerica: Nachdem der Beginn des Buches einer Reihe von Reden und Gegenreden gewidmet ist, trifft Memnon mit seinem Gefolge ein; vgl. Q.S. 2,100–110: τοῖσι δ᾿ ἄρ᾿ οὐ μετὰ δηρὸν ἀρήιος ἤλυθε Μέμνων, Μέμνων κυανέοισι μετ᾿ Αἰθιόπεσσιν ἀνάσσων, ὃς κίε λαὸν ἄγων ἀπερείσιον. ἀμφὶ δὲ Τρῶες γηθόσυνοί μιν ἴδοντο κατὰ πτόλιν, ἠύτε ναῦται χείματος ἐξ ὀλοοῖο δι᾿ αἰθέρος ἀθρήσωσιν ἤδη τειρόμενοι ῾Ελίκης περιηγέος αἴγλην· ὣς λαοὶ κεχάροντο περισταδόν, ἔξοχα δ᾿ ἄλλων Λαομεδοντιάδης· μάλα γάρ νύ οἱ ἦτορ ἐώλπει δῃώσειν πυρὶ νῆας ὑπ᾿ ἀνδράσιν Αἰθιόπεσσιν, οὕνεκ᾿ ἔχον βασιλῆα πελώριον ἠδὲ καὶ αὐτοί πολλοὶ ἔσαν καὶ πάντες ἐς ῎Αρεα μαιμώωντες.

798 Zu den beiden Gleichnissen im Einzelnen vgl. die Kommentare zu (63–72) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες […] und zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […] 799 Zu Priamos’ düsterer Vorahnung vgl. v.a. die Kommentare zu (67) ὑπηχλύνθη und zu (79) ὄμματ᾿ ἀπαχλύσαντος.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Nicht lange nach diesen [Reden] aber kam der kriegslustige Memnon – Memnon, Herrscher unter den schwarzhäutigen Aithiopern, der ein unermessliches Heer anführte. Ringsherum erblickten ihn die Troer freudig in der Stadt, wie wenn Seeleute, schon am Ende ihrer Kräfte nach einem verderbenbringenden Sturm, den Glanz des Grossen Bären erblicken, der sich am Himmel dreht – so freuten sich die Leute, die herumstanden, mehr als [alle] anderen aber [freute sich] der Sohn des Laomedon, denn er hoffte gar sehr in seinem Herzen, die Schiffe [der Achaier] mithilfe der Mannen aus Aithiopien durch Feuerbrand zerstören zu können, da sie einen gewaltigen König hatten und auch selbst zahlreich und alle begierig nach Krieg waren.

Wird Penthesileias Ankunft mit gesamthaft vier Gleichnissen (1,37–41; 1,48–53; 1,63–72; 1,76–85) umschrieben und herausgehoben, so verdichtet Quintus hier das Ganze zu einem einzigen Gleichnis (2,103–107), während ein Katalog der Aithioper (in Analogie zum Amazonenkatalog 1,42–47) gänzlich fehlt. Allerdings hat das Gleichnis in 2,103–107 mit den genannten vier Penthesileia-Gleichnissen wichtige Gemeinsamkeiten: einerseits (grundsätzlich) die Lichtmetapher als Ausdruck von Freude und Hoffnung, andererseits (spezifischer) der Vergleich des Helden mit einem Gestirn, das sich nach einem Unwetter wieder zeigt (vgl. 1,37–41), sowie das Wasserbzw. Regenmotiv. Festzustellen ist ferner, dass die Freude des Volkes und des Priamos bei Memnons Ankunft gleichgesetzt werden, während sie sich bei Penthesileias Ankunft deutlich unterscheiden: Konnte sich Priamos über Penthesileias Erscheinen vor Schmerz um den Verlust all seiner Söhne noch wenig freuen (1,84f. παῦρον μὲν γήθησε, τ ὸ δὲ πλ έον εἰσέτι πα ίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων),800 so freut er sich nun, da der Verlust länger zurückliegt, mehr als alle anderen (2,106f. ὣς λαο ὶ κεχ άροντο περισταδ όν, ἔξοχα δ᾿ ἄλλων / Λαομεδοντιάδης). (62) ἀμφεγάνυντο Das komponierte ἀμφιγάνυσθαι ist ein absolutes hapax; dagegen ist synonymes ἀμφιγηθεῖν im homerischen Apollonhymnos einmal belegt.801 Quintus gebraucht auffallend gerne Verben mit dem Präverb ἀμφι-.802 Das Präverb hat hier, ähnlich wie in 1,60 ἀμφερύθηνε, nicht bloss schmückenden oder verstärkenden Charakter, sondern es bringt die allumfassende Freude des gesamten troischen Volkes zum Ausdruck – man beachte hierbei auch den Plural λαο ί, der die schiere Menge (einschliesslich der ἐπί800

Vgl. dazu die Kommentare zu (67) ὑπηχλύνθη und (63–72) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες […] h. Apoll. 273 ἀμφιγεγηθώς; ausserdem Greg. Naz. carm. mor. col. 670,8 ἀμφιγέγηθα und carm. de se ipso p. 1329,1 ἀμφιγέγηθεν; Anth. Gr. App. 3,189,6 ἀμφιγέγηθε. 802 Vgl. dazu Winkler (1875) 11. 801

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κουροι) zum Ausdruck bringt. Calero (1995b) 47 verweist auf Parallelen im zweiten Buch bei der freudigen Reaktion der Troer auf Memnons Ankunft: 2,102f. ἀμφὶ δὲ Τρ ῶες / γηθ όσυνοί μιν ἴδοντο; 2,106 λαο ὶ κεχ άροντο περισταδόν. Vgl. ferner auch die ähnliche Formulierung ἀμφὶ δέ οἱ κεχάροντο in 6,124, womit die Reaktion der Troer auf Eurypylos’ Ankunft beschrieben wird.803 (63–72) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες […] ὣς ἄρα Τρώιοι υἷες […] γήθεον Regen ist in epischen Gleichnissen häufig im Kontext (= als Vorzeichen) von Sturm und Unwetter zu finden.804 Der Regenbogen als Bildspender in einem Gleichnis findet sich iliadisch sowie in der Aeneis: In Aen. 5,87–89 heisst es von den Schuppen einer Schlange, dass diese glitzern, »wie in den Wolken ein Regenbogen tausend verschiedene Farben reflektiert, wenn die Sonne dagegensteht« (88f. ceu nubibus arcus / mille iacit varios adverso sole colores).805 In Il. 17,547–552 erscheint der Regenbogen als zeusgesandtes Zeichen für Krieg oder Winter: ἠύτε πορφυρέην ἶριν θνητοῖσι τανύσσῃ Ζεὺς ἐξ οὐρανόθεν, τέρας ἔμμεναι ἢ πολέμοιο ἢ καὶ χειμῶνος δυσθαλπέος, ὅς ῥά τε ἔργων ἀνθρώπους ἀνέπαυσεν ἐπὶ χθονί, μῆλα δὲ κήδει, ὣς ἣ πορφυρέῃ νεφέλῃ πυκάσασα ἓ αὐτήν δύσετ᾿ ᾿Αχαιῶν ἔθνος, ἔγειρε δὲ φῶτα ἕκαστον. So wie Zeus den Sterblichen einen purpurroten Regenbogen ausspannt vom Himmel her, ein Vorzeichen zu sein des Krieges oder auch des schlecht wärmenden Winters, der die Menschen auf Erden dazu bringt, von ihren Werken abzulassen, dem Vieh aber Schaden zufügt – so hüllte sie [= Athene] sich ein in eine purpurrote Wolke und tauchte in die Schar der Achaier, und sie trieb jeden Mann einzeln an.

Die Affinitäten zwischen diesem Gleichnis und demjenigen des Quintus sind freilich eher lose:806 Homer bedient sich der negativen Konnotation des 803

Zu dieser Stelle vgl. auch den Kommentar zu (63–72) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες […] a.E. Dies gilt für die homerischen Epen ebenso wie für die Argonautica, die Aeneis und auch für die Posthomerica selbst. Einige Beispiele (Auswahl): Il. 13,136–146; A.R. 2,1073–1079; 4,1280– 1289; Verg. Aen. 9,433–437; 9,666–671; 10,803–810 (rustikaler Kontext!); Q.S. 1,696–703; 2,217–227; 8,379–386; 10,170–175. – Zu Quintus’ Gleichnissen, welche die vernichtende Gewalt des Wassers zum Gegenstand haben, vgl. auch Niemeyer (1883) 13f. 805 Dieses Vergil’sche Gleichnis ist umso kühner, als sowohl der Bildspender (der Regenbogen) wie auch der Bildempfänger (die Schlange) beide entgegen üblichen Gebrauchs positiv konnotiert sind. Der Vergleich an sich ist bereits in der Ilias angelegt: In Il. 11,26–28 ist von sechs Schlangen die Rede, welche »Regenbogen gleichend« (27 ἴρισσιν ἐοικότες) Agamemnons Brustplatte zieren. 806 James (2004) 269 spricht von »a bold adaptation«. Auf sprachlicher Ebene lässt sich m.E. keine imitatio vonseiten des Quintus festmachen. 804

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Regens als Vorzeichen für Sturm und Unwetter, um den Regenbogen als Schreckenszeichen (τέρας)807 für den Krieg zu verwenden; das tertium comparationis ist die purpurn schimmernde Farbe der Wolke, in die sich Athene einhüllt.808 Bei Q.S. dagegen ist der Regenbogen ein Zeichen aufkeimender Hoffnung so wie für einen Bauern, dem er nach langer Dürre endlich den ersehnten Regen ankündigt.809 Gleichwohl einen Zusammenhang zwischen den beiden Gleichnissen zu sehen ist jedoch insofern sinnvoll, als es sich um die beiden einzigen Gleichnisse in der Ilias bzw. in den Posthomerica handelt, in welchen ein Regenbogen als Bildspender erscheint. Das Bild des Quintus an sich ist völlig unkriegerisch und bietet einen Vergleich aus dem täglichen Leben der ›kleinen Leute‹, der Bauern; hört man jedoch das homerische Gleichnis mit, so wird der Fokus auf den Kontext des Krieges wieder deutlich, da ja dort schon der Regenbogen an sich ein τέρας […] πολέμοιο sein kann. Der Vergleich ist ferner ein Gegenbild zu 1,48–53 (Eos-HorenGleichnis) und zugleich eine Weiterführung der in den beiden vorangegangenen Gleichnissen prominenten Lichtmetapher: Nachdem Penthesileia zuerst mit dem unter den Sternen hervorragenden Mond verglichen worden war (statisch), wurde sie mit der vom Olymp herabsteigenden Eos gleichgesetzt (dynamisch; Bewegung von oben nach unten) – nunmehr wird sie auch noch mit dem aus dem Meer zum Himmel aufsteigenden Regenbogen in eins gesetzt (dynamisch; Bewegung von unten nach oben). Somit umspannt Penthesileia auf der Vergleichsebene gewissermassen den gesamten Kosmos – ihr Erscheinen ist für die Troer in der Tat von ›kosmischer‹, d.h. absolut zentraler, existentieller Bedeutung. Ausserdem hat man verschiedentlich in Il. 4,275–282 ein Vorbild für Q.S. 1,63–72 sehen wollen.810 In diesem Ilias-Gleichnis wird der Eintritt der achaiischen Schlachtreihen in den Kampf (281 δήιον ἐς πόλεμον πυκιναὶ κίνυντο φάλαγγες) mit einer Wolke (274 νέφος), die vom Meer herannaht und einen heftigen Sturmwind (278 λα ίλαπα πολλ ήν) bringt, verglichen und geschildert, wie ein Geisshirt das Geschehen von einer Anhöhe aus 807 Das homerische τέρας bezeichnet stets ein Zeichen eines Gottes, besonders häufig eines des Zeus, kann aber prinzipiell sowohl positiv als auch negativ gemeint sein; vgl. LSJ s.v.τέρας. 808 Vgl. Edwards (1991) 115 zu Il. 17,547–552: »The formal point of comparison is the πορφυρέη […] rainbow and the πορφυρέη cloud which envelops Athene […], but […] the real parallel lies in the sufferings of the battle she stirs up […] and the grim foreshadowings of the portent of Zeus […]« Vgl. ferner den iliadischen Ausdruck πορφ ύρεος θ άνατος in dem Iteratvers ἔλλαβε πορφύρεος θ άνατος κα ὶ μο ῖρα κραται ή (Il. 5,83 = 16,334 = 20,477; derselbe Vers findet sich auch in einem Fragment der Ilias parva, fr. 20,5 EpGF). 809 Gemäss verbreiteter antiker Auffassung steigt der Regenbogen aus dem Meer auf, pumpt Meerwasser hoch und ist deshalb ein Vorbote für Regen und keine Begleiterscheinung dessen; vgl. dazu (mit erschöpfender Angabe von antiken Belegstellen) Vian (1963) 15f. Anm. 1. 810 Vian (1963) 15 Anm. 1; James (2004) 269; Gärtner (2005) 49.

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beobachtet (275 ἀπὸ σκοπιῆς εἶδεν […] αἰπόλος ἀνήρ). Die gemeinsame Basis zwischen den beiden fraglichen Gleichnissen besteht in dem Vergleich eines kriegerischen Auftritts mit einer Naturerscheinung und deren Beobachtung aus der Höhe, doch ›fehlt‹ der Regenbogen als zentrales gemeinsames Element. (63) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ Die spezifisch epische Floskel ὡς δ᾿ ὁπότε zur Einleitung eines Vergleichs bzw. eines Gleichnisses Il. 11,492 – Od. 4,335; 5,125; 17,126 – h. Merc. 43 – Hes. Th. 594 – 6x A.R – 6x Opp. hal. – 15x Q.S. – Triph. 189; 222; 514 – Nonn. Dion. 42,6 – u.a.811

(63) ἀθρήσαντες ἀπ᾿ οὔρεος  ἀπ᾿ οὔρεος Kall. fr. 186,9 Pf. – A.R. 1,989 und 2,1258 – Dion. Per. 694; 773; 786; 978812 – 6x Q.S.813 – Manetho 4,260 – Nonn. Dion. 16,367 – Anth. Gr. 8,224,1 (Greg. Naz.). Metrisch stets vor der BD.

Quintus verwendet die unhomerische, aus der hellenistischen Hexameterdichtung entlehnte Wendung mehrfach; mit der vorliegenden Stelle intratextuell zu vergleichen ist v.a. Q.S. 7,545–547 ὡς δ ᾿ ὅτε παιπαλ όεσσαν ὁδὸν κατ ὰ ποσσ ὶν ἰόντες / ἀνέρες ἀθρήσωσιν ἀπ᾿ οὔρεος ἀίσσοντα / χείμαρρον »wie wenn Männer, die einen felsigen Weg zu Fuss hinabsteigen, einen Giessbach erblicken, der sich vom Gebirge herab ergiesst«.814 (63) ἀγροιῶται Das Wort kommt homerisch nur im Nominativ Plural ἀγροιῶται vor und ist stets Apposition zu einem weiteren Substantiv (oder Adjektiv); mit einer Ausnahme (Od. 21,85; s.u.) steht es immer am Versende; vgl. Il. 11,549 = 15,272 ἐσσεύοντο κ ύνες τε κα ὶ ἀνέρες ἀγροιῶται; Il. 11,676 κ ὰδ᾿ δ᾿ ἔπεσεν, λαοὶ δὲ περ ίτρεσαν ἀγροιῶται; Od. 11,293 δεσ μοί τ᾿ ἀργαλέοι καὶ βουκόλοι ἀγροιῶται; Od. 21,85 νήπιοι ἀγροιῶται, ἐφημέρια φρονέοντες. Vgl. ferner [Hes.] Scut. 39 ο ὐδ᾿ ὅ γε πρ ὶν δμ ῶας κα ὶ ποιμένας ἀγροιώτας; Hes. fr. 66,7 βουκ]όλοι ἀγροιῶ[ται. Apollonios verwertet die Wendung ἀνέρες ἀγροιῶται aus dem obengenannten iliadischen Iteratvers einmal in 4,1183 βαῖνον ἐποψόμεναι, σὺν δ᾿ ἀνέρες ἀγροιῶται. Das Wort begegnet sodann 3x bei Theokr. (13,44; 25,23; 25,168), 2x bei Opp. hal. (1,308; 3,386), 2x bei Opp. cyn. (1,135; 1,529), stets am Versende, jedoch 811

Zu den Vergleichswörtern bei Q.S. vgl. Niemeyer (1883) 8–10 (erschöpfende Liste). Bei Dion. Per. stets in der Wendung ἀπ᾿ οὔρεος ᾿Αρμενίοιο. 813 Ausserdem evtl. ein sechstes Mal in Q.S. 12,186, wo die Codices ἀπ᾿ οὔδεος überliefern, was von Rhodomann zu ἀπ᾿ οὔρεος emendiert wurde. Vian (1969) druckt Rhodomanns Emendation, während Pompella (2002) wieder zur Überlieferung zurückgekehrt ist. 814 Kontext: Die Troer wollen aus Angst vor dem wütenden Neoptolemos nicht mehr weiterkämpfen, so wie Männer, die auf einer Wanderung in den Bergen auf einen reissenden Strom treffen und diesen nicht überqueren wollen. – Q.S. 7,546 imitiert A.R. 2,1258 οἰμωγῇ, μέσφ᾿ αὖτις ἀπ᾿ οὔρεος ἀίσσοντα. 812

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

nicht ausschliesslich im Nominativ Plural.815 Quintus richtet sich insofern nach der homerischen Verwendungsweise, als er hier sowie zwei weitere Male die Form ἀγροιῶται am Versende gebraucht; allerdings stellt er das Wort nicht in Apposition zu einem anderen Nomen, sondern er verwendet es als selbständiges Substantiv i.S.v. »Landmänner, Bauern« oder auch »Hirten«; vgl. Q.S. 7,506 ἄντρων ἐξελάσωσιν ὁμῶς κυσ ὶν ἀγροιῶται »[wenn] die Bauern / Hirten [die Wölfe] aus ihren Höhlen treiben«; 10,367 σὺν δέ σφιν μ ύροντο βοῶν θοοὶ ἀγροιῶται »zusammen mit ihnen [= den Nymphen] klagten die flinken Rinderhirten«. Auf Inhaltsebene zu vermerken ist schliesslich, dass das Wort schon in der Ilias zweimal im Kontext eines Vergleichs erscheint, was Quintus hier sowie an einer Stelle im siebten Buch der Posthomerica nachahmt.816 (64) ἐξ εὐρυπόροιο θαλάσσης817 Die vorliegende Wendung basiert auf der homerischen Versendklausel θαλάσσης εὐρυπόροιο; vgl. Il. 15,381 μέγα κῦμα θαλάσσης εὐρυπόροιο; Od. 4,432 παρ ὰ θῖνα θαλ άσσης ε ὐρυπόροιο; Od. 12,2 κ ῦμα θαλ άσσης εὐρυπόροιο. Imitationen der homerischen Wendung vor Q.S.: Aischyl. Pers. 109 ἐυρυπόροιο θαλ άσσης; Opp. hal. 1,363 ε ὐρυπόροισιν […] πελάγεσσιν und 3,620f. ἀπ᾿ εὐρυπόροιο […] / ὠκεναοῦ; Opp. cyn. 3,176 βένθεσσιν ἐν ε ὐρυπόροιο θαλ άσσης. Quintus verwendet das Adjektiv hier sowie drei weitere Male: in 1,18 ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων (vgl. den Kommentar dazu), in 5,74 ἐξ ἁλὸς εὐρυπόροιο (von den Nereiden, die ihre Schwester Thetis »aus dem breitpfadigen Meer« zur Hochzeit mit Peleus geleiten) und in 8,384 χεῖμα καὶ εὐρύποροι ποταμοί (in einem Vergleich: die Troer warten ängstlich den Angriff der Griechen ab wie Hirten das Ende von Sturm und Regen, 8,379–386). Das iliadische Vorbild ist für die vorliegende Stelle m.E. auch inhaltlich relevant, denn in Il. 15,381–389 werden die herandringenden Troer mit einer »Woge des breitpfadigen Meeres« verglichen, welche über die Bordwand eines Schiffes herabkommt.  Vgl. auch den Kommentar zu (18) ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων. (65) ἰσχανόωσι Das epische Verb ἰσχανᾶν stellt, ähnlich wie ἰσχάνειν, eine Dehnform zu ἴσχειν dar.818 Die Grundbedeutung (12x in den homerischen Epen) ist »zurückhalten« bzw., in mediopassiver Form, »sich zurückhalten, an sich hal815 Theokrit: immer ἀγρώταις – Opp. hal.: beide Male ἀγροιώτης – Opp. cyn.: beide Male ἀγροιῶται. 816 Il. 11,548–557 und 15,271–280; Q.S. 1,63–72 und 7,503–511. 817 Zur Frequenz des Adj. εὐρύπορος vgl. den Kommentar zu (18) ἀπ᾿ εὐρυπόροιο ῥεέθρων. 818 Vgl. LSJ s.v. ἰσχανάω und s.v. ἰσχάνω; auch Edwards (1991) 117. Zu den morphologischen Verbalerweiterungen auf -άνω/-ανάω vgl. Schwyzer I, 700.

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ten«; in der Bedeutung »sich sehnen nach« begegnet es zweimal in der Ilias und einmal in der Odyssee; vgl. Il. 17,572 ἰσχανάᾳ δακέειν »[die Mücke] begehrt danach zu stechen«; Il. 23,300 τ ὴν ὅ γ᾿ ὑπὸ ζυγ ὸν ἦγε μ έγα δρόμου ἰσχανόωσαν »diese [= die Stute Aithe] führte [Menelaos] unter das Joch – sie, die es sehr nach dem Lauf verlangte«; Od. 8,288 ἰσχανόων φιλότητος »sich nach Liebe sehnend« (von Ares).819 Quintus verwendet das Verb ausschliesslich in letztgenannter Bedeutung, sechsmal mit einem Genitivobjekt des Begehrens und einmal mit einer Präpositionalphrase (7,317; s.u.). Zu bemerken ist, dass ausgerechnet für die beiden homerischen Verwendungen des Verbs in der Bedeutung »sich sehnen nach« und mit Genitivobjekt die variae lectiones ἰχανόωσαν (Il. 23,300) bzw. ἰχανόων (Od. 8,288) – also zu dem gleichbedeutenden Verb ἰχανᾶν – existieren.820 Quintus nun gebraucht das Verb ἰσχανᾶν gesamthaft 7x, ἰχανᾶν dagegen nie, und ausserdem lehnt er sich in 7,317 θοὸν ἵππον ἐπὶ δρόμον ἰσχανόωντα ganz offensichtlich an Il. 23,300 (s.o.) an. Quintus’ Wortgebrauch kann somit entweder als Stütze für die richtige Lesart im Homertext dienen oder aber als (bewusste) Stellungnahme zu einer homerphilologischen Textfrage aufgefasst werden. Zum Modus: ἰσχανόωσι kann formal sowohl Indikativ als auch Konjunktiv Präsens sein; da nach der Konjunktion ὡς δ᾿ ὁπότε in den homerischen Epen wie auch in den Posthomerica beide Modi vorkommen, dürfte eine definitive Entscheidung schwerlich möglich sein.821 (65) θεουδέος Das uniliadische Adjektiv θεουδ ής bedeutet »gottesfürchtig« (< θε ός + δέος) und findet sich in der Odyssee 6x; vgl. den Iteratvers ἠὲ φιλόξεινοι καί σφιν ν όος ἐστὶ θεουδ ής »oder [sind sie] gastfreundlich und besitzen sie einen gottesfürchtigen Sinn« (Od. 6,121 = 9,176 = 13,202 ~ 8,576) sowie Od. 19,364 θεο υδέα θυμ ὸν ἔχοντα »[dich, der du] einen gottesfürchtigen Sinn besitzest«. Quintus dagegen verwendet das Wort in allge819 Vgl. LSJ s.v. ἰσχανάω: »hold back, stay, […] II. intr., c. gen., cling to, and so, long after, desire eagerly«; LfgrE s.v. ἰσχανάω: 1 »(auf/zurück)halten«, 2 »etw. begehren, m. Gen.«. 820 Die Lesart ἰχανόωσαν in Il. 23,300 ist in einigen Handschriften überliefert; ἰχανόων in Od. 8,288 steht fest durch Etym. m. p. 478,46 – allerdings wird dort ἰχανόων ausdrücklich nur als Variante zu ἰσχανόων genannt (γράφεται κα ὶ ἰχανόων); vgl. dazu Wackernagel (1897) 17 [= (1953) 778]. Die Existenz eines Verbs ἰχανᾶν ist ferner in gelehrten Grammatikerzeugnissen sowie literarisch bei Herodas (7,26 ἰχανᾶσθ᾿) und bei Valerius Babrius (77,2 ἰχανῶσα) nachgewiesen. Richardson (1993) 208 (zu Il. 23,300) möchte die ἰχαν-Lesarten aus semantischen Gründen in den Homertext setzen, da ihm eine Bedeutungsentwicklung bei ἰσχανᾶν von »hold back« bzw. »cling to« zu »desire« nicht plausibel erscheint (»hard to see how it could mean ‘desire’«). Mir jedoch scheint eine Bedeutungserweiterung von »(fest-/zurück-)halten« zu »sich sehnen nach« durchaus nachvollziehbar, ist doch ein Objekt des Begehrens etwas, was man festzuhalten / zurückzuhalten sucht. 821 Unentschieden VB s.v. ἰσχανάω; für Indikativ Niemeyer (1883) 8 (ohne Diskussion).

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meinerer Bedeutung für etwas, was in irgendeinem Zusammenhang mit einem Gott oder einer göttlichen Macht steht: an der vorliegenden Stelle dürfte man es wohl am ehesten mit »gottgesandt« widergeben (~ θεόπεμπτος); in 3,775 ist mit θεουδ έα ν ῆσον »eine für einen Gott [= für Achilleus] angemessene / passende Insel« gemeint (~ θεοπρεπής); in 5,587 schliesslich bezeichnet Odysseus die Waffen des Achilleus als θεουδ έα τεύχε[α], wobei man das Adjektiv hier als »göttlich« bzw »gottähnlich« (~ θεῖος oder θεοειδής), aber auch als »gottgewirkt« (~ θεόδμητος: die Waffen sind ja von Hephaistos persönlich angefertigt worden) widergeben könnte. Anders als Quintus hält sich Apollonios bei seiner Verwendung des Wortes an die ursprüngliche Bedeutung »gottesfürchtig«; vgl. insbesondere A.R. 2,1180 οἵ τε θεουδέες οὐδὲ δίκαιοι »sowohl die Gottesfürchtigen als auch die Ungerechten«.822 Einen Anknüpfungspunkt für Quintus’ breitere, unspezifischere Verwendung des Adjektivs könnte m.E. bereits die Odyssee bieten: In Od. 19,109–111 vergleicht Odysseus Penelope mit einem »untadeligen Herrscher, der gottesfürchtig unter vielen starken Männern gebietet und dabei die Gerechtigkeit hochhält« – an dieser Stelle liesse sich m.E. θεουδής genausogut als »göttlich, gottähnlich« auffassen und übersetzen. Metrisch orientiert sich Quintus an Od. 19,364 und stellt das Adjektiv immer vor die Bukolische Diärese; dasselbe gilt für A.R. (66) ἀπαυαίνονται In der aspirierten Form ἀφαυαίνειν/-εσθαι unepisch / prosaisch, besonders häufig bei Theophrast und Philon Judaeus; vgl. aber aspiriertes Simplex αὑαίνειν bei Solon fr. 4,35 2IEG (αὑαίνει δ᾿ ἄτης ἄνθεα φυόμενα). Psilotisches (und dadurch künstlich ›ionisiertes‹ bzw. ›episiertes‹) ἀπαυαίνειν/εσθαι begegnet ausschliesslich bei Q.S.;823 vgl. 4,441 ὄζον ἀπαυανθέντα; 12,129 πρέμνα δ᾿ ἀπαυαίνοντο; 12,516 ἀπαυαίνοντο δὲ δάφναι. (66) Διὸς ὕδωρ Eine seltene, unhomerische Wendung zur Bezeichnung von Regenwasser. Diese ist von Zeus’ Funktion als Wettergott her verständlich; man denke auch an das unpersönliche ὕει »es regnet«, wohinter ursprünglich ein personales Ζεὺς ὕει zu denken ist.824 Episch geläufiger und seit der Ilias belegt ist der Ausdruck Διὸς ὄμβρος825. Erstbeleg für die Wendung Διὸς ὕδωρ ist 822

Ferner in A.R. 2,849 und 4,1123; ausserdem A.R. 3,586 θεουδείη »Götterfurcht«. Vgl. Winkler (1875) 12. 824 So noch in konkreter Vorstellung in den homerischen Epen; vgl. Il. 12,25f. ὗε δ᾿ ἄρα Ζεύς / συνεχ ές »da aber liess es Zeus ununterbrochen regnen«; Od. 14,457f. ὗε δ ᾿ ἄρα Ζε ύς / π άν– νυχος »da aber liess es Zeus die ganze Nacht regnen«. Quintus verwendet das Verb ὕειν nicht. 825 Il. 5,91; 11,493; 12,286; Od. 9,111; 9,358; Hes. Erga 626; 676; Theokr. 17,78; 5x Q.S.; 7x Nonn. Dion.; danebst auch einige prosaische Belege; vgl. auch A.R. 3,1399 Διὸς ἄσπετον ὀμβρήσαντος. 823

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Arat 936; danach vor Q.S. nur noch dreimal prosaisch sowie A.R. 2,1120 τὸ δὲ μυρίον ἐκ Διὸς ὕδωρ »das zehntausendfach von Zeus [gesandte] Wasser«, allerdings in einem gegenteiligen Kontext: es ist die Rede von den Söhnen des Phrixos, welche von grausigen Stürmen und Unwettern heimgesucht werden – das Wasser ist hier, anders als in Quintus’ Gleichnis in 1,66, negativ konnotiert. Quintus gebraucht den Ausdruck ein zweites Mal in 14,599 im Zusammenhang mit dem Schiffbruch der Griechen bei ihrer Heimkehr, das Wasser ist also dort, ähnlich wie in A.R. 2,1120 und anders als in Q.S. 1,66, negativ besetzt; vgl. Q.S. 14,598–600 οὐδ᾿ ὑπέμειναν / λάβρον ὁμῶς ἀνέμοισι θαλάσσης καὶ Διὸς ὕδωρ / μισγόμενον »und sie hielten der reissenden [Gewalt des] Meer- und Regenwassers, vermischt mit den Winden, nicht länger stand«.826 (67) ὑπηχλύνθη Ein absolutes hapax. Zur Bedeutung vgl. LSJ s.v. ὑπαχλύνομαι: »grow dark by degrees«; VB s.v. ὑπαχλύω: »Au pass., commencer à s’obscurcir«.827 Zum Verb ἀχλύ(ν)ω bzw. zum Substantiv ἀχλύς vgl. den Kommentar zu (79) ὄμματ᾿ ἀπαχλύσαντος; zu Verben mit dem Präverb ὑπο- bei Q.S. vgl. Winkler (1875) 13f. Das Verb lässt sich für die Deutung des ganzen Gleichnisses funktionalisieren: Die Troer freuen sich über Penthesileias Ankunft wie Bauern über einen ›aufsteigenden‹ Regenbogen – da jedoch Regen und Regenbogen im antiken Epos auch mit Krieg und Vernichtung in Zusammenhang stehen und negativ konnotiert sein können, lässt sich das Gleichnis auch negativ lesen (vgl. den Kommentar zu (63–72) ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ ἀθρήσαντες […]). In diesem Sinne kann auch das innerhalb des Gleichnisses konkret zu verstehende ὑπηχλύνθη metaphorisch auf die Troer bezogen werden: So wie sich der Himmel »allmählich verdunkelt«, so wird die Freude der Troer »getrübt«. Das Verb ἀχλύ(ν)ω wird im nächsten Gleichnis ein zweites Mal verwendet (1,79), als Priamos mit einem Blinden verglichen wird, dem »ein trefflicher Arzt oder ein Gott die Dunkelheit von den Augen nimmt« (1,78f. ἢ πόνῳ ἰητῆρος ἀμύμονος ἠὲ θεο ῖο / ὄμματ᾿ ἀπαχλύσαντος), dessen Augenlicht jedoch gleichwohl nur partiell zurückkehrt – desgleichen »freute sich [Priamos] ein bisschen, doch hauptsächlich betrübte ihn noch immer der Tod seiner Söhne« (1,84f. πα ῦρον μ ὲν γ ήθησε, τ ὸ δὲ πλ έον ε ἰσέτι παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων). Der Grund für Priamos’ getrübte Freude 826 Διὸς ὕδωρ kann hier auf zwei Ebenen gelesen werden: es ist das von Zeus gesandte Regenwasser im Gegensatz zum Meerwasser, es ist aber auch das Wasser des Zeus, weil dieser in seiner Funktion als höchster Gott den Sturm erregt. 827 Für ὑπό als Präverb zur Bezeichnung einer graduellen, allmählich eintretenden Handlung oder eines ebensolchen Zustands vgl. LSJ s.v. ὑπό F. II.: »denoting what is in small degree or gradual, somewhat, a little«.

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ist also sein nach wie vor anhaltender Schmerz über den Verlust seiner Söhne. Gleichzeitig könnte man darin – vor dem Hintergrund einer potentiellen ›Negativlesart‹ des Gleichnisses in 1,63–72 und einer entsprechenden Funktionalisierung des Verbs ὑπηχλύνθη – auch eine gewisse Vorsicht des Priamos gegenüber der vermeintlichen Rettung, die Penthesileia verspricht, sehen: während sich der Blick des troischen Volkes ›allmählich verdunkelt‹ (ὑπηχλύνθη), geht Priamos vielmehr allmählich ›ein Licht auf‹ (ἀπαχλύσαντος).828 Und in der Tat bekommt Priamos nach seinem innigen Gebet an Zeus (1,186–197) von diesem ein Vogelzeichen gesandt (1,198–200), das ihm unmissverständlich klar macht, dass er »Penthesileia nicht mehr lebend sehen würde, wie sie aus dem Kriege heimkäme« (1,201f. οὐκέτ᾿ ἀθρήσειν / ζω ὴν Πενθεσ ίλειαν ἀπὸ πτολέμοιο κιο ῦσαν). Die Gleichnisse 1,63–72 und 1,74–85 stehen, so gesehen, einander komplementär gegenüber: hoffnungsvolle Freude auf der einen, getrübte Freude auf der anderen Seite. (67) μέγας οὐρανός Il. 5,750; 8,394; 21,388 – Hes. Th. 176; 208 – A.R. 3,715 – Q.S. 1,67 – sowie vereinzelt in hexametrischer Dichtung, stets nach der Hephthemimeres.

Quintus hat die Stellung nach der Hephthemimeres tel quel aus der Ilias übernommen; vgl. Il. 5,750 = 8,394 τ ῇς ἐπιτέτραπται μ έγας ο ὐρανὸς Οὔλυμπός τε »denen 829 der weite Himmel und der Olymp anheimgestellt ist«;830 Il. 21,388 ἀμφὶ δὲ σάλπιγξεν μ έγας ο ὐρανός »und ringsherum trompetete der weite Himmel«. Letzterer war ein in der Antike berühmter, of zitierter Homervers, da man sich über die Angemessenheit der Metapher stritt.831 (67) οἱ δ᾿ ἐσιδόντες  A.R. 2,269; 2,581; 2,921 – Opp. hal. 5,414 – 5x Q.S.

Eine von Apollonios kreierte und strikte auf die Epik beschränkte Versschlussformel. In Q.S. 2,511 τοὶ δ᾿ ἐσιδόντες steht τοί anstelle von οἱ zur Hiatvermeidung, da mit δα ΐφρονα ein auf einen Vokal endendes Wort vorangeht. (68) ὑετοῦ ἐγγὺς ἐόντος Vian (1963) 15 Anm. 1 vergleicht Q.S. 1,68 mit Arat 787 ἠὲ νότῳ ἀμβλύνετ᾿ ἢ ὕδατος ἐγγὺς ἐόντος. Die beiden Stellen stehen jedoch in keinem vergleichbaren Kontext. 828

Calero (1995b) 46 spricht von »la tímida esperanza« des Priamos. Gemeint sind die Horen, die hier als Hüterinnen der Himmelstore gedacht sind. 830 Diesen Vers übernimmt Eudocia zweimal fast wörtlich: homeroc. 2,299 τοῖς ἐπιτέτραπται μέγας οὐρανὸς Οὔλυμπός τε; 2,1920 τῷ δ᾿ ἐπιτέτραπται μέγας οὐρανὸς Οὔλυμπός τε. 831 Vgl. Richardson (1993) 87 ad loc. 829

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(69) ἐπιστενάχοντες ἐπιστενάχειν – eine morphologische Erweiterung zu ἐπιστένειν – hat in der Ilias noch die prägnante Bedeutung »dazu stöhnen« i.S.v. »in jds. Stöhnen / Jammern / Klagen einstimmen« (in medialer Form); vgl. Il. 4,153f. τοῖς δὲ βαρὺ στενάχων μετέφη κρείων ᾿Αγαμέμνων, / χειρὸς ἔχων Μενέλαον, ἐπεστενάχοντο δ᾿ ἑταῖροι »unter ihnen aber sprach schwer stöhnend der Gebieter Agamemnon, Menelaos’ Hand haltend, und es stöhnten dazu die Gefährten«; 19,301 ὣς ἔφατο κλα ίουσ’, ἐπὶ δὲ στεν άχοντο γυνα ῖκες »so sprach [Briseis] weinend, und es stöhnten dazu die [anderen] Frauen«. An diese Verwendung anknüpfend, gebraucht Quintus 4x das mediale ἐπιστενάχεσθαι in der Bedeutung »unter Stöhnen antworten, stöhnend erwidern«.832 Die hier vorliegende Konstruktion mit Dativ verwendet Quintus an zwei weiteren Stellen, allerdings ist der Dativ an allen drei Stellen anders aufzufassen: ἀρούραις in 1,69 ist m.E. sinnvollerweise lokativisch zu verstehen – die Bauern stehen wartend und bangend auf (oder bei) ihren Feldern und hoffen auf Regen.833 In 9,356 ἀνέρα λευγαλέῃσιν ἐπιστενάχοντ᾿ ὀδύνῃσι ist der Dativ als Komitativ des begleitenden Umstands aufzufassen: »den Mann [= Philoktet], der mit / in / unter heftigen Schmerzen stöhnte«.834 Der letzte fragliche Vers ist 14,37 ὣς Τρ ῳαὶ Δαναο ῖσιν ἐπεστενάχοντο δαμεῖσαι: hier kann der Dativ Δαναοῖσιν schwerlich auf das Prädikat ἐπεστενάχοντο bezogen werden, da ja die Troerinnen nicht ›um‹ oder ›für‹ die Danaer, ihre Peiniger, stöhnen, sondern ihr eigenes Schicksal beklagen – Δαναο ῖσιν ist somit wohl als dativus auctoris auf δαμε ῖσαι zu beziehen: »so stöhnten die Troerinnen, weil sie von den Danaern bezwungen worden waren«.835 (70) Τρώιοι υἷες Quintus verwendet Τρώιοι υἷες gesamthaft 22x, dabei ὣς ἄρα Τρώιοι υἷες 5x. Es handelt sich um ein typisches Beispiel einer homerisierenden Wendung unseres Autors, die homerisch aussieht, aber nicht homerisch ist, sondern in der Tat ausschliesslich in den Posthomerica belegt ist. Bedingt 832

Stets in der Form ἐπεστενάχοντο und immer nach der KTT: Q.S. 7,580; 10,368; 11,245; 12,512. Vgl. VB s.v. ἐπιστενάχω (1): »répondre (à un bruit) par des gémissements«. 833 So auch Vian (1963): »eux qui naguère pleuraient sur leurs champs«. Anders James (2004): »they who groaned for their fields before«. James scheint ἀρούραις eher als dativus commodi aufzufassen; zum dativus commodi bei einem Sachobjekt vgl. Schwyzer II, 151 (Bsp.: Il. 17,242 ἐμῇ κεφαλῇ περιδείδια »ich fürchtete um meinen Kopf«). 834 Vgl. die Übersetzungen: Vian (1966): »l’homme geignant dans d’atroces douleurs«; James (2004): »the hero moaning in his atrocious pain«. Zum ›Komitativ des begleitenden Umstands‹ vgl. Schwyzer II, 162 (»eine Begleithandlung (oder deren Wirkung), ein Begleitgefühl, ein gleichzeitiger Zustand«). 835 Vgl. die Übersetzungen: Vian (1969): »Les Troyennes gémissent pareillement d’avoir été conquises par les Danaens«; James (2004): »That’s how the Trojan women bewailed the Danaans’ conquest«.

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durch das gehäufte Auftreten wird der Eindruck von Formelhaftigkeit erweckt. Vorbild ist die geläufige homerische Versschlussformel υ ἷες ᾿Αχαιῶν (32x Il., 8x Od.), welche in der nachhomerischen Epik nicht mehr vorkommt. Weitere, ebenfalls unhomerische, äquivalente Ausdrücke für die »Söhne Trojas« bei Q.S. sind:836 Τρώων υἷες (1x: 8,485); Τρώων ἐρικυδέες υἷες (1x: 5,177);837 παῖδες Τρώων (1x: 3,727).838 (71) δεινὴν Πενθεσίλειαν Penthesileia wird kurz darauf ein zweites Mal als δεινή bezeichnet (1,82f. ὣς ἄρα δεινήν / υ ἱὸς Λαομ έδοντος ἐσέδρακε Πενθεσίλειαν), sonst nirgends mehr. Mittels dieser kurz hintereinander erfolgenden Doppelung wird der Eindruck einer »gewaltigen« Kriegerin, den Penthesileia hinterlässt, hervorgehoben; zugleich werden die beiden Gleichnisse (1,63–72 und 1,76– 85) parallelisiert, wodurch Penthesileias Wirkung gewissermassen ›objektiviert‹ wird: Sowohl die Massen als auch Priamos nehmen sie als δειν ή wahr, der Eindruck ist also derselbe, bloss die Reaktion darauf ist verschieden: unbegrenzte, ›naive‹ Begeisterung bei den Troern vs. getrübte, mit Vorsicht durchmischte Freude bei Priamos. Man beachte ausserdem die beiderorts auffällige Stellung des Adjektivs, welche diesem zusätzliche Prägnanz verleiht: Spitzenposition im Hexameter hier, Schlussstellung sowie Hyperbaton (δεινήν / […] Πενθεσίλειαν) in 1,82f. Weitere, semantisch vergleichbare Attribute Penthesileias sind θρασύφρων (1,122 θρασύφρονι Πενθεσιλείῃ)839 sowie αἰνή (1,655 αἰνῆς Πενθεσιλείης).840 (71) ἐπὶ πτόλεμον μεμαυῖαν Das perfectum defectivum μέμονα mit der Grundbedeutung »nach etwas trachten, etwas (heftig) begehren«841 ist ein typisch episches Wort – seine häufigste Erscheinungsform ist das nullstufige Partizip μεμα ώς/-υῖα/-ός (< *me-m§-∑-), das in Ilias und Odyssee gesamthaft 97x vorkommt. VB verzeichnen für Q.S. 60 Stellen unter dem Lemma μέμονα, wovon 54 Formen des Partizips μεμαώς/-υῖα/-ός sind. 22 der gesamthaft 60 Belege sind

836

Vgl. James / Lee (2000) 79 (zu Q.S. 5,177). Vorbild für Τρώων (ἐρικυδέες) υἷες ist Od. 24,38 Τρώων καὶ ᾿Αχαιῶν υἷες ἄριστοι. 838 Basierend auf Od. 11,547 παῖδες δὲ Τρώων. 839 Zu θρασύφρων vgl. den Kommentar zu (4) θρασύφρονος Αἰακίδαο. 840 Vgl. Calero (1992a) 50: »Los adjetivos αἰνός (I 655) y δεινός (I 71,82) subrayan el carácter terrible de Pentesilea en consonancia con la utilización que de ellos hace Homero, mientras que su audacia es definida por el epíteto masculino θρασύφρων (I 122) […]« 841 LSJ s.v. μέμονα gibt als Grundbedeutung »to be furiously or very eager« an. Vgl. auch LIV s.v. 1. *men- »einen Gedanken fassen«: Perfekt *me-món- > gr. μέμονα »im Sinn haben, nach etw. streben« (dazu auch lat. memini und memor). 837

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im engeren semantischen Bereich von ›Mord und Totschlag‹ anzusiedeln; sie lassen sich formal wie folgt kategorisieren:842 • 8x Partizip μεμαώς/-υῖα/-ός (+ 1x die finite Form μεμάασιν [6,54]) mit einer Präpositionalphrase;843 • 2x Partizip μεμα ώς/-υῖα/-ός mit einem partitiven Genitiv des Begehrens;844 • 11x Partizip μεμα ώς/-υῖα/-ός mit einem Infinitiv (Präsens oder Aorist) des Tötens oder Kämpfens.845 Auffallend ist, dass Quintus das häufig verwendete Verb kaum formelhaft einbindet – die einzige Ausnahme stellt der jeweils nach der trochäischen Zäsur stehende Ausdruck ἀρηγέμεναι μεμαῶτες/-υῖαι dar (4x). Zur Dublette π-/πτ-: Die griechische Sprache kennt drei Wörter mit einer Dublette π -/πτ- am Wortanfang: π όλεμος / πτόλεμος, π όλις / πτόλις und πέλεα / πτέλεα. Die Frage nach den Gründen für die Koexistenz dieser jeweiligen Doppelformen seit mykenischer Zeit wurde von Dunkel (1992) geklärt:846 Als Ausgangspunkt ist von ursprünglichen Syntagmata wie etwa *bhéret pólemon (~ »einer, der Krieg führt«; *bhéret = 3. Ps. Sg. Injunktiv) auszugehen, die mit der Zeit univerbiert wurden; durch Metathese über die Wortgrenze hinweg entstand dann die Lautfolge πτ - (*bhéret pólemon >> φερεπτόλεμος). Sekundär wurde das Hinterglied -πτολεμος losgelöst und fortan als autonomes kompositionsbildendes Element verwendet, bevor es sich schliesslich auch als Substantiv verselbständigte. Die Verteilung der drei genannten Dubletten in den homerischen Epen sowie in den Argonautica und in den Posthomerica zeigt folgendes Bild: πτόλεμος πόλεμος πτόλις πόλις πτέλεα πέλεα

Il. + Od. 31x 250x 32x 204x 3x —

Argonautica 2x 10x 17x 27x 1x —

Posthomerica 28x 108x 36x 63x 1x —

Quintus verwendet die mit πτ- anlautenden Wörter gegenüber denen mit πim Vergleich zu den homerischen Mengenverhältnissen ungleich häufiger: ῾Ομηρικώτερος.

842

Kategorisierung in Anlehnung an VB s.v. μέμονα. Q.S. 1,71; 1,127; 1,453; 6,54; 6,117; 7,4f.; 7,519; 8,67f.; 9,110. 844 Q.S. 2,366 ἰωχμοῖο μεμαότες; 11,17 κακοῦ μεμαῶτα φόνοιο. 845 Q.S. 2,244; 2,285; 2,461; 3,46; 3,269; 4,551; 5,586; 8,185; 8,376; 11,287; 13,94. 846 Dunkel (1992) 197–212. 843

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(72–73) ἐλπωρὴ γὰρ […] ἀμαλδύνει κακότητα Die Gnome fasst die Quintessenz des ersten Gleichnisses zusammen, markiert so das Ende der vorliegenden ›narrativen‹ Einheit und dient gleichzeitig als ›Scharnierstelle‹ zwischen den beiden Gleichnissen, insofern als die generalisierende Erwähnung eines »Mannes« (ἀνδρός) zum zweiten Gleichnis, das die (noch getrübte) Freude des greisen Priamos zum Gegenstand hat, überleitet.  Zur Gnomik bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (31–32) κεῖναι γὰρ ἀεὶ […] (73) στονόεσσαν […] κακότητα Das Substantiv κακ ότης ist seit Ilias und Odyssee episches Allgemeingut (7x Il., 18x Od.), erscheint jedoch in der frühgriechischen Dichtung fast ausnahmslos ohne Attribut;847 auch Apollonios stellt nur in zwei von gesamthaft 15 Belegen ein Attribut dazu.848 In dieser Hinsicht neuert Quintus: bei fünf von ingesamt neun Belegen für κακότης in den Posthomerica findet sich ein Adjektivattribut; vgl. 1,81 πολλῆς ἐκ κακότητος; 1,429 ὀιζυρῆς κακότητος; 10,393 στυγερῇ κακότητι; 12,294 ἀργαλέην κακότητα. Das Adjektiv στον όεις findet sich in Verbindung mit dem Substantiv κακότης ausschliesslich hier sowie bei Greg. Naz. carm. de se ipso p. 989,6 στονόεσσαν ὑπεκφυγέειν κακότητα.  Zur Verwendung des Adjektivs στονόεις bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (17) στονόεντι.  Zum Substantiv κακότης vgl. auch den Kommentar zu (81) πολλῆς ἐκ κακότητος. (73) ἀμαλδύνει Das epische Verb ist gemäss Frisk I s.v. ἀμαλδύνω ein denominatives Faktitivum zu einem hypothetischen Adjektiv *ἀμαλδύς mit der Bedeutung »zerstören, schwächen, entstellen« und ist verwandt mit lateinisch mollis. LfgrE s.v. ἀμαλδύν(ω) stellt das Verb etymologisch mit μέλδεσθαι »zum Schmelzen bringen« (»amollir en faisant cuire«) zusammen; LSJ s.v. ἀμαλδύνω leitet es von ἀμαλός »weich, schwach« (»soft, weak«) ab. In der Ilias kommt es bloss dreimal vor, und zwar stets im Zusammenhang mit der Mauer der Achaier und deren Zerstörung; vgl. Il. 7,463 ὥς κέν τοι μέγα τεῖχος ἀμαλδύνηται ᾿Αχαιῶν; Il. 12,18 τε ῖχος ἀμαλδῦναι; Il. 12,32 τεῖχος ἀμαλδύνας. Quintus verwendet das Verb in verschiedenen Kontexten und deckt eine grosse semantische Bandbreite von »schwächen, erschöpfen« über »in Mitleidenschaft ziehen« bis hin zu »zerstören, vernich-

847 Die einzigen Ausnahmen bis ins 6. Jh. v.Chr. sind: Il. 10,71 κακότητα βαρεῖαν; h.h. 8,12 κακότητα πικρήν; Thgn. 2IEG 42 und 1082b πολλὴν εἰς κακότητα; 623 παντοῖαι κακότητες. 848 A.R. 1,796 κακότητα […] πᾶσαν und 4,15 πᾶσαν […] κακότητα.

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ten, töten« ab,849 jedoch lassen sich alle diese Bedeutungen aus einem ursprünglich faktitiven »schwach / weich machen« problemlos herleiten.850 Nahe am homerischen Gebrauch ist Quintus an zwei Stellen im 12. Buch der Posthomerica, wo er in Anlehnung an die iliadische Wendung τε ῖχος ἀμαλδῦναι (-δύνας) den Ausdruck ἵππον ἀμαλδῦναι für die (erfolglos versuchte) Zerstörung des hölzernen Pferdes verwendet (12,170; 12,445). An den zwei Stellen im zwölften Buch der Ilias ist an eine Vernichtung der Mauer durch Wasserkraft gedacht,851 während man sich die Zerstörung des Pferdes durch Feuerbrand vorzustellen hat.852 Sonst findet sich das Verb sporadisch in episch-poetischer Diktion; 2x bei A.R., in 1,834 in der Bedeutung »verbergen, vertuschen, verschweigen« (von Hypsipyle, die gegenüber den Argonauten den Männermord der Lemnierinnen unerwähnt lässt), in 4,112 in der Bedeutung »tilgen, auslöschen« (von den Fährten und dem Geruch wilder Tiere); etwas häufiger bei Nonn. Dion. (10x). Interessant in unserem Kontext ist ferner der Umstand, dass auch im Corpus Hippocraticum das Verb ein paarmal erscheint (5x).853 (75) περὶ φρεσί Die Kollokation ist vor bzw. nebst Q.S. nur äusserst spärlich belegt. Homerisch findet sie sich ein einziges Mal, Il. 16,157 ὠμοφάγοι, τοῖσίν τε περ ὶ φρεσὶν ἄσπετος ἀλκή »rohes Fleisch verzehrende [Wölfe], denen unsägliche Kraft ums Zwerchfell ist« (in einem Gleichnis bezogen auf die Myrmidonen);854 danebst Kall. fr. 63,7 Pf.; Orph. Arg. 891; Anth. Gr. 7,250,3 (in einem dem Simonides zugeschriebenen Epigramm in einer langen Reihe von p-Alliterationen, 7,250,3f. Π έρσαις δ ὲ περ ὶ φρεσ ὶ πήματα π άντα / ἥψαμεν). Quintus sodann gebraucht den Ausdruck gesamthaft 12x, um verschiedene intellektuelle oder emotionale Regungen zum Ausdruck zu bringen: Denken, Sinnen und Planen im Allgemeinen,855 sodann seelischen 849

Differenzierung bei VB s.v. ἀμαλδύνω in »détruire«, »endommager« und »amenuiser«. Vgl. LfgrE s.v. ἀμαλδύν(ω): »rendre faible, d’où détruire, anéantir«. 851 Il. 12,18: τε ῖχος ἀμαλδῦναι, ποταμῶν μένος ε ἰσαγαγόντες; 12,32f. τε ῖχος ἀμαλδύνας· ποταμοὺς δ᾿ ἔτρεψε νέεσθαι / κὰρ ῥόον. 852 Nur implizit in Q.S. 12,170 ἵππον ἀμαλδῦναι σὺν νήεσιν (von den Göttern, die den Troern wohlgesonnen sind); explizit in 12,445 ἵππον ἀμαλδῦναι μαλερῷ πυρί (von Laokoon). 853 Der Gebrauch des Wortes in medizinischen Schriften muss als Besonderheit empfunden worden sein. Dies zeigt sich darin, dass der Grammatiker Erotian (1. Jh. n.Chr.) in seiner Schrift vocum Hippocraticarum collectio eine Erklärung anführt; vgl. p. 44,3f. Nachmanson: ἀμαλδύνεται· ἀφανίζεται καὶ ἀμαυροῦται, ὡς ἐν β´ Γυναικείων φησίν· ὄμματ᾿ ἀμαλδύνεται. 854 Gemäss Campbell (1981) 84 hier »very probably adverbial«; vgl. aber Ameis / Hentze II.2, 14 ad loc.: »πέρι φρεσίν r i n g s i m Z w e r c h f e l l , in der Seele«. 855 2,10 οὐκέτ᾿ ἔγωγε περὶ φρεσὶν οἶδα νο ῆσαι; 3,347 νῦν δ᾿ ἐμοὶ ἄλλα μέμηλε περὶ φρεσίν; 10,344f. ὅππως λοίγιος Αἶσα περὶ φρεσὶν οὐλομένῃσι / μήδετο; 12,241 καὶ μή τι περὶ φρεσὶν ἄλλο νοήσῃ; 14,440f. τῶ νύ μοι ἀμβροσίῃσι περὶ φρεσὶ μή τι μεγήρῃς / ῥέξαι ὅπως μοι θυμὸς ἐέλδεται; 14,632 ὅς ῥα τότ᾿ ἀκαμάτοισι περὶ φρεσὶ πάγχυ μεγαίρων. 850

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Schmerz,856 Freude,857 Wut oder Wahnsinn,858 Scham.859 Danebst ›erfindet‹ er mit ἀνὰ φρένας einen semantisch identischen Ausdruck, der weder vor noch nach ihm weiter belegt ist.860 Seit Ilias und Odyssee episches Allgemeingut ist einzig der Ausdruck ἐνὶ φρεσί(ν), den Quintus ebenso verwendet861 – περ ὶ φρεσ ί(ν) und ἀνὰ φρ ένας sind also als variationes dazu zu verstehen. (75) περὶ φρεσὶ τυτθὸν ἰάνθη Das Verb ἰαίνειν/ -εσθαι bezeichnet im homerischen Epos »ursprünglich […] einen gefühlsneutralen, wohl primär körperlich erlebbaren […] Bewegungsvorgang (‘Entspannung’), der sich am θυμός oder einem anderen Seelenorgan vollzieht«, und wird »[d]adurch, daß die betroffene Person diesen inneren Vorgang stets nur als Folgeerscheinung erfreulicher Wahrnehmungen empfindet, […] schließlich zu einem allgemeinen Ausdruck für eine ‘freudige Bewegtheit’, die nicht mehr an ein Seelenorgan gebunden ist«.862 Vgl. auch Apoll. Soph. p. 89,23: ἰάνθη ἴσον τῷ ἐχάρη; Hesych s.v. ἰάνθη· ἐχάρη. διεχύθη. ηὐφράνθη. τυτθόν als Adverb ist seit Ilias und Odyssee episches Allgemeingut;863 Quintus verwendet 25(24)x das Adverb τυτθόν,864 jedoch nur 8x das Adjektiv τυτθός/-ή/-όν865. Der Ausdruck τυτθὸν ἰάνθη ist singulär, desgleichen die semantisch gleichwertige und prosodisch identische Wendung βαι ὸν ἰάνθη in 1,80; der Halbvers περὶ φρεσὶ τυτθὸν ἰάνθη ist nach dem hom erischen Iterat γήθησαν καὶ πᾶσιν ἐνὶ φρεσὶ θυμὸς ἰάνθη (Il. 24,321 = Od. 15,165) gebildet; vgl. ferner auch Musai. 107 ὁ δ᾿ ἔνδοθι θυμὸν ἰάνθη.  Vgl. auch den Kommentar zu (80) βαιὸν ἰάνθη. (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […] ὣς ἄρα […] ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων Das vorliegende Gleichnis, welches die unverhoffte (partielle) Genesung eines Blinden mit der unerwarteten Rückkehr von (getrübter) Hoffnung und Freude für den Troerkönig Priamos vergleicht, verfügt über ein wichtiges 856 1,75 κα ὶ μέγ᾿ ἀκηχεμένοιο περὶ φρεσὶ τυτθ ὸν ἰάνθη; 3,8f. ἀνδρὸς γ ὰρ πινυτο ῖο περὶ φρεσὶ τλήμεναι ἄλγος / θαρσαλέως, καὶ μή τι κατηφιόωντ᾿ ἀκάχησθαι. 857 4,534 ὁ δ᾿ ἄρ᾿ ᾗσι περὶ φρεσὶ γήθεε θυμῷ. 858 5,416 Α ἴαντος μεγ άλοιο περὶ φρεσὶ μαινομένοιο; 13,375–377 μαίνετο […] / […] κα ὶ πολλὰ περὶ φρεσὶ θαρσαλέῃσι / Τρωσὶ κακὰ φρονέεσκε. 859 14,51 περὶ φρεσὶν αἰδομένη. 860 7x Q.S., sowie 1x ἀνὰ φρένα im Singular, dies allerdings aus rein prosodischen Gründen, um eine Positionsbildung zu vermeiden (4,484 ἠνορέην, φοβέοντο δ᾿ ἀνὰ φρένα, μή τινα χερσί). 861 29x Il., 47x Od., 3x h.h., 5x Hes., 3x A.R., 10x Opp. hal., 8x Greg. Naz., 26x Q.S., u.a. 862 Latacz (1966) 231. 863 Vgl. Monro (21891) 129 (§ 134). 864 Das in 8,333 überlieferte τυτθόν wurde von Köchly (1838) 226 zu τυτθῇ (zu beziehen auf πληγῇ im vorausgehenden Vers) emendiert. 865 Vgl. VB s.v. τυτθός.

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Vorbild im fünften Buch der Odyssee: Odysseus ist, nachdem Poseidon ihm nach seiner Abreise von Kalypsos Insel wüste Stürme geschickt und ihn zum Kentern gebracht hat, der Verzweiflung nahe, als Athene endlich den Winden Einhalt gebietet, damit ihr Schützling das Land der Phaiaken erreichen kann. Odysseus’ Freude über den ersten Streifen Land am Horizont wird mit folgendem Gleichnis hervorgehoben:866 Od. 5,394–398: ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἂν ἀσπάσιος βίοτος παίδεσσι φανήῃ πατρός, ὃς ἐν νούσῳ κεῖται κρατέρ᾿ ἄλγεα πάσχων, δηρὸν τηκόμενος, στυγερὸς δέ οἱ ἔχραε δαίμων, ἀσπάσιον δ᾿ ἄρα τόν γε θεοὶ κακότητος ἔλυσαν· ὣς ᾿Οδυσῆ᾿ ἀσπαστὸν ἐείσατο γαῖα καὶ ὕλη. Und so wie die Gesundheit867 eines Vaters dessen Kindern willkommen erscheint, der in Krankheit darniederliegt, heftige Schmerzen erleidend und schon seit langem dahinsiechend,868 und den eine unheilbringende Gottheit angefallen hatte, und willkommen haben ihn die Götter von dem Übel erlöst: so willkommen erschienen dem Odysseus die Erde und der Wald.

Die Berührungspunkte zwischen Q.S. 1,74–85 und Od. 5,394–398 liegen nicht auf sprachlicher, sondern auf inhaltlicher Ebene, d.h. Quintus hat sein Vorbild nicht ›übersetzt‹, und er übernimmt auch keine konkreten sprachlichen Elemente daraus.869 Allerdings scheint es allein schon aufgrund der Tatsache, dass weder die homerischen Epen noch Apollonios’ Argonautica und Vergils Aeneis noch Quintus’ Posthomerica selbst irgendwo sonst ein weiteres Gleichnis ähnlichen Inhalts aufweisen, naheliegend, die beiden Gleichnisse nebeneinander bzw. dasjenige des Quintus vor dem Hintergrund des odysseischen zu betrachten. Die Struktur der beiden Gleichnisse lässt sich schematisch folgendermassen darstellen:

866 Anders James (2004) 269, der von einer Eigenerfindung unseres Dichters ab ovo ausgeht (»original in subject matter«; dito [2007] 156). 867 Die homerische Sprache kennt, wie Laser (1983) 67 bemerkt, ›noch‹ keinen Begriff für ›Gesundheit‹, sondern verwendet dafür schlicht den Begriff für das ›Leben‹. 868 Vgl. dazu Laser (1983) 63: »Die Wendung ἐν νούσῳ κεῖται … δηρὸν τηκόμενος vermittelt die Vorstellung langwierigen Dahinsiechens, die sich auch anderen Beispielen entnehmen läßt und zum Wesen des epischen Krankheitsbegriffs zu gehören scheint.« 869 Dies im Gegensatz zum Löwengleichnis in 1,5–8, das sich sprachlich an Il. 13,198–202 orientiert, und insbesondere zu dem Mond-und-Sternen-Gleichnis in 1,37–41, welches nachgerade eine ›Übersetzung‹ von Il. 8,555–563 darstellt; vgl. die Kommentare ad loc.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

[1] Bildempfänger (primum comparandum) [2] Bildspender (secundum comparatum)

[3] tertium comparationis

Gleichnis Q.S. 1,74–85 Priamos, der Penthesileia erblickt plötzliche Heilung von einer Augenkrankheit (durch einen Arzt oder Gott) [1] Freude, Penthesileia zu erblicken ~ [2] Freude, wieder sehen zu können

Gleichnis Od. 5,394–398 Odysseus, der Land erblickt Heilung des Vaters von einer Krankheit (Gott / δαίμων als Verursacher) [1] Freude, wieder Land zu erblicken ~ [2] Freude, den Vater wieder gesund zu sehen

Der hauptsächliche Berührungspunkt zwischen den beiden Gleichnissen besteht, wie das Schema zeigt, im tertium comparationis: die Freude, einen Streifen Land am Horizont bzw. die Amazonenkönigin Penthesileia völlig unerwartet zu erblicken und daraus in letzter Not doch wieder Hoffnung auf Rettung zu schöpfen. Ein augenfälliger Unterschied findet sich dagegen beim Bildspender: Ist es in dem odysseischen Gleichnis die Heilung der Krankheit eines Elternteils, welche Anlass zur Freude bietet, so handelt es sich bei Q.S. um die eigene Genesung. Dieser Unterschied ist jedoch interpretatorisch von geringer Relevanz, wenn man Folgendes bedenkt: Eine Assoziation des Vaters (Od. 5,395 πατρός) mit Priamos ergibt sich sozusagen naturaliter, wenngleich der Vater im odysseischen Gleichnis Bildspender, Priamos bei Q.S. hingegen Bildempfänger ist. Daraus lässt sich wiederum, rein strukturell, eine Verbindung zwischen Odysseus und Penthesileia ›übers Kreuz‹ ableiten. Diese Assoziation jedoch lässt einen zurückdenken an die enge Verknüpfung zwischen Penthesileia und Nausikaa in zweien der vorangegangenen Gleichnisse,870 wo nicht der Aspekt Penthesileias als Retterfigur, sondern ihre Schönheit und erotische Ausstrahlung im Vordergrund standen – nun jedoch, da ihre Funktion als Kriegerin und letzte Hoffnung für die Troer ins Zentrum gerückt werden soll, erfolgt eine Assoziation mit Odysseus, dem männlichen Helden, dem in der Odyssee ebenfalls die Funktion eines Retters in letzter Not zukommt. Gleichzeitig zeigt sich die Ambivalenz der Amazonenfigur Penthesileia, die spezifisch feminine und spezifisch maskuline Züge in sich vereint und somit kurz hintereinander einmal mit einer Frauen- und einmal mit einer Männerfigur assoziiert werden kann. Die assoziative Gleichsetzung des πατήρ, der in dem odysseischen Gleichnis auf der Bildebene als ›Vater‹ des Odysseus auftritt, mit Priamos, bringt jedoch – wieder vorerst aus rein strukturellen Überlegungen 870 Vgl. die Kommentare zu den Versen 33–61 (Einleitung) sowie zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν und (48–53) οἵη δ᾿ ἀκαμάτοιο […]

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– eine weitere Konsequenz mit sich, nämlich, dass man Penthesileia letztlich als Tochter des Priamos ›liest‹. Diese Lesart wird kurz darauf bestätigt in 1,86f., als es heisst, Priamos empfange Penthesileia ε ὖτε θ ύγατρα / τηλόθε νοστ ήσασαν ἐεικοστῷ λυκ άβαντι »wie eine Tochter, die im zwanzigsten Jahr von weit her heimgekehrt ist«; gleichzeitig wird damit jedoch die Assoziation Penthesileia–Odysseus ein zweites Mal klar bekräftigt, da man mit einem ›Heimkehrer nach zwanzig Jahren‹ grundsätzlich niemand anderen als Odysseus assoziieren kann.871 Sodann darf auch der Kontext, in welchem das odysseische Gleichnis steht, nicht unberücksichtigt bleiben: Die Ankunft des Odysseus auf der Insel der Phaiaken bedeutet nämlich einen, wenn nicht überhaupt den zentralen Wendepunkt in der ganzen Reise des Odysseus: die zahlreichen Abenteuer und Gefahren und die Verfolgungen durch Poseidon haben nun ein Ende, und Odysseus kann von der Phaiakeninsel aus auf dem direkten Weg nach Hause gelangen; ebenso ist die Phaiakeninsel die letzte Station auf Odysseus’ Reise durch die Märchenwelt und somit das Sprungbrett für den Wiedereintritt in die Realität. Das Gleichnis in Od. 5,394–398 steht somit an einem ganz zentralen Punkt, markiert es doch nicht nur Odysseus’ Rettung in letzter Not, sondern letztendlich auch den Beginn seiner definitiven Heimkehr. Lesen wir nicht bloss das odysseische Gleichnis an sich, sondern auch seinen weiteren Kontext mit den Wegmarken ›Rettung‹ und ›Heimkehr‹ bei der Lektüre von Q.S. 1,74–85 mit, so eröffnet sich eine weitere Tiefendimension, welche die existenzielle Bedeutung von Penthesileias Ankunft für Troja und für Priamos aufzeigt.872 Umso tragischer wirkt somit jedoch auch die Tatsache, dass die Hoffnung, welche Penthesileia in den Troern weckt, eine trügerische ist, die sie letztendlich nicht wird erfüllen können – im Gegensatz zu Odysseus, für den es an der genannten Stelle grosso modo tatsächlich nur noch ›aufwärts geht‹, steht Penthesileia, wenngleich kurz vor ihrer Aristie, doch schon vor den Pforten des Hades. Eine weitere wichtige Erweiterung, die Quintus gegenüber seinem odysseischen Vorbild vornimmt, besteht sodann darin, dass er das bei Homer unspezifisch als Krankheit (5,395 νο ύσῳ) bezeichnete Leiden zu einer Augenkrankheit spezifiziert und somit das Moment des Gesichtssinns, welches bei Homer ja durchaus vorhanden, allerdings nur Bestandteil des 871

Vgl. den Kommentar zu (86–87) εὖτε θύγατρα. Zu dieser existenziellen Dimension mag die Beobachtung von Fränkel (1921) 95 zu Od. 5,394–398 passen: »H e i m k e h r , Rettung und G e n e s u n g werden also wechselseitig miteinander verglichen. Diese Gleichsetzung scheint bereits aus ursprachlicher Zeit zu stammen. Das Wort νέομαι, νόστος bedeutet im Homerischen die Heimkehr, meist mit dem Nebenbegriff der glücklichen Heimkehr; im Germanischen bezeichnet es die Rettung und die „Genesung“ – eben dies Wort ist ja die deutsche Entsprechung von νέ(σ)ομαι. Fröhliche Erfüllung bringt eine solche Heimkehr oder Rettung oder Genesung; eine freudige Stimmung zu wecken ist ihr Bild geeignet.« 872

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Bildempfängers ist (Od. 5,398 ἐείσατο γα ῖα κα ὶ ὕλη), zu einem Hauptbestandteil des tertium comparationis werden lässt ([1] Freude, Penthesileia zu erblicken ~ [2] Freude, wieder sehen zu können). Quintus macht somit die Lichtmetapher, welche in den vorangegangenen drei Gleichnissen (1,37–41; 1,48–53; 1,63–72) von grösster Wichtigkeit ist, zu einem integralen Bestandteil auch dieses Gleichnisses. Zudem gehen bei ihm Bildempfänger und -spender eine viel engere Beziehung ein als in Od. 5,394–398: Nicht nur wird, anders als in dem odysseischen Vorbild, Priamos’ Freude über die (vermeintlich) bevorstehende eigene Rettung mit der Freude eines Menschen über die eigene Genesung verglichen, sondern es wird auch, indem das Moment des Gesichtssinns auf die Vergleichsebene miteinbezogen wird, die Bedeutung des Lichts als Metapher für Hoffnung und Erkenntnis in einer Tiefendimension ausgelotet, die im odysseischen Gleichnis höchstens in nuce angelegt ist. Priamos selber greift die Licht-/Augenmetaphorik in seinen letzten Worten – in seiner Rede an Neoptolemos (13,226–236), wo er diesen um den Todesstoss geradezu bittet – auf; vgl. 13,227–230: οὐ γὰρ ἔγωγε / τοῖα παθὼν καὶ τόσσα λιλαίομαι εἰσοράασθαι / ἠελίοιο φάος πανδερκέος, ἀλλά που ἤδη / φθεῖσθαι ὁμῶς τεκέεσσι. »Denn ich, der ich so viel und so sehr gelitten habe, wünsche nicht, das Licht der Sonne, die alles gewahrt, [noch länger] zu sehen, sondern [ich wünsche,] es alsbald meinen Kindern gleich [zu tun und] zu sterben.« Somit schliesst sich der Kreis: Das Licht, das für Priamos anfangs noch eine leise Hoffnung war, ist ihm nunmehr bloss noch verhasst. Für den Umstand, dass Quintus spezifisch von einer Augenkrankheit spricht und somit eine unhomerisch anmutende Erweiterung einführt,873 finden sich einige Parallelen in den Posthomerica: Quintus zeigt an verschiedenen Stellen ein beachtliches Interesse für medizinische bzw. physiologisch-psychologische Vorgänge und Details, sei es bei der Beschreibung von medizinischer Nothilfe bei Sportunfällen (im 4. Buch bei den Leichenspielen zu Ehren des Achilleus) oder bei Verletzungen auf dem Schlachtfeld, sei es bei der Beschreibung von somatischen oder psychischen Vorgängen oder Erkrankungen. Es können hier nicht sämtliche relevanten Passagen diskutiert werden;874 vorgestellt seien im Folgenden drei, welche mir 873 Es ist in den homerischen Epen freilich von spezifischen Krankheiten und Gebrechen die Rede (vgl. dazu im Detail Laser [1983] 68–88), doch Augenkrankheiten oder Vergleichbares finden keine Erwähnung. 874 Weitere wichtige Passagen sind (Auflistung bereits bei James [2004] 269; vgl. auch die Fussnotenkommentare bei Vian [1963ff.] ad loc.): Q.S. 4,211–214 (Teukros, der bei den Leichenspielen zu Achilleus’ Ehren beim Rennen gestolpert ist und sich den Fuss verletzt hat, wird verarztet); 4,396–404 (Podaleirios behandelt mit Erfolg Akamas und Epeios, die sich beim Boxkampf gegenseitig zugesetzt haben); 4,538–540 (Podaleirios verarztet Thoas und Eurypylos, die beim Wagenrennen verletzt wurden); 9,428f. (die Griechen behandeln Philoktets eitrige Wunde notfallmässig); 9,461–479 (Podaleirios behandelt Philoktets grässliche Wunde und heilt sie schliesslich,

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bedeutend erscheinen und welche auch im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gleichnis von interpretatorischer Relevanz sind: Im 5. Buch wird der beginnende Wahnsinn des Ajax nach dem Schiedsgericht, das nicht ihm, sondern Odysseus die Waffen des Achilleus zuspricht, detailgetreu als ein im Kern physiologischer, rational erklärbarer Vorgang beschrieben. Dabei ist der Einfluss der Humoralpathologie, welche bereits in den Hippokratischen Schriften angelegt ist und seit Galen in ihrer klassisch gewordenen Form der Viersäftelehre in der Medizin beherrschend war und blieb,875 unübersehbar; vgl. Q.S. 5,322–329: παχνώθη δ᾿ Αἴαντος ἐὺ σθένος· αἶψα δ᾿ ἄρ᾿ αὐτῷ ἄτη ἀνιηρὴ περικάππεσε· πᾶν δέ οἱ εἴσω ἔζεσε φοίνιον αἷμα, χολὴ δ᾿ ὑπερέβλυσεν αἰνή, ἥπατι δ᾿ ἐγκατέμικτο· περὶ κραδίην δ᾿ ἀλεγεινόν ἷξεν ἄχος, καὶ δριμὺ δι᾿ ἐγκεφάλοιο θεμέθλων ἐσσύμενον μήνιγγας ἄδην ἀμφήλυθεν ἄλγος, σὺν δ᾿ ἔχεεν νόον ἀνδρός. ἐπὶ χθόνα δ᾿ ὄμματα πήξας ἔστη ἀκινήτῳ ἐναλίγκιος. […] Die Kraft des Ajax erstarrte; plötzlich befiel ihn eine schmerzhafte Verwirrung; all sein rotes Blut begann in ihm drinnen zu sieden, die bittere Galle kochte über und drang in die Leber ein; ein peinigender Schmerz erfasste rings sein Herz, und ein stechendes Schmerzgefühl durchdrang das Innerste seines Gehirns und umfasste die Hirnhaut ringsum ganz und gar und bemächtigte sich der Sinne des Mannes. Die Augen auf den Boden fixiert, stand er da, einem Unbeweglichen gleich. […]876

Im 10. Buch begegnet erneut die Beschreibung eines somatischen Vorgangs unter Bezugnahme auf die Humoralpathologie; dies interessanterweise in einem Vergleich, der seinerseits zur Illustrierung eines körperlichen

worauf er von den Griechen gross gepriesen wird); 11,320–322 (die überlebenden Troer kehren nach dem Kampf in die Stadt zurück und werden von ihren Angehörigen umsorgt und gepflegt). – Vgl. dazu auch van Krevelen (1964) und v.a. Ozbek (2007). 875 Zur Humoralpathologie vgl.: Art. »Säftelehre« in: DNP 10 (2001) 1208–1210 (Vivian Nutton); Art. »Humoralpathologie« in: Leven (2005) 436–441 (Beate Gundert). 876 Zur Stelle vgl. James (2004) 298: »The remarkable physiological detail with which Ajax’s condition is described may well be an original touch on the part of Quintus […] Here two matters of medical theory are reflected. The first is that of the four humors that determine human temperament. Preponderance of yellow bile produces a choleric temperament, and in this case it affects the liver. Second, since the third century B.C. there had been some understanding of the function of the brain, in particular of its occipital lobes. Precise mention of this is included in the description of Medeia’s emotional condition at Argonautika 3.761–5, which clearly influenced the present passage.« Zur Originalität der Stelle vgl. ausserdem James / Lee (2000) 108: »Sources have not been identified […] [I]t should be noted that this description of the onset of mental illness has no close similarity to any other extant poetic descriptions of similar conditions […]«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Schmerzes dient – sowohl Bildempfänger als auch -spender entstammen also dem Bereich der Medizin; vgl. Q.S. 10,277–282: ὡς δ᾿ ὅτε τις νούσῳ τε καὶ ἀργαλέῃ μέγα δίψῃ αἰθόμενος κραδίην ἀδινὸν κέαρ αὐαίνηται, ὅν τε περιζείουσα χολὴ φλέγει, ἀμφὶ δὲ νωθής ψυχή οἱ πεπότητ᾿ ἐπὶ χείλεσιν αὐαλέοισιν ἀμφότερον βιότου τε καὶ ὕδατος ἱμείρουσα· ὣς τοῦ ὑπὸ στέρνοισι καταίθετο θυμὸς ἀνίῃ. Wie wenn jemandem vor Krankheit und gar quälendem Durst die Brust brennt und das pochende Herz vertrocknet, und die überkochende Galle versengt ihn, und kraftlos hängt ihm sein Odem auf den ausgedorrten Lippen, der nach Leben wie auch nach Wasser lechzt – so wurde dessen [= Paris’] thymós unter der Brust von Qual verzehrt.

Im 12. Buch sodann findet sich die längste und zugleich für unseren Kontext aufschlussreichste, da inhaltlich mit 1,74–85 eng verwandte deskriptive Passage eines somatischen Vorgangs: Quintus schildert, wie Laokoon von Athene mit Blindheit geschlagen wird als Strafe dafür, dass er die Troer vor dem hölzernen Pferd zu warnen versucht hat; vgl. Q.S. 12,399–412: τῷ δ᾿ ἄφαρ ἔμπεσε δεῖμα, τρόμος δ᾿ ἀμφέκλασε γυῖα ἀνδρὸς ὑπερθύμοιο· μέλαινα δέ οἱ περὶ κρατί νὺξ ἐχύθη· στυγερὸν δὲ κατὰ βλεφάρων πέσεν ἄλγος, σὺν δ᾿ ἔχεεν λασίῃσιν ὑπ᾿ ὀφρύσιν ὄμματα φωτός· γλῆναι δ᾿ ἀργαλέῃσι πεπαρμέναι ἀμφ᾿ ὀδύνῃσι ῥιζόθεν ἐκλονέοντο· περιστρωφῶντο δ᾿ ὀπωπαί τειρόμεναι ὑπένερθεν· ἄχος δ᾿ ἀλεγεινὸν ἵκανεν ἄχρι καὶ ἐς μήνιγγας ἰδ᾿ ἐγκεφάλοιο θέμεθλα. τοῦ δ᾿ ὁτὲ μὲν φαίνοντο μεμιγμένοι αἵματι πολλῷ ὀφθαλμοί, ὁτὲ δ᾿ αὖτε δυσαλθέα γλαυκιόωντες· πολλάκι δ᾿ ἔρρεον, οἷον ὅτε στυφελῆς ἀπὸ πέτρης εἴβεται ἐξ ὀρέων νιφετῷ πεπαλαγμένον ὕδωρ. μαινομένῳ δ᾿ ἤικτο καὶ ἔδρακε διπλόα πάντα αἰνὰ μάλα στενάχων. […] Und es befiehl ihn plötzlich Furcht, und ein Zittern lähmte rings die Glieder des hochgemuten877 Mannes; schwarze Nacht schüttete sich ihm rings ums Haupt; ein grässlicher Schmerz stach ihm unter die Lider und erfasste die Augen des Mannes unter den buschigen Brauen; seine Pupillen aber wurden ringsum von der Wurzel aus von heftigen Schmerzattacken durchdrungen 877 Man beachte die Ambivalenz des Adjektivs ὑπέρθυμος, die im Deutschen schwer wiederzugeben ist: »hochgemut, hochherzig« im positiven Sinne (magnanimus), gleichzeitig »hochmütig, überheblich« in negativer Färbung (superbus).

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und erschüttert; seine Augäpfel drehten sich, von unten her zermalmt; ein peinigender Schmerz drang ihm bis zur Hirnhaut und ins Innerste des Gehirns. Seine Augen schienen bald mit einer grossen Menge Blutes vermischt, bald wieder krankhaft getrübt; sie tränten stark, gerade wie wenn von einem schroffen Felsen Wasser, verunreinigt mit Schnee, aus den Bergen fliesst. Er glich einem Rasenden und sah alles doppelt, und er stöhnte gar jämmerlich. […]878

Quintus schildert, wie die hier vorgestellten Passagen exemplarisch zeigen, physiologische (und auch psychologische) Vorgänge im menschlichen Körper mit einer Ausführlichkeit und Detailtreue sowie einem Kenntnisreichtum und einem wissenschaftlichen Hintergrund (< Humoralpathologie), wie es für ein homerisches Epos ›undenkbar‹ und somit in einer homerisierenden Fortsetzung der Posthomerica auffällig (da anachronistisch) ist. Damit zeigt er jedoch nicht bloss »special interest in medical matters«879 – das ganze Phänomen ist m.E. vielmehr im weiteren Kontext der Zweiten Sophistik zu betrachten, und es gilt nach der Bedeutung und Stellung von Medizin und Ärzten innerhalb jener intellektuellen Strömung zu fragen.880 Geschichte, Entwicklung und Bedeutung der Medizin sowohl als Wissenschaft für sich als auch in ihrer gesamtgesellschaftlichen Stellung ist in und seit dem 2. Jh. v.Chr. eng und untrennbar mit der Figur Galens aus Pergamon verknüpft. Die nachstehenden gerafften Ausführungen zu Galen und seinen Affinitäten zur Zweiten Sophistik können somit als symptomatisch für die Situation der Medizin zu jener Zeit aufgefasst werden.881 Dank 878 Bei dieser ganzen Schilderung handelt es sich, medizinisch gesehen, um die Beschreibung eines Glaukoms, d.h. eines sog. ›Grünen Stars‹; vgl. dazu Vian (1969) 105f. Anm. 1; James (2004) 331 (»an accelerated attack of congestive glaucoma, with inflammation of the cornea followed by a white, opaque condition«). Dasselbe Leiden könnte Quintus bei der in unserem Gleichnis in 1,74–85 genannten Augenerkrankung vorgeschwebt sein; vgl. Vian (1963) 161 Anm. 2 (zu 15); James (2004) 331; James (2007) 156; Ozbek (2007) 180–182. 879 James (2004) 269. 880 Die nachstehenden Ausführungen beruhen auf Bowersock (1969) 59–75, Nutton (1973), Kollesch (1981), Pearcy (1993), Brunt (1994) 43–46 und 51f., Kollesch (1994), von Staden (1995) und (1997). – Zum Begriff des ἰατροσοφιστής vgl. Grilli (1988), Brunt (1994) 52 und PlastiraValkanou (2003). – Ausserdem Art. »Medizin« in: DNP 7 (1999) 1103–1117, darin: »IV. Klassische Antike«, 1107–1117 (Vivian Nutton); Art. »Galenos aus Pergamon« in: DNP 4 (1998) 748– 756 (Vivian Nutton); Art. »Iatrosophistes« in: DNP 5 (1998) 875f. (Vivian Nutton); Art. »Galen« in: Leven (2005) 315–319 (Teun Tielemann). 881 Die Affinitäten Galens zur Zweiten Sophistik hat erstmals Bowersock (1969) 59–75 aufgezeigt. Eine systematische Darstellung der Beziehungen und Zusammenhänge findet sich bei von Staden (1995) und (1997), an welche ich mich im Folgenden halte. Eine überkritische Haltung nimmt Brunt (1994) ein, der – letztlich in der Tradition von Wilamowitz (1900) – das Phänomen der Zweiten Sophistik am liebsten in globo ablehnen möchte. Eine Mittelposition (weder Übernoch Unterbewertung von Galen als ›Sophist‹) vertreten Kollesch (1981) und Pearcy (1993).

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

des riesigen Œuvres, welches uns von Galen überliefert ist, sind wir auch über dessen Tätigkeiten und Ansichten ausserordentlich gut unterrichtet. Von Staden hat die Gemeinsamkeiten zwischen Galen und den Sophisten seiner Zeit und somit – implicite – zwischen der Medizin als wissenschaftlicher Disziplin und dem Phänomen der Zweiten Sophistik an sich systematisch aufgezeigt:882 Galen trat an Vorträgen und Debatten auf und nahm, den effekthascherischen Konzertrednern seiner Zeit vergleichbar, öffentlich medizinische Experimente an toten wie auch an lebenden Tieren vor, teils vor kleinerem Fach-, teils jedoch auch vor breiterem Laienpublikum. Dieses breitere Publikum bestand allerdings nicht bloss aus Schaulustigen oder Möchtegern-Gebildeten der Unter- oder Mittelschicht, sondern auch aus Angehörigen der intellektuellen und / bzw. politischen Führungselite. Bekannt ist fernerhin, dass Galen mit seinem Publikum in vielfältiger Weise interagierte, was ebenfalls eine schlagende Parallele zur zeitgenössischen Kultur der Konzertrhetorik darstellt;883 im Kontext dieser öffentlichen ZurSchau-Stellungen benutzt er öfters die typisch sophistisch-rhetorischen Termini ἐπίδειξις, ἐπιδείκνυσθαι und ἐπιδεικτικὸς λόγος. Zu nennen ist sodann Galens uneingeschränkte Wertschätzung für ›Hippokrates‹ sowie für Platon, welche ihm ungleich mehr gelten als seine Fachkollegen – Galen schätzt also die Bedeutung klassischer Autoritäten grundsätzlich höher ein als die fortgeschrittene Medizin seiner eigenen Zeit. Die Klassiker sind ihm auch in sprachlicher und stilistischer Hinsicht Vorbilder; damit in Verbindung steht, dass Galen nebst medizinischen Schriften auch Abhandlungen zu linguistischen884 und philosophischen885 Themata verfasst hat. Für einen πεπαιδευμένος des 2./3. Jhs. n.Chr. waren also offenbar, zusammenfassend gesagt, nicht bloss philosophische, rhetorische, literarische und sprachlich-linguistische Kenntnisse vonnöten, sondern man sah auch ein Grundwissen im Bereich der Medizin als Bestandteil einer ἐγκύκλιος 882 Im Folgenden werden die für die einzelnen Punkte relevanten Galen-Stellen nicht genannt, da dies im Rahmen dieses Exkurses zu weit führen würde; für genaue Stellennachweise vgl. von Staden (1995) und (1997) passim. 883 Zur Interaktion zwischen Publikum und Redner in der Zweiten Sophistik vgl. die Standardmonographie von Korenjak (2000). Die Bedeutung und Tragweite des performativen Aspekts kann kaum hoch genug eingeschätzt werden, eine Reduktion der Zweiten Sophistik auf eine reine ›Buchkultur‹ wäre hochgradig kontradiktorisch; vgl. treffend Gleason (1995) XX: »Because as twentieth-century readers our experience of ancient rhetoric is entirely an armchair affair, we find it easy to forget its physical aspects […]« 884 So etwa ein Lexikon zur medizinischen Terminologie, ein Werk über die Zweideutigkeit der Sprache sowie lexikographische Studien zur Alten Attischen Komödie. Das meiste dieser linguistischen Schriften ist verloren, Galen überliefert jedoch die Titel in seinem eigenen Werkeverzeichnis; vgl. de libris propriis 19,8–48 Kühn. 885 So verschiedene Schriften zur Logik (erhalten: institutio logica, ed. Kalbfleisch [1896]) oder seine philosophische Hauptschrift de demonstratione (fragmentarisch erhalten, ed. Müller [1895]); vgl. Art. »Galenos aus Pergamon« in: DNP 4 (1998) 748–756 (Vivian Nutton), 749f.

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παιδεία an.886 Wenn nun also Quintus hier und an anderen Stellen krankhafte Abläufe im menschlichen Körper in der gezeigten Detailtreue und mit solch auffallender Affinität zur Wissenschaft der eigenen Zeit schildert, so zeigt er damit weder bloss ein spezielles persönliches Interesse für medizinische Angelegenheiten noch lediglich das Bestreben, die homerisierenden Posthomerica mit unhomerischen Elementen durchsetzen zu wollen, sondern er schreibt sich in zeitgenössische Strömungen und Diskurse ein. Der clash von ›alt‹ und ›neu‹ kommt vielleicht am markantesten bei der Blendung des Laokoon (s.o.) zum Ausdruck: Der Priester wird von Athene geblendet als Strafe dafür, dass er die Troer vor dem hölzernen Pferd warnen wollte; gleichzeitig wird der Vorgang seiner Erblindung als akuter Anfall eines Glaukoms geschildert. Auf der einen Seite steht also, was der Mythos vorgibt und wovon Quintus nicht abweichen kann (und will), nämlich die archaische Vorstellung von Krankheit als gottgesandter Strafe für ein menschliches Vergehen oder Versagen.887 Auf der anderen Seite jedoch findet sich eine moderne, auf Rationalität und Wissenschaftlichkeit beruhende Erklärung für einen Vorgang im menschlichen Gehirn. Ein oberflächlicher neuzeitlicher Rezipient mag dieses ›Nebeneinander‹ als Bemühen des Quintus um Originalität deuten (und dann, wie so oft, dessen Gelingen anzweifeln); ein πεπαιδευμένος jedoch, ein lector doctus des 3. Jhs. n.Chr. wird Stellen wie diese in seinem eigenen soziokulturellen Rahmen gelesen und in dem genannten diskursiven Kontext verortet haben.888 (76) ἐπ᾿ ὄμμασι In Ilias und Odyssee wird je 1x der Ausdruck ἐπ᾿ ὄμμασι verwendet vom Schlaf, der sich ›über die Augen ergiesst‹; vgl. Il. 10,91f. ο ὔ μοι ἐπ᾿ ὄμμασι ν ήδυμος ὕπνος / ἱζάνει »kein erquickender Schlaf legt sich mir auf die Augen«; Od. 5,491f. τ ῷ δ᾿ ἂρ ᾿Αθήνη / ὕπνον ἐπ᾿ ὄμμασι χε ῦ’ »diesem [= Odysseus] also goss Athene Schlaf auf die Augen«. Vgl. ferner Eur. Phoen. 950 μέλαιναν κῆρ᾿ ἐπ᾿ ὄμμασιν βαλών; Soph. Aias 51f. δυσφόρους ἐπ᾿ ὄμμασι / γνώμας βαλοῦσα; Soph. O.K. 1684 νὺξ ἐπ᾿ ὄμμασιν βέβακε; Opp. hal. 5,110 ἐπ᾿ ὄμμασι π έπταται ἀχλύς. Quintus verwendet den Ausdruck ein zweites Mal in 14,151, in Anlehnung an den homerischen Gebrauch: οὐ γάρ πω κείνοισιν ἐπ᾿ ὄμμασιν ὕπνος ἔπιπτεν »denn auf ihre [= Menelaos’ und Helenas] Augen war noch kein Schlaf gefallen«.

886 Bowersock (1969) 66 spricht von »a taste for medicine in the second century« und »a wave of popular enthusiasm for medicine«. 887 locus communis dafür ist die von Apollon gesandte Pest in Ilias 1. 888 Allerdings ist zu sagen, dass die medizinische Erklärung eines Krankheitsphänomens und dessen religiöse Deutung einander nicht a priori ausschliessen (Hinweis von Christoph Riedweg).

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(76) πολλὰ μογήσας  πολλὰ μογησ- Il. 1,162; 2,690; 9,492; 23,607 – 15x Od. – Hes. Th. 997 – Thgn. 2IEG 71 – Philetas fr. 10,3 CA – Manetho 1,8 und 2,488 – Q.S. 1,76; 5,154; 5,314 – Eudoc. homeroc. 2,75 – Musai. 268 und 269 – 5x Anth. Gr.

Die Junktur πολλ ὰ μογησ - tritt i.d.R. als epische Versschlussformel (meist partizipial πολλὰ μογήσας/-α) auf. Interessant ist ferner, dass Anna Comnena (11./12. Jh. n.Chr.) den Ausdruck in ihrer Prosaschrift Alexias mehrfach verwendet. Homerische Erweiterungen der Formel sind πολλ ὰ παθὸν/-ὲς καὶ πολλὰ μογήσα(ς) (2x Il., 2x Od.), κακὰ π. μ. (4x Od.) und ἄλγεα π. μ. (4x Od.); Letztere verwendet Quintus in 5,154 ἐσθλὰ κα ὶ ἄλγεα πολλὰ μογήσα. (77) ἱερὸν φάος Ein unhomerischer Ausdruck, auch bei Q.S. nur hier; vor Q.S. zum ersten Mal sicher belegt bei A.R. 4,1019 ἴστω ἱερὸν φάος ᾿Ηελίοιο »das heilige Licht des Helios soll es wissen« (in Medeas Bittrede an Arete, sie nicht an die Kolcher auszuliefern). Vgl. auch Hes. Erga 339 φάος ἱερόν () und das homerische κνέφας ἱερόν (im Iteratvers δύῃ τ’ ἠέλιος καὶ ἐπὶ κνέφας ἱερὸν ἔλθῃ, Il. 11,194 = 11,209 = 17,455 ). (77) θανέεσθαι Der Gebrauch eines Infinitiv Futur zur Angabe der Zukunft bzw., genauer, eines nachzeitigen Zeitverhältnisses anstelle eines vom Aspekt her zu erwartenden Infinitiv Aorist ist bereits homerisch. Der griechische Infinitiv Futur ist gemäss Schwyzer II, 295 »eine Neubildung, die im Zusammenhang mit der Ausbildung der indirekten Rede aufkam; er steht seit Homer nach verba dicendi et sentiendi als Vertreter des Ind. Fut. der direkten Rede«; an Beispielen nennt er u.a. Il. 12,66 τρώσεσθαι ὀίω »ich denke, sie werden verletzt werden«;889 anfügen liesse sich z.B. die homerische Versschlussformel ὀιόμενος/-ον θαν έεσθαι »in der Meinung, [schon] sterben [zu müssen]«.890 Sodann steht der Infinitiv Futur »auch bei verba sentiendi, die in die Bedeutungen ‚gedenken‘ = ‚wollen, streben‘ übergehen« – z.B. Il. 7,36 π ῶς μ έμονας π όλεμον καταπαυσ έμεν ἀνδρῶν »wie gedenkst du dem Kampf der Männer ein Ende zu setzen?« – sowie »[h]ypercharakterisierend […] statt des ältern Inf. Präs. oder Aor. […] nach verba dicendi et sentiendi, deren Bedeutung an sich schon auf Künftiges geht (versprechen, sich erbieten u.ä.; hoffen u.ä.)« – z.B. Il. 13,368 τῷ δ᾿ ὁ γέρων Πρ ίαμος ὑπό τ᾿ ἔσχετο κα ὶ κατ ένευσε / δωσ έμεναι »die-

889 890

Für weitere Beispiele vgl. Schwyzer a.a.O. Il. 4,12; 15,728; Od. 20,21 (die einzigen homerischen Belege für die Form θανέεσθαι).

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sem [= Othryoneus] hatte Priamos, der Alte, [Kassandra] versprochen und es ihm zugenickt, dass er sie ihm geben würde«.891 Quintus’ Verwendung des Infinitiv Futur entspricht, soweit ich ersehen kann, im Wesentlichen dem skizzierten homerischen Gebrauch; der Infinitiv θανέεσθαι, der in den Posthomerica gesamthaft 6x begegnet, lässt sich an allen Stellen einer der von Schwyzer genannten, bereits homerischen Kategorien zuordnen; vgl. 1,77 ἱμείρων […] θαν έεσθαι »sich danach sehnend zu sterben«; 3,248f. τῷ σε […] / ο ἴω συνθανέεσθαι »ich glaube, du wirst ihm in den Tod folgen«; 10,51 ἔμελλεν ᾿Αλέξανδρος θαν έεσθαι »Alexandros sollte [bald] sterben«;892 10,298f. μηδέ τί με […] / καλλείψῃς θανέεσθαι »doch lass mich nicht sterben«; 13,225 λιλαι όμενος θαν έεσθαι »sich danach sehnend zu sterben«; 13,269 ὥρμηνεν θ ανέεσθαι »sie trachtete danach zu sterben«. Gerade die vorliegende Stelle 1,77 zeigt mustergültig, wie für den Griechen das Empfinden für den Aspekt einerseits (ἰδέειν: Infinitiv Aorist) und das Empfinden für die Zeitstufe bzw. das Zeitverhältnis andererseits (θανέεσθαι: Infinitiv Futur) problemlos koexistieren können. (78) ἰητῆρος ἀμύμονος Die Wendung, einmalig bei Q.S., lehnt sich an die homerische Kollokation ἀμύμονος ἰητῆρος an (3x Il., jeweils am Versende): In Il. 4,194 und 11,518 bezieht diese sich auf Asklepios, den Vater der beiden Kriegsärzte Machaon und Podaleirios, in 11,835 allgemein auf einen Arzt, allerdings mit indirektem Bezug auf Podaleirios und Machaon.893 Vergleichbar ist ausserdem die einmalige dualische Wendung ἰητῆρ’ ἀγαθώ zur Bezeichnung ebendieses Brüderpaares im Schiffskatalog der Ilias; vgl. Il. 2,731–733: τ ῶν α ὖθ᾿ ἡγείσθην ᾿Ασκληπιοῦ δύο πα ῖδε / ἰητῆρ᾿ ἀγαθώ, Ποδαλε ίριος ἠδὲ Μαχάων· / τοῖς δὲ τριήκοντα γλαφυραὶ νέες ἐστιχόωντο. »Deren Anführer waren die beiden Söhne des Asklepios, die tüchtigen Ärzte Podaleirios und Machaon; mit ihnen aber zogen dreissig gewölbte Schiffe.« Das Adjektiv ἀμύμων bezeichnet ursprünglich eine physische Schönheit oder Stärke,894 wird aber bereits homerisch zuweilen als reines Synonym für ἀγαθός

891

Beispiele nach Schwyzer a.a.O.; weitere Beispiele (z.T. auch klassisch-prosaisch) ibid. Vgl. auch A.R. 2,625f. εἰ καὶ ἔμελλον / […] θανέεσθαι. 893 Kontext: Der verwundete Eurypylos bittet Patroklos, ihn zu verarzten, da weder Podaleirios noch Machaon dazu imstande sind; Il. 11,834–836: τὸν μὲν ἐνὶ κλισίῃσιν ὀίομαι ἕλκος ἔχοντα, / χρηίζοντα κα ὶ αὐτὸν ἀμύμονος ἰητῆρος, / κε ῖσθαι· ὃ δ᾿ ἐν πεδ ίῳ Τρ ώων μ ένει ὀξὺν ῎Αρηα. »Der eine liegt, glaube ich, im Zelt, weil er an einer Wunde leidet, und benötigt selber einen trefflichen Arzt; der andere aber hält auf dem Feld der Troer dem scharfen Ares stand.« 894 Vgl. Parry (1973) passim, zusammenfassend 156–167. 892

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gebraucht, was die Parallele der Wendungen ἀμύμονος ἰητῆρος und ἰητῆρ᾿ ἀγαθώ zeigt.895 Die Tätigkeit des Arztes ist in den homerischen Epen mit der göttlichen Sphäre grundsätzlich noch unverbunden. Dies zeigt die Tatsache, dass Asklepios erst später als Gott aufgefasst wird – zum ersten Mal greifbar im 16. homerischen Hymnos, wo er als Heilgott und Sohn des Apollon angerufen wird –, in der Ilias jedoch noch sterblicher Vater von Podaleirios und Machaon ist.896 Ferner müssen wir uns die Ärzte in der Ilias nicht als eigenen Berufsstand o.ä. vorstellen – Podaleirios und Machaon sind vielmehr βασιλῆες, die selber ein Kontingent von dreissig Schiffen anführen (s.o.) und am Kampf partizipieren, wenn nicht gerade ihre medizinischen ›Zusatzqualifikationen‹ gefragt sind.897 In Il. 11,514f. wird der Wert eines Arztes folgendermassen umschrieben (in Nestors Munde): ἰητρὸς γ ὰρ ἀνὴρ πολλῶν ἀντάξιος ἄλλων, / ἰούς τ ᾿ ἐκτάμνειν ἐπί τ᾿ ἤπια φ άρμακα πάσσειν. »Denn ein heilkundiger Mann wiegt den Wert vieler anderer [Männer] auf, [wenn es darum geht] Pfeile herauszuschneiden und schmerzstillende Mittel [auf die Wunden] zu streuen.« In der Odyssee sodann wird der Beruf des Arztes zusammen mit dem des Sehers, des Zimmermanns und des Dichter-Rhapsoden genannt; gemeinsam werden diese als δημιοεργο ί bezeichnet und also zusammenfassend als Berufsgruppe verstanden, die öffentlich wirkt bzw. einer erhöhten öffentlichen Aufmerksamkeit ausgesetzt ist (Vorderglied δημιο -) und deren Tätigkeit eine im weitesten Sinne handwerkliche (Hinterglied -εργοί) ist.898 Quintus erwähnt praktizierende Ärzte an zahlreichen Stellen (vgl. Anm. 874). Der homerischen Konzeption folgend, sind die beiden Brüder nicht ausschliesslich Ärzte, sondern auch (und vor allem) Krieger: So reisst sich 895 Vgl. Parry (1973) 95: »ἀμύμων here either means “good, excellent” in a general sense, which would be a natural development from the original meaning of good in reference to physical appearance and constitution; or, remembering the association between ἀμύμων and physical strength, an extension of meaning to “effective, capable” would be readily understandable.« 896 Vgl. Laser (1983) 96: »Der spätere Heilgott schlechthin, auf den manche der ursprünglichen Funktionen Apollons übergingen, ist in der Ilias zwar als Arzt, nicht aber als Gott zu erkennen.« Davon zeugen u.a. die oben genannte Stelle im Schiffskatalog (Il. 2,731f.), ferner das Patronymikon ᾿Ασκληπιάδης (Il. 4,204; 11,614; 14,2) und die Bezeichnung Machaons als ᾿Ακληπιοῦ υἱός (Il. 4,194; 11,518; s.o.). 897 Vgl. z.B. Il. 11,834–836 (s.o. Anm. 893). Die Stelle zeigt einerseits, dass auch die Ärzte in erster Linie eigentlich Krieger sind, und andererseits, dass je nach Situation auch andere Krieger, also medizinische Laien, ärztliche Nothilfe leisten. 898 Vgl. Od. 17,382–386: τίς γὰρ δὴ ξεῖνον καλεῖ ἄλλοθεν αὐτὸς ἐπελθών / ἄλλον γ᾿, εἰ μὴ τῶν οἳ δημιοεργοὶ ἔασι, / μάντιν ἢ ἰητῆρα κακῶν ἢ τέκτονα δούρων, / ἢ καὶ θέσπιν ἀοιδόν, ὅ κεν τέρπῃσιν ἀείδων. / οὗτοι γὰρ κλητοί γε βροτ ῶν ἐπ᾿ ἀπείρονα γαῖαν. »Denn wer geht denn wohl selber hin und holt irgendeinen Fremden von anderswoher herbei, ausser [einen] von denen, die öffentlich tätig sind – einen Seher, einen Arzt gegen Krankheiten, einen Zimmermann für die Balken, oder auch einen göttlichen Sänger, damit er mit seinem Singen Freude bereite? Denn diese [Leute] sind freilich berühmt auf der unendlichen Erde der Sterblichen.«

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Podaleirios aus Wut und Trauer über den Tod seines Bruders von seiner medizinischen Betreuungstätigkeit weg, stürzt sich in die Waffen und tötet viele Troer (6,435ff.). Darüber hinaus ist jedoch auch die nachhomerische Verbindung der Ärzte zur göttlichen Sphäre in den Posthomerica gegeben; hierin setzt sich unser Dichter klar vom homerischen Vorbild ab und positioniert sich in seiner eigenen Zeit: Asklepios wird nur einmal in den Posthomerica namentlich erwähnt (in 9,466 als Vater des Podaleirios), doch wird klar, dass wir ihn uns in nachhomerischer Manier als ›vollwertigen‹ Gott vorzustellen haben; so sagt Eurypylos in seiner Schmährede an den sterbenden Machaon (6,422–424): ἀλλ᾿ οὐ μὰν οὐδ᾿ αὐτὸς ἀπ᾿ ἠερόεντος ᾿Ολύμπου / σεῖο πατὴρ τεὸν ἦτορ ἔτ᾿ ἐκ θανάτοιο σαώσει, / οὐδ᾿ εἴ τοι νέκταρ τε κα ὶ ἀμβροσίην καταχεύῃ. »Doch nicht einmal dein Vater persönlich wird dein Leben jetzt noch vom dunstumwölkten Olymp aus vor dem Tod retten können, auch nicht, wenn er Nektar und Ambrosia über dich ausstreute.« Selbst Machaon wird in die Nähe einer gottähnlichen Gestalt gerückt: anlässlich seiner Bestattung ist von ihm die Rede als Μαχάονα δῖον, ὃν ἀθανάτοις μακάρεσσιν / ἶσον ἀεὶ τίεσκον, ἐπεὶ κλυτὰ μήδεα ᾔδη »den göttlichen Machaon, den sie den unsterblichen Göttern vergleichbar immer verehrten, weil er trefflichen Rat gewusst hatte« (7,14f.).899 Interessant ist ferner, dass Quintus stets Podaleirios, nie jedoch Machaon als praktizierenden Arzt zeigt, was m.E. als ›Gegenentwurf‹ zur Ilias zu lesen ist, wo ausschliesslich Machaon, nicht jedoch Podaleirios in praktizierender Tätigkeit dargestellt ist.900 (79) ὄμματ᾿ ἀπαχλύσαντος Der Stamm ἀχλυ- bezeichnet in der homerischen Sprache ein Dunkel, einen Nebel, einen Schleier vor den Augen, sowohl im konkreten als auch im übertragenen Sinne.901 Ein Beispiel für eine rein konkrete Vorstellung ist etwa das Verb ἀχλύειν in Od. 12,405f.: δὴ τότε κυανέην νεφέλην ἔστησε Κρονίων / νηὸς ὕπερ γλαφυρῆς, ἤχλυσε δὲ πόντος ὑπ᾿ αὐτῆς. »Da setzte der Kronossohn eine schwarze Wolke über das gewölbte Schiff, und das 899

Eine Parallele hierzu findet sich in Paus. 3,26,9f.: In der messenischen Stadt Gerenia soll es ein als heilig verehrtes Grabmal (μνῆμα κα ὶ ἱερόν […] ἅγιον) mit einer Art Heilquelle o.ä. (νόσων ἰάματα) sowie ein bronzenes Standbild (ἄγαλμα […] χαλκο ῦν) des Machaon gegeben haben; Nestor habe, so die Überlieferung, Machaons Knochen nach dessen gewaltsamem Tod durch Eurypylos’ Hand nach Gerenia in Sicherheit gebracht (ἀνασώσασθαι δὲ Νέστορα λέγεται τοῦ Μαχάονος τὰ ὀστᾶ). 900 Zur (scheinbaren) ›Untätigkeit‹ des Podaleirios in der Ilias vgl. Laser (1983) 99f. Auch die Bezeichnung »Sohn des Asklepios« wird in der Ilias nur auf Machaon, jedoch nicht auf Podaleirios appliziert (vgl. Anm. 896), während Quintus Podaleirios ᾿Ασκληπιοῦ υἷα nennt (Q.S. 9,466). 901 Die Ausführungen zur Semantik von ἀχλύς / ἀχλύειν beruhen auf LfgrE s.v. ἀχλύς; zur Grundbedeutung vgl. auch Hesych s.v. ἀχλύς· ὀμίχλη. σκοτία. ἀμβλυωπία. Dass das Wort von kaiserzeitlichen Autoren als spezifischer Homerismus verstanden wurde, zeigt etwa Aristid. or. 1,12 (ἀφαιρούσης ἤδη τὴν πολλὴν ἀχλὺν ὡς ἀληθῶς καὶ καθ᾿ ῞Ομηρον τῆς ᾿Αθηνᾶς).

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Meer darunter verdunkelte sich.« Die Bewusstlosigkeit des Sarpedon wird in Il. 5,696 mit den Worten umschrieben: τ ὸν δ ᾿ ἔλιπε ψυχ ή, κατ ὰ δ᾿ ὀφθαλμῶν κέχυτ᾿ ἀχλύς. »Und der Atem verliess ihn, und Dunkel ergoss sich über seine Augen.« Die gleiche Formel κατ ὰ δ᾿ ὀφθαλμῶν κ έχυτ᾿ ἀχλύς wird auch vom »Todesdunkel« gebraucht, das sich über jemandes Augen »ergiesst« (vgl. z.B. Il. 16,344).902 Ist auch hier die Vorstellung von ἀχλύς als Konkretum noch sehr stark spürbar, so ist der Übergang zum Abstraktum schon angelegt in der Verwendung von ἀχλύς zur Bezeichnung eines ›Schleiers‹ vor den Augen, welcher die Menschen daran hindert, Götter in Menschengestalt zu erkennen; vgl. z.B. Il. 5,127f. (Athene zu Diomedes): ἀχλὺν δ᾿ αὖ τοι ἀπ᾿ ὀφθαλμῶν ἕλον ἣ πρὶν ἐπῆεν, / ὄφρ᾿ εὖ γινώσκοις ἠμὲν θεὸν ἠδὲ καὶ ἄνδρα. »Und ich habe dir den Schleier von den Augen genommen, der vorher da war, damit du gut unterscheiden kannst zwischen Gott und Mensch.« Den Schleier von den Augen zu nehmen kann hier schon nahezu als Metapher für Erkenntnis gelesen werden. ἀχλύς ist – rein pragmatisch bedingt (s.o. Od. 12,405f.) – häufig stark negativ konnotiert; so sagt etwa Theoklymenos in seiner finsteren (!) Prophezeiung an die Freier Penelopes (Od. 20,356f.): ἠέλιος δέ / οὐρανοῦ ἐξαπόλωλε, κακ ὴ δ᾿ ἐπιδέδρομεν ἀχλύς. »Die Sonne aber ist vom Himmel entschwunden, und eine böse Finsternis ist aufgezogen.« Von hier ist der Weg zur Personifikation nicht mehr weit, welche uns in der pseudohesiodeischen Aspis begegnet, wo ᾿Αχλύς für das ›Todesdunkel‹ schlechthin steht und mit zahlreichen grausigen Attributen versehen ist; vgl. [Hes.] Scut. 264–266: πὰρ δ᾿ ᾿Αχλὺς εἱστήκει ἐπισμυγερή τε κα ὶ αἰνή, / χλωρὴ ἀυσταλέη λιμῷ καταπεπτηυῖα, / γουνοπαχής, μακροὶ δ᾿ ὄνυχες χείρεσσιν ὑπῆσαν. »Daneben stand Achlys, schmerzbeladen und schauerlich, blass und struppig, von Hunger befallen, mit aufgedunsenen Knien, und lange Nägel wuchsen ihr an den Händen.« Für unsere Zusammenhänge von eminenter Bedeutung ist sodann, dass ἀχλύς auch als medizinischer t.t. Verwendung findet – in den Hippokratischen Schriften sowie auch später, etwa bei Dioscorides Pedanius, bei den Kyraniden und bei Galen –, wo er »teils objektiv sichtbare Veränderungen (Trübungen?, evtl. auch leichte Narben) des Auges bezeichnet, teils ein subjektives Symptom bei stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden, z.B. neben Schwerhörigkeit, Kopfschmerz, also vermutlich eine Art von Seh902 ἀχλύς ist in der Verbindung mit dem Verb χε ῖν in der homerischen Sprache formelhaft. Der Ausdruck ἀχλὺν (τῶν ὀφθαλμῶν) καταχε ῖν wird später zu einem Topos episch gefärbter Sprachgebung; vgl. z.B. Archil. fr. 191 2IEG: τοῖος γὰρ φιλότητος ἔρως ὑπὸ καρδίην ἐλυσθείς / πολλὴν κατ’ ἀχλὺν ὀμμάτων ἔχευεν , / κλέψας ἐκ στηθέων ἁπαλὰς φρένας; Char iton 2,7,4: ἀκούσας οὖν ὅτι Καλλιρόη πάρεστιν, ἄφωνος ἐγένετο, καί τις ἀχλὺς αὐτοῦ κατεχύθη πρὸς τὸ ἀνέλπιστον; id. 3,1,3: ἐξεπλάγη πρὸς τὸ ἀνέλπιστον ὁ Διονύσιος καὶ ἀχλὺς αὐτοῦ τῶν ὀφθαλμῶν κατεχύθη.

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störung«.903 Ferner existiert auch ein von ἀχλύς abgeleitetes Adjektiv ἀχλυώδης »neblig, dunstig« als medizinischer t.t. (Erstbeleg im Corpus Hippocraticum). Hesych überliefert ausserdem ein Verb ἀχλυδιᾶν, dessen Bedeutung er mit θρύπτεσθαι angibt; gemäss Frisk I s.v. ἀχλύς handelt es sich hierbei um eine Analogiebildung zu Krankheitsverben auf -ιᾶν, »anscheinend mit einer hiatustilgenden δ -Erweiterung; wahrscheinlich liegt eine Kontamination mit χλιδᾶν (χλιδιᾶν) vor«. Quintus verwendet also in 1,79 ein Wort, welches bereits homerisch ist und auch in den homerischen Epen schon im Zusammenhang mit den Augen Verwendung findet, das jedoch zu seiner Zeit als medizinischer t.t. so stark aufgeladen ist,904 dass man – zumal bei einem medizinisch motivierten Vergleich wie diesem – die ›technische‹ Seite des Wortes unweigerlich mithört. Gleichzeitig ist man geneigt, das Motiv der partiellen Genesung der Augen, welches ja als Bildspender für Priamos’ getrübte Freude dient, seinerseits wiederum metaphorisch zu lesen: So wie man im vorhergehenden Gleichnis (1,63–72) das Prädikat ὑπηχλύνθη »hat sich verhüllt« (1,67) bildlich auf die ›geistige Umnachtung‹ der Troer beziehen kann, die sich in ihrer Naivität in trügerischer Sicherheit wiegen wegen Penthesileias Ankunft, so könnte / müsste man entsprechend das analoge ἀπαχλύσαντος dergestalt auf Priamos beziehen, dem ›allmählich ein Licht aufgeht‹, was den trügerischen Schein der aufkeimenden Hoffnung, die sich so bald wieder zerschlagen wird, angeht, und der sich auch deshalb (und nicht bloss wegen seiner gefallenen Söhne) nur halbherzig freuen kann.905 Quintus verwendet den Stamm ἀχλυ- ein zweites Mal in einem vergleichbaren Kontext in ähnlich suggestiver Weise oszillierend zwischen konkreter und metaphorischer Bedeutung, und zwar zu Beginn des dreizehnten Buches: Er schildert das ausgelassene Feiern der Troer in ihrer letzten Nacht und wie der übermässige Alkoholkonsum ihre Sinne trübt; darauf heisst es (13,10– 12): π άντα δ ᾿ ἐώλπει / ἀμφιπεριστρωφᾶσθαι ἀνὰ πτ όλιν· ὄσσε δ ᾿ ἄρ᾿ ἀχλύς / ἄμφεχεν. »Alles in der Stadt schien sich rings im Kreis zu drehen; ihre Augen aber hielt ein dunkler Schleier umfangen.« ἀχλύς lässt sich hier konkret sowohl als Dunkelheit der Nacht wie auch als ›Scheibe‹ infolge der Trunkenheit deuten, darüber hinaus jedoch auch in einem metaphorischen 903

LfgrE s.v. ἀχλύς; vgl. auch DGE ἀχλύς ΙΙΙ: »medic. vapores, turbulencia, perturbación«. Der Stamm ἀχλυ- (d.i. im Wesentlichen das Substantiv ἀχλύς + das Adjektiv ἀχλυώδης) ist in den medizinischen Schriften in der Tat sehr verbreitet; gemäss TLG findet er sich 15x im Corpus Hippocraticum, 10x bei Dioscorides Pedanius, 11x bei den Kyraniden und 53x bei Galen (inkl. Pseudo-Galen). 905 Zur strukturellen Analogie ὑπηχλύνθη – ἀπαχλύσαντος vgl. auch den Kommentar zu (67) ὑπηχλύνθη. – Man beachte, nebenbei bemerkt, die zahlreichen Metaphern aus dem Bereich des Gesichtssinns, die sich auch in der deutschen Sprache sozusagen automatisch ergeben: »getrübte Freude«, »geistige Umnachtung«, »geht ein Licht auf«, »trügerischer Schein«, etc. 904

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Sinne als die ›geistige Umnachtung‹ der Troer. Auch hier gewinnt die Metapher an zusätzlichem ›Biss‹, wenn man die Konnotation von ἀχλύς als medizinischem t.t. mitschwingen hört, da dadurch die Verblendung der Troer eine pathologische Note bekommt.906 Die übrigen Verwendungen des Stammes ἀχλυ- bei Q.S. sind vergleichsweise unspektakulär: Quintus verwendet ἀχλύς in den Bedeutungen »Dunkelheit, Finsternis« bzw. »Nebel, Schleier« sowie ἀχλύ(ν)ειν in der Bedeutung »verdunkeln«.907 Der Tod Penthesileias wird in Anlehnung an homerische Periphrasen wie die oben genannte Formel κατὰ δ᾿ ὀφθαλμῶν κέχυτ᾿ ἀχλύς geschildert; vgl. 1,597f.: ἀμφὶ δέ οἱ νύξ / ὀφθαλμοὺς ἤχλυσε καὶ ἐς φρ ένα δ ῦσαν ἀνῖαι. »Ringsum verdunkelte Nacht ihr die Augen, und die Schmerzen drangen ihr bis ins Zwerchfell.« (80) βαιὸν ἰάνθη Der Ausdruck βαι ὸν ἰάνθη ist singulär, desgleichen die semantisch gleichwertige und prosodisch identische Wendung τυτθὸν ἰάνθη in 1,75. βαιόν kommt homerisch nicht als Adverb vor, jedoch hesiodeisch (Erga 418).908 Winkler (1875) 23f. nennt 43 weitere »Partikeln (grösstentheils Adverbien) […], welche in der Form bei Homer nicht vorkommen«, wobei »Quintus neben diesen nicht homerischen Wortformen auch öfters die homerische Form gebraucht«. Im 1. Buch der Posthomerica sind dies (gemäss Winkler a.a.O.): • 1,7 ἰληδόν (3x Q.S.) ↔ hom. ἰλαδόν (1x Il., 10x Q.S.)909 • 1,80 βαιόν (30x Q.S.)910 ↔ hom. ἠβαιόν (5x Il., 2x Od., 1x Q.S.) • 1,271 und 1,386 καταντίον (23x Q.S.) ↔ hom. ἀντίον (32x Il., 64x Od., 8x Q.S.) • 1,542 und 1,552 κατέναντα (10x Q.S.) ↔ κατεναντίον (1x Il., 2x Q.S.) • 1,580 ἄπωθε(ν) (24x Q.S.) • 1,622 εὐσταλέως (hapax bei Q.S.) • 1,821 ῥιζόθεν (2x bei Q.S.) Adverbiales βαιόν ist in der kaiserzeitlichen Epik verbreitet (beso nders häufig bei Greg. Naz. und Nonn. Dion.); auch in der Tragödie häufig (v.a.

906 Man vergleiche die Pathologisierung von Aias’ Wahnsinn in Q.S. 5,322–329; vgl. dazu den Kommentar zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […] 907 Vgl. VB s.v. ἀχλύς: »ténèbres, voile obscurcissant la vue«; s.v. ἀχλύω: »obscurcir«. 908 Hes. Erga 417–419 (βαιόν temporal): δὴ γὰρ τότε Σείριος ἀστήρ / βαιὸν ὑπὲρ κεφαλῆς κηριτρεφέων ἀνθρώπων / ἔρχεται ἠμάτιος, πλεῖον δέ τε νυκτὸς ἐπαυ ρεῖ. »Denn da wandert der Siriusstern tagsüber nur für kurze Zeit über die Häupter der zum Unglück geborenen Menschen hinweg, vielmehr aber geniesst er die Nacht.« 909 Vgl. auch den Kommentar zu (7) ἰληδόν. 910 30x das Adverb βαιόν; daneben 2x das Adjektiv βαι ός/-ά/-όν, allerdings auch adverbiell gebraucht: 3,479 βαιὸν χρόνον »eine kurze Zeit«; 4,347 κατὰ βαιόν » für ein Weilchen«.

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bei Soph.); nur 1x bei A.R. (2,86 στάντε δὲ βαιὸν ἄπωθεν »sie standen ein wenig abseits«).  Vgl. auch den Kommentar zu (75) περὶ φρεσὶ τυτθὸν ἰάνθη (auch zur Semantik des Verbs ἰαίνειν/-εσθαι). (81) πολλῆς ἐκ κακότητος Der Ausdruck πολλ ῆς ἐκ κακ ότητος ist singulär, vgl. jedoch odysseische Wendungen wie ὄφρα / ἵν᾿ […] ὑπὲκ κακ ότητα φ ύγοιμεν (Od. 3,175; 9,489; 10,129), θεοὶ κακότητος ἔλυσαν (Od. 5,397; 13,321; 16,364) oder ἐκφυγέειν κακότητα (Od. 5,414); ferner Orph. fr. 348 PEG II (= 229 + 230 Kern) οἷς ἐπέταξεν / κύκλου τε λῆξαι καὶ ἀναψῦξαι κακότητος. Zur spezifischen Bedeutung »Krankheit« (< »schlimmer Zustand«) für κακότης vgl. intratextuell Q.S. 9,470 ὁ δ᾿ ἄμπνυεν ἐκ κακότητος »dieser [= Philoktet] erholte sich wieder von seiner Krankheit«911 (d.h. nach der Heilung durch Podaleirios) und 9,484f. οἷος ἔην περ / τὸ πρὶν ἐν ᾿Αργείοισι, πάρος κακότητι δαμ ῆναι »wie [Philoktet] früher unter den Argeiern gewesen war, bevor er von seiner Krankheit bezwungen wurde«.912  Zu κακ ότης vgl. auch den Kommentar zu (73) στονόεσσαν […] κακότητα. (81–82) πήματος ἄλγος / αἰνὸν ὑπὸ βλεφάροισι Sprachlich sowie inhaltlich eng verwandt ist Q.S. 12,401 στυγερὸν δὲ κατὰ βλεφάρων πέσεν ἄλγος, wo von der Erblindung des Laokoon die Rede ist; vgl. dazu, unter Berücksichtigung des weiteren Kontexts, den Kommentar zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […] Quintus spricht sonst von den βλ έφαρα meistens im Zusammenhang mit Tränen; vgl. z.B. 10,432f. ὣς φαμ ένης ἐλεεινὰ κατ ὰ βλεφ άρων ἐχέοντο / δ άκρυα »so sprach [Oinone], und mitleiderregende Tränen kullerten von ihren Augenlidern herab«.913 Dieser Gebrauch ist bereits homerisch – vgl. z.B. Od. 17,490 ο ὐδ᾿ ἄρα δ άκρυ χαμαὶ βάλεν ἐκ βλεφάροιιν »und dennoch liess [Telemachos] keine Träne aus seinen Augen fallen« –; im Übrigen sind die βλέφαρα im homerischen Wortgebrauch meistens mit dem Schlaf assoziiert.914 911

In Anlehnung an Il. 11,382 Τρῶες ἀνέπνευσαν κακότητος. Vgl. VB s.v. κακότης (2): »mal physique, maladie«. Dagegen ist die Gnome in 1,72f. m.E. zu unspezifisch, als dass sich dort für κακ ότης ebenfalls die konkrete Bedeutung »Krankheit« festmachen liesse (pace VB a.a.O.). 913 Ferner: Q.S. 3,576–578 τῆς δ᾿ ἀλεγεινόν / οὔ ποτε τέρσετο δάκρυ, κατείβετο δ᾿ ἄχρις ἐπ᾿ οὖδας / ἐκ βλεφ άρων; 13,535f. περ ὶ δέ σφισι δ άκρυ / ἡδὺ κατ ὰ βλεφ άροιιν ἐχεύατο; 14,172 δάκρυ κατὰ βλεφάροιιν ἐλείβετο; 14,269 κατὰ βλεφάρων ῥέε δάκρυ; 14,302f. ὣς φαμένης ἄλληκτα κατὰ βλεφάρων ἐχέοντο / δάκρυα; 14,392f. κατείβετο […] / πυκνὸν ἀπὸ βλεφάρων. 914 Vgl. dazu Laser (1983) 22: »Die Augenlider (mit Wimpern) heissen βλέφαρα […] Im Epos sind damit vorwiegend die den Schlaf vermittelnden Organe gemeint. […] Auch bei Umschreibungen des Weinens werden die βλέφαρα häufig genannt […] Bei Hesiod wird βλέφαρα schon 912

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πήματος ἄλγος ist eine singuläre Kollokation. Der Ausdruck ὑπὸ βλεφάροισι(ν) findet sich zweimal in den homerischen Epen: einmal in Od. 8,522 in Bezug auf Odysseus, der weinen muss, weil Demodokos vom Troischen Krieg singt (δάκρυ δ ᾿ ἔδευεν ὑπὸ βλεφ άροισι παρει άς), und einmal in Il. 24,637 im Zusammenhang mit Priamos, der um Hektor trauert; vgl. Il. 24,637–640:915 οὐ γάρ πω μύσαν ὄσσε ὑπὸ βλεφάροισιν ἐμοῖσιν, ἐξ οὗ σῇς ὑπὸ χερσὶν ἐμὸς πάις ὤλεσε θυμόν, ἀλλ᾿ αἰεὶ στενάχω καὶ κήδεα μυρία πέσσω, αὐλῆς ἐν χόρτοισι κυλινδόμενος κατὰ κόπρον. Denn die Augen unter meinen Lidern haben sich noch nicht geschlossen, seitdem mein Sohn durch deine Hände das Leben verloren hat, sondern ich jammere immerzu und verdaue unzählige Leiden, in der Umzäunung des Hofes mich wälzend im Dreck.

Diese Ilias-Stelle weist eine starke inhaltliche Affinität zur vorliegenden Szene auf, da auch hier der Schmerz des Priamos um den Verlust seiner Söhne Thema ist.916 (83) υἱὸς Λαομέδοντος Priamos ist ein Sohn des Laomedon und als solcher ein Nachkomme des Dardanos, eines Zeussohnes und Stammvaters der Troer.917 Priamos wird in der Ilias nur einmal mit dem Patronymikon Λαομεδοντιάδης als »Sohn des Laomedon« bezeichnet (Il. 3,250),918 häufiger nennt Homer ihn den »Dardaniden Priamos« (Δαρδανίδης Πρίαμος [10x]).919 Δαρδανίδης scheint in der Ilias die Funktion eines Ehrentitels für den gegenwärtigen Herrscher und Stammhalter Trojas einzunehmen – dies zeigen die Tatsache, dass Δαρδανίδης bis auf eine Ausnahme (Il. 24,354) nie allein für Priamos, sondern immer nur als Apposition zu dem Namen Πρ ίαμος steht, sowie zwei Stellen (Il. 11,166 und 11,372), an denen Ilos, Priamos’ Grossvater, als Δαρδανίδης παλαιός, als »alter«, d.h. »einstiger / ehemaliger Dardanide« bezeichnet wird. im Sinne von »Augen« gebraucht […] Dazu gehört das Beiwort ἑλικοβλέφαρος, »mit schön gerundeten« oder »lebhaften« Augen (Hesiod, Hymnen).« 915 Vgl. ferner Od. 19,211f. ὀφθαλμοὶ δ᾿ ὡς εἰ κέρα ἕστασαν ἠὲ σίδηρος / ἀτρέμας ἐν βλεφάροισι. »Die Augen standen ihm wie Horn oder Eisen unbeweglich in den Lidern.« 916 Zu Priamos’ Schmerz über den Verlust seiner Kinder vgl. den Kommentar zu (84–85) παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. 917 Stammbaum: Zeus > Dardanos > Erichthonios > Tros > Ilos > Laomedon > Priamos; vgl. Il. 20,213–241; Apollod. 3,138–140 und 3,146. 918 An zwei weiteren Stellen der Ilias ist von einem »Sohn des Laomedon« die Rede, allerdings ist damit jeweils nicht Priamos gemeint: In Il. 6,23 wird Bukolion als υἱὸς ἀγαυοῦ Λαομέδοντος bezeichnet; in Il. 15,527 steht das Patronymikon Λαομεδοντιάδης für Lampos. 919 Il. 3,303; 5,159; 7,366; 13,376; 21,34; 22,352; 24,171; 24,354; 24,629; 24,631.

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Der Grund dafür, dass Priamos in der Ilias so selten mit seinem Vaternamen in Verbindung gebracht wird, dürfte mit dem schlechten, hinterhältigen Charakter Laomedons zusammenhängen, mit dem der herzensgute, aufrichtige und tapfere Priamos eigentlich nur wenig gemein hat: Apollon und Poseidon hatten, so die bekannte Geschichte, Laomedon ihre Dienste angeboten und seine Stadt ummauert, waren jedoch von ihm um den versprochenen Lohn geprellt worden und sandten ihm darum die Pest (< Apollon) sowie ein Meerungeheuer (< Poseidon), welches seine Tochter Hesione als Opfer verlangte. Herakles erlegte das Untier und rettete Hesione, wurde aber desgleichen von Laomedon um die versprochene Belohnung gebracht und zerstörte darauf aus Wut die Stadt Troja. Auf die Geschichte wird in der Ilias an verschiedenen Stellen verstreut angespielt920 – bezeichnenderweise meist in direkten Reden, in denen es den Sprechern entweder darum geht, Herakles in ein gutes oder aber die Troer in ein schlechtes Licht zu rücken.921 Quintus nennt Priamos fast ausschliesslich bei seinem eigentlichen Namen. Nur gesamthaft 4x spricht er, sozusagen in Übereinstimmung mit dem homerischen Usus, vom »Sohn des Laomedon«: hier sowie in 1,183 Λαομέδοντος ἐὺς γ όνος ἀφνειοῖο; 2,26 υ ἱὸς […] Λαομ έδοντος; 2,107 Λαομεδοντιάδης; ein einziges Mal nur nennt er ihn in homerischer Manier Δαρδανίδης Πρ ίαμος (10,93). Laomedon als persona erwähnt er an vier Stellen: In 1,505 ist von ihm im Munde des Aias im Zusammenhang mit Herakles die Rede;922 in 3,110–113 erwähnt Hera den Betrug des Laomedon an Apollon in einer längeren Scheltrede an diesen, weil er Achilleus erschossen hat (3,98–127). In 2,136–145 sodann erscheint Laomedon im Zusammenhang mit einem goldenen Pokal, den einst Hephaistos für Zeus angefertigt hatte und den Priamos als Erbstück seines Vaters geerbt hat; Quintus nutzt hier die Möglichkeit, dem Priamos eine kleine Genealogie in den Mund zu legen. Schliesslich überrascht vor dem Hintergrund der homerischen Praxis, Laomedon eher unerwähnt zu lassen oder aber ihn in tendenziell negativem Kontext zu erwähnen, der Umstand, dass Penthesileia 920 Il. 5,639–642; 7,452f.; 20,145–148; 21,441–457. Für eine ausführliche Version vgl. Apollod. 2,103f. und 2,134–136. Gemäss Apollod. 2,136 tötete Herakles bei der Einnahme Trojas Laomedon sowie alle dessen Söhne mit Ausnahme des Priamos, der damals noch Podarkes hiess. Gemäss Il. 3,147 jedoch sind Lampos, Klytios und Hiketaon, welche nach Il. 20,237f. als Brüder des Priamos ausgewiesen sind, während dessen Regentschaft noch am Leben. 921 In Il. 5,639–642 erwähnt Tlepolemos die Zerstörung Trojas durch seinen Vater Herakles im Kontext einer Drohrede gegen Sarpedon. In Il. 7,452f. ruft Poseidon dem Zeus das schändliche Verhalten des Laomedon in Erinnerung, um ihn an die Schicksalsbestimmung – die Zerstörung Trojas – zu erinnern; in ähnlicher Weise berichtet er in Il. 21,441–457 ausführlich von dem Ereignis, um Apollon dazu zu bewegen, in den Götterkampf einzusteigen. 922 Zwischen den Versen 505 und 506 ist vermutlich ein Vers ausgefallen, der Kontext dürfte aber wohl klar sein; vgl. Vian (1963) 32f. Anm. 2; James (2004) 272.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

im Mausoleum des Laomedon bestattet wird (1,786–788 und 1,800–802), weil die Troer die Amazonenkönigin liebten und »um sie klagten wie um ihre eigene Tochter« (1,800 Τρ ῶες δ ᾿ ὥς τε θ ύγατρα φ ίλην περικωκ ύσαντες). (83) ἐσέδρακε Thematischer Aorist ἐσέδρακον (etc.) Il. 24,223 – Od. 9,146 und 19,476 – 7x A.R. – 10x Q.S. – 7x Nonn. Dion.; Par. 8,186 und 19,176 – u.a. Metrisch fast immer vor der BD.923

Formen des thematischen Aorists ἐσέδρακον (etc.) begegnen ausschliesslich im Epos und sind in der nachhomerischen Epik verbreitet. Semantisch bezeichnet das Verb δέρκεσθαι mit der Wurzel *der"- ein bewusstes Hinschauen bzw. ein deutliches visuelles Wahrnehmen (im Gegensatz zu ἰδεῖν oder ὁρᾶν/-σθαι, die ein eher zufälliges oder flüchtiges Sehen, Erblicken ausdrücken);924 vgl. z.B. Od. 9,146 ἔνθ᾿ οὔ τις τ ὴν ν ῆσον ἐσέδρακεν ὀφθαλμοῖσιν »da konnte keiner [mit den Augen] die Insel sehen«; Od. 19,476 ἦ, καὶ Πηνελόπειαν ἐσέδρακεν ὀφθαλμοῖσι »sprach’s und blickte Penelope [mit den Augen] an«925 (von Eurykleia, die Penelope mitteilen will, dass sie Odysseus erkannt hat). Das Verb δ έρκεσθαι wird zuweilen auch i.S.v. »leben« verwendet (zu erklären aus der nicht bloss im antiken griechischen Denken verbreiteten Assoziation von ›Leben‹ und ›Licht‹); vgl. z.B. Il. 1,88 ἐμεῦ ζῶντος κα ὶ ἐπὶ χθον ὶ δερκομ ένοιο ~ Od. 16,439 ζώοντός γ ᾿ ἐμέθεν κα ὶ ἐπὶ χθον ὶ δερκομ ένοιο »solange ich lebe und auf der Erde [das Licht] sehe«.926 Die Formulierung ἐσέδρακε Πενθεσ ίλειαν scheint also, vor diesem Hintergrund besehen, mit Bedacht gewählt, passt sie doch gut zu der aufkeimenden, wenn auch nur leisen Hoffnung des Priamos, die mit der oben diskutierten Augen- und Lichtmetapher die Lichtmetaphorik der vorhergehenden Gleichnisse (1,37–41; 1,48–53; 1,63– 72) fortsetzt. In ähnlicher Weise bezeichnet ἐσέδρακον/-εν in zwei weiteren Passagen in Posthomerica 1 ein ehrfürchtiges, gebanntes Zuschauen aus der Ferne; vgl. 1,476 ὑσμίνην δ ᾿ ἀπάνευθεν ἐσέδρακον »und sie schauten der Schlacht aus der Ferne zu« (von den Troerinnen, nachdem sie sich von Theano davon haben überzeugen lassen, sich doch besser von den Kämpfen fernzuhalten) und 1,579–581 τρομ έεσκε δ ὲ κα ὶ θο ὸς ῞Εκτωρ / ἡμέας, ε ἰ καὶ ἄπωθεν ἐσέδρακεν ἀίσσοντας / δῆριν ἐπὶ στονόεσσαν »und es zitter923

Ausnahmen: Il. 24,223 und A.R. 3,100. Vgl. LSJ s.v. δέρκομαι [I.]: »see clearly, see, […] 2. c. acc. objecti, look on or at«; VB s.v. δέρκομαι: »voir, regarder«; LIV s.v. *der"- »hinblicken, erblicken«; Snell (41975) 13 »einen bestimmten Blick haben«. 925 Der instrumentale Dativ ὀφθαλμοῖσι(ν) ist im homerischen Epos bei Verben des Sehens und Wahrnehmens meist rein pleonastisch gebraucht; vgl. Laser (1983) 21. 926 Für weitere Belege, auch ausserhalb der homerischen Epen, vgl. LSJ s.v. δέρκομαι. 924

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Kommentar zu den Versen 62–85

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te sogar der flinke Hektor vor uns [= Achilleus und Aias], wenn er uns [auch nur schon] aus der Ferne in die seufzerreiche Schlacht stürmen sah« (Achilleus in seiner Schmährede gegen Penthesileia). (84) παῦρον μὲν […] τὸ δὲ πλέον παῦρον als Adverb (Akk. Sg. n.) ist unhomerisch; Erstbeleg ist Eur. Med. 1087. Nur zwei Belege für adverbiales παῦρα (Akk. Pl. n.) im archaischen Epos: Hes. Th. 780 und h. Merc. 577; sonst ausschliesslich adjektivisch.927 Adverbiales παῦρον ist im Normalfall temporal,928 nicht jedoch in Kombination mit μ έν. Insgesamt nur zwei Belege für adverbiales πα ῦρον finden sich bei Q.S.; der zweite Beleg ist ebenfalls temporal: 7,85f. πα ῦρον δ ὲ ζώοντας ἐν ἄλγεσιν ο ὔ τι ἔοικε / ζ ωέμεν. »Da wir nur eine kurze Zeit leben, ist es nicht recht, wenn wir in Trübsal leben.« Betont unepisch ist der rein prosaische Ausdruck τὸ δὲ πλέον (Belege v.a. bei Thukydides, Platon, Strabon, Flavius Josephus und Johannes Chrysostomos); auch bei Q.S. nur hier. Die Kombination παῦρον μέν […] τὸ δὲ πλέον ist ohne Parallele. (84–85) παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων929 Priamos gilt in der Antike ähnlich wie seine Gattin Hekabe als »Paradigma des vom Schicksal geschlagenen Menschen« schlechthin,930 der den gewaltsamen Tod all seiner Familienmitglieder mitansehen muss und schliesslich selber brutal getötet wird. In der Ilias beklagt nicht nur Priamos selbst sein eigenes trauriges Schicksal (s.u.), sondern gar sein Erzfeind Achilleus spricht ihn, als er zur Lösung von Hektors Leichnam ins Lager der Achaier geht, mit den Worten an: ἆ δε ίλ᾿, ἦ δὴ πολλ ὰ κάκ᾿ ἄνσχεο σ ὸν κατ ὰ θυμόν »du Unglücklicher, wie viele Leiden hast du in deinem Herzen ertragen!« (Il. 24,518). Aristoteles nennt an zwei Stellen in der Nikomachischen Ethik die Figur des Priamos als mythisches Exemplum für einen glücklichen Menschen, der im Alter vom Unglück heimgesucht wird, und prägt in diesem Zusammenhang den Begriff der Πριαμικα ὶ τύχαι.931 Gemäss Apollodors Bericht sollen bereits zu Laomedons Herrschaftszeit dieser sowie alle dessen Söhne mit Ausnahme des Priamos von Herakles umgebracht worden sein (wohingegen die Ilias eine Variante überliefert, dergemäss mindestens drei Brüder während Priamos’ Regentschaft noch am Leben sind).932 In der Ilias selber wird an verschiedenen Stellen vom gewaltsamen Tod von Priamos’ Söhnen berichtet (s.u.); Priamos’ eigenen Tod 927

Vgl. LfgrE s.v. παῦρος, παυρότερος. Vgl. LSJ s.v. παῦρος [1.]: »neut. as Adv., for a short time«. 929 Die nachstehenden Ausführungen zu Priamos beruhen auf: van der Kolf (1963); Art. »Priamos« in: DNP 10 (2001) 305f. (Magdalene Stoevesandt). 930 So Stoevesandt (Anm. 929) 305. 931 Aristot. eth. Nic. 1100a,5–9 und 1101a,8. 932 Vgl. Anm. 920. 928

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

durch die Hand des Neoptolemos berichtet Vergil im zweiten Buch der Aeneis und Quintus im 13. Buch der Posthomerica.933 Priamos’ Schmerz um seine getöteten Kinder betrifft in erster Linie natürlich Hektor, doch erwähnt der Troerkönig in der Ilias auch weitere seiner Söhne namentlich sowie deren ›Gesamtmenge‹ in globo (zur schieren Menge von Priamos’ Kindern s.u.). Drei iliadische Reden des Priamos, worin dieser selber von seinem eigenen Schicksal berichtet, sind diesbezüglich von Wichtigkeit: • Il. 22,38–76: In einer grossangelegten, ergreifenden dissuasio versucht Priamos vergeblich, seinen Sohn Hektor davon abzuhalten, gegen den viel stärkeren Achilleus anzutreten (vgl. v.a. 22,38–40; 22,56–58). Nebst Hinweisen auf die getöteten Söhne im Allgemeinen (22,43–45) sowie auf die getöteten übrigen Familienmitglieder (Töchter, Enkelkinder, Schwiegertöchter: 22,62–65) erwähnt er namentlich Lykaon und Polydoros, die er nicht mehr sieht in der Schlacht und deren Tod er ebenfalls befürchtet (22,46–48).934 Priamos bejammert sein eigenes jammervolles Schicksal, da er den Tod so vieler Lieben mitansehen musste und noch muss (vgl. nebst dem allgemeinen Ton der ganzen Rede v.a. die Verse 22,53 und 22,59–61); in einem prophetischen Ausblick sieht er sodann seinen eigenen sowie Hektors brutalen Tod voraus (22,66–76). • Il. 24,253–264: In einem Anfall aus Wut und Verzweiflung schilt Priamos seine noch lebenden Söhne, die kurz zuvor namentlich aufgezählt wurden,935 und befiehlt ihnen, den Wagen bereit zu machen für seinen schicksalhaften Gang zu Achilleus. Dabei macht er ihnen klar, dass ihm Hektor lieber als alle anderen gewesen ist; nebst diesem erwähnt er auch noch die getöteten Mestor und Troilos mit Namen. • Il. 24,486–506: In seiner ergreifenden Bittrede an Achilleus um Herausgabe von Hektors Leichnam spricht Priamos in globo von seinen fünfzig Söhnen, von denen die meisten getötet wurden (24,493–498).

933

Verg. Aen. 2,533–558; Q.S. 13,220–250; für einen Überblick über weitere (literarische und ikonographische) Überlieferungen und Versionen vgl. Austin (1964) 196–198. – Zu Quintus’ Bemühen, auch Priamos’ Mörder Neoptolemos in einem möglichst positiven Licht darzustellen, vgl. Boyten (2007), bsd. 308–319. Zur Darstellung von Priamos’ Tod in der attischen Vasenmalerei vgl. auch Neils (1994) 516–520 und Miller (1995) 452f. 934 Das Ergreifende dieser Passage ist die Tatsache, dass der Rezipient in diesem Moment bereits mit Sicherheit weiss, dass die beiden von der Hand des Achilleus getötet worden sind, ist doch ihrer beider Tod bereits in aller Ausführlichkeit berichtet worden (Lykaon: Il. 21,34–135; Polydoros: Il. 20,407–418). 935 Il. 24,248–251: Helenos, Paris, Agathon, Pammon, Antiphonos, Polites, Deiphobos, Hippothoos, Dios.

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Kommentar zu den Versen 62–85

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Quintus betont Priamos’ trauriges Los auf verschiedene Art und Weise: Er erwähnt, wie hier, seine ›schon in der Ilias‹ zu Tode gekommenen Söhne,936 und es kommen weitere hinzu, allen voran Paris sowie der kleine Astyanax, dessen brutale Ermordung Priamos nicht mehr miterleben muss.937 Entsprechend charakterisiert er Priamos mit den Adjektiven πολυδάκρυτος (14,348) und πολ ύτλητος (5x).938 Ferner nennt er Troja oft die »Stadt des Priamos« (Πριάμοιο/-ου π όλις / ἄστυ / πτολίεθρον), wenn er von ihrer Zerstörung spricht bzw. selbige an- oder vorausdeutet oder beschreibt,939 wodurch das traurige Schicksal der Stadt Troja und dasjenige ihres letzten Königs – die Τρωικα ὶ τύχαι und die Πριαμικα ὶ τύχαι – sozusagen eins werden. Das Zusammentreffen von Priamos’ Individualschicksal mit dem Kollektivschicksal der Stadt kulminiert zu einem Höhepunkt bei der Beschreibung, wie Hekabe von Odysseus mit Gewalt zu den Schiffen gezerrt wird: der Tod ihres Gatten und der Untergang Trojas ist für sie eins geworden; vgl. Q.S. 14,24–27: δεδάικτο δὲ χαίτας / κράατος ἐκ πολιοῖο τέφρη δ᾿ ἐπεπέπτατο πολλ ή, / τ ήν που ἀπ᾿ ἐσχαρεῶνος ἄδην κατεχε ύατο χερσίν / ὀλλυμένου Πριάμοιο καὶ ἄστεος αἰθομένοιο. »Ihr Haar war aus ihrem grauen Haupt ausgerissen und viel Asche darüber gebreitet, welche sie in grosser Menge vom Herd [genommen und] mit den Händen [übers Haupt] geschüttet hatte, da Priamos zu Tode gekommen und die Stadt in Flammen stand.« Auffällig ist überdies die Schicksalsergebenheit, ja die fast barock anmutende Todessehnsucht des Priamos, welche die Posthomerica quasi leitmotivisch durchzieht und in dessen Rede an Neoptolemos (13,226–236) kulminiert, in welcher er diesen um den Todesstoss nachgerade bittet und wünscht, bereits Achilleus hätte ihn getötet und der Anblick des brennenden Troja wäre ihm erspart geblieben.940 Mit Priamos’ traurigem Los, den Tod fast all seiner Kinder mitansehen zu müssen, steht sein ebenfalls seit der Ilias sprichwörtlicher Kinderreichtum in enger Verbindung. Gemäss Il. 6,243–250 und 24,495–497 ist Pria936

Nebst Hektor, dessen Tod im ganzen Epos omnipräsent ist, erwähnt Quintus etwa Polydoros (4,154), Troilos (4,155; 4,419–435) und Lykaon (4,158). 937 Die Agonie des Paris zieht sich durch das ganze 10. Buch der Posthomerica. Die Ermordung des Astyanax wird in unmittelbarem Anschluss an die Tötung des Priamos durch Neoptolemos (13,241–250) berichtet (13,251–257). Polites, ein weiterer Sohn des Priamos, entgeht dem Tod um ein Haar (8,409–413), nur um kurze Zeit später zusammen mit zwei anderen Brüdern, Pammon und Tisiphonos, von Neoptolemos’ Hand zu sterben (13,213–216). 938 Vgl. dazu auch Boyten (2007) 320 Anm. 81. – Weitere Adjektive, die Quintus auf Priamos appliziert, sind ἐυσθενής, θεηγενής und πολύχρυσος (vgl. VB s.v. Πρίαμος). – Zu πολύτλητος bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (135) φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων. 939 Vgl. Q.S. 3,29; 3,500f.; 3,652; 4,58; 4,325; 7,213; 7,381; 7,694; 8,346; 8,370; 8,392; 8,477; 9,14; 10,356; 11,287; 11,333; 11,388; 12,27; 12,78; 12,289; 13,80; 13,141; 13,301; 13,419; 14,74; 14,84; 14,96; 14,140. 940 Zur Todessehnsucht des Priamos und zur Rolle des Neoptolemos in diesem Zusammenhang vgl. Boyten (2007) 320–323.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

mos Vater von fünfzig Söhnen, wobei 19 von Hekabe und die übrigen von Nebenfrauen stammen, sowie von zwölf Töchtern. Die nachiliadische Überlieferung sodann ist, kaum erstaunlich, Schwankungen unterlegen: Vergil (Aen. 2,501–505) hat die Zahl der Töchter der der Söhne angeglichen, nennt jedoch keine Namen, wodurch er die Bedeutung der Zahl als konkrete, realistische ›Mengenangabe‹ herabmindert und wir geneigt sind, »fünfzig« bzw. »hundert« vielmehr metaphorisch für »viele« zu verstehen. Apollodor hingegen, der sich offenbar auf eine nicht-iliadische Überlieferung stützt,941 ist in seinem enzyklopädischen Anspruch um einen starken Realismus bemüht und nennt eine Gesamtzahl von 47 Söhnen und acht Töchtern, wobei er sämtliche namentlich angibt.942 Quintus selber erwähnt die Kinder des Priamos in globo nicht, äussert sich also auch nicht zur Frage nach deren konkreter Zahl. Priamos’ enormer Kinderreichtum mag uns modernen Menschen surreal, ja lächerlich vorkommen, dürfte jedoch von einem antiken Menschen in erster Linie als Chiffre für Gesundheit, Stärke, Reichtum und Glück gelesen worden sein. Es finden sich m.W. nur an zwei Stellen in der antiken Literatur Verspottungen: Erstens in Plaut. Bacch. 973f.: sed Priamus hic multo illi praestat: non quinquaginta modo, / quadringentos filios habet. »Dieser Priamus hier ist jenem [= dem mythischen, ›echten‹] bei weitem überlegen: er hat nicht nur fünfzig, sondern vierhundert Söhne.«943 Zweitens in der vita Gordiani II in der Historia Augusta, wo es von Gordianus dem Zweiten heisst (SHA Gord. 19,3f., ed. Hohl): mulierum cupidissimus; habuisse enim decretas sibi concubinas viginti et duas fertur, ex quibus omnibus ternos et quaternos filios dereliquit. appellatusque est sui temporis Priamus, quem vulgo iocantes, quod esset natura propensior, Priapum, non Priamum, saepe vocitarunt. »[Gordianus II] war unglaublich begierig nach Frauen; er hielt sich nämlich, so sagt man, zweiundzwanzig ausgesuchte Bettgenossinnen, von denen allen er je drei oder vier Söhne hinterliess. Er wurde als ›der Priamus seiner Zeit‹ bezeichnet; gemeinhin nannten die Leute ihn [aber] scherzhaft oft Priapus, nicht Priamus, weil dies, [wie sie meinten], seiner Natur besser entspräche.«

941

Vgl. Dräger (2005) 854–886, insb. 865–871. Vgl. Apollod. 3,147–152: Arisbe ist Priamos’ erste Frau, Hekabe seine zweite; Aisakos ist sein erster Sohn (und der einzige aus der Ehe mit Arisbe); Hektor ist sein erster und Paris sein zweiter Sohn von Hekabe. Hekabe gebiert ihm sodann zwölf weitere Kinder, vier Töchter und acht Söhne (darunter Troilos, der aber eigentlich ein Kuckuckskind von Apollon gewesen sein soll). Schliesslich hatte Priamos vierzig weitere Kinder (36 Söhne, vier Töchter) von weiteren, nicht namentlich genannten Nebenfrauen. 943 Die Verse gelten allerdings seit Friedrich Leo als unecht. 942

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Kommentar zu den Versen 85–97

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Verse 85–97: Empfang und Versprechen Penthesileias; Hybris Bei dem vorliegenden Abschnitt handelt es sich in nuce um eine Gastmahlszene, die jedoch erzählerisch nicht durchgeführt wird.944 Von den für ausgedehnte epische Gastmahlszenen (ideal-)typischen Strukturelementen945 begegnen hier nur in sehr gedrängter Form: (1) Begrüssung bzw. Empfang des Gastes durch den Gastgeber (1,85f. ἄγε δ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ […] / καί μιν […] τ ίεν); (2) Zubereitung des Essens (1,88 κα ί οἱ δόρπον ἔτευξε); (3) gemeinsames Mahl (1,90 δαίνυντ᾿ ἐν θαλ ίῃσιν); (4) Gespräch zwischen Gastgeber und Gast (1,90 ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης), dem auch Penthesileias Versprechen gegenüber Priamos (1,93–95 ἡ δ᾿ ἄρ᾿ ὑπέσχετο ἔργον κτλ.) zuzurechnen ist.946 Formell beschlossen wird das Gastmahl erst nach der eingeschobenen Ethopoiie der Andromache (1,98–117) mit (5) der ›offiziellen‹ Beendigung des Mahls (1,120 παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς) und (6) der anschliessenden Bereitstellung des Nachtlagers für Penthesileia (1,121f. δμωαὶ στόρεσαν θυμήρεα λέκτρα / […] Πενθεσιλείῃ). Zu Ende des 1. Buches, d.h. am Ende des darauffolgenden Tages, als Penthesileia tot ist, finden wir das Analogon, nämlich das Abendessen nach geschlagener Schlacht – nunmehr aufgrund der Siegesverhältnisse auf der Gegenseite, also bei den Griechen (die Troer müssen währenddessen ihre Toten bestatten); vgl. Q.S. 1,828–830: δὴ τότ᾿ ἄρ᾿ ἐν κλισίῃς ᾿Αγαμέμνονος ἀφνειοῖο / δαίνυτο Πηλείδαο βίη· σὺν δ᾿ ἄλλοι ἄριστοι / τέρποντ᾿ ἐν θαλίῃς μέχρις ᾿Ηῶ δῖαν ἱκέσθαι. »Da schmauste in der Hütte des wohlhabenden Agamemnon der gewaltige Pelide; die anderen Oberbefehlshaber aber erfreuten sich mit am Schmause, bis die göttliche Morgenröte heraufzog.«947 944 Zur Typologie, Gestaltung und Bedeutung von Gastmählern in der antiken Epik unter Berücksichtigung der diachronen Perspektive vgl. die Untersuchung von Bettenworth (2004). 945 Gemäss Bettenworth (2004) 45 sieht das »Schema einer epischen Gastmahlszene aus diachroner Perspektive« folgendermassen aus (von mir z.T. verkürzt oder leicht umformuliert): Ankunft des Gastes – Warten auf der Türschwelle – Beschreibung (Schauplatz; anwesende Personen) – supplicatio – Begrüssung – Platz bei Tische – Mahl (Vorbereitung; Genuss; Ende) – religiöse Handlungen – Gespräch zwischen Gastgeber und Gast – sängerische Darbietung – Bettruhe. 946 Zu (3) und (4): Diese beiden Punkte im Ablauf des Gastmahls sind, nota bene, nicht Teil der Erzählung, sondern des Vergleichs (1,88–90 ο ἷον ἔδουσι κτλ.). – zu (4): Aus dem Partizip ἀγαλλόμενοι geht freilich nicht direkt hervor, dass eine Konversation stattfindet, doch wird man sich wohl automatisch vorstellen, dass Gast und Gastgeber ihre Freude im gemeinsamen Gespräch teilen. 947 Für beide Szenen finden sich in der Ilias szenentypische Vorbilder, die allerdings fiel ausführlicher und ›vollständiger‹ sind: In Il. 2,402–441 lädt Agamemnon die »Befehlshaber der versammelten Achaier« (Il. 2,404 ἀριστῆας Παναχαι ῶν) zum gemeinsamen Essen vor der Schlacht, auf die sie besonders gut gerüstet sein müssen, da Achilleus nun nicht mehr dabei ist. In

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Obwohl dieses gemeinsame Essen kein Gastmahl ist, können wir darin doch ein klares Gegenbild zu Penthesileias Empfang bei Priamos sehen: Auf sprachlicher Ebene wird durch den Ausdruck Πηλείδαο βίη, der die gewaltige Stärke des Achilleus heraushebt und somit noch einmal an dessen Sieg über Penthesileia gemahnt, sowie mittels der Formulierung τ έρποντ᾿ ἐν θαλίῃς, welche ihr Analogon in 1,90 δα ίνυντ᾿ ἐν θαλ ίῃσιν hat,948 eine Verbindung zwischen den beiden Szenen nahegelegt. Darüber hinaus baut Quintus in unserem Abschnitt intertextuelle Bezüge zu zwei iliadischen Szenen auf, welche interpretatorisch von Relevanz sind: erstens zu Achilleus’ Gelöbnis, nichts mehr zu essen und zu trinken, bevor er Hektor getötet und also Patroklos’ Tod gerächt hat (Il. 19,205–210), und zweitens zu Achilleus’ gemeinsamem Mahl mit Priamos (Il. 24,621–627), als dieser ins griechische Lager eingedrungen ist, um Hektors Leiche freizubitten.949 Insbesondere durch den Vergleich mit der erstgenannten IliasStelle werden Penthesileia und Achilleus in ihrem Verhalten einander kontrastierend gegenübergestellt: Während Achilleus, der den Tod des Patroklos (indirekt) mitzuverantworten hat, die Einladung zum Essen vor der Schlacht ausschlägt, nimmt Penthesileia, die ihre Schwester unabsichtlich getötet hat, sie an. Dadurch kommt eine gewisse tragische Ironie zustande: Penthesileia speist, als ob die Schlacht bereits erfolgreich beendet wäre – in Wahrheit stehen Schlacht (und tödliche Niederlage!) erst bevor. Ferner lohnt, gleich wie bei den vorhergehenden Versen 62–85,950 auch hier ein Blick auf das zweite Buch: Memnon wird, wie zuvor Penthesileia, von Priamos empfangen und bewirtet; das Gastmahl lässt sich in folgende Strukturelemente zergliedern:951 (1) Ankunft des Gastes und Begrüssung durch die Menge (2,100–103); (2) ehrenvoller Empfang durch den Gastgeber Priamos (2,111f.); (3) gemeinsames Mahl (2,113); (4) Gespräch zwischen Gastgeber und Gast (2,113–160); (5) Beendigung des Mahls und Nachtruhe (2,161–163). Wie die Gliederung zeigt, beherrscht die Konversation zwischen Memnon und Priamos das ganze Mahl, während das Essen als solches nur nebenbei kurz erwähnt wird.952 Das Gespräch zeigt eine Il. 7,311–344 sodann findet sich das Pendant, das Mahl nach vollendetem Kampf: Aias opfert im Anschluss an seinen Zweikampf gegen Hektor in Agamemnons Zelt ein Rind und speist zusammen mit den anderen Heerführern. 948 Vgl. dazu im Detail den Kommentar zu (90) ἐν θαλίῃσιν. 949 Für eine detaillierte Analyse der intertextuellen Bezüge zu diesen beiden Ilias-Stellen vgl. den Kommentar zu (88) δόρπον ἔτευξε. 950 Vgl. die Einleitung zu den Versen 62–85. 951 In freier Anlehnung an Bettenworth (2004) 45. 952 Q.S. 2,113: ἀλλήλοις δ᾿ ὀάριζον ἐπ᾿ εἰλαπίνῃ καὶ ἐδωδῇ. »Sie unterhielten sich miteinander beim Festschmaus und beim Essen.« – Dies ist, so Bettenworth (2004) 81f., nicht untypisch für epische Gastmahlszenen: »Der eigentliche Vorgang der Nahrungsaufnahme, der in der Wirklichkeit das Kernstück eines Gastmahls bildet, wird nur in 15 von 40 Szenen ausdrücklich erwähnt.

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Kommentar zu den Versen 85–97

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klare Gliederung: Zuerst wird in indirekter Rede berichtet, wie Priamos von den troischen Helden und den schmerzhaften Verlusten auf seiner Seite, Memnon von seiner Herkunft und von seiner abenteuerlichen Reise nach Troja erzählt (2,114–123). Danach wechselt der Bericht in die direkte Rede; Priamos richtet sein Wort an Memnon (2,127–135): ὦ Μέμνον, τὸ μὲν ἄρ με θεοὶ ποίησαν ἰδέσθαι· σὸν στρατὸν ἠδὲ καὶ αὐτὸν ἐν ἡμετέροισι μελάθροις. ὥς μοι ἔτι κρήνειαν, ἵν᾿ ᾿Αργείους ἐσίδωμαι ὀλλυμένους ἅμα πάντας ὑπ᾿ ἐγχείῃσι τεῇσι. καὶ γὰρ δὴ μακάρεσσιν ἀτειρέσι πάντα ἔοικας ἐκπάγλως, ὡς οὔ τις ἐπιχθονίων ἡρώων· τῶ σ᾿ ὀίω κείνοισι φόνον στονόεντα βαλέσθαι. νῦν δ᾿ ἄγε τέρπεο θυμὸν ἐπ᾿ εἰλαπίνῃσιν ἐμῇσι σήμερον· αὐτὰρ ἔπειτα μαχήσεαι ὡς ἐπέοικεν. Memnon! Dies also haben mir die Götter vergönnt zu sehen: dein Heer und auch dich selbst in meinem Palast. Mögen sie mir auch noch erfüllen, dass ich die Argeier alle miteinander vernichtet sehe durch deine Speere! Ja, denn du gleichst den unzerstörbaren Göttern in allem ganz erstaunlich, so wie keiner von den Helden auf Erden; darum glaube ich daran, dass du jenen [Feinden] ein schmerzenreiches Blutbad bereiten wirst. Nun aber komm und erfreue dein Herz bei meinem Festschmaus heute; dann aber wirst du kämpfen, wie es dir gebührt.

Sodann trinkt Priamos auf Memnons Wohl mit einem massiven Kelch (δέπας), den Hephaistos einst für Zeus gefertigt hatte und der seit Generationen im Familienbesitz der Dardaniden ist (2,136–145; kleine genealogische Digression). Memnon antwortet auf Priamos’ Worte mit ausnehmender Bescheidenheit (2,148–155): οὐ μὲν χρὴ παρὰ δαιτὶ πελώριον εὐχετάασθαι οὐδ᾿ ἄρ᾿ ὑποσχεσίην κατανευσέμεν, ἀλλὰ ἕκηλον δαίνυσθ᾿ ἐν μεγάροισι καὶ ἄρτια μηχανάασθαι· εἴ τε γὰρ ἐσθλός τ᾿ εἰμὶ καὶ ἄλκιμος εἴ τε καὶ οὐκί, γνώσῃ ἐνὶ πτολέμῳ, ὁπότ᾿ ἀνέρος εἴδεται ἀλκή. νῦν δ᾿ ἄγε δὴ κοίτοιο μεδώμεθα μηδ᾿ ἀνὰ νύκτα πίνωμεν· χαλεπὸς γὰρ ἐπειγομένῳ μαχέεσθαι οἶνος ἀπειρέσιος καὶ ἀυπνοσύνη ἀλεγεινή. Die Dichter beschränken sich dabei auf eine kurze Be-//merkung wie δα ίνυντο oder auf eine Umschreibung, welche die Verben für Essen und Trinken ausspart.«; vgl. auch ead. 83: »Die Darstellung der Nahrungsaufnahme umgeht der homerische Dichter in 11 von 18 Szenen dadurch, daß er nur die Vorbereitung des Mahls oder allenfalls das Ausstrecken der Hände schildert, worauf er unmittelbar zum Ende des Schmauses übergeht.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Man soll nicht beim Essen etwas Gewaltiges geloben, noch ein Versprechen zunicken, sondern in Ruhe speisen in der Halle und sich [dabei] passende Dinge ausdenken. Denn ob ich tüchtig und stark bin oder auch nicht, wirst du im Kampf feststellen, wo sich die Stärke eines Mannes zeigt. Nun aber komm denn, lass uns ans Schlafengehen denken und nicht die Nacht hindurch zechen! Denn lästig ist für einen, den es drängt zu kämpfen, der Wein in rauhen Mengen und der mühselige Schlafmangel.

Memnons Antwort auf Priamos’ Lob und Aufforderung zur Stärkung, der beinahe etwas Erzieherisch-Vorwurfsvolles anhaftet, sollte m.E. in direktem Kontrast zu Penthesileias Gelöbnis in 1,93–95 gelesen werden: Während Penthesileia die Einladung zum Essen annimmt und vollmundig verspricht, Achilleus mitsamt allen anderen Achaiern zu vernichten, will sich Memnon sowohl gegen (zu) ausgelassenes Festen und Trinken vor getaner Arbeit wie auch gegen zuviel Lob und unangemessene, vorzeitige Versprechungen explizit verwahren. Memnons Worte klingen somit gewissermassen wie ein ex-post-Kommentar zum 1. Buch und zu Penthesileias Verhalten und lassen dieses im Nachhinein umso klarer hervortreten: Während die Amazonenkönigin einen hybriden, selbstgefälligen Charakter verkörpert, steht der König der Aithioper für das griechische Ideal der σωφροσύνη und der μεσότης. Verflochten mit Penthesileias Hybris ist ein weiterer Aspekt, der in den vorliegenden Versen ebenfalls mehrfach anklingt, nämlich die zwar nicht direkt ausgesprochene, aber aus dem Text unschwer sich kenntlich machende Gleichsetzung von Hektor und Penthesileia, die in dem vorangegangenen Vergleich 1,76–85 schon angelegt ist.953 Dadurch wird Penthesileias immense Bedeutung für Trojas Geschick hervorgehoben, gleichzeitig wird ihr eigenes Todesschicksal proleptisch vorausgedeutet, nicht zuletzt gewährleistet die Assoziation der beiden Figuren auf einer metapoetischen Ebene jedoch auch eine engere Verzahnung von Ilias und Posthomerica. Die Verknüpfung von Penthesileias Empfang mit Hektor ist, wie Vian ausführt, bereits in der Ikonographie des 4. und 5. Jahrhunderts v.Chr. ein Thema: auf entsprechenden bildlichen Darstellungen wird die Amazonenkönigin zuweilen im Palast (wie hier, vgl. 1,85 ἄγε δ ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ ἄνασσαν), zuweilen jedoch auch vor Hektors Grab von Priamos empfangen.954 Indem er Penthesileias Empfang mit deren impliziter Gleichsetzung 953 Vgl. die Kommentare zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνήρ […] ὣς ἄρα […] ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων; (86–87) εὖτε θύγατρα; (95) νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι. 954 Vgl. Vian (1963) 8: »La réception de Penthésilée par Priam, soit au palais, soit devant le tombeau d’Hector, est un thème iconographique qui apparaît au IVe siècle, peut-être même dès le début du Ve siècle. L’artiste figure parfois, à l’écart de la scène, Andromaque en deuil, serrant dans ses bras l’urne qui renferme les cendres d’Hector. On trouve là la préfiguration des deux scènes

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Kommentar zu den Versen 85–97

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mit Hektor verzahnt, greift Quintus somit auf ein bereits traditionelles Motiv zurück.955 (85) εἰς ἑὰ δώματ᾿ Die Junktur begegnet ausschliesslich bei Q.S.: hier sowie in Andromaches ergreifender Rede an die Mörder ihres Sohnes Astyanax, in der sie diese darum bittet, sie vor der Versklavung zu verschonen und stattdessen lieber ebenfalls zu töten (13,272–286). Sprachliches Vorbild (für 1,85 auch inhaltlich passend) dürfte A.R. 1,849 sein: καὶ δ᾿ αὐτοὺς ξεινοῦσθαι ἐπὶ σφεὰ δώματ᾿ ἄγεσκον. »Und [die Lemnierinnen] führten sie [= die Argonauten] zu ihren Häusern, um sie zu bewirten.« Vgl. ferner (rein sprachlich) Orph. Arg. 349 ἑὰ πρὸς δώμαθ᾿ ἕκαστος.956 Während sich hier das Possessivpronomen ἑά auf eine dritte Person Singular bezieht (ἄγε δ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ ἄνασσαν »und er führte die Königin in seinen Palast«), bezieht es sich an der zweiten Stelle eindeutig auf eine zweite Person Plural; vgl. 13,282 μηδ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ ἄγεσθε »und bringt mich nicht zu euren Häusern« (Andromache zu den Soldaten). Es liegt dort ein sogenannter ›erweiterter‹ oder ›freier‹ Gebrauch des reflexiven Possessivpronomens ἑός / ὅς vor.957 Unter diesem »alte[n] Problem der homerischen Sprache« (Schwyzer [1938]) versteht man die Verwendung von ἑός / ὅς nicht bloss für die dritte Person Singular (und Plural), sondern auch für eine erste oder zweite Person beider Numeri.958 Dieser merkwürdig anmutende Gebrauch geht vermutlich auf urindogermanische Sprachpraxis principales de la première partie : la réception de Priam et le monologue d’Andromaque. En outre ces monuments figurés attestent une relation étroite entre la venue de l’Amazone et la mort d’Hector ; ce thème a été exploité par le roman de Dictys qui fait périr Hector dans une embuscade au moment où il se porte à la rencontre de Penthésilée. Quintus le connaît aussi et prête à son héroïne le désir de venger Hector.« Dass man auch in Andromaches Ethopoiie (Q.S. 1,100–114) einen Reflex solcher ikonographischer Traditionen sehen sollte, scheint mir allerdings fraglich. 955 Damit soll jedoch keinesfalls eine Abhängigkeit des Quintus von einer bestimmten (ikonographischen) ›Quelle‹ und auch nicht von einer bestimmten Quellen›sorte‹ postuliert werden. Relevant ist einzig die Beobachtung, dass Quintus in einer (wie auch immer gearteten) Tradition steht und sich somit in einen bestehenden Kontext einordnet. 956 Vgl. auch den Kommentar zu (86) καί μιν προφρονέως τίεν ἔμπεδον mit Anm. 971 ad loc. 957 Die nachstehenden Ausführungen zum erweiterten Gebrauch von ἑός / ὅς basieren auf: Leaf I, 559–565; Schwyzer (1938); Rengakos (1993) 110–119. Weitere (ältere und neuere), hier nicht berücksichtigte Literatur bei Rengakos (1993) 110f. Anm. 3. – Das Phänomen wurde von Rengakos a.a.O. für A.R. erschöpfend dargestellt. Eine entsprechende Untersuchung zu den Posthomerica fehlt und ist an dieser Stelle nicht möglich, dürfte jedoch von Interesse sein. Einen vergleichbaren Ansatz in eine etwas andere Richtung bietet Chrysafis (1985) 18–26 mit einer Untersuchung des Personalpronomens μιν als Dativ Singular oder Plural anstelle von οἱ bzw. σφιν bei Q.S. 958 Ob man die Verwendung für die 3. Person Plural auch als erweiterten / freien Gebrauch auffassen will, sei dahingestellt, scheint mir aber immerhin fraglich (vgl. lat. suus). Da sowohl die homerischen Epen als auch Apollonios und Quintus ἑός / ὅς häufig für die 3. Person Plural einsetzen, wird dieser Anwendungsbereich im Folgenden ausgeklammert.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

zurück, stellt also keine innergriechische Erfindung dar,959 und wurde von Aristarch aus dem Homertext zu entfernen versucht, nachdem noch Zenodot keinen Anstoss daran genommen hatte.960 Sowohl Apollonios als auch Quintus nehmen dieses archaische Relikt der frühen Epik auf: meus tuus noster vester

Il. + Od.961 3x 5x 1x —

Argonautica962 2x 4x 1x 3x

Posthomerica963 — 6x 6x 6x

(86) καί μιν προφρονέως τίεν ἔμπεδον  Das Adverb προφρονέως 5x Il. – h. Cer. 138 und 487; h. Merc. 561 – Hes. Th. 433 und 677 – A.R. 2,800 und 3,1189 – Orac. Sib. 1,209 und 1,256 GCS – 4x Phleg. – 12x Greg. Naz. – 20x Q.S. – Nonn. Par. 4,46 – Eudoc. homeroc. 2,30 – 5x Anth. Gr.

Metrisch steht das Adverb προφρονέως im frühgriechischen Epos entweder im ersten oder zweiten Versfuss, woran sich Quintus strikte hält, wobei er quantitativ die Initialstellung (15x) gegenüber der Binnenposition (5x, wie hier) bevorzugt. Semantisch bezeichnet es einerseits die Entschiedenheit und Bereitwilligkeit, mit der eine Handlung ausgeführt wird, andererseits die damit verbundene Freude und die innere emotionale Anteilnahme.964 Beide Bedeutungen schwingen an der vorliegenden Stelle mit: Priamos freut sich über Penthesileias Ankunft (vgl. 1,84 γήθησε) – und dementsprechend bereitwillig und gastlich heisst er sie willkommen. προφρονέως ist in den Posthomerica im Kontext zweier verschiedener semantischer Bereiche besonders geläufig: einerseits im semantischen Feld »Krieg« als Adverb zu einem Verb des Kämpfens, andererseits im semantischen Feld »Gastlichkeit«, d.h. nach Verben des Gebens, Schenkens, Gewährens bzw. des Willkommenheissens. Beide Bedeutungsbereiche gehen auf Verwendungen in der Ilias zurück; vgl. Il. 5,810 προφρονέως […] Τρώεσσι μ άχεσθαι »bereitwillig gegen die Troer zu kämpfen« und Il. 7,160 προφρονέως […] ῞Εκτορος ἀντίον ἐλθεῖν »mit Entschlossenheit Hektor entgegenzutreten« (Bedeutungsfeld »Krieg«); Il. 6,173 προφρον έως μιν 959

Zweifel an dieser Auffassung hegen Heubeck / Hoekstra (1989) 184 (zu Od. 13,320–323). Der Umstand, dass Apollonios den erweiterten Gebrauch von ἑός / ὅς kennt und anwendet, wurde oft als Argument für dessen Zenodotnachfolge herangezogen. Gemäss Rengakos (1993) 111 sind diese Fälle jedoch »nur als Testimonien der voralexandrinischen Vulgata zu bewerten und gehören deshalb zu den Abweichungen beider Dichter von Aristarch und der mit ihm übereinstimmenden handschriftlichen Vulgata«. 961 Gemäss Leaf I, 561f. 962 Gemäss Rengakos (1993) 116–118. 963 Gemäss Pompella (1981) und VB s.v. ἑός. 964 Vgl. LSJ s.v. πρόφρων; LfgrE s.v. πρόφρων, πρόφρασσα, προφρονέως (mit weitergehenden Bedeutungsdifferenzierungen); VB s.v. προφρονέως: »volontiers, de bon cœur, avec ardeur«. 960

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τῖεν ἄναξ Λυκ ίης ε ὐρείης »es ehrte ihn [= Bellerophontes] freudig der König des weiten Lykien« (Bedeutungsfeld »Gastlichkeit«).965 Mit Bezug auf den erstgenannten Bereich stellt Quintus das Adverb regelmässig mit den Verben μάχεσθαι und μάρνασθαι zusammen;966 für den zweitgenannten hingegen lassen sich keine spezifisch formelhaft wiederkehrende sprachliche Muster feststellen. Anstelle eines Adverbs προφρον έως verwendet Quintus zuweilen auch die Präpositionalphrase πρόφρονι θυμῷ.967 Q.S. 1,86 κα ί μιν προφρον έως τ ίεν ist unverkennbar nach Il. 6,173 προφρονέως μιν τ ῖεν (s.o.) gestaltet und ruft einen für den vorliegenden Zusammenhang sinnträchtigen Kontext auf: Der Vers steht in Glaukos’ metadiegetischer Erzählung über seinen Grossvater Bellerophontes (Il. 6,145–211) und berichtet von dessen Bewirtung beim König von Lykien, zu dem ihn sein Widersacher Proitos mit »verderblichen Zeichen« (σήματα λυγρά, Il. 6,168) geschickt hatte. Als Bellerophontes die Zeichen am zehnten Tag dem König von Lykien zeigt, stellt dieser ihn vor drei (beinahe) unlösbare Aufgaben, deren dritte darin besteht, die Amazonen zu erschlagen (Il. 6,186 τὸ τρίτον αὖ κατέπεφνεν ᾿Αμαζόνας ἀντιανείρας »drittens aber erschlug er die männergleichen Amazonen«). Über den intertextuellen Rückgriff auf den nämlichen Ilias-Vers wird somit dem Leser ein Kontext in Erinnerung gebracht, der (1.) an ein ›Unglücksgastmahl‹ und (2.) an den Tod der Amazonen gemahnt und somit auf das Schicksal Penthesileias und ihrer Gefährtinnen vorausweist. Textintern ist mit der vorliegenden Stelle besonders Q.S. 2,136–138 zu vergleichen: παλάμῃσι δέπας πολυχανδὲς ἀείρας / Μέμνονα προφρονέως στιβαρῷ δείδεκτο κυπέλλῳ / χρυσείῳ. »[Priamos] hob mit seinen Händen einen vielfassenden Kelch in die Höhe und prostete Memnon mit dem wuchtigen Goldpokal freudig zu.«968 Vgl. ausserdem 12,421: προφρον έως μιν ἄγον ποτὶ Τρώιον ἄστυ. »[Die Troer] führten ihn [= Sinon] bereitwillig in die Stadt Troja.«969 965

Vgl. auch πρόφρων »gastfreundlich« als prädikatives Adjektiv, z.B. Il. 9,480: ὃ δέ με πρόφρων ὑπέδεκτο. »Der aber [= Peleus] nahm mich [= Phoinix] gastfreundlich auf.«; vgl. auch Od. 14,54; 20,372; 23,314. 966 Q.S. 3,323 προφρον έως ἐμάχοντο; 4,454f. μ άχοιτο / προφρον έως; 11,281f. ἐμάχοντο / προφρονέως. – 9,286 προφρονέως μάρναντο; 11,351 προφρονέως μάρναντο; 11,432f. μάρνασθ᾿ […] / προφρονέως. – Vgl. ausserdem 6,323 προφρονέως δ᾿ οἴμησαν ἀπ᾿ ἄστεος; 9,204f. πονέοντο / προφρονέως ἀνὰ δῆριν ἀμείλιχον. 967 Vgl z.B. Q.S. 6,143f.: το ῦ δ᾿ ἄρα κ ύδιμον υ ἷα Π άρις μ άλα πρ όφρονι θυμ ῷ / ἦγεν ἑὸν ποτὶ δῶμα δι᾿ εὐρυχόροιο πόληος. »Dessen [= Telephos’] ruhmreichen Sohn also führte Paris in seinem gar wohlwollenden Sinn durch die Stadt mit ihren weiten Reigenplätzen hindurch zu seinem Haus.« 968 Für einen Vergleich der Gastmahlszenen bei Penthesileias und bei Memnons Empfang (1. und 2. Buch der Posthomerica) vgl. die einleitenden Bemerkungen zu diesem Abschnitt. 969 Vgl. ausserdem Q.S. 5,588 προφρονέως ἂν ὄπασσα; 6,89–91 δώσω […] / […] πολλὰ καὶ ὄλβια δῶρα […] / προφρονέως; 7,212 δώσω προφρονέως; 7,374f. ὤπασεν […] / προφρονέως.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Während προφρονέως in Q.S. 1,86 semantisch bestem homerischem Gebrauch entspricht und ausserdem kontextuell einen aussagekräftigen iliadischen Hintergrundtext aufruft, scheint das Adverb ἔμπεδον etwas aus dem Rahmen zu fallen. Typisch homerische Wendungen wie μ ένον ἔμπεδον »sie blieben standhaft« (Il. 5,527 und öfters) sind ansonsten auch bei Q.S. die Regel,970 während sich für τίεν ἔμπεδον »ehrte standhaft« keine Parallele finden lässt. Ferner ist zu erwähnen, dass die Adverbien προφρονέως und ἔμπεδον im Griechischen sonst nirgends Kollokationen bilden.971 Quintus kombiniert also mit καὶ μιν προφρονέως τίεν einen stark homerisch anmutenden (und in der Tat einem konkreten homerischen Vers nachempfundenen) Ausdruck mit einem leicht ›schrillen‹, unidiomatischen Element. Semantisch dient ἔμπεδον dazu, Priamos’ beinahe aufdringliche Beflissenheit herauszustreichen: Der König der Troer ›ehrt‹ (d.h. bewirtet und beschenkt) Penthesileia freudig und bereitwillig, und zwar mit Nachdruck und Insistenz, setzt er in sie doch alle Hoffnung auf einen ›doch-noch-Sieg‹ der Troer.972 (86–87) εὖτε θύγατρα / τηλόθε νοστήσασαν ἐεικοστῷ λυκάβαντι Der Vergleich Penthesileias mit einer Tochter, die nach zwanzig Jahren Abwesenheit aus der Ferne heimkehrt, knüpft an die unmittelbar vorausgehende Erwähnung von Priamos’ anhaltendem, unauslöschlichem Schmerz über den Verlust seiner Kinder (1,84f.) – die sprichwörtlichen Πριαμικα ὶ τύχαι – an. Stilistisch wird diese Parallelisierung mittels der jeweiligen Endstellung von παίδων (Vers 84) und θύγατρα (Vers 86) hervorgehoben; man beachte ausserdem die Anhäufung der dunklen, Priamos’ Kummer verdeutlichenden a-Laute im dazwischenliegenden Vers 85 (ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. ἄγε δ ᾿ εἰς ἑὰ δώματ᾿ ἄνασσαν). Darüber hinaus weckt ein Nostos nach zwanzig Jahren natürlich sofort die Assoziation an Odysseus, der nach gesamthaft zwanzig Jahren endlich nach Hause zu seiner Familie zurückgelangt. Somit wird die bereits im vorhergehenden Gleichnis (1,76– 85) auf intertextueller Ebene angelegte Gleichsetzung von Penthesileia und Odysseus und die daraus resultierende implizite Auffassung der Amazonenkönigin als Tochter des Priamos973 offensichtlich – fast könnte man meinen, 970 Q.S. 2,514f. ἐμάχοντο […] / ἔμπεδον ; 5,270 und 6,599 μ ένον ἔμπεδον; 8,169 ἔμπεδον ἐρρίζωται; 12,240 ο ἱ πάντα μ έλοιτο μ άλ᾿ ἔμπεδον; 12,365f. ἔμπεδον ἠύτε π έτρη / μ ίμνεν. – Einen etwas erweiterten Gebrauch finden wir in 10,22 ἔμπεδον εἴδατα κεῖται »die Vorräte sind sicher verstaut«, doch ist dieser Bedeutungsbereich schon klassisch; vgl. Soph. Phil. 1197 ἴσθι τόδ᾿ ἔμπεδον »wisse dies mit Gewissheit!«. 971 Möglicherweise findet sich jedoch ein sprachlicher Reflex von Q.S. 85–87 in Orph. Arg. 347–349: τ όφρα μ ὲν ο ὖν ἐπίκουροι ᾿Ιάσονος ἔμπεδον αἰεί / μ ίμνωμεν προφρόνως ξυν ῶν ἐπαρηγόνες ἄθλων, / ζωοὶ νοστήσωμεν ἑὰ πρὸς δώμαθ᾿ ἕκαστος. 972 Vgl. die treffende Übersetzung von James (2004): »Eagerly he pressed her with honors«. 973 Vgl. dazu den Kommentar zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […]

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dass Quintus das, was er in einem ersten Schritt zwischen den Zeilen dem lector doctus angedeutet hat, nun in einem zweiten Schritt auf eine für jedermann verständliche Weise dupliziert.974 Der Bezug zu Odysseus und der Heimkehrthematik ist allerdings nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich aufgrund der Wendung ἐεικοστῷ λυκάβαντι gegeben: λυκ άβας ist ein homerisches dis legomenon in dem Iteratvers το ῦδ᾿ αὐτοῦ λυκ άβαντος ἐλεύσεται ἐνθάδ᾿ ᾿Οδυσσεύς »noch in demselben Jahr wird Odysseus wieder hierher zurückkommen« (Od. 14,161 = 19,306);975 an beiden Stellen spricht Odysseus selber inkognito, einmal zum Sauhirten Eumaios, einmal zu Penelope. In Od. 2,175 sodann sagt der Seher Halitherses vor der Volksversammlung, dass Odysseus ἄγνωστον π άντεσσιν ἐεικοστῷ ἐνιαυτῷ heimkehren werde, »unerkannt von allen im zwanzigsten Jahr«. Q.S. 1,87 stellt, wie sich unschwer erkennen lässt, eine sprachliche ›Kreuzung‹ zwischen Od. 14,161 = 19,306 und Od. 2,175 dar.976 Aus inhaltlicher Sicht ist auf den Kontext zweier dieser drei Stellen hinzuweisen: In Od. 2,174–176 ist die Rede von Odysseus’ zahlreichen Leiden (κακὰ πολλά) und vom Verlust all seiner Gefährten;977 die Passage lässt sich somit mit dem bevorstehenden Tod von Penthesileias Begleiterinnen in Verbindung bringen. In Od. 14,161–164 sodann wird die Rache an den Freiern als ›noch in demselben Jahr stattfindend‹ von Odysseus angekündigt.978 Quintus referiert also mit dem Substantiv λυκ άβας nicht bloss auf Odysseus und die Nostosthematik, sondern auch auf das Motiv von Unrecht und Rache, das auch für Priamos von grosser Bedeutung ist: Priamos will Rache für seine – aus seiner Sicht zu Unrecht – zu

974 Das Motiv gehört zum ›Grundvorrat‹ an mythologischem (Bildungs-)Wissen eines jeden Griechen, es ist Bestandteil seines kulturellen Gedächtnisses. Vgl. dazu Schmitz (1997) 168–175, der zeigt, wie die Konzert- und Showredner der Zweiten Sophistik solches Elementarwissen auf allgemeinverständliche Weise in ihre Reden einbauen, um nicht nur einer gesellschaftlichen Elite, sondern auch einem Massenpublikum gerecht zu werden, mit dem Effekt, dass »alle Angeredeten sich in die Gemeinschaft der πεπαιδευμένοι eingeschlossen fühlen können« (175). 975 Die Etymologie des Wortes ist strittig, es wurde jedoch »[i]m Altertum fast einstimmig als ‘Jahr’ aufgefaßt« (so LfgrE s.v. λυκάβας); vgl. auch Chantraine (1968) s.v. λυκάβας. 976 Imitation von Q.S. 1,87 bei Eudocia, de martyrio Sancti Cypriani 2,82 ἐεικοστοῦ λυκ άβαντος; vgl. ausserdem Anth. Gr. App. 2,618,3 εἰκοστῶ λυκάβαντι. 977 Od. 2,174–176: φ ῆν κακ ὰ πολλ ὰ παθ όντ᾿, ὀλέσαντ᾿ ἄπο π άντας ἑταίρους, / ἄγνωστον πάντεσσιν ἐεικοστῷ ἐνιαυτῷ / ο ἴκαδ᾿ ἐλεύσεσθαι· τ ὰ δὲ δὴ νῦν π άντα τελε ῖται. »Ich sagte, dass er, wenn er viel Schlimmes erlitten und sämtliche Gefährten verloren, unerkannt von allen im zwanzigsten Jahr nach Hause kommen würde – dies alles aber wird sich nun vollenden.« 978 Od. 14,161–164: τοῦδ᾿ αὐτοῦ λυκάβαντος ἐλεύσεται ἐνθάδ᾿ ᾿Οδυσσεύς, / τοῦ μὲν φθίνοντος μηνός, τοῦ δ᾿ ἱσταμένοιο, / οἴκαδε νοστήσας, καὶ τίσεται, ὅς τις ἐκείνου / ἐνθάδ᾿ ἀτιμάζει ἄλοχον κα ὶ φα ίδιμον υ ἱόν. »Noch in demselben Jahr wird Odysseus [wieder] hierher kommen, noch während der eine Mond unter- und der andere aufgeht, wird er nach Hause zurückkehren, und jeder, der seiner Frau und seinem herrlichen Sohn hier Unrecht antut, wird dafür büssen.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Tode gekommenen Kinder, insbesondere jedoch für Hektor, und Penthesileia, die er wie eine Tochter empfängt, soll für ihn diese Aufgabe erledigen. Das Substantiv λυκάβας ist ausserdem häufig auf hexametrischen Grabinschriften anzutreffen, wird also von einem zeitgenössischen Leser der Posthomerica möglicherweise auch aus diesem Grund mit dem Tod assoziiert.979 Die Kommentatoren haben ferner auf einen Vergleich im sechzehnten Buch der Odyssee als Parallele zu Q.S. 1,86f. aufmerksam gemacht,980 wo es von Telemachos heisst, er – der bereits verloren geglaubte – werde bei seiner Ankunft auf Ithaka von Eumaios umarmt und geküsst wie ein Sohn von seinem Vater, wenn er nach zehnjähriger Abwesenheit endlich zurückkehrt.981 Der Vergleich hat in der Odyssee die wichtige Funktion, einerseits Eumaios’ Verbundenheit mit der Familie des Odysseus’ hervorzuheben und andererseits Telemachos mit seinem Vater auf eine Stufe zu stellen,982 und fügt sich somit in die Reihe der obengenannten Passagen, aufgrund deren wir Penthesileia mit Odysseus assoziieren, ein. Auch hier vermag der Kontext der ›Vorlage‹ dem ›Imitat‹ eine zusätzliche Tiefendimension zu verleihen: Eumaios umarmt Telemachos wie einen heimgekehrten Sohn, »als ob er dem Tode entronnen wäre« (Od. 16,21) – was ja auch Hand und Fuss hat, wäre doch Telemachos beinahe einem hinterhältigen Anschlag der Freier zum Opfer gefallen. Diesen Kontext können wir als Kontrastfolie zu Q.S. 1,86f. lesen: Priamos begrüsst Penthesileia wie eine verloren geglaubte Tochter – doch ist diese nicht etwa dem Tode entronnen, sondern der Tod steht ihr unmittelbar bevor. In den Posthomerica selber finden wir einen ähnlichen Vergleich in 7,637–641, als Phoinix, Achilleus’ Erzieher, dessen Sohn Neoptolemos, der seinem Vater zum Verwechseln ähnlich sieht, herzlich begrüsst: ἀμφεχύθη 979

Vgl. z.B. IG IV 622 (Argos): κ]ούφ[η γα]ῖα κέκ[ευθ]ε τρι[ακο]στῷ λυκάβαντι / ὠ[μ]ὸ[ν ἔτ᾿] ὠδεινῶν φόρτον ἀει[ρο]μένην / Πώλλαν, [πο]λ[λὰ λ]ιποῦσαν ἀ[π]εχθέα [δάκρ]υα μητρί, / μητέρα [τὴ]ν μήπω πικρὸς [ἔμ]α[ρ]ψ᾿ ᾿Αίδης. »Leichte Erde bedeckt sie, die in ihrem dreissigsten Lebensjahr eine noch unreife Frucht in ihrem Leibe trug, Polla, und viele verhasste Tränen hinterlässt sie ihrer Mutter – sie, die, [selber] noch nicht Mutter, der grausame Hades zu sich nahm.« – Für weitere inschriftliche Belege vgl. LSJ s.v. λυκ άβας und Chantraine (1968) s.v. λυκάβας. 980 Vian (1963) 161 Anm. 3 (zu 15); James (2004) 269. 981 Od. 16,17–21: ὡς δὲ πατὴρ ὃν παῖδα φίλα φρονέων ἀγαπάζῃ / ἐλθόντ᾿ ἐξ ἀπίης γαίης δεκάτῳ ἐνιαυτῷ, / μοῦνον τηλύγετον, τῷ ἐπ᾿ ἄλγεα πολλὰ μογήσῃ, / ὣς τότε Τηλέμαχον θεοειδέα δῖος ὑφορβός / πάντα κύσεν περιφύς, ὡς ἐκ θανάτοιο φυγόντα. »Und wie ein Vater seinen Sohn mit Wohlwollen begrüsst, wenn er aus fernem Lande im zehnten Jahr zurückkehrt, seinen einzigen, spätgeborenen, um den er viele Schmerzen gelitten hat: so küsste da der göttliche Sauhirt den göttergleichen Telemachos und umarmte ihn ganz, als ob er dem Tode entronnen wäre.« 982 Beides ist in der Folge von enormer Bedeutung: Eumaios spielt eine zentrale Rolle im weiteren Verlauf der Geschichte, und Telemachos wird bei der Erschiessung der Freier Seite an Seite mit Odysseus seinen Mann stehen.

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δέ οἱ, ε ὖτε πατ ὴρ περ ὶ παιδ ὶ χυθε ίη, / ὅς τε θε ῶν ἰότητι πολ ὺν χρ όνον ἄλγε᾿ ἀνατλάς / ἔλθοι ἑὸν ποτ ὶ δῶμα φ ίλῳ μέγα χ άρμα τοκ ῆι· / ὣς ὁ Νεοπτολέμοιο κάρη καὶ στήθεα κύσσεν / ἀμφιχυθείς. »Und er umarmte ihn, wie wenn ein Vater seinen Sohn umarmt, der nach dem Willen der Götter lange Zeit Schmerzen erduldet und nun zu sich nach Hause zurückkehrt, seinem lieben Vater ein Grund zu grosser Freude: so küsste er des Neoptolemos’ Haupt und Brust, als er ihn umarmte.« Als weitere intratextuelle Parallele anzuführen ist ferner Q.S. 13,537–543 im Zusammenhang mit der (beinahe missglückten) Wiedererkennung zwischen Aithra und ihren Enkeln Demophoon und Akamas: ὡς δ᾿ ὁπότ᾿ αἰζηοῖο μετ᾿ ἀλλοδαποῖσιν ἐόντος / λαο ὶ φημ ίξωσι μ όρον, τ ὸν δ ᾿ ἔκποθεν υ ἷες / ὕστερον ἀθρήσαντες ἐς ο ἰκία νοστ ήσαντα / κλα ίουσιν μ άλα τερπν όν· ὁ δ᾿ ἔμπαλι παισὶ καὶ αὐτός / μύρεται ἐν μεγάροισιν ἐνωπαδόν, ἀμφὶ δὲ δῶμα / ἡδὺ κινυρομ ένων γοερ ὴ περιπέπτατ᾿ ἰωή· / ὣς τ ῶν μυρομ ένων λαρ ὸς γόος ἀμφιδεδήει. »Und wie wenn die Leute das Gerücht vom Tod eines Mannes verbreiten, der unter Fremden war, später aber sehen ihn seine Söhne von irgendwoher nach Hause heimkehren, und sie weinen Freudentränen; dieser aber weint ebenfalls vor seinen Söhnen in der Halle, und rings ums Haus flattert der jammervolle Klang derer, die süss klagen: so loderte ringsum ihr lieblicher Klagegesang, als sie weinten.«983 Die beiden Stellen unterscheiden sich jedoch von Q.S. 1,86f. dadurch, dass es sich hier tatsächlich um Begrüssungs- bzw. Wiedererkennungsszenen zwischen Verwandten handelt. Diese zwei Vergleiche sind somit viel stärker im Realen verankert (das tertium comparationis ist die Begrüssung bzw. Wiedererkennung zwischen [totgeglaubten] Verwandten), wohingegen dem Vergleich Penthesileias mit einer Tochter, die nach zwanzig Jahren heimkehrt, etwas Irreales anhaftet: Weder ist sie in Wahrheit Priamos’ Tochter, noch wird die Freude über die Begegnung lange andauern können – der Hauch des Todes ist bereits zu spüren. Ausserdem schwingt in dem PenthesileiaTochter-Vergleich ein schriller Nebenton mit, insofern als das Thema ›Familie‹ mit den Amazonen schlecht kompatibel ist. Ihre Abstammung vom Kriegsgott Ares ist ein Konstrukt, das mit der Gräzisierung der Amazonen, ihrer Angleichung an den griechischen Kulturkreis zusammenhängt,984 und die Frage, wie sich die ›Männerhasserinnen‹ denn eigentlich vermehren, war in der Antike ein vieldiskutiertes Problem.

983 Für die beiden Parallelen vgl. James (2004) 269; für die erstgenannte auch Vian (1963) 161 Anm. 3 (zu 15). 984 Vgl. dazu den Kommentar zu (55) ῎Αρεος […] θύγατρα.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(87) τηλόθε νοστήσασαν τηλόθε(ν) νοστεῖν »aus der Ferne heimkehren« ist – erstaunlicherweise! – ein im Griechischen sonst nirgends belegter Ausdruck. Die Stämme τηλ und νοστ- verbinden sich lediglich an drei Stellen in der Odyssee; vgl. Od. 17,253 ὡς ᾿Οδυσῆί γε τηλοῦ ἀπώλετο νόστιμον ἦμαρ »so wie dem Odysseus der Tag der Heimkehr in der Ferne verloren ging«; Od. 22,323 τηλοῦ ἐμοὶ νόστοιο τ έλος γλυκερο ῖο γεν έσθαι »dass mir das Ende der süssen Heimkehr fern bleibe«; Od. 23,67f. ᾿Οδυσσεύς / ὤλεσε τηλο ῦ νόστον ᾿Αχαιίδος »Odysseus hat die Heimkehr verwirkt fernab vom Lande der Achaier«. Das Verb νοστεῖν wird in den homerischen Epen im Normalfall nicht mit Herkunfts-, sondern mit Richtungsangaben konstruiert, z.B. mit ἐς + Akk. (z.B. in dem formelhaften Versschluss φίλην ἐς πατρίδα γαῖαν, 2x Il., 5x Od.) oder mit direktivischen Richtungsangaben (z.B. οἴκαδε [5x Il., 7x Od.], ᾿Ιθάκηνδε [3x Od.], κεῖσε [1x Il., 2x Od.]; ὅνδε δόμονδε [5x Od., in dem Iteratvers νοστ ῆσαι ᾿Οδυσῆα πολ ύφρονα ὅνδε δ όμονδε]).985 Herkunftsangaben dagegen sind die Ausnahme; vgl. Il. 13,232f. μ ὴ κε ῖνος ἀνὴρ ἔτι νοστήσειεν / ἐκ Τροίης »jener Mann möge nicht mehr heimkehren aus Troja«; 17,239 νοστησ έμεν ἐκ πολ έμοιο; 22,444 ῞Εκτορι […] μάχης ἐκνοστήσαντι. Quintus richtet sich im Wesentlichen nach dem homerischen Usus, indem er νοστέω entweder absolut, d.h. ohne Richtungs- oder Herkunftsangaben verwendet (5x) oder mit einer Richtungsangabe, d.h. mit blossem Akkusativ oder mit einer Präposition (ἐς oder κατά) verbindet (5x).986 Mit einer Herkunftsangabe verknüpft er das Verb nur hier sowie in 1,646 μάχης ἀπονοστήσασα987 und in 5,549 νοστήσας Τροίηθε. Q.S. 1,269 ἑὴν νοστ ήσατο π άτρην988 ist dem erwähnten homerischen νοστ-[…] ἐς πατρ ίδα γα ῖαν (s.o.) nachempfunden; desgleichen 1,371 ἐς ῾Ελλάδα νοστήσαντες und 7,214 ἐς ῾Ελλάδα νοστήσωμεν. Entsprechend sind 1,669 κατ᾿ οἰκία νοστήσαντες und 13,539 ἐς οἰκία νοστήσαντα nach der homerischen Formel οἴκαδε νοστησ- (s.o.) gebildet. Möglicherweise soll hier mit dem zwar problemlos verständlichen und griechisch klingenden, jedoch offensichtlich ungebräuchlichen und unidiomatisch anmutenden Ausdruck τηλόθε νοστήσασαν die ›Irrealität‹ des Penthesileia-Tochter-Vergleichs sprachlich zusätzlich herausgehoben werden.

985 Vgl. im Detail LfgrE s.v. (νοστέω) νοστ ήσω, νοστ ῆσαι; für nachhomerische / klassische Belege vgl. LSJ s.v. νοστέω. 986 Für die genauen Stellen vgl. VB s.v. νοστέω. 987 Q.S. 1,646 μάχης ἀπονοστήσασα ist Il. 22,444 μάχης ἐκνοστήσαντι nachempfunden. 988 Die mediale Form νοστήσατο ist ohne sichere Parallele; nur in Q.S. 6,387 findet sich noch die Form νοστησάμην als varia lectio zu νοσφισάμην.

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(88) δόρπον ἔτευξε δόρπον bezeichnet im homerischen Sprachgebrauch spezifisch das (beim Sonnenuntergang eingenommene) Abendmahl; vgl. z.B. Od. 4,428f.: αὐτὰρ ἐπεί ῥ᾿ ἐπὶ νῆα κατ ήλυθον ἠδὲ θάλασσαν, / δ όρπον ἂρ ὁπλισάμεσθ᾿, ἐπί τ᾿ ἤλυθεν ἀμβροσίη ν ύξ. »Doch nachdem ich [= Menelaos] zu den Schiffen und zum Meer hinuntergegangen war, rüsteten wir das Nachtmahl, und dann zog die ambrosische Nacht auf.« In der späteren Epik jedoch kann das Wort auch generalisierend für jedwede Mahlzeit – etwa als Synonym zu δαίς oder δεῖπνον – gebraucht werden; vgl. z.B. Q.S. 4,278: ἡ μὲν δόρποιο πέλεν ταμίη καὶ ἐδωδῆς. »Die eine [der Sklavinnen] war die Verantwortliche für die Mahlzeiten und das Essen.«989 Zu welcher Tageszeit Penthesileia von Priamos zum Mahl geladen wird, ist aus dem Text nicht direkt erkennbar, doch lässt der Vergleich mit den βασιλῆες, die beim Essen ihren Sieg feiern, auf den Abend schliessen. Diese Vermutung bestätigt sich kurz darauf mit der Nennung des Sonnenuntergangs im Anschluss an Andromaches Ethopoiie (1,118f.). Die Kollokation der Stämme δορπ - und τευχ - ist auf das homerische Epos beschränkt und auch da selten: Nebst der einmaligen Wendung τεύξεσθαι μέγα δόρπον (Il. 19,208) findet sich nur in der Odyssee 4x der Ausdruck δ όρπον τετυκ έσθαι »das (Nacht-)Mahl rüsten«.990 In der späteren Epik wird die Kollokation einzig von Quintus an zwei Stellen wieder aufgegriffen, hier und in 9,431 δόρπον ἐὺν τεύξαντο; ihr haftet somit ein archaisch-feierlicher Beiklang an. Für beide Stellen ist die genannte Wendung in Il. 19,208 (die auch auf A.R. gewirkt hat, vgl. Anm. 991) das direkte sprachliche Vorbild. Dieser Vorbildcharakter wird noch bestärkt durch die Tatsache, dass sowohl in Il. 19,208 als auch in Q.S. 1,88 und 9,431 δόρπον jeweils mit einem Adjektivattribut steht: δ όρπον wird sonst nämlich in der homerischen Sprache im Normalfall nicht mit einem Adjektiv zusammengestellt, und Quintus hält sich in der Tendenz an diese ›Regel‹.991 Mit Il. 19,208 referiert Quintus gleichzeitig auf einen zentralen Vergleichstext aus der Ilias, nämlich auf Achilleus’ Rede an Agamemnon nach der Versöhnung, als Ersterer gelobt,992 solange nichts zu trinken und zu 989

Die ersten Belege für unspezifischen Gebrauch sind gemäss LfgrE s.v. δόρπον h. Cer. 129 und h. Apoll. 511. Für weitere Stellenbelege vgl. auch LSJ s.v. δόρπον. 990 Mit dem epischen Reduplikationsaorist; vgl. Od. 12,283 und 14,408 τετυκοίμεθα δόρπον; 12,307 δόρπον […] τετύκοντο; 21,428 δόρπον […] τετυκέσθαι. 991 δόρπον mit Adjektiv: im homerischen Epos nur in Il. 19,208 μέγα δόρπον; Od. 12,283 und 14,408 λαρ ὸν […] δ όρπον (vgl. ferner h. Cer. 129 δ όρποιο μελ ίφρονος); bei Q.S. nur in 1,88 δόρπον […] πανείδατον und 9,431 δόρπον ἐύν; vgl. auch A.R.: nie mit Adjektiv ausser in 2,157 und 2,304 μέγα δόρπον (in Anlehnung an Il. 19,208). 992 Grammatikalisch handelt es sich bei Il. 19,209f. natürlich nicht um einen Wunschsatz, sondern um eine potentiale Aussage; vgl. aber Schwyzer II, 329: »Bes[onders] in der 1. und 2. Pers., oft in der Frage und negiert, erscheint der Potential (auch bei Homer mit ἄν) als gegenüber dem

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essen, bis dass er Hektor getötet und somit Patroklos’ Tod gerächt habe (Il. 19,199–214); vgl. insbesondere Il. 19,205–210: ὑμεῖς δ᾿ ἐς βρωτὺν ὀτρύνετον. ἦ τ᾿ ἂν ἔγωγε νῦν μὲν ἀνώγοιμι πτολεμίζειν υἷας ᾿Αχαιῶν νήστιας ἀκμήνους, ἅμα δ᾿ ἠελίῳ καταδύντι τεύξεσθαι μέγα δόρπον, ἐπὴν τισαίμεθα λώβην. πρὶν δ’ οὔ πως ἂν ἔμοιγε φίλον κατὰ λαιμὸν ἰείη οὐ πόσις οὐδὲ βρῶσις ἑταίρου τεθνηῶτος. Und ihr ruft zum Essen! Wahrhaftig – ich aber würde jetzt den Söhnen der Achaier wohl befehlen zu kämpfen, nüchtern und ungestärkt, und [erst] wenn die Sonne untergeht, [würde ich ihnen befehlen], ein grosses Abendmahl zu rüsten, nachdem wir die Schande gerächt hätten. Ehe wird mir aber wohl weder Trank noch Speise meinen Schlund hinuntergehen, da mein Kamerad [= Patroklos] tot ist.

Mittels dieser Kontrastfolie, die über die sprachliche ›Schaltstelle‹ τεύξεσθαι μ έγα δ όρπον – δόρπον ἔτευξε anklingt, wird Penthesileias Verhalten mit dem des Achilleus kontrastiert: Während Achilleus Agamemnons Einladung zum gemeinsamen Mahl vor der Schlacht (Il. 19,188–191) ausschlägt und ihn und Menelaos indirekt, aber dennoch deutlich genug dafür tadelt (vgl. Il. 19,205 mit den antithetisch entgegengestellten Personalpronomina ὑμεῖς und ἔγωγε zu Versbeginn bzw. -schluss), zeigt Penthesileia keine Reaktion, nimmt also die Einladung an. Der unmittelbar anschliessende Vergleich (οἷον ἔδουσι κτλ.) macht sodann klar, dass auch Priamos’ Verhalten ›ungebührlich‹ ist, da er ein Mahl rüsten lässt, »wie es die ruhmreichen Könige zu sich nehmen, wenn sie, nachdem sie [feindliche] Völker vernichtet haben, tafeln und sich beim Gelage über den Sieg freuen« (Q.S. 1,88–90) – als ob der Sieg Penthesileias und der Troer über Achilleus und die Griechen schon feststünde. Da es sich um einen Vergleich handelt, wohnt der Aussage eine stark auktoriale Kraft inne. Die Wortwahl (δόρπον […] πανείδατον »ein reichhaltiges Mahl«; κυδάλιμοι βασιλ ῆες »die ruhmreichen Könige«; ἐν θαλ ίῃσιν »beim Gelage«; ἀγαλλόμενοι »sich freuend«) verstärkt dies sprachlich.993 Anzumerken ist ferner, dass es in der Ilias ja in der Tat ausgerechnet Priamos ist, mit dem Achilleus dann doch wieder eine Mahlzeit einnimmt (vgl. Il. 24,621–627), als der Troerkönig sich ins Lager der Griechen wagt, Konjunktiv oder Imper[ativ] höfliche, verblümte (sachlich genommen aber sogar mitunter bestimmtere) Form einer W i l l e n s ä u ß e r u n g , B i t t e , A u f f o r d e r u n g . Auch das deutsche können und mögen kann im Sinn einer Willensäußerung gebraucht werden; z.B. er kann eintreten, er mag eintreten, das mag so bleiben.« 993 Vgl. dazu im Einzelnen die Kommentare zu (88) πανείδατον, (89) κυδάλιμοι βασιλῆες, (90) ἐν θαλίῃσιν und (90) ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης.

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um die Leiche Hektors zu erbitten; doch auch dort wird das gemeinsame Mahl erst nach getaner Arbeit – d.h. in diesem Fall: nachdem Hektors Leiche für den Rücktransport bereitgemacht ist (vgl. Il. 24,599–601) – eingenommen. Achilleus und Penthesileia stellen also auch unter diesem Aspekt zwei Antipoden dar, während Priamos das verbindende Element ist: Er ist zwar im einen Fall der Gast, im andern Fall der Gastgeber, doch bei beiden Begegnungen ist er der Bittsteller, der im Interesse des toten Hektor und somit der ganzen Stadt Troja eine Bitte äussert. (88) πανείδατον Ein absolutes hapax. Zur Bedeutung vgl. LSJ s.v. πανείδατος: »furnished with all sorts of food«; VB s.v. πανείδατος: »composé d’aliments de toute sorte«; es handelt sich also um ein Possessivkompositum: »alle Arten von εἴδατα habend« = »reichhaltig, erklecklich« o.ä. Abgesehen von der Tatsache, dass ein Adjektivattribut zum Substantiv δόρπον in der epischen Sprache ohnehin unüblich ist,994 fällt in Bezug auf πανείδατον zweierlei auf: (1.) Ungewöhnliche Wortbildung: Komponierte Adjektive mit dem Vorderglied παν- sind i.d.R. keine Possessivkomposita, sondern entweder verbale Rektionskomposita, bei denen das Vorderglied das Objekt zum verbalen Hinterglied darstellt (z.B. πανδερκής »allsehend« = »jemand, der alles sieht«), oder Komposita, bei denen das Vorderglied παν- eine verstärkende, adverbielle Funktion in Bezug auf das nominale Hinterglied hat (z.B. παν ύστατος »der allerletzte«). (2.) Wortneuschöpfung: Komponierte Adjektive mit dem Hinterglied -είδατος sind sonst in der Gräzität nirgends belegt, es wird sich also hier um einen von unserem Dichter eigens für diese Stelle kreierten Neologismus handeln. Das dem Hinterglied -είδατος zugrundeliegende r-/n-Heteroklitikon εἶδαρ, -ατος ist ein spezifisch episches Wort mit einem hochgradig archaischen Klang. Es ist homerisch gebräuchlich in den Versschlussformeln παρὰ δ᾿ ἀμβρόσιον βάλεν εἶδαρ (Il. 5,369; 13,35), εἶδαρ ἔδουσι(ν) (Od. 9,84; 11,123; 23,270; h. Ven. 260)995 und ἀπὸ δ᾿ εἴδατα χεῦεν ἔραζε (Od. 22,20; 22,85) sowie im Iteratvers εἴδατα πόλλ᾿ ἐπιθεῖσα χαριζομένη παρεόντων (6x Od.). Inhaltlich bezeichnet es im Plural normales Essen, im Singular dagegen die Götterspeise (ἀμβρόσιον […] εἶδαρ, s.o.) bzw. damit Verwandtes, z.B. das vegetarische Essen der märchenhaften Lotophagen (Od. 9,84 ἄνθινον εἶδαρ ) oder die Speise der am Ende der Welt anzusiedelnden »Männer, die das Meer nicht kennen und die kein mit Salz vermischtes Essen zu sich nehmen« (Od. 11,122f. und 23,269f.).996 Quintus 994

Vgl. den Kommentar zu (88) δόρπον ἔτευξε mit Anm. 991. Möglicherweise sollen wir eine Anspielung auf diese figura etymologica in Q.S. 1,88 erkennen: δόρπον ἔτευξε πανείδατον, οἷον ἔδουσι. 996 Zu diesem Bedeutungsunterschied zwischen Singular und Plural vgl. LfgrE s.v. εἶδαρ. 995

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seinerseits gebraucht das Substantiv in unhomerischer Manier nur unformelhaft; ausserdem ist in den Posthomerica mit εἴδατος einer der wenigen obliquen Kasus belegt (Q.S. 11,174 und 13,171),997 während traditionell nur die Formen ε ἶδαρ und ε ἴδατα (Nom. / Akk. Sg. und Pl.) sprachwirklich sind. Semantisch verwendet er es mit einer Ausnahme (4,134 εἴδατα θεῖα) immer bezogen auf gewöhnliche, d.h. für Menschen bestimmte Nahrung. (88–90) οἷον ἔδουσι […] περὶ νίκης  Zur Deutung des Vergleichs als auktorialen Kommentar zu Priamos’ bzw. Penthesileias Hybris (Einnahme des Nachtmahls vor getaner Arbeit, als ob der Sieg schon erreicht wäre) vgl. den Kommentar zu (88) δόρπον ἔτευξε a.E. (89) κυδάλιμοι βασιλῆες κυδάλιμος 17x Il. – 15x Od. – [Hes.] Scut. 74 und 467; Hes. fr. 231 – A.R. 1,143 und 4,266 – Q.S. 1,89; 2,54; 10,163; 10,411 – nicht bei Nonnos – sowie eine grössere Zahl weiterer Belege meist in hexametrischen Fragmenten oder bei Grammatikern.

Ein typisch homerisches Epitheton, das in Ilias und Odyssee vornehmlich auf Helden appliziert wird; stehendes epitheton ornans für Menelaos in der Versschlussformel Μενελ άου κυδα λίμοιο (7x Il., 7x Od.), danebst auch vereinzelt für andere Helden (Aias, Nestor, Achilleus, Odysseus, u.a.). Ausserdem kennt die homerische Sprache die Wendung κυδάλιμον κῆρ (Il. 10,16; 12,45; 18,33; Od. 21,247). In [Hes.] Scut. 74 und 467 bezieht sich das Adjektiv jeweils auf Iolaos, in fr. 231 auf Kleodaios. Apollonios dehnt den traditionellen Gebrauch dadurch ein wenig aus, indem er das Adjektiv auf eine Stammesbezeichnung im Plural bezieht (A.R. 1,143 κυδαλ ίμοις […] Αἰολίδῃσι; 4,266 κυδαλίμοισιν […] Δευκαλίδῃσιν). Quintus seinerseits gebraucht κυδάλιμος vergleichsweise selten und unformelhaft und in allen Fällen mit ›unhomerischen‹ Bezugswörtern: In 2,54 bezieht er es in völlig unhomerischer Manier auf eine Frau (κυδαλίμην ῾Ελένην).998 In 10,411 lehnt er sich mit der Wendung ἐκ θυμοῖο […] κυδαλίμοιο an den homerischen Ausdruck κυδάλιμον κῆρ (s.o.) an.999 Eine ebenso unformelhaft-unhomerische, einmalige Kreation stellt somit auch 1,89 κυδ άλιμοι 997

Dito Greg. Naz. carm. de se ipso p. 974,6 εἴδατι und Lykophr. Alex. 1250 εἰδάτων. κυδάλιμος wird kaum auf Feminina bezogen und ist darum auch selten dreiendig. Für Ausnahmen vgl. Alkaios fr. 129,6 Voigt: ⌊[κ]υδα⌋λίμα⌊ν θ⌋έο⌊ν; Anth. Gr. App. 1,278,1f. ἄλλην Πηνελόπειαν ἐγείνατο κυδαλίμη χθών / Σπάρτη, Τισαμενοῦ θεσπεσίου θύγατρα. 999 In 10,163 ist der Text zu stark verstümmelt, als dass sich Aussagen mit interpretatorischer Konsequenz machen liessen. Die Handschriften überliefern τ ῷ / τῶ ἔνι κυδαλ ίμης, was wenig sinnvoll ist; der Genitiv des Adjektivs würde sich in diesem Fall auf das nachfolgende Patronymikon Τιτηνίδος (= die Titanentochter Leto) oder aber auf πέτρης beziehen. Dank der Emendationen von Zimmermann und Vian lesen wir heute Τλ ῷ ἐνὶ κυδαλ ίμῃ »in der berühmten Tlos«; zum Zusammenhang vgl. Vian (1969) 23f. Anm. 3. 998

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βασιλῆες dar.1000 Allerdings speist sich der Ausdruck klar aus der geläufigen homerischen Formel Μενελ άου κυδαλ ίμοιο – der mit den homerischen Epen vertraute Leser wird also in den κυδ άλιμοι βασιλ ῆες nolens volens die Atriden sehen.1001 Der Vergleich bekommt dadurch m.E. zusätzlichen ›Biss‹: Priamos bereitet der Amazonenkönigin, so liest man zwischen den Zeilen, ein Gastmahl, so wie Agamemnon und Menelaos es tun (werden!), wenn sie sich über den Sieg – sprich: den bevorstehenden Sieg über die Griechen – freuen. (90) ἐν θαλίῃσιν Dem Substantiv θαλία(ι) haftet ähnlich wie εἶδαρ (vgl. den Kommentar zu (88) πανείδατον) ein numinöser Nimbus an, da es im frühgriechischen Epos mehrfach im Kontext von Festivitäten unter Göttern oder aber in einem der ›jetzt-Zeit‹ entrückten, gleichsam ›gottnahen‹ Kontext gebraucht wird; vgl. Od. 11,602f.: α ὐτὸς δ ὲ μετ ᾿ ἀθανάτοισι θεο ῖσι / τ έρπεται ἐν θαλίῃς καὶ ἔχει καλλίσφυρον ῞Ηβην. »Er selbst [= Herakles] ergeht sich in festlichem Ergötzen unter den Unsterblichen und hat Hebe mit ihren schönen Fesseln [bei sich].«; Hes. Th. 64f.: πὰρ᾿ δ᾿ αὐτῇς Χάριτές τε κα ὶ ῞Ιμερος οἰκί᾿ ἔχουσιν / ἐν θαλίῃς. »Neben diesen [= den Musen] wohnen die Chariten und Himeros in [ständiger] Festfreude.«; Hes. Erga 112–115 (das goldene Zeitalter): ὥστε θεοὶ δ᾿ ἔζωον ἀκηδέα θυμὸν ἔχοντες / νόσφιν ἄτερ τε πόνου καὶ ὀιζύος, οὐδέ τι δειλόν / γῆρας ἐπῆν, αἰεὶ δὲ πόδας καὶ χεῖρας ὁμοῖοι / τέρποντ᾿ ἐν θαλίῃσι, κακῶν ἔκτοσθεν ἁπάντων. »So lebten die Götter sorglosen Herzens, ohne Müh’ und ohne Kummer, und es gab auch nicht das schreckliche Alter, und ihre Füsse und Hände waren immer gleich [jung], und sie ergingen sich in festlichem Ergötzen, jeglicher Übel bar.«1002 Textintern vgl. Q.S. 2,134 (Priamos zu Memnon): ν ῦν δ ᾿ ἄγε τ έρπεο θυμὸν ἐπ᾿ εἰλαπίνῃσιν ἐμῇσι. »Nun aber komm und erfreue dein Herz bei meinem Festschmaus!«; 1,829f. (die Griechen am Abend nach der gewonnenen Schlacht gegen die Amazonen): σὺν δ᾿ ἄλλοι ἄριστοι / τέρποντ᾿ ἐν θαλίῃς μ έχρις ᾿Ηῶ δῖαν ἱκέσθαι. »Die anderen Oberbefehlshaber aber erfreuten sich mit am Schmause, bis die göttliche Morgenröte heraufzog.«1003

1000

Die beiden Wörter verbinden sich nirgendwo sonst in der griechischen Literatur. Vgl. z.B. Q.S. 5,612 ἀντίθεοι βασιλ ῆες, womit ohne Namenszusatz die beiden Atriden Agamemnon und Menelaos gemeint sind. 1002 Auch unepisch; vgl. z.B. Eur. Med. 192–194: ὕμνους ἐπὶ μὲν θαλίαις / ἐπί τ᾿ εἰλαπίναις καὶ παρὰ δείπνοις / ηὕροντο. »[Die Menschen] erfanden Gesänge [als Begleitung] für Fester und Gelage und beim Essen.« 1003 Zu diesen beiden Stellen vgl. auch die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1001

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(90) ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης Zur Bedeutung von ἀγάλλειν/-εσθαι vgl. LSJ s.v. ἀγάλλω: »glorify, exalt, […] Pass., glory, exult in a thing«;1004 LfgrE s.v. ἀγάλλομαι 1.: »an etwas seine stolze Freude haben«; VB s.v. ἀγάλλομαι: »se réjouir, se glorifier de«. Etymologisch mit ἄγαλμα zu verbinden,1005 dessen »Bedeutungseinschränkung auf Götter und Könige« (so LfgrE s.v. ἄγαλμα 2.) dem Verb einen erhabenen, feierlichen Ton verleiht. ἀγάλλεσθαι bezeichnet also eine Freude, die im Zusammenhang mit Stolz auf die eigene Leistung oder einen (ästhetisch ansprechenden) Besitz steht; damit verbindet sich jedoch häufig auch ein Moment des Zuviel, des Anmassenden; vgl. z.B. Il. 17,472f.: τεύχεα δ ᾿ ῞Εκτωρ / α ὐτὸς ἔχων ὤμοισιν ἀγάλλεται Α ἰακίδαο. »Hektor persönlich hat die Waffen des Aiakiden auf seinen Schultern und prunkt damit.«; Il. 12,114 ἵπποισιν κα ὶ ὄχεσφιν ἀγαλλόμενος »sich an seinen Pferden und Wagen stolz freuend« (von Asios, der wegen seiner Selbstüberschätzung den Tod findet).1006 Bei Q.S. vgl. z.B. 1,49 ᾿Ηὼς μαρμαρέοισιν ἀγαλλομένη φρ ένας ἵπποις »Eos, die im Herzen ihre Freude hat an ihren schimmernden Pferden«; 8,24 Θέτις δ᾿ ἠγάλλετο θυμῷ »Thetis freute sich in ihrem Herzen« (gemeint: aus Stolz über den Anblick ihres Enkels Neoptolemos in Achilleus’ Rüstung). ἀγάλλεσθαι wird im Normalfall mit einem Dativobjekt, seltener mit ἐπί + Dativ konstruiert.1007 Die Wendung ἀγαλλόμενοι περ ὶ νίκης ist somit aussergewöhnlich,1008 orientiert sich jedoch an analog konstruierten homerischen Ausdrücken; vgl. Il. 23,437 und 23,496 ἐπειγόμενοι περ ὶ νίκης »nach dem Sieg strebend«; Il. 23,639 ἀγασσάμενοι περὶ νίκης »den Sieg missgönnend« (alle am Versende). Die Präposition περ ί entspricht üblichem Sprachgebrauch nach ἐπείγεσθαι (analog zu Wendungen wie μάχεσθαί περί τινος »um etwas kämpfen«);1009 bei Il. 23,639 dürfte es sich wohl um eine Analogiebildung danach handeln (περί nach einem Verb des

1004

Im frühgriechischen Epos ist nur das mediopassive ἀγάλλεσθαι (und nur im Präsens und Imperfekt) gebräuchlich; Erstbeleg für eine Aktivform ist Pind. Ol. 1,86b; vgl. LSJ s.v. ἀγάλλω. 1005 Vgl. Frisk I s.v. ἀγάλλομαι. Dieser etymologischen Verbindung war man sich schon in der Antike bewusst, was Schol. Aristoph. Thesm. 773 zeigt, wo ἄγαλμα definiert wird als πᾶν ἐφ᾿ ᾧ τις ἀγάλλεται. 1006 Für weitere Stellenbelege vgl. LSJ s.v. ἀγάλλω und LfgrE s.v. ἀγάλλομαι. – Beispiele für ein stark negativ besetztes ἀγάλλεσθαι (»prunken«) bieten auch die weiter unten zitierten Stellen bei Archil. fr. 128,4 2IEG und Triph. 671. 1007 Vgl. LSJ s.v. ἀγάλλω. 1008 Man beachte allerdings Opp. hal. 4,282 ἀγαλλόμενος περὶ ῥίζης. 1009 Vgl. LSJ s.v. περί A. II.: »to denote the object about or for which one does something: 1. with Verbs of fighting or contending, π. τινός for an object—from the notion of the thing’s lying in the middle to be fought about«; vgl. auch Schwyzer II, 502.

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Neidens o.ä. ist aus sich heraus kaum verständlich), der sich dann auch Quintus mit seinem ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης anschliesst.1010 Die Kollokation von ἀγάλλειν/-εσθαι mit dem Stamm νικ- ist ebenfalls unhomerisch und auch sonst unüblich, es finden sich allerdings ein paar wenige Parallelen; vgl. insbesondere Archil. fr. 128,4 2IEG: κα ὶ μήτε νικέων ἀμφάδην ἀγάλλεο. »Und prunke nicht in der Öffentlichkeit über deinen Sieg!«; Triph. 671 ἐπαγαλλόμενοι πολέμων ὑπεραυχέι νίκῃ »sich in übermässigem Stolz über ihren Sieg im Krieg freuend« (von den Troern, die glauben, die Griechen seien abgezogen) – man beachte im Übrigen den stark negativen Anklang des Verbs auch an diesen beiden Stellen.1011 (91) δῶρα δέ οἱ πόρε καλὰ καὶ ὄλβια δῶρα πορεῖν »Geschenke darbringen« ist ein geläufiger homerischer Ausdruck. Das Substantiv δ ῶρα verbindet sich dann meist mit dem Adjektiv ἀγλαά, woraus sich eine flexible Formel π όρεν ἀγλαὰ δῶρα (u.ä.) ergibt.1012 Quintus’ δῶρα δέ οἱ πόρε καλὰ καὶ ὄλβια ist eine Variation dieser flexiblen homerischen Formel. Unser Dichter verwendet den Ausdruck in homerisierender Weise gesamthaft 11x, allerdings mit zwei Unterschieden gegenüber Homer: (1.) Bei Quintus ist der Singular δῶρον (7x) gegenüber dem Plural δῶρα (4x) häufiger, während in Ilias und Odyssee der Plural die Regel ist (7x Pl. δ ῶρα, 1x Sg. δ ῶρον [Od. 2,186]; vgl. Anm. 1012). (2.) Quintus stellt das Substantiv seltener mit einem ›schmückenden‹ Adjektiv zusammen (nur hier in 1,91 sowie in 9,516 περικαλλ έα δ ῶρα; bei 3,688 πύματον […] δῶρον und 4,450 ὕστερον […] δῶρον handelt es sich nicht um epitheta ornantia), während dies bei Homer die Regel ist (ohne Adjektiv nur 1x [Od. 2,186]; vgl. Anm. 1012). Mit dem Nominalausdruck δῶρα […] καλὰ καὶ ὄλβια an sich vgl. textintern Q.S. 6,90 πολλ ὰ κα ὶ ὄλβια δ ῶρα sowie das bereits homerische περικαλλέα δ ῶρα (3x Od., 4x Q.S.); ferner vis. Dor. 337 κ άλλιμα δ ῶρα καὶ ἀγλαά.

1010 Aus sich heraus, d.h. ohne die homerischen Vorbilder, liesse sich ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης möglicherweise auch als Analogiebildung zu περ ί nach Verben des Sich-Sorgens erklären; vgl. LSJ s.v. περί A. II. 2.: »with words which denote care or anxiety, about, on account of«. 1011 Vgl. ferner Rhianos fr. 41ter,a,2 Mette: νίκῃ γὰρ ἀγαλλόμενοι ποθέεσκον; Lib. progym. 11,22,4 Förster: ἀγαλλομένη τῇ νίκῇ. 1012 Il. 16,86 ἀγλαὰ δῶρα π όρωσιν; Od. 2,186 δ ῶρον ποτιδ έγμενος, α ἴ κε π όρῃσιν; Od. 4,130 π όρε κ άλλιμα δ ῶρα; Od. 9,201 π όρεν ἀγλαὰ δῶρα; Od. 16,230 ἔπορον δ έ μοι ἀγλαὰ δῶρα; Od. 19,413 ἵνα οἱ πόροι ἀγλαὰ δῶρα; Od. 19,460 ἀγλαὰ δῶρα πορόντες; Od. 24,273 οἱ δῶρα πόρον ξεινήια. – Vgl. ferner h. Merc. 470 ἔπορεν δέ τοι ἀγλαὰ δῶρα; Hes. Th. 412 πόρεν δέ οἱ ἀγλαὰ δῶρα; Iliupersis fr. 4,1 EpGF ἔπορεν δῶρα.

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(91–92) πολλὰ δ᾿ ὑπέστη / δωσέμεν  Der epische Infinitiv Futur δωσέμεν(αι)1013 Il. 10,323; 10,393; 13,369; 22,117 – Od. 4,7 – h. Cer. 444 und 462 – A.R. 2,950 und 3,767 – Q.S. 1,92 und 2,145. – Mit Ausnahme von Q.S. 2,145 stets zu Versbeginn.

Mögliche sprachliche Vorbilder für Quintus’ πολλὰ δ᾿ ὑπέστη / δ ωσέμεν sind zwei einander sehr ähnliche Sätze in der Ilias; vgl. Il. 13,368f.: τῷ δ᾿ ὁ γέρων Πρ ίαμος ὑπό τ᾿ ἔσχετο κα ὶ κατ ένευσε / δωσ έμεναι. »Diesem [= Othryoneus] hatte Priamos, der Alte, [Kassandra] versprochen und es ihm zugenickt, dass er sie ihm geben würde.«; Od. 4,6f.: ἐν Τροίῃ γὰρ πρῶτον ὑπέσχετο καὶ κατένευσε / δωσέμεναι. »Denn in Troja hatte er [= Menelaos] ihm [= Neoptolemos] sie [= Hermione] zuerst versprochen und es ihm zugenickt, dass er sie ihm geben würde.« Vgl. ferner A.R. 2,949f.: νεῦσε δ᾿ ὅ γ᾿ αὐτῇ / δωσέμεναι ὅ κεν ᾗσι μετὰ φρεσὶν ἰθύσειεν. »Dieser aber [= Zeus] hatte ihr [= Sinope] zugenickt, dass er ihr geben würde, wonach auch immer sie in ihrem Sinn trachtete.«  Zur Verwendung des Infinitiv Futur in den homerischen Epen und bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (77) θανέεσθαι. (93) ὃ οὔ ποτε θνητός Der einhellig überlieferte Hiat hat in der früheren Forschung zu Diskussionen Anlass gegeben. Nachdem ihn Köchly (1850) noch unangetastet gelassen hatte, emendierte er (1853) zu ὅ τ᾿ οὔποτε. Zimmermann (1891) folgte ihm, nahm jedoch (1913) 5 wieder davon Abstand,1014 nachdem Platt (1901) 104 auf Od. 3,275 als autoritatives Vorbild aufmerksam gemacht hatte: ἐκτελέσας μ έγα ἔργον, ὃ οὔ ποτε ἔλπετο θυμ ῷ – denn »Quintus admits hiatus quite freely if he is or thinks himself warranted by Homer«. Wenn schon, so Platt a.a.O., dann wäre eher zu ὅ γ᾿ als zu ὅ τ᾿ zu emendieren. Allerdings sind gemäss TLG weder die Wortfolgen *ὅ γ᾿ οὔ ποτε noch *ὅ τ᾿ οὔ ποτε irgendwo in der Gräzität belegt.  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (93) ἐώλπει  Il. 19,328 – Od. 20,328; 21,96; 24,313 – [Theokr.] 25,115 – A.R. 3,370 und 4,10 – Greg. Naz. carm. mor. col. 558,12 – 14x Q.S. – Anth. Gr. 8,85,1 und 8,228,1 (Greg. Naz.); 9,254,3 und 9,550,5. – Stets am Versende.

1013 Zum homerischen Infinitiv auf -μεν(αι) – ein Epizismus äolischen Ursprungs – vgl. Schwyzer I, 806. Gemäss La Roche (1900) 46 werden im ersten Fuss die spondeischen Infinitive auf -ειν gegenüber den daktylischen auf -εμεν tendenziell präferiert. 1014 Vgl. Zimmermann (1913) 4 generalisierend zum Hiat bei den späteren Epikern: »[D]er Scheu vor dem Hiatus, die durch Hermanns bekannte Untersuchung in der Ausgabe der Orphica zur Herrschaft gelangt war, hat jetzt Keydell durch seine umfassende Nachprüfung ein Ende bereitet und damit auch bei unserm Dichter an einer großen Anzahl von Stellen die ursprüngliche Lesart als berechtigt nachgewiesen.«

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Das Plusquamperfekt ἐώλπει(ν) ist ein spezifischer Epizismus, der, wie die Zahlen zeigen, erst von Quintus in höherer Quantität genutzt wird. Die Konstruktion mit anschliessendem Infinitiv Futur ist bereits homerisch und wird auch von Quintus oft angewandt.1015 Mit Q.S. 1,93f. vgl. textintern v.a. 2,107f.: μάλα γάρ νύ οἱ ἦτορ ἐώλπει / δῃώσειν πυρὶ νῆας ὑπ᾿ ἀνδράσιν Αἰθιόπεσσιν. »Denn [Priamos] hoffte gar sehr in seinem Herzen, die Schiffe [der Achaier] mithilfe der Mannen aus Aithiopien durch Feuerbrand zerstören zu können.« Vgl. ferner 8,7–9: ἦ γὰρ ἐώλπει / τε ῖχος μ ὲν χαμ άδις βαλ έειν ν ῆάς τ ᾿ ἀμαθύνειν / ἐν πυρ ὶ λευγαλέῳ, λαοὺς δ᾿ ὑπὸ χερσὶ δαΐξαι. »Ja, denn er [Eurypylos] hoffte, die Mauer dem Erdboden gleichzumachen und die Schiffe in unheilbringendem Feuer in Asche zu legen, die [feindlichen] Soldaten aber mit der Kraft seiner Hände niederzumachen.« (94) εὐρέα λαόν Die Kollokation des Substantivs λαός mit dem Adjektiv εὐρύς ist unhomerisch und begegnet m.W. einzig hier. ε ὐρύς verbindet sich jedoch homerisch häufig mit στρατ ός (10x Il., üblicherweise in den Wendungen ἀνὰ στρατὸν εὐρύν [3x], κατὰ σ. ε. [4x], μετ ὰ σ. ε. [1x], ἔσω σ. ε. [1x]; so lcherlei auch bei Q.S.: 3,494 στρατ ὸν ε ὐρύν [Akkusativobjekt]; 4,16 ἀνὰ στρατὸν ε ὐρύν; 6,192 ἐς στρατ ὸν ε ὐρύν), Quintus’ ε ὐρέα λα όν dürfte also eine variatio dazu darstellen. Vgl. ausserdem noch 3,372 ε ὐρὺς ὅμιλος, m.W. desgleichen nur daselbst belegt. (94) ὀλέσσειν Infinitiv Futur zu ὄλλυμι; eine typisch epische Kunstform: (1.) simplex pro composito (d.h. ὄλλυμι etc. anstelle des prosaischen ἀπόλλυμι etc.); (2.) Form analogisch gebildet nach dem typisch homerisch-äolischen Aorist ὄλεσσα, der seinerseits eine artifizielle Analogiebildung zu sprachwirklichen -σσ-Aoristen darstellt.1016 Futurformen auf ὀλεσσ- sind bereits homerisch, wenn auch selten (2x: Il. 12,250 ὀλέσσεις und Od. 2,49 ὀλέσσει), die Analogiebildung ist also schon homerisch.1017 Die Infinitvform ὀλέσσειν ist jedoch erst und ausschliesslich bei Q.S. belegt (5x, davon 2x als Kompositum ἀπολέσσειν).

1015

Zu diesem Infinitivgebrauch vgl. den Kommentar zu (77) θανέεσθαι. Vgl. Schwyzer I, 752 (zum sigmatischen Aorist): »-σσα- ergab sich [sc. lautgesetzlich, Anm.d.Verf.] bei ἔζεσσε […], ἔξεσσα […], ἐτέλεσσα […] Nach solchen bildete man äolisch (ebenso Homer) auch δαμ άσσαι ἐλάσσαι ἱλάσσεαι (Konj.) κε άσσαι ὀλέσσαι τ έρεσσεν […] ὀμόσσαι u. ä.; daß hier Neubildung vorliegt, wird dadurch erwiesen, daß Dialekte, die σσ bewahren, in solchen Aoristen einfaches σ haben (z.B. herakl. ἐσσῆται ‚erit‘, aber ὀμόσαντες) […]« 1017 Danebst gibt es im frühen Epos jedoch auch Futurformen mit einfachem -σ-: Od. 13,399 ὀλέσω und Hes. Erga 180 ὀλέσει. 1016

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(95) νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι Während die Griechen Troja einnehmen und zerstören wollen, ist es das erklärte Ziel der Troer, die Mauer der Griechen zu durchbrechen und deren an der Küste ihrer Stadt stationierte Flotte in Brand zu stecken. Somit wäre den Achaiern die Heimkehr verwehrt und sie wären ihren Feinden schutzlos ausgeliefert – das Anzünden der griechischen Schiffe ist demnach für die Troer das Analogon zu dem, was für die Griechen die Eroberung Trojas ist, und zieht sich entsprechend leitmotivisch durch die Ilias: grösste Hoffnung der Troer, worst-case-Szenario der Griechen. Im neunten Buch der Ilias versucht Odysseus Achilleus u.a. mit dem Hinweis auf ebendiese drohende Gefahr zum Wiedereintritt in den Kampf zu bewegen;1018 Achilleus nimmt in seinen darauffolgenden ablehnenden Worten darauf ausdrücklich Bezug, wenn er sagt (Il. 9,346f.): ἀλλ᾿, ᾿Οδυσεῦ, σὺν σοί τε κα ὶ ἄλλοισιν βασιλεῦσι / φραζ έσθω ν ήεσσιν ἀλεξέμεναι δ ήιον π ῦρ. »Nein doch, Odysseus! Soll [Agamemnon] doch zusammen mit dir und den anderen Anführern überlegen, [wie] er von den Schiffen das verderbliche Feuer abwehren [kann]!« Bezeichnenderweise macht er jedoch später zumindest indirekt klar, dass er den Kampf in dem Moment wieder aufnehmen würde, wenn das Feuer bis zu ihm und seinen eigenen Schiffen gelangt sei.1019 Entsprechend der existentiellen, ja nachgerade symbolischen Bedeutung, welche der incensio navium für die Troer zukommt, ist es stets deren wichtigster Held, Hektor, dem diese Aufgabe zusteht und der es auch mehrmals versucht.1020 Höhepunkt dieser Entwicklung ist der Moment, als er ein Schiff anzuzünden versucht und von Aias, dem stärksten und tapfersten Griechenhelden nach Achilleus,1021 daran gehindert wird: weder gelingt es Hektor, 1018 Il. 9,240–243: ἀρᾶται δὲ τάχιστα φανήμεναι ᾿Ηῶ δῖαν· / στεῦται γὰρ νηῶν ἀποκόψειν ἄκρα κ όρυμβα / α ὐτάς τ ᾿ ἐμπρήσειν μαλερο ῦ πυρ ός, α ὐτὰρ ᾿Αχαιούς / δ ῃώσειν παρ ὰ τῇσιν ὀρινομένους ὑπὸ καπνο ῦ. »[Hektor] sehnt sich danach, dass die göttliche Eos schnellstmöglich erscheine; er prahlt nämlich damit, die Heckspitzen der Schiffe abzuschlagen und die [Schiffe] selbst in verzehrendem Feuer zu verbrennen, die Achaier jedoch daneben niederzumachen, wenn sie vom Rauch aufgescheucht sind.« 1019 Il. 9,650–655: ο ὐ γὰρ πρ ὶν πολ έμοιο μεδ ήσομαι α ἱματόεντος, / πρ ίν γ ᾿ υἱὸν Πρι άμοιο δαΐφρονος ῞Εκτορα δῖον / Μυρμιδόνων ἐπί τε κλισίας καὶ νῆας ἱκέσθαι / κτείνοντ᾿ ᾿Αργείους, κατά τε σμῦξαι πυρὶ νῆας. / ἀμφὶ δέ τοι τῇ ἐμῇ κλισίῃ καὶ νηὶ μελαίνῃ / ῞Εκτορα καὶ μεμαῶτα μ άχης σχ ήσεσθαι ὀίω. »Denn nicht eher werde ich des blutigen Kampfes gedenken, bevor [nicht] der göttliche Hektor, der Sohn des (kriegs-)kundigen Priamos, zu den Hütten und Schiffen der Myrmidonen gelangt und [dort] die Argeier tötet und die Schiffe mit dem Feuer niederbrennt. Doch glaube ich, dass Hektor bei meiner Hütte und meinem schwarzen Schiff vom Kampf ablassen wird, auch wenn er [noch so sehr danach] trachtet.« 1020 Die Achaier haben Angst, dass Hektor die Schiffe anzünde: Il. 8,234f.; 9,240–243; 9,674; 11,666–668; 14,44–47; Hektor kündigt an, die Schiffe anzünden zu wollen: Il. 8,180–183; [9,240– 243]; 14,44–47; Hektor versucht, die Schiffe anzuzünden: Il. 8,217–219; 12,196–198; 12,440f.; 15,415–418. 1021 Aias gilt in und seit der Ilias als der beste Krieger unmittelbar nach Achilleus und sozusagen als dessen Stellvertreter, wenn Achilleus nicht (mehr) da ist; vgl. z.B. Il. 2,768f.: ἀνδρῶν αὖ

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das Schiff in Brand zu stecken, noch vermag Aias ihn zurückzustossen1022 – die Unentschiedenheit, ja die Unentscheidbarkeit des Kampfes zwischen Griechen und Troern ist in dieser kurzen Szene geradezu versinnbildlicht. Im 16. Buch sodann gibt die Tatsache, dass es den Troern tatsächlich gelingt, einige der Schiffe anzuzünden, für Achilleus den Ausschlag, seinen Freund Patroklos in seiner Rüstung in den Kampf ziehen zu lassen (vgl. Il. 16,122–129). Dem Motiv kommt somit auch eine zentrale narrative Bedeutung zu, ist es doch Patroklos’ Tod, der Achilleus wieder zum Eingreifen in den Kampf veranlasst und somit Hektors Todesschicksal besiegelt – in einem gewissen Sinne ist also Hektor selber der Auslöser für seinen eigenen Tod. Wenn es nun in den Posthomerica von Penthesileia heisst, sie verspreche, »die Schiffe ins Feuer zu werfen«, so wird damit die Amazonenkönigin unzweideutig mit Hektor in eins gesetzt. Dessen Schicksal – d.h. sein Scheitern, was das Inbrandstecken der Schiffe anbelangt, die Provokation des Achilleus durch den Versuch und schliesslich sein Tod durch dessen Hand – lässt sich somit auf Penthesileia übertragen; Vers 95 ist demnach eine indirekte Analepse auf bereits Geschehenes sowie, vor dem Hintergrund der Analogie Hektor–Penthesileia, zugleich eine Prolepse auf Kommendes, nämlich Penthesileias eigenes Versagen und ihren eigenen Tod. Das Bild von Penthesileia als ›Tochter‹ des Priamos, das Quintus zuvor systematisch aufgebaut hat,1023 wird nun also mit der Gleichsetzung von Hektor und Penthesileia einen Schritt weitergeführt. Desgleichen ist es symptomatisch, dass Aias, der zusammen mit Achilleus am Grab des Patroklos trauert, das Kriegsgeschrei in dem Moment vernimmt, »als auch die Schiffe Gefahr liefen, von den Händen der Troer angezündet zu werden« (ἐπεὶ καὶ νῆες ἐνιπρήσεσθαι ἔμελλον / χερσὶν ὕπο Τρώων, Q.S. 1,494f.), worauf die beiden ›Superhelden‹ in die Schlacht eintreten und die Peripetie der Handlung (Penthesileias Aristie > Penthesileias Tod) herbeiführen. Zur sprachlichen Gestaltung des Verses ist Folgendes anzumerken: Die übliche iliadische Formulierung für »die Schiffe in Brand stecken« ist νῆας μέγ᾿ ἄριστος ἔην Τελαμ ώνιος Α ἴας, / ὄφρ᾿ ᾿Αχιλεὺς μ ήνιεν· ὃ γὰρ πολὺ φέρτατος ἦεν. »Von den Männern hinwiederum war Aias, der Sohn des Telamon, weitaus der beste, solange Achilleus zürnte – denn dieser war der allerbeste.« Dies wird auch in den Posthomerica vorausgesetzt und mehrfach betont; vgl. Q.S. 1,331f.; 3,246f.; 4,38; 4,498f. 1022 Il. 15,416–418: τὼ δὲ μιῆς περὶ νηὸς ἔχον πόνον, οὐδὲ δύναντο / οὔθ᾿ ὃ τὸν ἐξελάσαι καὶ ἐνιπρῆσαι πυρὶ νῆας, / οὔθ᾿ ὃ τὸν ἂψ ὤσασθαι, ἐπεί ῥ᾿ ἐπέλασσέ γε δα ίμων. »Beide aber kämpften sich ab um ein [und dasselbe] Schiff, und weder vermochte jener diesen hinauszujagen und die Schiffe in Brand zu stecken, noch [konnte] dieser jenen fortstossen, da ihn doch wohl eine Gottheit antrieb.« 1023 Noch eher unterschwellig-assoziativ in dem Gleichnis in 1,76–85 (vgl. den Kommentar zu (76–85) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀνὴρ […]), unmissverständlich sodann in dem Vergleich in 1,86f. (vgl. den Kommentar zu (86–87) εὖτε θύγατρα.

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πυρὶ ἐνιπρήθειν;1024 »Feuer in die Schiffe werfen« heisst es nur an zwei Stellen; vgl. Il. 13,628f. ἐν νηυσὶν […] ποντοπόροισι / πῦρ ὀλοὸν βαλέειν »verderbliches Feuer in die meerdurchfahrenden Schiffe zu werfen«; 16,122f. το ὶ δ᾿ ἔμβαλον ἀκάματον π ῦρ / νη ὶ θο ῇ »sie aber warfen das unermüdliche Feuer in das schnelle Schiff«.1025 Quintus’ variierender Ausdruck νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι »die Schiffe (von oben herab) ins / aufs Feuer werfen«1026 hat demgegenüber den Charakter einer Hyperbole.1027 Ferner lohnt ein Blick auf ein paar textinterne Parallelen: Quintus verwendet nämlich denselben Ausdruck an drei weiteren Stellen im Zusammenhang mit Leichen oder Opferbeigaben, die auf den Scheiterhaufen geworfen werden; vgl. Q.S. 3,684 πάντα πυρῆς καθύπερθε βάλοντο »sie warfen alles auf den Scheiterhaufen«; 4,3f. ἐρικυδέα φ ῶτα / πυρκαϊ ῆς καθύπερθε βάλον »sie warfen den hochgerühmten Mann auf den Scheiterhaufen«; 5,631 τ όν ῥα τ ότ᾿ εὐρυπέδοιο πυρ ῆς καθ ύπερθε β άλοντο »da also warfen sie diesen [= den Bernstein] auf den riesigen Scheiterhaufen«. Die Formulierung in 1,95 hat demnach auch einen leicht metaphorischen sowie hyperbolischen Charakter, der dem Bereich der Feuerbestattung entnommen ist: So wie man Tote auf den Scheiterhaufen wirft, so will die Amazonenkönigin Achilleus und die Achaier ›auf den Scheiterhaufen werfen‹, also brutal vernichten. Köchly (1850) hat den Text von νῆας δὲ πυρός in πυρσὸν δὲ νεῶν geändert (zu seinen Argumenten: 15–17).1028 Die Änderung ist jedoch nicht nur aufgrund der Überlieferung völlig unnötig,1029 sondern sie missachtet und zerstört auch die hyperbolische und metaphorische Kraft von Quintus’ Sprachgewalt. 1024 Il. 8,182 ὡς πυρ ὶ νῆας ἐνιπρήσω; 8,217 κα ί νύ κ᾿ ἐνέπρησεν πυρ ὶ κηλ έῳ νῆας ἐίσας; 8,235 ὃς τάχα νῆας ἐνιπρήσει πυρὶ κηλέῳ; 12,198 ἐνιπρήσειν πυρὶ νῆας; 14,47 πρὶν πυρὶ νῆας ἐνιπρῆσαι; 15,417 ἐνιπρῆσαι πυρὶ νῆας; 16,81f. μὴ δὴ πυρὸς αἰθομένοιο / νῆας ἐνιπρήσωσι; 22,374 ὅτε νῆας ἐνέπρησεν πυρὶ κηλέῳ. 1025 Vgl. ferner Il. 12,441 νηυσὶν ἐνίετε θεσπιδαὲς πῦρ »werft das ›göttlich‹ lodernde Feuer in die Schiffe«; 16,113 ὅππως δ ὴ πρ ῶτον π ῦρ ἔμπεσε νηυσ ὶν ᾿Αχαιῶν »wie zum ersten Mal Feuer in die Schiffe der Achaier fiel«. 1026 καθύπερθε(ν) + Genitiv bezeichnet als räumliche Präposition eine Bewegung von oben herab; vgl. LfgrE s.v. καθύπερθε(ν): »from above, above, over (motion at least implicit)«; VB s.v. καθύπερθε(ν) II. (1): »sur, par-dessus«. Vgl. auch die Übersetzungen: »jeter dans la flamme leurs nefs« (Vian [1963]); »toss their ships upon a fire« (James [2004]). 1027 Vgl. Vian (1963) 16 Anm. 3: »Il y a un trait de caractère dans cette exagération voulue.« 1028 Ihm folgend Zimmermann (1891) sowie Way (1913) in seiner Übersetzung: »cast the brands red-flaming on the ships«. 1029 Die Tatsache, dass im Codex Monacensis (M) νῆας […] νηπίη fehlt, spricht keineswegs für ein genuines Textproblem, sondern bloss für die Auffälligkeit der Formulierung: Offensichtlich wurde νῆας δὲ πυρὸς καθύπερθε βαλέσθαι nicht verstanden, und man versuchte das Problem zu ›lösen‹, indem man den Teilsatz sowie νηπίη im darauffolgenden Hexameter ausliess und so einen neuen Vers bekam, der aber freilich unmetrisch ist (᾿Αργείων, οὐδέ τι ᾔδη ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα).

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(96) νηπίη 46x Il. – 25x Od. – 5x A.R. – 16x Q.S. – 20x Nonn. Dion.; Par. 9,108 und 18,138.

νήπιος bedeutet in einem konkreten Sinne »nicht erwachsen«, bezieht sich also auf Kinder oder Jugendliche (zuweilen auch auf junge Tiere), wird aber auch übertragen abwertend für Erwachsene gebraucht und heisst dann etwa »unwissend, dumm, töricht«;1030 vgl. Ulf (1990) 54: »Was für das Kind charakteristisch ist, wird dem Erwachsenen zum Vorwurf. Der Tadel, νήπιος zu sein, wird dann laut, wenn die von einem Erwachsenen vorgenommene Einschätzung einer Situation und daraus resultierend seine Überlegung, wie er sich verhalten soll, um das angestrebte Ziel zu erreichen, an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbeigeht.« Das Wort νήπιος begegnet häufig in der Ilias – und in der Folge auch in den Argonautica und den Posthomerica – im Munde des Erzählers (des primary narrator-focalizer) als auktorialer Kommentar bezüglich einer persona, deren (momentanes) Handeln und / oder Denken im Widerspruch steht zu ihrem (bald oder unmittelbar bevorstehenden, jedoch unabänderlich besiegelten) Schicksal, welches im Normalfall dann den Tod bedeutet.1031 Dieser Widerspruch besteht in der Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten und / oder einer vorliegenden Situation, wobei die betroffene Person in aller Regel sich überschätzt bzw. einen positiven Ausgang einer in Wahrheit negativ verlaufenden Schicksalskurve erwartet.1032 1030 Vgl. Frisk II s.v. νήπιος; LfgrE s.v. νήπιος; VB s.v. νήπιος: »(1) en bas âge, enfantin […] (2) sot«; Pompella (1981) s.v. νήπιος: »stultus; ignarus, puerilis«. Zu Bedeutung und Verwendung des Wortes in den homerischen Epen vgl. Edmunds (1990) und Ulf (1990) 53–55. Bei Q.S. sind 7 der gesamthaft 16 Belege dem ersten, 9 dem zweiten Bedeutungsbereich zuzuordnen; vgl. VB a.a.O. 1031 Vgl. Il. 2,38; 2,873; 5,406; 12,113; 16,46; 17,497; 20,296; 20,466 – Od. 1,8 – A.R. 2,66; 2,137; 4,875 – Q.S. 1,96; 1,134; 1,374; 10,94; 10,329; 10,474; 13,20; 13,174. 1032 Vgl. Duckworth (1936) 62: »[T]he epithet νήπιος is often used by Quintus to express the blindness of a person concerning his fate.«; de Jong (22004) 87: »νήπιος is mostly found wedged in between mention of a character’s optimistic expectations and the NF1’s description (often prediction) of the true (disastrous) course of events.« locus classicus ist das Verhalten von Odysseus’ Gefährten, wie es das Proömium der Odyssee schildert (Od. 1,6–9): ἀλλ᾿ οὐδ᾿ ὣς ἑτάρους ἐρρύσατο, ἱέμενός περ· / αὐτῶν γὰρ σφετέρῃσιν ἀτασθαλίῃσιν ὄλοντο, / νήπιοι, οἳ κατὰ βοῦς ῾Υπερίονος ᾿Ηελίοιο / ἤσθιον. »Doch auch so rettete [Odysseus] seine Gefährten nicht, auch wenn er es wünschte: denn durch ihre eigenen Freveltaten hatten sie sich ins Verderben gestürzt, die Törichten, die die Rinder des Helios Hyperion gegessen hatten!« – Das einzige Beispiel einer ›Selbstunterschätzung‹ findet sich in Il. 20,264: Achilleus wird von Aineias angegriffen; aus Angst davor, dessen Speer könnte seinen wertvollen Schild durchdringen, hält er diesen zur Seite und nimmt ihn somit aus dem Schussfeld. Wegen dieser Reaktion qualifiziert der Erzähler Achilleus als νήπιος, »denn er bedachte nicht in seinem Verstand und seinem Sinn, dass es nicht leicht ist für die sterblichen Menschen, die hochberühmten Geschenke der Götter zu zerstören oder vor ihnen zu weichen«: Il. 20,264–266: νήπιος, οὐδ᾿ ἐνόησε κατὰ φρένα καὶ κατὰ θυμόν, / ὡς οὐ ῥηίδι᾿ ἐστὶ θεῶν ἐρικυδέα δῶρα / ἀνδράσι γε θνητοῖσι δαμήμεναι οὐδ᾿ ὑποείκειν. Doch auch dieses Beispiel bewegt sich insofern in einem konventionellen Rahmen, als hier eine ungebührliche Haltung eines Menschen gegenüber den Göttern – ein Mensch setzt zu wenig Vertrauen in die

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Ein solcher auktorialer Kommentar hat demnach verschiedene Funktionen: (1.) Er dient als Prolepse auf bevorstehende Ereignisse.1033 Diese Prolepse kann rein narrativ stärker oder auch weniger stark motiviert sein, je nachdem, ob der Rezipient dadurch wesentliche neue Informationen bekommt oder ob er das proleptisch Vorausgedeutete eigentlich schon weiss – sei es, weil schon zu einem früheren Zeitpunkt eine ähnliche Prolepse im Text vorkam, sei es, weil (wie hier) die mythische Tradition den Verlauf vorgibt. In letztgenanntem Fall hat die Prolepse noch einen zusätzlichen Nebeneffekt: Der Rezipient fühlt sich in dem, was er aufgrund der (mythischen) Tradition bereits weiss, bestätigt – Erzähler und Leser partizipieren miteinander an einem gemeinsamen kulturellen Wissen, während die betroffene persona in die Rolle des Aussenseiters schlüpft, der an diesem Wissen nicht teilhat, was wiederum dem Rezipienten nicht nur ein Gefühl der Überlegenheit aufgrund seines Mehrwissens, sondern auch des Verbündet-Seins mit dem Autor bzw. Erzähler verleiht.1034 (2.) Der Kommentar dient der Charakterisierung der betroffenen Figur. Diese Charakterisierung kann je nach Kontext (stärker) negativ oder (stärker) positiv gestaltet sein und entsprechend unterschiedliche Gefühle im Rezipienten hervorrufen – z.B. Schadenfreude und Gefühle des Triumphs, aber auch ἔλεος und φόβος im tragisch-aristotelischen Sinne. Freilich wird nicht jeder Rezipient gleich reagieren, v.a. jedoch besteht die Gefahr, dass wir eigene Wertvorstellungen auf die antike Welt übertragen: Mögen wir z.B. hier in Q.S. 1,96 durchaus Sympathie und Mitleid für Penthesileia empfinden, so blieb für einen zeitgenössischen Leser der Posthomerica wohl wenig Raum für positive Gefühle gegenüber der Amazonenkönigin, da sie mit ihrem vollmundigen Versprechen gegen das Normverhalten verstösst. (3.) Eine weitere, über die jeweilige konkrete Situation hinausgehende Funktion der νήπιος-Prolepse umschreibt de Jong (22004) 86 wie folgt: »[W]ith νήπιος the NF1 refers to the limitations of the human race, its restricted knowledge of the true nature of things or course of events, its inability to determine its own fate.« Damit in Zusammenhang steht die Tatsache, dass νήπιος-Prolepsen meist auf den Tod der betroffenen Figur vorausdeuten und / oder das Verhältnis zwischen Menschen und Göttern thematisieren. Als νήπιος werden somit Leute charakterisiert (und abgewertet), welche die ihnen zugewiesene Position im Werke der Götter und läuft somit Gefahr, diese zu verärgern – kommentiert wird; zu diesem Aspekt s.u. 1033 Ich führe hier der Einfachheit halber den Begriff ›νήπιος-Prolepse‹ ein. 1034 Man hat Quintus zuweilen kritisiert, weil er in seinem Werk zu viele Prolepsen eingebaut und deren Wirkung dadurch geschmälert habe; vgl. Kap. 2.1.1 mit Anm. 314. Möglicherweise sollte man jedoch diese narratologisch ›überflüssigen‹ Prolepsen vielmehr im Kontext einer solchen impliziten ›Verbrüderung‹ zwischen Erzähler und Rezipient sehen, was im Kontext der zweitsophistischen Literatur nicht untypisch wäre (vgl. Anm. 974).

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Kosmos bzw. im Zusammenwirken zwischen Göttern und Menschen nicht kennen bzw. missachten; vgl. z.B. Il. 5,405–409 (Dione zu Aphrodite): σοὶ δ᾿ ἐπὶ τοῦτον ἀνῆκε θεὰ γλαυκῶπις ᾿Αθήνη· νήπιος, οὐδὲ τὸ οἶδε κατὰ φρένα Τυδέος υἱός, ὅττι μάλ᾿ οὐ δηναιὸς ὃς ἀθανάτοισι μάχηται· οὐδέ τί μιν παῖδες ποτὶ γούνασι παππάζουσιν ἐλθόντ᾿ ἐκ πολέμοιο καὶ αἰνῆς δηιοτῆτος. Doch gegen dich hat diesen [= Diomedes] die helläugige Göttin Athene angetrieben – der Törichte! Wusste dies der Sohn des Tydeus doch nicht in seinem Sinn, dass gar nicht langlebig [sein wird], wer gegen die Unsterblichen kämpft, und dass ihn die Kinder nicht [mehr] bei den Knien ›Papa‹ nennen [werden], wenn er aus dem Krieg und der schrecklichen Schlacht heimkehrt.

Als νήπιος kann aber auch ein Mensch bezeichnet werden, der Überlegenheit oder Autorität eines andern in Frage stellt, indem er ihn z.B. zum Kampf herausfordert, oder der den andern nicht kennt oder nicht richtig einschätzt; vgl. z.B. Il. 20,463–466: […] ὃ μὲν ἀντίος ἤλυθε γούνων, εἴ πως εὗ πεφίδοιτο λαβὼν καὶ ζωὸν ἀφείη, μηδὲ κατακτείνειεν ὁμηλικίην ἐλεήσας· νήπιος, οὐδὲ τὸ ᾔδη, ὃ οὐ πείσεσθαι ἔμελλεν. Der [= Tros] ging [Achilleus] entgegen [und fasste ihn bei den] Knien, ob er ihn wohl ergriffe und verschonte und lebend gehen liesse und ihn nicht niedermetzelte, aus Erbarmen um den Gleichaltrigen – der Törichte! Denn er wusste nicht, dass er ihn nicht bereden sollte!

Die erste Hälfte des letztzitierten Verses (Il. 20,466) ist unschwer als Vorbild für Q.S. 1,96 zu erkennen. Aufgrund der Tatsache, dass νήπιοςProlepsen in den meisten Fällen auf den Tod deuten oder wie in Il. 20,466 den Tod gar unmittelbar folgen lassen (Il. 20,469–472),1035 kann eine Stelle wie die vorliegende Q.S. 1,96f. gar nicht anders verstanden werden – Quintus braucht gar nicht konkret auf den Tod Penthesileias zu sprechen zu kommen, dieser Gedanke ergibt sich (allgemein) aufgrund der Tradition, die hinter dieser Art von Prolepsen steht, sowie (konkret) aufgrund des aufgerufenen Kontexts von Il. 20,466 von alleine. Wenig später, im Anschluss an den von Athene gesandten Unheilstraum (Q.S. 1,124ff.), findet sich nochmals eine ähnliche νήπιος-Prolepse:

1035 Die proleptische Funktion ist in solchen Fällen freilich zurückgedrängt gegenüber einer rein kommentierenden, der Weg zum blossen Topos ist hier nicht mehr weit.

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Q.S. 1,134–137: νηπίη, ἥ ῥ᾿ ἐπίθησεν ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ ἑσπερίῳ, ὃς φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων θέλγει γ᾿ ἐν λεχέεσσιν, ἄδην ἐπικέρτομα βάζων, ὅς μιν ἄρ᾿ ἐξαπάφησεν ἐποτρύνων πονέεσθαι. Die Törichte, die dem nächtlichen Unglückstraum vertraute, der die Völker der vielduldenden Menschen berückt in ihren Betten, indem er ihnen unablässig Törichtes vorschwatzt. Dieser also täuschte sie, indem er sie zu kämpfen antrieb.

 Diese Prolepse hat ihrerseits in Il. 2,35–38 ihr Pendant; vgl. dazu den Kommentar zu (132–135) γήθεεν […] ἑσπερίῳ. (96) ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα  Das Adjektiv ἐυμμελίης 6x Il. – Od. 3,400 – [Hes.] Scut. 368; Hes. fr. 25,15; 58,8; 167; 180,16 – A.R. 1,96 und 1,1043 – Opp. cyn. 1,362 – 23x Q.S. – Nonn. Dion. 32,188 – Orph. Arg. 861 und 872.

Iliadisch findet sich das Wort 3x in dem Iteratvers καὶ Πρίαμος καὶ λαὸς ἐυμμελίω Πρι άμοιο (Il. 4,47 = 4,165 = 6,449) sowie 3x bezogen auf die Söhne des Panthoos (Il. 17,9 und 17,59: bezogen auf den von Menelaos getöteten Panthoos-Sohn Euphorbos; Il. 17,23: bezogen auf die PanthoosSöhne im allgemeinen). Es handelt sich um ein bereits zur Abfassungszeit der Ilias hocharchaisches Wort1036 – dafür zeugt (1.) die Seltenheit seiner Verwendung und (2.) die Beschränkung seiner Anwendung auf Priamos bzw. die Panthoos-Söhne, ferner (3.) seine Formelhaftigkeit (vgl. den genannten Iteratvers sowie den Umstand, dass es an allen sechs Stellen an derselben metrischen Position steht), (4.) die Art und Weise seiner Bildung (Vorderglied ἐυ- mit nominalem Hinterglied)1037 und (5.) der archaische Charakter des zugrundeliegenden Basisworts μελ ίη (s.u.), schliesslich jedoch auch (6.) der Umstand, dass das Wort in der späteren Epik nur noch vereinzelt als Rarität auftritt und einzig bei unserem Homerus novus ein ungeahntes revival erfährt, während offensichtlich (7.) bereits der OdysseeDichter nicht mehr souverän damit umgehen konnte: In Od. 3,400 wird nämlich Peisistratos, Nestors Sohn, einmal ad hoc ἐυμμελίης genannt, der Verfasser scheint jedoch kein Gefühl für die Formelhaftigkeit des Wortes

1036

Vgl. Page (1959) 240f.; Dihle (1970) 71f.; Janko (1992) 335 (zu Il. 16,141–144). Vgl. Page (1959) 240f.: »This compound is of a type which has almost disappeared from the Epic language, if indeed it was ever common therein. The Ionian poets created no more of the kind: ευ- in combination with a weapon has no parallel in the Epic; there is no εὔασπις, εὐσακής, εὐεγχής, εὐάωρ, // or other monster of that sort. But if ἐυμμελίης has no brother, it has a single interesting and congenial cousin, ἐυκνήμιδες, another very old traditional epithet, unique of its kind: for ευ- in combination with a piece of armour is equally isolated.« 1037

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zu besitzen, da er es auf eine andere Person appliziert und in eine andere sedes als in der Ilias setzt.1038 Quintus’ Verwendung des Wortes ist nun aufschlussreich: Er appliziert es 7x auf Agamemnon,1039 4x auf Achilleus1040 und 12x auf gesamthaft elf ›grössere‹ und ›kleinere‹ Helden;1041 vgl. Venini (1996) 191f.: »Quinto Smirneo lo limita a guerrieri giovani e forti, riferendolo // principalmente ad Achille […] e ad Agamemnone […]« Metrisch positioniert er es 16x wie in der Ilias nach der dritten trochäischen Zäsur,1042 6x wie in der Odyssee vor der Penthemimeres1043 und nur 1x ›unhomerisch‹ vor der Hephthemimeres.1044 Die üblichen Kasus sind der Nominativ (12x) und der Akkusativ (9x), nur je einmal erscheint der (unhomerische) Dativ und der aus dem iliadischen Iteratvers (s.o.) übernommene Genitiv auf -ω.1045 Bei alledem kreiert Quintus flexible homerisierende Versschlussformeln wie das vorliegende ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα oder, am häufigsten, ἐυμμελίης ᾿Αγαμέμνων (7x) in Anlehnung an das iliadische ἐυμμελίω Πριάμοιο. Die Absicht unseres Dichters scheint es also zu sein, ein rares, hocharchaisches episches Adjektiv wiederzubeleben, indem er es quantitativ gehäuft einsetzt und den Bezug zur Ilias v.a. mittels der metrischen Positionierung herstellt; gleichzeitig jedoch haucht er ihm neues Leben ein, indem er es nicht mehr auf den alten, gebrechlichen Priamos, sondern auf junge, aktive Helden, besonders jedoch auf Achilleus und Agamemnon appliziert, für die ἐυμμελίης nicht bloss ein schmückendes Beiwort, sondern ein wirklich passendes Attribut ist (distinktives Epitheton > generisches Epitheton). Erst eine Analyse des zugrundeliegenden Basisworts μελίη kann jedoch die ganze Tiefe von Quintus’ Neubelebung ergründen:1046 μελ ίη bedeutet konkret »Esche«, metonymisch jedoch auch »Eschenlanze«. In letzterer Bedeutung ist das Wort in der Ilias auf den Wurfspeer des Achilleus beschränkt, den niemand ausser ihm überhaupt hochzuheben imstande ist.1047 1038

Od. 3,400 πὰρ δ᾿ ἂρ ἐυμμελίην Πεισίστρατον, ὄρχαμον ἀνδρῶν. Q.S. 4,127; 4,407; 5,165; 5,427; 9,203; 9,490; 14,20. 1040 Q.S. 1,96; 2,632; 3,12; 4,173. 1041 Q.S. 2,342 (Thrasymedes); 4,466 (Agapenor); 6,317 (Pulydamas); 6,546 und 11,357 (Teukros); 8,294 (Menalkes); 10,147 (Skylakeus); 10,168 (Akamas); 12,321 (Podaleirios); 13,41 (Epeios); 13,179 (Eurydamas); 14,136 (Glaukos). 1042 Q.S. 1,96; 2,342; 3,12; 4,127; 4,173; 4,407; 4,466; 5,165; 5,427; 8,294; 9,203; 9,490; 10,147; 10,168; 13,41; 14,20. 1043 Q.S. 2,632; 6,546; 11,357; 12,321; 13,179; 14,136. 1044 Q.S. 6,317 Πουλυδάμαντά τ᾿ ἐυμμελίην καὶ Πάμμονα δῖον. 1045 Q.S. 4,173 ἐυμμελίῃ ᾿Αχιλῆι; 13,41 ἐυμμελίω ὑπ᾿ ᾿Επειοῦ (jedoch textkritisch problematisch, vgl. Vian [1969], Apparat ad loc.). Zum epischen Gen. Sg. auf -ω vgl. Shipp (21972) 172f. 1046 Die nachstehenden Ausführungen zu μελίη basieren auf: Page (1959) 238–242 (mit 273– 280 Anm. 53–63); Janko (1992) 335 (zu Il. 16,141–144); Saunders (2004) 16f; LfgrE s.v. μελίη. 1047 Vgl. LfgrE s.v. μελ ίη: »Lanze(nschaft) aus Eschenholz: meist von Ach.s Πηλιάδα -ην (wohl alte Formel […]), die urtüml., übermenschl. Reckentum u. Größe evoziert (vgl. andere 1039

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Infolgedessen kann ihn Patroklos, als er in die Waffen seines Freundes taucht, nicht mitnehmen; vgl. Il. 16,140–144: ἔγχος δ᾿ οὐχ ἕλετ᾿ οἶον ἀμύμονος Αἰακίδαο, βριθὺ μέγα στιβαρόν· τὸ μὲν οὐ δύνατ᾿ ἄλλος ᾿Αχαιῶν πάλλειν, ἀλλά μιν οἶος ἐπίστατο πῆλαι ᾿Αχιλλεύς, Πηλιάδα μελίην, τὴν πατρὶ φίλῳ πόρε Χείρων Πηλίου ἐκ κορυφῆς, φόνον ἔμμεναι ἡρώεσσιν.1048 Die Lanze des trefflichen Aiakiden jedoch nahm [Patroklos] als einziges nicht, die wuchtige, grosse, harte: Diese konnte kein anderer von den Achaiern schwingen, sondern einzig Achilleus vermochte sie zu schwingen, die Esche vom Pelion, die Cheiron seinem Vater gebracht hatte vom Gipfel des Pelion, eine Mordwaffe zu sein für die Helden.

Die Folge davon ist, dass die Eschenlanze trotz Hektors Waffenraub in Achilleus’ Besitz bleibt, so dass er sie zusammen mit seinen neuen, von Hephaistos gefertigten Waffen in den Kampf gegen Hektor mitnehmen kann (vgl. Il. 19,387–391). Nachdem er in der darauffolgenden Schlacht vergeblich versucht hat, Aineias und Asteropaios damit zu töten (vgl. Il. 20,273–281 bzw. 21,169–172), gelingt es ihm schliesslich, sie Hektor durch den Hals zu schiessen; vgl. Il. 22,326–329: τῇ ῥ᾿ ἐπὶ οἷ μεμαῶτ᾿ ἔλασ’ ἔγχεϊ δῖος ᾿Αχιλλεύς· ἀντικρὺ δ᾿ ἁπαλοῖο δι᾿ αὐχένος ἤλυθ᾿ ἀκωκή. οὐδ᾿ ἂρ ἀπ᾿ ἀσφάραγον μελίη τάμε χαλκοβάρεια, ὄφρα τί μιν προτιείποι ἀμειβόμενος ἐπέεσσιν. Dort [= an der Kehle] traf er ihn, der [gegen ihn] anstürmte, mit dem Speer, der göttliche Achilleus, und mitten durch den zarten Hals ging die Spitze. Doch die erzbeschwerte Eschenlanze schnitt die Luftröhre nicht ab, damit er noch etwas zu ihm sagen konnte, mit Worten erwidernd.

μελίη ist also die Mordwaffe, mit der Achilleus seinen Erzfeind Hektor tötet, die von niemand anderem getragen werden und die auch niemand anderen töten kann – fast scheint es, als seien hier Mörder, Waffe und Opfer untrennbar schicksalhaft miteinander verbunden; vgl. Saunders (2004) 17: »The weapon is divine, certainly protected and returned by two gods. It does not register on Aeneas or Asteropaius, for it is reserved for its final and climactic target, the neck of Hector.« Wenn also Quintus das Adjektiv Spezialwaffen wie z. B. Aias’ σάκος ἑπταβόειον ἠΰτε πύργον Η 219, des Kyklopen μέγα ῥόπαλον ἐλαΐνεον ι 319), von da geleg. auf andere Kämpfer ausgeweitet«. – μελίη in der konkreten Bedeutung »Esche« in Il. 13,178 und 16,767; im Plural unspezifisch für die Lanzen der Abanten in Il. 2,543; im Singular spezifisch für die Eschenlanze des Achilleus in Il. 16,143; 19,390; 20,277; 20,322; 21,162; 21,169; 21,174; 22,133; 22,225; 22,328. 1048 Die Verse 16,141–144 sind Iteratverse, sie werden in 19,388–391 wörtlich wiederholt.

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ἐυμμελίης auf Achilleus, aber auch auf Agamemnon oder auf andere griechische Helden appliziert, so spielt er damit unzweideutig auf das Grundwort μελίη mit all seinem Bedeutungsreichtum, seiner Tragweite, ja seiner nachgerade ›magischen Kraft‹ an. Dadurch, dass in den Posthomerica in erster Linie der Hektormörder Achilleus und der Griechenführer Agamemnon das Epitheton tragen, wird dieses auch inhaltlich neu belebt. Es ist nicht mehr wie in der Ilias eine beinahe leere Worthülse, die auf den alten Priamos nur mehr schlecht als recht passen will und mit Achilleus’ Eschenlanze keinen konkreten Zusammenhang hat, sondern das abgeleitete Adjektiv passt mit dem zugrundeliegenden Substantiv ›wieder‹ ursächlich zusammen, indem es an Hektors Tod und somit letztlich auch an das Endziel der griechischen Unternehmung, die Zerstörung Trojas, erinnert. Dieser Befund bestätigt sich, wenn wir uns die Verwendungen von μελίη in den Posthomerica ansehen: Quintus verwendet μελίη im Plural unspezifisch für »Lanzen, Speere« ohne Rücksicht auf deren Besitzer, im Singular jedoch gebraucht er das Wort im iliadischen Sinne für Achilleus’ Lanze an drei zentralen Stellen:1049 In 3,165 stützt sich der verwundete Achilleus, dessen Kräfte allmählich schwinden, auf seine μελίη.1050 In 8,199f. ist es die μακρὴ Πηλι άς, mit der Neoptolemos seinem Hauptgegner Eurypylos den Todesstoss in den Hals versetzt und womit unzweideutig ebenfalls die Achilleische μελ ίη gemeint ist, da Πηλι άς in der Ilias deren stehendes Attribut ist (vgl. Anm. 1047);1051 sie wird sodann noch einmal genannt in 9,184 als Mordwaffe, mit der Achilleus’ Sohn viele weitere Feinde tötet. Für unsere Zwecke von grösstem Interesse ist jedoch 1,654: Dort wird der Speer, mit dem Achilleus Penthesileia getötet hat und den er nun wieder herauszieht, μελίη genannt – Penthesileias Tod wird dadurch mit demjenigen Hektors mittels dieser Wortwahl erneut parallelisiert. Wenn es also in 1,96 heisst, Penthesileia »kenne den lanzenkundigen Achilleus« nicht, so hat auch diese Formulierung eine sowohl analeptische wie auch proleptische Funktion: Hektors Tod wird in Erinnerung gerufen, Penthesileias Tod wird vorausgedeutet, die beiden Helden werden in ihrer 1049 Im Plural, unspezifisch: Q.S. 1,344; 1,348; 2,219; 2,289: 3,324; 8,185; 8,199; 9,542; 11,307; 13,96; ausserdem 1x (1,249) im Singular in der konkreten Bedeutung »Esche«. Quintus folgt somit, aufs Gesamte gesehen, dem iliadischen Gebrauch des Wortes; vgl. Anm. 1047. 1050 Der Vers ist eine klare Imitation von Il. 22,225, wo sich Achilleus auf seine Eschenlanze stützt, bevor es zur entscheidenden Begegnung mit Hektor kommt. 1051 Vgl. Q.S. 8,199f.: ὀψὲ δὲ μακρ ή / Πηλι ὰς Ε ὐρυπύλοιο δι ήλυθεν ἀνθερεῶνος. »Schliesslich aber durchstiess die lange [Eschenlanze] vom Pelion den Hals des Eurypylos.« Eurypylos’ Tod wird somit mit dem des Hektor in mehrfacher Hinsicht parallelisiert: Nicht nur ist sein Mörder der Sohn des Hektormörders, sondern auch die Mordwaffe ist dieselbe, und beide Opfer werden an einer der empfindlichsten Körperstellen, am Hals, getroffen (vgl. Il. 22,327 [s.o.]; zu ἀνθερεών in der nachhomerischen Bedeutung »Hals« [homerisch »Kinn«] vgl. den Kommentar zu (110) δι᾿ ἀνθερεῶνος).

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Verblendung und in ihrem Schicksal in eins gesetzt. Wenn dann später Achilleus seine μελ ίη aus Penthesileias Körper herauszieht, wenn sie ihm sodann kurz vor seinem Tod als Stütze dient, und wenn schliesslich sein Sohn Neoptolemos Eurypylos damit tötet und weitere Heldentaten damit vollbringt, so bekommt sie den Charakter eines Leitmotivs, das an den wichtigsten Eckpunkten von Achilleus’ kriegerischem Werk (und bis über seinen Tod hinaus) immer wieder auftaucht und das sich – poetologisch gesprochen – über die Grenze zwischen Ilias und Posthomerica hinwegzieht. (97) ἐνὶ φθισήνορι χάρμῃ Das verbale Rektionskompositum φθισ ήνωρ fungiert in der archaischen Epik als Attribut zum Substantiv π όλεμος in der Wendung (ἐς) π όλεμον φθισήνορα (5x Il. [davon 2x im Iteratvers στε ίχειν ἐς π όλεμον φθισ ήνορα, τὼ δέ οἱ οὔ τι, Il. 2,833 = 11,331]; Hes. Th. 431). Quintus kreiert in der für ihn typischen Weise der imitatio cum variatione die homerisierende Formel ἐνὶ φθισ ήνορι χ άρμῃ (hier und in 5,231), welche er sodann an einer weiteren Stelle mittels Selbstvariation zu κατ ὰ φθισ ήνορα χ άρμην (11,19) abwandelt. Einmal findet sich ausserdem, ebenfalls in Anlehnung an den homerischen Sprachgebrauch, πόλεμοι φθισήνορες (5,25).1052 Quintus’ beide Verwendungen von ἐνὶ φθισ ήνορι χ άρμῃ zeigen auch inhaltliche Affinitäten: Aias beschliesst seine erste, grosse Rede gegen Odysseus im Kampf um Achilleus’ Rüstung (5,181–236) mit der rhetorischen Frage (5,229–231): ἀλλὰ τί ἢ μύθοισιν ἐριδμαίνοντε κακο ῖσιν / ἕσταμεν ἀμφ᾿ ᾿Αχιλῆος ἀμύμονος ἀγλαὰ τε ύχη / ὅς τις φ έρτερός ἐστιν ἐνὶ φθισ ήνορι χ άρμῃ; »Doch wozu stehen wir [eigentlich] hier um die glänzenden Waffen des untadeligen Achilleus herum und streiten mit bösen Worten [darüber], wer [von uns] der bessere sei in der männermordenden Schlacht?« Die Frage nach dem kriegerischen Können bezieht sich auch hier implizit auf Achilleus, insofern als es Aias darum geht klarzumachen, dass er Achilleus (so gut wie) ebenbürtig ist.1053 Somit wird φθισήνωρ indirekt zum Attribut für Achilleus selbst: Er ist ›der Männermordende‹, da er sich in der ›männermordenden Schlacht‹ vor allen anderen auszeichnet.  Zur Verwendung von χ άρμη bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (34) ἐελδόμεναι πόλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην.

1052 Nach Quintus finden wir das Adjektiv noch bei Nonnos, 2x in den Dionysiaca und 2x in der Paraphrasis. Interessant ist die Verwendung in den Dionysiaca: Nonnos bezieht φθισ ήνωρ beide Male kurz hintereinander auf den Stab des Dionysos (Dion. 40,33 φθισήνορι θύρσῳ; 40,93 φθισήνορι θαλλῷ). 1053 Zu Aias als zweitbestem Griechenhelden unmittelbar nach Achilleus vgl. Anm. 1021.

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Kommentar zu den Versen 98–117

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Verse 98–117: Andromaches Ethopoiie Andromache gehört als Gattin Hektors zum innersten Kreis von Trojas Herrscherfamilie.1054 Sie steht paradigmatisch für die liebende, fürsorgliche Ehefrau und Mutter, die, nachdem sie ihre eigene Familie verloren hat, ihre Erfüllung und ihr kurzes Glück mit ihrem Gatten Hektor und ihrem kleinen Sohn Astyanax findet, ehe deren beider grausamer Tod sie wieder ins Unglück stürzt.1055 »Die Liebe Andromaches hat etwas Unbedingtes, Elementares; nicht umsonst ist sie dem Dichter in ihrer Angst ‘einer Rasenden gleich’.«1056 So gesehen, steht sie mit der Figur der Penthesileia in Kontrast, steht doch Letztere ebenso paradigmatisch für einen ganz und gar unorthodoxen Lebensentwurf, d.h. ein Leben, in dem Männer und Familienglück keinen Platz haben – ja, die »männerfeindlichen Amazonen«1057 stellen in ihrer Funktion als Kriegerinnen eine ganz konkrete Bedrohung für den durch Andromache repräsentierten Frauentyp dar, da sie den Männern im Krieg den Tod bereiten. Allegorisch gesprochen, repräsentiert Penthesileia das Konzept der Hybris, Andromache dagegen die (weibliche) Sophrosyne.1058 Letzteres wird in dem die Rede abschliessenden, gnomischen Erzählerkommentar expliziert, da es heisst (1,116f.): μ άλα γ ὰρ μ έγα πένθος ἀέξει / ἀνδρὸς ἀποφθιμένοιο σαόφροσι θηλυτέρῃσιν. »Denn gar sehr mehrt sich sittsamen Frauen der Schmerz, wenn ihnen ihr Mann hinweggerafft wurde.«

1054 Bussolino (1961) 52 sieht in ihr (in unhaltbarer Weise vereinfachend) einen flat character, d.h. keine komplexe, vielschichtige Figur, die sich entwickelt oder nach und nach verschiedene Facetten ihrer Persönlichkeit zutage treten lässt, sondern vielmehr einen bestimmten, mehr oder weniger fixen Typus (»non è un carattere che subisca una evoluzione, come vari personaggi della tragedia greca«). 1055 Zu Andromaches Schicksal vor ihrer Heirat mit Hektor vgl. ihre Erzählung in Il. 6,414– 428; vgl. dazu den Kommentar zu (98–99) ἐὺς πάις ᾿Ηετίωνος / ᾿Aνδρομάχη. – In Il. 22,448 fällt Andromache die Spule aus den Händen, als sie das Geschrei um Hektors Tod vernimmt. Dies kann als Metapher gelesen werden dafür, wie ihre Welt in diesem Moment zusammenbricht. 1056 Schadewaldt (21951) 220; Il. 6,389 μαινομένῃ εἰκυῖα (vgl. auch Il. 22,460 μαινάδι ἴση). 1057 Die iliadische Formel ᾿Αμαζόνες ἀντιάνειραι bedeutet zwar ursprünglich nicht »die männerfeindlichen«, sondern »die männergleichen Amazonen«, doch wurde das Epitheton in der Antike auch in ersterem Sinne verstanden. 1058 Vgl. Calero (2000) 196: »Andrómaca sigue simbolizando en las Posthoméricas la mujer griega por excelencia, cuyo papel de fiel esposa y madre abnegada […] contrasta con el ostentado por Pentesilea. […] Andrómaca encarna el ideal de sophrosyne frente a la conducta cargada de hybris de Pentesilea.« Vgl. auch Touchefeu-Meynier (1981) 767: »[E]lle y incarne les vertus et les malheurs de la condition féminine aux temps homériques […]«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Andromache tritt in der Ilias an drei Schlüsselstellen auf: (1.) erstmals in der berühmten Szene im 6. Buch, als sie zusammen mit ihrem kleinen Sohn Astyanax ihren Gatten am Skäischen Tor trifft und ihn zu bereden sucht, er möge nicht in den Kampf ziehen, sondern bei ihr bleiben, damit er sie nicht zur Witwe und ihren gemeinsamen Sohn zum Waisen mache (Il. 6,407– 439), was dieser in seiner Antwort ebenso vehement ablehnt, wie er zugleich seiner liebevollen Fürsorge für Frau und Kind Ausdruck verleiht (Il. 6,441–465), bevor sich das Paar – nach der rührenden Begegnung mit Astyanax, als dieser vor dem Helm seines Vaters erschrickt – wieder trennt. (2.) Sodann tritt Andromache erst nach Hektors Tod wieder in Erscheinung. Unmittelbar nachdem Achilleus ihn niedergestreckt hat, hält Hekabe eine kurze, aber ergreifende Klagerede (Il. 22,431–436); auf dem Turm ertönt Geschrei; Andromache hört es, tritt nach draussen und sieht, wie Hektors Leiche von Achilleus geschleift wird, worauf sie eine langen Klagemonolog anstimmt (Il. 22,477–514). (3.) Das Ende der Ilias schliesslich setzt sich zusammen aus den drei Totenklagen von Andromache (Il. 24,725–745), Hekabe (Il. 24,748–759) und Helena (Il. 24,762–775). Alle diese drei Szenen mit den genannten, gesamthaft sieben Monobzw. Dialogen stellen für Andromaches Rede in Q.S. 1,98–114 wichtige intertextuelle Vorbilder in (a) sprachlicher, (b) gedanklich-inhaltlicher und (c) typologischer Hinsicht dar: (a) Sprachlich – d.h. als ›Lieferant‹ für sprachliche ›Versatzstücke‹ – ist nur eine dieser Reden von Bedeutung, nämlich Hekabes erste Totenklage (Il. 22,431–436), die kürzeste der sieben Reden; die anderen sechs Reden sind fast ausschliesslich typologisch bzw. aufgrund ihres Inhalts und Kontexts von Bedeutung.1059 Hekabes erste Totenklage sei darum hier als Ganzes zitiert: τέκνον, ἐγὼ δειλή· τί νυ βείομαι αἰνὰ παθοῦσα σεῦ ἀποτεθνηῶτος; ὅ μοι νύκτάς τε καὶ ἦμαρ εὐχωλὴ κατὰ ἄστυ πελέσκεο, πᾶσί τ᾿ ὄνειαρ Τρωσί τε καὶ Τρῳῇσι κατὰ πτόλιν, οἵ σε θεὸν ὥς δειδέχατ᾿· ἦ γὰρ καί σφι μάλα μέγα κῦδος ἔησθα ζωὸς ἐών· νῦν αὖ θάνατος καὶ μοῖρα κιχάνει.

1059

Sprachliche Imitationen finden sich sonst nur noch: Il. 6,464 χυτὴ κατὰ γαῖα καλύπτοι ~ Q.S. 1,109 ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει (vgl. den Kommentar ad loc.); Il. 24,749 ἦ μέν μοι ζωός περ ἐὼν φίλος ἦσθα θεοῖσιν ~ Q.S. 1,108f. καί μοι ἔην μέγα κῦδος ἰδ᾿ ἀντιθέοις τοκέεσσι / ζωὸς ἐών (vgl. den Kommentar zu (109) ζωὸς ἐών). – Über den Grund für Quintus’ Entscheidung, sich an der sprachlichen Oberfläche fast ausschliesslich an dieser Rede zu orientieren, können wir nur spekulieren; möglicherweise hat es damit zu tun, dass es die erste der insgesamt fünf Totenklagen um Hektor ist, die Hekabe unmittelbar nach dessen Tod hält, so dass mittels der sprachlichen Bezugnahmen darauf die Erinnerungen an den konkreten Todesmoment am deutlichsten und schmerzvollsten zutage treten.

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Kommentar zu den Versen 98–117

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Mein Kind! Ach, ich Unglückliche! Was soll ich nun noch leben, Schlimmes erleidend, da du tot bist? Du, der du für mich Tag und Nacht mein Stolz warst auf der Burg, und der Schirmherr in der Stadt für alle Troer und Troerinnen, die dich wie einen Gott begrüssten! – Ja, denn du warst auch für sie eine gar grosse Zierde, als du noch lebtest, nun aber haben Tod und Schicksal dich eingeholt.

Folgende sprachliche Anleihen in Quintus’ Andromache-Klage sind ersichtlich: Il. 22,431 ἐγὼ δειλή

Q.S. 1,100 ἆ δειλή

Il. 22,431 τί νυ βείομαι αἰνὰ παθοῦσα

Q.S. 1,100 τί νυ τόσσα μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις

Il. 22,433 κατὰ ἄστυ; 22,434 κατὰ πτόλιν

Q.S. 1,107 ἀνὰ πτόλιν

Il. 22,434f. οἵ σε θεὸν ὥς / δειδέχατ᾿

Q.S. 1,107 οἳ ἑ θεὸν ὣς πάντες […] εἰσορόωντο

Il. 22,435 ἦ γὰρ καί σφι μάλα μέγα κῦδος ἔησθα

Q.S. 1,108 καί μοι ἔην μέγα κῦδος

Il. 22,436 ζωὸς ἐών

Q.S. 1,109 ζωὸς ἐών

Fernerhin ist zu bemerken, dass Quintus in der ersten Hälfte von Andromaches Rede, welche sich mit Penthesileias Todesschicksal befasst, ehe sie übergeht in die Erinnerungen an den toten Hektor (s.u.), zahlreiche sprachliche Anleihen an verschiedene Stellen aus der Ilias vornimmt, an denen von Patroklos’ oder Hektors Tod die Rede ist. Penthesileias nahe bevorstehender Tod wird somit intertextuell mehrfach mit Patroklos’ und Hektors Tod in der Ilias verknüpft.1060 Dadurch erhalten die beiden Helden und ihr Tod ex post proleptische Funktion für Penthesileias Todesschicksal; gleichzeitig wird die Amazonenkönigin in eine Reihe mit zwei der wichtigsten Heroen auf Griechen- und auf Troerseite gestellt. Auf einer poetologischen Ebene jedoch hebt Quintus mittels dieser intertextuellen Verknüpfungen die thematische und sprachliche Einheit von Ilias und Posthomerica hervor; er stellt seine eigene Erzählung in den Kontext der Ilias und gibt dem Geschehensverlauf als ganzem einen roten Faden und legitimiert somit seinen impliziten, doch deutlich fassbaren Anspruch auf die ›homerische‹ Autorschaft seines Epos.1061 1060 Vgl. dazu die Kommentare zu (98–99) ἐὺς πάις ᾿Ηετίωνος / ᾿Aνδρομάχη, (99) φίλῳ προσελέξατο θυμῷ, (100) ἆ δειλή, (102) φόνον καὶ λοιγὸν ἐφήσει, (103–104) ἄγχι / ἕστηκεν Θανάτοιο τέλος καὶ Δαίμονος αἶσα, (106) μέγα δ᾿ ἤκαχε Τρῶας und (107) οἵ ἑ θεὸν ὣς πάντες […] εἰσορόωντο. 1061 Zur ›homerischen‹ Autorschaft der Posthomerica vgl. Kap. 1.4.1.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(b) Gedanklich-inhaltlich ist eine klare Zweiteilung der Rede ersichtlich: (1.) Andromache beginnt mit einer (virtuellen) Anrede an Penthesileia,1062 in der sie ihr in einer Mischung aus Vorwurf, Mitleid und Schrecken den bevorstehenden Tod unmissverständlich voraussagt (1,100–106).1063 In diesem ersten Teil dominiert der Gedanke, dass Penthesileia nicht den Hauch einer Chance gegen Achilleus habe, da selbst Hektor, welcher der Amazonenkönigin doch »vielfach überlegen« (1,105: πολλὸν ὑπέρτερος) war, von diesem getötet worden sei.1064 Dieser (virtuelle) Versuch Andromaches, Penthesileia vom Kampf abzuhalten, hat sein direktes Vorbild in ihrer Rede an Hektor in Ilias 6, in der sie ihn bittet, nicht in den Kampf zu ziehen, sondern bei ihr zu bleiben (s.o.). (2.) Ausgehend von der Erwähnung Hektors (1,105 ῞Εκτωρ γ ὰρ κτλ.), lässt Androm ache Penthesileia plötzlich ›links liegen‹ und erinnert sich schmerz- und trauererfüllt an den schrecklichen Moment zurück, als ihr Gatte getötet wurde und sie seine grausame Schleifung mitansehen musste (1,106–114). Ihre Rede schliesst mit der Betonung ihres seelischen Schmerzes, sie kehrt nicht mehr zu ihrem Ausgangspunkt, Penthesileias bevorstehendem Todesschicksal, zurück (1,114: τ ό μοι α ἰνὸν ἄχος π έλει ἤματα π άντα). Danebst dominieren in diesem zweiten Teil der Rede zwei Gedanken, die ebenfalls iliadisch sind: einerseits Andromaches Wunsch, selber schon vor Hektor gestorben zu sein, damit sie seinen Tod nicht mehr hätte miterleiden müssen (1,109f.) – ein Gedanke, der in Ilias 6 in dieser Form nicht von Andromache, sondern von Hektor geäussert wird! –; andererseits ihre Angst davor, Witwe zu sein (1,113f.) – dieser Gedanke beherrscht sowohl Andromaches Rede an Hektor in Ilias 6 als auch ihre beiden Totenklagen in Ilias 22 und 24.1065 Ausgeblendet ist dagegen Andromaches Angst um ihren Sohn Astyanax; in diesem Moment ist sie ganz auf sich und ihre Beziehung zu Hektor konzentriert.1066 Die auffällige Zweiteilung der Rede (›Penthesileia-Teil‹ – ›Hektor-Teil‹) in Kombination mit Andromaches geradezu obsessiver Fixierung auf ihren Gatten in der zweiten Hälfte legt somit erneut eine starke Assoziation von Penthesileia und Hektor nahe: Während Andromache für (weibliche) Sophrosyne steht, repräsentieren sowohl Penthesileia als auch Hektor (männliche) Hybris. Der Gegensatz und das Aufeinanderprallen zwischen ›männlicher‹ 1062

Zur Typologie der Rede s.u. Zum ambivalenten Ton der Rede vgl. die Kommentare zu (100) ἆ δειλή, (100) μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις und (103) λευγαλέη. 1064 Zu diesem ›Syllogismus‹, dessen ›Prämisse‹ logisch gesehen unbewiesen bleibt, vgl. den Kommentar zu (105–106) ῞Εκτωρ γὰρ […] κρατερός περ ἐών. 1065 Zu den Details vgl. den Kommentar zu (113–114) ὅς μ᾿ ἀνέρος εὖνιν ἔθηκε / κουριδίου. 1066 Astyanax wird erst im 13. Buch der Posthomerica wichtig; vgl. dazu die Kommentare zu (109) ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει und (113–114) ὅς μ᾿ ἀνέρος εὖνιν ἔθηκε / κουριδίου. 1063

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Kommentar zu den Versen 98–117

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und ›weiblicher‹ Sphäre, der sich sowohl im Gegensatzpaar Andromache – Penthesileia wie auch Andromache – Hektor manifestierende genderKonflikt, ist auch in der Begegnung zwischen Hektor und Andromache in Ilias 6 von zentraler Bedeutung: die beiden begegnen sich am Skäischen Tor, dort treffen ihre beiden Welten aufeinander, und dort trennen sie sich auch wieder1067 –, lässt das jüngste und das nächste bevorstehende Opfer des Achilleus sozusagen zu einer Figur verwachsen. Somit wird die Einheit der iliadischen und der posthomerischen Handlung auch auf der Figurenebene realisiert. (c) Typologisch betrachtet, ist Andromaches Rede eine Kombination aus (Pseudo-)Dialog und Monolog: Einerseits impliziert zwar die Anrede ἆ δειλή ein real anwesendes Gegenüber,1068 andererseits jedoch handelt es sich sachlich gesehen unzweideutig um einen Monolog. Letzteres machen folgende Faktoren klar: (1.) der redeeinleitende und der redebeschliessende Vers, 1,99 μάλα τοῖα φίλῳ προσελέξατο θυμῷ »da sprach sie gar solche [Worte] in ihrem Herzen«1069 bzw. 1,115f. ὣς φ άθ᾿ ἑὸν κατ ὰ θυμ ὸν ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη / μνησαμένη πόσιος »so sprach sie in ihrem Herzen, die Tochter des Eetion mit den schönen Knöcheln, ihres Gatten gedenkend«; (2.) der Kontext bzw. die ›szenische Inszenierung‹: Andromache tritt im Gang der Erzählung weder auf noch ab, und es gibt keinerlei Hinweise im Text, der auf ihre (›stumme‹) Anwesenheit deutet – ihre Rede ist also, ähnlich wie das in der Buchmitte stehende Frauenredepaar (1,403–476), in den Handlungsgang nicht integriert und somit narratologisch eigentlich überflüssig; (3.) der unverkennbar monologische Charakter des zweiten Redeteils, in dem Andromache nur noch ihren persönlichen Gedanken an Hektor nachhängt und Penthesileia völlig vergisst (s.o.). Das Phänomen dieser Janusköpfigkeit lässt sich typologisch auf zwei verschiedene, einander nicht ausschliessende, sondern ergänzende Weisen 1067 Vgl. Schadewaldt (21951) 216: »Die Begegnung Hektors mit Andromache ist die einzige und letzte sichtbare Begegnung der beiden im ganzen Ilias-Geschehen. Sie mußte aus dem gewöhnlichen Alltag erhoben werden zur Höhe des Bleibenden, Wesentlichen. Der Dichter erreicht dies durch die bloße Führung der Gestalten. Ehe sie zueinanderfinden, müssen sie sich verfehlen. Und wie wunderbar dieses Sichverfehlen! Während der Mann die Frau in ihrem Bereich, dem Hause sucht, ist die Frau von Sorge um ihn getrieben schon seinem Bereich, dem Turm, genaht, um auf dem Schlachtfeld nach ihm auszuschauen. Die gleiche Sehnsucht treibt sie übers Kreuz aneinander vorbei und auseinander, und wenn der Zufall – man kann auch sagen: die Fügung – sie endlich doch zueinander führt, so hat diese zuerst gefährdete, dann doch noch erreichte Vereinigung, ohne daß ein Wort darüber fiele, den Charakter des Innigen und des Notwendigen.« Es ist wichtig zu betonen, dass es sich um eine gegensätzliche, doch nicht feindliche Begegnung handelt; vgl. Arthur (1981) 27: »Book VI is the first point in the Iliad which shows an affectionate rather than hostile relationship between male and female, the first point in the narrative where there is presented an encounter which is free from the domination of one sphere of interests by the other.« 1068 Vgl. dazu en detail den Kommentar zu (100) ἆ δειλή. 1069 Vgl. dazu en detail den Kommentar zu (99) φίλῳ προσελέξατο θυμῷ.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

erklären: (1.) Mit Blick auf die homerischen Epen ist daran zu denken, dass Andromaches Rede u.a. aus dem Geiste der iliadischen Totenklagen um Hektor erwachsen ist, was auf der intertextuellen Ebene sowohl sprachliche als auch inhaltliche Reminiszenzen deutlich machen.1070 Eine Totenklage jedoch richtet sich an eine tote, also nicht mehr real anwesende Person, die Anrede ist desgleichen virtuell, und das dialogische Element fehlt.1071 Andromache spricht also zu Penthesileia, als ob diese schon tot wäre. Betrachtet man die Virtualität, die ›Unechtheit‹ ihrer Rede unter diesem Aspekt, so kommt man nicht umhin, darin eine Prolepse auf Penthesileias eigenen Tod auch auf typologischer Ebene zu sehen.1072 (2.) Mit Blick auf die zweitsophistische Literaturlandschaft können wir in der Rede eine Ethopoiie erblicken:1073 Die Tatsache, dass Andromache eigentlich gar nicht anwesend und ihre Rede somit in den Handlungsgang überhaupt nicht integriert ist, sondern gewissermassen ex nihilo erklingt, verleiht selbiger einen starken Zug von Autonomie, vergleichbar etwa mit einer Ekphrasis, welche in der Zweiten Sophistik ebenfalls zu einer eigenständigen Literaturgattung wird und als narrativ ›disintegratives‹ Element Platz in grösseren literarischen Werken, z.B. im Roman, findet. Die ἠθοποιία, welche als Begriff auf Dionysios von Halikarnass zurückgeht1074 und dort eine rhetorische Stilfigur bezeichnet, entwickelt sich in der kaiserzeitlichen Rhetorik zu einer eigenständigen Schulübung: »Sinn und Zweck dieses Progymnasma war, die Anpassung der Redeweise an Charakter, Alter, Geschlecht, Lebensweise etc. der sprechenden Person und an ihre augenblickliche Gemütsverfassung, sowie an Situation und // Thema der Rede zu üben«; sie »galt auch im Hinblick auf Dichtung und Historiographie […] als geeignete Vorstudie«.1075 Aus dieser Verselbständigung heraus entwickelt sich sodann eine ›Literarisierung‹ der Gattung – zu denken ist bspw. an Libanios, unter dessen Namen 27 Ethopoiien mythologischen Inhalts überliefert sind, mit den jeweils typischen Titelanfängen τ ίνας ἂν ε ἴποι λ όγους […];1076 Diese Literarisierung bleibt jedoch nicht auf die Prosa beschränkt, sondern bringt auch Versifizierungen hervor – das früheste erhaltene Beispiel hierfür ist eine auf einem 1070

Vgl. dazu die allgemeinen Bemerkungen oben sowie den Lemmakommentar passim. Zum monologischen Aspekt von Totenklagen vgl. Petersmann (1973) 11. 1072 Aus struktureller Sicht interessant ist, dass Andromaches virtuelle Anrede an die als tot imaginierte Penthesileia ihr reales Gegenstück findet in Achilleus’ Schmährede an die von ihm Getötete (1,644–653). – Zu den zahlreichen (analogischen und antithetischen) Korrespondenzen zwischen den Reden in Posthomerica 1 vgl. Kap. 2.1.1. 1073 So schon Keydell (1963) 1274. 1074 Dion. Hal. Lys. 8; vgl. Hagen (1966) 37–39 und Heusch (1997) 28 mit Anm. 127. 1075 So Heusch (1997) 29f., die in ihrem Kommentar zur Achilles-Ethopoiie des Codex Salmasianus eine erschöpfende Darstellung zu Gattung und Geschichte der Ethopoiie bietet (27–40). Vgl. ferner Hagen (1966) und Art. »Ethopoeia« in: HWdR 2 (1994) 1512–1516 (G. Naschert). 1076 Lib. ed. Förster, vol. VIII, p. 361–437. 1071

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römischen Grabstein erhaltene, 43 Hexameter umfassende Ethopoiie eines elfjährig verstorbenen Jungen namens Quintus Sulpicius Maximus mit dem Titel τίσιν ἂν λόγοις χρήσαιτο Ζεὺς ἐπιτιμῶν ῾Ηλίῳ ὅτι τὸ ἅρμα ἔδωκε Φαέθοντι.1077 Vor diesem Hintergrund besehen, bekommt Andromaches Rede einen ganz anderen Charakter: sie ist weniger narratologisch innerhalb des Handlungsverlaufs der Posthomerica zu verstehen, sondern eher mit Blick auf die literarische Tradition der (Vers-)Ethopoiie. Es sind nicht Worte, die Andromache zu Penthesileia sagt, sondern die sie zu ihr sagen könnte oder würde (z.B. »τίνας ἂν εἴποι λόγους ᾿Ανδρομάχη πρὸς τὴν Πενθεσίλειαν μ έλλουσαν ᾿Αχιλλέα προκαλεῖσθαι;«), ehe sie sich ihren ganz eigenen Gedanken zuwendet.1078 Gleichzeitig ist dies das erste deutliche Beispiel für den Einfluss kontemporärer zweitsophistischer Rhetorik bzw. der daraus erwachsenen durchrhetorisierten Literatur auf Quintus’ Posthomerica.1079 (98) ἐπάκουσεν Das Verb ἐπακούειν steht homerisch (5x Il., 7x Od.) bis auf eine Ausnahme (Od. 24,262) immer am Versende mit der Struktur ἐπακου- (z.B. Il. 2,143 πᾶσι μετὰ πληθύν, ὅσοι οὐ βουλῆς ἐπάκουσαν). Quintus dagegen verwendet es nur zweimal und in anderer metrischer Position: hier nach der Trithemimeres (darin Od. 24,262 folgend), in 2,61 nach der Hephthemimeres. (98–99) ἐὺς πάις ᾿Ηετίωνος / ᾿Aνδρομάχη Andromache wird in den Posthomerica gesamthaft fünfmal erwähnt, viermal davon wird sie »Tochter Eetions« genannt;1080 vgl. 1,98f. ἐὺς π άις ᾿Ηετίωνος / ᾿Ανδρομάχη; 1,115 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη; 13,266 κούρην ᾿Ηετίωνος; 13,268 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη. Die Bezeichnung Andromaches als 1077

GVI 1924 = IG XIV 2012; vgl. dazu u.a. Döpp (1996), Heusch (1997) 36 mit Anm. 172 sowie Miguélez (2008) 180f. mit Anm. 483 für weiterführende Bibliographie. – Für weitere Beispiele sowohl aus dem lateinischen wie auch aus dem griechischen Bereich vgl. Fernández (1994) und Heusch (1997) 26f. + 35f.; zur Versethopoiie vgl. v.a. auch Ureña Bracero (1999) und Miguélez (2008) 316–340. 1078 Es gibt Ethopoiien sowohl dialogischen als auch monologischen Charakters, d.h. solche, bei denen der Sprecher eine virtuelle, als anwesend imaginierte Person anspricht, aber auch solche, die einem inneren Monolog gleichkommen, bei denen der Sprecher mit sich selber und seinen Gefühlen zurate geht. Als Beispiel für den erstgenannten Typus vgl., exempli gratia, Lib. eth. 24: τίνας ἂν εἴποι λόγους ᾿Οδυσσεὺς πρὸς τὸν Κύκλωπα ὁρῶν τοὺς ἑταίρους ἐσθίοντα; »Welche Worte würde Odysseus zum Kyklopen sprechen, wenn er sieht, wie dieser seine Gefährten frisst?« Für den zweiten Typus vgl. z.B. Lib. eth. 1 τίνας ἂν εἴποι λόγους Μήδεια μέλλουσα ἀποσφάττειν τοὺς ἑαυτῆς παῖδας; »Welche Worte würde Medea sprechen, die im Sinn hat, ihre eigenen Kinder abzuschlachten?« Quintus vereint somit beide Typen in derselben Ethopoiie, d.h. er beginnt mit dem dialogischen und geht dann zum monologischen über. 1079 Zur Rhetorizität der Posthomerica vgl. auch Bär (2009). 1080 Zur unerklärten Namensform ᾿Ηετίων vgl. von Kamptz (1982) 372.

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»Tochter Eetions« findet sich nur zweimal homerisch in dem Iteratvers ᾿Ανδρομάχη θυγ άτηρ μεγαλ ήτορος ᾿Ηετίωνος, Il. 6,395 = 8,187. Das Patronymikon ᾿Ηετιώνη ist literarisch erstmals bei Q.S. belegt und wird von Christodor einmal aufgegriffen; vgl. Anth. Gr. 2,160 ᾿Ανδρομάχη δ ᾿ ἕστηκε, ῥοδόσφυρος ᾿Ηετιώνη.1081 Eetion erscheint in der Ilias als König der Kilikier in der mysischen, sog. »hypoplakischen« Thebe.1082 Andromache berichtet in ihrem Gespräch mit Hektor in Ilias 6, wie Achilleus ihren Vater Eetion mitsamt ihren sieben Brüdern bei einem seiner Raubzüge tötete; die Mutter nahm er mit und gab sie alsbald wieder frei, doch wurde sie später von Artemis getötet (Il. 6,414–428). Somit ist nur verständlich, dass Hektor für Andromache den Familienersatz in jeder Hinsicht bedeutet; vgl. Il. 6,429f.: ῞Εκτορ, ἀτὰρ σύ μοί ἐσσι πατὴρ καὶ πότνια μήτηρ / ἠδὲ κασίγνητος, σὺ δέ μοι θαλερ ὸς παρακοίτης. »Hektor, doch du bist für mich Vater und hehre Mutter und auch Bruder [zugleich], und bist mir auch der blühende Lagergenosse.« Eetion gehört, ähnlich wie etwa Bellerophontes, zu denjenigen Gestalten, die in der Ilias Erwähnung finden, jedoch nicht Teil ihrer Handlung sind1083 und vermutlich schon in ›voriliadischer‹ Zeit Gegenstand epischer Gesänge waren.1084 Quintus erwähnt Eetions Tötung und Thebes Eroberung durch Achilleus sowie die daraus entsprungenen Beutestücke im Sinne solcher iliadischer ›Analepsen‹ ein paarmal.1085 Hinter der Tatsache, dass Andromache hier sowohl vor als auch nach ihrer Rede (1,98 und 1,115) »Tochter Eetions« genannt wird, verbirgt sich jedoch mehr als bloss eine homerisierende Sprachusanz. Mit dieser Ausdrucksweise wird vielmehr ein Kontext – Andromaches Schicksal, das sie in ihrer Rede in Ilias 6 selber berichtet – wachgerufen, welches die »Toch1081 Aus Christodors Ekphrasis der Statuen im Bad des Zeuxippos (Anth. Gr. 2); wohl eine imitatio ›übers Kreuz‹ von Q.S. 1,115 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη und 1,138 ῥοδόσφυρος ᾿Ηριγένεια; vgl. auch den Kommentar zu (115) ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη. 1082 Vgl. Il. 6,395–397: ᾿Ανδρομάχη, θυγάτηρ μεγαλήτορος ᾿Ηετίωνος, / ᾿Ηετίων, ὃς ἔναιεν ὑπὸ Πλάκῳ ὑληέσσῃ, / Θήβῃ ῾Υποπλακίῃ Κιλίκεσσ’ ἄνδρεσσιν ἀνάσσων. »Andromache, die Tochter des grossherzigen Eetion – Eetion, der unter der bewaldeten Plakos wohnte, in der hypoplakischen Thebe über die Männer Kilikiens herrschend.« – Zur Ortschaft (nicht zu verwechseln mit dem böotischen Theben) vgl. Art. »Thebe (Θήβη). [2]« in: DNP 12/1 (2002) 295 (Elmar Schwertheim). 1083 Weitere Stellen in der Ilias, wo Eetion erwähnt wird: Il. 1,366; 9,186–188; 16,152–154; 22,472; 23,826f. – Nicht zu verwechseln ist der Troer Eetion, dessen Sohn Podes von Menelaos getötet wird; vgl. Il. 17,575–581 und 17,590 (vgl. jedoch Zarker [1965] 111f., der von einer Identität der beiden Figuren ausgeht, was allerdings im Widerspruch steht zu Il. 6,421f., wonach alle sieben Söhne des Eetion »in den Hades gingen«). In Q.S. 6,639 heisst ferner ein weiter nicht bekannter Grieche, der von Paris getötet wird, auch Eetion. 1084 Vgl. Leaf (1912) 242f.; Kullmann (1960) 287–291; Zarker (1965) 110; skeptisch Touchefeu-Meynier (1981) 767. Vgl. auch Art. »Eetion. [1]« in: DNP 3 (1997) 885 (René Bloch). 1085 Vgl. Q.S. 3,544–549; 4,150–153; 4,541–544; 14,127–130.

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ter Eetions« als Paradigma für eine ihrer Familie entwurzelten und demnach von ihrer ›Ersatzfamilie‹ (konkret: von ihrem Gatten) bedingungslos abhängigen, schutzbedürftigen Frau erscheinen lässt. Darüber hinaus wird, mit Blick auf den Kontext von Posthomerica 1, der entscheidende Faktor herausgestrichen, der Andromache und Penthesileia, die beiden ansonsten so gegensätzlichen Frauentypen, verbindet: Achilleus – er ist nicht nur, wie aus der Ilias hinlänglich bekannt ist, der Mörder von Andromaches Gatten Hektor, sondern hatte auch schon zuvor, ›vor‹ der Ilias, deren ganze Familie ausgelöscht. Somit ist niemand anderer besser geeignet, Penthesileias Tod durch Achilleus’ Hand vorauszusagen, als Andromache. Innerhalb der Ilias können wir in der Ermordung Eetions durch Achilleus und der Zerstörung Thebes eine proleptische mise-en-abyme sowohl der Tötung Hektors als auch – über den Handlungsrahmen der Ilias hinausreichend – der Zerstörung Trojas sehen.1086 Indem Quintus mittels der Bezeichnung »Tochter Eetions« auf diese doppelte iliadische Prolepse ana- und proleptisch – Hektor ist mittlerweile tot (ana-), der Untergang Trojas steht jedoch noch bevor (proleptisch) – Bezug nimmt,1087 hebt er die Einheit der gesamten troischen Handlung hervor, Ilias und Posthomerica als zusammengehörige Einheit begreifend. (98) ἐὺς πάις  Diese Wendung Il. 2,819; 12,98; 17,491 – Hes. Th. 565; Erga 50; fr. 180,5; [Hes.] Scut. 26 – A.R. 2,703; 4,912; 4,1762 – 7x Q.S. – Anth. Gr. 15,40,1; App. 4,48,5. Metrisch stets vor der BD.

In der Ilias auf Aineias beschränkt in der Versschlussformel ἐὺς π άις ᾿Αγχίσαο (Il. 2,819 ~ 12,98 ~ 17,491); bei Hesiod auf verschiedene männliche Heldengestalten bezogen;1088 desgleichen bei Apollonios, wiewohl auf weniger ›kanonische‹.1089 Auch Quintus bezieht den Ausdruck an den übrigen sechs Stellen stets auf Männer (2,235: Memnon; 4,100: Aias; 4,144: Nestor; 7,365 und 14,21: Neoptolemos; 11,474: Philoktet). Das Adjektiv bezeichnet somit wohl weniger die moralische Integrität o.ä., sondern viel-

1086

So Zarker (1965); seine Folgerung (114): »The fate of both Hector and Andromache is the same, as is that of Thebe and Troy. What happened to Thebe and the other cities of the Troad will happen to Troy. What happened to Chryseis, Briseis, and other captive women will happen to Andromache. […] Achilles’ taking of Thebe is the dramatic foreshadowing of the fall of Troy.« 1087 Zu dieser Art der Bezugnahme auf iliadische Prolepsen in den Posthomerica vgl. Schmitz (2007), der von »intertextual analepses« (im Gegensatz zu »narratological analepses«, d.h. Vorhersagen innerhalb desselben Werkes, der Posthomerica) spricht; vgl. Kap. 2.1.1. 1088 Hes. Th. 565 ~ Erga 50: ἐὺς π άις ᾿Ιαπετοῖο (= Prometheus); [Hes.] Scut. 26: ἐὺς π άις ᾿Αλκαίοιο (= Herakles); Hes. fr. 180,5: Δά]ρδανος ἤγετ᾿ ἐὺς πάις [᾿Ηλεκτρυώνης. 1089 A.R. 2,703: ἐὺς πάις Οἰάγροιο (= Orpheus); 4,912: Τελέοντος ἐὺς πάις (= Butes); 4,1762: Αὐτεσίωνος ἐὺς πάις (= Theras).

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mehr die heroische Kriegstüchtigkeit.1090 Der hier vorliegende Bezug auf Andromache bildet dazu eine Ausnahme ohne Parallele. (99) μάλα τοῖα Das Adverb μ άλα ist ein geläufiger Verstärker von Adjektiven, die eine Quantität angeben, wie z.B. πολ ύς oder π ᾶς (locus classicus: Od. 1,1f. ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον, ὃς μάλα πολλά / πλάγχθη »[…] der gar viel umhergetrieben wurde«),1091 tritt jedoch vor το ῖος nur höchst selten auf (wohl ähnlich selten, wie der Deutsche von einem »gar solchen« spricht). Es finden sich zwei Belege in der Odyssee; vgl. Od. 11,134f. = 23,281f.: θ άνατος δ έ τοι / μοι ἐξ ἁλὸς α ὐτῷ / ἀβληχρὸς μ άλα το ῖος ἐλεύσεται. »Und dir / mir selber wird ein Tod ausserhalb des Meeres kommen, ein gar sanfter.«;1092 Od. 20,300–302: ὃ δ᾿ ἀλεύατ᾿ ᾿Οδυσσεύς / ἦκα παρακλίνας κεφαλ ήν, με ίδησε δ ὲ θυμ ῷ / σαρδ άνιον μ άλα το ῖον. »Odysseus aber wich aus, indem er den Kopf ein wenig zur Seite neigte, in seinem Innern aber lächelte er gar hämisch.«1093 Vgl. sodann A.R. 3,340f.: νῆα δ᾿ ᾿Αθηναίη Παλλὰς κάμεν, οὐ μάλα τοίην / οἷαί περ Κόλχοισι μετ᾿ ἀνδράσι νῆες ἔασι. »Das Schiff aber hat Pallas Athene gebaut – ganz und gar nicht so, wie [sonst] die Schiffe bei den Männern aus Kolchis sind.«;1094 Orac. Sib. 7,88 GCS: τ ῷ σῷ δὲ θε ῷ μάλα το ῖα β όησον. »Deinem Gott aber rufe gar solches zu!« Die aussergewöhnliche Kollokation verleiht dem Vers eine archaischerhabene Note, beinahe einen leicht gestelzten Beigeschmack. Bezeichnenderweise verwendet Quintus μ άλα το ῖα ein zweites Mal zur Einleitung einer vergleichbar pathetischen direkten Rede: Nachdem Neoptolemos den Griechen von seinem nächtlichen Traum, in dem sein Vater die Opferung Polyxenas gefordert hat, erzählt hat (14,235–245), und als Poseidon zur Bestätigung auch noch einen Sturm aufkommen lässt (14,247–252), wird Achilleus’ Apothese durch die Griechen (14,254–256) folgendermassen eingeleitet (14,252f.): Δαναο ὶ δὲ μέγ᾿ εὐχόμενοι ᾿Αχιλῆι / π άντες ὁμῶς μάλα τοῖα πρὸς ἀλλήλους ὀάριζον. »Die Danaer beteten gross zu Achilleus und sprachen alle miteinander gar solches zueinander.« 1090

Vgl. Latacz et al. (2000) II.2, 268 (zu Il. 2,819): »ἐΰς bed[eutet] nicht ‘(moralisch) gut’, sondern ‘tüchtig, wacker’, meist von Kriegern […]« 1091 Vgl. LSJ s.v. μάλα [I.] 1. a.; LfgrE s.v. μάλα, μᾶλλον, μάλιστα I 2. 1092 Für eine Diskussion verschiedener Deutungen dieser Verse (v.a. der Ausdrücke ἐξ ἁλός und ἀβληχρός) vgl. Heubeck / Hoekstra (1989) 86 ad loc. 1093 Für eine Diskussion des berühmten ›sardonischen Lächelns‹ vgl. Russo / Fernández / Heubeck (1992) 122. 1094 Campbell (1994) 304 bemerkt zu der Stelle: »The Odyssean use of μάλα τοῖος -ον is quite different.« Die Beobachtung trifft zu: hier modifiziert μάλα nicht das Pronominaladjektiv, sondern es bildet mit der Negation eine Einheit; vgl. Campbells Übersetzung a.a.O.: »not at all/remotely like that […]«

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(99) φίλῳ προσελέξατο θυμῷ Zu Bedeutung und Bedeutungsentwicklung des Adjektivs φίλος in attributiver Verwendung vgl. Landfester (1966) 69: Attributives φ ίλος ist seit Homer bis in die hellenistische Zeit »ein allgemeines reflexives Possessivpronomen« i.S.v. »eigen«; parallel entwickelt sich jedoch nachhomerisch auch ein »emphatisch[er]« Gebrauch i.S.v. »geliebt, freundlich, lieb«.1095 Die Verbform προσελέξατο ist erst nachhomerisch und selten; vgl. Hes. Erga 499 κακὰ προσελέξατο θυμῷ;1096 [Theokr.] 25,192 τοίῳ προσελέξατο μύθῳ; A.R. 3,426 ὀψὲ δ᾿ ἀμειβόμενος προσελέξατο κερδαλέοισιν1097 und 4,833 τοίῳ προσελέξατο μύθῳ; Q.S. 1,99 und 10,423 (s.u.). Sprachliches Vorbild für den Ausdruck φίλῳ προσελέξατο θυμῷ ist der iliadische Iteratvers ἀλλὰ τίη μοι τα ῦτα φ ίλος διελ έξατο θυμ ός »aber warum nur hat mein Inneres so etwas zu mir gesagt?« (5x)1098. Es handelt sich um eine Abbruchformel,1099 die eine Person an sich selber richtet, wenn sie von einem abwegigen, unvernünftigen Gedanken wieder Abstand nimmt und sich auf das richtige, angemessene Handeln zurückbesinnt. Vier der fünf Reden, in denen der Vers auftritt, sind Monologe – also typologisch dieselbe Art von Rede, welche Quintus mit seinem μάλα τοῖα κτλ. einleitet. Sie werden in der Ilias alle mit dem Iteratvers ὀχθήσας δ ᾿ ἄρα ε ἶπε πρὸς ὃν μεγαλήτορα θυμόν »bedrängt sprach er zu seinem hochsinnenden thymos« eingeleitet.1100 Quintus’ μάλα τοῖα φίλῳ προσελέξατο θυμῷ entspricht funktional diesem Vers, sprachlich jedoch lehnt er sich viel stärker an den anderen genannten Iteratvers an, der jeweils in den betroffenen Reden vorkommt und der daselbst eine andere Funktion – eben die der genannten Abbruchformel – hat. Ausserdem reichert Quintus mit der Wahl der Verbform προσελέξατο seine sprachliche imitatio mit einem unhomerischen Element an, da ebendiese Verbform erst nachhomerisch belegt ist (s.o.). 1095 Anderer Ansicht Robinson (1990); vgl. dessen Zusammenfassung (97): »Homeric φίλος is never possessive; […] φίλον ἦτορ, κῆρ, and φίλος θυμός, and φίλα γυῖα, κτλ., are ‘beloved’ life and limbs precisely when they are threatened; […] φίλον ἦτορ , κῆρ, and φίλος θυμός are on other occasions one’s sympathetic ‘friends’, one’s heart and mind.« 1096 Zu dieser Stelle vgl. LSJ s.v. προσλέγω [I.]: »metaph., κακὰ προσελέξατο θυμῷ he took evil counsel with himself, meditated evil«; diese Deutung jedoch abgelehnt von West (1978) 284. 1097 Vgl. Campbell (1994) 356 ad loc.: »[n]ot a very common verb«. 1098 Il. 11,407 = 17,97 = 21,562 = 22,122 = 22,385. 1099 Richardson (1993) 119 (zu Il. 22,122): »break-off formula«. 1100 Il. 11,403 = 17,90 = 21,552 = 22,98. Es handelt sich um eine Standardformel zur Einleitung von Monologen (gesamthaft 7x Il., 4x Od.), welche die spätere Epik nicht mehr kennt; vgl. Hentze (1904); Petersmann (1974) 150 Anm. 14 (mit weiterer Literatur); Scully (1984); Hainsworth (1993) 270 (zu Il. 11,403). Zur Bedeutung von ὀχθήσας in dieser Formel vgl. LfgrE s.v. ὀχθῆσαι 2a: »vor Entscheidungsmonolog (in Gefahr); Sprecher seelisch unter Druck, bedrängt (‘was tun?’), in Konflikt, Dilemma (Il.:) zw. unheld. Flucht (= Überleben) u. held. Widerstand (= Todesgefahr), bleibt am Ende der Heldennorm treu«; vgl. auch Hainsworth a.a.O.: »perplexed«.

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Bei den genannten vier inneren Monologen in der Ilias geht es jeweils um die Frage, ob ›Flucht zurück‹ oder ›Flucht nach vorn‹ die bessere Option sei, es handelt sich also um sog. »Entscheidungsmonologe«.1101 Bei zweien davon handelt es sich um Gedanken Hektors kurz vor seiner fatalen Begegnung mit Achilleus: In Il. 21,553–570 erwägt er verschiedene Fluchtmöglichkeiten, kommt jedoch zum Schluss, dass es keinen Sinn hat; in Il. 22,99–130 spielt er mit dem Gedanken, die Waffen niederzulegen1102 und Achilleus die Waffenruhe, Geschenke und Helenas Rückgabe etc. anzubieten, besinnt sich sodann jedoch wieder eines Besseren und zieht in den allesentscheidenden Kampf.1103 Auch die fünfte, nicht-monologische Rede steht mit Hektors Tod in Verbindung: Nachdem Achilleus seinen erbittertsten Gegner getötet hat, fordert er die Achaier auf, nun ›erst recht‹ weiterzumachen und die Einnahme Trojas zu versuchen – da plötzlich fällt ihm ein, dass Patroklos ja noch unbestattet und unbeweint daliegt, worauf er plötzlich seine Meinung ändert und alle zurück zu den Schiffen kommen heisst (Il. 22,378–394). Wir stellen somit fest, dass Quintus einmal mehr iliadische Vorbildtexte aufruft, die über das Formale hinaus – d.h. hier: die sprachliche imitatio sowie den Bezug auf ein ähnliches Textgenus – auch inhaltlich passend sind: Hektors Tod durch Achilleus’ Hand, der Penthesileias Schicksal vorausdeutet. Anzumerken ist hierbei, dass die Posthomerica den homerischen Typus des Entscheidungsmonologs ansonsten nicht kennen1104 – umso bedeutsamer scheint es, dass Quintus hier, bei der Einlei1101 Hentze (1904) unterscheidet in seinem klassisch gewordenen Aufsatz zu den Monologen in den homerischen Epen zwei Grundtypen von Monologen: »erwägende« und »betrachtende« (15). Erstere sind »Monologe, welche auf Grund einer eben eingetretenen schwierigen und gefährlichen Situation oder einer den Sprechenden beunruhigenden Wahrnehmung die verschiedenen Möglichkeiten des Handelns in Erwägung ziehen und gewöhnlich mit einer Entschließung endigen« (15), also Entscheidungsmonologe; Letztere »gehen von Wahrnehmungen aus, welche den Sprechenden in lebhafte Erregung versetzen, aber sie verfolgen nicht den Zweck, auf Grund der daraus gezogenen Folgerungen einen Entschluß zu fassen, sondern geben nur die in dem Sprechenden hervorgerufenen Empfindungen und Gedanken wieder« (16). – Petersmann (1974) dagegen sieht einen Hauptunterschied zwischen iliadischem und odysseischem Monolog und sieht »eine deutliche Entwicklung von typischen Redestrukturen im älteren Gedicht zu freieren, nicht einem Typos verhafteten Redeformen in der Odyssee« (165); seine Schlussfolgerung (168): »Der Monolog der Ilias stellt dar, was der Mensch entscheidet, der Monolog der Odyssee, wie.« 1102 Das Motiv sollte später in der griechischen Dichtung mit dem Topos der ῥιψασπία seine Ausprägung erfahren als Negativbild für einen feigen Krieger (locus classicus: Archil. fr. 5 2IEG). 1103 Zu den zwei anderen Monologen: In Il. 11,404–410 erwägt Odysseus für kurze Zeit die Flucht, besinnt sich aber wieder eines Besseren; in Il. 17,91–105 überlegt Menelaos, ob er es sich erlauben könne, Patroklos’ Leiche zurückzulassen, oder ob er sich allein Hektor und den Troern stellen solle bzw. müsse. 1104 Vgl. Elderkin (1906) 38: »Quintus does not offer a single example of the type of Entscheidungsmonolog which predominates in the Iliad, namely, that in which it is a question whether the speaker is to face the foe or withdraw from the fight. This is a noteworthy point of divergence from the Iliad.« – Zum allgemeinen Charakter der Monologe bei Q.S. im Vergleich zu den home-

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tung zum ersten Monolog in seinem Werk, auf diesen von ihm nicht verwendeten Redetypus mittels intertextueller Verweise gleichwohl rekurriert (recusatio e silentio). Textintern (sprachlich und inhaltlich) zu vergleichen sind ferner: Q.S. 10,391 φίλον δ᾿ ἀνὰ θυμὸν ἔειπεν »sie sprach in ihrem Herzen« (zur Einleitung von Helenas innerem Monolog über ihre ausweglose Situation nach Paris’ Tod, 10,392–405); 10,423 α ἰνὰ δ᾿ ἀναστενάχουσα φ ίλον προσ ελέξατο θυμόν »schrecklich stöhnte sie auf und sprach zu ihrem Herzen« (zur Einleitung von Oinones Klagemonolog über Paris’ Tod, 10,424–431). (100) ἆ δειλή, τί νυ τόσσα μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις Eine ›Übersetzung‹ von Hekabes Worten Il. 22,431 τί νυ βε ίομαι αἰνὰ παθοῦσα – man beachte nebst dem identischen τί νυ die strukturelle Übertragung von αἰνὰ παθοῦσα zu μέγα φρονέουσ[α].  Zum sprachlichen Vorbildcharakter von Hekabes Totenklage (vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. (100) ἆ δειλή ἆ ist eine epische Anredepartikel und wird ausschliesslich mit dem Adjektiv δειλός verbunden; gebräuchlich sind die Verbindungen ἆ δείλ᾿ bzw. ἆ δειλέ und ἆ δειλο ί;1105 Gesamtzahl der Verbindungen: 7x Il., 7x Od., 1x A.R. (2,244), 9x Q.S. Wird eine Person oder eine Personengruppe dergestalt angesprochen, so kann der Sprecher gegenüber dem / den Angesprochenen eine Vielzahl negativ behafteter Emotionen ausdrücken: Mitleid, Verachtung, Drohung, etc.;1106 mehrere Emotionen können sich auch übereinanderlagern, der Ausdruck ist also, ähnlich wie μ έγα φρονε ῖν (s. den nachstehenden Kommentar zu μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις), in seinem Charakter grundsätzlich ambivalent. Stets sind es Männer, die andere Männer ansprechen;1107 vgl. z.B. Il. 24,518 (Achilleus zu Priamos): ἆ δείλ᾿, ἦ δὴ πολλὰ κάκ᾿ ἄνσχεο σ ὸν κατ ὰ θυμ όν. »Du Unglücklicher, wie viele Leiden hast du in deinem Herzen ertragen!«; Q.S. 3,167f. (Achilleus zu den Troern): ἆ δειλο ὶ Τρ ῶες κα ὶ Δάρδανοι, ο ὐδὲ θαν όντος / ἔγχος ἐμὸν rischen Epen vgl. Elderkin (1906) 37–40; vgl. ferner Tsomis (2007) zu den drei Klagemonologen von Briseis, Tekmessa und Oinone. 1105 Ausnahmen (nebst Q.S. 1,100 ἆ δειλή): Il. 17,443 und Od. 21,86 ἆ δειλώ;. 1106 Vgl. LSJ s.v. ἆ: »exclamation expressing pity, envy, contempt, etc., in Hom. always ἆ δειλέ, ἆ δειλώ, ἆ δειλοί«; LfgrE s.v. ἆ: »1. Äußerung des Mitleids a) allgemein […] b) speziell gegenüber Verblendeten (zu 2 überleitend) […] 2. Drohung (gekleidet in die Form der Bemitleidung wegen der angedrohten Strafe) […] 3. Schelte […]«; VB s.v. ἆ: »Interj. marquant la commisération ou l’indignation«. – Die Kategorisierung der einzelnen Stellen, wie sie LfgrE vornimmt, sind m.E. nicht immer sinnvoll. 1107 Ausnahmen (nebst Q.S. 1,100 ἆ δειλή): Il. 17,443 (Zeus spricht die beiden unsterblichen Pferde des Achilleus an); Q.S. 12,540 (Kassandra versucht die Troer vor dem Ross zu warnen).

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φεύξεσθε ἀμείλιχον. »Ihr elenden Troer und Dardaner! Selbst wenn ich tot bin, werdet ihr meiner unbarmherzigen Lanze nicht entkommen!« Dass wie hier eine Frau eine andere Frau mit ἆ δειλή anredet, ist absolut singulär. Da eine Anrede mit ἆ δειλ- so eindeutig ›maskulin‹ konnotiert ist, können wir darin unschwer einen Zusammenhang mit Penthesileias männlicher Seite und dem damit verbundenen gender-Konflikt erkennen. Typologisch gesehen, markiert eine mit ἆ δειλ- beginnende Rede immer den Anfang einer Ansprache einer Person gegenüber einer anderen Person, und zwar gegenüber einem echten, real anwesenden, nicht bloss imaginierten, virtuellen Gesprächspärtner (vgl. die beiden obengenannten Beispiele pro omnibus).1108 Ein Selbstgespräch dagegen wird nie dergestalt eingeleitet, d.h. es spricht sich niemand selber als ἆ δείλ᾿/-λέ an – Monologe beginnen im homerischen Epos genauso wie in den Posthomerica vielmehr stets mit den Standardformeln ὤ μοι ἐγώ oder ὢ πόποι.1109 Somit impliziert Andromache mit der Anrede ἆ δειλ ή zwar die Anwesenheit eines Gegenübers, doch handelt es sich sachlich gesehen klar um einen Monolog mit bloss fiktivem Dialogcharakter. Dieses Phänomen lässt sich einerseits typologisch erklären: Erstens ist Andromaches Rede u.a. aus dem Geist der iliadischen Totenklagen um Hektor erwachsen, also aus einem Typus Rede, die sich an tote, d.h. ebenfalls nicht mehr real anwesende Personen richtet, und zweitens trägt ihre Rede den Charakter einer Ethopoiie und hat somit einen stark eigenständigen, von der narrativen Umgebung losgelösten Zug.1110 Andererseits jedoch hat auf intertextueller Ebene eine ganz bestimmte Rede in der Ilias einen wichtigen Vorbildcharakter für Andromaches Ethopoiie, nämlich Zeus’ düster-prophetische Worte, als er Hektor in den Waffen des Achilleus, die er dem erschlagenen Patroklos abgenommen hat, erblickt; vgl. Il. 17,201–208: ἆ δείλ᾿, οὐδέ τί τοι θάνατος καταθύμιός ἐστιν, ὃς δή τοι σχεδόν ἐστι· σὺ δ᾿ ἄμβροτα τεύχεα δύνεις ἀνδρὸς ἀριστῆος, τόν τε τρομέουσι καὶ ἄλλοι. τοῦ δὴ ἑταῖρον ἔπεφνες ἐνηέα τε κρατερόν τε, τεύχεα δ᾿ οὐ κατὰ κόσμον ἀπὸ κρατός τε καὶ ὤμων εἵλευ. ἀτάρ τοι νῦν γε μέγα κράτος ἐγγυαλίξω, τῶν ποινήν, ὅ τοι οὔ τι μάχης ἐκνοστήσαντι δέξεται ᾿Ανδρομάχη κλυτὰ τεύχεα Πηλείωνος. 1108

Zur Ausnahme von Il. 17,201 s.u. Vgl. z.B. Od. 5,299, wo Odysseus, der mutterseelenallein auf dem Meer treibt und dem Tode nahe ist, sich selber mit ὤ μοι ἐγὼ δειλός (»oh weh mir, ich Armer!«) anspricht. – Für Ilias und Odyssee vgl. die Liste bei Hentze (1904) 14f. ὤ μοι ἐγώ bei Q.S. 3,560; 5,465; 5,532; 14,289. ὢ πόποι: Q.S. 3,57; 3,450; 5,342. – Zu Hentzes klassisch gewordener Unterscheidung zwischen »erwägenden« und »betrachtenden« Monologen vgl. Anm. 1101. 1110 Vgl. dazu ausführlich die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1109

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Ach, Unglücklicher! Und gar nicht kommt dir der Tod in den Sinn, der dir doch schon nahe ist! Du aber tauchst in die unsterblichen Waffen des vornehmsten Mannes, vor dem auch andere erzittern. Dessen Gefährten also hast du getötet, den sanften und starken, und die Waffen hast du ihm nicht gemäss der [göttlichen] Ordnung1111 vom Kopf und von den Schultern genommen. Doch nun werde ich dir grosse Kraft verleihen – als Entschädigung dafür, dass du nicht aus der Schlacht heimkehren wirst und dir Andromache die herrlichen Waffen des Peleussohnes nicht in Empfang nehmen wird.

Dies ist in den homerischen Epen die einzige Ausnahme von der Regel, dass sich eine Anrede mit ἆ δειλ- stets an ein real anwesendes Gegenüber richtet. Zeus kommuniziert hier keineswegs mit Hektor, sondern sein Gesprächspartner ist rein virtuell – formal handelt es sich zwar um eine Anrede, inhaltlich jedoch um einen mittels dialogischer Markierung verlebendigten inneren Monolog mit proleptischer Funktion.1112 Den monologischen Charakter macht der redeeinleitende Vers unmissverständlich klar; vgl. Il. 17,200: κινήσας ῥα κάρη προτὶ ὃν μυθήσατο θυμόν. »Er schüttelte sein Haupt und sprach zu seinem Innern.«1113 Auch inhaltlich ist die Rede von Relevanz als Vorbild für Andromaches Ethopoiie, da darin Zeus persönlich Hektors Tod vorausdeutet – indem er sagt, es werde ihm nicht mehr vergönnt sein, dass seine Frau ihm die Waffen abnehme.1114 Wenn also Andromache in ihrer virtuellen Anrede an Penthesileia selbige mit ἆ δειλ ή anspricht, so ruft sie damit intertextuell einen Kontext auf, in dem niemand anderer als der Göttervater Hektor den Tod voraussagt, und zwar unter expliziter Bezugnahme auf sie, die Sprecherin, selbst. (100) μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις Zugrunde liegt eine flexible iliadische Versschlussformel mit der syntaktischen Struktur ›Adverb μ έγα + Partizip Präsens zu φρονε ῖν + Prädikat‹: 1111 Vgl. Edwards (1991) 82 ad loc.: »οὐ κατὰ κόσμον […] occurs in diverse contexts with the basic meaning ‘improperly’. Normally there is nothing wrong in stripping the armour from a dead enemy, […] but Zeus considers Hektor’s donning of armour presented by the gods to be presumptuous […]« 1112 Deswegen bei Hentze (1904) 14 in der Liste der homerischen Monologe. 1113 Vor diesem Hintergrund kann man den entsprechenden redeeinleitenden Vers zu Andromaches Ethopoiie, Q.S. 1,99 φ ίλῳ προσελ έξατο θυμ ῷ, auch als ›Übersetzung‹ von Il. 17,200 προτὶ ὃν μυθήσατο θυμόν auffassen. 1114 Die Stelle klingt beinahe wie ein textinterner Kommentar zur Begegnungsszene in Ilias 6: Der Hauch des Todes liegt dort schon über Hektor, und Andromache ahnt, dass sie ihn nicht wiedersehen wird – was dort schon so unüberhörbar in der Luft liegt, wird nun von Zeus autoritativ bestätigt. In einem gewissen Sinne können wir also Quintus’ Bezugnahme auf die Stelle als Kommentar zu einer bereits in der Ilias intratextuell stattfindenden Kommentierung auffassen – Quintus spinnt einen bereits angelegten Faden der Intratextualität intertextuell weiter.

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»μέγα φρονε- | — ˘ ˘ | — « ; konkret: Il. 11,296 = 13,156 = 22,21 μέγα φρονέων ἐβεβήκει; Il. 16,758 = 16,824 μ έγα φρον έοντε μ άχεσθον; Il. 11,325 μέγα φρονέοντε πέσητον; Il. 16,258 μέγα φρονέοντες ὄρουσαν.1115 Quintus verwendet die Formel an gesamthaft fünf Stellen in variierender Form; vgl. nebst 1,100 μέγα φρονέουσ᾿ ἀγορεύεις 1,335 μέγα φρονέουσ᾿ ἐνόρουσε (bezeichnenderweise ein zweites Mal in Bezug auf Penthesileia); 8,134 μ έγα φρον έων ἐνὶ θυμ ῷ; 11,222 μ έγα φρον έων ἐνόρουσε; 11,355 μέγα φρονέων ἀπέρυκε. Der Ausdruck μέγα φρονεῖν ist – ähnlich wie das verschwisterte Adjektiv μεγαλόφρων1116 – in seinem Charakter ambivalent,1117 d.h. die konkrete implizite Wertung ist ganz vom Kontext abhängig.1118 Tendenziell jedoch ist sein Charakter in der Ilias eher neutral bis positiv (mit Ausnahme von Il. 8,553, wo die Griechen nach einem trügerischen ›Etappensieg‹ als μ έγα φρονέοντες bezeichnet werden);1119 stets sind es ›grosse‹, zentrale Heldengestalten, die μ έγα φρον έων/-οντες genannt werden.1120 Gleiches kann für die Posthomerica gelten: In den obengenannten drei Stellen im achten bzw. elften Buch bezieht sich der Ausdruck zweimal auf Neoptolemos (8,134 und 11,222) und einmal auf Aineias (11,355) und bezeichnet jeweils deren heroischen Kampfesmut. Einzig in 1,100 sowie in 1,335, wo sich μ έγα φρονέουσ᾿ ein zweites Mal auf Penthesileia bezieht, die sich nach einer höhnischen, vor Selbstsicherheit strotzenden Rede (1,326–334) auf die Griechen stürzt, ist die Konnotation eindeutig negativ. Penthesileias Selbstüberschätzung in Bezug auf ihr kriegerisches Können wird dadurch herausgehoben.

1115 Die einzige iliadische Verwendung des Ausdrucks μέγα φρονεῖν ausserhalb dieser Formel ist in Il. 8,553 οἳ δὲ μέγα φρονέοντες ἐπὶ πτολέμοιο γεφύρῃ. Apollonios richtet sich nach diesem Vers: vgl. A.R. 1,348 ~ 2,19 ἦ ῥα μέγα φρονέων; 3,517 ὦρτο μέγα φρονέων; desgleichen Nonnos: vgl. Dion. 23,236 = 29,309 = 37,342 εἰ δὲ μέγα φρονέεις; 36,67 λῆγε μέγα φρονέουσα; 47,618 καὶ σὺ μέγα φρονέων.φ 1116 Vgl. LSJ s.v. μεγαλόφρων: »high-minded, generous, […] 2. in bad sense arrogant« 1117 Dass Adjektive, die ein Werturteil implizieren, in ihrer Bedeutung ambivalent sind und bald in diese, bald in jene Richtung oszillieren, ist ein Charakteristikum der griechischen Sprache; vgl. z.B. θαρσαλ έος (»mutig, kühn, beherzt« im positiven, »frech, übermütig, anmassend« im negativen Sinne) oder εὐήθης (»gutmütig, herzensgut«, aber auch pejorativ »einfältig, naiv«). 1118 Die Übersetzung von Kirk (1990) 340 (zu Il. 8,553) »with high confidence« bringt dies m.E. gut zum Ausdruck: Ein ›gesundes‹ Selbstvertrauen ist im Normalfall förderlich, im Übermass oder im unpassenden Moment kann man sich damit jedoch auch schaden. 1119 Zu dieser Stelle vgl. auch den Kommentar zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] ὡς ἥ […] μετέπρεπεν ἐσσυμένῃσιν. 1120 Il. 11,296: Hektor; 11,325: Diomedes und Odysseus (in einem Ebergleichnis); 13,156: Deiphobos; 16,258: Patroklos und die Griechen; 16,758: Kebriones und Patroklos (in einem Löwengleichnis); 16,824: Patroklos und Hektor (in einem Löwen-Eber-Gleichnis); 22,21: Achilleus.

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(101) σθένος ἐστίν  h. Apoll. 268 – A.R. 3,716 – Opp. hal. 2,444 – Greg. Naz. carm. dogm. p. 448,6; carm. de se ipso p. 984,13; carm. quae spect. ad al. p. 1519,11 – Q.S. 1,101; 5,224; 6,312; 6,620 – 6x Nonn. (4x Dion.; 2x Par.) Metrisch stets entweder nach der Trithemimeres oder nach der Hephthemimeres.

σθένος bezeichnet in Ilias und Odyssee betont und ausschliesslich die körperliche Kraft, eine Ausweitung des Begriffs z.B. auf die intellektuelle Stärke oder die politische Macht ist erst nachhomerisch.1121 Anzumerken ist, dass der Erstbeleg für die Wortfolge σθ ένος ἐστί(ν) (h. Apoll. 268) mit Blick auf die syntaktische Struktur eine reine Oberflächenparallele darstellt, da dort ἐστί Kopula ist: σεῦ δὲ σθένος ἐστὶ μέγιστον. »Denn deine [= Apollons] Stärke ist die grösste.«; erst in A.R. 3,716 ὅσσον σθ ένος ἐστὶν ἐμεῖο »soweit meine Kraft reicht« ist σθ ένος ἐστίν als Ganzes ein Vollprädikat. Textintern zu vergleichen (sowohl sprachlich als auch inhaltlich) ist besonders 5,224f.: Aias spricht im Redeagon um Achilleus’ Waffen seinem Rivalen Odysseus die Fähigkeit ab, selbige überhaupt zu tragen: οὐ γάρ τοι σθένος ἐστὶν ἐν ἔντεσιν ἀκαμάτοισι / δ ύμεναι Α ἰακίδαο δαΐ φρονος. »Denn du hast gar nicht die Kraft, in die unerschütterliche Waffenrüstung des kriegserprobten Aiakiden zu tauchen.« (101) ἀταρβέι Πηλείωνι ἀταρβής Il. 13,299 – Od. 3,111 – A.R. 1,1012 – Opp. hal. 5,395 – Opp. cyn. 3,100 – 25x Q.S. Vgl. demgegenüber das Synonym ἀτάρβητος: Il. 3,63 – [Hes.] Scut. 110 – Maxim. peri katarch. 4,58 – Q.S. 7,383; 8,284 – Triph. 137 – 11x Nonn. Dion. Ausserdem für beide Formen auch vereinzelte poetische und tragische Belege (Pindar, Sophokles, Aischylos).

Das Wort ist in den homerischen Epen nicht an eine bestimmte Person gebunden: In Il. 3,63 spricht Paris vom ἀτάρβητος ν όος seines Bruders Hektor; in Il. 13,299 wird der personifizierte Φ όβος als Sohn des Ares ἀταρβής genannt; in Od. 3,111 schliesslich bezeichnet Nestor seinen Sohn Antilochos als ἀταρβής.1122 Ist ἀταρβής homerisch noch eine Rarität, so wird es unserem Dichter zum Lieblingswort. Einerseits behält er den freien Gebrauch insofern bei, als er es auf verschiedene Helden appliziert,1123 zuweilen jedoch auch auf die Gesamtheit der Griechen oder Troer,1124 an zwei Stellen gar auf Göt1121 Vgl. LSJ s.v. σθ ένος [I.]: »strength, might, esp. bodily strength, freq. in Il., less freq. in Od.; […] 2. later, generally, strength, might, power, moral as well as physical«; vgl. auch Frisk II s.v. σθένος; VB s.v. σθένος. 1122 Man beachte die Wiederholung der Wendung φίλος υἱὸς ἅμα κρατερὸς καὶ ἀταρβής aus Il. 13,299 in Od. 3,111. 1123 Q.S. 2,408 (Memnon); 4,238 und 4,274 (Diomedes + Aias); 5,215 (Aias); 6,137 und 6,203 (Herakles); 7,622 (Eurypylos). 1124 Q.S. 2,527; 6,116; 8,6; 12,32; 12,64; 14,115.

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ter,1125 ausserdem zweimal auf Abstrakta1126 sowie einmal auf Frauen.1127 Andererseits jedoch führt er eine Neuerung gegenüber dem homerischen Sprachgebrauch ein, indem er das Wort daneben auch formelhaft einbindet: Erstens steht ἀταρβής in den Posthomerica (abgesehen von zwei Ausnahmen, 5,215 und 6,203) immer vor der Bukolischen Diärese, wird also metrisch fixiert.1128 Zweitens – und wichtiger – wird das Adjektiv für Achilleus zu einem stehenden, formelhaften Epitheton (gesamthaft 7x) mit der Struktur »ἀταρβέ ˘ | — ˘ ˘ | — « ; konkret: 1,101 ἀταρβέι Πηλείωνι ~ 3,513 ἀταρβέα Πηλε ίωνα; 3,522 = 3,743 = 7,472 = 7,727 = 12,74 ἀταρβέος Αἰακίδαο.1129 (102) φόνον καὶ λοιγὸν ἐφήσει Mit der Junktur φόνον καὶ λοιγόν zitiert Quintus einen Ilias-Vers und ruft gleichzeitig einen sinnträchtigen Intertext auf: Im 21. Buch der Ilias tötet Achilleus in seinem Blutrausch Lykaon, dem er früher einst das Leben geschenkt hatte, wirft ihn in den Fluss und hält eine zornglühende Schmährede an den Toten (Il. 21,122–135), die er mit einer allgemeinen Hasstirade gegen die Troer beschliesst; vgl. Il. 21,133–135: ἀλλὰ καὶ ὣς ὀλέεσθε κακὸν μόρον, εἰς ὅ κε πάντες / τίσετε Πατρόκλοιο φόνον καὶ λοιγὸν ᾿Αχαιῶν, / ο ὓς ἐπὶ νηυσ ὶ θο ῇσιν ἐπέφνετε ν όσφιν ἐμεῖο. »Doch auch so verderbt in üblem Todesgeschick, solange bis alle [von euch] für den Mord an Patroklos und das Verderben der Achaier bezahlt haben, die ihr bei den schnellen Schiffen in meiner Abwesenheit getötet habt!« (103) λευγαλέη 6x Il. – 9x Od. – Hes. Erga 525 und 754 – 14x A.R. – 8x Opp. hal. – 5x Opp. cyn. – 53x Q.S. – u.a.

Das spezifisch epische Adjektiv1130 wird in der Ilias nur auf Abstrakta bezogen, in der Odyssee auch auf Personen; insbesondere zu erwähnen ist der 1125

Q.S. 8,284 (Ares); 14,450 (Athene). Q.S. 7,600f. πολλ ὰ κελε ύων / ἐς μ όθον ᾿Αργείοισιν ἀταρβέα »[Neoptolemos] trieb die Argeier mit Nachdruck ins furchtlose Schlachtgewühl« (wobei sich ἀταρβέα m.E. als Enallage auffassen und auf ᾿Αργείοισιν beziehen lässt; NB das Fragezeichen bei VB s.v. ἀταρβής ad loc.); 10,57 τὴν δὲ Φόβος καὶ Δεῖμος ἀταρβέες ἀμφεπένοντο »um sie [= Eris] herum mühten sich Phobos und Deimos unerschrocken ab« (in klarer Anlehnung an Il. 13,299f. τῷ δὲ Φόβος φίλος υἱὸς ἅμα κρατερὸς καὶ ἀταρβής / ἕσπετο »diesem [= Ares] folgte Phobos, sein eigener Sohn, der zugleich starke und furchtlose«; freilich handelt es sich an diesen Stellen um Personifikationen). 1127 In Q.S. 9,352 ist vom θυμ ὸς ἀταρβής der Lemnierinnen die Rede, die alle ihre Männer aus Eifersucht umbrachten (vgl. 9,338–9,352). 1128 Die Stellung vor der Bukolischen Diärese ist unhomerisch (in Il. 13,299 ~ Od. 3,111 steht ἀταρβής am Versende); erstmals begegnet sie bei A.R. 1,1012. 1129 Diese Formel wird ferner auch zweimal auf andere Helden appliziert: Q.S. 6,137 ἀταρβέι ῾Ηρακλῆι; 7,622 ἀταρβέος Εὐρυπύλοιο. 1130 Kaum sonstwo in der Poesie, nie prosaisch; verwandt mit λυγρ ός und lat. lugere (vgl. Frisk II s.v. λευγαλέος). 1126

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Iteratvers πτωχ ῷ λευγαλ έῳ ἐναλίγκιος/-ον ἠδὲ γέροντι »einem elenden Bettler und alten Manne ähnlich« (Od. 16,273 = 17,202 = 17,337 = 24,157), jeweils bezogen auf den verkleideten bzw. verwandelten Odysseus. Apollonios hinwiederum verwendet es ausschliesslich für Abstrakta; desgleichen, mit nur drei Ausnahmen, Quintus: auf Personen bezieht er es nur hier sowie in 14,430 ἀνδράσι λευγαλ έοισι sowie (indirekt) in 3,114 ἐνὶ φρεσ ὶ λευγαλέῃσιν.1131 Dass jedoch wie hier in 1,103 eine Person direkt als λευγαλέος/-η angesprochen wird, ist m.W. ohne Parallele (z. Deutung s.u.). Semantisch steht, je nach Kontext, zuweilen eher der Aspekt des Mitleids, das jemand gegenüber einer Person empfindet, zuweilen aber auch eher ein moralisierend-vorwurfsvoller Ton im Vordergrund.1132 Freilich können auch beide Bedeutungsnuancen gleichzeitig mitschwingen, wie etwa der genannte odysseische Iteratvers zeigt: Ein Bettler ist eine Person, die zugleich Mitleid und Abscheu erregen, der man zugleich ein gewisses Wohlwollen, aber auch Verachtung entgegenbringen kann.1133 Schliesslich kann man das Adjektiv gerade angesichts seines gehäuften Auftretens in den Posthomerica bisweilen auch bloss als kraftvolleres, fülligeres Synonym zu κακός auffassen.1134 Hier in Q.S. 1,103 hören wir beide Bedeutungsbereiche heraus: Auf emotionaler Ebene empfindet Andromache gegenüber Penthesileia zweifellos Mitleid, doch kann gleichzeitig ihr Verstand das Verhalten der Amazonenkönigin nicht gutheissen. Beide Aspekte – sowohl die Empathie gegenüber einer Todgeweihten wie auch das fehlende Verständnis, die fehlende ›Toleranz‹ für eine Frau, die sich mit einem gestandenen Kriegshelden messen will – passen zu Andromaches Rolle als fürsorgliche, liebende Ehefrau und Mutter traditionellen Zuschnitts. Der zweitgenannte Aspekt

1131

Q.S. 3,114–116 (Hera zu Apollon, wütend darüber, dass dieser Achilleus getötet hat): σχέτλιε, ο ὔ νύ τι ο ἶδας ἐνὶ φρεσ ὶ λευγαλ έῃσιν / ο ὔθ᾿ ὅ τις ἀργαλέος κα ὶ ἐπάξιος ἄλγεα πάσχειν, / οὔθ᾿ ὅ τις ἀθανάτοισι τετιμένος; »Du Schuft! Weisst du nicht in deinem erbärmlichen Sinn, wer schlecht ist und es verdient, Schmerzen zu leiden, und wer [es verdient], von den Unsterblichen geehrt zu werden?!«; 14,427–430 (Athene zu Zeus, wütend über den fehlenden Respekt der Menschen vor den Göttern): Ζε ῦ πάτερ, ο ὐκέτ᾿ ἀνεκτὰ θεο ῖς ἐπιμηχανόωνται / ἀνέρες, οὐκ ἀλέγοντες ἀνὰ φρένας οὔτε σεῦ αὐτοῦ / οὔτ᾿ ἄλλων μακάρων, ἐπεὶ ἦ τίσις οὐκέτ᾿ ὀπηδεῖ / ἀνδράσι λευγαλέοισι. »Vater Zeus! Die Menschen sinnen Dinge gegen die Götter aus, die nicht mehr auszuhalten sind, und sie scheren sich weder um dich selbst noch um die anderen Gottheiten, da es keine Strafe mehr gibt als Konsequenz für böse Menschen.« 1132 Vgl. VB s.v. λευγαλ έος: »(1) atroce, cruel, funeste« (wozu die meisten Stellen zählen), »(2) malheureux« (wozu nur 1,103) bzw. »misérable, méchant, criminel« (wozu nur 3,114 und 14,430); vgl. auch LSJ s.v. λευγαλέος; LfgrE s.v. λευγαλέος. 1133 Zur Assoziation der beiden Bedeutungsbereiche ›erbarmungswürdig‹ und ›moralisch verwerflich‹ im menschlichen Denken vgl. z.B. auch engl. wretch(ed) oder dt. erbärmlich. 1134 Vgl. z.B. Q.S. 9,106 ἐκ […] λευγαλ έων ἀνέμων κα ὶ χε ίματος α ἰνοῦ »nach zerstörerischen Windböen und einem schlimmen Sturm«.

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wurde bereits mit der Anrede als μέγα φρον έουσ[α] (1,100) deutlich und wird mit dem vorwurfsvollen τί μέμηνας (1,103) noch intensiviert. (103) ἀνὰ φρένας  Vgl. den Kommentar zu (75) περὶ φρεσί. (103–104) ἄγχι / ἕστηκεν Θανάτοιο τέλος καὶ Δαίμονος αἶσα Zur Bedeutung der homerischen Junktur θαν άτοιο/-ου […] τ έλος bzw. τέλος […] θανάτοιο/-ου (9x Il., 3x Od.) vgl. Russo / Fernández / Heubeck (1992) 41 (zu Od. 17,476): »a common Homeric phrase, similar to κ ῆρ (κῆρες …) θανάτοιο and μοῖρα … θανάτοιο […] The genitive is not possessive but explanatory; the meaning is ‘the end (or fulfilment) consisting of death’.« Quintus gebraucht die Wendung ein zweites Mal im ersten Buch bei einer stark von Personifikationen geprägten generellen Schilderung der Schlacht zwischen Griechen und Troern / Amazonen; vgl. Q.S. 1,307–311: ἄλλοι δ᾿ ἀμφ᾿ ἄλλοισι φόνον καὶ κῆρ᾿ ἐτίθεντο ἀργαλέον. δεινὸς γὰρ ἐνεστρωφᾶτο Κυδοιμός λαοῖς ἐν μέσσοισιν· ἀταρτηρὸν δέ οἱ ἄγχι εἱστήκει Θανάτοιο τέλος· περὶ δέ σφισι Κῆρες λευγαλέαι στρωφῶντο φόνον στονόεντα φέρουσαι. Alle brachten einander grässlichen Tod und Verderben. Denn der schreckliche Gott des Schlachtgetümmels wütete mitten unter den Heeren; in seiner Nähe aber stand die unheilbringende Erfüllung des Todes; und rings um sie herum schwirrten die Keren, die elenden, seufzererregenden Totschlag bringend.

Vgl. ausserdem Q.S. 3,615 (Thetis über ihren sterblichen, vom Alter gezeichneten Gatten Peleus): Κῆρές τ᾿ ἐγγὺς ἔασι τέλος θανάτοιο φέρουσαι. »Die Keren sind ihm nahe, bringen ihm die Erfüllung des Todes.« Die Wendung δα ίμονος α ἶσα ist aus der Odyssee übernommen: Odysseus begegnet in der Unterwelt dem Schatten Elpenors, der kurz zuvor auf Kirkes Insel betrunken vom Dach gestürzt ist und sich das Genick gebrochen hat; nun sagt dieser zu Odysseus (Od. 11,61): ἆσέ με δα ίμονος αἶσα κακὴ κα ὶ ἀθέσφατος ο ἶνος. »Es hat mich betört das üble Geschick des Todes und der übermässige Weingenuss.« Quintus hat diese (von Komik keineswegs freie) Stelle nur sprachlich, nicht inhaltlich adaptiert; insgesamt viermal benutzt er die Wendung δα ίμονος α ἶσα, immer am Versende: in 3,374 bezieht sie sich auf das Todesschicksal aller Troer, deren Leichen die troische Ebene bedecken, in 6,13 auf das der Griechen, in 6,416 auf Machaons’ gewaltsamen Tod durch Eurypylos’ Hand.1135 Stets ist also mit δαίμονος 1135

Q.S. 6,416 σὲ κακὴ λάχε δαίμονος αἶσα < Od. 11,61 ἆσέ με δαίμονος αἶσα κακή.

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αἶσα der Tod gemeint; der Genitiv δαίμονος ist in ähnlicher Weise explikativ zu αἶσα aufzufassen wie θανάτοιο zu τέλος (s.o.), ist allerdings noch stärker redundant.1136 Dies gilt auch für die wenigen weiteren Belege für die Junktur δα ίμονος α ἶσα; vgl. z.B. fr. 279h TrGF (adesp.): βραχ ὺς ὁ βίος, μακρὸν δέ / τὸν κατὰ γᾶς αἰῶνα τελετῶμεν βροτοί· / πᾶσι δὲ μοῖρα φέρεσθαι δαίμονος / αἶσαν, ἅτις ἂν τύχῃ. »Kurz ist das Leben, eine lange Zeit jedoch verbringen wir Sterblichen unter der Erde; allen [Menschen ist] das Geschick [beschieden], das Verhängnis des Todes zu erdulden, wann auch immer es uns einholt.«1137 Ein weiteres sprachliches wie inhaltliches Vorbild für den ganzen Vers 1,104 ist ausserdem der iliadische Iteratvers ἄγχι παρέστηκεν θάνατος καὶ μοῖρα κραται ή »nahe stehen bei [dir schon] der Tod und das mächtige Schicksal« (Il. 16,853 = 24,132).1138 Es sind dies Patroklos’ berühmte letzte Worte (Il. 16,844–854), in denen er seinem Mörder Hektor den eigenen nahen Tod prophezeit, sowie Thetis’ Worte an Achilleus (Il. 24,128–137), mit denen diese ihren Sohn auffordert, Hektors Leiche nicht länger zu malträtieren. (105–106) ῞Εκτωρ γὰρ […] κρατερός περ ἐών Was hier vorliegt, ist ein Syllogismus in seiner simpelsten Form: (1.) Hektor ist Penthesileia im Kampf überlegen (πολλὸν ὑπέρτερος […] δουρ ί); (2.) Hektor wurde trotz seiner Stärke (κρατερός περ ἐών) von Achilleus im Kampf bezwungen (ἐδάμη); (3.) ergo wird auch Penthesileia von Achilleus im Kampf bezwungen werden. Das Problem bei der ganzen Sache liegt freilich in der Prämisse, Hektor sei Penthesileia im Kampf überlegen: Da die beiden nie aufeinander getroffen sind, bleibt dies eine unbewiesene Behauptung. Sie lässt sich somit nur aufrechterhalten, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie gar nicht bewiesen werden muss, d.h. unter der Voraussetzung, dass Penthesileia Hektor ›von Natur aus‹ unterlegen ist, da sie eine Frau ist. Die ganze gender-Problematik um φύσις vs. νόμος, die später im Frauenredepaar (1,403–476) prominent zutage tritt, klingt hier bereits an.

1136

Zu αἶσα, μοῖρα und κήρ / κῆρες in den Posthomerica vgl. Gärtner (2007). – Zu δαίμων in der Bedeutung »Tod« vgl. Il. 8,166 δαίμονα δ ώσω; der Vers wurde von Zenodot mit einem Obelos versehen, desgleichen skeptisch ist Kirk (1990) 310 (»δαίμονα δώσω, neat as it sounds, is indeed hard to stomach«); vgl. aber LfgrE s.v. δαίμων 3 und besonders Hainsworth (1993) 117 (zu Il. 9,411): »κήρ, μο ῖρα (< με ίρομαι), and δα ίμων (probably < δα ίομαι) represent the same semantic evolution at different stages: ‘divide’ > ‘share’ > ‘fate’ > ‘death’ > ‘Death’ (personified fate).« Zu δαίμων allgemein vgl. Nilsson (31967) 216–222. 1137 Vgl. ferner Stesich. fr. S15, col. 2,8f. Page; Anth. Gr. App. 2,50,2. 1138 Vgl. Vian (1963) 16 Anm. 5: »Quintus s’inspire de Π 853 (= Ω 132) et de λ 61.«

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(105) πολλὸν ὑπέρτερος πολλὸν ὑπέρτερος »viel stärker / besser« 3x (Q.S. 1,105; 5,202; 5,241), πολλὸν ὑπέρτατος »weitaus am stärksten / besten« 2x (Q.S. 1,705; 5,462) in den Posthomerica; 4x im dritten Daktylus wie hier, 1x (1,705) zu Versbeginn; stets mit einem genitivus comparationis. Eine formelhafte Kreation des Quintus, die vor und nach ihm nirgends mehr belegt ist. Der Ausdruck kehrt an prominenter Stelle im fünften Buch zweimal wieder: im Redeagon zwischen Aias und Odysseus um die Waffen des Achilleus (5,181–236 und 5,239–290). Aias bezeichnet sich in seiner Rede gegen Odysseus als σέο πολλ ὸν ὑπέρτερον (5,202) und meint damit ausschliesslich die körperliche Stärke, was aus der Gesamtargumentation seiner Rede klar ersichtlich ist.1139 Odysseus greift Aias’ Wortwahl auf (> catchword technique), münzt den Ausdruck jedoch auf seine eigene intellektuelle Überlegenheit um und definiert κάρτος nicht als eine Angelegenheit reiner Körperkraft, sondern vielmehr des Verstandes und der Worte; vgl. 5,240–242: ο ὐτιδανὸν δ έ μ᾿ ἔφησθα κα ὶ ἀργαλέον κα ὶ ἄναλκιν / ἔμμεναι, ὃς σέο πολλὸν ὑπέρτερος εὔχομαι εἶναι / μήδεσι καὶ μύθοισιν, ἅ τ᾿ ἀνδράσι κάρτος ἀέξει. »Dass ich ein Nichtsnutz sei, hast du behauptet, und ein Störefried und Schwächling: ich, der ich mich rühme, dir vielfach überlegen zu sein, intellektuell wie auch mit Worten – [das ist es nämlich], was Männern [echte] Kraft verleiht.« (106) κρατερός περ ἐών  Diese Wendung bzw. oblique Formen davon (z.B. κρατεροῦ περ ἐόντος) Il. 15,164; 15,195; 16,624 – Od. 8,360; 11,265 – h. Merc. 386 und 418 – Hes. Th. 465 – [Hes.] Scut. 101 – Thgn. 2IEG 294 – Batr. 276 – Opp. cyn. 4,453 – Q.S. 1,106; 1,582; 2,329; 4,319 – Greg. Naz. carm. quae spect. ad al. p. 1535,11.  Die synonyme Phrase *ἴφθιμός περ ἐών (nur in obliquen Kasus belegt) Il. 12,410; 16,620; 20,356 – Hes. Th. 698; Erga 704 – A.R. 1,484 – Q.S. 1,571.

In der Ilias bezieht sich die Wendung 2x auf Poseidon bzw. auf Zeus: Zeus lässt seinem Bruder durch Iris ausrichten, er solle unverzüglich von der Schlacht ablassen (Il. 15,158–167), und droht ihm (Il. 15,164–166): μ ή μ᾿ οὐδὲ κρατερός περ ἐὼν ἐπιόντα ταλάσσῃ / μεῖναι, ἐπεί ἑο φημὶ βίῃ πολὺ φέρτερος εἶναι / καὶ γενεῇ πρότερος. »Dass er es nicht wage, mir standzuhalten, wenn ich ihn angreife, so stark er auch ist, da ich von mir behaupten [kann], an Kraft viel stärker zu sein als er und auch von Geburt der ältere!« Als Poseidon die Meldung erhält, wird er wütend und lässt seinen Frust an Iris aus (Il. 15,185–199); u.a. sagt er (Il. 15,195): κα ὶ κρατερ ός περ ἐὼν μενέτω τριτ άτῃ ἐνὶ μο ίρῃ. »Und so stark er auch ist, so soll er doch in seinem Bereich, dem Drittel, bleiben!« So wie Poseidon die Worte seines 1139 Vgl. insbesondere Aias’ Argument, Odysseus sei nicht einmal in der Lage, Achilleus’ Rüstung überhaupt am Körper zu tragen (5,224f.).

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Bruders mokant aufgreift (> catchword technique), so klingen Andromaches Worte πολλὸν ὑπέρτερος […] / […] κρατερός περ ἐών wie ein Echo von Zeus’ κρατερός περ ἐὼν […] / […] πολὺ φέρτερος. Wenn also Quintus auf einen Kontext referiert, der Poseidons Inferiorität gegenüber seinem grossen Bruder so unmissverständlich klarmacht und somit eine Analogie Zeus–Poseidon ~ Achilleus–Hektor (bzw. Achilleus–Penthesileia) aufbaut, so hebt er dadurch Achilleus’ Überlegenheit gegenüber Hektor und erst recht gegenüber Penthesileia umso mehr hervor, ja er erhebt sie geradezu in den Rang einer unumstösslichen, sozusagen göttlich sanktionierten Wahrheit. Es ist somit auch kein Zufall, dass derselbe Gedanke in ähnlicher Form kurz vor Penthesileias Tod zweimal wiederholt wird: Zuerst ist es Aias, der bei sich denkt (Q.S. 1,569–572): λ ίπεν δ ᾿ ἄρα Πηλε ίωνι / ο ἴῳ Πενθεσ ίλειαν, ἐπεί ῥά οἱ ἐν φρεσ ὶ θυμ ός / ᾔδεεν ὡς ᾿Αχιλῆι καὶ ἰφθίμη περ ἐοῦσα / ῥηίδιος πόνος ἔσσεθ᾿ ὅπως ἴρηκι πέλεια. »Somit überliess er dem Peleussohn Penthesileia allein, denn er wusste in seinem Innern, dass sie für Achilleus, so stark sie auch war, eine ganz leichte Sache sein würde, so wie für einen Falken eine Taube.« Unmittelbar darauf sagt Achilleus, als er spöttisch sein Wort an Penthesileia richtet, bevor er sie tötet (Q.S. 1,579– 582): τρομέεσκε δὲ καὶ θοὸς ῞Εκτωρ / ἡμέας, εἰ καὶ ἄπωθεν ἐσέδρακεν ἀίσσοντας / δῆριν ἐπὶ στονόεσσαν· ἐμὴ δέ μιν ἔκτανεν αἰχμή / καὶ κρατερόν περ ἐόντα. »Doch es zitterte sogar der behende Hektor vor uns, wenn er uns [= Aias und Achilleus] auch [nur schon] von weitem in die seufzerreiche Schlacht anstürmen sah: Meine Lanze hat ihn getötet, so stark er auch war.«1140 (106) μέγα δ᾿ ἤκαχε Τρῶας Die Formulierung μ έγα δ ᾿ ἤκαχε ist aus Il. 16,822 übernommen, wo geschildert wird, wie Patroklos, von Hektors Schwerthieb tödlich getroffen, niederstürzt: δο ύπησεν δ ὲ πεσ ών, μ έγα δ ᾿ ἤκαχε λα ὸν ᾿Αχαιῶν. »Und [Patroklos] fiel dröhnend, und es bekümmerte das Heer der Achaier sehr.« Mittels dieses intertextuellen Fadens werden Patroklos’ und Hektors Tod in ihrer ganzen Tragik und Bedeutung für die Griechen bzw. die Troer parallelisiert. Quintus verwendet den Ausdruck ein zweites Mal in 10,83, doch besteht dort m.E. keine inhaltliche Verbindung zum iliadischen Vorbild (Idomeneus ist betrübt über den Tod des Hyllos durch Aineias’ Hand), d.h. es handelt sich um eine rein sprachliche imitatio. 1140 Vgl. ferner Nestors Worte an Memnon, Q.S. 2,328f.: εἰ δέ μοι ἡβώωντι καταντίον εἰληλούθεις, / οὐκ ἄν τοι κεχάροντο φίλοι κρατερῷ περ ἐόντι. »Wenn du mir aber entgegengetreten wärest, als ich noch jung war, dann würden deine Lieben sich wohl nicht [länger] an dir erfreuen können, so stark du auch bist.«

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 Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (107) οἵ ἑ θεὸν ὣς πάντες […] εἰσορόωντο εἰσορᾶν ist ein spezifisch poetisches Verb, prosaisch selten; homerisch sowohl in aktiver als auch in mediopassiver Form mit gleicher Bedeutung, desgleichen bei Quintus.1141 Zu der hier vorliegenden spezifisch-prägnanten Bedeutung vgl. LSJ s.v. εἰσοράω 2.: »look upon with admiration«. Sprachliches und inhaltliches Vorbild ist Il. 22,434f. ο ἵ σε θε ὸν ὥς / δειδέχατ᾿ »die dich [= Hektor] wie einen Gott begrüssten«, aus Hekabes erster Totenklage um Hektor (unmittelbar nach dessen Tod) entnommen.1142 Vgl. ferner Il. 12,312 π άντες δ ὲ θεο ὺς ὣς ε ἰσορόωσι »und alle schauen [auf uns, = Glaukos und Sarpedon] wie auf Götter«; Od. 3,246 ὥς τ έ μοι ἀθανάτοις ἰνδάλλεται εἰσοράασθαι »so scheint [Nestor] mir [= Telemachos] einem Unsterblichen [gleich] anzusehen«; Od. 7,71f. οἵ μιν ῥα θεὸν ὣς εἰσορόωντες / δειδέχαται μύθοισιν »die auf sie [= Arete] wie auf eine Göttin schauen und sie mit Worten begrüssen«.1143 Textinterne Parallelen sind Q.S. 1,363 (ein namenloser Troer hält eine Rede [1,358–372] und äussert seine Vermutung, dass Penthesileia keine gewöhnliche Sterbliche sein könne): ο ὐ γὰρ τ ήνδε γυνα ῖκά γ᾿ ὀίομαι εἰσοράασθαι. »Denn ich glaube nicht, dass ich mit dieser hier eine [sterbliche] Frau [vor mir] sehe.«; 13,350f. (Kalchas gebietet den Griechen, Aineias in Ruhe zu lassen): το ὶ δ᾿ ἐπίθοντο κα ὶ ὡς θε ὸν ε ἰσοράασκον / πάντες. »Und sie gehorchten und schauten alle auf ihn wie auf einen Gott.«; 14,59–62 (Helena erregt allgemeine Bewunderung, als sie von den Griechen zu den Schiffen geführt wird): οὐδέ τις ἔτλη / κείνην οὔτε κρυφηδὸν ἐπεσβολίῃσι χαλέψαι / οὔτ᾿ οὖν ἀμφαδίην, ἀλλ᾿ ὡς θεὸν εἰσορόωντο / ἀσπασίως. »Und niemand wagte es, sie mit bösen Worten anzufeinden, nicht im Stillen und schon gar nicht öffentlich, sondern wie auf eine Göttin schaute man auf sie mit Freuden.« (107) ἀνὰ πτόλιν Il. 8,55 – Theokr. 2,35 – 6x A.R. – 11x Q.S. – Triph. 340; 559; 672 – Nonn. Dion. 44,125; 47,34 – Paul. Sil. descr. Soph. 177 – u.a. – ausserhalb des Epos ausserdem bei Euripides (6x). Metrisch stets vor der BD.

ἀνά bezeichnet in Ausdrücken wie ἀνὰ πτόλιν oder dem noch geläufigeren ἀνὰ ἄστυ im Normalfall nicht eine Bewegung (Richtungsangabe), sondern

1141

Vgl. LSJ s.v. εἰσοράω; VB s.v. εἰσοράω. Zur Bedeutung dieser Verse für die erste Hälfte von Andromaches Rede vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1143 Eine Zusammenstellung homerischer Ausdrücke zur Bezeichnung der Gottähnlichkeit von Menschen bietet Parry (1973) 218–223. 1142

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die Ortsruhe, allerdings häufig mit einer Nuance des passim;1144 man könnte also hier prägnant übersetzen: »rings in der Stadt«; vgl. (beliebiges Beispiel exempli gratia) Triph. 340–342: Τρωιάδες δὲ γυναῖκες ἀνὰ πτόλιν ἄλλοθεν ἄλλαι / […] / μολπ ῇ τ᾿ ὀρχηθμῷ τε περ ὶ βρ έτας ε ἱλίσσοντο. »Die Troerfrauen tummelten sich in Gesang und Tanz um das Götterbild, die einen hier, die andern dort, rings in der Stadt.«  Zu den Affinitäten mit Il. 22,434 κατὰ πτόλιν (im grösseren Zusammenhang) vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. (108) μέγα κῦδος  Zu den Affinitäten mit Il. 22,435 μέγα κῦδος (im grösseren Zusammenhang) vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. (109) ζωὸς ἐών Diese Wendung + oblique Formen davon (z.B. ζωὸν ἐόντα) 7x Il. – Od. 11,156; 22,177 – 5x Q.S. – u.a. Meistens zu Versbeginn.

Mittels dieser partizipialen Wendung, der die beiden dunklen o-Laute einen gravitätischen Charakter verleihen, wird das ›einst‹ (Leben) mit dem ›jetzt‹ (Tod) kontrastiert. Besonders deutlich wird dieser Kontrast in dem iliadischen Iteratvers ζω ὸς ἐών· νῦν αὖ θάνατος κα ὶ μο ῖρα κιχ άνει »als er noch lebte; nun aber haben der Tod und das Schicksal ihn eingeholt«: In Il. 17,478 und 17,672 ist damit Patroklos gemeint, der wie kein anderer Grieche die unsterblichen Pferde zu bezähmen wusste bzw. freundlich zu allen Menschen war;1145 in Il. 22,436 sind ebendiese Worte Hekabe in ihrer Totenklage um Hektor (Il. 22,431–436), die sowohl inhaltlich als auch sprachlich ein wichtiges Vorbild für Andromaches Monolog darstellt,1146 in den Mund gelegt. Ein enges sprachliches Vorbild für den ganzen Vers Q.S. 1,109 stellt ausserdem Il. 2,699 dar; vgl. Il. 2,698–701: τῶν α ὖ Πρωτεσίλαος ἀρήιος ἡγεμόνευε / ζωὸς ἐών· τότε δ᾿ ἤδη ἔχεν κατὰ γαῖα μέλαινα. / τοῦ δὲ καὶ ἀμφιδρυφὴς ἄλοχος Φυλ άκῃ ἐλέλειπτο / κα ὶ δόμος ἡμιτελής. »Diese aber befehligte der kriegstüchtige Protesilaos, als er noch lebte; damals aber hielt ihn schon die schwarze Erde umfangen. Seine Frau aber war mit beiden zerkratzten Wangen in Phylake zurückgeblieben, und auch sein halbvollendetes Haus.« Protesilaos war der erste Grieche, der auf troischem Boden den Tod fand;1147 somit hat er, obwohl er zum weiteren Verlauf des 1144 Vgl. LfgrE s.v. ἀνά II 3aαbb: »eine Bewegung in der Horizontalen: in (auf) … umher, über … hin, zwischen … hindurch; durch … hin; auf … zu; an … entlang«. 1145 Ebenfalls auf Patroklos bezogen ist Il. 17,271 ὄφρα ζωὸς ἐὼν θεράπων ἦν Αἰακίδαο »solange er noch lebte und des Aiakiden Gefährte war«. 1146 Vgl. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1147 Vgl. Il. 2,701f.: τ ὸν δ ᾿ ἔκτανε Δ άρδανος ἀνήρ / νη ὸς ἀποθρώσκοντα πολ ὺ πρ ώτιστον ᾿Αχαιῶν. »Den tötete ein Dardaner, als er vom Schiff herab [an Land] sprang, als allerersten von den Achaiern.«

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Krieges nichts mehr beitragen kann, einen speziellen Status.1148 Indem Quintus sprachlich auf diesen Kontext referiert, schlägt er einmal mehr den Bogen zu den Anfängen zurück. Ferner zu vergleichen ist Il. 24,749: ἦ μέν μοι ζωός περ ἐὼν φίλος ἦσθα θεοῖσιν. »Wahrlich, als du mir noch lebtest, warst du den Göttern lieb.« Dies ist die einzige Stelle aus Andromaches Totenklage (Il. 24,748–759), die Quintus hier wörtlich aufnimmt; die Totenklage spielt aber als typologisches Vorbild eine wichtige Rolle.1149 (109) ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει Das Verbaladjektiv χυτ ός (< *@[u-tó-s = Nullstufe zur Wurzel *@[e∑»giessen«, wovon das Verb χε ῖν) findet sich homerisch nur in der Phrase χυτὴ γα ῖα »aufgeschüttete Erde« = »Grabhügel«,1150 bezeichnet also eine mit entsprechenden Riten und Grabbeigaben verbundene Art der Bestattung, wie sie den Angehörigen der Oberschicht zukommt1151 und die Andromache als Gattin Hektors selbstverständlich erwartet. Sprachlich variiert Quintus die homerische Formel χυτὴ κατ ὰ γα ῖα καλ ύπτοι / κάλυψε (Il. 6,464 [zur Deutung s.u.] ~ 14,114); vgl. ausserdem Il. 2,699 τ ότε δ ᾿ ἤδη ἔχεν κατὰ γαῖα μέλαινα;1152 Hes. Erga 121 = 140 = 156 αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ / καὶ το ῦτο γ ένος κατ ὰ γα ῖα κ άλυψε(ν) »doch nachdem die Erde (auch) dieses Geschlecht begraben hatte« (im Zusammenhang mit dem Sukzessionsmythos der verschiedenen Menschengeschlechter); Il. 23,256 ~ Od. 3,258 χυτὴν ἐπὶ γα ῖαν ἔχευαν (man beachte die figura etymologica). Das Verb κεύθειν als solches ist Standardvokabular zur Angabe von Bestattungsorten und findet sich deshalb öfters auch inschriftlich auf Grabepigrammen.1153 Der Wunsch, man möchte angesichts des (unzeitigen) Todes eines geliebten Menschen lieber selber vorher gestorben sein, damit man seinerseits den Schmerz um den Tod des anderen nicht hätte miterleiden müssen, ist ein in der Antike verbreiteter Gedanke. In den Reden aus dem 6., 22. und 24. Buch der Ilias, welche für Q.S. 1,98–117 typologische Vorbilder darstellen (vgl. Einleitung), findet sich ein vergleichbarer, aber nicht identi1148 Protesilaos ist eine populäre mythische Figur in der Zweiten Sophistik – so ist er der Hauptgesprächspartner in Philostrats Dialog Heroikos, wo er einem Rebbauer die von Homer in der Ilias angeblich zurechtgebogene ›ganze Wahrheit‹ über den Troischen Krieg erzählt. 1149 Vgl. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt. – Die Junktur ζω ός περ ἐών findet sich sonst nur noch in [Hes.] Scut. 189 und Opp. hal. 1,544. 1150 Il. 6,464; 14,114; 23,256; Od. 3,258; A.R. 4,1536; Q.S. 1,109; 3,464; 3,573; 7,656 (+ 10,6 χυτόν […] σῆμ[α]); vgl. LSJ s.v. χυτός [I.] 2.; Richardson (1993) 200 (zu Il. 23,256). 1151 Vgl. z.B. die Bestattung von Patroklos (Il. 23,110–257), Hektor (Il. 24,784–840), oder auch Penthesileia (Q.S. 1,786–803, in Laomedons Grab); vgl. zu den homerischen Bestattungsbräuchen Nilsson (31967) 374–378. 1152 Zu diesem Vers vgl. auch den Kommentar zu (109) ζωὸς ἐών. 1153 Vgl. auch Q.S. 1,2 ὀστέα γαῖα κεκεύθει und den Kommentar dazu (mit Parallelstellen).

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scher und weniger drastischer Gedanke, nämlich der Wunsch, in dem Moment selber zu sterben, als Hektor tot ist (jedoch nicht bereits zuvor); vgl. Il. 6,410–413 (Andromache zu Hektor): ἐμοὶ δέ κε κ έρδιον εἴη / σεῦ ἀφαμαρτούσῃ χθόνα δύμεναι· οὐ γὰρ ἔτ᾿ ἄλλη / ἔσται θαλπωρή, ἐπεὶ ἂν σύ γε π ότμον ἐπίσπῃς, / ἀλλ᾿ ἄχε᾿. »Für mich aber wäre es wohl besser, unter die Erde zu tauchen, wenn ich dich verloren habe; denn es wird [für mich] keine Hoffnung mehr geben, wenn du dem Todesschicksal gefolgt bist, sondern [nur noch] Leiden.«; Il. 22,431f. (Hekabe, als sie sieht, wie ihr toter Sohn geschleift wird): τέκνον, ἐγὼ δειλή· τί νυ βείομαι αἰνὰ παθοῦσα / σεῦ ἀποτεθνηῶτος; »Mein Kind! Ach, ich Unglückliche! Was soll ich nun noch leben, Schlimmes erleidend, da du tot bist?« Helena sodann äussert in ihrer Totenklage um Hektor den Wunsch, schon vor ihrer Entführung nach Troja umgekommen zu sein; vgl. Il. 24,763f.: ἦ μέν μοι π όσις ἐστὶν ᾿Αλέξανδρος θεοειδ ής, / ὅς μ ᾿ ἄγαγε Τρο ίηνδ᾿· ὡς πρ ὶν ὤφελλον ὀλέσθαι. »Ja, in der Tat, der göttergleiche Alexandros ist mein Mann, der mich nach Troja gebracht hat; ach, wäre ich doch schon vorher umgekommen!« Das direkte sprachliche und inhaltliche Vorbild für Andromaches Wunsch, sie möchte vor Hektor schon gestorben sein, findet sich jedoch im 6. Buch der Ilias in Hektors Antwort auf Andromaches Bitte, nicht in den Kampf zu ziehen, in der er seine abschlägige Antwort mit einem rührenden Bekenntnis seiner Liebe zu seiner Gattin verbindet (Il. 6,441–465).1154 Hektor beschliesst seine Rede an Andromache mit folgenden Worten (Il. 6,464f.): ἀλλά με τεθνη ῶτα χυτ ὴ κατ ὰ γα ῖα καλ ύπτοι, / πρ ίν γ έ τι σ ῆς τε βο ῆς σοῦ θ᾿ ἑλκηθμοῖο πυθέσθαι. »Doch möchte ich tot sein, und ein Grabhügel soll mich zudecken, ehe ich von deinem Schrei erfahre und deine Verschleppung [mitansehen muss]!« Andromaches (unerfüllbarer) Wunsch klingt somit wie ein Echo, wie eine Antwort auf Hektors (erfüllbar formulierten und auch in Erfüllung gegangenen) Wunsch. Gleichzeitig steht er in scharfem Kontrast zur Realität, wird doch Andromache nach der Eroberung Trojas nicht getötet, sondern fällt Neoptolemos als Sklavin zu und wird nach Griechenland gebracht;1155 sie stellt somit, ähnlich wie Priamos, eine Figur dar, die sterben möchte, aber nicht kann.1156 Quintus lässt Andromaches Todeswunsch und dessen Nicht-Erfüllung an späterer Stelle hart aufeinandertreffen: Andromache fleht die Mörder ihres Sohnes Astyanax an (13,272f.): ε ἰ δ᾿ ἄγε ν ῦν κα ὶ ἐμεῖο δ έμας κατ ὰ τε ίχεος α ἰνοῦ / ἢ κατ ὰ πετράων ἢ κα ὶ πυρ ὶ αἶψα β άλεσθε. »Auf denn! Werft nun auch meinen 1154 Davon, dass Hektor egoistisch handle und sich nicht um Frau und Kind schere, wie zuweilen behauptet wird (z.B. Weiler [1988] 18f.), kann m.E. nicht die Rede sein. – Für die Bedeutung dieser gesamten Szene als Vorbild für Quintus’ Andromache-Monolog vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1155 Vgl. Q.S. 14,21. 1156 Zur Todessehnsucht des Priamos vgl. Boyten (2007) 320–323.

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Körper sofort die Unglücksmauer oder einen Felsen hinab oder ins Feuer!«; die griechischen Soldaten jedoch reagieren nicht darauf und verschleppen sie, wie es für weibliche Gefangene üblich ist, in die Sklaverei (13,290). Textintern zu vergleichen sind ferner folgende Stellen: Zweimal äussert Phoinix in fast identischer Formulierung den gleichen Wunsch in Bezug auf seinen geliebten Zögling Achilleus, beim ersten Mal in seiner Totenklage um diesen (3,463–489), beim zweiten Mal, als er Neoptolemos zum ersten Mal trifft und angesichts von dessen Ähnlichkeit mit seinem Vater sich erneut voller väterlicher Sehnsucht an Achilleus zurückerinnert (7,642– 666).1157 Ferner wünschen sich auch Briseis und Tekmessa in ihren ergreifenden Totenklagen um ihre Männer (Briseis um Achilleus: 3,560–573; Tekmessa um Aias: 5,532–558) den eigenen, vorzeitigen Tod.1158 Es handelt sich freilich um einen Wunsch, den man nur äussert, wenn es um besonders nahestehende Personen geht; entsprechend betont Phoinix mehrfach und in rührender Weise, wie Achilleus für ihn wie ein Sohn und er für ihn wie ein Vater gewesen sei (vgl. v.a. 3,470–478; 7,647–651), während Briseis und Tekmessa nach modernem Begriff am Stockholm-Syndrom leiden. (110) δι᾿ ἀνθερεῶνος ἀνθερεών ( für die dichterischen Belege): Il. 1,501; 3,372; 5,293; 13,388 – Nik. Ther. 444 – Euph. fr. 92,1 CA – Q.S. 1,110; 8,200 – 77x Nonn. Dion.; 10x Par. (bei Nonnos fast ausschliesslich am VE). Ausserdem häufig bei medizinischen Schriftstellern.

ἀνθερεών bedeutet in der Ilias »Kinn«, wobei damit »anscheinend die vorspringende Kinnlade im Unterschied zu γένειον als der Stelle, wo der Bart wächst«, gemeint ist (so LfgrE s.v. ἀνθερεών); dementsprechend wird das Wort von Frisk I etymologisch mit ἀθήρ und ἀνθέριξ »Granne, Achel; Spitze, Schneide, Stachel« zusammengestellt und auf ein zugrundeliegendes Nomen *ἀνθερο- mit einer Grundbedeutung »hervorragend« zurückgeführt.1159 Nachhomerisch dagegen heisst ἀνθερεών »Hals, Nacken«, bei Nonnos zuweilen auch »Mund, Kehle, Schlund«.1160 Ausserdem ist das Wort ein geläufiger t.t. in der medizinischen Literatur (Belege hauptsächlich bei Soranus, [Ps.-]Galen, und in bsd. hoher Frequenz bei Oribasius).1161 1157 Q.S. 3,464f.: ὡς ὄφελόν με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει / πρὶν σέο πότμον ἰδέσθαι ἀμείλιχον. »Hätte mich doch ein Grabhügel zugedeckt, ehe ich dein unerbittliches Todesschicksal sah!«; 7,656f.: ὡς ὄφελόν με χυτ ὴ κατ ὰ γα ῖα κεκε ύθει / κε ίνου ἔτι ζ ώοντος. »Hätte mich doch ein Grabhügel zugedeckt, als jener noch lebte!« 1158 Q.S. 3,572f.: ὡς ὄφελόν με / γαῖα χυτὴ ἐκάλυψε πάρος σέο πότμον ἰδέσθαι. »Hätte mich doch ein Grabhügel bedeckt, bevor ich dein Todesschicksal sah!«; 5,537f.: ὥς μ᾿ ὄφελον τὸ πάροιθε περὶ τραφερὴ χάνε γαῖα, / πρὶν σέο πότμον ἰδέσθαι ἀμείλιχον. »Hätte mich doch früher schon die nährende Erde rings verschlungen, ehe ich dein unerbittliches Todesschicksal sah!« – Zu den beiden Totenklagen vgl. Tsomis (2007) 187–200. 1159 So Frisk I s.v. ἀθήρ, allerdings mit gewissen Vorbehalten. 1160 Vgl. LSJ s.v. ἀνθερεών; zu Nonnos vgl. auch Peek, Lex. Dion. s.v. ἀνθερεών. 1161 Vgl. Durling (1993) s.v. ἀνθερεών.

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Ausgangspunkt und Ursache für die Bedeutungsentwicklung »Kinn« (homerisch) > »Hals« (nachhomerisch) dürfte m.E. eine bestimmte Stelle im fünften Buch der Ilias gewesen sein, nämlich die Schilderung von Pandaros’ Tod durch Diomedes’ Hand; vgl. Il. 5,290–293: β έλος δ ᾿ ἴθυνεν ᾿Αθήνη / ῥῖνα παρ ᾿ ὀφθαλμόν, λευκο ὺς δ ᾿ ἐπέρησεν ὀδόντας. / το ῦ δ᾿ ἀπὸ μὲν γλ ῶσσαν πρυμν ὴν τ άμε χαλκ ὸς ἀτειρής, / α ἰχμὴ δ᾿ ἐξελύθη παρὰ νε ίατον ἀνθερῶνα. »Und Athene lenkte das Wurfgeschoss auf die Nase neben dem Auge, und es durchbohrte die weissen Zähne. Und das unzerstörbare Eisen schnitt seine Zungenspitze ab, und die Lanze kam ganz unten beim Kinn wieder raus.« Hier kann, wer die genaue Bedeutung von ἀνθερεών nicht kennt, ebenso übersetzen: »kam ganz unten beim Hals / bei der Kehle wieder raus«.1162 Die ersten eindeutigen Belege für die nachhomerische Verwendung des Wortes in dichterischer Sprache finden sich in den Posthomerica.1163 Die Bedeutung »Hals« ist an der vorliegenden Stelle nicht anzuzweifeln, da hier auf Hektors Tod in der Ilias Bezug genommen wird – dieser jedoch wird von Achilleus am Hals tödlich getroffen, was daselbst in aller Ausführlichkeit geschildert wird; vgl. Il. 22,324–327: φαίνετο δ᾿, ᾗ κληῖδες ἀπ᾿ ὤμων αὐχέν᾿ ἔχουσι, λαυκανίης, ἵνα τε ψυχῆς ὤκιστος ὄλεθρος. τῇ ῥ᾿ ἐπὶ οἷ μεμαῶτ᾿ ἔλασ’ ἔγχεϊ δῖος ᾿Αχιλλεύς· ἀντικρὺ δ᾿ ἁπαλοῖο δι᾿ αὐχένος ἤλυθ᾿ ἀκωκή. Doch [die Haut] zeigte sich, wo das Schlüsselbein den Hals von den Schultern trennt, an der Kehle, wo der Tod für das Leben am schnellsten [kommt]. Dort traf er ihn, der [gegen ihn] anstürmte, mit dem Speer, der göttliche Achilleus, und mitten durch den zarten Hals ging die Spitze.

Die zweite Stelle, an der Quintus ἀνθερεών verwendet, ist bei der Schilderung von Eurypylos’ Tod durch Neoptolemos’ Hand, die in starker Analogie

1162 Dass ἀνθερεών homerisch ganz klar »Kinn« und nicht »Mund« heisst, beweisen die drei anderen Stellen; vgl. Il. 1,500–502: λάβε γούνων / σκαιῇ, δεξιτερῇ δ᾿ ἂρ ὑπ᾿ ἀνθερεῶνος ἑλοῦσα / λισσομένη προσέειπε Δία Κρονίωνα ἄνακτα. »Sie ergriff sein Kinn mit der Linken; mit der Rechten aber griff sie ihm unter das Kinn und sprach bittflehend zu Zeus, dem Kronossohn und Herrscher.«; Il. 3,371f.: ἄγχε δέ μιν πολύκεστος ἱμὰς ἁπαλὴν ὑπὸ δειρήν, / ὅς οἱ ὑπ᾿ ἀνθερεῶνος ὀχεὺς τέτατο τρυφαλείης. »Und es würgte ihn [= Paris] der vielbestickte Riemen unter dem zarten Hals, der ihm als Halter für den Helm unter das Kinn gespannt war.«; Il. 13,387f.: ὃ δέ μιν φθάμενος β άλε δουρ ί / λαιμ ὸν ὑπ᾿ ἀνθερεῶνα, διαπρ ὸ δὲ χαλκ ὸν ἔλασσεν. »Doch der [= Idomeneus] kam ihm [= Asios] zuvor, und er traf mit dem Speer seine Kehle unterm Kinn und schoss das Eisen mitten hindurch.« 1163 Die beiden einzigen dichterischen Belege zwischen Homer und Quintus sind Nik. Ther. 443f. πώγων / […] ὑπ᾿ ἀνθερεῶνι χολοίβαφος »ein Bart unter dem Kinn« und Euph. fr. 92,1 CA τέκνον, μὴ σύ γε μητρ ὸς ἀπ᾿ ἀνθερεῶνας ἀμήσῃς, wo die Entscheidung zwischen »Kinn« oder »Hals« m.E. nicht eindeutig zu treffen ist.

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zu Hektors Tod gestaltet ist;1164 vgl. Q.S. 8,199f.: ὀψὲ δὲ μακρή / Πηλιὰς Εὐρυπύλοιο δι ήλυθεν ἀνθερεῶνος. »Schliesslich aber durchstiess die lange [Eschenlanze] vom Pelion den Hals des Eurypylos.« (110) ὑπ᾿ ἔγχεϊ  10x Q.S.1165 – Nonn. Dion. 29,250; 32,185. Metrisch stets vor der BD.

Die Wendung bezieht sich mehrfach, wie hier, implizit oder explizit auf Achilleus’ Speer: In 1,619–621 wird Penthesileias Tod mit folgenden Worten beschrieben: ὣς ἄρα Πενθεσίλειαν ὁμῶς περικαλλέι ἵππῳ / ἀντικρὺ διάμησεν ὑπ᾿ ἔγχεϊ μαιμώωντι / Πηλείδης. »So also durchbohrte der Peleussohn Penthesileia zusammen mit ihrem wunderschönen Pferd mittendurch mit seiner dahinstürmenden Lanze.«1166 In 7,525 ist sodann von dem Speer im Zusammenhang mit Eurypylos’ bevorstehendem Tod durch Neoptolemos’ Hand die Rede; in 10,85 schliesslich heisst es, dass dieser ὑπ᾿ ἔγχεϊ πατρὸς ἑοῖο (»mit dem Speer seines Vaters«) Heldentaten vollführe. Wenn Andromache hier von dem Speer spricht, mit dem ihr Gatte Hektor von Achilleus getötet wurde, so wird damit nicht nur intertextuell auf die Schilderung von Hektors Todesmoment in der Ilias Bezug genommen,1167 sondern auch gleichzeitig intratextuell auf das von Quintus auf Achilleus applizierte Epitheton ἐυμμελίης in 1,96 zurückverwiesen, welches auf dessen Eschenlanze (μελίη) anspielt.1168 (111–112) νῦν δ᾿ ἄρ᾿ […] κεῖνον ὅτ᾿ […] εἴρυον ἵπποι Der Satz ist grammatikalisch schwer zu greifen. Das Problem besteht darin, wie wir ἀάσπετον ἄλγος verstehen sollen; verschiedene Auffassungen sind denkbar: (1.) ἀ. ἄ. = Akk.-obj. zu ἐσάθρησα, κε ῖνον = Akk.-obj. zu εἴρυον, also etwa: »Ich habe unsäglichen Schmerz gesehen, als ihn die Pferde […] schleiften.«1169 (2.) ἀ. ἄ. = Akk.-obj. zu ἐσάθρησα, κε ῖνον = Akk.-obj. zu ἐσάθρησα und zu ε ἴρυον (Bezug ἀπὸ κοινοῦ ); ἀ. ἄ. wäre dann metonymisch zu verstehen, also etwa: »Ich sah ihn, [die Ursache für] 1164

Zur Analogie von Eurypylos’ Tod in den Posthomerica und Hektors Tod in der Ilias vgl. den Kommentar zu (96) ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα mit Anm. 1051. 1165 Davon 3x formelhaft ὑπ᾿ ἔγχεϊ μαιμώωντι; ausserdem Q.S. 2,130 ὑπ᾿ ἐγχείῃσι τεῇσι. 1166 Die Verse Q.S. 1,619f. sind in Anlehnung an die iliadische Schilderung von Hektors Todesmoment komponiert; vgl. Il. 22,326f.: τῇ ῥ᾿ ἐπὶ οἷ μεμαῶτ᾿ ἔλασ’ ἔγχεϊ δῖος ᾿Αχιλλεύς· / ἀντικρὺ δ᾿ ἁπαλοῖο δι᾿ αὐχένος ἤλυθ᾿ ἀκωκή. 1167 Vgl. dazu die Kommentare zu (96) ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα und (110) δι᾿ ἀνθερεῶνος. 1168 Zu Achilleus’ Speer (μελίη) und dessen Bedeutung für Neoptolemos als Nachfolger seines Vaters vgl. den Kommentar zu (96) ἐυμμελίην ᾿Αχιλῆα. 1169 Vgl. Donner (1866): »Doch nun sah ich Arme den unaussprechlichen Jammer, / Als um Ilios ihn des Achilleus flüchtige Rosse / Grausam schleiften im Staub.«; Way (1913): »But now have I / Looked—woe is me!—on grief unutterable, / When round the city those fleet-footed steeds / Haled him, steeds of Achilles […]«

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meinen unsäglichen Schmerz, wie ihn die Pferde […] schleiften.«1170 (3.) ἀ. ἄ. als accusativus exclamationis (und κε ῖνον dann desgleichen ἀπὸ κοινοῦ auf ἐσάθρησα und εἴρυον bezogen), also etwa: »Ich sah ihn – ach, welch unsäglicher Schmerz! –, wie ihn die Pferde […] schleiften.«1171 Die griechische Sprache lässt m.E. alle drei Möglichkeiten zu, eine definitive Entscheidung für die eine oder andere Variante scheint mir nicht angebracht. (111) ἀάσπετον ἄλγος ἄσπετος ist in und seit der Ilias ein geläufiges Adjektiv, das fast ausschliesslich auf das Epos beschränkt bleibt. Die Doppelform ἀάσπετος findet sich ausschliesslich bei Quintus; vermutlich handelt es sich um eine Analogiebildung nach den metrisch bedingten Doppelformen ἄσχετος : ἀάσχετος, die bereits homerisch so bestehen und auch von Quintus beide verwendet werden.1172 Diese Analogiebildung ist umso naheliegender, als ἄσχετος / ἀάσχετος und ἄσπετος / ἀάσπετος nicht nur gleich gebildet sind und eine fast identische ›Worthülse‹ besitzen, sondern auch semantisch einander z.T. nahekommen.1173 Formen von ἀάσπετος sind in den Posthomerica an gesamthaft acht Stellen überliefert;1174 an elf weiteren Stellen hat man aus metrischen Gründen Formen von ἀάσπετος zu άσπετος korrigiert.1175 Frühepisch ist das Adjektiv fast ausschliesslich zur Bezeichnung der Grösse oder Menge von mess- oder zählbaren Dingen üblich, z.B. für αἰθήρ (Il. 8,558; 16,300), ὕλη (Il. 2,455; 23,127; 24,784; u.a.), οὖδας (Il. 19,61; 24,738; Od. 13,395; 22,269), κρέα (6x Od., in dem Iteratvers ἥμεθα δαινύμενοι κρ έα τ ᾿ ἄσπετα κα ὶ μέθυ ἡδύ), aber auch κ ῦδος (Il. 3,373; 18,165); schliesslich jedoch auch für Begriffe, die mit Lärm in Zusammenhang stehen, z.B. κυδοιμός (Il. 10,523; 18,218).1176 So gesehen, ist ἄσπετος im Grunde wertneutral, d.h. eine allfällige Wertung ergibt sich erst aus dem Kontext bzw. aufgrund des Bezugswortes (vgl. dt. »unsäglicher / unsagba1170 Vgl. James (2004): »And then unspeakable pain to me was the pitiful sight / Of him so cruelly dragged round the city by Achilles’ / Fleet-foot horses.« 1171 Vgl. Vian (1963): »Maintenant, indicible douleur, je l’ai vu, hélas ! traîner sauvagement autour de la ville par les rapides chevaux de cet Achille qui m’a ravi mon époux légitime et le chagrin me tourmente chaque jour !« 1172 Vgl. James / Lee (2000) 66. 1173 Gerade in einer Kollokation wie der hier vorliegenden werden die Adjektive sozusagen austauschbar: ἀάσπετον ἄλγος »unsäglicher Schmerz« oder ἄσχετον ἄλγος »unaufhaltsamer Schmerz« (Q.S. 7,58) sind im Endeffekt dasselbe. Vgl. auch 14,297f. ὄλεθρον / ἄσχετον ἀργαλέον τε καὶ οὐ φατόν. 1174 Q.S. 3,673; 7,193; 7,250; 7,680; 8,232; 10,175; 13,93; 13,274. 1175 Q.S. 1,111; 1,150; 3,460; 5,108; 6,370; 6,444; 6,619; 8,428; 9,135; 10,309; 10,398. 1176 Vgl. LSJ s.v. ἄσπετος sowie im Detail LfgrE s.v. ἄσπετος; für die Verwendung im Zusammenhang mit Lärm vgl. Kaimio (1977) 33f.

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rer Schmerz« vs. »unsägliche / unsagbare Freude«). Quintus gebraucht ἄσπετος / ἀάσπετος ebenfalls zur Qualifikation von Grössen- oder Mengenbegriffen,1177 erweitert jedoch den Gebrauch und appliziert das Adjektiv wie hier auch auf negativ konnotierte Abstrakta im Bedeutungsbereich »Leid, Trauer, Schmerz«, aber auch »Furcht« oder »Scham«;1178 vgl. (nebst 1,111 ἀάσπετον ἄλγος) 6,444 ἀάσπετον […] ὄνειδος; 7,250 ἀάσπετον […] δεῖμα; 7,581f. κάματος […] / ἄσπετος; 9,144 ἄσπετος α ἰδώς; 13,274 ἀάσπετα πήματ[α]. Die Kollokation mit ἄλγος ist wohl gebildet in Analogie zu Il. 16,548f. πένθος / ἄσχετον οὐκ ἐπιεικτόν (Trauer der Troer über Sarpedon) bzw. Il. 24,708 ἀάσχετον […] π ένθος (Trauer der Troer über Hektor [!]); sie begegnet bei Q.S. noch zwei weitere Male, ist sonst jedoch in der Gräzität nicht belegt; vgl. 7,44f. τέτλαθι δ᾿ ἄλγος / ἄσπετον »ertrage den unsäglichen Schmerz!« (Nestor zu Podaleirios, der sich aus Trauer über den Tod seines Bruders Machaon das Leben nehmen will); 7,632 ἀμφὶ δέ οἱ μέγα χάρμα καὶ ἄσπετον ἄλγος ἵκανεν »rings um ihn legte sich grosse Freude und unsäglicher Schmerz« (über Phoinix beim Anblick des Neoptolemos, weil dieser seinem toten Vater so gleicht). Vgl. ferner Q.S. 1,370 ἄσχετον […] π ῆμα (das die Griechen über die Troer bringen); 2,123 π ῆμα κα ὶ ἄσχετον […] πότμον (das Mnemon über die Solymer brachte); 5,141 μέγα πῆμα κα ὶ ἄσχετον (das der Streit zwischen Aias und Odysseus bringen wird [Worte Nestors]); 7,58 ἄσχετον ἄλγος (Podaleirios zu Nestor wegen des Todes seines Bruders). (111) ὀιζυρῶς 16x bei Q.S. (); mehrheitlich in der gleichen metrischen Position wie hier (12x), sonst vor der Penthemimeres (4x); häufig als Adverb zu Formen des Verbs ἀπόλλυναι in einer homerisierenden Versschlussformel »ὀιζυρῶς ἀπολ- | — « (z.B. ὀιζυρῶς ἀπολέσθαι, 8x). (111) ἐσάθρησα Formen des zusammengesetzten Verbs ἐσαθρεῖν (meist aoristisch) Il. 3,450 – Q.S. 1,111 – 19x Nonn. Dion.; 12x Par. – u.a. Ausserhalb des epischen Wortschatzes selten; vgl. aber EpGr 906,1 εἰκόνα τήνδ᾿ ἐσάθρει (Gortyn).

Zur prägnanten Bedeutung »erblicken, erspähen« vgl. Il. 3,449f.: ᾿Ατρείδης δ᾿ ἀν᾿ ὅμιλον ἐφοίτα θηρ ὶ ἐοικώς, / ε ἴ που ἐσαθρήσειεν ᾿Αλέξανδρον θεοειδέα. »Der Atride aber ging umher in der Kriegerschar, einem wilden 1177 Zum Beispiel (unvollständige Auswahl) Q.S. 3,673f. ἀάσπετα […] / δοῦρα; 6,382 ἄσπετον ο ὖδας; 6,619 ἀάσπετα φ ῦλ᾿ ἀνθρώπων; 7,193 δ ῶρ᾿ […] ἀάσπετα; 8,232 λα ὸς ἀάσπετος; 14,458 ἄσπετος α ἰθήρ; 14,647 ἄσπετον ὕδωρ. – Für eine vollständige Zusammenstellung aller Verwendungen und Bezugswörter vgl. VB s.v. ἀάσπετος und ἄσπετος. 1178 Der Erstbeleg für eine Kollokation mit einem Begriff des Schmerzes ist Bakchyl. 19,34 ἄσπετοι μέριμν[αι].

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Tier ähnlich, ob er den göttergleichen Alexandros irgendwie erspähte.«; [Theokr.] 25,215 ε ἴ μιν ἐσαθρήσαιμι π άρος γ᾿ ἐμὲ κε ῖνον ἰδέσθαι »ob ich [= Herakles] ihn [= den Löwen] erspähte, ehe jener mich erblickte«.1179  Vgl. auch den nachstehenden Kommentar. (111–113) ἐσάθρησα / κεῖνον […] ἵπποι / ἀργαλέως Wie wir bereits aus den einleitenden Versen wissen, weicht Quintus mit seiner Version der Schleifung von derjenigen Homers ab, indem er sich auf eine Sagenversion beruft, dergemäss Hektor nicht zuerst vor der Stadt und dann zu den Schiffen der Griechen und später um das Grab des toten Patroklos geschleift wird, sondern direkt und nur um die Stadt.1180 Die Verse Q.S. 1,111f. stellen eine ›Übersetzung‹ der Ilias-Passage dar, in der geschildert wird, wie Andromache vom Turm aus bemerkt, wie ihr soeben getöteter Gatte vor der Stadt und zu den Schiffen der Achaier geschleift wird; vgl. Il. 22,463–465: […] τὸν δ᾿ ἐνόησεν ἑλκόμενον πρόσθεν πόλιος· ταχέες δέ μιν ἵπποι ἕλκον ἀκηδέστως κοίλας ἐπὶ νῆας ᾿Αχαιῶν. […] Und sie bemerkte, wie er vor der Stadt geschleift wurde; und die schnellen Pferde schleiften ihn sorglos zu den hohlen Schiffen der Achaier.

Folgende Analogien zwischen den beiden Passagen lassen sich aufstellen: Il. 22,463 ἐνόησεν

~ Q.S. 1,111 ἐσάθρησα1181

Il. 22,464f. ταχέες δέ μιν ἵπποι / ἕλκον

~ Q.S. 1,112 ποδώκεες εἴρυον ἵπποι1182

Il. 22,465 ἀκηδέστως

~ Q.S. 1,113 ἀργαλέως

Il. 22,464f. πρόσθεν πόλιος; κοίλας ἐπὶ νῆας ᾿Αχαιῶν

↔ ~ Q.S. 1,112 ἀμφὶ πόληα

Der Unterschied zwischen der homerischen und der unhomerischen Schleifungsversion tritt dadurch, dass Quintus den Rest der Verse sprachlich so detailliert ›übersetzt‹, umso stärker hervor. Es handelt sich hier allerdings um mehr als eine motivisch-sprachliche aemulatio. Mag eine solche Erklärung bei der auktorialen Erwähnung der alternativen Schleifungsversion (Q.S. 1,12) noch genügen, so hat die Tatsache, dass nunmehr eine dramatis 1179

LSJ s.v. εἰσαθρέω: »look at, descry«; Pompella (1981) s.v. ἐσαθρέω: »aspicio«. Vgl. den Kommentar zu (9–14) μνησάμενοι προτέρων […] φέρεν Τρώεσσιν ὄλεθρον. 1181 Man beachte die identische metrische Struktur und Versstellung (VE) der beiden Verben. 1182 Das Adjektiv ποδώκης und das Verb εἰρύειν/-εσθαι sind die poetischeren Wörter als ταχύς und ἕλκειν (> aemulatio). Metrisch und strukturell ist ποδώκεες εἴρυον ἵπποι nach Il. 23,376 ποδώκεες ἔκφερον ἵπποι gebildet; vgl. den Kommentar zu (112) ποδώκεες […] ἵπποι. 1180

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persona – eine Augenzeugin, die schon bei den iliadischen Ereignissen dabei war – spricht, weiterreichende Implikationen, scheint doch Andromache mit ihrer eigenen Aussage, die Schleifung Hektors um die Stadtmauern mitangesehen zu haben, der homerischen Version, diese sei von der Stadt weg zu den Schiffen erfolgt, zu widersprechen. Somit wird die von der homerischen Version abweichende ›posthomerische Version‹ durch eine der fiktiven Figuren des epischen Geschehens beglaubigt. Diese ›Korrektur‹ können wir unschwer auf einer poetologischen Ebene lesen: wir sehen einmal mehr die Spannung zwischen der implizit ›homerischen‹ Autorschaft der Posthomerica und der variatio des homerischen Vorbilds.1183 (112) ἀμφὶ πόληα ἀμφὶ πόλιν ἀμφὶ πόληος1184 ἀμφὶ πόληι ἀμφὶ πόληα

Ilias 2 — — —

Odyssee 1 — — —

Argonautica 1 — — —

Posthomerica 2 2 1 4

(112) ποδώκεες […] ἵπποι Das hochpoetische Adjektiv ποδώκης ist in der Ilias gebräuchliches Epitheton für Achilleus in den Versschlussformeln ποδ ώκεος Α ἰακίδαο (8x Il.; Od. 11,471; 11,538)1185 und ποδώκεα Πηλείωνα (-εϊ -νι) (9x Il.). Bezogen auf Pferde finden wir es zweimal, Il. 17,614 ποδώκεας ἤλασεν ἵππους und 23,376 ποδώκεες ἔκφερον ἵπποι; ferner indirekt in Il. 2,763f., wo die Stuten des Pheres-Enkels mit »fussschnellen Vögeln« verglichen werden.1186 Quintus verwendet das Adjektiv gesamthaft nur dreimal: zweimal bezogen auf Pferde, einmal bezogen auf Achilleus. In 2,637 ist die Rede von den ποδώκεες ἵπποι der Eos, die aufstöhnen, weil ihre Herrin über den Verlust ihres Sohnes so traurig ist;1187 in 7,633 wird das Adjektiv auf Achilleus bezogen, in einer die homerische Versschlussformel variierenden Wendung ποδώκεος ἀμφ᾿ ᾿Αχιλῆος.1188 Die Formulierungen ποδ ώκεες ε ἴρυον ἵπποι 1183

Zu diesem poetologischen Prinzip der Posthomerica vgl. Kap. 1.4.1. Ferner Kall. fr. 43,72 Pf.; Nonn. Dion. 2,361 und 42,516. 1185 Diese Formel findet sich ausserdem einmal variiert zu ποδώκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος (Il. 20,89). – Eine prosodisch identische Variante mit vokalischem Anlaut ist ἀμύμονος Αἰακίδαο (Il. 16,140 und 16,854); vgl. Latacz et al. (2000) II.2, 282 (zu Il. 2,860). 1186 Il. 2,763f.: ἵπποι μὲν μέγ᾿ ἄρισται ἔσαν Φηρητιάδαο, / τὰς Εὔμηλος ἔλαυνε ποδώκεας ὄρνιθας ὥς. »Die weitaus besten Stuten waren die des Pheres-Enkels, die Eumelos antrieb wie fussschnelle Vögel.« 1187 Q.S. 2,637: ἄγχι δέ οἱ μάλα πολλὰ ποδώκεες ἔστενον ἵπποι. »In ihrer Nähe aber standen ihre fussschnellen Pferde, die gar sehr stöhnten.« 1188 Q.S. 7,632–634: ἀμφὶ δέ οἱ μέγα χάρμα καὶ ἄσπετον ἄλγος ἵκανεν, / ἄλγος μὲν μνησθέντι ποδώκεος ἀμφ᾿ ᾿Αχιλῆος, / χάρμα δ᾿ ἄρ᾿, οὕνεκά οἱ κρατερὸν παῖδ᾿ εἰσενόησε. »Rings 1184

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in 1,112 und ποδώκεες ἔστενον ἵπποι in 2,637 sind strukturell beide nach Il. 23,376 ποδώκεες ἔκφερον ἵπποι gebildet.1189 Die homerischen Pferde-Epitheta beziehen sich meistens auf die Schnelligkeit der Tiere oder auf ihre Hufe; so sind homerisch gebräuchlich: ἀερσίπους, κρατερῶνυξ, μῶνυξ, ποδώκης, ταχύς, ὠκυπέτης, ὠκύπους, ὠκύς.1190 Quintus verwendet aus dieser Auswahl nur ποδώκης, ταχύς, ὠκύπους und ὠκύς.1191 Achilleus hat eine innige Beziehung zu seinen Pferden – so wählt etwa Hera keinen Menschen, sondern das unsterbliche Pferd Xanthos als Sprachrohr, um ihm den Tod vorauszusagen (Il. 19,408–417). So gesehen, können wir in dem Umstand, dass sich Achilleus mit seinen Pferden das Epitheton ποδώκης teilt, mehr als bloss eine gemeinsame Eigenschaft (Schnelligkeit im Rennen) sehen.  Vgl. auch den Kommentar zu (130) ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος. (113) ἀργαλέως  Das Adverb ἀργαλέως Thgn. 2IEG 1091 – Manetho 1,33 – 19x Q.S. – Anth. Gr. 9,499,1. Μeistens zu Versbeginn.

(113–114) ὅς μ᾿ ἀνέρος εὖνιν ἔθηκε / κουριδίου Die Formulierung εὖνιν ἔθηκε ist Priamos’ Rede an Hektor, in der er diesen bittet, Achilleus nicht allein entgegenzutreten (Il. 22,38–76), entnommen; vgl. Il. 22,44f. ὅς μ ᾿ υἱῶν πολλ ῶν τε κα ὶ ἐσθλῶν ε ὖνιν ἔθηκε / κτείνων κα ὶ πε ρνὰς ν ήσων ἐπὶ τηλεδαπ άων »[Hektor,] der mich vieler tüchtiger Söhne beraubte, indem er sie tötete oder auf weit entfernte Inseln verkaufte«. Zum Adjektiv ε ὖνις (mit separativem Genitiv) vgl. auch Od. 9,523f. ψυχ ῆς τε κα ὶ αἰῶνος […] / ε ὖνιν ποι ήσας; Aischyl. Pers. 289 εὔνιδας ἔκτισσαν ἠδ᾿ ἀνάνδρους; A.R. 4,499f. ἄνακτος / εὔνιδες. Textintern vgl. Q.S. 7,244f.: Deidameia findet nachts keinen Schlaf, da Diomedes und Odysseus gekommen sind, um Neoptolemos abzuholen – die Männer, οἵ ῥά μιν ἄμφω / εὖνιν ποιήσαντο φιλοπτολέμου ᾿Αχιλῆος »die beide sie [auch schon] des kriegsliebenden Achilleus beraubt hatten«; 7,277–279 (Deidameia, die versucht, Neoptolemos zurückzuhalten [7,262–286]): δ είδοικα […] / μή μοι κα ὶ σέο, τέκνον, ἀποφθιμένοιο πέληται / εὖνιν καλum ihn [= Phoinix] legte sich grosse Freude und unsäglicher Schmerz – Schmerz, da er sich an den fussschnellen Achilleus erinnert fühlte, Freude aber, weil er dessen starken Sohn erblickte.« Die Stelle ist auch wegen der Kollokation (ἀ)ἄσπετον ἄλγος zu vergleichen; vgl. den Kommentar zu (111) ἀάσπετον ἄλγος. 1189 Im grösseren Zusammenhang ist Quintus’ ποδώκεες ἔκφερον ἵπποι ausserdem als ›Übersetzung‹ von Il. 22,464f. ταχέες δέ μιν ἵπποι / ἕλκον aufzufassen; vgl. dazu den Kommentar zu (111–113) ἐσάθρησα / κεῖνον […] ἵπποι / ἀργαλέως. 1190 Liste nach Latacz et al. (2000) II.2, 116 (zu Il. 2,383). 1191 Ausserdem 1x μονάμπυξ (4,545) anstelle des lexikalisch identischen μῶνυξ.

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λειφθεῖσαν ἀεικέα πήματα πάσχειν. »Ich fürchte, mein Sohn, dass ich – deiner beraubt, wenn du tot bist, und [allein] zurückgelassen – schmachvolle Leiden erfahren werde.« Die Angst davor, Witwe und somit schutzlos zu sein, ist in der Ilias Andromaches grösste Sorge: Zu Beginn und gegen Ende ihrer Rede an Hektor am Skäischen Tor äussert sie den Vorwurf, dass er sie zur Witwe und ihren kleinen Sohn zum Waisen machen werde, wenn er in den Kampf ziehe; vgl. Il. 6,407–409: δαιμόνιε, φθίσει σε τ ὸ σὸν μένος, οὐδ᾿ ἐλεαίρεις / παῖδά τε νηπίαχον καὶ ἔμ᾿ ἄμμορον, ἣ τάχα χήρη / σεῦ ἔσομαι. »Du Unbegreiflicher! Dein Drang wird dich noch zugrunde richten! Und kein Erbarmen hast du mit deinem kleinen Jungen und mit mir Unglücklichen, die ich bald deine Witwe sein werde.«; Il. 6,431f.: ἀλλ᾿ ἄγε ν ῦν ἐλέαιρε κα ὶ αὐτοῦ μίμν᾿ ἐπὶ πύργῳ, / μ ὴ πα ῖδ᾿ ὀρφανικὸν θ ήῃς χ ήρην τε γυνα ῖκα. »So komm schon! Hab Erbarmen und bleibe hier auf dem Turm, damit du deinen Sohn nicht zum Waisen und deine Frau zur Witwe machst!«1192 Auch ihre beiden Klagen um den toten Hektor (Il. 22,477–514 und 24,725–745) beginnt sie mit der Feststellung, dass sie nun Witwe ist; vgl. Il. 22,482–484: νῦν δ ὲ σὺ μὲν ᾿Αίδαο δ όμους ὑπὸ κε ύθεσι γα ίης / ἔρχεαι, α ὐτὰρ ἐμὲ στυγερῷ ἐνὶ πένθεϊ λείπεις / χήρην ἐν μεγάροισι. »Und nun gehst du in die Häuser des Hades unter den Tiefen der Erde, mich jedoch lässt du in verhasstem Schmerz zurück als Witwe in den Hallen.«; Il. 24,725f.: ἆνερ, ἀπ᾿ αἰῶνος ν έος ὤλεο, κ ὰδ᾿ δέ με χ ήρην / λε ίπεις ἐν μεγ άροισι. »Mein Mann! Jung bist du aus deinem Leben geschieden, und mich lässt du als Witwe zurück in den Hallen.«1193 Die Angst um Astyanax ist hier in Andromaches Ethopoiie ausgeblendet, Andromache ist in diesem Moment ganz auf sich und ihre Beziehung zu ihrem Gatten konzentriert. Umso prominenter tritt das Motiv viel später, in 1192

Über die Echtheit der anschliessenden sieben Verse (Il. 6,433–439) wurde in der antiken Homerphilologie debattiert. Aristonikos soll sie athetiert haben, »weil die Worte für Andromache unangemessen sind« (ὅτι ἀνοίκειοι οἱ λόγοι τῇ ᾿Ανδρομάχῃ); vgl. Schol. vet. A Il. 6,433–439. In der modernen Forschung wird dagegen zuweilen die Ansicht vertreten, die Verse zerstörten die Ringkomposition der Rede; vgl. Lohmann (1988) 37f. und 80f. – sollten sie tatsächlich unecht sein, so ergäbe sich mit Andromaches Vorwurf ganz zu Beginn und ganz zu Ende der Rede in der Tat ein exakter, symmetrischer Rahmen. Allerdings bleibt die Rahmenkomposition m.E. auch dann grundsätzlich intakt, wenn wir die letzten sieben Verse stehenlassen; das Gewicht von Andromaches Vorwurf wird deswegen nicht abgeschwächt, im Gegenteil: Andromache lässt ihre Angst, Witwe zu werden, nicht im luftleeren Raum stehen, sondern sie münzt diese zu einem Argument um, um Hektor zu bereden, er möge dableiben. Für die Echtheit der Verse u.a. auch Schadewaldt (21951) 219; Willcock (1977) 52 Anm. 41 (mit kurzer Darstellung älterer Forschungsmeinungen); Kirk (1990) 217f. 1193 Zum Schicksal von Witwen und Waisen in der Antike vgl. Weiler (1988), bsd. 17–20 zu Andromache und Astyanax als Beispiel für einen »Ausgliederungsprozeß aus dem traditionellen Gesellschaftsgefüge«, bei dem »furchterregende Visionen vom existenzbedrohenden Leben des Waisenkindes Astyanax und vom bitteren Los der Witwe Andromache entworfen« werden (17).

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Posthomerica 13, zutage, als Astyanax den Armen seiner Mutter entrissen und vom Turm gestürzt wird (13,251–255), während Andromache, die zwischenzeitlich völlig von der Bildfläche verschwunden war, in die Sklaverei geführt wird (13,264–266; vgl. auch 14,21) und ihr inständiger Wunsch, man möge sie angesichts des Todes ihres Sohnes auch töten, ungehört bleibt (13,272–286; 13,290).1194 (114) αἰνὸν ἄχος Eine typisch homerische Kollokation (11x Il.; Od. 16,87; 18,274), v.a. in den Iteratversen ῞Εκτορα δ ᾿ αἰνὸν ἄχος π ύκασε φρ ένας ἡνιόχοιο (Il. 8,124 = 8,316 [~ 17,83]) und ἀλλὰ τόδ᾿ αἰνὸν ἄχος κραδ ίην κα ὶ θυμ ὸν ἱκάνει (Il. 8,147 = 15,208 = 16,52 = Od. 18,274). Inhaltlich vgl. v.a. auch Il. 22,43f. ἦ κέ μοι αἰνὸν ἀπὸ πραπίδων ἄχος ἔλθοι, / ὅς μ᾿ υἱῶν πολλῶν τε κα ὶ ἐσθλῶν ε ὖνιν ἔθηκε (aus Priamos’ Bittrede an Hektor, sich nicht allein gegen Achilleus zu stellen; vgl. auch den obenstehenden Kommentar zu (113–114) ὅς μ᾿ ἀνέρος εὖνιν ἔθηκε / κουριδίου). Nachhomerisch nur noch sehr selten.1195  Zum volksetymologischen Spiel mit der Herleitung des Namens ᾿Αχιλλεύς von ἄχος vgl. den Kommentar zu (19) Πενθεσίλεια. (115) ἑὸν κατὰ θυμόν κατὰ θυμόν ist eine häufige Wendung im frühen Epos (27x Il.; 30x Od.; 5x h.h.; 8x Hes.), wird in der hellenistischen hexametrischen Dichtung eher gemieden bzw. in den Rang einer Rarität erhoben (Theokr. 13,14 und 25,177; Kall. h. Apoll. 28; A.R. 1,299) und dann von Quintus wieder vermehrt benutzt (20x). Die Kombination mit dem reflexiven Possessivpronomen zu ἑὸν κατ ὰ θυμ όν bleibt allerdings ausschliesslich auf Q.S. beschränkt (5x). (115) ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη ἐύσφυρος (unhomerisch) 5x Hes. – Q.S. 1,115; 13,268 – u.a. Vgl. demgegenüber das fülligere und quantitativ häufigere Synonym καλλ ίσφυρος: Il. 9,557; 9,560; 14,319 – Od. 5,333; 11,603 – 4x h.h. – 11x Hes. – u.a., auch vereinzelt lyrisch (vgl. insb. Alkman fr. 1,78f. PMG ἁ κ[α]λλίσφυρος / ῾Αγησιχ[ό]ρ[α]).1196  Patronymikon ᾿Ηετιώνη: Q.S. 1,115; 13,268 – Anth. Gr. 2,160 (Christodor).1197

1194 Andromaches Bittrede in Q.S. 13,272–286 greift ihren Todeswunsch in 1,109f. auf; vgl. den Kommentar zu (109) ὡς εἴ με χυτὴ κατὰ γαῖα κεκεύθει. 1195 h. Ven. 198f.; Soph. Aias 706; A.R. 4,866. 1196 Vgl. ἐυπλόκαμος und καλλιπλόκαμος, wo die Häufigkeit jedoch umgekehrt ist (ἐυ- häufiger als καλλι -); vgl. den Kommentar zu (50) ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων. – Zu ἐύσφυρος bei Q.S. vgl. auch Calero (1992a) 45 und Venini (1995) 188 Anm. 6. 1197 Vgl. den Kommentar zu (98–99) ἐὺς πάις ᾿Ηετίωνος / ᾿Aνδρομάχη mit Anm. 1081.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

καλλίσφυρος darf als das geläufigere, ἐύσφυρος als das erlesenere und somit wohl poetischer anmutende Wort angesehen werden; vgl. Hesych s.v. εὔσφυρος· καλλίσφυρος. ἀπὸ μέρους, καλή (d.h. ἐύσφυρος wird mithilfe von καλλ ίσφυρος erklärt, nicht vice versa). Zur Bedeutung vgl. Hesych s.v. καλλίσφυρος· καλ ή, ἀπὸ μέρους. εὔρυθμος. Das Schönheitsideal liegt bei einem wohlproportionierten, schön gewachsenen Fussknöchel; vgl. dazu auch die zahlreichen weiteren Possessivkomposita mit dem Hinterglied -σφυρος, welche die griechische Sprache bildet (in Klammern jeweils der Erstbeleg): ἁβρόσφυρος (Lyrica Adespota fr. 3,3 CA [absolutes hapax]); λευκόσφυρος (Theokr. 17,32 [absolutes hapax]); ῥοδόσφυρος (Q.S. 1,138); ταν ίσφυρος (Hesiod, mehrfach); ταν ύσφυρος (h. Cer. 2 und 77); χλιδανόσφυρος (Anakreont. 43,7 West [absolutes hapax]). Vgl. ausserdem auch (ex negativo) Archil. fr. 206 2IEG: περὶ σφυρὸν παχεῖα μισητὴ γυνή. »Eine Frau, die um den Knöchel herum dick ist, ist verhasst.« ἐυ- und καλλίσφυρος sind (ähnlich wie ἐυ-/καλλιπλόκαμος)1198 häufig Epitheta für Göttinnen, insbesondere für Nymphen. Andromache wird in den Posthomerica gesamthaft nur fünfmal erwähnt, und zweimal trägt sie das Epitheton ἐύσφυρος;1199 vgl. 1,98f. ἐὺς π άις ᾿Ηετίωνος / ᾿Ανδρομάχη; 1,115 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη; 13,266 κούρην ᾿Ηετίωνος; 13,268 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη; 14,21 ᾿Ανδρομάχην. In der Ilias ist ihr einziges Epitheton λευκ ώλενος (3x: Il. 6,371; 6,377; 24,723). Vgl. ferner Ilias parva fr. 20,6f. EpGF ᾿Ανδρομάχην, ἠύζωνον παράκοιτιν / ῞Εκτο ρος; Sappho fr. 44,7 Voigt ἄβραν ᾿Ανδρομάχαν.  Vgl. auch den Kommentar zu (138) ῥοδόσφυρος. (116) μνησαμένη πόσιος  Vgl. den Kommentar zu (9–14) μνησάμενοι προτέρων […] φέρεν Τρώεσσιν ὄλεθρον. (116–117) μάλα γὰρ μέγα πένθος ἀέξει […] θηλυτέρῃσιν Die Gnome markiert das Ende der vorliegenden ›narrativen Einheit‹ und hebt gleichzeitig den während Andromaches Rede vollzogenen shift von der Sorge um Penthesileia zur schmerzvollen Erinnerung an den toten Gatten noch einmal hervor. Mit dem auktorialen Verweis auf die ›weibliche Sittsamkeit‹ (σαόφροσι θηλυτέρῃσιν) hebt der Erzähler die moralische Haupt1198

Vgl. den Kommentar zu (50) ῾Ωράων μετ᾿ ἐυπλοκάμων. Vgl. dazu den burlesken Kommentar von Combellack (1968) 27 Anm. 2: »This might be looked upon as a Homeric ornamental epithet, an adjective, that is, which notes some permanent quality of the noun but which is not always wholly suited to a given particular context. These melancholy thoughts of the widow do not comport very well with the reminder that the widow had pretty legs. Even more incongruous, perhaps, is Quintus’ use of the same adjective in Book Thirteen, 268, where Andromache is longing for death just after her baby son has been killed and she is herself being led away into slavery.« 1199

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stossrichtung der Rede, nämlich die Gegenüberstellung der durch Andromache und Penthesileia repräsentierten gegensätzlichen Frauentypen, explizit noch einmal heraus (vgl. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt).  Zur Gnomik bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (31–32) κεῖναι γὰρ ἀεὶ […] (116) πένθος ἀέξει  Vgl. den Kommentar zu (23) πένθος ἄεξεν.

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Verse 118–137: Athenes Unheilstraum Als Vorbild für den Unheilstraum, den Athene der Amazonenkönigin sendet, ist unschwer der zeusgesandte ο ὖλος ὄνειρος des Agamemnon zu Beginn des 2. Buches der Ilias erkennbar.1200 Quintus gestaltet seine Traumszene jedoch wesentlich kürzer (Il. 2,1–40 [40 Verse] – Q.S. 1,124–137 [14 Verse]); folgende Elemente aus Ilias 2 haben bei ihm gar keine Entsprechung: (1.) die göttliche Willkür; (2.) der genaue Wortlaut des Traumes und dessen Wiederholung; (3.) die Lüge: (1.) Il. 2,1–6: Zeus überlegt sich, »wie er Achilleus ehren und viele der Achaier verderben sollte« (Il. 2,3f. ὡς ᾿Αχιλῆα / τιμήσῃ, ὀλέσῃ δὲ πολέας […] ᾿Αχαιῶν), und kann deswegen nicht schlafen (Il. 2,2 Δ ία δ ᾿ οὐκ ἔχε νήδυμος ὕπνος).1201 Seine Idee mit dem Unheilstraum hat somit etwas Zufälliges, sie scheint nicht Teil eines durchdachten göttlichen Plans zu sein. Durch den Verzicht auf diesen Aspekt eliminiert Quintus diesen Zug des Willkürlichen, des Planlosen. Dies steht in Einklang mit der von Wenglinsky vertretenen These, Quintus ›korrigiere‹ das Verhalten der Olympischen Götter mit Blick auf die philosophisch-platonische Kritik an der homerischen Darstellung der Götter:1202 Indem er den Unheilstraum nur Παλλάδος ἐννεσίῃσι (1,125) ausschwärmen lässt, ohne dass Athene vorher lange schlaflos hin und her überlegt, was sie tun soll, nimmt er dem Geschehen den Zug des ›Menschlich-Allzumenschlichen‹, welcher Zeus’ Entscheidung in Ilias 2 anhaftet und woran sich die philosophische Dichtungskritik generell besonders gestört hat.1203 (2.) Il. 2,8–15 und 2,23–34: Zeus’ Auftrag an den ῎Ονειρος und dessen Worte an Agamemnon erscheinen in direkter Rede, wobei der ῎Ονειρος Zeus’ Auftrag fast wörtlich wiederholt (Il. 2,11–15 ~ 2,28–32). Quintus jedoch verzichtet auf die direkte Rede wie auch auf jedwede Wiederholung; er referiert nur die Kernaussage des Traumes in gedrängter Form (Q.S. 1,130f. καί μιν ἐποτρύνεσκε ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος / θαρσαλέως μάρ1200

Vgl. Sodano (1951) 62f.; Vian (1963) 17 Anm. 2; Guez (1999) 82–85; James (2004) 270. Allerdings wird auf den Eingang der iliadischen Szenerie mit dem Adjektiv ν ήδυμος in Q.S. 1,124 angespielt; vgl. den Kommentar ad loc. 1202 Wenglinsky (1999); vgl. den Kommentar zu (129) ἐφίστατο πατρὶ ἐοικώς mit Anm. 1301. 1203 Vgl. etwa das vielzitierte Xenophanes-Fragment B11 DK: πάντα θεοῖσ’ ἀνέθηκαν ῞Ομηρός θ᾿ ῾Ησίοδός τε, / ὅσσα παρ᾿ ἀνθρώποισιν ὀνείδεα καὶ ψόγος ἐστίν, / κλέπτειν μοιχεύειν τε καὶ ἀλλήλους ἀπατεύειν. (Übersetzung DK): »Alles haben den Göttern Homer und Hesiod angehängt, was nur bei Menschen Schimpf und Tadel ist: Stehlen und Ehebrechen und einander Betrügen.« 1201

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νασθαι ἐναντίον). Es ist ein Spezifikum der Posthomerica, dass diese im Gegensatz zu Ilias und Odyssee keine Wiederholungen längerer zusammenhängender Passagen und auch vergleichsweise wenig Iteratverse aufweisen.1204 In der Ilias finden wir in den Worten des ῎Ονειρος die erste Wiederholung dieser Art; indem jedoch Quintus zu Beginn seines Epos ebendiese Szene zwar als Vorbild nimmt, doch jene besagte Eigenschaft der homerischen Epik nicht würdigt, d.h. nicht imitiert, bekommt sein Verzicht den Charakter einer poetologisch zu verstehenden recusatio. (3.) Mit dem Verzicht auf den genauen Wortlaut des Traumes geht ein weiterer signifikanter Unterschied zu Ilias 2 einher: Während Zeus’ ῎Ονειρος den Auftrag hat, Agamemnon zu einer bestimmten Handlung, d.h. zum Wiedereintritt in den Krieg, zu bewegen, ja ihm einen Befehl zu erteilen, so besteht die Funktion von Athenes ῎Ονειρος lediglich darin, Penthesileia in ihrer Kriegsgeilheit noch zu bestärken, sie noch mehr anzustacheln (1,130 ἐποτρύνεσκε). Für die narrative Entwicklung als solche leistet der posthomerische ο ὖλος ὄνειρος im Gegensatz zu dem iliadischen keinen Beitrag.1205 Überflüssig ist er deswegen allerdings nicht, wenn wir in Erwägung ziehen, dass Quintus mittels dieses Unterschieds eine weitere ›moralische Korrektur‹ gegenüber seinem Vorbild gelingt: Der zeusgesandte Traum gaukelt nämlich Agamemnon vor, die Götter hätten sich auf Heras Drängen alle gegen Troja gewandt und er könne nun die Stadt problemlos einnehmen1206 – der Göttervater persönlich greift also, um sein Ziel zu erreichen, hemmungslos zu einer handfesten Lüge. Athene jedoch belügt Penthesileia in ihrem Traum nicht, sie stachelt sie nur an, sie motiviert sie.1207 In beiden Fällen nehmen hochrangige Gottheiten Einfluss auf menschliches Handeln, Quintus jedoch ›korrigiert‹ sein homerisches Vorbild in moralischer Hinsicht, indem er sich des Mittels der Lüge begibt. Dies tut er auf einfache, jedoch effektive Art durch den Verzicht auf jegliche direkte Rede bzw. auf eine genauere Inhaltsangabe bezüglich des Traumes. Ist also Quintus’ Verzicht auf direkte Rede und auf deren wörtliche Wiederholung eine recusatio poetologischer Natur, so können wir hier von einer recusatio moralischer Art sprechen. 1204

Vgl. dazu Kap. 1.3.3.2. Vgl. Guez (1999) 83: »D’abord, à l’inverse du songe d’Agamemnon, celui de Penthésilée ne sert à rien. Chez Homère, la ruse de Zeus amène les Grecs à reprendre le combat; chez Quintus, en revanche, le Songe ne fait nullement avancer l’action, puisque de toute façon Penthésilée n’avait pas d’autre but en venant à Troie que d’entrer dans la mêlée et d’affronter Achille.« 1206 Il. 2,12–15 ~ 2,29–32. 1207 In diesem Sinne auch Guez (1999) 83: »Dans l’Iliade, Zeus faisait dire à Agamemnon que les dieux avaient réglé leurs différends, et que le moment était venu pour les Achéens de prendre Troie. Il s’agissait par conséquent d’un mensonge pur et simple. Dans les Posthomériques, en revanche, Athéna ne promet pas à Penthésilée qu’elle triomphera d’Achille, elle se contente de l’encourager à affronter le héros face-à-face.« 1205

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Diese poetologisch bzw. moralisch-philosophisch motivierten Unterschiede bzw. Kürzungen stehen letztlich in einer Wechselwirkung mit der narrativen ›Funktionslosigkeit‹ der ganzen Traumszene: Indem Quintus diese Abstriche gegenüber dem iliadischen Vorbild vornimmt, gelingt es ihm einerseits, ex silentio seine ›Korrekturen‹ vor- bzw. seinen eigenen Standpunkt als Dichter einzunehmen, andererseits und gleichzeitig jedoch tritt die Tatsache, dass der Traum für den eigentlichen Handlungsgang kaum vonnöten ist, aufgrund der durch ebendiese Verknappung entstehenden Kürze der Szene in den Hintergrund, d.h. die narrative ›Funktionslosigkeit‹ der Szene fällt dank ihrer Kürze gar nicht wirklich auf. Eine simple 1:1-Adaption des iliadischen οὖλος ὄνειρος wäre plump und trivial gewesen, Quintus’ Umgang mit seinem Vorbild ist jedoch elegant und raffiniert. Ferner ist zu fragen, weshalb Quintus ausgerechnet Athene als Überbringerin des Unheilstraums wählt. Mehrere Gründe sind zu nennen: (1.) Athene ist in der Tradition des Troischen Krieges nebst Hera die erbittertste Feindin der Troer, ihr erklärtes Ziel ist die Zerstörung Trojas.1208 Diese Rolle wird ihr in den Posthomerica mehrfach zugeschrieben: Sie haucht den Griechen bzw. einzelnen Helden Mut und Kampfeskraft ein;1209 sie verhindert eine direkte Konfrontation zwischen Neoptolemos und Ares;1210 sie zieht bei der Einholung des Philoktet die Fäden im Hintergrund1211 ebenso und v.a. wie bei der Erbauung des hölzernen Pferdes;1212 sie blendet Laokoon und tötet dessen beide Söhne, so dass die Troer schliesslich gewillt sind, das Ross in die Stadt zu holen.1213 Somit liegt es auch und

1208 Vgl. z.B. Q.S. 12,438f.: Hera und Athene freuen sich, als die Troer mit dem hölzernen Ross ihr eigenes Verderben in die Stadt holen (ὑψόθι δ᾿ ῞Ηρη / τέρπετ᾿, ᾿Αθηναίη δ᾿ ἐπεγήθεεν); desgleichen bei deren Zerstörung (Q.S. 13,415–419): θεοὶ δ᾿ ἐρικυδέα Τροίην / κυανέοις νεφέεσσι καλυψάμενοι γοάασκον, / νόσφιν ἐυπλοκάμου Τριτωνίδος ἠδὲ καὶ ῞Ηρης / αἳ μέγα κυδιάασκον ἀνὰ φρ ένας, ε ὖτ᾿ ἐσίδοντο / περθ όμενον κλυτ ὸν ἄστυ θεηγεν έος Πρι άμοιο. »Die Götter hüllten sich in schwarze Wolken und klagten um das ruhmreiche Troja, ausser der flechtenschönen Tritonis und Hera, die innerlich gar sehr triumphierten, als sie sahen, wie die berühmte Stadt des gottentsprossenen Priamos zerstört wurde.« 1209 Q.S. 1,289f.; 1,512–514; 7,142–144. 1210 Q.S. 8,340–358. 1211 Q.S. 9,403–405 (Athene verhindert, dass Philoktet Odysseus und Diomedes erschiesst); 9,436f. (Athene schickt guten Wind, damit Odysseus und Diomedes mit Philoktet von Lemnos nach Troja absegeln können); 9,483–485 (Athene stellt Philoktets ursprüngliche heldenhafte Erscheinung wieder her). 1212 Q.S. 12,104–116 (Athene erscheint Epeios im Traum und befiehlt ihm die Erbauung des hölzernen Pferdes); 12,147f. (das Pferd wird dank Athenes Hilfe in nur drei Tagen fertig). 1213 Q.S. 12,395–422; 12,444–499. – Athenes Haltung gegenüber den Griechen ändert sich erst, als der Kleine Aias Kassandra in ihrem Tempel vergewaltigt; vgl. die aufschlussreiche Formulierung (Q.S. 13,420–422, im Anschluss an die Bemerkung, wie sehr sich Athene und Hera über Trojas Ende freuen [vgl. Anm. 1208]): ἀλλ᾿ οὐ μὰν ο ὐδ᾿ αὐτὴ ἐύφρων Τριτογ ένεια / πάμπαν ἄδακρυς ἔην, ἐπεὶ ἦ νύ οἱ ἔνδοθι νηοῦ / Κασσάνδρην ᾔσχυνεν ᾿Οιλέος ὄβριμος υἱός.

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ganz besonders in Athenes Interesse, eine so motivierte Helferin der Troer wie Penthesileia auszuschalten. (2.) Das ›Frauenthema‹: In Ilias 2 ist es Zeus (ein Gott), der Agamemnon (einem Mann) den οὖλος ὄνειρος sendet; hier schickt Athene (eine [kriegerische] Göttin) der Amazonenkönigin (einer [kriegerischen] Frau) das Traumgesicht. Somit mag es auf den ersten Blick erstaunen, dass Quintus für das Traumgesicht nicht auch eine weibliche Figur gewählt hat.1214 Der Grund ist darin zu sehen, dass Ares als Penthesileias Vater die grösste Autorität über diese und somit auch die höchste Motivationskraft besitzt.1215 Zugleich tritt die Szene jedoch auch in Kontrast mit der vorausgegangenen Ethopoiie der Andromache (Q.S. 1,98–117): Hat dort die Gattin Hektors als Vertreterin typisch weiblicher Tugenden die Amazonenkönigin von ihrem megalomanen Vorhaben vergeblich abzuhalten versucht, so bestärkt nun der ›virtuelle‹ Ares diese umso mehr in ihren Plänen, und zwar mit Erfolg.1216 (3.) Zugleich werden mittels der Analogien Zeus ~ Athene bzw. Athene ~ Penthesileia die Szenen in Ilias 2 und Posthomerica 1 stark parallelisiert: Athene ist Zeus’ Tochter; sie besitzt somit zwar nicht dessen uneingeschränkte, jedoch innerhalb der Götterhierarchie eine sehr grosse (d.h. nebst Hera wohl die grösste) Autorität,1217 ist also bestens geeignet, den posthomerischen οὖλος ὄνειρος mit dem iliadischen punkto Wichtigkeit auf eine Stufe zu stellen. Eine weitere Analogie besteht darin, dass Athene ähnlich ›unweiblich‹ wie die Amazonenkönigin ist, da sie nicht nur die Kriegsgöt»Doch nicht einmal die kluggesonnene Tritogeneia blieb ganz ohne Tränen, da der ungestüme Sohn des Oileus Kassandra schändete in ihrem Tempel.« 1214 In Ilias 2 kommt der Traum in der Gestalt Nestors, »den Agamemnon am meisten ehrte von den alten Männern« (Il. 2,21 τόν ῥα μάλιστα γερόντων τῖ᾿ ᾿Αγαμέμνων). 1215 Vgl. dazu Guez (1999) 83: »[L]e choix de la forme prise par le songe y est dicté par les rapports d’autorité : celui qui apparaît est toujours un personnage dont la parole est susceptible d’avoir du poids auprès du rêveur, qu’il s’agisse de Nestor pour Agamemnon, de son amie la fille de Dymas pour Nausicaa (ζ, 20 sq.), ou d’Iphtimé pour Pénélope (δ, 795 sq.). Cette règle est ici respectée, puisque Oneiros se présente à Penthésilée sous les traits de son père.« 1216 Die Unwirklichkeit von Ares’ Erscheinung in Penthesileias Traum steht in struktureller Analogie zur ›Virtualität‹ von Andromaches Rede (vgl. den Kommentar zu (98–117), Einleitung). 1217 Athenes Autorität gar gegenüber ihrem Vater kommt in Posthomerica 14 überdeutlich zum Ausdruck: Es gelingt ihr, wie weiland Thetis, Zeus gegen die Griechen aufzubringen; er erlaubt ihr, diese Schiffbruch erleiden zu lassen, und gibt ihr zu diesem Zweck sogar sein Blitzwerkzeug (vgl. Q.S. 14,443–451). Von grösster interpretatorischer Tragweite ist Athenes Bittrede an ihren Vater (14,427–442): Sie geht dabei so weit, ihm damit zu drohen, sich von ihm loszusagen; vgl. 14,433–436: ἔγωγε μὲν οὔτ᾿ ἐν ᾿Ολύμπῳ / ἔσσομαι οὔτ᾿ ἔτι σεῖο κεκλήσομαι, εἰ μὴ ᾿Αχαιῶν / τίσομ᾿ ἀτασθαλίην, ἐπεὶ ἦ νύ μοι ἔνδοθι νηοῦ / υἱὸς ᾿Οιλῆος μέγ᾿ ἐνήλιτεν. »Ich für meinen Teil will nicht mehr auf dem Olymp bleiben und nicht mehr die deine heissen, wenn ich nicht den Frevel der Achaier rächen darf, da sich der Sohn des Oileus massiv an mir vergangen hat in meinem Tempel.« So deutlich hat sich nie zuvor eine Gottheit gegen den Göttervater gestellt, und dies ungestraft und ungetadelt. Zur Deutung dieser Szene vgl. Carvounis (2007) 242–247.

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tin, sondern auch ungeschlechtlich geboren ist und traditionellerweise keine Männergeschichten hat. Athene lenkt zwar mit dem Traum Penthesileias Handeln nicht in eine andere Richtung, sondern sie bestärkt diese nur in ihrem bereits gefassten Vorhaben, doch wird mittels der genannten Analogien eine starke Parallelisierung zwischen dem posthomerischen und dem iliadischen Unheilstraum aufgebaut, wodurch Penthesileias Eingreifen in den Krieg auf eine Stufe gestellt wird mit Agamemnons Wiedereintritt in den Kampf. (118–119) ἠέλιος δὲ θοῇσιν […] ἄνυτο δ᾿ ἠώς1218 Die homerischen Epen kennen eine Vielzahl von Ausdrücken für Sonnenauf- und -untergang, deren Länge i.d.R. zwischen einem halben und zwei Hexametern variiert und welche in den meisten Fällen die Schlüsselbegriffe ἠώς und / oder ἠέλιος enthalten;1219 vgl. etwa (exempli gratia) Il. 11,1f. = Od. 5,1f.: ἠὼς δ᾿ ἐκ λεχέων παρ᾿ ἀγαυοῦ Τιθωνοῖο / ὤρνυθ᾿, ἵν᾿ ἀθανάτοισι φόως φέροι ἠδὲ βροτοῖσι(ν). »Und die Morgenröte (Eos) erhob sich aus ihrem Bett bei dem erlauchten Tithonos, um den Sterblichen wie auch den Unsterblichen das Licht zu bringen.«; Od. 2,388 und öfters: δύσετό τ᾿ ἠέλιος σκιόωντό τε π ᾶσαι ἀγυιαί. »Die Sonne versank, und alle Strassen verdunkelten sich.« Die hellenistischen Daktyliker und später auch Quintus orientieren sich an diesen Modellen, sind aber alle stets um Eigenleistungen bemüht.1220 Während bei Quintus der Zweizeiler (wie hier) die Norm darstellt, ist bei Apollonios eine klare Tendenz zu längeren Ausdrücken (mit bis zu fünf bis acht Hexametern) festzustellen.1221 Ein konkretes ›Modell‹ für Q.S. 1,118f. lässt sich nicht feststellen. Zugrunde liegt auf jeden Fall der Kern des zitierten odysseischen Iteratverses δύσετό τ᾿ ἠέλιος κτλ. (> ἠέλιος […] / δύσετ᾿).1222 Vgl. darüber hinaus Il. 18,239–241: ἠέλιον δ᾿ ἀκάμαντα βο ῶπις π ότνια ῞Ηρη / π έμψεν ἐπ᾿ ὠκεανοῖο ῥοὰς ἀέκοντα ν έεσθαι· / ἠέλιος μὲν ἔδυ. »Und den rastlosen Sonnengott schickte die kuhäugige Gebieterin Hera, zu den Strömen des Ozeans heimzukehren, gegen seinen Willen. Und die Sonne versank.«; h. Merc. 68f.: ἠέλιος μὲν ἔδυνε κατ ὰ χθ ονὸς ὠκεανὸν δέ / α ὐτοῖσίν θ ᾿

1218

Die nachstehenden Ausführungen stützen sich auf James (1978). Vgl. James (1978) 153–157 (vollständige Liste) und 157–164 (Analyse); für die homerischen Hymnen vgl. id. 164 (Liste) und 164–166 (Analyse). 1220 Vgl. James (1978) 166–175 (Theokrit, Kallimachos, Apollonios) und 175–182 (Quintus). 1221 Vgl. James (1978) 183: »Quintus, conscientious Homeriser that he was, clearly saw the two-line elaboration as a norm, whereas Apollonius felt free to exceed it more often than not.« Selbstverständlich können und wollen wir James’ Behauptung (ibid.), dass »as a flawed genius […] Apollonius has more to offer us than the accomplished mediocrity of Quintus«, heute nicht mehr zustimmen. 1222 Vgl. dazu auch den Kommentar zu (119) δύσετ᾿. 1219

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ἵπποισι καὶ ἅρμασιν. »Und die Sonne tauchte unter die Erde und hin zum Ozean zusammen mit ihren Pferden und Wagen.« (118) ἑλισσόμενος περὶ δίνῃς Sprachliches Vorbild für die Phrase ist Il. 21,11 ἑλισσόμενοι περ ὶ δίνας;1223 vgl. Il. 21,10f. οἳ δ᾿ ἀλαλητῷ / ἔννεον ἔνθα καὶ ἔνθα ἑλισσόμενοι περ ὶ δίνας. »Sie [= die Troer] aber schwammen in Angstgeschrei hier- und dorthin, herumgewirbelt in den Strudeln [des Flusses].« Der Satz steht im Kontext der iliadischen Passage, als Achilleus in seinem grenzenlosen Zorn die Troer teils zur Stadt zurück-, teils zum und in den Fluss Skamander abdrängt (Il. 21,1–16).1224 Quintus ruft somit erneut einen Kontext auf, der auf Achilleus’ Wüten und Morden verweist. Doch versetzt er nicht nur den Versbestandteil aus einem bestehenden Kontext in einen anderen (Schlacht, Ertrinken im Fluss > Sonnenuntergang), er ändert auch – mit der Änderung des Kontexts korrespondierend – die Diathese des Verbs: Ist in Il. 21,11 ἑλισσόμενοι passiv zu verstehen (»sie werden herumgewirbelt [in den Strudeln]«), so ist ἑλισσόμενος in Q.S. 1,118 medial aufzufassen (»[die Sonne] dreht sich [um ihre eigenen Wirbel]«). Die Änderung des Kontexts und der Grammatik gehen hier Hand in Hand, der ganze Ausdruck wirkt daher vor dem Hintergrund seines iliadischen Subtexts leicht schrill, und umso schillernder und furchteinflössender tritt dieser hervor. (119) δύσετ᾿ Eine Besonderheit der homerischen Sprache im Verbalbereich ist der sog. aoristus mixtus, d.h. ein ›gemischter‹ Aorist mit sigmatischem Tempuszeichen (›schwach‹), aber thematischer Konjugation (›stark‹).1225 Die beiden häufigsten Formen, die diesen Typ vertreten, sind (ἐ)δύσετο »ging unter, tauchte unter« (zur Wurzel *d∑eH- »eintauchen« – 14x Il., 20x Od.) und ἐβήσετο »ging, schritt« (zur Wurzel *gÁem- »gehen, kommen« – 20x Il., 15x Od.).1226 Bereits in den Homertexten dringen jedoch die den regulären schwachen s-Aoristbildungen angeglichenen Formen (ἐ)δύσατο / (ἐ)βήσατο massenweise ein. An manchen Stellen in der Homerüberlieferung sind -εund -α-Formen überliefert, an gewissen nur -ε-Formen, an keiner jedoch findet sich durchgehend in sämtlichen Handschriften bzw. Papyri eine -αForm. Ob wir einzelne (oder alle?) dieser -α-Formen bereits als ›homerisch‹ 1223

Vgl. Vian (1963) 17 Anm. 1. In Il. 21,11 existiert κατ ά als varia lectio zu περ ί, allerdings ist περ ί aufgrund von Il. 1,317 ἑλισσομένη περὶ καπνῷ und 18,372 ἑλισσόμενον περὶ φύσας zu bevorzugen (so auch Leaf II, 387 zu Il. 21,11). Q.S. 1,118 kann als weiterer Beweis gelten – zumindest dafür, dass Quintus in seinem Ilias-Text περί und nicht κατά las. 1225 Vgl. Monro (21891) 43 (§ 41); Schwyzer I, 788; Leumann (1953); Prince Roth (1974). 1226 Weitere Formen bei Monro (21891) 43 (§ 41) und Leumann (1953). Zur Entstehung und ursprünglichen Funktion vgl. v.a. Leumann (1953) und Prince Roth (1974). 1224

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anerkennen wollen oder nicht, ist als Frage der Homerphilologie von Bedeutung, für unsere Zwecke jedoch sekundär.1227 Sicher ist, dass in der Antike Homertexte im Umlauf waren, die Formen sowohl mit -ε- als auch mit -α- nebeneinander aufwiesen. So kannte und gebrauchte Apollonios alle vier Formen, da er zweifelsohne alle vier in seinem/-en Homertext(en) fand: ἐδύσετο 1x (1,63) – ἐδύσατο 1x (4,865) – ἐβήσετο 2x (4,458; 4,1176) – ἐβήσατο 6x (3,869; 3,889; 3,1152; 3,1237; 4,775; 4,1663).1228 Während die Überlieferung der beiden ἐβήσετο uneindeutig ist,1229 kommen sowohl ἐδύσετο als auch ἐδύσατο beide unzweifelhaft in den Argonautica vor. Die Frage nach der ›Richtigkeit‹ der -ε-Formen wurde in der alexandrinischen und auch in der späteren Homerphilologie diskutiert.1230 Indem Apollonios beide Formen parallel verwendet, schreibt er sich implizit in diesen Diskurs ein – fast scheint es, als habe er ἐδύσετο bzw. ἐδύσατο entsprechend programmatisch an den Anfang bzw. ans Ende seines Epos gesetzt.1231 In ähnlicher Weise geht auch Quintus mit den vier Formen um; anzumerken ist dabei, dass die Überlieferung bis auf drei Ausnahmen überall eindeutig ist: • (ἐ)δύσετο: 2x (2,593; 5,335); • (ἐ)δύσατο: 7x (5,354; 6,458; 6,576; 7,445; 8,23; 12,13; 14,651); • (ἐ)βήσετο: 1x (1,686); • (ἐ)βήσατο: 1x (11,450); • Probleme in der Überlieferung: - 1,119: δύσετ᾿ R : δύσατ᾿ Ω - 14,452: ἐλύσατο Ω : ἐδύσατο Cpc et Rhodomann1232 - 12,329: κατεβήσετο PMpcHc : -σατο Mac

1227 Die Tatsache, dass sich nirgendwo durchgehend in allen Handschriften / Papyri eine -αForm an derselben Stelle findet, spricht m.E. dafür, die -α-Formen grundsätzlich als nachhomerisch zu betrachten (vgl. allerdings, mit guten Argumenten, van Thiel [1991] VII). In Zahlen (Basis: textkritischer Apparat der Homerausgaben von van Thiel): ἐδύσε/ατο 10x Il., 8x Od. – nur ἐδύσετο 4x Il., 12x Od. – ἐβήσε/ατο 14x Il., 13x Od. – nur ἐβήσετο 6x Il., 1x Od. 1228 Vgl. Leumann (1953) 206 Anm. 1: »Die traditionellen βήσατο δύσατο gebrauchte auch Apollonios Rhodios, er kann sie nur aus einem damals gültigen Homertext bezogen haben […]« 1229 In A.R. 4,458 und 4,1176 existieren sowohl -ε- als auch -α- in der Überlieferung. 1230 Reflexe davon finden sich in den Ilias-Scholien; vgl. z.B. Schol. vet. Aint Il. 3,262a1 und T Il. 3,262a2 oder Aim Il. 10,513b1. Die Angaben darüber, welche Form Aristarch als richtig anerkannt haben soll, schwanken; vgl. die widersprüchlichen Angaben in Schol. vet. Aint Il. 3,262a1 und T Il. 3,262a2; vgl. dazu van Thiel (1991) VII. 1231 Eine poetologische Deutung drängt sich auf: Apollonios setzt das ältere ἐδύσετο an den Anfang, das jüngere ἐδύσατο ans Ende seines Werkes. Neben der identischen metrischen Stellung (zwischen KTT und BD) ist auch die binäre Opposition (1,63 ἐδύσετο νειόθι γαίης: Erde – 4,865: ἐδύσατο βένθεα πόντου: Wasser) zu beachten. 1232 Hier handelt es sich lediglich um einen frühen Verschreiber, wie er häufig vorkommt (Δ > Λ), die Stelle kann also de facto als weiterer Beleg für ἐδύσατο zählen.

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Grundsätzlich besteht darum m.E. kein Anlass für eine Vereinheitlichung, wie sie frühere Herausgeber vorgenommen haben.1233 Quintus hat, gleich wie Apollonios, sowohl Formen mit -ε- als auch mit -α- in seinem Homertext vorgefunden; sein gemischter Gebrauch widerspiegelt somit ›seinen‹ Homer. Während das quantitativ zu geringe Auftreten von (ἐ)βήσε/ατο in den Posthomerica (gesamthaft 3x) keine Spekulationen über semantische Differenzen in der Verwendung der beiden Formen zulässt, ist dies für (ἐ)δύσε/ατο (gesamthaft 11x) möglich.1234 Eine Sichtung derjenigen Homerstellen, an denen die Überlieferung einhellig eine -ε-Form bietet, zeigt, dass es sich bei den meisten dieser Stellen (konkret: bei 11 von gesamthaft 16) um die Formel δύσετό τ᾿ ἠέλιος (1x Il., 10x Od., 7x davon [stets Od.] in dem Iteratvers δύσετό τ᾿ ἠέλιος σκιόωντο τε πᾶσαι ἀγυιαί) handelt: Hier sind die alten -ε-Formen vor den eindringenden neueren -α-Formen wohl dank der Starre der Formel verschont geblieben. Dies bedeutet jedoch hinwiederum, dass Quintus – welche(n) Homertext(e) auch immer er las – die Formel mit Sicherheit nie als *δύσατό τ᾿ ἠέλιος κτλ. sah. Diesen Unte rschied, den er synchron als ›Regel‹ zur Unterscheidung zwischen -ε- und -α-Formen wahrgenommen haben mag, hat unser Dichter berücksichtigt: hier in 1,118f. ἠέλιος […] / δύσετ᾿ sowie in 2,593 δύσετό δ᾿ ἠελίοιο φάος, ferner in 5,335 δὴ τότ᾿ ἔσω μεγάλοιο Θέτις κατεδύσετο πόντου (ebenfalls ein Eintauchen ins Wasser) gebraucht er -ε-Formen, andernorts jedoch, wo in den meisten Fällen das ›Eintauchen‹ in die Waffenrüstung gemeint ist, -αFormen.1235 (119) ἐς ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον Die Kollokation βαθὺν ῥόον, die erstmals in den Argonautica belegt ist (A.R. 4,627 ἐκ δὲ τόθεν ῾Ροδανοῖο βαθὺν ῥόον εἰσεπέρησαν), ist eine Rückbildung aus dem Adjektiv βαθύρροος. Selbiges ist in und seit der Ilias

1233 Köchly (1850) und Zimmermann (1891) schreiben durchgehend -α-, auch wo -ε- überliefert ist (einzige Ausnahme: Köchly [1850] bewahrt -ε- in 2,593); Vian (1963ff.) schreibt durchgehend -ε-, auch wo -α- überliefert ist (zur Begründung [lectio difficilior] vgl. id. [1959a] 165). Pompella (2002) hält sich durchgehend an die Überlieferung – mit Ausnahme von 12,13 (-εanstelle des überlieferten -α-). Allerdings drängt sich aufgrund der zahlreichen Druckfehler in Pompellas Ausgabe (vgl. Anm. 69) die Vermutung auf, dass ein solcher vorliegen möchte. 1234 Zu voreilig James / Lee (2000) 112: »Q[uintus]’s usage must be regarded as uncertain.« 1235 Eintauchen in die Waffenrüstung: Q.S. 5,354 ἀλλ᾿ ὅ γ᾿ ἑοῖσιν ἐν ἔντεσι δ ύσατο θύω ν; 6,458 περὶ δ᾿ ἔντεα δύσατο πάντα; 7,445 υἱὸς δ᾿ αὖτ᾿ ᾿Αχιλῆος ἐδύσατο τεύχεα πατρός; 8,23 ὣς εἰπὼν ὤμοισι πατρώια δύσατο τεύχη; 14,452 αὐτίκα δ᾿ αἰγίδα θοῦριν ἐδύσατο παμφανόωσαν. – Ausnahmen: 6,576 ἕλκεϊ δ᾿ οὐλομένῳ στυγερὰς ὑπεδύσατ᾿ ἀνίας (vom Tod des Akamas; zur Formulierung vgl. Vian [1966] 89 Anm. 5); 12,13 χηραμὸν ἐς πέτρης κατεδύσατο (von einer Taube, die in einem Felsspalt Zuflucht sucht); 14,651 κατεδύσατο δ᾿ ἔνδοθι γαίης (vom Untergang Trojas; die Formulierung ist von A.R. 1,63 ἐδύσετο νειόθι γαίης inspiriert).

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Epitheton für Flüsse. Homerisch ist es mit einer Ausnahme1236 stets Epitheton für Okeanos;1237 gebräuchlich ist die Versschlussformel βαθυ ρρόου ᾿Ωκεανοῖο (Il. 7,422; 14,311; Od. 11,13; 19,434). In den Posthomerica findet sich hier und an drei weiteren Stellen der »tieffliessende Ozean« (wobei sowohl die Wort- als auch die metrische Stellung gegenüber dem homerischen Vorbild variiert werden),1238 zweimal der »tiefe Fluss des Ozeans«,1239 ferner viermal βαθύρροος bzw. βαθὺς/-ν ῥόος/-ν in Kombination mit einem anderen Flussnamen.1240 Im frühgriechischen Epos finden wir den »tieffliessenden Ozean« im Zusammenhang mit Sonnenauf-, nicht jedoch mit Sonnenuntergängen; vgl. Il. 7,421–423 (~ Od. 19,433–435): ἠέλιος μὲν ἔπειτα νέον προσέβαλλε ν ἀρούρας, / ἐξ ἀκαλαρρείταο βαθυρρόου ᾿Ωκεανοῖο / οὐρανὸν εἰσανιών. »Da gelangte die Sonne erneut zu den Feldern, aus dem sanftströmenden, tieffliessenden Ozean zum Himmel hinaufsteigend.«; h. Merc. 184f. ἠὼς δ᾿ ἠριγένεια φόως θνητοῖσι φέρουσα / ὤρνυτ᾿ ἀπ ᾿ ὠκεανοῖο βαθυρρόου. »Die frühgeborene Morgenröte aber erhob sich aus dem tieffliessenden Ozean, den Sterblichen das Licht zu bringen.« Quintus variiert diesen Zweizeiler, indem er an zwei Stellen die Sonne nicht aus dem »tieffliessenden Ozean« aufsteigen, sondern in den »tiefen Fluss des Ozeans« versinken lässt:1241 hier und in 4,62f.: ἠὼς δ᾿ ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον εἰσαφίκανε, / κυανέην δ᾿ ἄρα γαῖαν ἐπήιεν ἄσπετος ὄρφνη. »Der Tag aber ging hin in den tiefen Strom des Ozeans, und da umfing grenzenlose Dunkelheit die schwarze Erde.«

1236 Il. 21,8 ἐς ποταμ ὸν ε ἰλεῦντο βαθ ύρροον ἀργυροδίνην »sie wurden in den tiefströmenden, silberstrudelnden Fluss abgedrängt«. Die Rede ist von den Troern, die von Achilleus zum und in den Skamander gedrängt werden; dieselbe Passage ist vorbildhaft für die Phrase ἑλισσόμενος περὶ δίνῃς (Q.S. 1,118 < Il. 21,11 ἑλισσόμενοι περὶ δίνας; s.o. den Kommentar dazu). 1237 βαθύρροος im frühgriechischen Epos: Il. 7,422; 14,311; 21,8; Od. 11,13; 19,434; h. Merc. 185; Hes. fr. 150,23. – Aus der späteren Epik ist insbesondere noch Dion. Per. 3 μνήσομαι ᾿Ωκεανοῖο βαθ υρρόου zu erwähnen: hier, im ›Geographie-Epos‹, wird der Ozean als äusserster Ring der Erdscheibe, als Begrenzung der realen Welt zu einem Hauptgegenstand epischen Singens erhoben. – Zu den Adjektiven mit dem Vorderglied βαθυ- bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (55) βαθυκνήμιδα. 1238 Q.S. 1,148 ἥ θ᾿ ὑπὲρ ᾿Ωκεανοῖο βαθυρρόου ἀντέλλῃσιν; 2,116f. ἀπειρεσίης τε ῥέεθρα / Τητύος ᾿Ωκεανοῦ τε βαθυρρόου ἱερὸν οἶδμα; 10,196–198 ἄστρων ἧχι λοετρὰ πέλει καὶ τέρματα γαίης / πηγαί τ᾿ ᾿Ωκεανοῖο βαθυρρόου, ἔνθ᾿ ἀκάμαντι / ᾿Ηελίῳ δύνοντι συνέρχεται ἑσπερίη Νύξ. 1239 Q.S. 4,62f. ἠὼς δ᾿ ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον εἰσαφίκανε, / κυανέην δ᾿ ἄρα γαῖαν ἐπήιεν ἄσπετος ὄρφνη; 5,99f. πάντα δ᾿ ἄρ᾿ ἐστεφάνωτο βαθὺς ῥόος ᾿Ωκεανοῖο, / οὕνεκ᾿ ἔην ἔκτοσθε κατ᾿ ἄντυγος. – Vgl. ausserdem 5,14 ᾿Ωκεανοῦ βαθὺ χεῦμα. 1240 Q.S. 1,284 Μαιάνδρου τε ῥέεθρα βαθυρρόου; 2,587 πὰρ ποταμοῖο ῥέεθρα βαθυρρόου Αἰσήποιο; 6,234f. τῷ δ᾿ ἄρα θεσπεσίοιο βαθὺν ῥόον ᾿Αλφειοῖο / ὄβριμος ῾Ηρακλέης ἐπαγίνεεν; 10,121 πὰρ προχοῇς ποταμοῖο βαθυρρόου Εὐρώταο. 1241 Desgleichen ἠώς unhomerisch für das Tagesende; vgl. den Kommentar zu (119) ἠώς.

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(119) ἄνυτο Die Versschlusswendung ἄνυτο δ᾿ ἠώς findet sich ausschliesslich hier sowie in Q.S. 7,621; vgl. 7,620–622: μέγα δ᾿ ῎Αρεος ἔργον ὀρώρει, / μέσφ᾿ ὅτε δὴ βουλυτὸς ἐπήλυθεν, ἄνυτο δ᾿ ἠώς / ἀμβροσίη. »Gross erhob sich das Werk des Ares, bis die Stunde des Stierausspanns da war, und der herrliche Tag ging zu Ende.« Semantisch vergleichbar (d.h. das Verb ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω im Kontext einer Zeitangabe) ausserdem noch 5,410 ἀνυμένου θέρεος »wenn der Sommer sich erfüllt hat« und 9,1 ἦμος δ᾿ ἤνυτο νυκτὸς ἄπο κνέφας »als aber die Dunkelheit der Nacht entschwand«.1242 Die modernen Herausgeber drucken sowohl hier als auch in 7,621 ἤνυτο statt ἄνυτο; dies wohl deshalb, weil ἄνυτο als dorisierende Form aufgefasst wird und somit keinen Platz in einem homerisierenden Epos zu haben scheint. Meines Erachtens lassen sich jedoch Gründe für die Überlieferung und gegen die Emendation anbringen: (1.) Die mediopassive Aoristform ἤνυτο ist bei Q.S. nur an zwei Stellen wirklich belegt, nämlich in 6,219 κρατερὴ δὲ κατήνυτο θηρὸς ὁμοκλή und in 9,1 ἦμος δ᾿ ἤνυτο νυκτὸς ἄπο κνέφας (s.o.). An vier weiteren Stellen (1,119; 2,470; 5,58a; 7,621) ist ἤνυτο durch Konje ktur restituiert worden. Interessanterweise ist an den beiden Stellen mit der Versschlusswendung ἄνυτο δ᾿ ἠώς (1,119 und 7,621) tatsächlich auch die Verbform ἄνυτο ei nhellig tradiert, während an den beiden anderen Stellen (2,470 und 5,58a) die Überlieferung offensichtlich verderbt ist, so dass sich daselbst eine Emendation zwar aufdrängt, doch nicht mit abschliessender Sicherheit behauptet werden kann, dass die Form ἤνυτο dort wirklich die ursprüngliche Lesart darstelle.1243 Wir haben also, rein überlieferungsgeschichtlich betrachtet, für ἤνυτο und für ἄνυτο je zwei einwandfreie Belege in den Posthomerica.1244 (2.) Wer ἄνυτο zu ἤνυτο emendieren will, also in ἤνυτο die ursprüngl iche und in ἄνυτο eine spätere, verderbte Form sieht, wird sich fragen müssen, wie der Fehler ἤνυτο > ἄνυτο zustande gekommen sein könnte. An nur einer Stelle könnte man es dem Zufall (d.h. einem schlichten Verschreiber) zurechnen, doch an zwei, darüber hinaus formularisch identischen, doch im Werk weit auseinander liegenden Stellen kann diese Erklärung nicht (mehr) genügen. (3.) Homerisch findet sich die Verbform ἤνυτο nur einmal, nämlich in Od. 5,243 θοῶς δέ οἱ ἤνυτο ἔργον, an gleicher metrischer Position, jedoch

1242

Zur Bedeutung vgl. VB s.v. ἀνύω (2): »Moy., s’achever«. Zur Überlieferungslage im Einzelnen (gemäss Vian [1963ff.], Apparat ad loc.): 1,119 ἤνυτο Heyne : ἄνυτο codd. – 2,470 ἤνυτο Vian : κ ίνυτο codd. – 5,58a ἤνυτο Zimmermann : αἰνυτο P, καίνυτο Nr – 7,621 ἤνυτο Tychsen : ἄνυτο H, οὔνυτο P. 1244 Genau an dieser Diversität nahmen die früheren Editoren Anstoss; vgl. Köchly (1850) 20. 1243

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

mit einem anderen Subjekt bzw. in einem anderen Kontext.1245 Die Verbform ἄνυτο existiert in der homerischen Sprache natürlich nicht, da es eine dorische (bzw. dorisierende Form) (mit langem ᾱ -) ist, sie ist jedoch an einer Stelle bei Theokrit belegt, Theokr. 2,92 ὁ δὲ χρόνος ἄνυτο φεύγων, ebenfalls nach der Bukolischen Diärese sowie in einem vergleichbaren Kontext wie Quintus’ ἄνυτο δ᾿ ἠώς (> Zeitangabe). Rein sprachlich kön nten also beide Stellen – Od. 5,243 oder Theokr. 2,92 – für Q.S. 1,119 und 7,621 Modell gestanden haben, semantisch bzw. kontextuell drängt sich jedoch, wenn überhaupt, der Theokrit-Beleg als Bezugstext auf. Gegen ἄνυτο in den Posthomerica scheint jedoch nach wie vor der dorisierende Charakter der Form zu sprechen; dagegen lässt sich allerdings Folgendes einwenden: (4.) Das Verb ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω geht innergriechisch auf eine Wurzel *ăn∑- zurück.1246 Nebst alten Athematica wie der genannten homerischen Imperfektform ἤνυτο entstehen früh auch schon thematische Bildungen, wobei sich parallel zwei Paradigmata entwickeln: eines, bei dem das -∑silbisch wird (*ăn∑-ō > ănu-ō: ἀνύω); ein anderes, bei dem das -∑- schwindet, was zu Ersatzdehnung des vorausgehenden ă- führt (*ăn∑-ō > ån-ō: ἄνω). Infolgedessen ergibt sich, dass Formen des Paradigmas ἀνύω mit kurzem ᾰ -, Formen des Paradigmas ἄνω jedoch mit langem ᾱ - anlauten. Konkret präsentiert sich der im frühgriechischen Epos überlieferte Formenbestand, gruppiert nach Qualität und Quantität der Anlaute, wie folgt:1247 • Augmentierte Formen mit anlautendem ἠ-: ἤνυτο (1x), ἦνον (1x), ἤνετο (1x), ἤνυσε (7x), ἤνυσαν (2x), ἠνύσθη (1x); • Nicht-augmentierte Formen mit anlautendem kurzem ᾰ -: ἄνοιτο (1x), ἀνύω (3x), ἀνύσσῃς (1x), ἀνύσειε (2x), ἀνύσσας (3x), ἀνύσσεσθαι (1x); • Nicht-augmentierte Formen mit anlautendem langem ᾱ-: ἄνεται (3x). Die Verteilung der mit α - anlautenden Formen ist (bis auf ἄνοιτο) ›ko rrekt‹, d.h. die Verteilung der Längen und Kürzen ist so, wie wir sie diachron erwarten. Das kurze ᾰ - des Optativ Präsens ἄνοιτο (in Il. 18,473 ὅππως ῞Ηφαιστός τ᾿ ἐθέλοι καὶ ἔργον ἄνοιτο) lässt jedoch erahnen, dass bereits zur Zeit der schriftlichen Fixierung der Ilias diese Quantitätenverteilung synchron nicht mehr ganz durchsichtig bzw. zumindest in einem solchen Masse durchlässig war, dass eine metrisch erforderliche ad-hoc1245 Kontext: Kalypso hat Odysseus gezeigt, wo auf ihrer Insel die grossen Bäume wachsen, die er braucht, um sich sein Floss zu zimmern; »er jedoch fällte die Baumstämme, und schnell war ihm die Arbeit vollendet« (Od. 5,243 αὐτὰρ ὁ τάμνετο δοῦρα· θοῶς δέ οἱ ἤνυτο ἔργον). 1246 Vgl. Solmsen (1901) 92; Schwyzer I, 696; Frisk I s.v. ἄνυμι; Risch (21974) 271; LfgrE s.v. ἄνυμαι, ἄνω, ἀνύω. Anders LIV s.v. *sen“- »erlangen, erwischen«: dort wird ἄνυμι als Umbildung in Analogie zu anderen -νυμι-Verben erklärt (ἄνυμι < *hanāmi < *s§-né-“- [Anm. 5] ibid.). 1247 Zusammenstellung gemäss LfgrE s.v. ἄνυμαι, ἄνω, ἀνύω.

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Vokalkürzung möglich schien.1248 Diese These wird dadurch gestützt, dass an anderer Stelle für die Form ἄνεται die varia lectio ἄνυται existiert (in Il. 10,251 ἀλλ᾿ ἴ ομεν· μάλα γὰρ νύξ ἄν ε/υται, ἐγγύθι δ᾿ ἠώς), die ja e igentlich kein langes ᾱ- haben dürfte. Mit Blick auf Quintus sei darum folgende These postuliert: Quintus hat die Quantitätenverteilung der Anfangsvokale beim Verb ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω synchron als willkürlich wahrgenommen; homerische Formen wie ᾰνοιτο und ᾱνυται machten es ihm unmöglich, eine Regelmässigkeit hinter der Verteilung zu sehen. Infolgedessen scheint es plausibel anzunehmen, dass er die Form ἄνυτο (»ᾱνῠτο«), die er evtl. in Theokr. 2,92 fand, nicht als Dorismus für ein ionisches ἤνυτο, sondern vielmehr als unaugmentiertes homerisches Imperfekt empfand – als Form innerhalb eines Paradigmas, dessen Charakteristik es offenbar, aus synchroner Perspektive, war, dass der Anfangsvokal nach Belieben und unabhängig von Tempus oder Modus bald lang, bald kurz sein konnte. Zwei Beobachtungen können diese These weiter stützen: (a) Il. 10,251 μάλα γὰρ νύξ ἄν ε/υται, ἐγγύθι δ᾿ ἠώς ist der einzige h omerische Beleg für das Verb ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω im Kontext einer Zeitangabe. Die Stelle drängt sich somit für einen direkten Vergleich mit Q.S. 1,119 und 7,621 wegen des gleichen Verbs in einem ähnlichen Kontext sowie wegen der identischen Versendstellung von ἠώς geradezu auf. Wir können darüber hinaus annehmen, dass Quintus in seinem Homertext die Form ἄνυται gelesen hat.1249 (b) Bei Q.S. finden sich – unter Ausschluss der beiden unklaren (1,119 und 7,621) und der beiden emendierten (2,470 und 5,58a) Stellen – 17 Formen des Verbs ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω; davon sind 14 augmentierte Formen, es bleiben also drei Formen, die auf ἀ - anlauten: 5,410 ἀνυμένου; 12,20 ἀνύσσῃ; 14,19 ἐξανύσας. Für alle drei Formen e rwarten wir ein kurzes anlautendes ᾰ -, doch in der Tat ist der Anlaut in 5,410 ἀνυμένου lang (χεύῃ, ὅτ᾿ ἀνυμένου θέρεος μετ ὰ χεῖμα τράπηται). Dass Quintus Formen des Verbs ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω in einem vergleichbaren Kontext (Zeitangabe) in drei von vier Fällen (1,119; 5,410; 7,621; anders nur 9,1 [ἤνυτο]) mit langem anlautendem ᾱ - bildet, kann schwerlich auf Zufall beruhen – vielmehr hat er in Analogie zu Formen wie dem Ind. Präs. ἄνυται in Il. 10,251 oder dem Ind. Impf. ἄνυτο in Theokr. 2,92 offensichtlich die ›Regel‹ abgeleitet, dass Formen des Verbs ἄνυμαι / ἄνω / ἀνύω, wenn sie im 1248 Für ἄνοιτο existiert an dieser Stelle die varia lectio ἄνυτο / ἀνῦτο (»ᾰνῡτο«). Schulze hat diese Form als Optativ (< *ἄνυιτο) erklärt und als richtige Lesart anerkannt (vgl. Schwyzer I, 696 Anm. 10; Risch [21974] 271 Anm. 40; ihm folgend Leaf II, 302 ad loc.); allerdings spricht die schwache Evidenz der Überlieferung (nur in einer Handschrift des 11. Jhs.) eher dagegen (vgl. Solmsen [1901] 92; Edwards [1991] 210 ad loc.). 1249 Auf die Schlussklausel von Il. 10,251 wird in der griechischen Dichtung oft angespielt; vgl. [Eur.] Rhes. 535; Arat 290; Mosch. Eur. 2.

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Kontext einer Zeitangabe stehen, mit langem ᾱ- (oder mit ἠ-, wie Q.S. 9,1 zeigt, jedenfalls aber nicht mit kurzem ᾰ-) anzulauten haben. (119) ἠώς ἠώς bedeutet hier evidentermassen nicht »Morgenröte«, sondern »Tag«. Diese Bedeutungsentwicklung bzw. -erweiterung (»Morgenröte« > »Tageslicht« > »Tag«) findet sich bereits homerisch, so etwa in Il. 8,66, wo offensichtlich ἠώς den Morgen bezeichnet; vgl. Il. 8,66–68 ὄφρα μὲν ἠὼς ἦν καὶ ἀέξετο ἱερὸν ἦμαρ, / τόφρα μάλ᾿ ἀμφοτέρων βέλε᾿ ἥπτετο, πῖπτε δὲ λαός· / ἦμος δ᾿ ἠέλιος μέσον οὐρανὸν ἀμφιβεβήκει »solange es Morgen war und der herrliche Tag heraufzog, solange trafen die Geschosse von beiden Seiten; als aber die Sonne die Mitte des Himmels umschritt […]«; vgl. auch Il. 21,80f. (Lykaon spricht): ἠὼς δέ μοί ἐστιν / ἥδε δυωδεκάτη, ὅτ᾿ ἐς ῎Ιλιον εἰλήλουθα. »Die s ist für mich [erst] die zwölfte Morgenröte, seit ich nach Ilion kam.« – prosaisch: »Ich bin erst seit zwölf Tagen hier in Ilion.«1250 Wie allerdings James bemerkt, geht Quintus insofern über den homerischen Sprachgebrauch hinaus, als er ἠώς auch explizit, wie hier, für das Tagesende verwendet;1251 vgl. Q.S. 1,826f. ἦμος δ᾿ αἰγλήεσσα κατ᾿ ᾿Ωκεανοῖο βεβήκει / ἠώς, ἀμφὶ δὲ γαῖαν ἐκίδνατο θεσπεσίη νύξ »als aber der strahlende Tag in den Ozean eintauchte und sich über die Erde die gottgesandte Nacht ausbreitete«; 4,62f.: ἠὼς δ᾿ ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον εἰσαφίκανε, / κυανέην δ᾿ ἄρα γαῖαν ἐπήιεν ἄσπετος ὄρφνη. »Der Tag aber ging hin in den tiefen Strom des Ozeans, und da umfing grenzenlose Dunkelheit die schwarze Erde.«; 7,620–622: μέγα δ᾿ ῎Αρεος ἔργον ὀρώρει, / μέσφ᾿ ὅτε δὴ βουλυτὸς ἐπήλυθεν, ἄνυτο δ᾿ ἠώς / ἀμβροσίη. »Gross erhob sich das Werk des Ares, bis die Stunde des Stierausspanns da war, und der herrliche Tag ging zu Ende.« Vgl. auch Musai. 109–111: ὄφρα μὲν οὖν Λείανδρος ἐδίζετο λάθριον ὥρην, / φέγγος ἀναστείλασα κ ατήιεν εἰς δύσιν ᾿Ηώς, / ἐκ περάτης δ᾿ ἀνέτελλε βαθύσκιος ῞Ε σπερος ἀστήρ. »Während Leander nun die heimliche Stunde erwartete, wandte sich, den Glanz einhüllend, Eos zur Neige und am Horizont stieg auf der tiefschattige Abendstern.«1252

1250 Lykaon bittet Achilleus, sein Leben zu schonen; er argumentiert hier damit, dass er ja erst seit zwölf Tagen in Troja sei und darum gar keinen nennenswerten Beitrag zum Krieg geleistet, d.h. nicht viele Griechen getötet habe. 1251 Vgl. James (1978) 180: »This extension of the word is Homeric, but it is not so used of day at its conclusion in the Homeric expression of sunset.« – Desgleichen erwähnt Quintus in unhomerischer Weise den »tieffliessenden Ozean« in Zusammenhang mit dem Sonnenuntergang; vgl. den Kommentar zu (119) ἐς ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον. 1252 Übersetzung: Kost (1971).

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(120) καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς Der Vers ist in der verderbten Form καὶ τοίη δ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ καὶ δαιτὸς ἐρατεινῆς überli efert.1253 Die Korrektur von καὶ δαιτός zu δαιτός τ᾿ ist bereits in der Aldina von 1505 ( editio princeps) geleistet. Köchly hat sodann verschiedene Emendationsversuche vorgeschlagen: erst τοὶ δ᾿ ἤδη παύσαντο ποτοῦ καὶ δαιτὸς ἐραννῆς, 1254 später οἳ δ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο ποτοῦ δαιτός τ᾿ ἐρατεινῆς. 1255 Die heute als gültig angesehene Emendation καί ῥ᾿ ὅτε hat er nur kurz erwogen, jedoch gleich darauf wieder verworfen,1256 doch ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die richtige, da sich gewichtige inter- und intratextuelle Parallelen anführen lassen: Die Partikelkombination καί ῥ᾿ ὅτε δή findet sich erstmals bei A.R. (3x) und ist bei Q.S. dreimal unzweideutig belegt,1257 ausserdem steht sie zweimal davon, wie hier, in Korrespondenz mit nachfolgendem δὴ τότε. 1258 Die Emendation lässt sich also textintern stützen und als sprachliche Idiosynkrasie des Quintus erklären. Typologisches Vorbild für den ganzen Vers ist der homerische Iteratvers αὐτὰρ ἐπεὶ πόσιος καὶ ἐδητύος ἐξ ἔρον ἕντο »doch nachdem sie das Ve rlangen nach Trank und Speise vertrieben hatten« (7x Il.; 14x Od.; h. Apoll. 513). Damit wird das Ende eines Gastmahls markiert.1259 Quintus hat diesen Vers, wie üblich bei ganzen Homerversen, nicht wortgetreu übernommen.1260 Alternativen zum Ausdruck desselben Inhalts bei Q.S. sind: 6,96 καί ῥ᾿ ὅτε δὴ παύσαντο κορεσσάμενοι μέγ᾿ ἐδωδῆς; 6,185 αὐτὰρ ἐπεὶ δόρπησαν;

1253 Vgl. Köchly (1838) 169 und (1850) 20. Zu den Details der Überlieferung vgl. den Apparat bei Vian (1963) ad loc. 1254 Köchly (1838) 169. 1255 Köchly (1850) 20; so später auch noch bei Köchly (1853) und Zimmermann (1891). 1256 Köchly (1850) 20. Sie geht nicht, wie Vian (1963), Apparat ad loc. angibt, auf Köchly (1838) zurück. 1257 A.R. 1,655; 1,782; 4,939; Q.S. 6,7; 6,96; 6,103. – καί ῥ᾿ ὅτε allein schon 1x homerisch, Il. 5,802; ferner Androm. 111 fr. LXII GDRK; Opp. cyn. 3,201; 3,290; Q.S. 7,25; 11,263. 1258 Q.S. 6,7f. καί ῥ᾿ ὅτε δὴ μάλα πάντες ἀνὰ στρατὸν ἠγερέθοντο, / δὴ τότ᾿ ἐνὶ μέσσοισιν ἀγειρομένοισι μετη ύδα; 6,96f. καί ῥ᾿ ὅτε δ ὴ πα ύσαντο κορεσσ άμενοι μ έγ᾿ ἐδωδῆς, / δὴ τόθ᾿ ὁμῶς ᾿Οδυσῆι περ ίφρονι […]; die zweitgenannte Stelle ist 1,120 sprachlich (gleiche Verbform παύσαντο) und inhaltlich so nahe, dass sie sozusagen als Beweis für die Richtigkeit der Emendation καί ῥ᾿ ὅτε in 1,120 gelten kann. 1259 Zu den einzelnen Strukturelementen der Gastmahlszene vgl. den Kommentar zu (85–97) (Einleitung). Zur homerischen und nachhomerischen Typologie (Darstellung der Beendigung eines Gastmahls) vgl. Bettenworth (2004) 84–86; zu Homer ead. 84: »Das Ende der Beköstigung wird in allen homerischen Gastmahlszenen […] durch einen Formelvers nach dem Muster αὐτὰρ ἐπεὶ πόσιος καὶ ἐδητύος ἐξ ἔρον ἕντο markiert, der zu den Aktivitäten nach dem Mahl überleitet.« 1260 Quintus übernimmt nie ganze Homerverse: ein ›alexandrinischer Zug‹; vgl. Kap. 1.3.3.2.

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7,707 = 14,336 ἀλλ᾿ ὅτε δὴ δόρποιο καὶ εἰλαπίνης κορέσαντο;1261 9,489 ἀλλ᾿ ὅτε δὴ κορέσαντο ποτοῦ καὶ ἐδητύος ἐσθλῆς.1262 Die Kollokation von δαίς mit dem Adjektiv ἐρατεινός findet sich vor Q.S. 1,120 zweimal in der Odyssee, sonst nirgends; vgl. Od. 8,61 und 20,117 δαῖτ᾿ ἐρατεινήν (desgle ichen jeweils am Versende). Die zweite Stelle ist auch von inhaltlicher Relevanz, da sie wiederum einen Kontext aufruft, der herannahendes Verderben ankündigt: In Od. 20,112–119 deutet eine Magd, die bis spät in die Nacht Korn für die Freier mahlen muss, ein Donnerzeichen des Zeus korrekt als Vorboten für den baldigen Tod der Freier, und in ihrer Erregung wünscht sie (Od. 20,116f.): μνηστῆρες πύματόν τε καὶ ὕστατον ἤματι τῷδε / ἐν μεγάροις ᾿Οδυσῆος ἑλοίατο δαῖτ᾿ ἐρατεινήν. »Mögen die Freier am heutigen Tage zum letzten und allerletzten Mal die ersehnte Speise in den Hallen des Odysseus einnehmen!« Desgleichen hat auch Penthesileia zum letzten Mal »die ersehnte Speise« ›ἐν μεγάροις Πριάμοιο‹ genossen. Vergleichbare homerische Kollokationen sind ferner Il. 19,347 νέκταρ τε καὶ ἀμβροσίην ἐρατεινήν; 1263 Il. 9,228 δαιτὸς ἐπηράτου; Il. 11,89 σίτου τε γλυκεροῖο περὶ φρένας ἵμερος αἱρεῖ.1264 (121) δὴ τότε που Diese Partikelkombination 4x bei Q.S. (). Sie dient jeweils zur emphatischen Einleitung des Hauptsatzes nach einem Temporalsatz; vgl. 1,120 καί ῥ᾿ ὅτε δ ὴ […] / δὴ τότε που […]; 4,199f. und 14,143f. ἀλλ᾿ ὅτε […] / δὴ τότε που […]; 8,1–3 ἦμος […] / […] / δὴ τότε που […] (121) στόρεσαν […] λέκτρα Zugrunde liegt die homerische Formel »στόρεσ- |— πυκινὸν λέχος«; vgl. Il. 9,621 ~ 9,659 Φοίνικι στορέσαι πυκινὸν λέχος ; Od. 7,340 = 23,291 αὐτὰρ ἐπεὶ στόρεσαν πυκινὸν λέχος ἐγκονέουσαι; Od. 23,177 ἀλλ᾿ ἄγε οἱ στόρεσον πυκινὸν λέχος, Εὐρύκλεια. 1265 Vgl. ferner A.R. 4,1141 ἔνθα

1261

Einer der vergleichsweise seltenen Fälle eines Iteratverses in den Posthomerica; vgl. dazu Kap. 1.3.3.2 und 6.2.2. 1262 Die Ausdrücke mit dem Verb κορέννυμι orientieren sich an Stellen wie Il. 11,562 ἐπεί τ᾿ ἐκορέσσατο φορβῆς; Il. 19,167 οἴνοιο κορεσσάμενος καὶ ἐδωδῆς; Od. 8,98 δαιτὸς κεκορήμεθα θυμὸν ἐίσης; Hes. Erga 593 κεκορημένον ἦτορ ἐδωδῆς; vgl. auch A.R. 2,307 ἐπεὶ δόρποιο κορέσσαντ᾿ ἠδὲ ποτῆτος und 2,1177 αὐτὰρ ἐπεὶ ῥέξαντες ἐπαρτέα δαῖτα πάσαντο. 1263 ~ Il. 19,353; vgl. auch Hes. Th. 642; h. Apoll. 124; h. Merc. 248. 1264 ~ h. Apoll. 461. – Man beachte die Assoziation von Essen und Erotik in diesem Vers. 1265 Danebst noch (ohne das Adjektiv πυκιν όν) Il. 9,660 α ἳ δ᾿ ἐπιπειθόμεναι στ όρεσαν λέχος, ὡς ἐκέλευσε (in direkter Erwiderung auf 9,659); Il. 24,648 α ἶψα δ ᾿ ἂρ ἐστόρεσαν δοι ὼ λέχε᾿ ἐγκονέουσαι; Od. 23,171 ἀλλ᾿ ἄγε μοι, μα ῖα, στ όρεσον λ έχος, ὄφρα κα ὶ αὐτός. Vgl. ferner h. Cer. 143; Theokr. 17,133; Nonn. Dion. 20,34 und 43,155; Musai. 279 (dazu Kost [1971] 489 mit weiteren Stellen).

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τότ᾿ ἐστόρεσαν λέκτρον μέγα; Nonn. Dion. 42,395 λέκτρον ἐγὼ στορ έσοιμι; 47,391 στορέσω σέο λέκτρα; Orph. Arg. 1322 λέκτρα τε στορέσαι. (121) θυμήρεα θυμᾱρής bzw. θυμήρης (Hinterglied zur Wurzel *“er- [oder *±ar-] »sich [zusammen-]fügen«, wovon auch das Verb ἀραρίσκειν); 1266 danebst das metrisch äquivalente Synonym θυμηδής (Hinterglied zur Wurzel *s∑ed-, wovon auch das Adjektiv ἠδύς). 1267 Zur quantitativen Verteilung in der hexametrischen Dichtung: • θυμᾱρής ( für die Hexameterdichtung): Il. 9,336 – Od. 17,199 und 23,232 – Hes. fr. 43a,20 – Kall. h. Cer. 55 – Anth. Gr. App. 1,198,6 und 2,605,7. • θυμήρης: Od. 10,362 – h. Cer. 494; h.h. 30,18; h.h. 31,17 – Kall. h. Del. 29 – Mosch. Eur. 29 – Opp. hal. 1,79 und 3,447 – 6x Q.S. – u.a. • θυμηδής ( für die Hexameterdichtung): Od. 16,389 – 9x A.R.1268 – 10x Q.S. Ein Grund für Quintus’ Verzicht auf θυμᾱρής könnte der unionische und somit als unepisch empfundene Charakter des Wortes sein.1269 Ferner existierte in der antiken Homerphilologie ein bei Herodian fassbarer Diskurs über die Frage nach der richtigen Akzentuierung von θυμᾱρής gegenüber θυμήρης:1270 Möglicherweise wollte Quintus sich mit seiner einseitigen Bevorzugung von θυμήρης nicht auf diese Th ematik einlassen – oder er bezog ex silentio dazu Stellung, indem er nur das eine der beiden Adjektive verwendete.1271 1266 Zur Bedeutung vgl. LfgrE s.v. θυμ ᾱρής, θυμ ήρης: »nach dem Herzen, angenehm, eigtl. ‘dem θυμός angepaßt, gefallend’«; zur Herleitung vgl. Leumann (1950) 66; Russo / Fernández / Heubeck (1992) 338 (zu Od. 23,232); vgl. auch schon Herodian Il. Pros. 65,19–23 Lentz II (= Schol. vet. A Il. 9,336c). 1267 Zur Bedeutung vgl. LfgrE s.v. θυμηδής: »das Herz erfreuend, dem Herzen gefallend«; zur Herleitung vgl. Risch (21974) 83. 1268 Allerdings existiert an zwei Stellen bei A.R. (1,705 und 1,714) eine varia lectio mit einer -ρ-Form; vgl. dazu Vian (1967). 1269 Das lange -ᾱ- hätte lautgesetzlich zu -η- gehoben werden müssen, wurde jedoch bewahrt; vgl. dazu Richardson (1974) 323 (zu h. Cer. 494 βίοτον θυμήρε᾿ ὀπάζειν): »θυμαρής seems to be a genuine form in Homer. The survival of the long alpha may be due to a consciousness of the derivation. Later θυμήρης perhaps prevailed because it was regarded as the proper Ionic form .« Vgl. auch das »Echo« (so LfgrE s.v. θυμᾱρής, θυμήρης 1a) in Il. 1,136 ἄρσαντες κατὰ θυμόν »meinem Sinn entsprechend«. 1270 Vgl. Herodian καθ. 71,28f. Lentz I; καθ. 350,14–16 Lentz I; Il. Pros. 41,18–22 Lentz II (= Schol. vet. A Il. 3,316a); Il. Pros. 65,20–22 Lentz II (= Schol. vet. A Il. 9,336c); Od. Pros. 150,7f. Lentz II (zu Od. 10,362). Vgl. auch Hopkinson (1984) 128 (zu Kall. h. Cer. 55). 1271 Eine Herodian-Rezeption durch Quintus ist insofern nicht auszuschliessen, als Herodians Schriften von einem weiten Kreis von Gelehrten, nicht ausschliesslich von Grammatikern, benutzt und rezipiert wurden; vgl. Art. »Herodianos (῾Ηρωδιανός). [1] Ailios H. (Αἴλιος ῾Ηρωδιανός)« in: DNP 5 (1998) 465–467 (Franco Montanari).

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Wie Vian bemerkt,1272 verwendet Quintus θυμηδής stets für Unbelebtes (Sachen, Abstrakta),1273 θυμήρης dagegen auch für Personen. 1274 Mit Ersterem führt er den homerischen Gebrauch fort (Od. 16,389 χρήματ[α] […] θυμηδέ[α]), mit Letzterem jedoch nicht (Od. 10,362 θυμῆρες κεράσασα, sc. [ὕδωρ];1275 h. Cer. 494 [et al.] βίοτον θυμήρε[α]). Einen s emantischen Unterschied zwischen θυμήρης und θυμηδής in den Posthomerica wird man daraus nicht ableiten wollen – es handelt sich um eine rein sprachliche imitatio im ersten bzw. variatio im zweiten Fall. Inhaltlich speist sich Quintus’ θυμήρεα λέκτρα aus Od. 10,360–363: Odysseus wird nach dem Beischlaf mit Kirke von deren Sklavinnen umsorgt; eine von ihnen bereitet ihm ein Bad: αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ ζέσσεν ὕδωρ ἐνὶ ἤνοπι χαλκῷ, / ἔς ῥ᾿ ἀσάμινθον ἕσασα λό᾿ ἐκ τρίποδος μεγάλοιο, / θυμ ῆρες κεράσασα, κατὰ κρατός τε καὶ ὤμων, / ὄφρα μοι ἐκ κάματον θυμο φθόρον εἵλετο γυίων. »Doch als das Wasser in dem funkelnden Kupfergefäss kochte, setzte sie mich in die Wanne und wusch mich aus dem grossen Dreifuss, nachdem sie [das Wasser] zu meinem Gefallen gemischt hatte, über Kopf und Schultern, bis sie mir die zermürbende Ermüdung aus den Gliedern genommen hatte.« Sowohl Bad als auch Schlaf haben eine erquickende, reinigende, ja gewissermassen kathartische Funktion. Doch beide Stellen stehen unter einem schlechten Stern: Odysseus kann sein Bad nicht wirklich geniessen (genausowenig wie das folgende Mahl; vgl. Od. 10,373 ἐμῷ δ᾿ οὐχ ἥνδανε θυμῷ »doch es [= das Mahl] gefiel mir nicht in meinem Mute«),1276 da er in Sorge um seine noch immer in Schweine verwandelten Gefährten ist – Penthesileia aber wird in ihrer letzten Nacht von einem οὖλος ὄνειρος heimgesucht, der sie dem bevorstehenden Tode noch näher bringt. (122) ἐν Πριάμοιο δόμοισι Zur Formulierung vgl. Il. 22,478 Πριάμου κατὰ δῶμα; 24,803 δώμασιν ἐν Πριάμοιο; Q.S. 10,96 δόμου ἐκ Πριάμοιο; 13,160 ἀμφὶ δόμους Πριάμοιο.

1272

Vian (1967) 257 Anm. 1. Q.S. 1,397 ποίης […] θυμηδέος; 4,47 πέρας θυμηδές; 4,108 θυμηδέα τιμήν; 5,544 πάτρης θυμηδέος; 8,389 βρώμης […] θυμηδέος; 13,527 θυμηδὲς ἐέλδωρ; 14,105 ἐν εἰλαπίνῃ θυμηδέι; 14,312 θυμηδέα νόστον; 14,339 ἔπος θυμηδές; 14,340 νόστοιο […] θυμηδέος. 1274 Personen / belebt: Q.S. 4,51 θυμ ήρε᾿ ἄκοιτιν (nach Il. 9,336 bzw. Od. 23,232 ἄλοχον θυμαρέα); 5,376 θυμ ήρεα τ έκνα; 7,702 ἑὸν θυμ ήρεα πα ῖδα. – Sachen / unbelebt: Q.S. 1,121 θυμήρεα λέκτρα; 2,74f. μῆχος / […] θυμῆρες; 5,546 θυμήρεα πάντα. 1275 θυμῆρες in Od. 10,362 wird von LSJ s.v. θυμαρής / θυμήρης als Adverb verstanden, doch scheint mir eine Auffassung als effiziertes Objekt zu κεράσασα (sc. [ὕδωρ]) sinnvoller; vgl. Heubeck / Hoekstra (1989) 63 ad loc.: »so mixing the water that it is θυμῆρες«. 1276 NB: ἥνδανε θυμῷ ist eine phraseologische Umschreibung des Adjektivs θυμηδής. 1273

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(122) θρασύφρονι Πενθεσιλείῃ θρασύφρων wird nur hier für Penthesileia gebraucht, sonst wird es stets auf Männer – vornehmlich auf Achilleus (6x) und Neoptolemos (3x) – bezogen.  Vgl. die Kommentare zu (4) θρασύφρονος Αἰακίδαο und (71) δεινὴν Πενθεσίλειαν. (123) εὕδεσκεν Dieselbe Verbform findet sich nur einmal vor Q.S., und zwar in Il. 22,5031277 () – bezeichnenderweise in Andromaches Totenklage, bezogen auf Astyanax; vgl. Il. 22,502–505: α ὐτὰρ ὅθ᾿ ὕπνος ἕλοι παύ σαιτό τε νηπιαχεύων, / εὕδεσκ᾿ ἐν λέκτροισιν, ἐν ἀγκαλίδεσσι τιθήνης, / εὐνῇ ἐνὶ μαλακῇ, θαλέων ἐμπλησάμε νος κῆρ. / νῦν δ᾿ ἂν πολλὰ πάθῃ σι, φίλου ἀπὸ πατρὸς ἁμαρτών. »Doch wenn [Astyanax] j eweils der Schlaf ergriff und er zu spielen aufhörte, schlief er in seinem Bettchen, in den Armen der Amme, auf dem weichen Lager, das Herz von Glück erfüllt. Nun aber erleidet er vieles, da er den lieben Vater verloren.« Andromache kontrastiert eindrücklich das vergangene, paradiesische Glück mit der unerbittlichen Härte der Gegenwart. Der ›süsse Schlummer‹ wird für Astyanax nicht mehr lange währen, denn bald werden ihn die griechischen Soldaten vom Turm werfen (vgl. Q.S. 13,251–255). Ebenso ist es für Penthesileia die letzte Nacht. (123) ὕπνος  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (123) ὄσσε κάλυψε Die Lesart ὄσσε κάλυψε (H) ist gegenüber ὄσσ᾿ ἐκάλυψε (Y) zu bevorz ugen:1278 ὄσσε κάλυψε findet sich 15x im frühgriech ischen Epos (12x Il.; h. Apoll. 370; Batr. 213a und 231), ebenfalls jeweils am Versschluss, ὄσσ᾿ ἐκάλυψε jedoch nie, auch nicht als mögliche varia lectio.1279 Quintus imitiert den Ausdruck nur hier; andere spätere Epiker verwenden ihn gar nicht. In der Ilias ist die Wendung stets Bestandteil der Versschlussformel (τὸν δὲ) σκότος ὄσσε κάλυψε(ν) »Dunkelheit umhüllte ihm die Augen«. 1280 1277

Der Vers ist wörtlich übernommen bei Eudoc. homeroc. 2,275. So Spitzner (1839) 219 und Köchly (1850) 21. Vgl. die Textausgaben: ὄσσε κ άλυψε: Köchly (1850) und (1853), Zimmermann (1891); ὄσσ᾿ ἐκάλυψε: Vian (1963), Pompella (2002). 1279 Ein elidiertes ὄσσ᾿ ist – vermutlich wegen der Kürze des Wortes – im frühgriechischen Epos nicht belegt (vgl. LfgrE s.v. ὄσσε) und m.W. auch sonst in der Gräzität nicht zu finden. 1280 Zum ersten Mal auf ein Femininum bezogen wird die Wendung in h. Apoll. 370, und zwar auf die Pythonschlange, die von Apollon getötet wird: ὣς φάτ᾿ ἐπευχόμενος, τὴν δὲ σκότος ὄσσε κάλυψε. »So sprach [Apollon], sich rühmend, ihr [= der Python] aber umhüllte Dunkelheit die Augen.« Der Vers ist eine Adaption von Il. 20,393 ὣς ἔφατ᾿ εὐχόμενος, τ ὸν δ ὲ σκ ότος ὄσσε κάλυψε, dort bezogen auf den von Achilleus getöteten Iphition. Der Vers im Apollonhymnos ist, vor dem Hintergrund seines iliadischen Vorbilds betrachtet, ironisch zu verstehen, da Apollon ja 1278

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Damit wird stets der gewaltsame Tod im Kampf bezeichnet. Wenn nun also Quintus vom Schlaf sagt, dass er Penthesileias ὄσσε κάλυψε, so ist darin nicht bloss ein mithilfe einer klaren intertextuellen Referenz aufgebautes foreshadowing von Penthesileias bevorstehendem Tod zu sehen, sondern auch eine Ankündigung (und Wertung) des nahenden οὖλος ὄνειρος: Der Schlaf ist es letztlich, der Penthesileia den Tod bringt, da diese, durch Athenes Unheilstraum angestachelt, nur umso eifriger in die Schlacht drängt. Mit dieser Parallelisierung von Schlaf und Tod schliesst Quintus an die bekannte iliadische Vorstellung vom Schlaf als dem Bruder des Todes an; vgl. Il. 14,231 ῞Υπνῳ […] κασιγνήτῳ Θανάτοιο. 1281 Dieselbe Assoziation erscheint ringkompositorisch wieder als Motiv an prominenter Stelle, als die tote Penthesileia, nachdem Achilleus ihr den Helm abgenommen hat, in ihrer Schönheit mit der schlafenden Artemis verglichen wird (Q.S. 1,663–668). (124) νήδυμος 8x Il. – Od. 4,793; 12,311; 12,366; 13,79 – h. Ven. 171; h.h. 19,16 – Q.S. 1,124; 2,163; 4,72 – vis. Dor. 5 – 13x Nonn. (12x Dion.; Par. 2,41) – u.a.

νήδυμος ist ein homerisches Adjektiv, dessen Bedeutung und Etymologie von den antiken Homererklärern rege diskutiert wurde.1282 In Ilias und Odyssee ist es stets Epitheton für ὕπνος (in der Διὸς ἀπάτη für den personifizierten Gott des Schlafes; vgl. Il. 14,242; 14,253; 14,354);1283 der Erstbeleg für ein anderes Bezugswort ist h.h. 19,15f. μοῦσαν […] / νήδυμον. 1284 Die wichtigste Parallele für die vorliegende Stelle ist Il. 2,2, wo vom keine wirkliche Heldentat im Sinne des homerischen Ethos vollbringt, ja die ins Auge springende Änderung von τόν zu τήν impliziert, dass Apollon ›gegen eine Frau antritt‹, also eine eines echten Kriegers unwürdige Tat vollbringt. Wir können somit postulieren, dass sich Quintus in eine bereits bestehende Tradition der Adaption und Umwertung dieser iliadischen Versschlussformel einschreibt und diese fortführt. 1281 Hesiod macht die beiden zu Söhnen der Nacht; vgl. Th. 211f.: Νὺξ δ᾿ ἔτεκε στυγερόν τε Μόρον κα ὶ Κῆρα μ έλαιναν / κα ὶ Θάνατον, τ έκε δ ᾿ ῞Υπνον. »Und Nyx gebar den verhassten Moros und die schwarze Ker und den Thanatos, und sie gebar den Hypnos.« Kömm, o Tod, du Schlafes Bruder, / Kömm und führe mich nun fort. / Löse meines Schiffleins Ruder, / Bringe mich an sichern Port. 1282 Zur Bedeutung des bereits in der Antike umstrittenen Adjektivs vgl. Leumann (1950) 44f.: Es handelt sich vermutlich um eine Metanalyse der Wortfolge *ἔχεν ἥδυμος > ἔχε ν ήδυμος; *ἥδυμος ist somit zur Wurzel *s∑ed- (woraus auch das Adjektiv ἡδύς abzuleiten ist) zu stellen. Leumanns These geht bereits auf Aristarch zurück; vgl. Schol. vet. bT Il. 2,2c1. – Für andere etymologische Anknüpfungsversuche mit weiterer Literatur vgl. LfgrE s.v. νήδυμος. 1283 Vgl. auch vis. Dor. 5 νήδυμος ὕπνος ἔπιπτεν ἐπὶ βλεφάροι[σιν ἐ]μοῖσιν. 1284 Im Pan-Hymnos. Die Anwendung des Adjektivs auf μοῦσα »Lied, Melodie« ist hier insofern passend, als Pan seine Musik am Abend spielt (vgl. h.h. 19,14 τότε δ᾿ ἕσπερος ἔκλαγεν), sie hat also auch eine ›einschläfernde‹ Wirkung. – Für ν ήδυμος mit anderen Bezugswörtern vgl. später auch Orac. Sib. 4,191 GCS νήδυμον ἠελίου τερπν ὸν φ άος; Triph. 370 ν ήδυμος α ὐλός; Nonn. Dion. 12,176 νήδυμον ἄνθος; 48,580 νήδυμος ἀήρ; 48,602 und Par. 2,41 νήδυμον ὕδωρ.

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νήδυμος ὕπνος im Zusammenhang mit Zeus’ Schlaflosigkeit die Rede ist, welche ihn auf die Idee bringt, Agamemnon den οὖλος ὄνειρος zu senden. Während die Wendung ὄσσε κάλυψε Penthesileias Schlaf mit dem Tod in Verbindung bringt, können wir also die Wendung ὕπνος […] νήδυμος vor dem Hintergrund von Ilias 2 als Chiffre für den bevorstehenden Unheilstraum deuten – anders gesagt: Unheilstraum und Tod sind in demselben Satz sprachlich-intertextuell miteinander verwoben. (124) ἀμφιπεσών Vgl. Il. 14,252f. (der personifizierte Gott des Schlafes spricht zu Hera): ἤτοι ἐγὼ μὲν ἔλεξα Διὸς νόον αἰγιόχοιο / νήδυμος ἀμφιχυθείς. »Ja, und da schläferte ich den Sinn des Zeus, des Aigishalters, ein, mich süss um ihn ergiessend.«; Il. 23,62f. εὖτε τὸν ὕπνος ἔμαρπτε, λύων μελεδήματα θυμοῦ, / νήδυμος ἀμφιχυθείς »als diesen [= Achi lleus] der Schlaf ergriff, die Kümmernisse vom Herzen lösend, sich süss um ihn ergiessend«. Quintus’ ἀμφιπεσών bedeutet gegenüber dem homerischen ἀμφιχυθείς eine Intensivierung: es ist kein sanfter, erlösender Schlaf, der sich um Penthesileias Augen »ergiesst«, sondern ein besitzergreifender, der die Amazonenkönigin »befällt«.1285 Zwei aufschlussreiche Parallelstellen: Triph. 478f.: Helena imitiert vor dem hölzernen Pferd Frauenstimmen und macht dadurch die Griechen, die im Pferd sitzen, glauben, es handle sich um ihre Gattinnen; Antiklos will antworten, ἀλλ᾿ ᾿Οδυσεὺς κατέπαλτο καὶ ἀμφο τέρῃς παλάμῃσιν / ἀμφιπεσὼν ἐπίεζεν ἐπειγόμενον στόμα λῦσαι, »doch Odysseus sprang auf, stürzte sich auf ihn und drückte ihm seinen Mund zu, der danach drängte sich zu öffnen«. Ferner Opp. hal. 2,396–399: Der Oktopus (πούλυπος) greift sein Opfer, die Languste (κάραβος), von hinten an, heftet sich an sie und presst ihr mit seinem Tentakel die Mundröhre zusammen, οὐδ᾿ ἀνίησι / πνοιὴν ἠερίην οὔτ᾿ ἔνδοθεν οὔθ᾿ ἑτέρωθε / […], / ἀλλ᾿ ἔχει ἀμφιπεσών »und lässt Atemluft weder von innen heraus noch von aussen hinein […], sondern hält sie fest umklammert«. Quintus’ ἀμφιπεσών bezeichnet – dies zeigen die Parallelstellen deutlich – keine zärtliche Umarmung, sondern eine gewaltsame, ja mitunter todbringende Umklammerung. (124) αἰθέρος ἐξ ὑπάτοιο Die Formulierung begegnet ein zweites Mal in Q.S. 11,378 im Kontext eines Gleichnisses, das die von den Griechen angewandte testudo-Technik 1285 Vgl. LSJ s.v. ἀμφιχέω: »pour around, pour or spread over«, gegenüber LSJ s.v. ἀμφιπίπτω: »fall upon and embrace, embrace eagerly«. – Für das homerische ἀμφιχυθείς als Bezeichnung für eine zärtliche Umarmung vgl. auch vis. Dor. 171f. ὡς ὅτε μ ή[τηρ / ἀμφιχυθεὶς φ ίλον υἷα κινύρεται »wie wenn eine Mutter um ihren geliebten Sohn jammert, den sie [in ihren Armen] umschlossen hält«.

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beschreibt, und ist auch dort auf Zeus bezogen.1286 Vgl. ausserdem Q.S. 13,559 Ζεὺς ὕπατος […] ἀπ᾿ αἰθέρος »Zeus, der höchste, im Himmel«. Im Übrigen finden sich im Griechischen keine Kollokationen von αἰθήρ und ὕπατος. Der αἰθήρ stellt in der antiken Kosmologie den obersten, reinsten Teil der Himmelsschicht dar.1287 Wenn es heisst, dass der Traum »aus dem obersten [Teil des] Äther[s]« zu Penthesileia komme, so ist dies unzweifelhaft eine Umschreibung für ex Olympo. An der analogen Stelle in Ilias 2 ist davon, woher der Traum kommt, nicht die Rede; dies ist allerdings auch nicht nötig, da er ja von Zeus, der zuoberst auf dem Olymp seinen Wohnsitz hat, gesandt ist; vgl. Il. 2,16f.: ὣς φάτο· βῆ δ᾿ ἂρ ῎Ονειρος, ἐπεὶ τὸν μῦθον ἄκουσε, / καρπαλί μως δ᾿ ἵκανε θοὰς ἐπὶ νῆας ᾿Αχαιῶν. »So sprach [Zeus]; und es ging also der Traum, nachdem er den Auftrag gehört hatte, und er ging hurtig zu den schnellen Schiffen der Achaier.« Darin, dass Quintus die Herkunft des Traumes betont, können wir einen Ersatz dafür sehen, dass er ›nur‹ von Athene und nicht von Zeus gesandt wird: die Herkunft »ganz aus der Höhe des Äthers«, die dem typischen Weltbild entspricht, verleiht ihm eine analoge Autorität. (125) Παλλάδος ἐννεσίῃσι ἐννεσίη Il. 5,894 – h. Cer. 30 – Hes. Th. 494 – 12x A.R. – 24x Q.S. – 5x Orph. Arg. – 5x Anth. Gr. – u.a. (nicht bei Nonnos; ausschliesslich in hexametrischer Sprache). Metrisch meist im zweiten oder vierten Versfuss.

Die einzige gebräuchliche Wortform ist der Dativ Plural ἐννεσίῃσ(ι)(ν), 1288 meist in Kombination mit einem Genitiv der Person, vgl. z.B. h. Cer. 30 Διὸς ἐννεσίῃσι; dasselbe gilt für A.R. und Q.S. Nachhom erisch oft auch ὑπ᾿ ἐννεσίῃσ(ι)(ν) (+ Genitiv).1289 Etymologisch wird ἐννεσίη i.d.R. als Ableitung von ἐνιέναι »eingeben, einflössen« aufgefasst, das Substantiv muss also ursprünglich »Eingebung« o.ä. bedeuten.1290 Die in den Wörter- und Handbüchern üblicherweise zu findenden Bedeutungen – »Anstiftung, Veranlassung« (LfgrE s.v. ἐ ννε1286

Q.S. 11,376–378: συναρηρέμενοι δ᾿ ἐφέποντο, / ὡς νέφος ἠερόεν τό ῥά που περὶ χείματι μέσσῳ / αἰθέρος ἐξ ὑπάτοιο μακρὸν διέτεινε Κρονίων. »Und sie folgten dicht zusammengefügt, wie eine Dunstwolke, die der Kronossohn in der Höhe des Äthers mitten im Winter weit ausgespannt hat.« 1287 Vgl. z.B. Macrob. Sat. 1,17,70; Art. »Aither« in: DNP 1 (1996) 366f. (Fritz Graf); zum homerischen Gebrauch auch Leaf II, 599–601. Zur Verwendung bei Q.S. vgl. VB s.v. αἰθήρ: »(1) éther, au sens cosmique, par opposition à la terre, ou comme domaine des dieux ou des astres […] (2) Région supérieure de l’atmosphère«. 1288 Einzige Ausnahmen: A.R. 3,1364 ἐννεσιάων; Hld. 3,2,4,3 ἐννεσίῃ. 1289 A.R. 1,7; 2,1110; 2,1166; Greg. Naz. carm. dogm. p. 517,10; 11x Q.S.; Anth. Gr. 1,119,26; 9,788,2; 15,2,2. – Vgl. Campbell (1981) 5: »A.R. is the first to employ the preposition […]; after him it is more commonly present than absent, particularly among Christian versifiers.« 1290 Vgl. Frisk I s.v. ἐννεσίαι (»mit metrischer Dehnung«).

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σί[η]); »Ratschläge, Pläne« (Frisk I s.v. ἐννεσίαι); »suggestion« (LSJ s.v. ἐνεσία) – wollen für die nachhomerische Epik nur noch begrenzt passen: bei und seit A.R. bedeutet das Wort nämlich auch »Wille, Wunsch« oder »Auftrag, Befehl«;1291 vgl. z.B. A.R. 2,1166f.: ὑπ᾿ ἐννεσίῃσι δ᾿ ὀίω / ἀθα νάτων ἐς χεῖρας ἐμὰς χατέοντας ἱκέσθαι. »Ich [= Jason] glaube, dass ihr in eurer Not nach dem Willen der Unsterblichen in meine Hände gekommen seid.«; A.R. 4,773f. πρώτην δ᾿ εἰσαφίκανε Θέτιν καὶ ἐπέφραδε μῦθον / ῞Ηρης ἐννεσίῃς ὦρσέν τέ μιν εἰς ἓ νέεσθαι. »Als erstes gelangte [Iris] zu Thetis und tat ihr die Nachricht kund gemäss Heras Auftrag und trieb sie an, zu ihr zu gehen.«; Q.S. 3,761f. τὸν καὶ ἐς ᾿Ηλύσιον πεδίον μετόπισθεν ἔμελλον / Ζηνὸς ὑπ᾿ ἐννεσίῃσι φέρειν μακάρ ων ἐπὶ γαῖαν »den [= Neoptolemos] sie später auch ins Elysische Gefilde bringen sollten auf Zeus’ Geheiss, ins Land der Glückseligen«. In den wenigen Belegen des frühgriechischen Epos drückt ἐννεσίη stets die Eingebung einer Gottheit aus, d.h. das beigefügte Genitivattribut ist eine Gottheit; vgl. Il. 5,894 κείνης […] ἐννεσίῃσιν (> H era); h. Cer. 30 Διὸς ἐννεσίῃσι; Hes. Th. 494 Γαίης ἐννεσίῃσι. Diese Anwendungsbeschrä nkung wird nachhomerisch aufgeweicht: In den Argonautica ist das Wort in 2 von insgesamt 12, in den Posthomerica in 9 von insgesamt 24 Belegen nicht mehr im Zusammenhang mit einer Gottheit gebraucht.1292 Die Wendung Παλλάδος ἐννεσίῃσι gebraucht Quintus noch zwei weitere Male (): in 11,285 werden die Griechen »durch die Eingebung der kriegskundigen Pallas« (Παλλάδος ἐννεσίῃσι δαΐφρονος) wi eder zum Kampf ermuntert (vgl. 11,283–287), und später gelingt es ihnen, »durch Pallas Eingebung« das hölzerne Pferd innerhalb dreier Tage zu bauen (12,147f.). An diesen beiden Stellen ist also die ursprüngliche, etymologische Bedeutung von ἐννεσίη noch sehr dominant. (125) μένος δολόεντος ᾿Ονείρου μένος dient hier zur phraseologischen Umschreibung, ist also nicht unbedingt terminologisch prägnant (i.S.v. »die Kraft des trügerischen Traumes« o.ä.) zu verstehen.1293 δολόεις ὄνειρος steht – gleich wie λυγρὸς ὄνειρος in 1,129 und ὀιζυρὸς ὄνειρος in 1,134 – in Analogie zum iliadischen οὖλος ὄνειρος (Il. 2,6). Zur Kollokation von δολόεις und ὄνειρος vgl. SH 1148 δολόεντα φιλόφρονα 1291 Vgl. Fränkel (1968) 283f. (zu A.R. 2,1110); Campbell (1981) 5 (»bears a remarkable variety of nuances in late poetry«); Campbell (1994) 41 (zu A.R. 3,29); James / Lee (2000) 117 (zu Q.S. 5,383). Entsprechend auch VB s.v. ἐννεσίη: »par le vouloir de, sur le conseil de«. 1292 A.R. 1,6f. το ῦδ᾿ ἀνέρος […] / […] ὑπ᾿ ἐ.-σι; 3,29 (Medea); Q.S. 3,475 νηπι έῃσιν ὑπ᾿ ἐ.-σι; 5,19 (Odysseus); 5,383 ἐ.-ῃς δρηστ ῆρος; 9,325 (Kalchas); 10,350 (Diomedes); 12,380 (Odysseus); 12,392 ὑπ᾿ ἐ.-σιν ᾿Αχαιῶν; 14,352 (Kalchas); 14,614 (Nauplios). 1293 Vgl. LfgrE s.v. μένος 2bβ und VB s.v. μένος (4).

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[…] ὄνειρα; Nonn. Dion. 26,7 δολίοιο […] ὄψι ς ὀνείρου; id. 29,326 δολοπλόκος ὄψις ὀνείρου; K olluth. 321 τὴν δὲ δολοφροσύνης , κενεῶν θρέπτειραν ὀνείρων »das [Tor] (sc. [πύλην]) des Betrugs, das die nichtssagenden Träume nährt«; id. 369 δολοφροσύνῃσιν ὀνείρων.  Vgl. auch den Kommentar zu (129) λυγρὸς ῎Ονειρος und (134) ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ. (126–127) ὅππως […] οἷ τ᾿ αὐτῇ Der Satz drückt den Zweck des Traumes (bzw. die Absicht der den Traum verursachenden Gottheit) – dass Penthesileia durch ihren eigenen Übermut den Troern und sich selbst zum Verderben gereichen solle – unmissverständlich aus. Er ist als Paraphrase von Il. 2,3f. zu verstehen, wo das Ziel des Göttervaters in ebenso deutlichen Worten hervortritt: ἀλλ᾿ ὅ γε μερμήριζε κατ ὰ φρένα, ὡς ᾿Αχιλῆα / τιμή σῃ, ὀλέσῃ δὲ πολέας ἐπὶ νηυσὶν ᾿Αχαιῶν. »Doch der [= Zeus] überlegte sich in seinem Innern, wie er Achilleus ehren und viele der Achaier bei den Schiffen verderben sollte.« Im Unterschied zu Agamemnon muss allerdings Penthesileia die ganze Aktion mit ihrem Leben bezahlen. Achilleus wird auch hier ein weiteres Mal »geehrt«, da er die Amazonenkönigin besiegt, ehe er selber den Tod findet.  Zu Konjunktiv statt Optativ im Finalsatz nach übergeordnetem Nebentempus vgl. den Kommentar zu (22) μή […] χαλέψῃ. (127) μεμαυῖα ποτὶ πτολέμοιο φάλαγγας  Zur Verwendung des perfectum defectivum μέμονα bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (71) ἐπὶ πτόλεμον μεμαυῖαν. (128) καὶ τὰ μὲν ὣς ὥρμαινε Dieser Ausdruck nur bei Q.S. (6x) (). Es handelt sich um eine Variation des homerischen Iteratverses ἕως ὃ ταῦθ᾿ ὥρμαινε κατὰ φρένα καὶ κατὰ θυμόν (3x Il., 4x Od.).1294 ὁρμαίνειν (10x Il., 14x Od., 6x A.R., 32x Q.S.) ist ein spezifisch homerisches Verb; es »hat, wie viele andere Verben des Denkens bei Homer, einen sehr beschränkten nachhomerischen Gebrauch«.1295 Aufgrund seiner Semantik bzw. Aktionsart1296 erscheint es i.d.R. als Partizip Präsens oder, wie hier, im Imperfekt.

1294

Für ähnliche homerische Formulierungen vgl. Jahn (1987) 284f. und LfgrE s.v. ὁρμαίνω. Bertolín Cebrián (1996) 183. 1296 Vgl. Bertolín Cebrián (1996) 185: »ὁρμαίνειν bezeichnet ein schweres Überlegen, wobei man keine Lösung findet und immer dieselben Ideen im Kopf hin und her wendet.« 1295

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(128) δαΐφρων Τριτογένεια δαΐφρων erscheint als Epitheton für Athene noch an drei weiteren Stellen: Q.S. 11,285 Παλλάδος […] δαΐφρονος; 12,377 δαΐφρονι Τριτογενείῃ; 14,582f. δαΐφρων / Παλλάς. Campbell glaubt, dass es hier nur »warlike«, nicht aber »sagacious« bedeute«;1297 m.E. sind jedoch beide Aspekte von Wichtigkeit, denn Athene stachelt zwar einerseits, in ihrer Funktion als Kriegsgöttin, Penthesileia zum Kampf an (ist also »warlike«), doch bewerkstelligt sie dies, wohlverstanden, mithilfe ihrer intellektuellen Fähigkeiten (und ist somit auch »sagacious«) (vgl. ὥρμαινε »sie dachte nach«). Als Epitheton für Τριτογένεια verwendet Quintus ferner περίφρων (3,533; 11,294), ἐύφρων (10,353; 13,420) und ἀγαυή (14,547). Vgl. de mgegenüber die Epitheta in der frühen Epik: κυδίστη ( Il. 4,515), ἀγελείη (Od. 3,378 und [Hes.] Scut. 197), γλαυκῶπις (Hes. Th. 895). Die Bezeichnung Τριτογένεια für Athene ist bereits homerisch.1298 Indem er Athene hier zum ersten Mal Tritogeneia nennt, erinnert Quintus an den Kontext des ersten Auftretens dieser Bezeichnung in der Ilias; vgl. Il. 4,514f. (nach dem fatalen Schuss des Pandaros sind die Kämpfe wieder entflammt; Apollon feuert die Troer, Athene die Achaier an): ὣς φάτ᾿ ἀπὸ πτόλιος δεινὸς θεός· αὐτὰρ ᾿Αχαιούς / ὦρσε Διὸς θυγάτηρ κυ δίστη Τριτογένεια. »So sprach von der Burg aus der gewaltige Gott [= Apollon]. Doch die Achaier trieb die Tochter des Zeus, die hochwohlgeborene Tritogeneia, an.« Dieser iliadische Intertext ruft dem Leser von Q.S. 1,128 in Erinnerung, dass Athene eine Feindin der Troer und somit auch der Penthesileia ist. Dieselbe iliadische Stelle steht ein weiteres Mal in Posthomerica 1 als Subtext im Hintergrund; vgl. Q.S. 1,289: ἐν γάρ οἱ στέρνοισι θράσος βάλε Τριτογένεια, / ὄφρά κε δυσμενέεσσιν ὀλέθριον ἦμαρ ἐφείη. »Denn in die Brust warf Mut ihm [= Meges] Tritogeneia, damit er den Feinden den Unglückstag bereitete.« Vgl. ausserdem 7,142–144: αὐτὰρ ὃ νῆας ἔμελλε θοὰς καὶ λαὸν ὀλέσσειν / χερσὶν ὑπὸ κρατερῇσιν ἐπὶ χθόνα τεῖχος ἐρύσσας, / εἰ μὴ Τριτογένεια θράσος βάλεν ᾿Αργείοισιν / ὀψέ περ. »Doch dieser [= Eurypylos] war nahe daran, die schnellen Schiffe und die Armee zu vernichten mit seinen starken Händen und die Mauer dem Erdboden gleichzumachen, wenn nicht Tritogeneia den Argeiern schliesslich Mut 1297

Campbell (1981) 130 (zu Q.S. 12,377). Die Tatsache, dass Athene von Quintus andernorts περίφρων bzw. ἐύφρων Τριτογ ένεια genannt wird, bedeutet freilich keineswegs, wie Campbell a.a.O. impliziert, dass sich deswegen nicht auch δαΐφρων auf Athenes Intellekt beziehen könne. – Zur Doppelbedeutung von δαΐφρων (»tapfer, kampfesmutig« – »klug, verständig«) vgl. den Kommentar zu (47) δαΐφρονι Πενθεσιλείῃ. 1298 Il. 4,515; 8,39; 22,183; Od. 3,378; Hes. Th. 895; [Hes.] Scut. 197; 11x Q.S.; ferner 10x bei Nonn. Dion. in der Form Τριτογενείη. – Die Frage nach Etymologie und Bedeutung dieser Epiklese war und ist Gegenstand antiker wie auch moderner Diskussionen; vgl. Kirk (1985) 394 (zu Il. 4,515); West (1966) 404 (zu Hes. Th. 895; mit Verweisen auf ältere Forschungsliteratur).

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in die Brust geworfen hätte.«; 11,294f. περίφρονα Τριτογένειαν / ἐκ θυμοῦ Δαναοῖσιν ἀρηγέμεναι μεμαυῖαν »die umsic htige Tritogeneia, die aus ganzem Herzen erpicht war, den Danaern beizustehen«.  Zum Adjektiv δαΐφρων vgl. auch den Kommentar zu (47) δαΐφρονι Πενθεσιλείῃ. (129) λυγρὸς ῎Ονειρος λυγρὸς ὄνειρος steht – gleich wie δολόεις ὄνειρος in 1,125 und ὀιζυρὸς ὄνειρος in 1,134 – in Analogie zum iliadischen οὖλος ὄνειρος (Il. 2,6). Die Kollokation von λυγρός und ὄνειρος ist A.R. 3,691 ὀνείρατα λυγρά en tnommen: Medea hat geträumt, dass Jason gekommen sei, um sie als Gattin heimzuführen, und dass sie ihm helfen werde, mit den feuerschnaubenden Stieren das Feld zu pflügen, und dass sie sich in dem daraus entstehenden Konflikt mit ihren Eltern gegen diese und für Jason entscheiden würde (A.R. 3,616–632). Medea ist ob des Traumes beunruhigt und zögert lange, sich ihrer Schwester Chalkiope anzuvertrauen; schliesslich sagt sie zu ihr (A.R. 3,688–692): Χαλκιόπη, περί μοι παίδων σέο θυμὸς ἄηται, μή σφε πατὴρ ξείνοισι σὺν ἀνδράσιν αὐτίκ᾿ ὀλέσσῃ. τοῖα κατακνώσσουσα μινυνθαδίῳ νέον ὕπνῳ λεύσσω ὀνείρατα λυγρά, τά τις θεὸς ἀκράαντα θείη, μηδ᾿ ἀλεγεινὸν ἐφ᾿ υἱάσι κῆδος ἕλοιο. Chalkiope! Um deine Kinder bangt mir mein Herz, dass unser Vater sie nicht zusammen mit den fremden Männern ermorde! Als ich eben grad in einem kurzen Schlaf schlummerte, sah ich solcherlei verderbenbringende Traumbilder, die ein Gott unvollendet lassen möge, und du mögest keine schmerzliche Sorge um deine Söhne fassen!

Quintus hat bereits an anderen Stellen intertextuelle Bezüge zum dritten Buch der Argonautica hergestellt und so Penthesileia mit Medea in Verbindung gebracht. Auch wenn Kontext und Umstände von Medeas Traum mit dem der Penthesileia nicht in direkter Weise vergleichbar sind, so haben doch beide Träume mit lebensbedrohlicher Gefahr und mit einer bevorstehenden fatalen Entscheidung zu tun, sind sich also aufgrund ihrer existentiellen Bedeutung doch ähnlich. Medeas Traum ist allerdings wahr, und er übt auf sie eine höchst beunruhigende Wirkung aus – ganz im Gegenteil zum Trugtraum der Penthesileia, der diese in keiner Weise beunruhigt, sondern im Gegenteil nur noch mehr für den Kampf motiviert. Wenn wir also A.R. 3,691 ὀνείρατα λυγρά und den Kontext der ganzen Stelle als Subtext für Q.S. 1,129 λυγρὸς ὄ νειρος mitlesen, so können wir Medeas Traum sowohl als Gegenbild wie auch als Parallele zu Penthesileias Traum auffassen:

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Medea:

Wahrtraum

Hoffnung / Wunsch: bleibt unerfüllt > Verrat, Flucht (ἀκράαντα θείη) [ > Kindsmord ]

Penthesileia:

Trugtraum

Glaube / Illusion: wird getäuscht (μέγα ἔργον ἐκτελέειν)

> Hybris > Tod

Die Art der beiden Träume (wahr – falsch) und die Reaktionen der Träumerinnen (Hoffnung auf Nichteintreten – Glaube an den Wahrheitsgehalt) sind zwar genau gegenteilig, doch das katastrophale Resultat ist parallel.  Vgl. auch den Kommentar zu (125) μένος δολόεντος ᾿Ονείρου und (134) ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ. (129) ἐφίστατο πατρὶ ἐοικώς Die Formulierung ist eine Paraphrase von Il. 2,20f.: στῆ δ᾿ ἂρ ὑπὲρ κεφαλῆς Νηληίῳ υἷι ἐοικώς / Νέστορι. »Und [der Traum] trat ihm übers Haupt, dem Sohne des Neleus gleichend, dem Nestor.« Der Ausdruck πατρὶ ἐοικώς begegnet zum ersten Mal in Theokr. 17,63, ebenfalls am Versende. Vgl. ferner Q.S. 7,695 πατρὶ ἔοικας (Agamemnon zu Neoptol emos); 9,268f. ἔβη δ᾿ ἄρα πατρὶ ἐοικώς / ἀντία δυσμενέων »so also ging [Neoptolemos], seinem Vater gleichend, den Feinden entgegen«. Indem betont wird, dass das Traumbild die Gestalt von Penthesileias Vater, also von Ares, annehme, wird die ›Konkretheit‹ von Ares’ Vaterschaft hervorgehoben – wenn also Penthesileia als »Tochter des Ares« bezeichnet wird (so erstmals in 1,55 ῎Αρεος […] θύγατρα), dann ist dies nicht bloss als Allegorie für die ›kriegstüchtige Penthesileia‹ o.dgl. zu verstehen; beide Bereiche, der konkrete wie der allegorische, gehören nach griechischem Verständnis unauflöslich zusammen.1299 Dass sich Gottheiten in Menschengestalt unter die Sterblichen mischen und so Einfluss auf das irdische Geschehen nehmen, ist ein aus den homerischen Epen hinlänglich bekanntes Muster.1300 Es ist somit eine Besonderheit der Posthomerica, dass Gottheiten daselbst kaum in dieser Weise in Erscheinung treten; die einzige Begebenheit dieser Art findet sich in Q.S. 11,129–145, als sich Apollon in der Gestalt des Sehers Polymestor (11,135 μάντι ἐειδόμενος Πολυμήστορι) den beiden Helden Aineias und Eury machos nähert und ihnen ein langes, über den Krieg hinausgehendes Leben prophezeit. Dagegen handelt es sich an der hier vorliegenden Stelle nur um einen Traum, das homerische Wirken der Götter klingt hier also höchstens motivisch an. Diese Differenz zu den homerischen Epen mag in Zusammenhang gesehen werden mit der von Wenglinsky entwickelten These, 1299

Vgl. dazu auch den Kommentar zu (55) ῎Αρεος […] θύγατρα. Athene ist in diesem Bereich besonders aktiv: Man denke nur an den Moment, als sie Achilleus daran hindert, das Schwert gegen Agamemnon zu zücken (Il. 1,193–221) – von ihrer Mentorrolle in der Odyssee ganz zu schweigen. 1300

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Quintus präsentiere in seiner Darstellung der Olympischen Götter ein Korrektiv mit Blick auf philosophische, insbesondere platonische Dichtungskritik;1301 diese jedoch hat sich bekanntermassen seit alters her vor allen Dingen gegen die anthropomorphe Darstellung der Götter bei den alten Dichtern gewandt.1302 (130) ἐποτρύνεσκε  Die Verbform ἐποτρύνεσκε(ν)/ -ον 7x Q.S. (vier weitere Male an derselben metrischen Stelle wie hier, zweimal nach der KTT). – Das Verb ἐποτρύνειν gesamthaft 26x bei Q.S.

Mit dem vorliegenden ἐποτρύνεσκε […] / […] μάρνασθαι vgl. Qui ntus’ Versschlussformel »ἐποτρύν- | — πονέεσθαι« (4x) sowie ähnliche Formulierungen: 1,162 ἐποτρύνουσα μάχην ἐς κυδιάνειραν; 2,483f. Κῆρες ἐπ οτρύνεσκον ἀπειρέσιον πονέεσθαι / δῆριν ἀνὰ στονόεσσαν ; 4,340f. ἐποτρύνοντες […] / μῖξαι ἐν αἵματι χεῖρας ἀτειρέ ας; 5,32f. ἐποτρύνουσα ποτὶ κλόνον ἄσχετον […] / ἐλθέμεν; 6,297 ἐποτρύνων ποτὶ δῆριν; 7,166f. ἐποτρύνεσκε […] / ἀντιάαν δηίοισιν; 7,276 δῆριν ἐπὶ στονόεσσαν ἐποτ ρύνουσι νέεσθαι; 7,553 ~ 9,82 ἐποτρύνεσκε ποτὶ κλόνον; 11,350 ἐποτρύνοντες ἀνὰ μόθον.  Vgl. auch den Kommentar zu (171) ὀτρύνεσκον. (130) ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος Das Adjektiv ποδάρκης ist in der Ilias ein epitheton solum des Achilleus, stets in der Versschlussformel ποδάρκης δῖος ᾿Αχιλλεύς (21x). Nachhomerisch findet es sich zwar vereinzelt mit anderen Bezugswörtern (vgl. Pind. Ol. 13,38f. ποδάρκης / ἁμέρα; Pind. Pyth. 5,33 ποδαρκέων […] δρόμων τέμενος; Bakchyl. 19,30 ποδαρκέ᾿ ἄγγελο[ν Διός [bezogen auf Hermes]), doch bleibt es nach wie vor als spezifisch homerisches Achilleus-Epitheton im kulturellen Gedächtnis des Griechen haften – so nennt Themistios (4. Jh. n.Chr.) ποδάρκης als das typische Achilleus-Epitheton etwa neben κορυθαίολος für Hektor.1303 1301 Vgl. Wenglinsky (1999) 79: »The ‘ancient quarrel between philosophy and poetry’ […] is more accurately a philosophical dispute about poetry in which the poets themselves took little part. […] An exception is the Posthomerica of Quintus of Smyrna, whose portrayal of the gods differs markedly from that of Homer and other writers of epic. The peculiarities of Quintus’ portrayal of the gods are such as to suggest that he ‘corrects’ the features of their traditional representation which the philosophers found objectionable.« – Zur Darstellung der Götter in den Posthomerica im Vergleich mit den homerischen Epen vgl. auch Vian (1963) XIV–XVIII (mit einer Diskussion der Frage nach möglichen stoischen Einflüssen). In einem ähnlichen Kontext lassen sich auch die von Boyten (2007) herausgearbeiteten Besonderheiten in der Darstellung des Neoptolemos verstehen: Während der Sohn des Achilleus in der traditionellen mythischen Überlieferung meist sehr negativ gezeichnet ist, ist Quintus offensichtlich um eine moralische Korrektur der Figur ins Positive bemüht. 1302 Vgl. etwa Xenophanes B11 DK (zitiert in Anm. 1203); Plat. rep. 377d–e und 379a. 1303 Themist. p. 188a,5 Harduin.

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Mit Ausnahme der vorliegenden Stelle verwendet die nachiliadische Epik das Adjektiv überhaupt nicht mehr. Dadurch, dass Quintus es nur hier – und wohlweislich in einer anderen als der iliadischen Formel – gebraucht, belebt er es zwar einerseits neu, erhebt es aber gleichzeitig (in geradezu alexandrinischer Manier) in den Status einer Rarität und bringt somit seinen stark archaischen Charakter zum Ausdruck. Eine Zusammenschau aller homerischen Formeln zur Bezeichnung von Achilleus’ Fussschnelligkeit ergibt folgendes Bild:1304 • πόδας ὠκὺς ᾿Αχιλλεύς: Versschlussformel (30x Il.);1305 • ποδάρκης δῖος ᾿Αχιλλεύς: Versschlussformel (21x Il.); • ᾿Αχιλῆα πόδας ταχύν: zwischen Trithemimeres und Bukolischer Diärese (Il. 13,348; 17,709; 18,358);1306 • ποδώκεος Αἰακίδαο: Versschlussformel (8x Il.; Od. 11,471 und 11,538); • ποδώκεα/-εϊ Πηλείωνα/-ι: Versschlussformel (9x Il.). Quintus verwendet alle diese Formeln nicht – tatsächlich nennt er Achilleus nur an zwei Stellen den »fussschnellen«, hier sowie in 7,633 ποδώκεος ἀμφ᾿ ᾿Αχιλῆος (in Anlehnung an die homerische Formel ποδώκεος Αἰακίδαο bzw. ποδώκεα/ -εϊ Πηλεί ωνα/-ι), was angesichts der iliadischen ›Obsession‹ mit Achilleus’ Fähigkeit als Läufer (vgl. Anm. 1304) nachgerade einer recusatio gleichkommt. An zwei weiteren Stellen nennt er ihn nur »schnell« (1,602 θοοῦ ᾿Αχιλῆος; 14,137 θοοῦ […] Αἰακίδαο); dies hi nwiederum ist unhomerisch, da Achilleus bei Homer nie bloss θοός genannt wird.1307  Vgl. auch den Kommentar (112) ποδώκεες […] ἵπποι.

1304 Vgl. Parry (1971) 92. Von den insgesamt fünf homerischen Epitheta, die ausschliesslich auf Achilleus appliziert werden (θεοῖς ἐπιείκελος; ποδάρκης; πόδας ὠκύς; ποδώκης; ῥηξήνωρ – θυμολέων gehört entgegen Parry a.a.O. nicht in diese Gruppe), beziehen sich deren drei auf die Fussschnelligkeit des Helden. – Zu Achilleus’ Fähigkeiten als schneller Läufer vgl. auch Nagy (1979) 326f.; King (1987) 3: »Diomedes may supply Achilles’ place as áristos in the front ranks for a while in Book Five, and Aias may merit Idomeneus’s supreme praise of being equal in fixed combat, but, we are told, no one can rival Achilles in running (13.324–325). This native speed, which is impressed upon us over and over through the traditional epithets, is made an essential part of the hero’s terrible warcraft in Books Twenty-One and Twenty-Two when Achilles chases the stampeding Trojans nearly to the gates of Troy and when Hektor, even with the aid of Apollo, cannot outrun his maddened pursuer and escape to the protection of the walls.« 1305 Dieselbe Formel auch noch für Iris: πόδας ὠκέα ῏Ιρις (9x Il.; Hes. Th. 780). 1306 Ausserdem Il. 18,354 πόδας ταχὺν ἀμφ᾿ ᾿Αχιλῆα; Hes. fr. 204,88 Πηλείδην […] πόδας ταχύν. Vgl. ferner Il. 18,2 ᾿Αντίλοχος δ᾿ ᾿Αχιλῆι πόδας ταχὺς ἄγγελος ἦλθε: dieselbe Wortfolge, jedoch syntaktisch nicht zusammengehörig. 1307 Zur Bezeichnung von Achilleus’ Schnelligkeit in den Posthomerica vgl. auch Venini (1995) 188f.: »Achille rimane ‘piè veloce’, ma la formularità […] scompare insieme con le strutture più estese e pesanti, e // l’espressione stessa è variata […]«

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(130–131) ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος […] μάρνασθαι ἐναντίον Formen des Verbs μάρνασθαι 44x Il. – 12x Od. – A.R. 1,160; 1,748; 1,1039; 2,141 – 53x Q.S. – 117x Nonn. Dion.

μάρνασθαι ist ein typisch episches Verb; zu Bedeutung und Charakter vgl. Trümpy (1950) 167f.: »In seinen Verwendungsmöglichkeiten entspricht es den Verben μάχεσθαι und πτολεμίζειν. Mehrmals variiert es diese Verben […] // […] Da es nur im Präsensstamme vorkommt, hat es für die übrigen Tempora ohnehin ein Suppletivum nötig.1308 […] Das Verb findet sich später noch in der lyrischen Dichtung und oft bei Euripides, offenbar weil es für feierlicher galt als das (auch) umgangssprachliche μάχεσθαι.«1309 Üblicherweise wird μάρνασθαι sowohl homerisch als auch bei Q.S. mit Dativ konstruiert, um den Gegner, gegen den man kämpft, zu bezeichnen.1310 Zur Bezeichnung einer Person oder Sache, für oder um die man kämpft (z.B. eine Leiche auf dem Schlachtfeld), werden Wendungen mit verschiedenen Präpositionen gebraucht (vgl. z.B. 1,411 δυσμενέσιν μάρ νανται ὑπὲρ τεκέων τε καὶ ἡμέων »sie kämpfen gegen die Feinde um der Kinder und um unser willen«). Ohne Parallele jedoch ist die hier vorliegende Kollokation mit der Präposition ἀντί. Zur Verbindung mit einem Adjektiv bzw. Adverb der Wurzel *“ent- vgl. Hes. Th. 646–648: ἤδη γὰρ μάλα δηρὸν ἐναντίοι ἀλλήλοισι / νίκης καὶ κάρτεος πέρι μαρνάμεθ᾿ ἤματα πάντα / Τιτῆνές τε θεοὶ καὶ ὅσοι Κρόνου ἐκγενόμεσθα. »Denn schon sehr lange kämpfen wir gegeneinander um Sieg und Macht alle Tage, die Titanen und wir Götter, die wir von Kronos abstammen.«; Anth. Gr. 7,254,4 (Simonides) πλείστοις ῾Ελλάνων ἀντία μαρνάμενοι »gegen die Übe rmacht der Hellenen ankämpfend«; Opp. cyn. 2,333f.: ἔστι δ᾿ ὅτ᾿ ἀλλήλοισιν ἐναντίον ἀΐξαντες / μάρνανται. »Manchmal gehen [Zi egen und Schafe] aufeinander los und kämpfen miteinander.« Die Doppelung ἀντί […] ἐναντίον ist hier nicht als Redundanz zu ve rstehen, vielmehr wird das Kämpfen von Angesicht zu Angesicht hervorgehoben.1311 Vgl. dazu auch Q.S. 8,272f. κατὰ δ᾿ ἀντίον ἀνέρος ἀνήρ / μάρνατο »es kämpfte Mann gegen Mann im Angesicht«; 12,67f. δηίοισι καταντίον ἄλκιμοι ἄνδρες / μάρνανται »wehrhafte Männer bekämpfen ihre Feinde von Angesicht zu Angesicht«. 1308

Wie bei Homer kommt das Verb auch bei Q.S. nur im Präsensstamm vor. Vgl. auch Hesych s.v. μορν άμενος· μαχ όμενος. Vgl. dazu Trümpy (1950) 168: »Das ist arkadisch-kyprische und äolische Lautung. Daß bei Homer das Verb nicht das äolische -ο- zeigt, zwingt wohl zum Schlusse, daß μάρνασθαι auch im alten Ionisch lebendig war, denn die unionischen Formen βροτός und ἤμβροτον haben ja die äolischen Laute bewahrt.« 1310 Vgl. LSJ s.v. μάρναμαι [1.]: »fight, do battle, τινι with, against another«; VB s.v. μάρναμαι (b): »combattre contre, dat.« – so auch im 1. Buch der Posthomerica: 1,101f. ἀταρβέι Πηλείωνι / μάρνασθ᾿; 1,411 δυσμενέσιν μάρνανται. 1311 ἀντί / ἐναντίον in seiner etymologischen Bedeutung »Vorderseite, Gesicht, Stirn« (ἀντί < Lok. Sg. *“ent-i »angesichts, gegenüber, anstatt«). 1309

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(131) θαρσαλέως Das Adverb θαρσαλέως 6x Od. – 7x A.R. – 21x Q.S. – 7x Anth. Gr. – u.a.; danebst auch einige prosaische Belege. Metrisch ist im Hexameter die Initialstellung am häufigsten.

Das Adjektiv θαρσαλέος ist in seiner Bedeutung ambivalent, d.h. es kann je nach Kontext positiv oder negativ konnotiert sein (»mutig, kühn, beherzt« – »frech, übermütig, anmassend«).1312 Dasselbe gilt für sein Adverb θαρσαλέως. In der Odyssee tritt dieses stets in der Junktur θαρσαλέως ἀγορεύειν auf; die Ambivalenz der Semantik zeigt sich dort besonders deutlich: Einerseits heisst es von Telemachos, der sich im Verlauf seiner Mannwerdung vermehrt getraut, seine Stimme gegen die Freier zu erheben: Τηλέμαχον θαύμαζον, ὃ θαρσαλέως ἀγόρευ ε »sie staunten über Telemachos, wie er [so] beherzt sprach«.1313 Andererseits fahren die böse Magd Melantho sowie der Freier Eurymachos den als Bettler verkleideten Odysseus mit den Worten ἀγορεύεις / θαρσαλέως πολλοῖσι μετ᾿ ἀνδράσιν »du sprichst frech unter vielen Männern« an (Od. 18,329f.; 18,389f.), was sicher kein Kompliment, sondern vielmehr ein harscher Vorwurf, ja eine Drohung an einen (vorgeblichen!) Angehörigen der Unterschicht ist, der sich gegenüber bessergestellten Leuten zuviel herausnimmt. Apollonios gebraucht θαρσαλέως grundsätzlich in positiver Konnotation und unformelhaft, allerdings vornehmlich mit Verben des Handelns und – sich darin von der Odyssee absetzend – nur einmal mit einem verbum dicendi.1314 Quintus verwendet θαρσαλέως ebenfalls unformelhaft, fast ausschliesslich bei Verben des Handelns1315 und grundsätzlich positiv konnotiert.1316 Mit dem vorliegenden θαρσαλέως μάρνασθαι ist v.a. die formelähnliche Wendung μάρνατο θαρσαλέως (7,102; 8,273; 8,330; jeweils am Versa nfang) zu vergleichen. Andere Stellen, die das ›beherzte Kämpfen in der 1312

Vgl. LfgrE s.v. θαρσαλέος: »(1) bold(ly), courageous(ly)«, »(2) w. connot. overbold«. Od. 1,382 = 18,411 = 20,269. Dass sich Telemachos mehrfach dergestalt gegen die Freier auflehnt, könnte ihm freilich auch leicht gefährlich werden (man denke nur an den geplanten, jedoch misslungenen Anschlag der Freier gegen ihn), so dass in dem θαρσαλέως durchaus auch eine Note des too much mitschwingt (zur Fokalisation vgl. de Jong [2001] 40 ad loc.). 1314 A.R. 1,707 θαρσαλέως ἐπιβαίνειν; 1,760f. ἐρύοντα […] / […] θαρσαλέως; 2,335f. πονέεσθαι / θαρσαλέως; 2,877 θαρσαλέως ὀρόθυνον; 3,425 θαρσαλέως ὑποδέχθαι; 3,505 θαρσαλέως […] ἔειπεν (verbum dicendi); 4,1522f. ἄφασσε / θαρσαλέως. 1315 Bei verba dicendi nur an vier Stellen: Q.S. 6,315 und 12,253 ὣς φάτο θαρσαλέως; 7,421 θαρσαλέως τ ᾿ ἐβόησεν; 12,76 θαρσαλ έως μ άλα π άντα δι ίκεο. – Vgl. Campbell (1981) 29: »θαρσαλέως in Homer is linked only with ἀγορεύειν; none of the numerous instances in Q. furnishes a parallel.« 1316 Dies reflektieren bspw. auch die Übersetzungen des Wortes bei James (2004): 7x »bold(ly)« (+ 1x »with increased boldness«); 5x »brave(ly)«; Ableitungen von »courage«: je 1x »courageously« – »by dint of courage« – »encouragement« – »with courage«; 1x »fearlessly«; 1x »undaunted«; 1x »daring«. 1313

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Schlacht‹ bezeichnen, sind 6,305 θ. Τρώεσσι δαϊζομένοις ἐπάμυνον (Paris zu Neoptolemos); 6,369f. ᾿Αργείους ἐνάριζε / θ. (von Eurypylos); 9,160 θ. δηίοισιν ἐπῴχετο (von Deiphobos); 9,284f. ἐς ῎Αρεος ἔργον ὄρουσαν / θ. (von den Griechen, angefeuert durch Neoptolemos); 11,236f. μένειν δ᾿ ἀνὰ φύλοπιν αἰνήν / θ. (von den durch Aineias’ Stehverm ögen motivierten Troern). (131) ἡ δ᾿ ἀίουσα  Diese Wendung A.R. 3,1212 und 4,875 – Opp. hal. 3,390 – Q.S. 1,131; 4,130; 14,471. Immer am Versende.

(132–135) γήθεεν […] ἐσπερίῳ Die ganze Passage stellt eine Paraphrase von Il. 2,35–38 dar: ὣς ἄρα φωνήσας ἀπεβήσετο, τὸν δ᾿ ἔλιπ᾿ αὐτοῦ τὰ φρονέοντ᾿ ἀνὰ θυμόν, ἅ ῥ᾿ οὐ τελέεσθαι ἔμελλε. φῆ γὰρ ὅ γ᾿ αἱρήσειν Πριάμου πόλιν ἤματι κείνῳ, νήπιος, οὐδὲ τὰ ᾔδη ἅ ῥα Ζεὺς μήδετο ἔργα. Als [der Traum] so gesprochen hatte, ging er fort, und ihn [= Agamemnon] liess er dort zurück, in seinem Innern dies erwägend, was sich nicht erfüllen sollte. Er meinte nämlich, dass er [noch] an demselben Tage die Stadt des Priamos einnehmen würde, der Törichte, und wusste nicht, was für Dinge Zeus im Sinn hatte.

Folgende Analogien zwischen den beiden Passagen lassen sich aufstellen: Il. 2,36 τὰ φρονέοντ᾿ ἀνὰ θυμόν

Q.S. 1,132 γήθεεν ἐν φρεσὶ πάμπαν

Il. 2,37 φῆ γάρ

Q.S. 1,132 ὀίσατο γάρ

Il. 2,37 αἱρήσειν Πριάμου πόλιν

Q.S. 1,132f. μέγα ἔργον / ἐκτελέσειν […] ἀνὰ μόθον ὀκρυόεντα

Il. 2,37 ἤματι κείνῳ

Q.S. 1,133 αὐτῆμαρ

Il. 2,38 νήπιος

Q.S. 1,134 νηπίη1317

Il. 2,38 οὐδὲ τὰ ᾔδη ἅ ῥα Ζεὺς μήδετο ἔργα

Q.S. 1,134f. ἥ ῥ᾿ ἐπίθησεν ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ / ἑσπερίῳ

(132) ὀίσατο  Die Form ὀίσ(σ)ατο Od. 1,323; 9,213; 10,232; 19,390 – h. Cer. 391 – A.R. 3,456; 3,1189; 4,14 – Q.S. 1,132; 5,457 – Eudoc. homeroc. 2,149 – Anth. Gr. 9,755,3 Metrisch stets zwischen KTT und BD.1318 1317

Zur νήπιος-Prolepse vgl. den Kommentar zu (96) νηπίη. Zur Verwendung, Semantik und Etymologie von οἴω / -ομαι vgl. Bertolín Cebrián (1996) 239–253. 1318

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Beim Aorist ὀίσ(σ)ατο sowie beim Partizip ὀισ(σ)άμενος schwankt die Überlieferung grundsätzlich zwischen Formen mit einfachem -σ- (und langem -ῑ-) und solchen mit geminiertem -σσ- (und kurzem -ῐ-).1319 Apollonios scheint die geminierte Form bevorzugt zu haben.1320 Quintus mag beide Formen in seinem/-en Homertext(en) vorgefunden haben, doch entscheidet er sich an den wenigen Stellen, wo er einen Aorist zum Verb ὀίω bildet, für die Form mit einfachem -σ- (2x ὀίσατο: 1,132; 5,457; danebst 2x ὠισάμην: 2,19; 5,590), die auch als die ursprünglich homerische angesehen wird.1321 Es besteht somit kein Grund, Tychsens Änderung von -σ- zu -σσ-, die Köchly und Pompella stillschweigend übernommen haben, zu folgen.1322 (133) ἐκτελέσειν Ein textkritisches Problem: Die Lesart ἐκτελέσσειν des Subarchetypus (Y) scheidet aus metrischen Gründen aus, hingegen ist die Variante ἐκτελέσειν des Hydruntinus (H) metrisch korrekt. Castiglioni (1921) hat eine Emendation zu ἐκτελέειν vorgeschlagen, die Vian (1963) und Pompella (2002) in ihren Ausgaben drucken. Quintus verwendet folgende Futurformen zum Verb τελέω (die Überlieferung ist überall ausser hier in 1,133 eindeutig): • Futurformen mit Geminate -σσ-: - Inf. Akt. τελέσσειν (2x): 6,184; 9,24; - Ind. Akt. (2x): τελέσσω 12,248; τελέσσομεν 14,310; • Futurformen ohne -σ-: - Inf. Akt. τελέειν (2x): 1,204; 12,245; - Inf. Pass. τελέεσθαι (1x): 1,506. Castiglionis Emendation lässt sich also aus textinternen Gründen insofern begründen, als Quintus je 2x den Infinitiv τελέσσειν bzw. τελέειν, nie jedoch τελέσειν verwe ndet,1323 zwingend ist sie jedoch deswegen nicht.1324 Zu bedenken ist ferner, dass homerisch nur die Form τελέειν 1x vorkommt (Od. 10,27; ausserdem Hes. fr. 204,85),1325 dass jedoch sowohl τελέσσειν als auch τελέσειν betont unepische Formen sind: τελέσειν ist eine rein prosaische Form,1326 τελέσσειν dagegen ist ausschliesslich in den Posthomerica belegt, also wohl eine Eigenprägung unseres Dichters. Weder 1319 Vgl. (mit weiterführenden Literaturangaben) Livrea (1973) 9 und Campbell (1994) 373 (»much discussed form with gemination […] no doubt present in Ptolemaic papyri of Od. […]«). 1320 Vgl. Campbell (1994) 373 (zu A.R. 3,456). 1321 Vgl. Livrea (1973) 9. 1322 Pompella (2002) behält jedoch überliefertes einfaches -σ- an den drei anderen Stellen bei. 1323 Castiglioni (1921) 45: »Quinto non adopera, se non erro, la forma d’ infinito futuro, che i codici assegnano a questo verso: ὀίσατο γὰρ μέγα ἔργον ἐκτελέσειν.« 1324 Köchly (1850; 1853) und Zimmermann (1891) haben ἐκτελέσειν noch beibehalten. 1325 Eine typisch ionische Form (zahlreich bei Herodot und im Corpus Hippocraticum). 1326 Erstbeleg: Aesop 34,1; auch ›belletristisch‹, vgl. Hld. 9,7,4.

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τελέειν noch τελέσσειν, die beide bei Q.S. je zweimal unzweifelhaft belegt sind, stellen also einen spezifischen Epizismus bzw. Homerismus dar – der Ersatz der Form τελέσειν durch τελέειν bedeutet also aus dieser Perspektive keine ›Verbesserung‹: alle drei Formen sind und bleiben ›unepisch‹. Somit ist m.E. an der überlieferten Form ἐκτελέσειν festzuhalten.1327  Zur Verwendung des Infinitiv Futur in der epischen Sprache vgl. den Kommentar zu (77) θανέεσθαι. (133) ἀνὰ μόθον ὀκρυόεντα μόθος: 5x Il., 56x Q.S.; nicht in der Odyssee, nicht bei A.R. Exzessiven Gebrauch von dem Substantiv macht später Nonnos (110 Belege; hinzu kommen einige adjektivische Zusammensetzungen mit dem Hinterglied -μοθος). Aufgrund der häufigen Verwendung ist das Wort, bei welchem bereits in der Ilias gemäss Trümpy (1950) 158 »eine Wertung […] nicht sichtbar« ist, bei Q.S. zu einem Synonym für πόλεμος verblasst. Ein Vergleich zwischen Ilias und Posthomerica zeigt, abgesehen von der Frequenz, folgende Unterschiede und Besonderheiten in der Verwendung des Wortes: • μόθος wird bei Homer nie mit einem Epitheton zusammengestellt. Dagegen verbindet es Quintus in 23 von 56 Fällen mit Adjektiven wie z.B. αἱματόεις (2x), δυσηχής (4x), ὀκρυόεις (2x, wie hier), στονόεις (3x) 1328 oder στυγερός. • Das homerische κατὰ μόθον »in der Schlacht« (3x Il.) wird von Quintus auch aufgegriffen (12x); daneben kennt er aber auch ἀνὰ μόθον (11x, wie hier), ἐπὶ μόθον (2x) und ἐς μόθον (6x): Selbstvariation! • Im Sinne der imitatio cum variatione kombiniert Quintus auch das iliadische κατὰ μόθον mit Adjektiven (z.B. 2,517 στονόεντα κατὰ μόθον). Zum Adjektiv ὀκρυόεις existieren die Synonyme κρυόεις und κρυερός. 1329 ὀκρυόεις und κρυόεις sind als Ableitungen zu κρύος »(Eises-)Kälte, Frost« zu verstehen;1330 dazu ist etymologisch vermutlich auch κρυερός zu ste l-

1327 Möglicherweise können wir in der Form ἐκτελέσειν gar einen Reflex von Il. 2,37 αἱρήσειν sehen? – Zu Il. 2,35–38 als Vorbild für Q.S. 1,132–135 vgl. den Kommentar zu (132– 135) γήθεεν […] ἐσπερίῳ. 1328 Vgl. auch den Kommentar zu (17) στονόεντι. 1329 Frühepisch: ὀκρυόεις: Il. 6,344; 9,64 – κρυόεις: Il. 5,740; 9,2; Hes. Th. 936; [Hes.] Scut. 255 – κρυερός: Il. 13,48; 24,524; Od. 4,103; 11,212; h.h. 8,15; Hes. Th. 657; Erga 153. 1330 Vgl. Frisk II s.v. κρύος; LfgrE s.v. κρυόεις, ὀκρυόεις. Bereits in der antiken Homerphilologie hat man die beiden Adjektive mit Kälte in Verbindung gebracht, also wohl einen Zusammenhang zu κρύος gesehen; vgl. z.B. Schol. vet. T Il. 9,2c (26): ὀ κ ρ υ ό ε ν τ ο ς: φρικτοῦ, φοβεροῦ. Die Form ὀκρυόεις ist gemäss Leumann (1950) 49f. durch Metanalyse entstanden in Il. 9,64 ἐπιδημίου ὀκρυόεντος < *ἐπιδημίοο κρυόεντος (dazu id. a.a.O.: »zunächst wurde das ursprüngliche ἐπιδημίοο κρυόεντος als elidiertes ἐπιδημίο᾿ ὀκρυόεντος gefaßt, dann dieses als Wortgruppe mit prosodischem Hiat als ἐπιδημίο(υ) ὀκρυόεντος«). Meines Erachtens wäre als Alternative auch die Möglichkeit einer Laryngalprothese (*#-) zu erwägen.

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len.1331 Alle drei Adjektive werden im frühen Epos ausschliesslich im übertragenen Sinne als Epitheta für Substantive im Wortfeld ›Krieg – Kampfestod – Todesfurcht‹ u.ä. gebraucht; ihre ursprüngliche Bedeutung ist somit »was erstarren, d[as] Blut i[n] d[en] Adern gefrieren läßt« (so LfgrE s.v. κρυερός). Bezugswörter sind etwa πόλεμος (Il. 9,64 πολέμου […] ἐπιδη μίου ὀκρυόεντος; Hes. Th. 936 ἐν πολέμῳ κρυόεντι; vgl. auch h.h. 8,15 φυλόπιδος κρυερῆς; Hes. Th. 657 ἀρῆς […] κρυεροῖο), φόβος ( Il. 9,2 φόβου κρυόεντος; Il. 13,48 κρυεροῖο φόβοιο), γόος (Il. 24,524 ~ Od. 4,103 ~ Od. 11,212 κρυεροῖο […] γόοιο), oder auch die Unte rwelt ([Hes.] Scut. 255 Τάρταρον ἐς κρυόενθ᾿; Hes. Erga 153 κρυεροῦ ᾿Αίδαο).1332 Apollonios weitet den Gebrauch auf andere Kollokationen aus; nebst dem homerisierenden ὀκρυόεντος […] φόβοιο (A.R. 2,607) vgl. 1,918 κρυόεσσαν […] ἅλα bzw. 2,628 ἁλὸς κρυόεντα κέλευθα; 2,210 κρυερῇ βασιλῆος ἐφετμῇ bzw. 3,390 κρυερὴ βασιλῆος ἀτασθάλου […] ἐφετμή. Im Kontext zu betrachten ist ferner eine letzte Stelle, A.R. 2,734–739: ἐκ δ᾿ αὐτῆς εἴσω κατακέκλιται ἤπειρον δέ κοίλη ὕπαιθα νάπη, ἵνα τε σπέος ἔστ᾿ ᾿Αίδαο ὕλῃ καὶ πέτρῃσιν ἐπηρεφές, ἔνθεν ἀυτμή πηγυλίς, ὀκρυόεντος ἀναπνείουσα μυχοῖο συνεχές, ἀργινόεσσαν ἀεὶ περιτέτροφε πάχνην, ἥ τε μεσημβριόωντος ἰαίνεται ἠελίοιο. Und von dort [= von der Acherusischen Landzunge] aus erstreckt sich Richtung Festland hinab eine hohle Schlucht, wo die Grotte des Hades ist, von Wald und Felsen überdacht, von wo ein eiskalter Hauch aus der grausigen Tiefe pausenlos heraufweht und immerzu weissschimmernden Raureif rings gefrieren lässt, und der schmilzt [nur], wenn die Sonne am höchsten steht.

Die Verwendung des Adjektivs ὀκρυόεις speist sich hier zweifelsohne aus der homerischen Bedeutung des Wortes (»grauenvoll« i.S.v. »Todesfurcht erregend« – für den Eingang zum Hades ja überaus passend), doch klingt aufgrund des Kontexts (2,736f. ἀυτμή / πηγυλίς; 2,738 ἀργινόεσσαν […] πάχνην) die ›etymologische‹ Bedeutung »Kälte«, deren sich die gelehrte Homerphilologie bewusst war (vgl. Anm. 1330), klar an.

1331 Vgl. Frisk II s.v. κρ ύος; LfgrE s.v. κρυερ ός. – Eine andere etymologische Herleitung bringt κρυερός mit altindisch krūrá- und lat. cruentus zusammen und deutet es als »blutig«; übertragen »grausam, roh« (vgl. LfgrE s.v.; Leumann [1950] 49). 1332 Die etymologische Verbindung von κρυερός mit einer indogermanischen Wurzel für »Blut« (vgl. Anm. 1331) ist also semantisch durchaus sinnvoll (vgl. z.B. auch, rein phänomenologisch, den englischen Kolloquialismus bloody hell). So oder so wurde das Wort aber wohl schon früh als Ableitung zu κρύος empfunden und somit als Synonym zu (ὀ)κρυόεις aufgefasst.

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Einmal mehr finden wir hier bei Apollonios einen Diskurs mit der Homerphilologie angelegt, den Quintus fortsetzt: Unser Dichter verwendet nämlich einerseits die Adjektive ὀκρυόεις, κρυόεις und κρυερός in ihrem h omerischen, d.h. übertragenen Sinne, andererseits jedoch κρυερός auch in seiner un- bzw. nachhomerischen, d.h. konkret-etymologischen Bedeutung.1333 Vgl. die nachstehende Auflistung: • homerisch, d.h. übertragen (9x): 1,133 ~ 1,539 ἀνὰ μόθον ὀκρυόεντα; 6,262 ἄντρῳ ὑπ᾿ ὀκρυόεντι; 13,88 θανάτῳ […] ὀκρυόεντι; 13,367 ὑπὸ ζόφον ὀκρυόεντα – 7,363 κρυόεντι φόβῳ – 1,487 ἀνὰ κρυερὸν στόμα χάρμης (Enallage); 5,366 τέρας κρυεροῖο φόβοιο; 7,543 κρυεροῦ […] φόβοιο;1334 • un-/nachhomerisch, d.h. konkret-etymologisch (7x): 1,625 βίῃ κρυεροῦ Βορέαο ~ 8,205 κρυεροῦ Βορέαο βίηφιν; 2,601 χειμῶνος κρυεροῖο ~ 9,72 κρυερῇ ὑπὸ χείματος ὥρῃ (Enallage); 3,527 ὕδατος […] κρυεροῖο ~ 10,420 κρυερὸν […] ὕδωρ; 7,134 κρυερήν […] χάλαζαν. (134) νηπίη  Zur νήπιος-Prolepse vgl. den Kommentar zu (96) νηπίη. (134) ὀιζυρῷ περ ᾿Ονείρῳ ὀιζυρὸς ὄνειρος steht – gleich wie δολόεις ὄνειρος in 1,125 und λυγρὸς ὄνειρος in 1,129 – in Analogie zum iliadischen οὖλος ὄνειρος (Il. 2,6). Die Kollokation von ὀιζυρός und ὄνειρος ist sonst in der Gräzität nicht belegt, wird aber von Quintus ein zweites Mal verwendet in 14,274 μνήσατ᾿ ὀιζυροῖο καὶ ἀλγινόεντος ὀνείρου »sie erinnerte sich an einen unheilvo llen und schmerzerregenden Traum«. Gemeint ist dort ein Traum Hekabes, in welchem diese den Opfertod ihrer Tochter Polyxena voraussieht (14,272–281) – also ein wahrer, kein trügerischer Traum.  Vgl. auch den Kommentar zu (125) μένος δολόεντος ᾿Ονείρου und (129) λυγρὸς ῎Ονειρος. (135) ἑσπερίῳ In Ilias 2 findet sich kein direkter Hinweis darauf, wann während der Nacht Agamemnon den zeusgesandten Unheilstraum empfängt. In Moschos’ Europa empfängt die Protagonistin ihren Traum im dritten Teil der Nacht, d.h. im Morgengrauen; vgl. Mosch. Eur. 1f.: Εὐρώπῃ ποτὲ Κύπρις ἐπὶ γλυκὺν ἧκεν ὄνειρον, / νυκτὸς ὅτε τρίτατον λάχος ἵσταται, ἐγγύθι δ᾿ ἠώς. 1333

Vgl. VB s.v. κρυερός: »(1) froid, glacé […] (2) qui glace d’effroi«. Vgl. die etymologisierenden Übersetzungen von James (2004): 5,366 τ έρας κρυεροῖο φόβοιο »[a] portent of chilling terror«; 7,363 κρυόεντι φόβῳ »with chilling terror«; 13,88 θανάτῳ […] ὀκρυόεντι »in the chilling grip of death«; 13,367 ὑπὸ ζόφον ὀκρυόεντα »down to death’s chill darkness«. 1334

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»Kypris sandte einst der Europa einen süssen Traum, [zu der Zeit,] wenn der dritte Teil der Nacht beginnt, die Morgenröte aber [schon] nah ist.«1335 Die Kommentatoren ad loc. sehen in dem Umstand, dass Penthesileia ihren Unheilstraum am Abend und nicht am Morgen empfange, eine Neuerung des Quintus.1336 Allerdings sollte man den Zeitpunkt des Traumes und die Frage, ob es sich dabei um einen wahren oder einen falschen Traum handle, m.E. nicht überbewerten: Dass Träumende ihre Träume eher gegen Ende als am Anfang der Nacht erhalten, hat vielmehr narratologische Gründe, da somit ein nahtloser Übergang vom Träumen zum anschliessenden Erwachen und dem weiteren Gang der Handlung, die durch den Traum beeinflusst wird, gewährleistet ist. So ist Europas wahrer Traum ein Morgentraum (s.o.), und desgleichen müssen wir uns Agamemnons falschen Traum auch als solchen vorstellen, heisst es doch unmittelbar, nachdem der Traum ihn verlassen hat (Il. 2,41): ἔγρετο δ᾿ ἐξ ὕπνου. »Und er e rwachte aus dem Traum.« Die Frage ist somit vielmehr, ob wir in dem Adjektiv ἑσπερίῳ nicht eher eine generalisierende Bedeutung »nächtlich« (ohne Implikation für die genaue Nachtzeit) sehen wollen und somit annehmen können, dass Penthesileia gleich wie Agamemnon ihren Traum im Morgengrauen empfängt und anschliessend gleich erwacht (vgl. Q.S. 1,138–140). (135) φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων πολύτλητος ( für die Hexameterdichtung): Od. 11,38 – Maxim. peri katarch. 6,144 – Manetho 2,398 und 5,231 – Triph. 462 – Greg. Naz. carm. mor. col. 779,1; carm. de se ipso p. 1260,12 – 12x Q.S. – Nonn. Dion. 7,40 – Kolluth. 205 – Musai. 330 – Anth. Gr. 9,451,3; App. 6,258,4; App. 6,266,5 – sowie einige vereinzelte prosaische Belege. Im Hexameter fast immer nach der KTT.

Es handelt sich um eines der zahlreichen homerischen hapax legomena, die in den Posthomerica mehrfach auftreten, jedoch (1.) in einem anderen Kontext (Form bzw. Kasus; Bezugswörter; sedes) und (2.) z.T. sogar in modifizierter Bedeutung.1337 In Odyssee 11 sind unter den Verstorbenen, die auf Odysseus’ Nekromantie ansprechen, auch πολύτλητοί […] γέροντες ( Od. 11,38). Das Adjektiv πολύτλητος bedeutet an jener Stelle »viel(es) erleidend / erduldend« bzw. »[…] erlitten / erduldet habend«1338 und ist somit ein Synonym zum ungleich häufigeren πολύτλας (5x Il., 37x Od., stets in der Versschlussformel πολύτλας δῖος ᾿Οδυσσεύς) (zur Wurzel *tel“- »aufheben, auf sich 1335 Zur Dreiteilung der Nacht im Epos vgl. Bühler (1960) 49f. ad loc.; für andere literarische Beispiele von Träumen im Morgengrauen vgl. Vian (1963) 17 Anm. 4. 1336 Vian (1963) 17 Anm. 4: »Les Songes véridiques apparaissent […] pendant le dernier tiers de la nuit […] Pourtant le songe trompeur du chant II de l’Iliade est un songe matinal.« Vgl. auch Guez (1999) 85; James (2004) 270. 1337 Vgl. Appel (1994a) 43. 1338 Vgl. LfgrE s.v. πολύτλητ(ος): »vieles erduldet habend, ‘abgezehrt’«.

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nehmen«). Quintus nun verwendet πολύτλας nicht, dafür jedoch πολύτλητος, und zwar in verschiedenen Kasus, für verschiedene Substantive sowie in zwei unterschiedlichen Bedeutungen: einerseits homerisch als verbales Rektionskompositum (s.o.), andererseits in veränderter Bedeutung als faktitives Bahuvrihi i.S.v. »viele Leiden bewirkend«.1339 Für die erstgenannte Bedeutung vgl. φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων (1,135; 5,45); 1340 πολυτλή του ᾿Οδυσῆος (5,361); 1341 Πριάμοιο πολυτλήτοιο (8,411; 10,369; 13,544; 14,267); πολυτλήτους […] / χεῖρας Λαομέδοντος (1,182f.) 1342 bzw. 14,556f. χεῖρας / […] πολυτλήτους (bez ogen auf den Kleinen Aias). Für die zweitgenannte Bedeutung, die sich m.W. zum ersten Mal in den Posthomerica findet, vgl. 2,341 γήρ αϊ γὰρ καθύπερθε πολυτλήτῳ βεβά ρητο »denn [Nestor] wurde vom Alter, das Leiden bewirkt, niedergedrückt« ~ 13,319 πολυτλήτῳ ὑπὸ γήραϊ μοχθίζοντα »vom Alter, das Leiden bewirkt, geplagt« (von Anchises); 11,25 ὑπ᾿ ὠδίνεσσι πολυτλήτοισιν »unter Schmerzen verursachenden Geburtswehen« (von Leto); 13,477 πολυτλή του βιότοιο. Beide Bedeutungen finden sich auch nach Quintus wieder; vgl. Nonn. Dion. 7,40 πολυτλήτων γένος ἀνδρῶν »das Geschlecht der vielduldenden Menschen« und Musai. 330 ψυχὴν καὶ ἔρωτα πολυτλήτοιο Λεάνδρου »den Lebenshauch und die Liebe des vielduldenden Leander« gegenüber Kolluth. 205 τῷ δὲ πολυτλήτων σημήια φαίνετο μόχθων »ihm e rschienen Vorboten Leiden verursachender Plagen«. Man beachte ferner den dreifachen Spondeus, den die Wendung πολυτλήτων ἀνθρώπων bildet, womit das signifié (das lange, leidvolle Menschenleben) durch das signifiant (die Länge der drei Daktylen) mimetisch abgebildet wird. Es gibt in den ganzen Posthomerica nur sieben Verse, die mit drei aufeinanderfolgenden Spondeen enden.1343 1339

Vgl. VB s.v. πολύτλητος: »(1) qui a beaucoup souffert, infortuné […] (2) qui cause beaucoup de souffrances«. – Formal gesehen, bedingt die Bedeutungsentwicklung, dass das Hinterglied -τλητος nicht mehr verbal, sondern nominal aufgefasst und also πολ ύτλητος in seiner homerischen Bedeutung nicht mehr als verbales Rektionskompositum (»vieles erleidend«), sondern als Possessivkompositum (»viele Leiden habend« o.ä.) verstanden wurde. Von da aus lässt sich die Entwicklung zu einem faktitiven Bahuvrihi leicht nachvollziehen. 1340 Vian übersetzt die Wendung φ ῦλα πολυτλ ήτων ἀνθρώπων kontextsensitiv zweimal anders: »les races des malheureux humains« in 1,135; »d’innombrables nations laborieuses« in 5,45 (zur Begründung für Letzteres vgl. Vian [1966] 203 Anm. 6 [zu 19]). 1341 Zur Färbung des Adjektivs an dieser Stelle vgl. Venini (1995) 190 Anm. 13. 1342 Als Bezugswort für Priamos speist sich das Adjektiv direkt aus der odysseischen Wendung πολύτλητοι […] γέροντες, doch wird es insofern aufgewertet bzw. semantisch neu aufgeladen, als es sich nicht mehr bloss auf eine Masse alter, leidgeprüfter Männer bezieht, sondern auf diejenige Figur, die geradezu als mythisches Paradigma des vom Schicksal geschlagenen Menschen gelten kann; vgl. dazu den Kommentar zu (84–85) παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. 1343 1,135; 5,45; 5,472; 9,70; 12,304; 12,314; 13,402. Vgl. dazu Platt (1901) 132f., der ausserdem noch Q.S. 6,535 anführt, was jedoch überhaupt nicht stimmt.

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(136) ἐπικέρτομα βάζων κερτομεῖν bedeutet »seinen Spott treiben (mit), (ver)spotten« (so LfgrE s.v. κερτομέω); mit der Vorsilbe ἐπι- (»dabei spotten«, LfgrE a.a.O.) findet sich das Verb 3x homerisch in der Formel τὸν δ᾿ ἐπικερτομέων προσέφη(ς) »zu diesem sprach er / sprachst du spottend«; vgl. Il. 16,744 (Patroklos zu dem getöteten Kebriones); Il. 24,649 (Achilleus zu Priamos);1344 Od. 22,194 (Eumaios zu dem gefesselten und geknebelten Melanthios).1345 Quintus bildet das Adjektiv ἐπικέρτομος aus dem Partizip ἐπικερτομέων bzw. in Analogie zu dem bereits homerischen Adjektiv κέρτομος / κερτόμιος1346 und verwendet es als hapax. Vorbild für Quintus’ Formulierung ἐπικέρτομα βάζων ist nebst der genannten homerischen Formel auch und v.a. Hes. Erga 788 κέρτομα βάζειν,1347 wobei hier auch der Kontext der Vorbildpassage von Relevanz ist: Es heisst dort, dass »der erste sechste [Tag]« (Erga 785 ἡ πρώτη ἕκτη) ungeeignet sei als Geburtstag für eine Frau (Erga 785f. οὐδὲ […] κούρῃ γε γενέσθαι / ἄρμενος), für einen Mann allerdings schon (Erga 788 ἐσθλὴ δ᾿ ἀνδρογόνος), da solche Männer κέρτομα βάζειν / ψεύδεά θ᾿ αἱμυλίους τε λόγους κρυφίους τ᾿ / ὀαρισμούς (»spöttische [Worte], Lügen, listige Reden und heimliche Plaudereien von sich geben« [Erga 788f.]). Dieser hesiodeische Subtext ist für Q.S. 1,136 in zweierlei Hinsicht bedeutsam: Erstens verfügt er mit der binären Opposition ›Frau – Mann‹ über einen gemeinsamen Nenner mit Posthomerica 1; zweitens jedoch, und wichtiger, wird der Spott in einen engen Zusammenhang mit der Lüge gebracht (> Trugtraum). ἐπικερτόμησις wird später zu einem t.t. für Schadenfreude; vgl. Ps.Herodian fig. p. 92,18f. Spengel: ἐπικερτόμησις δέ ἐστι λόγος ἐρεθιστικὸς ἐπὶ τῷ λυπῆσαι τοὺς ἐχθροὺς συντεθειμένος. »Eine ἐπικερτόμησις ist eine provokative Rede, verfasst mit dem Zweck, die Feinde zu kränken.«1348 Kokondrios1349 sieht in der ἐπικερτόμησις eine von sechs verschied enen Arten von εἰρωνεία; 1350 vgl. περὶ τρόπων p. 789,8f. Walz (vol. 8): ἐπικερ1344 Die Frage nach der Bedeutung des Ausdrucks in Il. 24,649 ist umstritten; vgl. dazu ausführlich Richardson (1993) 344f. 1345 Imitation der Formel bei [Theokr.] 20,2 καί μ᾿ ἐπικερτομέοισα τάδ᾿ ἔννεπεν. 1346 Zu κέρτομος / κερτόμιος vgl. LfgrE s.v. κερτόμι(ος): »nicht ernst gemeint, neckend, höhnisch«; s.v. κέρτομος: »bissig, höhnisch […] > witzig, durchtrieben«. Zur Etymologie vgl. Frisk I s.v. κερτομέω; anders Knobloch (1990); vgl. auch Gottesman (2008). 1347 Das Verb βάζειν und der Stamm κερτομ- treten in der Gräzität nur an diesen beiden Stellen als Kollokationen auf; man beachte ausserdem, dass Quintus auch die Versendstellung des hesiodeischen Ausdrucks übernommen hat. 1348 Vgl. auch Lightfoot (2003) 528 (zu Lukian Syr. D. 58): »It usually denotes mocking, sarcastic laughter, with an element of Schadenfreude […]« 1349 Datierung umstritten, möglicherweise erst byzantinisch; vgl. Art. »Kokondrios« in: DNP 6 (1999) 637f. (Michael Weißenberger). 1350 Vgl. Kokondrios, περὶ τρόπων 788,21–28 Walz (vol. 8); vgl. auch Lausberg (31990) 303.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

τόμησις δέ ἐστιν εἰρωνεία ἡδονὴν ἐκφέρουσα τοῦ λέγοντος. » ἐπικερτόμησις ist eine [Art von] Ironie, die eine Freude des Sprechenden zum Ausdruck bringt.« Textintern vgl. ausserdem Q.S. 1,574 καί μιν κερτομέων προσεφώνεε Πηλέος υἱός (Achilleus zu Penthesileia, die ihren Speer erfolglos gegen ihn geworfen hat);1351 10,307 ἀλλά ἑ κερτομέουσα μέγ᾿ ἀχνύμ ενον προσέειπε (Oinone zum sterbenden Paris); 12,552 καί τις κερτομέων ὀλοφώιον ἔκφατο μῦθον (ein namenloser Troer zur rasenden Kassandra). (137) ἐποτρύνων πονέεσθαι  Versschlussformel »ἐποτρύν- | — πονέεσθαι«: Q.S. 1,137; 1,215; 8,14; 9,536. Infinitivform πονέεσθαι: Il. 10,116; 10,117; 10,121; 23,245 – A.R. 1,1348; 2,335; 3,624 – 21x Q.S. – vis. Dor. 84; 309; 325 – u.a.; ein typisch unkontrahierter Ionismus, auch einige Male bei ionischen Medizinschriftstellern (Corpus Hippocraticum; Galen).

In der homerischen Sprache weist das Verb πονεῖσθαι (32x Il., 20x Od.) nur an fünf Stellen die Sonderbedeutung »kämpfen« auf, während das Substantiv πόνος ( 44x Il., 12 Od.) bereits homerisch in der Hälfte aller Verwendungen »Kampf« (< »Arbeit, Mühe, Anstrengung [im Kampf]«) bedeutet.1352 Bei Q.S. dagegen ist die Bedeutung »kämpfen« die geläufige: in 58 von insgesamt 76 Stellen, an denen Quintus das Verb verwendet, ist es – ähnlich wie μάρνασθαι1353 – ein Synonym zu μάχεσθαι.1354  Vgl. auch den Kommentar zu (130) ἐποτρύνεσκε.

1351

Die Stelle klingt wie ein Echo von Q.S. 1,136. Gemäss Trümpy (1950) 148 ist für π όνος in Ilias und Odyssee an 28 von gesamthaft 56 Stellen »die kriegerische Sonderbedeutung« anzusetzen. Zum Verb vgl. id. 149: »πονέομαι […] läßt sich nur an 5 Stellen (Δ 374. Ε 84 = 627. Ν 288. Υ 359) mit ’kämpfen‘ übersetzen. Dabei ist das ursprüngliche Element der Anstrengung überall stark mitempfunden. Da außer Ν 288 in der Nähe jeweilen ein nominales oder verbales Wort für ’Kampf‘ (ὑσμίνη, μ άχεσθαι) steht, ist die fachsprachliche Beschränkung vielleicht noch gar nicht so selbstverständlich geworden wie beim Substantiv. Beachtlicherweise kommen auch keine Waffen als Instrument neben dem Verb vor.« Folgerung (ibid.): »Die Verwendung des Wortes π όνος für ’Kampf‘ muß somit jung sein. Alles spricht dafür, diesen Bedeutungswandel der ionischen Schicht zuzuschreiben. π όνος ist auch in keiner Weise formelhaft gebunden.« – Vgl. auch LfgrE s.v. πονέομαι I 1b und πόνος, Πόνος I 2. 1353 Vgl. den Kommentar zu (130–131) ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος […] μάρνασθαι ἐναντίον. 1354 Gemäss VB s.v. πονέομαι. 1352

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Kommentar zu den Versen 138–160

Verse 138–160: Penthesileias Rüstung Rüstungsszenen gehören zu den sog. ›Typischen Szenen‹ der homerischen Epik.1355 Die Ilias weist vier gross angelegte, stark formelhafte Szenen dieser Art auf: Il. 3,328–339 (Rüstung des Paris vor dem Zweikampf mit Menelaos); 11,15–45 (Rüstung des Agamemnon vor der grossen Aristie der Griechen); 16,130–144 (Rüstung des Patroklos mit den Waffen des Achilleus); 19,364–391 (Rüstung des Achilleus mit den von Hephaistos neu gefertigten Waffen zum Kampf gegen die Troer und gegen Hektor).1356 Die erste und kürzeste dieser Rüstungsszenen kann als prototypisch angesehen werden;1357 vgl. Il. 3,328–339: αὐτὰρ ὅ γ᾿ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἐδύσατο τεύχεα καλά δῖος ᾿Αλέξανδρος, ῾Ελένης πόσις ἠυκόμοιο. κνημῖδας μὲν πρῶτα περὶ κνήμῃσιν ἔθηκε καλάς, ἀργυρέοισιν ἐπισφυρίοις ἀραρυίας· δεύτερον αὖ θώρηκα περὶ στήθεσσιν ἔδυνεν οἷο κασιγνήτοιο Λυκάονος· ἥρμοσε δ᾿ αὐτῷ. ἀμφὶ δ᾿ ἂρ ὤμοισιν βάλετο ξίφος ἀργυρόηλον χάλκεον, αὐτὰρ ἔπειτα σάκος μέγα τε στιβαρόν τε· κρατὶ δ᾿ ἐπ᾿ ἰφθίμῳ κυνέην εὔτυκτον ἔθηκεν ἵππουριν· δεινὸν δὲ λόφος καθύπερθεν ἔνευεν. εἵλετο δ᾿ ἄλκιμον ἔγχος, ὅ οἱ παλάμηφιν ἀρήρει. ὣς δ᾿ αὔτως Μενέλαος ἀρήιος ἔντε᾿ ἔδυνεν.

(a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h)

Doch der tauchte rings mit den Schultern in die schönen Waffen, der göttliche Alexandros, der Gatte der schönhaarigen Helena. Zuerst legte er Beinschienen um die Waden, schöne, mit silbernen Knöchelspangen befestigte; als zweites aber tauchte er rings um die Brust den Panzer seines Bruders Lykaon; und er passte ihm. Um die Schultern aber warf er das Schwert, das mit silbernen Buckeln beschlagene, eherne, sodann jedoch den grossen und wuchtigen Schild. Und auf sein mächtiges Haupt setzte er den gut gearbeiteten Helm mit dem Rossschwanz; und gewaltig nickte von oben herab der Helmbusch. Und er griff sich die wehrhafte Lanze, die ihm in die Hände passte. Und ebenso tauchte der kriegskundige Menelaos in seine Rüstung. 1355 Grundlegend dazu Arend (1933) 92–97 und Armstrong (1958); ferner Kirk (1985) 313f. (zu Il. 3,330–338). Die folgenden Ausführungen stützen sich im Wesentlichen auf diese Arbeiten. 1356 Danebst kennen sowohl Ilias als auch Odyssee eine Reihe kleinerer Rüstungsszenen, die hier nicht besprochen werden. Vgl. dazu Arend (1933) 95–97. 1357 Vgl. Armstrong (1958) 344: »[T]he basic formula appears in the arming of Paris.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Alle vier genannten Szenen laufen nach der hier ersichtlichen Grundstruktur ab, d.h. sie weisen eine fixe Abfolge bestehender Elemente des Rüstungsprozesses mit dazugehörigen, mehr oder weniger fixen Formeln auf,1358 was von der starken Formelhaftigkeit des ganzen Szenentyps zeugt: (a) Ankündigungsvers > (b) Beinschienen > (c) Panzer > (d) Schwert > (e) Schild > (f) Helm > (g) Speer(e) / Lanze > (h) Abschlussvers (optional). Die tabellarische Darstellung (1) auf der nächsten Seite zeigt den Ablauf und die Formelstruktur der vier iliadischen Szenen nebeneinander und im Vergleich mit Q.S. 1,138–160.1359 Zwischen diesen einzelnen Elementen baut Homer verschiedentlich ad libitum kürzere oder längere digressive Elemente (im Umfang von einem oder mehreren Versen) ein.1360 Inhaltlich können wir darin Angaben folgender Art finden: Angaben zum Helden, der sich rüstet; Angaben zum ursprünglichen Besitzer eines bestimmten Rüstungselements; Angaben zur Herkunft eines bestimmten Rüstungselements (z.B. ein Gastgeschenk); ekphrastische Elemente: Angaben zu den Materialien, aus denen ein Rüstungselement hergestellt ist, und / oder Angaben zu bildlichen Darstellungen darauf; Angaben zum Aussehen eines Rüstungselements in Form von Vergleichen oder Gleichnissen. Die tabellarische Darstellung (2) auf der übernächsten Seite zeigt die digressiven Elemente in den vier iliadischen Szenen nebeneinander und im Vergleich mit Q.S. 1,138–160. Im Vergleich mit den vier iliadischen Rüstungsszenen lässt sich bezüglich Penthesileias Rüstung in Q.S. 1,138–160 Folgendes feststellen: Quintus behält einerseits die iliadische Abfolge der einzelnen Rüstungsschritte (fast) bei und flicht ebenfalls vereinzelte digressive Elemente ein. In diesen beiden Punkten folgt er also seinem homerischen Vorbild – gleichzeitig setzt er sich von Apollonios und Vergil ab, welche in ihren Rüstungsszenen nie die ganze Panhoplie und nie in der kanonischen homerischen Reihenfolge ausbreiten.1361 Andererseits übernimmt er keine der bestehenden iliadischen Formeln eins zu eins, sondern er bildet – freilich in Anlehnung an diese –

1358 Einzelne dieser Formeln oder Elemente davon können auch in den kleineren, unvollständigen Rüstungsszenen der Ilias und der Odyssee (vgl. Anm. 1356) auftreten; vgl. dazu die Stellenangaben in den entsprechenden Lemmakommentaren. 1359 Ähnliche tabellarische Darstellungen schon bei Arend (1933) a.E. (Tafel 6, Schema 10) und Kirk (1985) 313. 1360 Dies gilt insbesondere für die Szenen in Ilias 11 und 19. Die längste Digression besteht aus neun Versen, Il. 11,20–28. 1361 Vgl. A.R. 3,1225–1234 (Rüstung des Aietes); Verg. Aen. 11,486–490 und 12,81–94 (Rüstung des Turnus); 12,430–442 (Rüstung des Aeneas). Gleichwohl hat Quintus auch einige Details aus diesen Rüstungsszenen für Penthesileias Rüstung übernommen; vgl. die Kommentare zu (141) τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης, (143) κνημῖδας χρυσέας, (144) ἕσσατο, (145) κυδιόωσα, (153–156) ἀστεροπῇ δ᾿ ἀτάλαντος ἐείδετο […] ἄλληκτον ἰωήν.

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Il. 3,328–339 328 αὐτὰρ ὅ γ᾿ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἐδύσατο τεύχεα καλά

330f. κνημῖδας μὲν πρῶτα περὶ κνήμῃσιν ἔθηκε / καλάς, ἀργυρέοισιν ἐπισφυρίοις ἀραρυίας

332 δεύτερον αὖ θώρηκα περὶ στήθεσσιν ἔδυνεν

334f. ἀμφὶ δ᾿ ἂρ ὤμοισιν βάλετο ξίφος ἀργυρόηλον / χάλκεον

335 αὐτὰρ ἔπειτα σάκος μέγα τε στιβαρόν τε

336f. κρατὶ δ᾿ ἐπ᾿ ἰφθίμῳ κυνέην εὔτυκτον ἔθηκεν / ἵππουριν· δεινὸν δὲ λόφος καθύπερθεν ἔνευεν

338 εἵλετο δ᾿ ἄλκιμον ἔγχος, ὅ οἱ παλάμηφιν ἀρήρει

339 ὣς δ᾿ αὔτως Μενέλαος ἀρήιος ἔντε᾿ ἔδυνεν

(1) (a)

(b)

(c)

(d)

(e)

(f)

(g)

(h)

43f. εἵλετο δ᾿ ἄλκιμα δοῦρε δύω κεκορυθμένα χαλκῷ / ὀξέα

41f. κρατὶ δ᾿ ἐπ ἀμφίφαλον κυνέην θέτο τετραφάληρον / ἵππουριν· δεινὸν δὲ λόφος καθύπερθεν ἔνευεν.

32f. ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ ἀμφιβρότην πολυδαίδαλον ἀσπίδα θοῦριν / καλήν

29 ἀμφὶ δ᾿ ἂρ ὤμοισιν βάλετο ξίφος

19 dito

17f. dito

Il. 11,15–45 16 ἐν δ᾿ αὐτὸς ἐδύσατο νώροπα χαλκόν

139–141 εἵλετο δ᾿ ἄλκιμα δοῦρε, τά οἱ παλάμηφιν ἀρήρει. / ἔγχος δ᾿ οὐχ ἕλετ᾿ οἶον ἀμύμονος Αἰακίδαο, / βριθὺ μέγα στιβαρόν

137f. = 3,336f.

136 = 3,335

135f. = 3,334

133 dito

131f. dito

Il. 16,130–144 130 Πάτροκλος δὲ κορύσσετο νώροπι χαλκῷ

387f. ἐκ δ᾿ ἄρα σύριγγος πατρώιον ἐσπάσατ᾿ ἔγχος / βριθὺ μέγα στιβαρόν

380f. περὶ δὲ τρυφάλειαν ἀείρας / κρατὶ θέτο βριαρήν

373 dito

372f. dito

371 dito

369f. dito

Il. 19,364–391 364 ἐν δὲ μέσοισι κορύσσετο δῖος ᾿Αχιλλεύς; 368 δύσετο δῶρα θεοῦ

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152 ὣς ἡ μὲν μορόεντα περὶ χροῒ θήκατο τεύχη

158f. δοιοὺς εἵλετ᾿ ἄκοντας ὑπ᾿ ἀσπίδα, δεξιτερῇ δέ / ἀμφίτυπον βουπλῆγα τόν οἱ ῎Ερις ὤπασε δεινή

150f. ἀμφὶ δὲ κρατί / θῆκε κόρυν κομόωσαν ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν

147 ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ ἀσπίδα δῖαν

144f. ἀμφὶ δ᾿ ἄρ᾿ ὤμοις / θήκατο κυδιόωσα μέγα ξίφος

144 ἕσσατο δ᾿ αὖ θώρηκα παναίολον

142f. πρῶτα μὲν ἂρ κνήμῃσιν ἐπ᾿ ἀργυφέῃσιν ἔθηκε / κνημῖδας χρυσέας αἵ οἱ ἔσαν εὖ ἀραρυῖαι

Q.S. 1,138–160 140f. ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε / τεύχεα δαιδαλόεντα

Kommentar zu den Versen 138–160

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zu (h)

16,141–144 = 19,388–391 τὸ μὲν οὐ δύνατ᾿ ἄλλος ᾿Αχαιῶν / πάλλειν, ἀλλά μιν οἶος ἐπίστατο πῆλαι ᾿Αχιλλεύς, / Πηλιάδα μελίην, τὴν πατρὶ φίλῳ πόρε Χείρων / Πηλίου ἐκ κορυφῆς, φόνον ἔμμεναι ἡρώεσσιν

44f. τῆλε δὲ χαλκὸς ἀπ᾿ αὐτόφιν οὐρανὸν εἴσω / λάμπ᾿

zu (g)

374 τοῦ δ᾿ ἀπάνευθε σέλας γένετ᾿ ἠύτε μήνης; 375–380 Gleichnis dazu

368 τά οἱ ῞Ηφαιστος κάμε τεύχων

Il. 19,364–391

381–383 ἣ δ᾿ ἀστὴρ ὣς ἀπέλαμπεν / ἵππουρις τρυφάλεια, περισσείοντο δ᾿ ἔθειραι / χρύσεαι, ἃς ῞Ηφαίστος ἵει λόφον ἀμφὶ θαμειάς

33–40 Ekphrasis (Material; Darstellungen)

zu (e)

134 ποικίλον ἀστερόεντα ποδώκεος Αἰακίδαο

Il. 16,130–144

zu (f)

29–31 ἐν δέ οἱ ἧλοι / χρύσειοι πάμφαινον, ἀτὰρ περὶ κουλεὸν ἦεν / ἀργύρεον, χρυσέοισιν ἀορτήρεσσιν ἀρηρός

20–23 Herkunftsangabe (< Gastgeschenk); 24–28 Ekphrasis (Material; Darstellungen)

Il. 11,15–45

zu (d)

zu (c)

333 οἷο κασιγνήτοιο Λυκάονος· ἥρμοσε δ᾿ αὐτῷ

329 δῖος ᾿Αλέξανδρος, ῾Ελένης πόσις ἠυκόμοιο

zu (a)

zu (b)

Il. 3,328–339

(2)

147–150 Ekphrasis; Vergleich mit dem Halbmond

145f. ᾧ πέρι πάντῃ / κουλεὸς εὖ ἤσκητο δι᾿ ἀργύρου ἠδ᾿ ἐλέφαντος

141 τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης

Q.S. 1,138–160

404 4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Kommentar zu den Versen 138–160

405

eigene Formulierungen.1362 In diesem Punkt setzt er sich also von seinem homerischen Vorbild ab – dies im Einklang mit seinem Prinzip, keine ganzen homerischen Verse unverändert zu übernehmen.1363 Ferner findet sich in Quintus’ Schilderung ein weiterer signifikanter Unterschied gegenüber dem homerischen Paradigma: Auf Element (f) – das Anlegen des Helms (1,150f.) – folgt unmittelbar Element (h) – der Abschlussvers (1,152) – und daraufhin ein Gleichnis, das Penthesileias Aussehen in ihrer Rüstung als Ganzes (und nicht bloss das Aussehen eines bestimmten Rüstungselements wie in den iliadischen Szenen) mit dem Blitz des Zeus vergleicht (1,153–156). Die Szene macht somit an jenem Punkt einen abgeschlossenen Eindruck;1364 das Element (g) – das Ergreifen der Wurfgeschosse – scheint ausgelassen worden zu sein, wird dann allerdings in unmittelbarem Anschluss an das Blitzgleichnis ›nachgeliefert‹ (1,157– 160): Penthesileia eilt aus dem Megaron (1,157 ἐγκονέουσα […] ἐκ μεγάροιο νέεσθαι) und fasst im Laufen zwei Speere (1,158 δοιοὺς εἵλετ᾿ ἄκοντας) sowie eine Doppelaxt (1,159 ἀμφίτυπον βουπλ ῆγα). Dieser Unterschied gegenüber den iliadischen Schilderungen ist auf zwei Ebenen bezeichnend: Einerseits liegt, metapoetisch gesehen, eine variatio vor: Quintus spielt mit den Erwartungshaltungen des lector doctus, der das Element (g) vermisst und am Ende doch noch geliefert bekommt. Andererseits jedoch ist darin ein Beitrag zu Penthesileias Charakterisierung zu sehen: Während homerische Helden mit einer oder höchstens zwei Wurfwaffen auskommen,1365 nimmt sie gewissermassen ›im Vorbeieilen‹ (1,157 ἐγκονέουσα) sowohl zwei Speere als auch eine Doppelaxt mit. Dieses Verhalten steht in Einklang mit ihrer Ungeduld, ihrer unbändigen Kampfeslust und ihrem unstillbaren Blutdurst, aber auch mit ihrer Überzeugung, die homerischen Helden einschliesslich Achilleus übertreffen und bezwingen zu können. Was die Beschreibung von Penthesileias Äusserem angeht, so bemüht Quintus einmal mehr, wie schon in zwei Gleichnissen bei ihrem Auftritt,1366 die Metapher des Lichts, um sowohl die Schönheit als auch die imposantbedrohliche Erscheinung der Amazonenkönigin zum Ausdruck zu bringen. Der Glanz ihrer (teils goldenen) Rüstungsmaterialien wird mehrfach her1362

Für die Details von Quintus’ ›Übersetzungsprozess‹ vgl. die Lemmakommentare ad loc. Zu diesem poetologischen Prinzip des Quintus vgl. Kap. 1.3.3.2. 1364 Der abgeschlossene Eindruck wird in Vers 156 mittels der wirkungsvollen Klausel b:B:a:A (untergeordnetes Adj. : untergeordnetes Subst. : übergeordn. Adj. : übergeordn. Subst.) verstärkt: πολυρροίζων ἀνέμων ἄλληκτον ἰωήν. Vgl. dazu den Kommentar ad loc. 1365 Sie nehmen einen oder zwei Speere (Paris, Il. 3,338: εἵλετο δ᾿ ἄλκιμον ἔγχος; Agamemnon, Il. 11,43 und Patroklos, Il. 16,139: ε ἵλετο δ ᾿ ἄλκιμα δο ῦρε [δύω]), während Achilleus zu seiner ›Spezialwaffe‹, der μελίη, greift (Il. 19,387: πατρώιον ἐσπάσατ᾿ ἔγχος). 1366 Q.S. 1,37–41 (Mond) und 1,48–53 (Morgenröte). 1363

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

vorgehoben1367 und kulminiert schliesslich in dem genannten Blitzgleichnis.1368 Ausserdem ist festzustellen, dass Quintus die homerisierende Panhoplie Penthesileias mit etwelchen amazonentypischen Elementen kombiniert.1369 Zwei davon werden schon innerhalb der Rüstungsszene erwähnt: der halbmondförmige Schild (1,147 ἀσπίδα δῖαν ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης) und die Doppelaxt (1,159 ἀμφίτυπον βουπλῆγα). 1370 Penthesileias Berittenheit, das wohl typischste Charakteristikum der Amazonen überhaupt, wird kurz danach genannt und ausgeführt in den Angaben über die Herkunft ihres Pferdes (1,166–171). Erst wesentlich später, im Zuge ihrer Aristie, heisst es schliesslich, dass sie zusätzlich auch noch über Bogen und Köcher, die ebenfalls typische Amazonenwaffen sind, verfüge; vgl. Q.S. 1,338– 341.1371 Diese Kombination (›Kontamination‹) von homerischer Panhoplie und Amazonenattributen zeigt Penthesileia als ambivalente Figur, die in ihrer Charakteristik zwischen einem ›männlichen‹ Heros homerischen Zuschnitts und einem weiblichen Eindringling aus der (geographischen wie soziokulturellen) Peripherie der griechischen Ökumene oszilliert.1372 Im Einklang mit dieser janusköpfigen Charakterisierung verzichtet Quintus jedoch auf weitere amazonentypische Charakteristika wie das Kämpfen mit entblösster oder gar ausgebrannter Brust, die innerhalb der homerisierenden Erzählung allzu exotisch angemutet bzw. die Panhoplie verunmöglicht hätten.1373 Somit gelingt es ihm, in der Darstellung Penthesileias die Balance zwischen homerischem ›Heros‹ und Amazone zu halten.

1367 Vgl. τε ύχεα δαιδαλόεντα (141); κνημ ῖδας χρυσέας (143); θ ώρηκα παναίολον (144); κουλεὸς […] δι᾿ ἀργύρου ἠδ᾿ ἐλέφαντος (146); ἀσπίδα δῖαν ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης (147); τοίη μαρμαίρεσκεν ἀάσπετον (150); κ όρυν κομ όωσαν ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν (151); μορόεντα […] τεύχη (152). 1368 Vgl. den Kommentar zu (153–156) ἀστεροπῇ δ᾿ ἀτάλαντος ἐείδετο […] ἄλληκτον ἰωήν. 1369 Vgl. Vian (1959a) 20 mit Anm. 4–6; Vian (1963) 18 Anm. 1; James (2004) 270. 1370 Zu den dahinterstehenden Traditionen vgl. die Kommentare zu (147) ἀσπίδα […] ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης und (159) ἀμφίτυπον βουπλῆγα. Vgl. ausserdem Lindblom (1999) zu den amazonentypischen Waffen in der attischen Vasenmalerei. 1371 Bezeichnenderweise ist es ihr Pferd, das für sie Bogen und Köcher trägt (1,338f. φέρεν δέ οἱ αἰόλος ἵππος / ἰοδόκην κα ὶ τόξον ἀμείλιχον). Quintus trägt also dem Umstand Rechnung, dass Penthesileia nebst den beiden Speeren, der Doppelaxt und dem Schild nicht auch noch Bogen und Köcher tragen bzw. umgebunden haben kann. 1372 Gemäss Vian (1959a) 20 nur »un armement curieusement hétéroclite«, was zu kurz greift. 1373 Vgl. Vian (1963) 18 Anm. 1. Für Penthesileia mit ›exotischen‹ Attributen vgl. z.B. Paus. 10,31,8 (skythischer Bogen und Leopardenfell); Verg. Aen. 1,492 und 11,649 (entblösste Brust); Schol. vet. bT Il. 3,189 (6) (ausgebrannte Brust). – Dass Quintus Penthesileia nicht mit entblösster Brust kämpfen lässt, hat wohl in erster Linie damit zu tun, dass dadurch eine Panhoplie (Brustpanzer!) verunmöglicht würde. Der Verzicht auf den Topos der ausgebrannten Brust ist u.a. auch mit Blick auf die späteren Ereignisse zu sehen: Achilleus wird sich in die tote Penthesileia – eine Frau – verlieben; eine Verstümmelung der Brust bedeutet jedoch eine permanente Entweiblichung des Frauenkörpers und würde somit Achilleus’ Liebe konterkarieren.

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Die Rüstung der Penthesileia ist die einzige ausführliche Panhoplie in den Posthomerica. Die Rüstung des Eurypylos im 6. Buch wird nicht im Detail ausgeführt, sondern nur kurz berichtet; stattdessen folgt darauf die Beschreibung seines Schildes; vgl. Q.S. 6,194–197: λαοὶ δ᾿ αὐτίκα δῦσαν ἐν ἔντεσι μαιμώωντες, πάντες ἐνὶ πρώτοισι λιλαιόμενοι πονέεσθαι. ὣς δὲ καὶ Εὐρύπυλος μεγάλοις περικάτθετο γυίοις τεύχεα μαρμαρέῃσιν ἐειδόμενα στεροπῇσι. Und die Soldaten tauchten sofort begierig in die Rüstung, alle danach trachtend, unter den Ersten sich zu mühen. Und so legte auch Eurypylos um seine grossen Glieder die Rüstung, [die gleich] aussah wie funkelnde Blitzlichter.

Auch die Rüstung des Neoptolemos im siebten Buch wird nur in stark verkürzter Form berichtet; falls jedoch, wie Vian vermutet hat, einige Verse ausgefallen sind, so könnte dort eine (partielle oder vollständige) Panhoplie gestanden haben;1374 vgl. Q.S. 7,445–451: υἱὸς δ᾿ αὖτ᾿ ᾿Αχιλῆος ἐδύσατο τεύχεα πατρός, καί οἱ φαίνετο πάμπαν ἀλίγκιος· ἀμφὶ δ᾿ ἐλαφρά ῾Ηφαίστου παλάμῃσι περὶ μελέεσσιν ἀρήρει, καί περ ἐόνθ᾿ ἑτέροισι πελώρια· τῷ δ᾿ ἅμα πάντα φαίνετο τεύχεα κοῦφα· κάρη δέ οἱ οὔ τι βάρυνε πήληξ ……………………………………………………………… ……………………………………………………………………… ……………, ἀλλά ἑ χερσὶ καὶ ἠλίβατόν περ ἐοῦσαν ῥηιδίως ἀνάειρεν ἔθ᾿ αἵματος ἰσχανόωσαν. Der Sohn hinwiederum tauchte in die Waffen seines Vaters Achilleus, und er schien ihm aufs Haar zu gleichen. Von Hephaistos’ Händen massgeschneidert, passten sie ihm ganz leicht rings um seine Gliedmassen, obschon sie für andere viel zu riesig gewesen wären; ihm jedoch erschien die ganze Rüstung federleicht. Nicht drückte ihm der Helm schwer auf den Kopf, ……………………………………………… ……………, sondern mit seinen Händen hob er sie hoch, obschon sie riesig war, mit Leichtigkeit: [die Lanze,] die noch immer nach Blut dürstete.

(138) ἀλλ᾿ ὅτε δή ῥ᾿ 12x Il. – 8x Od. – Hes. Th. 58 – A.R. 4,1537 – Q.S. 1,138 und 9,233 – u.a. Ausschliesslich epische Partikelkombination; stets zu Versbeginn.

Vgl. insbesondere den Iteratvers ἀλλ᾿ ὅτε δή ῥ᾿ ἐκ τοῖο δυωδεκάτη γένετ᾿ ἠώς »doch als nun danach die zwölfte Morgenröte aufging« (Il. 1,493 = 24,31). Vgl. ferner den Vers ἀλλ᾿ ὅτε δή ῥ᾿ ἐνιαυτὸς ἔην, περὶ δ᾿ ἔτραπον 1374

Vgl. Vian (1966) 123 Anm. 1.

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ὧραι »doch als nun ein Jahr [vorüber] war und die Jahreszeiten sich wendeten« (Od. 10,469 = Hes. Th. 58 = Eudoc. homeroc. 2,243), wo die Wendung ebenfalls im Zusammenhang mit einer Zeitangabe erscheint. (138) ῥοδόσφυρος1375  Q.S. 1,138 – Him. 9,229 (ῥοδόσφυροι Χ άριτες) – Anth. Gr. 2,160 (Christodor) (ῥοδόσφυρος ᾿Ηετιώνη) – Paul. Sil. descr. Soph. 410 (ἠώς) und 889 (νύξ!) – PMag.Berol. 2,93 Preisendanz (᾿Αντολίη).

Ein Neologismus unseres Dichters, von ihm als hapax behandelt. Offensichtlich imitiert von Christodor: Anth. Gr. 2,160 ῥοδόσφυρος ᾿Ηετιώνη stellt eine imitatio ›übers Kreuz‹ dar von Q.S. 1,115 ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη und 1,138 ῥοδόσφυρος ᾿Ηριγένεια.1376 Quintus’ ῥοδόσφυρος ersetzt das berühmte homerische ῥοδοδάκτυλος, welches in Ilias und Odyssee als epitheton solum für ἠώς dient – stets in der Versschlusswendung ῥοδοδάκτυλος ἠώς (5x Il., 22x Od.), dabei meist im Iteratvers ἦμος δ ᾿ ἠριγένεια φ άνη ῥοδοδάκτυλος ἠώς (Il. 1,477 und 24,788; 20x Od.) – und sich seinerseits in den Posthomerica nicht findet. Mit ῥοδόπεπλος bildet Quintus einen zweiten Neologismus dieser Art (ein absolutes hapax), d.h. mit dem gleichbleibenden Vorderglied ῥοδο-, aber einem anderen nominalen Hinterglied; vgl. 3,608 γηθείτω ῥοδόπεπλος ἀν᾿ οὐρανὸν ἠριγένεια. Mehr noch können wir in ῥοδόπεπλος eine Kreuzung zwischen ῥοδοδάκτυλος und κροκόπεπλος, welches ebenfalls ein homerisches Epitheton für ἠώς ist1377 und sich in den Posthomerica gleichermassen nicht findet, sehen. Nonnos imitiert Quintus’ Methode an einer Stelle, indem er in einem den homerischen Formularvers imitierenden Vers das Adjektiv ῥοδοειδής als Epitheton für ἠώς verwendet; vgl. Dion. 35,249 ἀλλ᾿ ὅτε φαινομένης ῥοδοειδέος ἠριγενείης.1378 Dass Quintus die beiden homerischen Adjektive ῥοδοδάκτυλος und κροκόπεπλος meidet und durch die beiden hapax legomena ῥοδόσφυρος und ῥοδόπεπλος ersetzt, ist bezeichnend für seine ›alexandrinische Seite‹. Weitere Epitheta für ἠώς / ᾿Ηώς bei Q.S. sind:1379 αἰγλήεσσα (1,826); ἄμβροτος (2,641; 2,652; 2,657); βοῶπις (!) (2,643); δῖα (1,830; 13,360); ἐύθρονος (2,592; 3,1; 4,161; 6,191); θεσπεσίη (7,400); πολύστονος (2,608); φαεσφό ρος (2,186; 2,656); χρυσήνιος (5,395); χρυσόθρονος

1375 Zu ῥοδόσφυρος und anderen Epitheta für Eos bei Q.S. vgl. Winkler (1875) 22; James (1978) 178f.; García (1989b) 97 mit Anm. 9; Calero (1994) 94; James (2004) 270. 1376 Vgl. auch den Kommentar zu (115) ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη. 1377 Il. 8,1; 19,1; 23,227; 24,695; nicht in der Odyssee. 1378 ῥοδοειδής ist ein vergleichsweise unpoetisches Wort (Belege bei Medizinschriftstellern; Erstbeleg bei Dioscorides Pedanius [1. Jh. n.Chr.]), das jedoch Nonnos benutzt (10x Dion.); nicht in den Posthomerica. Vgl. auch Kost (1971) 308 (zu Musai. 114 ῥοδοειδέα δάκτυλα κούρης). 1379 Vgl. García (1989b) 97 Anm. 9 und Calero (1994) 94.

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(14,1). Davon sind nur δῖα, ἐύθρονος und χρυσόθρονος bereits hom erisch.1380  Vgl. auch die Kommentare zu (115) ἐύσφυρος ᾿Ηετιώνη und zu (118– 119) ἠέλιος δὲ θοῇσιν […] ἄνυτο δ᾿ ἠώς (für die Ausdrücke für Sonnenauf- und -untergang). (139) μέγ᾿ ἐνθεμένη φρεσὶ κάρτος Die Kollokation φρεσ ὶ κάρτος 4x bei Q.S. (). Jeweils formularisierend verwendet, je 2x in der Versschlussformel »ἐνθεμεν- | — φρεσ ὶ κάρτος« (hier und 12,370) und »ἐν φρεσὶ κάρτος ἀεξ-« (2,187; 4,332). In 12,370 ist Sinon ἐνθέμενος φρεσ ὶ κάρτος, da er allen Folterungen der Troer standhält und bei seiner Version der Geschichte bleibt. Zur Kollokation des Verbs ἐντιθέναι/-σθαι mit φρήν vgl. Thgn. 2IEG 429f. φρένας ἐσθλάς / ἐνθέμεν; zur Kollokation mit anderen Substantiven der Gemütserregung vgl. z.B. Il. 9,636f. σο ὶ δ᾿ ἄλληκτόν τε κακ όν τε / θυ μὸν ἐνὶ στ ήθεσσι θεοὶ θέσαν »die Götter haben dir einen unnachgiebigen und bösen Sinn in die Brust gesetzt« (Aktivum!) neben Il. 9,639 σ ὺ δ᾿ ἵλαον ἔνθεο θυμ όν »du aber stimme versöhnlich deinen Sinn« (Medium!).1381 (140–141) ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε / τεύχεα δαιδαλόεντα Der Ankündigungsvers zur Rüstungsszene, Element (a). Vorbilder in den vier grossen iliadischen Rüstungsszenen sind Il. 3,328 α ὐτὰρ ὅ γ᾿ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἐδύσατο τε ύχεα καλ ά; 11,16 ἐν δ ᾿ αὐτὸς ἐδύσατο ν ώροπα χαλκόν; 16,130 Π άτροκλος δ ὲ κορ ύσσετο ν ώροπι χαλκ ῷ; 19,364 ἐν δ ὲ μέσοισι κορ ύσσετο δ ῖος ᾿Αχιλλεύς und 19,368 δ ύσετο δ ῶρα θεο ῦ; vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). Sprachlich das direkteste Vorbild ist Il. 3,328. Gegenüber der Vorlage hat Quintus einerseits das Adjektiv ersetzt – von einem blossen καλ ά zu einem fülligeren, bedeutungsstärkeren und intertextuell aufgeladenen δαι δαλόεντα1382 – und andererseits die Diathese des Verbs geändert: Medium ἐδύσατο > Aktivum ἔδυνε. (140) ἀμφ᾿ ὤμοισιν  für die Hexameterdichtung: 8x Il. – 7x Od. – h. Merc. 151; 268; 306 – [Hes.] Scut. 128; 159; 200 – Kall. h. Dian. 212 – A.R. 1,721 und 3,1282 – Q.S. 1,140; 2,467; 5,393 – Eudoc. homeroc. 2,110 – Musai. 163 – Anth. Gr. 16,124,4. Metrisch fast ausschliesslich (im archaischen Epos immer) vor der KTT.

Eine ausschliesslich epische Junktur, meistens (wie hier) im Zusammenhang mit Rüstungs- und Ankleideszenen. Das direkteste Vorbild für Quin1380

δῖα: 5x Il., 8x Od.; ἐύθρονος: 1x Il., 5x Od.; χρυσόθρονος: 7x Od. Für weitere Beispiele vgl. LSJ s.v. ἐντίθημι 2. b und van Groningen (1966) 172. 1382 Vgl. den Kommentar zu (141) τεύχεα δαιδαλόεντα. 1381

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tus’ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε / τεύχεα δαιδαλόεντα ist Il. 3,328 ~ Od. 23,366 ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἐδύσατο τεύχεα καλά. Vgl. ausserdem textintern Q.S. 2,466 περὶ δέ σφισιν ἄμβροτα τεύχη / ἀμφ᾿ ὤμοις ἀράβησε »und ihre unsterblichen Rüstungen klirrten ringsherum auf ihren Schultern« (von Memnon und Achilleus in ihrem allesentscheidenden Zweikampf); 5,393 τεύχεα δ᾿ ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἐπέβραχε »und seine Rüstung dröhnte rings auf seinen Schultern« (von Aias in seiner Mordwut gegen die Schafe). (141) τεύχεα δαιδαλόεντα  Das Adjektiv δαιδαλόεις Q.S. 1,141 – Eudocia, de martyrio Sancti Cypriani 2,250 (φάρεα δαιδαλόεντα) – Anth. Gr. 9,332,2 (Nossis) (βρέτας […] χρυσῷ δαιδαλόεν).

δαιδαλόεις ist eine Neubildung unseres Dichters für δαιδάλεος, mit dem hochpoetischen Adjektivsuffix -όεις. δαιδ άλεος seinerseits ist im frühen Epos ein geläufiges Adjektiv zur Bezeichnung von Verzierungen, Einlegearbeiten, Schnitzereien u.ä. auf Metall- oder Holzgegenständen1383 und als solches Epitheton für ἅρμα (Il. 17,448), ἔντεα (Il. 6,418; 13,331; 13,719), ζωστήρ (Il. 4,135), θρόνος (Il. 18,390; Od. 1,131; 10,315; 10,367; 17,32), θώρηξ (Il. 8,195), καλ ύπτρη (Hes. Th. 575), κ όρυς (Il. 18,612), κυν έη ([Hes.] Scut. 137) und σ άκος (Il. 19,380; 22,314; [Hes.] Scut. 334; 460). Bei Q.S. (gesamthaft 4x) ist es Epitheton für ζωστ ήρ (6,243; homerisch), θώρηξ (2,464; homerisch) und τε ύχη (10,180; unhomerisch).1384 Nachhomerisch entwickelt δαιδάλεος die Zweitbedeutung »gescheckt, gesprenkelt; glänzend, scheinend«,1385 auf die Quintus mittels der zahlreichen Beschreibungen von Penthesileias leuchtender Erscheinung (inkl. dem Adjektiv μορ όεντα im Abschlussvers 1,152, welches dieselbe Doppelbedeutung hat,1386 sowie dem Vergleich Penthesileias mit einem Blitzstrahl des Zeus in 1,153–156) anspielt. Die Kollokation τεύχεα δαιδαλόεντα ist ohne Parallele in der Gräzität; nur hier sowie in Q.S. 10,179f. τεύχεσι […] / δαιδαλέοις (von den Waffen des Philoktet); vgl. jedoch die semantisch identische Kollokation mit ἔντεα in der iliadischen Versschlusswendung σ ὺν ἔντεσι δαιδαλ έοισι(ν) (Il. 6,418; 13,331; 13,719). Sie lässt sich als Nominalisierung des epischen Ausdrucks δαίδαλα τεύχειν (»Kunstwerke verfertigen«) auffassen; vgl. Il. 5,60f. ὃς χερσὶν ἐπίστατο δαίδαλα πάντα / τεύχειν »der es verstand, mit seinen Händen allerlei Kunstwerke zu verfertigen« (von Phereklos, der 1383

Vgl. LSJ s.v. δαιδάλεος [I. 1.]; LfgrE s.v. δαιδάλεος [I.]; DGE s.v. δαιδάλεος 1. Vgl. auch noch Triph. 303, wo Sinon das hölzerne Pferd ein δαιδά λεον […] ἀνάθημα nennt – eine höchst ambivalente Bezeichnung, die einen nicht bloss an die (offenbar vorhandenen) künstlerischen Holzschnitzereien u.dgl., sondern auch an die verschlagene Idee des Odysseus denken lässt. 1385 Vgl. LSJ s.v. δαιδ άλεος [I.] 2.; vgl. z.B. Orph. fr. 238,7 Kern ἄστρων δαιδαλ έων; zu Nonn. Dion. vgl. Peek, Lex. Dion. s.v. δαιδάλεος und πολυδαίδαλος (mehrere Belege). 1386 Vgl. den Kommentar zu (152) μορόεντα […] τεύχη. 1384

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getötet wird); Il. 8,195 δαιδάλεον θώρηκα, τὸν ῞Ηφαιστος κάμε τεύχων »den kunstvoll verzierten Brustpanzer, den Hephaistos gefertigt hat«; Hes. Th. 581 ~ Mosch. Eur. 43 ~ Nonn. Dion. 5,181 δαίδαλα πολλὰ τετεύχατο »[darauf] waren viele Kunstwerke gefertigt«; Dion. Per. 755 ε ἵματα τε ύχουσιν πολυδα ίδαλα »[die Tocharer und Phrurer] weben Kleider von hoher Kunstfertigkeit«. Die genannte Wendung δαίδαλα πολλὰ τετεύχατο hinwiederum speist sich aus Il. 18,481f. αὐτὰρ ἐν αὐτῷ / ποίει δαίδαλα πολλά »doch darauf [= auf dem Schild] machte [Hephaistos] vielerlei Kunstwerke«,1387 womit die iliadische Schildbeschreibung (Il. 18,483–608) eingeleitet wird, und bezeichnet an allen drei genannten Stellen ebenfalls bildliche Darstellungen auf Gegenständen, die der Schmiedegott Hephaistos gefertigt hat: das Stirnband der Pandora (Hes. Th. 578–584); das Körbchen der Europa (Mosch. Eur. 37–62); das Halsband der Harmonia (Nonn. Dion. 5,142–189). Zu vergleichen ist ferner A.R. 1,728f. ἐν δ ᾿ ἄρ᾿ ἑκάστῳ / τ έρματι δα ίδαλα πολλὰ διακριδ ὸν ε ὖ ἐπέπαστο »und an jedem Ende waren separat viele Bildwerke schön hineingewebt« (vom Mantel des Jason);1388 Q.S. 6,198 καί οἱ δα ίδαλα πολλ ὰ κατ ᾿ ἀσπίδα δ ῖαν ἔκειτο, / ὁππόσα πρ όσθεν ἔρεξε θρασὺ σθένος ῾Ηρακλῆος »und viele Bildwerke waren auf seinem göttlichen Schild dargestellt, [die zeigten,] was der mutige und starke Herakles einst vollbracht hatte« (vom Schild des Eurypylos). Kurzum: Wenn Quintus von den τε ύχεα δαιδαλ όεντα der Penthesileia spricht, so referiert er auf eine Reihe potentieller Intertexte und ruft somit nicht bloss den auf Ilias 18 zurückgehenden mythischen Topos vom Schmiedegott Hephaistos, der Waffen und andere Gegenstände herstellt und verziert, auf,1389 sondern auch und v.a. die damit einhergehende, ja daraus entstandene Tradition der literarischen Ekphrasis, die in der Zweiten Sophistik zu einer eigenständigen Literaturgattung erhoben wird. Gleichzeitig treibt er mit dem lector doctus sein Spiel, da dieser aufgrund der intertextuellen Assoziationen, die der ins Auge springende Ausdruck τε ύχεα δαιδαλόεντα weckt, eine Ekphrasis von Penthesileias Waffen (und im 1387 Die Wendung begegnet in der Ilias noch zwei weitere Male: In 14,179 im Zusammenhang mit einem »ambrosischen Gewand«, in das Athene »viele Kunstwerke hineingesetzt hatte« (τίθει δ᾿ ἐνὶ δαίδαλα πολλά), und in 18,400, wie Hephaistos erzählt, er habe bei Eurynome und Thetis »neun Jahre lang viele Kunstwerke geschmiedet« (εἰνάετες χάλκευον δαίδαλα πολλά). 1388 Die Stelle ist imitiert von Nonn. Dion. 28,5f. ἀσπίδα χαλκε ίην πολυδα ίδαλον, ἧς ἐνὶ κύκλῳ / δαίδαλα πολλὰ πέπαστο »den ehernen Schild, den gar kunstvoll verfertigten, auf dessen Platte viele Bildwerke hineingesetzt waren«. 1389 Der Wortstamm δαιδαλ- ist so stark mit Hephaistos assoziiert, dass δαιδάλεος in einem anonymen Epigramm der Anthologia Graeca, das die Lebensechtheit einer Skylla-Statue preist, sogar als epitheton ornans für den Schmiedegott (i.S.v. »kunstverständig« o.ä.; vgl. LSJ s.v. δαιδάλεος II. ad loc.: »cunning«; DGE s.v. δαιδάλεος 2 ad loc.: »que trabaja artísticamente«) erscheint (Anth. Gr. 9,755,2 ῾Ηφαίστου δαιδαλέοιο τέχνας).

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besonderen wohl von ihrem Schild) erwartet – doch eine solche bleibt aus. Erst mit den Beschreibungen der Schilder des Achilleus und des Eurypylos (Q.S. 5,6–101 und 6,198–293) sowie von Philoktets Bandelier (10,180– 205) werden diese Erwartungen erfüllt.  Vgl. auch den Kommentar zu (152) μορόεντα […] τεύχη. (141) τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης Die göttliche Herkunft heroischer Waffen ist ein alter epischer Topos. So hat Achilleus seine neuen Waffen (inkl. Schild) von seiner Mutter Thetis bekommen, Hephaistos hat sie ihm geschmiedet. Dass Penthesileia ihre Waffen von ihrem Vater Ares1390 erhalten haben soll, muss also nicht zwingend eine ältere (verlorene) Tradition o.ä. reflektieren, sondern könnte ebenso eine ad-hoc-Erfindung des Quintus zwecks Parallelisierung von Penthesileia und Achilleus sein. Die Formulierung selbst ist aus dem Ankündigungsvers zu Achilleus’ Rüstungsszene in Ilias 19 entnommen; vgl. Il. 19,368 δύσετο δῶρα θεοῦ, τά οἱ ῞Ηφαιστος κάμε τεύχων »er tauchte ein in die Waffen der Göttin, die ihm Hephaistos gefertigt hatte«. Ferner fühlen wir uns an die Rüstungsszene des Aietes in Argonautica 3 erinnert, denn Aietes hat seinen Panzer ebenfalls von Ares bekommen; vgl. A.R. 3,1225–1227: κα ὶ τότ᾿ ἄρ᾿ Αἰήτης περ ὶ μὲν στ ήθεσσιν ἕεστο / θ ώρηκα στάδιον, τ όν ο ἱ πόρεν ἐξεναρίξας / σφωιτ έρῃς Φλεγρα ῖον ῎Αρης ὑπὸ χερσὶ Μίμαντα. »Und da also legte sich Aietes den starren Panzer um die Brust, den Ares ihm gegeben hatte, nachdem er ihn mit eigenen Händen dem Mimas beim Kampf auf Phlegra geraubt hatte.« Quintus lässt – in Übereinstimmung mit älteren diesbezüglichen Überlieferungen – auch die übrigen wichtigen Helden der Posthomerica in göttlichen Waffen kämpfen:1391 so nebst Achilleus’ auch Memnons Schild, 2,454f.: τ ύπτον δ ᾿ ἀλλήλων ἄμοτον φρεσ ὶ κυδι όωντες / ἀσπίδας ἃς ῞Ηφαιστος ὑπ᾿ ἀμβροσίῃ κάμε τέχνῃ. »Und triumphierend hieben sie sich unersättlich gegenseitig die Schilder aufeinander, die Hephaistos mit seinem göttlichen Handwerk gefertigt hatte.«;1392 Philoktets Bogen, 9,395–397: πάροιθε δέ οἱ μέγα τόξον / κεῖτο πέλας, γναμπτοῖσιν ἀρηρέμενον κεράεσσι / χερσὶν ὑπ᾿ ἀκαμάτῃσι τετυγμένον ῾Ηρακλῆος. »Davor lag ganz in seiner Nähe der grosse Bogen, aus gebogenen Hörnern zusammengesetzt, von den unermüdlichen Händen des Herakles verfertigt.«; Philoktets Rüstung, 10,179f.: τεύχεσι δ᾿ ἀμφεκέκαστο δαΐφρονος ῾Ηρακλῆος / δαιδαλέοις. »Und er war gut ausgestattet ringsum mit der Rüstung des kriegsklugen Herakles.«; Neoptolemos taucht in die Waffen seines Vaters, die ihm 1390

Zu Ares als Vater der Penthesileia vgl. den Kommentar zu (55) ῎Αρεος […] θύγατρα. Vgl. dazu auch Calero (1995b) 48. 1392 Die göttliche Abkunft von Memnons Waffen ist ein auch sonst belegter, evtl. bis auf die Aithiopis zurückgehender Topos; vgl. Vian (1963) 50 Anm. 3; James (2004) 279. 1391

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wie angegossen passen, 7,445f.: υ ἱὸς δ ᾿ αὖτ᾿ ᾿Αχιλῆος ἐδύσατο τε ύχεα πατρός, / καί οἱ φαίνετο πάμπαν ἀλίγκιος. »Der Sohn wiederum tauchte in die Waffen seines Vaters Achilleus, und er schien ihm aufs Haar zu gleichen.«1393 (141) θεὸς ὤπασεν  Od. 8,498 – Hes. Th. 442 – Opp. hal. 2,30 und 2,52 – Opp. cyn. 1,47 – Q.S. 1,141 und 11,408 – vis. Dor. 270 – Nonn. Par. 3,87 und 5,180 – Eudoc. homeroc. 2,1944 – Anth. Gr. 14,126,3 – ausserhalb des Epos nur bei Aischyl. Eum. 530. Metrisch stets nach der Trithemimeres oder Penthemimeres.

(142–143) πρῶτα μὲν […] εὖ ἀραρυῖαι Das Anlegen der Beinschienen, Element (b) der Rüstungsszene. Vorbild ist die iliadische Formel κνημῖδας μὲν πρῶτα περὶ κνήμῃσιν ἔθηκε / καλάς, ἀργυρέοισιν ἐπισφυρίοις ἀραρυίας, Il. 3,330f. = 11,17f. = 16,131f. = 19,369f.; vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). Gegenüber der Vorlage hat Quintus das Adjektiv καλάς durch χρυσέας ersetzt;1394 ferner entsprechen einander strukturell ἀργυρέοισιν und ἀργυφέῃσιν1395 bzw. ἀραρυίας und ἔσαν εὖ ἀραρυῖαι. (142) πρῶτα μὲν ἄρ Die Kollokation ist entnommen aus Od. 23,131 ~ 23,142 πρ ῶτα μ ὲν ἂρ λούσασθε (-αντο) καὶ ἀμφιέσασθε (-αντο) χιτῶνας. (142) κνήμῃσιν ἐπ᾿ ἀργυφέῃσιν Überliefert ist ἀργυρέῃσιν (Y) bzw. -έοισιν (H), doch ist an Köchlys Emendation zu ἀργυφέῃσιν in Übereinstimmung mit den anderen drei modernen Herausgebern festzuhalten. Zur Begründung vgl. Köchly (1850) 23: »Quamquam enim composita cum ἄργυρος interdum rem notant argenti aliquo modo similem, simplex tamen ἀργύρεος eodom modo dictum probari non potest. H[ac] l[ectione] quidem difficultas augetur eo, quod statim sequitur adjectivum χρυσέας propria significatione positum.«1396 Zum Anwendungsbereich des spezifisch epischen Adjektivs ἀργύφεος vgl. 1393 Dass Neoptolemos in den Waffen seines Vaters kämpft, ist ein verbreitetes, bis auf die Ilias parva zurückgehendes Motiv; vgl. Vian (1966) 214 Anm. 5 (zu 122). 1394 Vgl. den Kommentar zu (143) κνημῖδας χρυσέας. 1395 ἄργυφος / ἀργύφεος »weissschimmernd« ist von demselben Stamm wie ἄργυρος »Silber« gebildet, mit dem Farbsuffix -φο-; vgl. Frisk I s.v. ἄργυφος; vgl. auch den Kommentar zu (142) κνήμῃσιν ἐπ᾿ ἀργυφέῃσιν. 1396 In der Tat könnte die Nähe des Adjektivs χρυσέας einen Abschreibefehler ἀργυφέῃσιν > ἀργυρέῃσιν provoziert haben: Ein Schreiber blickt beim Kopieren bereits ›mit halbem Auge‹ eine Zeile weiter und verschreibt sich, da das Wort für »golden« eine Assoziation mit »silbern« auslöst. Als Alternativerklärung wäre auch denkbar, dass einem homerkundigen Schreiber aufgrund des iliadischen Vorbilds (κνημῖδας μὲν πρῶτα περὶ κνήμῃσιν ἔθηκε / καλάς, ἀργυρέοισιν ἐπισφυρίοις ἀραρυίας; vgl. Anm. zu (142–143)) der Fehler unterlief.

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id. 23f. (jeweils mit extensiven Stellenangaben): »[P]rima significatione de vestibus dicitur […], tum […] ad ovium tenera vellera […] et ad aliorum animalium lanuginosam pellem transfertur […]; deinde etiam de multis aliis rebus usurpatur […] // Saepissime autem hoc adjectivum apud recentiores de candida delicataque formosorum puerorum et puellarum cute dicitur.« Schlagende Parallelen1397 für die Richtigkeit von Köchlys Emendation (ἀργύφεος für weisse Haut) sind A.R. 4,1406f.: ἀγχοῦ δ᾿ ῾Εσπερίδες, κεφα λαῖς ἔπι χεῖρας ἔχουσαι / ἀργυφέας ξανθῇσι, λίγ᾿ ἔστενον. »Und in der Nähe klagten schrill die Hesperiden, ihre weissschimmernden Hände an ihre blonden Köpfe haltend.«; Q.S. 12,535f. (von Kassandra): κόμαι δέ οἱ ἀμφεκέχυντο / ὤμοις ἀργυφέοισι μετ άφρενον ἄχρις ἰοῦσαι. »Und ihre Haare waren rings um ihre weissschimmernden Schultern ergossen und gingen bis zum Rücken.«; Anth. Gr. 5,255,9f. (Paul. Sil.): κούρη δ᾿ ἀργυφέης ἐπιγουνίδος ἄχρι χιτ ῶνα / ζωσαμ ένη Φο ίβης ε ἶδος ἀπεπλάσατο. »Und das Mädchen, das Gewand bis übers weissschimmernde Knie aufgeschürzt, war nach dem Ebenbild der Phoibe geformt.« (143) κνημῖδας χρυσέας Die Beinschienen der homerischen Helden im iliadischen Formularvers sind ›nur‹ »schön« (Il. 3,331 [und öfters] καλ άς). Goldene Beinschienen begegnen sonst nicht im griechischen Epos; vgl. nebst Q.S. 1,142 nur noch Nonn. Dion. 37,776 (ein Paar goldener Beinschienen als Kampfpreis); vgl. allerdings Verg. Aen. 11,488 surasque incluserat auro »und mit Gold hatte er seine Waden umschlossen« (Turnus’ Rüstungsszene) ~ Aen. 12,430 suras incluserat auro (Aeneas’ Rüstungsszene).1398 Andere Rüstungsteile aus Gold oder mit Goldverzierungen sind jedoch keine Seltenheit; vgl. z.B. Il. 5,743f. (Athenes goldener Helm); Il. 6,235f. (Glaukos’ ganze Rüstung [τεύχε᾿ […] / χρ ύσεα]);1399 Il. 11,24f. (Goldbahnen [οἶμοι] auf Agamemnons Panzer); Il. 10,438f. (Rhesos’ Wagen [ἅρμα] und seine ganze Rüstung [τεύχεα]); Il. 11,29–31 (goldene Nägel auf Agamemnons Schwert; goldenes Wehrgehänge); Il. 19,382f. (goldene Haarbüschel auf Achilleus’ Helm);1400 A.R. 3,1228 (goldener Helm des Aietes); Verg. Aen. 7,789f. (goldenes Bildwerk [Io] auf Turnus’ Schild); 1,492 (goldenes Wehrgehenk der Penthesilea [!]); 12,87f. (goldener Panzer des Turnus); Prop. 3,11,15 (goldener Helm der Penthesilea [!]).

1397 Alle bei Köchly (1850) 24; daselbst einige weitere Parallelen aus Nonn. Dion.; vgl. ausserdem Campbell (1981) 183 (zu Q.S. 12,536). 1398 Kein Hinweis auf diese Parallele Aeneis – Posthomerica bei Gärtner (2005). 1399 Dass Glaukos eine goldene Rüstung trägt, ist aussergewöhnlich; vgl. dazu Kirk (1990) 190 (»an extravagant conceit so far as mortals are concerned«). 1400 Vgl. den Kommentar zu (151) κόρυν κομόωσαν ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν.

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(143) εὖ ἀραρυῖαι Der Relativsatz αἵ οἱ ἔσαν εὖ ἀραρυῖαι ›ersetzt‹ die Wendung ἀργυρέοισιν ἐπισφυρίοις ἀραρυίας, die in der iliadischen Formel die Beschreibung vom Anlegen der Beinschienen abschliesst (Il. 3,331 und öfters). Die Versschlusswendung »εὖ ἀραρυι-« findet sich in Il. 7,339; 7,438; Od. 22,128; 23,42; A.R. 3,1324; Manetho 5,230; Q.S. 1,143; Greg. Naz. carm. mor. col. 679,1 (). Homerisch werden damit die »gut gefügten Tore« (πύλαι, Il. a.a.O.) bzw. »[…] Türflügel« (σανίδες, Od. a.a.O.) bezeichnet. (144) ἕσσατο δ᾿ αὖ θώρηκα παναίολον Das Anlegen des Panzers, Element (c) der Rüstungsszene. Vorbild ist die iliadische Formel δεύτερον αὖ θώρηκα περὶ στήθεσσιν ἔδυνεν, Il. 3,332 = 11,19 = 16,133 = 19,371; vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). Wiederum besteht eine hauptsächliche Neuerung im Bereich des Adjektivs: Bei den Elementen (a) und (b) hat Quintus ein wenig aussagekräftiges ›schön‹ (καλά / καλάς) ersetzt;1401 hier versieht er θώρηκα mit einem Adjektiv, das strukturell gesehen nur in der Rüstungsszene des Patroklos (Ilias 16) ein Pendant hat, Il. 16,134 ποικ ίλον ἀστερόεντα ποδ ώκεος Α ἰακίδαο »[den Panzer,] den bunten, sternbesetzten des fussschnellen Achilleus.«1402 Ferner hat er das Prädikat ἔδυνε, bei dem er in (a) erst die Diathese (zu ἐδύσατο) geändert hatte, nunmehr durch ein anderes Verb (ἕσσατο) ersetzt. (144) ἕσσατο Die Aoristform ἕσσατο, die anstelle des iliadischen ἔδυνεν (Il. 3,332 und öfters) steht, ist ein Echo von Il. 7,207: Die Form steht dort im Kontext einer Rüstungsszene, deren Beschreibung übersprungen und nur im Resultat berichtet wird; vgl. Il. 7,206–208: ὣς ἂρ ἔφαν· Αἴας δὲ κορύσσετο νώροπι χαλκῷ. / αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ πάντα περὶ χροῒ ἕσσατο τεύχη, / σεύατ᾿ ἔπειθ᾿ […] »So sprachen sie; Aias aber wappnete sich mit dem funkelnden Erz. Nachdem er sich aber die ganze Rüstung um den Leib gelegt hatte, da stürmte er los […]« Ferner hören wir in Quintus’ ἕσσατο einen Nachhall des Plusquamperfekts ἕεστο in A.R. 3,1225 (in Aietes’ Rüstungsszene [A.R. 3,1225–1234], ebenfalls vom Brustpanzer): καὶ τότ᾿ ἄρ᾿ Αἰήτης περὶ μὲν στ ήθεσσιν ἕεστο / θ ώρηκα στ άδιον. »Und da also legte sich Aietes den starren Panzer um die Brust.«1403 1401 Vgl. die Kommentare zu (140–141) ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε / τεύχεα δαιδαλόεντα und (142–143) πρῶτα μὲν […] 1402 Vgl. den Kommentar zu (144) θώρηκα παναίολον. – In Il. 3,333 und 11,20 steht anstelle dessen eine Herkunftsangabe, die in Il. 11,21–28 zu einer Digression über die Umstände der Herkunft sowie zu einer Ekphrasis ausgebaut wird; vgl. die tabellarische Übersicht (2). 1403 Vgl. Vian (2001) 286. Apollonios’ ἕεστο imitiert Il. 12,463–465: λάμπε δὲ χαλκῷ / σμερδαλέῳ, τ ὸν ἕεστο περ ὶ χρο ΐ, δοι ὰ δὲ χερσ ί / δο ῦρ᾿ ἔχεν. »Und [Hektor] leuchtete in seinem schrecklichen Erz, das er sich um den Leib gelegt hatte, und hielt zwei Speere in den Händen.«

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(144) θώρηκα παναίολον παναίολος ( für die Hexameterdichtung): 5x Il. – [Hes.] Scut. 139 – A.R. 2,968 – Opp. hal. 2,274; 3,1; 3,507 – Opp. cyn. 2,298; 4,365 – Triph. 258 – Q.S. 1,144 – vis. Dor. 334 – Nonn. Dion. 8,128; 32,19; 33,73; 37,478 – Orph. hym. 4,7 – Orph. Arg. 584.

Das Adjektiv dient homerisch als »Epith[eton] metallglänzender Defensivwaffen« (so LfgrE s.v.) und steht bei ζωστ ήρ (Il. 4,186; 4,215; 10,77; 11,236; auch A.R. 2,968 und vis. Dor. 334), σ άκος (Il. 13,552; ferner [Hes.] Scut. 139), sowie einmal bei θ ώρηξ (Il. 11,373f.). Die Kollokation von θ ώρηξ mit πανα ίολος findet sich in der späteren Epik nur noch hier sowie in Nonn. Dion. 37,478 χρυσοφα ῆ θώρηκα, πανα ίολον ἔργον ᾿Ολύμπου »den goldglänzenden Panzer, ein allschimmerndes Werk des Olymps«. Zur naheliegenden Vorstellung von einem »allfunkelnden Brustpanzer« vgl. auch das Possessivkompositum αἰολοθώρηξ (ein dis legomenon: Il. 4,489 [vom Panzer des Priamos-Sohnes Antiphos] und 16,173 [von Menesthios’ Panzer]), das die nachiliadische Epik nicht mehr verwendet.1404 Bedeutsam ist der Kontext, in dem in der Ilias das einzige Mal von einem »allfunkelnden Brustpanzer« die Rede ist: Diomedes hat Agastrophos getötet und nimmt ihm nun die Waffen vom Leib; vgl. Il. 11,373–375: ἤτοι ὃ μὲν θώρηκα ᾿Αγαστρόφου ἰφθίμοιο / αἴνυτ᾿ ἀπὸ στήθεσφι παναίολον ἀσπίδα τ ᾿ ὤμων / κα ὶ κόρυθα βριαρ ήν. »Nun denn, da nahm der den Panzer des trefflichen Agastrophos von dessen Brust, den allschimmernden, und den Schild von den Schultern, und den wuchtigen Helm.« Die Stelle liest sich nachgerade als ›rückläufige Rüstungsszene‹ und erinnert den Leser von Penthesileias Panhoplie an deren bevorstehenden Tod und ihre zu erwartende eigene Entwaffnung durch Achilleus. (144–145) ἀμφὶ δ᾿ ἄρ᾿ ὤμοις / θήκατο κυδιόωσα μέγα ξίφος Das Umlegen des Schwerts, Element (d) der Rüstungsszene. Vorbild ist die iliadische Formel ἀμφὶ δ᾿ ἂρ ὤμοισιν βάλετο ξίφος (ἀργυρόηλον / χάλκεον), Il. 3,334f. = 16,135f. = 19,372f., ~ 11,29; vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). Hauptsächliche Änderungen wieder im Bereich des Adjektivs (ξίφος ἀργυρόηλον / χάλκεον > μέγα ξίφος)1405 und des Verbs (βάλετο > θήκατο).

1404 Vgl. LfgrE s.v. αἰολοθώρηξ: »jemand, der einen ‘lebendig-schimmernden’ Panzer trägt«; vgl. auch Hesych s.v. αἰολοθώρηξ· ποικίλον θώρακα ἔχων. – Zum Aussehen von Penthesileias Panzer vgl. auch Maxwell-Stuart (1987) 413: »[H]er θ ώραξ reminds one of the multi-coloured metallic corselets of Egypt, shown as a series of overlapping scales of different colours representing gold, bronze, and blue glass paste […] It seems, therefore, that the Queen’s armour presents to the view a combination of brilliant colour and dazzling metallic surface […]« 1405 Vgl. den Kommentar zu (145) μέγα ξίφος.

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(145) θήκατο Der κ -Aorist ist Standard im Singular des Aktivums; im Plural sowie im Medium beider Numeri ist er in der Ilias selten (gesamthaft 8x), in der Odyssee ist er stärker ausgebreitet.1406 Die Form θήκατο erscheint iliadisch zweimal: in Il. 10,31 ebenfalls im Kontext einer Rüstung: Menelaos wappnet sich in der Nacht, um seinen Bruder zu wecken, und »hebt den ehernen Helmkranz auf und setzt ihn aufs Haupt« (Il. 10,30f. ἐπὶ στεφάνην κεφαλῆφιν ἀείρας / θ ήκατο χαλκε ίην); in Il. 14,187 sodann im Kontext von Heras erotischer ›Rüstung‹, αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ πάντα περὶ χροῒ θήκατο κόσμον »doch nachdem [Hera] den ganzen Zierat sich um den Leib gelegt hatte«: aus diesem Vers hat Quintus die Wendung περ ὶ χρο ῒ θήκατο in 1,152 übernommen.1407 Die Form (ἐ)θήκατο verwendet er insgesamt 7x.1408 (145) κυδιόωσα Zum Formenbestand: In der Ilias stets als maskulines Partizip Präsens κυδιόων(τες). In den homerischen Hymnen erstmals ein Femininum (κυδιάουσαι, h. Cer. 170) sowie eine finite Form (κυδιόωσι, h.h. 30,13). Bei A.R. erstmals eine Imperfektform mit dem Iterativsuffix -σκ- (4,978 κυδιάασκον). Quintus sodann gebraucht sowohl das maskuline (2,206; 2,454; 10,206; 11,386) und das feminine Partizip Präsens (1,46; 1,325; 2,427) wie auch -σκ-Formen (1,166; 1,391; 13,279; 13,418).1409 Zur Bedeutung vgl. LSJ s.v. κυδι άω: »bear oneself proudly, exult«; LfgrE s.v. κῡδιάω: »glänzend dastehen (i.S.v. imposant, kraftbewußt, vgl. κύδεϊ γα ίων), prangen, triumphieren, frohlocken«; VB s.v. κυδι άω: »se vanter, être orgueilleux«.1410 Das Verb ist semantisch mit ἀγάλλειν/-εσθαι zu vergleichen, d.h. es bezeichnet in ähnlich ambivalenter Weise eine Freude oder einen Stolz, der leicht ins Anmassende übergehen kann.1411 Als BeiVgl. Monro (21891) 17 (§ 15); Schwyzer I, 741 (»D i e A u s b r e i t u n g d e s im Sing. allgemein griechischen - κ α - auf den Plur. beginnt im Ionischen schon ziemlich früh […], im Attischen erscheint sie inschriftlich erst seit 385, als Regel seit 300 […]«); Shipp (21972) 105. – Die illiadischen Formen sind: 3. Pl. Akt. ἔθηκαν / θῆκαν: Il. 6,300; 24,271; 24,795 – 3. Sg. MP θήκατο: Il. 10,31; 14,187 – 3. Pl. Akt. ἔδωκαν: Il. 13,303; 22,379; 23,745. 1407 Vgl. den Kommentar zu (152) περὶ χροῒ θήκατο. 1408 Vgl. Winkler (1875) 18 zur Verwendung epischer Verbformen bei Q.S.: »Während […] Tryphiodor und Kolluthos von den Verben τ ίθημι, ἵστημι, φημ ί […] fast nur regelmässige attische Formen gebrauchen, sind bei Quintus epische Formen daneben nicht selten.« 1409 Imperfektformen mit -σκ- nur an den genannten Stellen bei A.R. und Q.S., sonst nirgends. 1410 Zur Kernbedeutung des Grundwortes κῦδος vgl. Latacz et al. (2000) I.2, 71 (zu Il. 1,122): »κῦδος bezeichnet die Göttern – besonders Zeus – eigene bzw. von ihnen verliehene übernatürliche Stärke, Ausstrahlung und Autorität […]« 1411 Zu ἀγάλλειν/-εσθαι vgl. den Kommentar zu (90) ἀγαλλόμενοι περὶ νίκης. – Zur Bedeutungsähnlichkeit der beiden Verben vgl. z.B. Il. 6,509 (= 15,266) neben Il. 20,222: an der ersten Stelle wird ein Hengst als κυδιόων bezeichnet, die zweite nennt eine Horde von Stuten ἀγαλλόμεναι, beide Male i.S.v. »prangend, stolz, erhaben«. 1406

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spiel für einen negativen Unterton vgl. A.R. 1,172–174 (über den geizigen König Augeias, der später Herakles den versprochenen Lohn fürs Ausmisten seiner Rinderställe verweigern sollte): βῆ δὲ καὶ Αὐγείης, ὃν δὴ φάτις ᾿Ηελίοιο / ἔμμεναι· ᾿Ηλείοισι δ ᾿ ὅ γ᾿ ἀνδράσιν ἐμβασίλευεν / ὄλβῳ κυδιόων. »Und es kam auch Augeias, der – so will es das Gerücht – [ein Sohn] des Helios ist: denn immerhin war er König über die ›Elier‹, prunkend mit / in seinem Reichtum.« Als epische Vorbilder für Q.S. 1,145 κυδιόωσα sind zu nennen: (1.) Il. 2,578–580: eine kurze Schilderung von Agamemnons Rüstung innerhalb des Schiffskatalogs; Quintus knüpft damit an die Parallelisierung von Penthesileia mit Agamemnon in der vorangegangenen Traumszene (Q.S. 1,118–137) an: ἐν δ᾿ αὐτὸς ἐδύσατο νώροπα χαλκόν / κυδιόων, ὅτι πᾶσι μετέπρεπεν ἡρώεσσιν, / οὕνεκ᾿ ἄριστος ἔην, πολὺ δὲ πλείστους ἄγε λαούς. »Und unter [den anderen] tauchte er selbst auch in das funkelnde Erz, prangend, so dass er unter allen Helden hervorstach, da er der Beste war und weitaus am meisten Soldaten befehligte.« (2.) Das berühmte Gleichnis, in dem Paris, der sich, wenn auch mit Verspätung, auch noch gerüstet und gewappnet hat für den Kampf und seinem Bruder Hektor nacheilt, mit einem »prangenden« Pferd verglichen wird; vgl. Il. 6,503–514:1412 οὐδὲ Πάρις δήθυνεν ἐν ὑψηλοῖσι δόμοισιν, ἀλλ᾿ ὅ γ᾿ ἐπεὶ κατέδυ κλυτὰ τεύχεα ποικίλα χαλκῷ, σεύατ᾿ ἔπειτ᾿ ἀνὰ ἄστυ ποσὶ κραιπνοῖσι πεποιθώς. ὡς δ᾿ ὅτε τις στατὸς ἵππος, ἀκοστήσας ἐπὶ φάτνῃ, δεσμὸν ἀπορρήξας θείῃ πεδίοιο κροαίνων, εἰωθὼς λούεσθαι ἐυρρεῖος ποταμοῖο, κυδιόων· ὑψοῦ δὲ κάρη ἔχει, ἀμφὶ δὲ χαῖται ὤμοις ἀίσσονται· ὃ δ᾿ ἀγλαΐηφι πεποιθώς, ῥίμφα ἑ γοῦνα φέρει μετά τ᾿ ἤθεα καὶ νομὸν ἵππων· ὣς υἱὸς Πριάμοιο Πάρις κατὰ Περγάμου ἄκρης τεύχεσι παμφαίνων ὥς τ᾿ ἠλέκτωρ ἐβεβήκει καγχαλόων, ταχέες δὲ πόδες φέρον. […] Und auch Paris verweilte nicht in dem hohen Palaste, sondern nachdem er in die treffliche, mit Erz gewirkte Rüstung getaucht war, da stürmte er durch die Stadt, seinen flinken Füssen vertrauend.

1412 Dasselbe Gleichnis später noch einmal in Il. 15,262–270 (wobei Il. 6,506–511 = 15,263– 268), bezogen auf Hektor, der, von Apollon gestärkt, hart gegen die Achaier vordringt. – Längere Gleichnisse werden in der Ilias nur selten repetiert, und Aristarch hat die Wiederholung des Pferdegleichnisses in Ilias 15 athetiert, da er den Vergleich zwar als für Paris passend, doch für Hektor unangemessen empfand; vgl. Schol. vet. T Il. 15,263f.a (43f.): οἰκειότερον γὰρ ἐπὶ ᾿Αλεξάνδρου κεῖνται· οὐ γὰρ ἁρμόσειαν ῞Εκτορι νῦν; vgl. auch die Kommentare von Kirk (1990) 226 und Janko (1992) 256.

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Und wie wenn ein Stallpferd, das Gerste gefressen hat an seiner Krippe, seine Fessel absprengt und stampfend durch die Ebene rennt, da es gewohnt ist, an einem schönströmenden Fluss sich zu baden, prangend – und in die Höhe hält es sein Haupt, und rings um die Schultern wallt ihm die Mähne, und in [vollem] Bewusstsein seiner Pracht tragen seine Knie es hurtig zu den gewohnten Pferdeweideplätzen: So schritt Paris, der Sohn des Priamos, von der Höhe [der Burg] Pergamons herab, in seiner Rüstung glänzend wie ein Sonnenstrahl, frohlockend, und schnell trugen ihn seine Füsse.

Dieses iliadische Pferdegleichnis ist Vorbild für A.R. 3,1259–1262 – ein Gleichnis, das Jason, der sich mit der von Medea gemischten Zaubersalbe einreibt und dadurch Kräfte tankt, mit einem Kriegspferd vergleicht: ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀρήιος ἵππος, ἐελδόμενος πολέμοιο, σκαρθμῷ ἐπιχρεμέθων κρούει πέδον, αὐτὰρ ὕπερθε κυδιόων ὀρθοῖσιν ἐπ᾿ οὔασιν αὐχέν᾿ ἀείρει· τοῖος ἄρ᾿ Αἰσονίδης ἐπαγαίετο κάρτεϊ γυίων. Und wie wenn ein Pferd des Ares, auf den Krieg begierig, wiehernd mit einem Sprung auf dem Boden aufstampft, doch darüber prangend den Nacken aufrichtet mit gerade aufgerichteten Ohren: Solchermassen frohlockte der Sohn des Aison ob der Stärke seiner Glieder.

Ferner lässt Vergil auf die Rüstung des Turnus (Aen. 11,486–490) ein Pferdegleichnis in Anlehnung an Il. 6,503–514 folgen; vgl. Aen. 11,491–497: exsultatque animis et spe iam praecipit hostem: qualis ubi abruptis fugit praesepia vinclis tandem liber equus, campoque potitus aperto aut ille in pastus armentaque tendit equarum aut adsuetus aquae perfundi flumine noto emicat, arrectisque fremit cervicibus alte luxurians luduntque iubae per colla, per armos. [Turnus] frohlockt in seinem Herzen und nimmt [den Sieg über] den Feind in seiner Hoffnung schon vorweg: wie wenn sich ein Hengst von seinen Fesseln losgerissen hat und der Futterkrippe entflohen ist, endlich frei, und er bemächtigt sich des freien Feldes und macht sich auf zu den Weide- und Futterplätzen der Stuten oder aber sprengt davon, da er gewohnt ist, in einem vertrauten Fluss im Wasser sich zu baden, und mit hoch aufgerichtetem Nacken wiehert er, prangend, und es flattert die Mähne verspielt um den Hals und die Flanken.1413 1413 luxurians ist sowohl semantisch als auch formal (Partizip Präsens) und metrisch (Initialstellung) eine Übersetzung des homerisch-apollonischen κυδιόων; vgl. Horsfall (2003) 292–296.

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Mit Blick auf A.R. 3,1259–1262 können wir feststellen, dass Quintus einmal mehr einen bestehenden intertextuellen Dialog aufgreift und diesen fortsetzt bzw. variiert: A.R. 3,1261 (κυδιόων) übernimmt nämlich Il. 6,509 = 15,266 (κυδιόων) eins zu eins, während Q.S. 1,145 das Vorbild formal als auch bezüglich der sedes im Vers variiert (κυδιόωσα).1414 Die lateinische Parallele sodann ist insofern von Bedeutung, als Vergil dem Gleichnis in seiner Bearbeitung eine neue Semantik einschreibt: Der Vergleich des Turnus mit einem Pferd, das Reissaus nimmt, dient dazu, dessen Ungeduld und Übermut zu illustrieren1415 – in ähnlicher Weise bringt auch Quintus den überbordenden Kriegsmut der Amazonenkönigin zum Ausdruck. Darüber hinaus sind die Pferdegleichnisse ein besonders geeigneter intertextueller Bezugspunkt für Penthesileia, da Pferde ein stehendes Attribut der Amazonen darstellen. Entsprechend verwendet Quintus unmittelbar nach der Rüstungsszene das Verb in explizitem Zusammenhang mit Penthesileias Pferd; vgl. Q.S. 1,166f.: ἡ δ᾿ ἄρα κυδιάασκεν ἀά σχετον· ἕζετο δ᾿ ἵππῳ / καλῷ τ᾿ ὠκυτάτῳ. »Sie aber triumphierte grenzenlos: Sie setzte sich auf ihr Pferd, ihr schönes und blitzschnelles.« Das Verb zieht sich sodann wie ein roter Faden durch das erste Buch – Quintus scheint die verschiedenen Bedeutungsnuancen von κυδιᾶν geradezu durchzuexerzi eren: Penthesileias Invektive, die sich gegen die Achaier in corpore richtet (326–334, beginnend mit ὦ κύνες), wird mit folgenden Worten eingeleitet (1,324f.): ὣς ἥ γ᾿ ἑσπομένη Δαναῶν ἐδάιζε φάλαγγας· / καί σφιν ἐπηπείλησε μέγα φρεσὶ κυδιόωσα. »So folgte sie ihnen nach und zerriss die Schlachtreihen der Danaer, und sie drohte ihnen, gewaltig in ihrem Herzen prunkend.« Schliesslich wird das »Prangen« auf die personifizierte Αἶσα übertragen, die Penthesileia, welche noch immer »keine Ermüdung bezwang« (1,388 κάματος δ᾿ οὐ δάμνατο θυμόν), gegen Achilleus au fhetzt, denn (1,390– 393): ἀπόπροθι δ᾿ ἑστηυῖα / χάρμης κυδιάασκεν ὀ λέθριον, οὕνεκ᾿ ἔμελλε / κούρην οὐ μετὰ δηρὸν ὑπ᾿ Αἰακίδαο χέρεσσι / δάμνασθ᾿. »Fernab vom Kampfgeschehen stand sie und triumphierte, weil sie gedachte, die Jungfrau nach nicht langer Zeit schon von den Händen des Aiakiden bezwingen zu lassen.« 1414

Quintus zitiert das apollonische Pferdegleichnis auch an anderen Stellen: A.R. 3,1259 ἐελδόμενος πολέμοιο > Q.S. 1,20 ἐελδομένη πολέμοιο (Penthesileia! – vgl. den Kommentar ad loc.); 1,34 ἐελδόμεναι π όλεμον κα ὶ ἀεικέα χ άρμην (die Amazonen!); 2,240 ἄμφω ἐελδομένω π όλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην; A.R. 3,1260 ἐπιχρεμέθων > Q.S. 7,319 ἐπιχρεμέθων; 11,328 ἐπιχρεμέθοντες. – Die Verse 7,317–326 als Ganzes stellen ebenfalls ein Pferdegleichnis dar, in welchem Neoptolemos, der von seiner Mutter zurückgehalten wird, doch in den Krieg drängt, mit einem Pferd, das Reissaus nehmen will, verglichen wird. Ein Bezug des Gleichnisses zu Verg. Aen. 11,491–497 wurde m.W. bisher nicht erwogen, obschon die ungeduldige Kriegsübermut als gemeinsamer Nenner dafür sprechen könnte. 1415 Dies kommt v.a. durch das Verb exsultat zum Ausdruck, und das lateinische luxurians ist stärker negativ konnotiert als das griechische κυδιόων.

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(145) μέγα ξίφος  Il. 1,194; 1,220 – Q.S. 1,145; 1,601. Metrisch stets vor der BD.

Mit der Wendung μ έγα ξ ίφος ruft Quintus möglicherweise die berühmte und in der antiken Homerallegorese vieldiskutierte Passage aus dem 1. Buch der Ilias auf, wo Achilleus in seinem Zorn sein Schwert gegen Agamemnon zückt und ihn töten will (Il. 1,194 ἕλκετο δ ᾿ ἐκ κολεο ῖο μ έγα ξίφος), doch von Athene – unsichtbar für alle anderen – daran gehindert wird und das Schwert wieder in die Scheide zurückstösst (Il. 1,220 ἂψ δ᾿ ἐς κουλεὸν ὦσε μέγα ξίφος). Die Parallelisierung Achilleus – Penthesileia ist unüberhörbar (und wird sprachlich noch verstärkt durch das Wort κουλεός in Q.S. 1,146): Achilleus zückt sein Schwert, steckt es aber auf Athenes Befehl wieder in die Scheide – desgleichen rüstet sich Penthesileia mit ihrem μέγα ξίφος, ebenfalls angetrieben von Athene (in dem vorausgegangenen Traum). Gleichzeitig können wir aus der Parallelisierung auch eine Antithese herauslesen: Während sogar der zornige Achilleus im entscheidenden Moment seinem θυμός Einhalt gebieten und auf Gewalt verzichten kann, ist Penthesileia dazu nicht in der Lage. (145–146) ᾧ πέρι πάντῃ […] ἠδ᾿ ἐλέφαντος Eine kurze Digression zum Element (d): eine Beschreibung der Schwertscheide. Vorbild sind die Verse Il. 11,29–31 (Agamemnons Schwert, Scheide und Wehrgehenk): ἐν δέ οἱ ἧλοι / χρύσειοι πάμφαινον, ἀτὰρ περὶ κουλεὸν ἦεν / ἀργύρεον, χρυσ έοισιν ἀορτήρεσσιν ἀρηρός. »Darauf [= auf dem Schwert] glänzten goldene Buckel, doch rundherum war eine silberne Scheide, an ein goldenes Wehrgehenk gefügt.« (146) εὖ ἤσκητο Quintus verwendet das Verb ἀσκεῖν ausschliesslich (8x) in der homerischen, wohl als ursprünglich anzusehenden Bedeutung »(kunstvoll) verfertigen, (aus-)arbeiten, (aus-)schmücken« (~ τεύχειν), d.h. ohne die negative Konnotation von ›Mühe und Plage‹ (labor), die der homerischen Verwendung noch fremd ist,1416 und gebraucht es als t.t. für Darstellungen auf den beiden Schilden: Achilleus’ Schild: 5,6 (πρῶτα μ ὲν ε ὖ ἤσκητο θεοκμ ήτῳ ἐπὶ ἔργῳ); 5,17 (ἀμφὶ δ᾿ ἄρ᾿ εὖ ἤσκηντο κατ᾿ οὔρεα μακρὰ λέοντες); 5,89 (ἤσκητ᾿ ᾿Εννοσίγαιος); 7,203 (ζῷα π έριξ ἤσκηται); Eurypylos’ Schild: 6,223 (κεμμὰς δ᾿ εὖ ἤσκητο); 6,233 (τεχνήεις [!] ἤσκητο). Danebst noch von Achilleus’ Beinschienen: 5,112 κνημ ῖδες δ ᾿ ἤσκηντο πελ ώριαι »und riesige Beinschienen waren verfertigt«. 1416 Vgl. LSJ s.v. ἀσκέω [I. 1.]: »work raw materials«; LfgrE s.v. ἀσκέω: »fabriquer avec art, construire; travailler avec soin, orner«; VB s.v. ἀσκέω: »être fabriqué artistement«.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Zur Kollokation des Verbs mit dem Adverb εὖ vgl. Il. 10,438f.: ἅρμα δέ οἱ χρυσῷ τε καὶ ἀργύρῳ εὖ ἤσκηται· / τεύχεα δὲ χρύσεια πελώρια, θαῦμα ἰδέσθαι. »Und sein [= Rhesos’] Wagen ist aus Gold und Silber schön gefügt; und golden und prächtig sind seine Waffen, ein Wunder anzuschaun.«;1417 Il. 23,743: Σιδ όνες πολυδα ίδαλοι ε ὖ ἤσκησαν. »Sidonier hatten [den Mischkrug, κρητ ήρ] schön verfertigt.«; imitiert in der Rüstungsszene der Frösche in Batr. 163: φύλλα δὲ τῶν κραμβῶν εἰς ἀσπίδας εὖ ἤσκησαν. »Und sie verfertigten Kohlblätter gekonnt zu Schilden.«;1418 danach episch nur noch bei Q.S. (1,146; 5,6; 5,17; 6,223). (147) ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ ἀσπίδα δῖαν Das Aufheben des Schildes, Element (e) der Rüstungsszene. Vorbild ist Il. 11,32f. ἂν δ ᾿ ἕλετ᾿ ἀμφιβρότην πολυδα ίδαλον ἀσπίδα θο ῦριν / καλ ήν. Es ist bezeichnend, dass Quintus nicht den in den übrigen drei grossen Rüstungsszenen zu findenden Formelvers (αὐτὰρ ἔπειτα σ άκος μ έγα τε στιβαρόν τε, Il. 3,335 = 16,136 = 19,373; vgl. auch die tabellarische Übersicht [1]) als Anknüpfungspunkt gebraucht, sondern diejenige iliadische Formulierung, welche das Prinzip der imitatio cum variatione bereits selber innerhalb der Ilias zur Anwendung bringt. (147) ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ Überliefert ist ἂν δ᾿ ἔθετ᾿; dies hat jedoch Glasewald (1817) 8 aufgrund des Vorbildverses Il. 11,32 (s.o.) zu Recht zu ἂν δ᾿ ἕλετ᾿ emendiert. Die Wortfolge ἂν δ ᾿ ἔθετ᾿ ist sonst nirgends in der Gräzität zu finden. Wie Glasewald a.a.O. anführt, ist auch [Hes.] Scut. 139 χερσί γε μὴν σάκος εἷλε παναίολον (von Herakles’ Schild) von Il. 11,32 inspiriert. (147) ἀσπίδα […] ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης Der Vergleich von Penthesileias Schild mit dem Mond weist diesen als πέλτη aus: als kleinen, leichten, randlosen Rundschild,1419 nach welchem auch die leichtbewaffneten Infanteristen, die πελταστα ί, benannt sind, im

1417

Vgl. auch Hesych ad loc.: εὖ ἤσκηται· καλῶς κατεσκεύασται. Die Rüstung der Frösche (Batr. 160–167) ist in relativ enger Anlehnung an das stereotype iliadische Muster gebaut: (a) Ankündigungsvers (160) > (b) Beinschienen (161) > (c) Panzer (162) > (e) Schild (163) > (g) Speer (164) > (f) Helm (165) > (h) Abschlussvers (166f.). 1419 Zum Aussehen der πέλτη vgl. z.B. Schol. [Eur.] Rhes. 311: πέλτη ἀσπίς ἐστιν ἴτυν οὐκ ἔχουσα. »Die πέλτη ist ein Schild, der keinen Rand hat.«; Poll. Onomasticon 1,134: πέλτη ᾿Αμαζονική, ὡς φησὶ Ξενοφῶν, παρεοικυ ῖα κιττο ῦ πετ άλῳ. »Der Amazonenschild gleicht, wie es Xenophon ausdrückt, einem Efeublatt.«; Dion. Hal. ant. 2,70,3: πέλτην Θρᾳκίαν· ἡ δ᾿ ἐστὶ ῥομβοειδεῖ θυρε ῷ στενωτ έρας ἔχοντι τ ὰς λαγ όνας ἐμφερής. »die thrakische π έλτη: Diese sieht ähnlich aus wie ein kreiselförmiger θυρεός [= eine Schildart, Anm.d.Verf.] mit relativ schmalen Seiten.« Vgl. auch Snodgrass (1967) 78f.; Best (1969) 3–16 (diskutiert sowohl schriftliche als auch ikonographische Zeugnisse [inkl. Abbildungen]); Lindblom (1999) 74f. 1418

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Gegensatz zu den schwerbewaffneten Hopliten.1420 Die früheste ikonographische Darstellung zweier Peltasten findet sich auf einer little master cup, die auf ca. 540 v.Chr. datiert wird.1421 Die π έλτη gilt als typisches Attribut der Thraker; vgl. z.B. Hdt. 7,75: Θρήικες δὲ ἐπὶ μὲν τῇσι κεφαλῇσι ἀλωπεκέας ἔχοντες ἐστρατεύοντο, περ ὶ δὲ τὸ σῶμα κιθ ῶνας, ἔπι δ ὲ ζειρὰς περιβεβλημένοι ποικίλας, περὶ δὲ τοὺς πόδας τε κα ὶ κνήμας πέδιλα νεβρῶν, πρὸς δὲ ἀκόντιά τε καὶ πέλτας καὶ ἐγχειρίδια μικρά. »Die Thraker zogen mit Fuchsfellkappen auf den Köpfen in den Krieg, um den Leib aber trugen sie [nur] Tuniken und lange, bunte Mäntel als Überwurf, und um die Füsse und Waden Stiefel aus Hirschkalbsleder, und dazu kleine Wurfspiesse und leichte Schilde und kleine Dolche.«1422 Es wird angenommen, dass unter Peisistratos in den 540er-Jahren v.Chr. zum ersten Mal thrakische Peltasten als Söldner in der athenischen Armee dienten;1423 zu Beginn des 4. Jhs. v.Chr. schuf Iphikrates eine Sondereinheit bestehend aus Athenern und auswärtigen Zuzügern, »ein besonderes Korps von Fußsoldaten, deren Bewaffnung schwerer als die der Leichtbewaffneten und leichter als die der Hopliten war: Sie besaßen den leichten Rundschild […] und den Wurfspeer, daneben aber Spieß, Schwert und Harnisch«.1424 Da die Amazonen in der Vorstellung der Griechen gerne mit Thrakien assoziiert bzw. als dort ansässig imaginiert wurden – dies letztlich deshalb, weil die imaginären Amazonen ähnlich wie die tatsächlich existierenden Thraker ein Randphänomen des griechischen Kulturkreises darstellen, welches für diesen zwar fremd und bedrohlich ist, ihm jedoch in gewisser Weise dennoch zugehört –,1425 nimmt es wenig wunder, dass man sich diese oft auch als Peltastinnen vorstellte. Ikonographisch finden wir auf Schildbändern des späten 7. bzw. frühen 6. Jhs. v.Chr. Darstellungen der Penthesileia im Kampf gegen Achilleus mit einem Rundschild (während Achilleus den kleinen böotischen Schild trägt).1426 Ferner begegnet uns eine frühe Darstellung zweier Amazonen mit πέλτη auf einer schwarzfigurigen Augenschale, 1420

Vgl. z.B. Diod. 15,44,3: οἱ μὲν πρότερον ἀπὸ τῶν ἀσπίδων ὁπλῖται καλούμενοι τότε δὲ ἀπὸ τῆς π έλτης πελταστα ὶ μετωνομ άσθησαν. »Die, die früher nach ihren [schweren] Schilden ›Hopliten‹ genannt wurden, wurden darauf nach den leichten Schilden zu ›Peltasten‹ umbenannt.« 1421 Kopenhagen, Nationalmuseum, Inv.-Nr. 13966; abgebildet bei Best (1969) (Abb. 1a und 1b); vgl. dazu auch Shapiro (1983) 107. 1422 Weitere Stellen: Thuk. 2,29,5; Xen. mem. 3,9,2; Aristoph. Ach. 159f.; Aristoph. Lys. 563; Eur. Alc. 498; Eur. fr. 369,4 TrGF (Erechtheus); [Eur.] Rhes. 305f.; Dion. Hal. ant. 2,70,3. 1423 Vgl. Snodgrass (1967) 79 und Best (1969) 5f. 1424 Bleicken (41995) 144. Vgl. auch Best (1969) 85–97. 1425 Vgl. auch den Kommentar zu (18) Θερμώδοντος sowie Shapiro (1983) zu den ›thrakischen‹ und ›skythischen‹ Amazonendarstellungen in der attischen Vasenmalerei des 6. Jhs. v.Chr. 1426 Vgl. LIMC I.1, 162, Abb. 721 und 597, Abb. 171 (Abbildungen im Textband; Kommentar: LIMC I.1 [= Kossatz-Deissmann (1981)] 162). Es handelt sich um die frühesten, durch die Namensbeischrift ΠΕΝ sicher zu belegenden ikonographischen Darstellungen des Kampfes zwischen Penthesileia und Achilleus; vgl. Kossatz-Deissmann (1981) 169; vgl. auch Kunze (1950) 148–151.

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die auf ca. 525 v.Chr. datiert wird.1427 Literarisch dagegen findet sich die πέλτη als Amazonenschild erst in der Aeneis erwähnt, und zwar sowohl in der Beschreibung der Amazonenschlacht auf den karthagischen Tempeltüren (Aen. 1,490–493) als auch in dem Vergleich Camillas und ihrer Gefährtinnen mit den Amazonen (Aen. 11,659–663). Eine nicht triviale Parallele findet sich darin, dass Vergil die pelta ebenfalls mit dem Mond vergleicht: Verg. Aen. 1,490–493: ducit Amazonidum lunatis agmina peltis Penthesilea furens mediisque in milibus ardet, aurea subnectens exsertae cingula mammae bellatrix, audetque viris concurrere virgo. Den Zug der Amazonen mit den halbmondförmigen Schilden führt Penthesilea rasend an, und sie glüht mitten unter tausenden, das goldene Wehrgehenk unter die entblösste Brust gebunden, die Kriegerin, und sie wagt es, mit Männern zusammenzustossen, die Jungfrau. Verg. Aen. 11,659–663: quales Threiciae cum flumina Thermodontis pulsant et pictis bellantur Amazones armis, seu circum Hippolyten seu cum se Martia curru Penthesilea refert, magnoque ululante tumultu feminea exsultant lunatis agmina peltis. [Sie sind] wie die thrakischen Amazonen, wenn sie über den Strom des Thermodon fahren und mit bemalten Waffen kämpfen, sei es im Gefolge der Hippolyte, sei es, wenn die Tochter des Mars, Penthesileia, auf ihrem Wagen [aus einer Schlacht] zurückkehrt, und in grossem Geschrei und Aufruhr frohlocken die Heereszüge der Frauen mit ihren mondförmigen Schilden.

Schriftliche Erwähnungen der πέλτη als amazonentypisches Attribut sind sonst rar,1428 und der Vergleich mit dem Mond in Kombination mit der Nennung als Amazonenattribut findet sich in der griechischsprachigen Literatur m.W. nur in den Posthomerica,1429 so dass eine Abhängigkeit des Quintus von Vergil an dieser Stelle durchaus denkbar ist.1430 1427 München, Museum antiker Kleinkunst, Inv.-Nr. 2030; abgebildet bei von Bothmer (1957), pl. 35,5 und 61,3, und LIMC I.2, 518, Abb. 728; Diskussion bei Shapiro (1983) 107. 1428 Unspezifisch ist die Rede von einer ᾿Αμαζονικὴ ἀσπίς (Paus. 1,41,7) bzw. einer π έλτη ᾿Αμαζονική (Poll. Onomasticon 1,134, s.o. Anm. 1419). 1429 Spätere Erwähnungen in der lateinischen Literatur: Sen. Phaedr. 399–403; Sil. Ital. 8,426– 430 (mit explizitem Bezug auf Penthesileia, 428f.: virgo / lunatis […] peltis); Stat. Theb. 5,144–146. 1430 Vgl. Gärtner (2005) 51: »Es ist festzuhalten, daß Quintus, in dessen Schilderung Spezifisches weitgehend fehlt, gerade hier mit Vergil übereinstimmt.«

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Der Vergleich des Schildes mit dem Mond stammt aus der Rüstungsszene des Achilleus; vgl. Il. 19,373–380: […] αὐτὰρ ἔπειτα σάκος μέγα τε στιβαρόν τε εἵλετο, τοῦ δ᾿ ἀπάνευθε σέλας γένετ᾿ ἠύτε μήνης.1431 ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἂν ἐκ πόντοιο σέλας ναύτῃσι φανήῃ καιομένοιο πυρός· τὸ δὲ καίεται ὑψόθ᾿ ὄρεσφι σταθμῷ ἐν οἰοπόλῳ, τοὺς δ᾿ οὐκ ἐθέλοντας ἄελλαι πόντον ἐπ᾿ ἰχθυόεντα φίλων ἀπάνευθε φέρουσιν· ὣς ἀπ᾿ ᾿Αχιλλῆος σάκεος σέλας αἰθέρ᾿ ἵκανε καλοῦ δαιδαλέου. […] Sodann jedoch ergriff er den grossen und wuchtigen Schild, von dem ein Glanz ausging wie der des Mondes. Und wie wenn auf dem Meer den Schiffern ein Glanz erscheint von einem brennenden Feuer – es brennt hoch oben auf den Bergen auf einem einsam bewirtschafteten Gehöft, die [Schiffer] aber treiben Sturmwinde gegen ihren Willen aufs fischreiche Meer, weit weg von ihren Leuten: So reichte bis zum Äther der Glanz von Achilleus’ Schild, dem schönen, kunstvoll verzierten. […]

(147) ἄντυγι ἄντυξ kann grundsätzlich den Rand jeglichen runden Objekts bezeichnen.1432 In der homerischen Sprache ist die Verwendung auf den Wagenund den Schildrand beschränkt. Für Ersteres vgl. z.B. Il. 5,261f.: σ ὺ δὲ τούσδε μ ὲν ὠκέας ἵππους / α ὐτοῦ ἐρυκακέειν ἐξ ἄντυγος ἡνία τε ίνας. »Du aber halte diese schnellen Pferde hier fest, die Zügel am Wagenrand anbindend.« Für Letzteres vgl. z.B. Il. 20,274–276: κα ὶ βάλεν Α ἰνείαο κατ᾿ ἀσπίδα πάντοσ’ ἐίσην, / ἄντυγ᾿ ὑπὸ πρώτην, ᾗ λεπτότατος θέε χαλκός, / λεπτοτάτη δ᾿ ἐπέην ῥινὸς βοός. »Und [Achilleus] zielte gegen den nach allen Seiten hin gleichmässig [geformten] Schild des Aineias, unter den äussersten Rand, wo das Erz am dünnsten lief, und am dünnsten war dort das Rindsleder.« Nachhomerisch kann das Wort auch – metonymisch übertragen – das mit einem Rand versehene runde Objekt an sich bezeichnen;1433 vgl. z.B. Eur. Phoen. 1193 ἔθνῃσκον ἐξέπιπτον ἀντύγων ἄπο »sie kamen um, wie sie von den Wagen fielen«. Zur metonymisch-metaphorischen Bezeichnung für die Mondsichel ist ἄντυξ m.W. sonstwo nicht be1431 Das poetische μ ήνη erscheint in der Ilias nur hier und in einem weiteren Vergleich in 23,455. Bei Q.S. nur hier; der intertextuelle Bezug zu dem Gleichnis wird somit sprachlich über das Wort μήνη hergestellt. 1432 Vgl. LSJ s.v. ἄντυξ: »edge or rim of anything round or curved«; LfgrE s.v. ἄντυξ: »Rand, Rundung, Kreisring«. 1433 Vgl. LSJ s.v. ἄντυξ II.

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legt.1434 Allerdings kann das Wort nachhomerisch auch »Planetenbahn« (vgl. z.B. h.h. 8,8) oder »Himmelsgewölbe« (vgl. z.B. Anth. Gr. 8,1,3 oder 9,806,6) bedeuten,1435 was die Übertragung für Quintus erleichtert, wenn nicht nahegelegt hat. (148) ὑπὲρ ᾿Ωκεανοῖο βαθυρρόου  Vgl. den Kommentar zu (119) ἐς ᾿Ωκεανοῖο βαθὺν ῥόον. (148) ἀντέλλῃσιν ἀνατέλλειν (bzw. synkopiertes ἀντέλλειν) ist ein t.t. zur Bezeichnung des Aufgangs von Himmelskörpern, insbesondere von Sonne und Mond,1436 und somit besonders geläufig in Schriften astronomischen Inhalts (vgl. auch ἀνατολή). In der archaischen Sprache noch ungebräuchlich,1437 doch in klassischer Zeit durchaus auch poetisch; vgl. z.B. Soph. O.K. 1245f. αἱ μὲν ἀπ᾿ ἀελίου δυσμᾶν, / αἱ δ᾿ ἀνατέλλοντος; Aristoph. Nub. 754 εἰ μηκέτ᾿ ἀνατέλλοι σελ ήνη μηδαμο ῦ. In der hellenistischen Dichtung dann häufiger; vgl. A.R. 1,774–776 φαεινῷ ἀστέρι ἶσος, / ὅν […] / νύμφαι θηήσαντο […] ἀντέλλοντα »einem leuchtenden Stern gleich, den Bräute aufgehen sahen«; 2,1007 ἠὼς ἀντέλλει; 3,957–959 ἅτε Σε ίριος ᾿Ωκεανοῖο / ὃς δ ᾿ ἤτοι καλ ὸς μ ὲν ἀρίζηλος τ ᾿ ἐσιδέσθαι / ἀντέλλει »wie der Sirius, der wahrhaftig schön und hell strahlend anzusehen [ist], aus dem Ozean aufgeht«; 3,1223f. ἤδη δ ὲ φόως νιφόεντος ὕπερθεν / Καυκ άσου ἠριγενὴς ᾿Ηὼς β άλεν ἀντέλλουσα »und schon ging die frühgeborene Eos auf und warf ihre Licht über den schneebedeckten Kaukasus«; Theokr. 13,25 ἆμος δ᾿ ἀντέλλοντι Πελειάδες »und als die Pleiaden sich erhoben«; 18,26 ἀὼς ἀντέλλοισα. Quintus verwendet das Verb viermal, stets als Präsens in der synkopierten Form und stets als Intransitivum mit der genannten Spezialbedeutung; vgl. 4,554f. Θυτ ήριον ε ὖτ᾿ ἀλεγεινόν / ἀντέλλῃ να ύτῃσι φ έρον πολ ύ1434

Ein Hinweis auf Q.S. 1,147 fehlt bei LSJ und DGE s.v. ἄντυξ. Der daselbst stattdessen angeführte Beleg Mosch. Eur. 88 ist zu unsicher, da die syntaktischen Beziehungen dort unklar sind, d.h. es ist fraglich, ob ἄντυξ und σελ ήνη tatsächlich zusammengehören; vgl. Eur. 87f. (Übersetzung: Bühler [1960]): ἶσά τ᾿ ἐπ᾿ ἀλλήλοισι κέρα ἀνέτελλε καρήνου / ἄντυγος ἡμιτόμου, κερα ῆς ἅτε κ ύκλα σελ ήνης. »[G]leiche Hörner stiegen, eins gegenüber dem anderen, aus dem Kopf empor in einem Halbrund, wie der (Halb)kreis des gehörnten Mondes.« Zur Diskussion der syntaktischen Probleme vgl. ausführlich Bühler (1960) 137–139 sowie Campbell (1991) 88f. 1435 Vgl. LSJ s.v. ἄντυξ ΙΙ. 3; DGE s.v. ἄντυξ V. 1436 Vgl. LSJ s.v. ἀνατέλλω II. [1.]: »intr., rise, appear above the horizon, of any heavenly body, as sun and moon«; DGE s.v. ἀνατέλλω II 3: »de astros levantarse, salir, aparecer, surgir a) esp. del sol y la luna«; VB s.v. ἀντέλλω: »se lever, pour les astres«. 1437 Das zusammengesetzte Verb ἀνατέλλειν findet sich homerisch nur 1x, als Transitivum in der Grundbedeutung »aufgehen machen / lassen« in Il. 5,777 (vgl. Ebeling I s.v. ἀνατέλλω ad loc.: »efficio ut proveniat, summitto«): το ῖσιν δ ᾿ ἀμβροσίην Σιμ όεις ἀνέτειλε ν έμεσθαι. »Und ihnen [= Heras Pferden] liess der Simoeis Ambrosia aufgehen zum Grasen.«

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δακρυν ὀιζύν »wenn das [Sternbild des] ›Altars‹ aufgeht und den Schiffern viel Kummer, Leid und Tränen bringt«; 13,482f. ὁππότ᾿ ἄρ᾿ ἀντιπέρηθε δυσαέος ᾿Αρκτούροιο / βηλ ὸν ἐς ἀστερόεντα Θυτ ήριον ἀντέλλῃσιν »wenn gegenüber dem ›Bärenhüter‹, der widrige Winde bringt, der ›Altar‹ in das sternenbesetzte Firmament eintritt«;1438 13,556 ἰλαδὸν ἀντέλλουσιν ἐς οὐρανόν »[die Pleiaden] gehen scharenweise am Himmel auf«. Ähnlich Nonn. Dion.: stets intransitiv; nur präsentische Formen; gesamthaft 32x, davon mehrfach von Gestirnen oder aber in Metaphern und Vergleichen, die Gestirne involvieren. Als sprachliches Vorbild für Q.S. 1,147f. ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης, / ἥ […] ἀντέλλῃσιν dürfte möglicherweise Mosch. Eur. 87f. gedient haben: ἶσά τ᾿ ἐπ᾿ ἀλλήλοισι κ έρα ἀνέτελλε καρ ήνου / ἄντυγος ἡμιτόμου, κεραῆς ἅτε κ ύκλα σελ ήνης. »[G]leiche Hörner stiegen, eins gegenüber dem anderen, aus dem Kopf empor in einem Halbrund, wie der (Halb)kreis des gehörnten Mondes.«1439 (149) περὶ γναμπτῇσι κεραίῃς γναμπτῇσι ist Tychsens notwendige Korrektur für überliefertes γναπτ ῇσι (Ω) bzw. γναμπ ῇσι (P).1440 Vians Änderung zu περιγν άμπτοισι (nicht bei Pompella [2002]) ist unnötig, obschon Quintus auch andernorts zusammengesetzte Adjektive mit dem Hinterglied -γναμπτος verwendet.1441 Der Eingriff in den Text ist jedoch massiv, da damit die Existenz eines ansonsten nicht belegten Adjektivs *περίγναμπτος postuliert wird,1442 und der Verweis auf Arat 790 περιγν άμπτωσι (so Vian [1963], Apparat ad loc.; s.u.) kann nicht genügen, da dies ein Verb ist. Formales (auch prosodisches) Vorbild für den ganzen Ausdruck sind Il. 11,416 μετ ὰ γναμπτ ῇσι γ ένυσσιν (ebenfalls am Versende) und v.a. Arat 790;1443 vgl. (im Kontext) 788–791: εἰ δέ κ᾿ ἀπ᾿ ἀμφοτέρων κεράων τρίτον ἦμαρ ἄγουσα / μήτ᾿ ἐπινευστάζῃ, μήθ᾿ ὑπτιόωσα φαείνῃ, / ἀλλ᾿ ὀρθαὶ ἑκάτερθε περιγν άμπτωσι κερα ῖαι, / ἑσπέριοί κ᾿ ἄνεμοι κε ίνην μετ ὰ νύκτα φέροιντο. »Doch falls [der Mond], wenn er den dritten Tag herbeibringt, sich weder nach vorne neigt von den beiden Hornseiten her noch scheint, wenn er sich nach hinten beugt, sondern die Hörner auf jeder Seite

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Zu βηλός (eigtl. »Schwelle«) i.S.v. »Firmament« vgl. LSJ s.v. βηλός. Übersetzung: Bühler (1960); vgl. auch meine Anm. 1434 zu dieser Stelle. 1440 Fehlendes epenthetisches -μ- (-πτ- statt -μπτ-) beim Adjektiv γναμπτ ός ist ein Standardfehler in den Handschriften der Posthomerica. 1441 1,286 πολυγνάμπτοισιν […] προχοῇσι; 9,435 εὐνῇσιν ἐυγνάμπτοισιν; 11,195 ἐυγνάμπτοιο χαλινοῦ. 1442 Vgl. auch VB s.v. περίγναμπτος: »recourbé des deux côtés«. 1443 So schon Vian (1963) 18 Anm. 2 und im Apparat ad loc. 1439

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gerade sich biegen, [dann] dürften wohl Westwinde nach jener Nacht wehen.«1444 Die sonst im Griechischen unübliche Kollokation der Stämme γναμπτ und κερ(α)- findet sich noch zwei weitere Male bei Q.S.; vgl. 9,395f. (von Philoktets Bogen): πάροιθε δέ οἱ μέγα τόξον / κεῖτο πέλας, γναμπτοῖσιν ἀρηρέμενον κεράεσσι. »Davor lag ganz in seiner Nähe der grosse Bogen, aus gebogenen Hörnern zusammengesetzt.«; 11,102 ἀπὸ γναμπτοῖο κεράατος »von dem gebogenen Horn« (von Teukros’ Bogen). (150) μαρμαίρεσκεν  Vgl. den Kommentar zu (59) μάρμαιρον. (150) ἀάσπετον  Vgl. den Kommentar zu (111) ἀάσπετον ἄλγος. (150–151) ἀμφὶ δὲ κρατί […] ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν Das Anlegen des Helms, Element (f) der Rüstungsszene. Vorbilder sind die iliadischen Formulierungen κρατὶ δ᾿ ἐπ᾿ ἰφθίμῳ κυνέην εὔτυκτον ἔθηκεν / ἵππουριν· δεινὸν δὲ λόφος καθύπερθεν ἔνευεν (Il. 3,336f. = 16,137f.); κρατὶ δ᾿ ἐπ ἀμφίφαλον κυν έην θ έτο τετραφ άληρον / ἵππουριν κτλ. ( Il. 11,41f.); περὶ δὲ τρυφάλειαν ἀείρας / κρατὶ θέτο βριαρήν (Il. 19,380f.); vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). (150) κρατί  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (151) κόρυν κομόωσαν ἐθείρῃσι χρυσέῃσιν Homerische Synonyme für »Helm« sind (nebst κ όρυς) κυν έη, π ήληξ und τρυφάλεια,1445 die Quintus alle ebenso unterschiedslos verwendet.1446 Das Verb κομᾶν bei Q.S. nur hier; ἔθειραι »Pferdehaar« hier sowie in 4,413. Das sprachlich und strukturell direkteste Vorbild für Q.S. 1,151 ist Il. 19,381–383 – eines der mehreren digressiven Elemente in Achilleus’ Rüstungsszene: ἣ δ᾿ ἀστὴρ ὣς ἀπέλαμπεν / ἵππουρις τρυφ άλεια, περισσε ίοντο δ᾿ ἔθειραι / χρύσεαι, ἃς ῞Ηφαιστος ἵει λόφον ἀμφὶ θαμειάς. »Dieser leuchtete wie ein Stern, der Helm mit dem Pferdeschwanz, und ringsum 1444 Das Verb περιγνάμπτειν findet sich bereits einmal homerisch, Od. 9,80f. (von Odysseus): ἀλλά με κ ῦμα ῥόος τε περιγν άμπτοντα Μάλειαν / καὶ βορέης ἀπέωσε. »Doch eine Woge und die Strömung und der Nordwind trieben mich ab, als ich [gerade] dabei war, Maleia zu umfahren.« Sodann bleibt es selten und auf das Epos beschränkt; vgl. A.R. 2,364 und 2,560; Q.S. 3,236 und und 14,472; Nonn. Dion. 8,174 und 41,228; Paul. Sil. descr. Soph. 374. 1445 Zur Austauschbarkeit der vier Wörter vgl. Il. 16,793–797, wo Achilleus’ Helm in kurzer Folge als κυνέη, τρυφάλεια und πήληξ bezeichnet wird. 1446 13x κόρυς; 1x κυνέη; 5x πήληξ; 11x τρυφάλεια.

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flatterten die goldenen Rosshaarbüschel, die Hephaistos dicht um den Kamm gesetzt hatte.« Achilleus’ bedrohlicher Helmbusch wird unmittelbar vor Hektors Todesstoss mit denselben Worten noch einmal genannt und beschrieben; vgl. Il. 22,314–316: κόρυθι δ᾿ ἐπένευε φαεινῇ / τετραφάλῳ· καλαὶ δὲ περισσείοντο ἔθειραι / χρύσεαι, ἃς ῞Ηφαιστος ἵει λόφον ἀμφὶ θαμειάς. »Und er nickte mit dem glänzenden Helm mit den vier Bügeln; und schön flatterten ringsum […]« Vgl. ausserdem zum »goldenen Pferdehaar« in Kollokation mit dem Verb κομ ᾶν Il. 8,41–43 = 13,23–25: ὑπ᾿ ὄχεσφι τιτ ύσκετο χαλκ όποδ᾿ ἵππω / ὠκυπέτα, χρυσέῃσιν ἐθείρῃσιν κο μόωντε· / χρυσὸν δ᾿ αὐτὸς ἔδυνε περὶ χροΐ. »Er [= Zeus bzw. Poseidon] spannte seine beiden schnellfliegenden, erzfüssigen Pferde an den Wagen, die mit goldenem Haar lang wallenden; und selber tauchte er die Gold[rüstung] um seinen Leib.« Zur Kollokation von κόρυς mit der Wurzel κομ- vgl. Il. 13,131–133 = 16,215–217: ἀσπὶς ἂρ ἀσπίδ᾿ ἔρειδε, κ όρυς κόρυν, ἀνέρα δ᾿ ἀνήρ· / ψαῦον δ᾿ ἱππόκομοι κόρυθες λαμπροῖσι φάλοισι / νευ όντων, ὡς πυκνο ὶ ἐφέστασαν ἀλλήλοισι(ν). »Schild drängte gegen Schild, Helm gegen Helm, Mann gegen Mann; und es berührten die rosshaarigen Helme die glänzenden Bügel, wie sie nickten, da sie dicht beieinander standen.«1447 Der homerische Topos des ›wehenden Helmbusches‹ kommt in der Ilias sprachlich am deutlichsten in dem Hektor-Epitheton κορυθαίολος zum Ausdruck,1448 welches »d[as] Imposante u[nd] Schreckenerregende d[er] kriegerischen Ersch[einung] […] evoziert«1449 und von Quintus gemieden wird.1450 Den Topos jedoch bemüht unser Dichter an weiteren Stellen: So im Zweikampf zwischen Memnon und Achilleus; vgl. 2,456f.: ἐπέψαυον δὲ λόφοισιν / ἀλλήλαις ἑκάτερθεν ἐρειδόμεναι τρυφάλειαι. »Ihre Helme berührten sich am Helmbusch und drückten von beiden Seiten gegeneinander.«;1451 2,461–463: οἱ δ᾿ αἰχμὴν μεμαῶτες ἄφαρ χροὸς ἐντὸς ἐλάσσαι / μεσσηγὺς σάκεός τε καὶ ὑψιλόφου τρυφαλείης / πολλάκις ἰθύνεσκον ἑὸν μένος. »Und in ihrer Begierde, die Lanze sofort in den Körper [des andern] zu rammen, richteten sie ihre Kraft immer wieder in die Mitte zwischen dem Schild und dem Helm mit dem hochwallenden Busch.« In ähnlicher Weise im Zweikampf zwischen Neoptolemos und Eurypylos; vgl. 1447 Dieselbe Kollokation nochmals in Il. 16,338 ἱπποκόμου κόρυθος φάλον ἤλασεν; imitiert in Soph. Ant. 116 ξ ύν θ ᾿ ἱπποκόμοις κορ ύθεσσιν; vgl. ausserdem Anth. Gr. 16,214,4 ἀσπίδ᾿ ᾿Ενυαλίου καὶ κόρυν ἠύκομον. 1448 κορυθαίολος ist in der Ilias 38x Epitheton für Hektor; danebst nur 1x für Ares (Il. 20,38). 1449 LfgrE s.v. κορυθαίολος 1. 1450 Das Adjektiv verschwindet nachiliadisch fast gänzlich aus der epischen Sprache; Ausnahmen sind: Orac. Sib. 11,278 GCS κορυθα ίολος ῎Αρης und 14,24 GCS κορυθα ίολοι ἄνδρες; Manetho 1,75 κορυθαίολος ῎Αρης; Anth. Gr. 2,162 κορυθαίολος […] ῞Εκτωρ. Erst Nonnos belebt es neu und appliziert es auf verschiedene Substantive (17x Dion.) 1451 In sprachlicher Anlehnung an Il. 13,131–133 = 16,215–217 (s.o.).

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8,187–189: τοὶ δ᾿ οὐκ ἀπέληγον ὁμοκλῆς, / ἀλλά σφεας ἐδάιζον ἐς ἀσπί δας, ἄλλοτε δ᾿ αὖτε / οὔταζον κνημῖδας ἰδ᾿ ὑψιλόφους τρυφαλείας. »Und sie liessen nicht ab vom Kampfe, sondern sie hieben einander auf die Schilde, bald aber auch trafen sie die Beinschienen und die Helme mit dem hohen Busch.« Ferner setzt Agamemnon einen »rosshaarigen Helm« als Siegespreis aus (4,408 ἱππόκομον τρυφάλειαν), und Philoktet trifft Mimas tödlich »zwischen dem Schild und dem rosshaarigen Helm« (11,482 μεσσηγὺς σάκεός τε καὶ ἱπποκόμου τρυφαλείης). Vian weist ferner auf Prop. 3,11 als Parallele hin, wo Penthesileia mit einem goldenen Helm geschildert ist, der die Schönheit der Amazonenkönigin widerspiegelt; vgl. Prop. 3,11,15f.: aurea cui postquam nudavit cassida frontem, / vicit victorem candida forma virum. »Als ihr goldener Helm ihr [abgenommen ward und] ihre Stirn entblösste, da bezwang den Bezwinger ihre weissglänzende Schönheit, den Mann.« (152) ὣς ἡ μὲν μορόεντα περὶ χροῒ θήκατο τεύχη Der Abschlussvers, das optionale Element (h) der Rüstungsszene. In den vier grossen iliadischen Rüstungsszenen findet sich ein Analogon nur in Il. 3,339 ὣς δ᾿ αὔτως Μενέλαος ἀρήιος ἔντε᾿ ἔδυνεν; vgl. auch die tabellarische Übersicht (1). (152) μορόεντα […] τεύχη  μορόεις: Il. 14,183 – Od. 18,298 – Nik. Alex. 130; 136; 455; 569 – Q.S. 1,152.

Das Adjektiv μορόεις ist ein homerisches dis legomenon, dessen Bedeutung sowohl in der antiken wie auch in der modernen Homerphilologie strittig war und ist. Es findet sich in der Διὸς ἀπάτη, bezogen auf Heras Ohrringe (Il. 14,182 ἕρματα), die als τρ ίγληνα μορ όεντα (Il. 14,183) bezeichnet werden, sowie ein zweites Mal in Od. 18,298, ebenfalls bezogen auf Ohrringe (Od. 18,297 ἕρματα), die der Freier Eurydamas Penelope zum Geschenk macht.1452 Nachhomerisch findet sich das Adjektiv viermal bei Nikander (s.u.) sowie hier in Q.S. 1,152. Einige antike und moderne Deutungsversuche werden im Folgenden vorgestellt und diskutiert.1453 In der antiken Homererklärung finden sich zwei Deutungen: (1) »kunst-/mühevoll gearbeitet / verfertigt«,1454 abgeleitet von μ όρος, das auch als Synonym zu πόνος aufgefasst wurde, bzw. von μορεῖν, das mit κακοπαθεῖν glossiert wurde; vgl. z.B. Schol. vet. A Il. 14,183a (39–41): μορόεντα δὲ πεπονημ ένα τ ῇ κατασκευ ῇ, ἀπὸ το ῦ μορ ῆσαι, ὅ ἐστι 1452 Zur Frage nach der Bedeutung von τρίγληνα vgl. Leaf I, 343 (zu Il. 8,164); Kardara (1961); Maxwell-Stuart (1987) 411; Janko (1992) 177 (zu Il. 14,183). 1453 Für einen knappen, kommentierten Überblick vgl. auch Leaf II, 79 (zu Il. 14,183). 1454 Vgl. LSJ s.v. μορόεις [I.]: »wrought with much pains«; Leaf II, 79 (zu Il. 14,183): »wrought with anxious toil«.

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κακοπαθῆσαι.1455 In diesem Falle wäre μ όρος »Mühe, Arbeit« etymologisch evtl. mit μ έριμνα zu verknüpfen1456 und somit nicht identisch, sondern nur homonym mit μ όρος »Tod, Todeslos«, welches mit dem Verb με ίρεσθαι und den Substantiven μο ῖρα und μέρος zusammenzustellen ist.1457 (2) ἀμορόεις anstelle von μορόεις (Metanalyse τρίγλην᾿ ἀμορόεντα anstelle von τρ ίγληνα μορ όεντα) i.S.v. »unsterblich«; vgl. Schol. vet. T Il. 14,183e (56f.): τιν ὲς δ ὲ »ἀμορόεντα« το ῦ ᾱ ἐπιτατικοῦ ὄντος, ο ὐχ ὑγιῶς. Apollonios Sophistes wendet dieselbe Deutung auf μορ όεις an: μορόεντα οἷον ἀθάνατα, μόρου μὴ μετέχοντα (p. 113,30). Nikander sodann gibt dem homerischen Adjektiv einen neuen Sinn:1458 (3) Nikander verwendet das Adjektiv viermal in den Alexipharmaka: 130 und 136 μορ όεν ποτ όν; 455 μορ όεντος ἐλαίης; 569 μορ όεις, bezogen auf φρῦνος (567; eine Krötenart); die Scholiasten haben es mehrheitlich i.S.v. »tödlich« aufgefasst, also von μ όρος »Tod« abgeleitet; vgl. z.B. Schol. Nik. Alex. 130c: μορ όεν δ ὲ κακ ὸν ποτ όν· τ ὸ ἐν κακοπαθε ίᾳ δοθέν.; Schol. Nik. Alex. 569d: μορ όεις· ὁ κακοποι ός, ἤγουν ὁ μόρον ἄγων.1459 Die moderne Philologie fügt diesen Deutungen die folgenden hinzu: (4) »maulbeerförmig«, abgeleitet von μόρον »(schwarze) Maulbeere«.1460 1455

In diesem Sinne vgl. auch Ariston. (zu Od. 18,298): τὸ δὲ μορόεντα ἀντὶ τοῦ μετὰ πολλοῦ μόρου κα ὶ κακοπαθε ίας κατεσκευασμ ένα; Hesych s.v. μορ όεντα· μετ ὰ πολλο ῦ καμ άτου πεπονημένα; Suda s.v. 1256 μορ όεις, κα ὶ οὐδετέρως μορ όεντα· τὰ μετ ὰ κόπου καμν όμενα; Eust. vol. 3, p. 610,14f.: μορ όεντα δ ὲ παρ ὰ τὸν μ όρον, τ ὴν κακοπ άθειαν, τ ὰ ἐκπεπονημένα; Etym. m. p. 591,10f.: μορόεντα· τὰ μετὰ πολλοῦ μόχθου καὶ κακοπαθείας γεγενημένα· μόρος γὰρ κακοπ άθεια. – Zur Deutung von μ όρος i.S.v. »Mühe, Arbeit« vgl. auch Suda s.v. 1257 μόρος· ὀδύνη, πόνος, θάνατος; Hesych s.v. μοροπονοῦν· κακοπαθοῦν. 1456 In diesem Sinne auch (andeutungsweise) Schol. vet. bT Il. 14,183e (55f.): μ ο ρ ό ε ν τ α: ἐκπεπονημένα τῇ κατασκευῇ καὶ μεμεριμνημένα τῇ τέχνῃ. 1457 Vgl. LIV zu den homonymen Wurzeln 1. *(s)mer- »denken an, sich erinnern« (>> μέριμνα und ἱμείρειν) ≠ 2. *smer- »Anteil bekommen« (>> μείρεσθαι, μοῖρα, μόρος, μέρος). 1458 Die Frage nach der tatsächlichen bzw. ›intendierten‹ Bedeutung des Adjektivs bei Nikander kann hier nicht diskutiert oder gar beantwortet werden (vgl. Anm. 1459 für einen kurzen Ausblick). Entscheidend für unsere Zwecke ist, wie man in der Antike Nikanders Wortverwendung verstanden hat, was in den Scholien zum Ausdruck kommt. 1459 So auch LSJ s.v. μορ όεις II.: »fatal, deadly«. Diese Auffassung wird kritisiert von Gow (1951) 104f., der stattdessen »a meaning akin to λαμπρός or λιπαρός —sleek for the toad, rich or oily for the olive and the drinks« (105) vorschlägt, was er auch als etymologische Grundbedeutung annimmt, die auch für Il. 14,183, Od. 18,298 und Q.S. 1,152 passe (»will thus have the advantage of covering all six passages in which the adj. occurs«, ibid.). Dieser Ansatz trägt freilich dem Umstand keine Rechnung, dass sich vermutlich sowohl Nikander als auch Quintus ebensowenig (wenn nicht noch weniger) wie wir über die ›echte, etymologische‹ Bedeutung von μορ όεις im Klaren waren – der Umstand, dass eine bestimmte Etymologie sämtliche Belegstellen ›abdecken‹ kann, ist keineswegs ein Indiz für deren Richtigkeit. 1460 Vgl. LSJ s.v. μορόεις [I.]: »perh. from μόρον, clustering like mulberries«; Leaf II, 79 (zu Il. 14,183): »berry-like«; Frisk II s.v. μορόεις: »maulbeerfarbig, -förmig«.

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(5) »scheinend, glänzend«, etymologisch dann wohl mit μαρμα ίρειν zu verknüpfen.1461 (6) »mit Teilchen versehen, aus mehreren Teilchen bestehend«; unter der Voraussetzung, dass »zur homerischen Zeit neben μόρος „ Anteil“ < *smóros noch ein homonymes μόρος „Tod“ < *móros getrennt existiert hat, dann aber begreiflicherweise immer mehr in einem einzigen μόρος aufgegangen ist«.1462 Von all den bestehenden Deutungen lassen sich rein semantisch (1), (4), (5) und (6) auf die homerischen ἕρματα τρίγληνα μορόεντα sinnvoll applizieren, wobei von den modernen Deutungen wohl nur (5) »scheinend, glänzend« aufgrund des Kontexts auch im Auge eines antiken, nachhomerischen Betrachters gelegen haben dürfte. Etymologisch dürfte (sowohl nach linguistischen wie auch archäologischen Kriterien) (4) »maulbeerförmig« die korrekte Deutung sein;1463 allerdings dürften weder die antiken Homererklärer noch Quintus und Nikander sie gekannt haben, da Erstere sie nicht erwähnen und Letztere sie in ihren Verwendungen des Adjektivs nicht nahelegen. Quintus wird also das homerische μορόεις in Il. 14,183 und Od. 18,298 am ehesten i.S.v. (1) »kunst-/mühevoll gearbeitet / verfertigt« und / oder (5) »scheinend, glänzend« verstanden haben. Hinzu kommen die vier Stellen bei Nikander, die er i.S.v. (5) oder aber (3) »tödlich« – darin den Scholiasten folgend – gelesen haben mag. Für unseren Dichter eröffnet sich also, alles in allem, ein dreifacher Bedeutungshorizont für μορ όεις. Diesen schöpft er in der Kollokation μορόεντα […] τε ύχη aus: Dass die Bewaffnung eines Helden für den Gegner ›tödlich‹ (3) sein kann, liegt auf der Hand.1464 Die homerische ›Doppelbedeutung‹ sodann (1; 5) wird ersichtlich aus der Gesamtkomposition der Rüstungsszene: Diese wurde eingeleitet mit dem Satz ἀμφ᾿ ὤμοισιν ἔδυνε / τεύχεα δαιδαλόεντα (1,140f.). Das Adjektiv δαιδαλόεις jedoch besitzt nachhomerisch genau dieselbe Doppelbedeutung, d.h. zur homerischen Bedeutung »kunstvoll verfertigt« kommt die 1461 Vgl. Leaf II, 79 (zu Il. 14,183): »sparkling«; Gow (1951) 105: ~ λαμπρός oder λιπαρός (s.o. Anm. 1459); Maxwell-Stuart (1987) 414: »μορόεις may have combined two notions: (1) a surface gleam, and (2) a swirling or bubbled pattern such as that produced by thick boiling liquid.« – Zu μαρμαίρειν vgl. Frisk II s.v. μαρμαίρω sowie den Kommentar zu (59) μάρμαιρον. 1462 Meier-Brügger (1989) 66. 1463 Vgl. Kardara (1961) 64 (mit weiterer älterer Literatur): »Μορόεις can mean “having μόρον” or “having the nature of μ όρον.” Μορ όεντα, therefore, may imply granulation; and the following twofold conclusion may be reached: a three-armed earring of oriental origin reached Homeric Greece and the technique of granulation was applied to it.«; Janko (1992) 177 (zu Il. 14,183; mit neuerer archäologischer Evidenz, die Kardaras Auffassung bestätigt): »μορόεις means ‘like mulberries’ (μόρα). […] Like blackberries, mulberries have a number of separate seeds in a cluster; clearly the earrings had three protuberances somehow resembling mulberries.« 1464 Zu vorsichtig Vian (1963) 18 Anm. 4 (meine Hervorhebung): »L’autre sens du mot (« fatal »), attesté chez Nicandre, conviendrait ici à la rigueur.«

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nachhomerische »scheinend, glänzend« hinzu.1465 Letztere wird mittels der Beschreibungen von Penthesileias glänzenden, leuchtenden Rüstungsteilen und dem gleich anschliessend folgenden Vergleich mit einem Blitzstrahl des Zeus (1,153–156) mehrfach hervorgehoben. Quintus wählt also mit μορόεις ein exaktes Synonym zu δαιδαλ όεις und ›kommentiert‹ mit dem Syntagma μορ όεντα […] τε ύχη, welches das Ende der Rüstungsszene ringkompositorisch beschliesst, die Doppelbedeutung beider Adjektive.1466 Die chiastische Anordnung (τεύχεα δαιδαλόεντα – μορόεντα […] τεύχη) sowie die Wahl desselben Suffixes für beide Adjektive (-οέντα)1467 heben die strukturelle und semantische Parallelität der beiden Syntagmata hervor. (152) περὶ χροῒ θήκατο περὶ χροΐ: 9x Il. – 15x Od. – 5x h.h. – [Hes.] Scut. 183 – Q.S. 1,152; 2,190; 2,203; 9,359 – Nonn. Dion. 21,205 – u.a. Metrisch stets vor der BD.

Die Kollokation περ ὶ χρο ΐ ist ein Standardausdruck des frühen Epos in Rüstungs- und Ankleideszenen, findet sich allerdings nicht in den vier grossen iliadischen Rüstungsszenen. Später nur noch vereinzelt. περὶ χρο ῒ θήκατο ist übernommen aus Heras erotischer ›Rüstung‹ in der Διὸς ἀπάτη, Il. 14,187 αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ πάντα περὶ χροῒ θήκατο κόσμον »doch nachdem [Hera] den ganzen Zierrat sich um den Leib gelegt hatte«.1468 Der ganze Vers 152 setzt sich also im Wesentlichen aus zwei kurz aufeinanderfolgenden Bestandteilen aus Ilias 14 zusammen (μορόεντα < Il. 14,183; vgl. den Kommentar zu (152) μορόεντα […] τεύχη).  Vgl. auch den Kommentar zu (145) θήκατο (zur Form an sich). (153–156) ἀστεροπῇ δ᾿ ἀτάλαντος ἐείδετο […] ἄλληκτον ἰωήν Der Vergleich Penthesileias mit dem Blitzstrahl des Zeus knüpft an die beiden Gleichnisse an, in denen die Amazonenkönigin in ihrer ›strahlenden Schönheit‹ mit dem Mond (1,37–41) und mit der aufgehenden Morgenröte

1465

Vgl. den Kommentar zu (141) τεύχεα δαιδαλόεντα. In diesem Sinne auch Maxwell-Stuart (1987) 413: »One of the possible interpretations of μορόεις offered by Hesychius and Eustathius is ‘made with much trouble’, and one might suggest that Quintus’s μορ όεις should be regarded as a synonym of δαιδαλ όεις. But although Homer’s δαιδαλόεις means this when used of wooden or metallic objects, the word had changed since his time and acquired the extra notions of ‘dappled’, ‘spotted’, ‘shot with light’, ‘sheeny’; and it is possible that μορόεις contained some of these meanings, too. […] It seems […] that the Queen’s armour presents to the view a combination of brilliant colour and dazzling metallic surface, and that this is what Quintus meant by his μορόεντα.« 1467 δαιδαλόεις ist eine Neubildung unseres Dichters für das geläufige δαιδ άλεος; vgl. den Kommentar zu (141) τεύχεα δαιδαλόεντα. 1468 Fast identisch in h.h. 6,14 αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ πάντα περὶ χροῒ κόσμον ἔθηκαν. 1466

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(1,48–53) verglichen wurde.1469 Gleichzeitig verwendet Quintus einen verbreiteten homerischen Topos: Homerische Helden in ihrer vollen Montur werden – anknüpfend an den Topos des Blitzeschleuderers Zeus, des ᾿Ολύμπιος ἀστεροπητής, der mit seinen Blitzen Menschen wie Götter einschüchtern und vernichten kann – öfters mit einem Blitz verglichen; vgl. z.B. Il. 11,62–65, wo es von Hektor heisst, dass er »im Erz erstrahlte wie der Blitz des Vaters, des Aigishalters Zeus« (11,65f. χαλκῷ / λάμφ᾿ ὥς τε στεροπὴ πατρ ὸς Δι ὸς α ἰγιόχοιο).1470 Ebenso verbreitet ist die Metapher vom ›Blitzen des Erzes‹; vgl. z.B. Il. 11,82f.: Zeus »betrachtete die Stadt der Troer und die Schiffe der Achaier, und das Blitzen des Erzes, und die, die töteten und getötet wurden« (εἰσορόων Τρώων τε π όλιν κα ὶ νῆας ᾿Αχαιῶν, / χαλκοῦ τε στεροπήν, ὀλλύντας τ᾿ ὀλλυμένους τε).1471 Mit dem vorliegenden Vergleich kommt also sowohl die Schönheit wie auch die imposant-bedrohliche, ja todbringende Erscheinung der Amazonenkönigin zum Ausdruck; der strahlende Glanz der einzelnen Rüstungsteile, der in der Panhoplie mehrfach hervorgehoben wurde, wird darin in summa als Gesamtbild vor Augen gestellt. Konkretes Vorbild für Q.S. 1,153–156 ist jedoch Il. 13,240–245: Es ist dies der einzige Blitz-Vergleich der Ilias, der zu einem längeren Gleichnis ausgestaltet ist und in dem explizit vom Blitz in den Händen des Göttervaters die Rede ist, womit der Vergleich vom blossen äusseren Eindruck (Glanz des Blitzes ~ Glanz der Waffen) weitergeführt und auf die Wurfwaffe übertragen wird (Blitz ~ Speer):1472 ᾿Ιδομενεὺς δ᾿ ὅτε δὴ κλισίην εὔτυκτον ἵκανε, δύσετο τεύχεα καλὰ περὶ χροΐ, γέντο δὲ δοῦρε· βῆ δ᾿ ἴμεν ἀστεροπῇ ἐναλίγκιος, ἥν τε Κρονίων χειρὶ λαβὼν ἐτίναξεν ἀπ᾿ αἰγλήεντος ᾿Ολύμπου δεικνὺς σῆμα βροτοῖσιν, ἀρίζηλοι δέ οἱ αὐγαί· ὣς τοῦ χαλκὸς ἔλαμπε περὶ στήθεσσι θέοντος. Als aber Idomeneus bei der gut gebauten Hütte angekommen war, tauchte er in die schöne Rüstung ringsum mit seinem Körper, und er nahm zwei Speere; und er schritt los, einem Blitzstrahl gleichend, den der Kronossohn mit der Hand ergreift und vom glänzenden Olymp herabschwingt [und so] den Sterblichen ein Zeichen zeigt, hell leuchtend aber sind seine Strahlen: So leuchtete das Erz rings um die Brust des Dahineilenden.

1469 Vgl. die Einleitung zu den Versen (33–61) und die Kommentare zu (37–41) ὡς δ᾿ ὅτ᾿ ἀν᾿ οὐρανόν […] und (48–53) οἵη δ᾿ ἀκαμάτοιο […] 1470 Vgl. ferner Il. 10,153f. (Diomedes); Il. 14,385f. (Poseidons Schwert). 1471 Vgl. ferner Il. 19,363; Od. 14,268; 17,437. 1472 Zur Vorbildhaftigkeit vgl. bereits Niemeyer (1883) 12; Vian (1963) 161 Anm. 5 (zu 18); James (2004) 270. Zum iliadischen Gleichnis vgl. Janko (1992) 76f.

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Die sprachlichen und inhaltlichen Anklänge sind nicht zu übersehen: Il. 13,241 δύσετο τεύχεα καλὰ περὶ χροΐ

Q.S. 1,152 μορόεντα περὶ χροῒ θήκατο τεύχη

Il. 13,242 ἀστεροπῇ ἐναλίγκιος

Q.S. 1,153 ἀστεροπῇ δ᾿ ἀτάλαντος

Il. 13,243 ἐτίναξεν

Q.S. 1,154 ἐς γαῖαν προΐησι

Il. 13,243 ἀπ᾿ αἰγλήεντος ᾿Ολύμπου

Q.S. 1,153 ἀπ᾿ ᾿Ολύμπου

Il. 13,244 δεικνὺς σῆμα βροτοῖσιν

Q.S. 1,155 δεικνὺς ἀνθρώποισι

Auch mit Blick auf den weiteren Kontext weisen die beiden Gleichnisse einen gemeinsamen Nenner auf: Idomeneus begibt sich, angetrieben von Poseidon (vgl. Il. 13,232–238), in die Schlacht und zeichnet sich, begleitet von Meriones, im Kampf aus. Dies entspricht allerdings nicht dem Willen des Göttervaters, da dieser noch immer die Troer stärken will (vgl. Il. 13,347–353), und Idomeneus’ Aristie ist nur möglich, weil Zeus seinen Blick von Troja abgewendet hat (vgl. Il. 13,1–9). Lesen wir diesen Kontext bei der intertextuellen Lektüre von Q.S. 1,153–156 mit, so werden wir unweigerlich daran erinnert, dass Penthesileias erhoffter Sieg nicht dem Schicksal und dem Willen der Götter entspricht und dass ihr deshalb letztlich kein Erfolg beschieden sein wird. Ein Unterschied zu dem iliadischen Vorbild besteht allerdings darin, dass Quintus den Blitzstrahl des Zeus nicht bloss undefiniert ein σ ῆμα für die Menschen nennt, sondern dass er seine Bedeutung als Künder bzw. Verursacher von Regen und Sturm expliziert, wodurch Penthesileias imposantbedrohliche Erscheinung umso plastischer hervortritt. Dieser Zusatz erinnert an einen kurzen Vergleich aus Argonautica 3, wo Aietes – nach seiner Rüstung (3,1225–1234) und in unmittelbarem Anschluss an das Pferdegleichnis (3,1259–1262) – mit einem Blitzstrahl verglichen wird. Quintus zitiert zwar sprachlich nicht aus dem apollonischen Vergleich, spielt jedoch mittels der Übernahme des Regenmotivs mit feinen Klängen darauf an; vgl. A.R. 3,1265–1267: φαίης κεν ζοφεροῖο κατ᾿ αἰθέρος ἀίσσουσαν χειμερίην στεροπὴν θαμινὸν μεταπαιφάσσεσθαι ἐκ νεφέων, ὅτε πέρ τε μελάντατον ὄμβρον ἄγωνται. Man hätte meinen können, ein Blitzstrahl, [Zeichen eines] Sturmes, breche aus dem finsteren Äther hervor und zucke mitten durch die Wolken, wenn sie den schwärzesten Regen bringen.

Quintus verwendet den Topos auch andernorts; vgl. 3,293: Α ἴας δ ᾿ αἰὲν ἐμάρνατ᾿ ἀλίγκιος ἀστεροπῇσι. »Aias aber kämpfte unentwegt, Blitzen gleichend.«; 6,196f.: ὣς δὲ καὶ Εὐρύπυλος μεγάλοις περικάτθετο γυίοις /

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

τεύχεα μαρμαρ έῃσιν ἐειδόμενα στεροπ ῇσι. »So legte sich auch Eurypylos um seine wuchtigen Glieder die Rüstung, die leuchtenden Blitzen glich.«; 8,347: τε ύχεσι δ ᾿ ἀμβροσίοισι π έρι στεροπα ὶ ποτ έοντο. »Rund um [Athenes] unsterbliche Rüstung zuckten Blitze.«;1473 9,293–295: (von Apollon): τ ὸν δ ᾿ αἶψα θοα ὶ φορ έεσκον ἄελλαι / τε ύχεσι χρυσε ίοισι κεκασμένον· ἀμφὶ δὲ μακρα ί / μ άρμαιρον κατι όντος ἴσον στεροπ ῇσι κέλευθοι. »Und es trugen ihn, der mit einer goldenen Rüstung angetan war, schnelle Sturmwinde geschwind; und ringsum leuchteten die breiten Pfade seines Abstiegs, Blitzstrahlen gleich.«; 11,410f. (von Aineias’ Rüstung): οἱ μάρμαιρε περὶ βριαροῖς μελέεσσι / τεύχεα θεσπεσίῃσιν ἐειδόμενα στεροπῇσιν. »Es glänzte ihm die Rüstung rings um die kraftstrotzenden Glieder, göttlichen Blitzen gleich.« (154) ἐς γαῖαν προΐησι Zur Formulierung vgl. Q.S. 7,74–76 (Nestor zu Podaleirios): το ῖς δ ᾿ ἐπὶ χεῖρας / οἴη Μοῖρα τίθησι καὶ οὐχ ὁρόωσ᾿ ἀπ᾿ ᾿Ολύμπου / ἐς γαῖαν προΐησι. »Moira allein legt Hand an sie,1474 und ohne [selber] zuzusehen, wirft sie sie zur Erde hinab.« Die Wendung ἐς γαῖαν steht im Epos im Normalfall nach der Trithemimeres oder Hephthemimeres (d.h. ἐς in der Senkung). Ausnahmen (ἐς in der Hebung): zu Versbeginn (Theokr. 22,91; Opp. cyn. 4,265; Q.S. 1,154; 7,76; 9,200); im zweiten Versfuss (Il. 14,174; A.R. 3,1359; Opp. hal. 2,518; Q.S. 3,315; Orph. Lith. 324); im vierten Versfuss (Theokr. 24,113). (155) βαρυηχέος ὄμβρου Adjektive mit dem Hinterglied -ηχής (-ᾱχής) sind in der frühepischen Sprache noch selten: Homerisch finden sich erst δυσηχ ής »misstönend« (mehrfach in und seit der Ilias); πολυηχ ής »lautklingend« (Il. 4,422 [hapax]);1475 ὑψηχής »hochtönend« (Il. 5,772 und 23,27 [dis legomenon]). Ab hellenistischer Zeit sind einige Neubildungen zu finden, wobei es sich in der Tendenz klar um einen epischen Kompositionstyp handelt; vgl. (in Klammern jeweils der Erstbeleg) ἁλιηχής (Musai. 26 [absolutes hapax]); βαρυηχής (LXX 3 Ma 5,48 [!]); γλυκυ ᾱχής (Anth. Gr. 9,26,7 [Antip. Thess.] [absolutes hapax]); ἐριηχής (Opp. hal. 3,213); εὐᾱχής (Pind. Pyth. 2,14; Kall. h. Del. 296 mit der -η-Form); κακοηχ ής (Philod. de poem. fr. 182,16); λιγυ ᾱχής (Bakchyl. fr. 20C.1; Nonn. Dion. 8,377; 11,147; 41,44 1473 Eine originelle Abwandlung des Topos: Athenes Rüstung wird nicht mit Blitzen verglichen, sondern von ihr gehen tatsächlich Blitze aus, analog zu den Schlangen auf ihrem Schild (vgl. Q.S. 8,348f.). 1474 Gemeint sind die ἐσθλά τε κα ὶ τὰ χέρεια (7,71), die vom Schicksal (Μοῖρα) zusammengemischt (7,72 εἰς ἓν ἅπαντα μεμιγμένα) und über die Menschen verteilt werden. 1475 Sowie ein weiteres Mal als varia lectio in Od. 19,521 πολυηχέα φωνήν (für πολυδευκέα φωνήν). Diese Lesart imitiert evtl. vis. Dor. 65 φων]ὴν πολυηχέ᾿ ὄπωπ[.

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mit der -η-Form); νεαροηχ ής (Philostr. VS 579); ὀξυηχής (Philostr. VS 489); τανυηχής (Aegyptus 15,295 [absolutes hapax]). βαρυηχής bei Q.S. an drei weiteren Stellen, ebenfalls von Naturgewalten: zweimal vom ›lauttosenden Meer‹ (4,60 ἐν βαρυηχέι πόντῳ und 5,245 μέγαν βαρυηχέα πόντον) 1476 und einmal von der ›lauttosenden Gewalt‹ des Windes (11,123 ὑπὸ ῥιπῆς βαρυηχέος). Episch sonst nur noch Opp. hal. 4,317 αὐδήν […] βαρυηχέα; Orac. Chald. 133,2 κύματι […] βαρυηχέος ἅλμης; Orph. Arg. 1002 βαρυηχέα φωνήν und 1353 βαρυηχέι κύματι πόντου. Quintus verwendet nur zwei weitere Komposita desselben Typs: das homerisch und auch im späteren Griechischen weit verbreitete δυσηχής (24x) sowie das mit βαρυηχής im Wesentlichen bedeutungsgleiche πολυηχής, selbiges desgleichen von Naturgewalten: zweimal vom Wasser (1,296 ῥοαὶ πολυηχέος ῞Ερμου und 14,539 ἁλὸς πολυηχέος ἅλμην), einmal vom Wind (4,570 Ζεφύρῳ πολυηχέ ι). Damit greift Quintus den homerischen Anwendungsbereich auf (vgl. Il. 4,422 ἐν αἰγιαλῷ πολυηχέι ). Für πολυ ηχής in hexametrischer Sprache vgl. ferner A.R. 4,609 πνοιῇ πολυηχέος ἐξ ἀνέμοιο und 4,963 διὲκ πέτρας πολυηχέας (von den Plankten!); Nik. Alex. 576 λιμναίης φρύνης πολυηχέος (von der Stimme einer Kr öte); Opp. cyn. 3,366 δοῦπον πολυηχέα θηρῶν; Maxim. peri katarch. 8,413 πολυηχέι πόντῳ; vis. Dor. 65 φων]ὴν πολυηχέ᾿ ὄπωπ[; Greg. Naz. carm. de se ipso p. 1315,11 μῦθος […] γλώσσης πολυηχέος und carm. quae spect. ad al. p. 1495,7 βίβλοι πολυηχέες (!); M usai. 242 πολυηχέα βόμβον; Anth. Gr. 9,504,3 πολυηχέα φωνήν. (156) πολυρροίζων ἀνέμων ἄλληκτον ἰωήν Vgl. Bühler (1960) 215: »Die Wortfolge: b (untergeordnetes Adjektiv) B (untergeordnetes Substantiv) a (übergeordnetes Adjektiv) A (übergeordnetes Substantiv) im Hexameter stellt, zumal wenn A am Versende steht, eine gewichtige volltönende Klausel dar, deren sich die Griechen, offenbar weil sie ihnen zu prunkvoll-ausladend erschien, nur mit größter Zurückhaltung bedienten. / Im frühen Epos scheint diese Wortfolge im wesentlichen nur bei der Nennung einiger Naturgewalten angewendet worden zu sein: z.B. von den Winden […] / Die hellenistischen Dichter sind in der Anwendung dieser Wortstellung womöglich noch zurückhaltender (gewöhnlich nur bei homerischem Vorbild); erst im späten Epos wird die Anwendung zugleich freier und häufiger […]« Als mögliche Vorbilder für Q.S. 1,156 nennt Bühler a.a.O. Il. 14,17 = 15,620 λιγέων ἀνέμων λαιψηρὰ κέλευθα und Od. 11,400 = 11,407 ἀργα-

1476

Eine Variation von Il. 4,422 ἐν αἰγιαλῷ πολυηχέι; vgl. James / Lee (2000) 95.

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λέων ἀνέμων ἀμέγαρτον ἀυτμήν;1477 von Quintus ein zweites Mal imitiert in 3,700 λαιψηρῶν ἀνέμων ἱερὸν μένος. Die hier vorliegende »prunkvoll-ausladend[e] […] Klausel« verstärkt den Eindruck der Abgeschlossenheit, den die Rüstungsszene in diesem Moment hinterlässt; umso effektvoller und überraschender wirkt das ›nachgeschobene‹ Element (g), das Ergreifen der Wurfgeschosse.1478 (156) πολυρροίζων πολύρροιζος ist ein absolutes hapax.1479 Zur Bedeutung vgl. LSJ s.v. πολύρροιζος: »with a loud rushing noise«; VB s.v. πολ ύρροιζος: »aux nombreux sifflements«. Grundwort ist das homerische dis legomenon ῥοῖζος, ein Substantiv zur Bezeichnung eines zischenden, surrenden Geräusches oder eines Pfeifens;1480 vgl. Il. 16,361 ὀιστῶν τε ῥοῖζον καὶ δοῦπον ἀκόντων »das Schwirren der Pfeile und das Dröhnen der Speere«; Od. 9,315: πολλ ῇ δὲ ῥοίζῳ πρ ὸς ὄρος τρ έπε π ίονα μ ῆλα. »[Polyphem] trieb sein fettes Vieh mit lautem Pfeifen den Berg hinauf.« Davon abgeleitet das Verb ῥοιζεῖν, homerisches hapax; vgl. Il. 10,502: ῥοίζησεν δ ᾿ ἄρα πι φαύσκων Διομήδεϊ δίῳ. »Und [Odysseus] pfiff, dem göttlichen Diomedes ein Zeichen gebend.«; auch Hes. Th. 835 ῥοίζεσχ᾿, vom Zischen von Typhoeus’ Schlangenköpfen.1481 Quintus verwendet ῥοῖζος dreimal (1,251; 6,560; 11,113), ausserdem zweimal das nachhomerisch damit bedeutungsgleiche ῥοῖβδος (1,699; 10,70)1482 und das davon abgeleitete Adverb ῥοιβδηδόν (5,381), sowie einmal das Verb ἐπιρροιβδεῖν (8,322). Adjektive mit dem Hinterglied -(ρ)ροιζος sind rar. In Opp. hal. 5,220 finden wir παλ ίρροιζος (absolutes hapax), dem allerdings die Lesart παλίρροιβδος gegenübersteht;1483 τανύρροιζος in Opp. cyn. 4,195 (absolutes hapax); 5x ἁλίρροιζος bei Nonn. Dion.; bei Eustathios sodann mehrfach ἄρροιζος.

1477 Die beiden homerischen Vorbilder erscheinen überdies in enger Imitation ›übers Kreuz‹ in Q.S. 3,640 λιγέων ἀνέμων ἀμέγαρτον ἀέντων. 1478 Vgl. dazu die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1479 Ausserdem ist πολυρροίζοιο varia lectio bei Nik. Ther. 792 für das als richtige Lesart angesehene πολυστίοιο (so im Text von Gow / Scholfield [1953]; vgl. auch James [1970] 152). 1480 Vgl. West (1966) 388 (zu Hes. Th. 835): »a variety of continuous noises, whirring, whizzing, hissing, buzzing, grating, etc.« 1481 Vgl. LfgrE s.v. ῥοῖζος und ῥοιζ(έω). 1482 Zur nachhomerischen Bedeutungsgleichheit der Stämme ῥοιζ- und ῥοιβδ- vgl. Wilamowitz (21909) 395 (zu Eur. Herc. 860) und James (1970) 152f. 1483 Zur Verteidigung der Lesart -ρροιβδος vgl. James (1970) 151–153; dito in der Ausgabe von Fajen (1999).

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(156) ἀνέμων ἄλληκτον ἰωήν Die Junktur ist übernommen aus A.R. 1,1299 λαῖτμα βιησάμενοι ἀνέμου τ᾿ ἄλληκτον ἰωήν »den Meeresschlund und das unaufhörliche Brausen des Windes bezwingend«. (158–159) δοιοὺς εἵλετ᾿ ἄκοντας […] ἀμφίτυπον βουπλῆγα Das Ergreifen der Wurfwaffen, ›nachgeliefertes‹ Element (g) der Rüstungsszene. Vorbilder sind die iliadischen Formulierungen ε ἴλετο δ ᾿ ἄλκιμον ἔγχος, ὅ οἱ παλάμηφιν ἀρήρει (Il. 3,338) ~ εἵλετο δ᾿ ἄλκιμα δοῦρε, τά οἱ παλάμηφιν ἀρήρει (Il. 16,139) bzw. ε ἵλετο δ ᾿ ἄλκιμα δο ῦρε δ ύω κεκο ρυθμένα χαλκ ῷ / ὀξέα (Il. 11,43f.); vgl. auch die tabellarische Übersicht (1).1484 Ferner findet sich eine Vergleichsstelle in der Aeneis in der Beschreibung der ›Amazone‹ Camilla (Aen. 11,648f. Amazon / […] Camilla) während des Kampfes; vgl. Aen. 11,650f.: et nunc lenta manu spargens hastilia denset, / nunc validam dextra rapit indefessa bipennem. »Und bald schleudert sie mit der Hand glatte Speere in dichter Folge, bald greift sie mit der Rechten unermüdlich nach der wuchtigen Doppelaxt.« Die Parallele ist nicht trivial, da m.W. nirgendwo sonst eine Amazone mit mehreren Speeren (in der Linken) und einer Doppelaxt (in der Rechten) geschildert wird.1485 (159) ἀμφίτυπον βουπλῆγα βουπλήξ ist ein iliadisches hapax (Il. 6,135); vgl. im Kontext Il. 6,133–135: αἳ δ᾿ ἅμα πᾶσαι / θύσθλα χαμαὶ κατέχευαν, ὑπ᾿ ἀνδροφόνοιο Λυκούργου / θεινόμεναι βουπλῆγι. »Sie [= die Ammen des Dionysos] warfen alle miteinander die Opfergegenstände zu Boden, als sie von dem männermordenden Lykurgos mit der βουπλ ήξ geschlagen wurden.« Die Bedeutung des Wortes war schon in der antiken Homerphilologie umstritten: es wurde teils als »Axt, Beil«, teils als »Ochsenstachel, -peitsche« verstanden; vgl. z.B. Schol. vet. T Il. 6,135b (11): βουπλῆγι: μάστιγι ἢ πελέκει.1486 In der nachhomerischen Hexameterdichtung jedoch wird es stets i.S.v. »Axt« gebraucht – so vom jüngeren Oppian, von Quintus und, gehäuft, von Nonnos.1487 Interessanterweise finden wir in Q.S. 5,64 den Ausdruck βοοσσόα 1484 Nicht als direktes Vorbild anzusehen ist hier die Formulierung in der Rüstung des Achilleus, Il. 19,387f. ἐκ δ᾿ ἄρα σύριγγος πατρώιον ἐσπάσατ᾿ ἔγχος / βριθὺ μέγα στιβαρόν. 1485 Kein Hinweis auf diese Parallele Aeneis – Posthomerica bei Gärtner (2005). 1486 Vgl. auch Apoll. Soph. p. 52,7: βουπλῆγι· πελέκει· οἱ δὲ τῇ μάστιγι; Paus. Att. s.v. βουπλήξ· βο ύκεντρον; Suda s.v. 455 βο υπλήξ· πέλεκυς, μάστιξ, βούκεντρον . Die moderne Philologie ist kaum über diesen Kenntnisstand hinausgekommen; vgl. z.B. Leaf I, 267 (zu Il. 6,135) oder LfgrE s.v. βουπλήξ. 1487 Vgl. Opp. hal. 3,557; 4,481; 5,152; 5,257. – 7x bei Q.S.; zur Bedeutung vgl. VB s.v. βουπλήξ: »hache pour tuer les bœufs, hache de combat«. – 23x bei Nonn. Dion.; vgl. dazu Peek, Lex. Dion. s.v. βουπλήξ: »Beil«.

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κέντρα für »Ochsenstachel«; möglicherweise nimmt unser Dichter damit ex silentio auf den philologischen Diskurs um die Bedeutung von βουπλ ήξ Bezug, indem er das Wort stets i.S.v. πέλεκυς gebraucht und für μάστιξ ein anderes Synonym verwendet.1488 Weitere homerische Wörter für »Axt« oder »Beil« sind ἀξίνη (Il. 13,612; 15,711 [dis legomenon]) und das auch prosaisch geläufige πέλεκυς (mehrfach in und seit der Ilias). Einen ursprünglichen Unterschied zwischen ἀξίνη, βουπλήξ und πέλεκυς auszumachen ist schwierig; immerhin lässt sich feststellen, dass π έλεκυς in der Ilias eine Doppelaxt bezeichnet (dies im Gegensatz zu ἡμιπέλεκκον)«.1489 Alle drei Bezeichnungen finden sich auch in den Posthomerica,1490 wobei Quintus πέλεκυς homerisch i.S.v. »Doppelaxt« benutzt: in 1,597 spricht er von Penthesileias π έλεκυς, die gemäss 1,159 eindeutig als Doppelaxt ausgewiesen ist; an zwei weiteren Stellen (6,362; 11,389) spricht er pleonastisch von ἀμφίτομοι πελέκεις.1491 Wird βουπλήξ zur Bezeichnung der Doppelaxt verwendet, so ist das differenzierende Adjektiv i.d.R. ἀμφίτομος; vgl. Opp. hal. 5,257f.; Q.S. 11,190; Nonn. Dion. 5,14; 17,209; 21,21.1492 ἀμφίτυπος findet sich au sschliesslich bei Q.S., hier und in 12,571, dürfte also ein Neologismus als variatio zu ἀμφίτομος sein. Als Kampfwaffen finden sich Äxte bzw. Beile in der Ilias nur an zwei Stellen: Il. 13,610–613: ᾿Ατρείδης δὲ ἐρυσσάμενος ξίφος ἀργυρόηλον ἆλτ᾿ ἐπὶ Πεισάνδρῳ· ὃ δ᾿ ὑπ᾿ ἀσπίδος εἵλετο καλήν ἀξίνην εὔχαλκον, ἐλαΐνω ἀμφὶ πελέκκῳ μακρῷ ἐυξέστῳ· ἅμα δ᾿ ἀλλήλων ἐφίκοντο. Der Atride aber zückte das mit silbernen Buckeln beschlagene Schwert und stürzte sich auf Peisandros; der aber ergriff unter dem Schild die schöne Axt, die aus gutem Erz [gefertigte], beim Stiel aus Ölbaumholz, dem langen und gutgeschliffenen; und sie gingen gleichzeitig aufeinander los.

1488

Vgl. Winkler (1875) 8 Anm. 1; James / Lee (2000) 57 ad loc. Vgl. LSJ s.v. π έλεκυς und ἡμιπέλεκκον; LfgrE s.v. π έλεκυς und ἡμιπέλεκκ(ον). Zum Aussehen der Äxte und Beile vgl. den Überblick bei Janko (1992) 121 (zu Il. 13,611f.), mit weiterführender Literatur und kurzer Diskussion archäologischer Evidenz. 1490 3x ἀξίνη; 7x βουπλήξ; 6x πέλεκυς. 1491 Dieser Pleonasmus auch bei A.R. 1,168f.; Manetho 1,243; Triph. 254; Nonn. Dion. 17,334. 1492 Vgl. auch Aischyl. Ag. 1496 und 1520 ἀμφιτόμῳ βελέμνῳ (von Klytaimestras Doppelaxt; Erstbeleg); vgl. ferner die gelegentlich anzutreffende pleonastische Kollokation mit πέλεκυς (s.o. und Anm. 1491); vgl. auch Schol. Opp. hal. 5,258: ἀμφίτυπον· δίστομον. 1489

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Il. 15,707–712: τοῦ περ δὴ περὶ νηὸς ᾿Αχαιοί τε Τρῶές τε δῄουν ἀλλήλους αὐτοσχεδόν· οὐδ᾿ ἄρα τοί γε τόξων ἀικὰς ἀμφὶς μένον οὐδέ τ᾿ ἀκόντων, ἀλλ᾿ οἵ γ᾿ ἐγγύθεν ἱστάμενοι ἕνα θυμὸν ἔχοντες, ὀξέσι δὴ πελέκεσσι καὶ ἀξίνῃσι μάχοντο καὶ ξίφεσιν μεγάλοισι καὶ ἔγχεσιν ἀμφιγύοισι. Da also kämpften rings um dessen [= Protesilaos’] Schiff Achaier und Troer Mann gegen Mann gegeneinander; und nicht warteten sie den Hagel von Pfeilen und Speeren ab, sondern sie standen nahe beieinander, einmütig, und kämpften mit scharfen Doppeläxten und Beilen, mit grossen Schwertern und zweigespitzten Lanzen.

Bereits die antike Homererklärung war, wie die Scholien zeigen, über den Gebrauch von Äxten und Beilen in der Schlacht erstaunt und suchte nach Erklärungen; vgl. z.B. Schol. vet. bT Il. 13,611f. (93–95): ἔφερον γὰρ πρὸς τὸ κατασχίσαι τὰς ναῦς. ἀλλὰ καὶ πρὸς τὴν μάχην ἐχρῶντο αὐταῖς. »Sie brachten sie mit, um die Schiffe zu zerhauen, doch sie benutzten sie auch für die Schlacht.«; Schol. vet. Til Il. 15,711 (70f.): οὐ μόνον εἰς τὸ φονεύειν, ἀλλὰ καὶ εἰς τὸ διασχίζειν τὰς ναῦς τὰ τοιαῦτα. »Dieselbigen [dienten] nicht nur zum Töten, sondern auch, um die Schiffe zu zerhauen.«1493 Auch die moderne Homerphilologie versuchte, diesen Gebrauch auf ›besondere Umstände‹ zurückzuführen; vgl. z.B. Leaf II, 150 (zu Il. 15,711): »The use of axes and hatchets […] is doubtless due here to the peculiar circumstances of the fight ; such tools would form part of the carpenters’ stores of the fleet and camp, and every man fights with what comes first to hand.« Zutreffen dürfte wohl, dass Äxte und Beile von der Oberschicht als ›primitive‹ und deshalb ›unwürdige‹ Kampfwaffen angesehen wurden. Quintus hingegen behandelt die Axt als normale Kampfwaffe; vgl. 6,360–363 (Achaier und Troer kämpfen gegeneinander mit verschiedenen Waffen, u.a. auch ἀξίνῃσι κα ὶ ἀμφιτόμοις πελ έκεσσι [9,362]); 9,136f. (Männer von Äxten verwundet); 10,216–218 (Pulydamas durchtrennt mit einer Axt Kleodoros’ Haltegürtel); 11,188–190 (Agenor durchtrennt einem Griechen mit einer Doppelaxt den Arm); 11,388ff. (die Griechen versuchen vergeblich, mit ihren Doppeläxten die Mauern und Tore Trojas einzuschlagen).

1493 Die beiden Erklärungen sind wohl dahingehend zu verstehen, dass sich die Scholiasten vorstellten, dass die Troer Äxte in den Kampf mitnahmen mit der Absicht, damit die Schiffe der Griechen zu zerhauen, und dass es dabei vorkam, dass sie sie zuweilen auch sonst in der Schlacht als Waffe benutzten.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Die Doppelaxt ist nach dem halbmondförmigen Schild (1,147) das zweite amazonentypische Attribut, mit welchem Quintus die ansonsten durch und durch homerische Panhoplie der Penthesileia anreichert. Äxte, Beile oder Doppeläxte als Amazonenattribute finden sich v.a. ikonographisch, so etwa auf einer um 440 v.Chr. datierten Amphore, die eine Amazone – vermutlich Penthesileia – mit Pferd, Bogen und Beil zeigt,1494 oder auf einem unteritalischen Volutenkrater, auf dem Penthesileia dargestellt ist, wie sie ihre rechte Hand im Bittgestus zu Achilleus erhebt und in der Linken eine Doppelaxt hält,1495 oder auf einer Gemme, auf der sich die verwundete Penthesileia an Achilleus lehnt und in der gesenkten Rechten ihre Doppelaxt hält.1496 Literarisch finden wir in der Aeneis die ›Amazone‹ Camilla (Aen. 11,648f. Amazon / […] Camilla) sowohl mit Speeren als auch mit einer Doppelaxt ausgerüstet; vgl. Aen. 11,650f. et nunc lenta manu spargens hastilia denset, / nunc validam dextra rapit indefessa bipennem1497 – gemäss Arrigoni »indubbiamente un richiamo amazzonico«.1498 Quintus erwähnt Penthesileias Axt noch zwei weitere Male: Einmal im Anschluss an ihre hochfahrende Invektive gegen die Griechen (1,326–334) auf dem Höhepunkt ihrer Aristie; vgl. 1,336–338: πολὺν δ᾿ ὑπεδάμνατο λαόν, / ἄλλοτε μὲν βουπλῆγι βαθυστόμῳ, ἄλλοτε δ᾿ αὖτε / πάλλουσ᾿ ὀξὺν ἄκοντα. »Viele Soldaten bezwang sie, teils mit ihrer tiefhauenden Axt, teils wiederum, indem sie ihren spitzen Speer schwang.« Ein zweites Mal sodann im Moment ihres Todes; vgl. 1,594–597: αἶψα δ᾿ ὑπὲρ μαζοῖο δαΐφρονα Πενθεσίλειαν / οὔτασε δεξιτεροῖο, μέλαν δέ οἱ ἔρρεεν αἷμα / ἐσσυμένως. ἡ δ᾿ εἶθαρ ὑπεκλάσθη μελέεσσιν, / ἐκ δ᾿ ἔβαλεν χειρὸς πέλεκυν μέγαν. »Sofort traf er die kriegstüchtige Penthesileia unterhalb der rechten Brust, und das schwarze Blut rann ihr sogleich heraus. Sie aber zerbrach sofort unter den Gliedern und liess ihre grosse Axt aus der Hand fallen.« Die Doppelaxt wird somit zu einem symbolträchtigen Leitmotiv des ganzen 1. Buches, indem sie die Eckpunkte von Penthesileias Schicksal markiert. Mehr noch können wir darin auch ein Symbol für die ›Amazonenhaftigkeit‹, also für das ›Anderssein‹ bzw. das ›Nicht-Frau-Sein‹ Penthesileias sehen: Sie wappnet sich als homerischer Held, also als ›Mann‹, und das Ergreifen der Doppelaxt markiert gewissermassen die gender trans1494 Vgl. LIMC I.2, 465, Abb. 179 (Komm.: LIMC I.1 [= Kossatz-Deissmann (1981)] 164). Dass es sich bei der Amazone um Penthesileia handelt, ist anzunehmen, da sie von einem bärtigen Mann erschlagen wird, dessen Schild mit ΑΧΙΛΛΕΥΣ beschriftet ist. 1495 Vgl. LIMC I.2, 132, Abb. 741 (Komm.: LIMC I.1 [= Kossatz-Deissmann (1981)] 165). 1496 Vgl. LIMC I.2, 133, Abb. 750b (Komm.: LIMC I.1 [= Kossatz-Deissmann (1981)] 166). 1497 Zur möglichen Vorbildhaftigkeit dieser Verse für Q.S. 1,158f. vgl. den Kommentar zu (158–159) δοιοὺς εἵλετ᾿ […] – Die Axt (bipennis) als Kampfwaffe auch in Aen. 2,479 (Pyrrhus); die einfache Axt (securis) in Aen. 7,510 (Tyrrhus); 7,627 (die Ausonier); 12,306 (Alsus). – Die securis als Amazonenwaffe auch erwähnt bei Hor. c. 4,4,20 Amazonia securi. 1498 Arrigoni (1982) 39 Anm. 61.

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Kommentar zu den Versen 138–160

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gression (dies, nota bene, ausserhalb des Megaron und im Lauf, also konkret in einem transitorischen Moment). In ihrer ambivalenten Rolle als Amazone vollbringt sie ihre Aristie – sie tötet bald mit der Doppelaxt, bald mit dem Speer. Im Moment ihres Todes jedoch verliert sie ihre amazonenhafte Seite – Penthesileia, die ›mannhafte‹ Kriegerin, ist als Tote wieder ganz Frau. Somit sind auch die Voraussetzungen erfüllt, dass sich Achilleus in sie verlieben kann.1499 In vergleichbarer Weise zeichnet Quintus auch eine zweite Frauenfigur mit einer Doppelaxt: Kassandra versucht mit einer solchen, das hölzerne Pferd zu zerstören; Quintus benutzt dafür genau dieselbe singuläre Kollokation ἀμφίτυπον βουπλῆγα wie in 1,159 und baut somit eine Parallelisi erung der beiden Frauenfiguren auf; vgl. 12,568–571: πεύκης / αἰθομένης ἔτι δαλὸν ἀπ᾿ ἐσχαρεῶνος ἑλοῦσα / ἔσσυτο μαιμώωσ᾿, ἑτέρῃ δ᾿ ἐνὶ χειρὶ φέρεσκεν / ἀμφίτυπον βουπλῆγα. »Sie ergriff ein Scheit von Fichtenholz, das noch brannte, vom Herd, und stürmte rasend los, in der andern Hand aber trug sie eine zweischneidige Axt.« Auch Kassandra ist eine Frau, deren Verhalten nicht den gängigen gesellschaftlichen Normen entspricht und der damit kein Erfolg beschieden ist. Das Symbol der Doppelaxt, die im 1. Buch für ein solches Verhalten und dessen Scheitern steht, flackert an jener Stelle noch einmal auf. (159) τόν οἱ ῎Ερις ὤπασε δεινή Sowohl sprachlich als auch inhaltlich eine Variation zu τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης. Dass Penthesileia die Doppelaxt von der Göttin des Streits bekommen haben soll, dürfte ebenso eine Erfindung unseres Dichters sein wie die Herkunft der Rüstung von Ares.  Vgl. den Kommentar zu (141) τά οἱ θεὸς ὤπασεν ῎Αρης. (160) θυμοβόρου πολέμοιο θυμόβορος ( für die Hexameterdichtung): 5x Il. – A.R. 4,1666 – Orac. Sib. 5,468 und 11,212 GCS – Opp. cyn. 1,502 – Q.S. 1,160 – Greg. Naz. carm. dogm. p. 459,9; carm. mor. col. 533,4; carm. de se ipso p. 1374,13 und 1421,4 – Nonn. Dion. 42,434 und 47,53 – Anth. Gr. 9,77,2; App. 2,672,8; App. 2,696,14.

In der Ilias ist θυμόβορος stets Epitheton für ἔρις: dreimal ἔριδος πέρι θυμοβόροιο am Versende (Il. 7,301; 16,476; 20,253), zweimal θυμοβόρου/-ῳ ἔριδος/-ι am Versanfang (Il. 7,210; 19,58). Quintus’ singuläres θυμοβόρου πολέμοιο ist eine variatio zu Letzterem; auf die iliadische Formel spielt er zudem mit ῎Ερις ὤπασε δεινή in 1,159 an.

1499

Zu diesem Aspekt vgl. auch Kap. 2.2.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Verse 161–181: Auszug in den Kampf; Penthesileias Pferd (161) τῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα τάχ᾿ ἤλυθεν ἔκτοθι πύργων Der erste Vers von Penthesileias Auszug in den Kampf ist ein Holodaktylus, womit Schnelligkeit, Hast und Ungeduld der Amazonenkönigin (τάχ᾿ ἤλυθεν) bildlich zum Ausdruck kommen. Das Motiv der Schnelligkeit erscheint wieder in der Beschreibung ihres »schönen und blitzschnellen Pferdes« (1,166–169) sowie im Abschlussvers der Szene (1,181 θο ὴ […] Πενθεσίλεια), zieht sich also leitmotivisch durch die ganze Auszugsszene.  Vgl. auch den Kommentar zu (181) τοίη ἐνὶ Τρώεσσι θοὴ πέλε Πενθεσίλεια. (161) τῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα Formen von καγχαλᾶν: Il. 3,43; 6,514; 10,565 – Od. 23,1; 23,59 – A.R. 3,124; 3,286; 4,996 – 9x Opp. hal. – 7x Opp. cyn. – 7x Greg. Naz. – 27x Q.S.1500 – Anth. Gr. 2,174 (Christodor); 5,234,5; 6,72,5; 15,28,5 – u.a.

Üblich ist das Simplex καγχαλᾶν: ein typisch episches Verb, völlig ungebräulich ausserhalb der hexametrischen Sprache. Präfixe sind unüblich: wir finden lediglich bei Oppian d.Ä. 1x περι - (Opp. hal. 4,326 περικαγχαλ όωντες) sowie bei Q.S. 7x ἐπι-1501 (). Zum Formenbestand: Meistens als (maskulines oder feminines) Partizip Präsens; selten finite Formen. An zwei Stellen finden wir eine Imperfektform mit dem Iterativsuffix -σκ- (A.R. 4,996; Q.S. 8,12). Semantisch gesehen ist καγχαλᾶν – ein »[e]xpressives Verb onomatopoetischen Charakters«1502 – als Synonym zu κυδιᾶν aufzufassen; in den Scholien wird es i.d.R. mit χαίρειν und / oder γελᾶν glossiert.1503 In Il. 3,43 bringt das Verb eine Schadenfreude bzw. ein Auslachen zum Ausdruck; vgl. Il. 3,43–45 (Hektor zu Paris in seiner berühmten Scheltrede [Il. 3,39– 57], in der er seinen Bruder anspricht als »Unglücks-Paris, an Aussehen Bester, frauengeiler Verführer« [Il. 3,39 Δύσπαρι εἶδος ἄριστε γυναι μανὲς ἠπεροπευτά]): ἦ που καγχαλόωσι κάρη κομόωντες ᾿Αχαιοί / φάν τες ἀριστῆα πρόμον ἔμμεναι, οὕνεκα καλόν / εἶδος ἔπ᾿, ἀλλ᾿ οὐκ ἔστι βίη φρεσὶν οὐδέ τις ἀλκή. »Ja, da lachen w ohl die am Haupte langgehaarten Achaier, da sie wähnten, du seiest der beste Vorkämpfer, da du ein schönes Äusseres hast, doch [in Wahrheit] ist dir keine Kraft und keine 1500

Einschliesslich der sieben Belege für das zusammengesetzte ἐπικαγχαλᾶν. Zur Präfigierung homerischer Simplicia bei Q.S. vgl. Kap. 1.3.2, Anm. 138. 1502 Frisk I s.v. καγχαλάω. 1503 Vgl. auch LfgrE s.v. καγχαλ(άω): »exult, rejoice primarily visual, not acoustic«. 1501

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Kommentar zu den Versen 161–181

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Stärke in deinem Innern.«1504 Diese Konnotation ist zwar auf die genannte Stelle beschränkt, doch dürfte sie, da es sich um den Erstbeleg und einen locus classicus handelt, auch andernorts mitschwingen, wo es, wie hier, kontextuell Sinn macht. Sprachliches und strukturelles Vorbild für Q.S. 1,161 ist Il. 6,514 καγχαλόων, ταχέες δὲ πόδες φέρον »frohlockend, und schnell trugen ihn seine Füsse«.1505 Mit diesem Vers wird ein iliadisches Gleichnis (Il. 6,503–514) beschlossen, welches Paris, der in seiner vollen Kampfmontur in die Schlacht stürmt, mit einem Pferd vergleicht, das Reissaus nimmt, und welches als Subtext für Penthesileias Rüstungsszene mitschwingt (vgl. v.a. Q.S. 1,145 κυδιόωσα < Il. 6,509 κυδιόων).1506 Indem Quintus diesen iliadischen Abschlussvers beim Übergang von der Rüstungs- zur Auszugsszene so unüberhörbar zitiert, lässt er den Subtext als Ganzen noch einmal anklingen und markiert gleichzeitig den Szenenübergang. Ähnlich wie Quintus das Verb κυδιᾶν als ›roten Faden‹ durch das 1. Buch zieht (und dabei dessen verschiedene Bedeutungsnuancen ›durchexerziert‹),1507 so gebraucht er ἐπικαγχαλᾶν ein weiteres Mal in dem Vers, welcher Achilleus’ Invektive an die tote Penthesileia (1,644–653) einleitet; vgl. 1,643: τῇ δ᾿ ἐπικαγχαλόων μεγάλ᾿ εὔχετο Πηλέος υἱός. »Über di ese triumphierend, höhnte gross der Sohn des Peleus.« τῇ δ᾿ ἐπικαγχαλόων ist nachgerade eine Transformation von τῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα: Die triumphierende Person ist nicht mehr weiblich (Penthesileia), sondern ›wieder‹ männlich (Achilleus), und obschon τῷ in 1,161 nicht ein maskulines Objekt, sondern ein Neutrum (»darin«) ist, können wir rein aufgrund der sprachlichen Oberflächenstruktur einen Wechsel des Objekts von maskulin zu feminin sehen: τῷ (m.) δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα (f.) > τῇ (f.) δ᾿ ἐπικαγχαλόων (m.) Stand in der ersten Hälfte des 1. Buches die Welt kopf, da eine Frau Krieg führt, so ist sie nach ihrem Tod durch die Hand eines Mannes wieder in Ordnung. Die Transformation des epischen Versatzstückes τ ῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόωσα zu τῇ δ᾿ ἐπικαγχαλόων zeigt diese Herstellung der ›natürlichen Ordnung‹ auf sprachlicher Ebene an. Textkritisches Addendum: In den Handschriften ist in 1,161 τῷ ἐπικαγχαλόωσα eindeutig überliefert. Aufgrund der gezeigten strukturellen und 1504 Das Lachen resultiert aus einer nicht eingelösten Erwartungshaltung: Von einem Angehörigen der Aristokratie wird erwartet, dass er dem Ideal der καλοκἀγαθία entspreche, d.h. dass bei ihm – einfach gesagt – äussere und innere ›Schönheit‹ miteinander korrespondieren. 1505 Vgl. auch Lucarini (2001) 31. 1506 Vgl. dazu ausführlich den Kommentar zu (145) κυδιόωσα. 1507 Q.S. 1,145; 1,166; 1,325; 1,391; vgl. den Kommentar zu (145) κυδιόωσα.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

inhaltlichen Analogie mit 1,643 τ ῇ δ᾿ ἐπικαγχαλόων schlage ich eine Emendation zu τῷ ἐπικαγχαλόωσα vor, was überdies den Hiat beseitigt. Ausserdem finden sich mit 8,210 und 8,409 τῷ δ᾿ ἐπικαγχαλόων textintern zwei weitere enge Parallelen, welche die Emendation zu stützen vermögen.  Vgl. auch den Kommentar zu (145) κυδιόωσα. (161) τάχ᾿ ἤλυθεν Diese Wendung hier sowie in Q.S. 3,514 (). Dort allerdings ist das Imperfekt als Irrealis aufzufassen; vgl. 3,514–516: καί σφιν ὀδυρομένοισι τάχ᾿ ἤλυθε κυαν έη ν ύξ, / ε ἰ μὴ ἄρ᾿ ᾿Ατρείδην προσεφ ώνεε Νηλ έος υ ἱός / Νέστωρ. »Und die schwarze Nacht wäre rasch über sie [= die Achaier] gekommen in ihrem Trauern, wenn Nestor, der Sohn des Neleus, den Atriden [= Agamemnon] nicht angesprochen hätte.« (161) ἔκτοθι πύργων  A.R. 1,659; 1,793; 4,47; 4,1182 – Q.S. 1,161. – Stets am Versende.

Von inhaltlicher Relevanz ist die Parallele in A.R. 4,47, wo die Wendung im Kontext von Medeas Flucht aus dem Palast ihres Vaters steht; vgl. A.R. 4,47f.: καρπαλίμως δ᾿ ἀίδηλον ἀνὰ στίβον ἔκτοθι πύργων / ἄστεος εὐρυχόροιο φόβῳ ἵκετ᾿ […] »Und hurtig gelangte sie auf unsichtbarem Pfade aus den Mauern der Stadt mit den weiten Reigenplätzen, in Furcht […]« Ähnlich wie Medea mit ihrer Flucht alle Konventionen bricht und somit letztlich ihr Schicksal besiegelt, so bedeutet auch Penthesileias Auszug aus der Stadt einen endgültigen Tabubruch und dadurch den unabwendbaren Anfang vom Ende. Der Aufbruch »aus den Mauern« bekommt somit einen stark symbolträchtigen Charakter: Sowohl Medea wie auch Penthesileia verlassen die ihnen als Frauen zugemessene ›Innenwelt‹, den οἶκος, und begehen somit einen Tabubruch; mehr noch, sie treten »an die Öffentlichkeit« und machen selbigen dadurch publik. (162) μάχην ἐς κυδιάνειραν Eine iliadische Versschlussformel: μ άχην ἐς κυδι άνειραν (Il. 4,225; 12,325); μ άχην ἀνὰ κυδι άνειραν (Il. 13,270; 14,155); μάχῃ ἐνὶ κυδι ανείρῃ (Il. 6,124; 7,113; 8,448; 24,391). Das Adjektiv findet sich ausserhalb dieser Formel nur ein weiteres Mal in der Ilias (Il. 1,490 εἰς ἀγορὴν […] κυδι άνειραν). Nachiliadisch kommt es fast völlig ausser Gebrauch und wird deshalb von Quintus entsprechend als Rarität behandelt, indem er die Formel nur hier – einmal, d.h. ›unformelhaft‹ – anwendet; vgl. Ibyk. fr. S166,30f. Page κ]υδι άνειραν […] / Λακ]εδα ίμονα; Orac. Sib. 14,171 GCS ῾Ρώμη κυδιάνειρα; Q.S. 1,162 μάχην ἐς κυδιάνειραν; Nonn. Dion. 36,158 ν ίκην κυδι άνειραν und Par. 3,78 κυδι άνειραν […] γαλ ήνην;

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Kommentar zu den Versen 161–181

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Diosc. epic. fr. 1v,6 GDRK πίστ]ιν […] θεοδέγμονα κυδιανείρην; PMag. 4,2828 Preisendanz κυδι άνειρα θε ά;1508 Anth. Gr. 16,1,2 Σπ άρτα μοι Σπάρτα κυδιάνειρα πατρίς. (163) συναγρόμενοι Vgl. Il. 11,687f.: οἳ δέ συναγρόμενοι Πυλίων ἡγήτορες ἄνδρες / δαίτρευον. »Und sie, die Anführer der Pylier, hatten sich versammelt und teilten aus.« Es handelt sich um die einzige Verwendung der Form συν αγρόμενος/-η/-ον (d.i. Partizip des epischen Aorists συνηγρόμην) in der Ilias.1509 Quintus verwendet das Partizip ein zweites Mal in der analogen Schilderung der Besammlung und des Aufbruchs im 2. Buch; vgl. 2,191f. Αἰθίοπές τε καὶ ὁππόσα φῦλα πέλοντο / ἀμφὶ βίην Πριάμοιο συναγρομένων ἐπικούρων »die Aithioper und [all] die Völker an Hilfstruppen, die da waren und sich um [die Gewalt des] Priamos herum versammelten«. (163) πεπίθοντο Der thematische Aorist mit nullstufiger Wurzel und attischer Reduplikation ist ein Archaismus der epischen Dichtung und geht nur in Ausnahmefällen in die spätere Normalsprache ein (so z.B. ἤγαγον < *“e@-“@-o-m zu ἄγειν, Wz. *“e@-). Formen des epischen Aorists πεπιθ - finden sich verschiedentlich im frühen Epos: Optativ (πεπίθοιμεν Il. 1,100; 9,112; πεπ ίθοιεν Il. 9,181; 23,40; πεπίθοιτο Il. 10,204), Konjunktiv (πεπίθῃσιν Od. 22,213, für zu erwartendes πεπ ίθῃ), Partizip (πεπιθών Od. 14,290; πεπι θόντες Il. 23,37; Od. 24,119; πεπιθοῦσα Il. 14,208; 15,26), Infinitiv (πεπιθεῖν Il. 9,184; h. Ven. 7 und 33), Imperativ (πέπιθε h. Apoll. 275). Die Bildung bleibt danach als Rarität der epischen Dichtung (bzw. der Poesie allgemein) erhalten; vgl. etwa Pind. Isthm. 3/4,90 πεπιθ ών; Kall. h. Iov. 65 πεπίθοιεν. In den Argonautica finden wir nebst homerischen Formen (A.R. 3,14 πεπίθοιεν; 3,479 πεπίθοιμεν; 3,536 πεπιθεῖν) erstmals eine indikativische Form belegt (A.R. 1,964 πέπιθον). Quintus sodann bildet mit πεπίθοντο zum ersten Mal eine mediopassive Form des Indikativs (7x, nur bei ihm); danebst 1x (8,459) den vor ihm auch nicht belegten mediopassiven Infinitiv πεπιθ έσθαι; ferner Optativ πεπ ίθοιτο (1,607), Konjunktiv πεπ ίθωνται (12,40), Partizip πεπιθόντες (6,66). (164) ἄνδρες ἀριστῆες Variation einer ebenfalls zu Versbeginn stehenden iliadischen Formel: daselbst 4x im Gen. Sg. ἀνδρὸς ἀριστῆος (Il. 15,489; 17,203; Od. 21,333; 24,460), 1x im Akk. Pl. ἄνδρας ἀριστῆας (Od. 14,218). Apollonios hat die Formel mehrfach variiert: ἀριστήεσσι σ ὺν ἀνδράσιν (A.R. 1,70; 2,464); 1508 1509

In einem Gebet an Selene in einem Katalog von Epitheta und Epiklesen. Vgl. ferner Il. 24,802 εὖ συναγειρόμενοι δαίνυντ᾿ ἐρικυδέα δαῖτα.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

ἀριστήων στόλον ἀνδρῶν (A.R. 2,458; 2,958; ἀριστήων ἀνδρῶν στόλον 3,1006); ἄνδρα ἕκαστον ἀριστήων (A.R. 1,1153; ἀριστήων […] ἄνδρα ἕκαστον 4,1030); ausserdem Kolluth. 272 ἀριστήων τροφ ὸν ἀνδρῶν. Quintus verfährt hier ähnlich wie mit μάχην ἐς κυδιάνειραν (1,162; s.o.): er gebraucht eine in der Ilias mehrfach verwendete Formel bloss ein einziges Mal und erhebt sie somit in den Rang einer epischen Rarität. Mit Q.S. 1,163f. πεπίθοντο / ἄνδρες ἀριστῆες vgl. auch Q.S. 12,84: τῷ δ᾿ ἄρα πάντες ἀριστῆες πεπίθοντο. »Und da liessen sich alle Besten von ihm [= Odysseus] überzeugen.« (164–165) καί περ πάρος οὐκ ἐθέλοντες / στήμεναι ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος Das ganze Partizipialgefüge speist sich sprachlich aus Il. 20,87–90 (Aineias antwortet Apollon, der diesen in der Gestalt des Lykaon gegen Achilleus anzutreiben sucht): Πριαμ ίδη, τ ί με τα ῦτα καὶ οὐκ ἐθέλοντα κελε ύεις / ἀντία Πηλε ίωνος ὑπερθύμοιο μ άχεσθαι; / ο ὐ μὲν γ ὰρ ν ῦν πρ ῶτα ποδ ώκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος / στήσομαι. »Sohn des Priamos! Was heisst du mich, auch gegen meinen Willen gegen den übermütigen Peliden zu kämpfen? Denn ich werde jetzt nicht zum ersten Mal mich gegen den fussschnellen Achilleus stellen.« Vgl. auch Q.S. 1,130f. καί μιν ἐποτρύνεσκε ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος / θαρσαλέως μάρνασθαι ἐναντίον.1510 (165) στήμεναι Der epische Infinitiv στ ήμεναι (Il. 17,167; 22,253; Od. 5,414) findet sich auch zweimal in den Posthomerica (Q.S. 1,165; 9,7); stets zu Versbeginn. Dagegen verwendet Quintus die prosaisch übliche, doch auch homerisch belegte Form στῆναι (Il. 21,266; Od. 17,439; 18,241) nicht. (165) περιδάμνατο Die Zusammensetzung des Verbs δάμνασθαι mit dem Präfix περι- findet sich nur in den Posthomerica. Quintus verwendet das zusammengesetzte Verb einerseits (1.) in medialer Form, aber aktiver Bedeutung i.S.v. »überwältigen, bezwingen; [prägnant:] töten« und andererseits (2.) echt passivisch i.S.v. »überwältigt / bezwungen werden; [prägnant:] getötet werden, umkommen«.1511 Zu (1.) vgl. nebst der hier vorliegenden Stelle 3,21: Πη λείδης […] πολ ὺν περιδ άμνατο λα όν. »Der Peleussohn bezwang viele Soldaten«; 9,370: ὣς τ ὸν ὑπὸ σπέος ε ὐρὺ κακὴ περιδάμνατ᾿ ἀνίη. »Solchermassen bezwang ihn [= Philoktet] übler Schmerz in seiner grossen Höhle.«; 9,479: κάλλιπε κήδεα πάντα τά οἱ περιδάμνατο θυμόν. »[Dort] liess [Philoktet] all seine Leiden zurück, die ihm den Mut verzehrt hatten.« Zu (2.) vgl. 2,266: ἄχνυτο παιδ ὸς ἑοῖο κακ ῇ περὶ Κηρ ὶ δαμ έντος. 1510 1511

Vgl. dazu den Kommentar zu (130) ποδάρκεος ἄντ᾿ ᾿Αχιλῆος. Die Bedeutungsangabe von LSJ s.v. περιδάμναμαι »subdue utterly« ist unzureichend.

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Kommentar zu den Versen 161–181

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»[Nestor] härmte sich, da sein Sohn [= Antilochos] vom bösen Schicksal bezwungen ward.«; 3,636: υἷες ὁμῶς ἀπόλοντο κακῇ περὶ Κηρὶ δαμέντες. »Die Söhne [des Zeus] kamen gleichermassen ums Leben, vom bösen Schicksal bezwungen.« Zu beachten ist, wie Quintus das Verb formelhaft einbindet: In (1.) gebraucht er stets dieselbe Form περιδ άμνατο nach der Hephthemimeres, in (2.) die formelartige Versschlusswendung κακ ῇ περ ὶ Κηρὶ δαμέντ-. (166) κυδιάασκεν  Vgl. den Kommentar zu (145) κυδιόωσα. (166) ἀάσχετον ἄσχετος (»unhaltbar«, zur Wz. *se@[- »überwältigen, in den Griff bekommen«) ist in und seit der Ilias ein geläufiges Adjektiv, das fast ausschliesslich auf das Epos beschränkt bleibt. Semantisch wird es häufig synonym mit ἄσπετος (»unsagbar«, zur Wz. *sekÁ- »sagen«) gebraucht; vgl. auch Q.S. 14,297f. ὄλεθρον / ἄσχετον ἀργαλέον τε κα ὶ οὐ φατόν.1512 Die metrisch bedingte Doppelform ἄσχετος : ἀάσχετος ist bereits iliadisch1513 und hat Quintus zur analogischen Prägung der Form ἀάσπετος (nach dem Muster ἄσχετος : ἀάσχετος ~ ἄσπετος : ) angeregt.1514 Quintus verwendet ἄσχετος ungleich häufiger (24x) als ἀάσχετος (6x)1515. An zwei weiteren Stellen schwankt die Überlieferung zwischen den Synonymen ἄσχετος und ἄσπετος.1516 Homerisch ist ἀάσχετος / ἄσχετος ausschliesslich Epitheton für πένθος (Il. 16,548f. und 24,708) und μένος (Il. 5,892; μένος als accusativus Graecus zu ἄσχ.: 5x Od., stets in der Formel μένος ἄσχετ- nach der Penthemimeres; vgl. ausserdem Hes. Th. 832 ταύρου ἐριβρύχεω μένος ἀσχέτου ὄσσαν ἀγαύρου). Quintus erweitert den Gebrauch beträchtlich und appliziert das Adjektiv auf Substantive in den Bedeutungsbereichen »Krieg« 1512

Zur Bedeutung von ἄσχετος vgl. LSJ s.v. ἄσχετος [1.]: »not to be checked, ungovernable«; LfgrE s.v. ἄσχετος: »unaufhaltsam, unwiderstehlich […] sich nicht zurückhaltend, ungezügelt«; VB s.v. ἄσχετος: »intolérable, irrésistible, inéluctable, terrible«. – Zur Bedeutung von ἄσπετος vgl. den Kommentar zu (111) ἀάσπετον ἄλγος. 1513 ἄσχ.: Il. 16,549; 5x Od.; ausserdem Hes. Th. 832. – ἀάσχ.: Il. 5,892; 24,708. 1514 Vgl. den Kommentar zu (111) ἀάσπετον ἄλγος. 1515 An zwei Stellen muss überliefertes ἄσχ. aus metrischen Gründen zu ἀάσχ. emendiert werden: 7,151 τεῖχος, ἐπεὶ πέλε μῶλος άσχετος. ἀλλ᾿ ἄρα καὶ ὧς; 9,135 θεινόμεναι κτυπέεσκον άσχετον, αἱ δ᾿ ὑπ᾿ ἀκόντων. – An zwei Stellen wurde eine Korrektur von überliefertem ἄσχ./ἀάσχ. zu ἄσπ./ἀάσπ. vorgeschlagen: 9,135 άσχετον codd. : άσπετον Castiglioni; 14,490 ἄσχετον codd. : ἄσπετον Castiglioni. – Andererseits wurde an zwei anderen Stellen eine Korrektur von überliefertem ἄσπ. zu ἄσχ. vorgeschlagen: 3,487 ἄσπετον codd. : ἄσχετον Spitzner; 8,172 ἄσπετον codd. : ἄσχετον van Herwerden. 1516 2,250 ἄσχετος Y : ἄσπετος H (Bezugswort ὁρμή; Vian und Pompella drucken -χ-); 11,436 ἄσπετος H : ἄσχετος P (Bezugswort ἀυτή; Vian und Pompella drucken -π-).

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(vgl. 5,32 ποτὶ κλόνον ἄσχετον; 5,144 ἐπὶ δῆριν ἀάσχετον ἀργαλέην τε; 5,360 ἀάσχετον […] λύσσαν; 7,151 μῶλος ἀάσχετος; 11,436 στονόεσσα καὶ ἄσχετος […] ἀυτή);1517 »Waffen« (vgl. 5,114 ἄσχετον ἆορ; 9,252 ἀνὰ κλόνον ἀσχέτου α ἰχμῆς; 9,361 ἄσχετον ἰόν; 11,29 ἄσχετον α ἰχμήν); »Schmerz; Schicksal« (vgl. 1,370 ἄσχετον […] πῆμα; 2,123 ἄσχετον […] πότμον; 3,650 ὀλοὴ […] ἄσχετος Α ἶσα;1518 7,58 ἄσχετον ἄλγος; 13,473 ἄσχετος Α ἶσα; 14,297f. ὄλεθρον / ἄσχετον ἀργαλέον τε κα ὶ οὐ φατόν); »Kraft, Gewalt« (vgl. 12,188 περ ὶ ἄσχετα γυ ῖα; 12,533 ἄσχετος ἀλκή 14,495 βίη […] ἄσχετος). Bezeichnenderweise meidet Quintus die homerischen Bezugswörter πένθος und μένος. Als Adverb finden wir ἀάσχ. / ἄσχ.–ον/-α gesamthaft 7x bei Q.S.; nebst der vorliegenden Stelle vgl. 4,241 ἄσχετα μαιμώωντες; 5,445 ἀάσχετον ἀσχαλόωσα und 14,424 ἄσχετον ἀσχαλόωσα; 9,135 κτυπέεσκον ἀάσχετον (Castiglioni: -π-); 14,489f. ἐπεστενάχιζε […] / ἄσχετον (Cast iglioni: -π-); 14,612 πόντον ὀρινομένης ἁλὸς ἄσχετον.  Vgl. auch den Kommentar zu (111) ἀάσπετον ἄλγος. (166–169) ἕζετο δ᾿ ἵππῳ […] μετέπρεπεν ῾Αρπυίῃσι1519 Boreas, der personifizierte Gott des Nordwinds, entführt die ›Windbraut‹ Oreithyia in seine Heimat Thrakien, wo er mit ihr zwei Söhne – Zetes und Kalais, die ›Boreaden‹ – zeugt. Der Mythos wird in der griechischen Literatur wie auch in der attischen Vasenmalerei schlagartig zum locus classicus, nachdem – so Hdt. 7,189 – Boreas und Oreithyia den Athenern im Sommer 480 v.Chr. bei der Schlacht von Artemision erfolgreich gegen die Perser zu Hilfe gekommen sind, wofür ihnen als Dank ein Altar am Ilissos errichtet und ein Kult gestiftet wird.1520

1517

varia lectio ἄσπετος in 11,436; vgl. Anm. 1516. Evtl. auch in 3,487, wo ἄσπετον αἶσαν überliefert ist (vgl. Anm. 1515). 1519 Die nachstehenden Ausführungen zu den mythischen Gestalten stützen sich auf folgende Artikel: Boreas: Rapp (1884–1890a); Wernicke (1897); Kaempf-Dimitriadou (1986) 133–135; Art. »Boreas« in: DNP 2 (1997) 748f. (Christian Hünemörder). – Oreithyia: Wörner (1897–1909); Frank (1939); Simon (1994) 64f.; Art. »Oreithyia« in: DNP 9 (2000) 16f. (Ruth Harder). – Harpyien: Engelmann (1884–1890); Sittig (1912); Kahil (1988) 445f.; Art. »Harpyien« in: DNP 5 (1998) 166 (Jan N. Bremmer). – Die Textkritik (κιούσῃ oder κιο ῦσα in Vers 168?) wird am Ende des Lemmas diskutiert. 1520 Simonides soll anlässlich der Kultgründung ein Gedicht ἡ ἐπ’ ᾿Αρτεμισίῳ ναυμαχία verfasst (vgl. Sim. fr. 1–4 2IEG), Aischylos eine Tragödie Oreithyia (vgl. Aischyl. fr. 281 TrGF) aufgeführt haben. Vgl. ferner Plat. Phaidr. 229b–d; A.R. 1,211–218; Ov. met. 6,675–721; Apollod. 3,199. Für weitere schriftliche sowie auch ikonographische Quellen vgl. Rapp (1884–1890a) 809–811; Wernicke (1897) 723f. und 727–729; Wörner (1897–1909) 950–954; Frank (1939) 952; Bömer III, 181 (zu Ov. met. 6,675–721); Burns (1981) (zu den attischen Vasendarstellungen); Kaempf-Dimitriadou (1986) 134. Vgl. ferner Kaempf-Dimitriadou (1986) 135–138 [= LIMC III.1] und Simon (1994) 65–67 [= LIMC VII.1] zur Ikonographie des Raubes. 1518

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Boreas gilt traditionell als Thraker; vgl. z.B. Il. 9,5f. βορέης καὶ ζέφυρος, τ ώ τε Θρ ῄκηθεν ἄητον / ἐλθόντ᾿ ἐξαπίνης »Boreas und Zephyros, die beiden Windböen, die plötzlich von Thrakien her kommen«; Sim. fr. 25,2 2IEG ὠκὺς ἀπὸ Θρῄκης ὀρνύμενος Βορέης; A.R. 1,214 Θρηίκιος Βορέης.1521 Die Verortung des personifizierten Nordwinds in Thrakien ist insofern naheliegend, als es sich dabei um eine nördliche Region an der Peripherie der griechischen Zivilisation handelt; allerdings hat man sich Thrakien zuweilen auch als Wohnort aller Winde (ἄνεμοι) vorgestellt (vgl. Il. 23,229f.). Ferner ist die Vorstellung von Boreas als Pferd bzw. als Erzeuger von Pferden verbreitet, die aufgrund der geläufigen Metapher von der ›Windschnelle‹ dieser Tiere zu verstehen ist: Gemäss Il. 20,223–229 begattet Boreas in Pferdegestalt die Stuten des Dardanossohnes Erichthonios; aus dieser Verbindung entstehen zwölf Fohlen, deren Beschreibung ihrerseits starke Assoziationen an Windgestalten weckt: τάων καὶ Βορέης ἠράσσατο βοσκομενάων, ἵππῳ δ᾿ εἰσάμενος παρελέξατο κυανοχαίτῃ· αἳ δ᾿ ὑποκυσάμεναι ἔτεκον δυοκαίδεκα πώλους. αἳ δ᾿ ὅτε μὲν σκιρτῷεν ἐπὶ ζείδωρον ἄρουραν, ἄκρον ἐπ᾿ ἀνθερίκων καρπὸν θέον οὐδὲ κατέκλων· ἀλλ᾿ ὅτε δὴ σκιρτῷεν ἐπ᾿ εὐρέα νῶτα θαλάσσης, ἄκρον ἐπὶ ῥηγμῖνος ἁλὸς πολιοῖο θέεσκον. Und diese [= die Stuten] begehrte auch Boreas, als sie weideten, und in der Gestalt eines schwarzmähniges Hengsts legte er sich neben sie; sie aber wurden trächtig und gebaren zwölf Fohlen. Und wenn diese auf dem getreidespendenden Felde umhersprangen, liefen sie auf den Spitzen der Ährenfrüchte und zerknickten sie nicht; wenn sie dann aber auf dem breiten Rücken des Meeres umhersprangen, liefen sie zuoberst auf der Brandung der grauen Salzflut.

Quintus greift diese Vorstellung an anderer Stelle auf und lässt Boreas Vater von Neoptolemos’ Pferden sein; vgl. Q.S. 8,241–244: […] φόρεον δέ μιν ἐς μόθον ἵπποι Αἴθων καὶ Φλόγιος, Κόναβος δ᾿ ἐπὶ τοῖσι Φόβος τε, τοὺς Βορέῃ κελάδοντι τέκεν βλοσυρῶπις ᾿Εριννύς πῦρ ὀλοὸν πνείοντας. […] […] Und es brachten ihn [= Neoptolemos] in die Schlacht die Pferde [namens] Aithon (›Feuer‹) und Phlogios (›Flamme‹), und bei diesen [waren auch] Konabos (›Lärm‹) und Phobos (›Furcht‹), die dem lauttosenden Boreas die grausig blickende Erinnye geboren hatte, [sie, die] verderbenbringendes Feuer schnauben. […] 1521

Vgl. Wernicke (1897) 722f. mit weiteren Belegen für Boreas’ thrakische Herkunft.

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Auch Nonnos hat das Motiv übernommen und weiterentwickelt, indem er es mit dem Raub der Oreithyia verbunden hat; vgl. Dion. 37,155–161: […] ὠκυπόδην δέ Ξάνθον ἄγων πρώτιστος ὑπὸ ζυγὰ δῆσεν ᾿Ερεχθεύς ἄρσενα, καὶ θήλειαν ἐπεσφήκωσε Ποδάργην, οὓς Βορέης ἔσπειρεν ἐυπτερύγων ἐπὶ λέκτρων Σιθονίην ῞Αρπυιαν ἀελλόπον εἰς γάμον ἕλκων, καί σφεας, ᾿Ωρείθυιαν ὅθ᾿ ἥρπασεν ᾿Ατθίδα νύμφην, ὤπασεν ἕδνον ἔρωτος ᾿Ερεχθέι γαμβρὸς ἀήτης. […] Den fussschnellen Xanthos (›Blondschopf‹) führte und band Erechtheus zuerst unters Joch, den Hengst, und dann band er Podarge (›Weissfuss‹), die Stute, an, die Boreas gezeugt hatte, als er auf sein schongeflügeltes Lager eine sturmfüssige Sithonische Harpyie zum [Vollzug der] ›Ehe‹ zerrte. Und diese hatte, nachdem er Oreithyia, das Mädchen aus Attika, geraubt hatte, der Schwiegersohn, der Wind, dem Erechtheus gegeben als Brautgabe der Liebe.1522

Oreithyia sodann ist eine weibliche Windgottheit (›Windbraut‹),1523 die im homerischen Nereidenkatalog auch als Nereide fungiert (Il. 18,48) und in späterer Zeit zur Tochter des athenischen Königs Erechtheus ›vermenschlicht‹ wird, der seinerseits ursprünglich eine chthonische, mit Poseidon assoziierte Gottheit gewesen sein muss.1524 Sie wird – wohl primär in Analogie zu Boreas – ebenfalls in Pferdegestalt imaginiert und ist in erster Linie 1522 Auch andere Windgestalten hat man sich als Pferde bzw. als Erzeuger von Pferden vorgestellt: So zeugte Zephyros zusammen mit der Harpyie Podarge die beiden Pferde des Achilleus, die dementsprechend ›windschnell‹ laufen; vgl. Il. 16,148–151: τῷ δὲ καὶ Αὐτομέδων ὕπαγε ζυγὸν ὠκέας ἵππους / Ξάνθον καὶ Βαλίον, τὼ ἅμα πνοιῇσι πετέσθην, / τοὺς ἔτεκε Ζεφύρῳ ἀνέμῳ ῞Αρπυια Ποδάργη, / βοσκομένη λειμῶνι παρὰ ῥόον ᾿Ωκεανοῖο. »Und da führte Automedon ihm [= Achilleus] seine schnellen Pferde unters Joch, Xanthos (›Blondschopf‹) und Balios (›Schecke‹), die beide mit den Winden flogen, die die Harpyie Podarge dem Wind Zephyros geboren hatte, als sie auf einer Wiese am Strom des Okeanos weidete.« Quintus greift die Passage auf, indem er Neoptolemos von den Pferden seines Vaters sprechen lässt; vgl. Q.S. 8,154–157: ἵπποι δ᾿ οἳ φορέουσιν ἐμοῦ πατρ ὸς ἀντιθέοιο, / ο ὓς τ έκεθ᾿ ῞Αρπυια Ζεφ ύρῳ πάρος ε ὐνηθεῖσα, / ο ἵ τε κα ὶ ἀτρύγετον π έλαγος δι ὰ ποσσ ὶ θέουσιν / ἀκρονύχως ψα ύοντες, ἴσον δ ᾿ ἀνέμοισι φ έρονται. »Die Pferde, die mich transportieren, [sind die] meines gottgleichen Vaters, die eine Harpyie dem Zephyros einst gebar, nachdem sie mit ihm im Bett war; ja, und sie laufen zu Fuss über das fruchtlose Meer und streifen es nur mit den Spitzen der Hufe, den Winden gleich bewegen sie sich.« 1523 Etymologisch ist evtl. an eine Verbindung zu ὄρος zu denken, Oreithyia wäre somit ursprünglich »die auf dem Berg Wütende« (Hinweis von Christoph Riedweg). 1524 Die Funktion als Windgottheit dürfte die ursprüngliche, diejenige als Nereide eine sekundäre sein, was u.a. dadurch nahegelegt wird, dass sich Oreithyia nicht im hesiodeischen Nereidenkatalog findet; vgl. Frank (1939) 952: »Der homerische Dichter ließ die Bedeutung der Namen unberücksichtigt oder verstand sie gar nicht. O[reithyia] ist also aus ihrer ursprünglichen Sphäre unter die Nereiden aufgenommen worden, mit denen sie von Natur nichts zu tun hat.« Anders Wörner (1897–1909) 949, der von einer umgekehrten Entwicklung ausgeht.

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als Braut des Boreas und Mutter der Boreaden (s.o.) von Bedeutung. Gleichermassen sind die Harpyien bekannt als Mütter von Pferden: So sind in mehreren der oben und in Anm. 1522 genannten epischen Passagen (Il. 16,148–151; Q.S. 8,154–157; Nonn. Dion. 37,155–161), in denen ein Windgott Pferde zeugt, Harpyien die Mütter.1525 Selber werden sie meist als geflügelte weibliche Wesen dargestellt.1526 Die Verbindung mit Winden und Rossen ist also auch hier über das tertium comparationis der Schnelligkeit gegeben1527 – so vergleicht Quintus in Posthomerica 4 die Pferde, die das Rennen laufen, mit Harpyien, ohne wie hier den Windkontext explizit aufzurufen (4,513 θοῇσιν ἐοικότες ῾Αρπυίῃσι). Aufgrund ihrer Eigenschaft und Funktion als »Personifikationen der dämonischen Kräfte von Stürmen«1528 sowie ihres sprechenden Namens (»die Rafferinnen«, zu ἁρπάζειν) sind sie oft auch mit dem Tod und der Unterwelt assoziiert; so schildert etwa Vergil sie als Bewohnerinnen der Vorhöfe des Hades (vgl. Aen. 3,210–218; 6,282–289). Auch Quintus greift die Vorstellung auf; vgl. Q.S. 10,395f. (Helena in ihrer Rede an den toten Paris): ὡς ὄφελόν μ ᾿ ῞Αρπυιαι ἀνηρείψαντο π άροιθεν, / ὁππότε σ οί γ᾿ ἑπόμην ὀλοῇ ὑπὸ Δαίμονος Αἴσῃ. »Ach, hätten mich doch die Harpyien schon früher davongetragen, als ich, vom verderblichen Schicksalsdaimon [gezwungen], dir folgte.«1529 Nebst diesen allgemeinen Assoziationen der Harpyien mit Winden, Pferden und Schnelligkeit besteht eine weitere, konkrete Verbindung zu Boreas und Oreithyia über die Phineussage, denn es sind Zetes und Kalais – die Söhne von Boreas und Oreithyia, die an der Argonautenexpedition teilnehmen –, die Phineus von den Harpyien befreien (vgl. A.R. 2,178– 300). Zur Interpretation: Der Umstand, dass Quintus die Amazonenkönigin Penthesileia in Thrakien verortet1530 und diese Lokalisierung mit einer Anspielung auf die Sage von der Entführung Oreithyias durch Boreas verknüpft, ist mit einigen Implikationen verbunden. Folgende Aspekte sind m.E. von Belang: 1525

Dem hinzuzufügen ist noch Q.S. 4,568–572: Sthenelos’ Pferd stammt von Arion ab, einem von Zepyhros mit einer Harpyie gezeugten Ross, das »sich mit seinen flinken Füssen messen [konnte] mit den schnellen Stürmen seines Vaters« (4,571f. ταχ έεσσιν ἐριδμαίνεσκε π όδεσσι / πατρὸς ἑοῖο θοῇσι καταιγίσι). – Für weitere einschlägige Passagen vgl. Engelmann (1884–1890) 1845 und Sittig (1912) 2419. 1526 Für die v.a. ikonographischen Zeugnisse vgl. Sittig (1912) 2420–2423. 1527 Vgl. Engelmann (1884–1890) 1845: »Die N a t u r b e d e u t u n g der Harpyien ist noch durchsichtig genug, es sind die Sturmwolken, denen sich die Winde vermählen.« 1528 Bremmer (Anm. 1519) 166. 1529 Für weitere einschlägige Passagen vgl. Sittig (1912) 2419. 1530 Zum textkritischen Entscheid, in Vers 168 der Überlieferung κιοῦσα gegenüber der Emendation κιο ύσῃ den Vorzug zu geben, vgl. dieses Lemma a.E. sowie den Kommentar zu (168) Θρῄκηνδε κιοῦσα.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(1.) Quintus hat in Vers 18 den Thermodon als Heimat Penthesileias genannt; dass er die Amazonenkönigin nunmehr in Thrakien ansiedelt, steht dazu scheinbar im Widerspruch. Beide Traditionen sind grundsätzlich gut bezeugt: Die pontische Herkunft Penthesileias entspricht einer verbreiteten Vorstellung;1531 dasselbe trifft zu für die thrakische: sie findet sich u.a. in Proklos’ Zusammenfassung von Arktinos’ Aithiopis und lässt sich (indirekt) auch ikonographisch belegen.1532 Die ›Kontamination‹ der beiden Lokalisierungen findet sich jedoch auch andernorts – so in einem Vergleich in Aen. 11,659–663, in welchem Camilla und ihre Gefährtinnen mit den Amazonen verglichen werden (11,659f. quales Threiciae cum flumina Thermodontis / pulsant »wie die thrakischen Amazonen, wenn sie über den Strom des Thermodon fahren« [s. S. 424 für Zitat und Übersetzung der ganzen Passage]). Die Juxtaposition von Threiciae und Thermodontis hat Servius in seinem Kommentar ad loc. dazu veranlasst, den Thermodon tatsächlich in Thrakien anzusiedeln.1533 In ähnlicher Weise setzt Properz den Fluss Strymon, den Grenzfluss zwischen Makedonien und Thrakien, mit dem Thermodon implicite in eins, indem er eine Amazone namens Strymonis (d.i. »die vom Fluss Strymon, die ›Strymonerin‹«) daselbst ansiedelt; vgl. Prop. 4,4,71f.: illa ruit, qualis celerem prope Thermodonta / Strymonis abscisso pectus aperta sinu. »Jene [= Tarpeia] rast, wie eine [Amazone] vom Strymon beim reissenden Thermodon, die Brust entblösst durch ihr zerrissenes Gewand.« Die Kontamination der beiden Lokalisierungen scheint sich also mit der Zeit zu einem Topos verfestigt zu haben,1534 den nun auch Quintus aufgreift. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass Quintus bereits in den Versen 23–24 in ähnlicher Weise eine Verschwisterung der beiden Amazonen Penthesileia und Hippolyte vorgenommen hat, obschon Letztere traditionell als einer älteren Amazonengeneration zugehörig gilt. Wie im Kommentar ad loc. gezeigt, dürfte der nämliche Vergleich aus Aeneis 11, in dem Hippolyte und Penthesilea als Anführerinnen der Amazonen gleichberechtigt nebeneinanderstehen, Vorbild für die Verschwisterung gewesen sein bzw. diese zumindest erleichtert oder nahegelegt haben. Desgleichen dient nun, 150 Verse später, dieselbe Passage aus der Aeneis zu einer weite-

1531

Vgl. den Kommentar zu (18) Θερμώδοντος. Vgl. Prokl. Chrest. 175 ῎Αρεως μ ὲν θυγ άτηρ, Θρ ᾷσσα δ ὲ τὸ γένος »eine Tochter des Ares und Thrakerin dem Geschlecht nach«; für weitere schriftliche Zeugnisse vgl. Struve (1846) 9f. und Gärtner (2005) 44 Anm. 22. – Ikonographisch lässt sich der Bezug Penthesileias zu Thrakien z.B. aufgrund von Darstellungen mit der πέλτη, dem als thrakisch geltenden kleinen Rundschild, zeigen; vgl. den Kommentar zu (147) ἀσπίδα […] ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης. 1533 Serv. Verg. Aen. 11,659: Tanais fluvius est, qui separat Asiam ab Europa, circa quem antea Amazones habitaverunt; unde se postea ad Thermodonta, fluvium Thraciae, transtulerunt. 1534 So auch Gärtner (2005) 46. 1532

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Kommentar zu den Versen 161–181

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ren ›unlogischen‹ Kombination zweier ursprünglich nicht zusammengehöriger Traditionen. (2.) Ferner lässt sich eine weitere Bezugnahme des Quintus auf die Aeneis zeigen: In Aen. 12,81–84 ist von Pferden die Rede, die Orithyia einst dem Pilumnus geschenkt hatte: haec ubi dicta dedit rapidusque in tecta recessit, poscit equos gaudetque tuens ante ora frementis, Pilumno quos ipsa decus dedit Orithyia, qui candore nives anteirent, cursibus auras. Nachdem [Turnus] diese Worte gesprochen hatte, kehrte er geschwind ins Haus zurück, und er verlangte seine Pferde und freute sich, als er die wiehernden [Tiere] vor seinem Angesicht sah, die Orithyia persönlich dem Pilumnus als Ehrengabe geschenkt hatte, die mit ihrem Weiss den Schnee hätten übertreffen mögen, und in ihrem Lauf die Winde.

Die Annahme einer intertextuellen Bezugnahme von Q.S. 1,166–169 auf diese Stelle scheint mir aus folgenden Gründen plausibel:1535 Das Motiv (›Oreithyia schenkt einem Krieger [ein] Pferd[e]‹) ist nirgendwo sonst belegt; es steht in beiden Fällen im Kontext einer Rüstungsszene (vgl. Aen. 12,81–94 [Rüstung des Turnus]); der Vergil’sche Vergleich der Pferde mit dem Wind (Aen. 12,84 cursibus auras) ist durch Quintus’ vorgenommene Verbindung mit Boreas und Oreithyia und dem Vergleich mit den Harpyien aufgegriffen und reich ausgestaltet. Ausserdem und ganz besonders scheint mir jedoch die Figur des Pilumnus als Kontrastfolie zu Penthesileia bedeutsam, denn dieser gilt u.a. als Ehegott und Beschützer von Neugeborenen1536 und ist somit eine Gegenfigur zu der ehe- und familienfeindlichen Amazonenkönigin.1537 Quintus hat also eine Vergil’sche Passage, die ihrerseits kontextuell unmotiviert scheint,1538 aufgenommen und in einen passenden Zusammenhang gestellt. (3.) Sodann kann die subtile Anspielung auf Oreithyias Entführung durch Boreas auch als mise-en-abyme für die bevorstehende Tötung Penthesileias 1535 Die Annahme einer gemeinsamen verlorenen (hellenistischen) Quelle ist theoretisch natürlich denkbar, jedoch nicht zu beweisen und unnötig. Vgl. Vian (1959a) 23f.; Vian (1963) 162 Anm. 9 (zu 18); unschlüssig Gärtner (2005) 45: »muß man eine gemeinsame Quelle oder einen direkten Einfluß annehmen«; ead. 53: »wird […] vielleicht die Vermutung nahegelegt, daß Vergil hier einer Quelle folgte, die auch Quintus kannte. Dennoch kann eine direkte Bezugnahme des Quintus Smyrnaeus auf Vergil deshalb nicht ausgeschlossen werden.« 1536 Vgl. Art. »Pilumnus« in: DNP 9 (2000) 1024 (C. Robert III. Phillipps). 1537 Dass beide Namen mit p- anlauten und sprechend sind (Πενθεσίλεια Q.S. 1,187). 1588 Vgl. Ausfeld (1903) 514f.; Norden (1913) 143–176; Pulleyn (1997) 132–155; Furley (2007) 122–127; ausserdem Art. »Gebet. III. Griechenland und Rom« in: DNP 4 (1998) 830–834 (Fritz Graf). – Als Beispiel für den genannten dreiteiligen ›Idealtyp‹ mag man bspw. Penelopes Gebet an Athene in Od. 4,762–766 ansehen: (a) κλῦθί μοι, αἰγιόχοιο Διὸς τέκος, ᾿Ατρυτώνη, (b) εἴ ποτέ τοι πολύμητις ἐνὶ μεγάροισιν ᾿Οδυσσεύς ἢ βοὸς ἢ ὄιος κατὰ πίονα μηρί᾿ ἔκηε, (c) τῶν νῦν μοι μνῆσαι καί μοι φίλον υἷα σάωσον, μνηστῆρας δ᾿ ἀπάλαλκε κακῶς ὑπερηνορέοντας. (a) Erhöre mich, Tochter des Aigishalters Zeus, Atrytone! (b) Wenn dir der listenreiche Odysseus je in seinen Hallen die fetten Schenkel eines Ochsen oder eines Schafes verbrannt hat, (c) besinne dich nun mir zuliebe dessen und bewahre mir meinen lieben Sohn und halte ihm die Freier, die boshaft übermütigen, vom Leib! (a) invocatio: Die Gottheit wird an- bzw. herbeigerufen (oft ausgeschmückt mit Epiklesen oder sog. ›Prädikation‹ mit Relativsatz und / oder Partizipien). – (b) pars epica: Rechtfertigung der vorzubringenden Bitte. Möglichkeiten der Rechtfertigung: Aufzählung früherer Opfer (da quia dedi); Versprechen künftiger Gaben (da quia dabo); Hinweis auf frühere Dienste vonseiten der Gottheit (da quia dedisti); (längere) Erzählung über frühere Taten und / oder Dienste der Gottheit (pars epica im eigentlichen Wortsinne). – (c) preces: Die eigentliche Bitte.

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Hast der Angelegenheit sehen. Das posthomerische Gebet seinerseits geht nach einer minimalen invocatio (κλῦθι, π άτερ) ebenfalls unmittelbar zu den preces über (δός; σ άωσον). Zwar fehlt auch hier eine pars epica im traditionellen Sinne (vgl. Anm. 1588), doch lässt es Priamos nicht bei der Bitte allein bewenden – stattdessen führt er ›sachlich-logische Gründe‹ an, weshalb Zeus Penthesileias Leben schonen solle (bzw. de facto ›müsse‹), was dem Gebet einen stark rhetorischen Charakter verleiht (suasoria). Gesamthaft gesehen, zeigt dieses somit eine vierteilige Struktur; die einzelnen Abschnitte bestehen aus jeweils drei Versen, deren Beginn mit Schlüsselwörtern (beachte: drei Imperative!) signalisiert wird: • 1,186–188: κλῦθι κτλ.: invocatio → preces; • 1,189–191: ἁζόμενος κτλ.: pistis I: Da Ares sein Sohn und Penthesileias Vater sei, entstamme diese auch seinem Geschlechte, und Zeus müsse ihnen beiden deshalb Achtung erweisen; • 1,192–194: αἴδεσσαι κτλ.: pistis II: Zeus solle auch vor Priamos selber Respekt zeigen, da diesem im Krieg so viele Leiden widerfahren sind; • 1,195–197: α ἴδεο κτλ.: pistis III: Desgleichen solle er Respekt zeigen vor der vom Aussterben bedrohten Sippe der Dardaniden. Auffallend und bezeichnend ist, wie Priamos auf penetrante, ja nachgerade freche Art und Weise auf der αἰδώς insistiert, die er dem Göttervater abverlangt. Ein Mensch (etwa ein Priester) mag andere Menschen ermahnen, die Götter zu ehren;1589 desgleichen erweisen die Götter sich untereinander Ehre, und dies durchaus nicht bloss ›von unten nach oben‹ in der Hierarchie.1590 Allerdings kann es nicht angehen, dass ein Sterblicher dem höchsten aller Götter Ehrerbietung gegenüber einem anderen Gott oder gar gegenüber einem anderen Sterblichen abverlangt. Die Weltordnung, die durch Penthesileias Eingreifen in den Krieg ins Wanken gerät, kommt auch hier, im Verhalten des Priamos gegenüber Zeus, zum Ausdruck. Dessen abschlä1589 In der Tat ist Q.S. 1,189 ἁζόμενος κτλ. nach dem Vorbild von Il. 1,21 ἁζόμενοι κτλ. geformt: ein Vers, mit dem der Apollonpriester Chryses seine Bitte um Freilassung seiner Tochter mit einer Mahnung um Respekt gegenüber dem Gott unterstreicht; vgl. den Kommentar ad loc. – In ähnlicher Weise pflegt auch ein Kämpfer mit einem unterlegenen Gegner zu sprechen und diesen um Schonung zu bitten, die Unterlegenheit des Priamos kommt also auch auf dieser Ebene zum Ausdruck; vgl. dazu die Stellen im Kommentar zu (192) αἴδεσσαι (freundlicher Hinweis von Christoph Riedweg). 1590 Vgl. z.B. (Belege für Verwendungen von ἅζεσθαι von Göttern gegenüber Göttern, gemäss West [1966] 316f.): Il. 14,261: ἅζετο γ άρ, μ ὴ Νυκτ ὶ θο ῇ ἀποθύμια ἔρδοι. »Denn er [= Zeus!) scheute sich, der hurtigen Nyx (Nacht) Ungefälliges zu wirken.«; Od. 6,329f. (von Athene gegenüber Poseidon): ἅζετο (varia lectio αἴδετο) γ άρ ῥα / πατροκασ ίγνητον; h. Cer. 76 (Helios zu Demeter): μέγα ἅζομαι; h.h. 12,4f. (von Hera): ἣν πάντες μάκαρες κατὰ μακρὸν ῎Ολυμπον / ἁζόμενοι τ ίουσιν ὁμῶς Δι ὶ τερπικερα ύνῳ »die alle Glückseligen auf dem weiten Olymp respektieren und ehren zusammen mit dem blitzeschleudernden Zeus«; Hes. Th. 532 (Zeus gegenüber seinem Sohn Prometheus): ἁζόμενος τίμα ἀριδείκετον υἱόν; Nonn. Dion. 9,142 (von Hera gegenüber Zeus): θεὸν ἁζομένη πρωτόσπορον […] ῞Ηρη.

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gige Antwort ist somit nur folgerichtig. Priamos verlangt von Zeus αἰδώς und ist somit selber ἀναιδής geworden. Ein Analogon zu Priamos’ Gebet finden wir zu Beginn von Posthomerica 9: Der Troer Antenor richtet sein Wort an Zeus (9,9–22) und bittet diesen, entweder Neoptolemos von Troja abzuwenden (9,10–13) oder aber die Troer lieber sofort alle zu vernichten (9,20–22). Zeus erhört das Gebet (9,23 ἦ ῥα μέγ᾿ εὐχόμενος· τοῦ δ᾿ ἔκλυεν οὐρανόθι Ζεύς) – doch nur insofern, als er vielen Troern das Leben nimmt, doch nicht, indem er Neoptolemos abwendet (9,24–27). Auch dieses zweite Gebet an den Göttervater wird also nicht mit Zustimmung, sondern mit einem – beinahe sarkastisch anmutenden – ablehnenden Bescheid beantwortet. (182–183) Κρονίωνι πολυτλήτους ἀναείρας / χεῖρας1591 Das Emporheben der Hände ist der typische Gestus eines Bittstellers beim Gebet an eine Gottheit. Das Syntagma χεῖρας ἀναείρειν findet sich sowohl in der Ilias als auch in den Posthomerica nur je einmal. Das direkteste sprachliche Vorbild für Q.S. 1,182f. ist demnach Il. 7,130 ἀθανάτοισι φίλας ἀνὰ χε ῖρας ἀείραι; es steht im Kontext von Nestors Scheltrede an die Achaier (Il. 7,124–160): Dieser lobt die guten alten heroischen Zeiten seiner Jugend und wünscht sich, selber noch einmal jung zu sein; dabei denkt er auch an Achilleus’ Vater Peleus; vgl. Il. 7,129f.: το ὺς ν ῦν ε ἰ πτώσσοντας ὑφ᾿ ῞Εκτορι π άντας ἀκούσαι, / πολλ ά κεν ἀθανάτοισι φίλας ἀνὰ χεῖρας ἀείραι. »Wenn [Peleus] nun vernähme, wie die hier alle sich vor Hektor ducken, würde er wohl viele Male seine Hände zu den Unsterblichen emporheben.« Ferner erinnert Quintus’ Formulierung an einen Passus aus der Nekyia, als Agamemnon von seinem eigenen Tod durch Klytaimestras Hand berichtet (Od. 11,405–434); vgl. Od. 11,423f.: αὐτὰρ ἐγὼ ποτὶ γαίῃ χεῖρας ἀείρων / βάλλον ἀποθνήσκων περὶ φασγάνῳ. »Doch ich, auf dem Boden [liegend], hob meine Hände empor und warf sie sterbend um das Schwert.«1592 Quintus greift also zur Einleitung von Priamos’ Gebet auf zwei homerische Intertexte zurück, welche mit dem Thema ›Alter‹ (passend für Priamos) bzw. ›gewaltsamer Tod‹ (passend für Penthesileia) verknüpft sind; somit klingt auf einer intertextuellen Ebene Zeus’ negativer Bescheid, das Todesomen, bereits an. Der geläufige homerische Ausdruck für den genannten Gebetsgestus ist χεῖρας ἀνέχειν (nicht bei Q.S.), üblicherweise in der Versschlussformel χεῖρας ἀνασχών (5x Il.; Od. 13,355; 17,239; 20,97), χεῖρας ἀνασχεῖν (Il. 6,257), χεῖρας ἀνέσχον (Il. 3,318; 6,301; 7,177), ferner 1x im Versinnern 1591

Vgl. Köchly (1850) 28 für die im Folgenden diskutierten homerischen Passagen. Vgl. ausserdem Q.S. 4,345 αἶψα δ᾿ ἄρ᾿ ἀλλήλοισι καταντία χεῖρας ἄειραν; 11,268 καί τις ἐς αἰθέρα χεῖρας ἐπουρανίοισιν ἀείρων; χεῖρα(ς) ἀείρειν auch 5x bei A.R. 1592

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χεῖρας ἀνασχέμεν (Il. 24,301). Zur Formel im konkreten Zusammehang mit Zeus vgl. Il. 5,174 ~ Il. 19,254 Δι ὶ χε ῖρας ἀνασχών, Il. 6,257 Δι ὶ χεῖρας ἀνασχεῖν, Il. 24,301 Δι ὶ χε ῖρας ἀνασχέμεν, Od. 20,97 Δι ὶ δ᾿ εὔξατο χεῖρας ἀνασχών.  Zur Verwendung des Adjektivs πολύτλτηος bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (135) φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων; zu Priamos als Paradigma des vom Schicksal geschlagenen Menschen (zum Ausdruck gebracht durch πολυτλήτους […] / χε ῖρας) vgl. den Kommentar zu (84–85) παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. (183) Λαομέδοντος ἐὺς γόνος ἀφνειοῖο Das Adjektiv ἀφνειός 5x bei Q.S., davon 2x bezogen auf Laomedon, hier und in 1,788 ἐς μ έγα σ ῆμα […] ἀφνειοῦ Λαομ έδοντος. Dieser Gebrauch ist unhomerisch (Priamos wird in der Ilias nie als ἀφνειός bezeichnet); vgl. allerdings Il. 20,219f. (Aineias zählt die Abkömmlinge des Dardanos auf, von dem sowohl er als auch Priamos abstammen [Il. 20,213–241]): Δ άρδανος αὖ τέκεθ᾿ υἱὸν ᾿Εριχθόνιον βασιλῆα, / ὃς δὴ ἀφνειότατος γένετο θνητῶν ἀνθρώπων. »Dardanos wiederum zeugte als seinen Sohn den König Erichthonios, der sodann der wohlhabendste wurde unter den sterblichen Menschen.« 1,788 klingt wie ein intratextuell rückverweisendes Echo von 1,183 (man beachte auch den Chiasmus: Λαομέδοντος […] ἀφνειοῖο – ἀφνειοῦ Λαομέδοντος): Priamos, der Spross des ›wohlhabenden Laomedon‹, hat für Penthesileias Leben gebetet, doch vergebens; nun wird sie in der Gruft bestattet, in der schon der Vater ihres Bittstellers liegt.  Zu Laomedon vgl. den Kommentar zu (83) υἱὸς Λαομέδοντος. (184–185) εὔχετ᾿ ἐς ἱερὸν ἠὺ […] ἑοῖς ἐπιδέρκεται ὄσσοις Die beiden Verse sind eine ›Übersetzung‹ von Il. 24,290f. aus Hekabes Rede an Priamos (Il. 24,287–298), in welcher sie ihn bittet, Zeus um gutes Geleit für seinen Gang zu Achilleus anzuflehen: ἀλλ᾿ εὔχεο σ ύ γ᾿ ἔπειτα κελαινεφέι Κρονίωνι / ᾿Ιδαίῳ, ὅς τε Τρο ίην κατὰ πᾶσαν ὁρᾶται. »Doch dann bete du zu dem schwarzwolkigen Kronossohn vom Ida, der ganz Troja überblickt.«1593 Man beachte die kunstvolle Art der Verarbeitung: Κρονίωνι / ᾿Ιδαίῳ > ᾿Ιδαίοιο / Ζηνός: das Enjambement wird beibehalten, doch Kasus, Wortfolge und die Benennung für Zeus werden verändert (desgleichen Τροίην > ῎Ιλιον); Κρονίωνι erscheint dafür tel quel in Vers 182. Priamos befolgt Hekabes Rat und betet zu Zeus Idaios (Il. 24,308): Ζεῦ πάτερ ῎Ιδηθεν, μεδ έων κ ύδιστε, μέγιστε.1594 Dass der posthomerische 1593

Zur Vorbildhaftigkeit der ganzen Szene vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. Ein iliadischer Iteratvers, Il. 3,276 = 3,320 = 7,202 = 24,308; offensichtlich imitiert in Antenors Gebet an Zeus in Q.S. 9,9 Ζεῦ, ῎Ιδης μεδέων ἠδ᾿ οὐρανοῦ αἰγλήεντος. 1594

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Troerkönig den Göttervater mit dessen Epiklese ᾿Ιδαῖος anruft, hat also in erster Linie intertextuelle Gründe.1595 Zeus Idaios wurde auf dem Gargaron, einem Gipfel des Idagebirges, verehrt; vgl. Il. 8,47f.: ῎Ιδην δ ᾿ ἵκανεν πολυπίδακα μητ έρα θηρ ῶν, / Γ άργαρον· ἔνθα δ ὲ οἱ τέμενος βωμ ός τε θυήεις. »Und [Zeus] kam zur Ida, der quellenreichen Mutter der Tiere, zum Gargaron: dort [befindet sich] sein Hain und ein opferreicher Altar.« Es wurde von Woronoff die These aufgestellt, Zeus Idaios sei als besonderer lokaler Schutzpatron der Troer anzusehen und stehe somit in Opposition zum Olympischen Zeus.1596 Tatsächlich steht der Idäische Zeus in der Ilias in enger Verbindung zu Troja; vgl. z.B. Il. 16,603–605: ἔνθ᾿ αὖ Μηριόνης Τρώων ἕλεν ἄνδρα κορυστ ήν, / Λα όγονον θρασ ὺν υ ἱὸν ᾿Ονήτορος, ὃς Διὸς ἱρεύς / ᾿Ιδαίου ἐτέτυκτο, θεὸς δ᾿ ὣς τίετο δήμῳ. »Da wieder ergriff Meriones einen behelmten Troermann: Laogonos, den beherzten Sohn des Onetor, der zum Priester des Idäischen Zeus ernannt war und wie ein Gott im Volk geehrt wurde.« Der Idäische Zeus wird in den Posthomerica nur hier und in 9,9f. Ζεῦ, ῎Ιδης μεδέων ἠδ᾿ οὐρανοῦ αἰγλήεντος, / κλῦθί μευ εὐχομένοιο (Antenor an Zeus) angerufen.1597 Der Ida als ›Hausberg‹ der Troer ist jedoch auch bei Q.S. sehr präsent; vgl. z.B. 14,82–84: μακρ ὴ δ᾿ ἀμφέστενεν ῎Ιδη / κα ί Σιμ όεις· μ ύροντο δ ᾿ ἀπόπροθι π άντες ἔναυλοι / ᾿Ιδαῖοι Πριάμοιο πόλιν περικωκύοντες. »Und gar weit stöhnten rings die Ida und der Simoeis; und es klagten in der Ferne alle Bäche der Ida, die Stadt des Priamos bejammernd.« (184) τετραμμένος  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (185) ἐπιδέρκεται Formen des Verbs ἐπιδέρκεσθαι Od. 5,84; 5,158; 11,16 – Hes. Th. 760; Erga 268 – A.R. 2,1179 – 5x Manetho – 5x Q.S. – Nonn. Dion. 33,287 – u.a.

Das fast ausschliesslich auf die epische Sprache beschränkte Verb bezeichnet in der Odyssee das sehnsüchtige In-die-Weite-Blicken des Odysseus; vgl. Od. 5,84 = 5,158: πόντον ἐπ᾿ ἀτρύγετον δερκέσκετο δάκρυα λείβων. »Übers fruchtlose Meer blickte er, Tränen vergiessend.« Ferner von der Sonne, die alles überblickt, Od. 11,16 = Hes. Th. 760: ᾿Ηέλιος φα έθων ἐπιδέρκεται ἀκτίνεσσιν. »Der leuchtende Helios blickt herab mit seinen

1595 Die nachstehenden Ausführungen zu Ζε ὺς ᾿Ιδαῖος beruhen auf Cook II.2, 949–952 (mit reichhaltigen Angaben zu literarischen, numismatischen und archäologischen Quellen); vgl. ferner Woronoff (1983) und (2001). 1596 Woronoff (1983) und (2001). In der Tat wird Zeus in der Ilias nie ᾿Ολύμπιος genannt, wenn er sich auf dem Ida befindet (wobei dies, nota bene, auch nur an der geographischen Differenzierung liegen könnte). 1597 Zu Antenors Gebet an Zeus (Q.S. 9,9–22) vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt a.E.

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Strahlen.«1598 In Erga 268 sodann verwendet Hesiod das Verb erstmals mit Bezug auf Zeus, der die Menschen und ihr Tun ›überblickt‹ und ›über ihnen wacht‹, d.h. sie sowohl beschützt als auch ein wachsames Auge auf ihr Treiben hat; vgl. Hes. Erga 267–269: π άντα ἰδὼν Δι ὸς ὀφθαλμὸς κα ὶ πάντα νοήσας / καί νυ τάδ᾿1599 αἴ κ᾿ ἐθέλῃσ᾿ ἐπιδέρκεται, οὐδέ ἑ λήθει / οἵην δ ὴ κα ὶ τήνδε δ ίκην π όλις ἐντὸς ἐέργει. »Das Auge des Zeus, das alles sieht und alles wahrnimmt, erblickt auch dies, wenn es nur will, und es bleibt ihm nicht verborgen, was für eine Art von Gerechtigkeit die Stadt in ihrem Innern umschliesst.« Klar auf diese Passage Bezug nimmt A.R. 2,1179f.: Ζεὺς ἐτεὸν τὰ ἕκαστ᾿ ἐπιδέρκεται, οὐδέ μιν ἄνδρες / λήθομεν ἔμπεδον ο ἵ τε θεουδ έες ο ὐδὲ δίκαιοι. »Zeus überblickt wahrhaftig alles, und die Menschen bleiben vor ihm nicht dauerhaft verborgen, weder die Gottesfürchtigen noch die Ungerechten.« Quintus sodann richtet sich an allen fünf Stellen nach der auf der Hesiod beruhenden Spezialbedeutung;1600 vgl. 2,617 πάντ᾿ ἐπιδερκομένη πάντ᾿ ἐς τέλος ἄχρις ἄγουσα »alles überblickend und alles bis ganz zur Vollendung bringend« (Eos spricht über sich selbst); 5,45f. (aus der Beschreibung von Achilleus’ Schild): ἀμφὶ δὲ μυρία φ ῦλα πολυτλ ήτων ἀνθρώπων / ἄστεα καλ ὰ νέμοντο· Δ ίκη δ ᾿ ἐπεδέρκετο πάντα. »Ringsum bewohnten zehntausende Völker vielduldender Menschen schöne Städte; und auf alles blickte Dike herab.«;1601 10,47– 49 ἐπὶ δ᾿ ἀκαμάτου Διὸς ὄσσε / δέρκετ᾿ ἀπ᾿ Οὐλύμποιο κορυσσομένους ἐς ῎Αρηα / Τρ ῶας ἐπ᾿ ᾿Αργείοισιν. »Die Augen des unermüdlichen Zeus blickten vom Olymp aus auf die Troer, die sich zum Krieg gegen die Argeier rüsteten.«; 13,473: πάντα γὰρ ἄσχετος Αἶσα βροτῶν ἐπιδέρκεται ἔργα. »Denn die unaufhaltsame Schicksalsmacht überblickt alle Taten der Sterblichen.« Der Verbalstamm δερκ - zur Bezeichnung der allessehenden und allesüberblickenden Götter ist auch in dem unhomerischen Adjektiv πανδερκής präsent (Erstbeleg: Eur. El. 1177 Ζε ῦ πανδερκ έτα); 3x bei Q.S.: 2,443 πανδερκέες Οὐρανίωνες; 13,229 ἠελίοιο φάος πανδερκέος; 13,299 Θέμιν […] πανδερκέα.

1598

In Od. 11,16 existiert die varia lectio καταδέρκεται anstelle von ἐπιδέρκεται, allerdings dürfte es sich dabei um eine alexandrinische Konjektur handeln; vgl. Heubeck / Hoekstra (1989) 79; West (1966) 369. Der Vers wird auch in der späteren Epik, v.a. aber in der astronomischen Lehrdichtung mehrfach zitiert und nachgeahmt. 1599 Bezogen auf κακά in Vers 265. 1600 Vgl. VB s.v. ἐπιδέρκομαι: »regarder, veiller sur (touj. pour les dieux)«. 1601 Vgl. James / Lee (2000) 52 ad loc.: »may consciously reflect the verb’s use by Hesiod for the ‘oversight’ of justice by Zeus’ all-seeing eye, Op. 267-9 […]« – Man beachte überdies die Ähnlichkeit des Gedankens und die damit korrespondierende analoge Wortwahl in Posthomerica 1 und 5: 1,182f. πολυτλήτους […] / χεῖρας ~ 5,45 φῦλα πολυτλήτων ἀνθρώπων; 1,185 Ζηνὸς ὃς ῎Ιλιον αἰὲν ἑοῖς ἐπιδέρκεται ὄσσοις ~ 5,46 Δίκη δ᾿ ἐπεδέρκετο πάντα.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(186) κλῦθι, πάτερ Mit dem Imperativ κλ ῦθι bzw. (redupliziert) κ έκλυθι (zur Wz. *"le∑»hören«, wovon auch κλυτ ός und κλ έος) wird die invocatio eines Gebets eingeleitet. Die Aufmerksamkeit des angerufenen Gottes soll erregt werden; gleichzeitig wird die im zweiten bzw. dritten Teil des Gebets vorzubringende Bitte implizit bereits vorweggenommen (vgl. dt. »erhöre!«).1602 Es handelt sich um eine typisch episch-homerische Art der Anrufung; sie steht stets (wie hier) zu Versbeginn.1603 Allerdings ist festzustellen, dass in den homerischen Epen nur Athene, Apollon und Poseidon mit κλῦθι / κέκλυθι angesprochen werden, nicht jedoch der Göttervater Zeus.1604 Die übliche Anrede an diesen ist das indogermanisch ererbte Syntagma Ζεῦ πάτερ (21x Il.; 11x Od.; auch 5x bei Q.S.) ohne imperativischen Zusatz. κλῦθι an Zeus gerichtet findet sich erstmals in Hes. Erga 9f.: κλῦθι ἰδὼν ἀιών τε, δίκῃ δ᾿ ἴθυνε θ έμιστας / τ ύνη. »Erhöre [mich], der du siehst und hörst, und mit Gerechtigkeit mache du deine Urteile grad!« Die Anrede κλῦθι, πάτερ an Zeus ist also unhomerisch;1605 sie stellt eine Variation des homerischen Ζεῦ πάτερ dar und trägt zugleich einen hesiodeischen Zug. Sie findet sich bei Q.S. ein zweites Mal in 14,308, dort von Neoptolemos an seinen toten und gleichsam als Gott verehrten Vater Achilleus gerichtet, anlässlich Polyxenas Opferung.1606 Gesamthaft werden in den Posthomerica nur viermal Gottheiten mit κλ ῦθι / κέκλυθι angesprochen; vgl. (nebst 1,186 und 14,308) 9,9f. Ζεῦ, ῎Ιδης μεδέων ἠδ᾿ οὐρανοῦ αἰγλήεντος, / κλῦθί μευ εὐχομένοιο (Antenor an Zeus);1607 12,153 κλ ῦθι, θε ὰ μεγ άθυμε (Epeios an Athene). Zum Vokativ ohne ὦ: In der attischen Prosa gilt eine Anrede ohne die Interjektion ὦ vor einem Vokativ als familiär, kolloquial oder gar unhöflich,1608 wohingegen – so die communis opinio seit Scott (1903) – im frühen 1602

Vgl. Hesych s.v. κλῦθι· ἄκουσον bzw. κέκλυθι· ἐπάκουσον. Vgl. auch West (1978) 141 (zu Hes. Erga 9): »κλῦθι takes the place of the typical χαῖρε. It is a solemn imperative, in archaic Greek addressed only to gods […]« 1603 Vgl. Pulleyn (1997) 134–136. 1604 Athene: Il. 5,115; 10,278; 10,284; 23,770; Od. 2,262; 4,762; 6,324. – Apollon: Il. 1,37; 1,451; 16,514. – Poseidon: Od. 3,55; 9,528. – Ausserdem spricht Odysseus den ihm unbekannten Flussgott, der ihn aus den Wogen des Meeres rettet, dergestalt an (Od. 5,445 κλ ῦθι, ἄναξ, ὅτις ἐσσί). Völlig aus dem Rahmen fallen ferner zwei Stellen in der Odyssee, an denen Odysseus den Sauhirten Eumaios mit κέκλυθι anredet (Od. 14,462 = 15,307 κέκλυθι νῦν, Εὔμαιε, καὶ ἄλλοι πάντες ἑταῖροι). 1605 Vgl. allerdings schon Aischyl. Choeph. 139 κα ὶ σὺ κλ ῦθί μου, π άτερ (Elektra an ihren toten Vater Agamemnon); ibid. 332 κλῦθί νυν, ὦ πάτερ (dito); Soph. Trach. 1114f. πάτερ / […] κλῦθί μου (Hyllos an seinen Vater Herakles); Melanipp. fr. 6,1 PMG κλῦθί μοι, ὦ πάτερ. 1606 Vgl. ferner Greg. Naz. carm. dogm. p. 517,4 κλῦθι, Πάτερ Χριστοῦ πανεπίσκοπε (an den christlichen Gott); Nonn. Dion. 44,215 κλῦθι, πάτερ καὶ μῆτερ (Dionysos an Zeus und Semele). 1607 Vgl. Anm. 1594. 1608 Vgl. Schwyzer II, 60f.

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Epos vielmehr der Vokativ mit ὦ ein Zeichen von Vertraulichkeit und Familiarität darstellt, was erklärt, dass bei epischen Götteranrufungen, Gebeten u.dgl., ja allgemein bei Reden mit feierlich-erhabenem Charakter nie ein ὦ steht. Demgegenüber wurde in neuerer Zeit auch die Auffassung vertreten, die hauptsächliche Funktion des epischen ὦ bestehe darin, die Aufmerksamkeit bestimmter Personengruppen, nicht einzelner Individuen, zu erregen bzw. zu erhöhen.1609 Beide Erklärungen lassen sich auf die Kommunikationssituation des Gebets applizieren. Quintus verfährt in allen Anreden von Menschen an Göttern nach dem homerischen Usus, d.h. er gebraucht nie ein ὦ im Munde eines Menschen an einen Gott; vgl. 9,9 und 14,119 Ζεῦ; 3,499 und 9,17 Ζεῦ πάτερ; 12,153 θεὰ μεγάθυμε (für Athene); 3,46 und 3,98 Φοῖβε; 12,306 Μοῦσαι. Im Allgemeinen jedoch lässt sich in den Posthomerica, so Elderkin, »a marked increase in the use of the vocative with ὦ over that in the Iliad« feststellen.1610 (186) λαὸν ᾿Αχᾱϊκόν Das Adjektiv ist in Epos und Drama v.a. in der Form ᾿Αχαιικός (mit Diphthong -αι-), in der Prosa (aber auch vereinzelt in Tragödie und Komödie) v.a. in der Form ᾿Αχᾱϊκός (mit Monophthong -ᾱ-) üblich. Homerisch ist es stets Epitheton entweder zu ῎Αργος (Il. 9,141; 9,283; 19,115; Od. 3,251) oder zu λα ός (Il. 9,521; 13,349; 15,218), immer in der diphthongischen Form. Bei Q.S. findet es sich 2x, hier und in 9,412 στρατὸν […] ᾿Αχ.; die Handschriften überliefern an beiden Stellen einhellig die Lesart ᾿Αχᾱϊκόν, was de Pauw – wohl um Analogie zur homerischen Usanz herzustellen – zu ᾿Αχαιικόν geändert hat und was seither so in allen modernen Ausgaben steht. Die Korrektur steht freilich auf solidem Grund, ist allerdings aufgrund der unzweideutigen Überlieferung nicht absolut zwingend; vgl. ferner insbesondere Bion Epithal. 12 πάντα δὲ λαὸν ἄγειρεν ᾿Αχᾱϊκόν. (186) ἤματι τῷδε  (ἐπ᾿ / ἐνὶ) ἤματι τῷδε Il. 13,234; 19,110; 21,584 – Od. 20,116 – Orac. Sib. 2,339; 5,56; 5,300 GCS – Maxim. peri katarch. 6,171 – 8x Q.S. – Anth. Gr. 7,638,3.1611  ἤματι κείνῳ 5x Il. – Hes. Th. 667 und 836 – Kall. h. Dian. 200 – Arat 868 – A.R. 1,547; 2,1097; 3,922 – 5x Orac. Sib. – 8x Q.S. – Nonn. Par. 16,83 und 16,97 – Anth. Gr. App. 6,214,23. – Fast ausschliesslich am Versende.

1609 Vgl. Zaffira Lepre (1979). Vgl. auch Tzamali (1996) 64 (zu Sappho fr. 1,13 Voigt): »Diese markante, emphatisierende Rolle spielt ὦ besonders bei den Vokativen von Appellativen […], welche einen generellen Charakter haben und für eine breite Klasse von Individuen verwendbar sind; ὦ verleiht den Vokativen ein “Zeichen von Hinwendung” […], indem es als ein nachdrücklicher Hinweis auf den Angerufenen zur Erregung seiner Aufmerksamkeit fungiert.« 1610 Elderkin (1906) 25; vgl. dessen Liste aller Vokative in den Posthomerica (22–24). 1611 Vgl. auch vis. Dor. 4 μέσσῳ δ᾿ ἐνὶ ἤμα[τι μ]οῦνον.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(ἐπ᾿ / ἐνὶ) ἤματι τ ῷδε ist ein typisch epischer Ausdruck für »heute«; entsprechend der Gegenbegriff ἤματι κείνῳ: »an jenem Tage« = »damals«. Die Wendung ἤματι τῷδε steht an zwei der vier homerischen Stellen mit einem ›noch heute bevorstehenden (gewaltsamen) Tod‹ in Verbindung; vgl. Il. 21,583f. (Agenor zu Achilleus): ἦ δή που μ άλ᾿ ἔολπας ἐνὶ φρεσ ί, φαίδιμ᾿ ᾿Αχιλλεῦ, / ἤματι τῷδε πόλιν πέρσειν Τρώων ἀγερώχων. »Ja, da hast du wohl gar sehr gehofft in deinem Innern, strahlender Achilleus, noch am heutigen Tage die Stadt der hochgesinnten Troer zu zerstören.«; Od. 20,116f. (eine Magd des Odysseus in einem Gebet an Zeus): μνηστ ῆρες πύματόν τε κα ὶ ὕστατον ἤματι τ ῷδε / ἐν μεγ άροις ᾿Οδυσῆος ἑλοίατο δαῖτ᾿ ἐρατεινήν. »Mögen die Freier am heutigen Tage zum letzten und allerletzten Mal die ersehnte Speise in den Hallen des Odysseus einnehmen!« Desgleichen auch andernorts bei Q.S.; vgl. etwa 3,248f. (Glaukos zu Aias): τ ῷ σε θαν όντι / ποι ῶ συνθαν έεσθαι ἐπ᾿ ἤματι τ ῷδε κα ὶ αὐτόν. »Ich werde dafür sorgen, dass auch du selbst zusammen mit dem Toten hier [= Achilleus] noch am heutigen Tage stirbst.«; 14,300f. (Hekabe angesichts der bevorstehenden Opferung Polyxenas): ὥς μ᾿ ὄφελον μετὰ σεῖο, φίλον τέκος, ἤματι τ ῷδε / γα ῖα χανο ῦσα κ άλυψε π άρος σ έο π ότμον ἰδέσθαι. »Würde mich doch zusammen mit dir, liebes Kind, noch am heutigen Tage die Erde verschlingen und zudecken, ehe ich dein Todesschicksal sehe!« Ähnlich auch ἤματι κείνῳ; vgl. Il. 2,37f. (von Agamemnon): φῆ γὰρ ὅ γ᾿ αἱρήσειν Πριάμου πόλιν ἤματι κείνῳ, / νήπιος, οὐδὲ τὰ ᾔδη ἅ ῥα Ζεὺς μήδετο ἔργα. »Ja, denn dieser wähnte, noch an jenem Tage die Stadt des Priamos einzunehmen – der Kindische! Denn er wusste nicht, was für Werke Zeus im Sinn hatte.« Mit ἤματι τῷδε an der vorliegenden Stelle korrespondiert ἤματι κείνῳ in Vers 203. Durch diese Strukturparallele wird narratologisch das nunc auf der Ebene der dramatis persona Priamos dem tunc der Erzählerperspektive gegenübergesetzt; zugleich wird Priamos’ nichtige Hoffnung, dass λαὸν ᾿Αχαϊκὸν ἤματι τῷδε / […] πεσέειν, mit der Realität (τὸ μὲν ὣς ἤμελλον ἐτήτυμον ἤματι κείνῳ / Κῆρες ὑπε κτελέειν, nämlich Penthesileias Tod) kontrastiert. (187) δὸς πεσέειν Der Imperativ δ ός ist das einzige wörtliche Zitat aus Priamos’ Gebet in Ilias 24, welches jedoch strukturell, kompositionell und inhaltlich das Vorbild für dessen Gebet in Posthomerica 1 darstellt (vgl. die Einleitung); vgl. Il. 24,309: δός μ᾿ ἐς ᾿Αχιλλῆος φίλον ἐλθεῖν ἠδ᾿ ἐλεεινόν. »Gib, dass ich als willkommener und mitleiderregender [Gast] zum [Hause] des Achilleus komme!« Die Junktur δ ὸς πεσ έειν allerdings ist entnommen aus Theanos Gebet in Il. 6,305–310, in welchem diese Athene bittet, sie möge Diomedes’ Lanze zerbrechen, »und gib, dass er selber kopfüber vor den Skäischen

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Toren fällt« (Il. 6,306f. ἠδὲ καὶ αὐτόν / πρηνέα δὸς πεσέειν Σκαιῶν προπάροιθε πυλάων) – »doch Pallas Athene nickte es ihr nicht zu« (Il. 6,311 ἀνένευε δὲ Παλλὰς ᾿Αθήνη). Dieses Zitat aus einem erfolglosen Bittgebet nimmt den abschlägigen Bescheid des Zeus an Priamos intertextuell vorweg. (187) ᾿Αρηιάδος βασιλείης Die Codices überliefern hier metrisch unpassend ᾿Αρηίδος; Rhodomanns Korrektur zu ᾿Αρηιάδος ist zweifelsohne richtig; vgl. 1,318 ᾿Αρηιὰς […] κούρη (einhellig überliefert); daneben 1,206 ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν. Weder ᾿Αρηιάς, -άδος noch ᾿Αρηίς, -ίδος finden sich sonstwo; es handelt sich um Motionsfeminina (metri oder variationis causa) zu ᾿Αρήιος, gebildet in Analogie zu Mustern wie ᾿Αχαιός : ᾿Αχαιίς : ᾿Αχαιιάς; ῾Ρόδιος : ῾Ροδιάς; Κρηταῖος : Κρηταιίς; Πύθιος : Πυθιάς; etc. Die Bezeichnung der Penthesileia als βασίλεια ist hier sowohl allgemein in ihrer Eigenschaft als Königin der Amazonen wie auch spezifisch in ihrer militärischen Funktion als weiblicher βασιλεύς (»Oberbefehlshaberin«) zu verstehen. (188) καὶ δή μιν Der Hydruntinus (H) überliefert καὶ δή μιν, der Subarchetypus (Y) κα ὶ δ᾿ ἡμῖν; Letzteres lässt sich leicht als Metanalyse aus Ersterem erklären. Doch die unproblematische Wortfolge καὶ δή μιν hat den Kritikern des 19. Jhs. viel unnötiges Kopfzerbrechen beschert und ihre konjekturale Phantasie beflügelt: τ ὴν δ ᾿ ἡμῖν Köchly (1838) 170; κα ὶ δ᾿ αὖ μιν Hermann (übe rnommen von Köchly [1850; 1853] und Zimmermann [1891]);1612 κα ὶ δ᾿ αὐτήν Köchly (1850) 29 (als konjekturale Variante, nicht im Text); καί ῥ᾿ εὖ μιν Zimmermann (1899). Keiner der Vo rschläge ist sinnvoll oder notwendig – worin soll das Problem auch bestehen? Soll die Partikelkombination καὶ δή in den Posthomerica nicht möglich sein, weil »duae particulae junctae apud Quintum non inveniuntur«?1613 Die Wortfolge κα ὶ δή μιν findet sich je zweimal in der Ilias und in den Argonautica; vgl. Il. 6,52 und 22,457 (jeweils zu Versbeginn); A.R. 1,1120 und 3,400 (jeweils nach der Trithemimeres); vgl. ausserdem vis. Dor. 20 κα ὶ γὰρ δ ή μιν ὄπωπα (die Wortfolge κα ὶ γὰρ δ ή μιν findet sich sonst gemäss TLG nie). Wir sehen also unseren Homerus novus bei der ›Raritätensuche‹ am Werk.

1612 Hermanns Konjektur gemäss Köchly (1850) 29, doch findet sie sich wider Erwarten nicht bei Hermann (1805) bzw. (1840). Vgl. dazu, erfrischend ehrlich, Platt (1901) 105: »The modern vulgate is Hermann’s καὶ δ᾿ αὖ μιν, which seems to me worse than ever.« 1613 So Köchly (1850) 29 zur Juxtaposition von καὶ und δή.

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(188) παλίνορσον Il. 3,33 – A.R. 1,416 und 2,576 – Q.S. 1,188; 1,371; 7,367 – 12x Greg. Naz. – 36x Nonn. (20x Dion.; 16x Par.) – zahlreiche weitere Einzelbelege.

Das homerische hapax bleibt in der hellenistischen und kaiserzeitlichen Epik lebendig, jedoch strikte auf die hexametrische Sprache beschränkt. Etymologisch wird es i.d.R. zu ὄρρος < *ὄρσος »Arsch« gestellt, bedeutet also wörtlich »ärschlings« (LfgrE s.v. παλίνορσος).1614 Der Kontext der iliadischen Vorlage scheint für den hier vorliegenden Zusammenhang nicht unbedeutend: Paris, der sich zum Zweikampf mit Menelaos stellen sollte, zieht sich erschrocken zurück, als er den Gegner durch die Menge der Vorkämpfer kommen sieht, »wie wenn einer eine Schlange sieht und sogleich wieder zurückweicht« (Il. 3,33 ὡς δ᾿ ὅτε τίς τε δράκοντα ἰδὼν παλ ίνορσος ἀπέστη). Das homerische hapax ist also a domo nicht mit der Vorstellung einer ruhmvollen Rückkehr aus gewonnener Schlacht verknüpft – freilich wird sich Penthesileia nicht wie Paris feige zurückziehen, doch ebensowenig wird sie siegreich heimkehren. Ein sprachlich (> gleiche Wortform + gleiche metrische Position) wie inhaltlich noch engeres Vorbild bietet ferner A.R. 1,415f., aus Jasons Gebet an Apollon um gute Fahrt und glückliche Heimkehr (A.R. 1,411–424): αὐτὸς νῦν ἄγε νῆα σὺν ἀρτεμέεσσιν ἑταῖροις / κεῖσέ τε κα ὶ παλίνορσον ἐς ῾Ελλάδα. »Du selbst führe nun das Schiff mit den unversehrten Gefährten dorthin und wieder zurück nach Hellas.« Quintus verwendet das Adjektiv kurze Zeit später noch einmal in der Rede des anonymen Troers (1,358–372), der sich aufgrund von Penthesileias Aristie bereits allzu siegessicher wähnt; vgl. 1,370–372: ἤλυθον ἄσχετον ἄμμιν ἐπ᾿ ῎Αρεϊ πῆμα φέροντες, / ἀλλ᾿ οὐ μὰν παλίνορσοι ἐς ῾Ελλάδα νοστήσαντες / πάτρην ε ὐφρανέουσιν, ἐπεὶ θεὸς ἄμμιν ἀρήγει. »Sie k amen, uns unaufhaltsames Leid im Krieg zu bringen, doch freilich werden sie nicht mehr nach Hause nach Hellas zurückkehren und sich an der Heimat erfreuen, da ja eine Göttin uns beisteht.«1615 Hat Priamos vergeblich darum gebetet, Penthesileia möge wieder nach Hause kommen, und wird ihm die abschlägige Antwort in Form eines Todesomens sogleich zuteil, so wähnt der Troer, den Achaiern möge keine Heimkehr beschieden sein – eine Hoffnung, die sich als ebenso nichtig herausstellen wird (vgl. den Kommentar des Erzählers in 1,374: νήπιος). Steht das Adjektiv παλίν ορσος in der Ilias noch für die unheroische Rückkehr ohne Siegesruhm, so ist es unserem Dichter zur Chiffre für die durch den vorzeitigen Tod verwehrte Rückkehr geworden. 1614 Vgl. auch Frisk II s.v. ὄρρος und s.v. πάλιν; Chantraine (1968) s.v. ὄρρος; skeptisch dagegen Kirk (1985) 270. 1615 Q.S. 1,371 zitiert offensichtlich A.R. 1,416.

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(188) ἐμὸν ποτὶ δῶμα Die Junktur ist entnommen aus Od. 17,75 (Peiraios zu Telemachos): Τηλέμαχ᾿, α ἶψ᾿ ὄτρυνον ἐμὸν ποτ ὶ δῶμα γυνα ῖκας. »Telemachos! Schick sofort die Frauen zu meinem Haus!« Man beachte die identische metrische Position, die analoge Struktur neben einem Imperativ (ὄτρυνον – σάωσον) sowie den ›Frauenkontext‹. Ferner findet sich die Junktur in dem Refrainvers in Theokrits 2. Idyll (Pharmakeutria) (10x), in welchem vom bukolischen ›Ich‹ verschiedene Göttinnen zwecks Liebeszauber angerufen werden: ἶυγξ, ἕλκε τὺ τῆνον ἐμὸν ποτὶ δῶμα τὸν ἄνδρα. »Wendehals, bring diesen Mann zu meinem Haus!« Obschon es sich bei Theokr. 2 um eine Hymnenparodie handelt, ist der Kontext zu Priamos’ Gebet gleichwohl analog. Bei Q.S. finden wir die Junktur ein zweites Mal in 7,179 (Neoptolemos spricht zu Odysseus und Diomedes): ὦ ξε ῖνοι, μ έγα χα ίρετ᾿ ἐμὸν ποτ ὶ δῶμα κιόντες. »Seid gegrüsst und willkommen, Fremde, die ihr zu meinem Hause kommt.« Ausserdem verwendet Quintus ein analoges ἑὸν ποτὶ δῶμα (5,475; 6,144; 7,639). ποτὶ δῶμα / δώματα an und für sich ist ein uniliadischer Ausdruck: 5x Od.; Hes. fr. 199,8; 204,61; 251a,3; A.R. 3,1155 und 4,1118; 10x Q.S.; Triph. 613; Nonn. Par. 4,244 (σὸν ποτὶ δῶμα); u.a. (188) σάωσον Der Imperativ σάωσον ist ein Zitat aus Od. 4,765 aus Penelopes Gebet an Athene (Od. 4,762–766), in welchem sie diese bittet, »ihren lieben Sohn zu bewahren« (φίλον υ ἷα σ άωσον [ebenfalls am Versende]) und vor den Freiern zu beschützen.1616 Man beachte die Inversion der Geschlechterverhältnisse: Dort betet eine Mutter zu einer Göttin für ihren Sohn, hier ein ›Vater‹ zu einem Gott für seine ›Tochter‹. In beiden Fällen droht Todesgefahr – die eine wird abgewendet, die andere nicht. (189) ἁζόμενος τεὸν υἷα πελώριον ὄβριμον ῎Αρην Der Vers ist nach dem Vorbild von Il. 1,21 ἁζόμενοι Διὸς υἱὸν ἑκηβόλον ᾿Απόλλωνα komponiert: identische Initialstellung des Partizips ἁζόμενοι/ -ος; identische metrische Position von υ ἱόν / υἷα (gleichzeitig variatio aufgrund der unterschiedlichen Akkusativform); identische Versendstellung von ᾿Απόλλωνα bzw. ῎Αρην. Der Vorbildvers beschliesst Chryses’ Bitte an die Atriden und Achaier um Freilassung seiner Tochter (Il. 1,17–21) und hat dort einen versteckt drohenden Unterton. Dieser tritt an der vorliegenden Stelle ebenfalls hervor, wenn man die intertextuelle Referenz mitliest. Ein Priester aber mag wohl andere Menschen ermahnen, die Götter zu ehren, und selbige erweisen sich gegenseitig αἰδώς, doch kann es nicht ange1616

Die Form σάωσον sonst homerisch nur ein weiteres Mal (Il. 11,828); bei Q.S. nur hier.

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hen, dass ein Sterblicher dem höchsten aller Götter Ehrerbietung gegenüber einem anderen Gott oder gar gegenüber einem anderen Sterblichen abverlangt. Priamos dagegen begnügt sich nicht mit dieser in der Partizipialkonstruktion noch leidlich versteckten Aufforderung, sondern er bekräftigt sie ein zweites und drittes Mal unmissverständlich mit den prominent zu Versbeginn stehenden Imperativen αἴδεσσαι (1,192) und αἴδεο (1,195).  Vgl. auch die Einleitung zu diesem Abschnitt (zu Inhalt und Struktur des Gebets). (189) πελώριον ὄβριμον ῎Αρην Ares wird in der Ilias einmal πελ ώριος genannt, sonst nirgends; vgl. Il. 7,208–210: σε ύατ᾿ ἔπειθ᾿ οἷός τε πελ ώριος ἔρχεται ῎Αρης, / ὅς τ ᾿ εἶσιν πόλεμόνδε μετ᾿ ἀνέρας, οὕς τε Κρον ίων / θυμοβόρου ἔριδος μένεϊ ξυνέηκε μ άχεσθαι. »Und da stürzte sich [Aias], so wie der gewaltige Ares schreitet, der in die Schlacht unter die Männer geht, die der Kronossohn aneinandergebracht hat, im Ungestüm des herzverzehrenden Streits zu kämpfen.« Vgl. daneben noch Il. 5,594 (im Kontext einer gross ausgebreiteten Allegorie vom Götterkampf [Il. 5,592–595]): ῎Αρης δ ᾿ ἐν παλ άμῃσι πελώριον ἔγχος ἐνώμα. »Ares schwang seine fürchterliche Lanze in den Händen.«1617 ὄβριμος ῎Αρης 6x Il., stets am Versende und im Nominativ;1618 von Quintus einmal tel quel übernommen (11,139), dreimal variiert (hier im Akkusativ; ähnlich 1,343 ὄβριμον […] ῎Αρηα; 1,702 Δι ὸς ὄβριμος υ ἱὸς ῎Αρης). Das vorliegende ὄβριμον ῎Αρην ist metrisch äquivalent zu dem bei Q.S. häufigen ὄβριμον ἄνδρα (7x).1619 Die Bezeichnung des Kriegsgottes als ὄβριμος und insbesondere als πελώριος weckt somit – besonders aufgrund der iliadischen Vorbildtexte – Assoziationen an die Götterkämpfe, auf welche kurz zuvor der Erzähler mit der Erwähnung der Gigantomachie (1,179) bereits angespielt hat. Der drohende Unterton des ganzen Verses wird dadurch noch verstärkt: Ares könnte, so Priamos’ unterschwellige Drohung an Zeus, diesem gefährlich werden – was sich gegen Ende des 1. Buches auch tatsächlich als richtig erweist, als Ares nach dem Tod seiner Tochter zur Erde niederstürmt und Achilleus töten will und von Zeus nur mit Mühe zurückgehalten werden kann (Q.S. 1,675–715).

1617 Der Kontext der Stelle (Il. 5,592–595) hat Quintus kurz zuvor bereits als Vorbild gedient: Il. 5,593 Κυδοιμὸν ἀναιδέα δηιοτῆτος > Q.S. 1,174 ἐπὶ δῆριν ἀναιδέα. 1618 Vgl. auch Panyas. fr. 3,4 PEG I (= 16,4 Matthews) ὀβριμόθυμος ῎Αρης. 1619 Vgl. auch die Kommentare zu (8) ὄβριμον ἄνδρα und zu (178) ὀβριμόθυμοι.

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(190–191) οὕνεκ᾿ ἔοικεν ἐπουρανίῃσι θεῇσιν / ἐκπάγλως Dies ist eine Anspielung auf Penthesileias Schönheit, mit welcher diese bei ihrer Ankunft die Troer in Erstaunen und Verzückung versetzt hat (vgl. 1,53–61) und welche auf auktorialer Ebene mit zwei Gleichnissen (1,37–41 Mondgleichnis; 1,48–53 Vergleich mit Eos) plastisch hervorgehoben wurde. Dass Priamos die Schönheit der Amazonenkönigin an erster Stelle und erst danach die verwandtschaftliche Bindung zu Zeus als Argument für seine Bitte um Schonung nennt, ist bezeichnend für die Wirkung ihres Äusseren, die hiermit einmal mehr betont wird.1620 Da ἐπουράνιος ein in den homerischen Epen wenig gebräuchliches Adjektiv1621 und ausserdem im Normalfall zweiendig ist,1622 liegt auf der fülligen, klangvollen Phrase ἐπουρανίῃσι θεῇσιν, welche mehr als das zweite Hemistich einnimmt und deren Endreim (Homoioteleuton -ῇσι […] -ῇσιν im fünften und sechsten Fuss) die auffallenden Femininendungen zusätzlich hervorhebt, eine besondere sprachliche Emphase, ehe sie im darauffolgenden Vers mit dem in prominenter Initialposition stehenden Adverb ἐκπάγλως mit einem abschliessenden Paukenschlag gekrönt wird. Mit 1,190 ἐπουρανίῃσι θεῇσιν vgl. t extintern 2,429 ἀθανάτῃσιν ἐπουρανίῃσιν: Memnon beleidigt Achilleus kurz vor dem für ihn tödlichen Zweikampf, indem er dessen Mutter Thetis als gegenüber seiner eigenen Mutter Eos inferior bezeichnet; er beschliesst seine Rede (2,412–429) mit folgenden Worten (2,428f.): ἐγὼ δέ μιν οὐκ ἀλεγίζω / οὐδέ μιν ἀθανάτῃ σιν ἐπουρανίῃσιν ἐίσκω. »Ich habe keinen Respekt vor ihr und stelle sie nicht auf eine Stufe mit den unsterblichen [Göttinnen] im Himmel.« Auch hier liegt eine besondere Emphase auf der Formulierung – es handelt sich um den Beschluss der Rede und also um den Gipfelpunkt der Beleidigung und der Frechheit; ferner wird mit den auffallenden Femininendungen nicht bloss Thetis’ Göttlichkeit, sondern inter lineas auch ihre Feminität (im Gegensatz zu der der ›strahlend schönen‹ Eos) in Frage gestellt. So wie Priamos hier die Amazonenkönigin mit Göttinnen vergleicht, so wähnt er auch in seiner Rede an Memnon (2,127–135), dass dieser »in allem ganz ausserordentlich den unverwüstlichen Glückseligen gleiche« (2,131f. καὶ γὰρ δὴ μακάρεσσιν ἀτειρέσι πάντα ἔοικας / ἐκπάγλως). Dieselbe Formulierung sodann ein drittes Mal in 10,185 ἐκπάγλως ζωοῖσιν ἐοικότες, von den auf Philoktets Bandelier dargestellten wilden Tieren.

1620

Ausserdem rhetorisch nicht ungeschickt: Zeus ist ja beileibe kein ›Kostverächter‹. Il. 6,129 und 6,131 θεο ῖσιν ἐπουρανίοισι(ν); 6,527 ἐπουρανίοισι θ εοῖς; Od. 17,484 ἐπουράνιος θεός; nicht bei A.R.; 8x Q.S.; 11x Nonn. Dion.; 11x Nonn. Par. 1622 Üblicherweise dreiendig bei Gregor von Nazianz und bei Nonnos. 1621

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(191) σεῖο θεοῦ γένος ἐστὶ γενέθλης θεοῦ = Apposition zu σε ῖο; γ ένος = Akkusativ des Bezugs; γεν έθλης = partitiver Genitiv; also ~ »Sie ist dem Geschlecht nach von deiner Abstammung, Gott.« (192) αἴδεσσαι Mit dem prominent an den Versanfang gesetzten Imperativ αἴδεσσαι folgt nun Priamos’ zweite seiner gesamthaft drei pisteis: Zeus solle nicht nur vor Ares und Penthesileia, sondern auch vor ihm selbst Respekt (αἰδώς) zeigen, da ihm im Krieg so viele Leiden widerfahren seien. Die Form des medialen Imperativ Aorist ist homerisch nur einmal belegt; vgl. Il. 9,640 α ἴδεσσαι δὲ μέλαθρον (Aias zu Achilleus); ausserdem h. Cer. 64 ᾿Ηέλι, α ἴδεσσαί με (Demeter zu Helios). Sie wurde offenbar als Kuriosum empfunden; vgl. Hesych s.v. αἴδεσσαι· αἰδέσθητι. Bei Q.S. nur hier. Mit αἴδεο in Vers 195 wird sodann die dritte pistis eingeleitet: Zeus solle auch vor Priamos’ vor dem Aussterben bedrohter Sippe Respekt zeigen. Die durch die beiden jeweils zu Versbeginn stehenden Imperative klar hervortretende Struktur der Argumentation wird mittels variatio auf formaler Ebene (αἴδεσσαι – αἴδεο) aufgelockert. Die Form des mediopassiven Imperativ Präsens erscheint homerisch viermal, stets in der Versschlussformel αἴδεο κα ί μ᾿ ἐλέησον; vgl. Il. 21,74 γουνο ῦμαι σ ᾿, ᾿Αχιλεῦ· σὺ δέ μ᾿ αἴδεο καί μ᾿ ἐλέησον (Lykaon zu Achilleus) ~ Od. 22,312 = 22,344 γουνοῦμαι σ᾿, ᾿Οδυσεῦ, σὺ δέ μ᾿ αἴδεο καί μ᾿ ἐλέησον (Leiodes bzw. Phemios zu Odysseus); Il. 22,82 ῞Εκτορ, τέκνον ἐμόν, τάδε τ᾿ αἴδεο καί μ᾿ ἐλέησον (Hekabe zu Hektor). Da unkontrahiert, bleibt die Form auch nachhomerisch auf das Epos beschränkt (z.B. 4x Greg. Naz.; 6x Nonn. Dion.; bei Q.S. nur hier). Es fällt auf und ist bestimmt kein Zufall, dass die genannten homerischen Verwendungen von αἴδεσσαι und αἴδεο stets von Menschen an Menschen gerichtet sind (mit Ausnahme von h. Cer. 64: von einer Göttin an einen Gott). Menschen bzw. Götter können ihresgleichen um αἰδώς bitten, doch Priamos’ Aufforderung an Zeus ist ungebührlich – sie ist ἀναιδής.  Vgl. auch die Einleitung zu diesem Abschnitt (zu Inhalt und Struktur des Gebets). (192) ἐμὸν ἦτορ Eine periphrastische Umschreibung für ἐμέ;1623 vgl. Q.S. 4,109 (von Diomedes): ὣς φάτο Τυδείδαο δαΐφρονος ὄβριμον ἦτορ. »So sprach der gewaltige Sohn des Tydeus, der kriegskluge.«; 6,422f. (Eurypylos zum sterbenden Machaon): ἀλλ᾿ οὐ μὰν ο ὐδ᾿ αὐτὸς ἀπ᾿ ἠερόεντος ᾿Ολύμπου / 1623

Vgl. VB s.v. ἦτορ (5).

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σεῖο πατὴρ τεὸν ἦτορ ἔτ᾿ ἐκ θανάτοιο σαώσει. »Doch nicht einmal dein Vater persönlich wird dein Leben jetzt noch vom dunstumwölkten Olymp aus vor dem Tod retten können.«; 8,443: ἦ ῥα μέγα στενάχων Γανυμήδεος ἀγλαὸν ἦτορ. »Ja, so sprach der prächtige Ganymed stöhnend.« (192–193) ἐπεὶ κακὰ πολλὰ τέτληκα / παίδων ὀλλυμένων Mit dem Verweis auf die sprichwörtlichen Πριαμικα ὶ τύχαι legt Quintus dem Priamos einen iliadischen Topos in den Mund, den er zuvor schon bemüht hat im Zusammenhang mit Priamos’ aufkeimender Freude über Penthesileias Ankunft (vgl. 1,84f. τὸ δὲ πλέον εἰσέτι παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων). Sprachlich greift der Genitiv πα ίδων ὀλλυμένων (abhängig von κακ ὰ πολλ ὰ τέτληκα) zurück auf πα ίδων / […] ἀποκταμένων (abhängig von ἄχνυτ᾿).  Zu den Πριαμικα ὶ τύχαι vgl. den Kommentar zu (84–85) παίδων / ἄχνυτ᾿ ἀποκταμένων. (192) ἐπεὶ κακὰ πολλὰ τέτληκα Homerische Versschlussformel »(ἐπεὶ) κακ ὰ πολλ ὰ ˘ | — « als Grundlage; vgl. Il. 3,99 ἐπεὶ κ. π. π έποσθε ~ Od. 13,131 κ. π. παθ όντα ~ Od. 17,284 ἐπεὶ κ. π. πέπονθα ~ Od. 23,53 ἐπεὶ κ. π. πέποσθε; Od. 5,340 κακὰ πολλὰ φυτεύει; καὶ δὴ κακὰ πολλὰ ἔοργε (Il. 5,175; 8,356; 16,424); κακὰ πολλὰ μογήσας (Od. 6,175; 21,207; 23,101). Quintus variiert die Formel hier (in Anlehnung an das sprachlich engste Vorbild Od. 17,284 ἐπεὶ κ. π. πέπονθα) sowie in 9,495 κακὰ πολλὰ βαλέσθαι.  τέτληκα: Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (194) κατὰ στόμα δηιοτῆτος στόμα hat seit klassischer Zeit die Sonderbedeutung »Front / Spitze [des Heeres]«, die sich leicht aus dem erweiterten, verallgemeinerten Gebrauch von στ όμα für jegliche Art von »Öffnung« oder »Vorderseite« erklären lässt;1624 vgl. z.B. Plut. Caes. 53,2: το ὺς μ ὲν ἐκυκλοῦτο, το ῖς δ ὲ προσ έβαλλε κατὰ στόμα. »Die einen umzingelte [Caesar] im Kreis, die anderen attackierte er frontal.«1625 Der Ausdruck κατὰ στόμα kann sodann in einem verallgemeinerten Sinne auch »an der / gegen die Spitze, (nach) vorn« oder »von Angesicht zu Angesicht« bedeuten und dringt so auch in die poetische Sprache ein; vgl. z.B. [Eur.] Rhes. 510f. (Rhesos spricht): ο ὐδεὶς ἀνὴρ εὔψυχος ἀξιοῖ λάθρᾳ / κτεῖναι τὸν ἐχθρόν, ἀλλ᾿ ἰὼν κατὰ στόμα. »Kein

1624 Vgl. LSJ s.v. στόμα III. 1. b.: »the front ranks of the battle, the front«; VB s.v. στόμα (2): »front d’une bataille«. 1625 Häufig z.B. auch in Xenophons Anabasis.

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beherzter Mann hält es für würdevoll, den Feind meuchlings zu töten, sondern er tritt ihm vors Angesicht.«1626 In den homerischen Epen findet sich στ όμα i.S.v. »Heeresfront« zwar noch nicht, doch ist an drei Stellen vom »στόμα des Krieges / der Schlacht« die Rede. Zur Einleitung der Dolonie wird Agamemnons inneres Zittern und Stöhnen mit den von Zeus gesandten Naturgewalten verglichen – Blitz, Hagel, Regen, »oder Schneegestöber, wenn der Schnee die Fluren bestreut hat, oder etwa das grosse στ όμα des scharf durchdringenden Krieges«: ἢ νιφετόν, ὅτε π έρ τε χι ὼν ἐπάλυνεν ἀρούρας, / ἠέ ποθι πτολ έμοιο μ έγα στόμα πευκεδανοῖο (Il. 10,7f.). Sodann Il. 19,312f. (Achilleus ist in Trauer um Patroklos und drängt in die Schlacht): ο ὐδέ τι θυμ ῷ / τ έρπετο, πρ ὶν πολέμου στ όμα δ ύμεναι α ἱματόεντος. »Und er erwärmte sich nicht in seinem Herzen, ehe er ins στ όμα des blutigen Krieges getaucht war.« Schliesslich Il. 20,358f. (Achilleus fordert die Achaier auf zu kämpfen, da er allein nicht gegen die Übermacht der Troer ankommt): ὀυδέ κ᾿ ῎Αρης, ὅς περ θε ὸς ἄμβροτος, ο ὐδέ κ᾿ ᾿Αθήνη / τοσσ ῆσδ᾿ ὑσμίνης ἐφέποι στ όμα καὶ πον έοιτο. »Weder Ares, obwohl der doch ein unsterblicher Gott ist, noch Athene würden wohl gegen das στόμα einer solchen Schlacht andringen und sich abmühen.« Sinn und Deutung von στόμα an diesen drei Stellen hat den Kommentatoren viel Kopfzerbrechen bereitet, da »Heeresfront« kaum passen will – i.d.R. wird von einer (mehr oder minder kühnen) Metapher vom »Schlund des Krieges« in Analogie zum Schlund eines Raubtieres o.ä. ausgegangen.1627 Ob wir die Metapher als ›tot‹ bzw. als blosse Periphrase für π(τ)όλεμος bzw. ὑσμίνη verstehen wollen, sei dahingestellt.1628 Quintus nun nimmt auf στ όμα sowohl in der genannten nachhomerischen Sonderbedeutung als militärischer t.t. wie auch in der (für ihn vermutlich genauso wie für uns leicht obskuren) homerischen Metapher vom ›στόμα des Krieges / der Schlacht‹ Bezug, indem er an drei Stellen im ersten Buch das Wort so verwendet, dass eine Auffassung sowohl als »Heeresfront« wie auch als (Tier-?)Metapher oder aber als reine Periphrase mög1626

Man beachte jedoch, dass κατὰ στόμα in dem zitierten Beispiel zwar verallgemeinert, aber gleichwohl in einem kriegerischen Kontext gebraucht ist. Vgl. ferner [Eur.] Rhes. 409f.; 491; Eur. Heraclid. 800f. – Bei Nonnos dann auch i.S.v. »Schlachtflügel«, Dion. 30,11 δεξιτερὸν στόμα. 1627 Vgl. LSJ s.v. στόμα [I. 1.]: »the very jaws of the battle, as of a devouring monster«; Leaf I, 426f.; Leaf II, 374; Edwards (1991) 271; Hainsworth (1993) 157. So auch schon die Erklärungen der antiken Scholiasten; vgl. Schol. vet. (b)T Il. 10,8 (66–68): σ τ ό μ α : φθαρτικ ὸν γ ὰρ τ ῶν δι ᾿ αὐτοῦ φερομένων σιτίων· καὶ τοῦ πολέμου τὸ στόμα φθαρτικὸν τῶν σωμάτων; Schol. vet. bT Il. 19,313b (6): π ο λ έ μ ο υ σ τ ό μ α : τὸ τομώτατον καὶ ἀναλωτικώτατον. 1628 So Leaf I, 427: »The origin of the metaphor is perhaps a comparison of the two lines of battle to the jaw of a wild beast, crushing what comes in between them. But the feeling of this origin has evidently died out and left a mere phrase.«; Leaf II, 374: »We can hardly go further than to regard ὑσμίνης στόμα as a periphrasis for ὑσμίνη.« Mit Letzterem folgt Leaf einer antiken Scholiastenerklärung; vgl. Schol. vet. Aa Il. 19,313a: < πολ έ μ ο υ σ τ ό μ α : > περιφραστικῶς.

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lich ist. So können wir die vorliegende Stelle übersetzen: »die die Keren mir rings entrissen haben mit den Händen der Argeier an der Front des Gefechts« – oder: »im Schlund des Gefechts« – oder: »im Gefecht«. Desgleichen 1,486f.: μινυνθ άδιοι δ ὲ πέλοντο / π άντες ὅσους ἐκίχανεν ἀνὰ κρυερὸν στ όμα χ άρμης. »Nur noch kurze Zeit zu leben hatten alle, die [Penthesileia] traf an der grausigen Front der Schlacht.« – Varianten dito; 1,811–813: ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθε δόσαν πυρὶ πολλὰ κάρηνα / ἡρώων οἳ δή σφιν ὁμοῦ κτάθεν ἠδ᾿ ἐδάμησαν / Τρώων ἐν παλάμῃσιν ἀνὰ στόμα δηιοτῆτος. »Fernab aber gaben [auch] die Argeier dem Feuer viele Heroenhäupter hin, welche gleich wie diese getötet und bezwungen worden waren von den Händen der Troer an der Front des Gefechts.« – Varianten dito.1629 Erst an einer vierten Stelle im 11. Buch ist die nachhomerische Bedeutung »Heeresfront« unzweideutig; vgl. 11,298f.: Τρ ῶες δ ᾿ οὐκέτ᾿ ἔμιμνον ἀνὰ στόμα δηιοτ ῆτος, / ἀλλ᾿ ὀπίσω χ άζοντο τεθηπ ότα θυμ ὸν ἔχοντες. »Die Troer blieben nicht länger an der Front des Gefechts, sondern sie wichen vor lauter Schrecken nach hinten zurück.« (195) αἴδεο  Vgl. den Kommentar zu (192) αἴδεσσαι. (195–196) ἀφ᾿ αἵματός εἰμεν ἀγαυοῦ / Δαρδάνου ἀφ᾿ αἵματος ist eine im frühen Epos ungebräuchliche, bei den attischen Tragikern zum ersten Mal belegte Wendung (Aischyl. Eum. 359 [Text unsicher]; Soph. O.K. 245; 5x Eur.) und kommt bei und seit Apollonios auch im Epos in Gebrauch, häufig (wie hier) nach der dritten trochäischen Zäsur (z.B. 3x A.R. [s.u.]; 7x Greg. Naz.; 5x Heph. Theb.; 4x Q.S. [s.u.]; u.a.). Die ganze Phrase ἀφ᾿ αἵματός εἰμεν ἀγαυοῦ finden wir ein zweites Mal in Buch 10; vgl. Q.S. 10,40f. (Aineias spricht): καί ῥά ποθι Ζε ύς / χραισμήσει· κείνου γὰρ ἀφ᾿ αἵματός εἰμεν ἀγαυοῦ. »Und Zeus wird uns wohl beistehen, denn wir stammen von seinem erlauchten Blute.« Das Adjektiv bezieht sich dort syntaktisch auf α ἵματος, a sensu jedoch auf Zeus – entsprechend ist ἀγαυοῦ in 1,195 nicht nur sinngemäss, sondern auch syntaktisch ἀπὸ κοινοῦ auf αἵματος wie auch auf Δαρδάνου zu beziehen. Anzufügen ist, dass weder αἷμα und ἀγαυός sonstwo im Griechischen in Wortverbindungen auftreten noch Dardanos sonst je als ἀγαυός bezeichnet wird, was der ganzen Formulierung Emphase und einen Hauch ›unverbrauchter Frische‹ verleiht. Seit Apollonios wird die Wendung ἀφ᾿ αἵματος gerne im Kontext von Abstammung, Geburt und Metamorphose verwendet – so einerseits vom 1629 Man beachte, dass Q.S. 1,194 ᾿Αργείων παλ άμῃσι κατ ὰ στ όμα δηιοτ ῆτος und 1,813 Τρώων ἐν παλάμῃσιν ἀνὰ στόμα δηιοτῆτος fast identisch sind. Es ist typisch für Quintus, dass er die Präposition variiert (Selbstvariation). στόμα und δηιότης verbinden sich sonst nie.

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›guten Blut‹, dessen man sich rühmt, aber auch konkret vom (vergossenen) Blut, aus dem – im Sinne einer Metamorphose – neues Leben entsteht. Für Ersteres vgl. z.B. A.R. 1,229–232: το ὺς μ ὲν ἀριστῆας Μιν ύας περιναιε τάοντες / κίκλησκον μάλα πάντας, ἐπεὶ Μινύαο θυγατρῶν / οἱ πλεῖστοι καὶ ἄριστοι ἀφ᾿ αἵματος εὐχετόωντο / ἔμμεναι. »Die Besten aber nannten die Umwohner allesamt Minyer, da die meisten und besten [von diesen] sich rühmten, vom Blute der Töchter des Minyas abzustammen.«1630 Für das Zweitgenannte vgl. z.B. Mosch. Eur. 58f.: τοῖο δὲ φοινήεντος ἀφ᾿ αἵματος ἐξανέτελλεν / ὄρνις ἀγαλλόμενος πτερύγων πολυανθέι χροιῇ. »Und aus dessen [= Argos]1631 purpurrotem Blute erhob sich ein Vogel, in der reichblühenden Farbe seiner Flügel prangend.«1632 Quintus verwendet die Wendung gesamthaft viermal und stets in erstgenanntem Sinne: hier und in der oben zitierten Passage aus Buch 10 sowie zwei weitere Male im 1. Buch; vgl. 1,362: Priamos ist ὅς ῥά οἱ εὔχεται ε ἶναι ἀφ᾿ αἵματος ἀθανάτοιο »der sich rühmt, von unsterblichem Blute [nämlich von dem des Zeus] abzustammen« (dies sind, nota bene, Worte im Munde eines Troers); 1,768–770: Diomedes gerät in Zorn über Thersites’ Tötung, ο ὕνεκ᾿ ἄρ᾿ αὐτοῦ / εὔχετ᾿ ἀφ᾿ αἵματος εἶναι, ἐπεὶ πέλεν ὃς μὲν ἀγαυοῦ / Τυδέος ὄβριμος υἱός »da er sich rühmte, von dessen Blute zu sein, da dieser der gewaltige Sohn des erlauchten Tydeus war«.  Zu Dardanos und zum Stammbaum der Dardaniden vgl. den Kommentar zu (83) υἱὸς Λαομέδοντος. (196) ἀδάικτος Dieses Adjektiv finden wir ausschliesslich bei Q.S., hier sowie in 11,165 (Aineias und Eurymachos richten mit Ares’ Hilfe ein Blutbad unter den Achaiern an): φε ῦγον, ὅσοις ἀδάικτον ἔτι σθ ένος ἐν ποσ ὶ κε ῖτο. »Sie flohen – [die,] denen die Kraft noch unzerstört in den Füssen lag.« Das Hinterglied -δάικτος ist als Verbaladjektiv zu dem geläufigen epischen Verb δα ΐζειν (»zerreissen; zerstören; töten«) aufzufassen; vgl. LSJ s.v. ἀδάϊκτος: »undestroyed«; VB s.v. ἀδάικτος: »non endommagé, intact«.

1630

Vgl. auch A.R. 2,357–359 (von den Paphlagoniern, die von Pelops abstammen); 3,919– 923 (von den Heroen, die von Zeus abstammen). 1631 Die Verse 55–57 schildern, wie der getötete Argos neben Hermes hingestreckt daliegt. 1632 Vgl. Campbell (1991) 68 zur Wendung ἀφ᾿ αἵματος in Mosch. Eur. 58: »No doubt a recurrent element in contemporary or near-contemporary poetic accounts of metamorphoses […]« – Das Motiv der Geburt aus vergossenem Blut, der Metamorphose von (gewaltsam) beendetem zu neuem Leben, begegnet schon in der archaischen Dichtung; vgl. Hes. Th. 182–187: Aus dem Blut von Kronos’ Genitalien, die Zeus diesem abgeschnitten hat, gebiert Gaia die Erinnyen, die Giganten und die Nymphen. Zu denken ist ferner an den verbreiteten Mythos von der Entstehung der Schlangen in der libyschen Wüste aus dem Haupte Medusas; vgl. Lucan, Pharsalia 9,700–703; A.R. 4,1513–1517. Für weitere Stellen vgl. West (1966) 220 (zu Hes. Th. 183).

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Falsch, aber aufschlussreich (s.u.) ist die Glosse von Hesych s.v. ἀδάικτον· καθαρόν. Homerisch sind weder ein Simplex δαϊκτός noch etwaige Komposita auf -δάικτος belegt. Für die nachhomerische Zeit dagegen zeigt sich folgender Befund: Das Simplex δαϊκτ ός ist ein dis legomenon; vgl. Anakreont. fr. 42,10 West φθ όνον ο ὐκ ο ἶδα δαϊκτ όν und Orph. Arg. 976 ὀλοὸν τ έρας οὔτι δαϊκτόν. An Komposita sind belegt (in alphabetischer Reihenfolge; in Klammern jeweils der Erstbeleg): ἀνδρο-δ. (Aischyl. Choeph. 860; Aristoph. Ran. 1264 = Aischyl. fr. 132,1 TrGF [vgl. Anm. 1636]); ἀρτι-δ. (12x Nonn. Dion. [nur da]); α ὐτο-δ. (Aischyl. Sept. 735); ἡμι-δ. (Opp. hal. 2,287 und 5,669); λουτρο -δ. (Aischyl. Choeph. 1071 [absolutes hapax]); μηλο-δαΐκτᾱς (Bakchyl. 9,6 [absolutes hapax]); ξενο-δ./-δαΐκτᾱς (fr. 720h TrGF [adesp.]; Pind. fr. 140a,56 [dis legomenon]); πυργο-δ. (Aischyl. Pers. 105 [absolutes hapax]); χειρο-δ. (Soph. Aias 219 [absolutes hapax]); ψυχοδαΐκτης (Anth. Gr. 9,524,24 [absolutes hapax]); ὠμο-δ. (Hesych s.v. ὠμοδάικτον· ὠμοσπάρακτον [absolutes hapax]).1633 Wir stellen fest: Von den gesamthaft zwölf -δάικτος-Komposita sind • sechs hapax (λουτρο-, μηλο -, πυργο-, χειρο-, ψυχο -, ὠμο-δ.), zwei dis legomena (ἀ-, ξενο-δ.); • fünf in der attischen Tragödie zum ersten Mal (oder ausschliesslich) belegt: vier bei Aischylos (ἀνδρο-, αὐτο-, λουτρο-, πυργο-δ.), eines bei Sophokles (χειρο-δ.); ausserdem zwei weitere in der spätarchaischfrühklassischen Dichtung (Pindar: ξενο-, Bakchylides: μηλο-δ.); • drei Neubildungen der kaiserzeitlichen Epik (Oppian d.Ä.: ἡμι-δ.,1634 Quintus: ἀ-δ., Nonnos: ἀρτι-δ.); ausserdem finden wir das aischyleische αὐτο-δ. auch mehrfach in der kaiserzeitlichen Epik.1635 Folgender Schluss drängt sich auf: Komposita auf -δάικτος sind ursprünglich ein Spezifikum der tragischen, v.a. der aischyleischen Sprache, möglicherweise eine Prägung dieses Dichters, und somit von hochartifiziellpoetischem Charakter.1636 Sie gelten wohl schon in klassischer Zeit und erst 1633 ὠμοσπάρακτος seinerseits ist ebenfalls ein hapax (Aristoph. Equ. 345; »torn in pieces« LSJ s.v.). Wir wissen nicht, aus was für einem Werk oder Autor Hesych zitiert, wenn er ὠμοδάικτος dergestalt glossiert; die Tatsache jedoch, dass er ὠμοδάικτος mit jenem aristophaneischen hapax, also ebenfalls mit einem lexikographischen Kuriosum, glossiert, zeigt, dass er ὠμοδάικτος offenbar als absonderliche Spezialität empfand. Dazu passt hinwiederum auch die von ihm vorgenommene unpassende Glossierung ἀδάικτον· καθαρόν (s.o.). 1634 Gesamthaft vier Belege für ἡμιδάικτος: Opp. hal. 2,287 und 5,669; Opp. cyn. 2,281; Greg. Naz. carm. de se ipso p. 1279,3. Vgl. dazu ausführlich James (1970) 108–110. 1635 Opp. hal. 2,349; Greg. Naz. carm. dogm. p. 420,1 und carm. de se ipso 1393,11; Nonn. Dion. 17,274; 23,72; 40,119; 48,743. 1636 Dies zeigt sich auf erheiternde Art bei ἀνδροδάικτος in Aristoph. Ran. 1264 = Aischyl. fr. 132,1 TrGF. Es handelt sich um den ersten Vers in der dem Euripides in den Mund gelegten Veräppelung der aischyleischen Chorlyrik (Ran. 1264–1277), eines Zusammenschnitts aus insgesamt fünf Choralstrophen aus verschiedenen aischyleischen Tragödien. Dass im ersten Vers dieser

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recht danach als Rarität und werden später z.T. nicht mehr oder falsch verstanden, wie Hesych zeigt (s. Anm. 1633). Bei ihrer Suche nach lexikographischen Kuriositäten begnügen sich die Epiker der Zweiten Sophistik nicht damit, die bestehenden Lexeme wiederzuverwenden, sondern sie kreieren eigene Neologismen nach dem vorgegebenen Muster. Quintus schreibt sich mit seinem ἀδάικτος in diese Praxis ein. Zu beachten ist, dass sämtliche der belegten Komposita mit Ausnahme von ἀδάικτος ein zweisilbiges Vorderglied aufweisen und daktylisch sind; Quintus scheint also mit seiner Wortneuschöpfung die bestehende Praxis nicht bloss aufgreifen, sondern seinerseits auch variieren zu wollen. (197) ἐκ φόνου ἀργαλέοιο Die Kollokation des Adjektivs ἀργαλέος mit dem Nominalstamm φον- ist vor Quintus nur einmal belegt, Il. 10,521 ἐν ἀργαλέῃσι φονῇσιν. Quintus hat daran seine Freude; vgl. 1,307f. φόνον καὶ κῆρ᾿ ἐτίθεντο / ἀργαλέον; 3,347f. ὡς ᾿Αχιλῆος / ἐκ φ όνου ἀργαλέοιο ν έκυν Δαναο ῖσι σα ώσω;1637 6,351 ~ 10,186 μετ ᾿ ἀργαλέοιο Φ όνοιο (personifiziert). Vgl. ausserdem 7,152 φ όνοιο κα ὶ ἀργαλέης ὑσμίνης (Bezug des Adjektivs ἀπὸ κοινοῦ naheliegend); 8,126 ἀργαλέως ὀλέεσθαι ὑπ᾿ ἀνδροφόνοιο Κ ύκλωπος; 8,142f. φόνον στονόεντ᾿ ἐφέηκα / ἀργαλέως. φόνος und φονα ί sind ursprünglich keine Synonyme – φονα ί bedeutet nicht »Mord«, sondern »Blut(vergiessen)« oder auch »tote Körper«;1638 vgl. die fragliche Stelle Il. 10,520–522: ὡς ἴδεν χ ῶρον ἐρῆμον, ὅθ᾿ ἕστασαν ὠκέες ἵπποι, / ἄνδρας τ᾿ ἀσπαίροντας ἐν ἀργαλέῃσι φονῇσιν, / ᾤμωξεν. »Als [Hippokoon] den Platz leer sah, wo die schnellen Pferde gestanden hatten, und die Männer, wie sie noch zuckten in dem schrecklichen Mordblut, klagte er.« Auch wenn uns keine direkten diesbezüglichen Zeugnisse erhalten sind, so ist es durchaus denkbar, dass die Frage nach dem (Bedeutungs-)Unterschied zwischen φ όνος und φονα ί ein Thema in der antiken Homerphilologie darstellte, worauf Quintus mit seiner variierenden Kollokation anspielen könnte. Dass ein solcher Diskurs zumindest ›in der Luft lag‹, lässt sich etwa daran ersehen, dass Il. 10,521 von Grammatikern als Beispiel zitiert wird für das Nebeneinander von paroxytonierten o-Stämmen und oxytonierten a-Stämmen wie πόθος : ποθή, νόμος : νομή, ὦνος : ὠνή,

Passage gerade ein -δάικτος-Kompositum erscheint, lässt erkennen, als in welch hohem Masse typisch für Aischylos’ Sprache man ein solches empfand. 1637 Man beachte die enge Analogie zwischen 1,196f. und 3,347f.: 2x ἐκ φόνου ἀργαλέοιο zu Versbeginn + gleiche syntaktische Struktur (Finalsatz mit Prädikat am Versende). 1638 Vgl. Bayfield (1901) 251 (nach Diskussion sämtlicher Belegstellen): »An examination of the examples shows that φοναί is not […] a synonym of φόνος ; for it never denotes the ‘act of killing,’ but always (1) ‘blood’ (shed), or (2) ‘bloody corpses or carcases,’ ‘carnage.’«

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τῖμος : τιμή oder eben φόνος : φονή.1639 Daneben scheint das Bewusstsein für einen Unterschied zwischen φ όνος und φον ή nicht selbstverständlich gewesen zu sein, was wir etwa aus der Tatsache ersehen können, dass Il. 10,521 in den Papyri magici mehrfach falsch zitiert wird (ἐν ἀργαλέοισι φόνοισι);1640 vgl. auch die Gleichsetzung in Suda s.v. 569 φονή· ὁ φόνος. (197) ἐκ φόνου […] καὶ ῎Αρεος ἀμπνεύσωμεν ἀναπνεῖν mit Genitiv i.S.v. »aufatmen von […]«1641 begegnet bereits dreimal iliadisch in einer flexiblen Versschlussformel: Il. 11,382 ἀνέπνευσαν κακότητος; 15,235 ἀναπνεύσωσι πόνοιο; 19,227 ἀναπνεύσειε πόνοιο.1642 Quintus greift diese Formel auf und variiert sie in mehrfacher Hinsicht: • Er verknüpft das Verb mit anderen Begriffen aus dem Wortfeld ›Krieg und Mühsal‹: κ άματος (4x); π όλεμος (3x); ὀιζύς (2x); κυδοιμ ός, φόνος,1643 ῎Αρης, αἷμα, ὑσμίνη, κακότης1644 (je 1x, z.T. kombiniert). • Er konstruiert ἀναπνεῖν mit Genitiv nach dem homerischen Vorbild 10x, danebst jedoch auch 3x mit ἐκ + Genitiv (1,197; 4,23f.; 9,470).1645 • Er hält in einer Mehrzahl der Fälle (8x) an der iliadischen Versschlussformel als solcher fest (d.h. Muster ›Verb + Substantiv im zweiten Hemistich‹),1646 an ein paar Stellen (5x) bricht er sie jedoch auch auf.1647

1639 Vgl. Heracl. Mil. fr. 6,13 Cohn; Eren. de div. verb. sig. 161,1006f. Palmieri; Ammon. Diff. 436,25f. Nickau. 1640 PMag. 4,473; 4,823; 4,2142 Preisendanz. 1641 Vgl. LfgrE s.v. πν έω, πνε ίω II 1aα: »recover, rest, have respite from exhausting activity (fighting, running, fasting)«; LSJ s.v. ἀναπνέω [I. 1.]: »enjoy a respite, recover from«; VB s.v. ἀναπνείω, ἀμπνείω, ἀμπνέω (2): »souffler, reprendre haleine«. – Dieser Genitiv ist zu unterscheiden vom Genitiv nach verba sentiendi mit der Bedeutung »nach etwas riechen« (vgl. dazu Kühner / Gerth I, 356). 1642 Vgl. auch ἀνάπνευσις πολ έμοιο »das Verschnaufen vom Kriege«, Il. 11,801 = 16,43 = 18,201 (Iteratverse); variiert auch 2x bei Q.S.: 4,41 ἀνάπνευσις πολ έμου κα ὶ ἀεικέος ο ἴτου; 11,438 ἄμπνευσις πολέμοιο. – Auch nachiliadisch und ausserhalb des Epos, z.B. Soph. Aias 274 ἔληξε κἀνέπνευσε τῆς νόσου. 1643 Vgl. ferner Q.S. 6,118 λωφῆσαί τε φ όνοιο καὶ ἀμπνεῦσαι καμάτοιο »sich vom Morden zu erholen und von der Ermattung zu verschnaufen«. 1644 Es handelt sich hierbei um das einzige Bezugswort nach homerischem Vorbild, Q.S. 9,470 ἄμπνυεν ἐκ κακότητος < Il. 11,382 ἀνέπνευσαν κακότητος. 1645 Diese Konstruktion ist unhomerisch, jedoch nicht auf Q.S. beschränkt; vgl. z.B. Hdt. 8,12,2 ἀναπνεῦσαι […] ἔκ τε τῆς ναυηγίης καὶ τοῦ χειμῶνος. 1646 Q.S. 4,373 ἀνέπνευσαν καμάτοιο; 6,118 ἀμπνεῦσαι καμάτοιο; 6,594 ἀνέπνευσαν πολέμοιο; 7,463 ἀναπνεύσειν καμάτοιο; 8,369 ἀνέπνευσαν πολέμοιο; 9,470 ἄμπνυεν ἐκ κακότητος; 11,225 ἀνέπνευσαν […] κυδοιμοῦ; 11,270 ἀναπνεῦσαι πολέμοιο. 1647 Q.S. 1,197 ἐκ φ όνου ἀργαλέοιο κα ὶ ῎Αρεος ἀμπνεύσωμεν; 1,412 ἀναπνείοντες ὀιζύος (im Versinnern); 4,23f. ἀμπνεύσειν […] / α ἵματος ἐξ ὀλοοῖο κα ὶ ἀνδροφόνου ὑσμίνης; 4,64 ἀναπνείουσι […] καμάτοιο (im Versinnern); 5,511 ὀιζύος ἀμπνεύσωσιν (am Versende).

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(198) ἦ ῥα μέγ᾿ εὐχόμενος· τῷ δ᾿ δ᾿ αἰετὸς ὀξὺ κεκληγώς Das erste Hemistich des Verses ist eine Abwandlung eines homerischen Formelverses, der das Ende eines Gebets anzeigt und die Zustimmung der angerufenen Gottheit zum Ausdruck bringt: ὡς ἔφατ᾿ εὐχόμενος, το ῦ δ᾿ ἔκλυε [+ Göttername] »so sprach er betend, ihn aber erhörte […]« – von Zeus: […] ἔκλυε μητ ίετα Ζε ύς (Il. 16,249; 24,314; Od. 20,102);1648 von Apollon: […] ἔκλυε Φοῖβος ᾿Απόλλων (Il. 1,43; 1,457; 16,527); von Athene: […] ἔκλυε Παλλὰς ᾿Αθήνη (Il. 5,121; 23,771; Od. 3,385; 6,328); von Poseidon: […] ἔκλυε κυανοχαίτης (Od. 9,536). Nur an einer Stelle in den homerischen Epen wird der Formelvers in angepasster Form für einen abschlägigen Bescheid verwendet; vgl. Il. 6,311: ὣς ἔφατ᾿ ἐυχομένη, ἀνένευε δὲ Παλλ ὰς ᾿Αθήνη. »So sprach [Theano] betend, doch Pallas Athene schüttelte den Kopf.« Dies ist der Abschlussvers aus Theanos Gebet (Il. 6,305–310), in welchem diese Athene bittet, sie möge Diomedes’ Lanze zerbrechen, und aus dem Quintus bereits die Junktur δὸς πεσέειν zitiert hat (Q.S. 1,187 < Il. 6,307).1649 Eine Adaption des ganzen Formelverses finden wir sodann in Q.S. 9,23: ἦ ῥα μέγ᾿ εὐχόμενος· τοῦ δ᾿ ἔκλυεν οὐρανόθι Ζεύς. »So also sprach [Antenor], mit Inbrunst betend; ihn aber erhörte Zeus im Himmel oben.«1650 (198–200) τῷ δ᾿ αἰετὸς […] ἀριστερός1651 Unter den diversen Praktiken der antiken Zeichendeutung nimmt die Ornithomantie eine prädominante Stellung ein, da Vögel als Vermittler zwischen Himmel und Erde, zwischen Göttern und Menschen angesehen wurden.1652 In dieser Vorstellung können wir ebenso eine anthropologische Grundkonstante sehen wie in der Gleichsetzung von dexter = bonus und sinister = malus.1653 Stockinger (1959) unterscheidet in seiner Untersuchung der Vorzeichen im homerischen Epos und ihrer Typik und Bedeutung drei »Situationen«: eine »auslösende« (> Vorzeichen treten ein, da Menschen sie in Gebeten und / oder Opferritualen von den Göttern erfragen), eine »entfernte« (> Vorzeichen ereignen sich im Moment entscheidender Übergänge wie Abschied, Abfahrt oder Kampfbeginn) und eine »epische« Situa1648

Sowie einmal in abgewandelter Form, Il. 15,377: ὣς ἔφατ᾿ ἐυχόμενος, μ έγα δ ᾿ ἔκτυπε μητίετα Ζεύς. »So sprach [Nestor] betend, und es donnerte [zustimmend] der ratsendende Zeus.« 1649 Vgl. den Kommentar zu (187) δὸς πεσέειν. 1650 Zu dem Gebet des Antenor an Zeus vgl. auch die Einleitung (a.E.) zu diesem Abschnitt. 1651 Zur Ornithomantie vgl. Pollard (1977) 116–129; Dillon (1996); Collins (2002); Bonnechere (2007) 150–153. Zu den Omina in den homerischen Epen vgl. Stockinger (1959). 1652 Vgl. Bonnechere (2007) 151: »Birds move between the earth and the purest level of the sky, the ether, the home of the gods and the Muses, not to mention souls: accordingly they are wholly suited to the role of intermediaries […]« 1653 Zur Bedeutung von ›rechts‹ und ›links‹ vgl. exempli gratia Collins (2002) 27–29 (mit weiterführender Literatur in den Fussnoten).

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tion (> Vorzeichen mit primär narratologischer bzw. proleptischer Funktion).1654 Sowohl das zeusgesandte Vogelzeichen in Il. 24,315–320 wie auch das vorliegende in Q.S. 1,198–200 lassen sich allen dreien dieser Situationen zuordnen: Beide Vorzeichen werden von Priamos erbeten, beide markieren einen entscheidenden Übergang (Priamos’ Gang zu Achilleus bzw. Penthesileias Eintritt in den Kampf), und beide sind von eminenter Bedeutung für den Handlungsgang. Dass das Vogelzeichen in Ilias 24 das Vorbild für das vorliegende darstellt, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen, da Zeus’ Entscheidung dort zustimmend (Adler von rechts), hier dagegen ablehnend ausfällt (Adler von links), ist offensichtlich und wurde in der Einleitung im grösseren Zusammenhang diskutiert. Allerdings nimmt Quintus mehr als bloss eine Inversion der Räumlichkeit und der damit verbundenen Vorbedeutung vor: vielmehr schreibt er dem iliadischen Omen in seiner ›Neufassung‹ einen zusätzlichen semantischen Wert ein, indem er Zeus den Adler nicht nur von links (was als schlechtes Omen Genüge täte), sondern mit einer sterbenden Taube in den Fängen erscheinen lässt. Darin ein Symbol für Achilleus und Penthesileia zu sehen, fällt nicht schwer, doch ist auch diese Allegorie intertextuell gut abgesichert: In Il. 21,251–256 wird der blutrünstige Achilleus, der vor dem Skamander flieht, mit einem Adler verglichen (Il. 21,252f. αἰετοῦ οἴματ᾿ ἔχων μ έλανος, το ῦ θηρητ ῆρος, / ὅς θ ᾿ ἅμα κ άρτιστός τε κα ὶ ὤκιστος πετεην ῶν »mit dem Ungestüm eines schwarzen Adlers, des Jägers, der zugleich der stärkste und der schnellste [unter allen] Vögeln ist«) – die Dignität des Königsvogels kommt in dem Vergleich ebenso zum Ausdruck wie der furchteinflössende Charakter des Raubtieres. In Il. 22,138–144 sodann wird Achilleus, der Hektor um die Mauern Trojas jagt, mit einem Habicht und dieser mit einer Taube verglichen (Il. 22,139f. ἠύτε κ ίρκος ὄρεσφιν, ἐλαφρότατος πετεην ῶν, / ῥηιδίως ο ἴμησε μετ ὰ τρήρωνα πέλειαν »wie ein Habicht in den Bergen, der flinkste [unter allen] Vögeln, sich leicht auf die furchtsame Taube stürzt«). Adler und Habicht 1654

Vgl. Stockinger (1959) 15–109 und zusammenfassend 110–117; vgl. id. 110f.: »Man kann häufig von einer dreifachen Situation reden. Am meisten fällt die unmittelbar a u s l ö s e n d e S i t u a t i o n in die Augen. Zwischen ihr und dem auf sie folgenden σῆμα besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang; oft ist sogar ein Kausalnexus vorhanden, freilich nicht im Sinne einer causa efficiens, sondern einer causa occasionalis. Dann gibt es die e n t f e r n t e S i t u a t i o n . Damit ist der mehr oder weniger weit reichende Handlungszusammenhang gemeint, in dem mit Vorliebe Vorzeichen auftreten. Schließlich kann man von einer e p i s c h e n S i t u a t i o n sprechen. Mit ihr ist der Ort im Epos gekennzeichnet, wo der Dichter mit Vorbedacht Götterzeichen einbaut, um sie als Mittel der epischen Technik zu benützen. Ein Beispiel mag das Gesagte veranschaulichen. Für die Bedeutung des // Vorzeichens, das Ilias II, 308 von Odysseus erzählt wird, ist wesentlich, daß es sich bei der Vorbereitung des Zuges gegen Troja (= entfernte Situation) und während des Opfers (= auslösende Situation) ereignet; aber auch, daß es zu Beginn des Epos erzählt wird (= epische Situation), ist nicht belanglos.«

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(sowie auch der Falke; s.u.) sind in ihrer Eigenschaft als ebenso würdevolle wie angsteinflössende Raubvögel in ihrem allegorischen Gehalt gewissermassen austauschbar.1655 Vor diesem Hintergrund besehen, können wir in Quintus’ Adler-Taube-Omen nicht bloss eine Allegorie für Achilleus und Penthesileia, sondern auch eine klare intertextuelle In-Analogie-Setzung von Penthesileia und Hektor sehen. Wie im Kommentar zum Widdergleichnis (Q.S. 1,175–178) ausgeführt wurde, ziehen sich Tiervergleiche leitmotivisch durch das erste Buch der Posthomerica. In der ersten, für Penthesileia siegreichen Hälfte wird diese mit verschiedenen Raubtieren und ihre Gegner mit deren Opfern verglichen, ehe sich nach Achilleus’ Eintritt in die Schlacht das Blatt wendet und entsprechend die Tiervergleiche angepasst werden. Der erste Vergleich nun, in welchem Penthesileia nicht mehr mit einem Raubtier, sondern mit dem Opfer eines solchen verglichen wird, ist ein Vergleich mit einer Taube (πέλεια), die einen leichten Fang für einen Falken darstellt (1,571f.). Dieser Vergleich, der evidentermassen in Analogie zu Il. 22,138–144 (s.o.) steht, wird mit dem vorliegenden Omen auf einer allegorischen Ebene bereits präfiguriert. Obschon Penthesileia im Laufe ihrer Aristie noch mit blutdürstigen Löwen und Leoparden verglichen werden wird, nimmt doch das zeusgesandte Vorzeichen die Wende bereits vorweg. Zu Beginn des zwölften Buches rät der Seher Kalchas den Griechen, sie sollten Troja nicht mit Waffengewalt, sondern mit einer List einzunehmen suchen (Q.S. 12,8–20). Er berichtet von einem Begebnis, das er beobachtet hat und als diesbezügliches Omen deutet: Eine Taube versteckte sich vor einem sie verfolgenden Falken in einer Felsspalte. Nachdem dieser lange Zeit vergebens vor dem Loch gewartet hatte, »besann er sich auf eine List« (12,15 ἐνθέμενος δ όλον) und versteckte sich in einem Busch. Da wähnte sich die Taube in Sicherheit, kam heraus – und der Falke konnte sie sich aus dem Hinterhalt schnappen. Mit diesem Vorzeichen wird das Adler-TaubeOmen bzw. der Falke-Taube-Vergleich in veränderter (> gewissermassen ›kontaminierter‹) Form wieder aufgegriffen. Standen im 1. Buch die Vögel für Achilleus und Penthesileia als Individuen, so ist unserem Dichter das Bild vom Raubvogel und seinem Opfer nunmehr zur Allegorie für den 1655

Vgl. die analogen Bezeichnungen des Adlers als ὤκιστος πετεην ῶν (Il. 21,253) und des Habichts als ἐλαφρότατος πετεην ῶν (Il. 22,139). Der Adler als (zeusgesandter) Weissagevogel mit einem Opfertier in den Klauen begegnet in den homerischen Epen öfters; vgl. z.B. Il. 8,247– 252 (Adler mit Hirschkalb als positives Vorzeichen); 12,200–209 (Adler mit Schlange; negativ); Od. 15,160–165 (Adler mit Gans; positiv); 20,241–246 (Adler mit Taube; negativ). Für den Falken als Bild für Dignität und Kampfesmut vgl. z.B. auch Il. 16,581–585: Patroklos stürzt sich, vom Kummer um seinen getöteten Gefährten Epeigeus angetrieben, »durch die [Reihen der] Vorkämpfer, einem schnellen Falken gleichend, der Dohlen und Stare aufgescheucht hat« (16,582f. ἴθυσεν δὲ διὰ προμάχων ἴρηκι ἐοικώς / ὠκέι, ὅς τ᾿ ἐφόβησε κολοιούς τε ψῆράς τε).

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Untergang Trojas schlechthin geworden. Somit hinwiederum wird Penthesileias Tod durch Achilleus’ Hand ex post zur Präfiguration für die ᾿Ιλίου ἅλωσις. (198) ὀξὺ κεκληγώς Die Kollokation ist bereits homerisch, dreimal in der Junktur ὀξέα κεκληγzu Versbeginn; vgl. Il. 2,221f. (von Thersites): τότ᾿ αὖτ᾿ ᾿Αγαμέμνονι δίῳ / ὀξέα κεκληγ ὼς λ έγ᾿ ὀνείδεα. »Damals sagte er dem göttlichen Agamemnon wieder Schimpf und Schande, schrill kreischend.«; Il. 12,124–126: τοὶ δ᾿ ἅμ᾿ ἕποντο / ὀξέα κεκλή γοντες· ἔφαντο γ ὰρ ο ὐκέτ᾿ ᾿Αχαιούς / σχήσεσθ᾿, ἀλλ᾿ ἐν νηυσ ὶ μελα ίνῃσιν πεσ έεσθαι. »Die aber folgten mit schrillem Geschrei, denn sie meinten, die Achaier würden nicht mehr standhalten.«; 17,87–89 (von Hektor): βῆ δὲ διὰ προμάχων κεκορυθμένος αἴθοπι χαλκ ῷ, / ὀξέα κεκληγ ώς, φλογ ὶ εἴκελος ῾Ηφαίστοιο / ἀσβέστῳ. »Und er schritt durch die [Reihen der] Vorkämpfer, gerüstet mit funkelndem Erz, schrill kreischend, der unauslöschlichen Flamme des Hephaistos gleichend.« Quintus greift die Kollokation in abgewandelter Weise zweimal auf, hier und in Buch 5 in einem Gleichnis; vgl. 5,435–437 ὡς δ ᾿ ὅταν αἰετὸν ὠκὺν ὑποπτώσσωσι λαγωοί / θάμνοις ἐν λασίοισιν, ὅτ᾿ ἐγγύθεν ὀξὺ κεκληγώς / πωτᾶτ᾿ ἔνθα καὶ ἔνθα τανυσσάμενος πτερύγεσσιν »wie wenn Hasen sich vor einem flinken Adler in dichtem Gebüsch ducken, wenn er aus der Nähe herbeifliegt, schrill kreischend, sich mit seinen Flügeln hierhin und dorthin ausstreckend«.1656 Quintus’ Gebrauch der Kollokation lässt gegenüber Homer folgende Unterschiede erkennen: • Sprachlich: Quintus ersetzt die homerisch zu Versbeginn stehende Formel ὀξέα κεκληγ - durch eine ebenfalls formelhaft anmutende Versschlusswendung ὀξὺ κεκληγώς: imitatio Homeri. • Inhaltlich: Die Formel wird iliadisch stets im übertragenen Sinne vom ›schrillen Kreischen‹ von Menschen gebraucht, doch ist die dahinter stehende Vogelmetapher offensichtlich, wird doch das Verb κλάζειν häufig für Vögel verwendet1657 und ist homerisch wie nachhomerisch auch von Weissagevögeln gebraucht.1658 Quintus seinerseits verwendet die Formel 1656

Zur Kollokation vgl. ausserdem Opp. cyn. 2,57f. (Beschreibung eines Bullenkampfes in Kriegsmetaphern): προκαλίζονται δ᾿ ἑκάτερθεν, / ὀξέα κεκλήγοντες ἐνυαλίοισιν ἀϋταῖς. »Sie fordern einander heraus von beiden Seiten, laut brüllend mit Kampfgeschrei.« 1657 Vgl. Il. 10,274–276 (Reiher); 12,207 (Adler); 16,428–430 (Geier [in einem Vergleich mit schreienden Kriegern!]); 17,754–759 (Staren und Dohlen); [Hes.] Scut. 405–412 (Geier); Hes. Erga 448f. (Kranich); vgl. auch κλαγγή: Il. 3,1–7 (Kraniche); Adverb κλαγγηδόν »mit Geschrei«: Il. 2,463 (verschiedene Vögel). Vgl. ferner Tichy (1983) 41–44. – Zur Verwendung von ὀξύς bei Homer vgl. Kaimio (1977) 38–40. 1658 Vgl. Il. 10,276 κλ άγξαντος ἄκουσαν (von einem Reiher); 12,207 κλ άγξας π έτετο (von einem Adler); Soph. Ant. 1001f. φθ όγγον ὀρνίθων […] / κλ άζοντας; für weitere Beispiele vgl. Tichy (1983) 42 mit Anm. 23.

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in ihrem ursprünglich-konkreten, sozusagen ›etymologischen‹ Sinne – beide Male von einem Adler. Freilich wird man jedoch die homerischen Intertexte mitlesen – diese färben auf Quintus’ ὀξὺ κεκληγώς ab: hier die betont negative Vorbedeutung des Vogelzeichens, dort der kreischende Adler als Bild für den »verderbenbringend lachenden« Aias in seinem Wahn (vgl. 5,440 ὀλοὸν γελάσας). Diese Beobachtungen stimmen auch mit den übrigen Verwendungen des Verbs κλ άζειν bei Q.S. überein: Unser Dichter verwendet von dem Verb ausschliesslich Formen des Partizips Perfekt und verbindet diese (mit einer Ausnahme) stets mit Vögeln, mehrere Male ebenfalls im Kontext von Omina; vgl. 9,306–308 (Apollon will Neoptolemos erschiessen, aber): το ῦ δ᾿ ἄρα θυμόν / οἰωνοὶ κατέρυκον ἀριστερὰ κεκλήγοντες / ἄλλα τε σήματα πολλά. »Doch da hielten Vögel seinen Sinn zurück, von links her kreischend, und viele andere Vorzeichen.«; 12,57f.: παρα ΐσσουσι δ ὲ λα ούς / δεξιοὶ ὄρνιθες τανα ῇ ὀπὶ κεκλ ήγοντες. »Rechts am Heer vorbei fliegen Vögel, mit lange hingezogener Stimme kreischend.« Sodann ein weiteres Mal in einem Gleichnis: Laokoons Gattin klagt um ihre getöteten Söhne wie eine Nachtigall um ihre Jungen, die von einer Schlange gefressen wurden, καὶ ἄσπετον ἀσχαλόωσα / μύρεται ἀμφὶ δόμον κενεὸν μάλα κεκληγυῖα, »und in unsäglicher Trauer klagt sie, schreiend gar sehr um ihr leeres Haus« (12,493f.). Schliesslich – untypischerweise nicht von Vögeln – unter den bösen Vorzeichen, welche den Troern den bevorstehenden Untergang anzeigen, auch dies (12,511f.): αὐτόματοι δ᾿ ἄρ᾿ ὀχῆες ἀνωίγνυντο πυλάων / α ἰνὸν κεκλ ήγοντες. »Und da öffneten sich von selbst die Riegel der Tore, fürchterlich knarrend.«1659  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (199) ἤδη ἀποπνείουσαν Dahinter steckt die iliadische Wendung θυμ ὸν ἀποπνείων »den θυμ ός aushauchend« = »sterbend« (Il. 4,524 [von Diores] und 13,654 [von Harpalion], beide Male zu Versbeginn),1660 die Quintus zweimal aufgreift (ebenfalls zu Versbeginn); vgl. Q.S. 8,334 θυμὸν ἀποπνείουσι (von Fliegen [in einem Gleichnis für die Troer]) und 14,540 θυμὸν ἀποπνείοντες (von den ertrinkenden Griechen). Strukturell bzw. narratologisch gesehen ist ἀποπνείουσαν eine auktoriale Antwort auf Priamos’ Bitte um ›Aufschnaufen‹ von den Mühen des Krieges, auf sein prägnant am Ende seines Gebets stehendes ἀμπνεύσωμεν. Der 1659 Es ist allerdings zu beachten, dass auf dieses Vorzeichen sogleich ein Vogelzeichen folgt (12,512f.: ἐπεστενάχοντο δὲ λυγρόν / ἐννύχιοι ὄρνιθες ἐρημαῖον βοόωντες. »Und dazu stöhnten verderbenkündend die Nachtvögel, einsam rufend.« Die Verbindung des Stammes κεκληγ - mit Vögeln ist also hier aufgrund der Juxtaposition zumindest assoziativ auch gegeben. 1660 Vgl. LfgrE s.v. πνέω, πνείω II 2a: »breathe out θυμόν = loose consciousness (and die)«.

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Gegensatz tritt umso stärker hervor, wenn man bedenkt, dass ἀναπνεῖν homerisch auch das genaue Gegenteil von ἀποπνεῖν bedeuten kann, nämlich »das Bewusstsein wiedererlangen«.1661 Bezeichnenderweise verwendet Quintus das Verb in genau dieser Bedeutung bezogen auf Penthesileia, als diese, von Achilleus’ Lanze tödlich getroffen, vor Schmerz bewusstlos wird (1,597f. ἀμφὶ δέ οἱ νύξ / ὀφθαλμοὺς ἤχλυσε καὶ ἐς φρένα δῦσαν ἀνῖαι), doch sogleich – ein letztes Mal, vor dem endgültigen Todesstoss – wieder »aufatmet« (1,599 ἄμπνυε). (199) ἔχων ὀνύχεσσι πέλειαν Eine Variation der homerischen Versschlussformel φέρων ὀνύχεσσι πέλωρον, Il. 12,202 ~ 12,220 (von einem Adler, der eine Schlange in den Fängen hält) bzw. Od. 15,161 (von einem Adler, der eine Gans in den Fängen hält).  Zu diesen Stellen im Kontext sowie zum Motiv der Taube als Opfer eines Raubvogels vgl. den Kommentar zu (198–200) τῷ δ᾿ αἰετὸς […] ἀριστερός. (200) ἐσσυμένως Formen des Partizips Aorist ἐσσύμενος/-η/-ον erscheinen von hier weg gesamthaft sechsmal auf relativ engem Raum (Verse 206; 242; 257; 272; 274).  Zu dem Repetivität erzeugenden Phänomen der Wortwiederholungen auf engem Raum bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (17) στονόεντι a.E. sowie Kap. 1.3.3.2.  Zum Partizip Aorist ἐσσύμενος/-η/-ον bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (41) ἐσσυμένῃσιν. (200) ἐσσυμένως οἴμησε Die Junktur ἐσσυμένως ο ἴμησ- findet sich zwei weitere Male bei Q.S. (): in 3,587 (von den Nereiden) und in 14,472 (von Iris); evtl. ein viertes Mal (textkritisch problematisch) in 9,399 (von Philoktet); stets zu Versbeginn. An der vorliegenden Stelle können wir ἐσσυμένως ο ἴμησε als variatio zu Il. 22,140 ῥηιδίως οἴμησε auffassen: In Il. 22,138–144 wird Achilleus, der Hektor um die Mauern Trojas jagt, mit einem Habicht und dieser mit einer Taube verglichen (Il. 22,139f. ἠύτε κ ίρκος ὄρεσφιν, ἐλαφρότατος πετεηνῶν, / ῥηιδίως ο ἴμησε μετ ὰ τρ ήρωνα π έλειαν »wie ein Habicht in 1661 Vgl. LfgrE s.v. πνέω, πνείω II 1aβ: »abs. regain consciousness after fainting from injury, emotional distress«. Vgl. homerisch z.B. Il. 5,696–698 (von Sarpedon): τὸν δ᾿ ἔλιπε φυχή, κατὰ δ᾿ ὀφθαλμῶν κέχυτ᾿ ἀχλύς· / αὖτις δ᾿ ἀμπνύνθη, περὶ δὲ πνοιὴ Βορέαο / ζώγρει ἐπιπνείουσα κακῶς κεκαφηότα θυμόν. »Und es verliess ihn der Atem, und um seine Augen war ein dunkler Schleier ergossen; doch er atmete wieder auf, und rings belebte ihn der Hauch des Nordwinds, seinen übel entkräfteten thymós anhauchend.«

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

den Bergen, der flinkste [unter allen] Vögeln, sich leicht auf die furchtsame Taube stürzt«); die Passage ist von Bedeutung als Intertext für das vorliegende Adler-Taube-Omen.  Vgl. den Kommentar zu (198–200) τῷ δ᾿ αἰετὸς […] ἀριστερός. (201) ἀθρήσειν  Zur Attica correptio vgl. den Kommentar zu (43) Εὐάνδρη […] (202) ἀπὸ πτολέμοιο κιοῦσαν  ἀπὸ πτολέμοιο: Il. 18,64 – 9x Q.S. – Nonn. Dion. 17,378 – Anth. Gr. App. 1,217,3.

Die Kollokation ἀπὸ πτολέμοιο ist vor Quintus nur einmal belegt, Il. 18,64: Thetis will zu ihrem Sohn Achilleus gehen, um zu erfahren, ὅττι μιν ἵκετο πένθος ἀπὸ πτολέμοιο μένοντα, »was für ein Kummer ihn überkam, während er dem Kriege fernblieb«. Q.S. 1,202 klingt wie ein inverses Echo dieser Stelle: Achilleus wurde von Kummer über den Tod seines Freundes Patroklos ergriffen, »während er dem Kriege fernblieb«; Penthesileia dagegen wird »nicht mehr lebend aus dem Kriege heimkommen«. Die Kollokation erscheint gesamthaft 9x bei Q.S., zudem 2x ἀπὸ πτολέμου.1662 Der Gedanke, dass jemand ›nicht mehr lebend aus dem Kriege zurückkehren würde‹, findet sich in ähnlicher Formulierung in 3,261f. (Aias zu Glaukos): ἀλλὰ καὶ εἰ κείνοιο φύγες μένος, οὔ σ᾿ ἔτ᾿ ἔγωγε / ζωὸν ἀπὸ πτολέμοιο μεθήσομαι ἀπονέεσθαι. »Doch auch wenn du dessen [= Achilleus’] Kraft entflohen bist, werde ich dich nicht mehr lebend aus dem Kriege heimkehren lassen.« Vgl. ferner auch 8,99f.: ἂν δ᾿ ᾿Αγαμέμνων κτεῖνεν ᾿Εύστρατον, ο ὐδ᾿ ὅ γε Θρ ῄκην / ἵκετ᾿ ἀπὸ πτολ έμοιο, φ ίλης δ ᾿ ἑκὰς ἔφθιτο π άτρης. »Und Agamemnon tötete Eustratos, und der kam nicht mehr aus dem Krieg nach Thrakien [nach Hause], doch er kam um fern der geliebten Heimat.«  Zu κιουσ- am VE vgl. den Kommentar zu (168) Θρῄκηνδε κιοῦσα. (203–204) καὶ τὸ μὲν […] Κῆρες ὑπεκτελέειν Das Verb μ έλλειν ist in der epischen Sprache seit Homer ein geläufiges Ausdrucksmittel für Prolepsen – so auch in den Posthomerica.1663 Sprachlich das engste Vorbild für die vorliegende Stelle ist m.E. A.R. 1,1309: καὶ τὰ μὲν ὣς ἤμελλε μετὰ χρόνον ἐκτελέεσθαι. »Und dies sollte nach [einiger] Zeit [genau] so vollendet werden.« Gemeint ist die Tötung der beiden Boreassöhne Zetes und Kalais, auf deren Betreiben der auf der Argonautenfahrt in Mysien vergessen gegangene Herakles nicht zurückgeholt wurde, weshalb er sie später töten sollte. Der Kontext des Vorbildverses bezeichnet also ebenfalls eine Vorausdeutung auf einen bevorstehenden, gewaltsamen 1662 1663

Einmal nonnianisch (Dion. 17,378); ferner Anth. Gr. 7,230,1; App. 1,217,3; App. 4,47,43. Vgl. Duckworth (1936) 60 Anm. 10.

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Kommentar zu den Versen 182–204

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Tod. Man beachte jedoch die ungleichen Zeitangaben: μετὰ χρόνον »nach [einiger] Zeit« vs. ἤματι κε ίνῳ »noch an jenem Tage«, d.h. heute – die Geschichte von Herakles’ Rache an den Boreaden ist nicht mehr narrativer Bestandteil der Argonautica (> externe Analepse [über die Werkgrenze hinaus]; vgl. A.R. 1,1304f.), Penthesileias Tod jedoch steht unmittelbar bevor, d.h. wird in den Posthomerica erzählt werden (> interne Analepse).1664 (203) ἤματι κείνῳ  Vgl. den Kommentar zu (186) ἤματι τῷδε. (204) ὑπεκτελέειν In dieser doppelten Zusammensetzung ein absolutes hapax. Quintus verwendet öfters doppelt zusammengesetzte Verben, die sich homerisch nur einfach zusammengesetzt finden; vgl. Winkler (1875) 14 (mit Liste): »Von den doppelt zusammengesetzten, nicht homerischen Verben bei Quintus haben wir unter den 23 Verben, welche wir notiert haben, bei Homer 20 mit einer von diesen beiden Præpositionen zusammengesetzt, und 3 als verba simplicia.«  Zum Infinitiv Futur τελέειν (neben τελ έσειν) bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (133) ἐκτελέσειν.  Zur Verwendung des Infinitiv Futur in der epischen Sprache vgl. den Kommentar zu (77) θανέεσθαι.

1664 Derselbe Vers auch in Kall. Aet. 1, fr. 12,6 Pf. (= 16,6 Asper). Quintus spielt also mit dem Rückgriff auf den Vers auf einen spezifischen Alexandrismus an.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Verse 205–219: Rede eines namenlosen Griechen (Kampfparänese) Bisher waren die »Ereignisse nach Homer« ausschliesslich aus der Perspektive der Troer erzählt und betrachtet worden: die Furcht der Troer vor Achilleus nach dem Tod ihres Helden Hektor (1,1–17); die Ankunft der Amazonenkönigin Penthesileia mit ihren Amazonen (1,18–61); die daraus resultierende wiederaufkeimende Hoffnung der Troer und insbesondere des Priamos (1,62–85); Penthesileias Empfang in Priamos’ Palast und ihr Versprechen, Achilleus zu töten (1,85–97); Andromaches Ethopoiie (1,98– 117); der von Athene an Penthesileia gesandte Unheilstraum, welcher diese noch mehr anstachelt (1,118–137); Penthesileias Rüstung (1,138–160); ihr Auszug mit den Troern und den Amazonen im Gefolge (1,161–181); Priamos’ Gebet an Zeus und dessen abschlägige Antwort (Todesomen) (1,182– 204). Zum ersten Mal begegnet uns nun hier in der Rede eines namenlosen Griechen die Perspektive der Feinde. Inhaltlich gliedert sich die Rede in drei Teile: • Teil I: 1,212–214: Erstaunen darüber, dass die Troer nun plötzlich wieder den Kampf aufnehmen, nachdem man erwartet hatte, dass sie nach Hektors Tod keinen Angriff mehr wagen würden. – nota bene: Die Annahme einer neuen Führerfigur wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt (1,212 τίς […] ἄγειρε). • Teil II: 1,215f.: Bewunderung der neuen Führerfigur, die einer Gottheit gleicht. – nota bene: geschlechtsneutrale Formulierung (θεὸν ἔμμεν); es ist anzunehmen, dass die Griechen von einem männlichen Führer ausgehen, doch ist die Formulierung ambivalent.1665 • Teil III: 1,217–219: Kampfparänese: Aufforderung zur Rüstung und zum Kampf an die anderen Griechen – Motivierung der Rüstung auch auf griechischer Seite; die beidseitigen Voraussetzungen für den Schlachtbeginn sind somit gegeben. Narratologisch gesehen hat die Rede die Funktion, den Ausbruch des von troischer Seite lange vorbereiteten Kampfes zu ermöglichen; zu diesem Zweck müssen die Griechen auf die wieder kriegstüchtigen und -willigen Troer aufmerksam werden (Teil I) und sich ihrerseits zum Kampf rüsten (Teil III). Darüber hinaus wird deutlich, dass Quintus darum bemüht ist, Penthesileias Wirkung auf die Menschen pluriperspektivisch zu betrachten: Nicht nur die Troer waren bei ihrer Ankunft vor lauter Ver- und Bewunde1665

Vgl. die Kommentare zu (216) φαίης κεν θεὸν ἔμμεν und (216) ἐπεὶ μέγα μήδεται ἔργον.

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Kommentar zu den Versen 205–219

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rung bass erstaunt, sondern nun auch die Griechen, als sie sie von weitem erblicken,1666 und auch sie glauben, eine Gottheit vor sich zu haben.1667 Ein konkretes intertextuelles Vorbild finden wir in der Rede des Thoas in Il. 15,286–299.1668 Nachdem Hektor von Apollon gestärkt worden ist und ungeahnte Heldentaten vollbringt und sich deshalb die Lage für die Achaier bedrohlich zuspitzt, wendet sich Thoas – ein exzellenter Redner – an diese. Seine Rede ist ebenfalls dreiteilig: • Teil I: Il. 15,286–289: Thoas wundert sich, dass Hektor, den man schon tot glaubte bzw. hoffte, nun plötzlich wieder auferstanden und munter ist. • Teil II: Il. 15,290–293: Er schreibt Hektors Revitalisierung direkter göttlicher Intervention zu. • Teil III: Il. 15,294–299: Kampfparänese: Das Gros der Soldaten soll sich zu den Schiffen zurückziehen, die ἄριστοι aber (zu denen Thoas sich selber auch zählt) sollen standhalten und dem Feind entgegentreten. Es ist unschwer erkennbar, dass Quintus seine Rede nach demselben Muster aufgebaut hat: (I) Verwunderung über das plötzliche Auftauchen des Feindes – (II) Vermutung eines (wie auch immer gearteten) göttlichen Hintergrunds – (III) Kampfparänese. Den Mittelteil hat er insofern angepasst, als Hektor nunmehr unzweifelhaft tot ist und es somit unglaubwürdig, ja lächerlich wirken würde, wenn der Sprecher dessen ›Wiederauferstehung‹ in Erwägung zöge. Ferner knüpft Quintus typologisch gesehen an den Typus der homerischen ›Kollektivrede‹ (zuweilen auch als ›anonyme τις-Rede‹ oder ›Chorrede‹ bezeichnet)1669 an – Reden, die »auf der Fiction [beruhen], daß mehrere Personen gleichzeitig dasselbe sagen« und dies mittels »eines τ ὶς als Vertreters der Gesamtheit« leisten.1670 Zur Charakteristik vgl. Kost (1971) 258: »Die Rede eines τις gehört seit Homer zur epischen Technik […] Der einzelne Redner bleibt ungenannt, so daß der Eindruck entsteht, als ob mehrere Personen sprächen, deren persönliche Gedanken und Gefühle mit denen einer größeren Menge identisch sind. Diese Reden dienen der indirekten Charakteristik einer Person oder einer Situation. Verwunderung, Furcht oder Abscheu sind die Gefühle, denen sie Ausdruck geben […]« Dabei ist allerdings festzuhalten, dass in vielen Fällen die Kollektivreden 1666 Man beachte die analoge Formulierung; vgl. den Kommentar zu (205–206) ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν […] Τρῶας ἐπεσσυμένους. 1667 Vgl. den Kommentar zu (216) φαίης κεν θεὸν ἔμμεν. 1668 Vgl. Vian (1963) 162 Anm. 5 (zu 20); James (2004) 270: »Surprise at the Trojans’ recovery from Hektor’s death is expressed in terms similar to those used by Thoas at Hektor’s recovery (Iliad 15.286–93).« 1669 Der Begriff ›Chorrede‹ wurde m.W. von Hentze (1905) geprägt, basierend auf der Annahme, dass man die »einer Mehrheit von Personen in den Mund gelegten Aussprüche […] als Vorläufer der im Drama dem Chor zugetheilten ansehen und als Chorreden bezeichnen« könne (254). 1670 Hentze (1905) 254; 264.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

nicht bloss die Stimmung der Masse wiedergeben, sondern durchaus auch narratologisch bedeutsam sein können – so etwa in Il. 2,272–277, als die Menge der Krieger (Il. 2,278: ἡ πληθύς) Odysseus’ Züchtigung des Thersites lobt und dadurch einen allgemeinen Meinungsumschwung gegenüber den βασιλῆες von einer anfänglich feindseligen gegenüber einer nunmehr wieder konzilianten Haltung anzeigt.1671 Desgleichen gibt auch die vorliegende Rede des anonymen Griechen nicht einfach nur die Verwunderung der griechischen Soldaten wieder, sondern sie hat im dritten Teil (s.o.) die Funktion einer Kampfparänese und ist somit für den Handlungsfortgang entscheidend.1672 Konkret / Inhaltlich sodann ist mit Q.S. 1,212–219 eine den Kriegern auf beiden Seiten in den Mund gelegte Kollektivrede in Ilias 4 zu vergleichen: Athene geht auf Zeus’ Befehl zum Heer, um den Krieg erneut zu entfachen, und ihr Erscheinen am Himmel gleich einem glänzenden, funkensprühenden Stern (Il. 4,73–78): Il. 4,79–85: κὰδ᾿ δ᾿ ἔθορ᾿ ἐς μέσσον, θάμβος δ᾿ ἔχεν εἰσορόωντας Τρῶάς θ᾿ ἱπποδάμους καὶ ἐυκνήμιδας ᾿Αχαιούς. ὧδε δέ τις εἴπεσκεν ἰδὼν ἐς πλησίον ἄλλον· »ἦ ῥ᾿ αὖτις πόλεμός τε κακὸς καὶ φύλοπις αἰνή ἔσσεται, ἢ φιλότητα μετ᾿ ἀμφοτέροισι τίθησι Ζεύς, ὅς τ᾿ ἀνθρώπων ταμίης πολέμοιο τέτυκται;« ὣς ἄρα τις εἴπεσκεν ᾿Αχαιῶν τε Τρώων τε. Und sie sprang herab in ihre Mitte, und Staunen ergriff die, die es sahen, die pferdebändigenden Troer und die gutgeschienten Achaier. Und so sprach manch einer, den Nächststehenden ansehend: »Wahrlich, wird denn nun wieder übler Krieg und schreckliches Schlachtgetümmel sein, oder setzt Zeus Freundschaft zwischen die beiden [Parteien], [Zeus,] der Herr über den Krieg der Menschen ist?« So also sprach manch einer der Achaier und der Troer. 1671

Dazu in diesem Sinne auch Hentze (1905) 257f.; zur allgemeinen Charakteristik vgl. id. 259: »Es ergiebt sich, daß die Chorreden der Ilias nicht als eine Art von Arabesken, die an sich entbehrlich, zum Schmuck und zur Belebung der epischen Darstellung dienen, sondern meist entweder wesentliche Bestandteile der epischen Handlung selbst bilden oder doch für die Entwicklung derselben von unmittelbarer Bedeutung sind, zum Teil auch dazu dienen, die Stimmung und die Motive der handelnden Personen darzulegen und nur in einem oder zwei Beispielen durch den Zusammenhang der Erzählung nicht unmittelbar motiviert sind.« 1672 In der Ilias und desgleichen in den Posthomerica sind es – naheliegenderweise – i.d.R. die (griechischen und / oder troischen) Krieger, die den ›Chor‹ bilden, in der Odyssee dagegen meist die Freier. Gesamthaft finden sich in der Ilias 10, in der Odyssee 18 Kollektivreden (Angaben nach Hentze [1905] 255). Für die Posthomerica habe ich 13 gezählt; davon entfallen nur zwei nicht auf die Soldaten: In 10,471–476 äussern die Nymphen böse Worte über Paris nach dessen Tod; in 13,469–477 kommentiert ein unbeteiligter Zuschauer aus der Ferne das Ende Trojas.

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Kommentar zu den Versen 205–219

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Staunen über die Ankunft einer Gottheit (bzw. einer als Gottheit wahrgenommenen Kriegerin) ist es, was die Kollektivrede in beiden Fällen auslöst (Il. 4,79 θάμβος δ ᾿ ἔχεν ε ἰσορόωντας ~ Q.S. 1,205 ἐθάμβεον, ε ὖτ᾿ ἐσίδοντο), und Mutmassungen über einen plötzlichen, unerwarteten Wiederausbruch des Krieges sind beider Inhalt. Die Amazonenkönigin Penthesileia mit der Kriegsgöttin Athene zu assoziieren ist nichts als naheliegend; ausserdem ruft der iliadische Intertext die von Quintus schon mehrfach bemühte Assoziation Penthesileias mit einem Gestirn und mit Licht (vgl. v.a. die beiden Vergleiche in 1,37–41 [Mond] und 1,48–53 [Eos]) wieder auf. Textintern findet die Rede des namenlosen Griechen ihr Gegenstück in der Rede des namenlosen Troers in 1,358–372, in welcher dessen Freude über die Kriegserfolge und die göttliche Erscheinung der Penthesileia sowie die nichtige Hoffnung auf einen Sieg über die Griechen zum Ausdruck kommt. Die beiden Reden rahmen Penthesileias Aristie ein, die Rede des Troers ist gewissermassen die Antwort auf die Frage des Griechen τ ίς δ ὴ Τρῶας ἄγειρε κτλ.; (Vers 212). Generisch zu vergleichen ist ferner Hippodameias Kampfparänese in 1,409–435, in welcher selbige die Troerinnen erfolglos zu überreden sucht, ebenfalls in den Kampf einzugreifen. (205–206) ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν […] Τρῶας ἐπεσσυμένους In vergleichbar ähnlichen Worten war die Reaktion der Troer auf Penthesileias Erscheinen beschrieben worden: Q.S. 1,53–55: […] ἀμφὶ δὲ Τρῶες πάντοθεν ἐσσύμενοι μέγ᾿ ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο ῎Αρεος ἀκαμάτοιο βαθυκνήμιδα θύγατρα. Q.S. 1,205f.: ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο Τρῶας ἐπεσσυμένους καὶ ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν.

Als intertextuelles Vorbild für die vorliegende Stelle ist Il. 4,79 θάμβος δ᾿ ἔχεν εἰσορόωντας anzusehen: Erstaunen ergreift die Achaier und Troer, als sie Athene wie ein Gestirn vom Himmel herabkommen sehen, und die darauffolgende kurze Kollektivrede (Il. 4,82–84) ist typologisch wie inhaltlich als Intertext für die vorliegende τις -Rede zu betrachten; vgl. dazu die Einleitung. Der ganze Vers ist ein Iterat: er wird wiederholt beim Anblick der ausrückenden Troer und Aithioper; vgl. Q.S. 2,202f.: ᾿Αργεῖοι δ ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο / ἐσσυμένους. »Die Argeier aber staunten aus der Ferne, als sie sie herandringen sahen.«  Zur Formel ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο vgl. den Kommentar zu (54) μέγ᾿ ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

(206) Τρῶας ἐπεσσυμένους  Zum Partizip Aorist ἐσσύμενος/-η/-ον bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (41) ἐσσυμένῃσιν. (206) ᾿Αρηίδα Πενθεσίλειαν  Zum Adjektiv ᾿Αρηίς, -ίδος vgl. den Kommentar zu (187) ᾿Αρηιάδος βασιλείης. (207–209) τοὺς μὲν δὴ θήρεσσιν ἐοικότας […] πυρὸς ῥιπῇ ἐναλίγκιον Der vorliegende Tiervergleich (Troer ~ wilde Raubtiere, Penthesileia ~ Buschfeuer) bedeutet eine Umkehrung des Bildes aus den Versen 5–8 zu Werkbeginn (Achilleus ~ Löwe, Troer ~ Rinder);1673 mittlerweile haben sich die Troer aus ihrer Opferrolle in die (vermeintliche) Siegerrolle begeben. Quintus behält somit die Bildersprache bei, wechselt aber in variatione die Bezüge. Die Bezugnahme auf Motive der Eingangsverse setzt sich in Vers 209 fort mit dem Wiederaufgreifen des Feuers, das nunmehr den Griechen Verderben bereiten wird (< Rückgriff auf die Verse 2 καί ἑ πυρὴ κατέδαψε und 17 ὡς ἤδη στονόεντι καιαιθομένης πυρὶ Τροίης). Die anschliessende Rede des namenlosen Griechen beginnt sodann ebenfalls mit der Rekapitulation der in den Eingangsversen plastisch beschriebenen Agonie der Troer nach dem Tode Hektors (vgl. Vers 212 μεθ᾿ ῞Εκτορα δῃωθέντα ~ Echo von Vers 12 ῞Εκτορα θ᾿ ὡς ἐδάμασσε). (207) θήρεσσιν ἐοικότας Im Epos werden öfters einzelne Helden oder auch kollektiv die Griechen bzw. die Troer unspezifisch mit Raubtieren (θῆρες) verglichen.1674 Die homerische Sprache kennt dafür zwei Junkturen, die auch die spätere Epik übernimmt: • θηρὶ ἐοικώς (stets am VE): Il. 3,449 (von Menelaos); 11,546 (von Aias); 15,586 (von Antilochos); Q.S. 3,32 (von Apollon); 5,371 (von Aias);1675 • θήρεσσιν ἐοικότες (-ας) (stets nach der Trithemimeres): Od. 14,21 (von Eumaios’ Hunden); A.R. 4,672 (von Kirkes in Schweine verwandelten Opfern); Q.S. 1,207 (von den Troern); 1,222 (von den Griechen); 4,220 (von Diomedes und Aias); 11,300 (von den Griechen).1676 Die vier Verse, in denen Quintus die Junktur θ ήρεσσιν ἐοικότες (-ας) anwendet, sind einander alle sehr ähnlich, haben also formelhaften Charakter; vgl.: 1673

Vgl. den Kommentar zu (5–8) ἠύτ᾿ ἐνὶ ξυλόχοισι […] ὣς οἱ […] ὑπέτρεσαν ὄβριμον

ἄνδρα. 1674

Vgl. Niemeyer (1883) 18f. (allerdings unvollständig). Ausserdem Orac. Sib. 14,137 GCS. 1676 Ausserdem Opp. hal. 5,353; Greg. Naz. carm. quae spect. ad al. p. 1493,13. 1675

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Kommentar zu den Versen 205–219 Q.S. 1,207

τοὺς μὲν δὴ

Q.S. 1,222

σὺν δ᾿ ἔβαλον / θήρεσσιν ἐοικότες // ὠμοβόροισι

Q.S. 4,220

σὺν δ᾿ ἔβαλον / θήρεσσιν ἐοικότες, // οἵ τ᾿ ἐν ὄρεσσι

Q.S. 11,300

ἐν γάρ σφιν

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/ θήρεσσιν ἐοικότας, // οἵ τ᾿ ἐν ὄρεσσι

/ θήρεσσιν ἐοικότες // ὠμοβόροισιν

Inhaltlich sodann finden wir für den vorliegenden Raubtiervergleich ein enges Vorbild in einem Vergleich in Il. 15,323–327: Zeus ist erwacht und hat veranlasst, dass Poseidon das Schlachtfeld verlassen und dafür Apollon die Troer und Hektor stärken solle: οἳ δ᾿ ὥς τ᾿ ἠὲ βοῶν ἀγέλην ἢ πῶυ μέγ᾿ οἰῶν θῆρε δύω κλονέουσι, μελαίνης νυκτὸς ἀμολγῷ ἐλθόντ᾿ ἐξαπίνης σημάντορος οὐ παρεόντος, ὣς ἐφόβηθεν ᾿Αχαιοὶ ἀνάλκιδες· ἐν γὰρ ᾿Απόλλων ἧκε φόβον, Τρωσὶν δὲ καὶ ῞Εκτορι κῦδος ὄπαζεν. Und diese – wie wenn zwei Raubtiere eine Rinderherde oder eine fette Schafherde bedrängen, plötzlich auftauchend im Dunkel der schwarzen Nacht, da der Hirte nicht da ist: so flohen kraftlos die Achaier. Denn Apollon flösste ihnen Furcht ein, den Troern und Hektor aber verlieh er Glanz.

(207) ἐν ὄρεσσι 5x Il. – h. Merc. 337 – 5x A.R. – 20x Q.S. – sowie einige weitere Belege in der Hexameterdichtung. Fast immer am Versende.

(208) εἰροπόκοισι  Il. 5,137 – Od. 9,443 – h. Merc. 288 – Hes. Th. 446; Erga 234 – [Theokr.] 8,9 – Orac. Sib. 13,30 GCS – Opp. hal. 4,394 – Q.S. 1,208 und 5,493 – Nonn. Dion. 10,6; 17,46; 34,254; 45,291; Par. 2,73 – Eudoc. homeroc. 2,148.

Das homerische dis legomenon ist ein epitheton solum für Schafe1677 und findet ausserhalb der Hexameterdichtung auch nachhomerisch keine Verbreitung. Das sprachlich engste Vorbild für Q.S. 1,208 ist Hes. Th. 446 ποίμνας τ ᾿ εἰροπόκων ὀίων (ebenso zu Versbeginn). In 5,493 εἰροπόκων ὀίων dagegen zitiert Quintus tel quel aus Od. 9,443 (gleiche sedes im Vers). Inhaltlich ist mit dem vorliegenden Gebrauch der iliadische Kontext zu vergleichen: Es handelt sich dort um einen Vergleich (Il. 5,136–143), in welchem Diomedes, dem Athene die Gabe verliehen hat, Götter zu erkennen, mit einem Löwen verglichen wird, »den ein Hirte auf dem Feld bei den wolligen Schafen leicht verwundet hat, als er über die Umfriedung sprang, doch nicht [ganz] erwischt hat« (ὅν ῥά τε ποιμ ὴν ἀγρῷ ἐπ᾿ εἰροπόκοις ὀίεσσι / χραύσῃ μέν τ᾿ αὐλῆς ὑπεράλμενον, οὐδὲ δαμάσσῃ, Il. 5,137f.) – doch der verwundete Löwe ist nicht geschwächt, sondern durch die Ver1677

Zur Bedeutung Hesych s.v. εἰροπόκοις· ἔρια κειρόμενα ἔχουσι· πέκειν γὰρ τὸ ξαίνειν.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

wundung umso mehr angestachelt; er dringt in den Stall ein, reisst alle Schafe, und »diese liegen dicht neben- und aufeinander hingeschüttet« (αἳ μέν τ᾿ ἀγχιστῖναι ἐπ᾿ ἀλλήλῃσι κέχυνται, Il. 5,141). (208) φόνον στονόεντα φέρουσι1678 Die Junktur φ όνον στον όεντα ist auf die Posthomerica beschränkt und findet sich daselbst 11x, stets nach der dritten trochäischen Zäsur und mit einer Verbform im Anschluss, woraus sich eine flexible Versschlussformel (nach dem Muster »φόνον στονόεντα + Verbform«) ergibt (). Mit 1,208 φ. σ. φ έρουσι vgl. 1,311 φ. σ. φ έρουσαι; daneben 3x φ. σ. βαλ έσθαι (1,367; 2,133; 7,507); 4x φ όνον στον όεντ᾿ ἐφέηκα/-ε (8,142; 12,18; 13,359; leicht variiert in 5,185: φόνον στονόεντα ἔφηκα); ferner φ. σ. τ ίθησιν (2,376) und φ. σ. ν όησε (6,455). Im Übrigen finden wir in der für Quintus charakteristischen Weise der Selbstvariation 2x στονόεντα φ όνον (5,510 σο ὶ αὐτῷ στον όεντα φ όνον κα ὶ πῆμα βαλ έσθαι; 6,405 το ῦ δὲ κόρυς στον όεντα φ όνον κα ὶ πῆμ᾿ ἀπάλαλκεν); vgl. schliesslich auch 6,614 ἐκφυγέειν ὀλοοῖο φόνου στονόεσσαν ὁμοκλήν. Ferner kann Quintus’ φόνον στον όεντα φ έρουσι/-ουσαι (1,208; 1,311) auch als variatio der prosodisch identischen homerischen Versschlussformel φ όνον κα ὶ κῆρα φ έροντες/-ουσαι (Il. 2,352; 3,6; Od. 4,273; 8,513) angesehen werden, welche Quintus wiederum in 14,532 φ όνον κα ὶ πῆμα φέρουσα in enger Anlehnung an das homerische Vorbild imitiert. In einer Mehrzahl aller Verwendungen bezieht sich Quintus’ φόνον στονόεντα auf den gewaltsamen Tod im Krieg;1679 desgleichen ist das Adjektiv στονόεις – ursprünglich ein homerisches Epitheton für Wurfgeschosse – ein Lieblingswort des Quintus in den Sachfeldern ›Krieg, Mord, Tod, Schmerz‹ bzw. ›Waffen, Kriegsmaterial‹. Die Kriegsmetapher in dem vorliegenden Vergleich ist somit sehr dominant.  Zum Adjektiv στονόεις bei Q.S. vgl. den Kommentar zu (17) στονόεντι. (209–210) τὴν δὲ πυρὸς ῥιπῇ ἐναλίγκιον […] ἐπειγομένου ἀνέμοιο1680 Werden die heranstürmenden Troer mit Raubtieren, die in den Bergen auf Schafraub gehen, verglichen, so dient das Bild eines in den Büschen wütenden Sturmes als Vergleich für die sich nahende kriegswütige Penthesileia. Direktes Vorbild für die beiden Verse ist ein apollonischer Vergleich, mit 1678

Zum Nachstehenden vgl. auch James / Lee (2000) 82 (zu Q.S. 5,185). Nicht (bzw. nicht direkt) den Kriegstod bezeichnet φόνον στονόεντα an folgenden Stellen: Q.S. 2,376 (in einem Vergleich des mordenden Kriegers Memnon mit einem Jäger); 5,510 (von Aias’ Selbstmord); 7,507 (in einem Vergleich des Eurypylos und der Troer mit Jägern, die Schakale oder Wölfe erlegen); 12,18 (in einem Vergleich Trojas mit einer Taube, die von einem Falken [= den Griechen] gefangen und getötet wird). 1680 Zu den im Folgenden diskutierten Vorbildtexten vgl. Niemeyer (1883) 16; Vian (1954) 35; Vian (1963) 20 Anm. 4; James / Lee (2000) 118; Vian (2001) 287; James (2004) 270. 1679

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welchem die Schlacht zwischen den Argonauten und den Dolionen eingeleitet wird: A.R. 1,1026–1028: σὺν δ᾿ ἔλασαν μελίας τε καὶ ἀσπίδας ἀλλήλοισιν, ὀξείῃ ἴκελοι ῥιπῇ πυρός, ἥ τ᾿ ἐνὶ θάμνοις αὐαλέοισι πεσοῦσα κορύσσεται. […] Und sie trieben ihre Eschenlanzen und Schilde aneinander, der heftigen Gewalt eines Feuers gleich, das in den Büschen, den ausgedorrten, einfällt und sich erhebt. […]

Quintus’ Vers 209 ist eine ›Übersetzung‹ aus A.R. 1,1027: ἴκελοι ῥιπῇ πυρός > πυρὸς ῥιπῇ ἐναλίγκιον (man beachte die spiegelverkehrte Anordnung der Wörter); ἥ τ᾿ ἐνὶ θάμνοις ~ ἥ τ᾿ ἐπὶ θάμνοις. Ausserdem variiert Quintus das Attribut zu θ άμνοις mit dem fast gleichklingenden und synonymen ἀζαλέοισιν (statt αὐαλέοισι).1681 Ferner enthält Quintus’ Gleichnis wörtliche Reminiszenzen an vier iliadische Passagen, die ebenfalls das Wüten von Kriegern mit einem verzehrenden Feuer vergleichen: • 209 πυρὸς ῥιπῇ < Il. 21,12 ὑπὸ ῥιπῆς πυρός (nebst dem konkreten Vorbild in A.R. 1,1027); vgl. Il. 21,12f. (in einem Vergleich: die Leichen der von Achilleus getöteten Männer und Pferde füllen den Xanthos): ὡς δ ᾿ ὅθ᾿ ὑπὸ ῥιπῆς πυρὸς ἀκρίδες ἠερέθονται / φευγέμεναι ποταμόνδε, τὸ δὲ φλέγει ἀκάματον πῦρ […] »und wie wenn Heuschrecken, unter der Gewalt eines Feuers [aufgescheucht], aufflattern, flusswärts fliehend, doch das unermüdliche Feuer versengt sie […]«1682 • 209 ἐπὶ θάμνοις < Il. 11,156 θ άμνοι (nebst dem konkreten Vorbild in A.R. 1,1027) + 210 ἐπειγομένου < Il. 11,157 ἐπειγόμενοι;1683 vgl. Il. 11,155–159 (von Agamemnon in seiner Aristie): ὡς δ᾿ ὅτε πῦρ ἀίδηλον ἐν ἀξύλῳ ἐμπέσῃ ὕλῃ, / π άντῃ τ᾿ εἰλυφόων ἄνεμος φ έρει, ο ἱ δέ τε θάμνοι / πρ όρριζοι π ίπτουσιν ἐπειγόμενοι πυρ ὸς ὁρμῇ· / ὣς ἂρ ὑπ᾿ ᾿Ατρείδῃ ᾿Αγαμέμνονι π ῖπτε κ άρηνα / Τρ ώων φευγ όντων. »Und wie wenn ein vernichtendes Feuer in den holzreichen Wald einfällt, und überallhin trägt es der Wirbelwind, die Bäume aber fallen um mitsamt den Wurzeln, von der Gewalt des Feuers bestürmt – so fielen die Häupter der fliehenden Troer unter [der Gewalt] des Atriden Agamemnon.«1684 1681

Vgl. dazu den Kommentar zu (210) ἀζαλέοισιν. Quintus verwendet die Junktur ein zweites Mal, und zwar vom Feuer, das die Leichen von Oinone und Paris verbrennt; vgl. 10,483 ἀλλ᾿ ὅτε δ᾿ ἀμφοτέρους ὀλοὴ πυρὸς ἤνυσε ῥιπή »doch als die verderbliche Gewalt des Feuers die beiden verzehrt hatte«. 1683 Vgl. auch den Kommentar zu (210) ἐπειγομένου ἀνέμοιο. 1684 Zu beachten ist, dass θάμνος hier in Il. 11,156 »Baum« oder »Baumstamm« heissen muss (vgl. LfgrE s.v. θάμνος), bei Q.S. 1,209 jedoch (gemäss der sonst üblichen homerischen Bedeu1682

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• 210 μα ίνεται < Il. 15,605 μα ίνετο / 15,606 μα ίνηται; vgl. Il. 15,605f.

(von Hektor): μαίνετο δ᾿ ὠς ὅτ᾿ ῎Αρης ἐγχέσπαλος ἢ ὀλοὸν πῦρ / οὔρεσι μαίνηται βαθέης ἐν τάρφεσιν ὕλης. »Und er wütet wie der Lanzenschwinger Ares oder wie ein verderbenbringendes Feuer in den Bergen im Dickicht des tiefen Waldes wütet.« • 210 ἀζαλέοισιν < Il. 20,491 ἀζαλέοιο;1685 vgl. Il. 20,490–493 (von Achilleus): ὡς δ ᾿ ἀναμαιμάει βαθ έ᾿ ἄγκεα θεσπιδα ὲς π ῦρ / ο ὔρεος ἀζαλέοιο, βαθεῖα δὲ καίεται ὕλη, / πάντῃ τε κλον έων ἄνεμος φλόγα εἰλυφάζει, / ὣς ὅ γε π άντῃ θῦνε σ ὺν ἔγχεϊ δα ίμονι ἶσος. »Und wie wenn ein gewaltig brennendes Feuer durch die tiefen Schluchten eines ausgedorrten Gebirges tobt und das Gehölz in der Tiefe brennt und überall der drängende Wind die Flamme vorantreibt: so raste er überall mit seiner Lanze, einem Daimon gleich.« All die fraglichen Vorbildtexte vergleichen das Wüten von Kriegern mit der zerstörerischen Kraft eines Feuers.1686 Penthesileia dagegen befindet sich noch nicht in der Schlacht, sondern erst auf dem Weg dorthin; das Bild des vom heranstürmenden Wind verbreiteten Feuers bringt also in erster Linie ihre Schnelligkeit, ihre Unrast und ihre Kriegsbegierde zum Ausdruck. Der Vergleich ist deswegen natürlich keineswegs »minus aptum«, wie de Pauw kritisiert hat – da die Intertexte den unmittelbar bevorstehenden kriegerischen Zusammenstoss deutlich hervorheben (ähnlich wie das Raubtiergleichnis mit der Junktur φόνον στονόεντα eine dominante Kriegsmetapher enthält [s.o. Kommentar ad loc.]), ist er vielmehr umso kraft- und wirkungsvoller.1687 Dasselbe Bild kehrt wieder in der zweiten Hälfte des ersten Buches; vgl. Q.S. 1,534–537: Achilleus und Aias sind es nunmehr, deren Wüten mit einem Waldbrand in den Bergen verglichen wird – nota bene unmittelbar vor ihrem Zusammentreffen mit Penthesileia (1,538ff.), der Vergleich ist also ein klares Echo von 1,209f. Weitere Vergleiche dieser Art finden wir in 5,386–389 (von Aias in seinem Wahn); 8,89–91 (vom kriegswütigen Neoptolemos); 10,66–71 (vom Geschrei der beiden Armeen); 13,488–493 (vom brennenden Troja). tung) »Busch« bedeutet. (NB: unzureichender Eintrag in LSJ s.v. θάμνος: nur Bedeutung »bush, shrub« angegeben.) 1685 Vgl. auch den Kommentar zu (210) ἀζαλέοισιν. 1686 Man beachte insbesondere die offensichtliche (und kaum adäquat übersetzbare) Kriegsmetapher in A.R. 1,1028 πεσοῦσα κορύσσεται. 1687 Vgl. de Pauw in de Pauw / Dausque (1734) 23: »Hoc minus aptum est, ubi nondum inter inimicos, sed adhuc inter suos erat Virago; & judicium Quinti hic etiam desidero.« Kritik an dieser Auffassung äussert Köchly (1850) 31, der die Wirkungsabsicht des Vergleichs richtig erkannt hat: »Non recte vituperavit: cum flamma enim venti flabris per aridos ramos bacchante Penthesilea propter celeritatem comparatur, qua Trojanum exercitum praeit, non propter perniciem, quam infert hostibus.«

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(210) ἀζαλέοισιν ἀζαλέος (eine Ableitung zu ἄζειν »trocknen, dörren«) ist ein unformelhaft verwendetes homerisches Adjektiv (Il. 7,239; 11,494; 20,491; Od. 9,234; [Hes.] Scut. 153). Sein Synonym α ὐαλέος (eine Ableitung zu α ὖος »trocken, dürr«) ist eine Analogiebildung dazu bzw. zu anderen Adjektiven in demselben Bedeutungsfeld mit dem Caland’schen Suffix -αλέος (z.B. αὐσταλέος, ἰσχαλέος, καρφαλ έος) und begegnet im frühen Epos nur einmal, Hes. Erga 588.1688 Beide Adjektive sind in der nachhomerischen Epik beliebt und werden unterschiedslos gebraucht;1689 Quintus verwendet ἀζαλέος 7x, αὐαλέος 5x. Q.S. 1,209f. ἐπὶ θάμνοις / […] ἀζαλέοισιν ist ein abgewandeltes Zitat aus A.R. 1,1027f. ἐνὶ θάμνοις / αὐαλέοισι.1690 Dieselbe apollonische Wendung wird von Quintus ein zweites Mal zitiert – dieses Mal mit demselben Adjektiv, jedoch in gespiegelter Wortfolge – in einem Vergleich des Neoptolemos mit einem »verderbenbringenden Buschfeuer«; vgl. 8,89–91: οἱ δ᾿ ὑπόεικον ἐοικότες α ὐαλέοισι / θ άμνοις, ο ὕς τ ᾿ ὀλοοῖο πυρ ὸς καταδ άμνατ᾿ ἀυτμή / ῥηιδίως, ἐπιόντος ὀπωρινοῦ Βορ έαο. »Und diese [= die Troer] wichen zurück, ausgedorrten Büschen gleichend, die der Hauch des verderblichen Feuers leicht bezwingt, wenn der spätsommerliche Nordwind aufkommt.« Wir können aus dem Umstand, dass Quintus das apollonische αὐ. einmal zu ἀζ. abwandelt und einmal belässt, einen impliziten gelehrten Kommentar zur Bedeutungsgleichheit der beiden Adjektive herauslesen. Zeugnisse über diesbezügliche Diskussionen z.B. in der alexandrinischen Homerphilologie oder in der Scholientradition sind zwar m.W. nicht bezeugt, doch können wir uns aufgrund all der zahllosen derartigen analogen Diskurse Entsprechendes gut vorstellen. (210) ἐπειγομένου ἀνέμοιο Das konkrete sprachliche und inhaltliche Vorbild für Quintus’ genitivus absolutus ἐπειγομένου ἀνέμοιο ist Il. 11,156f. οἱ δέ τε θάμνοι / πρόρριζοι πίπτουσιν ἐπειγόμενοι πυρ ὸς ὁρμῇ (Vergleich Agamemnons mit einem Buschfeuer).1691 Allerdings lassen sich rein sprachlich noch direktere Vorbilder zeigen – die Kollokation des Verbs ἐπείγεσθαι mit dem Substantiv ἄνεμος ist bereits homerisch und bleibt danach ein spezifischer Epizismus; vgl. Il. 5,501 ἐπειγομένων ἀνέμων (genitivus absolutus; sprachlich das 1688 Zu den beiden Adjektiven, zu den Ableitungsverhältnissen und zum Suffix -αλέος vgl. Frisk I s.v. 1. ἄζω und s.v. αὖος; Schwyzer I, 484; Risch (21974) 104. 1689 Dies ist typisch für Adjektive mit dem Suffix -αλέος; vgl. Schwyzer I, 484. ἀζαλέος ist besonders häufig bei A.R. (6x), Nikander (5x Ther., 1x Alex.), Nonnos (9x Dion., 1x Par.); αὐαλέος v.a. bei Nikander (8x Ther., 2x Alex.), Greg. Naz. (9x). 1690 Vgl. den Kommentar zu (209–210) τὴν δὲ πυρὸς ῥιπῇ ἐναλίγκιον. 1691 = Anm. 1690.

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engste Vorbild); 15,382f. ὁππότ᾿ ἐπείγῃ / ἲς ἀνέμου; Od. 23,234f. ν ῆ[α] […] / […] ἐπειγομένην ἀνέμῳ; A.R. 1,953f. ᾿Αργὼ […] ἐπειγομένη ἀνέμοισι / Θρηικίοις; ausserdem ein zweites Mal bei Q.S., 5,640 ἐπειγομένου ἀνέμοιο (ebenfalls genitivus absolutus am Versende). (211) καί τις ἅμ᾿ ἀγρομένοισιν ἔπος ποτὶ τοῖον ἔειπε Eine Mehrzahl aller homerischen Kollektivreden wird mit der Verbform εἴπεσκε(ν) eingeleitet – dies am häufigsten in der Floskel ὧδε δ έ τις εἴπεσκεν (8x Il., 12x Od.), die in vielen Fällen mit dem Hemistich ἰδὼν ἐς πλησίον ἄλλον zu einem Ganzvers komplettiert wird (5x Il., 6x Od.). Dabei zeigt das Iterativsuffix -σκ- klar die distributive Verteilung und somit die zu imaginierende Kollektivität der Sprecher an.1692 (An anderen Stellen steht das Prädikat im Plural und wird dabei zuweilen mit einer ἄλλος- oder ἀλλήλους-Konstruktion kombiniert; vgl. z.B. Il. 3,155 ~ Od. 13,165 πρὸς ἀλλήλους ἔπεα πτερ όεντ᾿ ἀγόρευον oder Od. 9,493 = 10,442 μειλιχ ίοις ἐπέεσσιν ἐρήτυον ἄλλοθεν ἄλλος.) Ähnlich verhält es sich mit den redebeschliessenden Floskeln: entweder steht ebenfalls die Iterativform εἴπεσκε(ν) (in der formelhaften Wendung ὣς ἄρα τις εἴπεσκε[ν]: 3x Il., 3x Od.), oder es steht ein Pluralprädikat, z.B. ὣς φάσαν (überdeutlich etwa in Il. 2,278: ὣς φ άσαν ἡ πληθ ύς). Alles in allem lässt sich feststellen, dass bei sämtlichen Kollektivreden der homerischen Epen mindestens vor Beginn oder nach Beendigung der Rede die Kollektivität der Sprecher klar angezeigt wird.1693 Die Art und Weise, wie in den Posthomerica Kollektivreden angekündigt und abgeschlossen werden, unterscheidet sich signifikant vom Usus der homerischen Epen: Von den gesamthaft 13 Kollektivreden wird nur bei dreien die Kollektivität der Sprecher eindeutig angezeigt: an einer Stelle mithilfe der homerischen Iterativform ε ἴπεσκεν (1,750 κα ί ῥά τις ὧδ᾿ εἴπεσκεν ἀρηιθόων ᾿Αργείων [Redeeinleitung]),1694 an zwei Stellen mittels Pluralprädikaten.1695 Bei allen übrigen neun Kollektivreden setzt Quintus sowohl für deren Ankündigung wie auch für deren Abschluss τις mit einem ›echten‹ Singularprädikat; so hier: 1,211 κα ί τις ἅμ᾿ ἀγρομένοισιν ἔπος ποτὶ τοῖον ἔειπε – 1,220 ὣς φάτο; dito bei der Rede des namenlosen Griechen: 1,353/357 καί τις ἐνὶ Τρώεσσιν ἀγάσσατο μακρὰ γεγηθώς, / […] / καί ῥ᾿ ὅ γε μαψιδ ίῃσιν ἐπ᾿ ἐλπωρῇσιν ἔειπεν – 1,373 ὣς ἄρ᾿ ἔφη Τρώων

1692

Zum iterativen Aorist und Imperfekt auf -σκ- vgl. Schwyzer II, 278. Vgl. Hentze (1905) 255 Anm. 1 für eine Zusammenstellung sämtlicher redeeinleitender und -beschliessender Formeln der homerischen Kollektivreden. 1694 Der Iterativaorist εἴπεσκε(ν) verschwindet nachhomerisch völlig; in Q.S. 1,750 erfährt er seine einzige kurzfristige ›Wiederbelebung‹. 1695 Q.S. 14,115f. – 14,120; 14,252f. – 14,257. 1693

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τις ἐνὶ φρεσὶ πάγχυ γεγηθώς.1696 Ebenso ist die Einleitung einer Kollektivrede mit καί τις eine Idiosynkrasie unseres Dichters.1697 Aus alledem den Schluss zu ziehen, Quintus kenne keine Kollektivreden im homerischen Sinne mehr und es handle sich bei allen Beispielen eigentlich um Individualreden mit anonymen Sprechern, wäre sicher verfehlt – bzw., präziser, eine derartige Unterscheidung wäre spitzfindig und unsachgerecht. Vielmehr können wir in dieser Differenz einerseits eine sprachliche Variation der homerischen Praxis sehen – andererseits und v.a. jedoch bietet sich dem Leser die Möglichkeit, nach eigenem Gutdünken die Reden als Kollektiv- oder aber auch als Individualreden aufzufassen. Mit Blick auf die vorliegende Rede ist diese doppelte Rezeptionsmöglichkeit insofern von inhaltlicher Relevanz, als hiermit zu beiden Vorbildtexten – sowohl zu der Kollektivrede in Il. 4,82–84 als auch zur Rede des Thoas in Il. 15,286–299 – ein intertextuelles Tor geöffnet wird.1698 Zu ἔπος ποτὶ τοῖον ἔειπε: Diese V ersschlusswendung findet sich 6x bei Q.S., sonst nirgends; sie dient stets zur Einleitung einer direkten Rede. Ihr Vorbild hat Quintus in ähnlichen redeeinleitenden Wendungen der hellenistischen Hexameterpoesie gefunden; vgl. A.R. 4,738 ~ 4,1097 ἔπος δ᾿ ἐ πὶ τοῖον ἔειπε(ν); [Theokr.] 25,77 ἔπος δ᾿ ὅγε τοῖον ἔειπε (ν).1699 Aus den Argonautica hat unser Dichter auch eine Reihe anderer redeeinleitender Floskeln teils variierend, teils tel quel übernommen.1700 (212) μεθ᾿ ῞Εκτορα Die Wendung ist ein Zitat aus Il. 18,96 aus Thetis’ berühmter Todesprophezeiung an ihren Sohn: α ὐτίκα γ άρ τοι ἔπειτα μεθ ᾿ ῞Εκτορα π ότμος ἑτοῖμος. »Denn gleich nach Hektor [ist] dir dann der Tod bereit.« Der Vers wird in der Antike oft zitiert1701 und dürfte darum hier dem lector doctus zweifelsohne im Ohr geklungen sein. Quintus verwendet die Junktur ein zweites Mal in Hekabes Totenklage um Paris (10,373–384); vgl. 10,374f.: πολὺ φέρτατος ἄλλων / παίδων ἔσκες ἐμεῖο μεθ᾿ ῞Εκτορα. »Du warst bei weitem der beste unter meinen anderen Söhnen nach Hektor.«

1696 Für die verbleibenden Passagen vgl. Q.S. 4,19 – 4,32; 4,33 – 4,43; 10,470 – 10,477; 12,253f. – 12,259; 12,552 – 12,562; 13,14 – 13,19; 13,468 – 13,478f.; 14,602 – 14,605f. NB: ὣς ἄρ᾿ ἔφη Τρώων τις ἐνὶ φρεσὶ πάγχυ γεγηθώς ist ein Iteratvers bei Q.S.: 1,373 = 4,32; das Hemistich ὣς ἄρ᾿ ἔφη Τρώων τις ausserdem noch in 12,562 und 13,19; ausserhalb der Posthomerica nirgends. 1697 7x: Q.S. 1,353; 4,19; 10,470; 12,254; 12,552; 13,468; 14,602; vgl. ferner 1,750 καί ῥά τις. 1698 Zur Vorbildhaftigkeit dieser beiden Reden vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1699 Vgl. Campbell (1981) 7 (zu Q.S. 12,7). 1700 Vgl. Winkler (1875) 28 (mit Liste). 1701 Vgl. Plat. apol. 28c; Aischin. Tim. 150; Eus. Pr. Ev. 13,10,2.

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(213) μεμαῶτας  Vgl. den Kommentar zu (71) ἐπὶ πτόλεμον μεμαυῖαν. (214) λιλαιόμενοι μέγα χάρμης Formen des Verbs λιλαίεσθαι 9x Il. – 15x Od. – 7x A.R. – 43x Q.S. – Nonn. Dion. 28,144 – u.a.1702

Das typisch epische Verb ist ein offensichtliches Lieblingswort unseres Dichters. Sowohl homerisch wie auch nachhomerisch sind Formen des Partizips Präsens λιλαι όμενος/-η/-ον am gebräuchlichsten, meist in der gleichen sedes wie hier (nach der dritten trochäischen Zäsur). Quintus’ λιλαιόμενοι μέγα χάρμης (2x: hier und in 4,36, dort ebenfalls bezogen auf das Kollektiv der Achaier) ist eine variatio der prosodisch identischen Versschlusswendung λιλαι όμενοι πολ έμοιο in Il. 3,133 (dort von den Griechen und den Troern in globo). Zugrunde liegt dort eine flexible homerische Versschlussformel nach dem Muster »λιλαιομεν- | — (+ Genitiv)«; vgl. Od. 1,315 λιλαι όμενόν περ ὁδοῖο; Od. 12,328 ~ 24,536 λιλαιόμενοι βι ότοιο. Unser Dichter adaptiert und variiert diese Formel auch anderswo; vgl. Q.S. 2,283 λιλαιόμενοι μέγα θήρης; 10,443 ~ 14,178 λιλαιομένη/-οι φιλότητος. Für Verbindungen des Verbs λιλαίεσθαι mit Ausdrücken des Krieges vgl. auch Il. 16,89 λιλαίεσθαι πολεμίζειν und Hes. Th. 665 πολέμου δ᾿ ἐλιλαίετο θυμός; fe rner Il. 13,252f. (Idomeneus zu Meriones): οὐδέ τοι αὐτός / ἧσθαι ἐνὶ κλισίῃσι λιλαίομαι, ἀλλὰ μάχεσθαι. »Und auch se lber begehre ich nicht danach, im Zelt zu sitzen, sondern zu kämpfen.«; Od. 22,349 λιλαίεο δειροτομῆσαι; Il. 11,574 = 15,317 ~ Il. 21,168 λιλαιό μενα/-η χροὸς ἆσαι (von Wurfgeschossen, die »begierig sind, sich am Fleisch zu sättigen«). Ähnliches sodann auch bei Q.S.; vgl. 7,293 = 12,286 (ein Iteratvers!) καί ῥά μιν ἰωχμοῖο λιλαιόμενον προσέειπεν; 7,356 πολέμοιο λιλαίετο δακρυόεντος.  Zu χάρμη vgl. den Kommentar zu (34) ἐελδόμεναι πόλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην. (215) καί νύ τις Diese Wortfolge hier und in Od. 6,275 (καί νύ τις ὧδ᾿ εἴπῃσι κακώτερος ἀντιβολήσας), dort aber in einem ganz anderen Kontext; sonst nirgends. (215) ἐν μέσσοισιν 10x Il. – Od. 4,281 und 24,441 – A.R. 1,342 und 2,309 – 15x Q.S. – u.a. (nicht bei Nonnos).

Ein typischer Epizismus (ausserhalb der Hexameterdichtung fast nirgends) und als solcher von Quintus geliebt. 1702 Das isolierte Partizip Perfekt λελιημ ένος/-η/-ον gehört ursprünglich wohl nicht hierher (vgl. LfgrE s.v. λελιημένος) und ist in meiner Zählung nicht enthalten, doch wurde es wohl schon früh als zu λιλαίεσθαι gehörig empfunden (Suppletion zweier verba defectiva).

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(215) ἐποτρύνει πονέεσθαι  Vgl. den Kommentar zu (137) ἐποτρύνων πονέεσθαι. (216) φαίης κεν θεὸν ἔμμεν  φαίης κε(ν): Il. 3,220 – Pind. Isthm. 6,72 – Theokr. 1,42 – Arat 196 – A.R. 3,1265 und 4,997 – Dem. Bith. fr. 4,4 CA – 7x Opp. hal. – Opp. cyn. 2,87; 2,516; 3,218 – 8x Q.S.

Homerischer locus unicus für die Konstruktion ›φαίης κε(ν) + Infinitiv (bzw. AcI)‹ (»man dürfte / könnte wohl meinen / sagen, dass […]«) ist Il. 3,220 (von Odysseus): φα ίης κεν ζ άκοτόν τ έ τιν ᾿ ἔμμεναι ἄφρονά τ᾿ αὔτως. »Man hätte meinen können, er sei ein griesgrämiger und ebenso unverständiger [Mensch].« Sie taucht danach erst ab hellenistischer Zeit sporadisch wieder auf, wird in der kaiserzeitlichen Epik beliebt, bleibt jedoch als spezifischer Epizismus1703 auf die Hexameterdichtung beschränkt. Zu θεὸν ἔμμεν: Es ist anzunehmen, dass die Griechen von einem männlichen Führer ausgehen, doch ist die Formulierung an und für sich ambivalent: Quintus gebraucht zwar durchaus und häufig Formen des Motionsfemininums θε ά, doch desgleichen auch θε ός i.S.v. »Göttin«; vgl. z.B. 2,445f. (Achilleus zu Memnon über seine Mutter Thetis): γνώσῃ δ᾿ ὡς θεός ἐστιν, ἐπὴν δ όρυ χ άλκεον ε ἴσω / ἐς τε ὸν ἧπαρ ἵκηται ἐμῇ βεβλημ ένον ἀλκῇ. »Du wirst erkennen, dass sie eine Göttin ist, sobald die eherne Lanzen[spitze], von der Kraft meines [Armes] geworfen, in deine Leber gedrungen ist.«1704 Wir können somit den Vers auf einer doppelten Ebene lesen: Von der Perspektive des unwissenden Sprechers aus gesehen ist θεός als Maskulinum gemeint, doch der mehrwissende Leser kann darin ebenso eine zweigeschlechtliche bzw. geschlechtsneutrale Form sehen und somit sein Mehrwissen gegenüber der dramatis persona geniessen.1705 Dass Penthesileia mit einer Gottheit verglichen bzw. für göttlich gehalten wird, ist nicht neu,1706 die Motivation dafür ist hier allerdings eine andere. Es ist nicht ihre Schönheit und ihre Ausstrahlung, wovon die Griechen beeindruckt sind (selbige nehmen sie aus der Distanz gar nicht wahr), sondern vielmehr die Tatsache, dass nun, nach Hektors Tod, plötzlich ein neuer Führer der Troer sozusagen ›aus heiterem Himmel‹ auftaucht und angreift. So wie Thoas in seiner Kampfparänese an die Griechen (Il. 15,286–299) mutmasst, dass einer der Götter bzw. Zeus den Troerhelden wieder zum 1703

Vgl. Schol. Opp. hal. 2,594: φαίης κε· εἴποις ἄν. Vgl. VB s.v. θεή, θεά und s.v. θεός. 1705 Möglicherweise können wir darin auch eine subtile Paralepse, d.h. ein Eindringen des mehrwissenden Erzählers in die Rede eines wenigerwissenden Charakters, sehen; vgl. dazu auch den Kommentar zu (217) θάρσος ἄᾱτον a.E. mit Anm. 1725. 1706 Vgl. Q.S. 1,19 Πενθεσίλεια θεῶν ἐπιειμένη εἶδος (auktorial); 1,55f. ῎Αρεος ἀκαμάτοιο βαθυκνήμιδα θύγατρα / εἰδομένην μακάρεσσιν und 1,61 θεσπεσίη ἐπέκειτο χάρις (auktorial, allerdings mit embedded focalization: Sicht / Wahrnehmung der Troer); 1,190 ο ὕνεκ᾿ ἔοικεν ἐπουρανίῃσι θεῇσιν (Gebet des Priamos). 1704

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

Leben erweckt haben müsse,1707 und wie die Soldaten bei Athenes Erscheinung am Himmel an ein Wirken des Zeus denken (Il. 4,82–84),1708 so nimmt der anonyme Grieche hier an, dass es sich bei dem Angreifer selber um eine Gottgestalt handeln müsse. Dieses narratologische Phänomen ist auch bekannt als Jörgensen’s law, benannt nach einer Arbeit von Jörgensen (1904):1709 Epische Charaktere, denen die Allwissenheit des auktorialen Erzählers abgeht, schreiben göttliches Wirken bzw. Ereignisse oder Zustände, die auf ein solches schliessen lassen, i.d.R. unspezifisch einer Gottheit (θεός bzw. θεοί oder δαίμων) bzw. einem ›unpersönlichen‹ Zeus zu – somit entsteht eine Spannung zwischen dem Mehrwissen des Erzählers und des Rezipienten einerseits und der (partiellen) Unwissenheit der dramatis personae andererseits. (216) ἐπεὶ μέγα μήδεται ἔργον Dies ist ein Zitat aus h. Cer. 351.1710 Hermes bittet Hades auftrags Zeus, Persephone herauszugeben, damit Demeter von ihrem Zorn ablasse und von ihrem Plan, die Menschheit ›auszuhungern‹, wieder Abstand nehme. Dabei imaginiert er folgendes Horrorszenario: h. Cer. 351–356: […] ἐπεὶ μέγα μήδεται ἔργον φθῖσαι φῦλ᾿ ἀμενηνὰ χαμαιγενέων ἀνθρώπων σπέρμ᾿ ὑπὸ γῆς κρύπτουσα, καταφθινύθουσα δὲ τιμάς ἀθανάτων. ἡ αἰνὸν ἔχει χόλον, οὐδὲ θεοῖσιν μίσγεται, ἀλλ᾿ ἀπάνευθε θυώδεος ἔνδοθι νηοῦ ἧσται, ᾿Ελευσῖνος κραναὸν πτολίεθρον ἔχουσα. [… ] Denn sie ersinnt eine grosse Tat: das kraftlose Volk der erdgeborenen Menschen zu vernichten indem sie, den Samen unter der Erde versteckt hält und so [deren] Ehrbezeugungen gegenüber den Unsterblichen zugrunde richtet. Sie hegt einen schrecklichen Zorn, und unter die Götter mischt sie sich nicht, sondern sitzt abseits in ihrem von Opferrauch duftenden Tempel, der auf der felsigen Burg von Eleusis steht.

1707

Vgl. Il. 15,290f.: ἀλλά τις αὖτε θεῶν ἐρρύσατο καὶ ἐσάωσεν / ῞Εκτορ᾿. »Doch hat wieder einer der Götter Hektor beschützt und gerettet.«; 15,292f.: οὐ γὰρ ἄτερ γε / Ζηνὸς ἐριγδούπου πρόμος ἵσταται ὧδε μενοινῶν. »Denn er tritt nicht ohne [die Hilfe] des hochdonnernden Zeus als Vorkämpfer dergestalt in Kampfesgier auf.« 1708 Für Text und Übersetzung dieser Vorbildstelle vgl. die Einleitung zu diesem Abschnitt. 1709 Vgl. auch Nünlist / de Jong (2000) 165; de Jong (2001) XV. 1710 Vgl. auch die epische Versschlusswendung μήσατο ἔργα ( Il. 10,289; Od. 24,199 und 24,444; Hes. Th. 166 und 172; ausserdem PDerv. 25,14 [αὐτ]ὰρ [ἐ]πεὶ δ[ὴ πάν]τα Διὸ[ς φρὴν μή]σατ[ο ἔ]ργα).

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Kommentar zu den Versen 205–219

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Wir können aus dem Zitat eine doppelte Funktion herauslesen: Einerseits wird damit die existentielle Bedrohung hervorgehoben, die von Penthesileias Angriff ausgeht (bzw. die von den Griechen, die sich nach Hektors Tod in Sicherheit wähnten, in diesem Moment als solche empfunden wird). Andererseits ist der Intertext der einzige Hinweis darauf, dass es sich um eine Frau handelt. Auf der Sprachoberfläche ist die Ausdrucksweise des namenlosen Griechen neutral (θεὸν ἔμμεν), und wir müssen davon ausgehen, dass die Griechen noch nicht bemerkt haben, dass sie es mit Amazonen zu tun haben. Der lector doctus aber liest aufgrund des Zitats den dahinterstehenden ›Frauenkontext‹ mit und geniesst das intertextuelle Spiel.1711 (217–218) ἄλλ᾿ ἄγε, θάρσος […] ἀλκῆς μνησώμεσθα δαΐφρονος Dies sind die Eingangsworte zu einer typisch episch-heroischen exhortatio vor einer Schlachtszene. Allerdings finden sich exhortationes dieser oder ähnlicher Art nicht nur homerisch, sondern auch elegisch, stellen also einen über das Epos hinaus verbreiteten Topos dar.1712 Mit der stehenden Wendung ἀλλ᾿ ἄγε wird die vorangehende Erzählung abgebrochen (= Abbruchformel), die Zuhörer werden wachgerüttelt und zum Handeln angespornt; man vergleiche etwa den entsprechenden Passus in Quintus’ Vorbild, Thoas’ Rede an die Achaier, Il. 15,294: ἀλλ᾿ ἄγεθ᾿, ὡς ἂν ἐγὼ εἴπω πειθ ώμεθα πάντες. »Doch auf! Kommt, auf dass alle dem gehorchen, was ich sage!«1713 Auf der Erzählebene handelt es sich um ein klares narratives Signal, welches die unmittelbar bevorstehende Schlacht ankündigt; vgl. den Fortgang der Handlung, Q.S. 1,220f.: ὣς φ άτο· το ὶ δὲ φαειν ὰ περ ὶ σφ ίσι τε ύχεα θέντες / νη ῶν ἐξεχέοντο μ ένος καταειμ ένοι ὤμοις. »So sprach er. Sie aber [= die Argeier] legten sich ihre glänzenden Waffen um und strömten aus den Schiffen hervor, die Schultern mit Kampfesmut bedeckt.« Enge sprachliche und inhaltliche Vorbilder für Quintus’ Formulierung finden sich in folgenden homerischen Versen bzw. Formeln:

1711 Möglicherweise wie θεὸν ἔμμεν auch als Paralepse aufzufassen (vgl. Anm. 1705); vgl. dazu auch den Kommentar zu (217) θάρσος ἄᾱτον a.E. mit Anm. 1725. 1712 Vgl. z.B. Kallin. fr. 1,9–11 2IEG: ἀλλά τις ἰθὺς ἴτω / ἔγχος ἀνασχόμενος καὶ ὑπ᾿ ἀσπίδος ἄλκιμον ἦτορ / ἔλσας, τ ὸ πρ ῶτον μειγνυμ ένου πολ έμου. »Doch wohlan! Ein Mann soll geradewegs drauflosgehen, den Speer emporhaltend und ein wehrhaftes Herz unter dem Schild zusammendrängend, sobald der Krieg sich rührt.« (NB: die Wendung ἄλκιμον ἦτορ auch in Q.S. 1,409: ὦ φίλαι, ἄλκιμον ἦτορ ἐνὶ στ έρνοισι βαλο ῦσαι [die kriegslustige Hippodameia an die Troerinnen]); Tyrt. fr. 10,15–18 2IEG: ὦ νέοι, ἀλλὰ μάχεσθε παρ᾿ ἀλλήλοισι μένοντες, / μηδὲ φυγῆς α ἰσχρῆς ἄρχετε μηδ ὲ φόβου, / ἀλλὰ μέγαν ποιε ῖσθε κα ὶ ἄλκιμον ἐν φρεσ ὶ θυμ όν, / μηδὲ φιλοψυχεῖτ᾿ ἀνδράσι μαρνάμενοι. »Ihr jungen Männer! Kämpft und bleibt nebeneinander, und fangt [gar] nicht an mit schändlicher Flucht oder Furcht, sondern macht euer Herz gross und wehrhaft in eurem Sinn, und hangt nicht am Leben, wenn ihr gegen Männer kämpft!«; vgl. auch Latacz (1977). 1713 Ein Iteratvers (6x Il.; Od. 12,213 und 13,179).

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

• Il. 5,529 (Agamemnon geht persönlich durch die Schlachtreihen und

spornt die versammelten Achaier zum Kämpfen an): ὦ φίλοι, ἀνέρες ἔστε καὶ ἄλκιμον ἦτορ ἕλεσθε. »Freunde! Seid Männer und fasst euch ein wehrhaftes Herz!« – ἄλκιμον ἦτορ ἕλεσθε >> θ άρσος ἄατον ἐνὶ στέρνοισι βαλόντες. • Il. 5,718 (Hera zu Athene): ἀλλ᾿ ἄγε δ ὴ κα ὶ νῶι μεδ ώμεθα θο ύριδος ἀλκῆς. »Doch wohlan! Komm und lass auch uns der stürmischen Kampfkraft gedenken!« – μεδ ώμεθα θο ύριδος ἀλκῆς >> ἀλκῆς μνη σώμεσθα δαΐφρονος. • ἀνέρες ἔστε, φ ίλοι, μν ήσασθε δ ὲ θο ύριδος ἀλκῆς (Iteratvers, 7x Il.): »Seid Männer, Freunde, und gedenkt der stürmischen Kampfkraft!« – μνήσασθε δὲ θούριδος ἀλκῆς >> ἀλκῆς μνησώμεσθα δαΐφρονος. • μνησώμεθα χ άρμης (Versschlusswendung: Il. 15,477; 19,148; Od. 22,73). – μνησώμεθα χάρμης >> ἀλκῆς μνησώμεσθα δαΐφρονος.1714  Zu δαΐφρων vgl. den Kommentar zu (47) δαΐφρονι Πενθεσιλείῃ. (217) θάρσος ἄᾱτον ἄητος αἴητος ἄᾰτος / ἆτος ἀάᾰτος ἄᾱτος

frühepisch Il. 21,395 Il. 18,410 6x Il.; Od. 13,293; Hes. Th. 714; [Hes.] Scut. 59 Il. 14,271; Od. 21,91; 22,5 —

Argonautica — — 1,459; 2,232

Posthomerica — — —

1,803*; 2,77





1,217

Vorbild für Q.S. 1,217 θ άρσος ἄᾱτον ist Il. 21,395 θ άρσος ἄητον. Die Passage steht im Kontext des Götterkampfes: Ares stürzt sich wütend auf Athene und wirft ihr folgende Schmähworte an den Kopf (Il. 21,394f.): τίπτ᾿ αὖτ᾿, ὦ κυνάμυια, θεοὺς ἔριδι ξυνελαύνεις, / θάρσος ἄητον ἔχουσα, μ έγας δ έ σε θυμ ὸς ἀνῆκεν. »Was treibst du schon wieder die Götter im Streit gegeneinander, du Hundsfliege, mit deinem ἄητον Übermut, und grosser Übermut hat dich angetrieben?!« θάρσος – ein im Kern hochgradig ambivalentes Wort1715 – ist hier aufgrund des Kontexts zweifellos negativ gemeint (»Übermut, Frechheit«), und entsprechend muss das Adjektiv ἄητος – ein homerisches hapax – gefärbt sein. In der Regel wurde dieses als mit αἴητος – dies ebenfalls ein homerisches hapax – identisch angese1714 Das homerische μνησώμεθα χάρμης auch 1x bei Q.S. (1,413). – Die Form μνησώμεσθα in Q.S. 1,218 anstelle des üblichen μνησώμεθα (metri gratia) ist ein absolutes hapax. 1715 Zur Ambivalenz von θάρσος vgl. den Kommentar zu (131) θαρσαλέως.

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hen;1716 vgl. das Wort im Kontext, Il. 18,410f. (von Hephaistos): ἦ, καὶ ἀπ᾿ ἀκμοθέτοιο π έλωρ α ἴητον ἀνέστη / χωλε ύων. »Sprach’s, und es erhob sich von seinem Ambosshalter das αἴητον Ungetüm, der Lahme.« Verstanden wurden beide Wörter in nachhomerischer Zeit allerdings nicht mehr, und entsprechend vielfältig sind die Erklärungsversuche der Homererklärer und Scholiasten – so finden sich etwa (einander z.T. widersprechende) Glossierungen wie κινητικ όν, ὡρμημένον, βαρ ύ, δυσκ ίνητον, α ἰετῷ ἐοικός, παρὰ μηδενὶ ὄν, ἀκατάπαυστον oder auch einfach nur μέγα.1717 Es käme somit reiner Spekulation gleich entscheiden zu wollen, welche dieser Bedeutungen Quintus hineingelesen haben mag. Die moderne Forschung sodann leitet ἄητος / αἴητος i.d.R. von ἄημι »winden, wehen« ab und deutet es als »schnaufend, schnaubend«;1718 vgl. auch Il. 21,386: δίχα δέ σφιν ἐνὶ φρεσὶ θυμὸς ἄητο. »Und geteilt wehte ihnen [= den Göttern] der Sinn in ihrem Innern.«1719 Warum jedoch schreibt Quintus ἄᾱτον anstelle des homerischen ἄητον? Der Verweis auf eine simple variatio mag in diesem Falle nicht genügen; ebensowenig will die Mutmassung, Quintus könnte eine uralte, unionische Variante zu ἄητος bewahrt haben, überzeugen.1720 Vielmehr stellt unser Dichter mit seiner Kunstbildung eine Verbindung zum homerischen Adjektiv ἄᾰτος her – sein ἄᾱτος ist gewissermassen eine Kontamination aus ἄητος und ἄᾰτος. ἄᾰτος wird im frühen Epos i.d.R. zu ἆτος kontrahiert, zeigt jedoch aufgrund seiner sedes (stets in der Senkung), dass zwei kurze -ᾰᾰ- ursprünglich gewesen sein müssen.1721 Bei Apollonios sodann finden wir eine künstliche Dehnung des anlautenden Vokals (ᾱᾰτος – die Bildung dürfte begünstigt worden sein aufgrund der Kontraktionsform ἆτος, stellt also gewissermassen eine Kontamination aus ἆτος und ᾰᾰτος dar). Herge1716 Vgl. z.B. Schol. vet. A Il. 18,410d (37f., Herodian): ὁ ᾿Ασκαλωνίτης προπαροξύνει, ἐκδεχόμενος πλεονασμὸν τοῦ ῑ παρὰ τὸ »θάρσος ἄητον ἔχουσα«. »Der Askalonite [= der Grammatiker und Lexikograph Dorotheos aus Sidon] betont das Wort auf der vorletzten Silbe und hält das iota für eine Hinzufügung aufgrund [der Passage] ›θάρσος ἄητον ἔχουσα‹.« So z.T. auch die moderne Forschung; vgl. Doederlein I, 181 (»verstärkte Form«); Frisk I s.v. αἴητος (»[v]ielleicht metrisch bedingte Variante von ἄητος«); implicite auch Schwyzer I, 502 Anm. 6. 1717 Vgl. dazu LfgrE s.v. ἄητος, αἴητος; Ebeling I s.v. ἄητος; Sabbadini (1967). 1718 Vgl. Ebeling I s.v. αἴητος: »qui graviter spirat«, πέλωρ αἴητον = »das keuchende Ungetüm«; id. s.v. ἄητος: »spirans, flagrans«, θυμὸς ἄητο = »schnaubt Zorn«. Vgl. ferner Leaf II, 412 zu Il. 21,395; LfgrE s.v. ἄητος, αἴητος; Sabbadini (1967). Vgl. jedoch (wohl mit Recht) Richardson (1993) 88 (zu Il. 21,395): »[N]umerous […] explanations were offered. Modern philology has not progressed much further.« 1719 Man beachte die Nähe von θυμὸς ἄητο (Il. 21,386) und θάρσος ἄητον (Il. 21,395). 1720 So Doederlein I, 181: »Wenn aber Buttmann aus θάρσος ἄατον bei Quint. Cal. I, 217 auf eine alte Variante ἄατον im Homer schliesst, so hat das viel Wahrscheinlichkeit.« Zögernd Leaf II, 412 zu Il. 21,395: »Qu. Smyrn. has θάρσος ἄατον, which may therefore have been an old variant here, though it would be no clearer than the text […]« 1721 Zu den Zeugnissen für die ursprüngliche Form ἄᾰτος vgl. LfgrE s.v. ἄατος (ἆτος) und West (1966) 356 (zu Hes. Th. 714).

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

leitet wurde und wird ἄᾰτος / ἆτος aus *ἄσᾰτος »ungesättigt; unersättlich« (vgl. ἄμεναι und ἆσαι »[sich] sättigen«; lat. satis »genug«).1722 Diese Etymologie passt für sämtliche frühepischen Stellen; vgl. die Versschlussformel ῎Αρης ἆτος πολ έμοιο »der an Krieg unersättliche Ares« (Il. 5,388 ~ 5,863 ~ 6,203; variiert in Il. 13,746 ἀνὴρ ἆτος πολέμοιο [von Achilleus!]; Hes. Th. 714 Γ ύγης τ ᾿ ἄατος πολ έμοιο; [Hes.] Scut. 59 ῎Αρη᾿ ἄατον [ἆτον] πολ έμοιο); ferner Il. 11,430 ὦ ᾿Οδυσεῦ πολ ύαινε, δ όλων ἆτ᾿ ἠδὲ πόνοιο; Il. 22,218 ῞Εκτορα […] μ άχης ἆτον; Od. 13,293 σχ έτλιε, ποικιλομῆτα, δ όλων ἆτ᾿ (Athene zu Odysseus). Daneben jedoch hat man das Wort in späterer Zeit z.T. auch i.S.v. »schädlich« verstanden, also wohl mit ἄτη in Verbindung gebracht; vgl. Schol. vet. T Il. 5,863 (78): ἆτος δὲ ὁ βλαπτικός. Apollonios scheint auf beide Bedeutungsmöglichkeiten bewusst anzuspielen; vgl. A.R. 1,459 ἄᾰτος ὕβρις (im Kontext eines Gastmahls, bei welchem ὕβρις sowohl ›unersättlich‹ als auch ›[gesundheits-]schädlich‹ sein kann) und 2,232 πικρὴ […] ἄᾰτος […] ἀνάγκη (von Phineus’ Zwang zu warten, da die Harpyien sein Essen verschmutzen; die Bedeutung »[gesundheits-]schädlich« dürfte hier prädominant sein, doch schwingt »unersättlich« aufgrund des Kontexts [Essen / Nahrung] gleichwohl im Hintergrund mit).1723 Hier zeigt sich also ein wesentlich klareres Bild als bei ἄητος: Quintus kann und wird in ἄᾰτος grundsätzlich zwei Bedeutungen (»unersättlich« – »schädlich«) gelesen haben, während im Falle von ἄητος sich für ihn wohl ein ebenso disparates Bild präsentierte wie für uns. Darin wiederum ist der Grund zu sehen, weshalb man nachhomerisch auch auf ἄητος mitunter die Bedeutung »unersättlich« applizierte – sei es, weil man das Wort tatsächlich mit ἄᾰτος verwechselte, sei es, weil man mangels einer klaren bzw. ›geeigneten‹ Bedeutung für ἄητος die Bedeutung des ähnlich klingenden ἄᾰτος darauf übertrug, die ja für die iliadische Ursprungsstelle semantisch / kontextuell durchaus auch passen würde (θάρσος ἄητον »unersättliche Frechheit«); vgl. Hesych s.v. ἄητοι· ἀκόρεστοι; Nik. Ther. 782–784: ἄλλος δ ᾿ ἐμπέλιος· φορέει δ᾿ ὑπὸ βοσκάδα νηδύν / εὐρεῖαν, δὴ γάρ τε ποηφ άγος, αἰὲν ἄητος, / γαιοφ άγος. »Ein anderer Skorpion ist blau; er trägt unten einen riesigen Bauch, [der] gefüttert [sein will], denn er ist ein immerzu unersättlicher Gras- und Erdfresser.« Ich möchte darum folgende Deutung für unsere Stelle vorschlagen: Mit seinem θάρσος ἄᾱτον nimmt Quintus auf Il. 21,395 θάρσος ἄητον inte rtextuell Bezug (zur inhaltlichen Deutung dieser Bezugnahme s.u.); basie1722 So schon in der Antike; vgl. Schol. vet. Til Il. 5,388c: < ἆ τ ο ς: > ἀκόρεστος. Desgleichen in der modernen Forschung; vgl. LfgrE s.v. ἄατος (ἆτος) und Frisk I s.v. ἄατος. 1723 Die Scholien bevorzugen die Bedeutung »schädlich«; vgl. Schol. vet. L A.R. 1,459c: ἄατος· ἡ ἄγαν βλαπτική; Schol. vet. A.R. 2,232f.: ἀλλά με πικρ ὴ : ἡ πολυβλαβής; vgl. auch Rengakos (1994) 28 und Cuypers (2003) 226.

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rend auf der nachhomerischen Assoziation des in seiner Bedeutung strittigen Adjektivs mit dem ähnlich klingenden ἄᾰτος kontaminiert er die beiden Wörter formal zu dem Neologismus ἄᾱτος und festigt damit gleich zeitig die Bedeutung »unersättlich«.1724 Zu klären bleibt nun die Frage, in welcher inhaltlichen Beziehung das posthomerische θάρσος ἄᾱτον und das iliadische θάρσος ἄητον zueinander stehen. Letzteres ist von Ares gegenüber Athene eindeutig im Sinne eines Vorwurfs, ja einer Beleidigung gemeint, ist also negativ konnotiert. Demgegenüber ist die Aufforderung des anonymen Griechen an seine Mitkämpfer, sich θ άρσος ἄᾱτον in die Brust zu werfen, eine Aufmunterung, also positiv gefärbt. Lesen wir jedoch den iliadischen Intertext mit, so schwingt plötzlich ein negativer, ja kritischer Unterton mit. Einerseits können wir in dieser Umdeutung vom Negativen ins Positive einfach eine imitatio cum variatione sehen, welche ja auf sprachlicher Ebene auch vorliegt (ἄητον > ἄᾱτον). Andererseits lässt sich hier jedoch auch das Konzept der Paralepse anwenden: Der allwissende Erzähler dringt mit seinem Mehrwissen an einem gewissen Punkt in die Rede einer dramatis persona ein; diese gibt somit Wissen preis, welches sie eigentlich gar nicht besitzen kann.1725 Auf die vorliegende Situation angewandt bedeutet dies: Der anonyme Grieche ist im Moment seiner Kampfparänese voller Enthusiasmus, er denkt nicht an die negativen Folgen des Krieges. Der superiore Erzähler jedoch ist aufgrund seines Mehr- und Vorauswissens dem Krieg gegenüber (auch) kritisch eingestellt; indem er nun dem anonymen τις eine Floskel in den Mund legt, welche aufgrund ihrer intertextuellen Bindung an ihr iliadisches Vorbild negativ aufgeladen ist, dringt er ›durch die Hintertür‹ kommentie1724 Unnötig ist m.E. die von Vian angenommene Verknüpfung mit dem Adjektiv ἀάατος, welches sowohl etymologisch und formal wie auch semantisch Schwierigkeiten bereitet (vgl. LfgrE s.v. ἀάατος; Moorhouse [1959] 50; Moorhouse [1961]; Janko [1992] 195 [zu Il. 14,271]; Russo / Fernández / Heubeck (1992) 157 [zu Od. 21,91]; Olcott [1993]; Rengakos [1994] 28f.; Chadwick [1996] 31). Vian sieht in Quintus’ ἄᾱτος eine Kontamination aus ἄητος und ἀάατος; vgl. id. (1963) 162 Anm. 6 (zu 20): »La forme dont use Quintus, ἄατος (˘ — ˘), représente peutêtre une interpretatio visant à assimiler le mot à ἀάατος (˘ — ˘ ˘), qu’Apoll. Rhod., II, 77, emploie dans le sens d’« invincible ».« Die Bedeutung »unbesiegbar« mag zwar für unsere Stelle gut passen, doch unterschlägt Vian in seiner Interpretation die Existenz des homerischen ἄᾰτος und somit auch die Differenz der Vokalquantitäten zwischen dem homerischen ἄᾰτος und Quintus’ ἄᾱτος. Da aber ἄᾱτος so klar eine Kreuzung aus ἄητος und ἄᾰτος darstellt, scheint es wenig wahrscheinlich, dass ἀάατος als dritter (bzw. vierter) im Bunde auch noch mitspielen und zur allgemeinen Verwirrung beitragen sollte. Quintus hat mit der Kreation seines ἄᾱτος nicht Verwirrung stiften, sondern Klarheit schaffen wollen, indem er die Bedeutung »unersättlich« gestärkt hat. 1725 Vgl. Nünlist / de Jong (2000) 166 und de Jong (2001) XVI zur Definition. Die Paralepse ist somit eine Form der embedded focalization. Selbige bezieht sich i.d.R. auf die gegenteilige Situation, nämlich auf das Eindringen einer figurenspezifischen Sichtweise oder Wahrnehmung in die Erzählung (in den narrator-text) eines (an und für sich ›allwissenden‹) Erzählers. Fälle von Paralepse finden sich bereits in den homerischen Epen und werden in den Scholien reflektiert; vgl. dazu Nünlist / de Jong a.a.O. (mit Literatur); Nünlist (2003) 67–70; de Jong (22004) 13f.

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4. Philologischer und interpretativer Kommentar zu den Versen 1–219

rend in dessen Rede ein. An diesem Punkt mag auch die Bedeutung »schädlich«, die Apollonios und einige Scholiasten dem homerischen ἄᾰτος / ἆτος geben wollten (s.o.), wieder mitschwingen – mehr noch: Der anonyme Grieche spricht affirmativ von »unersättlichem«, der eindringende Erzähler jedoch kommentierend von »schädlichem Mut«.1726 (217) ἐνὶ στέρνοισι βαλόντες ἐνὶ στέρνοισι(ν) ἐν στέρνοισι(ν) ἐνὶ στήθεσσι(ν) ἐν στήθεσ(σ)ι(ν)

Il. + Od. — — 80x1730 25x1732

Argonautica — 2x1729 1x1731 3x1733

Posthomerica1727 10x1728 5x 6x —

Homerisch ἐνὶ στ ήθεσσι(ν) und ἐν στ ήθεσ(σ)ι(ν) sind metrisch komplementäre Varianten.1734 Apollonios gebraucht beide, doch in der für ihn typischen Art nicht gehäuft, sondern als Raritäten, um die formelhafte Repetivität der homerischen Epen zu vermeiden, sowie das tragisch zum ersten Mal belegte ἐν στ έρνοισι(ν).1735 Quintus’ Neuerung besteht darin, mit ἐνὶ στέρνοισι(ν) zusätzlich ein ›unökonomisches‹ homerisierendes Äquivalent zum prosodisch identischen ἐνὶ στήθεσσι(ν) zu verwenden.1736 Der Ausdruck »Mut in jds. Brust werfen« scheint in der vorliegenden Form und Formulierung eine Idiosynkrasie unseres Dichters zu sein. Er wird mehrfach in Kampfparänesen verwendet; vgl. 1,409 ὦ φίλαι, ἄλκιμον ἦτορ ἐνὶ στ έρνοισι βαλο ῦσαι (Hippodameia zu den versammelten Troerinnen); 6,604 ὦ φίλοι, ε ἰ δ᾿ ἄγε θυμ ὸν ἕνα (varia lectio ἐνὶ) στ έρνοισι βαλόντες (Eurypylos zu den Troern); 8,261 τλῆτε, φίλοι, καὶ θάρσος ἐνὶ 1726 Quintus’ θάρσος ἄᾱτον ist rezipiert in vis. Dor. 258 μένος […] ἄᾱτον, dort mit affirmativpositiver Konnotation; vgl. im Kontext (257f., mit der Übersetzung von Kessels / van der Horst [1987]): ἦ ποτε μ ή τις ἀγασσάμενο[ς] καλ έσειεν / ἀθάνατον θε ὸν ὧδε, ὅ τοι μ ένος ἐσ[τ]ὶν ἄατον. »[I]n truth may no one ever invoke the immortal God / vaingloriously here, because His might is invincible.« 1727 An drei Stellen (Q.S. 2,254; 5,175; 6,604) schwankt die Überlieferung zwischen ἐνὶ στέρνοισι(ν) und ἐνὶ στήθεσσι(ν); vgl. Vian (1963ff.), Apparate ad loc. 1728 Einschliesslich Q.S. 1,409 und 3,14, wo die Codices ἐπί statt ἐνί überliefern. 1729 A.R. 3,635; 4,1061. 1730 46x Il.; 34x Od.; ausserdem Hes. Th. 611 und 645; Hes. fr. 22,8; 75,14; 317; 318. 1731 A.R. 3,397. 1732 17x Il.; 8x Od.; ausserdem im frühen Epos h. Cer. 361; Apoll. 519; Merc. 434; Ven. 73; Hes. Th. 61; 122; 641; 765. 1733 A.R. 1,478; 3,760; 4,1723. 1734 Auch in der visio Dorothei: ἐν στήθεσσι(ν) 3; 90; 161; 174; ἐνὶ στήθεσσιν 176. 1735 Aischyl. Choeph. 746; Soph. Aias 632; Eur. Phoen. 134; u.a. 1736 Erstbeleg für ἐνὶ στέρνοισι(ν): Tyrt. fr. 24,1 2IEG (nur dort in der archaischen Dichtung); einige weitere Male in der kaiserzeitlichen Hexameterdichtung.

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Kommentar zu den Versen 205–219

527

στήθεσσι β άλεσθε (Helenos zu den Troern) ~ 9,275 κλ ῦτε, φ ίλοι, κα ὶ θάρσος ἐνί στήθεσσι βάλεσθε (Neoptolemos zu den Griechen). Zur Formulierung vgl. auch 1,289 ἐν γ άρ ο ἱ στ έρνοισι θρ άσος β άλε Τριτο γένεια;1737 3,14 Κῆρες ἐνὶ στέρνοισι θράσος βάλον.1738 Homerisches Vorbild für die von Quintus geprägten Ausdrücke ist Il. 5,513: καὶ ἐν στήθεσσι μένος βάλε ποιμένι λαῶν. »Und [Apollon] warf dem Oberbefehlshaber der Soldaten [= Aineias] Mut in die Brust.«; vgl. ausserdem h. Ven. 73: καὶ τοῖς ἐν στήθεσσι βάλ᾿ ἵμερον. »Und auch diesen [= den wilden Tieren] warf [Aphrodite] Verlangen in die Brust.«1739 Die Vorstellung einer Empfindung oder Regung, die einem eine Gottheit »in die Brust wirft«, wird sonst in der frühepischen Sprache nicht dergestalt ausgedrückt. Der Verbalstamm βαλ- und die Substantive στέρνον bzw. στῆθος verbinden sich allerdings in zahlreichen Formulierungen, die den Kampfestod bezeichnen; vgl. z.B. βάλε στῆθος παρὰ μαζόν »traf ihn an der Brust neben der Warze« (Il. 4,480 und öfters); χαλκὸν ἐνὶ στήθεσσι βαλὼν ἐκ θυμὸν ἕλοιτο »[dass keiner] ihm das Erz in die Brust werfe und das Leben nehme« (Il. 5,317 = 5,346); κατὰ στῆθος βάλε δουρί »traf ihn gegen die Brust mit dem Speer« (Il. 11,108; 13,186; 15,420); u.ä. Die genannten Passagen Il. 5,513 und h. Ven. 73 stellen also eigentlich Metaphern aus der Kriegssprache dar, die Quintus übernimmt und gehäuft verwendet. (219) ἤματι τῷδε  Vgl. den Kommentar zu (186) ἤματι τῷδε.

1737

Sehr ähnlich ausserdem Q.S. 7,143 εἰ μὴ Τριτογένεια θράσος βάλεν ᾿Αργείοισιν. Sprachlich vgl. auch Q.S. 3,597 ἄτρομον ἔμβαλε θάρσος; 9,80 ὑπὸ φρένας ἔμβαλε θάρσος; 9,229 ὑπὸ κραδίην βάλε θάρσος; 9,299 Τρωσὶν δὲ θράσος βάλε, δεῖμα δ᾿ ᾿Αχαιοῖς. 1739 Vgl. ausserdem auch den homerischen Iteratvers ἄλλο δέ τοι ἐρέω, σὺ δ᾿ ἐνὶ φρεσὶ βάλλεο σῇσι(ν) (7x Il., 7x Od.) sowie Il. 20,195f. ἐνὶ θυμῷ / βάλλεαι. 1738

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5. Bibliographie1740

5.1 Textausgaben, Übersetzungen, kommentierte Ausgaben 5.1.1 Quintus Smyrnaeus Combellack (1968) = The War at Troy. What Homer Didn’t Tell. By Quintus of Smyrna. Translated, and with an Introduction and Notes, by Frederick M. Combellack (Norman OK 1968). de Pauw / Dausque (1734) = Quinti Calabri prætermissorum ab Homero libri XIV. Graece, cum versione Latina et integris emendationibus Laurentii Rhodomanni; et adnotamentis selectis Claudii Dausqueji; curante Joanne Cornelio de Pauw, qui suas etiam emendationes addidit (Leiden 1734). Döhler (1848) = Döhler, Eduard: Des Quintus Smyrnaeus dritter Gesang metrisch übertragen, nebst Einleitung über das Leben des Dichters und Inhaltsangabe der übrigen Gesänge (Brandenburg 1848). Donner (1866) = Donner, Johann Jakob Christian: Die Fortsetzung der Ilias. Deutsch in der Versart der Urschrift (Stuttgart 1866). James (2004) = Quintus of Smyrna. The Trojan Epic. Posthomerica. Translated and edited by Alan James (Baltimore / London 2004) [Johns Hopkins New Translations from Antiquity]. Köchly (1850) = Κοΐντου τὰ μεθ᾿ ῞Ομηρον. Quinti Smyrnaei Posthomericorum libri XIV. Recensuit prolegomenis et adnotatione critica instruxit Arminius Koechly (Leipzig 1850) [unveränderter Nachdruck: Amsterdam 1968].  (1853) = Quinti Smyrnaei Posthomericorum libri XIV. Relegit Arminius Koechly. Accedit index nominum a Francisco Spitznero confectus (Leipzig 1853). Lehrs (1840) = Κοίντου τὰ μεθ᾿ ῞Ομηρον. Quinti Posthomerica. Graece et Latine cum indic ibus nominum et rerum edidit F. S. Lehrs (Paris 1840). Pfarrius (1830) = Pfarrius, Gustav: Probe einer Uebersetzung der Heldengesänge des Quintus Smyrnaeus (Saarbrücken 1830). Platz (1857–58) = Quintus von Smyrna. Uebersetzt von C. F. Platz (Stuttgart 1857; 1858) [3 Bde.]. Pompella (1979) = Quinto Smirneo. Le Postomeriche. Libri I - II. a cura di Giuseppe Pompella (Cassino 1979).  (1987) = Quinto Smirneo. Le Postomeriche. Libri III - VII. a cura di Giuseppe Pompella (Cassino 1987).  (1993) = Quinto Smirneo. Le Postomeriche. Libri VIII - XIV. a cura di Giuseppe Pompella (Cassino 1993).  (2002) = Quinti Smyrnaei Posthomerica. recognovit Giuseppe Pompella (Hildesheim / Zürich / New York 2002). Rhodomann (1604) = ᾿Ιλιὰς Κοίντου Σμυρναίου; seu Quinti Calabri Paraleipomena, Id est, Derelicta ab Homero, XIV. libris comprehensa. Latine olim reddita & correcta a Laurentio Rhodomano (Hannover 1604). 1740 Die Bibliographie beschränkt sich im Wesentlichen auf die in der vorliegenden Arbeit zitierten und verwendeten Werke. Umfassende Bibliographien zu Quintus Smyrnaeus finden sich bei Vian (1959a) 7–15 (vollständig für die Jahre 1505–1958) und Baumbach / Bär (2007a) 421– 465 (annähernd vollständig für das 19. und 20. Jh.). – Periodica nach L’Année philologique.

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5.1 Textausgaben, Übersetzungen, kommentierte Ausgaben

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Tychsen (1807) = Κοΐντου τὰ μεθ᾿ ῞Ομηρον. Quinti Smyrnaei Posthomericorum libri XIV. Nunc primum ad librorum manuscriptorum fidem et virorum doctorum coniecturas recensuit, restituit et supplevit Thom. Christ. Tychsen. Accesserunt observationes Chr. Gottl. Heynii (Strassburg 1807). Vian (1963; 1966; 1969) = Quintus de Smyrne. La suite d’Homère. Texte établi et traduit par Francis Vian (Paris 1963; 1966; 1969) [3 Bde.; Nachdruck 2003]. Way (1913) = Quintus Smyrnaeus. The Fall of Troy. With an English Translation by Arthur S. Way (London / New York 1913) [mehrere Nachdrucke]. Zimmermann (1891) = Κοΐντου τῶν μεθ᾿ ῞Ομηρον λόγοι. Quinti Smyrnaei Posthomericorum libri XIV. Recognovit et selecta lectionis varietate instruxit Albertus Zimmermann (Leipzig 1891).

5.1.2 Übrige Allen (1912) = Homeri Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit Thomas W. Allen. Tomus V: Hymnos, Cyclum, Fragmenta, Margiten, Batrachomyomachiam, Vitas continens (Oxford 1912) [mehrere Nachdrucke]. Asper (2004) = Kallimachos. Werke. Griechisch und deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Markus Asper (Darmstadt 2004). Austin (1964) = P. Vergili Maronis Aeneidos Liber Secundus. With a Commentary by R. G. Austin (Oxford 1964). Beckby (21965) = Anthologia Graeca. Griechisch-Deutsch ed. Hermann Beckby (München 21965) Bekker (1816) = Ioannis Tzetzae Antehomerica, Homerica et Posthomerica ex recensione Immanuelis Bekkeri (Berlin 1816). Bernabé (21996; 2004) = PEG I; II. Bühler (1960) = Bühler, Winfried: Die Europa des Moschos. Text, Übersetzung und Kommentar (Wiesbaden 1960) [Hermes Einzelschriften 13]. CA = Collectanea Alexandrina. Reliquiae minores Poetarum Graecorum Aetatis Ptolemaicae 323– 146 A.C. Edidit Iohannes U. Powell (Oxford 1925). Campbell (1991) = Moschus. Europa. Edited with Introduction and Commentary by Malcolm Campbell (Hildesheim / Zürich / New York 1991). Cougny (1927) = Epigrammatum Anthologia Palatina cum Planudeis et appendice nova epigrammatum veterum ex libris et marmoribus ductorum. Ed. Cougny, Græce et Latine (Paris 1927). Davies (1988) = EpGF. Dräger (2002) = Apollonios von Rhodos. Die Fahrt der Argonauten. Griechisch / Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Paul Dräger (Stuttgart 2002).  (2005) = Apollodor. Bibliotheke. Götter- und Heldensagen. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Paul Dräger (Düsseldorf / Zürich 2005). Dubielzig (1996) = Dubielzig, Uwe: Τριφιοδώρου ᾿Ιλίου ἅλωσις . Triphiodor: Die Einnahme Ilions. Ausgabe mit Einführung, Übersetzung und kritisch-exegetischen Noten (Tübingen 1996) [Classica Monacensia 15]. EpGF = Epicorum Graecorum Fragmenta. Edidit Malcolm Davies (Göttingen 1988). Erbse (1969–1988) = Scholia Graeca in Homeri Iliadem (Scholia vetera). Recensuit Hartmut Erbse (Berlin 1969–1988) [7 Bde.]. Fajen (1999) = Fajen, Fritz: Oppianus. Halieutica. Einführung, Text, Übersetzung in deutscher Sprache, ausführliche Kataloge der Meeresfauna (Stuttgart / Leipzig 1999). Fraenkel (1950) = Fraenkel, Eduard: Aeschylus Agamemnon. Edited with a Commentary (Oxford 1950) [3 Bde.]. Fuhrmann (1982) = Aristoteles. Poetik. Griechisch / Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Manfred Fuhrmann (Stuttgart 1982). GDRK = Die griechischen Dichterfragmente der römischen Kaiserzeit gesammelt und herausgegeben von Ernst Heitsch (Göttingen 21963; 1964) [2 Bde.].

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5. Bibliographie

Gow (1950) = Theocritus. Edited with a Translation and Commentary by A. S. F. Gow (Cambridge 1950) [2 Bde.]. Gow / Scholfield (1953) = Nicander. The Poems and Poetical Fragments. Edited with a Translation and Notes by A. S. F. Gow and A. F. Scholfield (Cambridge 1953). GVI = Peek, Werner: Griechische Vers-Inschriften. Bd. I: Grab-Epigramme (Berlin 1955). Heitsch (21963; 1964) = GDRK. Hopkinson (1984) = Hopkinson, Neil: Callimachus. Hymn to Demeter. Edited with an Introduction and Commentary (Cambridge et al. 1984). Hunter (1989) = Hunter, Richard L.: Apollonius of Rhodes. Argonautica Book III (Cambridge et al. 1989). Hurst / Reverdin / Rudhardt (1984) = Papyrus Bodmer XXIX. Vision de Dorothéos. Edité avec une introduction, une traduction et des notes par André Hurst, Olivier Reverdin, Jean Rudhardt (Cologny-Genf 1984). 2 IEG = Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati. Edidit M. L. West (Oxford 21989; 21992) [2 Bde.]. Janko (2000) = Philodemus. On Poems. Book 1. Edited by Richard Janko (Oxford 2000). Kessels / van der Horst (1987) = Kessels, Antonius H. M. / van der Horst, Pieter W.: »The Vision of Dorotheus (Pap. Bodmer 29). Edited with Introduction, Translation and Notes« in: VChr 41 (1987) 313–359. Köchly (1858) = Corpus poetarum epicorum Graecorum. Vol. VII. Manethonia. Relegit Arminius Koechly (Leipzig 1858). Kost (1971) = Kost, Karlheinz: Musaios, Hero und Leander. Einleitung, Text, Übersetzung (Bonn 1971). Leaf I; II = Leaf, Walter: The Iliad. Edited with Apparatus Criticus, Prolegomena, Notes, and Appendices (London / New York 21900; 21902) [2 Bde.]. Lightfoot (2003) = Lightfoot, Jane L.: Lucian. On the Syrian Goddess. Edited with Introduction, Translation, and Commentary (Oxford 2003). Livrea (1973) = Argonauticon liber quartus. Introduzione, testo critico, traduzione e commento a cura di Enrico Livrea (Florenz 1973). Mynors (1969) = P. Vergili Maronis Opera. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit R. A. B. Mynors (Oxford 1969). Papathomopoulos (2003) = Oppianus Apameensis. Cynegetica. Recensuit Manolis Papathomopoulos (München / Leipzig 2003). Peek (1955) = GVI. PEG I; II = Poetae epici Graeci. Testimonia et fragmenta. Edidit Albertus Bernabé (Stuttgart / Leipzig / München 21996; 2004). Powell (1925) = CA. Richardson (1974) = The Homeric Hymn to Demeter. Edited by N. J. Richardson (Oxford 1974). Russo (1950) = Hesiodi Scutum. Introduzione, testo critico e commento con traduzione e indici a cura di Carlo Ferdinando Russo (Florenz 1950). Scheindler (1881) = Nonni Panopolitani Paraphrasis S. Evangelii Ioannei. Edidit Augustinus Scheindler (Leipzig 1881). Schembra (2007) = Homerocentones. Editi a Rocco Schembra (Turnhout / Leuven 2007). Schönberger (1993) = Kolluthos. Raub der Helena. Griechischer Text mit kritischem Apparat, deutscher Übersetzung in Prosa, Anmerkungen und Nachwort von Otto Schönberger (Würzburg 1993). SEG = Hondius, Jacobus J. E. et al.: Supplementum Epigraphicum Graecum (Leiden 1923–2007). SH = Supplementum Hellenisticum. ediderunt Hugh Lloyd-Jones, Peter Parsons (Berlin / New York 1983) [Texte und Kommentare 11]. Solmsen / Merkelbach / West (31990) = Hesiodi Theogonia, Opera et Dies, Scutum edidit Friedrich Solmsen. Fragmenta selecta ediderunt R. Merkelbach et M. L. West (Oxford 31990). van Groningen (1966) = van Groningen, B. A.: Theognis. Le premier livre. édité avec un commentaire (Amsterdam 1966).

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5.1 Textausgaben, Übersetzungen, kommentierte Ausgaben

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van Thiel (1991) = Homeri Odyssea. Recognovit Helmut van Thiel (Hildesheim / Zürich / New York 1991).  (1996) = Homeri Ilias. Recognovit Helmut van Thiel (Hildesheim / Zürich / New York 1996). Vian et al. (1976–2003) = Nonnos de Panopolis. Les Dionysiaques. Texte établi et traduit par Francis Vian [et al.] (Paris 1976–2003) [18 Bde. + 1 Index-Bd.]. Vian / Delage (1974; 1980; 1981) = Apollonios de Rhodes. Argonautiques. Texte établi et commenté par Francis Vian et traduit par Émile Delage (Paris 1974; 1980; 1981) [3 Bde.]. West (1966) = West, Martin L.: Hesiod. Theogony. Edited with Prolegomena and Commentary (Oxford 1966).  (1978) = West, Martin L.: Hesiod. Works & Days. Edited with Prolegomena and Commentary (Oxford 1978).  (21989; 21992) = 2IEG. Williamson / Louth (1989) = Eusebius. The History of the Church from Christ to Constantine. Translated by G. A. Williamson. Revised and edited with a new introduction by Andrew Louth (London et al. 1989).

5.2 Nachschlagewerke 5.2.1 Abgekürzt zitiert BDR = Blass, Friedrich / Debrunner, Albert / Rehkopf, Friedrich: Grammatik des neutestamentlichen Griechisch (Göttingen 161984). DGE = Adrados, Francisco R. (Hg.): Diccionario Griego-Español (Madrid 1980–). DNP = Cancik, Hubert / Schneider, Helmuth (Hg.): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Altertum (Stuttgart / Weimar 1996–2002). HWdR = Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik (Darmstadt 1992–). LfgrE = Snell, Bruno (Hg.): Lexikon des frühgriechischen Epos (Göttingen 1955–). LGPN I–IV = Fraser, Peter M. / Matthews, Elaine (Hg.): A Lexicon of Greek Personal Names (Oxford 1987–2005) [5 Bde.: I, II, III.A–B, IV]. LIMC = Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (Zürich / München 1981–1999). LIV = Rix, Helmut (Hg.): LIV. Lexikon der indogermanischen Verben. Die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen (Wiesbaden 22001). LSJ = A Greek-English Lexicon compiled by Henry George Liddell and Robert Scott. Revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones with the assistance of Roderick McKenzie and with the cooperation of many scholars. With a revised supplement 1996 (Oxford 101996). PLRE = Jones, Arnold H. M. / Martindale, John R. / Morris, John: The Prosopography of the Later Roman Empire (Cambridge 1971–1992). RE = Wissowa, Georg / Kroll, Wilhelm / Mittelhaus, Karl / Ziegler, Konrat (Hg.): Paulys RealEncyklopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung (1894–1980). TLG = Thesaurus Linguae Graecae. A Digital Library of Greek Literature: http://www.tlg.uci.edu. VB = Vian, Francis / Battegay, Élie: Lexique de Quintus de Smyrne (Paris 1984).

5.2.2 Übrige Campbell (1983) = Campbell, Malcolm: Index verborum in Apollonium Rhodium (Hildesheim / Zürich / New York 1983). Chantraine (1968) = Chantraine, Pierre: Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots (Paris 1968).

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5. Bibliographie

Dee (2001) = Dee, James H.: Vocabula Homerica in IV series per litteras et per numeros digesta. Four Sets of Word-Frequency Lists for the Iliad and the Odyssey (Hildesheim / Zürich / New York 2001). Doederlein I–III = Doederlein, Ludwig: Homerisches Glossarium (Erlangen 1850–1858) [3 Bde.]. Durling (1993) = Durling, Richard J.: A Dictionary of Medical Terms in Galen (Leiden / New York / Köln 1993) [Studies in Ancient Medicine 5]. Ebeling I; II = Ebeling, Heinrich: Lexicon Homericum (Leipzig 1871 Α–Ξ; 1880 Ο–Ω) [2 Bde.]. Frisk I; II = Frisk, Hjalmar: Griechisches etymologisches Wörterbuch (Heidelberg 1960; 1970) [2 Bde.]. Gehring (1970) = Gehring, August: Index Homericus mit Appendix Hymnorum vocabula continens (Stuttgart 1970) [urspr. Leipzig 1891–1895]. Grinda (2002) = Grinda, Klaus R.: Enzyklopädie der literarischen Vergleiche. Das Bildinventar von der römischen Antike bis zum Ende des Frühmittelalters (Paderborn et al. 2002). Hunger I; II (1978) = Hunger, Herbert: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner (München 1978) [2 Bde.: HdA XII.5.1–2]. Kühner / Gerth I; II = Kühner, Raphael / Gerth, Bernhard: Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre (Hannover / Leipzig 31898; 31904) [2 Bde.; unveränderter Nachdruck: Hannover / Darmstadt 1976]. Kumpf (1984) = Kumpf, Michael M.: Four Indices of the Homeric Hapax Legomena. Together with Statistical Data (Hildesheim / Zürich / New York 1984). Lausberg (31990) = Lausberg, Heinrich: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft (Stuttgart 31990). Mason (1974) = Mason, Hugh J.: Greek Terms for Roman Institutions. A Lexicon and Analysis (Toronto 1974) [American Studies in Papyrology 13]. Monro (21891) = Monro, David B.: A Grammar of the Homeric Dialect (Oxford 21891). Nilsson (31967) = Nilsson, Martin P.: Geschichte der griechischen Religion. Erster Bd. Die Religion Griechenlands bis auf die griechische Weltherrschaft (München 31967) [HdA V.2.1]. Nünning (42008) = Nünning, Ansgar (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe (Stuttgart / Weimar 42008). Papathomopoulos (1996) = Papathomopoulos, Manolis: Apollonii Rhodii Argonauticorum Concordantia (Hildesheim / Zürich / New York 1996).  (2002) = ead.: Concordantia in Quinti Smyrnaei Posthomerica (Hildesheim / Zürich / New York 2002) [2 Bde.]. Pape I; II = Pape, Johann Georg Wilhelm: Griechisch-Deutsches Handwörterbuch (Braunschweig 1842) [21857; 31880; mehrere Nachdrucke] [2 Bde.]. Peek, Lex. Dion. = Peek, Werner (Hg.): Lexikon zu den Dionysiaka des Nonnos (Berlin 1968–1975). Pompella (1981) = Pompella, Giuseppe: Index in Quintum Smyrnaeum (Hildesheim / New York) (1981).  (2001) = id.: Apollonii Rhodii Lexicon (Hildesheim / Zürich / New York 2001). Roscher I–VI = Roscher, Wilhelm Heinrich (Hg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (Leipzig 1884–1937) [6 Bde., 8 Teil-Bde.]. Schmidt (1885) = Schmidt, Carl Eduard: Parallel-Homer oder Index aller homerischen Iterati in lexikalischer Anordnung (Göttingen 1885). Schwyzer I; II = Schwyzer, Eduard: Griechische Grammatik (München 21953; 1950) [2 Bde. + 2 Register-Bde.: HdA II.1.1–2]. Tebben (1994) = Tebben, Joseph R.: Concordantia Homerica Pars I. Odyssea. A Computer Concordance to the Van Thiel Edition of Homer’s Odyssey (Hildesheim / Zürich / New York 1994) [2 Bde.].  (1998) = id.: Concordantia Homerica Pars II. Ilias. A Computer Concordance to the Van Thiel Edition of Homer’s Iliad (Hildesheim / Zürich / New York 1998) [3 Bde.]. von Christ I; II = von Christ, Wilhelm: Geschichte der griechischen Litteratur. Zweiter Teil: Die nachklassische Periode der griechischen Litteratur (München 61920; 61924) [2 Bde.: HdA VII.2.1–2].

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5.3 Sekundärliteratur

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6. Anhänge

6.1 Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos 6.1.1 Griechische Quellen (Auswahl) An dieser Stelle kann und soll nicht die Frage nach den potentiellen ›Quellen‹ für Quintus’ enarratio des Penthesileia-Mythos diskutiert werden, da (1.) diese Fragen in der früheren Forschung bereits zur Genüge diskutiert worden sind;1741 (2.) nicht angenommen werden kann, dass unserem Dichter eine bestimmte (schriftlich fixierte) Quelle als Vorbild für seine homerisierende Gestaltung der Penthesileia-Episode gedient habe, welcher er eins zu eins folgte,1742 sondern vielmehr davon auszugehen ist, dass er verschiedenste Quellen gekannt und ›benutzt‹ und v.a. dass er als kreativ-schöpferischer Dichter zu einer eigenständigen, künstlerisch motivierten und in sich stimmigen Gestaltung der Penthesileia-Episode gefunden hat,1743 für deren Verständnis nicht die Quellenfrage im Vordergrund zu stehen hat; (3.) die Quellenfrage als solche methodisch nicht unproblematisch ist;1744 (4.) Quellenfragen bezüglich gewisser Details (z.B. Abweichungen von ›kanonischen‹ Motiven), die gleichwohl punktuell von Interesse und von Wichtigkeit erscheinen, in den entsprechenden Lemmakommentaren loco ipso diskutiert werden.1745 Aufs Ganze besehen, handelt es sich bei der Penthesileia1741 Vgl. dazu (u.a.) Köchly (1850) proleg. XIf.; Kehmptzow (1891) 53–58; Noack (1892) 773– 775; Sodano (1951); Mondino (1958) 3–5, 32f., 39f., 63f.; Vian (1959a) 18–25; Keydell (1963) 1274f.; Vian (1963) 6–10; James (2004) 268; Gärtner (2005) 41–66. 1742 Die Quellenforschung des 19. Jahrhunderts hat sich im Wesentlichen darüber gestritten, ob Quintus die Zyklischen Epen (›noch‹) gekannt und ob er auch andere nicht-homerische Quellen benutzt habe (dies heftig abgelehnt von Köchly [1850]), oder ob er vielmehr »sich ganz einfach an Homer selbst angelehnt, dessen Andeutungen benutzt und Vieles aus demselben componirt habe« (Wagner [1866] 7). Solchen Fragen und Ansichten können wir heute in dieser verabsolutierten Form wenig mehr abgewinnen; so wird – um nur ein Beispiel aus der früheren Forschung zu nennen – niemand mehr einen Gedanken daran verschwenden, ob Quintus »seine 84 nichthomerischen Personennamen« und »die übrigen 75 auch in Ilias und Odyssee vorkommenden Namen aus diesen Epen« »selbst erfunden« oder »aus andern (mythographischen) Quellen entnommen habe« (so Noack [1892] 772 in kritischer Auseinandersetzung mit Kehmptzow [1891] 12–15). 1743 Vgl. dazu Kap. 2.2. 1744 Vgl. Kap. 1.3.1; vgl. ausserdem Kap. 1.4.2 zur Problematik der Kenntnisfrage bezüglich des Epischen Zyklus. 1745 Vgl. ausserdem Vian (1959a) 18–25 zu Quintus’ ›Abweichungen‹ von der Aithiopis (basierend auf der Zusammenfassung bei Prokl. Chrest. 175–184).

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6.1 Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos

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Geschichte um einen Mythos, der – wie der Troische Sagenkreis als Ganzes – in seinen wesentlichen narrativen Bestandteilen (plot) zum kollektivkulturellen Gedächtnis der griechischen und römischen Antike gehörte und dessen Kenntnis Quintus bei seinem Publikum voraussetzen konnte. Im Folgenden sind deshalb lediglich einige wichtige Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos bzw. Passagen, in denen Penthesileia Erwähnung findet, zitiert.1746 Die Zusammenstellung soll u.a. helfen, sich innerhalb der verschiedenen Textzeugnisse, auf die im Kommentar passim Bezug genommen wird, zurecht zu finden.

a) Diodor, Βιβλιοθήκη ῾Ιστορική 2,46,5f. μετὰ γὰρ τὴν ῾Ηρακλέους στρατείαν ὀλίγοις ὕστερον ἔτεσι κατὰ τὸν Τρωικὸν πόλεμόν φασι Πενθεσίλειαν τὴν βασιλεύουσαν τῶν ὑπολελειμμένων ᾿Αμαζονίδων, ῎Αρεος μ ὲν ο ὖσαν θυγατ έρα, φ όνον δ ᾿ ἐμφύλιον ἐπιτελεσαμένην, φυγε ῖν ἐκ τ ῆς πατρίδος διὰ τὸ μύσος. συμμαχήσασαν δὲ τοῖς Τρωσὶ μετὰ τὴν ῞Εκτορος τελευτὴν πολλο ὺς ἀνελεῖν τ ῶν ῾Ελλήνων, ἀριστεύσασαν δ ᾿ αὐτὴν ἐν τ ῇ παρατ άξει καταστρέψαι τὸν βίον ἡρωικῶς ὑπ᾿ ᾿Αχιλλέως ἀναιρεθεῖσαν. τῶν μὲν οὖν ᾿Αμαζονίδων ἐσχάτην τα ύτην λ έγουσιν ἀνδρείᾳ διενεγκε ῖν, κα ὶ τὸ λοιπ ὸν ἀεὶ τὸ ἔθνος ταπεινο ύμενον ἀσθενῆσαι παντελ ῶς· δι ὸ κα ὶ κατ ὰ το ὺς νεωτ έρους και ρούς, ἐπειδάν τινες περὶ τῆς αὐτῶν ἀνδρείας διεξίωσι, μύθους ἡγοῦνται πεπλασμένους τὰς περὶ τῶν ᾿Αμαζονίδων ἀρχαιολογίας. Denn nach dem Feldzug des Herakles sei, so sagt man, nur wenige Jahre später zur Zeit des Troischen Krieges Penthesileia, die Königin der übriggebliebenen Amazonen, die eine Tochter des Ares war und einen Verwandtenmord begangen hatte, aus ihrer Heimat geflohen wegen der Blutschuld. Sie habe, als sie zusammen mit den Troern nach dem Tode Hektors kämpfte, viele der Griechen erschlagen, und nachdem sie sich in der Schlacht ausgezeichnet hatte, habe sie ihr Leben auf heldenhafte Art zu Ende gebracht, da sie von Achilleus getötet wurde. [Die Leute] sagen, dass diese von den genannten Amazonen die letzte [gewesen sei], sich durch ›Mannhaftigkeit‹ auszuzeichnen, und dass ihr Volk hernach, bedingt durch die fortwährende Verringerung, ganz und gar geschwächt wurde. Deshalb halten nun auch in neueren Zeiten, sobald irgendwer über deren ›Mannhaftigkeit‹ berichtet, [die Leute] die alten Erzählungen über die Amazonen für erfundene Lügengeschichten. 1746 Die Quellen sind gesammelt bei Welcker (21882) 169–172, Fleischer (1884–1890) 44–46, Escher (1894) 237, Klügmann (1897–1909), Bethe (1922) 165–167, Schwenn (1940). Dagegen müssen die zahllosen ikonographischen Quellen hier unerwähnt bleiben; vgl. dazu Kossatz-Deissmann (1981) 161–172, Berger (1994), Blok (1995) 223–239, Stevenson (1999), Sánchez Barragán (2001); für die Ikonographie der Amazonen im Allgemeinen vgl. ausserdem die wichtigen Arbeiten von von Bothmer (1957) und Bol (1998). An einigen Stellen im Kommentar wird auf Bezüge zur Ikonographie punktuell eingegangen (vgl. die Kommentare zu (42–46) ἔνθ᾿ ἄρ᾿ ἔην Κλονίη […] Θερμώδοσσα μέγ᾿ ἔγχεϊ κυδιόωσα [ikonographische Quellen für einzelne der Amazonennamen] sowie (147) ἀσπίδα […] ἀλίγκιον ἄντυγι μήνης und (159) ἀμφίτυπον βουπλῆγα [Rundschild und Doppelaxt als amazonenspezifische Attribute, v.a. ikonographisch nachweisbar]).

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554

6. Anhänge

b) Apollodor, Βιβλιοθήκη, Epitome 5,1f. (E) ὅτι Πενθεσ ίλεια, ᾿Οτρήρης κα ὶ ῎Αρεος, ἀκουσίως ῾Ιππολύτην κτε ίνασα κα ὶ ὑπὸ Πριάμου καθαρθε ῖσα, μ άχης γενομ ένης πολλο ὺς κτε ίνει, ἐν ο ἷς κα ὶ Μαχ άονα· εἶθ’ ὕστερον θνήσκει ὑπὸ ᾿Αχιλλέως, ὅστις μετὰ θάνατον ἐρασθεὶς τῆς ᾿Αμαζόνος κτείνει Θερσίτην λοιδοροῦντα αὐτόν. ἦν δὲ ῾Ιππολύτη ἡ τοῦ ῾Ιππολύτου μήτηρ, ἡ κα ὶ Γλα ύκη κα ὶ Μελαν ίππη. α ὕτη γ άρ, ἐπιτελουμένων τ ῶν γ άμων Φα ίδρας, ἐπιστᾶσα σ ὺν ὅπλοις ἅμα τα ῖς μεθ ᾿ ἑαυτῆς ᾿Αμαζόσιν ἔλεγε κτε ίνειν το ὺς συνανακειμένους Θησεῖ. μάχης οὖν γενομένης ἀπέθανεν, εἴτε ὑπὸ τῆς συμμάχου Πενθεσιλείας ἀκούσης, εἴτε ὑπὸ Θησέως, εἴτε ὅτι οἱ περὶ Θησέα, τὴν τῶν ᾿Αμαζόνων ἑωρακότες ἐπιστασίαν, κλε ίσαντες δι ὰ τάχους τ ὰς θ ύρας κα ὶ τα ύτην ἀπολαβόντες ἐντὸς ἀπέκτειναν. Penthesileia, [Tochter] der Otrere und des Ares, tötet, nachdem sie versehentlich Hippolyte getötet hat und von Priamos entsühnt wurde, in der wiederaufgeflammten Schlacht viele [Männer], darunter auch Machaon. Später dann stirbt sie von [der Hand] des Achilleus, der sich nach ihrem Tod in die Amazone verliebt [und] Thersites tötet, weil er ihn [deswegen] verspottet. Hippolyte war die Mutter des Hippolytos; sie [ist auch bekannt] als Glauke und als Melanippe. Denn diese tauchte, als Phaidras Hochzeit gefeiert wurde, in Waffen mit den Amazonen im Gefolge auf und verkündete, diejenigen, die mit Theseus zu Tische lagen, zu töten. Im Laufe des Kampfes wurde sie getötet, sei es unabsichtlich von ihrer Mitkämpferin Penthesileia, sei es von Theseus, oder sei es weil Theseus’ Leute, als sie den Angriff der Amazonen gewahrten, eilig die Tore verriegelten und [Hippolyte] drinnen einschlossen und töteten.

c) Triphiodor, ᾿Ιλίου ἅλωσις 33–39 αἱ δ᾿ ἀπὸ Θερμώδοντος ἀρηιφίλοιο γυναῖκες κοπτόμεναι περίκυκλον ἀθηλέος ὄμφακα μαζοῦ παρθένον ὠδύροντο δαΐφρονα Πενθεσίλειαν, ἥτε πολυξείνοιο χορὸν πολέμοιο μολοῦσα θηλείης ὑπὸ χειρὸς ἀπεσκέδασεν νέφος ἀνδρῶν νῆας ἐς ἀγχιάλους· μελίῃ δέ ἑ μοῦνος ὑποστάς καὶ κτάνε καὶ σύλησε καὶ ἐκτερέιξεν ᾿Αχιλλεύς. Die Frauen aber, die vom Thermodon gekommen waren, schlugen sich die feste Rundung ihrer jungfräulichen Brust und beklagten die streitbare Jungfrau Penthesileia, die, kaum zu dem Reigen des Krieges der vielen Völker gekommen, eine Wolke von Männern mit weiblicher Hand zersprengt und bis zu den Schiffen am Strande zurückgetrieben hatte; nur einer hatte ihr widerstanden, Achilleus: Er hatte sie mit seinem Speere von Eschenholz getötet, der Rüstung beraubt und in Ehren bestattet.1747 1747

Übersetzung: Dubielzig (1996).

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6.1 Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos

555

d) Proklos, Chrestomathie 175–1841748 ᾿Αμαζὼν Πενθεσίλεια παραγίνεται Τρωσὶ συμμαχήσουσα, ῎Αρεως μὲν θυγάτηρ, Θρᾷσσα δὲ τὸ γένος· καὶ κτείνει αὐτὴν ἀριστεύουσαν ᾿Αχιλλεύς, οἱ δὲ Τρῶες αὐτὴν θάπτουσι. καὶ ᾿Αχιλλεὺς Θερσίτην ἀναιρεῖ λοιδορηθεὶς πρὸς αὐτοῦ καὶ ὀνειδισθεὶς τὸν ἐπὶ τῇ Πενθεσιλείᾳ λεγόμενον ἔρωτα· καὶ ἐκ το ύτου στάσις γίνεται τοῖς ᾿Αχαιοῖς περὶ τοῦ Θερσίτου φόνου. μετὰ δὲ ταῦτα ᾿Αχιλλεὺς εἰς Λέσβον πλεῖ, καὶ θύσας ᾿Απόλλωνι καὶ ᾿Αρτέμιδι καὶ Λητοῖ καθαίρεται τοῦ φόνου ὑπ᾿ ᾿Οδυσσέως. Die Amazone Penthesileia – eine Tochter des Ares und Thrakerin dem Geschlecht nach – kommt den Troern als Mitkämpferin zu Hilfe. Und es tötet sie, als sie sich [in der Schlacht] auszeichnet, Achilleus, und die Troer bestatten sie. Und Achilleus bringt Thersites um, nachdem er von diesem geschmäht und ihm seine angebliche Liebe zu Penthesileia vorgeworfen wurde. Und daraus entwickelt sich ein Streit unter den Achaiern wegen Thersites’ Tod. Danach fährt Achilleus nach Lesbos, und nachdem er [den Göttern] Apollon, Artemis und Leto geopfert hat, wird er von Odysseus von der Blutschuld gereinigt.

e) Schol. vet. Il. 3,189 ᾿Αμαζόνες < ἀντιάνειραι> : παρ ὰ τῷ Θερμ ώδοντι ο ἰκοῦσιν. bT ῎Αρεος κα ὶ ῾Αρμονίας ν ύμφης Να ΐδος θυγατέρες ε ἰσίν. T αἱ δὲ ἐπιφανεῖς α ὐτῶν ῾Ιππολύτη, ᾿Αντιόπη, ἣν ἥρπασε Θησεύς, ᾿Αναία, ᾿Ανδρομάχη, Γλαύκη, ᾿Οτρήρη, ἧς Πενθεσιλεία· ἃς ἐπὶ πυριπνόων ἵππων μαχομένας ληίζεσθαι τὰς περιχώρους καταδραμεῖν τε ὕστερον τ ὴν Φρυγ ίαν λε ίας ἕνεκεν ἐπὶ Μύγδονος το ῦ ῎Ακμονος bT κα ὶ ᾿Οτρέως τοῦ Δύμαντος. T ὠνομάσθησαν δὲ ἢ παρὰ τὸ μὴ ἔχειν τὸν ἕτερον τῶν μαζῶν (ἐπυράκτουν γὰρ αὐτὸν πρὸς τὸ μὴ ἐμποδίζεσθαι ἐν τῇ τοξείᾳ) ἢ παρὰ τὸ μὴ χρῆσθαι μάζαις, χελώναις δὲ καὶ σαύροις καὶ ὄφεσιν. bT τινὲς δὲ ταῖς Σαυροματίσι φασὶ αὐτάς. T ἀντιάνειραι δὲ αἱ ἶσαι ἢ ἐναντίαι τοῖς ἀνδράσιν. b »Die männergleichen Amazonen«: Sie leben in der Nähe des Thermodon. Sie sind Töchter des Ares und der Quellnymphe Harmonia. Die Ausgezeichneten unter ihnen [sind] Hippolyte, Antiope, die Theseus entführte, Anaia, Andromache, Glauke [und] Otrere, deren [Tochter] Penthesileia [ist]. Sie plünderten, [so heisst es,] auf feuerschnaubenden Pferden kämpfend ihre Nachbarn aus und durchzogen später Phrygien, um Beute zu machen, zur Regierungszeit von Mygdon, dem [Sohn] des Akmon, und Otreus, dem [Sohn] des Dymas. Sie sind entweder danach benannt, dass sie die eine [ihrer beiden] Brüste nicht haben (sie brennen sie nämlich aus, um sich nicht zu behindern beim Bogenschiessen) oder aber weil sie keinen Gerstenbrei essen, dafür aber Schildkröten und Echsen und Schlangen. Gewisse [Leute] behaupten, sie seien mit den Sauromatiden identisch. »Männergleich« aber [bedeutet, dass] sie den Männern ebenbürtig oder aber ihnen feindselig gesinnt [sind].

1748

= EpGF Procli Aethiopidos enarratio 4–13.

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556

6. Anhänge

f) Schol. vet. T Il. 24,804a (88–90)1749 τινὲς γράφουσιν· ὣς οἵ γ᾿ ἀμφίεπον τάφον ῞Εκτορος· ἦλθε δ᾿ ᾿Αμαζών, ῎Αρηος θυγάτηρ μεγαλήτορος ἀνδροφόνοιο. Einige schreiben: So besorgten sie das Grab; es kam aber die Amazone, die Tochter des grossmutigen, männertötenden Ares.

g) Schol. vet. Il. 24,804 (PLit.Lond. 6) τινὲς γράφουσιν· ὣς οἵ γ᾿ ἀμφίεπον τάφο[ν] ῞Εκτορος· ἦλθε δ᾿ ᾿Αμαζώ[ν], ᾿Οτρήρ[η] θυγάτηρ εὐειδὴς Πενθεσίλια. Einige schreiben: So besorgten sie das Grab; es kam aber die Amazone, die wohlgestaltete Tochter der Otrere, Penthesileia.

6.1.2 Lateinische Quellen (Auswahl)

a) Vergil, Aeneis 1,490–493 ducit Amazonidum lunatis agmina peltis Penthesilea furens mediisque in milibus ardet, aurea subnectens exsertae cingula mammae bellatrix, audetque viris concurrere virgo. Den Zug der Amazonen mit den halbmondförmigen Schilden führt Penthesilea rasend an, und sie glüht mitten unter tausenden, das goldene Wehrgehenk unter die entblösste Brust gebunden, die Kriegerin, und sie wagt es, mit Männern zusammenzustossen, die Jungfrau.

b) Servius, Verg. Aen. 1,491 PENTHESILEA FURENS: furentem ideo dixit, quia sororem suam in venatione confixit simulans se cervam ferire. sed hoc per transitum tangit, nam furor bellicus intellegitur. an »furens«, quia maiora viribus audebat. haec tamen Martis et Otreres filia fuit,

1749 = EpGF Aethiopis fr. spurium = Aeth. fr. 1 PEG I. Ob es sich hierbei tatsächlich um ein Fragment der Aithiopis handelt, ist strittig; vehement ablehnend Wilamowitz (1884) 373; ihm folgend Davies (1988) 48 und (1989b) 95 Anm. 44.

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6.1 Parallelüberlieferungen des Penthesileia-Mythos

557

quam Achilles, cum adversum se pugnantem peremisset, post mortem eius adamavit eamque honorifice sepelivit. »Die rasende Penthesileia«: [Vergil] nennt sie deswegen »rasend«, weil sie ihre Schwester auf der Jagd durchbohrt hat, wobei sie vorgab, eine Hirschkuh zu erlegen. Doch dies tönt er nur en passant an, denn die Raserei wird als auf den Krieg bezogen verstanden. Oder: »rasend«, weil sie Grösseres wagt als die Männer. Doch war sie eine Tochter von Mars und Otrere; nachdem Achilleus sie getötet hatte, als sie gegen ihn kämpfte, verliebte er sich nach ihrem Tod in sie und beerdigte sie ehrenvoll.

c) Vergil, Aeneis 11,659–663 quales Threiciae cum flumina Thermodontis pulsant et pictis bellantur Amazones armis, seu circum Hippolyten seu cum se Martia curru Penthesilea refert, magnoque ululante tumultu feminea exsultant lunatis agmina peltis. [Sie sind] wie die thrakischen Amazonen, wenn sie über den Strom des Thermodon fahren und mit bemalten Waffen kämpfen, sei es im Gefolge der Hippolyte, sei es, wenn die Tochter des Mars, Penthesileia, auf ihrem Wagen [aus einer Schlacht] zurückkehrt, und in grossem Geschrei und Aufruhr frohlocken die Heereszüge der Frauen mit ihren mondförmigen Schilden.

d) Properz 3,11,15f. aurea cui postquam nudavit cassida frontem, vicit victorem candida forma virum. Als ihr goldener Helm ihr [abgenommen ward und] ihre Stirn entblösste, da bezwang den Bezwinger ihre weissglänzende Schönheit, den Mann.

e) Hygin, fabula 112 idem cum Penthesilea Amazone Martis et Otrerae filia, Penthesilea occiditur. Dasselbe [= Tötung durch Achilleus] [geschieht] mit der Amazone Penthesilea, der Tochter von Mars und Otrera; Penthesilea wird getötet.

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558

6. Anhänge

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 6.2.1 Gesamtübersicht Ilias, Odyssee, Argonautica, Posthomerica Gesamtverszahl

Anzahl Anzahl Iteratverse Wörter (Lemmata)

Elderkin (1906) 6

Odyssee

12'020 Elderkin

5683

1804 (4730)

Dee (2001) XV

[17%]

5090

Schmidt

Dee (2001)

(1985)

(1906) 6

κοινὰ: 7145

15'693

Ilias

XV

Anzahl Anzahl hapax dis legomena legomena 1199 [21%] 1010 [14%] Dee (2001) (s. Anm. 211)

XII

907

[18%]

Dee (2001)

Dee (2001)

XII

XII

Argonautica

5832

0

4781

1610

Elderkin

Ciani (1975)

Pompella (2001)

Pompella

Posthomerica

8786

31 (68)

3912

1200

Elderkin

[0.8%]

Papathomo-

Papathom.

Papathom.

Papat. (2002)

poulos (2002)

(2002)

(2002)

[0%]

(1906) 6

(1906) 6

[34%]

711

[15%]

Pompella

(2001)

(2001)

[30%]

577

[15%]

6.2.2 Iteratverse in den homerischen Epen und in den Posthomerica a) Ilias und Odyssee gemeinsam1750  27'713

 1804

 2118

4730

 5612

~ 17%

176

~ 0.8%

~ 20%

b) Posthomerica1751  8786

 31

 83

68

 ~ 2%

 Gesamtanzahl Verse des Werks ·  Anzahl sich wiederholender Verse für sich  Gesamtanzahl aller sich wiederholender Verse zusammen  Prozentualer Anteil aller Iteratverse im Verhältnis zur Gesamtverszahl des Werks für – gilt: links: nur exakte Iterata – rechts: + Iterata mit geringen Abweichungen1752 1750 1751

Gemäss Angaben bei Schmidt (1885) VIII. Gemäss eigener Auszählung von Papathomopoulos (2002).

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6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica

559

c) Exakte Iteratverse in den Posthomerica 1,205 = 2,202 ᾿Αργεῖοι δ᾿ ἀπάνευθεν ἐθάμβεον, εὖτ᾿ ἐσίδοντο 1,373 = 4,32 ὣς ἄρ᾿ ἔφη Τρώων τις ἐνὶ φρεσὶ πάγχυ γεγηθώς 1,584 = 3,345 σήμερον· ἀλλὰ σοὶ εἶθαρ ἐλεύσεται ὕστατον ἦμαρ 1,644 = 5,441 κεῖσό νυν ἐν κονίῃσι κυνῶν βόσις ἠδ᾿ οἰωνῶν 1,716 = 7,3 = 9,3 = 11,332 δὴ/καὶ τότ᾿ ἀρήιοι υἷες ἐυσθενέων ᾿Αργείων1753 1,781 = 4,378 ἀλλ᾿ οἱ μὲν πεπίθοντο παραιφασίῃσιν ἑταίρων 2,390 = 3,435 ὦ ᾿Αχιλεῦ, μέγα ἕρκος ἐυσθενέων ᾿Αργείων 2,531 = 5,37 ἐκ μελέων εἰς οὖδας ἀπέρρεεν αἷμα καὶ ἱδρώς 3,146 = 7,471 σμερδαλέον βλοσυρῇσιν ὑπαὶ γενύεσσι βεβρυχώς 3,250 = 7,522 ὣς ἔφατ᾿ ἀκράαντον ἱεὶς ἔπος, οὐδέ τι ᾔδη 3,380 = 11,315 κεῖντο πολυκλαύτοιο λελασμένοι ἰωχμοῖο 3,465f. = 5,538f. πρὶν σέο πότμον ἰδέσθαι ἀμείλιχον· οὐ γὰρ ἔμοιγε ἄλλο χερειότερόν ποτ᾿ ἐσήλυθεν ἐς φρένα πῆμα 3,504 = 5,568 ὣς ἔφατ᾿ ἀχνύμενος κέαρ ἔνδοθεν· ἀμφὶ δὲ λαοί 3,723 = 5,654 = 10,485 δὴ τότε πυρκαϊὴν οἴνῳ σβέσαν· ὀστέα δ᾿ αὐτοῦ/-ῶν1754 4,94 = 4,104 υἱέος ἀμφὶ τάφῳ περικαλλέα θεῖναι ἄεθλα 5,165 = 5,427 ὣς φάμενον προσέειπεν ἐυμμελίης ᾿Αγαμέμνων 5,317 = 5,598 ὣς φάτο Λαέρταο κλυτὸς πάις ἀντιθέοιο 5,531 = 13,271 καί ῥ᾿ ὀλοφυδνὸν ἄυσε, μέγ’ ἀχνυμένη κέαρ ἔνδον 5,603 = 6,21 Αἴαντος φθιμένοιο πολυσθενέος τ᾿ ᾿Αχιλῆος 6,59 = 14,235 κέκλυτέ μευ, φίλα τέκνα μενεπτολέμων ᾿Αργείων 6,84 = 14,165 ὣς φάμενον/-ην προσέειπε πύκα φρονέων Μενέλαος1755 6,335 = 10,72 ὣς τῶν ἐσσυμένων μέγ᾿ ὑπέβραχε γαῖα πελώρη 6,395 = 7,503 ἀλλ᾿ οὐδ᾿ ὣς ἀπόρουσεν/-αν ἀταρτηροῖο κυδοιμοῦ1756 6,490 = 12,179 μέχρις ἐπ᾿ ᾿Αιδονῆος ὑπερθύμοιο βέρεθρον 7,219 = 7,700 = 8,146 = 12,66 = 13,237 ὣς φάμενον προσέειπεν ᾿Αχιλλέος ὄβριμος υἱός 7,293 = 12,286 καί ῥά μιν ἰωχμοῖο λιλαιόμενον προσέειπεν 7,667 = 12,274 ὣς φάμενον προσέειπε πάις ξανθοῦ ᾿Αχιλῆος 7,707 = 14,336 ἀλλ’ ὅτε δὴ δόρποιο καὶ εἰλαπίνης κορέσαντο 10,94 = 10,329 νήπιος/-η· οὐδ᾿ ἄρ᾿ ἐφράσσαθ᾿ ἑὸν μόρον· ἦ γὰρ ἔμελλεν/-ον1757 10,356 = 12,78 ἔσθενεν ὄλβιον ἄστυ διαπραθέειν Πριάμοιο

1752 Kriterium: Abweichungen von 1 bis max. 1.5 Versfüsse (i.d.R. am Versanfang oder -ende); z.B. Q.S. 1,34 πᾶσαι ἐελδόμεναι πόλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην ~ 2,240 ἄμφω ἐελδομένω πόλεμον καὶ ἀεικέα χάρμην. 1753 1,716: καὶ τότ᾿ – übrige: δὴ τότ᾿. 1754 3,723 und 5,654: αὐτοῦ – 10,485: αὐτῶν. 1755 6,84: φάμενον – 14,165: φαμένην. 1756 6,395: ἀπόρουσεν – 7,503: ἀπόρουσαν. 1757 10,94: νήπιος und ἔμελλεν – 10,329: νηπίη und ἔμελλον.

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560

6. Anhänge

d) Iteratverse mit geringfügigen Abweichungen in den Posthomerica 1,34 ~ 2,240 1,207 ~ 4,220 1,222 ~ 11,300 1,232 ~ 4,454 1,319 ~ 11,299 1,344 ~ 2,219 ~ 3,324 1,716 ~ 7,3 (= 9,3 = 11,332) 1,723 ~ 5,181 1,828 ~ 9,486 2,22 ~ 4,84 2,69 ~ 5,189 2,156 ~ 7,66 2,227 ~ 6,349 2,236 ~ 3,331 2,354 ~ 6,602 2,430 ~ 10,26 3,93 ~ 3,135 3,173 ~ 13,87

3,211 ~ 6,49 3,243 ~ 7,103 3,333 ~ 8,94 3,462 ~ 5,531 (= 13,271) 3,464 ~ 7,656 3,573 ~ 14,301 3,585 ~ 5,569

7,115 ~ 11,122 7,148 ~ 10,14 7,369 ~ 11,309 7,404 ~ 12,219 7,524 ~ 7,615 8,41 ~ 13,55 8,261 ~ 9,275

3,723 ~ 5,654 ~ 10,485 3,752 ~ 12,93 3,763 ~ 10,276 ~ 11,325 4,168 ~ 4,328 5,23 ~ 8,398 5,155 ~ 5,252 5,343 ~ 10,201 5,482 ~ 5,580 5,534 ~ 7,64 5,559 ~ 9,490 ~ 5,165 (= 5,427) 6,97 ~ 7,347

8,370 ~ 8,502 9,40 ~ 10,21 9,535 ~ 10,224 10,100 ~ 10,164 10,369 ~ 13,544 10,432 ~ 14,302 13,25 ~ 14,42 13,136 ~ 14,529 14,85 ~ 14,329

6.2.3 hapax und dis legomena in den Posthomerica a) hapax legomena in den Posthomerica1758 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

ἄατος ἀβληχρός ἄβρομος ἀγακλεής ἀγαπάζω ἀγάρροος ἄγγος ἀγέλη ἀγήρως ἀγινέω ἄγκιστρον ἀγκύλος ἀγκυλόδους ἀγλαόπεπλος ἀγνοέω

1758

1,217 10,19 13,68 2,268 7,207 10,174 8,333 1,798 10,312 4,305 11,63 11,53 6,218 11,240 9,301

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

ἀγοράομαι ἀγορητής ἄγραυλος ἀγρονόμος ἀγρός ἀγρότερος ἄγυρις ἀδευκής ἀδμής ἀεθλητήρ ἀεικέλιος ἀεκαζόμενος ἀέκητι ἀελλοπόδης ἀεσίφρων

Zählung nach Papathomopoulos (2002).

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5,432 6,74 13,157 4,440 9,198 6,612 12,3 14,292 14,12 4,114 6,262a 14,29 4,107 10,189 2,83

561

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76

ἀηδών ἀθέσφατος ἀθλεύω ἀθλοφόρος ἄθυρμα αἰγυπιός ἄιδρις αἰθέριος αἶνος αἰολομίτρης αἴσυλος αἰτέω ἀκήδεια ἀκηδέστως ἀκίνητος ἀκμής ἀκόνιτος ἄκρατος ἀκρίς ἀκρονύχως ἀλαλητός ἀλάομαι ἀλαπαδνοσύνη ἀλαστέω ἁλής ἀλθαίνω ἁλίως ἁλιπόρφυρος ἁλιτρεφής ἀλιτροσύνη ἀλκήεις ἀλλοίως ἄλλοσε ἅλμα ἀλοιφή ἀμαρύσσω ἀμέγαρτος ἀμεμφής ἀμετροεπής ἀμοιβάδιος ἀμοιβαδίς ἀμοιβαῖος ἄμπυξ ἀμύσσω ἀμφάγαμαι ἀμφαγαπάω

12,490 14,603 6,494 9,513 7,339 8,405 9,331 2,666 13,195 8,111 6,428 5,134 3,524 13,6 5,329 2,523 4,319 3,67 2,197 8,157 1,313 14,63 7,12 5,584 3,413 9,475 2,291 3,529 3,272 10,407 4,247 4,255 6,190 4,465 3,682 8,29 3,640 13,349 5,239 5,65 3,663 6,177 4,511 3,547 7,722 10,425

77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122

ἀμφελελίζω ἀμφερύω ἀμφέρχομαι ἀμφιβαίνω ἀμφιγάνυμαι ἀμφιδαίω ἀμφιζέω ἀμφιθέω ἀμφιθνῄσκω ἀμφικυνέω ἀμφιμάομαι ἀμφιμέλει ἀμφιπένομαι ἀμφιπερικτίονες ἀμφιπεριπτώσσω ἀμφιπεριίσταμαι ἀμφιπεριστρωφάω ἀμφιρρήγνυμι ἀμφιφέρω ἀναγκαῖος ἀναδύομαι ἀναζέω ἀναθρῴσκω ἀναΐσσω ἀνακηκίω ἀναλκείη ἀναμείγνυμι ἀναπαύω ἀναπλήθω ἀναπλημμύρω ἀνάρσιος ἀνασκαίρω ἀναστένω ἀναστρέφω ἀνατρέπω ἀνατρίζω ἄνδιχα ἀνδροβόρος ἀνερκής ἀνέχομαι ἀνηλεγής ἀνθεμόεις ἀνθρακιή ἄνθραξ ἀνιάχω ἀνιύζω

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11,465 1,12 5,327 3,213 1,62 13,543 6,104 5,371 6,449 7,328 9,428 5,190 10,57 6,224 12,472 3,201 13,11 1,39 5,10 14,293 5,70 14,496 1,700 4,547 12,505 2,50 13,129 7,625 11,312 14,635 2,57 8,321 3,603 14,594 3,63 13,107 3,94 6,247 3,494 3,58 2,75 2,601 7,387 9,164 14,31 11,177

562 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168

6. Anhänge ἀνοιδαίνω ἀνοιδέω ἄνουσος ἀνουτητί ἀνούτητος ἀντιβίην ἀντιβοάω ἀντιπέρηθε ἄντλος ἄξιος ἄξων ἀοιδή ἀολλίζω ἀπαίθομαι ἀπαιωρέομαι ἀπαλθαίνομαι ἀπαμαλδύνω ἀπαναίνομαι ἀπανύω ἄπαστος ἀπαχλύω ἀπεχθής ἀπηύρων ἄπληστος ἀποαίνυμαι ἀποβαίνω ἀποβρίζω ἀποδρύπτω ἀποθύμιος ἄποινα ἀποκρέμαμαι ἀπολύω ἀπονοστέω ἀπονοσφίζω ἀποπαύω ἀπορραίω ἀπορρώξ ἀποσκεδάννυμι ἀποσκοπιάζω ἀποσπένδω ἀποσχίζω ἀποτίνω ἄποτος ἀποτρωπάω ἀπούρας ἀποφέρω

14,470 9,345 9,461 3,445 13,145 8,160 8,326 13,482 1,352 7,291 6,109 12,308 6,533 1,693 14,376 4,404 8,209 9,347 5,1 7,21 1,79 12,479 3,449 2,199 5,624 9,447 5,661 14,577 10,300 13,233 11,197 6,291 1,646 3,572 10,257 3,452 1,304 3,356 6,114 3,108 14,574 1,326 14,539 8,390 8,219 4,7

169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214

ἀποφθινύθω ἀποφώλιος ἀποχάζομαι ἄπριστος ἀπτόλεμος ἀραβέω ἀργικέραυνος ἀργυρότοξος ἀρή ἀρήν ἀρητός ἀρίζηλος ἀριπρεπής ἁρματροχιά ἁρμός ἀρνειός ἀροτρεύω ἅρπη ἀρτύνω ἀρτύω ἄσβεστος ἄσθμα ἀσθμαίνω ἀσπάζομαι ἄσπορος ἆσσον ἀστερόεις ἀσύφηλος ἀσφαλής ἀσφαλέως ἀσφάραγος ἀταρτηρῶς ἀτέλεστος ἀτιμάζω ἀτιμότερος ἀτραπιτός ἀτρέμας ἀτρεμέως ἄτροπος ἄτρυτος αὐγή αὐδάω αὐδήεις αὐίαχος αὐλή αὐλίζομαι

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9,15 2,327 8,353 12,137 9,283 2,467 4,49 4,40 3,109 8,371 11,120 1,38 4,386 4,516 14,266 5,439 5,62 6,218 10,64 13,452 11,95 11,384 4,535 7,233 4,428 1,558 13,483 9,521 2,92 7,80 11,82 6,360 12,55 12,557 2,616 5,53 13,40 13,36 7,247 7,585 3,774 7,287 11,29 13,70 7,227 14,482

563

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260

ἀυπνοσύνη αὐτόματος αὐχένιος ἀφαρπάζω ἀφειδέω ἀφραίνω ἄφραστος ἀφρίζω ἀφρονέω ἀφροσύνη ἀφύσσω ἄω βαθυδίνης βαθυκνῆμις βαθύπεπλος βαθύρριζος βαθύρρωχμος βαθύσκιος βαθύστομος βαρύβρομος βαρύδουπος βαρύκτυπος βασιλήιος βηλός βιάω βιός βλητός βληχρός βλοσυρῶπις βλωθρός βόθρος βολή βοοσσόος βόσκω βοτήρ βοτρυόεις βουκολέω βούλομαι βουλυτός βοῶπις βραδύς βρεχμός βριθύς βρόμος βροτόομαι βρότος

2,155 12,511 1,264 13,253 12,63 2,322 1,31 4,548 3,112 1,757 14,334 6,35 2,345 1,55 13,552 4,202 1,687 3,105 1,337 14,609 9,426 14,530 9,515 13,483 2,158 10,208 3,429 2,182 8,243 8,204 6,380 3,581 5,64 5,299 14,259 6,473 3,111 12,301 7,621 2,643 2,53 13,155 3,540 11,379 1,717 3,522

261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306

βρόχος βρυχή βρυχμή βρύχω βρύω βυσσόθεν γαιήοχος γαμέω γαμφηλαί γάστρη γέγωνα γεραίρω γεύω γῆ γηραλέος γλουτός γλυκύς γοερός γόμφος γουνάζομαι γουνόομαι γρηγορέω γύαλος γυιόω γυμνός γύψ δαημοσύνη δαιδαλόεις δαιτυμών δάκρυον δάκτυλος δάμνημι δάος δαρθάνω δάφνη δαφοινός δεικανάω δειράς δέκα δέμω δέρμα δεύτατος δημογέρων δῆμος δηναιός διαθρύπτω

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14,160 5,392 4,241 14,484 6,344 14,528 2,208 1,728 7,490 5,382 3,427 9,488 10,116 10,76 13,183 6,401 7,732 13,542 11,310 10,313 13,191 13,43 5,110 11,55 10,216 3,353 1,176 1,141 2,163 3,604 13,153 13,402 9,454 3,659 12,516 3,181 6,158 11,92 4,181 7,415 11,480 12,332 13,181 1,22 3,295 1,549

564 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352

6. Anhänge διακλάω διακοσμέω διαμάω διαμείβω διαμετρέω διαμπείρω διασκίδνημι διατείνω διαυγής διαφαίνω διδάσκω διείργω διελίσσω διεξοίγνυμι δίημαι διηνεκής διηρεφής διικνέομαι διιπετής δίνη διοίγνυμι διοτρεφής διπλόος δισσάκι δίχα δίψα διώκω δολομήτης δολόφρων δολοφρονέων δόρπα δουροτόμος δόχμιος δράγδην δράγμα δράσσομαι δραχμός δρεπάνη δρέπανον δρηστήρ δύναμις δυσάλθητος δυσθαλπής δύσις δυσχείμερος ἐγκαταμείγνυμι

10,107 3,694 1,620 10,341 12,136 1,614 12,188 11,378 3,732 8,354 7,62 5,53 6,565 13,41 2,331 14,36 6,325 12,76 8,168 1,118 14,496 6,293 12,411 2,56 12,162 10,277 2,548 5,292 12,364 12,374 12,550 1,250 3,28 13,91 3,376 1,350 1,350 5,58 4,426 5,383 2,305 9,388 11,156 7,308 8,355 5,325

353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398

ἐγκατατίθημι ἐγκρίνω ἐγκρύπτω ἐγρεκύδοιμος ἐγχέσπαλος ἕδνον ἑδνόω ἑδνωτής ἕδρη ἑδριάω ἐεικοστός εἴβω εἴδωλον εἰλέω εἷμα εἰρεσίη εἰσαναβαίνω εἰσάνειμι ἐκγίγνομαι ἐκεῖσε ἑκηβολίη ἑκηβόλος ἐκπροφεύγω ἐκτέμνω ἑκυρή ἐλαΐνεος ἐλαφρόπους ἐλάω ἔλεγχος ἐλεύθερος ἑλικοβλέφαρος ἕλωρ ἐμβασιλεύω ἐμέω ἐμμίμνω ἐμπάζομαι ἐμπλάζω ἔμπροσθεν ἐναίθομαι ἐναίσιμος ἐναρίθμιος ἐνειλέω ἐνερείδω ἐνεφάλλομαι ἐνίπλειος ἐνιχρίμπτω

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7,338 5,648 14,556 1,180 6,39 1,727 13,510 5,525 6,38 10,336 1,87 12,410 12,551 6,534 3,528 6,101 7,253 14,355 1,579 5,293 11,442 9,460 6,284 3,224 13,524 8,388 4,512 9,214 1,760 11,271 13,470 14,285 13,531 11,192 6,497 1,423 11,49 10,357 11,94 14,196 2,306 14,294 11,205 10,467 13,81 4,203

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437 438 439 440 441 442 443 444

ἐννύχιος ἐνστηρίζω ἐνστρωφάομαι ἐντυπή ἐξάγω ἐξακέομαι ἐξαναδύομαι ἐξανύω ἐξαπαφίσκω ἐξαρπάζω ἐξάρχω ἔξειμι ἐξενέπω ἐξέτι ἐξημοιβός ἔοργα ἐπαγινέω ἐπάγω ἐπαινέω ἐπαλγύνω ἐπαρωγός ἐπαχλύω ἐπεγγελάω ἐπειδή ἐπειρύω ἐπεκχέω ἐπευφημέω ἐπήτριμος ἐπιάλλομαι ἐπιανδάνω ἐπιβρέμω ἐπιγράβδην ἐπιδεύομαι ἐπιθύνω ἐπιιζάνω ἐπικαταβάλλω ἐπικέρτομος ἐπικραίνω ἐπικρατέω ἐπιλήθομαι ἐπιμέμβλομαι ἐπιμηχανάομαι ἐπιμιμνήσκομαι ἐπιμίξ ἐπινηνέω ἐπιπαύω

12,513 5,101 1,308 5,530 13,322 10,297 13,42 14,19 1,137 4,565 12,172 8,431 2,115 10,366 7,437 10,317 6,235 9,107 12,46 4,416 3,121 14,462 14,397 9,491 8,377 10,481 4,171 14,248 2,248 8,127 14,458 10,238 10,20 10,303 6,38 14,583 1,136 14,297 10,12 12,105 3,123 14,427 14,153 3,322 3,685 9,33

445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490

ἐπιπαφλάζω ἐπιπείθω ἐπιπέλομαι ἐπιπέτομαι ἐπιπλώω ἐπιπνείω ἐπιπνέω ἐπιπορσύνω ἐπιπροϊάλλω ἐπιρροιβδέω ἐπισκιάω ἐπίσσωτρον ἐπιστείβω ἐπιστρωφάω ἐπιτάρροθος ἐπιτρομέω ἐπιφράζω ἐπιφρονέω ἐπίφρων ἐπόψιος ἑπτά ἔραζε ἔραμαι ἐρεείνω ἐρεμναῖος ἐρέφω ἐριβρεμέτης ἐρίβρυχμος ἐριδαίνομαι ἐρίζω ἐρισθενής ἐρισμάραγος ἐρόεις ἕρπω ἐρυθρός ἐρωέω ἐσάγω ἐσαθρέω ἐσάντα ἐσδύω ἕσπομαι ἐσφοιτάω ἐσχατίη ἑτοῖμος ἐυγλαγής εὔδηλος

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565 11,229 6,47 7,475 14,25 14,243 14,343 7,460 7,712 6,231 8,322 2,479 6,565 2,638 3,267 5,254 2,474 9,330 3,247 14,112 13,555 9,512 14,77 10,441 8,148 2,510 8,231 3,635 3,171 5,105 1,462 10,91 13,362 13,389 11,456 7,681 3,520 12,441 1,111 4,27 2,612 11,76 3,433 10,332a 7,676 13,260 12,258

566 491 492 493 494 495 496 497 498 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508 509 510 511 512 513 514 515 516 517 518 519 520 521 522 523 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535 536

6. Anhänge εὐεργής εὐερκής ἐύζυγος ἐύζωνος εὐήρης εὐκέατος ἐυκλεής εὐκομόων ἐυκτυπέω εὐμενέω εὐνάζω εὐνομίη ἐύξεινος εὔορμος εὐπλοΐη ἐυπνείω εὔπωλος ἐύσκαρθμος ἐύσκιος εὐσταλέως ἐύστροφος εὐτείχεος εὐτρεφής ἐύτρητος ἐύτριχος ἐυτρόχαλος εὐφρανέω εὐχωλή εὐώδης ἐφάπτομαι ἐφίζανω ἐφοπλίζω ἐφορμαίνω ἔχθομαι ζαής ζηλημοσύνη ζῷον ἠβαιός ἥβη ἡγέομαι ἠγερέθομαι ἡγήτωρ ἠλακάτη ἠμαθόεις ἡμερίς ἥμερος

12,37 14,3 9,439 10,143 14,57 6,378 13,509 4,403 5,21 3,190 8,155 14,124 7,223 14,623 7,374 3,714 1,673 14,10 7,717 1,622 10,231 13,307 5,384 9,429 12,143 4,344 1,372 14,381 1,795 14,569 14,40 6,53 2,96 3,398 3,619 13,388 7,203 4,223 4,434 7,226 6,7 13,32 6,481 4,507 14,175 6,126

537 538 539 540 541 542 543 544 545 546 547 548 549 550 551 552 553 554 555 556 557 558 559 560 561 562 563 564 565 566 567 568 569 570 571 572 573 574 575 576 577 578 579 580 581 582

ἡμίονος ἠπεροπεύς ἠπεροπεύω ἠπύτα θαλάσσιος θαλέω θαμειαί θεάομαι θέλω θεόδμητος θεόθεν θεοπρόπος θερμαίνω θέσκελος θετός θοῦρις θοῦρος θρέπτα θρίζω θρόνος θυμαλγής θυμοβόρος θύος ἴδρις ἰητήριον ἵλαος ἱλάσκομαι ἰλύς ἱμάς ἱμάσθλη ἵμερος ἰνδάλλω ἰνίον ἰοβόλος ἰόεις ἰός (Adj.) ἴουλος ἱππόμαχος ἱπποπόλος ἰσημερίη ἰσόπεδος ἵστωρ ἶφι ἴχνος καθάπτομαι καθαρμόζω

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12,133 12,390 2,361 6,170 11,66 11,96 9,38 4,273 8,320 12,514 2,417 12,534 3,528 8,252 12,455 14,452 1,551 11,89 6,629 6,159 4,69 1,160 1,29 4,285 7,61 14,311 1,29 14,648 4,333 4,558 13,392 6,479 11,83 4,187 6,48 6,134 12,309 11,279 3,173 7,305 1,701 8,480 4,338 7,558 2,126 12,142

567

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 583 584 585 586 587 588 589 590 591 592 593 594 595 596 597 598 599 600 601 602 603 604 605 606 607 608 609 610 611 612 613 614 615 616 617 618 619 620 621 622 623 624 625 626 627 628

καθέζομαι καθέλκω καθίζω καθοράω κακόφρων καλάμη κάλαμος κάνεον κάπετος κάπριος κάπρος καπύω κάρτιστος καταγινέω καταθάπτω κατακρύπτω καταλείβω καταμαλδύνω καταπαύω κατασκεδάννυμι κατάσκιος καταστέφω κατατεύχω κατατήκω καταφθίνω καταφλέγω καταχθόνιος κατέδω κατηπιάω κατηρεφής κατηφείη κατηφιάω κατιθύς κατόπισθεν κατουτάω κατωπιάω καῦμα καχλάζω κεῖσε κελαρύζω κέντρον κεραίη κεράννυμι κερδοσύνη κήδομαι κηκίω

12,334 1,600 6,103 8,430 4,527 14,77 6,171 4,136 4,424 2,249 6,396 6,523 12,62 14,11 4,307 9,164 1,295 14,74 9,424 12,309 7,409 14,376 7,676 7,229 3,482 1,500 2,612 3,456 4,404 11,362 9,468 3,9 7,136 11,213 14,318 3,133 13,134 2,346 9,214 5,484 5,64 1,149 4,139 12,387 5,361 6,582

629 630 631 632 633 634 635 636 637 638 639 640 641 642 643 644 645 646 647 648 649 650 651 652 653 654 655 656 657 658 659 660 661 662 663 664 665 666 667 668 669 670 671 672 673 674

κῆρυξ κητώεις κηώεις κιθάρη κισσός κλαυθμός κλεινός κλειτός κλῆρος κλύζω κλώθω κνυζηθμός κνώσσω κοιλαίνω κοιρανίη κόλος κολούω κολπόω κόναβος κότος κουρίζω κοῦφος κραδαίνω κραίνω κραιπνῶς κραναός κρατερῶς κρατέων κρεμάννυμι κρήνη κρίνω κρύβδην κρυόεις κτίλος κυανοπλόκαμος κυανόπρῳρος κυανῶπις κυδιάνειρα κυκλόθεν κυμαίνω κυνέη κύντατος κυνῶπις κωκυτός λαγωός λάζομαι

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9,34 12,314 6,158 5,66 14,175 3,521 1,389a 6,154 4,506 14,535 11,141 2,579 2,185 9,382 5,552 11,57 13,8 9,174 7,18 1,809 4,432 7,449 3,65 2,129 1,603 14,469 6,210 3,518 13,323 5,79 5,9 14,385 7,363 1,175 5,345 7,436 1,44 1,162 5,16 5,246 3,334 8,441 6,24 3,633 5,435 14,459

568 675 676 677 678 679 680 681 682 683 684 685 686 687 688 689 690 691 692 693 694 695 696 697 698 699 700 701 702 703 704 705 706 707 708 709 710 711 712 713 714 715 716 717 718 719 720

6. Anhänge λαθικηδής λάμπω λαοσσόος λαοφόνος λάπτω λατόμος λαυκανίη λέγω (colligo) λειαίνω λειμών λειριόεις λέπαδνον ληίδιος ληιστήρ ληῖτις λιάζομαι λιαρός λιβάς λιγνύς λιγυρός λιμήν λιπαρός λιπάω λόγος λοιβάς λόφος λοχάω λυγρῶς λῦμα λωβάω λωβητός μαντοσύνη μαργαίνω μαστιάω μάστις μάψ μεγακήτης μεγαλοβρεμέτης μεγαλόβρυχος μεγαλόφρων μεγασθενής μεθίστημι μείζων μείρομαι μελάβροτος μελανόχροος

14,145 8,47 6,513 1,593 14,539 5,244 14,314 6,190 12,137 5,77 2,418 4,504 5,523 7,505 3,544 1,245 3,736 10,418 8,469 6,171 14,623 9,454 10,274 3,499 14,220 2,456 3,76 14,32 1,28 12,419 1,749 9,332 3,59 4,513 9,156 5,239 12,151 2,508 5,188 6,86 2,140 2,161 2,459 10,293 2,32 2,642

721 722 723 724 725 726 727 728 729 730 731 732 733 734 735 736 737 738 739 740 741 742 743 744 745 746 747 748 749 750 751 752 753 754 755 756 757 758 759 760 761 762 763 764 765 766

μελέδημα μελεδώνη μελιηδής μελίφρων μελίχροος μέμνων μέσαυλος μεσόδμη μεταδαίνυμαι μεταμείβομαι μετάτροπος μετέπειτα μετέρχομαι μετοίχομαι μηκάς μηκύνω μήκων μήνη μηρία μινύθω μνηστεύω μνῆστις μόλυβδος μονάμπυξ μορμῦρος μορόεις μόρσιμος μορφή μυελός μύζω μυχός μωμάομαι νεαρός νεηγενής νείατον νεοθηλής νεόκμητος νεότης νεφεληγερής νήια νῆμα νημερτής νήνεμος νήχυτος νόστιμος νύμφη

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8,494 9,369 5,353 10,33 3,224 2,647 12,581 13,451 2,157 9,109 7,271 12,363 6,132 7,174 1,479 2,490 4,425 1,147 14,101 3,406 1,728 14,68 7,387 4,545 14,578 1,152 10,151 10,339 10,274 13,244 6,483 12,563 3,535 9,240 6,627 9,163 7,29 11,449 4,80 14,609 11,277 12,368 14,91 1,417 1,609 4,431

569

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 767 768 769 770 771 772 773 774 775 776 777 778 779 780 781 782 783 784 785 786 787 788 789 790 791 792 793 794 795 796 797 798 799 800 801 802 803 804 805 806 807 808 809 810 811 812

νυός νωθής νωλεμές ξεινίζω ξείνιον ξένιος ξιφίας ξυμβάλλω ξυνοχή ὀαρισμός ὀβριμοπάτρη ὄγμος ὀδμή ὄζω ὄθομαι οἴγνυμι οἰδαλέος οἰκέω οἴκοι οἶμα οἰνόπεδος οἰοπόλος οἶστρος ὀλιγοδρανής ὀλιγοδρανίη ὀλιγοσθενής ὀλισθαίνω ὀλολύζω ὀλοφώιος ὁμαλός ὁμαρτέω ὀμέομαι ὁμέστιος ὁμηγυρής ὁμιλέω ὀμόργνυμι ὁμοφροσύνη ὁμόφρων ὀμφαλός ὁμωρόφιος ὀνίνημι ὄνομαι ὀπίζομαι ὅπλον ὁπόθεν ὀρθός

10,383 10,279 4,560 13,295 1,169 13,413 9,176 5,397 4,342 7,316 3,420 5,57 2,564 3,691 3,226 2,666 4,205 6,617 8,297 6,201 10,114 8,371 11,209 10,283 1,764 8,460 12,432 12,441 12,552 5,92 1,587 6,313 14,187 8,476 9,169 9,61 7,651 5,547 11,202 10,205 13,368 6,92 2,618 7,196 7,180 8,321

813 814 815 816 817 818 819 820 821 822 823 824 825 826 827 828 829 830 831 832 833 834 835 836 837 838 839 840 841 842 843 844 845 846 847 848 849 850 851 852 853 854 855 856 857 858

ὀρθόω ὅρκιον ὀρφανός ὀρφνήεις ὄρχατος ὄσσα ὀτραλέος ὀτρηρός οὐδός οὐλοχύται οὐρανόθι οὖρον ὄφις ὀχθέω παγετός πάγος παιδνός παιδόθεν παιδοφονεύς παιφάσσω παναίολος πανάργυρος πανείδατος πανημερίη πανομφαῖος πανύστατος παππάζω παραβλήδην παραγνάμπτω παραθερίζω παραιβασίη παραιπείθω παραίφημι παραιωρέω παρακαταθάπτω παρακατάκειμαι παράκειμαι παρακύρω παραπείθω παρατεκταίνομαι παρατρέπω παρελαύνω παρέρχομαι παρευνάζομαι παρθένος παριαύω

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4,511 13,379 5,505 3,657 8,279 3,454 11,107 8,364 10,426 12,383 9,23 2,402 7,332 3,451 3,579 14,576 7,357 6,608 2,322 8,179 1,144 1,564 1,88 7,393 5,626 13,27 3,474 5,237 11,372 10,238 13,381 6,66 3,259 10,200 1,804 5,102 7,711 11,423 10,306 7,224 8,416 4,580 3,183 9,341 12,539 10,310

570 859 860 861 862 863 864 865 866 867 868 869 870 871 872 873 874 875 876 877 878 879 880 881 882 883 884 885 886 887 888 889 890 891 892 893 894 895 896 897 898 899 900 901 902 903 904

6. Anhänge παροινοχέω παροίχομαι παροτρύνω παρυπνόω πάσσω πάτος πάχνη παχύς πέλας πέλεθρον πέλωρ πενθερός πέπνυμαι πέραν περιβαίνω περιβλύζω περίγναμπτος περίδρομος περιέννυμι περιηγής περιθραύω περικαταπίπτω περικατατίθημι περικήδομαι περικίδναμαι περιμαρμαίρω περιμύρομαι περιναιετάω περινήχομαι περινίσομαι περίοιδα περιπαιφάσσω περιπέλομαι περιπλαταγέω περιπτώσσω περιρρήγνυμι περιρρίπτω περισαίνω περισείω περισπαίρω περιστρωφάω περισχίζω περιταρχύομαι περιτήκομαι περιτίθημι περιτρέφω

4,279 14,275 8,270 10,128 9,464 5,54 3,580 1,239 9,396 11,158 12,464 6,92 12,391 14,353 3,218 4,9 1,149 14,535 5,504 2,105 7,617 3,281 6,196 2,170 8,1 5,114 12,489 7,239 14,548 5,288 9,496 13,72 2,505 7,500 11,445 8,61 8,332 1,542 12,509 1,624 12,404 13,329 7,157 10,420 2,610 10,415

905 906 907 908 909 910 911 912 913 914 915 916 917 918 919 920 921 922 923 924 925 926 927 928 929 930 931 932 933 934 935 936 937 938 939 940 941 942 943 944 945 946 947 948 949 950

περιτρέχω περιτρωχάω περιφραδής περιφραδέως περιφρίσσω περιχέω περιχώομαι πετραῖος πηγή πημαίνω πῆχυς πικρός πινυτόφρων πίσσα πιστός πίτυς πλησίον πλόκαμος πλοῦτος πλοχμός ποδάρκης πόθεν πόθι ποιμνήιον πολιοπλόκαμος πολυαής πολυαλδής πολύγναμπτος πολυδάκρυτος πολυδειράς πολυδίψιος πολυμήκετος πολύμητις πολύμυθος πολύρρηνος πολυρρόθιος πολύρροιζος πολύσκαρθμος πολυσπερής πολυστάφυλος πολυσχιδής πολύτρητος πολύφρων πολυώδυνος ποντοπορέω ποντόω

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12,556 7,459 5,143 11,64 3,184 11,384 1,741 3,579 10,197 13,379 14,171 7,296 14,630 9,455 8,102 8,205 6,353 3,688 7,678 5,39 1,130 8,138 10,40 13,48 14,14 1,253 2,658 1,286 14,348 6,212 3,570 2,452 12,154 12,557 2,331 7,395 1,156 5,657 13,339 2,602 9,500 4,374 1,727 13,99 7,397 14,604

571

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 951 952 953 954 955 956 957 958 959 960 961 962 963 964 965 966 967 968 969 970 971 972 973 974 975 976 977 978 979 980 981 982 983 984 985 986 987 988 989 990 991 992 993 994 995 996

πορθέω ποτής ποτιβάλλω ποτιδέχομαι ποτικλίνω ποτικλύζομαι ποτιπταίω πότνια πουλυβόειος πουλυπέλεθρος πραπίς πρέσβα πρεσβύτερος προάλλομαι προβαίνω προβέβουλα προβλής προβολή προγενέστερος προέχω προθέω προκαλέω προκαλίζομαι προλείπω πρόμος προοράω πρόπαν προσαυδάω προσβαίνω προσοράω προσπτύσσω προσσεύω προτί προτιόσσομαι πρότμησις πρῴρηθεν πτελέη πτερόν πτῆσις πτολίπορθος πυκινόφρων πυροβόρος πύρπνοος πῶλος πωτάομαι ῥάβδος

13,487 10,20 14,155 3,407 9,456 11,313 7,81 3,398 3,239 3,396 14,311 13,378 2,310 4,510 4,492 13,347 10,175 9,378 4,296 1,802 1,176 5,284 1,443 2,580 14,189 8,419 11,437 6,430 6,2 8,435 13,532 8,166 6,446 12,558 6,374 14,378 7,409 9,358 12,5 1,377 5,98 2,197 6,237 8,30 5,437 9,201

997 998 999 1000 1001 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 1011 1012 1013 1014 1015 1016 1017 1018 1019 1020 1021 1022 1023 1024 1025 1026 1027 1028 1029 1030 1031 1032 1033 1034 1035 1036 1037 1038 1039 1040 1041 1042

ῥαθάμιγξ ῥάπτω ῥάχις ῥοδόπεπλος ῥοδόσφυρος ῥοιβδηδόν ῥόπαλον ῥυπόω ῥώομαι ῥωπήεις ῥωπήιον σακέσπαλος σειρή σείω σηκός σιωπή σκαίρω σκάφος σκέπας σκηπτοῦχος σκολιός σκόλοψ σκόπελος σμαραγίζω σμῆνος σμῶδιξ σπαργέω σπάρτος σπεῖρον σπόρος στάδιος στάζω στεροπηγερέτης στερρός στεφανόω στέφος στέφω στηρίζω στόλος στορέννυμι στόρνυμι στρεπτός στρεφεδινέω στυφελώδης συγκαίω συγκάμνω

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print:9783525252932 — ISBN E-Book: 9783647252933

2,557 4,399 9,189 3,608 1,138 5,381 6,251 9,373 7,323 7,715 1,7 1,514 12,423 8,345 5,496 12,334 5,495 13,314 7,137 3,518 9,501 5,53 8,197 14,558 11,383 3,555 14,283 14,266 5,615 4,427 4,166 3,534 2,164 11,195 5,99 12,435 12,436 6,310 3,587 1,121 5,92 9,520 13,7 12,449 1,792 12,111

572 1043 1044 1045 1046 1047 1048 1049 1050 1051 1052 1053 1054 1055 1056 1057 1058 1059 1060 1061 1062 1063 1064 1065 1066 1067 1068 1069 1070 1071 1072 1073 1074 1075 1076 1077 1078 1079 1080 1081 1082 1083 1084 1085 1086 1087 1088

6. Anhänge συμμείγνυμι συμμογέω συμπείρω συμπέρθω συμπίπτω συναΐσσω συναρμόζω συνάχνυμαι συνδεύω συνδράσσω συνελαύνω συνευφημέω συνεχής συνέχομαι συνθνῄσκω συνίστημι συννεφής συνόχωκα συντεκταίνομαι συνωχαδόν συρράπτω συστοναχέω σφενδόνη σφυρόν σχεδίη σχεδόθεν σχίζα σχίζω ταλαός τάλαρος ταμίη τανυσίπτερος τανύφθογγος ταχύπωλος τέγος τελευτή τέμενος τέσσαρες τετραβόειος τέτρατος τεχνηέντως τηλεκλειτός τηλόσε τιθήνη τίλλω τοιόσδε

13,431 5,105 1,612 4,451 12,174 2,456 12,140 2,625 4,213 13,185 9,171 6,93 14,601 14,178 3,249 1,498 2,347 7,502 4,132 14,517 9,359 1,296 6,559 3,62 11,312 5,332 14,102 14,551 1,759 1,446 4,278 8,387 11,110 13,251 6,187 9,86 10,162 10,341 6,547 3,760 5,97 8,291 4,407 13,521 13,117 2,91

1089 1090 1091 1092 1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099 1100 1101 1102 1103 1104 1105 1106 1107 1108 1109 1110 1111 1112 1113 1114 1115 1116 1117 1118 1119 1120 1121 1122 1123 1124 1125 1126 1127 1128 1129 1130 1131 1132 1133 1134

τοκετός τοξοσύνη τρήρων τρία τρίβω τρίπους τρίτος τροχός τρύζω τρύφος τρύω τυκτός τυφῶν ὑβρίζω ὕδρη ὑλαγμός ὑλακή ὑλακτιάω ὑλοτόμος ὑμνέω ὑπανίστημι ὑπαχλύνομαι ὑπεκπεράω ὑπεκπροφεύγω ὑπεκπροχέομαι ὑπεκσῴζω ὑπεκτελέω ὑπεκφέρω ὑπεκφεύγω ὑπερελαύνω ὑπερέπτω ὑπερέχω ὑπερουτάω ὑπερσεύομαι ὑπερφιάλως ὑπηείριος ὑπῃῶος ὑπίχνιος ὑποβιβρώσκω ὑποβλήδην ὑποδέρκομαι ὑποδρήσσω ὑποδύω ὑποκαταβάλλω ὑποκινύω ὑποκλονέω

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print:9783525252932 — ISBN E-Book: 9783647252933

11,26 4,405 12,18 12,147 12,431 9,513 4,264 6,564 10,326 7,388 1,637 7,16 3,64 1,751 6,212 14,283 14,286 2,375 9,452 4,129 4,204 1,67 5,246 1,634 13,57 3,49 1,204 4,517 6,421 11,330 9,377 10,233 5,289 2,183 6,92 2,573 4,111 9,383 9,382 2,147 3,252 12,134 6,576 10,484 4,510 14,572

573

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 1135 1136 1137 1138 1139 1140 1141 1142 1143 1144 1145 1146 1147 1148 1149 1150 1151 1152 1153 1154 1155 1156 1157 1158 1159 1160 1161 1162 1163 1164 1165 1166 1167

ὑποκρίνω ὑπολύω ὑπομένω ὑποπλαταγέω ὑποπλήσσω ὑποπτήσσω ὑποστόρνυμι ὑποστρέφω ὑποσχεσίη ὑποτίθημι ὑποτρέχω ὑποτύφω ὑποχρεμετίζω ὑπόψιος ὑψικάρηνος ὑψίπυλος ὑψόφορος ὕψος ὑψοῦ ὕω φαγεῖν φαεσίμβροτος φαιδρός φαιδρύνω φάσγανον φατός φηγός φημίζω φῆμις φθόγγος φιάλη φιλοξενίη φίλτατος

12,35 2,442 14,598 3,178 4,229 12,37 6,102 6,314 2,149 12,47 14,577 5,643 8,57 13,289 1,518 8,368 13,427 7,323 6,288 14,637 8,391 2,209 2,511 9,467 1,257 14,298 9,452 13,538 3,484 3,171 4,475 13,294 11,252

1168 1169 1170 1171 1172 1173 1174 1175 1176 1177 1178 1179 1180 1181 1182 1183 1184 1185 1186 1187 1188 1189 1190 1191 1192 1193 1194 1195 1196 1197 1198 1199 1200

φιτρός φλέγω φλιά φοβερός φορμίζω φορτίς φράσσω φῦκος φυσιόω φυτόν χαλκεοτέχνης χανδόν χειμέριος χείρων χελιδών χερμάς χηρωσταί χθαμαλός χλοερός χολάς χραύω χρεμετίζω χρίμπτω χρίω χρυσήνιος χρυσόθρονος ψαμαθώδης ψάμμος ψευδής ψύχω ὦνος ὠρύομαι ὤψ

12,137 10,279 7,338 11,117 3,103 13,315 10,47 6,333 7,324 1,399 2,440 13,13 14,264 13,270 7,330 14,263 8,299 12,313 8,208 11,204 11,76 1,349 14,470 9,467 5,395 14,1 7,116 14,496 3,499 3,164 4,384 12,518 10,265

b) dis legomena in den Posthomerica1759 1 2 3 4 5 6 7 8

ἀγακλυτός ἄγαλμα ἀγανός ἀγρευτήρ ἄγυια ἀγχίαλος ἀδάικτος ἄδακρυς 1759

4,457; 5,316 1,627; 13,427 3,467; 14,443 2,282; 2,575 12,471; 13,432 13,467; 14,411 1,196; 11,165 4,16; 13,421

9 10 11 12 13 14 15 16

ἀδάκρυτος ἀδρανίη ἀειγενής ἄελπτος ἀερσιπέτης ἀήθης αἴ αἰδοῖα

Zählung nach Papathomopoulos (2002).

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3,744; 4,2 9,456; 9,472 7,7; 14,238 4,20; 13,393 3,211; 6,49 2,638; 6,267 6,445; 10,315 6,554; 13,98

574 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

6. Anhänge αἰδοῖος αἴθ᾿ ἀιστόω αἰχμητήρ ἀκιδνότερος ἄκρις ἀκτίς ἀλάλημαι ἀλδαίνω ἄλεισον ἄλειφα ἁλιεύς ἁλίη ἅλις ἀλκτήρ ἀλλοῖος ἄλλως ἀλυκτέω ἄλυξις ἀλύω ἀμαλλοδετήρ ἁμαρτάνω ἀμβολίη ἀμήχανος ἄμμορος ἀμφάδιος ἀμφαφάω ἀμφερυθαίνω ἀμφικαίνυμαι ἀμφικλάω ἀμφιμάρπτω ἀμφιπολεύω ἀμφιτεύχω ἀμφίτυπος ἀμφίφαλος ἀμφιφοβέομαι ἀναβαίνω ἀναέξω ἀναθάλλω ἀναιμωτί ἀναιρέω ἀναλέγω ἀναπάλλω ἀνάπνευσις ἀναρπάζω ἀνασθμαίνω

5,543; 10,284 2,61; 5,565 2,584; 12,480 8,85; 13,169 7,286; 7,477 10,332; 10,418 1,59; 1,658 13,91; 13,111 4,429; 9,473 4,542; 13,5 1,796; 14,265 7,569; 9,173 3,631; 5,345 1,605; 6,344 8,263; 10,258 6,5; 13,291 4,107; 13,344 13,499; 14,24 1,478; 12,212 3,633; 10,254 2,185; 5,59 2,245; 10,212 1,431; 13,187 6,18; 6,206 1,430; 12,499 2,86; 14,61 2,147; 9,246 1,60; 14,41 10,179; 10,188 8,345; 12,399 3,614; 12,276 3,571; 13,270 5,14; 5,103 1,159; 12,571 3,334; 9,543 2,546; 11,117 12,333; 14,200 1,460; 14,198 7,44; 9,478 4,296; 9,180 4,40; 4,578 1,796; 3,731 1,140; 11,75 4,41; 11,438 13,263; 13,317 4,244; 8,374

63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

ἀναστεναχίζω ἀνδρόμεος ἀνεκτός ἀνέμβατος ἀνερύω ἀνέρχομαι ἄνευ ἀνθερεών ἀνθίσταμαι ἀνιδρωτί ἀννέφελος ἄνοδος ἀνοίγνυμι ἀνόστητος ἀντάξιος ἀντικρύ ἀντιφερίζω ἀοιδός ἀπαμείβομαι ἀπαράσσω ἀπερύω ἀπέχθομαι ἀπήμων ἀπηνής ἀπιθέω ἄπλετος ἀποίχομαι ἀποκόπτω ἀπολείπω ἀποπέμπω ἀποπέτομαι ἀποπτύω ἀπορρέω ἀπορρήγνυμι ἀπορρίπτω ἀποστρέφω ἀποφαιδρύνω ἀπρόφατος ἀραιός ἀράομαι ἀργύφεος ἀρέσκω ἀρίγνωτος ἀριδείκετος ἀριφραδέως ἄρμενα

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2,634; 10,253 3,365; 8,43 10,10; 14,427 8,484; 12,450 8,373; 12,434 7,92; 7,410 9,494; 10,377 1,110; 8,200 1,520; 14,444 4,329; 6,451 9,5; 12,515 6,484; 14,225 12,331; 12,511 1,173; 3,15 6,304; 14,545 1,620; 2,543 1,758; 2,24 3,645; 6,75 3,129; 12,243 10,217; 13,95 14,15; 14,259 5,465; 10,42 5,474; 14,179 3,120; 11,163 3,702; 14,480 5,391; 8,234 5,550; 9,368 1,261; 13,241 7,407; 14,406 7,288; 10,328 6,636; 11,59 6,333; 14,608 2,531; 5,37 1,697; 12,186 1,482; 8,342 3,48; 3,260 5,616; 8,487 3,437; 12,509 5,661; 9,447 3,108; 9,8 1,142; 12,536 4,377; 9,510 2,229; 6,618 2,434; 12,320 2,43; 3,724 6,99; 13,65

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154

ἁρμόζω ἄροτρον ἀταλός ἀτάρ ἀτάρβητος ἀτέμβω ἀτερπής ἄτρεστος αὔριον ἀφαιρέω ἀφαμαρτάνω ἀφαυρότερος ἀφίημι ἀφίστημι ἀφραδέως ἄχθομαι ἄχθος ἄχνοος ἀχροίη βαρύθω βέλτερος βοοδμητήρ βουβών βροντάω βρώμη βυθός βυσσός γλαυκιάω γνάμπτω γνωτός γόνος γουνός γυναιμανής δαλός δαμάω δειδίσκομαι δεῖπνον δέκατος δημός δήν διαθρίζω διαίνω διαμπερές διαρραίω διασκεδάννυμι διαφράζω

4,462; 11,361 11,208; 11,213 7,340; 13,323 11,78; 12,49 7,383; 8,284 5,147; 5,173 3,451; 9,360 7,568; 8,340 2,168; 7,221 4,212; 7,439 10,235; 11,477 4,532; 5,187 6,639; 8,410 3,142; 11,376 1,454; 5,443 2,330; 9,456 6,109; 8,373 4,431; 7,357 8,209; 9,471 4,344; 13,6 9,524; 10,44 1,524; 1,587 8,301; 10,240 2,640; 8,353 8,389; 10,20 6,331; 14,604 8,464; 14,495 7,488; 12,408 6,238; 11,187 3,207; 10,410 1,183; 2,111 4,347; 8,278 1,726; 1,735 12,569; 13,148 5,247; 5,249 2,137; 6,133 6,53; 6,95 6,61; 8,477 1,798; 3,735 6,73; 13,248 8,322; 11,53 3,475; 3,733 1,617; 13,98 4,492; 10,403 11,113; 14,229 3,80; 9,409

155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200

διέρχομαι διηέριος δικάζω δικασπολίη δίκη δίκτυον δινέω δμωιάς δνοφερός δούριος δριμύς δρυμά δυσαής δυσαλγής δύσβατος δώδεκα δωτίνη ἐγγυαλίζω ἐγκυρέω ἔδω ἔθειρα εἰαρινός εἴριον εἰροπόκος εἰσανορούω ἐίσκω ἔκγονος ἐκπρέπω ἐκρέω ἐκτείνω ἔκτοθεν ἔλαιον ἐλατήρ ἐλεγχείη ἐλεέω ἑλικῶπις ἔμπλειος ἐμπνείω ἐμφύω ἐναλιταίνω ἔναντα ἐναρίζω ἔναυλος ἕνδεκα ἐνιπλήθομαι ἐνιτείρομαι

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575

8,200; 11,363 11,456; 13,372 5,157; 5,318 5,172; 5,176 5,162; 14,432 9,173; 11,64 5,619; 11,112 3,684; 9,341 2,569; 9,264 12,110; 14,106 5,326; 10,130 2,382; 7,715 13,134; 13,482 7,625; 14,68 8,373; 14,197 4,150; 14,128 2,112; 3,259 4,384; 4,400 9,504; 13,221 1,88; 6,165 1,151; 4,413 6,343; 14,208 1,445; 4,213 1,208; 5,493 2,658; 14,2 2,429; 7,185 2,422; 6,142 1,38; 1,51 8,192; 12,507 9,161; 13,129 9,436; 12,34 6,466; 9,467 4,557; 7,370 1,22; 1,501 3,533; 9,346 3,596; 14,70 12,541; 13,5 3,340; 6,526 11,195; 13,323 13,400; 14,436 2,178; 8,141 6,369; 7,694 2,472; 14,83 4,151; 14,129 2,472; 13,22 1,671; 13,491

576 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246

6. Anhänge ἐνρήγνυμι 13,460; 14,518 ἐνστείνω 9,179; 12,471 ἐντροπαλίζομαι 7,95; 12,583 ἐντύω 4,101; 4,545 ἐνωπαδόν 2,84; 13,541 ἐξαλαπάζω 4,58; 12,91 ἐξαλέομαι 2,385; 13,370 ἐξαῦτις 9,510; 10,239 ἐξείης 6,183; 6,220 ἐξειλέω 1,590; 10,257 ἐξερείπω 2,379; 14,587 ἐξοράω 1,599; 8,447 ἐπαγάλλομαι 7,327; 8,145 ἐπαείρω 9,223; 12,17 ἐπακόυω 1,98; 2,61 ἐπαπειλέω 1,325; 1,583 ἐπιβρομέω 3,506; 9,221 ἐπιίστωρ 3,203; 13,373 ἐπικάρσιος 5,81; 14,593 ἐπικέλομαι 6,338; 12,437 ἐπικίδνημι 2,614; 5,347 ἐπικίνυμαι 12,145; 13,245 ἐπικλείω 4,11; 12,453 ἐπικλονέω 8,426; 14,501 ἐπιμήδομαι 5,197; 14,479 ἐπίολπος 14,291; 14,295 ἐπιπλέω 12,336; 14,527 ἐπιρρίπτω 13,332; 13,504 ἐπισθένω 4,567; 14,177 ἐπισκιάζω 5,346; 14,417 ἐπισκύνιον 3,537; 7,361 ἐπισμαραγέω 9,132; 12,456 ἐπισπεύδω 7,316; 8,147 ἐπιστενάχω 1,69; 9,356 ἐπιστένω 3,715; 8,88 ἐπιτίθημι 6,16; 7,561 ἐπιτρέχω 9,285; 12,356 ἐπιχρεμέθω 7,319; 11,328 ἐρεύγομαι 1,323; 6,333 ἔρευθος 8,209; 9,471 ἐρίβωλος 3,570; 10,15 ἐρίδουπος 1,39; 14,653 ἑρπύζω 5,508; 13,93 ἑσπέριος 1,135; 10,198 ἐσχάρη 3,456; 5,380 ἐσχέω 3,367; 13,79

247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292

ἑτέρωσε ἐύγναμπτος εὔδιος ἐύδμητος εὐεργεσίη εὐθαλπής εὐκλειῶς ἐύκτιτος εὔληρα εὔπυργος ἐυρρείτης εὐρυρέεθρος εὐρώεις ἐύσταχυς ἐύσφυρος ἐύτροχος εὔτυκτος ἐφάλλομαι ἐφέλκομαι ἐφημοσύνη ἐφίσταμαι ἐχέφρων ζυγόν ἡβάω ἡγεμονεύω ἡγεμών ἤια ἠιόεις ἥμισυς ἡνιοχεύς ἡνιοχέω ἤπειρος ἠπύω ἤτοι ἠχή θαιρός θαμινός θέμιστες θεοείκελος θέσφατος θήρη θρασυχάρμης θρίξ θυηπολίη θυώδης ἱδρόω

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4,229; 8,412 9,435; 11,195 9,107; 14,90 1,801; 10,13 5,201; 7,216 4,441; 13,243 10,43; 12,301 12,91; 13,59 4,508; 9,156 4,451; 9,539 8,83; 8,120 3,610; 13,337 9,47; 14,241 2,402; 5,61 1,115; 13,268 9,478; 12,425 6,103; 7,334 4,361; 4,368 11,203; 11,282 2,551; 14,236 1,129; 8,396 6,580; 10,9 8,374; 12,193 2,328; 12,272 13,326; 13,498 6,325; 9,206 6,99; 7,460 1,283; 5,299 1,149; 9,451 6,561; 9,149 6,569; 8,35 9,499; 14,512 12,436; 13,2 3,256; 14,125 3,507; 6,334 3,27; 11,391 9,546; 14,50 3,199; 7,284 1,1; 12,324 3,756; 13,336 2,283; 3,203 4,502; 7,511 4,409; 5,384 3,778; 14,332 3,692; 7,557 5,56; 6,106

6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338

ἰοδόκη 1,339; 3,33 ἱππόβοτος 2,487; 7,187 ἱππόκομος 4,408; 11,482 ἰύζω 1,440; 6,126a ἰχθυόεις 9,172; 9,444 ἴχνιον 8,361; 14,46 ἰχώρ 2,566; 9,390 καθαίρω 1,28; 3,291 κάθημαι 2,73; 2,426 κακοφραδίη 12,554; 13,259 καλιή 7,333; 12,489 καλλιπάρηος 8,121; 11,69 καλλιπλόκαμος 2,588; 10,127 καλλίρ(ρ)οος 6,467; 11,246 κάλπις 13,446; 13,450 καλύπτρη 13,112; 14,45 κάμπτω 4,567; 14,414 καναχέω 3,315; 11,126 καταιβασίη 6,484; 14,225 κατακλύζω 14,512; 14,641 κατακτάω 8,86; 12,231 καταμάρπτω 6,584; 11,396 καταπίμπρημι 9,539; 12,568 καταρρέω 4,354; 4,362 κατασεύομαι 4,270; 6,111 καταφθινύθω 7,459; 14,218 κατερητύω 2,62; 14,306 κατευνάζω 5,400; 14,327 κατιθύνω 9,439; 11,413 κίδναμαι 1,827; 6,3 κειμήλιον 3,722; 13,9 κερδαλέος 5,306; 7,243 κευθμών 2,426; 14,483 κικλήσκω 7,34; 9,464 κίρκος 3,360; 11,218 κλαγγή 1,509; 14,90 κλαγγηδόν 3,590; 11,116 κλύδων 6,333; 14,496 κνήμη 1,142; 6,627 κολοιός 8,387; 14,89 κομίζω 3,342; 6,495 κονίσαλος 4,518; 9,79 κονίω 4,240; 4,315 κουλεός 1,146; 5,116 κοῦρος 8,332; 13,520 κράτος 1,471; 5,262

339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382 383 384

κρήδεμνον κρύσταλλος κτεατίζω κυβερνήτης κυδήεις κυδοιμέω κύρμα λάθρῃ λάινος λαιός λαπάρη λαφύσσω λαχνήεις λέβης λέγω (eligo) λεύσσω λίθος λίμνη λίνον λοετρόν λούω λύσσα λωφάω μακεδνός μάντις μαραίνω μάργος μαρμάρεος μείων μελεϊστί μέλι μετασεύω μετατρέπω μετάφρενον μηδείς μηκάομαι μηλοβοτήρ μῆνιγξ μινυνθάδιος μόργνυμι μορύσσω μοχθίζω μυῖα μυκηθμός μυρίκη νάπη

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577

6,45; 12,440 6,477; 10,415 4,477; 9,342 7,399; 14,502 5,636; 13,475 13,160; 13,480 2,392; 6,450 6,138; 10,434 10,137; 14,350 4,204; 8,318 11,34; 11,209 7,490; 10,316 10,450; 13,534 3,527; 5,380 5,254; 6,320 1,126; 4,198 3,334; 6,559 8,79; 11,68 2,372; 13,494 10,196; 11,320 3,523; 3,528 5,466; 12,556 6,118; 8,383 3,303; 7,150 11,135; 12,102 7,590; 9,371 10,472; 12,553 1,49; 6,197 9,238; 13,475 5,208; 5,358 3,690; 3,736 6,348; 7,141 11,274; 12,98 6,409; 12,536 9,122; 14,189 5,495; 7,257 8,379; 11,266 5,327; 12,406 1,486; 12,207 4,270; 4,374 5,450; 6,255 4,175; 13,319 3,264; 8,331 6,240; 6,346 4,202; 5,434 10,419; 12,127

578 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430

6. Anhänge νεβρός 3,171; 6,140 νεήκης 5,58; 6,361 νεῖκος 5,179; 5,592 νεόδμητος 3,405; 5,161 νεοθηγής 4,426; 6,626 νηέω 1,789; 3,673 νικάω 4,315; 4,564 νιφόεις 1,293; 8,80 νύσσω 6,553; 6,587 ξύνειμι 4,506; 10,461 ξυνός 1,417; 7,63 ὀβελός 1,613; 13,148 ὅθεν 4,573; 5,236 οἶκος 2,92; 6,12 οἴμη 7,320; 9,508 οἰμώζω 3,492; 12,468 ὀλοόφρων 3,425; 5,405 ὁμαδέω 4,231; 4,467 ὁμήγυρις 3,91; 10,56 ὁμιλαδόν 1,777; 3,541 ὁμοφρονέων 5,320; 10,427 ὅμως 1,80; 2,336 ὁπλότερος 5,156; 14,15 ὁπόταν 4,67; 6,330 ὀπωρινός 8,91; 13,69 ὀρφανίη 5,555; 7,68 ὄσσομαι 3,591; 14,280 οὐρή 11,75; 12,143 οὕτως 3,59; 12,299 ὄχα 4,419; 7,602 πάγη 1,618; 8,404 πάγχαλκος 2,296; 8,216 πάλιν 5,463; 8,305 παλύνω 10,250; 10,416 παννύχιος 2,634; 14,147 πανόλβιος 7,83; 13,471 παραΐσσω 4,206; 12,57 παραλιταίνω 10,305; 12,417 παραμείβομαι 7,406; 14,412 παραπαφίσκω 1,645; 14,364 παρέζομαι 7,377; 9,407 παρεκτανύω 3,337; 5,118 παρήιον 1,60; 14,47 παρθενικός 12,107; 12,555 πατροκασιγνήτης 3,428; 10,58 πατρώιος 3,258; 8,23

431 432 433 434 435 436 437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476

παφλάζω 7,118; 10,175 πελεμίζω 1,680; 6,638 πέμπω 9,35; 6,65 πέπλος 3,586; 13,113 περιγνάμπτω 3,236; 14,472 περιδηριάω 4,165; 6,287 περιδρύπτω 4,540; 12,471 περιίστημι 13,495; 14,564 περικαταβάλλω 1,819; 5,469 περίκειμαι 5,617; 14,392 περικλύζω 2,350; 14,373 περίκλυστος 4,385; 4,389 περικτείνω 5,26; 7,619 περινηέω 3,678; 7,163 περιπάλλομαι 10,371; 14,44 περιπλήθω 11,160; 14,290 περιστέφω 8,52; 12,104 περιστονάχω 3,397; 11,469 περιστρέφω 6,504; 13,492 περιτέλλομαι 5,378; 14,143 πευκάλιμος 10,388; 14,201 πηός 1,429; 6,148 πίμπλημι 2,196; 13,138 πιφαύσκω 9,226; 12,39 πλευρόν 4,227; 13,41 πλημμύρω 10,172; 11,161 πλώω 7,399; 14,656 ποιμήν 13,135; 13,157 ποίμνη 1,208; 13,46 πολυαχθής 3,421; 10,38 πολύιδρις 5,155; 5,252 πολύμηλος 1,285; 10,126 πότνα 4,272; 10,304 πρέπω 2,216; 10,90 προθέλυμνος 3,411; 6,331 προσάγνυμαι 3,510; 14,626 προσλέγομαι 1,99; 10,423 πρόσφημι 3,252; 9,517 προφεύγω 11,316; 14,338 πρῷρα 14,374; 14,416 πτερόεις 4,474; 6,638 πτέρυξ 3,641; 5,437 πυκάζω 2,590; 11,365 πυκιμήδης 7,189; 7,438 πυλεών 2,598; 10,439 ῥηίδιος 1,572; 12,294

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6.2 Statistisches Material zur Sprache der Posthomerica 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508 509 510 511 512 513 514 515 516 517 518 519 520 521 522

ῥηίτερος ῥιγέω ῥιζόθεν ῥιζόω ῥίμφα ῥίς ῥοῖβδος ῥυτήρ ῥώννυμι σελήνη σίαλος σιδήρεος σίνομαι σῖτος σκίδνημι σκοπιή σμερδνός σόλος σόος σπόγγος σπονδή σταφυλή στήλη στόνος στροφάλιγξ στυφελίζω συγκλονέω συγκυρέω συμμάρπτω συναντάω συνορούω συντρέχω σφωίτερος τανυγλώχις τανύπρῳρος τανυχειλής τάρβος τάχος ταχύς τεκμαίρω τεκτοσύνη τηλύγετος τιμήεις τίσις τολμάω τολμήεις

3,495; 7,476 10,398; 12,417 6,381; 12,404 5,462; 8,169 9,217; 10,446 4,368; 12,367 1,699; 10,70 7,301; 11,197 3,695; 4,561 1,37; 5,8 5,384; 11,170 6,621; 12,239 1,399; 6,224 7,51; 10,33 5,657; 6,94 1,696; 5,461 3,11; 9,522 4,436; 4,463 2,92; 4,494 4,374; 9,429 12,383; 12,507 10,115; 11,148 9,48; 10,488 1,485; 3,512 3,64; 8,236 2,407; 8,166 5,369; 10,245 9,187; 11,35 4,225; 11,204 6,341; 13,181 2,453; 4,238 2,520; 4,207 12,89; 14,174 6,463; 7,574 5,348; 9,437 3,221; 5,12 2,91; 5,214 2,572; 12,150 4,571; 9,127 12,21; 12,221 8,296; 12,83 7,648; 14,162 5,479; 5,634 14,429; 14,617 3,141; 4,326 3,176; 14,88

523 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535 536 537 538 539 540 541 542 543 544 545 546 547 548 549 550 551 552 553 554 555 556 557 558 559 560 561 562 563 564 565 566 567 568

τομή τρηχύς τρίς ὕδρος ὑπαντιάζω ὑπείροχος ὑπερβάλλω ὑπερβλύζω ὑπερκύπτω ὑπόβρυχος ὑποβραχεῖν ὑποδείδω ὑποδῃόομαι ὑποκλίνω ὑποκρύπτω ὑπορρέω ὑποστένω ὑποχθόνιος ὕπτιος ὑφίστημι ὑψίλοφος φαεσφόρος φαρέτρη φάτνη φείδομαι φθάνω φθέγγομαι φίλτερος φοινίσσω φονεύς φορβή φόρμιγξ φορύσσω φυγοπτόλεμος φυή φυλακή φυλακτῆρες φυλάσσω φωνή χάλκεος χαμᾶζε χάος χαροπή χάσκω χειμών χέρσος

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579

4,212; 8,161 5,50; 11,24 10,25; 12,311 9,385; 9,394 1,213; 11,139 1,250; 2,298 4,472; 4,474 5,324; 11,192 7,136; 11,458 13,485; 14,619 6,335; 10,72 3,598; 12,488 2,260; 3,355 4,227; 4,367 8,469; 12,16 8,234; 13,86 8,244; 12,181 2,230; 3,64 3,279; 3,315 1,91; 3,501 2,462; 8,189 2,186; 2,656 3,337; 9,392 6,165; 6,247 11,297; 12,211 13,112; 13,162 11,31; 13,462 5,479; 13,240 9,179; 14,317 2,268; 2,622 1,418; 11,328 6,172; 6,174 11,319; 12,550 1,740; 2,68 2,433; 9,60 5,255; 8,499 6,162; 7,734 6,177; 13,47 7,487; 11,59 2,445; 3,75 6,591; 13,37 2,614; 6,489 10,337; 12,118 5,537; 14,301 2,601; 10,340 9,386; 14,608

580 569 570 571 572 573

6. Anhänge χήν χιτών χολή χορός χραισμέω

5,298; 6,126 3,476; 13,111 5,324; 10,279 5,67; 13,553 10,41; 13,559

574 575 576 577

χρεώ ὠκύμορος ὠμοβόρος ὠρυθμός

1,758; 10,325 3,626; 10,296 1,222; 11,300 13,101; 14,287

6.2.4 Adjektive, die 20x oder mehr in den Posthomerica vorkommen1760 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

ἀγαυός ἀθάνατος αἰνός (+ Adv.) ἀκάματος ἀλγινόεις ἀλεγεινός (+ Adv.) ἄμβροτος ἀμείλιχος ἀμείνων ἀμύμων ἀνιηρός ἀντίθεος ἀντίος ἀπειρέσιος ἀπείριτος ἀργαλέος (+ Adv.) ἀρήιος ἄσπετος ἄσχετος ἀταρβής ἀτειρής βροτός δαΐφρων δεινός δήιος δῖος δυσηχής δυσμενής ἐναλίγκιος ἐρικυδής ἐσθλός ἐσσυμένως ἐυμμελίης

1760

20x 95x 99x 60x 22x 81x 29x 39x 20x 38x 28x 49x 21x 65x 22x 95x 27x 63x 26x 25x 25x 35x 43x 22x 52x 89x 24x 62x 21x 34x 76x 65x 23x

34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66

ἐυπτόλεμος ἐυσθενής ἐύφρων ζωός ἠύς θαρσαλέος (+ Adv.) θεσπέσιος θοός (+ Adv.) θρασύς ἱερός ἶσος κακός καταντίος κλυτός κρατερός λευγαλέος (+ Adv.) λυγρός (+ Adv.) μακρός μέγας μέλας μενεπτόλεμος μυρίος νέος ὀβριμόθυμος ὄβριμος ὀιζυρός (+ Adv.) ὀλοός σμερδαλέος στονόεις στυγερός τυτθός φέρτατος φίλος

Zählung nach Papathomopoulos (2002).

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20x 31x 21x 21x 29x 45x 25x 163x 34x 36x 50x 120x 25x 39x 92x 53x 71x 116x 497x 48x 20x 21x 25x 27x 91x 30x 78x 39x 82x 40x 35x 20x 112x

7. Register

7.1 Stellenregister Indiziert wurden grundsätzlich sämtliche in der Arbeit zitierten Primärstellen (auch reine Parallelstellen) mit Ausnahme einiger exuberanter Stellenaufzählungen (vgl. bspw. Anm. 389). Das Stellenregister ist im Sinne der Einheitlichkeit und besseren Auffindbarkeit durchgehend latinisiert. Achilleus Tatius 1,19,1 243 A.779 Aelius Aristides Orationes 1,12 1,328 1,377 16,25 17,15 34,62

279 A.901 88f. 88 159 A.437 88 87 A.295

Aeschines In Timarchum 150 517 A.1701 Aeschylus Agamemnon 977f. 1496 1520 Choephorae 73f. 139 332 384f. 563 595 746 860 1071 Eumenides 359 Persae 105 109 142 289

164f. 440 A.1492 440 A.1492 192 482 A.1605 482 A.1605 465 A.1567 89 A.301 465 A.1567 526 A.1735 495 495 493 495 256 241 A.769 357

386 232 A.732 Prometheus 723–725 170 A.479; 171 Septem contra Thebas 170 89 A.301 735 495 Supplices 554 241 A.769 859 242 A.769 Fragmenta (TrGF) fr. 45 192 fr. 132,1 495 + A.1636 fr. 281 450 A.1520 Aesopus 34,1

393 A.1326

Alcaeus (Voigt) fr. 129,6 306 A.998 fr. 140,2f. 246 Alcmanus (PMG) fr. 1,45f. 201 A.574; 209 A.609 fr. 1,78f. 359 fr. 1,39–43 203 A.586 Anacreontea (West) fr. 42,10 495 fr. 43,7 360 Andromachus (fr. LXII GDRK) 111 375 A.1257 Anthologia Graeca 1,119,26 382 A.1289 2,97 146 2,160 330; 359; 408 2,162 429 A.1450 2,174 444

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582 2,209 2,271 2,320f. 2,354 5,234,5 5,255,9f. 6,72,5 6,122,2 6,133 6,181,5 7,230,1 7,424,4 7,467,6 7,638,3 8,1,3 8,85,1 8,224,1 8,228,1 9,26,7 9,77,2 9,254,3 9,332,2 9,451,3 9,499,1 9,504,3 9,524,16 9,524,24 9,550,5 9,575,5 9,644,3 9,755,2 9,755,3 9,788,2 9,806,6 11,130,1f. 12,43 14,126,3 15,2,2 15,28,5 15,40,1 16,1,2 16,124,4 16,214,4

7. Register 469 469 70 A.242 146 444 414 444 472 223 A.682 155 504 A.1662 472 462 483 426 310 255 310 436 443 310 410 397 357 437 469 495 310 241 A.769 155 411 A.1389 392 382 A.1289 426 83 83 413 382 A.1289 444 331 447 409 429 A.1447

Anthologia Graeca, Appendix 1,198,6 377 1,217,3 504 + A.1662 1,278,1f. 306 A.998 2,50,2 343 A.1137 2,605,7 377 2,618,3 299 A.976 2,672,8 443 2,696,14 443

3,189,6 4,47,43 4,48,5 6,214,23 6,258,4 6,266,5 6,293,5 7,250,3f. 7,254,4

252 A.801 504 A.1662 331 483 397 397 469 265 390

Antiochus Astrologus (Olivieri) 1,111,32 177 A.498 Apollodorus Bibliothece 1,11 222 1,27 227 A.709 1,95 222 A.675 2,17 222 A.676 2,23 80 A.274 2,50 222 A.675 2,102 185f.; 186 A.527 2,103f. 285 A.920 2,134–136 285 A.920 3,25 240 A.764 3,100 286 A.923 3,111 219 3,124 222 A.676 3,138–140 284 A.917 3,146 284 A.917 3,147–152 290 A.942 3,152 222 A.676 3,153 219f. 3,199 450 A.1520 Bibliothece: epitome 1,16 [S] 186 + A.529 3,35 222 A.676 5,1[f.] [E] 182; 186; 240 A.763; 554 5,2 [E] 186 5,14 [ES] 80 A.274 Apollonius Rhodius Argonautica 1,1f. 144 A.381 1,6f. 383 A.1292 1,7 382 A.1289 1,44 190 1,63 368 + A.1231; 369 A.1235 1,70 447 1,96 318 1,143 306 1,160 390 1,168f. 440 A.1491 1,172–174 418

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7.1 Stellenregister 1,211–218 1,214 1,229–232 1,299 1,317 1,342 1,348 1,391 1,411–424 1,415f. 1,459 1,478 1,484 1,547 1,560f. 1,575–579 1,621 1,655 1,659 1,705 1,707 1,714 1,721 1,728f. 1,742 1,748 1,760f. 1,774–776 1,782 1,790f. 1,791 1,793 1,796 1,803* 1,825 1,830 1,834 1,849 1,918 1,939 1,953f. 1,964 1,976 1,989 1,1012 1,1026–28 1,1027f. 1,1028 1,1039 1,1043 1,1051f. 1,1097 1,1120

450 A.1520 451 494 359 243 518 338 A.1115 458 486 486 + A.1615 522; 524 526 A.1733 344 483 225 + A.694 468 178 375 A.1257 446 377 A.1268 391 A.1314 377 A.1268 409 411 242 A.773 390 391 A.1314 426 375 A.1257 247 248 A.793; 249 + A.796 446 264 A.848 522 157 242 A.773 265 295 395 175 516 447 232 255 339; 340 A.1128 513f. 515 514 A.1686 390 318 176 164 485

1,1153 1,1199 1,1299 1,1304f. 1,1309 1,1348 2,10 2,19 2,59 2,77 2,82 2,86 2,141 2,157 2,169–173 2,171 2,175 2,178–300 2,210 2,223f. 2,232 2,244 2,250 2,269 2,304 2,307 2,309 2,335[f.] 2,357–359 2,364 2,370–374 2,458 2,464 2,560 2,576 2,581 2,607 2,625f. 2,628 2,659 2,703 2,734–739 2,740 2,795 2,800 2,849 2,877 2,921 2,949f. 2,958 2,964–969 2,968 2,969

448 242 + A.773 439 505 504f. 400 209 + A.612 338 A.1115 248 A.793 522; 525 A.1724 248 A.792 283 390 303 A.991 206f. A.595 214 A.634 467 453 395 194 522; 524 335 207 A.597 260 303 A.991 376 A.1262 518 391 A.1314; 400 494 A.1630 428 A.1444 171 448 447 428 A.1444 486 260 395 277 A.892 395 242 A.773 331 + A.1089 395 156 242 A.773 296 258 A.822 391 A.1314 260 310 448 184–187 416 183; 184 A.520

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584 2,970 2,987–989 2,989–992 2,1007 2,1097 2,1110 2,1120 2,1166[f.] 2,1177 2,1179[f.] 2,1180 2,1258 2,1260 3,9 3,14 3,29 3,45 3,124 3,246 3,252 3,286 3,340f. 3,370 3,371 3,390 3,397 3,400 3,425 3,426 3,443 3,446f. 3,456 3,479 3,505 3,517 3,536 3,586 3,616–632 3,624 3,635 3,636–644 3,639 3,653 3,681[f.] 3,683f. 3,688–692 3,691 3,715 3,716 3,760 3,761–765 3,767 3,824

7. Register 171 111 A.342 240 A.764 426 483 382 A.1289 259 382 A.1289; 383 376 A.1262 480f. 258 255 + A.814 467 458f. 447 383 A.1292 175 444 208 A.607 243 444 332 310 246 395 526 A.1731 485 391 A.1314 333 208 A.607 164f. 392 447 391 A.1314 338 A.1115 447 258 A.822 386 400 526 A.1729 180 A.506 178–180 + A.505 460 247–250 + A.792 + A.797 164f. 386 386f. 260 339 526 A.1733 271 A.876 310 157

3,830 3,831 3,869 3,889 3,919–923 3,919–925 3,922 3,924f. 3,956–961 3,957–959 3,963 3,1006 3,1008f. 3,1008–25 3,1022–24 3,1024 3,1030 3,1064 3,1066 3,1151 3,1152 3,1155 3,1189 3,1212 3,1223f. 3,1225–27 3,1225–34 3,1228 3,1237 3,1259f. 3,1259–62 3,1261 3,1265 3,1265–67 3,1282 3,1286 3,1324 3,1359 3,1364 3,1399 4,9 4,10 4,14 4,45 4,47f. 4,63 4,112 4,172 4,179 4,240 4,248 4,266

175 248 A.794; 249f. 368; 458 A.1546 368 494 A.1630 237 483 237 206f. 207 + A.597; 426 248 A.793 448 244 244 244 + A.781 246 231 248 A.793 163 164f. 368 487 296; 392 392 426 412 400 A.1361; 415; 435 414 368 176; 420 A.1414 419f.; 435 176 A.497; 419 A.1413; 420 519 435 409 157 415 436 382 A.1288 258 A.825 193 310 392 248 A.792 446 163 265 248–250 175 157 188 306

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7.1 Stellenregister 4,458 368 + A.1229 4,473f. 247 4,474 177 4,499f. 357 4,547 246 4,609 437 4,627 369 4,672 510 4,713f. 192 4,716f. 193 A.552 4,717 192 4,738 517 4,773f. 383 4,775 368 4,833 333 4,865 368 + A.1231 4,866 359 A.1195 4,875 392 4,912 331 + A.1089 4,939 375 A.1257 4,963 437 4,978 417 4,996 444 4,997 519 4,1019 276 4,1030 448 4,1061 526 A.1729 4,1066 248 A.793 4,1097 517 4,1118 487 4,1123 258 A.822 4,1141 376f. 4,1176 368 + A.1229 4,1182 446 4,1183 255 4,1273 467 4,1406f. 14 4,1437 156; 157 A.426 4,1513–17 494 A.1632 4,1522f. 391 A.1314 4,1536 348 A.1150 4,1537 407 4,1656 231 4,1663 368 4,1666 443 4,1710 232 4,1723 526 A.1733 4,1762 331 + A.1089 4,1767 463 Fragmenta (CA) fr. 12,8 199

Apollonius Sophistes p. 52,7 439 A.1486 p. 89,23 266 p. 113,30 431 Aratus Phaenomena 196 519 290 373 A.1249 787 260 788–791 427f. 868 483 936 259 Archilochus (2IEG) fr. 5 334 A.1102 fr. 5,2 235 fr. 128,4 308 A.1006; 309 fr. 191 280 A.902 fr. 206 360 fr. 326 223 A.682 Aristophanes Acharnae 159f. Equites 345 Lysistrate 563 Nubes 754 Ranae 1264 1264–77

423 A.1422 495 A.1633 423 A.1422 426 495 + A.1636 495 A.1636

Aristoteles Ars Poetica 1451a4 82 1459a33 82 1459a35–b5 82 Ethica Nicomachea 1100a,5–9 287 A.931 1101a,8 287 A.931 Rhetorica 1414b 138 A.365 Aristoxenus (Wehrli) fr. 91, I 146 A.385 Arrianus Alexandri anabasis 3,15,2 157

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7. Register

Athenaeus Deipnosophistae 1,14b 188 Babrius, Valerius 77,2 257 A.820 126,5 241 A.769 Bacchylides (Snell / Maehler) 5,147 235 9,6 495 11,8 242 A.773 19,30 388 19,34 354 A.1178 fr. 20C.1 436 Bion Smyrnaeus Epithalamium Achillis et Deidameiae 12 483 Callimachus (Pf.) Aetium 1 fr. 2,1f. 76f. fr. 12,6 505 A.1664 Hymnus in Apollinem 28 359 Hymnus in Cererem 52 156 55 377 + A.1270 Hymnus in Delum 29 377 75 468 296 436 Hymnus in Dianam 200 483 212 409 Hymnus in Iovem 65 447 68 202 A.581 Epigrammata 28 83 Fragmenta fr. 43,72 356 A.1184 fr. 63,7 265 fr. 186,9 255 fr. 346 199 Callinus (2IEG) fr. 1,9–11 521 A.1712 Chariton Aphrodisiensis 2,7,4 280 A.902 3,1,3 280 A.902 3,2,15 223 A.681

Christodorus

 Anthologia Graeca 2

CIG

 Inscriptiones

Clemens Alexandrinus Stromateis 6,16,148,2 231 Cocondrius (Walz) p. 789,8f. 399f. Collectanea Alexandrina (CA) Apoll. Rhod. fr. 12,8 199 Dem. Bith. fr. 4,4 519 Euphorio fr. 92,1 350; 351 A.1163 Hermesianax fr. 7,9 244 A.781 Lyrica Adesp. fr. 3,3 360 Philetas fr. 10,3 276 Colluthus De raptu Helenae 42 155 205 397f. 272 448 321 384 369 384 Cyclus Epicus (EpGF) De epico cyclo test. 1 81 A.279 test. 2 81 A.279 + A.280 test. 5 83 De poetis cyclicis test. 6 83 Ilias parva fr. 10 80 A.274 fr. 20,5 254 A.808 fr. 20,6f. 360 Iliupersis fr. 4,1 309 A.1012 Nosti fr. 1 80 A.274 Demosthenes Bithynus (CA) fr. 4,4 519 Dictys Cretensis 3,15 167 A.467

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7.1 Stellenregister Dio Chrysostomus Orationes 18,8 87f. A.297 Diodorus Siculus 2,44–46 168 A.470; 170f. 2,44,2 170 2,45,4 170 A.479 2,46,3–6 183 A.517; 185 A.526 2,46,5[f.] 182; 183 A.517; 240 A.763; 553 2,46,6 170 A.477 3,52–55 171 3,52,2 171 + A.480 4,16 185 A.526 4,16,2f. 218; 219 A.654 15,44,3 423 A.1420 Dionysius Halicarnassensis Antiquitates Romanae 2,70,3 422 A.1419; 423 A.1422 De compositione verborum 102 217 A.645 De Lysia 8 328 A.1074 Dionysius Periegetes 3 370 A.1237 694 255 755 411 773 255 786 255 978 255 Dioscorus epicus (GDRK) fr. 1v,6 447 Dorotheus Visio 3 4 5 20 65 84 90 161 171f. 174 176 209 258 270 300

526 A.1734 483 A.1611 380 + A.1283 485 436 A.1475; 437 400 526 A.1734 526 A.1734 381 A.1285 526 A.1734 526 A.1734 216 526 A.1726 413 19

309 325 334 337 Sphragis

400 400 416 309 18f.

Dorotheus Sidonius (Pingree) fr. p. 323,6 208 fr. p. 389,2 458 Ephorus Cymensis (FGrHist 70) fr. 60b 171 Epicorum Graecorum Fragmenta (EpGF)  Cyclus Epicus (EpGF) Erotianus (Nachmanson) Vocum Hippocraticarum collectio p. 44,3f. 265 A.853 Etymologicum magnum p. 478,46 257 A.820 Eudocia Augusta De martyrio Sancti Cypriani 2,82 299 A.976 2,250 410 Homerocentones 2,30 296 2,75 276 2,110 409 2,148 511 2,149 392 2,212 234 A.742 2,213 196 A.557 2,243 408 2,275 379 A.1277 2,294 174 A.493 2,299 260 A.830 2,329 174 A.493 2,391 466 A.1569 2,1920 260 A.830 2,1944 413 2,1947 208 A.607 Euphorio (CA) fr. 92,1 350; 351 A.1163 Euripides Alcestis 498 423 A.1422 Andromache 107f. 159 Electra 1177 481

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7. Register

Heraclidae 800f. 492 A.1626 Medea 192–194 307 A.1002 1087 287 Phoenissae 134 526 A.1735 950 275 1193 425 Rhesus 305f. 423 A.1422 409f. 492 A.1626 491 492 A.1626 510f. 491f. 535 373 A.1249 Troades 854–856 232 A.732 Fragmenta (TrGF) fr. 229,2 246 fr. 369,4 423 A.1422 Eusebius Historia ecclesiastica 7,32,2–3 20 8,1,3–4 20f. 8,6,1 21 Praeparatio evangelica 13,10,2 517 A.1701 Eustathius (van der Valk) vol. 3, p. 610,14f. 431 A.1455 Gregorius Nazianzenus Anth. Gr. 8,224,1 255 8,228,1 310 Carmina de se ipso p. 974,6 306 A.997 p. 984,13 339 p. 989,6 264 p. 1260,12 397 p. 1279,3 495 A.1634 p. 1315,11 437 p. 1329,1 252 A.801 p. 1374,13 443 p. 1393,11 495 A.1635 p. 1421,4 443 Carmina dogmatica p. 420,1 495 A.1635 p. 448,6 339 p. 459,9 443 p. 517,4 482 A.1606

p. 517,10 382 A.1289 Carmina moralia col. 526,4 146 col. 533,4 443 col. 558,12 310 col. 577,11 146 col. 670,8 252 A.801 col. 679,1 415 col. 779,1 397 Carmina quae spectant ad alios p. 1493,13 510 A.1676 p. 1495,7 437 p. 1519,11 339 p. 1535,11 344 GVI

 Inscriptiones

Hecataeus Milesius (FGrHist 1) fr. 7a 171 fr. 203a 171 Heliodorus Aethiopica 3,2,4,3 3,4,5 9,7,4

382 A.1288 233 A.735 393 A.1326

Hephaestion Thebanus Apotelesmatica 37,10 208 Hermesianax (CA) fr. 7,9 244 A.781 Herodas Mimiambi 7,26

257 A.820

Herodotus 1,43,2 1,44,1 3,82,2 4,110,1 7,75 7,189 8,12,2 8,65,2 9,27,4 9,43,2

192 192 235 171 423 450 497 A.1645 211 171 170 A.479

Hesiodus Opera et dies 9f. 482 14 463 33 463 50 331 + A.1088

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7.1 Stellenregister 73–75 75 112–115 121 140 153 156 180 234 265 267–269 268 287 321 339 417–419 418 448f. 499 525 593 626 676 704 754 785–788

229 + A.721 234 307 348 348 394 A.1329; 395 348 311 A.1017 511 481 A.1599 481 + A.1601 480 157 468 276 282 A.908 282 501 A.1657 333 340 376 A.1262 258 A.825 258 A.825 344 340 399

Scutum 26 39 59 74 101 102 110 128 137 139 147[f.] 153 159 175 183 189 191 197 200 222 241 250 251 255 264–266

331 + A.1088 255 522; 524 306 344 235 A.746 339 409 410 416; 422 156; 157 A.426; 164 515 409 156 433 348 A.1149 156 385 + A.1298 409 164 463 156 463 394 A.1329; 395 280

306 334 356 368 405–412 460 467

463 410 223 318 501 A.1657 410 306

Theogonia 22–24 22–28 53f. 58 61 64f. 122 140 166 172 176 182–187 208 211f. 240–264 243 251 260 311f. 346–361 355 371–374 377 381f. 412 431 433 442 446 465 494 519 532 565 575 578–584 581 594 611 641 642 645 646–648 657

76 12; 76 144 A.379 407f. 526 A.1732 307 526 A.1732 469 520 A.1710 520 A.1710 260 494 A.1632 260 380 A.1281 217 A.647 223 222f. 222 464 + A.1564 217 A.647 223 226 A.702 208 A.607 226 A.703 196 A.557; 309 A.1012 199; 322 296 413 511 344 382f. 231 477 A.1590 331 + A.1088 410 411 411 255 526 A.1730 526 A.1732 376 A.1263 526 A.1730 390 394 A.1329; 395

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590 665 667 677 698 699 714 747 760 765 780 811 815 827 832 833 835 836 881 895 901f. 911 924–926 936[f.]

7. Register

977 988 997

518 483 296 344 246 522; 524 231 480f. 526 A.1732 287; 389 A.1305 232 211 246 449 + A.1513 464 438 483 243 385 + A.1298 229 A.717 246 472 240 A.764; 394 A.1329; 395 242 A.771 188 276

Fragmenta fr. 22,8 fr. 25,15 fr. 26,10 fr. 43a,20 fr. 58,8 fr. 66,7 fr. 70,32 fr. 75,10 fr. 75,14 fr. 75,24 fr. 129,18 fr. 150,23 fr. 167 fr. 169* fr. 180,5 fr. 180,7 fr. 180,16 fr. 199,8 fr. 204,44 fr. 204,61 fr. 204,85 fr. 204,88 fr. 217,1 fr. 231

526 A.1730 318 233; 234 A.744 377 318 255 146 196 A.557 526 A.1730 163 233 370 A.1237 318 223 A.680 331 + A.1088 233 318 487 235 A.746 487 393 389 A.1306 242 A.771 306

fr. 239,4 fr. 251a,3 fr. 251a,6 fr. 280,1 fr. 294,3 fr. 317 fr. 318

194 487 146 188 162 526 A.1730 526 A.1730

Hesychius s.v. ἄητοι s.v. αἴδεσσαι s.v. αἰολοθώρηξ s.v. ἀχλύς s.v. δῆριν s.v. εἰροπόκοις s.v. εὔσφυρος s.v. ἰάνθη s.v. καλλίσφυρος s.v. κλῦθι s.v. μορόεντα s.v. μοροπονοῦν s.v. ὠμοδάικτον

524 490 416 A.1404 279 A.901 463 A.1562 511 A.1677 60 266 360 482 A.1602 431 A.1455 431 A.1455 495

Himerius Declamationes et orationes 9,229 408 Homerica Batrachomyomachia 160–167 422 A.1418 163 422 213a 379 216 188 231 379 276 344 282 158 Hymni 6,5–13 229 A.719 6,11 229 6,14 433 A.1468 8,2 469 8,8 426 8,12 264 A.847 8,15 394 A.1329; 395 12,1f. 202 A.580 12,4f. 477 A.1590 19,14 380 A.1284 19,15f. 380 28,15 146 30,13 417 30,18 377 31,17 377 32,7f. 203 A.585 32,8 203 A.584; 208

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591

7.1 Stellenregister 32,15f. 32,17[f.]

209 A.608 203 A.584; 208; 233 A.739 33,3 235 A.746 Hymnus in Apollinem 1 144 A.381 101 233 124 376 A.1263 225 174 268 339 273 252 A.801 275 447 370 379 + A.1280 412 242 A.771 461 376 A.1264 511 303 A.989 513 375 519 526 A.1732 Hymnus in Cererem 2 360 30 382f. 64 490 76 477 A.1590 77 360 96 225 129 303 A.989 + A.991 138 296 143 376 A.1265 159 146 170 417 233 225 271 459 351–356 520f. 357f. 244 A.781 359 225 361 526 A.1732 391 392 417–424 217 A.647 420 223 424 472 444 310 462 310 473 458 A.1546 487 296 494 377f. + A.1269 Hymnus in Mercurium 43 255 68f. 366f. 80 194 99 208 151 409 156 174

163 188 184f. 228 A.713; 370 + A.1237 228 174 229 242 + A.771 248 376 A.1263 268 409 288 511 306 409 337 511 353 194 386 344 418 344 434 526 A.1732 462 196 A.557 470 196 A.557; 309 A.1012 561 296 577 287 Hymnus in Venerem 7 447 16f. 197 33 447 73 526 A.1732; 527 89f. 203 92–94 198 A.564 171 380 174f. 196 198f. 359 A.1195 226f. 228 A.713 260 305 279 146 285 174 Vita Homeri 5,19–22 91 A.309 Homerus Ilias 1,1 1,1–9 1,3 1,6 1,9 1,17–21 1,19 1,21 1,43 1,88 1,100 1,131 1,136 1,149 1,162 1,193–221 1,194

138; 140 A.372; 143; 146 146 143; 160f. + A.443 143; 162 143 487 149 A.399 477 A.1589; 487 498 286 447 146 377 A.1269 174 276 387 A.1300 421

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592 1,220 1,317 1,457 1,477 1,490 1,493 1,500–502 1,501 2,1–6 2,1–40 2,2 2,3f. 2,6 2,8–15 2,11–15 2,16f. 2,20f. 2,21 2,23–34 2,28–32 2,35–38 2,37[f.] 2,41 2,87–93 2,93 2,143 2,221f. 2,272–277 2,278 2,318 2,352 2,402–441 2,455 2,463 2,482f. 2,483 2,484 2,484–492 2,484–877 2,494–501 2,495 2,538 2,543 2,578–580 2,579 2,690 2,698–701 2,699 2,701f. 2,731–733 2,763f.

7. Register 421 367 A.1224 498 408 446 407 351 A.1162 350 362 362 362; 380f. 362; 384 383; 386; 396 362 57 A.193; 362; 363 A.1206 382 387 365 A.1214 362 57 A.193; 362; 363 A.1206 318; 392 394 A.1327; 484 397 71 A.246; 151 157 329 501 508 516 210 A.619 512 291 A.947 353 501 A.1657 208f. 209 74 73f. 217 217 A.645 219 459 320 A.1047 418 208 276 347 347f. 347 A.1147 277; 278 A.896 356 + A.1186

2,768f. 2,819 2,833 3,1–7 3,6 3,33 3,39–57 3,43–45 3,63 3,99 3,133 3,147 3,155 3,188f. 3,189 3,196–198 3,220 3,250 3,276 3,318 3,320 3,328 3,328–339 3,330f. 3,331 3,332 3,334f. 3,335 3,336f. 3,338 3,339 3,371f. 3,372 3,373 3,396f. 3,397 3,449[f.] 4,12 4,18 4,47 4,73–78 4,79–85 4,82–84 4,135 4,153f. 4,165 4,186 4,194 4,204 4,215 4,225 4,275–282 4,374

312f. A.1021 331 322 501 A.1657 512 64; 486 444 444f. 339 491 518 285 A.920 516 110 A.336; 167–169; 181 111 466 519 284 479 A.1594 478 479 A.1594 409f. 57 A.195; 401–405 413 414f. 415 + A.1402 416 422 428 405 A.1365; 439 430 351 A.1162 350 353 244 246 354f.; 510 276 A.890 149 A.399 318 508 508f. 517; 520 410 261 318 416 277; 278 A.896 278 A.896 416 446 254f. 400 A.1352

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593

7.1 Stellenregister 4,422 4,439–441 4,480 4,489 4,514f. 4,524 5,60f. 5,83 5,84 5,91 5,121 5,127f. 5,136–143 5,137 5,174 5,175 5,190 5,261f. 5,293 5,297 5,317 5,346 5,369 5,388 5,405–409 5,481 5,501 5,513 5,519–527 5,529 5,592–595 5,593 5,594 5,627 5,638f. 5,639–642 5,696 5,696–698 5,718 5,740 5,743f. 5,750 5,772 5,777 5,802 5,810 5,863 5,892 5,894 6,23 6,52 6,129 6,131

436f. + A.1476 470 527 416 385 + A.1298 502 410f. 254 A.808 400 A.1352 258 A.825 498 280 511f. 511 479 491 161 A.443 425 350 188 527 527 305 524 317 177 515f. 527 204 A.587; 206 522 463f.; 488 + A.1617 488 A.1617 488 400 A.1352 154 A.419 285 A.920 + A.921 280 503 A.1661 522 394 A.1329 414 260 436 426 A.1437 375 A.1257 296 524 449 + A.1513 382f. 284 A.917 485 489 A.1621 489 A.1621

6,133–135 6,145–211 6,145–231 6,168 6,173 6,186 6,203 6,208 6,214 6,216–220 6,235f. 6,243–250 6,257 6,300 6,301 6,305–310 6,306f. 6,307 6,311 6,327 6,344 6,371 6,377 6,389 6,395 6,395–397 6,401 6,407–409 6,407–439 6,410–413 6,414–428 6,418 6,421f. 6,429f. 6,431f. 6,433–439 6,441–465 6,449 6,464[f.] 6,487 6,503–514 6,506–511 6,509 6,514 6,527 7,36 7,113 7,124–160 7,129f. 7,140 7,160

439 297 93 297 296f. 111; 297 524 202 A.580 446 456f. 414 289f. 478f. 417 A.1406 478 484f.; 498 485 498 485; 498 459 394 A.1329 360 360 323 A.1056 330 330 A.1082 196 358 324 349 323 A.1055; 330 410 330 A.1083 330 358 358 A.1192 324; 349 318 324 A.1059; 348f. + A.1150 161 A.443 418–420; 445 418 A.1412 176 A.497; 417 A.1411; 419 A.1413; 420; 445 444f. 489 A.1621 276 446 478 478 188 296

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594 7,164 7,177 7,202 7,206–208 7,208–210 7,210 7,211f. 7,228 7,239 7,285 7,301 7,311–344 7,339 7,421–423 7,438 7,452f. 7,463 8,1 8,39 8,41–43 8,47f. 8,55 8,66–68 8,74 8,124 8,147 8,159 8,182 8,187 8,195 8,217 8,235 8,247–252 8,262 8,316 8,356 8,394 8,433–435 8,448 8,497–541 8,543–552 8,550–552 8,553[f.] 8,555f. 8,555–563 8,558 9,2 9,5f. 9,64 9,72 9,112 9,121 9,141

7. Register 174 478 479 A.1594 415 488 443 156; 245 A.784 154 A.419 515 200 A.572 443 292 A.947 415 370 + A.1237 415 285 A.920 + A.921 264 408 A.1377 385 A.1298 429 480 346 374 207 359 359 165 + A.457 314 A.1024 330 410f. 314 A.1024 314 A.1024 500 A.1655 174 359 491 260 228 A.716; 231 446 205f. 205 A.590 206 A.591 206 A.592; 338 + A.1115 205 A.588 204–206; 267 A.869 353 394 A.1329; 395 451 394 A.1329 + A.1330; 395 207 447 209 + A.612 + A.613 483

9,181 9,184 9,228 9,240–243 9,283 9,328f. 9,336 9,346f. 9,372 9,411 9,458–461 9,480 9,492 9,504 9,511 9,521 9,543–572 9,557 9,560 9,567 9,571f. 9,621 9,636f. 9,639 9,640 9,650–655 9,659 9,660 10,7f. 10,16 10,30f. 10,31 10,71 10,77 10,91f. 10,116f. 10,121 10,153f. 10,204 10,251 10,274–276 10,289 10,323 10,393 10,438f. 10,484 10,502 10,520–522 10,521 10,523 10,565 11,1f. 11,15–45

447 447 376 312 A.1018 483 159 A.437 377; 378 A.1274 312 174 343 A.1136 178 297 A.965 276 458 458 483 189 359 359 189 189 376 409 409 490 312 A.1019 376 376 A.1265 492 306 417 417 A.1406 264 A.847 416 275 400 400 434 A.1470 447 373 + A.1249 501 A.1657 + A.1658 520 A.1710 310 310 414; 422 246; 247 A.788 438 496 496f. 353 444 227 A.707; 366 57 A.195; 401

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595

7.1 Stellenregister 11,16 11,17f. 11,19 11,20–28 11,24f. 11,26–28 11,29 11,29–31 11,32f. 11,36 11,41f. 11,43[f.] 11,45 11,55 11,62–66 11,82f. 11,89 11,108 11,155–159 11,156[f.] 11,166 11,181 11,194 11,209 11,236 11,296 11,325 11,331 11,372 11,373–375 11,382 11,403 11,404–410 11,407 11,416 11,430 11,492 11,493 11,494 11,514f. 11,518 11,546 11,548–557 11,549 11,562 11,574 11,614 11,676 11,684 11,687f. 11,784 11,801 11,828

409 413 415 400 A.1360; 415 A.1402 414 253 A.805 416 414; 421 422 156 428 405 A.1365; 439 215 161 A.443 434 434 376 527 513 513 A.1684; 515 284 459 276 276 416 338 + A.1120 338 + A.1120 322 284 416 283 A.911: 497 + A.1644 333 A.1100 334 A.1103 333 A.1098 427 524 255 258 A.825 515 278 277; 278 A.896 510 256 A.816 255 376 A.1262 518 278 A.896 255 459 447 202 A.580 497 A.1642 487 A.1616

11,834–836 11,835 12,10–18 12,11 12,15 12,18 12,25f. 12,32[f.] 12,45 12,66 12,98 12,109 12,114 12,124–126 12,195 12,198 12,200–209 12,202 12,207 12,220 12,250 12,286 12,312 12,325 12,410 12,441 12,463–465 13,1–9 13,22 13,23–25 13,35 13,48 13,82 13,88 13,131–133 13,156 13,178 13,186 13,198–202 13,199 13,202–205 13,232f. 13,232–238 13,234 13,240–245 13,244 13,252f. 13,270 13,288 13,299[f.] 13,303 13,324f.

277 A.893; 278 A.897 277 149f. 149 A.399 149 A.399 264; 265 A.851 258 A.824 264; 265 A.851 306 276 331 235 + A.746 + A.749 308 501 246 314 A.1024 500 A.1655 503 501 A.1657 + A.1658 503 311 258 A.825 346 446 344 314 A.1025 415 A.1403 435 246 429 305 394 A.1329; 395 200 A.572 246 429 + A.1451 338 + A.1120 320 A.1047 527 154f.; 267 A.869 157 155 302 435 483 434f. 211 518 446 400 A.1352 339 + A.1122; 340 A.1126 + A.1128 417 A.1406 389 A.1304

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596 13,331 13,347–353 13,348 13,349 13,552 13,368[f.] 13,387f. 13,388 13,489–495 13,492 13,610–613 13,628f. 13,654 13,719 13,746 14,2 14,17 14,47 14,114 14,155 14,170f. 14,174 14,179 14,182f. 14,183 14,185 14,187 14,208 14,231 14,236 14,242 14,252f. 14,253 14,261 14,271 14,273 14,311 14,319 14,326 14,354 14,367 14,385f. 14,477 15,26 15,71 15,80 15,158–167 15,164–166 15,185–199 15,195 15,208 15,218 15,235

7. Register 410 435 389 483 416 276f.; 310 351 A.1162 350 465f. 468 440 314 502 410 524 278 A.896 437 314 A.1024 348 + A.1150 446 192 436 411 A.1387 430 65; 196; 431 A.1459; 432f. 196 417 + A.1406; 433 447 380 246 380 381 380 477 A.1590 522 232 370 + A.1237 359 233 380 193 434 A.1470 183f. + A.520 447 459 164 344 344 344 344f. 359 483 497

15,262–270 418 A.1412 15,266 176 A.497; 417 A.1411; 420 15,271–280 256 A.816 15,272 255 15,281–284 98 A.327 15,286–299 507; 517 15,290–293 520 A.1707 15,294 521 15,317 518 15,323–327 511 15,340 219 15,377 498 A.1648 15,381 172; 256 15,381–389 256 15,382f. 516 15,416–418 313 A.1022 15,417 314 A.1024 15,420 527 522 15,477 15,489 447 15,527 284 A.917 15,586 510 15,590 165 + A.457 15,597f. 231 15,605f. 514 15,607f. 156f. + A.426; 245 A.784 15,608 156 A.424; 246 15,620 437 15,623–629 206 15,625 214 15,704–706 458 15,707–712 441 15,711 440 15,728 276 A.890 16,43 497 A.1642 16,52 359 16,81f. 314 A.1024 16,86 309 A.1012 16,89 518 16,92 459 A.1549 16,113 314 A.1025 16,122f. 314 16,122–129 313 16,130 409 16,130–144 57 A.195; 401 16,131f. 413 16,133 415 16,134 415 16,135f. 416 16,136 422 16,137f. 428 16,139 405 A.1365; 439

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597

7.1 Stellenregister 16,140 16,140–144 16,148–151 16,157 16,173 16,194 16,215–217 16,249 16,258 16,297–302 16,300 16,334 16,338 16,344 16,361 16,375 16,424 16,428–430 16,476 16,527 16,548f. 16,581–585 16,603–605 16,620 16,624 16,664 16,667f. 16,744 16,756 16,758 16,767 16,793–797 16,822 16,824 16,844–854 16,853 16,854 17,9 17,23 17,59 17,83 17,87–89 17,90 17,91–105 17,97 17,139 17,158 17,167 17,200 17,201–208 17,203 17,239 17,242

356 A.1185 320 + A.1048 452 A.1522; 453 265 416 208 429 + A.1451 498 338 + A.1120 204 A.587 353 254 A.808 429 A.1447 280 438 214 A.632 491 501 A.1657 443 498 354; 449 + A.1513 500 A.1655 480 344 344 246 192 399 463 A.1558 338 + A.1120 320 A.1047 428 A.1445 345 338 + A.1120 343 343 356 A.1185 318 318 318 359 501 333 A.1100 334 A.1103 333 A.1098 187 A.531 463 448 337 A.1113 336f. 447 302 261 A.833

17,271 17,374 17,443 17,448 17,455 17,456 17,472f. 17,478 17,491 17,547–552 17,572 17,575–581 17,590 17,593f. 17,614 17,672 17,709 17,754–759 18,2 18,33 18,39 18,39–49 18,40 18,44 18,46 18,47 18,48 18,64 18,95f. 18,96 18,131 18,157 18,165 18,174 18,201 18,203f. 18,218 18,219 18,221 18,341 18,344f. 18,354 18,358 18,369f. 18,372 18,390 18,400 18,407 18,410[f.] 18,414 18,473 18,478–613 18,479f.

347 A.1145 165 + A.457 335 A.1105 + A.1107 410 276 150 308 347 331 253f. + A.808 257 330 A.1083 330 A.1083 232 356 347 389 501 A.1657 389 A.1306 306 218 A.650; 224 217 A.647; 225; 234 223 225 224 + A.690 224 + A.688 233 A.740; 452 504 147 A.389 517 246 174 353 459 A.1549 497 A.1642 161 353 211 211 188 191 389 A.1306 389 209 A.611 367 A.1224 410 411 A.1387 233f. + A.743 522f. 243 372f. + A.1248 72 232

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598 18,481f. 18,483–608 18,592 18,612 18,617 19,1[f.] 19,58 19,61 19,110 19,115 19,148 19,155 19,167 19,188–191 19,199–214 19,205–210 19,208 19,209f. 19,227 19,254 19,301 19,312f. 19,328 19,347 19,353 19,363 19,364 19,364–391 19,368 19,369f. 19,371 19,372f. 19,373 19,373–380 19,380[f.] 19,381–383 19,382f. 19,387[f.] 19,387–391 19,408–417 20,38 20,47f. 20,50 20,80 20,87–90 20,89 20,145–148 20,164–175 20,195f. 20,207 20,213–241 20,219f. 20,222

7. Register 411 411 233 410 232 A.731; 246 228; 408 A.1377 443 353 483 483 522 146 376 A.1262 304 304 292; 304 303f. + A.991 303f. A.992 497 479 261 492 310 376 376 A.1263 434 A.1471 409 57 A.195; 401 409; 412 413 415 416 422 425 410; 428 428f. 414 405 A.1365; 439 A.1484 320 + A.1048 357 429 A.1448 470 215 150 448 356 A.1185 285 A.920 154 A.420 527 A.1739 233; 234 A.743 284 A.917; 479 479 417 A.1411

20,223–229 20,237f. 20,253 20,264–266 20,273–281 20,274–276 20,356 20,358f. 20,359 20,393 20,407–418 20,463–466 20,469–472 20,477 20,490–493 20,491 21,1–16 21,8 21,10f. 21,11 21,12f. 21,21 21,34–135 21,74 21,80f. 21,122–135 21,133–135 21,151–256 21,168 21,169–172 21,252f. 21,253 21,266 21,386 21,388 21,394f. 21,395 21,441–457 21,552 21,553–570 21,562 21,583f. 21,584 21,602–607 22,21 22,25–32 22,27 22,28 22,38–76 22,44f. 22,82 22,98

451 285 A.920 443 315 A.1032 320 425 344 492 400 A.1352 379 A.1280 288 A.934 317 317 254 A.808 514 515 367 370 A.1236 + A.1237 367 68; 367 + A.1224; 370 A.1236 513 246; 247 A.788 288 A.934 490 374 340 340 499 518 320 499 500 A.1655 448 523 + A.1719 260 522 65; 522; 523 A.1719; 524f. 285 A.920 + A.921 333 A.1100 334 333 A.1098 484 483 145 338 + A.1120 208 A.606 211 207 A.600; 208 A.606 288; 357 357 490 333 A.1100

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599

7.1 Stellenregister 22,99–130 22,117 22,122 22,138–144 22,139[f.] 22,140 22,165 22,183 22,218 22,225 22,253 22,314 22,314–316 22,317[f.] 22,324–327 22,326f. 22,326–329 22,327 22,339 22,374 22,378–394 22,379 22,385 22,395–404 22,405–408 22,408–411 22,431[f.] 22,431–436 22,434f. 22,442 22,444 22,448 22,449 22,457 22,460 22,463–465 22,464[f.] 22,477–514 22,478 22,482–484 22,502–505 23,27 23,37 23,40 23,62f. 23,110–257 23,122 23,127 23,227 23,229f. 23,241 23,245 23,256

334 310 333 A.1098 499f.; 503 499; 500 A.1655; 503f. 503 149 A.399 385 A.1298 524 321 A.1050 448 410 429 207 A.600; 208 A.606 351 352 A.1166 320 321 A.1051 147 314 A.1024 334 417 A.1406 333 A.1098 158; 163 163 163 335; 349 324f.; 347 346 233 A.737 302 + A.987 323 A.1055 233 A.737 485 323 A.1056 158; 355 159 A.435; 357 A.1189 324; 358 378 358 379 246; 436 447 447 381 348 A.1151 157; 177 353 408 A.1378 451 148 A.394 400 348 + A.1150

23,300 23,376 23,437 23,455 23,496 23,607 23,639 23,743 23,745 23,771 23,874 24,14–18 24,16f. 24,24 24,31 24,39–45 24,132 24,223 24,248–251 24,253–264 24,271 24,283–307 24,287–298 24,290f. 24,301 24,308 24,308–313 24,309 24,314 24,314–321 24,315–320 24,321 24,323 24,328 24,354 24,391 24,442 24,486–506 24,495–497 24,518 24,524 24,572 24,599–601 24,621–627 24,637–640 24,648 24,649 24,662–667 24,695 24,708 24,721 24,723 24,725f.

257 + A.820 355 A.1182; 356f. 308 425 A.1431 308 276 308f. 422 417 A.1406 498 214 A.632 158 158 460 407 154 A.420 343 286 + A.923 288 A.935 288 417 A.1406 474 479 479 479 479 + A.1594 474f. 476 A.1587; 484 475 A.1586; 498 475f. 499 266 215 459 284 446 150 288 289f. 287; 335 394 A.1329; 395 154 A.420 305 292; 304 284 376 A.1265 399 145 408 A.1378 354; 449 + A.1513 165 360 358

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600 24,725–745 24,738 24,748–759 24,749 24,762–775 24,763f. 24,784 24,784–840 24,788 24,792–799 24,795 24,802 24,803 24,804 Odyssea 1,1[f.] 1,4 1,6–9 1,86 1,131 1,263 1,315 1,323 1,325 1,382 1,409 2,49 2,101 2,119 2,134–137 2,174–176 2,186 2,190 2,271 2,388 3,16 3,105f. 3,111 3,130 3,175 3,246 3,251 3,258 3,259 3,378 3,385 3,400 3,416 3,485 4,6f. 4,103 4,121f. 4,130

7. Register 324; 358 353 324 324 A.1059; 348 324 349 353 348 A.1151 408 148 417 A.1406 477 A.1509 378 146 138; 140 A.372; 332 53 A.174; 71 A.247 315 A.1032 233 A.738 410 243 518 392 77 A.267 391 A.1313 177 311 179f. + A.503 232 A.733 189f. 299 + A.977 309 A.1012 163 150 366 148 159 A.437 339 + A.1122; 340 A.1128 149 A.399; 459 283 346 483 348 + A.1150 147 385 + A.1298 498 318f. 146 459 310 394 A.1329; 395 198 A.563 309 A.1012

4,153 4,182 4,273 4,276 4,278 4,281 4,335 4,335–340 4,428f. 4,432 4,724 4,736 4,762–766 4,765 4,793 4,814 5,1f. 5,30 5,57f. 5,84 5,125 5,158 5,210 5,243 5,299 5,333 5,340 5,390 5,394–398 5,397 5,414 5,445 5,491f. 6,102–109 6,107–109 6,121 6,135 6,149–152 6,149–185 6,153 6,175 6,198 6,222 6,238 6,275 6,328 6,329f. 7,36 7,71f. 7,245f. 7,254f. 7,340 8,61

246 462 512 146 303 518 155; 255 151; 155 A.421 303 172; 256 154 A.419 458 476 A.1588; 487 487 380 154 A.419 227 A.707; 366 233 A.738 233 A.738 480 255 480 177 371f. + A.1245 336 A.1109 359 491 234 A.742 267–270; 269 A.872 283 283; 448 482 A.1604 275 197; 202; 226 201 257 233 A.737 243 A.776 237 243 A.777 491 233 A.737 233 A.737 233 A.737 518 498 477 A.1590 164 346 233 A.738 233 A.738 376 68; 376

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601

7.1 Stellenregister 8,83 8,86 8,98 8,256 8,276 8,288 8,360 8,361f. 8,367 8,465 8,498 8,513 8,521 8,522 8,531 8,576 9,76 9,80f. 9,84 9,111 9,146 9,176 9,201 9,213 9,214 9,234 9,292 9,315 9,358 9,431–435 9,443 9,466 9,489 9,493 9,514 9,523f. 9,536 10,27 10,81 10,129 10,136 10,144 10,220 10,232 10,310 10,315 10,360–363 10,362 10,365 10,367 10,373 10,442 10,469

77 A.267 246 376 A.1262 146 193 257 + A.820 344 458 77 A.267 215 413 512 77 A.267 284 246 257 234 A.742 428 A.1444 305 258 A.825 286 257 309 A.1012 392 174 515 153 + A.415 438 258 A.825 466 511 279 A.900 283 516 174 357 498 393 459 283 233 A.739 234 A.742 233 392 233 410 378 377f. + A.1275 161 410 378 516 407f.

10,515 11,8 11,13 11,16 11,38 11,61 11,122f. 11,134f. 11,156 11,195 11,212 11,265 11,267 11,293 11,383 11,400 11,405–434 11,407 11,423f. 11,471 11,533 11,538 11,547 11,602f. 11,603 12,1–3 12,1–4 12,2 12,60 12,150 12,209 12,213 12,283 12,307 12,311 12,328 12,366 12,405f. 12,448f. 13,79 13,131 13,165 13,179 13,202 13,293 13,316 13,321 13,351 13,355 13,395 13,399 14,21 14,54

215 233 A.739 370 + A.1237 480f. + A.1598 65; 397 342 + A.1135 305 332 347 187 394 A.1329; 395 344 154 A.419 255 165 437f. 478 437f. 478 356; 389 459 356; 389 262 A.838 307 359 172f. 228 A.713 172; 256 223 + A.679 233 A.739 188 521 A.1713 303 A.990 + A.991 303 A.990 380 518 380 279f. 233 A.738 380 491 516 521 A.1713 257 522; 524 459 283 174 478 353 311 A.1017 510 297 A.965

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602 14,161–164 14,218 14,238f. 14,268 14,290 14,408 14,457f. 14,462 14,472 14,473 15,112 15,160–165 15,161 15,165 15,180 15,193 15,307 15,355f. 16,17–21 16,21 16,87 16,92 16,219 16,230 16,273 16,364 16,389 16,439 17,32 17,36f. 17,75 17,126 17,126–131 17,199 17,202 17,213 17,220 17,239 17,253 17,284 17,377 17,382–386 17,437 17,439 17,484 17,489 17,490 18,173 18,239–241 18,241 18,274 18,297f. 18,298

7. Register 299 + A.978 447 179 A.502 434 A.1471 447 303 A.990 + A.991 258 A.824 482 A.1604 459 157 215 500 A.1655 503 266 215 459 482 A.1604 225 + A.695 300 A.981 300 359 147 246 309 A.1012 341 283 377f. 286 410 198 A.564 487 155; 255 155 A.421 377 341 208 163f. 478 302 491 163f.; 341 278 A.898 434 A.1471 448 489 A.1621 187 283 243 366 448 359 430 65; 431 A.1459; 432

18,329f. 18,389f. 18,411 19,53f. 19,109–111 19,146 19,211f. 19,306 19,324 19,364 19,413 19,431 19,433–435 19,460 19,542 20,21 20,80 20,97 20,102 20,112–119 20,116[f.] 20,117 20,123 20,174 20,241–246 20,269 20,300–302 20,328 20,356f. 20,372 21,12 21,60 21,85 21,86 21,91 21,96 21,181 21,207 21,247 21,333 21,428 22,5 22,20 22,73 22,85 22,128 22,177 22,194 22,213 22,269 22,312 22,323 22,344

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391 391 391 A.1313 198 A.564 258 179f. + A.503 284 A.915 299 193 257f. 309 A.1012 174 370 + A.1237 309 A.1012 232 A.733 276 A.890 198 A.565; 233 478f. 498 376 376; 483f. 68 162 208 500 A.1655 391 A.1313 332 310 280 297 A.965 165 A.457 165 A.457 255 335 A.1105 522 310 162 491 306 447 303 A.990 522 305 199f.; 522 305 415 347 399 447 353 490 302 490

603

7.1 Stellenregister 22,349 23,1 23,42 23,53 23,59 23,67f. 23,101 23,131 23,142 23,171 23,177 23,228 23,232 23,234f. 23,243–246 23,244 23,269f. 23,281f. 23,291 23,314 23,366 24,38 24,119 24,136 24,157 24,180 24,199 24,231 24,262 24,273 24,313 24,441 24,444 24,460 24,515 24,528 24,536 Horatius Carmina 4,4,20 Hyginus Fabulae 30,10 112 163

518 444 415 491 444 302 491 413 413 376 A.1265 376 458 377; 378 A.1274 516 227f. 228 A.713 305 332 376 297 A.965 410 262 A.837 447 179f. + A.503 341 165 A.457 + A.459 520 A.1710 187 329 309 A.1012 310 518 520 A.1710 447 463 462 518

442 A.1497

187 187 A.530; 240 A.763; 557 218 A.651; 222

Ibycus (Page) fr. S166,30f. 446 IG

 Inscriptiones

Inscriptiones CIG 8185 GVI 43,1f. GVI 1924 IG IV 622 IG X.2.1 1014 IG XIV 2012 SEG XI 356 SEG XLV 997.10

221 148 329 A.1077 148f.; 300 A.979 224 A.686 329 A.1077 221 A.665 222 A.673

Iustinus Historiae Philippicae 2,4,20 185 A.525 2,4,23 185 A.525 2,4,31 185 A.525 Johannes Gazaeus 1,298 462 Lamprocles (PMG) fr. 1b 472 Libanius (Förster) Declamationes 5,12 159 A.437 Ethopoeiae 1 329 A.1078 24 329 A.1078 Lucanus Pharsalia 9,700–703

494 A.1632

Lucianus Samosatensis Amores 40,2 246 41,18 246 Cataplus 10 221 A.670 Dialogi Mortuorum 11,2 221 A.670 Lexiphanes 22 88 A.297 Podagra 98 472 Timon 1 215 A.640 Verae Historiae 2,20 65 A.228 Lysias Orationes 2,4

170 A.477; 171

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604

7. Register 87f.

Macrobius Saturnalia 1,17,70

382 A.1287

Manetho 1,8 1,33 1,75 1,193 1,197 1,243 1,328 2,200 2,398 2,488 4,66 4,111 4,260 4,355 4,403 4,504 4,579 5,230 5,231 6,199

276 357 429 A.1450 462 207 440 A.1491 207 467 397 276 242 A.769 207 255 472 207 242 A.769 242 A.769 415 397 207

Maximus Astrologus 4,58 339 6,142 208 6,144 397 6,171 483 6,268 472 8,364 208 8,413 437 8,433 208 9,454 467 Melanippides (PMG) fr. 6,1 482 A.1605 Menophilus (SH) fr. 558,7 164 Mesomedes (GDRK) fr. 13,4 469 Moschus Europa 1f. 2 29 37–62 43 58f. 77

396f. 373 A.1249 377 411 411 494 + A.1632 177

426 A.1434; 427

Musaeus Hero et Leander 26 436 107 266 109–111 374 163 409 242 437 268f. 276 279 376 A.1265 330 397f. Nicander Alexipharmaca 130 430f. 136 430f. 234 156 455 430f. 567 431 569 430f. 576 437 Theriaca 336 156 345 212 A.624 370 156 443f. 351 A.1163 444 350 706 156 782–784 524 438 A.1479 792 814 458 Nonnus Dionysiaca 1,266 2,139 2,361 2,672 2,681 5,14 5,142–189 5,181 7,40 7,216 8,128 8,174 8,377 9,142 9,273f. 10,6 11,147 11,305 12,126

215 A.637 193 356 A.1184 193 184 A.520 440 411 411 397f. 232 416 428 A.1444 436 477 A.1590 241 + A.766 511 436 196 A.557 241 A.769

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7.1 Stellenregister 12,176 15,197 15,204 16,367 17,46 17,209 17,274 17,334 17,378 20,34 20,198 21,21 21,205 22,347 23,72 23,236 24,82 25,1–30 25,6–9 25,8 25,264f. 26,7 26,154 28,5f. 28,144 28,245 28,264 29,89 29,165 29,224 29,250 29,309 29,326 30,11 30,159 32,19 32,185 32,188 33,73 33,287 34,254 35,65 36,67 36,158 36,263 37,478 37,117–120 37,155–161 37,342 37,776 39,331 40,33 40,93

380 A.1284 246 155 255 511 440 495 A.1635 440 A.1491 504 A.1662 376 A.1265 171 440 433 177 495 A.1635 338 A.1115 172 74 A.256 70 A.241 74 A.256 70 A.241 384 188 A.534 411 A.1388 518 162 188 246 188 215 A.637 352 338 A.1115 384 492 A.1626 462 416 352 318 416 480 511 462 338 A.1115 446 171 416 171 452f. 338 A.1115 414 188 322 A.1052 322 A.1052

605

40,119 495 A.1635 41,44 436 41,195 155 41,228 428 A.1444 42,6 255 42,41 232 42,395 377 42,422f. 227 42,434 443 42,516 356 A.1184 43,155 376 A.1265 44,125 346 44,215 482 A.1606 45,291 511 47,34 346 47,53 443 47,391 377 47,618 338 A.1115 48,580 380 A.1284 48,602 380 A.1284 48,743 495 A.1635 Paraphrasis Sancti Evangelii Joannei 380 + A.1284 2,41 2,73 511 2,104 462 3,78 446 3,87 413 3,118 172 4,46 296 4,179 162 4,244 487 5,34 162 5,97 462 5,109 462 5,180 413 8,186 286 9,108 315 16,83 483 16,97 483 18,138 315 19,27 156 19,176 286 20,79 164 Oppianus [Maior] Halieutica 1,3 15 A.28 1,66 15 A.28 1,70 15 A.28 1,75f. 216 1,79 377 1,112 150 1,218 188

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606 1,237 1,308 1,363 1,544 2,30 2,41 2,52 2,274 2,287 2,327 2,349 2,396–399 2,422f. 2,444 2,448 2,518 2,642f. 2,683 3,1 3,213 3,386 3,390 3,447 3,507 3,557 3,586f. 3,620[f.] 3,638 4,5 4,107f. 4,282 4,317 4,326 4,394 4,481 4,586 4,688–691 4,690 5,1 5,45 5,110 5,152 5,220 5,257[f.] 5,353 5,395 5,414 5,423 5,669 5,675

7. Register 156 255 172; 256 348 A.1149 413 15 A.28 413 416 495 + A.1634 467 495 A.1635 381 177 A.498; 200 339 163; 164 A.453 436 210 15 A.28 15 A.28; 416 436 156; 255 392 377 416 439 A.1487 462 172; 256 458 15 A.28 462 308 A.1008 437 444 511 439 A.1487 156 177 200 15 A.28 15 A.28 275 439 A.1487 438 439 A.1487; 440 510 339 260 215 A.637 495 + A.1634 15 A.28

Oppianus [Minor] Cynegetica 1,47 413 1,135 255 1,173 209f. 1,207 472 1,311f. 210 1,362 318 1,430 210 1,502 443 1,529 255 2,57f. 501 A.1656 2,87 519 2,104 156 2,118 223 2,165 156 2,281 495 A.1634 2,298 416 2,333f. 390 2,474 155f. 2,474–480 156 A.422 2,516 519 3,33 210 + A.614 3,51 150 3,100 339 3,176 172; 256 3,201 375 A.1257 3,218 519 3,290 375 A.1257 3,296 150 3,311 174 A.492 3,366 437 4,8 150 4,195 438 4,234 156 4,265 436 4,365 416 4,453 344 Oracula Chaldaica 133,2 437 Oracula Sibyllina (GCS) 1,209 296 1,223 231 1,256 296 2,339 483 4,191 380 A.1284 5,56 483 5,300 483 5,468 443 5,512 207 7,88 332

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607

7.1 Stellenregister 11,212 11,278 13,30 14,24 14,137 14,171 14,232

443 429 A.1450 511 429 A.1450 510 A.1675 446 207

Orphica (Kern) fr. 229+230 283 (= fr. 348 PEG II) fr. 238,7 410 A.1385 Orphica Argonautica 347–349 298 A.971 349 295 584 416 696 164 728 467 861 318 872 318 891 265 976 495 1002 437 1269 462 1322 377 1353 437 Orphica Lithica 62 467 324 436 574 458 654 458

PMag. 4,2828 PMag.Berol. 2,93

447 408

Paulus Silentiarius Anth. Gr. 5,255,9f. 414 Descriptio Sanctae Sophia 177 346 374 428 A.1444 410 408 889 408 Pausanias Descriptio Graeciae 1,41,7 424 A.1428 3,26,9f. 279 A.899 10,31,8 406 A.1373 Pausanias Atticus s.v. βουπλήξ 439 A.1486 Philetas (CA) fr. 10,3

276

Philodemus De poematibus (Janko) fr. 182,16 436 fr. 186,1–3 246 A.787 Philostratus Heroicus 56,11 167f. A.468 Vitae Sophistarum 489 437 514–521 17, A.36 579 437

Orphici Hymni 4,7 416 Ovidius Amores 2,4,43 227 + A.710 Metamorphoses 6,675–721 450 A.1520 Panyassis (PEG I) fr. 3,4 469; 488 A.1618 Papyri Aegyptus PBodm. 29  Dorotheus, Visio PDerv. 25,14 PLit.Lond. 6 PMag. 4,473 PMag. 4,823 PMag. 4,2142

437 11; 18f.; 23 520 A.1710 240; 556 497 497 497

Pindarus (Snell / Maehler) Isthmia 3/4,90 447 6,72 519 Nemea 2,3 138, A.365 3,53 241 A.769 5,8f. 220 A.660 Olympia 1,86b 308 A.1004 6,81 215 A.637 8,44 215 A.637 13,38f. 388 Pythia 1,40 220 A.660 1,66 241 A.769 2,1 241f. A.769

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608 2,14 2,74 4,210 5,33 9,38 Fragmenta fr. 52b,58 fr. 140a,56

7. Register 436 235 215 A.637 388 244 A.781 241 A.769 495

Plato Apologia Socratis 28c 517 A.1701 Charmides 161b–162d 116 A.356 Cratylus 398d 89 A.301 Phaedrus 229b–d 450 A.1520 Protagoras 341b 89 A.301 Res publica 377d–e 388 A.1302 379a 388 A.1302 433a 116 A.356 Plautus Bacchides 973f.

290

Plutarchus Vita Caesaris 53,2 491 Pollux Onomasticum 1,134 422 A.1419; 424 A.1428 Porphyrius De philosophia ex oraculis (Wolff) p. 124,2 242 Proclus Chrestomathia 175[f.] 171f.; 181f.; 454 A.1532 175–184 110 A.335; 552 A.1745; 555 182–184 182 Propertius 3,11,15[f.] 4,4,71f.

414; 430; 557 450

Ps.-Euripides

 Euripides

Ps.-Herodianus (Spengel) De figuris p. 92,18f. 399 Ps.-Hesiodus

 Hesiodus

Ps.-Homerus

 Homerica

Ps.-Plutarchus De Homero 2,161 88 A.298 Ps.-Theocritus  Theocritus Quintilianus Institutio oratoria 10,1,46 98 A.328 12,10,67 78 A.268 Quintus Smyrnaeus Posthomerica 1,1–4 70 1,1–17 506 1,2 348 A.1153; 510 1,3 163 1,5–8 71 A.246; 267 A.869 1,7 282 1,8 163 1,9 160 A.439; 163 1,12 510 1,17 58 A.202; 176; 510 1,18f. 71; 256; 454 1,18–61 506 1,19 519 A.1706 1,20 58 A.202; 166; 181; 195; 420 A.1414 1,22f. 173 1,23f. 454 1,27 195 1,30 192 176; 195 A.555; 200; 420 1,34 A.1414 1,37f. 205 A.588 1,37–41 251f.; 267 A.869; 270; 286; 405 A.1366; 433; 489; 509 1,38 61 A.212 1,41 195 A.555; 209 1,42–47 252 1,46 172 A.485; 417 1,48 166; 241 1,48–53 251f.; 254; 270; 286; 405 A.1366; 434; 489; 509 1,49 308 1,50f. 209

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609

7.1 Stellenregister 1,51 1,52 1,53 1,53–55 1,53–61 1,55[f.] 1,56 1,57 1,60 1,61 1,62–85 1,63–72 1,64 1,67 1,72f. 1,76–85 1,84[f.] 1,85–92 1,85–97 1,86f. 1,93 1,94f. 1,97 1,98f. 1,98–117 1,100–114 1,101f. 1,108f. 1,109 1,112 1,112–114 1,115 1,116 1,118[f.] 1,118–137 1,119 1,120 1,121f. 1,122 1,123 1,124–137 1,128 1,130f. 1,132 1,134–137 1,135 1,138 1,138–160 1,143 1,145 1,148

61 A.212 225 A.692 209; 225 A.692 509 489 166; 195 A.555; 231f.; 387; 519 A.1706 225 A.692; 247 234 252 175; 249; 519 A.1706 506 281; 286 172 281 283 A.912 294 298; 476; 491 168 474; 506 269 104; 194 102; 173 199 360 291; 506 117 A.358; 295 A.954; 474 390 A.1310 324 A.1059 148 159; 161 173f. 408 160 + A.439; 173; 187 68; 303; 370 A.1236 67; 506 368 68; 291 291 150 A.402 + A.403; 262 68; 103; 458 A.1546 57 226 A.698 448; 460 393 318 398 A.1340 + A.1343 330 A.1081; 360 57; 474; 506 241 445 + A.1507 370 A.1238

1,152 1,154 1,161–181 1,162 1,166[f.] 1,167–169 1,171–173 1,174 1,175–178 1,177 1,182f. 1,182–204 1,183 1,185 1,186–197 1,186–200 1,187 1,190 1,194 1,196f. 1,197 1,198–202 1,200 1,201f. 1,202 1,204 1,205[f.] 1,206 1,209f. 1,215 1,217 1,218 1,220[f.] 1,221 1,222 1,226 1,230 1,230–237 1,242 1,247 1,247–266 1,249 1,251 1,254 1,257 1,269 1,271 1,272 1,274 1,276–278 1,277 1,282–286 1,284

65 231 A.728; 436 474; 506 388; 448 417; 420; 445 A.1507 172 103 488 A.1617 500 468 A.1574 398; 481 A.1601 506 285 481 A.1601 64 260; 467 A.1571 498 519 A.1706 493 A.1629 496 A.1637 497 + A.1647 64 166 260 458 104; 393 57 A.190; 236 + A.753 166; 485; 503 515 400 65 226 A.699; 522 A.1714 99; 516; 521 175 510f. 105 98 A.325 224 166; 503 188 224 321 A.1049 438 172 A.485 166; 503 302 282 166; 503 166; 220; 503 152; 158 105 105 370 A.1240

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610 1,286 1,289[f.] 1,294f. 1,296 1,307f. 1,307–311 1,311 1,314–318 1,315 1,315–318 1,318 1,319 1,320 1,324–334 1,325 1,326–334 1,329 1,331f. 1,335 1,336 1,336–338 1,338f. 1,338–341 1,341 1,343 1,345 1,353[f.] 1,354 1,357 1,358–372 1,362 1,363 1,363–366 1,367 1,370 1,370–372 1,371 1,373 1,374 1,379 1,380–384 1,386 1,388 1,390–393 1,391 1,393–395 1,395 1,396–402 1,397 1,400 1,403[f.] 1,403–476

7. Register 427 A.1441 364 A.1209; 385; 527 105 437 496 342 512 152 152 A.412 466 485 236 215 A.637 420 417; 445 A.1507 338; 442 106 313 A.1021 99; 338 106 442 406 A.1371 406 166 488 166 236; 516 473 516 470; 486; 509 494 346 470 512 354; 450 486 302; 486 + A.1615 57 A.190; 516f.; 517 A.1696 486 160 + A.439 459 282 420 420 417; 445 A.1507 461 106 466f. 378 A.1273 147 190; 236; 521 A.1712 17; 95; 115–117; 343

1,409 1,409–435 1,411 1,412 1,413 1,414–419 1,429 1,434 1,447–450 1,454–460 1,456f. 1,458 1,464–466 1,466 1,468 1,475 1,476 1,479f. 1,486f. 1,487 1,494f. 1,505f. 1,506 1,508 1,512–514 1,524–528 1,528 1,529 1,531–533 1,534–538 1,538 1,538–544 1,539 1,540–543 1,542 1,545 1,547–549 1,551 1,552 1,558 1,560f. 1,569–572 1,571[f.] 1,572 1,574 1,577 1,578f. 1,579–581 1,579–582 1,580 1,580–584 1,582 1,582–584

526 + A.1728 509 390 + A.1310 497 A.1647 200; 522 A.1714 115 264 164 117 A.358 116 463 A.1563 188; 190 116 28 A.69 194 107; 116 286 466 493 396 313 285 + A.922 393 99 364 A.1209 152f. 107 190 224 514 226 A.697 466 396 467 A.1572 282 190 459f. 188 282 194 190 345 344; 466; 500 107 400 107f. 215 286f. 345 282 99 344 461

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611

7.1 Stellenregister 1,584 1,586f. 1,594 1,594–597 1,597[f.] 1,599 1,601 1,602 1,607 1,619f. 1,619–621 1,622 1,625 1,628 1,633 1,643 1,644 1,644–653 1,646 1,654 1,654–674 1,655 1,659–661 1,659–662 1,660 1,661f. 1,663–668 1,666f. 1,669 1,674 1,675–715 1,682 1,685 1,686 1,687 1,693f. 1,699 1,702 1,705 1,713–715 1,716–740 1,720 1,726 1,727 1,735 1,741f. 1,741–747 1,750 1,758 1,766 1,768–770 1,781 1,782–784

57 A.190; 461 A.1553 153; 466 226 A.697 442 113 A.351; 282; 440; 503 503 421 389 447 352 A.1166 352 282 396 237 207 108; 445f. 28 A.69; 57 A.190 328 A.1072; 445 302 + A.987 321 113 A.351; 195; 198 262 195f. 113 A.351 245 237 113 A.351; 198; 380 237 302 235 240; 488 166 166 368 242 215f. 438 488 344 470 113 147f. 60f. A.212; 109 151 61 A.212 102 114 516 + A.1694 109 150 + A.404 494 57 A.190 237

1,784 1,785f. 1,786–803 1,787 1,788 1,793 1,800 1,811–813 1,821 1,826[f.] 1,828–830 1,829f. 1,830 2,10 2,17 2,19 2,26 2,54 2,61 2,74f. 2,83 2,100–103 2,100–110 2,102f. 2,103–107 2,106 2,107[f.] 2,111f. 2,113 2,113–163 2,114–123 2,116f. 2,118 2,123 2,127–135 2,130 2,131f. 2,133 2,134 2,135 2,136–138 2,136–145 2,145 2,148–155 2,161f. 2,163 2,177 2,184 2,186[f.] 2,187 2,190 2,191f. 2,202[f.]

189 98 A.326 286; 348 A.1151 469 A.1577 479 147 109 493 + A.1629 282 374; 408 291 307 408 265 A.855 226 A.697 393 285 306 329 378 A.1274 151 292 251f. 253 252 253 285; 311 292 292 A.952 292 293 370 A.1238 231 354; 450 293; 489 352 A.1165 489 512 307 84 A.288 297 285; 293 310 293f. 461 380 216 207 408; 461 409 433 447 57 A.190; 236 + A.753; 509

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612 2,203 2,204f. 2,206 2,221 2,235 2,240 2,248 2,250 2,254 2,266 2,283 2,328f. 2,329 2,341 2,366 2,376 2,397 2,408 2,409 2,427 2,428f. 2,429 2,443 2,445f. 2,454[f.] 2,456f. 2,461–463 2,464 2,466 2,467 2,470 2,482f. 2,483f. 2,490 2,511 2,514f. 2,517 2,517–519 2,523 2,525 2,576 2,587 2,588 2,592 2,593 2,593–606 2,595 2,601 2,608 2,617 2,637 2,641 2,643

7. Register 433 470 417 216 331 176; 199f.; 420 A.1414 469 A.1578 449 A.1516 526 A.1727 448f. 518 345 A.1140 344 398 263 A.844 512 + A.1679 157 339 A.1123 188 417 489 489 481 519 412; 417 429 429 410 410 409 371–373 + A.1243 460 388 52 A.170 260 298 A.970 394 470f. 175 188 156 370 A.1240 233f. 408 368f. 230 234 396 408 481 356f. + A.1187 408 408

2,652 2,656f. 3,1 3,8f. 3,14 3,14–16 3,15 3,21 3,29 3,32 3,46 3,57 3,86 3,98 3,98–127 3,110–113 3,114 3,114–116 3,146 3,165 3,167f. 3,170f. 3,171 3,174 3,200–203 3,218 3,236 3,246f. 3,248f. 3,261f. 3,315 3,323 3,339 3,344f. 3,345 3,347[f.] 3,361 3,362 3,363 3,372 3,374 3,391 3,400 3,404 3,425 3,450 3,461 3,463–489 3,464[f.] 3,470–478 3,475 3,479

408 408 408 266 A.856 526 A.1728; 527 462 462 + A.1557 448 149 A.398 510 483 28 A.69; 336 A.1109 458 483 285 285 341 341 A.1131 156 321 335f. 211 A.622 211 461 152 A.412 188 428 A.1444 313 A.1021 277; 484 504 436 297 A.966 235 461 57 A.190; 461 A.1553 265 A.855; 496 + A.1637 177 149 A.398 175 311 342 215 A.637 319 A.1038 160 A.439 151 28 A.69; 336 A.1109 150 A.403 350 148; 348 A.1150; 350 A.1157 350 383 A.1292 282 A.910

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613

7.1 Stellenregister 3,487 3,490 3,494 3,499 3,507 3,508 3,513 3,514–516 3,517 3,522 3,523 3,527 3,528 3,533 3,545 3,557f. 3,560 3,560–573 3,572f. 3,573 3,576–578 3,587 3,597 3,608 3,636 3,640 3,650 3,673f. 3,684 3,688 3,700 3,723–729 3,727 3,743 3,758 3,761f. 3,766 3,775 4,3f. 4,16 4,22–24 4,23[f.] 4,32 4,36 4,38 4,41 4,51 4,58 4,60 4,62f. 4,64 4,72 4,89–99

449 A.1515; 450 A.1518 187 311 483 231 468 A.1574 340 446 160 A.439 340 61 A.212 396 61 A.212 385 459 245 28 A.69; 336 A.1109 350 350 A.1158 348 A.1150 283 A.913 503 527 A.1738 207; 408 449 438 A.1477 450 354 A.1177 314 309 438 148 A.394 262 340 84 A.288 383 216 258 314 311 72 A.249 189; 497 + A.1647 57 A.190; 517 A.1696 518 313 A.1021 497 A.1642 378 A.1274 149 A.398 176; 437 370 + A.1239; 374 497 A.1647 380 57 A.191

4,94 4,100 4,103–108 4,104 4,108 4,109 4,130 4,134 4,134–136 4,144 4,146–168 4,150f. 4,154f. 4,156f. 4,158 4,160 4,161 4,167 4,173 4,199f. 4,211–214 4,220 4,238 4,241 4,274 4,276 4,289 4,319 4,332 4,340f. 4,345 4,347 4,354 4,355 4,362 4,373 4,378 4,384 4,385 4,389 4,396–404 4,400 4,403 4,408 4,413 4,419–435 4,441 4,450 4,454f. 4,464 4,472 4,474 4,484

57 331 57 A.191 57 378 A.1273 490 392 306 230f. + A.724 331 142; 161 159 A.437 289 A.936 247 289 A.936 161 408 28 A.69; 202 319 A.1045 376 270 A.874 510f. 339 A.1123 450 339 A.1123 234 468 A.1574 344 409 388 478 282 A.910 61 A.212 246 61 A.212 497 A.1646 57 A.190 61 A.212 61 A.212 61 A.212 270 A.874 61 A.212 243 430 428 289 A.936 258 309 297 A.966 150 61 A.212 61 A.212 266 A.860

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614 4,498f. 4,513 4,527 4,534 4,538–540 4,542 4,545 4,554f. 4,568–572 4,570 4,582 5,1 5,5 5,6 5,6–101 5,14 5,17 5,18 5,19 5,25 5,31 5,32[f.] 5,38 5,45[f.] 5,46 5,49–56 5,50 5,58a 5,64 5,72 5,74 5,89 5,97f. 5,98 5,99f. 5,102–109 5,112 5,114 5,125–127 5,130 5,130–132 5,131[f.] 5,141 5,144 5,146 5,154 5,172 5,175 5,176 5,177 5,181–236 5,185

7. Register 313 A.1021 453 151 266 A.857 270 A.874 234 357 A.1191 426f. 453 A.1525 437 150 A.404 52 A.170 150 A.403 421f. 72; 164 A.456; 412 370 A.1239 421f. 464 383 A.1292 322 469 388; 450 464 + A.1564 398 + A.1340 + A.1343; 481 + A.1601 481 A.1601 72 A.251 72 A.251 371–373 + A.1243 439f. 245 172; 256 421 72 151 370 A.1239 471 421 450 71 202 202 A.577 207f. + A.606; 210 354 450 187 276 61 A.212 526 A.1727 61 A.212 262 322; 344 512

5,202 5,215 5,224f. 5,229–231 5,231 5,239–290 5,240–242 5,245 5,247 5,249 5,270 5,314 5,322–329 5,331f. 5,335 5,342 5,354 5,360 5,361 5,366 5,371 5,376 5,381 5,383 5,386–389 5,387 5,388 5,393 5,395 5,405 5,406 5,410 5,416 5,435–437 5,435–438 5,440 5,441 5,445 5,457 5,459 5,462 5,465 5,470 5,470–472 5,472 5,475 5,493 5,510 5,511 5,532 5,532–558 5,537f. 5,544

344 339 A.1123; 340 339; 344 A.1139 322 199 344 344 437 61 A.212 61 A.212 298 A.970 276 271; 282 A.906 461 368f. 28 A.69; 336 A.1109 368; 369 A.1235 450 398 396 + A.1334 464; 510 378 A.1274 438 383 A.1292 514 231 468 A.1574 409f. 28 A.69; 408 151 469 A.1578 371–373 266 A.858 501 158 502 57 A.190 450 392f. 190 344 336 A.1109 28 A.69 190 398 A.1343 487 511 512 + A.1679 497 A.1647 336 A.1109 350 350 A.1158 378 A.1273

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615

7.1 Stellenregister 5,546 5,549 5,587 5,588 5,590 5,612 5,631 5,640 5,654f. 6,1–3 6,7[f.] 6,13 6,54 6,62 6,66 6,83 6,86 6,89–91 6,90 6,96[f.] 6,103 6,118 6,124 6,128 6,137 6,138 6,143f. 6,144 6,145 6,152 6,155 6,156f. 6,162 6,172 6,174 6,184 6,185 6,191 6,192 6,194–197 6,196f. 6,197 6,198 6,198–293 6,203 6,219 6,223 6,233 6,234f. 6,240–244 6,241f. 6,243

378 A.1274 302 258 297 A.969 393 307 A.1001 314 516 148 A.394 228 375 A.1257 + A.1258 342 263 459 447 190 151 297 A.969 309 375 + A.1257 + A.1258 375 A.1257 497 A.1643 + A.1646 28 A.69 236 339 A.1123; 340 A.1129 234 297 A.967 487 459 175 188 236 469 61 A.212 61 A.212 393 375 408 311 407 232 + A.731; 435f. 246 411 75; 164 A.456; 175 A.494; 186; 412 339 A.1123; 340 371 421f. 421 370 A.1240 86 A.528 175 410

6,262 6,292 6,295 6,296 6,297 6,303 6,305 6,312 6,315 6,317 6,323 6,351 6,360–363 6,362 6,369f. 6,376 6,382 6,405 6,416 6,422f. 6,422–424 6,435 6,444 6,455 6,458 6,461 6,468 6,531–536 6,535 6,544 6,550 6,560 6,576 6,580 6,594 6,599 6,604 6,614 6,619 6,620 6,639 6,643 7,14f. 7,25 7,28 7,43 7,44f. 7,58[f.] 7,71f. 7,74–76 7,85f. 7,98

396 150 A.404 236 175 388 234 392 339 391 A.1315 319 A.1044 297 A.966 496 441 440 392 234 354 A.1177 512 342 + A.1135 490f. 279 279 354 512 368; 369 A.1235 176 184 A.520 14 A.18; 16 398 A.1343 210 A.621; 211 234 438 368; 369 A.1235 151 497 A.1646 298 A.970 526 + A.1727 512 354 A.1177 339 330 A.1083 157 279 375 A.1257 213 A.629; 214 A.630 147 354 184 A.520; 353 A.1173; 354; 450 436 A.1474 436 287 190

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616 7,102 7,134 7,142–144 7,143 7,151 7,152 7,165–167 7,166f. 7,179 7,193 7,203 7,212 7,213 7,214 7,244f. 7,250 7,260 7,262–286 7,265 7,276 7,277–279 7,293 7,317 7,317–326 7,319 7,332 7,356 7,362 7,363 7,365 7,367 7,369 7,374f. 7,383 7,385 7,400 7,405 7,421 7,433 7,445[f.] 7,445–451 7,455 7,463 7,464 7,471 7,472 7,478 7,503–511 7,504f. 7,506 7,507 7,524 7,525

7. Register 391 396 364 A.1209; 385f. 527 A.1737 28 A.69; 449 A.1515; 450 496 460 388 487 354 A.1177 421 297 A.969 149 A.398 302 357 354 459 199; 357 199f. 388 357f. 518 257 420 A.1414 176 A.497; 420 A.1414 147 518 245 175; 396 + A.1334 331 486 215 A.637 297 A.969 339 460 408 187 391 A.1315 150 A.404 368; 369 A.1235; 413 407 207 497 A.1646 245; 464 156 340 468 256 A.816 464 256 512 + A.1679 150 A.404 352

7,529 7,543 7,545–547 7,546 7,553 7,557 7,580 7,581f. 7,600f. 7,615 7,620–622 7,621 7,622 7,631 7,632 7,632–634 7,633 7,637–641 7,639 7,642–666 7,647–651 7,656 7,667 7,689 7,695 7,702 7,707 7,708 7,727 7,730 8,1–3 8,7–9 8,8 8,12 8,14 8,15 8,23 8,24 8,54 8,89–91 8,99 8,111 8,126 8,134 8,142[f.] 8,154–157 8,169 8,172[f.] 8,186f. 8,187–189 8,191f. 8,199f. 8,200

164 396 255 255 A.814 388 459 261 A.832 354 340 A.1126 150 A.404 371; 374 371–373 + A.1243 339 A.1123; 340 A.1129 113 A.350 354 356f. A.1188 356; 389 300f. 487 350 350 348 A.1150 28 A.69 150 A.403 387 378 A.1274 376 150 A.404 340 147 376 311 28 A.69 444 400 190 368; 369 A.1235 308 207 514f. 504 84 A.288 496 338 496; 512 452 A.1522; 453 298 A.970 449 A.1515; 460 460 429f. 470 A.1580 321 + A.1051; 352 350

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617

7.1 Stellenregister 8,205 8,232 8,241–244 8,261 8,272f. 8,273 8,284 8,322 8,325f. 8,330 8,333 8,334 8,340–358 8,347 8,348f. 8,356f. 8,358f. 8,369 8,370 8,379–386 8,384 8,387 8,389 8,391 8,409–413 8,411 8,418 8,432 8,443 8,445 8,452–477 8,459 8,461–470 8,472 8,477 8,485 8,502 9,1 9,7 9,9[f.] 9,9–27 9,17 9,23 9,24 9,65 9,70 9,72 9,80 9,82 9,85 9,86 9,99 9,106

396 354 A.1177 451 526f. 390 391 339; 340 A.1125 438 469 391 266 A.864 502 364 A.1210 436 436 A.1473 460 200 497 A.1646 149 A.398 256 172; 256 464 378 A.1273 464 289 A.937 398 468 A.1574 188f. 491 149 A.398 471 447 471 84 A.288 149 A.398 262 149 A.398 371–374 448 479 A.1594; 480; 482f. 478 483 498 393 212 A.624 398 A.1343 396 527 A.1738 388 190 160 A.439; 175 147 341 A.1134

9,121 9,135 9,136f. 9,144 9,160 9,177 9,184 9,200 9,204f. 9,229 9,233 9,252 9,268f. 9,275 9,284f. 9,286 9,293–295 9,299 9,306–308 9,324 9,325 9,333 9,338–352 9,355 9,356 9,359 9,361 9,362 9,370 9,373 9,385 9,394 9,395f. 9,395–397 9,399 9,403–405 9,412 9,424 9,428f. 9,431 9,435 9,436f. 9,461–479 9,466 9,470 9,479 9,483–485 9,484[f.] 9,489 9,495 9,516 9,529f.

199 449 A.1515; 450 441 354 392 247 A.788 321 436 297 A.966 527 A.1738 407 450 387 527 392 297 A.966 436 527 A.1738 502 470 A.1580 383 A.1292 175 340 A.1127 236 261 433 450 147f.; 441 448 164 61 A.212 61 A.212 428 412 503 364 A.1211 483 164 270 A.874 303 + A.991 427 A.1441 364 A.1211 270f. A.874 279 283; 497 + A.1644 + A.1646 448 364 A.1211 283; 460 376 491 309 247

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618 9,536 10,6 10,9 10,22 10,33 10,40f. 10,47–49 10,51 10,66–71 10,70 10,83 10,85 10,93 10,96 10,121 10,127 10,129 10,133 10,153 10,163 10,179[f.] 10,180–205 10,181 10,182f. 10,186 10,188 10,196–198 10,206 10,207 10,209 10,216–218 10,233f. 10,239 10,277–282 10,298f. 10,301 10,307 10,327 10,336–339 10,338 10,344f. 10,346 10,350 10,353 10,360 10,367 10,368 10,369 10,373–384 10,391–405 10,393 10,395 10,411

7. Register 400 348 A.1150 151 298 A.970 151 493 481 277 514 438 345 352 285 378 370 A.1240 233f. 208 156 A.423 459 306 + A.999 60 A.212; 410; 412 412 464 245 496 60 A.212 370 A.1238 417 165 A.460 461 441 468 A.1574 188 272 277 216 400 164 230f. + A.725 207 265 A.855 164 383 A.1292 385 149 A.398 256 261 A.832 398 517 335 264 453 306

10,420 10,423 10,424–431 10,432f. 10,443 10,454 10,455 10,469 10,471–476 10,483 11,12f. 11,17 11,19 11,22 11,25 11,29 11,33 11,39f. 11,102 11,113 11,123 11,129–145 11,135 11,139 11,152 11,161f. 11,165 11,174 11,188–190 11,190 11,195 11,208 11,213 11,222 11,225 11,235 11,236f. 11,245 11,263 11,268 11,270 11,281f. 11,283–287 11,285 11,294[f.] 11,298f. 11,300 11,301 11,309 11,320–322 11,328 11,330f. 11,350

396 333; 335 335 283 518 208 160 A.439 236 508 A.1672 513 A.1682 460 263 A.844 199; 322 216 398 450 220 164 A.455 428 438 437 387 387 488 216 470 A.1580 494 306 441 440 427 A.1441 60 A.212 60 A.212 338 497 A.1646 150 + A.403 392 261 A.832 375 A.1257 478 175; 497 A.1646 297 A.966 383 226 A.698; 383; 385 385f. 493 510f. 469 215 A.637 271 A.874 176 A.497; 420 A.1414 228 388

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619

7.1 Stellenregister 11,351 11,355 11,370 11,376–378 11,386 11,388 11,389 11,408 11,410f. 11,415f. 11,424 11,432f. 11,436 11,438 11,440 11,474 11,482 12,8–20 12,13 12,18 12,20 12,27 12,40 12,57f. 12,67f. 12,74 12,76 12,84 12,104–116 12,107 12,129 12,130 12,139 12,147f. 12,153 12,154 12,170 12,186 12,188 12,220 12,229 12,230 12,240 12,241 12,245 12,248 12,253 12,258 12,286 12,294 12,304 12,306[f.] 12,306–313

297 A.966 338 165 A.460 381f. + A.1286 417 441 440 413 436 471 199 297 A.966 449 A.1516; 450 + A.1517 497 A.1642 150 A.403 331 430 500 368; 369 A.1233 + A.1235 512 + A.1679 373 149 A.398 447 502 390 340 391 A.1315 448 364 A.1212 151 28 A.69; 258 28 A.69 84 A.288 364 A.1212; 383 482f. 65 A.229 265 + A.852 255 A.813 450 469 150 164 298 A.970 265 A.855 393 393 391 A.1315 210 A.621 518 264 398 A.1343 74; 483 12; 73f.

12,308–310 12,310 12,313 12,314 12,324 12,329 12,353–499 12,365f. 12,366 12,370 12,377 12,380 12,392 12,395–422 12,399–412 12,401 12,421 12,438f. 12,444–499 12,445 12,493f. 12,511–513 12,512[f.] 12,516 12,518 12,530–532 12,533 12,535f. 12,537 12,539 12,540 12,546–549 12,549 12,552 12,562 12,568–571 12,571 12,574f. 13,10–12 13,19 13,27f. 13,33 13,41 13,80 13,88 13,122 13,160 13,171 13,209 13,213–216 13,219 13,220–250 13,225

76 13; 79 A.270 78 A.268 398 A.1343 146 368 26 A.59 298 A.970 175 409 226 A.698; 385 383 A.1292 383 A.1292 364 A.1213 272f. 283 235; 297 364 A.1208 364 A.1213 265 + A.852 502 502 + A.1659 261 A.832; 502 A.1659 258 464 152 A.412 450 414 245; 464 460 335 A.1107 193 461f. 400 517 A.1696 443 440 461 281f. 517 A.1696 461 165 319 A.1045 149 A.398 396 + A.1334 151 378 306 188 289 A.937 175 288 A.933 277

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620 13,226–236 13,227–230 13,229 13,241–257 13,251–255 13,264–266 13,266 13,268 13,269 13,272f. 13,272–286 13,274 13,279 13,282 13,290 13,299 13,308 13,319 13,328 13,336–340 13,338 13,343 13,350f. 13,359 13,360 13,361f. 13,367 13,375–377 13,387 13,402 13,415 13,415–419 13,417 13,418 13,420 13,420–422 13,446 13,450 13,469–477 13,473 13,477 13,482f. 13,487 13,488 13,488–493 13,520 13,527 13,535f. 13,537–543 13,539 13,544 13,556 13,559

7. Register 270; 289 270 481 289 A.937 359; 379 359 329; 360 160 A.439; 329; 359f. 277 349f. 295; 359 + A.1194 354 417 295 350; 359 481 191 A.544 398 213 A.628; 214 A.630 14f. A.19; 16 16 234 346 512 408 211 A.623 396 + A.1334 266 A.858 150 A.404 398 A.1343 188f. 364 A.1208 234 236; 417 385 364f. A.1213 61 A.212 61 A.212 508 A.1672 450; 481 398 427 459 175 514 216 378 A.1273 283 A.913 301 302 398 427 382

14,1 14,19 14,21 14,24–27 14,37 14,39–41 14,41 14,42 14,51 14,58 14,59–62 14,61 14,63 14,74 14,82–84 14,84 14,96 14,105 14,112 14,115f. 14,119 14,120 14,125–142 14,128f. 14,133 14,137 14,140 14,143f. 14,151 14,152 14,170 14,172 14,178 14,185–222 14,211 14,235–245 14,247–256 14,252f. 14,257 14,267 14,269 14,272–281 14,274 14,289 14,291 14,295 14,297f. 14,300f. 14,302f. 14,308 14,310 14,312 14,319

408f. 373 331; 349 A.1155; 359f. 289 261 247f. 248–250 + A.796 458 266 A.859 235 + A.749 346 28 A.69 162 149 A.398 480 149 A.398 28 A.69; 149 A.398 378 A.1273 151 516 A.1695 483 516 A.1695 142 159 A.437 159; 161 389 149 A.398 376 275 165 164 283 A.913 518 142 149 A.398 332 332 516 A.1695 516 A.1695 398 283 A.913 396 396 336 A.1109 61 A.212 61 A.212 353 A.1173; 449f. 484 283 A.913 482 393 378 A.1273 247 A.788

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621

7.1 Stellenregister 14,336 14,339f. 14,348 14,352 14,392f. 14,421 14,424 14,427–430 14,427–442 14,430 14,433–436 14,440[f.] 14,442 14,443–451 14,450 14,452 14,455 14,458 14,471 14,472 14,489f. 14,490 14,495 14,532 14,539 14,540 14,547 14,548–550 14,556f. 14,560 14,582f. 14,582–587 14,598–600 14,611f. 14,612 14,614 14,628–631 14,630 14,632 14,647 14,651

376 378 A.1273 289 383 A.1292 283 A.913 216 450 341 A.1131 365 A.1217 341 365 A.1217 28 A.69; 265 A.855 211 365 A.1217 340 A.1125 368; 369 A.1235 231 354 A.1177 392 428 A.1444; 503 450 449 A.1515 450 512 437 502 385 471 398 216 226 A.698; 385 471 259 207 450 383 A.1292 53 A.174; 71 A.247 151 265 A.855 354 A.1177 368; 369 A.1235

Rhianus (Mette) fr. 41ter,a,2 309 A.1011 Sappho (Voigt) fr. 16,17–20 fr. 31 fr. 31,1–5 fr. 31,5 fr. 34,1–4 fr. 44,7 fr. 44,34 fr. 96,6–9

196f. 243f. 243 A.778 244 + A.781 + A.782 234f. 360 146 203

fr. 104b fr. 156

197 197

Scholia in Aristophanis Thesmophoriazusas 773 308 A.1005 in [Euripidis] Rhesum 311 422 A.1419 in Homeri Odysseam 19,518 222 A.678 20,66 222 A.678 in Lycophroni Alexandram 997 240 A.763 1250 306 A.997 in Nicandri Alexipharmaca 130c 431 569d 431 in Oppiani Halieutica 2,594 519 A.1703 5,258 440 A.1492 in Pindarum Nem. 3,64b (= SH 1168) 185 A.523; 235 + A.747 recentiora in Homeri Iliadem Schol. Gen. Il. 2,119 (Nicole) 11 A.5 vetera in Aeschyli Prometheum 723a,4f. vetera in Apollonii Rhodii Argonautica 1,459c [L] 524 A.1723 2,232f. 524 A.1723 vetera in Homeri Iliadem (Erbse) 1,1b (30–32) [bT] 142 A.375 380 A.1282 2,2c1 [bT] 2,87a (62) [AbT] 151 A.407 3,189 [bT] 555 3,189 (1f.) [bT] 187 A.530 3,189 (5–8) [bT] 111 A.339 3,189 (6) [bT] 406 A.1373 3,189 (9) [b] 221 A.669 3,189 (94) [bT] 171 3,189 (95f.) [T] 240 368 A.1230 3,262a1 [Aint] 368 A.1230 3,262a2 [T] 3,316a [A] 377 A.1270 524 A.1722 5,388c [Til] 5,863 (78) [T] 524 6,135b (11) [T] 439 6,433–439 [A] 358 A.1192 9,2c (26) [T] 394 A.1330 9,336c [A] 377 A.1266 + A.1270

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622

7. Register

10,8 (66–68) [(b)T] 10,513b1 [Aim] 13,611f. (93–95) [bT] 14,183a (39–41) [A] 14,183e (55f.) [bT] 14,183e (56f.) [T] 15,263f.a (43f.) [T] 15,711 (70f.) [Til] 18,410d [A] 19,313a [Aa] 24,804 (PLit.Lond. 6) 24,804a (88–90) [T]

492 A.1627 368 A.1230 441 430f. 431 A.1456 431 418 A.1412 441 523 A.1716 492 A.1628 240; 556 240; 556

Scriptores Historiae Augustae Vita Gordiani II 19,3f. 290 Seneca Phaedra 399–403

424 A.1429

Septuaginta 3 Ma 5,48

436

Servius Commentarius in Vergilii Aeneidem 1,8 138f. A.367 1,491 182 + A.515; 187 A.530; 240 A.763; 556f. 11,659 454 A.1533 11,661 185 A.524; 190 A.542 Sextus Empiricus Adversus mathematicos 9,247 246 Silius Italicus Punica 8,426–430

424 A.1429

Simonides Anth. Gr. 7,250,3f. 265 7,254,4 390 Fragmenta (2IEG) fr. 1–4 450 A.1520 fr. 25,2 451 Solon (2IEG) fr. 4,35 fr. 33,1

258 242 A.769

Sophocles Aias 51f. 219

275 495

274 497 A.1642 632 526 A.1735 673 232 A.732 706 359 A.1195 Antigone 116 429 A.1447 654 183 A.516 810–816 183 A.516 891f. 183 A.516 1001f. 501 A.1658 1204f. 183 A.516 1241 183 A.516 Electra 439 465 A.1567 Oedipus Coloneus 245 493 1245f. 426 1684 275 Philoctetes 1197 298 A.970 Trachiniae 1114f. 482 A.1605 1195 242 + A.773 Statius Thebais 5,144–146

424 A.1429

Stesichorus (Page) fr. S15, col. 2,8f. 343 A.1137 Strabo 12,3,15 12,3,24 16,2,20

170 A.479 167 A.466 242

Suda (Adler) s.v. 220 μαρμαρέην 232 A.730 s.v. 251 ῞Ομηρος ὁ ποιητής 91 A.307 s.v. 455 βουπλήξ 439 A.1486 s.v. 569 φονή 497 s.v. 1256 μορόεις 431 A.1455 s.v. 1257 μόρος 431 A.1455 Supplementum Hellenisticum (SH) Menophil. fr. 558,7 164 fr. 1148 383f. fr. 1168 185 A.523; 235 + A.747 Themistius (Harduin) p. 188a,5 388 A.1303 p. 366a,1 467

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623

7.1 Stellenregister Theocritus 1,42 2 2,35 2,92 7,28 7,94 8,9 13,14 13,25 13,44 17,32 17,63 17,78 17,133 18,26 20,2 22,91 22,163 24,113 24,118 25,23 25,77 25,115 25,131 25,168 25,177 25,192 25,215

3,104 519 487 346 372f. 202 A.581 202 A.581 511 359 426 255 360 387 258 A.825 376 A.1265 426 399 A.1345 436 209 + A.613 436 156 255 517 310 208 A.607 255 359 333 355

Theodorus Asiniensis (Deuse) fr. 40 17f.; 32 Theognis / Theognidea (2IEG) 42 264 A.847 71 276 196 465 276 164 294 344 429f. 409 623 264 A.847 811f. 164 1082b 264 A.847 1091 357 Theophrastus Historia plantarum 4,1,4 469 Fragmenta fr. 6,25,1 207 Thucydides 1,2,2 2,29,5

162 423 A.1422

138, A.365

Tragicorum Graecorum Fragmenta (TrGF) Adespota fr. 279h 343 fr. 658,16f. 462 fr. 720h 495 Aeschylus fr. 45 192 fr. 132,1 495 + A.1636 fr. 281 450 A.1520 Euripides fr. 229,2 246 fr. 369,4 423 A.1422 Triphiodorus Iliupersis 33 33–39 100 137 189 222 254 258 303 340 340–342 370 462 465 468 478f. 514 559 613 664–667 671 672 690

171 554 241 339 255 255 440 A.1491 416 410 A.1384 346 347 380 A.1284 397 458 220 381 255 346 487 84 308 A.1006; 309 346 216

Tyrtaeus (2IEG) fr. 10,4 fr. 10,9 fr. 10,15–18 fr. 23,13 fr. 24,1

164 234 521 A.1712 157 526 A.1736

Tzetzes, Johannes Posthomerica 10f. 183 A.518 14–16 182 A.513 63–72 239 176 222

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624 176–182 177 179 182

7. Register 218; 221 223 223 223

Valerius Babrius  Babrius, Valerius Vergilius Aeneis 1,466–493 1,483f. 1,490–493 1,491 1,492 1,493 1,494–497 1,495 1,498–504 1,501 2,199–233 2,278f. 2,479 2,501–505 2,533–558 3,210–218 5,87–89 6,282–289 7,510 7,627 7,789f. 9,574

237f. 159 237f. A.755; 238 A.758; 556 182 A.515; 238 A.757 406 A.1373; 414 238 A.757 238 A.756 237f. 238 A.757 202 26 A.59 159 A.432 442 A.1497 290 288 A.933 453 253 453 442 A.1497 442 A.1497 414 219

10,749 11,210–212 11,486–490 11,488 11,490–493 11,491–497 11,497 11,648f. 11,648–651 11,659 11,659–663 11,661f. 11,694 11,891–895 12,4–9 12,81–84 12,81–94 12,87f. 12,306 12,430 12,430–442

219 148 A.394 419; 400 A.1361 414 424 419f. + A.1414 419 A.1413 442 439 171 172; 424; 454; 557 183 + A.519 406 A.1373 115 A.355 153 A.416 455 400 A.1361; 455 414 442 A.1497 414 400 A.1361

Xenophanes (DK) fr. B11 362 A.1203; 388 A.1302 Xenophon Memorabilia 3,9,2 423 A.1422 Oeconomicus 7,31 111 A.342

7.2 Namen- und Sachregister Das Namen- und Sachregister ist selektiv gestaltet. Grundsätzlich nicht indiziert wurden (1.) Autoren und Werke, die über das Stellenregister gefunden werden können; (2.) sehr häufig verwendete Fachbegriffe (bspw. ›Intertextualität‹ / ›intertextuell‹); (3.) sehr häufig (als Faustregel: mehr als 25x) vorkommende Namen, Orte und Begriffe (bspw. ›Achilleus‹, ›Hektor‹, ›Penthesileia‹, ›Homer‹, ›Troischer Krieg‹); (4.) Begriffe, denen ein eigenes (Teil-)Kapitel gewidmet ist und die so über das Inhaltsverzeichnis gefunden werden können, innerhalb dieses (Teil-)Kapitels (bspw. ›Zweite Sophistik‹: der Eintrag umfasst den Begriff nur ausserhalb von Kap. 1.4.3). Abbruchformel: 333; 521 accusativus exclamationis: 353 Achilleus-Ethopoiie (Codex Salmasianus): 328 A.1075 Achlys (personifiziertes Todesdunkel): 280 Aella (Amazonenname): 218 aemulatio: 77; 78 A.269; 144; 355 + A.1182  s. auch imitatio; imitatio cum variatione; imitatio Homeri

Aeneis  Vergil Agastrophos: 416 Agenor: 219; 441; 465f.; 469; 484 Agias (Ependichter [oder Hegias]): 80 A.278 Ägypten, ägyptisch: 12; 416 A.1404 Aiaië (Insel): 173 Aietes: 402 A.1361; 412; 414f.; 435 Aisa (Schicksal)  Αἶσα / αἶσα (Kap. 7.3)

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7.2 Namen- und Sachregister Aisakos (erster Sohn des Priamos): 290 A.942 Aischylos: 42 A.131; 148; 189; 242 + A.772; 450 A.1520; 495f. + A.1636 Aisepos (Fluss): 230; 234 Aithioper, Aithiopien: 252; 294; 311; 447; 509 Aithiopis  Arktinos von Milet Aithra: 301 Aitienprolog: 76 Akamas (Bruder des Demophoon): 246; 270 A.874; 301 Akamas (Sohn des Antenor): 184; 319 A.104; 369 A.1235 Akmon (Vater des Mygdon): 555 Aktoris (Penelopes Dienerin): 458 A.1548 Aldina: 14 A.16; 25f.; 375 Alexander der Grosse: 112 Alexander Severus: 81 A.280 Alexandria: 17 Alexandrinische Fussnote: 12; 57; 77 Alexandrinisches Dichtungsideal: 57; 59; 61f.; 77f.; 90 Alkibië (Amazone): 105; 223–225 Alkippe (Amazonenname): 218 Alliteration: 265; 473 allusion: 16 A.33; 38 A.112; 42 A.133 Altionisch: 54 A.178  s. auch Ionisch, Ionismus Amazonenkatalog: 103; 195; 200; 209; 216– 224; 229; 252  s. auch Katalogdichtung Ambivalenz: 88; 206; 239; 243; 268; 272 A.877; 335; 338 + A.1117; 391; 406; 410 A.1384; 417f.; 443; 465; 506; 519; 522 Ambrosia: 192; 228 A.716; 230 A.724; 279; 305; 309 A.1010; 426 A.1437 Amphidamas: 222 Amphimachos (achaiischer Aliierter): 155 Amphimachos (troischer Aliierter): 105 Amphimedon: 179 A.503 Amphitrite (Nereide): 223 + A.679 Amyntor (Vater des Nestor): 178 A.499 Anachronie: 94 Anachronismus: 87; 185; 273 Anaia (Amazonenname): 555 Anakoluth: 47 Analepse, analeptisch: 94; 141; 145 + A.383; 313; 321; 330f.; 505 Analogie(bildung): 66 A.234; 138 A.365; 175; 202 A.578; 215; 221f.; 281; 308; 311; 353f.; 373; 399; 485; 515

625

Anchimache (Amazonenname): 223 Andro (Amazonenname): 223 Androdaixa (Amazonenname): 223 Andromache (Amazonenname): 223; 555 Antandre (Amazone): 107; 221; 224f. Antenor: 478; 479 A.1594; 480; 482; 498 Anthropologische Grundkonstante: 498 Antianeira (Amazonenname): 221 Antibrote (Amazone): 107; 223–225 Antigone: 183 A.516 Antike Homerphilologie  Homerphilologie Antiklos: 381 Antilochos (Sohn des Nestor): 339; 449; 464; 510 Antinoos (Freier Penelopes): 189 Antiochia: 17; 20 Antiope (Amazone[n], Amazonenname[n]): 185–187; 219; 555 Antiope (Tochter von Hyrieus und Klonië, Atlantide): 219 Äolisch, Äolismus: 54 A.178; 310 A.1013; 311 + A.1016; 390 A.1309 aoristus mixtus: 367–369 ἀπὸ κοινοῦ-Konstruktion: 352f.; 493; 496 Apollodor: 80 Appion: 242 Apsyrtos: 192 Apulien: 13f.; 24 Archaismus: 48; 447 Archetypus (Codex): 24; 118; 160 Areopag: 189 Arete (Gattin des Alkinoos): 276; 346 Arges (Kyklop): 469 Argolis: 223 Argonauten(fahrt): 176; 184f.; 190; 206 A.595; 265; 295; 453; 468; 504; 513 Argos (Wächter der Io): 494 Arignota-Lied: 203 Arion (Pferd): 453 Arisbos (erste Frau des Priamos): 290 A.942 Aristarch: 296 + A.960; 368 A.1230; 380 A.1282; 418 A.1412 Aristie: 94; 96f.; 99f.; 105–107; 141f.; 154; 169; 174; 181; 224; 269; 313; 401; 406; 435; 442f.; 459; 486; 500; 509; 513 Aristonikos (Grammatiker): 358 A.1192; 431 A.1455 Aristoteles, aristotelisch: 82–84; 154 A.418; 316 Aristoxenos: 146 + A.385 Arkadisch: 390 A.1309

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626

7. Register

Arktinos von Milet (Ependichter, Aithiopis): 80 A.278; 110; 114f. + A.353; 168; 171f.; 181f.; 219 + A.652; 240 + A.762; 412 A.1392; 454; 552 A.1745 Arsch: 486 arte allusiva: 48 + A.154; 61–69 Artemision: 450 Asexualität: 197 A.562 Asios: 308; 351 A.1162 Asklepios: 277–279 Asteria (Amazonenname): 218 Asteropaios: 320 Astraios: 226 Astyanax: 196; 289 + A.937; 295; 323f.; 326; 349; 358f. + A.1193; 379 Athen: 89; 220; 423; 450 Atlantiden: 219; 223 A.680 Atlas: 219 Atreus: 225 Attica correptio: 224f. Attisch: 48; 51 A.167; 85; 87–89; 164; 180; 274 A.884; 417 A.1406 + A.1408; 482; 493; 495; Attische Reduplikation: 447 Attische Vasenmalerei: 288 A.933; 406 A.1370; 423 A.1425; 450 Attraktivitätsforschung: 233 A.735 Auge (Athenepriesterin): 234 Augeias: 418 Augenschale: 423f. Aurora: 227 + A.710  s. auch Eos Automedon: 452 A.1522 Autopsie: 13 A.15 Bachtin, Michail: 36f. Bahuvrihi  Possessivkompositum Baldi, Bernardino: 28 Bandelier (des Philoktet): 245; 412; 464; 489 Barbaren(tum): 21; 111; 113 Bassett, Samuel: 30 Bebryker: 206 A.595 Bedeutungsentwicklung: 46; 99 A.331; 257 A.820; 281; 333; 351; 374; 398 A.1339; 400 A.1352 Bedeutungshorizont: 110; 432 Bedeutungspotential: 110 Bedeutungswandel  Bedeutungsentwicklung Bellerophontes: 93; 112; 297; 330; 457 Berg der Tugend: 72 A.251 Bergnymphe(n): 144 A.380  s. auch Nymphe(n)

Beroe: 227 Bescheidenheitstopos: 78 Bessarion, Basilius: 13; 24 Bestattungsritus: 148 Bildempfänger  primum comparandum Bildspender  secundum comparatum Binäre Opposition: 368 A.1231; 399 Binnenerzählung: 93 Binnenposition: 296 Binnenproömium: 12f.; 70; 72–74; 76–78 + A.267; 90 Biographismus, biographistisch: 32; 38 A.115 Biostrophe (Amazonenname): 223 Blindheit, blind (Erblindung): 104; 259; 266–275; 283; 315 A.1032 Blondine, blond: 227 + A.710; 233 + A.735; 414 Bloom, Harold: 54; 83 Blutschuld: 182f.; 191f. + A.549; 553; 555  s. auch Entsühnung Bonitz, Hermann: 29 Boreaden: 450; 453; 504f. Boreas: 108; 206; 450–453; 455–457; 504 Bosporos: 206 A.595 Brachylogie: 47 Bremusa (Amazone): 105; 221f.; 224 Briseis: 234; 245; 261; 331 A.1086; 350 Bukolion (Sohn des Laomedon): 284 A.918 Byzanz, byzantinisch: 11; 13; 19 A.41; 23f.; 80 A.275; 146; 156; 162; 208; 235; 399 A.1349; 469 Caesar: 491 Calaber  Quintus Calaber Caland’sches Suffix: 515 Camilla: 115 A.355; 172; 183 A.519; 424; 439; 442; 454 Castiglioni, Luigi: 30 catchword technique: 57 A.191; 344f. causa efficiens: 499 A.1654 causa occasionalis: 499 A.1654 Centonendichtung: 47 A.151; 50; 54–56 + A.186 Chalkiope (Schwester der Medea): 386 Charakterisierung: 90 A.306; 232; 316; 405f.; 465 Charikleia (Figur bei Heliodor): 233 A.735 Chariten: 229 + A.721; 234; 245; 307 Cheiron: 320 Chiasmus: 95 + A.319; 140 A.374; 433; 464; 469 A.1577; 479 Chios: 222 Chorizonten: 54 A.177

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7.2 Namen- und Sachregister Chorrede: 507 + A.1669; 508 A.1671 Christenverfolgungen: 20f. Christodor von Koptos: 70 Chryseis: 331 A.1086 Chryses: 477 A.1589; 487 Chthonische Gottheit: 452 Cicero: 30 Clonius (2 Gefährten des Aeneas): 219 Codex Salmasianus (Achilleus-Ethopoiie): 328 A.1075 Combellack, Frederick M.: 28 Commodus: 15f. + A.28 communis opinio: 22; 26; 64; 79 A.272; 482 coniunctivus pro optativo: 51 A.167; 180f.  s. auch Konjunktiv und Optativ, Rückgang von Conte, Gian Biagio: 42; 52; 54 Corpus Hippocraticum: 265 + A.853; 271; 274; 280f. + A.904  s. auch Galen aus Pergamon und Medizin(schriftsteller) Cumae: 221 da quia dabo: 476 A.1588 da quia dedi: 476 A.1588 da quia dedisti: 476 A.1588 Dardanide(n): 284f.; 293; 477 Dardanos: 284 + A.917; 451; 479; 493 Dares Phrygius: 23 dativus auctoris: 261 dativus commodi: 261 A.833 Dausque, Claude: 26 Defloration: 183; 456 Deianeira (Amazonenname): 218 Deidameia: 199; 357; 460 Deimos (personifizierter Schrecken): 340 A.1126; 470 Deiphobos: 146; 288 A.935; 338 A.1120; 392; 466 Deklamation, Deklamator: 86f. + A.293; 89; 112 A.346; 113  s. auch Konzertredner/-rhetorik Delos: 227 A.709 Delphi, delphisch: 189; 233 A.735; 241 + A.766 Demeter: 217f.; 477 A.1590; 490; 520 Demodokos (Sänger): 77 A.267; 143; 284 Demophoon: 301 de Pauw, Johannes Cornelius: 26; 514 Derimacheia (Amazone): 105; 223f. Derinoe (Amazone): 98 A.325; 105; 220; 224 Dialektmischung: 54 + A.178 Diana: 202; 238 A.757

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Dichterweihe: 76; 77 A.266  s. auch Musenweihe Dichtungskritik: 362 + A.1203; 388 + A.1301 dictio Apollonii: 60 dictio Homeri: 59f. Dictys Cretensis: 23; 167 + A.467; 295 A.954 Dido: 202; 238 + A.756 + A.757 Digression, digressive Elemente: 82; 156 A.423; 229f.; 293; 402 + A.1360; 404; 415 A.1402; 421; 428 Dike (personifizierte Gerechtigkeit): 481 Dio Chrysostomos: 88 Diokletian: 20f. Dione: 317 Dionysios Periegetes: 138 Dionysios Skytobrachion: 171 + A.480 Dionysios von Halikarnass: 216f. + A.645; 328 Dionysos: 322 A.1052; 439; 482 A.1606 Diores: 502 Dioscorides Pedanius: 280; 281 A.904; 625 A.1378  s. auch Medizin(schriftsteller) Dioskuren: 209 dis legomenon: 59–61; 63; 164; 212f.; 299; 416; 430; 436; 438; 440; 463; 495; 511 dissuasio: 101; 107; 288  s. auch Kampfparänese und suasoria Distinktives Epitheton: 319 doch-noch-Sieg: 103; 251; 298 Dodekathlos: 185f. Dolionen: 176; 513 Dolios (Penelopes Diener): 458 A.1548 Donner, Johann Jakob Christian: 28 Doppelsigma  Geminate Doris: 222 Dorisch, Dorismus: 371–373 Dorotheos/-oi: 11; 18–23 dramatis persona: 240 A.761; 285; 315f.; 355f.; 461; 484; 519f.; 525 Dresaios (troischer Aliierter): 105 Druckfehler: 27f. A.69 Duckworth, George E.: 30; 93f. Dymas (Vater des Otreus): 555 Echidna: 464 Echo-Epigramm (Kallimachos): 83 Eckermann, Johann Peter: 39 A.118 editio princeps  Aldina Eetion: 327; 329–331 effet de réel: 22 Einheit der Handlung (aristotelisch): 82

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7. Register

Einheit der Handlung (von Ilias und Posthomerica)  Werkeinheit Einheitsgriechisch: 48  s. auch κοινή (Kap. 7.3) Einzelliedertheorie: 92 A.311; 139 Ekphrasis: 70–72 + A.251; 75 + A.258; 105; 238f. + A.757; 328; 402; 411f.; 415 A.1402  s. auch Schildbeschreibung Elderkin, George W.: 30 Elegie: 69; 227; 521 + A.1712 Elier (Volk): 418 Elitarismus: 90 embedded focalization: 116 + A.357; 519 A.1706; 525 A.1725 Emischer Textbeginn: 139f. + A.372 Enallage: 214; 340 A.1126; 396 Endymion: 208 A.605; 234 Enjambement: 51; 479 Enkelados: 471f. Entheroisierung: 167 A.467 Entscheidungsmonolog: 333 A.1100; 334f. + A.1101 + A.1104 Entsühnung (von einer Blutschuld [= purification]): 103; 169 + A.471; 178; 181– 184; 189f.; 192f.  s. auch Blutschuld; Schwestermord; Verwandtenmord Enyo: 460; 464; 470 Eos: 103; 195; 226–230; 232; 234; 254; 308; 312 A.1018; 356; 366; 374; 426; 481; 489; 509  s. auch Aurora Epeigeus: 500 A.1655 Epeios: 246; 270 A.874; 319 A.1041; 364 A.1212; 482 Epigone(ntum), epigonal: 25; 39–41; 85; 139; 625 A.1544 Epiklese: 215 A.640; 385 A.1298; 447 A.1508; 469; 476 A.1588; 480 Epischer Code : 19; 42 A.132; 44 A.135; 61; 63; 65–67; 78 Epischer Reduplikationsaorist: 303 A.990 Epischer Zyklus: 30; 41; 46; 91; 159; 552 A.1742 Episodenhaftigkeit: 92–94 epitheton laudans: 40 epitheton ornans: 45; 51; 55; 241; 243; 306; 309; 411 A.1389 epitheton solum: 61 A.213; 388; 408; 511 Epyllion: 15; 69; 75; 84 Erblindung  Blindheit, blind Erechtheus: 452; 456

Eriboia (Amazonenname): 218 Erichthonios: 284 A.917; 451; 479 Erinnyen (Rachegöttinnen): 103; 169; 181f. + A.515; 189f. + A.539; 192f. + A.552; 451; 494 A.1632 Eris: 157 A.426; 164; 340 A.1126; 460; 469f.; 472 Eros: 196 + A.559; 233 A.736; 239 Erotik, erotisch: 103; 184; 197f.; 201–203; 207; 218; 226f.; 229; 233 A.735; 238; 243–245; 268; 376 A.1264; 417; 433 Erwartungshaltung: 54; 56f.; 181; 405; 445 A.1504 Erwartungshorizont: 181 Erzählerkommentar: 193; 323  s. auch Gnome(n) Erzählstrategie: 92 Eskapismus: 86 A.293 Esquilin: 26 Ethopoiie: 101f.; 104; 291; 295 A.954; 303; 328f. + A.1078; 336f.; 358; 365; 506 Etischer Textbeginn: 139f. + A.372; 145 Euandre (Amazone): 105; 220f.; 224f. Euandros (Nebensohn des Priamos): 220 Eudocia Augusta: 55f. Euenor (achaiischer Aliierter): 105; 152; 158; 220 Euenor (Troer): 220 Eulogium: 142; 161; 230 Eumaios: 299f. + A.982; 399; 482 A.1604; 510 Eumelos (Enkel des Pheres): 356 A.1186 Eumelos (Ependichter): 80 A.278 Eunuch: 20 Euphorbos: 318 Europa (Figur bei Moschos): 396f.; 411 Europa (Kontinent): 170; 454 A.1533 Eurybia (Amazonenname): 218 Eurydamas (Freier Penelopes): 430 Eurydamas (Troer): 319 A.1041 Eurykleia: 286 Eurymachos (Freier Penelopes): 178; 391 Eurymachos (Troer): 387; 494 Eurynome: 411 A.1387 Eurystheus: 183 A.517; 185 A.526 Euseb von Caesarea: 19–22 Eustathios von Thessaloniki: 11; 23; 438 Eustratos: 504 exhortatio: 99; 521 Externe Ana-/Prolepse  Analepse, analeptisch; Prolepse, proleptisch Extradiegetisch: 193

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7.2 Namen- und Sachregister Faktitives Bahuvrihi  Possessivkompositum Faktitivum, faktitiv: 65; 264f.; 398 + A.1339 Faustrecht: 471 A.1582 figura etymologica: 216; 305 A.995; 348; 463 flat character: 323 A.1054 Flavius Josephus: 287 focalization  embedded focalization foreshadowing  Prolepse, proleptisch Formelhaftigkeit (formularity): 50; 56; 221 A.667; 262; 318; 402 Formularstil  Homerische Formelsprache Formularsystem  Homerische Formelsprache Formulartechnik  Homerische Formelsprache Fortsetzung(scharakter) (der Ilias): 12f.; 35 A.105; 53 A.176; 56; 70; 71 A.246; 74; 78; 84; 89; 110; 114; 139f. + A.368 + A.370; 142; 152; 173; 179; 273 Françoisvase: 221 Frauenredepaar: 17f.; 36; 95f.; 102; 106; 115–117 + A.355; 327; 343 full-scale-Kommentar: 32 Gaia: 148; 494 A.1632 Galen aus Pergamon: 271; 273f. + A.881; 280; 281 A.904  s. auch Corpus Hippocraticum und Medizin(schriftsteller) Ganymed: 491 Gargaron (Gipfel): 480 Gastgeschenk: 172; 402; 456f.; 458 A.1548 Gastmahl: 291–294; 297; 307; 375f. + A.1259; 524 Gattungstradition: 71; 144 Gattungszwang: 74 Gebet: 64; 98; 100–102; 104; 260; 447 A.1508; 467 A.1571; 474–478 + A.1588; 479 A.1594; 482–484; 486f.; 498; 502; 506; 519 A.1706  s. auch invocatio; pars epica; preces Geburtsgöttin: 197 A.562 Geminate: 163; 311 + A.1016; 393f. + A.1319 Gemischter Aorist  aoristus mixtus Gemme: 442 gender-Konflikt: 327; 336; 343 gender-Problematik  gender-Konflikt gender transgression: 442f. genera dicendi: 78 + A.268; 98 A.328 Generativer Ansatz: 50f. + A.166 Generisches Epitheton: 319

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Genfer Handschrift: 11 + A.5; 23 Genitalien: 494 A.1632 genitivus absolutus: 515f. genitivus comparationis: 344 Gerenia (Stadt in Messenien): 279 A.899 Gesichtssinn: 269f.; 281 A.905 Gesner, Conrad: 26 Giangrande, Giuseppe: 32; 48f.; 61; 248f. Giganten, Gigantomachie: 470–472 + A.1582; 488; 494 A.1632  s. auch Götterkampf/-kämpfe und Titanen, Titanomachie Gladiatorenkämpfe: 16 Glauke (Amazone): 186f.; 554f. Glaukom: 273 A.878; 275 Glaukos (Führer der Lykier): 93; 297; 319 A.1041; 346; 414 + A.1399; 457; 484; 504; Gleichnistechnik: 44; 46; 151–155 + A.406 Globalisierung: 86 Glosse (Randnotiz): 160; 430; 444; 495 + A.1633; 523 Glosse (Rarität): 48f.; 50 A.161; 64f. + A.228  s. auch Rarität(encharakter) Gnome(n): 44 + A.136; 193 + A.553; 264; 323; 360 Goethe, Johann Wolfgang von: 39f. A.118 Goldenes Vlies: 82 Gordianus II: 290 Götterkampf/-kämpfe: 158; 285 A.921; 488; 522  s. auch Giganten, Gigantomachie und Titanen, Titanomachie Grabepigramm/-inschrift: 148f.; 300 + A.979; 348 Gräzisierung(sprozess): 173; 301 Grosser Bär: 252 Gürtelraub: 184–186; 218; 219 A.654 Hades: 149; 160f.; 183 A.516; 269; 300 A.979; 330 A.1083; 358; 395; 453; 462; 464; 520 Hagenbuch, Johann Kaspar: 26 A.60 Halitherses: 299 hapax legomenon: 33; 49 + A.159; 59–61; 63–66; 68; 76 A.262; 157f.; 162; 209 A.611; 211 A.622; 212f.; 223; 235; 241f.; 252; 259; 282; 305; 360; 397; 399; 408; 436–439; 462; 467; 472; 486; 495 + A.1633; 505; 522 + A.1714 Harmonia: 240 + A.764; 411; 555 Harmothoe (Amazone): 107; 222–224 Harpalion: 502

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7. Register

Harpyien: 194; 452f. + A.1522; 455 Hauptstadt  Reichshauptstadt Hebe: 307 Hebräisch: 20 Hegesias (Ependichter): 80 A.278 Hegias (Ependichter [oder Agias]): 80 A.278 Heinze, Richard: 30 A.81 Hekate (Amazonenname): 223 Hektor  Schleifung Hektors Heliaden: 229f. Helikon: 76 Helios (Sonnengott): 226 + A.702; 230 A.725; 233 A.735; 276; 315 A.1032; 418; 477 A.1590; 480; 490 Hellanikos: 182 + A.513 Hellenismus, hellenistisch: 31; 48f. + A.155; 50 A.161; 77 + A.266; 86; 88 A.298; 157; 180 + A.505; 202; 221; 248; 255; 333; 359; 366; 426; 436f.; 455 A.1535; 486; 517; 519 Hellenozentrismus: 110 Hendiadyoin: 223 Hephthemimeres: 179; 193; 216; 234; 238 A.757; 260; 319; 329; 339; 436; 449 Herakles: 75 + A.258; 112; 150; 153 + A.414; 154 A.419; 168 A.470; 175 A.494; 183–187; 190; 218; 219 A.654; 234; 285 + A.920; 287; 307; 355; 411f.; 418; 422; 504f. Hermann, Gottfried: 15; 26; 29; 35 Hermeneutik: 37 + A.109 + A.110; 43 A.134; 54 Hermione: 310 Hermos (Fluss): 73 Herodian: 377 + A.1266 + A.1270 + A.1271; 399; 523 A.1716 Herrscherikonographie: 153 A.414 Hesperiden: 414 Heterodiegetisch: 93 + A.312; 193 Heteroklitikon: 305 Heterosexualität: 110 Hexameter-Paraphrase: 19 Hiat(vermeidung): 47; 177; 194; 221 A.667; 224; 260; 281; 310 + A.1014; 394 A.1330; 446 Hiketaon (Bruder des Priamos): 284 A.918 Himeros (Gott): 245; 307 Hinterglied (Wortbildung): 151; 173; 220; 222f. + A.684; 224 A.690; 263; 278; 305; 318; 360; 377; 394; 398 A.1339; 408; 427; 436; 438; 494 Hippodameia (Troerin): 101f.; 106; 115; 117; 509; 521 A.1712; 526

Hippokoon: 496 Hippokrates, Hippokratische Schriften  Corpus Hippocraticum Hippolyte (Amazone[n], Amazonenname[n]): 103; 169; 175; 179 A.504; 181–187; 218 + A.651; 222 + A.674; 235; 424; 454; 554f.; 557 Hippolytos: 186 + A.529; 554 Hipponoe: 222 Hippothoe (Amazone): 107; 218; 222; 224 Hippothoe (Tochter von Nereus und Doris, Nereide): 222 Hippothoe (2 andere mythische Figuren): 222 + A.675 Hippothoos (4 mythische Figuren): 222 + A.676 histoire: 93; 114f.; 117 Historiographie: 209 A.610; 328 Holodaktylus: 444; 473 Homerallegorese  Homerphilologie Homerexegese  Homerphilologie Homerische Formelsprache: 46f.; 50–52 + A.167 + A.173 Homerizität: 54–63 Homerlektüre: 159 A.437 Homerphilologie: 49; 64f. + A.228; 151 A.407; 207 A.595; 257; 358 A.1192; 368; 377; 394 A.1330; 395f.; 421; 430; 439; 441; 496; 515 Homerus novus: 12; 39 A.116; 318; 485 Homodiegetisch: 18; 93 + A.312 Homoioteleuton: 489 Homonymie: 431f. + A.1457 Homosexualität: 111 Hopliten: 423 + A.1420 Horen: 103; 195; 226; 228–231; 234f.; 254 Humoralpathologie: 271–273 + A.876 Hybris: 104; 111 + A.342; 117; 174; 206; 294; 323 + A.1058; 326f.; 387; 459f. Hydruntinus (Codex): 12 A.7; 13; 24; 118; 148f.; 160; 172; 210; 393; 485 Hygin: 187; 218 Hyllos: 190; 345; 482 A.1605 Hymnenparodie: 487 Hyperbaton: 262 Hyperbole: 197; 314 Hyperion (= Helios): 230; 315 A.1032 Hyperion (Titan, Vater des Helios): 226 + A.702 Hypsipyle: 247; 249 + A.796; 265 Hyrieus (Enkel des Atlas): 219 Ida(gebirge): 108; 140; 475; 479f. Identifikationsangebot: 87; 89; 117

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7.2 Namen- und Sachregister Identitätsdiskurs: 112 + A.346; 115 Identität(sstiftung): 86f.; 89f.; 112 A.347; 114 Idiosynkrasie, idiosynkratisch: 18; 29; 45; 375; 468; 517; 526 Idomeneus: 105; 224; 345; 351 A.1162; 389 A.1304; 434f.; 518 Ikonographie, ikonographisch: 153 A.414; 226; 229; 288 A.933; 294f. + A.954; 423f.; 442; 454 Ilissos: 450 Ilos (Vater des Laomedon): 284 + A.917 Imbrios: 154f. imitatio: 40 A.123; 77; 78 A.269; 144; 180; 253 A.806; 330 A.1081; 333f.; 345; 347; 378; 408; 464  s. auch aemulatio; imitatio cum variatione; imitatio Homeri imitatio cum variatione: 40 A.123; 48f. + A.155; 61f.; 64 A.225; 66; 144; 175; 234 A.743; 322; 394; 422; 472; 525  s. auch aemulatio; imitatio; imitatio Homeri imitatio Homeri: 66; 172; 501  s. auch aemulatio; imitatio; imitatio cum variatione Improvisation: 87 A.294 incensio navium: 312–314 Initialposition  Initialstellung Initialproömium: 74f.; 77; 138 A.365; 144; 146; 152 Initialstellung: 296; 419 A.1413; 469 A.1577; 487; 489 Innerer Monolog: 104; 329 A.1078; 333– 335; 337 Ino: 241 + A.766 Insel der Seligen: 65 A.228 Inspiration: 71; 76; 138 Interne Ana-/Prolepse  Analepse, analeptisch; Prolepse, proleptisch Interpolation: 168 interpretatio Homeri: 49 + A.160; 61–69 Invektive  Schmährede invocatio: 476f. + A.1588; 482  s. auch Gebet; pars epica; preces Io: 414 Iolaos: 235 A.746; 306 Ionisch, Ionismus: 373; 377 + A.1269; 390 A.1309; 393 A.1325; 400 + A.1352; 417 A.1406; 523  s. auch Altionisch Ioxeia (Amazonenname): 223 Iphikrates: 423

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Iris: 344; 383; 389 A.1305; 503 Iteratives Imperfekt (-σκ-): 191 + A.543; 246; 417; 444; 516 + A.1694 Iterativsuffix (-σκ-)  Iteratives Imperfekt (-σκ-) Iterattechnik  Iteratvers(e) Iteratvers(e): 56–60; 62; 146; 179f.; 202 A.580; 204 A.587; 233f.; 236 A.753; 254 A.808; 255; 257; 266; 276; 299; 302; 305; 318f.; 320 A.1048; 322; 330; 333; 341; 343; 347; 353; 359; 363; 366; 369; 375; 376 A.1261; 384; 407f.; 461 A.1553; 479 A.1594; 497 A.1642; 509; 517 A.1696; 518; 521 A.1713; 522; 527 A.1739 Jahrhundertwende: 29f. Jason: 176; 179f. + A.505 + A.506; 192f. + A.552; 206f.; 237; 244f.; 249 + A.796; 383; 386; 411; 419; 486; Jesus: 55 Johannes Chrysostomos: 287 Johannes-Evangelium: 19 Jörgensen’s law: 520 Jungfrau, Jungfräulichkeit: 180 A.506; 184; 197 + A.562; 201f.; 209 A.608; 230; 238 A.755 + A.757; 241 A.765; 247–249 + A.796; 420; 424 Kabeiros (troischer Aliierter): 105 Kaiserzeit, kaiserzeitlich: 12; 14–16; 19; 39 A.117; 48; 55; 83; 88 A.298 + A.299; 282; 328; 469; 486; 495; 519; 526 A.1736 Kalais: 450; 453; 504  s. auch Boreaden Kalchas: 14–16 + A.19; 346; 500 Kallimachos: 76–78; 83 Kalydonische(r) Eber(jagd): 189; 221 Kalypso: 233; 267; 372 A.1245 Kampfparänese: 98f.; 101f.; 104–107; 506– 509; 519; 525f.  s. auch dissuasio und suasoria Kanon: 88 Karthago, karthagisch: 237; 424 Kassandra: 152 A.412; 193; 245; 277; 310; 335 A.1107; 364f. A.1213; 400; 414; 443; 460f.; 465 Katalogdichtung: 74; 103; 216–218  s. auch Amazonenkatalog; Nereiden(kataloge); Ozeaniden(kataloge); Schiffskatalog Kaukasus: 426 Kebriones: 338 A.1120; 399 Kehmptzow, Franz: 30

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7. Register

Kelaino (Amazonenname[n]): 218; 219 A.654 Kelaino (Tochter von Atlas und Pleione, Atlantide): 219 Kerberos: 464 Ker(en): 102f.; 164 A.455; 193; 342; 380 A.1281; 388; 448f.; 460; 484; 493; 527 Keydell, Rudolf: 30f.; 34 Kilikien, Kilikier: 330 + A.1082 Kirke: 192 + A.552; 233; 342; 378; 510 Klagemonolog: 324; 335 Kleinasien: 105; 169–171 + A.480; 454 A.1533 Kleodaios: 306 Kleomede: 234 Klonië (Amazone): 98 A.325; 105; 219f.; 224 Klonië (Nymphe): 219 Klonios (Boioter): 219 Klonios (Nebensohn des Priamos): 219 Klytaimestra: 440 A.1492; 478 Klytios (Bruder des Priamos): 284 A.918 Köchly, Hermann: 27; 29f.; 43–46; 64; 118; 552 A.1742 Kokondrios: 399f. Kolcher, Kolchis: 82; 180 A.505; 245; 276; 332 Kollektive Bedeutsamkeit: 110 A.337 Kollektives Gedächtnis / Kulturwissen: 16; 35; 83; 110; 189; 553 Kollektivrede: 104; 106; 507–509 + A.1672; 516f. Kolluthos: 45; 417 A.1408 Komitativ: 261 + A.834 Kompensationstechnik: 59 Konjekturalkritik: 47 Konjunktiv und Optativ, Rückgang von: 44 + A.135; 180f.  s. auch coniunctivus pro optativo Konstantinopel: 16f.; 70 Kontamination (linguistisch; motivisch): 65; 159; 172; 183; 281; 406; 454; 457; 500; 523; 525 + A.1724 Konzertredner/-rhetorik: 89 A.303; 274; 299 A.974  s. auch Deklamation, Deklamator Krankheit, krank (Erkrankung): 39 A.118; 266–275; 278 A.898; 281; 283 + A.912 Kreuzung: 157 A.426; 209; 268; 299; 330 A.1081; 408; 438 A.1477; 525 A.1724 Kriegsmetapher: 501 A.1656; 512; 514 + A.1686 Kristeva, Julia: 36f.

Kronos: 390; 494 A.1632 Kultische Reinigung  Entsühnung Kulturelles Gedächtnis: 16; 35; 189; 299 A.974; 388; 553 Kunstbildung: 215; 221; 311; 523 Kunstform  Kunstbildung Kydoimos (personifizierter Gott des Kampfgewirrs): 342; 463f. Kyklop(en): 148; 320 A.1047; 329 A.1078; 469  s. auch Polyphem Kyprisch: 390 A.1309 Kypros: 458 Kyrill von Alexandria: 235 Laertes: 179; 225 A.695 Lakonien: 223 Lampos (Bruder des Priamos, Sohn des Laomedon): 284 A.918; 285 A.920 Lampos (Pferd der Eos): 228 Landschaftsbeschreibung: 13 A.15 Laogonos: 480 Laokoon: 25f.; 41; 265 A.852; 272f.; 275; 283; 364; 502 Laokoon-Episode: 26 Laokoongruppe: 25f. Laomedon: 109; 252; 284–287; 348 A.1151; 479 Laryngalprothese: 394 A.1330 Laskaris, Konstantin: 12 A.7; 13f.; 24f. Leander (Figur bei Musaios): 374; 398 lectio difficilior: 160; 369 A.1233 lector doctus: 61; 69; 143; 275; 299; 405; 411; 517; 521  s. auch πεπαιδευμένος/-οι (Kap. 7.3) Leerstelle: 65 + A.229; 74; 144; 182 Lehrdichtung: 55 A.185; 69; 77; 481 A.1598 Lehrs, Franz Siegfried: 27 Leichenspiele (für Achilleus): 71; 89 A.303; 142f.; 270 + A.874 Leiodes: 490 Leitmotiv: 174; 289; 312; 322; 442; 444; 466; 500 Lemnierinnen, Lemnos: 265; 295; 340 A.1127; 364 A.1211 Leopardenfell: 406 A.1373 Lesbos: 555 Lesches (Ependichter): 80 A.278 Leto: 146 A.385; 198 A.564; 306 A.999; 398; 470; 555 Leukippe (Figur bei Achilleus Tatius): 243 A.779 Lévi-Strauss, Claude: 95; 189

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7.2 Namen- und Sachregister Lexikographie, lexikographisch: 49; 274 A.884; 495 A.1633; 496; 523 A.1716 Libanios: 328 Libyen: 169; 171 + A.480; 494 A.1632 Lichtmetapher/-phorik: 196; 232; 233 A.735; 251f.; 254; 270; 286; 405 Lieblingswort: 51 A.167; 58 + A.201; 60f.; 157; 164; 166; 188; 216; 339; 463; 469; 512; 518 little master cup: 423 Lotophagen: 305 Löwenfell: 153 Löwengleichnis: 152–155 Lukian von Samosata: 12; 17; 86 Lykaon (Sohn des Priamos): 288 + A.934; 289 A.936; 340; 374 + A.1250; 401; 448; 490 Lykien: 297 Lykos (Sohn von Hyrieus und Klonië): 219 Lykurgos (Thrakerkönig): 439 Lysias: 182 + A.513 Machaon: 147; 184 A.520; 277–279; 342; 354; 490; 554 Maiandros (Fluss): 105 Makedonien: 454 Mansur, Melvin W.: 30 Manuel Philes: 469 Märchenwelt, märchenhaft: 269; 305 Mark Aurel: 15f. + A.28 Marpe (Amazonenname): 218 Martyrer, Martyrium: 21f. + A.45 Maskulinität, maskulin: 112f. + A.346; 268; 336; 445; 519 Mausoleum: 109; 286 Medizin(schriftsteller): 265 A.853; 270–275; 279–282; 350; 408 A.1378  s. auch Galen aus Pergamon und Corpus Hippocraticum Medusa: 494 A.1632 Meges (Grieche): 105; 152; 158; 385 Mehrwissen: 316; 519f.; 525 Melanippe (Amazone[n], Amazonenname[n]): 184–186; 218; 235 + A.747; 554 Melanthios: 399 Melantho (Magd des Odysseus): 391 Meleagros: 189 Menalippe: 185 A.525  s. auch Melanippe Menippos (Grieche): 105; 224 Menoitios (Vater des Patroklos): 158 Menschenbild: 110 Meriones (Grieche): 105; 224; 435; 480; 518 Mestor (Sohn des Priamos): 288

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Metadiegetisch: 93 + A.312; 297 Metamorphose: 493f. + A.1632 Metanalyse: 380 A.1282; 394 A.1330; 431; 485 Metrik, metrisch: 15; 43f.; 47 + A.150; 50f. + A.166; 147 A.390; 162; 213; 224f.; 393 Metrikreform  Nonnianische Metrikreform Metrische Dehnung: 146; 202 + A.578; 382 A.1290 Metrische Determinanten: 50f. A.166 Metrische Dublette: 51; 210 Mimas: 412; 430 Minyas, Minyer: 494 mise-en-abyme: 72 A.251; 117; 141; 143; 183 A.519; 238; 331; 455f. Mittelschicht: 12; 86 A.293; 274 Mnemosyne: 144 + A.379 Monacensis (Codex): 24; 27; 314 A.1029 Morgentraum: 396f. Motionsfemininum: 485; 519 Mündlichkeit: 50 Musenanruf: 71; 73f.; 139; 144; 152  s. auch Μοῦσα(ι) / μοῦσα(ι) (Kap. 7.3) Musenweihe: 12; 73; 76f.  s. auch Dichterweihe sowie Μοῦσα(ι) / μοῦσα(ι) (Kap. 7.3) Musische Agone: 89 A.303 muta cum liquida: 162; 225 Mygdon (König der Phryger): 168 A.468; 555 Mykenisch, Mykenismus: 54 A.178; 263 Myrmidonen: 108; 190; 265; 312 A.1019 Mysien: 190; 330; 504 Mythische Präfiguration  Präfiguration Mythologem: 189 Nacherzählung: 11 Nastes (troischer Aliierter): 105 Nausikaa: 178; 197; 201f.; 226; 233 + A.737; 237 Nebenform: 49; 213; 215; 248 Nekrolog: 161 Nektar: 244; 279 Nekyia (= Odyssee 11): 478 Nemeischer Löwe: 153 Neologismus: 45f.; 55; 63 A.221; 65f.; 241f.; 305; 408; 440; 467; 472; 496; 525 Nereiden(kataloge): 217f. + A.647; 222–225 + A.681; 233f.; 256; 452 + A.1524; 503  s. auch Katalogdichtung Nereus: 222

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7. Register

Niemeyer, K. A. E.: 30 Nikander: 138 Niobe: 105 Nonnianische Metrikreform: 15 + A.22 Nonnos von Panopolis: 15 + A.21; 19; 23; 55 + A.185; 69f.; 162; 242 + A.774; 394; 408; 489 A.1622 Nordafrika: 169; 171 A.480  s. auch Libyen Nostos: 269 A.872; 298f. Nullsignal  Leerstelle Nykteus (Sohn von Hyrieus und Klonië): 219 Nymphe(n): 144 A.380; 159; 217; 219; 223 A.681; 229; 234; 240; 256; 360; 494 A.1632; 508 A.1672; 555 Nymphomanin: 227 Oberschicht: 86 A.293; 87; 348; 441 Oineus: 456f. Oinone: 33 A.94; 283; 335; 400; 513 A.168 Okeanos: 72 A.251; 172f.; 219; 227f.; 370; 452 A.1522  s. auch Ozean Onetor: 480 Oppian d.Ä. (Halieutica): 15f. + A.28; 17; 23; 138 Oppian d.J. (Cynegetica): 17; 154 A.418 oppositio in imitando: 40 A.123; 48; 50; 62; 64 A.225; 66; 207 A.595 orality  Mündlichkeit oral poetry: 34; 50; 52 A.173; 55f.; 222 Or(e)ithyia: 104; 172; 185 A.525; 450; 452f.; 455–457 Orestes: 189 Oribasius: 350 Orion: 227 A.709 Ornithomantie: 498–500  s. auch Vogelzeichen Othryoneus: 277; 310 Otrere/-a (Mutter der Penthesileia): 187 + A.530; 218 A.651; 240; 554–557 Otreus (König der Phryger): 555 Ovid: 30f. Ozean: 207; 227 A.707; 366f.; 370 + A.1237; 374 + A.1251; 426  s. auch Okeanos Ozeaniden(kataloge): 217 + A.647  s. auch Katalogdichtung Paley, Frederick A.: 29f.; 35 Pammon (Sohn des Priamos): 289 A.93 Pandareos: 222 Pandaros: 351; 385 Pandora: 229; 234; 411

Panhellenismus: 86f. Panhoplie (Rüstungsszene): 57f. + A.195; 96; 104; 401–407; 409; 413; 415f.; 420; 422; 428; 430; 432–434; 438f.; 442 Panthoos: 318 Papponym: 22 Papyrus Bodmer  Dorotheos/-oi Paradigma, paradigmatisch: 113; 153; 226; 287; 323; 330f.; 372f.; 398 A.1342; 405 Paralepse: 519 A.1705; 521 A.1711; 525 + A.1725 Parenthese: 47 Parnass: 241 + A.766 Parrhasianus (Codex): 24; 27 Parry, Milman: 34; 50f. pars epica: 476f. + A.1588  s. auch invocatio; Gebet; preces Paschal, George W.: 30 Patriarchat: 110 Patronymikon: 145f.; 225; 278 A.896; 284 + A.918 306 A.999; 330; 359 Peisandros (Troer): 440 Peisandros von Laranda (Dichter): 81 A.280 Peisistratos (Sohn des Nestor): 318 Peisistratos (Tyrann von Athen): 423 Peitho: 229 A.721 pejorativ: 338 A.1117; 463 Pelion (Gebirge): 320; 321 A.1051; 352 Peloponnes: 154 A.418 Peltasten: 422f. + A.1420 Penelope: 154 A.419; 178f. + A.503 + A.504; 198 + A.564 + A.565; 258; 280; 286; 299; 430; 458 A.1548; 476 A.1588; 487 Penetration: 456 Penthemimeres: 47; 193; 202; 319; 354; 413; 449 perfectum defectivum: 262 Performanz: 53 A.173; 85 + A.291 Peripetie: 96f.; 99; 107; 115; 224; 313; 467 Peripherie: 111 + A.339; 170; 245; 406; 451; 456f.  s. auch Randphänomen Periphrase, periphrastisch: 282; 490; 492 + A.1628 Persephone: 218; 520 Perser(kriege): 90; 112; 450 persona  dramatis persona Personifikation, personifiziert: 105; 144; 203 A.585; 205 A.588; 208 A.605; 226–228 + A.714; 233; 239f. + A.761; 245; 280; 339; 340 A.1126; 342; 380f.; 420; 450f.; 453; 469f.; 496

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7.2 Namen- und Sachregister Pferdegleichnis: 418–420 + A.1412 + A.1414; 435 Phaethon (Pferd der Eos): 228 Phaiaken: 143; 267; 269 Phaidra: 186; 554 Phemios (Sänger): 77 A.267; 490 Phereklos: 410 Pheres: 356 + A.1186 Phereus (Grieche): 469 Philippis (Amazonenname): 218 Philoktet: 142; 147; 245; 261; 270 A.874; 283; 331; 364 + A.1211; 410; 412; 428; 430; 448; 464; 489; 503 Philon Judaeus: 258 Philoponos, Johannes: 81 A.280 Philostrat: 17; 88; 167; 348 A.1148 Phineus: 194; 453; 524 Phlegra: 412 Phobos (personifizierte Furcht): 339; 340 A.1126; 460; 470 Phoibe (Amazonenname): 218 Phoibe (Mädchenname): 414 Phoinix (Achilleus’ Erzieher): 113 A.350; 297 A.965; 300; 350; 354; 356f. A.1188 Photius (byzantinischer Patriarch): 80 A.275 Phrixos: 259 Phrurer (Volk): 411 Phryger, Phrygien: 167f. + A.467 + A.470; 234; 555 Phylake (Stadt): 347 Phylaken (Volk): 105 Pilumnus: 455 + A.1537 + A.1538 Pindar: 63 A.221; 138 A.365; 220; 242 + A.772; 495 pistis: 477; 490 Platz, C. F.: 28 + A.71; 35 A.105 Pleiaden: 230; 426f. Pleione (Okeanos-Tocher): 219 Pleonasmus, pleonastisch: 286 A.925; 440 + A.1491 + A.1492 plot: 553 Plotin: 12 Podaleirios: 184 A.520; 270 A.874; 277– 279; 283; 319 A.1041; 354; 436 Podarge (Harpyie): 452 A.1522 Podarkes (früherer Name des Priamos): 285 A.920 Podarkes (Phylakenführer): 105; 109; 224 poeta doctus: 64 A.228; 213 Poetizität: 52; 54f.; 56 A.189; 57; 61 A.212; 78 Polemusa (Amazone): 107; 220; 224 Polis: 110; 178 A.500

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Polites (Sohn des Priamos): 289 A.937 Poliziano, Angelo: 25 Pollianos: 83; 84 A.288 Polydeukes: 235 A.746 Polydoros (Sohn des Priamos): 288 + A.934; 289 A.936 Polymestor: 387 Polyneikes: 183 A.516 Polyphem (Kyklop): 153; 320 A.1047; 329 A.1078; 438; 466  s. auch Kyklop(en) Polyphemos (Argonaut): 190 Polypoites (Grieche): 105 Polyxena: 113 A.350; 142; 332; 396; 482; 484 Populärrezeption: 35f. Porphyr: 12 Positivismus, positivistisch: 41 + A.124; 44; 172; 457f. A.1544 Possessivkompositum: 65; 220 A.663; 241f.; 305; 360; 398 + A.1339; 416; 469 praenomen: 11f. Präfiguration: 17 A.33; 90; 112; 141; 238; 467 A.1571; 500f. preces: 476f. + A.1588  s. auch invocatio; Gebet; pars epica Priapus: 290 primary narratee: 102 primary narrator-focalizer: 102; 116 A.357; 315; 461 primum comparandum (Bildempfänger): 195; 203 + A.585; 205; 253 A.805; 268; 270; 272 Produktionsästhetik: 38 + A.115; 110 Progymnasma: 328 Proitos: 297 Proklos (Chrestomathie): 80f. Prolepse, proleptisch: 30; 52 A.170; 53 + A.174; 59 A.202; 69 A.239; 71 A.247; 93f.; 102f.; 106; 140f.; 145; 147; 163; 176; 254 A.808; 294; 313; 316–318 + A.1034; 321; 325; 328; 331 + A.1086; 337; 380; 460–462 + A.1552; 499; 504 Prometheus: 331 A.1088; 477 A.1590 Proömium  Binnenproömium; Initialproömium; Musenanruf Protesilaos: 347f. + A.1148; 441; 458 Prothoe (Amazonenname): 218 Prototyp(isch): 24; 93; 98; 183 A.516; 401 Psilose: 258 Pulydamas: 235 A.746 + A.749; 319 A.1041; 441 Pylier (Volk): 447

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7. Register

Pythia: 241 + A.766 Python (Schlange): 379 A.1280 Quellenforschung: 30; 78f.; 85; 92; 115; 457f. A.1544; 552 + A.1742 Quellenfrage(n)  Quellenforschung Quellenkritik  Quellenforschung Quellnymphe(n): 555  s. auch Nymphe(n) Quintus Calaber: 13f.; 24 Quintus Sulpicius Maximus: 329 Rachegöttinnen  Erinnyen Rahmenkomposition: 163; 358 A.1192 Randphänomen: 111 A.339; 170; 423  s. auch Peripherie Rarität(encharakter): 49 A.159; 57; 59; 63; 151; 164; 242; 318; 339; 359; 389; 446– 448; 485; 495f.; 526  s. auch Glosse (Rarität) recusatio (refutatio): 16; 42; 55; 57; 83f.; 335; 363; 389 Redeeinleitung: 327; 337 + A.1113; 516f. + A.1693 Referenzfeld: 139; 145 refutatio  recusatio Regenbogen: 253–255; 259 Reichshauptstadt: 16 Renaissance: 24f. + A.56; 35; 40 + A.119 Repetivität: 54–62; 166; 526 Retardation, Retardierendes Moment: 96f.; 106; 115; 117 reworking: 74 Rezeptionsangebot: 66; 69 Rezeptionsästhetik: 38; 110; 114f. Rezeptionsbedingung(en): 70; 99 A.331 Rezeptionshorizont: 38; 39 A.117 Rhapsoden(dichtung): 50; 278 Rheia: 202 A.580 Rhesos: 414; 422; 491f. Rhetorische Matrix: 42; 52; 54 Rhodomann, Lorenz: 14–16 + A.16; 26; 28; 79 A.270; 248f. Rinder des Helios: 315 A.1032 Ringkomposition, ringkompositorisch: 71 A.247; 95–97; 358 A.1192; 380; 433 rite de passage: 183 Romantik: 39f. A.118; 54; 216 Romulus und Remus: 16 Rückblende: 93; 141 Rundschild  πέλτη (Kap. 7.3) Rüstungsszene  Panhoplie San Niccolò di Casoli: 13; 24 Sardonisches Lächeln: 332 A.1093

Sarpedon: 192; 280; 285 A.921; 346; 354; 503 A.1661 Sauromatiden: 555 Schadenfreude: 316; 399f. + A.1348; 444f. Schiffskatalog (der Ilias): 73f.; 76; 82; 216f.; 277; 278 A.896; 418  s. auch Katalogdichtung Schildbeschreibung: 70–72; 75; 164 A.456; 175 A.494; 186; 411; 471; 481  s. auch Ekphrasis Schlafes Bruder: 380 + A.1281 Schleifung Hektors: 140; 158f.; 181; 326; 355f. Schmährede (Invektive): 99; 101f.; 106– 109; 153; 279; 287; 328 A.1072; 340; 420; 442; 445 Schönheitsideal: 223 A.681; 233; 360 Schultext: 54 A.177; 69 + A.240; 79 A.270; 87 Schwab, Gustav: 35f. Schwestermord: 181; 182 A.515; 184; 193; 195; 243  s. auch Entsühnung und Verwandtenmord secondary narrator-focalizer: 461f. secundum comparatum (Bildspender): 197f.; 203f. + A.585; 227; 253f.; 268; 272; 281 Selbstidentifikation/-definition: 86 Selbstvariation: 48f. + A.155; 62; 66; 165; 175; 248f.; 322; 394; 493 A.1629; 512 Selene (Mondgöttin): 197; 203 A.584; 208 A.605; 209 A.608; 226 + A.702; 230 A.725; 233f.; 447 A.1508 Selenehymnos, homerischer: 203 + A.585; 233 Semele: 482 A.1606 Semi-christlich: 19 Semi-pagan: 19 Seneca d.J.: 30 Sentenz(en)  Gnome(n) Sex(ualität), sexuell: 111 A.340; 207; 227 A.709; 456  s. auch Asexualität; Heterosexualität; Homosexualität Sidonier (Volk): 422 Simoeis (Fluss[gott]): 426 A.1437; 480 Singularität: 54–62 Sinnpotential(e): 38f.; 83 Sinon: 41; 90 A.306; 409 Sinon-Laokoon-Episode: 41 Sirius (Hundsstern): 207; 282 A.908; 426 Sizilien: 471 Skäisches Tor: 324; 327; 358; 484f.

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7.2 Namen- und Sachregister Skamander: 68; 140; 145; 158; 367; 370 A.1236; 499 Sklave(n), Sklaverei: 14; 21; 303; 349f.; 359; 378; 380  s. auch Versklavung Skopelian: 17 + A.36 Skythen, skythisch: 169f.; 406 A.1373; 423 A.1425 Sodano, Angelo Raffaele: 30 Solymer (Volk): 354 Sophrosyne  σωφροσύνη (Kap. 7.3) Soranus: 350 Sphragis: 18; 22; 70; 72 Spitzner, Franz: 29 Sprechakt(theorie): 53 A.173 Sprechender Name: 22; 195 A.555; 219 + A.653; 224 A.690; 453 Staatsversion: 16f. + A.33; 42 Stasinos (Ependichter): 80 A.278 Statius: 25 Stemma: 24 Sthenelos (Grieche): 105; 150; 453 A.1525 Stoa, stoisch: 32; 72 A.251; 238 A.757; 239; 388 A.1301 Stockholm-Syndrom: 350 Strabon: 167; 287 struggle: 113 Struve, Carl Ludwig: 29 Struve, Jacob Theodor: 29 Strymon (Fluss): 454 suasoria: 101; 106; 477  s. auch dissuasio und Kampfparänese Subarchetypus (Codex): 24; 118; 149; 160; 172; 177; 210; 393; 485 Südrussland: 169 Sukzessionsmythos: 348 supplicatio: 291 A.945 Syllogismus: 343 Taccone, Angelo: 30 Tarenghi, Paolo: 28 Tautologie: 148 Tekmessa (Amazonenname): 218 Tekmessa (Gattin des Grossen Aias): 350 Telamon (Amazonenbezwinger): 185 A.523; 235 A.747 Telemachos: 146; 148; 179 A.503; 189f.; 283; 300 + A.981 + A.982; 346; 391 + A.1313; 487 Telephos (Vater des Eurypylos): 297 A.967 tertium comparationis: 205; 254; 268; 270; 301; 453 testudo: 381f.; 471 Teukros: 270 A.874; 319 A.1041; 428

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Theano (Troerin): 101f.; 107; 115–117 + A.358; 286; 498 Thebanischer Sagenkreis: 81 Thebe (hypoplakische): 330f. + A.1082 + A.1086 Theia (Mutter der Eos): 226 + A.702 Themis: 198 A.564; 228 Themiskyra: 170f. + A.479; 185 A.526; 245 Theodor von Asine: 17f.; 32 Theoklymenos: 280 Theophrast: 258 Thermodon: 169–172; 185 A.526; 223f.; 245; 424; 454 + A.1533; 456f. + A.1543; 554f.; 557 Thermodossa (Amazone): 105; 223f. Theseus: 112; 185–187; 221; 554f. Thestorides (Ependichter): 80 A.278 Thoas (König der Aitoler): 98 A.327; 270 A.874; 507; 517; 519; 521 Thraker, Thrakien, thrakisch: 104; 169; 171f. + A.484; 222; 422 A.1419; 423f.; 450–458; 504; 555; 557 Tiber: 14f. A.19 Tierkreiszeichen: 229f. Tisiphonos (Sohn des Priamos): 289 A.93 Titanen, Titanomachie: 226; 306 A.999; 390; 470–472 + A.1582  s. auch Götterkampf/-kämpfe und Giganten, Gigantomachie Tithonos: 227 + A.707; 232 A.732; 366 Tmesis: 160; 191 + A.548 Tocharer (Volk): 411 Todesomen: 104; 474; 478; 486; 506 Todesprolepse: 103; 460f.  s. auch Prolepse, proleptisch Todessehnsucht: 289 + A.940; 349 + A.1156 Totenklage: 217; 324–326; 328; 336; 346– 350; 379; 517 Tourlet, René: 28 Toxoanassa (Amazonenname): 223 Toxophone (Amazonenname): 223 Tragische Ironie: 292 translatio Homeri: 66f. + A.234 trickster: 114 Triphiodor: 15 + A.25 + A.26; 23; 45; 64 A.228; 84; 417 A.1408 Trithemimeres: 164; 175; 179; 200 A.572; 202; 329; 339; 389; 413; 436; 468; 485; 510 Troilos (Sohn des Priamos): 288; 289 A.936; 290 A.942 Tros (Sohn des Alastor): 317 Tros (Vater des Ilos): 284 A.917

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7. Register

Trugtraum: 66–68; 104; 386f.; 396f.; 399  s. auch Unheilstraum sowie οὖλος ὄνειρος (Kap. 7.3) Turnus: 153 A.416; 183 A.519; 219; 402 A.1361; 414; 419f.; 455 + A.1538 Tychsen, Thomas: 13; 16; 26f.; 29 Tydeus: 109; 225; 317; 490; 494 Typhoeus: 438 Typische Szene(n): 47; 55; 57; 401 + A.1355 Tyros: 12; 20 Tzetzes, Johannes: 11; 13; 23 Unheilstraum: 57; 104; 317; 362; 364; 366; 380f.; 396f.; 506  s. auch Trugtraum sowie οὖλος ὄνειρος (Kap. 7.3) Univerbierung: 263 Unterschicht: 274; 391 unwriting: 42 varia lectio: 214 A.632; 224; 257; 302 A.988; 367 A.1224; 373 + A.1248; 377 A.1268; 379; 436 A.1475; 438 A.1479; 450 A.1517; 477 A.1590; 481 A.1598; 526 variatio Homeri: 66 + A.234; 147 A.390; 172 Verbaladjektiv: 348; 494 Verbales Rektionskompositum: 65; 305; 322; 398 + A.1339 verbum dicendi: 276; 391 + A.1314 + A.1315 verbum sentiendi: 276; 497 A.1641 Vergewaltigung: 184 + A.521; 364 A.1213 Vergil: 16; 26; 30f. + A.85; 39 + A.116 + A.117; 41f.; 52; 90; 267; 402 Versethopoiie: 328f. + A.1077  s. auch Ethopoiie Versifikation(stechnik): 51f. Versifizierungen: 328 Versklavung: 106; 295  s. auch Sklave(n), Sklaverei Verwandtenmord (paricidium): 182–184; 189; 192; 553  s. auch Entsühnung und Schwestermord Vian, Francis: 27–34 Viersäftelehre: 271 + A.876 Visio Dorothei  Dorotheos/-oi Vogelomen  Vogelzeichen

Vogelzeichen: 64; 104; 260; 467 A.1571; 474; 498–500; 502 + A.1659 Vokativ: 482f. + A.1609 Volksetymologie: 173; 455 A.1537 Volksversammlung: 98; 178; 299 Volutenkrater: 442 Vorderglied (Wortbildung): 173; 205 A.588; 220; 222f.; 241 + A.768; 278; 305; 318; 408; 472; 496 Wahrtraum: 387; 396f. Way, Arthur S.: 28 Weinspende: 474 Weissagevogel: 500 A.1655; 501 + A.1658 Weltordnung: 111; 471 A.1582; 472; 477 wenn-nicht-Situation: 117 A.358 Werkbeginn: 70f.; 138; 181; 510 Werkeinheit (von Ilias und Posthomerica): 53; 71f. + A.245; 92 A.311; 144; 152; 161; 325; 327; 331; 360 Werkimmanenz: 11; 13; 33 Widdergleichnis: 465–468; 500 Winkler, Martin: 29; 45 wir-Gefühl: 139 Wirkungsabsicht(en)  Wirkungsintention(en) Wirkungsästhetik: 38 Wirkungsintention(en): 23; 78; 514 A.1687 Wirkungspotential(e): 23; 38f.; 78; 83 word frequency studies: 62 A.220 Wortneuschöpfung  Neologismus Xanthos (Fluss): 14f. A.19; 204; 247; 513 Xanthos (Pferd): 357; 452 + A.1522 Xenophon: 154 A.418; 422 A.1419; 491 A.1625 Zenodot: 210 A.619; 296 + A.960; 343 A.1136; 459 A.1549 Zentralbibliothek Zürich: 26 A.60 Zephyros: 451; 452 A.1522 Zetes: 450; 453; 504  s. auch Boreaden Zeus Idaios: 479f. Zeuxippos: 70 Zimmermann, Albert: 27; 29; 118 Zitatcharakter: 68 + A.235 Zweite Sophistik: 17; 33; 38; 64f. A.228; 84; 110; 112 + A.346 + A.347; 114; 117; 159 A.437; 273–275 + A.881 + A.883; 299 A.974; 316 A.1034; 328f.; 348 A.1148; 496 Zypern  Kypros

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7.3 Griechische Wörter

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7.3 Griechische Wörter Dieses Verzeichnis umfasst eine Auswahl griechischer Wörter, die weder über das Stellen- noch über das Namen- und Sachregister gefunden werden können. ἀάατος: 522; 525 A.1724 ἀγών: 114 ἀείδειν: 143 ἄητος: 65 Αἶσα / αἶσα: 106; 265 A.855; 342f. + A.1135 + A.1136; 420; 450 + A.1518; 461; 481 ἄλλος ῞Ομηρος  Homerus novus (Kap. 7.2) ἀμαλός: 264 ἄναξ: 14 + Anm. 18 ἀξίνη: 440 ἀοιδή: 76f. ἀπὸ κοινοῦ-Konstruktion  Kap. 7.2 ἄρχεσθαι: 143; 144 Anm. 381 ἀττικίζειν: 87 A.295 ᾿Αχίλλεια: 142; 161 ᾿Αχιλληίς: 142; 161 βρέμειν: 221 γλαυκῶπις: 65 A.229 γραμματικός: 79 A.270 Δαρδανίδης: 284f.  s. auch Dardanide(n) (Kap. 7.2) δέρκεσθαι: 286 δημιοεργός: 278 δύναμις: 91 Anm. 309 ἐγκύκλιος παιδεία: 274f. ἐγκώμιον: 142 εἴπεσκε(ν): 516 + A.1694 ἔλεος: 316 ἐπιδείκνυσθαι: 274 ἐπιδεικτικὸς λόγος: 274 ἐπίδειξις: 274 ἐπικερτόμησις: 399f. ἐπικήδειον: 142; 202 εὔανδρος: 220 εὐήνωρ: 220 ζήλωσις: 78 A.269  s. auch aemulatio (Kap. 7.2) ἠθοποιία: 328 + A.1074  s. auch Ethopoiie (Kap. 7.2) κάλλος: 229 καλοκἀγαθία: 236; 445 A.1504 Κῆρες  Ker(en) (Kap. 7.2) κλέος: 181; 482

κλόνος: 220 κοινή: 48 + A.152 + A.153; 78; 181 Κόϊντος: 11 + A.5; 19 A.41; 183 A.518 κρυερός: 394–396 κρυόεις: 394–396 Κύϊντος: 11; 18; 19 A.41 κυνέη: 428 Κυντιάδης: 19 + A.41; 22 Λαομεδοντιάδης: 251f.; 284f. + A.918 λυγρός: 340 A.1130 μεγάθυμος: 239 μεγαλήτωρ: 239 μεγαλόφρων: 338 A.1117 μέλδεσθαι: 264 μελέτη: 87 Α.294; 113  s. auch Deklamation, Deklamator μελίη: 319–322; 352 μεσότης: 294 μίμησις: 78 A.269  s. auch imitatio (Kap. 7.2) μνησᾶσθαι: 144 μορόεις: 65 μόρον: 431–433 + A.1463 μόρος: 430–433 Μοῦσα(ι) / μοῦσα(ι): 73f.; 76; 138; 144 + A.380; 146 A.385; 332; 380 + A.1284; 483  s. auch Musenanruf und Musenweihe (Kap. 7.2) νόμος: 115; 343 νόστος: 269 A.872  s. auch Nostos (Kap. 7.2) ξείνιον  Gastgeschenk (Kap. 7.2) ῾Ομηρικώτατος: 25; 35; 40; 54 ῾Ομηρικώτερος: 193; 263 ὅπλων κρίσις: 114 ὄρρος: 486 οὖλος ὄνειρος: 57; 68; 362–365; 378; 380f.; 383; 386; 396  s. auch Trugtraum und Unheilstraum (Kap. 7.2) παλίνορσος: 64 πέλεκυς: 440 πελτασταί: 422f. + A.1420 πέλτη: 422–425; 454 A.1532

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7. Register

πεπαιδευμένος/-οι: 38; 86f.; 90; 112; 274f.; 299 A.974  s. auch lector doctus (Kap. 7.2) περικλυτός: 77 πήληξ: 428 πλῆθος, τό: 86; 112 ποίημα κυκλικόν: 83f. πολλοί, οἱ: 86; 90; 112 πολύμητις: 65 A.229 πολύτλητος: 65 πότνια θηρῶν: 197 Πριαμικαὶ τύχαι: 287–289; 298; 491 προοίμιον: 138 A.365 πρῶτος εὑρετής: 88; 98

σωφροσύνη: 116 A.356; 117; 294; 323 + A.1058; 326 τέχνη: 88 τίνας ἂν εἴποι λόγους: 328f. + A.1078 τρυφάλεια: 428 ὕβρις  Hybris (Kap. 7.2) ὑπεραττικοί: 87 A.295 φιλομμειδής: 243 φόβος: 316 φύσις: 116; 343 χάρις: 229 ὤ μοι ἐγώ: 336 + A.1109 ὢ πόποι: 336 + A.1109 ὥρα: 229

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