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German Pages 280 Year 1853
Preußiſche
Huſaren - Geſchichten von
Julius von Wickede.
Zweiter Theil.
Lincke Leipzig , Friedrich Ludwig Herbig. 1853 .
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Inhalts - Verzeichniß .
Erſtes Kapitel Zweites Kapitel Drittes Kapitel Viertes Kapitel
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+
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Seite . 1
23 57
89
Fünftes Kapitel
112
Sechstes Kapitel
135
Siebentes Kapitel Achtes Kapitel Neuntes Kapitel Zehntes Kapitel
162 189
221 250
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Lincke Erſtes Kapitel.
Eine inenn
beſſeren Plaß um einen ( dyönen , milden Frühlings
abend in luſtiger Geſellſchaft beim Glaſe mit gutem Wein zu
verbringen , wie Fidy ihn hier eben ein zahlreider Kreis froher Trinker ausgeſucht hatte , konnte man in Gottes weiter Welt
faum mehr finden. Auf der abgeplatteten Kuppe eines mäßig hohen Hügels , war unter der dunkelen Laubfrone zweier mächtiger Kaſtanienbäume , die eben in voller Blüthe ſtanden ,
der große Zechtiſch aufgeſtellt, und rings im Kreiſe mit zwar einfachen aber ſonſt ganz bequemen Holzbänken umgeben.
Hochſtämmige Fliederbüſche, deren Blüthen die ganze Luft förmlich mit Wohlgeruch erfüllten , ſchloſſen gleich didyten grünen Wänden den Plaß von drei Seiten ein und gaben
demſelben etwas Trauliches, ſo redit zum Trinken und Plau dern und Singen Einladendes, während man die vierte Seite abſichtlich frei und offen gelaſſen hatte. Es wäre auch in der That ein Unrecht geweſen , grade hier die Ausſidit durch Gebüſch zu beſchränken , denn gar frei und herrlich zeigte fich dieſelbe. Gleich einem großen engliſchen Park, in dem dunkele Baumgruppen mit üppigen Getreidefeldern und hell grünen Wieſen auf eine dem Auge wohlgefällige Weiſe ab wechſelten , breitete ſich der ganze Landſtrich vor dem Beſchauer II .
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aus . Zahlreiche Haufen , theils einzeln unter hohen Baum gruppen halb verſteckt, theils auch zu größeren Ortſchaften, aus denen dann' ſpiße, weiße Kirchthürme hervorragten, ver
einigt , ſchimmerten überall auf dieſer grünen Ebene hervor, ihre Frudytbarkeit wie audy ihren ſorgfältigen Anbau durch menſchlichen Fleiß verkündend. Eine kleine halbe Stunde von dem Fuße des Hügels entfernt , ſchlängelte ſich ein brei
ter, mächtiger Fluß, mit flaren Gewäſſern , die eben von der Sonne nod in hellgoldenem Glanze gefärbt wurden , durch dieſe grüne Ebene , während jenſeits deſſelben vielzackige Berge in bläulich -violetter Färbung den Horizont begrenzten. Der alte Vater Rhein , dieſer Fluß aller deutſchen Flüſſe, war es,
der hier ſid, zeigte , und zu dem Hardtgebirge der bairiſchen Rheinpfalz gehörten die Berge , die einen ſo maleriſchen Ruhepunkt dem Auge darboten. Im badiſchen Lande, dieſem großen Garten Deutſchlands, unfern von Heidelberg , lag näm lich dieſer Hügel, auf dem die luſtigen Zecher ſid) niederges laſſen hatten . Aber nidyt in badiſder Mundart fungen dies ſelben ihre fröhlichen Lieder , ließen ſie ihre Scherze und Wigeleien vernehmen , ſondern nur den edyt märfiſden, hie
und da auch wohl pommerſchen Dialekt, konnte man bei ihnen hören. Huſaren von einem preußiſdien Regimente waren es, die ſich hier niedergelaſſen hatten und mit wohlgefälligem Be hagen fidy bei dem guten Wein , der den Meiſten von ihnen in den heimathlidhen Garniſonen ein ganz unbekannter Genuß war , wohl ſein ließen. Die Inſurgenten , die in wahnwißigem
Aufſtand das Glück ihres von der gütigen Natur ſo übers reich geſegneten Landes zu zerſtören drohten, mit beſiegen zu helfen , waren die Huſaren jeßt in das Großherzogthum Ba den eingerückt. Mit Freude und Dank empfing der vernünf tigere Theil der badiſden Bevölkerung ſolche Erretter von dem wüſten Treiben der Anarchie und ließ es an Aufmerk
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ſamkeiten aller Art für dieſelben nid )t fehlen. Da gab es denn gar oft gar treffliche Quartiere , in denen Rüdh' und Keller Alles darboten, was ſich die Soldaten vernünftiger Weiſe nur wüuſden konnten , und viele derſelben werden es
gewiß in ihrem ganzen Leben nicht wieder ſo gut haben, wie in dieſem Sommer in Baden . Giebt es wahrlich doch nicht allzuviele Bäder in Deutſchland, in denen der Weinſtock ſo volle Trauben und der Boden bei nur einiger Anſtrengung, ſo reiche Früchte trägt , als in dieſen geſegneten badiſchen Gauen .
So hatte auch der Gutsbeſiger, der einen Zug preußi
ider Huſaren am heutigen Morgen zur Einquartierung bes kommen, alles Mögliche gethan, ſich dieſer langerſehnten Hülfe, die ihn aus vieler Sorge und Angſt befreite, gefällig zu er zeigen . Auf den Abend, da der Dienſt gethan war, und die wohlgepugten und gepflegten Pferde behaglid) die volle Felda ration verzehrten , hatte er ſie zu einem guten Trunk ſelbſtge felterten Wein in ſeinem Garten eingeladen. Solcher Ein ladung folgt ein luſtiger Soldat , weldjem Herrn er auch ima merhin ſonſt angehören mag , ſtets gern , und ſo waren denn 1
aud unſere Quſaren jeßt freuzfidel und guter Dinge. Frühere
Befannte , die wir im vorigen Jahre oben in Jütland ver laſſen haben , finden wir jept größtentheils hier wieder vers
einigt. In der Mitte des Kreiſes auf dem beſten Plaß, ſo daß er mit dem Rücken an den Stamm eines Kaſtanienbau
mes fich bequem anlehnen konnte , ſißt unſer alter Freund der Unterofficier Frig Erdmann. Ebenſo wohlausſehend und für jeden auch noch ſo angeſtrengten Felddienſt vollkommen taug licy, wie im vorigen Jahre , finden wir auch jeßt noch den Alten . Der gute leidyte Wein ſcheint ihm zu munden , denn behaglich ſchlürfend lebt er oft ſein Glas an die Lippen und trodnet dann noch, wenn er einen tiefen Zug gethan bat, die 1
pielen Tropfen, die an dem langen, dichten weißgrauen Schnurr: bart ſiken geblieben ſind, mit der Zunge ab , damit nichts von der edlen Flüſſigkeit verkomme. Auch der Taback, mit dem ſein kleiner Pfeifenſtummel mit dem Blücherkopf geſtopft
iſt, ſcheint dem Alten gut zu ſdhmecken und wohlgefällig ſchaut er oft den leidyten blaugrauen Rauchwölfchen nad) , die ſidy
aus ſeinem Pfeifenkopf in den lidten Abendhimmel hinein kräuſeln. Hatte ihm doch audy der Gutsbeſiger von ſeinem beſten Kanaſter ein tüchtiges Pädklein offerirt, da der Alte die dargebotenen Cigarren, welche ſich die übrigen Huſaren trefflich ſdymeden ließen , als eine neue Mode, mit der er in
feinen alten Tagen nichts mehr zu thun haben wolle, ver: ſchmähte. Neben dem alten Grdmann ſigen mehrere uns aus
Jütland ebenfalls nod ; wohlbekannte puſaren , die ſich zu den beſonderen Günſtlingen deſſelben rechnen und ſobald die Ords ! nung des Dienſtes nicht darunter litt - denn wie recht und billig hörte bei Dienſtſaden jede beſondere Freundſchaft auf, einige kleine Freiheiten mehr gegen denſelben erlauben durften. Da war der muntere, ſdhwarzbärtige Huſar, der den Alten immer zuerſt zum Erzählen aufforderte, deſſen Bart noch
ſtärker und das Geſicht nod) braungebrannter geworden war, als im vorigen Sommer, und der junge Freiwillige, der noch im legten Gefecht mit den däniſchen Dragonern die Verwun dung erhalten hatte, und den der Alte damals ſo ſorgſam pflegte , und der andere junge Freiwillige, zu deſſen großer Freude jeßt eben der erſte Flaum die Oberlippe zu färben begann und der Berliner, deſſen Zunge ebenſo redſelig wie ſein Säbel tüchtig im Gefecht war , und der ſtämmige Pom mer , von dem die Hiebe gar gewichtig niederfielen und noch einige Andere mehr. Nur egliche fremde, und unbekannte Ges
ſichter, die wir in Jütland im vorigen Sommer nod nicht geſehen hatten , befanden ſich in dem Kreiſe der Huſaren, der
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wohl einige zwanzig Mann zählen möchte. Junge Rekruten waren es , die erſt im leßten Jahr in Dienſt getreten, es jeßt ihrem großen Wohlverhalten und beſonderer Geſchicklich
feit im Exerciren, zu danken hatten , daß ſie dieſen Feldzug ſchon mitmachen durften . So ein Refrut mußte aber fein ſäuberlich und beſcheiden ſein , und ſich nicht allzuviel oder
gar vorlaut in das Geſpräch der ſchon länger Gedienten ein miſchen , ſonſt ward er wie es ſich gehört gar tüchtig zurecht gewieſen oder nach Umſtänden auch nicht wenig gefobbt und gehänſelt. Gar der alte Unterofficier Erdmann nahm ſich auch in dieſer Hinſicht der Erziehung der Refruten vielfach an und dhalt und brummte ſo lange mit ihnen herum , bis es ihm gelang, einen fixen und propren Huſaren, der fich mit An :
ſtand allenthalben als ein preußiſcher Soldat ſehen laſſen konnte , aus einem ſolchen rohen Menſchenfind zu machen , wie er ſich auszudrücken pflegte.
„ Ja das iſt doch ein ganz vergnügtes Leben ſo im Felde, alle Tage gut zu eſſen und noch beſſer zu trinken zu haben, und dabei auch weniger exerciren zu brauchen wie in der Gar niſon. Kann doch gar nicht begreifen, warum die alten Sof daten, die lange mit im Kriege geweſen ſind, gar ſo gewaltig .
dick damit thun und ſo viel von ihren Strapagen zu erzählen
wiſſen ,“ meinte Einer dieſer jungen Refruten, dem der Wein ſeine Zunge wohl noch mehr gelockert hatte , wie fie ſo ſchon fißen modyte. Aber theuer genug kamen ihm dieſe vorwißigen Worte , die der alte Erdmann mit ſichtlichem Mißfallen anges hört hatte, zu ſtehen .
„ Was wollen Sie, junger Gelbſchnabel, fich ſchon unter ſtehen , über Krieg ein Wort mitzuſprechen ," brummte der ihn an .
,,Bilden Sie ſich ſchon ein , weil Sie hier ſo ein Paar
Tage mit herumgejuckelt ſind , daß Sie jeßt ſchon das große Maul haben und über einen ordentlidyen Krieg mitſprechen
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können . Ja, das glaube idy, wenn es im Kriege immer ſo bequem wäre , wie jeßt hier und es immer ſo gute Quartiere gäbe , wie wir ſie nun haben , dann wäre es für einen Sol daten leicht Krieg führen und alle Kerle würden ſich bald ſo 1
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dide Bäuche anfreſſen und ſo rothe Geſichter anſaufen, daß
man ſie Gott ſtraf mir , eher für Bierbrauermeiſter wie für preußiſche Huſaren halten müßte. Wartet nur , bis Ihnen
die Sdywarten einmal vor Hunger ordentlich knacken und der Magen ſo dünn wird , daß kaum noch genug Löcher in der 1
Säbelkuppel ſind, um ſie enger zu machen, dann können Sie auch erſt ordentlich vom Kriege und was der für einen Sols daten zu bedeuten hat , mitſprechen.
Ja ſo ein Plaiſir-Leben,
als wir es jeßt in den Paar Tagen, die wir nun in das Bas diſche eingerückt ſind, geführt haben , das fann wohl ein Jes der leicht aushalten . Aber dann muß man auch noch nicht ſo einen Schnickſchnack wie Sie eben machen und ſo recht wie ein alter Soldat vom Kriege ſprechen wollen, das fönnen Sie ſich merken."
Da hatte denn der Rekrut ſeinen tüchtigen Treffer abbes kommen , und für heute Abend genug daran. Ganz kleinlaut geworden , denn wie es ſtets bei ſolchen Fällen zu ſein pflegte, 1
batten die anderen Kameraden ihn dazu noch recht tüchtig
ausgeladyt , bli&te er in ſein Glas hinein und wagte für mehs rere Stunden den Mund nicht wieder offen zu machen. Der
alte Erdmann verſtand es auch zu gut , jungen vorlauten Bürſdíleins die nöthige Beſcheidenheit beizubringen und ein wahres Glück war es für Alle, die viel mit ihm in Berührung kamen.
„ Ja das will ich wohl glauben, Vater Erdmann , daß es ſo in einem ordentlichen , großen Krieg ganz andere Stra pagen für die Soldaten giebt, als wie wir ſie bisher noch
gehabt haben , " nahm jeßt der Schwarzbart das Wort, während
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der Alte feine Pfeife, die ihm bei ſeinem Schelten vorhin ausgegangen war , mit Stahl und Feuerſtein wieder in Brand zu ſeben ſich bemühte.
„ Ja darauf kannſt Du ſchwören (der Schwarzbärtige als beſonderer Liebling des Alten wurde von demſelben ſtets mit dem wie früher gewohnten Du noch angeredet) in einem ſo
recht großen Krieg , da giebt es für einen Huſaren oft nicht wenig durchzumaden , und Pferd wie Menſch müſſen ſchon
tüchtige Knochen haben , wenn ſie dabei immer munter au den Beinen und gut für den Dienſt bleiben ſollen . Krieg führen iſt kein Kinderſpiel, ſo viel habt Ihr hier in Baden und im vergangenen Jahr in Jütland, auch wohl ſchon ges merkt. Aber was iſt das gegen die Feldzüge von Anno 12 und 13 und die anderen folgenden beiden Jahre." ,,Wiffen Sie, Vater Erdmann, Sie ſollten nur die Güte
haben , uns wieder etwas von den großen Kriegen , die Sie fdhon alle mitgemacht haben , zu erzählen , wie Sie es im vorigen Sommer in Jütland oft gethan haben. Das hört fich gar zu vergnüglich an und die Zeit geht dabei herum , man weiß nicht wie,“ ſagte der Sd )warzbart. ,,Ja, Vater Erdmann, erzählen Sie wieder ein Bisdien, erzählen Sie , wir ſigen jept gut beiſammen und es muß fich ſo recht plaiſirlich von einem
großen Kriege hier anhören
laſſen ," riefen von allen Seiten nun die Huſaren .
,,Ia Kinderfens, wenn Ihr es denn wollt und ich Euch
einen Gefallen damit thue, dann will ich wieder ſo wie vorige jährig zu erzählen anfangen ,“ ſchmunzelte der Alte , dem es im Grunde nidyt wenig ſchmeidelte, wenn die Huſaren ſeinen Erzählungen gern zuhörten. ,,Das iſt gut von Ihnen , Vater Erdmann, und erlauben Sie, daß ich Ihnen vorerſt wieder Ihr Glas vollſchenken darf," meinte der ältere Freiwillige, dem Alten wieder einſchenkend.
,,Na ſo will ich denn wieder den Anfang machen . Aber
ſagt mir Kinderfens, wo habe ich denn eigentlich im vorigen Sommer in Jütland aufgehört. Wißt, ich wollte das Alles gern in ordentlichen Zuſammenhang bringen, wie es ſich ges hört , dann habt Ihr auch gleich eine Geſchichte von all den
großen Kriegen , die wir Preußen ſeit anno 1806 mitgeſdlagen 1
baben , denn mit Gottes gnädiger Hülfe habe ich ſolche alle als ein braver Fuſar, der, wie es ſich gehört , ſeine Schul digkeit gethan, mit durchgefochten ." ,,Wiſſen Sie in Jütland oben bei der Mühle, als ich
den kleinen Hieb im Arm von dem däniſchen Dragoner bes kommen hatte und Sie mich ſo gut pflegten , erzählten Sie uns zulegt. Da hörten Sie damit auf, wie der Major von Schill von den Dänen und Holländern in Stralſund todtge ſchoſſen war, und der Rittmeiſter von Brünnow mit ſeiner Sdwadron die Capitulation nicht annehmen wollte, obſchon
drei feindliche Schwadronen herumſtanden und die Feinde ihn dann auch ohne Weiteres in das Preußiſche abziehen ließen ," antwortete der Freiwillige.
Ja ſo, das iſt richtig, ich merke ſchon, Sie haben meine Geſchichten gut im Kopfe behalten ,“ ſagte der Unterofficier ,,Na fo will ich denn jeßt da wieder hier anfangen, wo ich in Jütland aufhörte. Alſo hört zu.
Als wir dann wieder mit unſerer Schwadron Huſaren unter Befehl des Herrn Rittmeiſters von Brünnow, in das Preußiſche ankamen und bei unſeren ſchwarz-weißen Grenz. pfählen vorbeigeritten waren , da ward uns Aden leicht um das Herz. Viel Glück hatten wir bei dieſem Zuge unter dem
Herrn Major von Schill grade nicht gehabt , ſondern Unglück aller Art genug, doch hatten wir unſere Ehre wenigſtens nicht verloren , ſondern uns bis zum legten Augenblick gegen die Feinde gewehrt , wie es fich für brave preußiſche Soldaten
gehört , und das fonnte uns denn tröſten. Nun waren wir denn wieder glücklich in unſeres Königs Land und konnten in Ruhe erwarten, was der über uns beſchließen würde. Da kamen denn unſere Herren Officiere vor ein Kriegsgeridyt, weil ſie ohne Befehl von Sr. Majeſtät unſerem König " hiebei legte der Alte wieder ſalutirend die Hand an die Stau. müße den Zug mitgemacht hatten. Der Herr General
von Blücher Ercellenz hatte aber den Vorſiß bei dieſem Kriegs gericht, und ſo famen denn unſere Herrn Officiere noch gnäs dig davon , mußten zuvor epliche Monate auf der Feſtung fiken , was als feine Schande betrachtet ward , und konnten 1
dann wieder von Neuem in den Dienſt treten. Wir Soldas ten und Unterofficiere erhielten aber gar keine Strafe, denn wir hatten ja nur gethan , was unſere Vorgeſegten uns bes
fahlen und das war unſere verdammte Schuldigkeit. Unſere Herren Officiere aber hatten mit im Kriegsrathe , den der Herr Major von Sdill abgehalten hatte, abgeſtimmt, und das machte denn gleich einen großen Unterſchied. Ein Officier hat immer mehr Ehre , aber dafür auch eine viel größere Verant lid )feit wie der Gemeine oder Unterofficier , und das iſt denn auch nicht inehr wie recht und billig. So wurden wir denn ohne weitere Strafe entlaſſen und es glüdte mir, daß ich wies der als Unterofficier in das Huſaren -Regiment des Herrn Ges nerals von Blücher Excellenz eintreten konnte. Das war aber 3
dazumalen in den ſchlimmen Zeiten, wo unſer König nur ſo
wenige Soldaten halten konnte, ein großes Glück, und ich hatte es nur meinem früheren guten Betragen bei dem Res gimente zu verdanken, daß man mich als Unterofficier gleichy wieder aufnahm. Brave Kerle gab es dazumalen genug, die gar gern als Soldaten unſerem König gedient hätten, die man aber nicht wieder anſtellen konnte.
Und für Viele der
Herren Officiere, die ihren Abſchied erhalten hatten, da fein
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Geld da war , um ſie Alle bezahlen zu fönnen , fah es erſt recht traurig aus , denn ſie konnten doch nidyt auf Tagelohn arbeiten , wie es die entlaſſenen Soldaten thaten. Ja ! Kins
derkens, das waren gar harte Zeiten für unſer armes Preus Benland und es gab viel mehr ſchlimme Tage als gute. Ueber die Hälfte von ſeinem Lande hatten die Franzoſen Sr. Ma jeſtät unſerm König fortgenommen ; und auch in dem anderen
Theil , der ihm noch geblieben war , wollten ſie die großen Herren ſpielen und überall das Befehlen haben. Und eine
große Kriegscontribution mußte auch noch an dieſelben ges geben werden , ſo daß die Leute bei uns viele harte Abgaben zu tragen hatten , und doch oft kaum Geld genug in den Kaſſen war , um uns die Löhnung immer ridytig bezahlen zu 1
fönnen . Unſere Armee war aber gegen früher ſehr verkleinert
worden , und viele Regimenter hatten ganz aufgehört oder zählten kaum mehr die Hälfte von der Mannſchaft in Reih und Glied , wie vor der Schlacht bei Jena .
So war auch
unſer Blücher’ſches Huſaren -Regiment jeßt nur noch an 4 Schwas dronen mit an die 600 Mann ſtarf, während es ſonſt an 10 Schwadronen und über 1000 Mann gehabt hatte. Da könnt Ihr denn Eudy wohl denken , daß dies ein großer Uns
terſchied war , den auch wir Huſaren recht merkten. Auch eine andere Montirung hatte das Regiment jejzt bekommen, und das ging den alten Huſaren und Unterofficieren nicht wenig zu Herzen. Mein Vater ſeliger, der hat mir oft erzählt, daß zu ſeiner Zeit , als Anno 1758 das hochlöblidy von Bellings
ſche Regiment, was nadyher das Blücher'ſche ward, errichtet wurde , die Huſaren ſchwarze Dolmans und Pelze mit ſchwars
zen Befäßen und grüne Schnüre bekommen haben. Als aber der große ſiebenjährige Krieg zu Ende war, da hatte der hochſelige König Friße Majeſtät - hier falutirte er wieder ehrerbietig - dem Regiment dunkelrothe Pelze und Dolmans
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gegeben , was gar ſchön ausſah. Das hatte es denn getragen bis nach 1807 der Befehl kam , das Regiment ſolle die rothe Montirung abthun , ſobald ſie aufgetragen wäre , und ſtatt deſſen dunkelblaue Pelze und Dolmans anziehen. Nun muß I
es zwar im Grunde ganz einerlei ſein , ob ein puſar einen rothen oder blauen oder grünen Pelz und Dorman trägt,
wenn er ſonſt nur ſeine Schuldigkeit für König und Vater land thut , aber ſo ein Regiment mag doch eine Uniform , die es ſo lange mit Ehren getragen hat , nicht gerne miſſen . Die neue Montirung wollte lange nicht redyt den Huſaren gefallen. und unſer Herr General von Brüder Grcellenz, der hat ſie
ſein ganzes Lebtag nicht auf den Leib gezogen. Bis dahin hatte er ſich ſtets als ein Fuſar getragen , was ihm ganz prächtig ſtand , jeßt aber als die dunfelblauen Pelze und 1
Dolmans auffamen , zog er nur immer ſeine Generalsuniform an. Na jeßt haben auch die Blüdyer'ſchen ihre alte rothe Farbe wieder, und Ihr wiſt ſelbſt, was es für eine Freude
bei den Huſaren-Regimentern gab, als unſeres jeßt regierenden Königs Majeſtät die Gnade hatten zu befehlen , daß alle al ten Huſaren -Regimenter wieder dieſelben Pelze und Dolmans und Kolpacks oder Flügelmäßen , wie ſie ſolche noch unter
des großen Königs Friße Majeſtät getragen hatten , wieders bekommen ſollten. Auch ſonſt ward, als ich wieder in das hochlöblich von Blücheriche Regiment , was nach der neuen Ordnung eigentlich „Pommerſches Huſaren -Regiment“ genannt wurde, eintrat,1 Vieles ganz anders wie früher bei demſelben. Das fam von der neuen Ordnung her , die jegt in der Ars
mee eingeführt werden ſollte, und die gewiß gut war, obſchon unſere Herrn Officiere und auch wir Huſaren ſelbſt uns im Anfang noch nicht gleich ſo recht in all die ungewohnten Dinge finden konnten. Doch hatte Se. Majeſtät unſer Kös
nig es nun einmal ſo befohlen und ſo mußte es geben und
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ging auch nach und nach immer beſſer. Grercirt wurde jeft viel mehr als früher , wo dies bei der langen Dienſtzeit der Soldaten auch nicht ſo ſehr nothwendig war. Jeßt aber, wenn ein Kerl erſt recht auserercirt war , ſo wurde er gleich wieder auf Urlaub geſchickt, und ein Neuer mußte wieder für ihn eintreten und das Gyerciren lernen . Beſonders bei der
Infanterie , wo ja ein Soldat leidyter außeyercirt wird als bei der Kavallerie , war dies in Urlaube - Geſchicke recht im Gange und die Regimenter befamen immer und immer von
Neuem friſche Soldaten wieder, das war denn für die Herren Officiere und auch für uns Unterofficiere keine kleine Plage, alle die vielen Rekruten immer von Friſchem wieder abzurichs ten und faſt den ganzen Tag, von Morgens früh bis Abends ſpät, mußte man dabei in der Reitbahn oder auf dem Grers
cirplaß ſein.
Dies in Urlaub -Geſchide der Ausexercirten
hat aber den Grund darin, daß recht viele Leute in unſerm Preußenlande in den Waffen geübt und zu tüchtigen Solda
ten gemacht werden ſollten, um wenn die gehörige Zeit wieder dazu gekommen wäre, ſo recht mit gegen die Franzoſen logs ſchlagen zu helfen. Da unſer König aber jeßt nur an 40,000 Mann Soldaten halten durfte, ſo mußte man ſchon ſolche Mittel anwenden, dieſelben, wenn der Krieg erſt wieder an , gehen würde, gleich vermehren zu können. Wie es denn Anno 1913 wieder ſo recht vom Friſchen losging und nicht eher
aufgehört wurde, bis der Bonaparte abgedankt hatte, da brachte es denn nicht geringen Vortheil , das gleich eine ſo große Zahl von ſchon vorher tüchtig auserercirten Leuten bei den Regimentern wieder einrücken konnten. Wer weiß ob es ſonſt Anno 13 mit uns Preußen ſo gut gegangen wäre, denn mit der bloßen Begeiſterung, wie ich mir habe ſagen laſſen , daß jeßt ſo einige Herren , die von der Sache nichts verſtehen , meinen ſollen , geht es bei einem Soldaten im Felde allein
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nicht , das Grercitium und die Subordination wollen auch
vorher gut gelernt und eingeübt ſein. So flug ſeid Ihr auch wohl ſchon Kinderfens , daß Ihr dies begreift. Na da wir denn einſahen , daß all' dies viele Ererciren unſerm König
einſt noch von großem Nugen ſein fönne , und wir ohne dem niemals von den Franzoſen loskommen würden, ſo ließen 1
wir uns denn feine Mühe nicht verdrießen und jeder recht:
ſchaffene Soldat vom höchſten Herrn General bis zum lebten
Pfeiferjungen , that nach beſten Kräften ſeine Sduldigkeit. Unſer Regiment ſtand jeßt wieder in ſeinen alten Garniſonen in Pommern , und in dem Lande iſt es immer gut ſein für preußiſche Soldaten , denn die Leute dort find ſehr brav, und an Eſſen und Trinken , wie es fid gehört, fehlt es auch nidyt.
Ich bin zwar für meine Perſon ſelbſt ein Pommer, und darf meine Landsleute daher nicht allzuſehr herausſtreichen , aber das kann ich mit Ehren doch wohl ſagen , daß die pomme de Provinz grade nicht der fdylechteſte Theil von unſerem Preu:
Benland iſt. Auch unſer Herr General von Blücher Excellenz, der alle die Truppen in Pommern kommandirte, und in Star gard ſein Hauptquartier hatte , fam oft zu uns nach Stolpe, wo der Stab unſeres Regiments ſtand , und ließ uns tüchtig vor fidererciren. Donnerwetter das war ſtets eine Freude, wenn unſer Alte , denn ſo pflegten wir þujaren Se. Ercellenz
den Herrn General unter uns zu nennen , an die Fronte unſeres Regiments herangeſprengt fam . Guten Morgen Huſaren ,“ pflegte er dann immer in ſeiner tiefen Babſtimme,
die bis in den legten Zug drang, zu ſagen, „ Na id; freue mir , daß id Euch auch mal wieder vor die Augen habe. Ich hoffe, daß Jeder von Euch immer ſeine Schuldig feit thut, wie es für einen braven Kerl fich gehört , denn wenn auch jest
ſchledyte Zeiten ſind , jo kommen auch wohl beſſere wieder, und dann muß Se. Majeſtät unſer König fich auf ſeine Hu
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aren ſicher verlaſſen können oder das Donnerwetter ſollte dreinſchlagen. Aljo man immer friſd drauf los exercirt." Auch mich erfannte der Alte noch wieder und wie ich ihm zu
erſt unter die Augen fam , jo rief er : ,,Sieh ' Erdmann, biſte
auch wieder da ? wo haſte denn ſo lange geſteckt, als ich Dir bei Lübeck aus dem Geſidyte verlor.“ Als ich nun Sr. Er cellenz das Alles in der Kürze rapportirt hatte , wie ichy es Euch in Jütland erzählt , da ſagte er : ,,Recht haſte gethan, mein Sohn , Du biſt ein braver Kerl , ebenſo wie Dein Vas
ter war und wenn es Dir im Leben mal ſchlecht gehen ſollte, dann kannſt Du Dir man immer dreiſt an den alten Blücher
wenden, der läßt Dir nid)t im Dreck fißen, “ und dabei klopfte er mir auf die Schulter und gab mir einen goldenen Friſe in die Hand und ſagte nod : ,,Da nimm das und vertrinke es mit Deinen Kameraden auf die Geſundheit von Sr.
Majeſtät unſerm gnädigen König.“ Da fönnt Ihr Euch denn wohl denken ,1 Jungens, wie mich das freute, daß der Herr General von Blücher Excellenz mich noch ſo wieder gefannt und gelobt hatte. So fam denn , wie es zu gehen pflegt, unter guten und böſen Tagen, der Anfang vom Jahr 1812 heran. Seßt hieß es ſo mit einem Male wieder, daß anſer Regiment auf den
Kriegsfuß geſeßt und in das Feld marſchirën ſolle. Wir Hus faren , die weiter nicht wußten, - wie es ſonſt in der Welt zul ging, glaubten anfänglich, es folle wieder gegen die Franzoſen losgeſd)lagen werden , und Ihr könnt Euch denken , daß wir
eine große Freude deswegen hatten. noch anders kommen.
Es ſollte aber vorerſt
Nicht gegen die Franzoſen ſollten wir
ziehen , ſondern mit denſelben zuſammen gegen die Ruſſen, ſo hatten die vornehmen, hohen Herren in Berlin, die das
machen , was man ſo die Politik nennt, ein Ding, was ich mein Lebtag nicht verſtanden habe, und was auch wie ich
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mir denfe , für einen föniglich preußiſchen Unterofficier von den Huſaren nicht nöthig iſt, daß er es verſtehe, ausgemacht. Der Bonaparte , der immer feine Ruhe geben konnte, bis er
zuleßt ganz von dem Thron herunterpurzeln mußte, wollte jeßt mit den Ruſſen wieder anbinden , obſdyon dieſelben, wiez man ſagte, ihm gar nid )ts zu Leide gethan haben ſollten . Na der liebe Gott wollte , daß er auf dieſe Weiſe ſo in ſein 1
eigenes Glend laufen mußte ; da der Bonaparte aber glaubte, daß er mit ſeinen Franzoſen und Welſdien allein nidyt gegen die Ruſſen fertig werden könne, ſo mußten der Kaiſer von
Deſtreid und all die vielen anderen deutſchen Fürſten, die den ſogenannten Rheinbund, verdammten Angedenkens, bildes ten , ihm von ihren Soldaten welche zur Hülfe geben und
aud Se. Majeſtät unſer König ein Contingent von 20,000 Mann dazu ſtellen. Ob er das gerne gethan hat, weiß id)
i
nicht, doch glaube idy ſdwerlich), daß dies der Fall geweſen
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ſein wird. So fam denn auch an unſer Huſaren -Regiment der Befehl, daß zwei Schwadronen von demſelben mit nady
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Rußland ausmarſdiren ſollten.
Zwei andere Schwadronen
von dem Brandenburgiſchen Regiment, was ſo die alten Zie then'ſchen Huſaren waren , ſollten mit ſelbigen zuſammen ein Regiment bilden . So ward noch ein Huſaren -Regiment aus je zwei Schwadronen vom erſten und zwei von zweiten
Regiment zuſammengeſeßt, und ein Dragoiter-Regiment und ein Uhlanen-Regiment, und das waren ſo die vier Regimenter Kavallerie, die Preußen zu dieſem
ruſſiſchen Krieg ſtellen
mußte. Die zwei Sdwadronen von unſerm Regiment, die mit mußten , wurden durch das Loos ausgeſucht, und da traf es fid denn, daß es die erſte und dritte Sdwadron war, ſo daß ich auch mitfam . Wir erhielten nocy alle gute Pferde und neue Pelze und Dolmans , ſo daß wir Alle ſo gut für den Krieg ausgerüſtet waren , wie man es nur wünſchen konnte.
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Von all den ſchönen Sachen und Pferden und von den bras
ven Kerlen , die drauf aben , ſind auch verfludit wenige nur aus dem Rußland wieder zurückgekommen. Ich ritt dazumalen einen kleinen Ukrainer Dunkelbraunen, denn wir Huſaren bes famen die Remonte zu jener Zeit noch aus dem ſogenannten Polen . Ein ſauberes Pferd war dies , ſo ſtark und flint das bei , wie es ſich ein Huſaren-Unterofficier im Felde nur wüns
fchen kann. Daß id) überhaupt am Leben geblieben und glück lich mit aus Rußland wieder herausgekommen bin, verdanke
ich mit Gottes gnädiger Hülfe, die freilich das Beſte dabei thun mußte, und den guten Knochen im Leibe, die mir mein Vater ſeliger auf die Welt mitgegeben hatte, zunächſt dieſem tüchtigen Pferde.“ ,,Ihr wißt ſelbſt, Kinderfens, daß die Soldaten ſich im
mer recht freuen, wenn es heißt aus der Garniſon heraus und in den Krieg hineinmarſchiren. Im vorigen Jahr, als es hieß , daß wir nach Jütland gegen die Dänen ſollten, war dies bei uns der Fall, und jegt wieder eben ſo auch als es hieher nach Baden gegen die Inſurgentens ging.. Als
wir aber dazumalen den Franzoſen gegen die Ruſſen beiſtehen ſollten , wollte doch keine rechte Freude bei uns zuſammen aufs kommen. Am Morgen als wir zwei Schwadronen denn aus: marſciren ſollten , und manche Huſaren wohl etwas verdrieß: ſich dreinſaben, und von Singen und Juchen, wie ſonſt ims mer bei ſolchem Ausmarſch der Fall, keine Rede war, ließ uns unſer Herr Oberſt wieder aufmarſchiren. „ Huſaren , “ ſagte
er, ,,Ihr zieht nun in den Strieg und zwar dem franzöſiſchen Kaiſer zur Hülfe gegen die Ruffen. Se. Majeſtät unſer Rös nig haben das ſo zu befehlen geruht und der muß es beſſer wiſſen, wie Ihr und ich es weiß, was gut und vortheilhaft für unſer preußiſches Land iſt. Wir haben als brave Sol: daten nur die uns gegebenen Befehle nach beſten Kräften
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auszuführen und daß Jeder im Regiment dies thue , dafür s werde ich ſchon zu ſorgen wiſſen. Ich hoffe ficher, daß Kei ner von Euch ſich und dem Regiment die Schande anthuen wird , zu deſertiren , denn ein Deſerteur im Kriege bleibt un ter allen Umſtänden ein Hundsfott. Führt Euch alſo nur H
ſo auf , daß die Franzoſen rechte Achtung vor den preußiſchen Huſaren bekommen , und nicht wünſchen , daß ſolche ihnen als
Feinde gegenüberſtehen möchten, dann nüßt Ihr Sr. Majeſtät unſerem Könige und dem preußiſchen Lande und unſerem Res gimente dadurch am Beſten und nun „Hoch lebe Se.Majeſtät
t der König von Preußen," rief er aus, und laut ſtimmten wir,
wie es ſich von ſelbſt verſteht, mit in dieſen Ruf ein und der Herr Oberſt ließ nun in Zügen rechts abídwenfeit, und die blaſenden Trompeter vorauf, zogen wir ſo in den ruſſiden
Feldzug hinein . Wir hatten Alle gehofft, daß wir Preußen wenigſtens zuſammenbleiben würden , denn wenn man unter lauter Landsleuten iſt, die Alle das gleiche Feldzeidien tragen , ſo läßt ſich das für den Soldaten am Beſten fedyten. Der
franzöſiſche Kaiſer aber, der viel von den preußiſchen Huſaren
gehört hatte , wollte ſoldie audy unter ſeinem eigenen Armee corps haben und ſo fam unſer Regiment denn von den übri gen preußiſchen Brigaden ab , und ward mit franzöſiſchen Hus faren und polniſchen Uhlanen in ein und dieſelbe Brigade gethan. Uns Allen und beſonders unſeren Herren Officieren , : war dies freilich nidt recht, allein was follten wir dagegen machen ,1 wir mußten uns dem Befehl wohl fügen. Wir ka men zu der ſogenannten großen Armee , die der franzöſiſche 1
Kaiſer ſelbſt fommandirte und wurden dem erſten Armeecorps
zugetheilt. Unſere beiden Schwadronen von den Pommerſchen
- Huſaren ſtanden auf dem rechten Flügel und die zwei Schwa dronen von dem Brandenburgiſchen Regiment auf dem linken Flügel und ſo machten wir denn ein ſo ſchönes Huſarens II .
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Regiment aus , wie man es fich nur wünſchen fonnte. Der Herr Oberſt von Ozarkowsky von unſerem Regiment, fom mandirte alle vier Schwadronen. Ein ſehr braver Herr Off cier war dies , und es war Schade , daß er in Rußland
bleiben und nicht mehr die Freude von die folgenden Jahre mit erleben konnte.
,,So Kinderkens, da hab' ich Euch denn wieder einen
ganzen Puff erzählt , und nun will ich mal wieder eine Weile aufhören, ſonſt geht mir am Ende noch der Puſt ganz aus ,"
meinte jeßt der alte Erdmann, einen guten Zug aus ſeinem Weinglaſe nehmend , um ſich die Kehle wieder anzufeuchten. Auch die Huſaren folgten ſeinem Beiſpiele und auf die Auf forderung Eines der Freiwilligen , ließen ſie die Gläſer er: I
1
flingen und ſtießen auf die Geſundheit ihres alten Unter officiers Erdmann und daß er noch lange leben und ihnen
nod viele hübſche Huſaren -Geſchichten erzählen möge , tüch tig an.
,,Danke , danke Kinderkens , an mir ſoll es nicht fehlen , und wenn Ihr mir gern zuhört, ſo will id Euch noch vieles erzählen , woraus Ihr wohl was lernen könnt. Da meine Pfeife denn jeßt wieder gut im Zuge iſt, und die Kehle auch nicht mehr trocken, ſo will ich denn auch jeßt wieder anfangen . ,,Am 23. Juni 1812, denn mir ſind die Datums noch gut im Gedächtniß geblieben , da ich es mir immer in meiner
Brieftaſche aufſchrieb , wenn was Beſonderes vorfam , gingen 1
wir über den Niemen und kamen ſo in das ruffiſche Land Sapperment ! was war das für eine Armee , die an dieſem
Tage hier überſegte; viel Schönes habe ich ſchon in meinem Leben geſehen, aber ſo etwas Prächtiges weder vorher noch nachher wieder. Ein Regiment folgte immer dem andern und der lange Zug dauerte viele Stunden fort, als wenn er gar
nicht mehr aufhören wollte. Man hätte es gar nicht glauben
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follen , daß es ſo viel Soldaten in der ganzen Welt nur ges ben fönne , ale wie der franzöſiſche Kaiſer hier ſo auf einem
| Flecť zuſammengebracht hatte. Alle Regimenter hatten ihre
e beſten Uniformen an und die helle Flare Sonne, die am Hims mel ftand, glißerte und funfelte auf den vielen Gold- und Silberſtickereien und Schnüren und den blanfen Küraſſen und den Säbeln und Flintenläufen und Bajonnetten und den
vielen hundert hellgepußten Kanonen , daß einem ordentlich die Augen überlaufen konnten , wenn man längere Zeit darauf fah. Dabei ſpielten die Regimentsmuſiken , von all den vies len Regimentern , die luſtigſten Pärſche und viele Soldaten fangen und juchten , und glaubten jeßt , wo ſie in das ruſſi ſche Land einzögen, würde die Herrlichkeit erſt recht losgehen. 5 Na, die hatten die Rechnung denn auch gar ohne den Wirth 3 gemacht, wie man zu ſagen pflegt. Beſonders was die eigent 1
lichen Franzoſen unter den vielen Soldaten waren, die zeig ten ſich am Luſtigſten und angen am Meiſten , denn ſo die
Deutſchen und Holländer, die hatten denn dody ernſthaftere : Geſichter. Ihr wißt , id) kann die Franzoſen nun einmal nicht
1
1
leiden ,1 und habe auch als Unterofficier von den preußiſchen
Huſaren keinen Grund dazu , aber luſtige Kameraden im Feld find und bleiben es.
Das fingt und lacht den ganzent
Tag, und wenn der .Brodbeutel audy nod ſo leer iſt und der
Magen noch ſo hungrig, die Luſtigkeit hört doch nicht auf. Es hat mir dies immer gut bei ihnen gefallen, denn ich kann es nun einmal nicht ausſtehen , wenn ein Soldat im Felde, ſobald er nicht immer vollauf zu freſſen nnd zu faufen hat, oder das Wetter ein Bisfen ſchlecht , und der Weg (dymußig
ift, gleich den Kopf hängen läßt , und das Maul verdrießlich
zieht als wenn er eine alte Jungfer wär', die feinen Mann bekommen konnte. 2 *
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Bei unſerem Uebergang über den Niemen war übrigens
den ganzen Tag über das ſchönſte Wetter geweſen, gegen Abend aber , da fam ein ſtarkes Donnerwetter heraufgezogen,
wie id nod in meinem ganzen Leben keins geſehen hatte. Es bligte und frachte, als wenn die Welt untergeben ſollte und der Regen platſcherte ſo herab , daß wir auch im Augen: blick bis auf das Hemd quatidenaß wurden . Wirflid, es war ordentlid ) als wenn der liebe Herrgott dem Bonaparte einen
redyt ſichtbaren Fingerzeig vom Himmel geben wollte, ja nicht das ruſſiſche Land zu betreten , da es ihm dort ſehr ſcredit
gehen würde. Nun ſchlecht genug ging es ihm wahrhaftig audy dert , und was von ſeinem Heer am Ende des Jahres 1812 wieder über den Niemen zurückging, ſah ganz anders aus , als die ſchönen Regimenter, die jeßt hinüber gezogen waren .
Wenn aud) die Franzoſen ſonſt ganz gute Soldaten
und ſie allart auf dem Platz und auch voll Courage ſind , wie man ihnen in Wahrheit laſſen muß , ſo konnten wir doch jetzt gleid) ſehen , daß die Meiſten von ihnen ſchlechte
Kavalleriſten waren , die keine Liebe und Anhänglichkeit für ihre Pferde hatten. Als wir ſo über den Niemen berüber
waren , ſtanden große Felder voll grünen Ruggen in der Gegend. Die meiſten franzöſiſden Kavalleriſten, die zu faul waren , für ihre Pferde ordentlidie Fourage anzuſdaffen ivie es fidy gehört , trieben nun die armen Beſtien ſo ohne Wei teres in dieſe grünen , naſſen Roggenfelder hinein und ließen fie darin graſen. Na da war denn die Folge , die nicht aus
bleiben konnte, daß vielen Pferden das naſſe grüne Korn im Magen quoll, und ſie elendiglich daran verreden mußten. So verloren manche franzöſiſche Kavallerie-Regimenter denn gleich bei dem Einmarſch in Rußland viele Pferde. Bei uns Preußen aber war dies nicht der Fall, und wenn wir auch wirklich ſolche faule Burſchen im Gliede gehabt hätten, die
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ihre Pferde nicht wie es ſid gehört , abwarten und füttern moditen , ſo ſitten unſere Herrn Officiere und wir Unteroffi ciere dies doch nicht, ſondern paßten darf auf, daß jeder auch hierin feine Sduldigkeit that. Als den Franzoſen gleich
anfänglid) ſo viele Pferde gefallen waren , fo ließ unſer Herr Rittmeiſter die Huſaren von ſeiner Schwadron antreten und ſagte: „ Ihr ſeht jeßt, was es für Folgen hat, wenn ein Sol
dat ſein Pferd nicht in Obacht nimmt , wie es ſich gehört. 1
Ich will nidyt hoffen , daß ein Huſar von meiner Schwadron
ſein Pferd jemals vernachläſſigen wird, denn dann wäre er ein ſchlechter Kerl , dem man den Dolman ausziehen und zum Teufel jagen ſollte. So Einen hoffe ich aber nidyt uns
ter meinen Leuten zu haben , denn Jeder muß ſeinen Stolz darin ſeken , ſein Pferd ſo gut als möglich in Stand zu hal. ten , ſo daß die Franzoſen ordentlich neidiſch darüber werden müſſen. Die Herren Officiere und die Unterofficiere mache ich aber noch beſonders für die gute Wartung der Pferde in ihren Zügen und Beritten verantwortlich." So ſprach unſer Herr Rittuneiſter und er hatte Recht hierin.
Ein Ravalleriſt
muß im Felde mehr für ſein Pferd wie für ſich ſelbſt ſorgen , und wenn er es in Wartung und Pflege nicht. ſo gut als es nur immer gehen will, hält , und es aus Faulheit vernach
läſſiget, ſo ſollte man ſolchem liederlichen Kerl nur immer
gleich 25 tüchtige Hiebe auf den Stormen geben, denn beſſer verdient er es dann nidyt. Das iſt joo meine, des alten Un
terofficiers Friß Erdmann's Meinung, und ich glaube, ich habe Redyt hierin. Nu wir preußiſchen Huſaren ſorgten denn auch in Rußland nach beſten Kräften für unſere Pferde und blieben
ſo länger wie alle anderen franzöſiſchen Kavallerie -Regimenter, ſo ziemlich beritten. Wenn uns nach und nach audy faſt alle
Pferde vor Hunger und Müfigkeit umſtürzten, und faſt gar feine wieder mitzurückgebracht wurden , ſo war dies wahrhaftig
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nicht unſere Sduld.
Auf den Beinen mußten fie Tag und
Nacht ſein , und Futter konnten wir ihnen nicht geben , denn wo nichts iſt , da hat ſelbſt der Staiſer ſein Recht verloren ,
wie man zu ſagen pflegt, und ſo mußten die armen Beeſter denn nach und nach wohl jämmerlich zu Grunde gehen . Mit
Tannennadeln haben wir zuleßt oft unſere Pferde nocy ges füttert , und vor þunger fraßen ſie dieſelben ſo haſtig als wenn es der ſchiere Hafer geweſen wäre , bis ſie dann ſtürz ten. Ja ſo ein Pferd das hat im Kriege viel auszuſtehen, und doch weder Ehre noch Lohn dafür, und darum muß man es audy gut behandeln und nicht unnüß anſtrengen und mal
traitiren , das fönnt Ihr Refruten da unten Euch auch gleid hinter die Ohren ſchreiben , denn weldie von Euch glauben, daß ſie Wunder was rechts find , wenn ſie ihre Pferde tüchtig ſporniren und in die Höhe ſpringen laſſen , ſobald ſie in ein
Dorf oder eine Stadt hineinreiten und die Mädchen zum Fenſter hinausſehen. Solche unnüße Spornirerei macit aber den tüchtigen Huſaren wahrhaftig nicht aus , und die Sonna tagsreiter , die ſo des Sonntags auf den armen Miethg 1
gäulen berumjudeln , thuen dies am Meiſten und bilden ſich fogar ctwas Ordentlidyes darauf ein.
Doch Kinderfens da geht juſt ſo der Mond über der Gde vom Berge auf , und wenn ſich auch die ganze Gegend
hier ſehr ſchön in ſeinem Scheine wieder jeßt aušnimmt, ſo . glaube id; dody, daß es inunmehr Zeit iſt, daß er uns auf unſere Streu leuchtet," meinte der Alte.. „ Morgen iſt auch wieder ein Tag, zumal wir hier einen Raſttag halten ſollen , und da iſt denn wieder Zeit genug zum Erzählen .“ Mit dies ſen Worten ſtand er auf, leerte ſein Glas noch vollende,
klopfte bedächtig die Pfeife aus , und begab ſich in den Stall, um ſeiner unabänderlidhen Gewohnheit nach noch ein Mal nad, den Pferden zu ſehen , bevor er fich fein Nachtlager auf 1
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der weichen Streu , die für die Huſaren alle auf der Scheus nendiehle bereitet war , aufſuchte. Einige Huſaren blieben wohl noch eine kleine Weile bei einander fiken , goſſen die
Weinreſte aus allen Flaſchen zuſammen, um noch zuleßt die Gläſer möglichſt voll zu füllen , beſahen die Gegend, die vom bleichen Lichte des Mondes beleuchtet, neue Reize jeßt ſehen ließ, folgten dann aber audy nidyt lange darauf dem Beiſpiele des Alten und der anderen
Kameraden .
Tiefe Stille und
Einſamkeit war daher bald auf dem Plage, wo eben noch ſo
friſches fröhliches Leben geherrſcht hatte, und ungeſtört konnte die Nachtigall in den nahen Büſchen ihr ſüßes Lied des Friedens ertönen laſſen .
Zweites Siapitel.
Schon am Morgen in aller Frühe blies der Trompeter
der Huſaren ſeine Morgenreveille, und heulend, ſtimmten alle Hunde des Hofes in dieſe ihnen ſo ungewohnten Klänge mit ein . Da redte und ſtreckte es fich denn bald auf der großen Scheunendiehle, auf der die Huſaren in den mannigfachſten Biegungen des Körpers , noch ſchlafend umherlagen, ưnd Mancher rieb ſich noch recht müde mit der Hand die Augen und hätte noch ſo gerne ein Stündchen oder wenn es auch . deren zwei geweſen wären, auf der weichen Streu noc ført geduſſelt. Der alte Erdmann aber wie immer zuerſt munter
und auf den Beinen, litt ſo etwas nicht, und ſein kräftiges „ Na auf , auf, habt Ihr nicht den Trompeter blaſen gehört,
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oder ſoll man Jeden am Ende noch gar aparte weden , als
wenn er ein vornehmer Herr wäre , der ſich ſeinen eigenen Kammerdiener hielte,“ trieb auch die Schläfrigſten bald auf .
die Füße. Am nahen Brunnentrog, in dem ein klares Waſſer bineinrieſelte, wurden Hände und Geſicht jeßt gewaſchen , die Haare mit dem kleinen Taſchenfamm von Stroh und Staub
geſäubert, und dann ging es, was für jeden ordentlichen Kas valleriſten immer das erſte Geſchäft des Tages ſein muß, in
die Ställe zur Wartung und Fütterung der Pferde. Leiſe wiehernd begrüßte dort wohl manches treue Roß ſeinen Rei ter , drehte den ſchlanken Hals um , und ſchaute ihn wohlge:
fällig mit den dunkelen , glänzenden Augen an. Auch ein un: geduldiges Scharren mit den Vorderfüßen ließ ſich hie und da von einem Roſie wohl vernehmen , wenn deſſen Wärter
mit der Futterfiepe etwas länger ausblieb , während die Nach barn deſſelben auf beiden Seiten den Hafer ſchon zermalmten. Da die Ställe ziemlich eng , der Hof aber hell und geräumig war, und die Morgenſonne gar ſo freundlich daniederſchien, fo zogen bald die meiſten Huſaren ihre Pferde mit Bewilligung der Unterofficiere zum Pußen dorthin hinaus. Ueberall an Riegeln und Wägen , oder wo ſich ſonſt nur eine ſchidliche Gelegenheit dazu finden wollte, mit den Halftern angebunden,
ſtanden die hübſchen, ſchlanken Huſaren -Pferde nun auf dem ſelben umher. Die Hemdärmel weit zurückgeſchlagen , die Bruſt meiſt frei, waren die meiſten Huſaren bei ihren Thieren
beſchäftigt, eifrig Striegel und Kardätſche zur Reinigung der ſelben handhabend. Der Eine pfiff fich den alten Deſſauer Marſch mit ſeiner kräftigen Melodie zur Arbeit , der Andere fummte ein luſtiges Soldatenliedlein vor fich hin, der Dritte ſchmeichelte ſeinem etwas kigeligen Pferde, was die Striegel
unter dem Bauche oder an den Füßen nicht gut annehmen wollte 1, und daher unruhig hin und her zu trippeln anfing,
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mit freundlichen Morten. Ließ auch wohl hie und da ein un
geduldiger gujar einen halblauten Fluch hören , wie nun das im Soldatenleber nicht anders vorkommt, ſo waren dod ſonſt
Alle heiter und guter Dinge, und das Ganze zeigte ein ans ſprechendes Bild militairiſdier Regſamkeit und Thätigkeit. Auch der alte Erdmann , der überall herumging, das ordentliche Pußen ſeiner Leute zu überwachen , jah ſo friſch und munter aus ., und zeigte troz ſeiner hohen Jahre audy on äußers lich ſo recht den tüdytigen Soldaten , daß es wirklid) eine
Freude war , ihn in ſeinem ganzen Thun und Treiben näher zu beobachten. Wohlgefällig ſah auch der Beſiger des Hau jes , den die Reveille ſo früh geweckt hatte, dieſer munteren und dabei doc) ſo militairiſch ordentlichen Thätigfeit ſeiner
Einquartierung zu . Bei einer Abtheilung der Reiterei der badiſchen Inſurgenten 1,. die vor ein paar Tagen erſt bei ihm einquartiert geweſen, war es freilich anders zugegangen . Fluchen und Toben und wüſtes Durcheinanderſdyreien , ohne daß Jes mand recht Ordre dabei pariren wollte , hatte da den gan.
zen Tag über faſt fortgedauert und die Reiter fümmerten ſich mehr um die vollen Weinflaſchen wie um die ſorgſame Pflege
und Wartung ihrer Pferde. War daher kein Wunder, daß dieſe armen Thiere auch bald ſchlecht genug ausſaben und in wenigen Tagen gar arg zuſammengeritten wurden .
Und als nun jeßt die Fuſaren mit dem Pußen und Füts tern zwei und dem
und Tränken ihrer Pferde fertig waren , was wohl an Stunden gedauert haben möchte, da wurde gar fröhlich mit gutem Appetit das einfache Frühſtück verzehrt. Nach Eſſen aber gab es für die Meiſten gar vielerlei kleine
Geſchäfte, wie fie ein Soldat im Felde an einem Raſttage
ſonſt immer nöthig hat. Der Eine pugte ſeinen Säbel wies der blanf und ſcharf, der Zweite ſchraubte ſeine Piſtolen aus. einander, dieſelben gehörig nachzuſehen , Andere hatten an
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Sattel oder Zaumzeug etwas herumzuthun , während noch wieder Andere gar dem Schneider in’s Handwerk pfuſchten , und die Knöpfe oder Nähte ihrer verſchiederken Uniformsſtücke einer gründlichen Beſichtigung unterwarfen. So ein tüchtiger Soldat muß alle ſolche kleine Geſchicklichkeiten verſtehen , wenn er ſeine Waffen und Kleider und ſonſtigen Sachen im Felde immer ſtets gut in Ordnung halten will. Nun hat Einer nur etwas aufmerkſame Augen und nicht gar zu ungeſchickte Hände, ſo lernt er ſo etwas gar bald von ſeinen älteren Kameraden
oder den Unterofficieren. Da der Morgen ſo hell und ſchön, und der Gartenplaß ſo geräumig und freundlich war , hatten die meiſten Fuſaren ihre kleinen Werkſtätten nach dem Plage, auf dem ſie geſtern Abend ſo luſtig zuſammen tranfen und
fangen, hinverlegt. Die mannigfachſten Scenen reger Thätig
keit, oft von Wipen aller Art und fuſtigem Lachen unter brochen , konnte man hier jeßt zuſammen ſehen. ,,Nun wie wär's denn, Herr Unterofficier, wenn Sie wie:
der die Güte hätten , uns etwas zu erzählen , dabei geht die 1
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Arbeit dann viel raſcher von der Hand,“ meinte der ſchwarz
bärtige Huſar, der kreuzweiß mit bloßen Beinen ſich auf das dichte, weiche Gras geſebt hatte , und mit regem Eifer die Nadel hin und herfahreu ließ, einige Schäden an ſeiner alten Reithoſe wieder zu verſtopfen. Und als nun die übrigen Hu faren ihre Bitten mit dieſer Aufforderung vereinigten , da zierte fich auch der alte Erdmann nicht ſo lange wie eine junge Mas dame , die man zum Singen erſt gar lange bitten muß, wenn ſie audi ſelbſt faum den Augenblick erwarten kann, ihre Geſchicklichkeit loszulaſſen.
„ Man erſt friſches Feuer zur Morgenpfeife angeſchlagen ," meinte er, „ und dann fann die Erzählerei da wieder an fangen , wo wir geſtern Abend aufhörten. Alſo paßt uf
Jungens , und Ihr da beim Säbelpußen madyt nicht ſolchen
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i unnüßen Lärm , ſo daß die Auderen gut hören können , ohne s daß ich nöthig habe mir die Lunge zu dreien . rullend de aus dem Leibe
Na als wir denn ſo ein Paar Tage verft im
von Land
weiter marſdirt waren , ſo famen wir aud) in die Gegend von
Wilna , und da hieß es , daß der franzöſiſde Raiſer am an Pa
a d
deren Tage über uns und nod viele andereRegimenter eine I große Revue abhalten wollte. Biel Arbeit batten wir bei dies
ſer Nachricht, und in dem Bivouak , was wir in einem klei
nen Tannenwald, wie mir noch recht gut erinnerlich iſt, auf : ſchlugen, gab es die ganze Radyt fat genug zu pubert und herumzuwirthſchaffen . Bei dem argen Staub und den ſtarken
Märſchen , die wir ix letzter Zeit gehabt batten , jaben wir ſchon etwas ſchmußig aus und wollten uns mun gerne, To gut es man irgendwie angeben fóunto, wieder techt propre maden .
Immer ſo viel es nur virgendwie ſic ) thun läßt,
möglichſt propre und ordentlid, in allem zu ſein, muß fich jeder tüdytige Solbat beſtreben , und wenn man Truppent :
fieht, die famierig und lotterig umherlaufen , ohne daß die
Noth dies mit ſich brachte, fann man ſchon immer ſicher an nehmen , daß fie auch ſonſt nicht viel taugen . So etwas ſollte
der Bonaparte aber nicht von uns preußiſchen Huſaren ſagen, denn obſchon er uuſerem Lande viel Leides ſdon gethau hatte, $ war er für den Augenblick doch unjer Obergeneral, unter deſſen Befehle Se. Majeſtät, unſer König , uns jegt ge ſtellt hatte.
Viele ſchöne Regimenter, Infanterie und Artillerie, Dra= goner und Küraſſiers und Lanciers und Chaſſeurs, und wie die Franzoſen alle ihre Kavallerie ſonſt nødy nennen , mußten
| hier in Wilna jegt vor dem franzöſiſchen Kaiſer vorbeiziehen. ,, Þaltet Gure Pferde ſcharf in Zügel und Sdenfel, Leute, und fißt ſtramm und feſt in den Sätteln, daß der franzöſiſche 1 Staiſer und ſeine Generale Neſpect vor den preußiſden Hus
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faren bekommen , " ſagte unſer Herr Oberſt noch zu dem Res gimente , bevor wir in die Stadt zogen . Na da fönnt Ihr Euch denn wohl denken, Kinderkens, daß wir uns recht ſtramm und feſt in Pojitur fepten , um unſerem Regimente Chre zu
machen. Von all den Kavallerie-Regimentern , die an dem Tage vor dem franzöſiſchen Kaiſer vorbeizogen, iſt ganz ges wiß auch feins beſſer und feſter geſchloſſen vorbeigekommen, wie das unſrige, obſchon von unſeren Pferden ſchon manche etwas matt und müde wegen der ſchlechten Fourage und der
großen Märſche waren. Da id, als Flügelunterofficier am rechten Flügel des vierten Zuges ritt , und wir mit Zügen im Sdiritt vor dem franzöſiſdien Kaiſer vorbeidefilirten, ſo hatte ich denn ſo recht Gelegenheit mir ſelbigen genauer an zuſehen. Das that ich denn audy , denn obſchon er nicht als
guter Freund gegen unſer preußiſches Land gehandelt hatte, ſo war er doch ein großer , berühmter General, und ſo einen fieht ein Soldat immer gern mal von Geſicht zu Geſicht fidh Ein kleiner, etwas ſtarfer Mann war es , mit einem ein
an .
Bischen gelbem Geſicht, in dem ein Paar gewaltige Augen blißten. Sein Anzug war ganz einfach, und hatte er nur eine Dunkelgrüne Uniform an , wie ſie ſeine Chaſſeurs von der Garde trugen ohne Goldſtickereien, und einen kleinen ſchwars zen put ohne irgend einen Federbuſch , dazu weiße Kaſimirs boren und hobe ſchwarze Stiefel. Al die vielen Generäle und Stabsofficiere und Adjutanten, wohl über Hundert an der Zahl, die hinter ihm hielten, die trugen hingegen ſo viel Gold und Stickereien an ihren Uniformen, daß es ordentlich
in der Sonne blißte und funkelte. Das Pferd, was der französ fiſde Kaiſer ritt , war eine kleine Falbe und daſſelbe ſtand bei all’ der lärmenden Muſik und dem Trompetengeſchmetter ganz ruhig und unbeweglich da , obſchon ihm die Zügel auf dem
Halſe lagen. Ein guter Bereiter muß es geweſen ſein , der
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es ſo zugeritten hat. Die geſchloſſene Haltung von unſerem Regiment und das feſte Reiten von uns Huſaren, mußte dem franzöſiſchen Kaiſer gefallen haben , denn er wandte kein Auge I von uns ab , und ſchien ſelbſt die geringſten Kleinigkeiten das 1 bei zu beachten. Sonſt ſah er ſehr böſe uud grimmig aus, 1 und dankte faum mit dem Kopfe, als unſer Herr Oberſt und 14 die anderen Herrn Officiere beim Vorbeireiten mit dem Säbel vor ihm ſalutirten, wie es in der Ordnung war. Dies finſtere 1 Dreinſehen ſoll aber einen eigenen Grund gehabt haben , wie }*; wir nachher hörten.. Die Soldaten in den franzöſiſdien Res
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gimentern nämlich ſchrieen, als ſie bei ihrem Kaiſer vorbei:
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zogen , laut ihr „ vive l'empereur“ , was in ihrer Spradie ſo viel heißen ſoll, als ,,es lebe der Kaiſer “ . Nu wir preußi ſchen Soldaten hatten wahrhaftig feine Urſadie dazu, den franzöſiſchen Kaiſer , der unſerm guten König ſo viel Aerger und Verdruß ſdon gemacht und unſer Preußenland in ſo großes Unglück gebracht hatte , noch beſonders hoch leben zu laſſen. Da uns nun beim Ausmarſch audy fein Befehl dazu
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gegeben ward , und ſo ein Hodyrufen doch auch nicht zum eigentlichen Dienſt gezählt werden fann, ſo that natürlich Rei ner von uns das Maul auf , und wie die Fiſche lo ſtumm
I ritten wir vorbei. Das hätte audy noch gefehlt , daß preußi ſche Huſaren dem Bonaparte hätten ein Vivat rufen müſſen , ich glaube wahrhaftig, die Worte wären uns in der Stehle
ſtecken geblieben und gar nicht herausgefommen, wenn wir ſte hätten rufen müſſen. Der franzöſiſche Kaiſer ſoll ſich darüber aber ſehr geärgert haben und ganz giftig geweſen ſein. Na das hatte er umſonſt , er hatte uns Preußen auch ſchon oft genug geärgert. Der franzöſiſche Brigade-General, unter dem unſer Regiment ſtand, foll nachher unſern Herrn Oberſten darüber zu Rede geſtellt und Vorwürfe gemacht haben, daß
wir nicht auch ſo mit „ vive l'empereur" gerufen. Unſer Herr
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Oberſt aber der war nicht blöde und hatte einem Franzoſen gegenüber Haare auf den Zähnen , wie man zu ſagen pflegt, und ſo ſoll er dem General denn geantwortet haben : ,,ſeine
Huſaren das ſeien Pommern und verſtänden fein Franzöſiſch und das „ vive l'empereur “ ſtände nicht in unſerm preußiſchen Erercir-Reglement.“" Das war denn eine recht ſchöne Ant wort von unſerm Herrn Oberſten , die uns Alle ſehr erfreute, als wir ſie hörten . Bei einer anderen Gelegenheit, als nach einer großen Bataille mit den Ruſſen , wo unſer Regiment fidh
ſehr gut gemacht und viel Lob von den franzöſiſchen Genes rälen und ſelbſt von dem Kaiſer erhalten hatte, Lepterer wies
der uns mit anderen Regimentern bei fid) vorbeidefiliren ließ , und dieje wieder ihr „ vive l'empereur" riefen , da brachen
wir einſtimmig in den lauten Ruf Hoch lebe unſer König von Preußen," aus. Mit welchem Jubel wir dies riefen , fönnt Ihr Euch denken und wenn ſich auch der Bonaparte
immerhin die Galle darüber an den Hals geärgert haben mag , ſo war uns das ganz einerlei. Ein Paar Tage nach dieſer Muſterung bei Wilna, von der id) Euch eben erzählt habe , kamen wir denn zum erſten
Mal tüdytig mit den Kuſſen zuſammen. Mochten das auch ſonſt noch ſo unſere guten Freunde ſein , für den Augenblick 1
waren es nun einmal unſere Feinde , die wir nach beſten Kräften tüchtig zu ſchlagen trachten mußten , das war unſere verdammte Schuldigkeit. Ein ziemlich breiter und tiefer Fluß ,
wenn mir redyt iſt, ſo hieß er die Uda, war zwiſchen uns und den ruſſiſchen Vorpoſten. Durch den Fluß zu ſchwimmen
mitten im feindlichen Feuer, was geſchehen mußte, wenn wir berüber wollten , da es feine Brüde da gab , war eine ganz mißliche Sade. So ſtanden denn auch mehrere franzöſiſche Huſaren-Regimenter, die mit uns in derſelben Brigade waren, neben uns und Niemand hatte ſo recht Luſt fich in den Fluß
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zu wagen. Wenn es auch den Franzoſen ſonſt nicht an Cou rage fehlte, ſo trauten ſie dem Waſſer doch nicht redyt , und in wollten freiwillig nicht gern hinein . Und als wir denn nu da t jo herumſtanden und Alle in das Waſſer hineinſahen , da rief der Herr Lieutenant von Hobe von unſerem Regiment : „ Ah
was ſind wir preußiſche Huſaren und wollen uns vor dem Bischen Waſſer hier fürdyten , und damit gab er ſeinem Fuchs die Sporen und ſo in den Fluß mitten hinein. Und der Herr
ď Lieutenant von Borke, der folgte ihm gleid) und wo ihre Officiere voran find, werden brave preußiſde Soldaten auch
nicht zurückbleiben , und ſo gaben wir denn an 50-60 Hus faren , die zunächſt waren und die beſten Pferde hatten, dieſen I die Sporen und plump6 Alle in den Fluß nad ). Wenn auch zwei Huſaren, deren Pferde ( dyon zu müde waren , beim Sdiwims 1, men ertranken, und auch die Ruſſen uns noch mehrere Schüſſe, die trafen , gaben , wir Anderen famen Alle glüdlich hinüber
-1 und verjagten nach einigem Geplätikel bald die Feinde. Das war denn ein gutes Stücklein geweſen , wie es ſich für or dentliche Huſaren gehört, und bei den Franzoſen , die an - Ufer geſtanden und zugeſehen hatten , bradyte uns dies in i große Adytung. Selbſt der Bonaparte, dein unſer franzöſiſcher
Brigade-General dies gemeldet hatte, foll dazu geſchmunzelt : haben, was ich wohl glauben will. Von unſeren Herrn Offi cieren bekamen zwei dafüt, Orden vom Kaiſer und das war
nicht mehr wie recht und billig , denn fle hatten ſie verdient und konnten ſie immer mit Ehrent_tragen. Wir behielten den Poſten da über den Fluß noch mehrere Tage beſept, und die Ablöſung mußte immer herüberſchwimmen , was eine ſehr un ſo in den naſſen angenehme SacheKleidern man dann ganz naß ankam und 24 Dienſt zu thun hatte.
Es war aber immer eine ſo große pige, daß
dies weniger ausmachte, wie es ſonſt der Fall geweſen wäre,
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und Manche von unſeren Huſaren freuten ſich ordentlich auf
dies Bad. Ja eine şiße war in dem Sommer von 1812 in Rußland, wie ich ſie nie ärger verſpürt habe , und eben ſo ſehr wie ſpäter frieren, mußten wir jeßt ſchwißen. Dazu war auf dem Marſche oft kaum Waſſer genug zu haben , denn die Ruſſen hatten bei ihrem Rückzug alle Brunnen zuſammenges riſſen, und ſo mußten wir denn oft mit dem Waſſer, was wir in den Gräben und Pfüßen am Wege fanden, zufrieden ſein. Die waren oft aber ſchon faſt ausgetrocknet und moraſtig ge worden , oder die vielen Menſchen und Thiere , die früher 1
vorbeigezogen waren, hatten ſie halb zuſammengetreten. So mußte man aber dieſe Schlampampe ſaufen, die zu Hauſe kaum ein Hund angerührt hätte , und das gab denn natürlich viele Krankheiten bei Pferden und Menſchen . Man konnte da
foon ſo gleich im Anfang einen Begriff davon bekommen , was denn eigentlich ſo ein ruſſiſcher Feldzug zu bedeuten habe, und wenn Ihr ſchon hier gar zu flagen anfangen wollt und
glaubt , was ihr für große Strapagen ſchon durchgemacht habt, ſo bättet Ihr nur die erſten vier Woden mit in Rußland
ſein ſollen , da hätte Euch der Wind ſchon ganz anders ges pfiffen.
Auch mit den Lebensmitteln für Pferde und Men
(dyen ſah es bald ſchlecht genug aus , und die regelmäßige Verpflegung, wenn überhaupt ſolche geſchah, was auch oft nicht der Fall war, zeigte ſich ſo klein, daß man dabei ſelbſt beim beſten Willen nicht ſatt werden konnte. Da mußte man
fich denn anders zu helfen ſuchen, und die Regimenter mußten Rommandos oft auf mehrere Meilen von den Quartieren weg
ſchicken , die alle Häuſer genau durchſuchen und Alles, was nur irgendwie für Menſchen und Vieh zu brauchen war, mitbringen follten . Das gab denn wie es auch nicht anders ſein konnte, Gelegenheit genug zu Unordnungen aller Art, und die ſchlech
ten Kerle, die feine Ehre im Leibe hatten, und ſolche finden
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fich immer bei allen Regimentern , wenn auch noch ſo ein gus ter Geiſt im Allgemeinen in denſelben iſt, fingen an ſich dies zu nuße zu machen und auf eigene Hand herumzuſtreifen und zu marodiren. Dazu die vielen Nationen, die hier zuſammen waren , und die oft ihre Sprachen gegenſeitig nicht verſtanden, und fich auch ſonſt auf den Tod baßten , wenn ſie auch der Bonaparte aus allen Eden und Kanten der Welt hier zus
ſammengetrieben hatte , um gegen die Ruſſen zu fechten. Bes ſonders, was ſo die eigentlichen Franzoſen waren, die glaubten immer , daß fie ſo die Grſten wären und die Soldaten von
den anderen Gontingenten immer nur ſo ſchlechtweg zu behan i deln nöthig hätten. Na , da kamen ſie denn öfters an die Unredyten und wir preußiſden buſaren , wir trumpften fie denn
auch ab, wie es ſich gehörte, wenn ſie gar ſo arg aufbegehrten. So fällt mir denn hierbei ein Stückchen ein , was ich Eudy gleich erzählen will. War da bei unſerer Schwadron ein Huſar, Namens Meyer aus der Gegend von Paſewalk, ſeiner Profeſ : fion nach ein Müllergeſell. Ein gutmüthiger , friedfertiger Kerl i war es, der feinem Kinde etwas zu Leide that, wenn es nicht ſein mußte , dabei aber ſo ſtark von Kräften wie ich weder 1
vor dem, noch nachber, je wieder einen Menſchen geſehen habe. Er war nur von kleiner, unterſeßter Statur , wie es ſo recht 2
für den Huſaren - Sattel paßt, fonnte aber ſein vollgepacktes Pferd über zwei Fuß hoch vom Boden aufheben , wenn er : beide Arme unter den Bauch deſſelben ſteckte. So feine 6 : Scheffel Weizen auf den Rücken zu nehmen , und damit fort zugeben war ihm eine Kleinigkeit, und ein großes Kalb faßte er unterm Leib und warf es ſich über die Achſel, als wenn
es nur ein kleiner Haſe wäre. Na dieſer Meyer hatte fich denn in einem Hauſe, nicht weit von Witepsk, was noch un
verſehrt war , auf einem Stuhle hingelegt, und ſein Stücklein Kommißbrod in Ruhe zu verzehren angefangen, als er ſchnell II .
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heraus mußte , um nach ſeinem Pferde zu ſehen , was ſich in dem Sofe, in dem er es angebunden, losgeriſſen hatte. Zum Zeichen , daß er den Stuhl ſchon beſeßt hätte , legte er ſeine Säbeltaſche und den Chafo auf denſelben und bat einen an
deren Huſaren von uns, der frank in einem Winkel der Stube lag , auf ſeine Sachen zu ſehen. Kaum aber fam denn mein
Meyer nach einer kleinen Weile wieder in die Stube zurück: gegangen , als er an 6-8 franzöſiſche Grenadiere in derſel:
ben findet. Von dem Stuhle aber iſt ſeine Säbeltaſche und ſein Chako auf die Erde herabgeſchmiſſen und ein großer, fran zöſiſcher Grenadier fißt mir nichts, dir nichts , auf demſelben und ſtrect gemächlich die Beine von ſich. Dho , denkt mein Meyer, was iſt denn das für eine Flegelei, mir meine Sachen ohne Weiteres herunter zu ſchmeißen , das kann doch nicht ſo angehen. Um aber einen Streit nicht unnüß anzufangen, denn unſer Herr Rittmeiſter hatte uns ſtrenge befohlen , ja alle Veranlaſſung zu ſolchem mit den Franzoſen zu vermeiden, wenn es aber nicht anders ſein könne , dann uns auch nicht auf der Naſe herumſpielen zu laſſen, ſondern als ordentliche Kerle aufzutreten. -- ſagte er ruhig zu dem Grenadier „ Mon sieur, ſteh' fie auf, is da mein Play “. Das war denn ſo et was Franzöſiſch, und mehr hatte der Meyer nicht gelernt und -
glaubte wohl , der Franzmann würde das verſtehen ; der aber
that , als ginge ihn dies nichts an und blieb ruhig auf ſeis nem Plake Figen und brummte und fluchte nur in ſeiner fran : zöſiſchen Sprache.
Nochmals ſagte Meyer ihm es in aller
Güte, er ſolle aufſtehen , ſonſt gebe es Streit , aber der Gres nadier, der ein großer Kerl geweſen ſein ſoll, achtete auf den kleinen Huſaren nicht viel und ſagte: „ Hol Sie der Teufel, bête allemande,“ was ſoviel heißen ſoll, als „ deutſches Vieh ", ja hatte endlich ſogar die Frechbeit, nach Meyern mit dem Fuße zu ſtoßen. Da lief denn endlich dieſem die Salle über,
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i und er rief aus : „Rumſt Du mir ſo mien Jung, kum id Dir, I wedder ſo , un wuſt Du nich von den Stohl herab, ſo kannſt Du od darub fitten blieven ." Und damit pacte er den Stuhl
unten an den Füßen , hob ihn mit ſammt dein Grenadier in die Höhe und warf ídywabs Beide zuſammen aus dem auss
gehobenen Fenſter auf die Straße hinaus. Die anderen Gres : nadiere wollten nun zwar ihrem Kameraden zur Hülfe eilen , batten aber zum Glück ihre Gewehre draußen in Pyramide geſtellt, und die Säbel drüber gehängt. So fonnte Meyer fie denn leicht zwingen und warf mit den Worten „ Jir könnt
ock all’ den ſülbigen Weg nehmen , denn der Jerſt von Euch gahn is ", fie ſämmtlich Einer nach dem Andern zum Fenſter
1 hinaus. Auf ſeinen Hülferuf eilten wir, die wir in den Stäl len waren, ihm nun zur Hülfe , und da wir in der Mehrzahl
waren , und wohl ausſaben , als wenn wir unſeren Rame
raden bis auf das deußerſte vertheidigen würden , ſo fonnten die Franzoſen diesmal nichts weiter anhaben , ſondern mußten
ſich wir bis hat
mit ihrem Foutren und Schimpfen begnügen , worüber aber nichts nachfragten und fie nody tüchtig auslachten, ſie denn endlich mit langer Naſe abzogen. ,,Die Geſchichte Euch Spaß gemacht, Kinderkens , wie ich ſehe“, fuhr der .
alte Erdmann fort, als die Huſaren bei dieſer Erzählung bei fällig lachten. „ Na, Ihr könnt Euch wohl denken , daß ſic uns damals noch mehr Vergnügen machte und wir den Meyer nicht wenig darüber lobten. Auch unſer Herr Rittmeiſter und die anderen Officiere von unſerer Schwadron haben nicht
wenig darüber gelacht, als ihnen dieſe Geſchichte haarklein ers zählt wurde. Der Meyer ward aber noch oft von den Hu ſaren damit geneckt und alle Augenblice hieß es : „ Na, Meyer, bäſt Du feene franzöſiſchen Grenadiers , dee Du ut dat Fin fter ſchmieten fannſt“, da lachte und ſchmunzelte er denn im mer ganz vergnüglich für ſich hin. Na , es war auch ſonſt 3*
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ein braver Kerl , der audy glüdlich wieder mit aus Rußland
zurückgekommen und nachher 1813 bei Leipzig vor dem Feinde mit Obren geblieben iſt. Aber nicht allein wir zuſammen hatten von dem Ueber muthe der Franzoſen zu leiden , ſondern auch unſere Herren Officiere, die auch oft mit Entſchiedenheit dagegen auftreten mußten. So fam auch mal ein Fall vor, den ich Euch gleich
hier erzählen will. Das eigenmächtige Requiriren von Lebens: mitteln in den Häuſern war , ſo lange wir noch in den ſoges nannten polniſchen Provinzen , deren Einwohner der Bonas
parte fid; gern zu guten Freunden maden wollte, ſtrenge vers boten. Es war dies im Grunde auch nur recht, doch da die Soldaten oft faſt gar keine Lebensmittel aus den Magazinen
geliefert bekamen und doch auch was zu eſſen haben wollten, ſo geidyah es täglich immermehr und mehr ; da ließ der fran zöſiſche Kaiſer denn wohl hie und da ein Erempel ſtatuiren, wie es genannt wurde, und feine Gensdarmen mußten einige Soldaten wo möglich, von den fremden Contingenten , die 7
beim eigenmächtigen Requiriren angetroffen wurden, aufgreifen und auf die Wadie bringen.. Ein franzöſiſches Kriegsgericht trat dann zuſammen und verurtheilte ſolchen armen Teufel
gewöhnlich zum Tode , und wenige Stunden darauf ward er dann gleich erſchoſſen . So ein franzöſiſches Kriegsgericht war mit dem Erſdießen gleich bei der Hand , zumal wenn es ein deutſcher Soldat war , und es frähte weiter fein Hahn nad
ſeinem Tode , wie man zu ſagen pflegt. Na es mochte oft auch wohl nicht gut anders gehen und es nicht leicht ſein, die Ordnung unter einer fo großen Menge von Soldaten aller Nationen zu erhalten . So ſollte denn auch ein Huſar vor
unſerem Regiment , der fich eigenmächtig Lebensmittel in dem Hauſe eines polniſchen Juden ſuchte, von einer franzöſiſchen Gensdarmerie - Patrouille arretirt werden.
Glücklicher Weiſe
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entwiſchte er aber den Franzoſen und flüchtete ſich auf unſere Stabswache, und die arretirte ihn zwar wie es fich gehörte, lieferte ihn aber natürlich nicht an die Franzoſen aus , obſchon dieſe unverſchämt genug waren , dies zu verlangen. Die Sadie ſoll bis zu dem franzöſiſchen Diviſionsgeneral gekommen ſein, und dieſer anfänglich ſich auf das hohe Pferd , gejeßt und die Auslieferung auf alle Fälle und wenn er auch ſelbſt Gewalt
braucien ſolle, verlangt haben. Da kam er aber grade bei unſerem Herrn Oberſten an den redyten Mann : der ließ dem franzöſiſchen General ingelt, die Sache ſolle gehörig unterſucht und der angeflagte Hufar, wenn er ſduldig befinden würde, Kriegsgeſeß, unter dem er ſtände, ſtrenge nach dem preußiſchen beſtraft werden , ausliefernthäte er den Huſaren nun aber auf keinen Fall und Gewalt würde er wieder mit Gewalt vers
treiben, man ſolle nur ankommen . Der Herr Oberſt ließ nun Appel blaſen , und das ganze Regiment mußte aufíiben und ſich in Front aufſtellen . Na, als denn der franzöſiſche General ſab , daß unſer Herr Oberſt Ernſt machte , da wollte er denn 1
die Sadie doch auch nicht bis zum Aeußerſten treiben , und der ganze Vorfall ward dem Bonaparte gemeldet. Der war aber klug genug, uns Preußen , die er wohl brauchen konnte, nicht gar zu ſehr zu erzärnen , und er ließ daher befehlen, daß
der Huſar beim Regimente bleiben und nach unſeren preußi ſchen Kriegsgelegen abgeſtraft werden ſollte. Die Sache ward denn bei uns unterſucht, und da es ſich fand, daß der Fuſar nur ein Bischen Brod genommen und weiter nichts gethan hatte, ſo bekam er, glaube ich, an 14 Tage Arreſt, und mußte
ſo lange als Arreſtant dem Regimente zu Fuß nachmarſchireu. Damit ward denn die ganze Geſchichte abgethan , und die franzöſiſchen Generäle, die jest geſehen hatten, daß fich unſer Herr Oberft nicht ſo leicht von ihnen in's Bodshorn jagen
ließ , ſondern wenn er Recht gethan hatte , auch darauf bes
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ftand , daß er Recht behielt , verſchonten ihn für die Zukunft mit dergleichen ungebührlichen Forderungen. Es kommt im mer nur darauf an , wie ſich Einer gleich im Anfang mit den Franzoſen zu ſtellen weiß , denn giebt man ihnen erſt einmal nach, ſo werden ſie nachher deſto unverſchämter, und läßt man ihnen nur den kleinen Finger, ſo wollen ſie auch gleid, die ganze Hand haben.
„ Ihr dahinten könnt aber bei meinem Erzählen immer ruhig an Euren Sätteln fortpußen , beim Arbeiten läßt ſid) auch noch ganz gut zuhören ," wandte ſich der alte Erdmann jegt plößlich zu einigen Huſaren , als er ſah , daß dieſe bei ihrer früheren Beſdhäftigung, dem Pußen der Sättel , nadh gelaſſen und die Hände müſſig ruhen hatten , um bequemer .
zuhören zu können. ,, Was man ſchon gethan hat , braucht man nacher nicht noch erſt zu thun, " iſt eine alte Wahrheit und wenn wir heute Nachmittag plößlid wieder ausrücken ſollten, und Eure Sättel wären noch nicht wieder rein wie es fich gehört , würde unſer Herr Rittmeiſter ein gar böſes Ge ficht machen , und die Strafe fönnte nicht ausbleiben. ,, Alſo man friſch wieder dran an die Arbeit , " fuhr er noch fort.
„ Na, gegen Ende Juli," begann der Alte nun weiter zu erzählen , als er ſah, daß die ſäumig geweſenen Quſaren nach ſeiner Aufforderung wieder mit vermehrtem Eifer zu pugen an:
gefangen hatten , „ kamen wir denn bei Oſtromo recht tüchtig 1
in das Feuer der ruſſiſchen Batterien . Ein recht ordentliches Gefnalle, daß einein die Ohren wohl davon brummen konnten ,
war es hier , und diejenigen von unſeren Leuten , die nody nicht Anno 1806 und 1507 mit im Kriege geweſen waren , konnten hier ziterſt merfen, was denn ein gehöriges Kanonen feuer eigentlid) zu bedeuten habe. Die ruſſiſchen Artilleriſteit feuerten nicht ſchlecht und ihre Kugeln richteten audy in unſe
rem Regiment manchen Schaden an . Fire Kerle im Angreifert
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find aber die Franzoſen , wie man ihnen in Wahrheit laſſen muß , und ſo drangen denn ihre kleinen Tirailleure ſo raſch und muthig gegen die Ruſſen vor , daß dieſe am Ende doch zurüc mußten . Wir preußiſchen Huſaren hatten an dem Tage unſere Säbel auch nicht umſonſt in der Fauſt und wenn uns
ſere Pferde auch ſchon müde und marode waren , ſie mußten doch vorwärts und wir machten ein paar ganz gute Attaquen gegen die ruſſiſche Kavalerie. Wenn es nach unſerem Wunſch und Willen gegangen wäre , ſo hätten wir derſelben eigentlich Iteber gegen die Franzoſen beigeſtanden , doch das ließ fich nun einmal nicht thun , und ſo falaſchten wir denn ordentlich
darauf los. Id fam mit einem ruſſiſchen Uhlanen zuſammen , der ein prächtiges Pferd ritt, wie ich mir noch recht gut erin nern kann. Als wenn er mich, mir nidits, dir nichts , damit durchbohren wollte, lo ſtürmte er in wilder Wuth mit der eins gelegten Lanze gegen mich an. „ Aha, mein lieber Herr Ruſſe,
dachte ich , ſo geſchwind geht das Ding doch nicht, umſonſt haben wir unſere Hiebe auch nicht gelernt.“ Und wie denn nun der Uhlane in ſeiner Hiße mir mit der Lanze in das Geſicht ſtoßen wollte, da büdte ich mich ganz ſchnell bis auf den Hals meines Braunen , und die Lanzenſpige fuhr über mich weg. In demſelben Augenblick hieb ich aber von unten herauf gegen dieſelbe mit meinem ſdarfen Säbel ſo gewaltig, daß
der Lanzenſchaft inzwei ſplitterte; da hatte der Uhlane.
denn feine Waffe mehr fid) zu vertheidigen , denn um den Säbel zu gebrauchen , ließ ich ihm keine Zeit mehr , und ſo mußte er denn wohl mein Gefangener werden, er mochte wol
len oder nicht. Ein gutes Pferd erhielt ich auf dieſe Weiſe zur Beute , was einem unſerer Huſaren recht zu paſſen fant, da ich meinen kleinen Braunen nicht miſſen wollte. Unſer: 1
Herr Rittmeiſter gab mir ein paar Louisd’ors dafür und die fonnte ich wohl gebrauchen , denn alle Lebensmittel waren
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grauſelig theuer , und die Marketender , wenn ſie überhaupt noch was zum Verkaufen hatten , ließen ſich ihre Sachen gar body bezahlen. Ein kleines Glas Rum fonnte man nicht unter 4 Groſden mehr vom Marketender bekommen und ein Pfund Tabac koſtete immerhin ſeinen Thaler ſchon. dyon Na , da mußte man ſich denn zu helfen ſuden , und Heublumen oder Blätter
vom Sdíleedorn , der an den Gräben ſtand, trocknen und ſtatt Tabad in die Pfeife ſtopfen . Wenn es auc) gerade nicht wie
der gute Knaſter, den idy jeßt hier habe, ſchmecte, ſo dampfte es doch , und das war für einen echten Raucher ſchon viel. Das meiſte Geld bei dieſer Geſcidyte verdienten die vielen
polniſchen Juden , die faſt alle Lieferungsgeſchäfte beſorgten und alle Lebensmittel und ſonſtigen Haaren der Armee auf
ihren kleinen Wagen nachführten. Pfiffig und verſd lagen find dieſe Kerle, und an Müh' und Fleiß bei Tag und Nadit, wenn es Geld zu verdienen galt, ließen ſie es auch nicht fehs len , wie das nun ſo einmal in der Natur der Juden liegt, und ſo wußten ſie denn noch immer Baaren anzuſchaffen, wo
gewiß kein Anderer dies vermocht hätte. Daß ſie ſich denn ihre Mühe auch ordentlich bezahlen ließen und auf die Pro centden tüchtig hielten , konnte man ihnen am Ende nicht verdenken , denn Schadyern iſt ja das Handwerf von ſolchen
Juden und zu Anderem ſind ſie doch nicht recht viel zu ge brauchen. Oft ging es dieſen polniſchen Juden auch ſchlecht genug , und ihr vieles Geld ward ihnen wieder abgenommen,
ja ſie verloren ſogar ihr Leben noch dabei. Die vielen Ban den von Gefindel aller Art , die ſich aus den Marodeurs und anderem dhledyten Volt gebildet hatten , und hinter der Armee umherſtreiften , um zu plündern und zu rauben , wußten recht gut , daß dieſe Handelsjuden meiſt viel Geld auf ihren
Wägen oder auch unter ihren langen ſchwarzen Röcken bei ſich führten , und paßten ihnen denn gewaltig auf , um ſie
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auszuplündern. So war ich denn aud) einſt mit 15 Huſaren
unſerem franzöſiſchen Brigade-General als Eskorte beigegeben, als wir jo auf einem kahlen Heideweg dahintrabten , fahen wir plößlich einen kleinen Wagen im Wege ſtehen , auf dem zwei Juden , die grauſam ermordet waren , lagen. Die Kör per derſelben ſchienen noch ganz warm und zucteut nod), ſo daß die Mordthat an ihnen erſt vor ein paar Augenblicken geſchehen ſein mußte. Ueber die Heide weg liefen aber vier Kerle jo rajdh ſie nur konnten, und die waren daher gar verdächtig die Mörder zu ſein . Auf Befehl des Generals jagten wir 1
ihnen denn nach und holten ſie bald çin, ſo ſebr ſie aud ) lie:
fen , und da ſie ſich nicht gutwilliy arretiren ließen , ſo be famen ſie erſt ein paar tüdſtige Hiebe mit den fladyen Klingen über die Köpfe. Als wir nun die Kerle, die als Deſcrteure von einem italieniſdien Regimente, was weit abſtand , erkannt wur den , unterſuchten , fanden wir noch die blutigen Meſſer , die 1
in die Wunden der Leiden paßten und blutige Hände un ihnen, ſo daß ſie ihre Mordthaten nicht läugnen konnten und ſie dem franzöſiſchen General geſtehen mußten. Auf Befehl deſſelben mußten wir die Arreſtanten nun zwiſden unſere Pferde binden und fte ſo in das nädyſte Quartier cines fran
zöſiſchen Regiments bringen. Auf der Stelle ward dort Stand
redit über die Böſewichter abgehalten und dieſelben zum Hän Ein franzöſiſder Feldprediger hörte ihnen die Beidhte ab , und ein Fuhrweſensknecht, der ein Trinkgeld dafür erhielt, machte den Henfer. Raum eine Stunde verging über dem Allen , ſo hingen die vier Kerle ſchon an den näch ften Bäumen und blieben audy noch zur Warnung für Andere gen verurtheilt.
ihres gleichen Gelichters dort hängen , bis die vielen Raben, 1
die es in Rußland giebt, ſie verzehrt haben mögen. Da war denn einmal die Strafe redyt raſch der That gefolgt und ſo gehört es ſich auch im Kriege, wo man mit ſolchen Böſewidys
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tern nicht erſt lange große Umſtände machen und viel Bogen Papier darüber verſchmieren kann. „ Gefangen und auch gleich gehangen “ heißt es da in ſoldien Fällen. Die große Hiße , das ſchlechte Waſſer und der Mangel an Lebensmitteln machte übrigens, daß wir jeßt alltäglich ſo wohl mehrere Huſaren wie auch Pferde ſchon verloren . Alle Hoſpitäler , die überall in den Städten , durch die wir famen,
angelegt wurden , waren voll mit kranken Soldaten. Dieſe Hoſpitäler, in denen es oft ſehr ſchlecht zuging, waren ſchlimme
Orte für die armen Soldaten , die das Unglück hatten , da hinein kommen zu müſſen , und mehr Leichen wurden aus den ſelben in die großen Kalkgruben daneben geworfen , als Re convalescenten wieder zu ihren Regimentern abgeſchickt. Für uns Preußen ſah es übrigens mit der Verpflegung noch oft
viel mißlider aus, wie für die Franzoſen. Wir bekamen auch keinen Happen Brod oder Körnlein Hafer aus den Magazinen, die für die franzöſiſchen Truppen hie und da angelegt wur den , ſondern mußten ſtets ſelbſt für uns ſorgen . Da mußten
wir denn uns Bauerwagen requiriren , die uns das Bischen Korn für unſere armen Pferde , damit dieſe nicht ganz ver .
hungern ſollten, oft viele Meilen nadifahren mußten und audy Ochſen und Kühe wurden uns unter gehöriger Eskorte nach: getrieben.
Die waren aber dann ſchon vor Hiße , Durſt und
Müdigkeit faſt ganz todt , wenn ſie im Bivouaf geſchlachtet werden ſollten und ließen die Zunge ſchon weit aus dem
Maule heraushängen , und ihr Fleiſch ſah ganz ſchwarz aus und war voll Blaſen . Es würde Eudi jegt Allen gewiß der Gfel anfommen , wenn Ihr ſolch Fleiſch eſſen ſolltet und Ihr würdet meinen , daſſelbe ſei für die Hunde noch gut genug, 1
und doch freuten wir uns ſehr, wenn wir am Abend uns am Bivouaf herum fo ein Stücklein davon braten konnten.
Oft
mehrere Stunden mußten wir am Abend, wenn der Marſch
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vorbei war , noch in die Dörfer in der Runde reiten , und ſuchen, ob ſich denn gar nichts mehr für Pferde und Menſchen in denſelben finden wollte, und famen dabei aud oft noch mit
leeren Händen wieder zurück. Am Beſten in der Verpflegung hatte es die franzöſiſche Garde, die der Bonaparte immer bei fich hatte , denn er ſorgte dafür, daß die immer zuerſt und reichlich aus den angelegten Magazinen bekamen. Schöne Leute waren in dieſer Garde, langgediente, tüdytige Soldaten, die , was das Drauflosgehen auf den Feind anbetraf, ihre Sache ſehr gut madyten , ſonſt aber ſid) beſſer wie alle anderent
Truppen dünften und vielfach Streit hatten . Beſonders wir preußiſchen Huſaren konnten uns denn nun gar nicht mit ihnen vertragen, und wenn uns der Zufall auf dem Marſdye, oder im Bivouaf, mit ſolchen Gardiſten zuſammenführte, gleich fing der Speftafel auch an . So hatte ich auch einmal hefti
gen Zanf mit ihnen. Mit noch zwei Huſaren hatte idy in einem leerſtehenden Fauſe mehrere Bienenſtöcke, die noch ganz voll Honig waren , aufgefunden. Das war denn ein ſchöner Fund , den wir wohl gebrauchen fonnten , und ich ließ daber
meine beiden Huſaren als Poſten zurück, damit ſie den Honig bewadzen ſollten , während ich ſelbſt fortlief, um Huſaren und
Geſchirre zum Wegtragen deſſelben zu holen. Wie ich nach einer halben Stunde ungefähr mit 6-8 pujaren wieder in das Haus zurückfomme, treffe id) mehrere Soldaten von der
alten Garde daſelbſt an , die eben im Begriff ſind , fidy dent Honig zu Gemüthe zu führen. Meine beiden Poſten aber ſchrieen mir aus einem Kammerfenſter zu , daß die Franzoſen fie mit Gewalt dort hineingedrängt und dann die Thüre feſt verrammelt hätten . Das war denn doch die Fredyheit zu weit getrieben und wir wären nicht werth geweſen , preußiſche Hus ſaren zu ſein , wenn wir uns das ſo ohne Weiteres hätten bieten laſſen wollen. Id ſagte zuerſt nun den Franzoſen, der
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Honig gehöre uns und ſie ſollten uns denſelben in aller Güte wiedergeben oder wir würden Gewalt brauchen . Die thaten aber als wenn ſie eine gute ehrliche deutſche Sprache nidyt verſtänden und ladyten und ſchimpften : ,,bougre und bête alle
mande und verdammte Preuß,“ und was weiß ich noch weiter. Da wollte ich denn mit meinen Leuten nach den Säbeln grei
fen, um auf die Franzoſen , die den Honig niedergeſeßt, und fid auf einen Klumpen zuſammen geſtellt hatten , um ſid) beſ: ſer gegen uns vertheidigen zu fönnen, loszufahren. Unter meis nen Huſaren aber , da war einer , der zu Hauſe in Pommern
viel ſich mit den Bienen abgegeben hatte und ſich auf dieſelben
auskannte. Der ſagte zu mir : „ Warten Sie nur einen Augen blick, Unterofficier, die verdammten Franzoſen wollen wir auch
ſo ſchon forttreiben , ohne daß wir die Säbel dazu nöthig haben.“ Damit ging er zu einem Bienenkorb, der neben dem Þauſe ſtand und aus deſſen Fluglody die Bienen noch ſchwärm ten , faßte denſelben rajd von hinten an und warf ihn mit
tüchtigem Schwung mitten zwiſchen die Gardiſten hinein. Da bättet Ihr ſehen ſollen , Kinderfens , wie die Bienen in Wuth alle aus dem Rorbe heraus und auf die Franzoſen losfuhren,
die ſie für ihre Feinde hielten . Dieſe konnten ſich mit den Händen kaum die erboſten Bienen von den Geſichtern abweh ren und mußten endlich und ſchnell davon laufen , um fidy
por den Stichen derſelben retten und bergen zu können. Wir aber nahmen raſch unſeren Honig und machten uns auf die andere Seite davon, bevor die Bienen uns was thun konnten,
oder die Franzoſen mit noch mehr Kameraden von fich , zu 1
rückkehren würden . Der Honig hat uns denn prächtig zu uns ſerem trocuen Brode geſchmeckt und wir haben ihn unter vies lem Lachen aufgegeſſen. Uebrigens find yuſaren von unſerem Regimente nod) ein paar Mal mit franzöſiſchen Gardiſten ,
Sie übermüthig gegen ſie waren , arg zuſammen gekommen
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und ſelbſt die Säbel ſind gegen einander gezogen , ſo daß Blut von beiden Seiten gefloſſen iſt. Preußen und Franzoſen die wollen nun einmal nicht gut neben einander thun , und können ſidy nicht vertragen , das iſt nun einmal gewiß und ſchon von alten Zeiten her ſo geweſen . Bei alledem rücten wir übrigens doch ziemlich rady vors wärts , und trieben die Ruſſen , die nirgends ſo recht Stand halten wollten , vor uns ber ; der franzöſiſche Kaiſer verſtand das Kriegsführen ſo recht aus dem Grunde und ſo hatte er denn immer ſeine Truppen da, wo er ſie am Beſten brauchen wollte, auf dem Plaße, und konnte die Feinde , die das Ma
növriren nicht ſo geſchickt verſtanden , immer leicht wegtreiben. Nicht allein wir Huſaren , ſondern auch die Herren Officiere von unſerem Regiment, wunderten ſich oft, wie der Bonaparte
fid immer ſo zwiſchen all den vielen Truppen, die er hatte, ge ſchickt zurechtfinden und ihnen immer ſo die Märſche anbefeh
len fonnte, daß fie auf der Stunde da am Plaße waren, wo er fie juſt grade eben haben wollte ; das iſt gewiß keine Klei nigkeit und ein rechter Schlaufopf durdy und durch gehört ſchon dazu, wenn er das Alles ſo machen will. Ja, der Bos naparte war ſchon ein großer General, das ſteht feſt, und die Tiftaf, oder Taktik, oder wie das Ding ſo hieß , fonnten alle die hoben Herren Officiere, die ſo die Pläne für die Schlachis ten machen , ſchon von ihm lernen . Na , unſer alter Vater
Blücher , der verſtand das Ding zulegt doch eben ſo gut wie der Bonaparte, fümmerte ſich um alle deſſen fünſtliche Ma növer und Geſchichten , womit der die anderen Generäle fo oft ſchon angeführt hatte , nicht im Mindeſten , ſondern mars /
ſchirte grade und unverzagt auf ihn los und pacte den Och. fen bei den Hörnern , wie man zu ſagen pflegt. Únd darum erkämpften wir Preußen denn , mit Gottes gnädiger Hülfe, endlich auch den Sieg.
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Viele kleine Gefechte hatten wir Huſaren, die wir in der Avantgarde waren , aber oft mit den Ruffen , beſonders mit den Kofafen . Verfluchte Kerle waren das , die uns feinen
Augenblick Ruhe ließen, und gegen die man Nacht und Nacht aufpaſſen mußte , wenn man nicht von ihnen überfallen ſein
wollte. Sonſt ſo im regulairen Angriff waren ſie eigentlich nidit recht zu fürchten und hielten faſt nie Stand, wenn man geſchloſſen gegen ſie vorrückte und wenn ſie auch oft die drei
fache Mehrheit hatten.
Aber durch dies beſtändige Brüden
(Necfen) und Tarren (Herumziehen) was ſie mit uns hatten, riditeten ſie vielen Schaden an , denn man mußte beſtändig auf der Hut gegen ſie ſein, und Pferde und Menſchen racers ter ſid gewaltig dabei ab , ohne daß man ihnen viel wieder
thun konnte. Ritt man geſchloſſen gegen ſie vor , dann haſte nicht geſehen , zottelten ſie auf ihren kleinen Gaulen über Hals
und Kopf wieder ab , und waren im Augenblick wie wegges blaſen . Kaum hatte man denn eben wieder abgeſattelt und wollte ein Bischen der Ruhe pflegen , hatte fie der Teufel auch wieder von allen Eden und Kanten ſchon da , und fte
gaben nicht eher Friede , bis man wieder geſchloſſen gegen ſte anrücken und ſie ſo verjagen mußte. Daß ſie übrigens ge
ſchloſſen attaquirten , ſelbſt wenn der Feind auch noch ſo ſchwady war , habe ich niemals geſehen. Ja , wenn nur eine Schwadron oder eine Kompagnie ruhig gegen ſie anrüdte, gingen fie faſt immer gleich auseinander. Auch gegen die Flanfeurs waren ſie nicht fehr gefährliche Feinde , denn ſie wußten ihre langen Spieße doch nicht ſo geſchickt zu gebrau chen, wie man hätte glauben können. Einzelne Nachzügler ab zufangen , oder Kerle, die ſchon im Retiriren begriffen waren, noch aufzuſpießen , verſtanden ſie aber geſchickt, und auf dieſe Weiſe haben ſie den Franzoſen in allen Kriegen großen Ab bruch gethan . Die meiſte Furcht hatten ſie aber vor dem Ka
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nonenfeuer, und eine einzige gut bediente Batterie konnte ſich leicht gegen viele Tauſend Koſaken vertheidigen , die gewiß nicht wagten , gegen ſie heranzurücken. Auc) ihre heimlichen Ueberfälle des Nachts waren nicht ſo gefährlich , wie es den
Anſchein wohl hatte, wenn man erſt mit ihren Angewohnheiten ein Bischen näher befannt war. Sie hatten nämlich die Mode,
noch ein paar Hundert Schritt bevor ſie anjagten , ein lautes Geſchrei und Gebrüll auszuſtoßen , gleid) als wenn ſie ſich ſelbſt dadurch erſt die nöthige Courage machen wollten . Durch dies laute Gefdrei ward man aber immer noch ziemlich zeitig
vor ihnen gewarnt und wenn man nur flink auf den Beinen war, ſo konnte man ſich faſt regelmäßig noch gehörig aufſtellen und ſie dann ſo empfangen , daß ſie mit langer Naſe unver richteter Sache wieder abziehen mußten . Freilic) allzulangſam durfte man dabei nicht ſein , und wenn die Soldaten erſt lange
hätten herumnutteln wollen , ſo hätten ſie verſpielt gehabt und wären auf alle Fälle verloren geweſen. Na , die Franzoſen
und was beſonders ihre Infanterie anbelangt, find bei ſolchen nächtlichen Alarmirungen verflucht raſch und ſie bei der Hand, und wiſſen ſich geſchickt zu helfen, das muß man ihnen laſſen, und was uns preußiſche Huſaren anbelangte , ſo fannten wir unſeren Dienſt auch gut , und ordentliches Kommando ward unter uns. So mußten denn die Kvſaken oft genug wieder abzotteln , ohne daß fie etwas anders ausgerichtet hätten , als uns zu neden.
Einen Spaß hatte einſt bei einem Vorpoſtengefecht ein Huſar, Namens Petry, von uns , mit einem ſolchen Koſafen ,
den will ich Euch noch gleich erzählen, Kinderkens, denn Ihr werdet darüber lachen müſſen. Ein Koſak, ein großer, ſtarker Kerl mit einem langen , fuchsrothen Bart , der ihm bis weit auf die Bruſt herabhing , ſtieß mit der Pike nach dem Petry,
der nur von ganz kleiner Statur war , als ſie ſo beim
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Flanfiren auf einander trafen. Mein lieber Petry aber , der ein flinkes, gewandtes Kerlchen war, und tros ſeiner Kleinheit auch tüchtige Kraft in den Armen hatte , wußte die Pike ge: ſchidt mit der Hand zu pariren und dann feſtzuhalten und an fid) zu ziehen .
Na , der Stojak wollte dieſelbe auch nicht miſs
ſen , und hielt mit den Händen feſt, als wenn er daran ges ſchmiedet geweſen wäre. So zerrten und zogen ſie ſich denn gegenſeitig hin und her und Reiner wollte loslaſſen und die Pife dem Andern übergeben. Das Gezerre und Gewürge ſah denn ſo luſtig aus , daß wir alle , die wir in der Nähe waren, darüber hellauflachen mußten, und alle Feindſeligkeiten
ſo lange einſtellten, um den Ausgang abzuwarten. Endlich aber nahm der Betry alle ſeine Kräfte zuſammen , faßte die Pike des Koſaken redyt feſt an , gab ſeinem Pferde die Spo ren, und fam , ſo ſeinen Gegner der noch immer nicht loslat fen wollte, als Gefangenen hinter ſich herſchleppend , bei uns
an. Das war dod gewiß eine ſeltſame Art einen Feind zum Gefangenen zu machen, und ſo eine iſt mir in meinem gan zen Leben noch nicht wieder vorgekommen. Je weiter wir nun in das eigentliche Rußland vordran:
gen, und unſere Regimenter durch die vielen Strapagen und den Mangel an Lebensmitteln immer mehr zuſammenſchmol zen , deſto hartnäckiger wurden jegt allmälig auch die Ruſſen. Unſer Regiment gehörte jeßt mit zur Avantgarde , die der Sdwager von dem Bonaparte, Namens Murat , den er zum König von Neapel, was da weit drunten in Welſchland lies gen ſoll, gemacht hatte, kommandirte, und ſo hatten wir denn faſt alle Tage Gefechte mit der rufitſchen Arrieregarde. Die 1
fer Murat war noch ein alter Befannter von uns , denn als
wir 1806 nach der Schlacht bei Jena mit unſerem Herrn Ge neral von Blücher Excellenz durdy das medlenburgiſche Land zogen 1, wovon ich Euch im vorigen Jahr dort oben in Jüt
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land , ja to Vieles erzählt habe , gehörte er mit zu den Ge
nerälen , die der franzöſiſche Kaiſer gegen uns geſchidt hatte. Ja wer hätte damals wohl denfen ſollen , daß die Blücher: jden Huſaren jemals noch unter den Befehl von demſelben Murat geſtellt würden ! Es fommt doch Alles oft ganz wun derhar in der Welt, aber es ſollte in dem anderen Jahre doch nod) beſſer fommen .
Als wir dieſen Murat denn ſo zum erſten Male jahen , kam er uns ganz ſpaßhaft vor, und wenn die Subordination
nicht geweſen wäre, hätten wir in Neihe und Glied an zu la dien gefangen , als er ſo die Fronte unſeres Regiments gerit ten kam . Faſt ſo wie ein Komödiant, die ſo auf dem Thea ter ihre Faren zeigen , oder wie ein Sunſtreiter , die auf der Jahrmärkten herumreiten , jab der Murat in ſeinem ganzen Aufputz aus, und nicht wie ein vornehmer General, der audy
preußiſdie Huſaren mit zu befehlen die Ehre hatte. . Einen hellgrünen, vorne offenen ganz mit Gold dazlı von geſticft , hatte er an , und Roof engeSammet, rotberg auch reidy
geſtickt, und Stiefelit von hellgelben Maroquinleder , vorne und ohne Halsbinde , und Des ? mit einer goldenen Troddel..One Der Hals trug er ganz blos dem Stopfe eine vierfantige Müße ohne Schirm , nach pomiſcher Mode von rothem Sam ܞ
ܘܕ
met , mit mädytigen weißen Federn daran. So ſaß er quf einem ſchönen ſchwarzen Hengſt, deſſen Sattel und Zaumzeug auch ganz von rothem Sammet, mit Goldborden beſeßt , ge macht war.
Wenn nun aud) all dieſer Aufpug dem Murat,
der ein ſchöner Mann war, redyt gut ſtand, und ſo die Frauens leute ſid, gewiß häufig in ihn verliebt haben mögen, ſo wollte uns zuſammen dies doch anfänglich gar nicht redyt gefallen. Wie wir aber den Murat erſt näher kennen lernten , und ihn öfters im feindlidien Feuer geſehen hatten, da gefiel und der Mann ſelbſt ganz gut , wie ich nicht anders ſagen kann , und II .
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wir hatten ihn gern, obſchon er ein Franzoſe war. Ein tüdys tiger Soldat durch und durch war er, das muß man ihm laſ fen , und wo das Gefedyt am Hißigſten , und das feindliche
Feuer am Stärfſten fich zeigte, da fehlte auch der Murat ge wiß nicht, ſondern war in den allervorderſten Reihen und
flankirte in ſeinem Aufputz ganz luſtig nahe bei den Feinden herum , gleid) als ob ihm gar keine Kugel etwas anhaben könnte. Und reiten konnte er, daß es eine Luſt war ihn an
zuſehen und ſo eine Kavallerieattaque recht herzhaft zu leiten und die Regimenter ordentlich in den Feind zu bringen , ver ſtand von all den franzöſtſchen Generälen feiner ſo gut wie er. So etwas mochten wir Huſaren denn gern leiden und hatten zulegt ordentlich unſere Freude an dieſem neapolitani
iden König. Er aber hielt audy große Stücke auf uns preu: Biſche Huſaren , und wenn es recht was galt , ſuchte er unſer Regiment gern bei ſich zu haben. Beſonders unſer feſtes Reiten und daß wir nach beſten Kräften auch für unſere Pferde zu ſorgen trachteten , gefiel dem Murat , denn er war ſelbſt
ein tüchtiger Kavalleriſt, als daß er ſo etwas nicht hätte an erkennen ſollen . Als wir eßliche Jahre drauf hörten, daß der ſelbe wie ſo ein Verbrecher todtgeſchoſſen worden ſei, hat uns Allen , die wir noch in Rußland unter ihm geſtanden hatten , dies ſehr leid gethan. Ich weiß ja nicht, ob er dieſen Tod
nicht am Ende verdient hat ; aber Schade iſt es immer, wenn ein fo tapferer Soldat auf eine ſo ſchmähliche Weiſe umfom
men muß , und nicht ehrenvoll im Gefecht vor dem Feinde bleiben kann, wie es ſich eigentlich gehört. Am 26. Auguſt da hatten wir Gelegenheit , den Murat recht ordentlich aus der Klemme herauszuhauen. Wie er im
mer ſo war, etwas zu hißig und verwegen, hatte er ſich denn auch mit den Ruſſen ſehr voreilig eingelaſſen , und da dieſe eine große Liebermacht beſonders auch an Reiterei beſaßen, ſo
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wäre es ihm am Ende ſchlecht gegangen und er vielleicht ſo gar in Gefangenſchaft gerathen . Na, da fam unſer Regiment und noch ein polniſches Lancier - Regiment ihm denn ordents ſich zur Hülfe und bauten ihn heraus. Zwar waren unſere
Pferde ſchon ſehr abgeracert und marode , aber das durfte hier nichts ausmachen. Die Sporen bekamen ſie in die Rip 1
pen , und recht ſo wie es ſich für preußiſche Huſaren gehört, : ging es auf die Feinde los. Mit einem großen Wachtmeiſter von den ruſſiſchen Küraſſieren fam ich bei dieſer Gelegenheit
tüchtig zuſammen, und er gab mir einen Hieb über die Schul ter, der aber zum Glück nicht recht ſcharf fiel, ſo daß es nur eine Fleiſchwunde ward , die in ein paar Tagen von ſelbſt
wieder heilte. Verflucht weh that mir aber dieſer Hieb in der erſten Zeit, das iſt mir jeßt noch erinnerlich. Na, ich ward denn nun auch falſch darüber , und hieb den Ruſſen mit meis nem Säbel ſo über das Maul, daß er gewiß viele Wochen lang mit dem Heilen der Wunde zu thun gehabt hat. So gegen die Küraſſiere, da muß man nur immer nach dem Geſichte bauen, denn auf der Bruſt deckt ſie der Küraß und da kann man ihnen nicht viel anhaben. Das könnt Ihr Euch auch gleich merfen , obſchon die badiſden Inſurgenters , gegen die
wir jegt im Felde ſteben , keine Küraſſiere haben. Doch wer weiß, wie das in den nächſten Jahren noc ) Alles ganz an i ders kommen kann, und gegen was für Feinde die preußiſchen
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Quſaren noch einbauen müſſen. Als wir nun dem König Murat an dieſem Tage ordents
lich zur Hülfe gekommen waren und ihn recht aus der Pats ide gezogen hatten , da that er ſich bei dem Regiment ſehr Dafür bedanken. Er ſoll geſagt haben , ſo etwas vermöchte
nur preußiſche Kavallerie und er ſei ganz ſtolz darauf, daß er uns unter ſeinem Befehle habe.
Na, über dies Lob freuten
wir uns denn nicht wenig, und alle im ganzen Regiment, ſo 4*
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(dwud; es auch ſchon war, nahmen ſich vor, nach beſten Kräf
ten ſtets ihre Sduldigkeit zu thun , damit die Franzoſen ja 1
redyten Reípect vor uns als Soldaten bekommen ſollten . Frei lid) fonnten wir damals noch nicht hoffen , daß wir über's 1
Jahr ſchon ihnen als Feinde gegenüber ſtehen und ſie zulegt in ihr Land, wohin ſie gehörten , zurücktreiben ſollten. Zur An erkennung für das ſehr gute Benehmen des Regiments an .
dem Tage, ließ der franzöſiſche Kaiſer mehrere Orden an un ſere Herren Officiere vertheilen , die denn auch wohl verdient waren .
Einen ſehr braven Officier , den Herrn Lieutenant Abra:
ham , verloren wir um dieſe zeit auf eine rechyt unglückliche Art. Die Flanfeurs von unſerm Regiment waren , wie das !
jeßt faſt alltäglich zu geídchen pflegte, mit den Kofafen in Handgemenge gerathen . Der Herr Lieutenant Abrabam batte
nun ſchon lange Luſt zu einem guten Roſakengaul, wie unſere Herren Officiere ſoldie gern haben modyten , da ſie ſehr bart
gewöhnt waren und die Strapagen recht ertragen konnten. Um nun zu verſuchen , ſich folden Gaul zu erbeuten , ritt er mit in die erſte Linie der Flanfeurs vor ; obſchon er ſonſt als Officier eigentlich nidyts da zu thun hatte. Nun hatten un : fere dunfelblauen Pelze viele Aehnlicy feit mit denen der ruffi (den Huſaren , und ſo mußte ein franzöſiſcher Officier glau ben , der vorne ſo wild faſt mitten ſchon unter den Feinden
einherjagende Herr Lieutenant Abraham ſei audy ein Ruſſe. Was das Zeug denn nur halten will, jagt er demſelben nach,
bolt ihn unglücklicher Weiſe ein , und ſtößt ihm hinterrücks den ſpigen Palaſch mit ſolcher Gewalt durch den Leib , daß der:
ſelbe vorne wieder herausdrang. Eine Stunde darauf war denn unſer braver Herr Lieutenant ſdon geſtorben .
Der
franzöſiſche Officier war in Verzweiflung über ſein Mißvers ſtändniß, was ſich auch wohl denken läßt, und warf ſich über
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die Leiche deſſelben hin und flagte ſich laut als den Mörder deſſelben an . Unſere Herren Officiere mußten ihn am Ende i nur zu beruhigen und zu tröſten ſuchen, ſo ergrimmt ſie auch anfänglich über dieſen Vorfall, der ihnen einen braven Kame
raden foſtete, waren . Der Franzoſe ſoll, wie ſpäter bei uns erzählt wurde , ganz tiefſinnig geworden ſein , und den Tod ſelbſt geſudyt haben, den er aud) bald durch eine ruſítíde Rus
gel gefunden hat. Es iſt immer ein übel Ding, wenn Trup pen , die ganz verſchieden in Uniformirung, Reglement , ja ſelbſt in der Sprade find , mit einander zuſammen fechten 1
follen, und es heißt dann große Vorſidyt haben und die Augen wohl im Stopfe aufſperren, wenn derartige Vorfälle ganz vers mieden werden ſollen . Gar oft und beſonders auch in dieſem ruſſiſchen Feldzug, iſt es ſchon namentlich) zu Nachtzeiten vors
gekommen , daß Patrouillen ſich für Feinde hielten und gegen ſeitig auf einander loszuhauen anfingen , bis ſie denn erkann ten, daß ſie zu derſelben Partei gehörten. Ende Auguſt war auch die große Schlacht bei Mojaist, von der Ihr auch wohl ſchon Alle werdet gehört haben . Biss
her hatten die Ruſſen mit ihrer Hauptmadit nirgends ſo redyt Stand halten wollen , jeßt aber ſepten ſie ſich hier recht feſt und wieſen dem Bonaparte tüchtig die Zähne. Eine feſte Stellung hatten ſie hier eingenommen und große Scanzen, die mit Kanonen über und über beſeft waren , aufgeworfen . Das war denn feine leichte Sache für die franzöſiſche Armee,
die Ruſſen von hier zu vertreiben, und viel Blut ward jeden falls dabei vergoſſen. Schon vom frühen Morgen fing deiin das Gefrache der Kanonen an , wie id) es ſeit dem unglück lidyen Tage von Jena nidyt mehr gehört hatte, und der Erd boden zitterte förmlich. Wir mußten lange im heftigen Feuer von ruſſiſdien Batterien halten, dod gingen die meiſten Kugeln derſelben über uns weg und ſchlugen in franzöſiſche Küraſſiers
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Regimenter ein, die hinter uns aufmarſd irt waren. Ein an : genehmes Vergnügeu iſt es aber nicht , wenn man ſo ruhig den Säbel in der Scheide im feindlichen Feuer halten , und fich beſdießen laſſen muß , ohne ſich nur rühren zu dürfen , oder ſelbſt etwas zu thun . Da iſt es ganz anders, wenn die
Trompeten das Signal zum Galopp blaſen , die Säbel vorges legt werden , und es nun vorwärts haſte nidyt geſehen , in den Feind geht. Doch das kann nun nicht immer ſo ſein , ein
Regiment muß auch ruhig im feindlichen Feuer halten fönnen, wenn es der Befehl nun einmal ſo mit ſich bringt, und thut es dies nicht, ſo taugt es auch nicht viel. Mit großem Muthe griffen aber die Franzoſen an dieſem Tage die Ruſſen an, das muß man ihnen laſſen . Der frans zöſiſche Kaiſer war ſelbſt auf dem Plage und wo der war, da fleckte es gleich) ordentlid), und es wurden nicht viele Umſtände
gemacht. Ihr „ vive l'empereur" riefen die Regimenter, wenn fie den Kaiſer ſahen, und dann dyrie Alles : ,,en avant , en
avant" , was ſo viel heißt, wie bei uns, „vorwärts, vorwärts" und nun ging es in das feindliche Feuer hinein . Wenn auch ganze Reihen zuſammenſtürzten , es durfte dies nichts ausmas chen , die Uebriggebliebenen ſtürmten doch darauf los. Wie die Mauern ſo feſt ſtanden die Ruſſen , und ganze Glieder .
von ihnen ließen fidy lieber niederſdießen , als daß ſie vom Plage wichen ; aber es half ihnen dies alles nichts, fie mußten zulegt doch die Stellung räumen und den Franzoſen den Weg
nach Moskau offen machen. Ganze Haufen von Leiden las gen oft hier auf einem Plaße beiſammen , und der Boden war von allen den vielen Kanonenkugeln ſtellenweiſe faſt wie auf
gepflügt. Ja, ſo eine ordentlich große Bataille , wo es recht fdarf her geht , iſt wahrhaftig kein Kinderſpiel , das konnte 1
man auch hier wieder bei Mojaisk jeben.
Viel Blut hatte
der Bonaparte hier wieder auf ſeinem Gewiſſen, denn wäre
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er in ſeinem Frankreich geblieben , wie es ſich gehörte , und nicht in Rußland eingedrungen, wo er nichts zu ſuchen hatte, fo hätten alle die vielen tauſend Menſden , die auch hier wies der fielen, nicht umfommen müſſen . Na , es ſollte wohl fo **
ſein. Uebrigens waren es nid)t allein die Franzoſen, die hier das Hauptkämpfen thaten, ſondern auch viele deutſche Trup
pen, die der Bonaparte bei ſid hatte , zeichneten ſid, an dem Tage ſehr aus. So beſonders auch zwei Regimenter fönig lich ſächſiſche Küraſſiere, ſdöne, ſdywere Kavallerie, wie ſie im
ganzen Heer nicht beſſer war , die madyten eine ſehr gute Attaque auf eine ruſſiſche Sdanze, die ganz mit Kanonen be: ſeßt war, und nahmen dieſelbe troß der heftigen Gegenwehr der Ruſſen endlich ein. Das war denn cine ſo brave Reiter that wie ſie nur gedacht werden konnte, und wir hatten una ſere herzliche Freude darüber, denn wir ſahen die Sachſen als unſere halben Landsleute an , und vertrugen uns ſtets ſehr
gut mit ihnen , wenn wir zuſammenfamen. So gegen die Franzoſen müſſen auch alle braven Deutſche immer feſt zu: ſammenhalten, das iſt nicht mehr wie ihre verdammte Schule digkeit. Na , wir preußiſchen Huſaren waren an dem Tage bei
Moſaisk denn auch nicht faul und hieben tüchtig auf die Ruſs ſen mit ein . Beſonders zuleßt, als ſie ſchon den Rückzug ana fingen, mußten wir ihnen nody nachſeßen , ſo müde unſeren Pferden auch ſchon waren , und ihnen noch viele Gefangene abnehmen . Durch all den Verluſt, den unſer Regiment nun ſchon in Rußland erlitten batte, war es ſo herabgebracht wors
den , daß die Schwadronen gar zu klein wurden. Nach der Schladt bei Moſaisk wurden wir denn nun , ſtatt wie bisher
in 4 , jo jeßt nur noch in 2 Sdwadronen eingetheilt. Die eine Scwadron bildeten die Brandenburgiſchen , die an:
dere aber wir Pommerſchen , oder wie wir uns lieber nann
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ten , Blücher’ſchen Huſaren , und waren mir zuſammen nur nod) an 259 Mann in Reihe und Glied ſtarf.
Als wir über
die ruſſiſde Grenze gingen , hatten wir noch an 600 Pferde, daraus fönnt ihr abnehmen , wie vielen Verluſt wir bisher
Tchon gehabt hatten. Doch es ſollte noch ärger fommen .
Jegt aber, Kinder, denfe ich , daß id) mit dem Erzählen auch eine Weile aufhören thue. Die Kehle wird mir ſonſt von all dem vielen Sprechen zuleşt ganz trocken , und das
thut ſchon am Morgen nicht gut. Na, id ſehe denn audy, daß Ihr mit der Pußerei Alle fir und fertig geworden ſeid,"
wandte ſich der alte Erdmann jept an die Huſaren. „ So, die Sättel und Zäume ſeben nunmehr wieder ordentlich und blank aus, wie es ſich gehört, und wenn jeßt auch über Nu wieder
der Befehl zum Ausrücken fäme, ſo könnten wir gleich wieder eine Parade aushalten , ohne uns ſchämen zu müſſen . So muß es aber immer bei preußiſchen Soldaten ſein , oder das Wetter ſollte dazwiſden fahren . Jekt ſollt Ihr aber auch mal ſehen, daß uns das Mittagsbrod noch mal ſo gut ſchmef ken wird. Ich glaube ſchon, unſer Herr Wirth , der gar ein lieber, ſcharmanter Mann zu ſein ſcheint, und die preußiſchen Soldaten gerne haben thut , wie er mir geſtern ſelbſt ſagte, 1
läßt ordentlich uns wieder anfoden . Ja , ein Herren leben führen wir hier, das muß wahr ſein und was das Eis
ſen und Trinken anbelangt, kann es der Soldat nirgends auf der ganzen Welt beſſer haben. Alſo nu man an die Tiſche und dann in die Ställe, unſeren Pferden auch die Wartung anzuthun." Mit dieſen Worten ſtand der alte Erdmann auf,
und die übrigen Huſaren folgten bald ſeinem Beiſpiele.
Drittes Kapitel.
Mit luſtig blajenden Trompeten an der Spige marſdirte eine Schwadron preußiſder Huſaren über die Nedfarbrücke in
Heidelberg ein . Stramm und gerade wie es ſich gehört, wenn ,, das Gewehr aufgenommen " und der Säbel feſt auf die Hüfte geſegt iſt, ſaßen zwar die Reiter in den Sätteln, fonn ten aber doch nicht umhin , die Augen neugierig nach allen
Nichtungen umherſchweifen zu laſſen. War doch aber audy die Gegend hier zu dönt , denn mit Recht verdient Heidel bergs Brücke den hohen Ruhm , den ſie ihrer Ausſicht wes gen in ganz Europa fich ſchon erworben bat. Und wie nun
die Schwadron in die Stadt ſelbſt hineinritt , um auf dem Marktplaß fich aufzuſtellen , dort die erforderlichen Quartiers billets zu empfangen, da ſchauten gar neugierige Mädchenköpfe aus allen Fenſtern auf die ſchmucken Reiter berab , daß dieſe faft unwillkürlich wieder hinauf ſeben mußten. Erröthend und beimlich lachend wichen ſie dann wohl hinter die Vorhänge zurück, wenn hie und da ein munterer Fuſar einen gar zu
muthwilligen Blick hinauf warf, oder ſelbſt ſogar heimlich und idynell das Zeiden eines Ruſſes machte . Aber welche Aufmerkſamkeit erregte es gar unter viclen
dieſer Mädchenköpfe, als ſie in Einem der Huſaren , der hins
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ten zulegt , neben dem alten Unterofficier ritt, dem nur nodi ſpärliche weiße Haare unter dem Kolpack hervorſaben, plößlich
den jungen, reichen Grafen wieder erkannten , der vor noch nicht zwei Jahren hier als Student gelebt hatte. Ein flotter, luſtiger Student, Chargirter im Corps der Boruſſen , war der preußiſche Herr „ Graf“ geweſen , und die harten Thaler ließ er ſpringen , daß es nur eine Luſt war , und von dem großen Wechſel, den er in jedem Semeſter geſchidt bekam, blieb wahrlich nichts übrig .
War daber wohl gelitten im ,, Badiſchen
Hof" und auf den Bällen des Muſeum , wo er als flotter, gern geſehener Tänzer den Profeſſoren - und Geheimrathstöch: tern gar ſtarf die Gour machte, und in Neckar Steinach und bei dem Wirth oben auf dem Schloſſe , aber auch auf der
Menſur , wo er eine gute Klinge zu führen und das Corps der Boruſſen gar muthig zu vertheidigen verſtand. Und nun der hier ſo als gewöhnlicher Quſar nicht beſſer noch ſchlechter
als ſeine übrigen Kameraden neben ihm in Reihe und Glied, das wollte den guten Leuten zwar gar nid)t recht begreiflidy erſcheinen , und gar mandes Geziſchle und Köpfezuſammen : geſtece, gab es deshalb. Wußten fie doch hier in Baden noch nicht, daß immer in Preußen ſelbſt der vornehmſte Graf es
ſich zur Ehre anrechnen wird , ſeine Dienſtzeit als gewöhnli cher Soldat abzudienen, und weder die Ahnen noch gar die vollen Geldſäcke des Vaters , ihn von der ehrenvollen Ver
pflichtung, dem Heere, dieſem Kleinod des Landes, eine be ſtimmte Zeit anzugehören, befreien können . Wahrlich dieſe all gemeine Dienſtzeit für Vornehm und Gering, Reich und Arm ,
iſt eine Einrichtung , auf die Preußen mit Recht ſtolz ſein fann.
Auch dem jungen Grafen, der ſeit vorigem Frühling als Freiwilliger im Regimente diente, und auch ſchon mit in Jüt: land geweſen war, machte die Verwunderung darüber, daß er
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jeßt hier als bloßer pujar einritt, die er allenthalben erfen
nen konnte, vielen Spaß . Freundlich lächelte er allen ſeinen früheren Befannten und Befanntinnen in den Fenſtern 311 ,
und grüßte beſondere Lieblingstänzerinnen von ſid ), auch wohl
vorzugsweiſe durch Neigen mit dem Kopfe. An dem Abend ward in allen Damenfreiſen Heidelberg8 von nichts als von dem reichen Graf, der jeßt als Gemeiner mit den preußiſchen Huſaren eingezogen wäre , geſprochen , darauf fonnte man ficher ređịnen . Glaubte doch manche vorſorgliche Hausfrau nunmehr, das ganze Regiment beſtände am Ende aus fauter ſolchen vornehmen Soldaten, und ward dann wieder ſehr ent täuſcht, als die bei ihr einquartierten Huſaren als gute ehr:
lidye Bauernföhne aus Pommern oder der Mark Branden : burg fich zeigten . Ein dicker Speckpfannfuchen , mit einem guten Glas Bier , oder auch ein Sdoppen Wein in Ge:
fellſdaft des freundlichen Küchenmädchens verzehrt , war die ſen lieber , wie eine Theegeſellſchaft mit kleinen Kuchen und vielen äſthetiſchem Geſchwäß im Salon der Frau Profeſſorin , wozu dieſe ihre Einquartierung zuerſt hatte einladen wollen, es ja redit gut zu madjen. Zu gar manchen fomiſden Mißverſtändniſſen gab beſon ders anfänglich, bevor die Einwohner im Badiſchen ſich erſt mehr darin gefunden hatten , dieſe allgemeine Dienſtzeit bei der eingerückten preußiſchen Armee Anlaß. Da ward dem einzelnen, vornehmen, gebildeten Freiwilligen gerade nicht zu ihrem ſonderlichen Ergößen, ihr Bett in der Kutſcherkammer
aufgeſchlagen, während vielleicht im Hauſe nebenan der früs here Bauernknecht Thee mit der gnädigen Frau trinfen , und dann eine Sonate von Beethoven, auf dem Klavier von der
Tochter vorgetragen , mit anhören ſollte. Nun das ſchadete aud) nid) ts, waren doch alle preußiſche Soldaten alſo in der
Hauptſache einander ganz gleich, und ſo dieſe fleinen Miß .
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verſtändniſſe und Verwedſelungen , die gliden ſich bald wieder aus, und madyten oft vielen Spaß. Als aber auf dem Markte
die Huſaren ihre Einquartierungsbillets erhalten hatten , und einzeln abzogen , ſich die ihnen angewieſenen Quartiere zu ſus
den, trat der junge Graf, der als Freiwilliger diente, an den alten Erdmann, in deſſen Beritt er war mit den Worten heran : Haben Sie die Güte , Vater Erdmann , alle Unterofs
ficiere der Schwadron , und die puſaren unſeres Beritts , in 1
meinem Namen einzuladen , heute Abend nach dem Stalldienſt einige Flaſchen guten Wein dort oben in der Wirthſchaft vor
dem Schloſſe , mit mir auszuſtechen. /
Bin daſelbſt früher
als Student oft ſo luſtig geweſen , und ſoll es mir heute
Abend ein beſonderes Vergnügen ſein , mit meinen Kamera den den Huſaren audy mal dort zuſammen zu trinken. Der dicke Wirth da oben fennt midy noc ) , und ſucht uns gewiß ein gutes Fäßlein aus . und reicht das Geld nicht, ſo weiß 1
er von früheren Zeiten noch trefflich die Kreide für mich zu führen , " ſegte er noch ladend hinzu , wie er nach dem „ Badi ſchen Hof“ , in dem er ſich für eigene Redinung einquartiert 1
hatte, abritt.
Auf dem freien Plage , nahe an der ſo ſehr ſchön geles
genen Heidelberger Süloßruine, laß am Abend denn gar eine luſtige Geſellſchaft von Unterofficieren und Huſaren der heute eingerückten Swadron zuſammen.
Unter vielen Bücklingen ,
und ganz gehorſamſt aufzuwarten" und „, was der Herr Graf zu befehlen geruben " , wie es ſo die Gaſtwirthe gegen viel
verzehrende und freigebig zahlende Gäſte im Gebrauch zu ha ben pflegen , batte der Wirth alle Anordnungen des jungen
Freiwilligen genau befolgt. Mehrere Tiſche waren zuſammen gerückt und Bänke um dieſelben geſtellt , ſo daß die 30 bis 34 Gäfte des jungen Gaſtgebers bequem Plaj fanden. Ein Fäßlein mit gutem rothen ,, Affenthaler" lag auf der einen ,
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mit weißem „ Markgräfler" aber auf der andern Seite des Tijdes , der überdies mit faltem Braten, Schinken , Frankfur:
ter Bratwürſteln , Sdyweizerfàſe und ähnlichen derartigen Saden , nach denen der Wein doppelt gut mundet, reid) beſcßt war. Auf der oberen Seite des Tiſches präſidirte der alte Unter :
officier Erdmann, als der mit Nedyt geehrteſte Gaſt der gan.. zen Geſellſchaft, ihm gegenüber ſaß der junge Freiwillige. Beide wadyten mit fleißigem Eifer die Einſdyenfer und erhiel- ! 1
ten gar oft die geleerten Sdoppengläſer zum Füllen . Der leichte und dabei doch gute Wein mundete den Huſaren gar
vortrefflidy, und wenn Jeder ſich auch ſorgſam damit in Act nahm fidy einen Rauſch anzutrinfen , ſo ließ man ſich doch
jonſt die edle Gottesgabe gar wohl ſdymecfen . Dazu hatte der Rittmeiſter , auf die Bitte des jungen Freiwilligen , der
ganzen Geſellſchaft erlaubt aud über die Retraite auszublei ben , und da morgen ohnehin ein Raſttag war , ſo brauchte
man es mit der Zeit nicht ſo genau zu nehmen . Wir waren denn da ſo recht vergnügt, wabrlich in dem glänzendſten Pracht jaal fonnte nicht mehr , oder rid)tiger, nidyt halb ſo viel bei:
terfeit herrſchen , wie hier dieſe Geſellſdaft preußiſdier Huſaren zuſammen zeigte. Die erſte Geſundheit, die ausgebradyt wurde, galt , wie natürlich immer wenn preußiſde Soldaten beiſam
men ſind , Sr. Majeſtät dem König , dem Herrn des Heeres,
die zweite aber dem Prinzen von Preußen , dem ritterlidhen Führer der Soldaten , der ihr Stolz und ihre Freude war, und mit jubelnder Begeiſterung von ihnen empfangen wurde, wo er fid, immer nur blicken ließ ; dann allen preußiſchen ýu ſaren, dann den Officieren des Regiments und auch beſonders der Sdwadron , der man angehörte , dem alten Unterofficier Erdmann , dem älteſten und dabei ſo würdigen Veteran der preußiſchen Armee , und zuleft allen hübſchen Mädchen in Baden, welche die Soldaten gerne bätten , wurden laute Furs
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rahs gebracht. Daß man den jungen Freiwilligen , als frei gebigen Wirth , dem man dieſen vergnügten Abend verdankte, dabei nicht vergaß , war natürlich. Der danfte denn wieder mit herzlichen Worten und brachte die Geſundheit ſeiner jegi: gen braven Kameraden , in deren Geſellſchaft er fich ſo wohl befinde wie ihm nur immer ſein könne, wieder aus, und ſtieß dann mit allen Unterofficieren wie Huſaren vertraulich an.
Waren doch Alle für den Augenblick ſeine Kameraden, trugen fie doch mit Ehren den gleichen Dolman , wie er ; was machte es alſo aus , wenn ſpäter , nach beendeter Dienſtzeit, das Les ben ſie wieder trennte und in ſeine verſchiedenen Kreiſe zu rückführte, den Einen in das ſtolze gräfliche Sdloß , den An dern vielleidyt in das niedere Haus des Tagelöhners daneben. Und wie nun die Huſaren Geſundheiten genug ausges
bracht hatten und auch das laute Singen fie nicht mehr freute, da hieß es wie immer in ſolchen Fällen : „Erzählen Sie, Va: ter Erdmann , erzählen Sie , haben Sie man die Güte da
anzufangen , wo ſie lepthin aufhören thaten .“ Gern willfahr tete der Alte audy diesmal wieder ſolchem Wunſche, denn ihm machte das Erzählen faſt eben folches Vergnügen , wie den 1
Anderen das Zuhören .
Wird man es dod häufig bei alten
Soldaten, die viel im Felde geweſen ſind , finden , daß ſie es ſehr lieben , von ihren früheren Thaten den jungen Kameras den ſpäterhin viel zu erzählen , und ſo im Geiſte dieſelben nochmals durczumachen.
So ſchmunzelte audy jeßt der Alte wieder bei dieſer Auf
forderung und brannte ſich ſein Pfeifchen friſch an , während der junge Freiwillige ſeine übrigen Gäſte freigebig mit guten Gigarren verſorgte. „ Na , ſo kann denn die Erzählerei wies der losgehen ," fing der Unterofficier nun an , gerade an ſols
chem Abend, wo wir hier gar ſo vergnüglich bei dem guten Wein beieinander fiken und uns in Eſſen und Trinken nichts
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abgeht, läßt es ſich doppelt gut von dem Feldzug in Ruß land und dem ſdyrecklidyen Rückzug aus dieſem Lande erzählen." „ Als der Bonaparte denn die Ruſſen bei Moskau vers trieben hatte, obſchon ihm dies einen grauſamen Verluſt an Pferden und Menſchen foſtete, ſo dauerte es denn nicht mehr
recht viele Tage und wir rückten nad Moskau , was ſo die alte ruſſiſche Hauptſtadt iſt, heran. Ein paar kleine Gefechte,, wobei aber doch nicht viel heraustam , hatten wir nod) unters
deſſen mit den Ruſſen , recht ernſthaft aber hielten dieſelben
nicht mehr Stand. Der ruſſiſche Obergeneral hatte bei Moss fau eingeſehen , daß er im freien Felde dem Bonaparte deca noch nicht gewachſen ſei, und ſelbſt beim beſten Willen die Þauptſtadt nicht beſchüben könne. Da waren denn die Ruſſen lo pfiffig und gaben dieſe auf , um die Franzoſen immer ties fer in ihr Land hinein zu ziehen, ſo daß ſte zulegt dann den
Ausgang nicht mehr finden konnten. Die Ruſſen wußten wohl , was ihr Winter zu bedeuten habe , und daß die Kälte
und der Mangel an Lebensmitteln die Franzoſen dann ſchon von ſelbſt aufreiben müßten . ohne daß ſie nöthig hätten ihre eigene Armee dabei in großen Verluſt zu bringen. Der fran zöſiſche Kaiſer aber wußte nicht , was ſo ein rechter ruſſiſcher Winter heißt , und wenn die klugen Leute aus ſeiner Umges
bung ihm auch eine gehörige Vorſtellung davon madsten , ſo foll er doch keine Vernunft hierin haben annehmen wollen und auf väterlichen Rath nicht gehört haben , ſo ein großer Sclaufopf er dod aud ſonſt war.
Ordentlich als wenn er
diesmal mit Blindheit geſdlagen wäre , ſoll es geweſen ſein , wie die Herren Officiere bei uns erzählten . Es mag dies viel leicht in Gottes gnädiger Abſicht ſo gelegen haben , daß dem
Bonaparte feine große Madht hier in Rußland zuerſt einen ordentlichen Knacks bekommen ſollte.
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Na , als wir dann eines dönen Morgens die große Stadt Moskau
mit ihren vielen Kirchthürmen und ſtolzen
Shlöſſern, von der Sonne hell beleudytet, vor uns liegen jaben, da war , beſonders bei den Franzoſen , die Freude gewaltig groß. Als wenn ſie verrückt wären , ſo langen und ſprangen ſie herum und riefen ihr „ vive l'empereur " , wie das denn nun ſo ihre Art immer iſt. Jeßt glaubten ſie , daß ſie die
Herren der Welt ſeien , und nichts mehr ihnen widerſtehen fönne , und auch die Beſdywerden des Feldzugs ſollten jeßt, nach ihrer Meinung, zu Ende ſein. Ja, proſte Mahlzeit, jeßt fing das Elend erſt recht an , und was vorher geweſen war, war nichts gegen das , was nun nod) fommen ſollte. Dag wir preußiſden Fuſaren bei dem Anblick von Moskau gleiche
Freude gehabt hätten, wie die Franzoſen , fann ich nicht ſagen. Die Ruſſen waren immer mehr unſere Freunde wie Feinde
geweſen , obſchon wir uns jebzt nach beſten Kräften mit ihnen berumbauten , und ſo konnte es uns denn aud kein ſo abſont: derliches Vergnügen gewähren, daß der Bonaparte ihnen jest
ihre Hauptſtadt einnahm. Freilich auf die guten Quartiere, die wir da zu finden hofften, freuten wir uns auch nicht wes nig , wie das der Soldat ſo im Felde zu thun pflegt. · Aber da hieß es bei uns auch wieder ſich das Maul abwiſchen, ohne davon gekoſtet zu haben. " Es iſt ſo die Art der Franz zoſen , daß die fremden Truppen , die mit ihnen gemeinſam .
fedyten müſſen , wenn es Gefahren und Beſchwerden giebt,
immer gewiß ihr reid;liches Theil mit davon abbekommen , ob ſchon ſie den Ruhm und die Ehre davon immer möglichſt gern allein für ſich nehmen wollen . Giebt es aber etwas Gutes,
dann nehmen die Franzoſen immer gewiß das beſte Stück das von allein für ſich weg und laſſen den Anderen nur das, was fie ſelbſt nicht haben mögen. So fam denn auch jest wieder
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unſer Huſarenregiment gar niçit nach Moskau hinein, ſondern mußte um die Stadt herum noch weiter vorwärts marſchiren .
Daß wir da manche böſe Geſichter machten , und auf den Bonaparte nicht wenig von unſern Leuten geflucht ward, läßt fich denken. Na , id für meine Perion machte mir nidyt viel daraus, und dadyte mir immer : ,,Nimm's wie es fommt!"
Als wir denn noch hinter Mosfau ſo bei Kaluga ſtan den, hatte id das Unglück , daß ich bei einem kleinen Gefedyt mit den Ruſſen einen leichten Lanzenſtich von einem Koſaken
in den rechten Arm bekam. Nun war das zwar nur ein klei ner Fleiſchriß , der gerade nidyt viel zu bedeuten hatte , allein ich konnte dod meinen Säbel auf ein paar Wochen gewiß
nicht ſo ordentlich gebrauchen , wie es ſich für einen Huſaren gehörte. Mit 12 - 15 Mann , meiſt von den Brandenburgis ſchen Huſaren , ward id nun von dem Regimente fort nach
Moskau geſchickt , um dort ſo eine Art von Depot zu errich ten und alle die Hujaren von unſerem Regiment, die ſich dort einfinden würden , zu verſammeln . Ich war zwar anfänglid nicht wenig falſch darüber , daß ich ſo auf dieſe Weiſe von
unſerem Regimente abfam , und hernach war dies doch das größte Glück für mich, denn ſdywerlich wäre ich ſonſt lebendig 1
aus Rußland wieder herausgekommen . In dem Moskau war aber eine Wirthſchaft, daran werde ich mein ganzes Lebtag zurückdenken.
Was ſo die meiſten Einwohner davon waren,
die hatten fich noch vor dem Einzug der Franzoſen geflüchtet, ſo daß dieſe meiſt nur die leeren Häuſer vorfanden . Da war denn an cine ordentliche , reguläre Einquartierung nicht mehr
zu denken geweſen , ſondern die einzelnen Kompagnien und Bataillone, die alle don ſehr zuſammengeſchmolzen waren,
und kaum die Hälfte ihrer Mannſchaft mehr in den Gliedern batten , quartierten fich in die leeren Häuſer ein , die ihnen gerade am Beſten zu gefallen ſchienen. Auch an Lebensmitteln II.
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feblte es ſehr, denn was die Ruſſen von dieſen hatten mit fortbringen können , war von ihnen mitgenommen , oder ſonſt doch das Meiſte davon zerſtört worden. Die Soldaten fingen nun an alle Häuſer bis auf die Keller nach Lebensmitteln zu durchſuchen , und bei dieſer Gelegenheit ward denn , wie das 1
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immer ſo zu gehen pflegt, Alles geplündert und geraubt. Biel Geld und koſtbare Sadyen aller Art wurden noch verſtedt
aufgefunden, und es gab Soldaten, die ſich ihren ganzen Tor niſter mit Ringen und goldenen oder ſilbernen Uhren , oder auch ſogar mit baarem Gelde vollgepfropft hatten. Na , die Meiſten brachten von all dem Gelde nichts aus Rußland mit
heraus, ſondern mußten Alles ſpäter wieder ablegen , um ſid) nur das liebe , nackte Leben zu retten.
Und gar andere
ſchöne Sadyen , als ſeidene Tücher und Kleider und Pelzs werk und Gott weiß was noch Alles , das konnte man
jeßt für ein Spottgeld von den plündernden Soldaten ſich einkaufen . Für einen einzigen Thaler faufte id mir hier ei
nen ſchönen feinen Mantel mit Pelzfragen, der mir ſpäterhin, als es kalt ward , noch die beſten Dienſte geleiſtet hat. Das bei war denn eine Unordnung unter allen dieſen Soldaten, die wahrhaftig ganz ſchrecklich ſich mit anſeben ließ , und die
Subordination fing an immer mehr und mehr abzunehmen. Daß das Ding hier in Rußland fein gutes Ende nehmen
würde , konnte man jeßt ſchon an den fünf Fingern fich abs zählen ; denn wenn erſt die Subordination aus einer Armee
hinaus zu geben anfängt, iſt dieſe immer ſchon mehr als halb verloren. Gar hier bei den vielen Truppen , die ganz vons einander verſchieden waren und allerhand Sprachen redeten,
fonnte ſo noch leichter die Inſubordination einreißen. Die Franzoſen ließen ſich nicht gerne etwas von den deutſchen
Officieren ſagen , und die deutſchen Soldaten wieder nicht von den franzöſiſchen und welſchen Officieren , und ſo ward Un
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ordnung über Unordnung bald immer größer. Dabei fing es jeßt in dem großen Moskau bald hier bald dort an zu brens nen , und da feine ordentlichen Löſdygeräthſchaften zu finden waren , die Soldaten fidy audy anfänglich nicht viel um die Feuer fümmerten , ſo wurden dieſe immer größer und zahl
reicher. Anfänglich da glaubten Alle, daß dieſe Feuer aus Zufall und Unvorſichtigkeit entſtanden wären , da viele Sol daten fidy ohne Weiteres ihre Kochfeuer anzündeten, wo ihnen dies gerade am Bequemſten war ; bald aber fand man , daß die Ruſſen ganze Banden von Mordbrennern in der Stadt zurück gelaſſen hatten, damit ſie dieſe an allen Ecken und Kanten ans
ſteden ſollten . Solche Wuth hatten die Ruſſen gegen den Bos naparte und ſeine Franzoſen , daß ſie ihre ſchöne Hauptſtadt ſelbſt lieber verbrennen wollten , als ſie den Feinden im Beſig zu laſſen. Es iſt dies gewiß wahr und mit meinen eigenen Augen habe ich geſehen , wie die Franzoſen einmal drei Kerle einfingen , die ſoeben Pechkränze in Häuſer gelegt und dieſel ben angeſteckt hatten. Kein Wort war aus dieſen Kerlen, die lange Bärte hatten und halb beſoffen zu ſein ſchienen, heraus zu bekommen, und ohne nur mit dem Geſicht zu zucken
ließen ſie ſich von den erboſten Soldaten mit Füßen ſtoßen und ſonſt mißhandeln. Eine Viertelſtunde, nachdem man ſie gefangen hatte , wurden die Mordbrenner ohne Weiteres auf gehängt, und ſo geſchah es mit Allen, die den Soldaten noch 1
auf dieſe Weiſe in die pände fielen. Aber auch ſonſt ge idahen von den Soldaten oft viele Schändlichkeiten , die nur
jelten ihre gehörige Strafe fanden , da wie geſagt, alle Zucht und Ordnung immer mehr aufzuhören anfing. Gleich an dem zweiten Tag , daß ich in Moskau war, hatte ich Gelegenheit zwei unſduldige Frauenzimmer ſo vor Soldaten zu retten, worüber ich mich ſehr freute. Mit ſechs oder acht von unſes ten Huſaren ging ich nämlich in einer Straße, um zu ſuchen 5*
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etwas Futter für unſere armen Pferde, die faſt lauter Şaut
und Knodien nur noch waren , zu bekommen . Wie wir denn ſo vor einem großen Hauſe, was ganz vornehm ausſah, vor: beigehen, hören wir eine Weiberſtimme in demſelben denn gar erídyrecklid, freiſden und um Hülfe rufen. ,, vier geht es nicht
mit rechten Dingen zu , “ ſage ich zu meinen Huſaren ; „ laſt uns mal hineingeben und ſehen was es giebt ; leicht mögli , daß wir ſo ein Frauenzimmer, der man Gewalt thun will, in Sduß nehmen können , und das iſt für uns als ordentliche
preußiſche Huſaren unſere Schuldigkeit.“ Na , wir liefen in das Þaus, was ganz offen und leer ſtand , hinein und dem Gefreiſche der Weibbſtimme, das gar nicht aufhören wollte, nach. Durch eine lange Reihe von Zimmern , die gewiß ſehr ſchön geweſen ſein mußten , jeßt aber ſehr verwüſtet und aus: geplündert ausſahen , kamen wir denn , immer dem heftigen Geſdrei nachlaufend , in das leßte Zimmer. Hier lag auf ei
nem ſchönen Bette ein altes Frauenzimmer ſdhon ganz beſins nungslos , während drei Soldaten , wie es ſchien Welſche, .
einem ſchönen ; bildſauberen Mädchen die Kleider vom Leibe
abreißen wollten, und ſie zu dieſem Zwecke ſchon auf die Erde
niedergeworfen hatten. Dieſe war es aud ), die ſo gewaltig ſchrie, denn wenn wir nicht noch glücklicherweiſe zur rechten Zeit gekommen wären , ſo hätte es ihr leidit noch um Vies les ſchlimmer ergehen können. Die Plünderer ſahen ſchon ſo aus , als wenn von ihnen das Allerböſeſte zu erwarten ſein könnte, und wenn ſo ein armes Frauenzimmerchen in die Hände von drei erhißten welſchen Soldaten , bei denen gar keine Zucht mehr iſt, zu fallen das Unglück hat , kann ihr oft gar Arges pafſiren. Na , diesmal war es denn Gottes gnädiger
Wille, daß ſie durch uns gerettet werden ſollte. Wir riefen nun den Plünderern zu , die ſo gierig waren , daß ſie unſer Kommen ganz überhört hatten, ſie ſollten von ihrer That abs
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laſſen und fid fortpaden , oder wir würden ihnen auf den
Buckel ſteigen. Die Kerle ließen nun zwar für den Augen blick von dem Mädel ab , ſo daß dieſe vom Boden aufiprina gen und in ganz gutem Deutid ausrufend : ,, Helfen ſie mir, retten fie mich !" auf uns zulaufen wollte. Einer der Wel
iden hatte aber die Dreiſtigkeit gar , das Mädchen jeßt wie der an den Haaren zu faſſen , um ſie ſo von uns zurückzuhal ten ; befam aber von dem Huſaren , der zunächſt ſtand , eine
ſo gewaltige Maulídelle dafür, daß er ordentlich zurücftau melte und das Middien wohl loslaſjen mußte. Na , dieſe
Maulſchelle die war denn ſo verdient, wie nur je eine geges ben worden iſt. Die übrigen Kerle , die fingen jetzt in ihrer welíden Sprache an , die fein vernünftiger preußiſder Huſar verſtehen fann, gewaltig auf uns zu ſchimpfen und zu foutren , und ballten die Fäuſte und madyten ſo viele Firlefaren und
ſchnitten ſo grimmige Geſidyter, daß wir laut darüber zu laden anfangen mußten. Als aber die Kerle fidh gar nicht fortſdees es dies ſchon ein paar ren wollten , obgleich ich ihnen denn tnun Mal auf ordentlich Deutid, gejagt hatte , da verlor id denn
auch endlich die Geduld und rief zu meinen pujaren : ,, Na
nu Jungens, nu ſchmiet dat Racertüüg man ut dat Huus herut, und wenn fee nich gootwillig gabt, ſo gäbt ſee od) eent paar tüdytige Ribbenſtöße mit up den Weg." Das ließen ſich denn meine Pommerſchen und Brandenburgiſchen Jungen , die jo darüber mit Redyt erboſt waren , wie die Welſchen das
arme Frauenzimmer hatten mißhandeln wollen, nicht zwei Mal ſagen. Haſte nicht geſehen , faßten im Nu ihre zwei Mann ſo einen Welſchen unterm Arm , und wenn der ſid) gar weh ren und nidyt qutwillig folgen wollte, ſo belehrten ihn ein
paar tüchtige Fauſtſtöße bald eines Beſſeren.
So ging es
denn raſch mit ihnen durch alle Zimmer und die Treppe hin
u nter und ſdwabs zur Hausthür hinaus, wo Jeder denn noch
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einen gar wohlverdienten Fustritt auf den H ..... mit auf
den Weg bekam. Da hatten wir denn gar raſd das Haus von dieſen unſaubern Gäſten rein gemacht. Das alte Frauen zimmer war jeßt auch wieder zur Beſinnung gekommen und die Junge hatte ſich ihre Kleidung ſdion in Ordnung ges bracht.
Na, wie die Beiden ſich denn bei uns bedankten und
yar viele und ſchöne Redengarten machten , denn ſie konnten ganz gut Deutſch ſprechen, könnt Ihr Euch wohl denken. So ſind die Frauenzimmer ſich darin in der ganzen Welt ſo ziem lich gleich, daß es ihnen auf ſo ein paar hundert Worte mehr oder weniger nicht ankommt, und ſie ſich denken , daß der liebe Gott den Mund nicht umſonſt zum Sprechen gemad)t hat. Wenn denn ſo ein Frauenzimmerden noch recht jung
und hübſch iſt, und man ſelbſt ein junger Kerl noch iſt, jo hört ſich ſold) ein Diskurs denn oft gar nicht ſchlecht an, ob ſchon man in meinen Jahren nicht mehr viel danady fragt, ſo daß ich jedem Frauenzimmer , wenn ich merke , daß ihr das Mundwerk gar zu loſe ſteht, ſo weit als nur immer möglid aus dem Wege zu gehen ſuche. Ja ladyt nur darüber, recht babe ich doch damit, und wenn Ihr erſt ſo viele Jahre auf dem Rücken habt wie ich, werdet Ihr es auch ſchon ſo machen.
Das junge Frauenzimmer erzählte uns nun , daß ſie ihs .
rer franken Mutter , die nicht habe forttransportirt werden
können , zu Liebe hier in Moskau zurückgeblieben ſei, als alle anderen Leute geflohen. Sie habe übrigens noch einen alten Bedienten und eine ebenſo alte Köchin bei fid ), die jeßt eben von den plündernden Soldaten in dem Keller eingeſperrt ſein müßten. Unſere Huſaren fanden dieſe aud bald, und ließen fie aus ihrem dunkeln Loche wieder heraus. Das junge Frauenzimmer war die Tocyter eines ruſſiſchen Obriſten , der fich beim Heere ſeines Kaiſers befand , wie ſie uns noder zählte, und bat uns nun ſehr, wir möchten ſie doch nicht al
lein laſſen , da dann die Welſchen gewiß wiederkommen und
ſie noch ärger mißhandeln würden . Da uns nun das Haus ganz gut anſtand , auch noch Stallungen , in denen noch Heu und Stroh war, ſich dabei befanden , ſo quartierte ich mich mit meinem ganzen Kommando dort ein. Die beiden Frauenzim mer waren ſehr vergnügt darüber, daß fie nun Sduß an uns hatten , denn wir ſitten nidyt , daß fremde Plünderer eins drangen , ſondern dymiſjen ſolche, wenn ſie es verſuden woll
ten , ohne Weiteres zum Hauſe hinaus, wie es ſich gehörte. Aus Dankbarkeit gaben uns die Leute im Hauſe denn von den vielen Lebensmitteln , die ſie noch ſehr verſteckt, vergraben
batten, ſo daß wir, was Eſſen und Trinken anbelangt, feinen Mangel zu leiden brauchten . Ja ſogar eine gute Flaſche Wein erhielt jeder Huſar auf den Tag, und damit konnten wir doch
wohl zufrieden ſein. Und wie die Frauenzimmer endlich ſich aus Moskau herausflüchteten , denn das Feuer , das immer größer ward , wollte auch an unſer Haus heran , ſo gab die 1
Mutter mir zum Vertheilen an meine Leute noch an 200 blanke Thaler ſo nach unſerem Gelde, und ſagte, niemals, weder auf Erden noch im Himmel , würde fie es vergeſſen , daß wir preußiſchen Huſaren fie und ihre Tochter vor ſo großem Un glück gerettet hätten. Und das junge Frauenzimmer gab Je
dem von uns zum Abſchied auch noch ihre kleine weiße Patſch hand und bedankte ſich gar ſehr für die Hülfe, die wir ihr
gegen die Welſchen gewährt hatten. Ich habe mir damals den Namen von der Frau Oberſtin aufgeſchrieben , ihn aber ſeitdem ſchon lange wieder vergeſſen gehabt. Ja ſo konnte man es denn alſo ein rechtes Glüc nennen , daß uns das
das Ungefähr damals in dies Haus geführt hatte.
Na,
in dem Moskau , du ward denn die Unordnung von Tag zu Tag immer größer und das ſchredliche Feuer nahm im mer mehr noch zu.
Mein Lebtag habe ich nicht wieder
ſo ein furchtbares Feuer geſehen und es war in der Nađit zulegt faſt eben ſo hell wie am Tage , ſo gewaltig ſchlug die Lobe in den Himmel hinein . Ja das fann nidyt reichen, daß
gar ein paar hundert Häuſer hier verbrannt ſein müſſen , i denn Mosfau iſt eine gewaltig große Stadt und als wir abs
marſdirten , war der Brand nod ) lange nicht zu Ende und ſoll noch mehrere Tage fortgedauert haben . Hier in dieſer brennenden Stadt, bei all der Unordnung
und dem Tumult, wo kein Menſc) faſt aus nod; ein wußte, die verſprengte Mannſchaft von unſerm Regiment zu ſammeln, war nidyt möglid), das fonnte man bald einſehen . Sv bes fam
ich denn nun die Ordre , daß die Leute, die nod ) volls
kommen dienſtfähig wären , mit den beſten Pferden zum Regi mente , was nod ) eine kleine Strecke hinter Mosfau ſtand,
wieder zurückkehren , wir Uebrigen aber , ſo gut wir konnten, nad Wilna marſchiren ſollten , um dorthin alle preußiſchen
Soldaten , die wir unterwegs finden könnten, zu verſammeln. Idy war anfänglid nid)t wenig falſch über dieſen Befehl, denn
ich wollte ungern von meinem Regimente ab. So ſehr ich aber aud) verſuchte, meinen Säbel ſchon wieder ordentlich zu führen, ſo wollte mir dies dody meiner kleinen Bleſſur im rech ten Oberarm wegen noch immer nicht gelingen und ſo war
ich denn freilich beim Regimente in Reih und Glied noch nicht viel zu gebrauchen . Wir 17 Huſaren und ein Herr Officier, die wir Alle in nicht recht dienſtfähigem Zuſtand mehr waren , follten ſo nad Wilna marſciren. Da wir nidt Alle mehr Pferde hatten , und von denen , die wir nod; beſaßen , auch manche ſchon ſo elend und vom Sattel gedrückt waren , daß man ſie nidyt mehr reiten konnte , ſo nahmen wir uns zwei leidyte ruſſiſche Bauerwagen und ſpannten vor jedem Wagen 3 Gäule vor , ſo daß 12 Huſaren zuſammen darauf fahren fonnten , wir übrigen 5 Mann ritten auf unſern Pferden
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nebenher , während unſer Herr Lieutenant, der im Fuße leicht bleſſirt war , ebenfalls auf einem eigenen kleinen Wagen , vor dem er zwei ruſſiſche Bauerpferde geſpannt hatte, fuhr. So marſcirten wir denn einige Tage, bevor der franzö fiſche Kaiſer mit ſeiner Armee abzog , von Mosfau ab , und dieſer Umſtand rettete uns wahrſcheinlich, das Lebent . Wir fa men ſo dem ganzen Heere zuvor , und konnten daher noch leidyter einige Lebensmittel erhalten .
Ueberhaut ſitten wir
nicht ganz ſo viel, wie die Anderen , die erſt nady uns abmar
ſchirten ; wie denn auch von unſerem ganzen ſdyönen Regiment nicht allzuviele Huſaren und nod) weniger Pferde wieder nady
Preußen zurückgekommen ſind . Ein verfluchter Rückmarſd , war es aber aus dieſem Rußland, das könnt Jhr glauben , und mein Lebtag werde id) an die Strapazen , die id) da durd machen mußte, zurückdenken . Ja, wer da nicht eine ganz feſte Natur hatte , der fonnte ſicher ſein , daß er drauf ging , und gar viele, viele Tauſend brave Soldaten mußten auf die elen deſte Weiſe vor punger und Kälte hier umfommen . . Na,
Ihr werdet Alle von dieſem ruſſiſchen Rückz11g anno 1812 idon ſo viel gehört , und auch in den Büchern , die darüber
gedruckt ſind , geleſen haben , als daß ich nöthig hätte, Euch das ſo umſtändlich Alles jeßt noch mal zu erzählen .
Zuerſt wie wir aus Moskau herausmarſchirten , ſo ging noch Alles ſo ziemlidy an , obgleich auch gewiß kein Vergnü gen bei dem Marſde war. Ueber Kälte konnte man nod )
nicht klagen, und auch etwas Proviant an Mehl und Sdyiffos brod hatten wir noch aus Moskau mitgebracht. So konnten wir uns des Abends denn immer eine Brods oder Mehlſuppe
fochen, und wenn der Soldat folde nur immer in Felde has
ben kann, ſo muß er ſchon zufrieden ſein, und darf mit Recht nicht klagen . Sold) Herrenleben, als wir hier jegt im Badi
iden haben , wo es alle Tage faſt Wein und Braten giebt,
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wird man im Kriege nur ſelten finden . Almälig nun ging uns aber unſer mitgenommener Proviant zu Ende, und die Straße, die wir zogen , war ſo verheert und von all den vies len Truppen ſdion ausgefreſſen, daß aud) kein Brödklein mehr auf derſelben gefunden werden konnte , und wenn man am bellen Tage mit der Leucyte darnad; geſucht hätte. Da hieß es denn zulegt marode Pferde fdyladyten und das Fleiſch der:
ſelben verzehren , um nicht Hungers zu ſterben . 1
Pferde,
die vor Hunger bald dem Stürzen nahe waren, gab es aber 1
genug bei uns , und man braudyte wahrhaftig nicht lange -da nad) zu ſuchen.
Außer Tannennadeln , Gras und Zweige,
oder bie und da halb verfaultes Stroh von einem Dache, was
wir abdeckten, bekamen die armen Thiere gar nichts zu freſſen, und ſo waren ſie zuletzt faſt nur lauter Haut und Knochen , uud fielen zu Dubenden um . Na, einen rechten fetten Bras
ten gaben denn dieſe Pferde aud) nicht mehr ab , und ſo die kalte Kalbskeule, die da vor uns ſteht, und in die Ihr ſchon tüdytig eingehauen habt , ſchmeckt ganz anders. Als ich ſo zum erſtenmal Pferdefleiſch eſſen ſollte - es war von einem I
alten Trompeterſchimmel unſeres Regiments, der lange gedient und noch mit bei Jena geweſen , jeßt aber vor Müdigkeit ges ſtürzt war , da grauſelte mir nidt wenig davor. Was man nicht gewöhnt iſt, daran will man zuerſt nicht gern dran, und mein Lebtag hatte ich zwar ſchon viele Pferde geritten , aber noch nie von ihnen gegeſſen. Na , der Hunger bezwang bald alle folche Bedenklichkeiten und nad her habe ich mich oft ge
freut, wenn ich nur immer ſo ein Stück Pferdefleiſch mit Pul ver als Salz darauf, verzehren konnte. Ich kann auch gar nicht einſeben , warum man nicht aud) das Pferdefleiſch eſſent ſollte, da es doch ordentliche, reinſide Thiere ſind, die nichts wie Gras , Heu und Hafer , ebenſo wie die Ochſen und Kühe 1
freſſen. Freilich die verhungerten Beeſter, die wir in Rußland
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effen mußten , fonnten feine fetten Braten mehr geben , und waren lauter Haut und Knoden nur, ſo daß man ſich die
Zähne daran ſtumpf beißen mußte. Oft hatten wir ſpäter kaum Gelegenheit ſie zu braten , und mußten uns begnügen , ſo das rohe Fleiſch von den Knochen abzunagen. Das ſind denn freilid) verflucht dhledyte Biſſen, die ich Gud, nidyt gönnen
will. Ja bei dieſem Rückzug aus Rußland da fällt mir eine Ge ſchichte ein, wozu Hunger treiben fann, die will id Euch gleich
erzählen , denn ſie iſt zum Lachen. Wir marſchirten nämlich nicht allein , denn dann hätten uns die vielen Koſaken , die überall umherſchwärmten , bald beim Kragen gepackt. An die 2-3000 Mann aller Nationen , Deutſche , Franzoſen , Wels ide, Polen , Alles bunt durcheinander, marſchirten wir daber. Dabei hatten wir viele hundert Wagen aller Art , die mit .
1
Lebensmitteln , geplünderten Sachen , oft aber auch mit Kran ken und Bleſſirten , ja ſelbſt mit Frauen und Kindern vollauf 1
So fam denn aud) eines Abends ein Wagen , in dem ein bleſſirter hoher franzöſiſcher General ſaß , didyt an
beladen waren.
unſerm Bivouaffeuer zu ſtehen . Als denn dieſer General am andern Morgen abfahren wollte, machte er ein Mordsgeſchrei, denn ſein Koffer, der hinten auf dem Wagen ſtand, war ihm mit vieler Geſchicklichkeit aufgebrochen , ohne daß er dies ge merkt hatte und ein großes Kommißbrod , was an 6 Pfund wiegen ſollte, daraus geſtohlen worden . So ein Brod war
aber in dieſer Zeit gar ein großer Sdaß , den es ſchon zu ſtehlen der Mühe lohnte , und gar Mancher hätte lieber einen
Beutel voll Geld dafür liegen laſſen. Wie gutes , ordentlich ausgebackenes Brod eigentlich ſchmeckte, wußten wir kaum noc, I
ſo lange hatten wir keins mehr zu foſten bekommen . Jeßt hieß es nun , Einer von uns preußiſchen Fuſaren, die in der Nähe geweſen wären , und ſonſt Niemand, fönne dies Brod geſtoh :
len haben und der franzöſiſche General drang darauf, daß
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wir alle genau durchſucht werden ſollten , damit der Thäter
entdeckt, und dann für die Frechheit ſogar, einem franzöſiſchen Generale etwas geſtohlen zu haben, eremplariſch) beſtraft werde. Ja ſo, die Franzoſen , die glauben immer, daß nur ſie allein das Recht haben andere Leute zu ſdyinden und zu plagen, und wenn ihnen ihrer Anſidit nady and nur das kleinſte Leid geſchieht, ſo maden ſie gleich einen Lärmen , als wenn die
Welt untergeben ſollte. Unſer Herr Lieutenant, dem es una angenehm war, daß der franzöſiſdie General ein jo Morda: geſdirei darüber maciste , daß die preußiſd)en Huſaren ihm ein Brod geſtohlen hätten , und der wohl auch nidyt anders han 1
deln fonnte , da wir allein unter vielen franzöſiſden Truppen
waren , ließ denn uns Alle antreten und genau unterſuchen. Auch unſere Wagen und Pferde wurden viſitirt, aber auch 1
kein Bröðlein von dem Brod wollte ſich finden , und ſo mußte der franzöſiſde General denn auch ſo wieder abziehen. Spä
ter aber , als ſdon mehrere Tage vorbei waren , ſagte mir Einer unſerer Huſaren , ein ſonſt guter Kerl, daß er doch der Broddieb geweſen ſei. Der Hunger , den er gar nicht mehr 1
habe zu ſtillen gewußt, habe ihn dazu gebracht in der Nacht,
als Alle vor Müdigkeit feſt ſdyliefen , aufzuſtehen und den Koffer des Generale leiſe zu erbreden. Theils aus Hunger, mehr aber noch aus Furcht entdeckt und dann als Dieb be ſtraft zu werden , wenn man bei einer Viſitation nod etwas
von dem Brod bei ihm finden würde, hatte ſich der Kerl bei Seite geſdylichen , und das ganze 6pfündige, trockene Kommiß brod ſo in einem Nu gleich aufgefreſſen. Ja Jhr ladyt dar über, Kinderfens, aber auch id) mußte lachen , als mir der Hu: jár dies jo erzählte. Id frug ihn , ob ihm denn nicht der 1
Baud faſt geplagt ſei, als er ſo dies ganze große Brod mit einem Male hineingewürgt habe. Er meinte aber , es hätte zwar anfänglich ein Bisfen ſchwer gelegen , und etwas ge
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drückt, ſonſt jedod ganz gut geſchmeckt , und er möchte nur wieder ein ſolches Brod jeßt haben, er würde denn ſchon das mit fertig werden. Ja ſo ein Pommer, der hat oft einen großen Magen und fann don etwas verdauen. Dafür bas ben die Pommern aber auch Marf in den Knochen, und föns
nen tüchtig draufloshauen, wenn es gilt, das haben die Frans zoſen ſchon oft erfahren .
War es uns auch bisher noch ſchledyt gegangen , ſo fing das Glend dody erſt redit an , wie jegt die Kälte mit aller Strenge eintrat . So ein ruſſiſder Winter, der hat ſchon was zu bedeuten , und läßt einen durdy und durdy frieren , zumal 1
wenn man nichts Warmes im Magen und feine beilen Klei: der auf dem Leibe hat. Gefroren haben wir da mandymal,
daß man glaubte , ſdier ſelbſt zu Eis geworden zu ſein , ſo ſteif und hart waren einem alle Glieder am ganzen Leibe ge worden ; dabei fiel nod ) viel Schnee , ſo daß er bald ganz hoch lag , und alle Wege und Stege verſchneit waren , und man faum mit dem Wagen mehr durdykommen fonnte. Das Erſte was wir nuu thaten , war, daß wir uns aus einigen Bir fenſtämmen Sdylittenfufen für unſere Wagen madyten und die Räder von denſelben abnahmen und ſie ſo zu Sdyſitten madı ten . Auch von unſeren Pferden waren ſdon mandie, die nicht mehr vorwärts konnten , von uns erſtoden und dann
aufgegeſſen worden, und die anderen aud) ſchon ſo elend, daß fie fich nur noch mit Mühe fortzuſchleppen vermodyten.
Wir
ſpannten nun alle die Pferde, die uns noch geblieben waren , vor die beiden Schlitten , und abwechſelnd gingen Einige von uns Huſaren zu Fuße, während die Uebrigen auf ihren Sißen eng zuſammenhoďten. Ein unbarmherziges Antreiben unſerer armen Thiere foſtete es aber , und wir mußten oft mit den Säbeln auf ſie losſchlagen, daß dieſelben nur immer noch im
Schritt erhalten werden konnten . Eine Menge von Fuhrwer
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fen aller Art blieb jeßt aber jeden Tag auf der Straße leer zurück ſtehen, da die Pferde davor gefallen waren , und todte Kadaver von Thieren und Menſchen konnte man immer häus
figer am Wege liegen ſehen . Alle Subordination hatte jeßt faſt gänzlid) bei den Meiſten aufgehört, und die Soldaten
kümmerten ſid) um ihre Offiziere faum einen Pfifferling noch, : und thaten was fie Luft batten.
Daß hierdurch das Uebel
nur noch größer ward , fönnt Ihr denken , denn wo feine Subordination iſt, da iſt audy feine Ordnung, und eine Un ordnung hat nody nie Gutes gebracht, ſondern nur Sdilimmes. Na, wir paar preußiſdien Huſaren, die wir hier zuſammen waren, nahmen uns feſt vor, keine ſoldie Unordnung bei uns ein reis Ben zu laſſen , ſondern nach beſten Sträften ſtets geſchloſſen und feſt beiſammen zu bleiben , und allen Befehlen unſeres Difi ziers zu gehordien, wie es ſid) für ordentliche preußiſce Sol
daten audy gehört. Gerade dies feſte Beiſammenbleiben hat den Meiſten von unſerem kleinen Kommando aud) das Leben
gerettet, ſo daß ſie glüdlich aus Rußland wieder herausges fommen ſind .
Uebrigens hatten wir häufig kleine Gefedite mit den Ruſ ſen , und beſonders die Koſaken , die heute da und morgen vielleicht wieder wo anders waren, wie das ihr Gebraud nun
einmal ſo iſt, griffen uns bisweilen an. So weiß ich noch, daß wir, die wir in der Avantgarde, wenn man es ſo nennen kann, unſeres buntzuſammengeſepten Haufens, der ſich täglich mehr verkleinerte und auflöſte, marſchirten , eines Morgens heftig von zahlreichen Koſaken angegriffen wurden. Ein alter franzöſiſcher Obriſt, der auch einer Bleſſur wegen wieder mit zurückmarſchirte, befehligte uns , und man kann nicht anders 1
es ſagen, als daß er ſeine Sache aus dem Grunde verſtand. Unſere Wagen mußten raſch in eine Linie zuſammenfahren, ſo
3 ſie Tu eine Art von Bruſtwehr bildeten , und dahinter
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mußte ſich alles, was nur nod ein Gewehr oder einen Rara
biner führen konnte, in Reih und Glied aufſtellen . Wie denn nu die Roſafen ſo mit lautem Geſchyrei und in wilder Unord
nung herangejagt kamen und glaubten, ſie hätten jetzt leichtes Spiel mit uns, da mußten wir ſie ganz ſtill bis auf 50 – 60
Sdiritt herankommen laſſen , ohne einen Scuß zu thun, dann aber eine ordentliche Salve auf ſie geben. Die ſchmeckte ihnen aber gewiß ſchlecht, denn eßliche Koſaken fielen todt oder vers wundet von ihren kleinen Gäulen herab , und die Anderen madyten ,, Rechtsumfehrt “ und jagten ebenſo geſchwind, wie ſie gekommen waren , wieder aus der Schußlinie zurück. Na für
den Augenblick waren wir die Quälgeiſter denn los, und freuts ten uns nicht wenig darüber , denn uns hungerte und fror viel zu ſehr, als daß wir zum Fechten noch große Luſt hätten haben ſollen. Es dauerte aber nicht lange,, ſo famen ſie ver ſtärkt wieder zurückgejagt, und brachten noch ſo ' zwei kleine leichte Feldkanonen mit fid , wie ſie die Koſaken oft führen. Damit fingen ſie denn unſere Wagen an zu beſchießen , und ſchon ihre erſten Kugeln dlugen uns mehrere Leute und Pferde todt , ohne daß wir ihnen wieder etwas anhaben konnten .
Da unſere Gewehre und Starabiner nicht ſo weit reidten , der alte Obriſt, der uns kommandirte, und der ſich ſtets troß al
ler Kugeln oben auf einen Wagen geſtellt hatte , um das Ganze beſſer überſehen zu können , wußte auch hiegegen Rath. Troß ſeiner Bleſſur, weswegen er den linken Arm in der Binde trug , ſprang er wie ein junger Burſche von ſeinem Wagen berab, auf die Seite der Feinde zu, und rief ſein ,,en avant , en avant,“ wie es ſo das franzöſiſche Kommando iſt. Viele
brave Kerle waren zu der Zeit unter den franzöſiſchen Soldaten des Bonaparte, wie man ihnen in Wahrheit laſſen muß, und ſo fros den ſie denn gleich hinter den Wagen heraus und folgten dem Oberſten . Was Franzoſen in der Art thaten , das wäre
SO
für uns Preußen ſchimpflich geweſen, nidyt auch zu thun, und ſo folgten wir mit unſern Karabinern in der Hand, denen gleich nadı. So dnell es nur gehen wollte, liefen wir nun gegen die Kanonen an, und dies gefiel den Koſafen nicht , und ſie madyten daber , daß ſie mit ihren Geſchüßen weiter famen,
und ließen ſich für die nädyſten Tage nicht mehr bei uns ſes hen. Ein ganz gutes Koſakenpferd fing ein Hujar von uns
bei dieſer Gelegenheit noch ein , und das kam uns ordentlich zu Statten, mit vor dem Wagen zu ſpannen, jo daß wir von unſern maroden Thieren am Abend wieder eins todtſchießen
und gleich verzehren konnten. Bei dieſem kleinen Gefecht, was faſt faum der Rede werth war , fam aud) ein Fall vor , den id) Eudy gleich mit
erzählen will. Ihr wißt, Kinderfens , daß ich faſt jo im All gemeinen die Frauenzimmer nicht ſonderlich leiden kann , und der feſten Anſicht bin , daß nächſt dem Kartenſpiel und dem Branntwein das meiſte Unheil auf der Welt von den Frauen
zimmern berfommt. Es mag ſein , daß ich alter Kerl darin Unredyt habe, aber in meinem langen Leben ſah ich ſchon ſo manden braven Soldaten , der allein der Frauenzimmer we: .
gen zum Lumpen geworden iſt, und im Kriege nicht mehr ſo
zu brauchen war , wie es ſonſt der Fall geweſen wäre. So viel weiß ich , hätte ich was zu ſagen , id) würde das Heira then bei dem Militair möglichſt zu verbieten ſuchen , und dem Mitnehmen der Frauen in's Feld dürfte nun ſchon mal gar keine Rede ſein . Ordentliche Frauenzimmer die hören in die Kinderſtube und Küche, aber nicht in das
von ein ges las
ger. Bei den Franzoſen war es aber dazumalen anders, und ſo ſehr fich auch der Bonaparte ſonſt auf Alles , was den Krieg anbetraf, verſtand, wie man ihm laſſen muß, ſo konnte er doch nicht hindern, daß bei ſeinen Regimentern ſtets eine Menge von Weibern, die ihren Männern folgten, mit berum :
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zogen . So hatten wir denn auch eine große Maſſe von Frauenzimmern , die theils an Officiere , theils an Soldaten
verheirathet waren , bei uns, von denen die Meiſten bei alle
den vielen Strapagen elendiglid) zu Grunde gehen mußten , wie denn dies auch nicht anders ſein konnte.
Als wir denn
nun an dieſem Morgen das Gefecht mit den Ruſſen hatten, ward ein junger franzöſiſcher Grenadier - Sergeant, ein großer bübider Kerl, der mit vieler Courage, als Einer der Erſten ,
mit voranſtürmte, ſehr ſchwer am Fuße verwundet, ſo daß er gleich in ſeinem Blute zuſammenſtürzte. So wie dies ein Frauenzimmer , von denen Mehrere hinter den Wagen auf einem geſchükten Plak ſtandeni , jah , ſprang ſie in vollem Lauf bervor, und warf ſich über den Verwundeten nieder, ſich gar nicht um die Kardätdenfugen aus den Kinonen der Rojaken , die nod ) um ſie herunpfiffen , fümmernd. Dabei
hatte ſie ein kleines Säuglind, was faum einige Monate alt zu ſein ſchien , feſt an die Bruſt gedrücft. Als wir nun die Koſafen glücklid) wieder vertrieben hatten , ward denn auch für die Verwundeten geſorgt, und dabei fand ſich denn , daß
dem Grenadier - Sergeanten ſein Fuß auf der Stelle abge nommen werden mußte , was denn auch von einem franzöſis iden Chirurgus gleich geſchah. Da hättet Ihr aber das
Frauenzimmer ſehen ſollen, mit welcher Standhaftigkeit ſie das Unglück ihres Mannes ertrug, und wie ſie dabei ſtand , und ihm Troſt und Hülfe. verſprachy, als das Geſchneide anfing: Der Schlitten , auf den der Verwundete gelegt wurde , fuhr mehrere Tage hindurch ſtets hinter dem unſrigen , und ſo hat ten wir redit Gelegenheit zu ſehen , mit welcher Sorgſamkeit das arme Weib Tag und Nacht für ihren Mann zu ſorgen
wußte. Immer war ſie bei ihm , und wo ſie nur irgendwie etwas Erleichterung ihm verſchaffen konnte , da that ſie dies gewiß, und wenn ſie auch ſelbſt noch ſo ſehr darunter leiden II.
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mußte. Wir wurden zulezt Alle von Mitleiden ergriffen , ob
ſchon in dieſer ſchweren Zeit ſonſt Jeder genug für fich ſelbſt zu ſorgen hatte , und balfen der armen Frau , wo wir nur
konnten , was ſie denn auch ſehr dankbar annahm. Was fie aber in dieſer Zeit Alles ausgeſtanden haben muß , um ihr Kind und ihren Mann zu retten, iſt kaum zu ſagen , und ich begreife heute noch nicht , wie ſo ein kleiner , ſchwacher Kör per wie ihn eine Frau doch bat , Alles dies nur zur Hälfte ertragen konnte. Uebrigens (dywand ſie auch wie ein Sdjatten
zuſammen, ward zuleßt nur nocy Haut und Knochen und fah bleid, wie der Tod aus, obſdyon ſie ſonſt bildſauber von Ge: ſicht und Geſtalt geweſen ſein mußte. So einen verwundeten Mann und ein kleines Kind an der Bruſt , bei einem Rücks marjd) aus Rußland zu pflegen , das mußte freilich auch ein Frauenzimmer ergreifen , und unter Tauſenden hätte vielleicht 1
keine Einzige ihr dies nachgemacht. Es war übrigens keine Franzöſin, ſondern eine Deutſche, und zwar aus Sachſen, einem Lande, von dem es heißt : „ In Sachſen , wo die ſchönen Mäds
chen auf den Bäumen wachſen". Der franzöſiſche Sergeant ſoll in dem Orte, wo ſie zu Hauſe war, längere Zeit in Quar: tier gelegen haben und ſie ſich denn, wie das bei jungen Mä dels , wenn ſie mit hübſdyen Soldaten viel zuſammenkommen, faſt iinmer zu gehen pflegt, ganz in ihn verliebt haben. Sei netwegen hat ſie denn audy ihre Eltern , wohlhabende , ans
ſehnliche Leute, verlaſſen , und iſt dem Sergeanten, als deffen rechtmäßig angetraute Frau , mitgefolgt, als deſſen Regiment fortmarſchiren mußte. Na, ich hab' das zwar immer auf den Tod nicht leiden können , wenn ſich unſere jungen deutſchen Frauenzimmer in die franzöſiſchen Soldaten und Officiere ſo
verſcammerirten , daß fie folche ſogar heiratheten, und mit ih * nen in die Welt zogen, wie das nur zu oft geſchah, und im
mer dies für eine Schande gehalten, aber vor dieſer Sergeans
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ten - Frau befam ich die größte Hochachtung, ſo betrug fie fich und dies ging uns Huſaren, und den anderen deutſchen und
franzöſiſdien Soldaten, die mit der Avantgarde unſeres Zuges waren , und ſie alle Tage ſehen konnten, chenſo . Da wir ſie denn alle nad; beſten Kräften mit unterſtüßen halfen, ſo kam fie durch Gottes gnädigen Willen denn mit jammt ihrem Manne und ihrem Kinde audy glücklid) bis nad Wilna mit. Dort trennte ſich unſer ganzer Haufe, und ich verlor auch die Frau aus dem Geſidyt , und in all dem Kriegslärm der fols
genden Jahre dadyte id) denn audy bald nicht mehr an ſie. Wie denn das aber ſo zu gehen pflegt, und das Sprichwort jagt, daß die Berge ſich nicht wieder zuſammenfinden thun, aber ſchon die Menſchen", ſo geſchah es auch hier. So meh rere Jahre drauf, wenn mir Redyt iſt, 1816 , als wir aus Franfreid), wo wir den Bonaparte zum zweiten Male wieder /
herausgeklopft hatten , zurückmarſdirten , war ich in einem 1
Dorfe, nicht weit von Saarlouis , was jeßt die Ehre hat, 1
zu unſerem Preußenlande zu gehören, obſchon es unter dem Bonaparte franzöſiſd war , einquartiert. Mein Quartierbillet lautete auf ein großes , wohlhäblich und reinlich ausſehendes Haus, wo ich mir kein ſchlechtes Quartier verſprechen durfte. Kaum bin ich denn mit meinen zwei Huſaren , die ich bei mir
hatte, vom Pferde abgeſtiegen , ſo kommt uns die ſaubere, recht rund und behaglich ausſehende Hausfrau ſchon an der Haus.
thür entgegen. Die faßt mich gleich ganz ſcharf in’s Auge, ſo daß ich mir don denfe, warum denn die mich ſo anſieht,
als wäre ſie bei der Polizei und wollte meinen Paß aufneh Wie ſie mich denn ſo einen Augenblick angeſehen
men .
hat, ruft ſie mit einem Male aus : ,, Nee Du meine Güte.
Sind Sie nicht der Herr Rorporal von den Huſaren , der 1812 mit in Rußland war , und nach Wilna marſcirte ?"
Dazu ſagte ich denn ja , hatte aber noch immer feinen Ges 6*
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danken daran , warum ſie denn fo frage. ,, Aber erkennen Sie
mid) denn gar nicht mehr, id) bin ja die Frau des franzöſi ſchen Grenadier-Sergeanten, dem damals das Bein abgeſchoſ ſen wurde, und der Sie und Ihre Huſaren ſo viele Gefällig feiten erwieſen , " ſagte ſie jeßt. Da ging mir denn ein Lidt im Ropfe auf, und ich erfannte die Frau wieder. Aber die
hatte ſid) ſo verändert , und ſah jest jo munter und gejund aus, daß id) in ihr von ſelbſt den Sdyatten an der Wand von damals , gewiß nid ) t wieder erkannt hätte , was id) ihr auch gleid jagte. Jegt fam denn auch ihr Mann , der einen hölzernen Fuß hatte , angegangen , und den hätte ich ſchon eber erfannt, obidon er damals franzöſiſche Grenadier - Uni form und jeit Givilanzug trug, und ſo etwas einen Menſden
gleid) ſehr verwundern thut. Na , die Beiden erzählten mir denn , daß ſie unter vielen harten Leiden noch glücklich aus
Rußland heraus und nach Frankreich zurückgekommen ſeien. Zum Soldaten war der Sergeant ſeines abgeſchoſſenen Beis nes wegen doch nicht mebr zu gebrauchen , und ſo fames ihm denn red t zu paß, daß gerade ein Onkel von ihm ſtarb, 1
und ihm hier im Dorfe dies Gehöft vermadyte , ſo daß er
fein redyt gutes Auskommen hatte. Auch das Kind, was das mals noch geſäugt wurde, war jeßt ein dicker Junge gewor
den, den id) am andern Tage auf den Scheden , den ich das mals als Dienſtpferd hatte, zur Tränke mit reiten ließ. Die Leute nahmen midy und meine beiden Huſaren ſehr freundlich auf , und da gerade den andern Tag ein Naſttag war , ſo
konnten wir es uns recht wohl dort ſein laſſen. Einen be ſonders guten Weinkeller gab es auch dort, von dem uns der ehemalige Sergeant ſo viel zu trinken vorlegte , wie wir nur mochten . So trifft man ſid, denn oft im Leben ganz wuns derbar wieder .
-
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Mit vielen Mühſeligkeiten komen wir denn endlich glücf lidy in Wilna an , wo wir eine längere Naſt machten. Große Magazine hatten die Franzoſen zuſammengebradyt, und ſo be famen wir denn hier die allernöthigſte Verpflegung und brauch ten gerade nidyt Hunger zu leiden . Auch mehrere Huſaren von unſerm Regimente, die gleich anfänglich hier als Kranke
oder Verwundete zurückgeblieben waren , konnten wir hier nocy verſammeln , verloren aber dafür aud wieder Mande an den
Lazarethfiebern , die im Orte ſehr ſtarf wütheten. Dabei wurde die Kälte jept immer größer , und wir konnten uns denfen , was unſere armen Kameraden , die noch auf dem
Marſche von Moskau hierher waren , dabei leiden mußten.
Daß die ſogenannte große Armee , obſdon ſie jeßt wahrhaftig dieſen Namen nicht mehr verdiente , mit amit dem Bonas
parte jeßt auch den Rückzug von Moskau angetreten habent ſollte, erfuhren wir hier in Wilma, von unſerem Regimente
fonnten wir aber nidyt das Mindeſte mehr zu hören befom men . Ob daſſelbe, wenit audy nocy to dwad ) , wirklich noch beſtände, oder ſchon ginz aufgelöſt ſei , wie ſo viele andere Regimenter, fonnten wir nicht zu wiſſen bekommen , ſo viel wir auch danach fragten. Immer mehr Flüchtlinge, oft in dem ſchrecklichſten Zuſtand, kamen jegt in die Stadt, und quartier ten ſid) ohne Weiteres ein, wo ſie nur eben Plak finden konn ten . Da die Sache ſo einmal ſtand , ſo glaubte unſer Herr Lieutenant, daß aud für uns der längere Aufenthalt in Wilna, wo es jeßt von Tag zu Tag erſchrecklicher zuzugehen anfing, ganz unnütz ſei, und ließ uns weiter nach Preußen zıttück marſchiren. Unſere 23 Huſaren, meiſt vom Brandenburgiſchen Regiment, waren wir zuſammen, die denn bei einer erſchreck lidyen Kälte wieder von Wilna nad der preußiſchen Grenze zu aufbraden , Schwerenoth wie ſaben wir aber aus , ſo et
was fönnt Ihr Eud gar nicht vorſtellen. Eher einer Räu
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berbande gliden wir , wie ordentlichen preußiſchen Fuſaren , 1
und wenn Einer von uns noch zum Lachen Luſt gehabt hätte,
was aber wahrhaftig nicht der Fall war, hätte er über unſes ren Aufzug ſchon lachen können . Was Jeder nur irgendwie an Kleidungsſtücken aufzutreiben vermochte , das zog er ſich auf den Leib, um ſich nur vor der ſchrecklichen Kälte zu ſcyüz zen. Der Eine hatte ein Frauenkleid über den Dolman ges zogen , der Andere einen ſchwarzen langen Rock , wie ihn die polniſchen Juden zu tragen pflegen , der Dritte einen alten franzöſiſchen Küraſſiermantel, der aber mehr grauſchwarz wie weiß nod ausſah , und noch ein Anderer einen Schafspelz wie ihn ſo die polniſchen Bauern haben. Um die Füße hat
ten wir uns meiſt Stücke von den Matraßen unſerer Sättel, oder ſonſt Felle, oder wollene Lumpen gewickelt, und auch auf dem Kopf trug Jeder was er nur an warmen Sachen auftreis ben konnte.
So hatte unſer Herr Lieutenant, dem ſo ſchon
ein Stück vom linken Ohr erfroren war, ſich denn eine weiße geſtreifte Nachtmüße und darüber einen großen Sammethut, der einer dicken Judenfrau gehört hatte , auf den Kopf ges feßt. Ja, Kinder , Ihr lacht darüber , und es fommt Euch
pußluſtig vor, daß ſo ein Officier von den föniglich preußi fchen Fuſaren ſeine Mannſchaft in der Nachtmäße und im Frauenzimmerhut fommandiren ſollte, aber wahr bleibt dies dennoch. Bei dieſem Rückmarſch aus Rußland, da fonnte man überhaupt gar viele Sachen zu ſehen befommen, die man
ſonſt gar nicht für möglich gehalten hätte. Uebrigens hatten wir Ade noch unſere Säbel bei uns , und auch eine Piſtole
oder den Karabiner führte faſt noch jeder Fuſar, das fam
uns noch einmal gut zu ſtatten , daß wir ſo bewaffnet waren. In ſo einem kleinen Neſt, was ganz voll Juden ſteckte, wie es dort ſo der Fall iſt, wollte man uns platterdings keine Eins
quartierung geben . Unſer Herr Lieutenant hatte die Geduld
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wohl eine halbe Stunde, dem Juden - Rabbiner oder was er ſonſt ſein mochte, der das große Wort führte, in aller Güte
Vorſtellung dagegen zu machen und ihm Vernunft einzureden, és half aber Alles nichts. Der Kerl ward immer dreifter, und fing immer mehr an zu zauſtern , und al die anderen Juden , die darum ſtanden, begannen nun auch immer lauter
zu ſchreien und mit den Fäuſten gegen uns Faren in der Luft zu machen und auszuſpuden . Endlich ſchrieen fie , fie wollten uns mit Gewalt vertreiben , und fingen ſogar an, mit 1
Steinen und was ſie ſo in der Hand hatten , auf uns zu
1
werfen, ſo daß Einige von uns etwas beſchädigt wurden. Ihr könnt Euch alſo ſchon denken , wie elend wir ausſehen mußa
ten, daß ſogar polniſche Juden ſo etwas gegen königlich preu Biſche puſaren ſich unterſteben wollten . Kaum hätte man es
für möglich halten ſollen. Endlich da riß denn unſerem Herr Lieutenant aud die Geduld , und er rief aus : ,, Feuert mal auf dies Geſindel los , Kinder , da es doch nicht anders gut thun will! Schlagt aber niedrig an , daß Ihr den Kerlen in die Beine und nicht in die Köpfe ſchießt." Na , das ließen
wir uns denn nicht zwei Mal ſagen , und wir ſchoſſen unſere Piſtolen und Karabiner auf den dickſten Baufen , der ung am
Meiſten geworfen hatte, los. Da hättet Ihr mal ſehen ſols len , wie der ſchreiend und freiſchend auseinander ftob , nicht
viel anders , als wenn man mit einem Stein zwiſchen eine Schaar Krähen , die auf dem Felde bei einander ſißen, wirft. Zwei oder drei Kerle mochten wohl getroffen ſein , denn ſie fielen auf die Erde, und ſchrieen gottsjämmerlich um Erbarmen, als wenn fie am Spieße ſtäfen , während die Andern liefen,
ſo ſchnell ſie ihre Füße nur tragen wollten. Einige von uns liefen ihnen nach , und holten ſo was die Dickſten von den
Juden waren , die am Schlechteſten laufen konnten, noch ein. Die wurden zuerſt auf den Boden gelegt , und Jeder erhielt
:
einige tüchtige Hiebe mit der Flachen Klinge auf den H ...... wie es ſid) für die Fredheit , daß ſie auf uns Huſaren zuerſt mit Steinen geworfen hatten , auch nicht anders gehörte. Was die Kerle denn dabei idricen ; fönnt Ihr Euch denken.
Die ſo Eingefangenen behielten wir vorerſt als Geißeln nodi bei uns, und dann rückten wir in das am Größten und Bes
ſten ausſehende Haus des Ortes ein , und nahmen da uujer Quartier. Kleine Patrouillen von uns Hujaren und von den 16-18 Infanteriſten , die ſich uns noch angeldloſſen hatten ,
meiſt von den meclenburgiſchen und weſtphäliſchen Truppen, die aud ) mit in Rußland waren , wurden in die andern Häus
ſer abgejdiicft, um auch noch nach Lebensmitteln zu fil dien . Allzuviel fanden ſie freilich nicht, aber dody etwas, und ſo wurden wir dod wenigſtens fatt und mehr fonnte man jeßt auch nicyt verlangen . Audy ctwas Grüße fonnten wir am andern Tage, als wir fortmarſcirten , noc, auf dem flei
nen Sdylitten, den wir mit den einzigen 5 Pferden , die wir Alle noch zuſammen beſaßen , beſpannt hatten , fortnehmen, und das war ein großer Vortheil für uns. Dieſe paar Sdüſſe auf die frechen polniſchen Juden , waren aber die legs
ten, die id) in dieſem unglücklichen ruſſiſchen Feldzug zu hös ren befam , denn 6 oder 8 Tage darauf, nachdem wir nodi tüdytig gefroren und gehungert hatten, kamen wir mit Gottes gnädiger Hülfe glücklich bis an die preußiſche Grenze. Jeßt aber höre id ) auch für heute Abend gewiß mit dem Erzählen auf, Kinder , " meinte nunmehr der alte Erdmann.
„ Das war ſo eine lange Erzählerei geweſen, aber es ſißt fity hier oben auf dem ſchönen Plak , hier bei dem guten Glas
Wein , ſo vergnüglich, daß man gar nicht merkt, wie ſchnell die Zeit hingeht. Jeßt aber müſſen wir wahrhaftig machen , daß wir ſchnell in die Quartiere kommen , oder wir verſchlus
fen ſonſt am Ende gar morgen in der Früh den Trompeter,
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e der zum Stalldienſt bläſt. Das wäre aber doch eine zu große Schande und unſer Herr Rittmeiſter würde gar ein böſes Ge ſicht dazu machen. Das darf aber nicht ſein , “ meinte er 12 jeßt. Noch einmal wurden jezt die Gläſer gefüllt, und auf 11
1
„ ein langes, fröhliches Huſarenleben " angeſtoßen , dann ging TE es muntern Sdrittes , ſingend und ladyend , den Sdyloßberg
tu: hinunter in die Stadt hinein , nach den verſchiedenen Quar tieren . ..
1
Viertes Kapitel .
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IEET
ma
„ Na , Jungens, jo fangt einmal zu ſingen an. Es iſt ja ſo ſtill bei End , als wenn Ihr gar keine Minler mehr hättet, und man ſollte wahrhaftig nicht glauben , daß preußi ſche pujaren hier marſdirten ,“ rief der alte Unterofficier Erds mann , der den Zug ſchloß , den vor ihm reitenden Huſaren
#zu. Die Hiße war nämlich ſo groß, und der feine Kalfſtaub auf der Chauſſee ſo didyt und unangenehm , daß faſt alle Hu faren der Sdwadron, die ſchon einen langen Marſcß gemacht 113." hatte , mehr oder weniger durd) folch Ungemach ſid, in einer verdrießlichen Stimmung befanden . Nicht mehr ſo ſtramm wie es ſich eigentlich gehörte , ſaßen fie in den Sätteln, fein fris ſcher Geſang , fein munteres Wort , oder herzliches Lachen hatte man ſchon ſeit Stunden mehr bei ihnen gehört, und hie
und da ein halblauter Flud ), wenn eine neue Staubwolke wo möglich
noch ſtärfer wie die frühere, auf der zerwühlten
Chauſſee aufſtieg , und Roß und Reiter förmlich zu überpu
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dern ſchien, war das Einzige, was man vernehmen konnte. Selbſt die Pfeifen hatten die Meiſten ausgehen laſſen gleich als fürchteten fie, durch den Dampf derſelben die ſo ſchon ſtarke Hipe noch zu vermehren. Gerade bei ſoldem Marſde
fängt der müde Reiter gern an ſo ein Bischen zu ſchlafen oder doch zu duſſeln , und dann ſchwankt er im Sattel und
ſein Pferd bekommt leicht einen Satteldrud. Da iſt es denn gut, wenn ſich die Leute durd, lautes Singen vor der Sdyläf rigkeit ſchüßen und aus dieſer Abſicht entſprang auch die jeßige Aufforderung des alten Erdmann's.
,,Ja, wie kann man bei ſolcher Hiße und ſo dichtem Staub denn noch gar ſingen ſollen. Man bekommt ja gleich ein
ganzes Fuder Kalf in den Mund, ſobald man ihn nur auf: thut, “ antwortete in etwas brummigem Tone ein Huſar auf dieſe Aufforderung. „Iſt das doch ein fauler Kerl," rüffelte ihn aber der Unterofficier ſogleich. Wenn der nicht immer mit ausge: „ ſpreizten Beinen hinter dem Freßtiſch ſißen kann, glaubt er gleid), nun ſei „ Matthäi am Leften.“ Na, Ihnen hat der liebe Gott auch in ſeinem Zorn zum Huſaren gemacht und Sie hätten lieber den Apothekerwagen bei der Bagage fahren ſollen. Bald iſt es zu falt und dann wieder zu warm für Sie, dann 1
regnet es wieder und dann ſoll der Staub zu dick ſein und
weiß der ģimmel was ſonſt noch weiter. Es thäte wahrhaftig Noth, daß der liebe Herrgott für Ihnen ſtets ein abſonderliches Wetter machte, wie es Ihnen am Kommodeſten iſt,“ ſalt er nody weiter. „ Und wenn Ihr Anderen denn auch ſo faule Kerle ſeid , und nicht ſingen mögt, von wegen des Bisfen Hiße , ſo will ich denn meinen Singſang man alleine an fangen, obſchon ich der Aelteſte von Euch bin und ſchon die
Ehre hatte Sr. Majeſtät unſerm Könige (hier ſalutirte er wies
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der) als Huſar zn dienen , wie man an Eudy noch gar nicht Dachte.“
Und damit fing der alte Unterofficier in ſeinem dumpfen
Baß zu ſingen an , und die meiſten Huſaren, die ſich über ſeinen wohlbegründeten Tadel ( djämten , begleiteten ihn bald in vollem Chor : 1
FI
„ Fridericus rex unſer König und Herr, Der rief ſeine Soldaten alljammt in’s Gewehr
Zweihundert Bataillons und an die tauſend Sdrwadronen Und jeder Grenadier kriegt ſechszig Patronen. ſprach ſeine Majeſtät, Ihr verfluchten Kerls Daß jeder in der Bataille feinen Mann mir ſteht, Sie gönven mir nicht Schleſen und die Grafſchaft Glaß
Und die hundert Millionen in meinem Schaß. Die Raiferin hat fich mit den Franzuſen alliirt Und das römiſche Reich gegen mich revoltirt. Die Nuffen ſind gefallen in unſer Land ein, Auf, laßt uns zeigen, daß wir noch Preußen ſein. Meine Generale Schwerin und Feldmarſchau von Keith Und der Generalmajor von Ziethen ſind all' Mal bereit, Pok Mohren , Bliß und Kreuz Element, Wer den Friß und ſeine Soldaten nicht kennt.
11
IP
Nun Adjö Lowiſe, Lowiſe wiſch ab Dein Geſicht, Eine jede Kugel die trifft ja nicht, Denn träf jede Kugel ihren Manu , Wo kriegten die Könige Soldaten dann ? Die Musketenfugel macht ein kleines Loch,
Die Kanonenkugel ein weit größeres nod), Die Kugeln find alle von Eiſen und Blei
Und manche Kugel geht Manchem vorbei.
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Unſere Artillerie hit cin vortrefflides Saliber lind von den Prensen geht Sieiner nicht zum Feinde über, Tie Schweden haben verflucht ſchlechtes Geld, Her weiß ob der Deſtreicher beſſeres hält. 2
Mit Wir Rob Wer
Pomade bezahſt dem Franzoſen ſein König, kriegen's alle Bochen bei Sveller und Pfennig. Mohren, Blitz und Kreuz (slement, kriegt' ſo prompt wie der Preuß' ſein Tractament ?
Fridericus rex mein König, den der Lorbeerfranz ziert , Nd, hätteſt Du uns öfters zu plündern permittirt. Fridericus rex mein König und seld , i Wir ſdilugen den Teufel für Didy aus der Welt.“
So jangen die muſaren in vollem Chor und luſtiger ward ihre Stimmung, feſter ihre Haltung, und þiße und Staub wurden
bei dem luſtigen Lied faſt ganz vergeſſen. „ In ein gutes Lied ſo beim Marſdiren oder im Bivouak geſungen , das lob' id) mir," meinte ein Huſar, der vordem
ganz müde geweſen und jeßt wieder munter geworden war. ,,Das iſt oft beſſer wie ein Sdnaps und hält Leib und Seele
zuſammen , und wenn man noch ſo verdrießlidy iſt, beim Sin gen vergeht das Alles wieder." ,, Aber da fängt wieder der Berliner ſein „ Eduard und Kunigunde Kunigund und Eduard, Eduard und Kunigunde Kunigund und Eduard,“
zu gröſen an und die Anderen thuen ihm ſogar den Gefallen Zeter wißt Ihr denn gar nichts Anderes, als dieſen Unſinn, was gewiß: und ſtimmen in das dumme Zeug mit ein.
lich ſo ein beſoffener Berliner Schneider gemacht hat, “ rief er den vor ihm Reiten den zu , die eben in mehr lautem wie
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gerade dem Ohr wohlgefälligen Chor, in dieſen Singjang mit einſtimmten.
,,Ac was, dies Eduard und Kunigunde iſt was man jo ein klaſſiſches Lied nennen thut," antwortete aber der Ber:
liner. „ Es iſt jar jewaltig ſchön und ein gewiſſer Jöthe, der Dichter und Jeheimrath zugleich jeweſen iſt, was audy nidt
oft vorkommt, ſoll es jemacht, und dann jeſagt haben , ,,dies ſei ſein jröftes Werk und er werde deswegen noch bei ſeinen Lebzeiten ausjehauen werden ." ,,So hör doch auf mit dem Unſinn ," erwiederte dem red :
ſeligen Berliner ein anderer Huſar, der als Sdulmeiſtersſohn eine ganz gute Bildung beſaß. ,,Goethe und Eduard und Kus
nigunde“ das iſt dody zu toll. — ,,Kommt laßt uns wieder ein vernünftiges Lied ſingen. Das , was wir uns jüngſt im Quar tier eingeübt haben ,“ wandte er ſich an ſeine Nebenleute. ,,Nur zu," riefen dieſe , und im gutgeübten Quartett bes gann man :
;
„ Huſarenmuth ſingt überall im Frieden und im Krieg, Bei Flöten und Kanonenſchall erkämpft er ſich den Sieg. Sei's um ein Kübchen mit der Maid, Sei’s mit dem Feind um Blut, Da iſt er ſdnell zum Kampf bereit,
Da ſiegt Huſarenmuth, Hurrah da ſiegt Sjuſarenmuth. Hurrah, Hurrah, Hurrah. Wenn ſich der Tanz im Wirbel ſchwingt, Und Aug’ in Auge blickt, Der Arm ſich um die Hüfte ſchlingt, Da iſt die Maid in kurzer Friſt Dem ſchlanken Burſchen gut.
Wer lange fragt, hat nie geküßt, Da ſiegt Huſarenmuth .
Hurrah, Hurrah, Hurrah, Da ſiegt Huſaren muth.
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Und wenn am heißen Sommertag Den Marſch die vibe drückt,
Ilnd wenn das raſche Roß erlag Und müd zur Grd ' ſich bücft,
Hat der Huſar ſich aufgerafft, Gr ſieget wohlgemuth .
Wirbt durch Geſang ſich neue Kraft, So ſiegt Hujarenmuth ,
Hurralı, Hurrah, Hurrah, So ſiegt Huſarenmuth . Und wo im Thal die Fahnen wehen, und Heer an Syeer ſich ſchließt,
Und uns von der' Battrien Höhn Kanonendonner grüßt, Da reißt uns durch den Waffenplan Des Kampfes wilde Gluth. Da
mit dem Schwert Mann gegen Mann,
Da ſiegt Huſarenmuth. Hurrah , Hurrah , Hurrah,
Da ſiegt Guſarenmuth. und wenn mein Stündlein kommen ſoll, So bin ich friſch zur Hand,
Ich ſterb' ja nicht für's eitle Gold ; Ich ſterb' für’s Preußenland. Was ich geſollt', hab ' ich gethan, Und hab's gelöſt mit Blut. So lebt, ſo ſtirbt für ſeine Fahn' ,
So ſiegt Huſarenmuth . Hurrah, Hurrah, Hurrah,
So ſiegt Hujarenmuth .“
,,Ein ſehr ſchönes Lied das, was mir ſehr gefallen hat," meinte der alte Erdmann, wie das Quartett den Geſang bes
endet hatte. ,,Seht Ihr, bei all’ dem Singen haben wir Staub und Hiße gar nicht ſo verſpürt, und jeßt ſind wir auch ſchon in dem Dorfe angelangt , wo wir unſer Nacht
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-
quartier halten ſollen , und die Quartiermadjer kommen ſchon
dem Herrn Rittmeiſter entgegengegangen ," ſeşte er noch hinzu. Und wie nun am Abend, nachdem die Pferde ſorgſam
gepflegt und gefüttert und alle Sachen wieder in Ordnung gebracht waren , ſich viele Huſaren vor dem Gehöft, in dem
fie einquartiert, verſammelten, ſo ließ auch der alte Erdmann fidh nicht lange bitten den Faden ſeiner Erzählung wieder auf zunehmen.
War doch der Abend ſo mild und warm und
ſchien der Mond ſo hell herab , daß die wenigſten Reiter ſchon jebt Luſt hatten , ihre Streu aufzuſuchen . Es war gerade noch
ein ſchönes Stündchen zum Erzählen übrig, und nach einigem Räuspern fing denn auch der Alte wieder an. „ Na, was das denn eine Freude für uns war, als wir wieder auf preus Biſdem Gebiete ankamen , das fönnt Ihr wohl denfen , Kins
derfens. Ich habe Zeitlebens immer viel große Freude ges habt, wenn ich unſeren preußiſden Adler und die ſchwarzweißen Grenzpfähle zuerſt wieder ſah , und mir däucht jeder gute Preuße muß dies thuen , aber ſo ſehr wie in dem Augenblick dodh nie wieder. Wie von ſelbſt brachen wir Ale zu gleicher Zeit in den lauten Ruf aus : ,, Body lebe unſer König Friedrich
Wilhelm III . von Preußen " und dann fielen wir uns in die Arme , und wußten faum , was wir vor lauter Freude thuen follten. Was aber denn die Leute in dem erſten preußiſchen
Dorf , in das wir kamen, für Augen machten, als unſer Herr Lieutenant ihnen ſagte, daß wir preußiſche Huſaren ſeien, läßt fich gar nicht ſagen. Solche Huſaren wie wir hatten ſie in der Armee von Sr. Majeſtät unſerem König nod nicht geſehen, und es wollte ihnen recht ſeltſam vorkommen, daß wir ſo ausſehen konnten. A18 fie uns aber erſt für wahr
haftige Preußen erkannt hatten, da ließen ſie es an einer gu ten Aufnahme nicht fehlen und trugen auf , was ſie im Hauſe hatten. Alzuviel war dies freilich nicht, denn die Dörfer
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in Sdyleſien waren audy. [dyon alle von den beſtändigen Mär ſchen ſehr mitgenommen worden , und der gute Wille mußte bei den Leuten das Meiſte thun . Wir waren aber auch keine verwöhnten Güte, und ſdon die freundliden Geſidyter un
ſerer Wirthsleute madyten uns ein großes Vergnügen . Un ſere Frauenfleider und ähnlichen Aufput , um uns vor Kälte zu ſchützen , ließen wir denn hier zurück und verſchafften uns
abgelegte Bauerröcke dafür, daß wir denn doch nicht gar zu wüſt mehr einberzogen . Wohin wir iegt tamen, überall fana den wir die freudigſte Aufnahme und die guten Leute trugen ſtets foldhe Sorge für uns , als wenn wir ihre leibhaftigen
Kinder geweſen wären. Es giebt in dieſem Sdyleſien gar eine Menge braver Familien und id) hab ' für immer dies land gern gehabt , ſeitdem id) dort geweſen bin. - Langſam auf unſerem Sdlitten fortfahrend, denn wir und unſere fünf elen den Gäule fonnten wahrhaftig feine großen Märídye machen, famen wir ſo endlich in
Breslau an , wohin wir Befehl
batten zu geben . Kaum war ich aber einen Tag in dieſer ſchönen Stadt , ſo ward id beftig krank und Gleidjes war aud, mit vielen von uns Huſaren der Fall. Es war gleidis
fam , als wenn uns das Muß und die eiſerne Nothwendigkeit ſo lange wir auf dem Marídie waren noch geſund erhalten hätte, jeßt aber ſo bald wir in Ruhe kamen , die Krankheit gleich um ſo ſtärker hervorbrach. Ich hab' dies ſchon oft ſo bei Soldaten, die im Felde allzuviel durchzumachen haben, geſehen. So lange ſie vor dem Feinde ſtehen und ſich zus jammennehmen müſſen, bleiben fie geſund, faum kommen fte aber in Rube , werden ſie krank. Auch bei Pferden iſt dies 1
der Fall, die können manchmal ſo viel aushalten , daß man es faum glauben ſollte, aber das Ueble davon kommt dann immer bald nady. Na, wenn auch das Krankſein immer ein
gar böſes Ding bleibt , und ich lieber geſund im - dilechteſten
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Bivouak wie krank im beſten Hospital ſein mag, ſo konnte ich
doch Gott meinem Schöpfer nicht genug dafür danken , daß er mich doch bis ſo weit geſund erhalten hatte. Wäre ich noch
in Rußland oder Polen frank geworden , ſo hätte ich auch wohl mit dem Leben dies büßen müſſen, wie es ſo viel tau fend braven Soldaten dort gegangen iſt; ſo aber fand ich
im Breslauer Hospital die beſte Pflege und die geſchickteſte Behandlung. Es iſt immer gut , wenn man nicht in die Hände von Doctoren und Chirurgen zu kommen braucht, aber brave Leute genug haben wir unter denſelben in unſerer preu: Biſchen Armee, denen ſich jeder Soldat immer ohne Bangen anvertrauen kann.. Das war dazumalen Anno 1813 ſchon ſo und iſt jeßt, wie Ihr ſelber auch wißt , noch beſſer darin geworden .
Na, ich lag denn mehrere Wochen ſehr krank in Breslau und hatte das ſogenannte Lazarethfieber, was ein gar böſes Ding iſt, und Sr. Majeſtät unſerm König fchon viele brave Soldaten gefoſtet hat , die er auch ſonſt beſſer hätte gebrauchen fönnen. Endlich mit Gottes gnädiger Hülfe fam ich denn wieder auf die Beine, mußte aber noch im Hospital bleiben, da ich ſehr ſchwach war. Es fing nun bei uns alle Tage zu munfeln und zu munkeln an, der øerr Generallieutenant von York, der das preußiſche Corps , was in Rußland mitfocht,
aber zuſammengeblieben war, commandirte, hätte mit den Ruſſen einen Waffenftillſtand geſchloſſen und dem Bonaparte den Gehorſam aufgekündigt, und auch Se. Majeſtät unſer
König wolle fortan keine Freundſchaft mehr mit den Frans zoſen haben , ſondern es lieber mit den Ruſſen balten. Das war denn immer eine große Freude, wenn wir ſo etwas hör
ten und wir wünſdyten von ganzem Herzen nur, daß es wahr fein möge. Sernach fam aber die Nachricht, der Herr General von York habe zwar mit den Kuſſen Waffenſtillſtand ge II,
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ſchloſſen , aber dies ſei ohne Willen unſeres Königs geſchehen und der Herr General würde noch in große Strafe deswegen kommen und was denn mehr dergleichen böſe Kunde war. So etwas wollte uns freilich nicht gefallen und wir ſchüttelten die
Köpfe dazu und meinten ſo bei uns, es wäre beſſer, wenn es anders werden könnte.
Recht ſo etwas Gewiſſes fonnten wir
aber in unſerm Hospital von alldem nicht erfahren, und der Eine ſagte jo, der Andere aber wieder ganz anders, wie das
immer ſo zu gehen pflegt. Da fam denn eines Nachmittags, wie wir eben ſo um
einen Tiſdi ſaßen und aus Langeweile eine Partie „ Schafs kopf“ die Partie um einen Pfennig ſpielten , ein Huſar von uns , der ſchon in die Stadt ausgehen durfte, in vollem Gas
lopp die Treppe heraufgelaufen ,,Hurrah, Hurrah, es geht los ! 1
es geht los' drie er ſo laut er nur fonnte , obſdon ihm
faſt der Puſt dhon ganz ausgegangen war. Wir glaubten
zuerſt, der Kerl ſei verrückt geworden, oder habe ſich ganz bes foffen und Einer von uns ſagte ſdon : ,,Na der Mathis ſo hieß der Huſar – braucht auch um acht Tage Arreſt nicht in Sorge zu ſein. So wie aber der Huſar in unſern Kran kenſaal fam, rief er noch mit lezter Stimme , denn er war ſo 1
ſehr gelaufen , daß er man nur noch ſo ſchnaufte wie ein Pferd was man überjagt hat : ,, Þurrah, Hurrah, es geht los, hier hab' ich es, gewiß es geht los , ſchon gedruckt ſteht es hier," und damit hielt er ein gedrucktes Blatt Papier in die
Höhe. Da er vor Müdigkeit auf dem Stuhle niederfiel und doch nicht das Gedruckte vorleſen konnte, ſo riß ich es ihm
aus der Hand, um zu ſehen, was denn eigentlich drin ſtand. Die Anderen in der Stube riefen nun aber : „ Steig auf der Tiſch, Erdmann, und lies es laut vor, wir wollen auch hören
was drin ſteht, es muß fchon etwas Wichtiges ſein , daß der Mathis ſo gelaufen iſt." Nun ſprang ich denn auf den Tiſd)
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und las vor, was ich Eudy jetzt wieder vorleſen will, denn
meiner Meinung nach kann ein preußiſcher Soldat dies gar nicht oft genug hören .“ Der alte Erdmann zog bei dieſen Worten ſeine Brieftaſdie hervor und nahm dann aus der ins
neren Taſde derſelben ein ſorgſam in Papier gewickeltes, ſchon ſehr vergilbt ausſehendes Druckblatt, was er mit vielem
Nachdem er ſich einige Mal geräuspert, begann er dann beim Schein der eben im Untergehen be griffenen Sonne, die ihm gerade nody das nöthigſte Licyt dazu
Bedacht entfaltete.
gewährte, mit ſeiner tiefen Babſtimme Folgendes zu leſen :
,,An mein Kriegsbeer ! Vielfältig habt Ihr das Verlangen geäußert, die Frei heit und Selbſtſtändigkeit des Vaterlandes zu erfämpfeil. Der Augenblick dazu iſt gekommen ! Es giebt kein Glied des Volkes, von dem es nicht gefühlt würde. Freiwillig eilen von allen Seiten Männer und Jünglinge zu den Waffen. Was bei dieſen freier Wille, das iſt Beruf für Eudy, die Ihr zum ſtehenden Heer gehört. Von Eud ), geweiht das Vaterland zu vertheidigen , iſt es berechtigt zu fordern , wozu Jene ſich erbieten.
Sebt, wie ſo viele Alles verlaſſen, was ihnen das Theuerſte
iſt, um ihr Leben mit Euch für des Vaterlandes Sache zu geben . Fühlt alſo doppelt Eure heilige Pflicht! Seid alle ihr eingedenk am Tage der Schlacht wie bei Entbehrung, Mühſeligkeit und innerer Zucht. Des Einzelnen Ehrgeiz, er ſei der Hödyſte oder Geringſte in dem Heere, verſd )windet in dem Ganzen. Wer für das Vaterland fühlt , denkt nicht an
fich, den Selbſtſüchtigen treffe jeßt, wo nur dem allgemeinen Wohl es gilt , Verachtung. Der Sieg geht aus von Gott ! Zeigt Euch ſeines hohen Schußes würdig durch Gehorſam und Pflichterfüllung: Muth, Ausdauer und ſtrenge Ordnung, 7*
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fei Euer Ruhm . Folgt dem Beiſpiele Eurer Vorfahren , ſeid
ihrer würdig und Eurer Nachkommen eingedenk. Gewiſſer Lohn wird treffen den, der ſich auszeichnet, tiefe Schande und ſtrenge Strafe den, der ſeine Pflicht vergißt . Euer König bleibt ſtets mit Euch , mit ihm der Kron:
prinz und die Prinzen ſeines Hauſes . Sie werden mit Eud kämpfen , fie und das ganze Volt werden fämpfen mit Gud
und zu unſerer Seite ein zu unſerer und Deutſchlands Hülfe gekommenes tapferes Volk , das durch hohe Thaten ſeine Un abhängigkeit errang. Es vertraute ſeinem Herrſcher, ſeinen Führern , ſeiner Sache, ſeiner Kraft und Gott war mit ihm !
So auch Ihr ! Denn auch wir fämpfen den großen Kampf für des Vaterlandes Unabhängigkeit. Bertrauen auf Gott, Muth und Ausdauer ſei unſere Looſung. Breslau den 17. März 1813.
Friedrich Wilhelm . Ein inneres Schidlichkeitsgefühl hatte alle Huſaren vou ſelbſt dazu getrieben aufzuſtehen und ſo lange der alte Unter: officier Erdmann ihnen dieſe Proclamation vorlas, die Feld müße vom Kopfe zu nehmen und ſo ihn im Kreiſe ftehend,
anzuhören . Ein ſchönes Bild war es ſo, welches die lebten Strahlen der eben ſcheidenden Sonne noch mit purpurnem
Schein erhelten . In der Mitte der alte filberhaarige Greis mit dem ſo gutmüthigen und dabei doch ſo echt ſoldatiſchen Ausdruck feines Beſteht , umgeben von dem Kreis ſeiner
jungen Kameraden , deren fonſt oft To kecke und muthwillige Mienen jegt alle die tiefe Andacht zeigten , mit der lite dem Leſen dieſes, für die preußiſche Armee in allen Zeiten unvergänglichen Dokumentes lauſchten. — ,,Ša, Kinder," ſagte
nachdem er das Leſen beendet , in förmlich ernſtem und feier
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lichem Tone der alte Erdmann , während er forgſam das vieljährige , ihm ſo theure Druckblatt wieder verwahrte, ſo i ein Augenblick wie der , als wir damals im Breslauer Hoga pital dieſen Aufruf unſeres allergnädigſten Königs vernahmen , kommt im ganzen Leben nur einmal vor. Wie uns aber jeßt zu Muthe war , das kann ich mit Worten Euch gar nicht jagen und wenn ich ſogar noch beſſer reden könnte, wie unſer Herr Garniſonsprediger, der es doch ſchon ſo ſchön verſteht. Dieſe Nachricht machte geſund und friſch wieder , und ſolche Medicin , die ſo große Kraft beſaß, hätten unſere Herrn Doca toren uns nicht verſchreiben fönnen , und wenn ſie dieſelbe
audy aus allen Apotheken von ganz Breslau zuſammenfoch ten. Zweimal noch mußte ich ſo in einem Zug Wort für Wort dieſen Aufruf vorleſen, denn auch jeden Buchſtaben das von wollten Alle genau hören, dann aber ſprang ich mit einem lauten Hurrah " vom Tiſche herab und auf den näch ſten beſten Soldaten zu , der mit im Zimmer war, faßte ihn um den Leib , und fing mit ihm vor lauter Luſt und Freude um den Tiſch an herumzutanzen , juſt ſo wie es die Kinderfens 1
machen , wenn fie am beiligen Chriſtabend den Weihnachts baum befommen. Und alle anderen in dem großen Zimmer, die nur eben auf den Beinen waren , fingen an zu tanzert
und ſelbſt mehrere Kranke ſprangen aus ihren Betten und
bopšten im bloßen Hemd luſtig mit herum. Dabei riefen wir immer ſo laut wir konnten : „ Hurrah, Hurrah es geht los ,“ und dann wieder : „ Höd lebe unſer König Friedrich Wilhelm, und leben und ſterben wollen wir für ihn “ und madyten einen
Lärmen, daß die Fenſter ordentlich zitterten. Der Herr Obers arzt, der auf einem anderen Gang war , hörte dieſen Lärmen
und mußte glauben , daß wir Alle ganz und gar verrückt gęs worden ſeien. So raſch er mit ſeinem dicken Bauch nur lay fen fonnte, fam er, mehrere Kranfenwärter hinter fich, in uns
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ſer Zimmer und rief nod) in der Thür : „ Aber, Kerls , ſeid Ihr denn Alle ganz toll und verrückt geworden , was iſt Euch denn angekommen , daß Ihr ſolchen Heidenlärm macht ? Ihr wollt
wohl Alle auf Waſſer und Brod gelegt werden ?" Aber ein
junger Huſar von uns – er blieb hernach bei Mödern – der noch im Femde herumtanzte, ließ den Herrn Oberarzt gar nicht mal ausreden , ſondern faßte ihn um den Leib und rus fend : ,, Þurrah, yurmh, Herr Doctor, es geht los" tanzte er ein paar Mal im Kreiſe mit ihm herum . Das ſah denn zu 1
luſtig aus , der dicke Doctor mit ſeinem rothen Geſicht, der ſcheltend und drohend ſich losmadien wollte und der Huſar
im Hemde , der ihn nicht losließ und ihn wie einen Kreiſel herumdrehte. Na, als wir dem Herrn Oberarzt nun denn end: lich geſagt hatten , warum wir ſo luſtig waren , und er aud die Proclamation an das Heer geleſen hatte , da gingen ihm
die Augen vor Freude in Waſſer über und er rief : „ Ja das iſt etwas Anderes , Kinder, da kann man wohl luſtig ſein ; ,,hoch lebe unſer König Friedrich Wilhelm und ein ſchuftiger
Hund iſt, wer jeßt nicht Gut und Blut für ihn läßt.“ Und wie ſich jeßt die Nachricht, daß es gegen die Franzoſen wies der losgehen ſolle, wie ein Lauffener durch das ganze Hos: pital verbreitet hatte, da war faſt gleiche Freude in allen Zimmern und ſo einen vergnügten Tag hatte das alte Bress
lauer Garniſons -Hospital gewiß noch nicht geſehen , ſo lange es auch ſchon beſtehen mochte. Selbſt viele Schwerkranke ba:
ben in ihren Betten noch gerufen : „Es geht gegen die Frans zoſen los, hody lebe unſer König Friedrich Wilhelm .“ Am Abend aber legten viele Soldaten von ihren paar Pfennigen zuſammen, und die meiſten Fenſter in den Zimmern des Hoga pitals, in denen nicht die Sd)werkranken lagen , wurden ſo gut
als möglich erleuchtet. Sollte doch unſer gute König, der auch jeßt ſchon oben im himmliſchen Frieden thront , erfahren, daß
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nicht allein ſeine geſunden, ſondern auch ſeine franken und ver
wundeten Soldaten ſich über ſeine Proklamation freuten und
aufs Neue bereit waren , für ihn in den Kugelregen zu gehen . In der Nacht da ſoll noch ein Sdhwerkranker geſtorben ſein, und als leßte Worte geſagt haben : „ Es geht wieder gegen die Franzoſen los , Gott ſegne unſern König ." Ja, Kinderfens, ſo war die Stimmung dazumal Anno 1813 im ganzen Preu Benland , und eine gar ſchöne Zeit finge nun an, die all' das Unglück von Jena und was darauf folgte, wohl wieder gut
machen konnte. Weiß Gott, wenn ich alter Kerl mich da ſo recht wieder hineindenfe, ſo wird mir noch ganz warm dabei
um das Herz , und obſchon ich kein Geld weiter habe als was Se. Majeſtät der König mir als ehrlich verdiente Löhnung giebt, ſo möcht' ich doch den Gedanken dran nicht unt all das viele Gold und Silber, was der reide Rothſchild, deſſen Haus
man uns in Frankfurt beim Durchmarſd_ja zeigte, in ſeinem Keller liegen haben ſoll, miſſen. Beld allein macht auch nicht glüblich) und ein königlich preußiſcher Huſar muß auch ſo ſchon Achtung in der Welt haben, wenn er auch weiter nichts wie ſeine Löhnung beſikt. Zwei Tage blieb ich nun noch im Hospital , dann war ich durch dieſe Proklamation wieder plöglich ſo geſund und kräftig geworden, daß ich mid) herausmelden konnte. So ward es auch noch mit vielen anderen Stameraden von mir jeßt der Fall, und fein Soldat, der nidyt auf das Aeußerſte mußte; blieb um dieſe Zeit noch im Bospital. Es waren noch mehrere Huſaren von dem Brandenburgiſchen Regiment mit mir in
Breslau zugleich aus dem Hospital gekommen, und ich bekam nun Befehl, dieſelben in die Mark Brandenburg zu ihrem Res
gimente zu bringen. Åls ich nun dort angekommen war, und überall gaben uns die Bauern aus freien Stücken Vorſpann
pferde, daß wir raſch unſeren Marſch zurüdlegen konnten , ſo
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hieß es , ich ſolle doch nur gleich beim Regimente bleiben, wo man mid) dringend gebrauchen fönne.
Es ſei ſo ſchwer
nad Pommern zu dem Blücher'ſchen Regiment zu fommen,
weil ich leicht den herumſtreifenden Franzoſen dabei als Ges fangener in die Hände fallen fönne. Das freilich wäre mir in der jeßigen Zeit ärger als der Tod geweſen , und da ich jeßt nicht viele Tage dran wenden konnte , mich wieder jo durcyzuſchleiden , wie damals Anno 1806 von Lübec nad Col
berg , ſondern jede Stunde mir zu lang ward , bis ich wieder ordentlich zu Pferd fam , da es überal viel zu thun gab,
ſo blieb ich denn hier gleich beim Regimente. Io fand for wohl unter den Herren Officieren , wie auch unter den Unter: officieren noch Manche, die ich noch von dem Schill'ſchen Re gimente her gut fannte , ſo daß ich mich gar nicht fremd bei
den Brandenburg'ſchen fühlte. Dazu war ja auch die Schwa dron der Blücher'ſchen Huſaren , bei der ich geſtanden hatte, in Rußland faſt ganz aufgerieben worden und ich wäre dort auch zu lauter Fremden wieder gekommen. Na 1, es hat mich
denn dieſer Tauſch auch niemals gereut, denn unſere Bran: denburg'ichen Quſaren find juſt eben ſo brav, als die Blücher's
fchen geweſen und beide Regimenter haben ſich hohe Ehre in den Kriegsjahren von Anno 1813 - 15 erworben. Doch das haben im Grunde alle preußiſchen Regimenter damals gethan, mochten es nun grüne oder blaue oder ſchwarze Huſaren, Dragoner oder Küraffiere, Jäger oder Artillerie, Musketiere oder Füſeliere ſein. Es war eine Ehre bei Allen zu dienen ,
und jeder Preuße , der dieſe Kriege ohne Tadel mitgefochten bat , fann noch jegt in ſeinen alten Tagen ſtolz drauf fein. So fag' ich der Unterofficier Frige Erdmann von den pu 1
ſaren , Sind gewiß auch Viele unter Eudy, Jungens , deren auch damals als brave Soldaten mit zu Felde gezogen ſind, die werden Euch ſchon viel davon erzählt haben , denn jeder
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Soldat ſpricht gern von dem , was er im Kriege erlebt hat. Das iſt aber gut für Euch, denn kein Preuße fann genug davon hören, wie ſich unſer ganzes Polk Anno 1813 gemacht hat, und welche Opfer es koſtete, daß wir mit Gottes gnädi ger Hülfe endlich von dem Bonaparte und ſeinen Trabanten
frei kamen. Aber gut geglückt iſt es uns auch, und hoffentlich wird ſo leicht wieder kein Franzoſe ſeine Naſe über den Rhein
-: ſteden.
Eine große Arbeit war aber bei dem Regimente, und Tag und Nacht hatten wir Unterofficiere die Hände voll und unſere
Herren Officiere noch mehr. Wäre nicht der Wille von Allen ſo gut geweſen , gewiß und wahrhaftig , es hätte fonſt nicht gehen können ; denn Ihr wißt ja ſelbſt , was es heißt , wenn plöglich ſo mobil gemacht wird, und der Befehl zum Ausrüden Und wie iſt Alles jeßt ſo ſchön in Ordnung gegen dazumal. Doch, wenn der Wille nur recht gut iſt, und alles
kommt.
die legten Kräfte gern hergiebt, damit die Sache geſchafft wird, geht gar Vieles , was man früher nicht für möglich gehalten hätte, das lernt man erſt ſo recht im Kriege. Meine erſte Sorge war nun , ein gutes Pferd wieder anzuſchaffen , denn ein Gujar, der nur das Reiten gewohnt iſt, obne Pferd, will nicht viel bedeuten. Ein gutes Pferd aber gleich zu bekommen , war nicht ganz leicht, denn es fehlte überall daran, und auch
beim Regimente felbft wurden ſie ſehr geſucht. Das Glück wollte mir aber ſehr wohl , daß ich bald ein fo gutes Pferd ,
wie ich es nur wünſchen konnte, bekam. Ich lag nämlich bei einem wohlhabenden Adersbürger in dem Städtchen , in dem die Schwadron , bei der ich ſtand, neu formirt wurde, im Quar
tier. Der hatte denn einen jungen 5jährigen Schecken im Stall, den er ſelbſt aufgezogen und zum Reitpferd fich hielt. Ein fapitales Pferd war es, ſo recht wie für den Huſarenſat tel geſchaffen , flink und behende von Füßen , und doch ſtark
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im Kreuz , ganz braune Farbe hatte es, dabei aber mehrere kleine weiße Fleden , die ſo regelmäßig als wie vom Maler angepinſelt auf dem Leibe ſaßen , ſo daß es ganz ſchön aus ſab, und Jedermann ſeine Freude an dem Pferde haben mußte. Als ich denn nun eines Abends meinem Wirth klagte, daß es
gar ſo ſchwer für das Huſaren - Regiment halte, in Eile tüch tige Pferde zu bekommen und ich noch immer unberitten ſei; da ſagte er zu mir : „Wiſſen Sie , Herr Unterofficier, nehmen Sie meinen Schecken für den Krieg , wenn der Ihnen anſteht. Id habe zwar meine Freude an dem Pferde gehabt, aber jeßt
gebe id) ihn gern zum Dienſt des Regiments her, und keinen Groſchen verlange ich dafür, denn ich weiß, daß Se. Majeſtät, unſer guter König, audy gerade in jebiger Zeit das Geld nicht überflüſſig in der Talde bat.“ Das war denn geſprochen und gehandelt, wie ein braver Preuße dazumalen es machen mußte, und ich befam auf dieſe Weiſe ein Pferd , daß ich es nicht
beſſer wünſden konnte. All die Feldzüge von 13 - 14 und 15 habe ich es geritten und es hat ſtets gut ausgehalten. Solche Bereitwilligfeit, das Beſte was man nur hatte , freis
willig herzugeben , fand man aber in jener Zeit ſonſt überall. von allen Seiten kamen die Freiwilligen angezogen , und die bei der Kavallerie eintraten , brachten immer gleich ihre Pferde und Waffen mit. Alt und Jung , Weib und Kind gab ſeine erſparten Groſdhen her , damit für die Soldaten geſorgt wer: den könne , und wer nur irgendwie den Säbel regieren oder
den Kuhfuß zu tragen vermochte , der blieb nicht zu pauſe hinter’m Ofen ſißen , ſondern trat friſch in ein Corps ein. Da ward denn Mancher jeßt Soldat , der ſich dies ein paar Monat vorher auch wahrhaftig nicht hätte träumen laſſen. — Doch Ihr ſangt ja neulich ein Lied, was ein Herr Lieutenant Körner , der bei den ſchwarzen reitenden Jägern von dem Ferrn Najor von Lügow ſtand und ehrenvoll vor dem Feinde
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. Singt das jeßt noch mal, denn das geblieben iſt, gemacht hat. Lied mag ich für mein Lebtag gern hören , und darin ſteht Alles beſſer, wie es dazumal zuging , als wie ich es Euch ſa gen könnte,“ wandte ſich der alte Erdmann jeßt zu den Hu faren , die ſich als Sängerdjor zuſammen eingeübt hatten. Gern willfahrteten dieſe folder Aufforderung, ſtellten ſid) zu: I
ſammen und begannen : „ Das Volk ſteht auf, der Sturm bricht lus, Wer legt jeßt die Hände noch feig in den Schooß ? Pfui über Dich Buben hinter dem Ofen ,
Inter den Schranzen und unter den Zufen , Biſt doch ein ehrlos, erbärmlicher Wicht, erbärmlicher Wicht, Ein deutſches Mädchen füßt Dich nicht, Ein deutſches Lied erfreut Dich nicht, Und deutſcher Wein erquickt Dich nicht,
Stoßt mit an, Mann für Mann , Wer den Säbel ſchwingen kann. Wenn wir die Schauer der Regennacht inter Sturmespfeifen wachend vollbracht, Kannſt Du freilich auf üppigen Pfühlen,
Wollüſtig träumend die Glieder fühlen, Biſt doch ein ehrlos, erbärmlicher Wicht. Ein deutſches Mädchen
Ein deutſches Lied lind deutſcher Wein
Stoßt mit an Wer den Säbel
--
Wenn uns der Trompeten heller Klang Wie Donner Gottes zum Herzen drang ,
Magſt Du im Theater die Naſe weßen, Und Dich an Trillern und Laufern ergößen, Biſt doch ein Ein deutſches Ein deutſches Und deutſcher
ehrlos Mädchen Lied Wein
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Stoßt mit an Wer den Säbel
Wenn die Gluth des Tages verſengend drückt und uns kaum noch ein Tropfen Waſſer erquicft, Kannſt Du Champagner ſpringen laſſen , Kannſt Du bei brechenden Tafeln praſſen , Biſt doch ein ehrlus Ein deutſches Ein deutſches Und deutſcher Stoßt mit an Wer den
Wenn wir vorm Drange der würgenden Schlacht
Zum Abſchied ans ferne, treue Liebchen gedacht, Kannſt Du zu Deinen Maitreſjen laufen , Und Dir mit Holde die Luſt erkaufen , Biſt doch ein ehrlos Ein deutſches Ein deutſches Und deutſcher Stoßt mit an Wer den Säbel
Wenn die Kugel pfeift und die Lanze fauſt, Wenn der Tod uns in tauſend Geſtalten umbrauſt,
Kanuſt Du beim Billard die Bälle brechen, Und beim Kegeln die Könige ſtechen, Biſt doch ein Ein deutſches
Ein deutſches Und deutſcher Stoßt mit an Wer den Sävel
Und ſchlägt unſer Stündlein im Schlachtenroth, Willkommen dann ſeliger Soldatentod, Du mußt dann unter den feidenen Decken
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Un Merfur und Latwergen verreden .
Biſt doch ein ehrlos, erbärmlicher Wicht, Ein deutſches Mädchen beweint Dich nicht, Ein deutſches Lied beſingt Dich nicht, Und deutſche Becher flingen Dir nicht, Stoßt mit an, Mann für Mann ,
Wer den Säbel ſchwingen kann . “
„ Iſt doch ein gar ſchönes Lied, das von dem Herrn Lieu tenant Körner, vor dem ich allen Reſpekt habe. Das klingt
ganz anders als die Trillereien oder wie das Zeug ſonſt heia Ben mag, die ich mal im Opernhauſe in Berlin gehört habe,“ fagte der alte Erdmann, als der gut geübte Chor den Geſang beendet hatte und die leßten vollen Töne deſſelben in der ſtil
len Abendluft verklungen waren. „Ia, Kinderkens, ſo war es damals überall, und wenn ein junger, rüftiger Sterl, der feine gefunden Gliedmaßen hatte , fich auf irgendwie eine Art von dem Eintritt in das Geer losdrüden wollte, ſo war er allents halben über die Adſel angeſehen und fein ordentlicher Menſch wollte etwas noch mit ihm zu thuen haben. So weiß ich , daß
auch in dem Städtchen ein reicher, junger Staufmannsſohn war ; fo ein Tagedieb und Laffe, der mit goldenen Ringen an den Fingern und einer mächtigen Uhrkette , und was weiß ich Tonſt noch alles, den ganzen Tag fich herumtrieb und den
großen Herrn ſpielen wollte, und mit den harten Thalern in ider Hoſentaſche herumklapperte. Na, der Kerl , obſchon groß lund ſtark genug, hatte fich denn auf irgend eine Art vom Mi litairdienſt loszulügen gewußt und that jeßt ſogar noch freds und froh darüber. Kaum aber hatte feine verlobte Braut, die arme Tochter eines Hufſchmiedes ,1 ein ſo ſchönes Mädchen , daß Alle ihr nachſahen , wenn ſie nur über die Straße ging, dies erfahren, ſo ließ ſte ihm wiſſen , daß ihre Verlobung von
der Stund' an aufgehoben ſei, und er ihr Haus nicht wieder
betreten ſolle, da ſie mit ſo einem elenden Feigling nichts zu
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thun haben möge. Und als er doch zu ihr gehen wollte, um ſie wohl wieder umzureden , da mußten ihn die Lehrjungen des Schmieds ohne Weiteres zur Thür heraus ſchmeißen. Selbſt die Jungen auf der Straße wieſen nun mit den Fin gern auf den Kerl , und riefen ihm ſo viele Efelnamen nach, daß er endlich ſein Bündel ſchnürte und ganz abreiſte. So war damals die Stimmung überal , und ein braver Soldat 1
mußte ſich von ganzem Herzen darüber freuen und den Ents
ſchluß faſſen, nun auch ſelbſt das Neußerſte, was er nur konnte, in jeder Hinſicht zu thuen. Selbſt mehrere Frauenzimmer thas ten fid) zu Männern verkleiden und fochten ſo als Soldaten mit , ohne daß ihre Kameraden wußten , wer ſie waren . Ja
ſogar ein Frauenzimmer hat es bis zum Unterofficier bei den Huſaren gebracht und ſich das eiſerne Kreuz erworben , und das will doch ſchon viel ſagen . Ich habe ſelbige nicht gekannt, aber ein Mordsferl ſoll dies Frauenzimmer geweſen ſein , die
ihren Säbel ſo gut geführt und damit ſo viel Franzoſen hers untergehauen hat , wie nur Unſereiner. Ja , ja , es geht oft wunderbar in der Welt zu ; wer Teufel hätte ſonſt auf den Gedanken kommen können , daß ſelbſt die Frauenzimmer noch Unterofficiere bei den königlich preußiſchen Huſaren werden follten. Na , das iſt man gut , daß dieſe Mode jeßt wieder abgekommen iſt, denn , wenn wir noch viele Frauenzimmer in den Dolmans ſtecken hätten , würde das ſo , meiner Anſicht nach , am Ende manche Unordnung geben. Ja , Ihr lacht da, das glaube ich , daß Vielen von Euch es lieber wäre , ſo
ein rundes , ſchwarzbraunes Mägdelein zum Unterofficier zu haben , wie den alten Erdmann , den Ihr ja ſogar „ Brum bart “ nennt. Nun , das Brummen hat auch oft ſein Gutes.
Da denn Alles mit beſten Kräften half, und Niemand fich die Mühe verdrießen ließ , ſo konnten in ſehr kurzer Zeit 1
ſchon einige Schwadronen von unſerem Regiment marſchfertig
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Ein großer Jubel war es , wie wir ausrückten , die blaſenden Trompeter an der Spige , Alles, was nur Beine zum Laufen hatte, begleitete uns noch eine gute Strecke weit, und es gab ein Weinen , Händedrücken , Küſſen und Tücher ídwenken , daß es ſchier gar kein Ende nehmen zu wollen iein .
ſchien , und wir zulegt nur froh ſein mußten , aus all' dem Wirrwarr herauszukommen. War es übrigens dod für Viele
von uns der legte Abſchied , den ſie von ihren Freunden und Verwandten nahmen ; denn gar mancher ſchmucker Huſar , der damals noch ſo friſch und ſtolz auf dem Pferde ſaß und ſo : vergnügt ausſah, daß er jeßt mit Gott für König und Vater land gegen den Bonaparte und ſeine Franzoſen , die uns jo viel Leides gethan hatten , fämpfen konnte , mußte in dieſem Kriege ſein Leben laſſen und kam nicht wieder heim . Und wie mand ' Anderer als Krüppel oder mit ſo frankem Körper, daß er ſein Lebtag nicht wieder ganz geſund ward. So ein 1
großer Krieg gegen die Franzoſen , der foſtet Menſchenleben ,
í und der Bonaparte, der verſtand die Sache ganz anders, als oder hergelaufene Myraſtawsky oder wie der Kerl ſonſt heißen ! mag , der hier jeßt die badiſchen Inſurgentens uns gegenüber ſo dem Namen nach fommandiren ſoll, und der auch zu den fen dyeint:
„Weit vor dem Sduſje iſt ſicher . "
Wir hatten
übrigens Befehl bekommen , daß unſer Regiment zu der Bri gade kommen ſolle, die unter dem Herrn General von Röder
Ezú dem Armeecorps unſeres Herrn Generallieutenants von Blüdyer Excellenz gehörte ; daß wir uns denn darüber gar ſehr freuten , könnt Ihr Euch wohl denken , Kinder. Waren auch
alle die anderen Herren Generäle ſehr brave Leute , unter des nen der Soldat mit großen Ehren fechten konnte , lo gab es denn doch nur einen Vater Blücher auf der Welt , und der preußiſche Huſar, der das Glück hatte , unter ſeinen Augen
ſein zu fönnen, war immer doppelt vergnügt.
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Na, wie es uns denn unter dem Herrn Generallieutenant
von Blücher Ercellenz erging , erzähle ich Euch morgen , wo wir ſo einen Rafttag haben , weiter.
Nun gute Nadyt, ich bin
müde und will ſuchen bald ein paar Augen voll Schlaf zu bekommen , " mit dieſen Worten ging der alte Erdmann fort, und auch die meiſten Huſaren folgten bald ſeinem Beiſpiele, da der lange Marſch bei der ſtarfen Hiße ſie müde gemadt hatte.
Fünftes Kapitel.
Am andern Morgen nach dem Gottesdienſt faß der Kreis der Bufaren bald wieder auf dem geſtrigen Plaße beiſammen und auch der alte Erdmann ließ nicht lange auf ſich mit dem Erzählen warten .
„ Donnerwetter , Kinder , war das eine Freude für uns," fo fing er an , als unſere Schwadron zuerft von dem Herrn Generallieutenant von Blücher Excellenz gemuſtert wurde. Gar nicht aufhören wollte das Hurrah - Rufen und Säbel
jídywenken unſerer Quſaren, da der Alte fo an die Front hers anſprengte. Wie ſah er aber auch aus, wirklich der feigfte Sterl, wenn ſo einer unter uns geweſen wäre, was aber nicht der Fall war , hätte Courage kriegen müſſen , ſobald er ihm -
ordentlich in's Geſichte blidte. So hell wie die Sterne am
dunkelen Himmel ,' funkelten ordentlich ſeine Augen , und der lange, weiße Schnauzbart, der bing ihm ſo recht, wie es fic
gehört , über das Kinn herab. Um zehn Jahr jünger ſapien
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e der Alte geworden zu ſein, ſo viel Freude machte es ihm, daß t : er jeßt ſo ordentlich wieder gegen die verdammten Franzoſen loshauen ſollte. Wahrhaftig , als ich dazumalen Anno 1803
in die Ehre hatte , von des Herrn Generals Grcellenz zuerſt an: geredet zu werden , wie ich Eudy im vergangenen Sommer in Jütland ſchon erzählte , ſah er nicht jünger und rüſtiger wie
CIN
jeßt aus. Und reiten konnte er noch immer ſo , daß die Funs
fen davon ſtoben und all' die Herren Adjutanten und Gene: ralſtabsofficiere nur ihre Noth hatten , ihm immer gut nach
zukommen. Ja , wahrhaftig , da hat das Lied nid )t gelogen, wo es heißt : „ Was ſchmettern die Trompeten, Huſaren heraus, Es reitet der Feldmarſchall im fliegenden Braus,
(śr reitet lo feurig ſein muthiges Pferd, (r ſchwinget ſo ſchneidig ſein blißendes Schwert, o ſchaut, wie ilm leucten die Augen ſu klar , 1
ſchaut , wie ihin wallet ſein (dyneeweißes Haar .“ NIE
denn beſſer fann ich ihn Eudy gar nicht beſchreiben , als wie Enes hier heißt. Und ſo kräftig und verſtändlich wie unſer Stabs
nim
trompeter nicht ſchöner blaſen kann , klang ſein ,,Gutenmorgen, 11
UESE
Kinder. Na , ich freue mich , daß ich Euch wieder ſeh ', und wenn es Gott will, fönnen wir hoffentlich bald ein ordentli des Einbauen auf die verfluchten Franzoſen machen . Die ſollen noch tüchtige preußiſche Huſaren - Hiebe zu koſten befom men. Ich weiß ſchon, Ihr Brandenburg'iden laßt mid nicht im Stid ), wenn es etwas gilt," ſagte er.
„Gewiß und wahrhaftig das thuen wir nicht Ew. Grcellenz. Wo Sie uns hinbefehlen, da werden wir immer mit Freuden
folgen. Verlaſſen Sie ſich man auf uns, " riefen wir darauf jubelnd. Nun ritt der Alte Schritt vor Schritt an den Gliez dern herum , und beſah'Alles ganz genau , und ſprach mit mehreren Huſaren ſo ein paar freundliche Worte. Als er bei 1
II ,
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-
mir anfam , der id) auf dem linken Flügel des 4. Zuges im 6 .
erſten Gliede ſdhloß, ſah er mich erſt ganz ſcharf eine Weile in's Geſidit. „ Sdwerenoth, Friz Erdmann, das biſt Du ja !“ rief er aus , „ aber jag', wo Teufel fommſt Du denn hier zu die Brandenburg'ichen . Biſt Du denn nicht mit den Pom
mer'ſdien, wie ſie jeßt mein altes Regiment nennen thuen, mit nach Rußland marſdirt geweſen ?“
„ Zu Befehl, Gw . Excellenz," antwortete id; drauf und ers in zählte nun ganz kurz mit wenigen Worten , wie es ſich für den Soldaten im Dienſt gehört, wie es gefommen ſei, daß ichi
lui
hier jegt bei dem Regimente ſtände. „ Es iſt man gut, daß sim di Du nun wieder munter auf dem Gaul ſigen fannſt, " antwors tete der Alte, „halte Dir man hübſch brav und friſch) , wie seen
immer. Jeit ſollſt man ſehen, wollen wir auch ordentlich auf
1
die Franzoſen loshauen und ihnen das Jena und Lübeck eins C. tränken . Das foll eine Luſt werden , " rief er nod ) aus , undi nody feuriger wie ſonſt bligten dabei ſeine Augen . Und als no er von mir fortritt, ſagte er noch zum Herrn Rittmeiſter, ,,der! Benet Unterofficier Erdmann da iſt ein braver Burſde, dem Sie!ere, un ſchon was anvertrauen können , für den will id ) gut ftehen , Orest denn wir zwei ſind ſchon alte Bekannte, und auch ſeinen Vaters Geute habe ich ſchon bei den Belling'ſchen Huſaren gekannt.“ Für den
Kinderkens , ſo hat gewiß und wahrhaftig Se. Ercellenz , der !2011 Herr Generallieutenant von Blücher von mir geſprochen , und Her DE kein Wort habe ich dabei zugeſeßt, das könnt Ihr ſchon glausta je ben. Aber eine Freude war das für midy , die war groß. lio
Wenn ich ſo unverhofft eine Tonne Goldes bekommen, hätte wchor
mid, das nicht ſo erfreut, wie dies Lob von unſerem Vater 3 Gener Blücher. Na , daß der nicht umſonſt ſo von mir geſprochen que
haben ſollte , das gelobte ich mir in dem Augenblick wieder
H.
aufs Neue redyt feſt. So viel in meinen geringen Kräften tie pie ſtand, habe ich ſtets geſucht, meine Schuldigkeit zu thun, wie jestu
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es einem ordentlichen Unterofficier von den königlich preußis jden Huſaren zukommt , dies kann idy wohl ſo ' ohne Ruhma rederei ſagen .
Wir marſchirten nun zuerſt nady Sadyſen , und unſer Vas ter Blüdser beſegte die ſäd ſildie Hauptſtud Dresden, was eine ſehr döne Stadt mit vielen braven Leuten drin iſt , die mir
gut gefallen hat. Die Sadijen , die hätten nun aud) wohl
ſehr gern ſchon gleich im Anfang gemeinſd aftliche Sadje mit uns Preußen gegen die Franzoſen gemacht , aber ſie mußtent ei nod) mit dem Bonaparte.halten, was ihnen gar nicht redyt war. Warum dies eigentlidy gedah , fann ich nidyt jagen, denn, was man ſo die hohe Politik nennt, die ſo die vor nehmen Herren Diplomaters mit der Feder hinterm Ohr machen , 1
davon hab' ich mein Lebtag nid)ts verſtanden. Es ſoll auch nicht viel dran ſein und unſer Alte hat mal geſagt, „ daß die Federn das Alles wieder verdorben hätten , was die Säbel gut gemacht.“ Na, da mußte e's alſo wohl wahr ſein , denn
der Herr General von Blüdser Eycellenz, der verſtand doch die Sache, und konnte ſchon ein Wort darüber mitſprechen . In dem Dresden , da gab nun auch unſer Alte den Befehl, daß die Leute jetzt Alles, was ſie nur wollten gegen die Fran zojen drucken laſſen fönnten , und da famen denn ordentlid)e
Sadyen gegen den Bonaparte zum Vorſdein , die der gewiß nicht hinter den Spiegel geſteckt hat, wenn ſie ihm zu Geſicht gekommen ſein ſollten . Auch ſonſt that der Alte viel Gutes,
und was ſo die Dresdner waren , die nicht zur franzöſiſchen Partei gehörten , die freuten ſich immer ſehr, wenn ſie den Herrn General von Blüdyer Ercellenz reiten ſaben , und riefen
ihm laute þurrah's nach, was auch nicht mehr wie redyt und billig war. Ich lag bei einer armen Maurersfrau im Quars tier, die viel weinte und klagte , daß ihr Mann auf der fäch fiſden Feſtung Königſtein als Gefangener figen müſſe, da er 8*
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mit einem Stein auf den franzöſiſchen Obergeneral , der die ſchöne Elbbrücke in Dresden in die Luft ſprengen ließ , ge worfen haben ſollte. Da ſagte ich denn zu ihr : „ Ii, Frau chen, geh' Sie doch zu unſerm Alten und bitte Sie den , dass 1
er jo den Befehl giebt , Ihren Mann wieder freizulaſſen , das
thut der gewiß . " Richtig , die Frau faßt ſich ein Herz und geht zu unſerm Alten und klagt dem ihr Leid. Na , der mit ſeinem guten Herzen , der wußte ſchon zu helfen ; ſchenkte der armen Frau fünf blanke, harte Thaler, daß ſie etwas zu eſſer ſich kaufen könne , und gab einen ſcharfen Befehl an die fäch fiſche Obrigkeit, daß Alle, die nur deshalb fäßen , weil ſie ſitd gegen die Franzoſen vergangen hätten , auf der Stelle freige laſſen werden follten . Das half denn ſogleich, denn vor den alten Blücher, der in ſolchen Dingen keinen Spaß verſtand und nicht lange fackelte, hatten alle Federfuchſer einen heilloje Reſpekt. Am anderen Tage ſchon war der Maurer und ſein anderen Genoſſen foon frei , und Ihr könnt Euch denken
Kinder , was das für eine Freude bei ihren Familien gal
Ja , ſo machte es unſer Alte immer , er hatte ein ſo gute Herz , daß er ſtets die Leute mit vergnügten Geſichtern w fich ſehen mochte, wenn es der Krieg nicht ganz nothwendi .
anders mit ſich brachte.
Von Dresden aus marfchirten wir nun nod eine Weil der Kreuz und Quere im ſächſiſchen Lande umber , unde
wollte uns immer noch nicht glücken mit den Franzoſen zu fammen zu kommen . Viele von uns waren ſchon ganz unge duldig darüber und machten lange Geſichter , daß ihre Säby noch gar keine Arbeit finden ſollten . Nun , ſie bekamen ſpá
terhin noch oft mehr als zuviel zu thun. Am 1. Mai hie es denn bei uns, daß es wahrſcheinlich am anderen Tage be
Groß -Görſchen, was nicht weit von Leipzig liegt, zur Solac kommen ſollte. Daß wir nicht wenig darüber vergnügt way
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ren, könnt Ihr Euch wohl denfen , denn wenn preußiſdie Hu jaren nicht immer ein ſehr vergnügtes Geficht machen , ſobald fie in die Bataille kommen ſollen, ſind ſie keinen Sduß Pula
ver werth , und das konnte man von uns Brandenburgiſdien nidyt ſagen. Einen tüchtigen Marſch hatten wir übrigens noch zu machen, daß wir pünktlich, wie es befohlen war, am 2. Mai, an dem uns beſtimmten Plaß anfamen . Nu , wir ſchonten denn die Sporen nidyt, und da unſere Pferde noch friſch und
fräftig waren , ſo kamen wir auch an wie es fich gehörte. Wäre ja auch eine arge Sdande geweſen , wenn gerade das Blücher'ſche Corps am erſten Schlachttage nicht an ſeinem ge hörigen Plaze hätte ſein ſollen. Ich glaube , unſer Alter hätte ſelbſt auf uns mit dem Säbel eingehauen , wenn wir uns faul gezeigt hätten. .
Am Morgen des 2. Mai marſchirten wir bei Sr. Ma
jeſtät unſerm hochherzigen König Friedrich Wilhelm (hier fa lutirte er wieder) vorbei , der mit dem ruſſiſchen Kaiſer auf
einem kleinen Hügel an der Straße hielt. Na, was das für eine Freude war, und wie wir laut und freudig unſer „ Hoch“ riefen , könnt Ihr Euch denken, Kinder. Preußiſdie Truppen werden es ſich ſtets zur hohen Ehre anrechnen , wenn ſie vor den Augen ihres Königs und Kriegsherrn erſcheinen dürfen ; aber gerade jeßt , kurz vor der erſten großen. Sdlacht gegent den Bonaparte , der Anblick des Königó , der uns die ſchöne Proklamation, die ich Euch geſtern vorgeleſen , gegeben hatte, 1
das war doch mehr wie gewöhnlich. Auch Se. Majeſtät der König ſah ſehr zufrieden und vergnügt auf uns , und dankte !
für unſere Grüße , und ſoll an unſere Herren Kommandeure
ſeine Zufriedenheit über unſer gutes Ausſehen ausgeſprochen haben. Ein ſehr ſchöner Mann war auch der ruſſiſdie Kaiſer Alerander, der neben Sr. Majeſtät unſerm Könige auf einem
ſtolzen Rappen hielt, und oft recht freundlich mit dem Kopfe
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nickte und uns grüßte.
Ja die beiden hohen Herren , die
freuten ſich in dem Augenblick ſehr, daß ſie jeßt ſo als gute
Freunde ſchaftlich war mir geweſen
neben einander halten und ihre Soldaten gemein gegen die Franzoſen vorüberziehen ſehen konnten . Es und denjenigen von uns, die noch mit in Rußland waren , doch auch jeßt ganz anders zu Muthe ais
damals, wo wir bei Wilna vor dem franzöſtſchen Kaiſer vor: beiziehen mußten . Es iſt doch eine ſchöne Sade, wenn man ſo für ſeinen König und ſein Vaterland fämpfen kann .
Gegen 11 Uhr'Morgens famen wir nun in der uns an:
gewieſenen Stellung zu halten , und Pferde und Menſchen waren Alle jo müde, daß wir uns erſt verpuſten mußten , bis
wir zum Gefecht tüchtig waren. Wir ſollten die bewegliche Reſerve, wie es genannt wird , von dem Blücher'iden Corps bilden. Zu unſerer Brigade, unter dem Herrn General vent Röder , gehörten 4 Sdwadronen weſtpreußiſche ublanen , 2 Sowadronen Brandenburgiſde uhlanen und wir 2 S dywa: dronen Brandenburgiſche Huſaren an Kavallerie, die ſämmt: ſich von dem Herrn Oberſtlieutenant v. Kapler befchligt wur:
den. Tüchtige Kerle waren wir Alle zuſammen, und die Fauſt judte uns nur ſo am Säbel , um bald redyt herzhaft auf die Franzoſen einbauen zu fönnen . Eine verdammt ſd were Probe follten wir aber vorher noch beſtehen , und mit dem Einbauen war es vor der Hand noch nichts. Es pflegt im Striege
gerade nicht gleich immer ſo zu gehen wie man wohl möchte, und es heißt oft viel Geduld haben.
Gegen 12 Uhr Mittags fing der erſte Kanonendonner an zu frachen. Wir hatten ſehr viele Huſaren im Gliede, die folche Muſik zum erſten Mal in ihrem Leben hörten, und die horchten denn hoch auf, wie es ringsum ſo recht zu brummen anfing. Na , wir ſollten bald noch nähere Bekanntſchaft mit dein Kanonenfeuer machen , denn eine franzöſiſche Batterie
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fing an uns nicht wenig zu beſdießen. Als ſo die erſte Ku gel uns über die Köpfe hinwegſauſte , da bückten ſich viele junge Huſaren, die jeßt zum erſten Mal im Feuer waren , juſt wie ich es Anno 1806 bei Jena auch zuerſt gethan babe, wie ich nicht leugnen fann . Audy in den Gliedern wurde es uns ruhig und locker, denn es iſt aud) eine verfludyte Sadie, wenn
ſich Kavallerie ſo rubig von Kanonen beſdießen laſſen muß, und darf weder vorwärts nod rückwärts gehen , ſondern muß feſt auf dem Plaß halten bleiben . Es muß dies oft wohl ſo ſein,
aber die Soldaten , die es gerade trifft, haben wenig Freude dran , das fönnt Ihr glauben. Unſer Herr Rittmeiſter, der drehte fid) mit böſem Geſidyte nach den unruhigen Huſaren um, und ſagte zu ihnen : „ Pfui, ſchämt Euch, ſidy ſo vor ein paar franzöſiſchen Kugeln zu bücken. Ich will hoffen , daß
dies nun Keiner von meinen Huſaren mehr thut , ſondern ſie fich als brave Soldaten zeigen , was ſollten ſonſt wohl die Ruſſen , die dies mit anſehen können , von uns denken ? Sie 1
fönnten am Ende jogar glauben, Ihr bättet Furcht, und das wäre doch eine zu große Sdande." Und als der Herr Ritt
meiſter ſo geſprochen hatte, da ließen die Huſaren das Bücken immer mehr ſein .
Wenn es auch Mandem nod) ſo ein Bis:
den ruckte und zudte, ſobald die Kugel gar ſo nahe vorbeis fam , ſo nahm er ſich doch feſt zuſammen , und die Bücklinge hörten immer mehr auf. Es geht dies Alles idon , wenn man nur herzhaft will , und das fönnt Ihr Euch aud) gleich 1
merfen .
Die erſte franzöſiſche Kanonenkugel, die in unſere Schwa dron ſchlug, riß einem Huſaren den Mantelſad auf, ſo daß alle Sachen , die darin waren , weit auseinander flogen. Da war denn auch eine weiße Nachtmüze darin geweſen , die der Kerl fich, Gott weiß wozu, mit eingepackt hatte, und die flog einem andern Huſaren gerade in's Geſicht. Na , was denn 1
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das für ein Gelächter unter uns gab , könnt Ihr Euch wohl denken. Nod) viele Monate lang ward der , dem die Nacht
müße gehört hatte , von ſeinen Kameraden damit aufgezogen, und die Huſaren riefen immer : ,, Meyer, wo iſt Deine Nacht
müße ?“ Und ein Anderer antwortete dann : ,,Die iſt Schul zen an den Kopf geflogen", und ſo trieben die Burſche im mer ihren Spaß fort. Die zweite Kugel meinte es ſdyon ernſtlicher, denn ſie ſchlug einen Huſaren ſammt ſeinem Pferde zuſammen , ſo daß Beide auf der Stelle todt waren. Als
Einige von unſeren jungen Fuſaren ein Bischen gar zu viel nach der noch zuckenden Leiche hinſaben und blaß werden
wollten , ſagte der Herr Rittmeiſter: ,,der iſt auch wie ein braver Huſar mit Gott für König und Vaterland geſtorben ,“ und das encouragirte die Leute ſogleich wieder , und ſie wur den ruhig. Gar manchen braven Kerl und ſo manches gute I
Pferd haben wir noch auf dieſe Art durch Franzöſiſche Kano:
nenkugeln verloren , denn wir mußten nodi geraume Zeit im feindlichen Feuer ruhig halten bleiben .. Ein hißiges Gefecht tobte aber in den Dörfern vor uns , welche von unſerer bra
ven Infanterie doppelt geſtürmt, und von den Franzoſen, die der Bonaparte ſelbſt kommandirte, hartnäckig vertheidigt wur den. Wahrhaftig es war eine Freude mit anzuſehen , mit welchem Eifer unſere Infanteriſten, größtentheils junge Kerle, die beute aud zum erſten Male in's Feuer' famen , auf den
Feind losſtürmten. Wenn auch noch ſoviel zuſammengeſchoſſen wurden , und ganze Faufen von Verwundeten bei uns vorbeis famen , immer luſtig und muthig, als wenn die feindlichen Kugeln nur lauter Schneeballen wären, ſtürmten die Anderen darauf los. Da waren die braven „ Weſtpreußen “ unter dem Herrn Oberſten von Klüg , die marſchirten gegen das Dorf Kaja, was nicht weit von uns lag, ſo luſtig hinein, als ſollte
es zum Erntebier gehen , obſchon ein ganzer Hagel voll
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feindlicher Kanonen- und Gewehrkugeln herausgeſauſt fam ,
und die gelbfragigen Schleſier vom 2. Infanterieregiment wa ren wahrhaftig auch nicht faul. Von der Kavallerie waren
beſonders die Neumärkiſchen Dragoner, Kerle , an denen der große Friße ſelbſt ſeine Freude gehabt , wenn er ſie geſehen, 1
in Arbeit, und wir hätten gar gerne mit ihnen getauſcht. So tobte die Schlacht von allen Seiten um uns , und gar viele,
- viele preußiſche und ruſſiſche Soldaten waren ſchon gefallen. So groß war die Wuth von uns Preußen gegen die Feinde,
daß ich ſelbſt mit meinen eigenen Augen geſehen habe , wie Verwundete , wenn ſie nur den erſten Verband erhalten hat
ten, ſich wieder aufrappelten und in die Schlachtlinie ſtürzten. So lief ein junger Officier von einem ſchleſiſchen Regiment, die dazumal Alle aud) gelbe Kragen trugen , an uns vorbei, der ſeinen linken Arm in der Binde und einen Verband über
dem Kopfe ſchon hatte. Trojdem bemühte er ſich , ſo raſch ihn die Füße nur tragen wollten , denn er ſchien ſchon viel ,
Blut verloren zu haben , wieder in die Tiralleurlinie hinein Sconen Sie ſich , Herr Kamerad !" rief ihm zukommen.
ein Lieutenant unſeres Zuges zu , ,, Sie find ja durch Ihre 1 Wunden ſchon ſo mitgenommen , daß Sie ſich kaum noch auf den Beinen balten fönnen ." „ Oh, es muß nod) gehen, " gab
der zur Antwort zurück. Heute gilt es , den Tag von Jena wieder auszugleichen. Kaum war er aber noch ſo an zwanzig
Schritte fortgelaufen, ſo kam eine feindliche Kanonenfugel das hergeſauſt und riß ihn ſo auseinander , daß ordentlich die Fegen von ſeinem Leibe umherſdilugen. Plößlich hieß es auch bei uns , daß unſer Bater Blücher verwundet ſein folle, ob. ſchon seiner etwas Gewiſſes darüber wußte. Was das aber für eine Wuth bei uns hervorbrachte, fann ich Euch gar nicht
jagen. Glücklicherweiſe iſt die Wunde aber nur leicht gewes fen, ſo daß der Alte, der trop der vielen Jahre, die er ſchon
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auf dem Rücken hatte , noch ſo feſt und geſund wie ein jun ger Burſche, bald wieder im Sattel ſigen konnte. Kreuz ſchwerenoth, was wäre das auch für ein Unglück für die preußi ( che Armee , ja für ganz Deutſchland geweſen , wenn ſo gleich in der erſten Bataille unſer Herr General von Blücher Gr. cellenz hätte bleiben ſollen. Da hätte der Bonaparte ges
wiß geſchmunzelt und ſich vergnügt die Ďände gerieben, denn vor unſerem Alten ſoll er gewaltigen Reſpekt gehabt baben. Na , das fonnte auch nicht gut anders ſein, vor dem
mußte Jedermann auf der Welt Reſpekt haben , wenn er ihm als Feind gegenüberſtand. Endlicy , ſo gegen 3 Uhr mochte es wobl ſein , und wir
hatten (den argen Verluſt erlitten, obſchon wir ſonſt noch gar nichts gethan , brachte uns ein Adjutant den Befehl, vorwärts gegen den Feind zu geben. Das war denn eine große Freude für uns ! „ Vorwärts , drauf ! zeigt , daß Ihr brave preußi 1
ſche Huſaren feid ! " hieß es nun , und in ſcharfem Trab raſſels ten wir los. Ein hölliſches Gefecht entſpann ſich nun in den
Dörfern vor uns, und wenn wir Kavalleriſten auch des Ter rains wegen nicht ſo viel thun konnten wie die Infanterie, ſo To hat dod mancher ,, Parlez - vous “ an dem Tage ſo viel
Säbelhiebe zu koſten befommen, daß er für alle Zeiten daran genug hatte, und nicht nad mehreren nod) verlangte. Immer
vorwärts ging es nun , und wenn die Franzoſen auch noch ſo viel ſchoſſen , die Preußen konnten ſie vorerſt doch noch nicht aufhalten.
Beſonders herzhaft ſtürmte unſere Gardes
Infanterie auf das Dorf Groß - Görſchen los. Die Franzos ſen ſchrieen zwar immer ihr ,, en avant , en avant" , bei den
Unſrigen aber hieß es : „Vorwärts Vorwärts , vorwärts , immer man druf! " und ſo ging es darauf los. Aus allen Häuſern ſdoj 1
ſen die Franzoſen, und hinter den Bäumen und Hecken hatten
fidh ihre Tirailleurs aufgeſtellt und ihre Kanonen frachten
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dazwiſden, daß die Erde zitterte ; aber es half ihnen alles nichts, aus dem Groß-Görſchen mußten ſie heraus , fie modyten wol
len oder nicht. Nit, und unſere Reiterei hielt ihre Dragoner und Chaſſeurs im Zaum , ſo daß dieſe der Infanterie nicht zu Hülfe foinmen fonnten. Aber immer friſche Soldaten brachte
der franzöſiſde Kaiſer jeßt in's Gefecht, und wie die Fröſche 1
nach einem Negen im Sommer , ſo famen ſie überall hervor, wo man ſie hätte gar nicht erwarten ſollen. Wenn auch unſere braven Soldaten fodten, daß es eine Luſt war ſie anzuſehen,
und beſonders unſere Infanteriebataillone das Eine noch beſ: ſer wie das Andere zu ſein ſdienen , jo fonnten die meiſten Dörfer doch nicht gegen die zu große feindliche Uebermacht behauptet werden , ſondern man mußte fie faſt alle räumen .
Da ſah ich denn viele Beiſpiele von der größten Courage, ſo daß id) manche lange Stunde Euch davon erzählen könnte. Was id) nie vergeſſen habe, war , wie ein kleiner Tambour von unſerer Garde immerfort zum Sturm trommelte, und fidh gar nid) t dadurdy ſtören ließ , daß redyts und links die Gres
nadiere um ihn herum von den Kugeln getroffen wurden . Endlich ſchlug ihm eine franzöſiſde Kugel den Trommelſtod aus der linken Hand und mußte ihn dabei verwundet haben ,
denn ich konnte Blut aus der Hand fließen ſehen. Als wenn aber gar nidits vorgefallen wäre, trommelte der Junge nun immer luſtig und unverzagt allein mit der rechten Hand fort, bis zulegt eine franzöſiſdye Kugel wieder daher geſauſt fam und ihm die Trommel zerſdmetterte. Der Tambour ſelbſt fiel auch mit zu Boden, und wir glaubten ihn ſchon verloren, was uns Allen ſehr nahe ging. Nach einer kleinen Weile aber ſprang der Knirps ganz luſtig wieder auf , wies den 1
Franzoſen den ...., dlug fid) mit der Hand darauf, und lief dann zu ſeiner Kompagnie zurück, die ſich don verſchoſſen
hatte und langſam den Rüdfzug antrat. Wir Huſaren , die
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nicht mit am Dorfe aufgeſtellt waren , um den Angriff von etwaiger feindlicher Reiterei auf unſere Infanterie zurückzu I
weiſen , haben ſo recht unſere Freude über dieſen fleinen, bra
ven Tambour gehabt. Was weiter aus demſelben geworden iſt, kann ich Eud nicht ſagen. Gegen Abend ward übrigens
der Kanonendonner von den Franzoſen immer gewaltiger, und ſelbſt bei Mofaisk krachte es nid )t ärger. Ich habe ſpäter
von einem unſerer Herren Officiere gehört , daß der Bona parte an 80 Stück Kanonen in eine Linie habe gegen uns anrücken laſſen. Na, daß das ſchon ein rechter Teufelslärm iſt, wenn ſo 80 Kanonen zugleich ihr Maul aufthun , fönnt Ihr Euch denken. Ja der Bonaparte, der verſtand das Ding und führte ſeine Stanonen nicht umſonſt bei ſich. Ich weiß nicht ob es wahr iſt, aber ich habe mir einſt von einem
alten Soldaten , der früher lange bei den Franzoſen gedient hatte , erzählen laſſen ,1 daß der Bonaparte ordentlich vor Luſt
gelacht und laut in die Hände geflaſcht haben ſoll, wenn der Kanonendonner ſo recht um ihn zu toben angefangen habe. Auch foll er fugelfeſt geweſen ſein , und wenn auch die Leute um ihn zu Dußenden gefallen ſind , ihn ſelbſt hat keine Kugel getroffen. Bis in die ſpäte Nacht frachte es an dem Tage fort, und auch unſere Artilleriſten und die Ruſſiſchen ſparten wahrs
haftig ihr Pulver nicht. Schritt vor Schritt marſchirten un ſere Soldaten aus den erſtürmten Dörfern , welche die Fran zoſen in Brand ſchoſſen, zurück, und wir blieben an dem Abend ſo ungefähr auf dem gleichen Fleck ſtehen , den wir am Mors .
gen gehabt hatten . Daß wir gerade ſehr vergnügt an dem
Abend waren, kann ich nicht ſagen. Faſt alle Regimenter und beſonders gar die Infanterie hatten ſehr viele Leute verloren, und wenn audy die Franzoſen gewiß noch ſchlechter abgekommen waren als wir, ſo hatten wir ſte doch nicht ſo falaſcht, als wir wohl
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anfänglich gehofft. Na , an dem guten Willen unſerer Sol daten hat es gewiß nicht gefehlt. Der franzöſiſche Kaiſer ſoll es aber verſtanden haben , gerade da an dem Plaß , wo er
fie juſt am nöthigſten brauchen konnte, aud recht viele Trups 1
pen beiſammen zu haben , das war freilid) eine gute Sache für ihn und eine böſe für uns, und es hat deshalb noch viel
Blut gekoſtet, bis er endlich ganz aus Deutſchland heraus gejagt wurde , wie es ſich gehörte ; daß aber die Franzoſen fidh an dem Tage ja nicht einbilden ſollten uns in die Fludyt
geſchlagen zu haben, wie ſie ſonſt gern damit prahlen mögen , zeigte ihnen nod) unſer Vater Blücher. Wenn der auch , wie ich Euc ſchon vorhin erzählte , in dieſer Schlacht verwundet
worden war , ſo hielt ihn dies doch nicht ab, am Abend wie der friſch und munter, als wenn nichts vorgefallen wäre , auf ſeinem Pferde zu ſein. Da ſoll er denn zu dem Herrn Ge neral von Gneiſenau , der immer bei ihm war und Alles ſo auf dem Papiere ausarbeitete, wie ſich die Truppen in der Bas taille aufſtellen mußten, was man die Tictaf oder Taktik nennt,
geſagt haben : „ Schwerenoth , Gneiſenau , wie wär's denn , 1
wenn wir den franzöftſchen Staiſer noch mal aus dem Schlaf wedten. Unſeren braven Jungens von der Kavallerie, die heute ihre Säbel nidyt ſo haben gebrauchen können , als ſie wohl 1
gemodit hätten , würde es vielen Spaß machen noch mal zu ſehen , was denn die Franzoſen ſid, eigentlich zum Abendbrod gekocht haben . Die laſſen ihre Bivouaffeuer ja gar zu hell brennen , wir wollen ihnen doch noch ein Bischen mehr beim Blaſen helfen ." Na , der Herr General von Gneiſenau der
ſoll zwar zuerſt mit dem Kopfe etwas geſchüttelt haben , was ſeine Mode nun einmal ſo war, dann aber geantwortet: „Ja, wenn Ew . Excellenz es lo meinen , dann man immer zu , ſchaden kann es nicht !"
܀
oogherr
fonlugnazengn •126
Šo misten denn die Küraſſiere von dem Brandenburgis ſdien , deir oſtpreußiſchen und dem ſchleſiſden Regiment, lau
ter grobe , ſtarfe Kerle , die mit ihren Pallaſden (dyon darein
zu id lagen verſtanden , wieder aufſitzen , um den Franzoſen
la.intf
nody ſo einen guten Abend zu ſagen . Die ruſſelten denn ore dentlid, auf den Feind ein und dringten die erſte Linie deſjela
ben mü ; Ti és Toll, wie ſpäter erzählt ward , gar nicht viel daril gefehlt haben , daß ſelbſt der franzöſiſche Kaiſer von ihnen gefangen genommen ward . Sapperment, das wäre ein Glück geweſen , wenn damals idyon der Bonaparte von uns Preußen gefangen genommen wäre . Viele Menſchen , Pferde und deres Geld bätte Se. Majeſtät unſer König dadurch
beſparen fönnen. Wenn aber auch dieſer Angriff in der Nacht von Scite unſerer Kavallerie ſonſt weiter nicyt: viel genügt hat, fo zeigte er doch den Franzoſen , daß wir Preußen ſelbſt nad der heutigen Schlacht nicht die mindeſte Furcht vor ih nen hätten. Dies war auch ſchon etwas werth , denn die Kerle bildeten ſid) ſonſt immer ſo gerne ein , daß alle Trup
pen , die ihnen gegenüberſtänden , wer weiß was nicht für I
Jardyt vor ihnen haben müßten , wenn ihr Kaiſer bei ihnen wäre. Ja haſte nicht geſehen , ſo war es audy nid) t , und 1
11mW
injer Alter der ſcherte ſich den Teufel um den franzöſiſchen Kaiſer, und es war ihm ganz egal , ob der ſelbſt , oder wer jonſt von ſeinen Generälen ihm gegenüber kommandirte. Iſt man audy ein Menſdenfind wie wir Alle, und er fann auch die ſchönſte Sdymiere bekommen , wenn ich ihn nur erſt mal recht faſſen thue," ſoll der Alte oft geſagt haben . Die übrige Nadyt blieben wir denn rubig auf unſerem einmal eingenom
menen Plage halten ,1 und fein Franzoſe hat es aud nur ges wagt uns anzugreifen. Ich habe nadıher gehört , daß der Bonaparte ſo in dem Sdlady tenbericht , den er für die Leute
Vaporeon was nicht auf den Seflaustfalin , instom Pützen im Andhausor.
-
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in Frankreich hat drucken laſſen, geſagt haben ſoll : ,,daß er
uns völlig in die Flucht geſd)lagen habe.“
Na, da muß denn
der Kerl gelogen haben , daß es nur ſo blau anlief, wie er denn überhaupt in den Dingern , die er ſu drucken ließ , das Lügen ſo redyt aus dem Grunde verſtanden hat. ,,Das Sprid) wort,"“ was Ihr auch wohl jdon fennt: „ Er lügt wie ges 11
druckt,“ das ſoll gerade von dem Bonaparte herſtammen , ſo Hab' ich mir wenigſtens erzählen laſſen. Hier die Anführer von den Demokraten im Badiſchen, die verſtehen freilich das
Lügen und Aufſdyneiden noch beſſer und übertreffen hierin ſos gar noch den Bonaparte, wenn ſie auch ſonſt freilid, nicht
: i i f.
werth ſind, ihm die Schuhe zu pußen, und jeder franzöſiſche Lieutenant dazumalen mehr vom Kriegsführen verſtehen mußte, wie jeßt hier dieſe Kerle mit den großen Bärten unter ihren ungewaſchenen Mäulern und den rothen Hahnfedern auf ihren Hüten , die ſo mit den Säbeln herumraſſeln ſollen , als wenn jie Wunder was für allmächtige Helden wären. In der Nacht, als ſo der Morgen eben zu grauen an: fangen wollte, wurde ich mit nod zehn Mann auf eine Pas
trouille abgeſdrickt, um zu erkunden , was denn der Feind ei gentlich mache. Id und meine Leute wir waren zwar ſträfs lidt müde, und mußten ordentlid, reiben, bis wir den Sdlaf : erſt recht aus den Augen herausbefamen und auch unſere
Pferde hätten gar gerne noch länger alle Viere von ſich ge ſtreckt, denn ſie waren über 36 Stunden unausgeſeßt unter
Sattel und Zeug geweſen , aber das half nichts. Waren wir doch keine Freiſchürler, die nur eben ſo viel Dienſt zu thuen pflegen , als ihnen gerade fommode iſt, ſondern föniglich preu
Biſche Huſaren , bei denen natürlich nicht gefragt wird, was
ihnen bequem oder unbequem iſt. Bei den Franzoſen, an de ren Vorpoſten wir ſo nahe heranritten, wie 'nur möglid ), war Ales ruhig und ſtill , und man konnte ihnen anmerfen , daß
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fie auch an der Arbeit des leßten Tages genug hatten, und ſobald nicht nach neuer verlangten . Wie wir ſo nicht allzus
weit von den äußerſten franzöſiſchen Vorpoſten hinritten, kam plößlich ein Trupp wohl von 18 - 20 Mann in voller Eile
auf uns zugelaufen. Wir glaubten ſchon, daß es eine feind liche Patrouille ſei, und ſegten uns eben in Bereitſchaft, ſie, wie es ſich gehörte, zu empfangen, als die Soldaten riefen :
,,Thut uns nichts, wir ſind deutſche Brüder, die nicht mehr bei den Franzoſen dienen mögen und jegt zu Euch kommen ." Das war denn ganz gut, die Leute mußten vorher ihre Ge webre wegídymeißen, denn man fonnte nicht wiſſen , ob nicht doch vielleidyt Verrätherei mit im Spiele ſein könne, und dann nahmen wir ſie freundlid) auf, und tranken mit ihnen aus
unſeren Feldflaſchen ſo viel noch drin war, Brüderſdaft, und darauf, daß alle Deutſche ſtets zuſammen fedyten ſollten, und es nicht mehr vorfommen möge, daß Deutſche zuſammen mit den Franzoſen gegen ihre eigenen Landsleute fechten mußten. Es waren lauter Soldaten von einem weſtphäliſchem Regi
mente , ſtarke, Feſte Kerle, die wohl für den Krieg zu gebrau den ſein mußten.
Sie ſagten mir, daß fie große Luſt hätten
ſogleidy in ein preußiſches Regiment einzutreten und ſo gab ich ihnen denn zwei oder drei von meinen Fuſaren mit, die fie in das Hauptquartier von unſerem Herrn Generallieutenan von Blüder Grcellenz bringen mußten . Später habe ich noch Mehreren von ihnen wieder zufällig begegnet, die als tüchtige
Soldaten bei unſerer Infanterie dienten. Solche Ueberläufer von den deutſchen Truppen, die noch jeßt bei den Franzoſen dienen mußten , famen übrigens ſo viel ſie nur konnten , zu .
uns .
Es war dieſen armen Leuten am Ende auch nicht zu
verdenken , daß ſie jeßt von ihren Fahnen deſertirten, obſchon dies ſonſt etwas ſehr Schlechtes iſt , was ein ordentlicher
Soldat niemals thun ſoll. Þart muß es aber doch damals,
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wo Alles hoffte, daß der Bonaparte mit ſammt ſeinen Fran zoſen bald für immer aus Deutſchland herausgejagt werden
möge, für dieſe Weſtphalen und Sachſen und Rheinbündler geweſen ſein, ihm zu helfen , daß er noch länger darin bliebe, und Blut und Leben für feine Sache und für den franzöſi ſchen Ruhm, der ihnen doch wahrhaftig ganz gleichgültig ſein konnte, hinzugeben . Und ſchlechten Lohn hätten ſie auch noch 1
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davon , denn wenn der Bonaparte irgendwie eine Schlacht ges wonnen hatte, fo mußten ſeine Franzoſen allein den Ruhm davon haben, und wurden gelobt und geehrt, und bekamen
die beſten Quartiere und die Orden , und die Anderen hatten 1
nur das Zuſeben und konnten ſich das Maul abwiſchen. Wir
hatten das ſelbſt oft genug in Rußland erfahren. Eine Ehre für die preußiſche Armee iſt es aber, daß fie niemals und zu
keiner Zeit , von unſerem hochfeligen König Friße Majeſtät her (ſalutirend) mit den Franzoſen zuſammen gegen deutſche Truppen gefochten hat. Na, hoffentlich wird dies auch nies mals noch geſchehen , und wenn die Franzoſen da drüben über dem Rhein feine Ruhe geben wollen, dann halten wohl all'
die anderen Deutſchen mit uns Preußen zuſammen, und es friegen die Parlez-vous die beſten Sdläge, und wenn ſie ſich auch die Welſchen und die Polaken noch zur Hülfe nehmen ſollten . Wer weiß wie bald das noch kommen wird !
So ein Mitt über ein Feld, wo ein paar Stunden vors her eine große Bataille ſtattgefunden hat, iſt gerade fein Vers guügen, das könnt Ihr mir glauben , Kinder. So lange die Stanonen krachen und die Flinten fnattern und die Säbel
klirren und man dem Feind gegenüber ſteht, da hat man we der Aug' nuch Ohr für all das Elend was um Einem herum iſt, und denkt an weiter nichts als immer nur tüchtig drauf loszuhauen oder zu fchießen. Etwas Anderes iſt es aber, ſo nach der Schlacht, wenn Alles ruhig iſt, allein über das Feld II,
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hinzureiten. Gar vieles Schreifliche bekommt man da oft zu ſehen, wovor man wohl grauſen kann. So ging es uns auch jeßt wieder. Ganze Haufen von todten Menſchen lagen über einander und waren oft ſo gräßlich zerſchoſſen , daß man ſie kaum nod erkennen konnte. Die Meiſten waren faſt ganz nackt don ausgezogen , denn die Koſafen, welche bei Tag und Nadyt hinter der Beute her find , wie der Teufel hinter einer armen Seele , hatten ſchon wo ſie nur hinkommen konn
ten , nichts liegen laſſen was nur irgend wie zu gebrauchen war. Auch viele todte und verwundete Pferde lagen noch umber und wir haben noch öfters unſere Piſtolen gebraucht,
um Legteren weitere Qualen zu erſparen. So erinnere ich mich noch recht gut , daß ein ſchöner, ſtolzer Schimmel, der gewiß einem hohen Stabsofficier gehört haben mußte, ganz allein auf dem Felde ſtand und vor Freuden laut wieherte, als wir mit unſeren Pferden an ihn herangeritten famen .
Auf drei Beinen mußte das arme Thier aber ſtehen, denn bis dicht unter dem Feſſelgelenk hatte eine Kanonenkugel ihm den Fuß abgeriſſen. Gleich als wolle er mich bitten, daß ich ihm dod helfen ſolle, ſo ſah mich der Schimmel mit ſeinen
Augen an , als ich dicht an ihn herangetreten war, um ſeine Wunde näher zu beſehen und lecte mir die Hand. ,,Für den iſt auch ein Schuß das Beſte," dachte icy, ſegte ihm die Bi
ſtole dicht hinter das Ohr, drückte ab, und mit dem Schuſſe zugleich ſtürzte auch der Schimmel ſchon todt nieder. So ein Sduß iſt für viele ſtark verwundete Pferde, die doch nicht mehr zu retten ſind, ſtets das Beſte und erſpart ihnen viele unnüße Qualen.
Nicht weit von dem Pferde fanden wir auch noch einen jungen franzöſiſchen Officier an der Erde liegen, deſſen Leib von einer Kanonenkugel ganz aufgeriſſen war. Die Einges weide hingen förmlich heraus, und die Deffnung war ſo groß,
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daß man ganz hineinſehen konnte. Der Unglüdliche jammerte laut und bat uns bei unſerem Kommen dringend, wir möch
ten ihn doch erſchießen , um ſo ſeinen unerträglichen Schmerzen endlich ein Ende zu machen. Er könne dod nicht geheilt wers
den , ſagte er , und ſo ſei es für ihn am Beſten, wenn er nur einen ſchnellen Tod fände. Wir ſahen dies Alles wohl ein , und doch konnte ſid) Keiner von meinen pujaren dazu
entſchließen, dem Armen einen Piſtolenſchuß zu geben . Liegen laſſen mochten wir ihn auch nicht , da er uns wirklich jam merte und fortſchaffen konnten wir ihn auch nicht , da wir feinen Wagen bei uns hatten . Wie wir ſo nun dabielten und Keiner redyt wußte was er thun ſollte, fam ein ruſſiſcher Sols
dat von einem Grenadier-Regiment angegangen. Der fragte denn in ſeinem Halbdeutſch einen Huſaren, warum der Fran jusky ſo jammere und bitte. Auf die Antwort des Huſaren, daß der Verwundete bitte, man folle ihn erſchießen und Reiner
von uns wolle dies thun , ging der Ruſſe ruhig auf den Lies genden zu , ſeşte ihm den Lauf ſeiner Muskete dicht auf die Bruſt -und drückte log. So wie der Sdhuß gefallen war, recte und ſtredte der Franzoſe ſich noch einmal und war dann mau. jejodt. Es war für denſelben vielleidyt das Beſte was ihm
geſchehen konnte, aber doch wollte uns das, was der Ruſſe gethan hatte, nicht recht gefallen und keiner von meinen Fus ſaren mocyte ihm aus ſeiner Feldflaſche mit Branntwein Be jheid thuen, da er uns gleich) zutrinfen wollte. Noch zwei andere Verwundete, einen Preußen und einen Franzoſen, die
Beide am Fuße bleſſirt waren , fanden wir in einem kleinen Graben dicht neben einander liegen . Die hatten ſich gegens
ſeitig zu helfen geſucht und der Preuße hatte dem Franzoſen, der Franzoſe aber dem Preußen ſeine Wunde mit dem zer riſſenen Hemde verbunden, da Jeder von ihnen ſeinen eigenen Schaden nicht ſo gut ſehen konnte. Auch ſonſt haben ſie ſich 9*
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gegenſeitig ſo viel ſie konnten Gutes gethan als wenn ſie die beſten Freunde wären, obſdon ſie geſtern beim Kampfe ſich ihre Bleſſuren einander gemacht hatten. Der Preuße, ein Sol
dat vom zweiten ſchleſiſchen Regiment, hatte dem Franzoſen, einen Grenadier von der jungen Garde, ſein Bajonnet durch den Schenkel geſtoßen , der aber ſeinem Feind den Squß in 4
die Wade hineingefeuert, wie ſie uns Beide ſelbſt erzählten . Da fich gerade ein Wagen von der Ambulance in der Entfer
nung fehen ließ, ſo mußte ein Huſar ſchnell Hinreiten, um den ſelben zu holen. Der kam auch angerumpelt und nun wur : den die beiden Berwundeten wieder neben einander auf den:
iuliun .
ſelben hingelegt , wo ſie ſchon mehrere Leidensgefährten fanden . Alle Verwundete, gleichviel ob es Preußen oder Franzoſent
waren , wurden in unſeren Lazarethen übrigens mit gleicher Sorgfalt behandelt und auch gar kein Unterſchied zwiſchen den felben gemacht. So muß es auch ſein , denn ein Bleſſirter iſt in dem Augenblick fein Feind mehr, ſondern ein armer Menſch,
der unſer Mitleid in Anſpruch nimmt. So lange der Fran zoſe oder Däne , oder hier der Inſurgenter, uns mit den Waffen gegenüberſteht, nur immer tüdytig druflos gebauen, geſtochen, geſchoſſen was das Zeug. nur halten will, iſt er aber ſo ſtark bleſſirt, daß er hülflos daliegt , dann ihm aber auch Hülfe nach beſten Kräften gebracht. Solches iſt die Schuldiga keit von jedem braven Soldaten in der Armee von Sr. Ma jeſtät dem Könige von Breußen ( ſalutirend) und dies ſage ich der alte Unterofficier Friße Erdmann , der nun ſchon über 1
9
46 Jahren mit Ehren ſeines Königs Rod getragen hat. Es hieß erſt bei uns, daß es am 3. Mai nochmals wie:
der gegen die Franzoſen losgehen ſolle, und beſonders wir von der Kavallerie freuten uns darüber nicht wenig. Wir
hätten uns noch gern ſo ein Bisken mit den franzöſiſchen Dras gonern oder Huſaren berumgehauen und ihnen gezeigt, daß
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n ſie mit unſere Säbel noch ſcharf wären und wir noch Mark in den muret Armen hätten. Na, es ſollte aber nicht ſein , die hohen Herren ein
da bei dem Generalſtabe, die ſo die Schlachten vorher auf
Franzoica
dem Papier machen , obſchon es nachher, wenn es erſt redyt
net dont losgeht, doch noch oft ganz anders kommt, hatten es nicht ge Stust! wollt. Warum nicht, weiß ich nicht zu ſagen, und müſſen die erzüblue Herren vom Generalſtabe dies wohl am Beſten wiſſen . So
er Guti: viel weiß ich aber gewiß , daß es an uns preußiſchen Solda
, um den
ten nicht gelegen hat , wenn die Schlacht nicht mehr fortge
nun me
ſeßt wurde. Wir hätten uns noch ſo lange herumgeſchlager
qui ? ! wie man nur gewollt, und jedes Regiment im ganzen Cvrps 1
des Herrn Generallieutenants von Blücher Ercellenz wäre Front wieder friſch drauflosgegangen .
en fande
Wir marſchirten denn ruhig und in aller Ordnung wie
Tiden Mit der ſo ab wie wir gekommen waren , und von hißiger Ver
clirter
folgung von Seiten der Franzuſen konnte gar keine Redlea
r Meni" ſein . Thaten wir ihnen nichts , thaten fte uns gewiß nidyis Der Fru mehr und waren froh , wenn wir ſie man in Ruh ließent.
Fontre “ was bei den Franzoſen ſo viel heißt als bei uns gebauer „ Schwerenoth " ſoll der Bonaparte geſagt haben . ,, Seteit
mit
95
ijt er at die Preußen ganze Kerle, will es jeßt nicht mehr ſo glücfcit aber azarte zu ſchlagen wie bei Jena.“ Da hatte er denn auch mal Sdullu ausnahmsweiſe die Wahrheit geſprochen , und er ſollte noch Sr. X öfters es probiren , daß wir gar keine Fürdt vor ihm mehr
diesi
hatten . Einen großen Verluſt erlitt unſers Königs Majeſtit
don ik
aber hier bei Groß-Görſchen und das war der Tod des Herrii
Generale von Scharnhorſt.
bat.
Der war es hauptſächlid, mite:
amals1
weſen , von dem alle die neuen , guten Einrichtungen , von des
onders 1
nen ich Euch ſchon früher erzählt habe , auf die jeßt nod ;
nin 加 den D yeigt,
jeder preußiſche Soldat mit Recht ſtolz ſein kann , ausgegangert
1
waren , und deſſen Andenken daher für alle Zeiten in unſerem Heer in Ehren gehalten werden muß. Auch im feindliche .
Corrs zurüc kzuha .
not brin hin un fi t erti nito ourit ?
134
Feuer war der Herr General von Sdarnhorſt mit großer Gous
rage hineingegangen ,1 und leider ſo ſchwer verwundet worden,
daß er einige Wochen darauf ſterben mußte. Wie geſagt ein großer Verluſt.
Wir zogen nun in langſamen Märſden wieder bis in
die Gegend von Dresden zurück und blieben dort einige Tage ſtehen . So war denn ſo viel ich davon geſehen habe, die
agendebar
blutige Schlacht bei Groß-Görſchen oder auch Lüßen wie fie hier genannt wird. Das erſte Mal war es hier , daß wir Preußen in dieſem Feldzuge ſo recht tüchtig mit dem Bonas parte zuſammenfamen . Mag es auch immerhin ſpäter geheißen haben , daß die Verbündeten dieſe Schlacht verloren hätten ,
fo däucht mir doch, daß unſere jungen preußiſchen Soldaten, die faſt Alle an dieſem Tage zum erſten Mal in's Feuer fas men , ſich nicht wenig Ehre dabei erwarben. Ja wahrhaftig kein Preuße braudyt bei dem Namen Groß -Görſchen zu er: röthen. – Doch nun denke ich , Kinder, iſt es bald Zeit, daß 1
aber
wir an unſer Mittagseſſen gehen und mal vorerſt das Er
zählen aufhören laſſen. Mein Magen iſt ſchon verdammt hungrig geworden, und ich glaube unſere Köche haben audy heute wieder nidyt fdyledyt zugekocht. Ja , ein gutes Leben führen wir hier in dem Baden , das kann man nicht anders
ſagen .“ Damit erhob ſich der alte Erdmann und ging fort und auch der übrige Kreis der pujaren lichtete ſich bald.
Sechstes Kapitel.
Ein reges militairiſches Leben und Treiben war am heu:
tigen Tage in dem kleinen badiſden Städtden N. N. zu fins
den , und beſonders ein Liebhaber verſchiedener Uniformirung konnte hier ſeinen Geſchmack leicht befriedigen. Helblaue bais riſite Jäger, feſte ſtämmige Geſtalten, beſonders unermüdlich im Bergflettern, mecklenburgiſche Grenadiere von hohem ſlan fen Wuchs in ſehr geſdmadvoller, ja faſt reich zu nennender Uniform , Musketiere des Frankfurter Bataillons, unter denen viele langgediente, tüchtige Soldaten, Naſſauiſcje Infanteriſten, deren dunkelgrüne Uniform und gelbes Lederzeug ſehr abs
weichend von dem Anzug aller übrigen Truppen ausſah, Kurs heſſen , faſt ganz den Preußen ähnlich , Heſſen - Darmſtädter, welche durch ihre hellgelben Krägen und Aufſchläge kenntlich, Würtemberger, Hohenzolleriſche Jäger, und dann Preußen der verſchiedenſten Waffengattungen des ganzen Heeres , ſie alle waren mit oder doch kurz nad einander hier zu ſehen . Wirts lich ſo buntartig faſt wie in einem zweiten Wallenſtein'ſchen 1
1
Lager ging es zu und aus den fernſten Gegenden Deutſchs lands fanden fich hier Soldaten zuſammen . Hier trank ein
hoher mecklenburgiſcher Grenadier mit einem kleinen breitſchuls trigen Jäger aus den bairiſchen Hochalpen in ſcharfem Schnapps
i
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Brüderſchaft, da der leichte badiſce Wein ihnen nicht ſchmecken wollte und zu ſchwach dünkte ; dort bemühte ſich ein Oberſchleſier vom 38. preußiſcheu Regiment, mit einem Würs temberger aus dem Schwarzwalde, eine kameradſchaftliche Un terhaltung zu führen , obgleich Beide fich nur ſehr dywer ein ander verſtändlich machen konnten . War nun and unter allen dieſen verſchiedenen deutſchen Truppen , die ein gleicher Zweck
hier vereinigt hatte , im Allgemeinen ein recht gutes kamerad ſchaftliches Einvernehmen vorherridend, ſo ſonderten ſich doch
die Meiſten nach den Ländern und Waffengattungen, denen fie angehörten , in größere oder kleinere Gruppen ab. Es iſt dies auch ganz natürlich und wird ſtets der Fall ſein , wo eine größere Truppenmenge zuſammenkommt, ohne daß da durch die Einheit, ſo weit ſie für die allgemeinen Zwecke des
Krieges erforderlich iſt, zu leiden braucht. So hatte ſich denn aud) der uns ſchon wohlbekannte
Kreis der preußiſchen Huſaren hier wieder zuſammengefunden. Nidyt weit von dem Städtchen lag die Schwadron in mehres
ren Dörfern im Kantonnirungsquartier, und den zuverläſſigen, auch moraliſch tüchtigen Huſaren, die der Dienſt nicht feſſelte, hatte der Rittmeiſter gern die Erlaubniß ertheilt, auf einige Stunden in das Städtden zu gehen, fich dort das Treiben etwas näher anzuſehen. Wollten doch auch Manche fich gern noch einige kleine Bedürfniſſe einkaufen , wie der Soldat im
Felde ſolche oft gebraucht. Dem Einen war ſeine Feldflaſche zerbrochen , und ſo einen Uebelſtand empfindet man in Baden
bei dem vielen Wein doppelt ſchmerzlich , der Andere hatte ſein Taſchenmeſſer verloren ,1 ein Dritter wollte ſich gern eis ,
nige neue Nähnadeln für ſein Nähzeug faufen , während ein
Vierter ſogar mit widytiger Miene erzählte, fein Schnurrbart würde jeßt ſo groß und ſtark, daß er ohne Bartwachs ihn gar nicht mehr in Ordnung zu halten vermöge. Zwar lach
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Eten ſeine Kameraden ſehr über ſolchen unnöthigen Einkauf und der Spaßmader des Zuges meinte, er ſolle ſich auch nur zugleich eine Brille dazu kaufen, da er ohne eine ſolche ſeinen Bart ſchwerlid finden würde, wenn er ihn mit dem Wachs aufſeßen wolle. Der Bartluſtige , ein junges nettes Bürſch lein , was ſeinen Säbel fchon trefflich zu führen verſtand, wenn auch vom Bart freilich noch nicht allzuviel bei ihm zu entdecken war , ließ ſich aber nicht durch dieſe Spöttereien irre
machen und kaufte ſich ein allmächtiges Stück Bartpomade, auf dem ſogar eine franzöſiſche Inſchrift mit goldenen Buch p!
ftaben gedruckt war. Einige Tage ſpäter hatten luſtige Ka meraden , die ſolche ſchon beſſer benußen konnten, ihm die Stange Pomade freilich ſchon wieder aus dem Mantelſack
heimlich entwendet und ein ſauber zugeſpißtes Stück Holz kohle, mit der man ſich einen recht ſchönen, ſchwarzen Schnurr bart mahlen konnte, an deren Stelle gelegt. Da fluchte zwar der ſo Gefoppte nicht wenig, und drohte den Thätern , wenn
er fie entdecken würde, mit ſeiner vollen Rache. Was half Į ihm dies aber , er wurde darüber noch mehr ausgeladit und i verhöhnt. „ Denn wer den Schaden hat , braucht für den
Spott nicht zu ſorgen ," iſt ein altes, wahres Sprichwort. Solde kleine Scherze und Neckereien kommen im Felde unter
den Soldaten gar häufig vor, dienen zur Aufheiterung und helfen die Langeweile , die ohnedem oft ſonſt ſehr groß wäre, mit vertreiben . Alle Adytung zwar vor den Militairärzten , i aber ein guter Spaßmacher iſt für eine Compagnie oder Schwadron im Felde oft ſonſt eben ſoviel werth, wie der Chirurgus .
Wie es ihr Dienſt auch erfordert, ſo find Quſaren ges
wöhnlich ſchnell und gewandt bei der Hand , wenn es gilt das Terrain zu erforſchen und ſich einen guten Plaß zu fichern ; dies fonnte man auch heute in dem badiſchen Städtchen bei
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all dem Wirrwarr, der in demſelben herrſchte, recht deutlich
erkennen. Troßdem daß alle Wirthshäuſer wie man ſich den ken kann , bis auf das Aeußerſte überfüllt waren, hatten un ſere Huſaren es doch möglich gemacht , ein recht bequemes Pläbchen für ſich zu erhaſchen. Unter einer ſchönen grünen
Linde in einem Wirthshausgarten hatten feßt, Tiſche und Bänke herbeigeſchleppt tigen Trinkplaß eingerichtet. Nur eine dieſen Plaß, der etwas erhöht lag, von
ſie ſich zuſammenges und ſo einen prächs leichte Hecke trennte à der Hauptſtraße des
Ortes und ſo fonnte man von hier aus recht bequem das Luſtige und bunte Treiben auf derſelben überſehen. Das gab
denn natürlich viel Unterhaltung und Stoff zu gar manden Bemerkungen, und das Glas Bier oder der Schoppen Wein, den jeder pujar je nad dem es ihm ſeine Geldmittel erlaubs
ten , vor ſich ſtehen hatte , ſchmeckte doppelt gut dabei. Jeder Soldat iſt immer ſtolz auf die ſpezielle Waffengattung, der er gerade angehört, und dies iſt ganz in der Ordnung, und ſo ſtimmten denn auch unſere Huſaren faſt ſtets darin überein, daß ihnen juſt ihr Dolman und Pelz von all' den vielen Uni formen am Beſten gefallen thäte. Zwar mochte der Eine bei .
den Baiern dies , und ein Anderer bei den Würtembergern
wieder jenes leiden, aber im Ganzen ging doc) nach ihrem Urtheil nichts über die Uniform der preußiſchen Huſaren - Res
gimenter und unter dieſen war natürlich das Regiment, dem die Sprecher angehörten, wieder bei Weitem das ſtattlichſte. So eine kleine gegenſeitige Eiferſüchtelei ſchadet auch nichts,
ſondern iſt im Gegentheil oft ſogar ſehr gut , denn ſie erhöht den Corpsgeiſt und erweďt mit das Beſtreben des Einzelnen , nun dem Regiment, dem er angehört, auch alle mögliche Ehre zu machen.
Ungemein lebhaft und vergnügt war an dem heutigen
Nachmittag auch unſer alter Unterofficier Erdmann. Man
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hatte ihm natürlich den beſten Plaß eingeräumt , von dem er die freiſte Ausſicht auf die Straße genoß. So dieſem 'alten Veteran , der dem ganzen Regiment zur hohen Ehre gereichte, nun auch bei jeder Gelegenheit äußerlich) zu zeigen, wie ſehr fie dies zu ſchätzen wußten , war ſtets das eifrige Beſtreben aller Huſaren. Wo nur „ Vater Erdmann " fich außer dem Dienſt unter ſeinen Kinderfens " ſehen ließ , fonnte er
ficher ſein , mit allgemeiner und wahrhaft aufrichtiger Freude empfangen zu werden. Der friſcheſte Trunk, wie der beſte Plaß gehörten , natürlich ihm , und wo man nur irgendwie ſeine Wünſche, die freilich auch ſtets ſehr beſcheiden waren , er: füllen fonnte , da verſäumte man gewiß nicht dies zu thun . Der Alte war heute ſo recht in feinem Jinern vergnügt, und dampfte aus ſeinem
alten Pfeifenftummel mit dem Blü
cherkopf ſo luſtig in die Luft, daß es wahrhaftig ſchon eine Freude war , ihn nur ſo figen zu ſehen . Gerade das Sdauen der vielen verſchiedenen Truppen hier gewährte ihm große
Unterhaltung und regte auf's Neue die Erinnerung an die früheren Kriege, denen er beigewohnt hatte , mit vermehrter Lebhaftigkeit in ihm wieder auf. Hatte er doch Anno 1813 und 14 mit den Meiſten derſelben einſt vereint gegen Deutſdis landó Erbfeind im Felde geſtanden. So unterließ er denn aud jeßt nicht, ſeine Bemerkungen hierüber zu machen und
fand dabei gar aufmerkſame Zuhörer, bei den Meiſten ſeiner Huſaren. „ Ah ſieh da , das ſind Baiern, die kennt man ſchon von Weitem an ihren kleinen Kaskets, die bei ihnen auch noch, 1
wenn mir redyt iſt , ihre ganze Infanterie trägt.
Anno 1606
und 7, da haben ſie mit den Franzoſen zuſammen gegen uns Preußen gekämpft und ſollen in Schleſien gerade nicht die beſte Einquartierung geweſen ſein. Na, das iſt aber lange ſchon vergeſſen, denn 1914 da haben die Baiern mit uns zus
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ſammen in Frankreid) tüchtig auf den Bonaparte und ſeine
Soldaten losgeſchlagen. Herzhafte Soldaten , vor denen man alle Achtung haben muß , waren es dazumalen, das kann ich nicht anders jagen .' Da hatten ſie ſo grüne Chevaulegers, oder wie ihr franzöſiſcher Name ſonſt heißen mag, die Kerle batten Sdyneide und
verſtanden das
Einhauen
aus dem
who madawa ti: ni uning
Grunde. Ich bin mal, als wir in Frankreich waren , mehrere Tage mit einem Unterofficier von dieſen bairiſchen Chevau
legers zuſammengeweſen , und ein freuzbraver Soldat war das. Wir vertrugen uns ſehr gut miteinander und es hieß nur immer : ,, Bruder Preuße und Bruder Baier, " und in dem Wein, den die Franzoſen haben und der das Beſte in
ihrem ganzen Lande iſt, tranken wir zuleßt förmlich Brüder ſchaft miteinander. Muß dieſer Unterofficier jeßt auch ſchon ein alter Knaſterbart ſein, möchte wohl wiſſen, ob er noch lebt oder gar noch im Dienſte iſt. Doch ich hab' ſeinen Nas men man wieder ſchon lange vergeſſen und da wird er ſchwer zu erfragen ſein ," ſagte der alte Erdmann. „Doch ſeht, was iſt denn das für ein Officier, der da mit einem großen und einem kleinen Epaulett ohne Kandillen auf der Schulter ,"
fragte er plößlich den neben ihm ſißenden jungen Fuſaren, als ein Officier auf einem ſchönen, edlen Roſſe orientaliſcher Zucht die Straße heraufgaloppirte. „Iſt ein würtembergiſcher Hauptmann, Verr Unteroffi cier, " antwortete dieſer.
,,Hm, hm, hat ja ganz die franzöſiſche Gradabzeichnungen mit den zwei verſchiedenen Epauletts, “ entgegnete kopfſchüt telnd auf dieſe Auskunft, der alte Erdmann . Will mir dies bei einem deutſchen Herrn Officier nidyt recht gefallen und
mußte id im erſten Augenblick wahrhaftig faſt glauben, daß es ein Franzoſe ſei. Aber ein tüchtiger Feldherr, der wie man
zu ſagen pflegt: „ Das Herz auf dem rechten Fleck hat, iſt
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Se. Majeſtät der jebige König von Würtemberg geweſen, als er noch Kronprinz war, das fönnt Ihr mir glauben. Dons nerwetter, was hat der ein paar Mal Anno 1814, als er im
franzöſiſden Feldzug ein Armeecorps commandirte, auf die Franzoſen hineinkard ätſchen laſſen. Selbſt unſer Herr General von Blücher Excellenz Foll ſeine Freude darüber gehabt und geſagt haben : „ Der macht ſeine Sache ſehr gut und hat die Franzoſen mal recht ordentlich gepfeffert." Na 1, wenn unſer Alte denn ſo lobte, dann hatte es gewiß ſeinen Grund und war mit Ehren verdient. "
„ Doch was iſt das für eine Schwadron Dragoner, die da anmarſchirt kommt. Die ſehen ja beinahe eben ſo wie unſere Garde-Dragoner aus. Sapperment, aber was reitet der Herr Kittmeiſter da vorne für einen prächtigen Braunen. Ja, das iſt ja ein Pferd was unter Brüdern feine hundert Goldſtücke werth iſt, und auch die meiſten Dragoner im Gliede ſelbſt reiten Pferde, deren fich ein Officier nicht zu ſchämen brauchte ."
Medlenburger ſind es, Vater Erdmann," entgegnete der ſchwarzbärtige Huſar , „ die werden jegt ſo halb und halb zu uns Preußen gerechnet, und ſind in unſer drittes preußiſche Armeecorps mit eingetheilt worden. "
„ Ah ro , ja die Medlenburger, die können freilich leicht ſchöne Pferde haben , da in ihrem Lande die Pferdezucht ſo recht zu þauſe ſein ſoll. Sind alte, gute Kameraden von uns , die mit uns Preußen ſchon manchen beißen Kampf zus ſammen durchgefochten haben. Da Anno 1813 hatte der Herzog von den Mecklenburgern , der ein Bruder von unſerer hochſeligen Königin Louiſe Majeſtät war, für den Krieg gegen 1
den Bonaparte ein Fuſaren -Regiment errichtet, das ſo ſchön
und brav war wie man nur eins ſehen konnte. Es war in das Armeecorps von unſerm Herrn General von Blücher Ers cellenz, der ja auch aus Medlenburg gebürtig , dabei freilich 1
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aber ein rechter Preuße durch und durch war, mit eingetheilt, und wir hielten ſehr gute Kameradſchaft mit dieſen medlens
burgiſchen Huſaren. Bei Mödern , da machten ſie beſonders ein Einhauen auf franzöſiſche Quarrees, was ſich ſehen laſſen konnte. Wie das Donnerwetter haben ſie auf die Franzo ſen eingehauen , und mir nichts dir nichts denſelben ihre Glieder
zuſammengeriſſen . Es iſt noch dazu dies ein Quarree von who sitamini
der Garde geweſen , ſo von den alten Seeſoldaten , die jest
zu Lande dienen mußten , und an dem rothen Bänderbeſa an ihren Chafo's kenntlich waren . Duraus haben ſich aber .
dieſe braven meclenburg’ichen Huſaren nichts gemacht, und als man ihnen geſagt hat , daß es Garde ſei , auf welche ſe einbauen würden , ſollen ſie geantwortet haben : „ Ah ' , wat Garde oder nich Garde, dat is uns een dohn, dee friegt ebenſo
good ehr vau wie dee Andern , alſo man immer friſch drup los," und damit haben ſie zur Attaque angefeßt. Freilich has
.: liun ū
1
ben ſie auc
tüchtige Officiere gehabt , die meiſt ſchon früher
in preußiſchen Dienſten ſtanden. Der Huſar , der den Adler dieſer franzöſiſchen Seeſoldaten von der Garde erorbert und
dafür von Sr. Majeſtät, unſerm Könige, Friedrich Wilhelm dem Hl., das eiſerne Kreuz bekommen hat, ſoll auch ein vers 1
Kleidetes Frauenzimmer geweſert ſein. Ich habe mir nachher mal erzählen laſſen , weiß aber nicht, ob es wahr iſt, dieſelbe habe ſpäter, als ſie nach dem Kriege den Fuſaren - Dolman ausgezogen hat und wieder in den Weiberrod hineingefrodhen iſt, eine Schule für kleine Mädden errichtet. Na , wenn ſie
da die Ruthe ebenſo fräftig geführt hat , wie früher den Sis bel gegen die Franzoſen, müſſen die Kinder viel gelernt haben. Ihr ſeht alſo , Kinderfens , was aus meinen Huſaren nicht
noch Alles werden kann. Dies iſt das , was mir jeßt eben von den Medlenburgern einfällt, wie ihre Dragoner hier ſo ſchmuck vorbeimarſchicten. Kommt es mal wieder zu einem 1
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großen Kriege, ſo wird das Regiment hoffentlich auch in eine preußiſdie Kavallerie- Brigade eingetheilt werden, wie es Anno 1813 mit dem Huſaren - Regiment der Fall war. „ Sie ſollten jeßt , wo es hier im Garten doch wieder =
1
ruhiger wird, uns nun wieder etwas von den Kriegen von 13 und 14 erzählen , Herr Unterofficier," meinte jeßt ein Huſar.
„Wenn man das Alles ſo im Zuſammenhang hört , ſo merkt man fides beſſer. "
„ Ja , der hat Redyt, nicht wahr Vater Erdmann , Sie fingen jest wieder da an zu erzählen , wo Sie das Legztemal
aufhörten ," rief es jefzt von allen Seiten des Tiſches. „ Alſo denn man immer los damit , wenn Ihr es denn gern ſo ha ben wollt , kann die Erzählerei wieder anfangen,“ ſchmunzelte der Alte und begann nach einigen kräftigen Zügen aus ſeiner Pfeife. ,,Na , wie es uns denn in der Sdylachyt von Groß - Gör
iden oder Lüßen , wie ſie auch genannt wird , erging, habe ich Euch das Lebtemal ſchon erzählt. Ein paar Tage drauf, als wir wieder in Sadjen ſtanden , fam ich von meiner Schwa dron ab , und machte einen größeren Streifzug unter dem Herrn Rittmeiſter von Colomb, im Rücken der Franzoſen mit.
Es waren meiſt junge, nod unerfahrene Soldaten , die der Herr Rittmeiſter zu dieſem Streifzug nehmen konnte , und da man erfahren hatte, daß id) ſchon Anno 1507 und 9 bei den
damaligen Schill'ſchen Huſaren viele ſo kleine Streifzüge mit gemacht hatte, von denen ich Eud ja im vorigen Sommer in Jütland Manches erzählte, ſo ward ich mit dazu kommandirt.
Mir war das ganz recht, denn nad meinem Guſto giebt es für einen Huſaren fein größeres Vergnügen , als jo allein herumzuſchwärmen und den Feind überall da , wo er fich dies
gerade am Wenigſten erwartet, zu überfallen und zu beunruhi gen. Bei dem Kommando des Herrn Rittmeiſters von Colomb.
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war größtentheils auch das freiwillige Jägerdetaſchement un feres Fuſaren - Regiments. Junge Leute, die rechte Schneid auf die Franzoſen hatten , waren dies freilich , denen es an
Courage wahrhaftig nicht fehlte, und die dazu auch ſehr gute, raſche Pferde , die fie fich ſelbſt angeſchafft hatten , ritten. who diskri mino vunti ng!
Nur den praktiſchen Dienſt kannten fie nod nicht ſo gut und beſonders, was die Pferdewartung und was dazu gehört, an
belangt, da mußte man ihnen noch ein Bischen auf die Finger ſehen. Was hilft es auch, wenn die Reiter noch ſo dreiſt und herzhaft ſind , und halten ihre Pferde ſo ſchlecht im Stande, 1
daß ſie nicht mit denſelben aus der Stelle kommen können. Bei den Franzoſen konnte man das fo recht ſehen , wie bei
fohlechten Pferden aud; ſonſt gute Kavallerie nicht viel nuß iſt. Wenn mir recht iſt, denn ſo auf die einzelnen Datums und Namens kann ich mich nach ſo vielen Jahren nicht im mer mehr ſo genau im Kopfe beſinnen , marſchirten wir in
der Nacht vom 7. auf den 8. Mai aus dem Lager , was wir bei Meißen in Sachſen hatten , aus. Wir mußten größtens theils immer bei Nacht und auf abgelegenen Wegen marſchi ren , damit die Franzoſen , die überall ihre Spione im Lande hatten, nicht erfahren ſollten , wohin wir denn eigentlich mar: ſchiren wollten. Am Tuge madyten wir denn gewöhnlich in 1
Hohlungen oder abgelegenen Häuſern Raft, ließen unſere Pferde
freſſen und ruhen , fochten uns ſelbſt ein tüchtiges Mittag8
effen , wenn wir Lebensmittel genug dazu hatten, machten dann bei ausgeſtellten Poſten immer fangen Puff, Schlaf, und konn ten alſo fo fammt unſeren Pferden das nädytliche Marſchiren
recht gut aushalten. An Lebensmitteln fehlte es uns aber ſel ten , denn faſt überall trafen wir auch viele gut deutſch ges finnte Einwohner, die ſich darüber freuten , daß wir den Frans
zoſen ſo großen Schaden thaten, und uns von ihren Lebens mitteln, ſo viel ſie ſelber hatten, immer reichlich abgaben. Auch
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fonſt ſuchte man uns ſtets auf alle Weiſe zu unterſtügen, und
gab uns Nachrichten , wo die Feinde ſtänden , was ſie gegen uns etwa im Sinn hätten, oder wo wir ihnen am Beſten bei:
kommen fönnten. Nur durch dieſe vielfadie Unterſtüßung der Landbewohner ward es möglid), daß wir den Franzoſen oft ſo vielen Schaden zufügen und ihnen ſtets entwiſdien konnten, ſo große Truppenmaſſen ſie auch gegen uns ausſdyicften . Ueber die Elbe jeten wir in einer dunkeln Regennadyt,
niđịt weit von der fädyſiſchen Feſtung Königſtein. Wir Huja ren ſaßen Alle in einer großen Fähre und ließen unſere Pferde, denen wir die Sättel und das Gepäck abgenommen hatten, hinter uns frei nadſchwimmen. Das ging denn audy redyt gut, wenn auch anfänglich einige Pferde nidyt gern in das Waſſer hineinwollten , und gewaltig pruhteſten und ſich ſträub ten. Nach und nach wurden ſie es aber ſchon immer beſſer
gewohnt, und beſonders mein kleiner Schede, der ſdywammt zuletzt faſt ſo raſch wie eine Ente. Als wir über die Elbe berüber waren , da hieß es bei uns wohl aufpaſſen und die
Augen gut aufinachen . Nicht weit vom Königſtein war natür lich ein großes Lager von franzöſiſcher Infanterie und an dem mußten wir dicht vorbeimarſchiren , da es in dieſer bergigen Gegend feinen anderen Weg gab.
Nun unſer Herr Rittmeis
fter der verließ ſich darauf, daß die Nacht dunkel und ſtürs miſch war, und die Franzoſen überhaupt , was das Aufpaſſen
anbelangt , immer etwas unaufmerkſam und nachläſſig ſind. Auch fonnten ſie hier in dieſer Gegend gar keine Feinde ver muthen und im Nothfall hätten wir uns auch für fächfiſche oder weſtphäliſche Huſaren ausgegeben . Wir mußten jept nas türlich das Singen ſein laſſen , fein lautes Wort durfte ges
ſprochen werden , und ſo marſchirten wir denn ganz geräuſch los fort, und famen bei dem franzöſiſchen Lager auf noch nicht Büchſenſchußweite vorbei, ohne daß man ins gewabr wurde. II .
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Wir waren wohl al zwei Stunden marſchirt und der Morgen wollte ſchon zu dämmern anfangen , da fam uns ein Jäger aus dem nahen Böhmiſchen Gebirge entgegen . Der ſagte denn zu unſerem Herrn Rittmeiſter, daß in einem Dorfe, nicht
weit von uns , hart an der Böhmiſchen Grenze zwei Schwa: dronen franzöſiſche Uhlanen im Quartier lägen , die ziemlich leicht zu überfallen ſein würden , da ſie nur ſehr ſchlecht auf paßten. Das wäre nun freilich ſo recht etwas geweſen , was für unſeren Herrn Rittmeiſter paßte , und auch wir Huſaren
alle freuten uns nicht wenig darauf , ſo ein paar Dußend Parlez -vous beim Kragen zu bekommen . Als wie von ſelbſt griffen Viele von unſeren jungen Freiwilligen bei dieſer Nach richt nach ihren Säbeln , ſo ſehr freuten ſie ſich darauf , redyt bald mit den Feinden ein ordentliches Tänzchen anzufangen . „ Doch ruhig Blut , Kinder, “ ſprach plöblic ) unſer Herr Ritt meiſter , ,, es geht nicht, wir dürfen hier diesmal noch nidyt mit den Franzoſen anbinden , ſondern müſſen ſie in Ruhe laj ſen. Wir ſind nod) zu nahe an dem franzöſiſchen Hauptquar tier , und dieſer Ueberfall würde zu vielen Lärm machen und unſern ganzen Streifzug den Franzoſen verrathen . Wir tref fen hoffentlich bald bei einer beſſeren Gelegenheit mit denſel * ben zuſammen und da holen wir denn nach , was wir jeßt verſäumen ." Na, unſer Herr Rittmeiſter, der mußte natürlich
am Beſten wiſſen , was gut für uns war , und ſo ließen wir denn dieſe franzöſiſchen Uhlanen jeßt in Ruhe. Als wenn wir nun Huſaren wären , die zu dem franzöſiſchen Corps ge hörten, zogen wir jest ohne Spiße und Seitenpatrouillen und Nachtrab einher. Ganz dicht famen wir bei einem feindlichen Detajdement vorbei , ſo daß wir jedes Wort , was die Frans
zoſen ſpraden , verſtehen konnten. Dod hatten dieſelben fein
Arg daraus, wer wir wären, und ließen uns ganz ruhig vor beiziehen . Zwei franzöſiſche Soldaten , die uns begegneten,
1
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jagten ſogar ihr ,,bon jour camarades,“ was unſer Herr Nitt meiſter mit einem , merci,“ was ſo viel heißt , als „ſchön Danf,““ beantwortete. Daß wir aber ſo ſdynell wie möglid )
>
machten , weiter zu kommen und uns in dieſer gefährlichen Nad barſd aft gerade nidyt länger aufhielten , wie nöthig war, fönnt Ihr Eud) wohl denken, Kinder. Unſere Huſaren hatten übrigens ihre Säbel locker , und die Karabiner losſchnallen
müſſen, um ſogleich zum Fechten bereit zu ſein, wenn es nicht anders gehen würde. Lebendig hätten wir uns nicht gefangen gegeben , ſondern uns bis auf den legten Mann gewehrt, dies hatten wir uns Alle feſt gelobt. Als wir nun ein paar Stunden bei den Franzoſen vors bei waren, da bradyte uns unſer Führer nach einem Plaß hin,
um dort auszuruhen , wo uns der Bonaparte mit ſeiner gans zen Armee gewiß nid )t gefunden hätte. So ſteil und eng bergauf ging es , daß Jedermann abſiken und ſein Pferd an der Hand führen mußte, um nur hinzukommen. Hohe Bäume umgaben dieſen Plaß von allen Seiten, auf dem wir nun den ganzen Tag blieben., um unſere Pferde redyt fid wieder aus raſten zu laſſen. In einer Felſenhöhle, in der vor alten Zei ten ein mächtiger Räuberhauptmann gebauft haben ſoll, wur:
den die Kochfeuer angemacht , ſo daß ihr Rauch nicht weit zu ſehen war. Der Förſter, der uns hierher gebracht hatte , ein ſehr waderer Mann, meinte ladhend : ,,Na , jeßt muß ich auchy
idion ( dauen, daß ich einen guten Braten für Eudy befomme,''
als er ſah , daß es mit unſerer Verproviantirung nur noch .
íqlecht ausſah. Mit dieſen Worten ging er, ſeine Büdyſe über den Naden , fort , fam aber ſchon nach einer halben Stunde wieder und ließ einige Huſaren mit ſich gehen, um den großen
Hirſd ), den er für uns geſchoſſen hatte , mit herauftragen zu helfen.
Mit einem mädytigen Hirſch famen dieſelben denn
auch bald wieder angeſchleppt, und wurden mit allgemeinem 10 *
145
Jubelgeſdirei empfangen. Derſelbe ward nun ſchnell zerlegt und dann an den Ladſtöcken der Karabiner, am Feuer gebra
*ten, worauf er einen kapitalen Braten abgab, der uns zu un ſerem trockenen Brode gar gut ſchmeckte. Waſſer zum Trinken gab es genug im Badie , und wer in der Feldflaſdie nod)
Branntwein hatte, konnte auch einen guten Schluck dazu neh: men . So waren wir denn Alle freuzfidel und die nidyt dla :
fen mochten , die ſangen faſt immer: „ Ein freies Leben führen wir, Ein Leben voller Wonne,
Im Wald iſt unſer Nachtquartier, Der Mond iſt unſere Sonne “
und wie es denn nod) ſo weiter heißen mag , daß das Edo
ordentlid) an den Felſen wiederſdallte. Alle, die wir hier da:
bei waren , haben von dieſem Tage , den wir an der Böhmi: ſdien Grenze auf dem „ Räuberplatz “ verlebten, noch manchmal mit großem Vergnügen geſprochen ; ſo ungefähr an 10-12
Jahre mögen es jegt wohl her ſein ---- wartet mal – richtig Anno 1933 war es , als id) auf dem Durdmarſd) nach Li
thauen, von wo wir Remontepferde für unſer Regiment holen follten , einen Tag in Berlin einquartiert wurde. Id Ich gehe denn ſo rubig die Linden herab , um
mir die Bildſäule von
unſerm alten Huſaren - Vater Blücher zu beſehen , als plöglid ein ſchöner, ſehr vornehm gefleideter Civiliſt, der viele Or:
densfreuze und Sterne auf der Bruſt hat , vor mir ſtehen bleibt und mich ſcharf anſieht. Denke id , dem iſt wohl die Uniform von unſerem Regiment neu und er will ſich die bes fehen, als er plößlich zu mir ſagt : ,, Aber alter Erdmann , fen:
nen Sie mich denn gar nicht mehr ? “ Þab' nicht die Ehre, mußte id) ihm darauf antworten , denn ich konnte mich nicht mehr auf ihn recht beſinnen , obſchon er mir wohl bekannt vorkam. „ Ihren kleinen R. werden Sie doch noch kennen ?"
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ſprad er darauf , und gab mir die Hand. Sapperment, erft jest fannte ich den vornehmen Herrn wieder. War da Anno 1813 bei dem Jägerdetaſdhement von unſerem õuſaren - Regis ment , ſo ein kleiner Graf R. , der ſehr vornehm ſein ſollte,
als Freiwilliger eingetreten. Gar ein feines Bürſdílein war es, der, ſo jung er auch nod) war, doch dyon wie ein alter vuſar
auf die Franzoſen einzuhauen verſtand , und ſid) überall ſo brav machte, wie man es nur wünſdien konnte. Nun , id) hatte denn meine Freude an dem kleinen Grafen und half 1
ihm oft ein Bischen bei dem Warten und Füttern ſeines Pfer des, oder wenn er mit dem Satteln und Packen nidt jo raſch
vorwärts kommen konnte, wie es wohl ſein ſollte, und was ſo mehr in der Art war , wofür er mir oft ſid, nidyt wenig
dankbar zeigte. Dieſer kleine Freiwillige war jeßt denn der große, ſo vornehm ausſehende Herr geworden. Er hatte denn eine gewaltige Freude darüber, mid wieder zu ſehen , was bei mir aud) der Fall war, und da midy gerade fein Dienſt ab hielt, ſo mußte ich , nachdem wir unſeren alten Vater Blücher erſt recht gehörig beſehen hatten , mit ihm nad ſeinem þauſe
fahren, um dort zu Mittag zu eſſen. Ein großes , ithönes Haus war es , und die Zimmer drin gliperten und blikten von all den Spiegeln , Goldleiſten und ſeidenen Tapeten, und was weiß ich noch weiter , ſo prächtig , daß ich glaube, Se. Majeſtät, unſer König , fönnte auch nicyt viel prädytiger
wohnen. Und ein großer Portirer , oder wie dieſe Leute hei 1
Ben, ſo bunt wie ein franzöſiſcher Tambours-Major angezogen , und noch viele Bedienten in rothen Sammthoſen , ſtanden da 1
herum und nannten den Herrn Grafen ,,Ercellenz, " denn er
ſoll, wie ich nachher hörte , Miniſter oder Geſandter, oder ſo etwas vornehmes beim Civil geweſen ſein . Als ich denn nun auch ſo, wie es ſich gehörte , Excellenz zu ihm ſagen
wollte, da ladyte er und meinte: ,, Vater Erdinann , das laßt
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man ſein , für End bin und bleibe ich immer der fleine Hu: far R. , der Gud viel zu danfen hat. Na, nu fam denn auch die Frau Gräfin , eine ſehr ſchön und vornehm ausjebende
Dame, die zuerſt ganz große Augen madyte , wie ſie mid) in Kommißuniform und mit dem blanfgewichſten Lederbeſatz an . den Reithoſen in ihrem Zimmer fand. Als aber ihr Mann
fagte : „ Sieh', das iſt der alte Unterofficier Erdmann , von dem ich Dir ſchon ſo oft erzählt habe," da ward fie ganz freundlich und gab mir die Hand , und eben das thaten auch
die Töchter, unter denen ſchon zwei bildſaubere Mädchen was Bei Tiſche gab es denn viele ſo leckere Gerichte , wie ich ſie mein Lebtag noch nicht gegeſſen hatte, und einen Wein
ren ,
tranfen wir, der lief nur ſo wie Del die Kehle herunter. Wir
waren denn Alle auch ſehr vergnügt und luſtig, und erzählten uns die Kriegsgeſdrichyten, die wir zuſammen durchgemacht hat: ten wieder, und all die Frauen und Mädchen , die mit am Tiſche waren , die hörten gar aufmerkſam dabei zu. Als aber der Herr Graf das beſte Stück virſchbraten , was ganz fett
geſpickt war , mir auf den Teller legte , da meinte er nød : „ Gelt Vater Erdmann, der .Hirſchbraten , den wir damals auf dem Räuberplaß an der Böhmiſchen Grenze, ohne Salz und Schmalz verzehrten , und dazu ,,ein freies Leben führen wir," 1
fangen , der dimecfte doch nod beſſer. Ja , folche Jahre er: lebt man nur einmal im Leben , alter Freund, " ſagte er noch und ſchüttelte mir dabei die Hand. Noch viele Stunden, bis
zum Abend, wo ich wieder nach dem Stall zu meinen Huja: ren mußte , blieb ich bei dem Herrn Grafen , und wir Alle waren ſehr vergnügt mit einander. Als ich wegging, ſagte er inir nod), „ wenn idy jemals ſeine Hülfe irgend wie gebrauden 1
folle , ſo möge ich ihm nur ohne Scheu ſchreiben , er würde mid ) nicht figen laſſen, darauf könne id) mich ſchon verlaſſen ."
Das habe ich aber nod nicht gethan , denn ich wüßte gar
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nicht, wozu ich die Hülfe von ſo einem vornehmen Herrn Ci viliſten gebrauchen ſollte.
Se. Majeſtät, unſer König giebt
mir meine Löhnung, Brod und Uniform ganz richtig zur bes ſtimmten Stunde, und damit fann id ), wie ich es einmal ge wöhnt bin, recht gut auskommen, und bin ich erſt ſo alt, daß ich gar nicht mehr dienen kann , ſo wird ſich denn für die 1
1
paar Jahre, die ich noch zu leben habe , aud ſdon ein Platz Einen ſdyönen Meer ſchaumpfeifenkopf mit ſchwerem Silberbeſchlag ſchenfte mir auch noch der Herr Graf beim Abſchiede , und den habe ich
im Invalidenhauſe für mich finden .
1
in unſerer alten Garniſon jeßt zurückgelaſſen, wo idi bisweilen des Sonntags Nadymittags daraus raucie. Id habe Euch dieſe Geſchichte nur erzählt, um Euch zu zeigen , wie ſich alte Kriegskameraden bisweilen nad ſo langen Jabren wieder tref fen , und was dann oft Alles aus ihnen geworden iſt. Am Abend, als es wieder ganz dunkel war und wir alle tüch tig ausgeraudit hatten , marſdirten wir denn wieder von uns -
ſerem „ Räuberplak " ab , und auf abgelegenen Gebirgswegen, die oft ſo eng waren , daß nur ein Mann hinter dem anderen
reiten könnte , bergauf bergab die ganze Nacyt durdy . Bei Tage ward dann wieder in kleinen Dörfern, wo wir die noth wendigſten Sachen für unſere Pferde und uns erhalten konn ten , eingefehrt und dort geraſtet. So machten wir es denn noch mehrere Tage und Nächte, bis wir endlid) weit genug im Rücken der großen franzöftſchen Hauptarmee waren , um
unſere Ueberfälle ausführen zu können . Wir wollten nämlid) den ſogenannten Vice- König von Jtalien, was ein Stiefſohn vom Bonaparte ſein ſollte, der ein großes Kommando in der Armee hatte, und ein geſchickter General war, gern auffangen, da man uns geſagt, daß er des Weges kommen würde. Leis der famen wir aber einen Tag zu ſpät, und der Herr Vices König war ſchon durchgekommen und uns entwiſdt , worüber
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beſonders unſer Herr Rittmeiſter feinen geringen Zorn hatte. Seit So den Stiefjohn von dem Bonaparte gefangen zu nehmen,
wäre freilid, aud ) ein gar fetter Biffen für uns geweſen. Zweig franzöſiſdie Oberſten oder Oberſtlieutenants , die mir nichts, dir nichts daher zogen , madyten wir aber jeßt zu Gefangenen. Die fonnten verwunderte Geſidyter ziehen, wie ſie ſich ſo plöß: lid) von preußiſchen Huſaren im Rücken des franzöſiſchen Hees
i
pinte teisi de
res überfallen ſahen . Den Ginen derſelben , ein dyon alter 12 Mann mit weißen Haaren , nahm id) mit noch 5 von unſeren
Hujaren in ſeinem Zimmer gefangen. Er war ein ſehr braver . Mann , wie man ihm nachrühmen muß, ſprang im Hemde außerdem dem Bett und wollte ſich zuerſt gar nicht gefangen geben. an ein Mit ſeinem Degen hieb er noch einen von den Huſaren tüchs
tig über den Chako, der aber, ein ſehr gutmüthiger Kerl, rief :
om det
,,Laat et man finn, es helpt Die dod nicht," und damit warf
er dem Franzoſen deſſen eigenes Kopfkiſſen ſo in das Geſicht, daß der einen Augenblick vor dem Kiſſen nicht ſehen konnte. Während dem unterlief ihm ein anderer Fuſar, ſo daß er zur Erde fiel, und ſo hatten wir denn unſern Oberſten in
der Gewalt , ohne daß Einer von uns nur den Säbel dazu in gezogen.
Eine recht gute Beute an feinen Uniformsſtücken und audi an vielem Gelde machten wir übrigens bei den franzöſiſchen Offi en , und das konnten wir wohl gebrauchen. Von dem Gelde übrigens bekamen Beide ein gutes Theil wieder von ůns zurückgeſchenkt, denn ein armer Gefangener ganz ohne Geld befindet ſich in einer ſehr ſchlechten Lage , und jeder
܆in$
fie nes
inter
brave Soldat wird daher einen Gefangenen nie ganz auss
plündern. Ein Bischen von ſeinem Ueberfluß , wenn er ſols dhen hat, kann er ſchon immer abgeben . Alles muß man ihm aber niemals abnehmen . Einige Tage darauf , nachdem wir
die beiden franzöſiſchen Officiere gefangen hatten, machten wir
mar
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bir nicht weit von Gera , denn ſo weit waren wir ſchon herums marſcirt, einen nod viel beſſeren Schlag. Es war uns näms lich geſagt worden , daß für 50 - 60 Mann franzöſiſche Küs raffiere hier Quartier beſtellt worden ſei. „ Das iſt was für uns, Kinder, denen wollen wir die Küraſſe ſchon ausklopfen , "
jagte bei dieſer Nadyridyt ganz vergnügt unſer Herr Rittmeiſter,
rieb ſich die Hände und drehte ſich dann ſchmunzelnd ſeinen langen Schnurrbart , wie er wohl zu thun pflegte, wenn er eine ihm ganz angenehme Nachricht gehört hatte. Daß wir vuſaren uns auch ſehr darüber freuten , könnt Ihr wohl den fen , Kinder.
In einem großen Dorfe , nicht weit von Gera , baiten dieſe Rüraſſiere eben ihre Pferde in den Stall gezogen , als
wir den Ueberfall madyten . Von zwei Seiten zugleich jagten wir , was das Zeug man halten wollte, in das Dorf hinein, und ſo auf das Wirthshaus, in dem die Küraſſiere eben es
fich gut ſchmecken ließen , gerade zu. Ale langgediente Sol daten, die ſchon Vieles durchgemacht hatten , waren dieſe Kü raſſiere aber , und ſo verloren ſie denn nicht gleich den Kopf, als ſie ſo plößlich von uns überfallen waren. Obſchon fie
uicht erſt Zeit hatten , ſich auf ihre Pferde zu werfen, ſo ſam melten ſie ſich doch um ihren Officier und verſuchten eine Zeit lang, uns herzhaften Widerſtand zu leiſten. Doch lange vers
mochten fte nicht gegen uns Stand zu halten , denn wir was ren in der Mehrheit , und ſo mußten ſie am Ende wohl von
ſelbſt uns um Pardon bitten. Mehrere von den Küraſſieren, die in einem anderen Hauſe geweſen waren , hatten wir nicht entdeckt und dieſen glückte es, theils zu Fuß, theils aber auch auf ihren ungeſattelten Pferden uns zu entwiſdien. Nahe an 30 Mann mit einem Lieutenant, nahmen wir aber gefangen , und auch an Pferden erbeuteten wir einige dreißig Stück. Das war denn ſchon ein ganz guter Fang , und lohnte die
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paar kleinen Fleiſdriſſe, die 2 oder 3 von unſeren Huſaren bei dieſer Gelegenheit bekommen hatten. Unter den erbeuteten
Pferden waren einige ſehr gute und auch gar nicht zu ſchwere Thiere, die ſpäter unſerem Regiment, was beſonders bei Groß
Görſchen viele Pferde verloren hatte , ſehr zu paß kamen. Eins davon , einen Kohlfuchs, habe ich ſpäter noch 1815, als
meine kleine Sd7ecfe mir nicht weit von Paris unter dem Leibe erſchoſſen wurde, nod ) ein paar Jahre geritten , und es blieb nody lange Zeit beim Regiment, und alljährlich mußten die Huſaren das Voltigiren darauf lernen , da es ein ſehr ſtarkes 1
Kreuz batte. Es hieß allgemein im ganzen Regiment nur „ der Franzoſe ," da es auch ein edyt franzöſiſches Pferd , ein ſogenannter „ Normannes“ war, wie ſie ſolche bei den franző fiiden Küraſſieren oft reiten ; als es zu alt wurde, ließ der
Herr Oberſt es erſdyießen , damit es nicht verkauft und dann vielleicht von einem
barten Herrn zu Tode geſdunden wer
den foute.
Wie man ſich aber im Kriege oft ganz unvermuthet wie derfindet, davon hatte ich auch jetzt ein rechtes Beiſpiel. War da unter den franzöſiſden Küraſſieren ein ſchon bejahrter Unterofficier , ein großer , ſtarfer Mann , der ſich vorher jo
herzhaft gewehrt hatte , daß man alle Achtung vor ihm als einem braven Soldaten haben mußte. Wir lieben es uns nun ,
nachdem wir die Franzoſen gefangen hatten ,1 in Brod und Branntwein recht gut ſchmecken und verzehrten die Suppe, welche für dieſe beſtimmt geweſen war, mit vielem Appetit, während ſie in einer Ecke der Diele fteben und zuſehen mugs
ten. Da dauerte mich denn dieſer franzöſiſche Unterofficier, und ich gehe mit meinem vollen Sdnappsglas auf ihn heran, und trinke es ihm zu. War zwar ein Franzoſe , aber dod ſonſt ein braver Soldat und den muß man auch als Feind
adyten und ehren , wenn man auch mit deſto größerem Gifer
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auf ihn losflopft.
Nun der Rüraſſier der tranf denn auch
ſein Schnappsglas aus und ſagte : „ Merci, Herr Preuße,“ und ſah mid dabei ſcharf an , und ich that dies wieder, denn ſein Geſidit das kam mir gar zu befanntlich vor. ,, Wir müf
fen uns mal ſchon gegenübergeſtanden haben, Kamerad," ſagte ich, „ Ihr kommt mir ſdon ſo bekanntlich vor.“ ,, Wohl mög lid, Herr Preuß,“ gab er in ſo ziemlich verſtändlichem Deutſch zur Antwort, „auch ich muß Euch ſchon mal begegnet ſein. .
Im Jahr 1806 da focht ich unter den Küraſſieren des Prints
zen Murat mit in Preußen , gegen den alten Blücher, Genes ral der Huſaren ." Ridytig, jeßt fiel es mir auch ganz deut lid) ein, wo id) dieſen franzöſijden Küraſſier - Unterofficier (don früher geſehen hatte. Auf dem Rückzug von Lübeck , unter unſerm Herrn General von Blücher Excellenz war dies gewe jen, und zwar bei einem Gefecht im Medlenburgiſchen. Id hatte mid) lange mit ihm herumgehauen, und keiner von uns war des anderen mächtig geworden . Glaubte der Franzoſe,
daß er mir mit ſeinem langen Pallaſd) einen tüchtigen Stic) geben konnte, da batte ich meinen kleinen Braunen , den id
Dazumalen ritt, ſchon ſo rajdy herumgeworfen , daß ſein Stoß in die Luft ging, und wollte id) ihm mit meinem Säbel tüch: tig eins auswiſdzen, ſo hieb ich meiſt auf ſeinen Küraß , daß es wohl ſo flappte, aber doch nicht durdiging. Als wir uns
denn ſo eine ganze Zeit nuglos mit einander herumgebauen hatten, und Beide ſchon ziemlich müde waren , kam plößlid) der Befehl, daß wir auf ein paar Stunden gegenſeitig Waf
fenſtilſtand machen ſollten , weil glaube ich, ein franzöſiſcher Parlamentair in unſer Hauptquartier angekommen war. Na, der Franzoſe und icy, wir ſteckten denn unſere Säbel wieder in die Speide und jeder wollte wieder zu den Seinigen zu
rückreiten. Vorher aber zog derſelbe eine Feldflaſche mit
Wein heraus, nahm erſt ſelbſt einen guten Sdyluck und gab
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fie mir dann , indem er jagte, „ à votre santé, camarade,“ was ſo viel heißen ſoll, als zur Geſundheit, Kamerad . Nun id nahm denn auch einen guten Sdyluc , ſagte wie es fich gehört mein „ Proſt " , gab dann die Flaſche zurück , und jo
ritt ein Jeder von uns wieder ſeines Weges , da das Gefedyt
ded) für den Morgen aufgehört hatte. Dies war nun der franzöſiſde Küraſſier- Unterofficier , den ich ſo unvermuthet hier jeßt als Gefangenen wiederfand, und als ich ihn erſt an dies Gefedyt erinnert batte, wußte er auch nod Alles genau
davon . Der Bonaparte hatte ſeine Soldaten nicht blos zur
Parade, dies muß man ſagen, und ſo war denn auch dieſer Unterofficier ſeit jener Zeit weit herumgekommen und in vielen großen Kriegen mit geweſen , wie er mir erzählte. Jebt kam er aus dem ſpaniſchen Kriege, in dem ſein Regiment ſchon drei Jahr mitgefocyten batte , bis es uns denn glückte, ihn hier gefangen zu nehmen. Na, daß id) denn ſo viel in mei nen Kräften ſtand, für dieſen alten Befannten, der jeßt unſer Gefangener war, zu ſorgen ſudyte, fönnt Ihr wohl denken . Nachdem wir denn glücklich dieſen Ueberfall gemacht hat ten, zogen wir raſd wieder aus der Gegend ab, denn gar zu lange uns auf einem Plage aufzuhalten , war für uns gerade
nidyt rathſam. Wir mußten bald hier bald dort ſein, ſo daß die Franzoſen nie wiſſen konnten , wo ſie uns wohl treffen würden, und gerade dies verſtand unſer Herr Rittmeiſter bes ſonders gut einzurichten . Ein oder zwei Tage nach der Ges fangennehmung dieſer Küraſſiere machten wir in einem klei nen thüringiſchen Dorfe, was ganz einſam im Walde lag, den 1
Tag über Raſt. Der Gutsbeſißer des Edelhofes daſelbſt, der aud früher lange als Officier in der preußiſchen Urmee ges
dient hatte , nahm uns ſo gut auf, wie er nur fonnte, und gab und das Beſte, was nur auf ſeinem Hofe war. Wir ließen es uns denn ſehr wohl ſein, und lagerten uns dann 1
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im Garten unter hohen ſchattigen Bäumen und ſdymauſten Klöße und Badbirnen , die für uns in großen Keſſeln gefodyt waren , und guten Schinken und tranfen 2 Tonnen Bier dazu Audy unſere Pferde fonnten ſidy mal wieder ſo redit
im Hafer ſatt freſſen, was ihnen ſehr gut befam , da ſie in der lebten Zeit ſchon ziemlid) mitgenommen waren . All dies luſtige Treiben gefiel denn dem einzigen Sobne des Gutsbes
fißers, einem muntern , ſtarfen Jungen , der wohl faſt an 17 Jahre alt ſein mocyte, ſo ſehr, daß er den ganzen Tag nid )t von uns ging. Wir modyten den Jungen audy gern leident ,
und beſonders unſer Herr Rittmeiſter gab ſich viel mit ihm ab. Ein paar Stunden denn bevor wir wieder abmarídiren
ſollten, faßte ſich der Junge ein Herz , und bat unſern Herrn Rittmeiſter, er möge ibn dod) als Hujar eintreten und mit in den Krieg ziehen laſſen. Starf und früftig ſeier , reis ten könne er audy ſchon ganz gut, und mit dem Säbel ge
fodyten habe er ebenfalls viel. Unſer Herr Rittmeiſter ſagte zwar zu dem Jungen, er ſei nod) zu jung und fd wad und
würde die Strapazen im Felde nicht aushalten können , wie der aber mit Bitten gar nicht aufhören wollte , ſo meinte er : „ Wenn ſein Vater es ihin erlaube , ſo fönne er ſeinetwegen
ganz gern als Freiwilliger in das Jägerdetajdement unſeres puſaren - Regiments eintreten. Der Gutsherr der war ein Ehrenmann durch und durdy und ſagte zu unſerem Herrn
Rittmeiſter : „ Es iſt zwar mein einziger Sohn , doch laſſe id ihn troß ſeiner Jugend ſchon jeßt gerne unter Jhrer Aufſicht in den Krieg ziehen. Iſt es doch ein heiliger Kampf, den wir nun führen, und in den " Jollte jeder Vater ſeinen Sohn mit Freuden ſchicken. Sein Leben ſteht in Gottes Hand und fällt er jo, iſt er für ſein Vaterland geſtorben. Ich bin nur zu alt und fdmad ), ſonſt nähme id) auch
den Säbel aufs Neue und kämpfte mit Gott für König und
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Vaterland. Ja, ſo ſprach der alte Gutsbeſiker, und all uns Huſaren, die wir es mit anhörten , gefielen ſeine Worte ſehr 1
gut. Auch die Mutter des Jungen, wenn ſie auch wohl da bei ſehr weinte , gab ihre Erlaubniß dazu , daß er in den
Krieg mit uns ziehen ſolle. Eine größere Freude aber , wie nun dieſer junge Freiwillige hatte, als er hörte, daß er gleich am Abend ſchon mit uns abreiten dürfe, babe ich mein Lebs
tag keine gejehen. Fußhohe Süße madyte er vor Luſt und lief herum , und ſagte es Allen , daß er jetzt aud ſchon als Huſar mit uns in den Krieg ziehen dürfe. Ein kleines , ra
ſches Pferd gab ihm ſein Vater gleich mit, dazu einen ſehr ſchönen Säbel, den er ſelbſt als Officier im Kriege ſchon ge führt hatte. Mantel und Müße hatten wir noch bei uns,
und. fo fonnte dieſer junge Freiwillige denn ſchon gleich noth ک:۱۱۱ ۱۱۲ ۱۲ ۱۱۳ ۱۱۲ ۱۱۱
dürftig eingekleidet und ausgerüſtet, mit uns am Abend auf bredien. Unſer Herr Nittmeiſter der gab mir die beſondere Aufſidt über ihn , und daß ich ihm Alles ſo nad) und nach
beibringen ſolle, was zu einem tüchtigen Huſaren gehörte, audy ſein Vater ſagte noch, als wir fortritten, zu mir : „Macht
einen guten Huſaren , der dem Regimente Ehre bringt , aus meinem Sohn, Unterofficier," und ich verſprach was ich dazu
thun fönne , ſolle geſchehen . Ein fires , adrettes Bürſchlein, der alles Zeug dazu hatte , um mal ſo ein ächter Fuſaren
Officier zu werden, war unſer junger Freiwilliger, dies fonnte man gleid) in den erſten Tagen , die er auf dem Marſch bei
uns war, ſehen, und wir Alle und gar ich beſonders , hatten unſere große Freude an ihm, audy bei den Gefechten, die wir auf dieſem Streifzug hatten , iſt er herzhaft mit auf die Fran zoſen eingeritten und zeigte , daß das Herz auf dem rediten Fleck bei ihm faß. Während des Waffenſtillſtandes , wo wir ja Zeit dazu hatten, lernte ich ihm denn ordentlich ererciren, und die Sdywadronshiebe und ſonſt Alles was ein guter õus
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far fönnen muß , wenn es freilid Mande , wie unſere Freis willigen dazumalen, oft nicht allzugenau mit ſolchen Sachen nahmen , was ihnen ſelbſt den größten Schaden brachte. Auch eine gute Uniform hatte ſich der Kleine maden laſſen , und er gab darin einen ſo dmucken Huſaren ab , daß ſelbſt unſer Vater Blücher ihn bemerfte, das iſt ein nettes Jüngelchen ,"
hatte der ihn genannt, und darauf zu dem Freiwilligen, nach dem er gehört, wer der ſei, geſagt : „ Vrav, Junge, thue man immer deine Schuldigkeit, und immer man drauf los auf die franzoſen , dann fannſt Du audy nody einmal ſo ein General wie ich ſelbſt bin , werden ." Na , was ſich denn der Kleine hierüber freute, und ganz ſtolz damit that , daß ſchon der perr General von Blücher Ercellenz mit ihm geſprochen hatte, fönnt Ihr Euch wohl denfen. Das war wahrhaftig 1
auch keine Kleinigkeit für einen Huſaren, denn ſelbſt gar man der Officier hätte gern ſeine ganze Monatsgage dafür geges ben, wenn unſer Vater Blüder nur ein Wort mal mit ihm geſprochen .
In der Schladit an der Kabbad ), da kam dieſer junge
Freiwillige aus Thüringen zum erſten Male ſo redit in das feindlidie Kanonenfeuer. Er machte feinen allzutiefen Bück
ling wie die erſte Kanonenfugel ſo recht dicht daber über den Ropf ſauſte und ſchon bei der dritten oder vierten Kugel faß er lo gerade und feſt im Sattel , wie es mancher alter Huſar
faum that. Da freute ich mich denn ſehr darüber, aber was geſchah leider. Raum batten wir noch einige Schüſſe bekom men, ſo ſchlug eine Kanonenkugel das Pferd des jungen Frei
willigen zuſammen , und riß ihm ſelbſt beide Beine in den
Hüften dabei weg. Er lebte noch ein paar Augenblicke, nannte den Namen ſeiner Mutter und war dann mauſetodt. So mußte das junge Blut bald vom Leben laſſen , und obſchon wir dazumalen ſdon an alle ſoldie Verluſte gewöhnt waren ,
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ſo that dieſer doch allen þujaren in der Schwadron febr leid . Ja, ſo die Kriege von 13-15 die baben in unſeren Preußiſden Regimentern gar vielen braven Soldaten das Leben gekoſtet, das fönnt Ihr glauben, Stinder.
Ein paar Tage drauf, als wir von dieſem thüringiſden Edelhofe abzogen , überfielen wir einen Munitionstransport, der von einigen Dußend würtembergiſden Soldaten eskortirt wurde. Wir hatten leichtes Spiel bei dieſer Sade und nah men die Mannſdyaft bald gefangen . Zwei davon hatten Luſt
bei uns Preußen als Soldaten einzutreten , was ſie denn audy gethan , und nadher bei der Infanterie brav gedient haben , die llebrigen mußten uns aber verſpredjen , in dieſem 1
Kriege nicht mehr für den Bonaparte fedyten zu wollen , was ſie denn audi ſehr gern thaten und dann ließen wir ſie denn audy wieder ruhig nach Hauſe laufen. Da machten denn gar Viele von ihnen ſehr vergnügte Geſichter dazu , denn es was
ren größtentheils Refruten, die der damalige König von Wür temberg, was ein großer Freund von dem Bonaparte gewe ſen ſein ſoll, dazu gezwungen hatte , gemeinſchaftlich mit den Franzoſen gegen uns Preußen zu fechten. Die Soldaten mußten dies denn freiſid) thun, denn Subordination gilt vor allen Dingen , als ſie aber Anno 1814 unter ihrem Kron
prinzen mit uns zuſammen gegen die Franzoſen losflopfen konnten, da thaten ſie das viel lieber.
So haben mir dazu:
malen ſelbſt manche Würtemberger geſagt, und ich habe es gern geglaubt, denn es waren brave Kerle und gute Deutſde und eine Sdyande wäre es auch , wenn dies nicht der Fall geweſen. Bei dem Ueberfall dieſes Transports eroberten wir auch einige 12 Wagen, die wir verbrannten , oder in die Luft ſprengten, da wir ſie doch nicht mitnehmen konnten, und wohl an 50 Pferde. Was die beſten von dieſen waren , die wir
noch gebrauden konnten , behielten wir bei uns , die anderen
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wurden aber auf der Stelle todtgeſchoſſen , damit fie die Frans joſen nicht mehr benußen ſollten. Es hat mir aber in der Seele leid gethan , wenn ich ſo ein armes Pferd erſchießen ſah, oder dies gar ſelbſt thun mußte, doch im Kriege geht es nun oft einmal nicht anders an . Aber nu Kinderkens , denke ich , hören wir wieder mit dem Erzählen auf , " meinte jeßt der alte Erdmann . „ Die
Sonne geht da ſchon ſo ſdräge hinter dem Berge unter, und bis wir zu Hauſe in die Quartiere fommen , wird es ganz dunfel ſein. Unſeren Dienſt haben uns freilich die anderen
Kameraden ſchon heute beſorgt ; aber allzuſpät dürfen wir deshalb denn doch nicht in’s Quartier kommen , ſonſt würde unſer Herr Rittmeiſter ein verdammt böſes Geſicht machen . Sie dürfen von uns hier im Badiſchen ja nicht ſagen , daß wir preußiſchen pujaren Nachtläufer wären , die des Abende I
fid) nicht zur gehörigen Zeit aus dem Wirthshauſe finden körra ten. So dieſe vielen Wirthshäuſer und das Herumtreiben in den
ſelben ſind, meiner Meinung nach), das große Unglück für das badiſche Land geweſen, was es nur haben konnte. Da lernen denn die Kerle das Saufen und Faullenzen und hören die dum men Reden der Demokraters an , die ihnen nichts wie Narrerei in
die Köpfe ſegen und das fann denn unmöglid Gutes thun . Gerade dieſe vielen Wirthshäuſer ſind mit an dieſer ganzen Rebellion ſchuld , die dem Lande ſo großes Unglück bringt, und uns Soldaten ſchon manchen braven Mann gekoſtet hat.
Aljo man jeßt aufgebrochen, Jungens, daß wir keine ., Schops penſtecher“, wie ſie hier zu Lande ſolche Säufer nennen, wer: den . “ Ladend und fingend und noch gar manche Scherze machend , folgten alle Huſaren jeßt dem Beiſpiele des alten Erdmann, und brachen aus dem Wirthshauſe auf, um in ihr
Dorf zurückzugehen. Mancher wäre freilich wohl noch gern ein Stündchen länger fißen geblieben und hätte noch ſo ein 11 II .
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paar Schoppen ausgeſtochen, doch ſolcher Weiſung des alter Erdmann geradezu ungehorſam zu ſein, wagte ſo leicht Reiner, dazu war denn doch die Subordination auf alle Fälle zu feſt in der Sdwadron , und auch das perſönliche Anſehen des Alten bei allen Huſaren derſelben zu groß .
Siebentes Kapitel.
,, Vater Erdmann will nad ber wieder etwas erzählen ," rief ein Quſar ſeinen Stameraden , die noch in den Ställen
oder auf dem Hofe beſchäftigt waren , mit lauter Stimme zu. Bei dieſem Rufe beeilten ſich denn Ale ſo viel als möglich, 1
bald mit der Arbeit fertig zu werden , und zur feſtgelegten Zeit hatte ſidy ein zahlreicher Kreis von Huſaren wieder um
den Alten verſammelt. Es war ſchlechtes, regnichtes Wetter 1
eingetreten , und ſo hatte man ſich denn auf der Diele einer Sdeune einrichten müſſen . Gar bald war dies geſchehen , denn wo viele flinke Hände rüſtig dabei mithelfen, da neh
men folche kleine Vorrichtungen gerade nicht viel Zeit in An ſprud). Man hatte einige Holzblöcke herbeigeholt und Breter darüber gelegt und ſo waren denn Bänke fertig , auf denen einige Dutzend Huſaren ſchon bequem ſiken konnten . Zwei oder drei derſelben waren übrigens auf die Balfen , die quer über die Scheunendiele gingen, geklettert, und ſaßen ſo an 6-8 Fuß hoch über den Köpfen ihrer Kameraden, mit loſen dars nieder bummelnden Beinen. Das gab denn zu manchen Späßen und Wipen vielen Anlaß. „ Seht, nun bin ich doch
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avancirt, und ſtehe hod) über Euch ," rief laut ein Huſar, der am Hödyſten geklettert, auf einem ſchmalen Balken ſtand.
,,Nimm Did ) in Acht, daß Du uns nicht auf die Köpfe - dabei wie ein Mebljack fällſt , " warnte ein Kamerad , ,, Wer
hoch ſteigt, fällt auch oft deſto tiefer .“ ,,Na, Deinem Schädel ſchadet es gewiß nichts, der iſt ja bart wie Eichenholz und fann immer als Mauerbreder ges
braucht werden ," ſpottete Erſterer. „ Ja ſo einen Strohkopf wie Du habe ich freilid, nicht ," gab der andere gereizt wieder zurüd. ,, Liegt der neulich im
Stal ſchlafend und will ſchon eine Kuh ihn beim Kopfe frie gen , weil ſie dieſen für ein Strohbündel hält." ..
Und ſo ging es denn noch eine ganze Weile in ähnli dhen Nedereien fort, bis das Erſcheinen des alten Erdmanns, dem man natürlich wieder den beſten Plaß eingeräumt hatte, die Ruhe und Aufmerkſamkeit herſtellte.
„ Wenn mir recht iſt, Kinderfens," begann der Alte ſeine I
Rede , „ſo erzählte ich Euch das legte Mal noch von dem Streifzug, den wir unter Befehl des Herrn Rittmeiſters von
Colomb machten. Was wir denn ſo bisher gefangen hatten, war eigentlich noch nicht ſo gewaltig geweſen, wir mußten es noch ganz anders machen und dem Bonaparte noch einen viel größeren Sdaden zufügen , wenn ſich nur die Gelegenheit 1
dazu bieten wollte , an unſerem Herrn Rittmeiſter und uns
jollte es gewiß nicht liegen, dieſelbe zu benußen. Eine recht gute Gelegenheit , wie wir ſolche gar nicht beſſer wünſchen fonnten , fand ſich aber bald und wie das zuging, will ich Euch jeßt erzählen , Jhr könnt daraus lernen , daß ein guter Fuſar ſich eigentlich auch ſelbſt vor der größten Uebermacht nicht fürchten muß , und ſonſt leicht ein Sd .... ferl werden fann.
11 *
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Unſer Herr Rittmeiſter der hatte nämlich erfahren , daß
ein großer Artillerietransport aus dem Bairiſden her für die franzöſiſche Hauptarmee im Anmarſch daher komme. Das wäre denn freilid) ein fetter Biſſen für uns geweſen, nach dem uns der Mund ſchon wäſſerte. „,, Nicht wahr, Erdmann , den müſſen wir haben ," ſagte der Herr Rittmeiſter zu mir, da id eben dabei ſtand , als ein guter Freund von der deutſchen
Sache ihm die Meldung davon madyte. „ Ja freilicy, Herr Rittmeiſter ," antwortete ich wieder, „ und wenn der Herr Rit meiſter es befehlen , und es Gottes Wille ſo iſt, dann nehmen wir ihn auch." Wir mußten denn nun noch tüchtig zureiten , und unſeren Pferden die Sporen noch oft zu fühlen geben, wenn wir dieſen großen Transport, der ſchon im ſächſiſchen Lande war, noch zur rechten Zeit einholen wollten . Endlid famen wir aber demſelben ſo nahe, daß wir am Abend nur noch eine Stunde von dem Dorfe , wo dieſer Transport fein
Nadtquartier machte , entfernt waren. Jeßt wollte denn un fer Herr Rittmeiſter gern genau von einem zuverläſſigen Sol daten die Stärke des ganzen Transports und beſonders gav
der Bededung deſſelben auskundſchaften laſſen. Es war dies, aber ein verdammt fipliger Auftrag , bei dem man gar leicht gefangen , oder zuſammengehauen werden konnte. Doch ge ſchehen mußte es , und ſo erbot ich mich denn freiwillig zu dieſem Geſchäft, da ich wohl der älteſte und erfahrenſte Sol
dat bei unſerem Kommando war. In meinem Civilzeug wollte ich mich jedoch nicht verkleiden , denn hätten die Franzoſen, mich dann beim Kragen gefriegt, ſo wäre ich von ihnen an den nächſten Baum als ein Spion aufgeknüpft worden. Si wären dann auch ſo eigentlich dabei in ihrem Rechte geweſent
und man hätte nicht viel dagegen ſagen können. Fingen F mich aber in meiner königlich preußiſchen Huſaren - Uniform ſo mußten ſie mich als regulairen Kriegsgefangenen be 3
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: handeln , wenn ſie brave Soldaten ſein wollten, und im All : gemeinen muß man ſagen , daß die Franzoſen das immer ges weſen ſind. Id ließ daher meinen Scheden bei dem Kom mando zurück, und ſchlich mich zu Fuß, von einem Bauern ges
führt, in das Dorf, in dem das franzöſiſdie Kommando ſein Nachtquartier hielt. Ich hatte dabei meinen Mantel über den Dolman gezogen , und zwei Piſtolen zu mir geſteckt, da man
doch nicht wiſſen konnte, ob ich dieſelben nicht am Ende würde gebrauchen müſſen.
In dem Dorfe fonnte ich aber bei der
Dunkelheit nidyt herausbefommen , wie ſtarf das franzöſiſche Kommando denn wohl eigentlich ſei.
Eine lange Reihe von
Kanonen und Pulverkarren und anderen Munitionswagen ſah ich wohl aufgefahren ſtehen , wie viel Bedeckungsmann ſchaft aber dabei war, konnte ich nicht erfahren. Ich wollte aber nicht wieder umkehren, ohne aud) dies zu erfundſchaften, und fragte daher meinen Führer , ob er nicht einen Plaß
wiſſe, von dem aus ic ungeſehen am andern Morgen die ab marſdyirenden Feinde zählen fönne. Der meinte denn : ein
Bacofen, der hart an dem Wege, den die Franzoſen am an dern Morgen marſchiren müßten , ſtehe, ſei der beſte Plats dazu für mich. In den ſolle ich nur hineinfriedjen , ſo könne id die vorübermarſdyirenden Feinde redit gut zählen. Das war gerade fein ſehr plaiſirlider Ort, und ein Hujar fißt frei
lich im Sattel lieber , wie im Badofen , doch hat man im Kriege nicht immer das Ausſuchen , ſondern muß es ſo neh men , wie es fommt, und ſo frody ich denn in Gottes Namen
in den Packofen hinein. In demſelben , der ziemlid) groß war, mußte am Nachmittag noch gebaden worden ſein , dennt er war nod ganz warm. Da es noch gut an 2-3 Stun den dauern konnte, bis die Franzoſen abmarſchirten , ich auchy von dem vielen Zufußgehen an dem Tage ſehr müde war, ſo 1
ídlief ich bei der Wärme in dem Ofen bald ziemlid, feft ein .
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Es fing ebenſo an ein Bisdien hell zu werden , als ich er wachte , aber denkt Euch meinen Schreck , Kinder , wie ich jo plößlich einen franzöſiſchen Artilleriſten ſchlafend dicht neben mir liegen fand. Wahrſdheinlich war es demſelben draußen bei den Kanonen in der Nacht zu falt geworden, und er jo in den warmen Backofen gefrochen , um ſich zu erwärmen . Das war denn eine Schwerenoths -Geſchichte für mich , die leicht übel ablaufen konnte. Erwachte der Franzoſe und machte
Lärm, ſo war ich wie in einer Mauſefalle gefangen und konnte man ſo ohne Weiteres in die franzöſiſche Gefangenſchaft ſpas zieren. Dazu hatte ich aber auch nicht die mindeſte Luſt, wie Ihr wohl denken fönnt. Wie der Fuchs auf das Huhn , 1o warf ich mich denn plößlich auf den dlafenden Franzoſen, und ſtopfte ihm mein Sadtuch ſo ſchnell in das Maul , daß
er dies gar nicht mehr zum Schreien aufmachen konnte, dann band ich ihm ebenſo ſchnell mit einem Fouragierſtrick die Hände, und hatte den Kerl ſo in meiner Gewalt , ehe er ſelbſt nur
redyt wußte, wie dies geſchah , auch die Füße band ich ihm, obgleich er wohl ein Bischen damit zu trampeln verſuchte, und fich nicht ſogleich in ſein Schickſal geben wollte. half ihm dies aber nichts mehr, ich hatte ihn nun einmal un ter meinen bänden, und ſchnürte ihn ſo feſt, daß er ſich bald
nicht mehr rüppeln und rühren konnte. Es war dies zwar Alles in dem engen niederen Backofen nicht ſo leicht gethan, wie jeßt erzählt, doch wenn man nur ſo in Noth iſt, wie idi
dazumalen war, ſo kann der Menſch gar viel. Kaum hatte id denn meinen Franzoſen feſt gebunden und in die Ede ges legt, ſo daß er mir nicht mehr ſdaden konnte , ſo fing auch der franzöſiſche Trompeter im Dorfe an , die Tagsreveille zu
blaſen, da war ich denn gerade zur redyten Zeit aufgewaďt und eine Viertelſtunde ſpäter hätten mich die Franzoſen wahr: fcheinlich erwiſcht. In dem Dorfe wurde es jeßt bald ſehr lebens
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dig , und aus allen Häuſern kamen die Soldaten , gelaufen, um anzutreten .
Ein Infanteriſt, der fam gerade auf meinen
Backofen zu, und ich dachte ſchon, daß ich nun doch der Ge fangenſchaft nicht würde entgehen können . Aber ganz dicht vor dem Bacofen ſtand der Kerl ſtill, zog , mit Erlaubniß zu ſagen, die Hoſen berab, und ſeşte einen tüchtigen Sch gerade vor die Thür. Das ſtanf zwar ganz verfludit, aber
doch fönnt Ihr mir glauben , Kinder , ich freute mich nicht wenig, daß der Franzoſe dies gerade ſo, und nichts Anderes machte. Ja , Jhr ladit darüber, ja das glaube ich , jest bört ſich ſo etwas wohl zum Lachen an , hättet Ihr aber in
dem Augenblick , ſo wie ich in dem Backofen geſeſſen , und rings um Euch ein paar hundert Franzoſen herum, dann wäre Euch wahrhaftig nicht zum Lachen geweſen. Na, endlich marſdirten denn die Franzoſen ab und ich war nicht wenig froh, wie ſie denn ſo bei mir vorbeizogen. Vorne an der Spiße fam Kavallerie, dann die Kanonen und
Wagen und von beiden Seiten mit Infanterie umgeben, und hinten wieder Kavallerie. Die Franzoſen mußten ſich nicht ſo ganz ſicher vor einem Ueberfall fühlen, ſonſt hätten ſie nicht folche Vorſidytsmaßregeln getroffen . Ich ſperrte nun , als fie bei mir vorbeimarſchyirten, die Augen recht im Kopfe auf, und zählte , daß die ganze Esforte aus 6 Officieren , 116 1
Dragonern und einigen 80 Infanteriſten beſtand , außerdem waren alle Trainſoldaten auch bewaffnet.
Sonſt waren 18 Kanonen , 6 Haubigen und cinige 30 Munitionswagen dabei. Das wäre denn freilich ſo ein guter Fang für uns geweſen , der ſich ſchon der Mühe verlohnt
hätte. Keine leichte Sache war es aber nicht, denn unſer ganzes Kommando beſtand nur aus drei Herren Officieren , und 56 86 Huſaren. Na, , unſer Herr Rittmeiſter der mußte es
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am Beſten wiſſen , was anzufangen war , wir hatten ja nur zu thun , was er befahl. Eine halbe Stunde blieb id nun wohl noch nach dem
Abmarſd) der Franzoſen in meinem Backofen liegen, damit idy ſider war , daß ich nicht noch vielleicht auf verſpätete Nach: zügler derſelben ſtoßen möge. Meinen gefangenen Artilleriſten, dem id das Tuch übrigens möglichſt bald aus dem Maul ge 1
zogen hatte, denn er war ſchon ganz braun und blau davon im Geſicht, übergab ich zwei Bauern zur Aufſicht und befahl ihnen , daß fie ad ein paar Stunden den Kerl wieder laus
fen laſſen ſollten , wohin er wolle. Drauf nahm id) denu, wie man zu ſagen pflegt, meine Beine in die Hände und lief ſo raſch ich nur fonnte nach dem Tannenwald, in dem unſer Herr Rittmeiſter mit unſerem Kommando aufmarſchirt war.
Zwar ſah ich von dem Liegen in dem Badofen ganz ſchwarz im Geſicht aus, und Mandye von unſeren Huſaren lachten wohl und riefen : „ der Erdmann iſt unter die Schornſteinfeger gegangen ," als ich bei ihnen anfam , dod das ſchadete nidyts, id brachte ihnen dafür auch deſto beſſere Nachricht. Als ich nuſerm Herrn Rittmeiſter nun Alles, was ich geſehen, und beſonders die mehr als dreifache Uebermadt der Feinde gegen
uns, rapportirt hatte, da ſchüttelte der einen Augenblick wohl den Kopf, ſtrid, ſich den Schnurrbart und ſagte: „ øm ! hm ! Ein Bischen ſtark iſt wohl die Uebermacht der Feinde. Doch denke icy, greifen wir ſie deshalb herzhaft an. Friſch gewagt iſt halb gewonnen ! muß immer der Wahlſpruch eines preußi ſchen Hnjaren ſein. Meinen Sie nicht auch ſo Unterofficier .
Erdmann ? „ Wie der Herr Rittmeiſter befehlen ," antwors tete ich natürlich, auch glaube ich, es wird ſchon gehen und in ein paar Stunden ſind alle die Kanonen unſer. " 1
Jeßt machte der Herr Rittmeiſter von Colomb denu ſo ſeine Anordnungen für den Ueberfall. Der Herr Lieutenant
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von Katte, ein ſehr braver Officier, der mußte mit 30 Hus jaren auf Umwegen den Feind umgeben und auf ein beſtimm tes Zeichen denſelben von vorne angreifen , während der Herr Rittmeiſter ſelbſt und der Herr Lieutenant Eckardt demſelben
von hinten und in die Flanken kommen wollten . Na wie be fohlen , ſo auch gethan und Alles ging vortrefflich. Ganz zur gleichen Zeit von vorn und hinten und von der Seite jagten wir mit lautem Hurrah auf die Feinde los, ſo daß dieſe in ihrem erſten Schrecken gar nicht wußten, wie ihnen geſchah . És kam zwar zu einem kleinen Gefloppe, wobei ich ſelbſt ei nem franzöſitſden Fuhrweſend-Korporal mit meinem Säbel ſo einen Hieb über das Maul gab , daß er gleich vom Pferde herunterpurzelte. Doch wehrten ſich die Fuhrweſens-Soldaten 1
und die italieniſchen Infanteriſten, größtentheils Refruten,
nicht allzulange , ſondern gaben ſich bald gefangen, worauf ihnen dann ihre Waffen abgenommen wurden . Was die frans zöſiſchen Kavalleriſten waren , die hatten ſo in dem erſten Wirrwar größtentheils die Flucht ergriffen und wir waren mit den Anderen viel zu eifrig beſchäftigt geweſen, um ſie gehörig
verfolgen zu können. Das hatte ihnen denn ihre Courage wieder gegeben, denn ganz feige Kerle waren die franzöſiſchen Soldaten unter dem Bonaparte nur ſelten, und ſie fammelten
fich unter dem Kommando eines Officiers, ' und rückten get ſchloſſen gegen uns an , um wo möglich den Transport wies 1
der zu erobern .
Aber proſte Mahlzeit, ſo leicht ging das
nicht, was wir einmal erſt unter unſeren Händen hatten, das
ließen wir gutwillig nicht wieder fahren. „ Vorwärts, mir nach,
Jungens,“ rief unſer Herr Rittmeiſter und haſte nicht geſehen, ging es nun im vollem Galopp auf die Franzoſen los . Don.
nerwetter, das gab denn nun ein herzhaftes Gefloppe mit dieſen franzöſiſchen Dragonern. Id ſelbſt bieb mich mit ei nem baumlangen Unterofficier derſelben lange herum , und
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als wenn der Schmied auf Eiſen ſchlägt, ſo klapperten unſere Säbel aufeinander, ohne daß wir uns viel Einer dem An dern ſchaden konnten . Endlich gab mir der Franzmann einen
tüchtigen Hieb über die linke Achſel, der zwar zum Glück das Bandelier traf und deshalb das Fleiſch man ſo ein Bisfen
riſchte, mich aber doch verfludit ärgerte. „ Oho, dachte ich, ſo geht eg nicht mehr, das Ding muß anders werden , ſonſt ver ſpielft du am Ende Friße und das wäre doch eine zu große Sdande für dich , wenn du von ſo einem franzöſiſchen Dra
goner beſiegt würdeſt.“ Ich riß alſo meinen kleinen Schecken in die Höhe , daß er ſtieg und hieb in demſelben Augenblick
von oben herab den Franzoſen über die Zügel, wobei ſeine linke Hand auch noch ein Bisfen mit abbekam. Sein Pferd, 1
was von meinem Hieb mit im Bug getroffen war, machte nun einen wüthenden Saß und klacks da lag mein lieber Franz mann im Dreck und hatte für die nächſte Zeit gewiß die Luſt
am Fechten verloren . Na, nachdem wir uns denn noch einige Zeit mit den franzöſiſchen Dragonern herumgeklopft hatten, wobei ein guſar von uns auf der Stelle blieb, ein paar An dere und auch unſer Herr Lieutenant von Katte, aber ver wundet wurden, dadyten die Franzoſen denn an das Retiriren .
Wir ſepten ihnen noch tüchtig nach , ſelbſt bis hinter Zwickau und nahmen ihnen noch an 30 Gefangene und 50 — 55 Pferde ab. So hatten wir 66 Mann preußiſde pujaren denn dies
fen Ueberfall glücklich ausgeführt, obſchon die Franzoſen, die bewaffneten Fuhrweſens -Soldaten miteingerechnet, gut dreimal ſo ſtark als wir waren. Einen großen Schaden hatten wir
dem Bonaparte dadurch zugefügt, und Ihr fönnt Euch denken Kinder, wie vergnügt wir Alle darüber waren. Sdade nur, daß wir alle die viele Beute, die wir gemacht hatten , nicht
mit fortbringen konnten, da dies bei unſeren ferneren Streifa
zügen uns zu hinderlich geweſen wäre. Wir mußten dieſelbe
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alſo ſo verderben, daß ſie die Franzoſen nicht mehr gebrauchen konnten, wenn ſie ihnen auch wieder in die Hände fiel. Die
Kanonenröhre, die vernagelten wir ſo , daß ſie gewiß nicht ? wieder ſo bald zu gebrauchen waren und die Pulverkarren, die zündeten wir an, daß ſie wie ein Blik in die Luft gingen. Was ſonſt von Holzwerk da war , das ward auch in einem großen Haufen verbrannt, und das Eiſen von all den Wagen, an die Bauern, die aus der Umgegend gekommen waren , um zuzuſehen , wie wir dies Alles zerſtörten, verſchenkt. Die ars men Kerle konnten dieſe kleine Gabe wohl ſchon gebrauchen ,
: denn die Leute im Sädyſiſchen , die mußten durch die viele Einquartierung, die ſie bald von den Franzoſen und dann wies der von den Ruſſen oder uns Preußen hatten , nicht wenig leiden. Von den Pferden ſuchten wir die beſten aus , um fie mitzunehmen , die anderen mußten wir leider faſt alle erſdießen.
Gerne hätten wir ſie den Bauern geſdenft, doch konnte dies nicht geſdiehen , weil die Franzoſen ihnen ſoldie doch bald wie
der fortgenommen, ſobald ſie erfahren, wie die Bauern zu denſelben gekommen wären. Die vielen Gefangenen, die wir gemacht hatten, fonnten wir aber nicht erſchießen , denn das
wäre eine Mörderei geweſen und ordentliche preußiſdie Sol daten thuen eine ſolche nicht. Mitnehmen oder ſonſt wohin
transportiren konnten wir ſie aber auch nicht, und ſo blieb unſerem Herrn Rittmeiſter denn nichts Anderes übrig, wie die Kerle wieder laufen zu laſſen, nachdem wir ihnen alle ihre
* Waffen und ſonſtige Sachen , abgenommen hatten. Sie muß: ten Alle verſpreden, in dieſem Kriege nicht wieder gegen die Verbündeten zu fechten, ſondern ruhig nach pauſe zu geben
und die Officiere ihr Ehrenwort, wie es ſo der Gebrauch iſt, darauf geben. Ich glaube , daß alle dies Verſprechen gern gehalten haben , denn ſie ſchienen gar keine Luſt mehr zum 1
Rriege zu beſigen und Viele freuten fidy, daß ſie auf eine
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gute Weiſe davon jeßt abkommen konnten. Nur ein alter Brigadier, wie die Franzoſen ihn heißen, ſo ein recht langges dienter Soldat durch und durch, mit dem Ehrenfreuz auf der Bruſt , ſagte ganz offen und frei zu unſerem Herrn Rittmeiſter, 1
er gebe dies Verſprechen nur, wenn man ihm erlaube, ſogleich nad Spanien zu geben , wo auch die Franzoſen jeßt ſich mit +
den Engländern glaube ich, herumſchlügen. Wenn ihm dies nicht erlaubt ſei, ſo möge man ihn nur lieber gleich auf der Stelle erſchießen , denn er habe geſchworen, ſo lange er lebe für ſeinen Kaiſer zu fechten und werde nie ein Verſprechen geben , was ihn hieran verhindere. Unſerem Herrn Rittmeiſter, der ſelbſt ein ſo braver Soldat war, gefiel dieſe Antwort des
(alten Brigadiers ſehr. Er reichte ihm die Hand , nannte ihn einen tapferen Mann und gab ihm die Erlaubniß gegen Eng land und Spanien und wie die anderen Feinde von dem Bos
naparte ſonſt nod ) alle heißen mochten , ſo viel zu fechten als er nur irgendwie Luſt hatte. . /
Was wir aber über dieſen Fang, den wir gemacht hatten,
luſtig waren, fönnt Ihr wohl denken, Kinder. Wir ließen uns das Eſſen, was wir hatten, doppelt gut ſchmecken , denn wir fonnten uns ſchon ſagen, daß wir es an dem Tage redlich verdient hatten. Auf dem einen Bagagewagen fanden wir ein Füßchen mit gutem franzöſtſchen Wein, na und der war denn nicht umſonſt da. Wir tranken und jubelten nach Hers zensluſt und brachten dabei zuerſt die Geſundheit Sr. Majes ſtät unſerem König Friedrich Wilhelm aus, der jegt auch ſchon
lange im Himmel den ewigen Frieden hat. Dann ſchmeckt aber das Getränt am Beſten , wenn preußiſche Huſaren die Geſundheit von ihrem Könige in eben dem Wein ausbringen
können , den ſie ſo eben deſſen Feinden in ehrlichem Kampfe 1
abgenommen haben.
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Nachdem wir uns denn ordentlich mit Eſſen und Trinken gütlich gethan und unſere Pferde fich recht ausgeraſtet hatten, brachen wir wieder auf. Der kleine Fleiſchhieb, den ich in der Schulter bekommen hatte, prickelte wohl ſo ein Bischen, doch
war ich viel zu vergnügt um weiter darauf zu achten, und die Wunde heilte aud ) bald von ſelbſt wieder, ohne daß ich des
halb nöthig hatte, aud nnr eine Stunde meinen Dienſt zu verſäumen. Unſer Herr Rittmeiſter von Colomb der hatte übrigens jeßt noch weite Streifzüge vor, und wollte dem Bo naparte noch vielen Schaden thuen. Er fannte nunmehr ſeine Leute und wußte, daß er ſich auf dieſelben verlaſſen könne, und ſo etwas giebt einem Anführer immer großes Vertrauen . Zuerſt nun zogen wir in das Weimarſche Land hinein, denn
unſer Herr Rittmeiſter der wollte ſehen, ob er nicht von da an bis an den Main , über den wir jeßt bei Frankfurt mar ſchirt ſind, und ſo den Franzoſen weit in den Rücken kommen könne.
Er hatte nämlich gehört, daß von Straßburg aus ein
großer Artillerie - Transport für die franzöſiſche Armee im An
zug ſei, und den wollte er gern, wenn irgend möglich, abzu fangen verſuchen. In Weimar da trafen wir audy mit dem Streifcorps des Herrn Majore von Lüßow zuſammen . Das war ein ſehr
tüdytiger Herr Officier und auch viele herzhafte Kerle waren
unter ſeinen Leuten. Beſonders ein Corps von ſogenannten ſchwarzen Jägern hatte er , die ich ſehr gut mit den Franzos
ſen ſdon herumgeſchlagen und denſelben ſchon vielen Schaden gethan hatten. Wenn mir recht iſt, haben Einige von Euch , die ſich ſo zuſammen im Singen eingeübt, legthin das Lied
von den ſchwarzen Lükow'ſchen Jägern geſungen. Singt das jeßt noch mal, Kinder. Das Lied hat mir gut gefallen, und unterdeß kann ich mich von all dem vielen Erzählen auch wieder ein Bisken auspuſten ."
1news .11.11
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Gern willfahrteten die Sänger unter den Huſaren , die zuſammen ein guteingeübtes Chor von 8 – 10 Stimmen bil deten, dieſer Aufforderung des alten Erdmanns, ſegten fidy
in einen Kreis zuſammen, und begannen : Was glänzt dort vom Walde im Sonnenſchein ? Hör's näher und näher brauſen .
Es ziehet ſich herunter in düſteren Reihen, Und gellende Hörner erſcha len drein, Erfüllen die Seele mit Grauſen.
Und wenn Ihr die ſchwarzen Geſellen fragt, Das iſt, das iſt Lüßow's wilde , verwegene Jagd. Was zieht dort raſch durch den finſteren Wald ? Und ſtreift von Bergen zu Bergen, Es legt ſich in nächtlichen Hinterhalt, Das Hurra jauchzt und die Büchſe knallt, Es fallen die fränkiſchen Schergen . Und wenn Ihr die ſchwarzen Jäger fragt, Das iſt, das iſt Lübow's wilde, verwegene Jagd . Wo die Reben dort glühen, dort brauſt der Rhein,
Der Bonaparte geborgen ſich meinte.
Da naht es ſchnell wie Gewitterſchein , Und Und Und Das
wirft ſich mit rüſtigen Armen hinein , ſpringet an's Ufer der Feinde. wenn Ihr die ſchwarzen Schwimmer fragt, iſt, das iſt Lükow's wilde, verwegene Jagd.
Was brauſt dort im Thale die laute Schlacht,
Was ſchlagen die Schwerter zuſammen ?
Wildherzige Reiter ſchlagen die Schlacht, und Ilnd Und Das
der Funke der Freiheit iſt glühend erwacht, lodert in blutigen Flammen. wenn Ihr die ſchwarzen Reiter fragt, iſt, das iſt Lükow's wilde, verwegene Jagd .
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Was ſcheidet dort röchelnd von Sonnenlicht, Unter winſelnde Feinde gevettet, Es zudet der Tod auf dem Angeſicht, Doch die wackeren Herzen erzittern nicht, Das Vaterland iſt ja gerettet.
Und wenn Ihr die ſchwarzen Gefallenen fragt, Das iſt, das iſt Lüpow's wilde , verwegene Jagd. Die wilde Jagd und die deutſche Jagd Auf franzöſiſches Blut und Tyrannen . Drum , die Ihr uns liebt, nicht geweint und geklagt, Das Land iſt ja frei und der Morgen tagt, Wenn wir’s auch nur ſterbend gewonnen .
lind von Enkel zu Gafel ſei’s nachgeſagt, Das war, das war Lükow's wilde, verwegene Jagd.
ſo ſchloß der Chor der Huſaren. „ Ein ſchönes Lied iſt das vou den ſchwarzen Jägern des
Herrn Majors von Lükow , die auch, wie geſagt , ſehr brave Kerle waren , obſchon wir Brandenburgiſchen Huſaren und alle 1
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die anderen Huſaren - Regimenter von Sr. Majeſtät unſerm König wahrhaftig ebenſo viel gethan haben, wie dieſe Lüpower, "
ſagte jeßt der alte Erdmann. „ und um denn nun da wieder bei meiner Geſchichte anzufangen , wo id) vorhin aufhörte , ſo trafen wir alſo in Weimar mit dem Herrn Major von Lükow zuſammen. Der hatte auch ſchon manchen guten Fang ges madyt, und den Franzoſen nicht geringen Schaden gethan.
Der Bonaparte ſoll ganz grimmig darüber geweſen ſein und viel gefoutert haben , und geſagt , dieſe Streifcorps müſſe er
einfangen und ſolle es ihm auch noch ſo viel Leute koſten. „Ja es jinge wohl , aber es jeht nicht ," pflegen ſie in Bers lin zu ſagen, und der Bonaparte mußte das Einfangen wohl bleiben laſſen . Zwar hat er die Lütower während des Waf fenſtillſtandes durcy (deußlichen Verrath doch noch überfallen
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laſſen , ſo daß ein großer Theil von ihnen niedergehauen wurde , und die Anderen ſich nur mit knapper Noth rette .
ten , uns aber befam er nicht, ſo gerne er dies auch gemocht hätte.
Als denn unſer Herr Rittmeiſter mit dem Herrn Mas jor von Lübow Alles auf das Beſte verabredet hatte, wie ſie
zuſammen den Franzoſen jeßt den möglichſten Schaden zufügen wollten , ſo zogen wir denn weiter in das Thüring'ſche hinein . Es war, glaube idy, ſo in einem kleinen Städtchen , Neuſtadt I
an der Orla , denn der Teufel fann alle die Namen und
Zahlen immer ſo genau im Kopfe behalten, als wir Nadiridt bekamen , daß wir eilig zurücfmüßten , weil ein langer Waffen
ſtillſtand mit den Franzoſen geſchloſſen ſei. Na , Se. Majeſtät unſer König , der mußte natürlich am Beſten wiſſen , was er zu thun und zu laſſen hatte , und die Diplomaters , oder wie die vornehmen Leute ſonſt beißen , die oft noch großmächtiger wie ein Herr General thun wollen , obſchon fie meiſt kaum ein Gewehr losdrücken oder den Säbel führen fönnen , ſollen 1
ja auch ſo kluge Leute ſein , daß ſie das Gras wachſen hören können .
So mocyte alſo dieſer Waffenſtillſtand ſomit ein ganz
gutes Ding ſein , wovon ich nichts verſtehe, alſo auch nicht darüber mitſprechen fann ; uns Huſaren aber bei dem Streifs :
corps des Herrn Rittmeiſters von Colomb fam er jegt ge waltig in die Quere , das weiß ich wohl. Ganz verzweifelt böſe Geſichter machten wir bei der Nachricht davon, und wenn
Einer alle die vielen Flüche und Verwünſdungen , die wir in der erſten Zeit ausſtießen , hätte zählen ſollen , wäre das ein
gar mühſeliges Geſchäft für ihn geweſen. Nun was half es aber , der Befehl war einmal da , daß wir zurückmarſhiren fullten und alſo mußte ihm auch pünktlich , wie es ſich ges
hörte , nachgefommen werden. Ob wir dies gerne oder uns gerne thaten, blieb ſich am Ende gleich, denn waren wir auch
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ein Streifcorps , fo waren wir doch keine Freiſchaar, ſondern ordentliche preußiſche Quſaren , deren Schuldigkeit e$ ift Alles zu thun , was ihnen befohlen wird. Wir traten alſo , dem
Befehle nach, unſern Rückmarſch durch das Thüring'ſche Land an , um auf das rechte Elbufer zu kommen , wohin fich alle zerſtreuten Freicorps begeben ſollten. Wir marſcirten , wie 1
es fich gehörte , mit eingeſtedten Säbeln und nidyt die mins deſte Feindſeligkeit ward von uns verübt , obſchon wir ſonſt noch oft genug recht ſchöne Gelegenheit gehabt hätten , den Franzoſen manchen Schaden zu thun. So zogen wir mal dicht bei einem großen franzöfiſchen Geldtransport , wobl an
die 10 Wagen, die nur eine Eskorte von nahe an 100 Mann hatten , nahe vorbei, und hätten denſelben leicht überfallen
fönnen. Das wäre denn ein gar prächtiger Fang für uns geweſen, beſſer noch wie der von den Kanonen , den ich Eudy
vorhin erzählte. Dudy was half's , wir mußten die Geldwa gen ruhig ziehen laſſen und uns das Maul abwiſchen , denn ein Verſprechen muß auch gehalten werden, dachte unſer Herr Rittmeiſter , und jeder ordentliche preußiſche Fuſar wird ein Gleiches thun. Der Bonaparte in ſeiner Falſchheit , der meinte es aber anders, und gerade jept während des Waffen ſtilſtandes ſchien es ihm eine gute Gelegenheit zu ſein , die ihm ſo verhaften Streifcorps zu vernichten. Mit den Lüpowern 1
war ihm dies durch den ſchändlichſten Verrath der Welt (don geglüdt, und er hatte ſo recht heimtüdiſch nicht weit von Leips zig ein paar Hundert von denſelbeu überfallen und zuſammen :
hauen oder gefangen nehmen laſſen , und mit uns wollte er es nun gern auch ebenſo machen. Wir paßten ihm aber zu gut auf , und er bekam uns nicht in ſeine Klauen . Unſer Herr Rittmeiſter der traute den Franzoſen nicht weiter , wie er ſie ſehen konnte , und beſonders ſeitdem er von dem ver rätheriſchen Ueberfall der Lüpower gehört hatte , war er dop : II.
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pelt auf ſeiner yut. Wir marſcirten immer mit Vor- und
Seitenpatrouillen , wagten uns nie in eine Gegend oder gar in ein Dorf hinein, bis Ades genau vorher refognoscirt war , ſtellten aud des Nachts, oder wenn wir bei Tage Halt machten, überall Poſten aus und ließen einen Theil unſerer Pferde ſtets geſattelt und gezäumt ſtehen , ſo daß wir gleich auffigen fonns ten. Dieſe Vorſicht unſeres Herrn Rittmeiſters hat uns auch ſpäter vor einem ähnlichen Schickſal, wie es die Lüpower hat ten, gerettet. Wir waren eines Abends ſchon bei Köthen ans
gekommen und wollten am andern Tage über die Elbe geben , um uns zu dem Regimente zu begeben, als ein braver Bauer aus der Gegend unſerm Herrn Rittmeiſter die Nachricht brachte, daß ſidy gar viele weſtphäliſche Truppen in der Nähe ſehen ließen . Das Ding fam denn dieſem nicht recht geheuer vor, und ſo dhidte er mich mit 6 Mann auf eine Refognoscirs Patrouille aus ,1 um zu ſehen , was denn eigentlich daran ſei.
Raum bin ich denn eine halbe Stunde fortgeritten , ſo ſebe ich eine ganze Menge franzöſiſcher und weſtphäliſcher Truppen in Anmaríd kommen.
Wohl an 4 Schwadronen Ravallerie
und I ganzes Bataillon Infanterie mußten es ſein , und man konnte es ſchon ihrem ganzen Marſch anmerken , daß ſie nicht recht was Gutes gegen uns im Schilde führten. Na, daß wir denn
aud nicht langſam zurüdritten, und unſerem Herrn Rittmeiſter rapportirten, was wir geſehen hatten, könnt Ihr denken. So gleich ließ nun derſelbe Alarm blaſen, und alle unſere Huſaren mußten ihre Pferde aufſatteln und ſich ganz zum Abmarſch bereiten. Kaum ſind wir denn hiermit fertig , als der Adjus tant des weſtphäliſchen Generals , Hammerſtein , glaube ich,
hieß er, auf uns zugejuđelt fam mit der dummen Aufforderung, daß wir uns ſo ohne Weiteres ergeben ſollten , da wir von ſeinen Truppen ganz umringt ſeien . Auf die Frage unſeres Herrn Rittmeiſters , wie man denn dazu komme ſolche Ges .
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waltthat gegen und zu verüben , da doch Waffenſtillſtand ſei, und wir ja ohne die mindeſte Feindſeligkeit zu machen , ſo
ſchnell wie möglich nach der uns befohlenen Gegend abmars ſchirt feien , antwortete der Adjutant , das ginge ihn Alles nichts an , er habe nur den Befehl uns zur Uebergabe aufzu fordern . Da fluchte unſer Herr Rittmeiſter und rief aus :
„ So weit ſei es noch lange nicht, und er und ſeine Leute würden fich nicht gefangen geben .“ Und da hatte er denn auch ganz recht darin. Er ließ nun ſogleich Alarm blaſen, und im Augenblick ſaßen alle nnſere Huſaren in den Sätteln , und haſte nicht geſehen , ging es mitten in der Nacht zum Orte hinaus .
Die feindlichen Kavalleriſten, meiſt Weſtphälin
ger , verfolgten uns nun zwar , fo fdynell ihre Pferde laufen konnten ; allein unſere Säbel waren auch nicht von Holz, und
ſo ſegten wir uns denn tüchtig gegen fte zur Wehr und flopf ten uns mit den Vorderſten derſelben herzhaft herum. Unter fortwährendem Geplänkel, wobei wir zwar einige Huſaren vers loren , aber auch von den Feinden Mande niederbauten , fa
men wir noch in der Nadyt an der Elbe an . Unglüdlichers weiſe war hier nicht gleich eine Fähre zu finden , und ſo 1
mußten wir uns denn noch ein paar Stunden weiter ziehen ,
wobei die Feinde immer hipiger nachydrängten , ſo daß wir alle Mühe hatten, ſie noch immer zurückzuweiſen. Unter fort währendem Geplänkel , wobei freilid, in der Dunkelheit nicht
ſo viel herauskam , als man ſonſt hätte glauben ſollen, zogen wir uns nun immer bart der Elbe entlang, bis wir gegen
Morgen glücklich einige große Kähne fanden. Während die s meiſten unſerer Huſaren ſich nun einſchifften , und die Pferde an den Leinen hinterher (dwimmen ließen, hielten wir in der
Nađihut die Feinde noch möglichſt lange auf, und warfen uns dann ſchnell in einen kleinen Kahn , um auch noch her
über zu fahren. Das war aber keine Plaiſirfahrt, fönnt Ihr 12 *
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mir glauben , denn die Weſtphälinger beſchoſſen uns dabei noch ſehr aus ihren Karabinern , und wir fonnten ihnen aber nicht wieder thun , ſondern mußten uns entweder platt in
den Kahn niederlegen , um nicht von den Kugeln getroffen zu werden , oder ſonſt mit an den Rudern arbeiten helfen .
Ein
febr braver Mann war der Steuermann , der unſern Kahn führte , ſo ein ächter Preuße durch und durdy, der aud in
ſeinen jungen Jahren im Heere von Sr. Majeſtät unſerem Könige bei den Pionnieren gedient hatte. Ganz ruhig und feſt jaß er an ſeinem Steuerruder, und achtete nicht viel wei ter darauf , als ihm anfänglich die feindlichen Gewehrfugeln
-tüchtig um die Ohren pfiffen. Eine Kugel fuhr gerade in den Handgriff des Steuerruders hinein , faum ein paar zou von den Fingern des Steuernden ab. Der aber rüdte dabei
nicht im Mindeſten mit ſeiner Hand weg, fondern rief lachend aus : ,,Dee Rerls fönnt doch nicht treffen ," und brachte
ſo unſern Kahn glücklich an das andere Ufer. Einige von unſeren Pferden konnten wir aber nicht ſchnell genug mit in die Elbe befommen , und ſie fielen den Feinden in die Hände. Da war ein ſehr guter Grauſdimmel darunter von der Ufrai ner Race , ein ſehr böſes Thier , weldies fid nur von ſeinem Reiter, einem alten , langgedienten Huſaren , gut anfaſſen ließ. Wie nun die Weſtphälinger dieſen Grauſchimmel am Lande einfangen wollten, lief er, immer wild aus den Nüſtern pruſtend, herum , und ſchlug nach Allen , die ihm nahe famen , ſo tüch tig mit Hinter- und Vorderfüßen , daß fie immer wieder log:
laſſen und ihm ausweichen mußten. Zuleßt ſchien dem Pferde das Herumgejage aber überdrüſſig zu werden, es rennte einen Soldaten , der es aufhalten wollte , über den Haufen , und ſprang dann von ſelbſt in die Elbe, um uns nachzuſchwimmen. Zwar knallten noch einige Karabinerſchüſſe ihm nach , doch ward es nicht getroffen , und fam ſo glücklich mit uns im
ISI
Kahne faſt zu gleicher Zeit auf dem rechten Elbufer an . Daſ ſein Reiter es hier freudig empfing und ſchön ſtreichelte, fönnt Ihr Eudy wohl denken. Ja ſo ein gutes , treues Pferd iſt
im Kriege viel werth und ein wahrer Schaß für einen Kaval Seriſten, Ehre und Leben deſſelben hängen oft nur von ſeinem Pferde mit ab. So waren wir denn glücklich gerettet und
in Sicherheit; hatten aber doch an 14 Huſaren und einige 20 Pferde bei dieſer Gelegenheit verloren.
Dies war der Streifzug des Herrn Rittmeiſters von Cos lomb, der ſo recht zeigte, daß ein tüchtiger Anführer auch mit geringer Mannſchaft, wenn dieſe nur etwas taugt, dem Feinde großen Schaden thun kann . Es iſt ein ſchlechter Huſarens Officier, der immer erſt darnach fragt, wie ſtark der Feind fei, der ihm gegenüberſtehe, „immer vorwärts und man druf los," muß es heißen , das Andere findet ſich dann ſchon von felbſt. So hat es der alte Ziethen gemacht, der ſo der Erſte von allen preußiſchen Huſaren geweſen und unſer Vater Blü dyer, den ſie auch deshalb den „ Feldmarſchall Vorwärts“ nann ten , madyte es ebenſo. Und giebt es mal wieder für uns
Preußen einen großen Krieg , ſo einen , wo es heißt : „Alle Mann b'ran , " dann fönnt Ihr glauben , Kinderfens , Se.
Majeſtät unſer König, der wird unter allen den vielen hohen Generälen, welche die Ehre haben, in ſeinem Dienſt zu ſtehen, auch wohl wieder einen finden , der ſo recht für die preußi den Huſaren paßt , und dann heißt es wieder bei uns wie ſonſt ,, immer Vorwärts , man druf log " und der Teufel müßte dod ſeine Hand mit im Spiel haben , wenn es nicht
vorwärts gehen ſollte und wir Preußen nicht zuleßt doch noch den oberſten Trumpf auflegten.
Ich werde das wohl
nicht mehr mitmachen können , denn ich bin ſchon alt und ſteif, und muß bald auf die Liſte der Ausrangirten kom
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men , aber Ihr ſeid noch junge Burſchen und in ein paar Fahren fann ſich oft ſchon vieles ändern.
Na, um aber wieder auf den Waffenſtilſtand zu kommen, der dazumater Anno 1813 an acht Wochen mit den Frans
zoſen herrſchte, ſo kam ich während deſſen wieder zu dem Bran denburg'ichen Huſaren -Regiment, was in Schleſien ſtand und zu dem Corps von dem Herrn General von Blücher Ercellenz
gehörte, zurück. Ihr braucht aber nicht zu glauben , daß wir während dieſes Waffenſtillſtandes nur ſo wie die vornehmen Herren herum bummelten und uns von den braven Sdyleſtern
für das Nidyt8thun füttern ließen, oh nein, es gab wahrhaftig an allen Ecken und Kanten genug zu thun. Den ganzen Tag von Morgens früh bis Abends ſpät, hieß es im Dienſt ſein, und vom Stall ging es auf die Reitbahn und von da auf
den. Gyercirplaz und den Nachmittag bis in die ſpäte Nacht hinein wurden Sättel aufgepaßt oder Uniformen von den Schneidern angenommen , oder beim Sdymied auf den guten Beſchlag aufgepaßt, und was es denn ſonſt noch ſolchen Zeits
vertreib für einen Kavallerie-Unterofficier gab . Von allen Ges genden des Landes kamen die Freiwilligen in Menge zu uns und verſtärften die Regimenter, ſo daß bald aller Verluſt,
den wir bisher gehabt hatten , reid ;lich wieder ausgeglichen war. Auch viele neue Regimenter , beſonders von der Land: wehr wurden noch erridytet, und wer nur irgend noch ſtark genug war , die Waffen zu führen , der trat auch freiwillig in
das Heer ein. Ich habe mir erzählen laſſen , daß , als der eine Sohn von unſerem Vater Blücher , der als Herr Oberſt lieutenant bei den fdyrefiſchen Hujaren diente, und dywer vers
wundet, gefangen ward, denu anders hätte er ſich gewiß nidhit ergeben , zum Bonaparte gebradt wurde , der ihn gern zu
ſprechen wünſdyte. Unter anderen Fragen ſoll denn nun audy
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der Bonaparte den Herrn Oberſtlieutenant gefragt haben, wie viele Soldaten Se. Majeſtät der König von Preußen augens
blicklich beſige. “ „ So viele wie er treue Unterthanen hat," foll der aber geantwortet haben , wo dann der Bonaparte ein · tüchtiges „ foutre“ ausſtieß. Das war eine recht ſchöne Ants : wort von dem Herrn Oberſtlieutenant von Blüdyer, die auch
den richtigen Nagel auf den Kopf traf. Und mit welcher Luſt alle dieſe freiwilligen Refruten das Exercitium und alles Andere,
was dazu nöthig war, daß ſie tüchtige Soldaten wurden, lern ten , könnt Ihr kaum glauben , Kinder. Es war dazumalen .
ordentlich eine Luſt, den Refruten das Ererciren beizubringen,
: obſchon das ſonſt eine wahre Plage für unſereinen iſt, wie Ihr am Beſten wißt, bei der ſogar ein Engel im Himmel oft die Geduld verlieren und einen herzhaften Fluch ausſtoßen fönnte. Wenn ſonſt die Refruten oft ſuchen um das Grers ciren herum zu lungern ja lacht nur , Ihr habt es auch
manchmal ſchon nicht beſſer gemacht
und vergnügte Ges
fichter ziehen , wenn mal was dazwiſchen kommt, fo fonnten fie dazumalen oft nicht genug davon befommen . So weiß
ich noch ganz gut, daß einſt ſo ein Dußend junge Refruten von unſeren Huſaren zu mir mit der Bitte famen , ich möge
doch den hellen Mondſchein , der am Himmel jeßt ſei, benußen, um ihnen des Abends von 9-10 Uhr noch ſo die redyten
Vortheile bei den Hieben zu zeigen , daß ſie auch viele Fran zoſen von den Pferden herunter hauen könnten , wenn der Krieg erſt wieder von Neuem losgegangen wäre. Na, obſchon ich mich den ganzen Tag über genug herumradern mußte und
bundsmüde am Abend war , ſo ging ich doch auf dieſe Bitte der braven Refruten ein . So die redyten Fuſaren - Hiebe, die
mir als Junge ſchon mein Vater ſeliger beigebracht hatte, zeigte ich ihnen , und mancher Franzmann hat fid ſpäter von
denſelben auch einen recht blutigen Kopf geholt. Ja , wenn
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Giner man ſo recht will und Ehr' im Leibe hat , und die ſtrenge Subordination da iſt, kann er in kurzer Zeit ſchon Vieles lernen , und es iſt gar nicht nöthig , daß er erſt lange 1
1
Jahre in der Reitbahn herumjudelt , damit er ein tüchtiger Huſar werde, wie es die Oeſterreicher behaupten wollen . Wir Preußen haben es ſchon öfters gezeigt , daß es auch in viel kürzerer Zeit geht, wenn nur der rechte Wille dazu da iſt, und fönnen es audy alle Tage wieder thun , wenn es gerade fo kommen ſollte. Uebrigens traten jeßt während des Waffen
ſtillſtandes nicht blos lauter Refruten bei uns ein, denn dann wäre das Ding doch am Ende übel ausgegangen , ſondern
aud mandie alte ausgediente Soldaten. Aus der ruſſiſchen Gefangenſchaft, wo ſie weit weg in das Innere des Landes
gebracht worden waren , kamen die jeßt zurück. Na , von des nen hatten denn Manche ſo vieles ausſtehen müſſen , daß man es gar nicht glauben ſollte , wie es möglich ſei , daß ein Menſd fo Hartes ertragen könne. Was ich Euch von meinen Schickſalen in Rußland ſchon erzählt habe, war nur oft Kleis nigkeit gegen das , was ſo Einzelne von dieſen jegt zurückges fehrten Gefangenen durchgemacht hatten . Tüchtige Soldaten waren aber darunter, die eine grimmige Wuth gegen den Bo: naparte , dem ſie mit Redt alle ihre Leiden zuſchrieben , im
Herzen hatten und ſich recht auf die Gelegenheit , dieſelbe erſt ordentlich loszulaſſen, freuten. Solche alte gediente Soldaten ordentlich mit den jungen Rekruten durdymengelirt, das gab die beſten Regimenter dazumal. Was aber unſer Preußenland auch jeßt wieder während des Waffenſtillſtandes für Opfer brachte, daß Se. Majeſtät, unſer König ein ordentliches Heer errichten könnte, iſt faum glaublich. Von Anno 1506 , dieſem Unglücksjahr an, bis dahin hatten die Franzoſen uns auf alle Art gepiſadt und ſo viel Geld und Gut aus unſerem Lande gezogen, wie ſie nur irgendwie konnten , und manche hunderts
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tauſend hungrige Mäuler von ihnen hatten auf ihren beſtän digen Durdmärſchen gefüttert werden müſſen. Dazu hatten fie Sr. Majeſtät, unſerem Könige, faſt die Hälfte von ſeinem
Lande geſtohlen und unſere großen Städte Danzig , Stettin,
Magdeburg, Glogau und noch andere mehr , wo vieles Geld I
iſt, waren als Feſtungen in ihrer Gewalt , und konnten ſo
nicht viel zu den Kriegskoſten mit beitragen , und doch ſoll, wie mir ein Schreiber vom Generalcommando, der ſo all' die langen Liſten mit abgeſchrieben hatte, alſo das Ding wohl
wiſſen mußte , ſpäter einſt erzählte , das föniglich preußiſche Heer , als der Krieg wieder anfing, an 273000 Mann ſtark geweſen ſein. Das iſt doch ſchon ein gutes Theil von Sols daten und weder die Ruſſen nod Deſterreicher follen in den Kriegen von Anno 13 - 15 jemals ſo viel Soldaten gegen den Bonaparte auf die Beine gehabt haben. Gute Kamera: den von uns waren dieſe Deſterreider und Ruſſen und nach : her die anderen Deutſchen auch , und viele Hülfe haben ſie
geleiſtet, und als brave Soldaten , wie es ſich gehörte, gefody ten, das wäre ſchlecht, wenn man dies jebt leugnen und vers fleinern wollte. Das Meiſte in dieſen großen Kriegen haben aber doch wir Preußen gethan , und wenn es ſo recht was
galt, ſind wir immer voran und mit die Erften geweſen, dies, Kinder , bleibt ſo gewiß und wahrhaftig wahr , wie die Welt ſteht, und wer es anders ſagen wollte, iſt ein verlogener Kerl, das könnt Ihr mir altem Mann ſchon glauben. Und gerade darum iſt es gut für Euch, wenn Ihr recht viel von dieſen Kriegsjahren hört und in den guten Büchern , in denen dies 1
ſelben ſo redyt verſtändlich und überſichtlich beſchrieben find, leſet. Nächſt der Bibel, in der Gottes Wort ſteht, ſollte jeder
preußiſche Soldat gerade am Meiſten in ſolchen guten Kriegss büchern leſen , denn die ſind viel beſſer, als dieſe alten Räu ber- und Rittergeſchichten , worüber ich mich immer ärgere,
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wenn ich die auf der Wachſtube oder in der Raſerne finde und das Zeug man gleich in das Feuer, wohin es auch ge hört, ſchmeißen möchte. Ich habe mir ſagen laſſen , daß die franzöftſden Soldaten immer viel von ihren Kriegen unter
dem Bonaparte leſen und oft redyt genau Beſcheid davon wiſ. ſen . Nun , da ſie einmal Franzoſen ſind , ſo thuen ſie auch
Recht daran, denn jeder brave Soldat, weldier Nation er nun auch angehören mag, muß den Waffenruhm ſeiner Armee ſehr achten und ehren . Und gar wir Preußen , haben wahrhaftig 1
doch auch ein gutes Theil von ſolchem Ruhm und müſſen Gott
dem Herrn dankbar dafür ſein und genau Beſdheid wiſſen, was unſere braven Regimenter Alles in früheren Zeiten dion aus geführt haben . Das iſt die Sduldigkeit von jedem Preußen und gar für einen ſolden , der die Ehre hat , ſeines Königs Rock als Soldat zu tragen. Wer dieſelbe aber nicht erfüllt,
iſt ein Sd ...kerl und wenn er auch noch ſonſt ſo viel Frans zöſiſch plappern und fingen und tanzen wie der beſte Komödiant,
und Gott weiß was ſonſt noch alles kann. Dies iſt ſo meine Anſicht und ich glaube , es fönnte gar nidyt ſdaden , wenn
Eklide von Euch dieſelbe fich redyt hinter die Ohren ſchrieben. Befehlen läßt fich ſo was nicht, das muß der eigene gute Wille thun , der überhaupt bei jedem Soldaten immer das Beſte iſt, ohne dem nie etwas Redits zu Stande kommt, wenn auch die Subordination nocy to ſtrenge iſt.
Während des Waffenſtillſtandes da hatte ich auch mal wieder die große Ehre , von dem Herrn General von Blüdyer
Excellenz angeredet zu werden. Ich ließ gerade ſo ein 6-8
Refruten auf der Reitbahn, die wir vor einem Dorfe angelegt batten , reiten und da Einige von ſelbigen ſich gar ſo unges ſchickt anſtellten, ſo fludyte ich wohl ein Biochen und hatte für weiter nicht8 Augen wie für die Sterle. Mit Einemmal ſagt
Jemand dicht hinter mir : „Oho Erdmann, nicht gar jo higig,
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: Du machſt mir die Jungen ſonſt am Ende noch ſtupig ,“ und denkt Euch , wie ich mich denn umſehen thue , ſteht der Herr General von Blücher Excellenz in leibhaftiger Perſon bei mir . 1
So ganz allein ohne Adjutanten war er angegangen gefoms men und hatte nur einen alten blauen Uniformsoberrod mit
rothem Kragen ganz ohne Epauletts und Ordensſternen an, und eine kleine Feldmüße ohne Schirm , wie er ſich für ges wöhnlich gern trug , ſeitdem er nicht mehr die Uniform von
ſeinem Blücher'ſchen Huſaren - Regiment, als man dieſem ſtatt 2
der rothen Dolman'e dunkelblaue gegeben hatte , anzog. Id erſdyraf denn nun wohl etwas , ſtellte mich in Poſitur und machte meine Meldung , wie c8 fich gehörte. Da flopfte er mich denn freundlich auf die Schulter und ſagte: ,, Na , Ibr reitet hier wohl fleißig , das iſt recht, bald geht es auch hof: I
fentlich wieder los , fo die verfluchten Kerle von der Feder, dieſe Schmierare, die machen man immer wieder ihr Kriegs fram dazwiſchen laß man die Jungens dort austraben ." Ich kommandirte denn ,, Trab “ und da Einige von den Res fruten bei dem Traben noch etwas zu wackeln anfingen und mit den Armen fdlängelten, ſo rief der Alte ihnen zu : „ Wollt
Ihr wohl gerade und feſt figen , Jungen , Ihr reitet ja ſonſt wie die Franzoſen und nidyt wie ordentlich preußiſche yus ſaren !" Dann rief er nody: „ Na, guten Morgen, haltet Eudy fleißig“ und ging wieder ſeines Weges fort. Seit unſer alter Vater Blücher ſo mit dieſen Rekruten geſprochen hatte, gaben fich dieſelben noch doppelt ſo viel Mühe wie ſonſt und wur den bald ganz fire Reiter, die ſich noch redyt tüdytig mit den Franzoſen berum dlagen fonnten . Ja, unſer Alter, der vers
ſtand es, aus einem dummen Bauernburſden bald einen guten Huſaren zu machen . Unter fortdauernden Uebungen aller Art
und dem Bringen aller Truppen auf den Kriegsfuß , verging denn auch bald der Waffenſtillſtand. Wie es aber nachher
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wurde, als die Feindſeligkeiten wieder anfingen, davon erzähle
ich Euch das Nädyſtemal. Für heute iſt es zu ſpät damit,“ ſchloß der alte Erdmann nunmehr ſeine diesmalige Erzählung. „ Ja, eine andere Sache muß es doch dazumalen mit dem Kriege, wie jeßt hier gegen die Revolutionaire in Baden, geweſen ſein ," meinte ein Huſar, wie fidy ſeine Kameraden nad dem Fortgange des Unterofficiers noch weiter über deſſen Erzäh
lung unterhielten. „ Na und ob , das läßt ſich ja gar nicht an einem Tage zuſammen nennen. Dies hier iſt ja man eine wahre Kleinigkeit. Die Kerle da, welche die badiſche Republik machen wollen, laufen ja meiſt gleich von dannen, ſobald wir nur einmal ordentlid, gegen ſie anreiten. Da iſt gar keine 1
Zudyt und Ordnung drin . Jeder will das Befehlen haben und einer das Gehorchen. Da muß denn wohl nichts wie
Unordnung bei ihnen herauskommen , wenn auch hie und da EBlidie von ihnen ſonſt viele Courage haben mögen ," ſagte ein Anderer. ,,Und nun gar der Myroslawsky , das iſt wabrhaftig auch kein Napoleon. Mich wundert nur , daß wir
noch nicht ſo marſchirt ſind, um die ganze Sippſchaft gefangen
zu nehmen, gekonnt hätten wir dies ſchon lange, " fiel ein dritter Huſar ein , der ſich ſtets bei jeder Gelegenheit beſtrebte, feine beſondere Weisheit an den Tag zu legen und deshalb von den Anderen ſpottend der „ Profeſſor " genannt wurde. „ So ein Profeſſor wie Du , der wird audy redyt den Grund I
davon wiffen ," lachte wieder der Erſte. „Iſt nur Schade, daß Du noch mit dem Karabiner im Gliede reiten mußt und ſie
Dich nicht ſchon lange in den großen Generalſtab genommen haben. Du würdeſt ihnen da erſt ſo das Wahre zeigen .“ So necten die Huſaren fid in ähnlicher Weiſe noch eine ganze Weile fort , und beſonders der ſogenannte Profeſſor "
mußte nocy manche Spötteleien über ſeine eingebildete Weis: heit mit anhören .
Achtes Kapitel.
In dem kleinen Hütten - Lager , welches die preußiſchen Truppen vor der Feſtung Raſtatt aufgeſchlagen hatten , war
viel militairiſche Lebendigkeit. Unaufhörlid, ritt und ging es dort ein und aus von größeren und ſchwächeren Patrouillen zu Pferd und zu Fuß , und Adjutanten und Ordonnanzen fa
men auf ſchaumbedeckten Pferden oft mit einer Faſt angeſprengt, als hinge von ihrem Erſcheinen das Wohl und Wehe des ganzen Lagers ab. Und doch wie unbedeutend war bisweilen
der Zweck dieſes Ginberſprengens. Ein junger, lebendiger Ad jutant liebt es aber gern , ſein Pferd ſo recht in vollem Gas lopp zu zeigen und den beſcheiden im Staub der Kompagnien zu Fuß einher marſchirenden Kameraden von der Infanterie im etwas befehleriſden Tone zuzurufen : „ Plaß , Plaß meine Herren für einen Adjutanten ," oder : ,, Laſſen Sie die Leute etwas mehr in der Mitte des Weges geben , damit id unges
hindert raſch fortgaloppiren kann. Ein höchſt wichtiger Be fehl zwingt mich zur größten Eile, " und ſo galoppirt er ruhig durch die ganze Kolonne , während die Leute ſo recht deshalb in den tiefſten Schmuß der Mitte des Weges hineinpatſchen müſſen. Das leiſe Brummen und Fluchen der Soldaten und
das Spötteln der Officiere über das boc vom Pferde Herabs
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ſchauen “ und der großen Gile , damit man ein gutes Frühs
ſtück beſtellen könne," hört der ſo raſch Dahinſprengende frei lid nicht. Nun , im Ganzen iſt es doch immer gut, wenn ſich 1
die Adjutanten an dynelles Meiten recht gewöhnen und die Armee, in der dies ſtattfindet, wird keinen Schaden davon haben . ,, Mit einem Loth Pferdefleiſch fönnen oft viele Pfunde Menſdienfleiſch erhalten werden ,“ iſt ein altes Soldaten ſpridywort . Die erſte Rolle bei dieſem militairiſchen Leben und Trei
ben in dem Raſtadter Hütten-Lager ſpielte die Artillerie. Dr dentlich beneidet von ihren übrigen Kameraden wurden diess
mal die ſchwarzkrägigen Artilleriſten, denn ſie waren wiederholt ſdon in tüchtiger Thätigkeit geweſen , während die Infanteri ſten und Kavalleriſten großentheils nur bloße Zuſchauer der felven hatten abgeben müſſen. Einige kleine Gefechte mit den Inſurgenten , die einen Ausfall verſucht hatten , waren ſớon wiederholt vorgekommen , im Ganzen aber ſtets ohne große Bes deutung geblieben , da die Feinde es immer gerathen fanden, ftdj bald wieder hinter ihre fichern Mauern zurückzuziehen. Von der Artillerie aber hatten einige Batterien ihre Geſchüße don tüdytig erdröhnen laſſen und den Inſurgenten gezeigt, daß preußiſche Kanonenkugeln und Bomben gar weit zu reis
chen vermögen. Schade nur, daß die Zerſtörungen, die ſolche Kugeln an den Feſtungswerken anrichteten, deutſches Eigen thum trafft und mit deutſchem Gelde ſpäter wieder hergeſtellt werden mußten , man hätte fich ſonſt freuen können , daß der 1
Artillerie hier Gelegenheit gegeben wurde , ihre Fertigkeit nun audy einmal recht praktiſch bei der Belagerung einer ſtarken Feſtung zu üben . Wie jubelten aber die Kanoniere, wenn ſie
augenſcheinlid, ſehen konnten, daß ihre Kugeln gerade an dem gewählten Zielpunkte eingeſchlagen hatten , wie rieben ſich die Officiere vergnügt die Hände , wenn ſich die Richtigkeit ihrer 1
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vorher angeſtellten Berechnungen jeßt auf das Glänzendſte hers ausſtellte. So ein Artillerie - Officier muß gar manche müh . jame Stunde am Studirtiſch verbringen , die ſeine Kameraden
von der Infanterie und Kavallerie ihren Vergnügungen und Ergöglichkeiten widmen fönnen, und auch der Kanonier ſelbſt iſt im Krieg wie im Frieden oft nicht wenig angeſtrengt und muß viele Dinge lernen . Die übrigen Kameraden gönnten denſel ben daher auch gern ihre jeßigen Erfolge und freuten ſich ges meinſchaftlich mit ihnen darüber.
Dienten doch Alle für dies
ſelbe Sache, fochten unter gleicher Fahne.
Audy ſonſt herrſchte unter allen anderen Truppen , die
hier vor Raſtadt zuſammen gezogen waren , ein ungemein muns teres, fameradſdaftliches Leben. Das Wetter war mit wenigen Ausnahmen heiter und ſonnig , und daher der Aufenthalt in den bequem angelegten Hütten ganz angenehm .
Auch die
Verpflegung war hier wie überhaupt faſt durchgängig in dem reiden badiſchen Lande eine ſehr gute und mandier Soldat bekam hier in einer Woche oft mehr Fleiſd) zu eſſen und Wein
oder Bier zu trinken , wie daheim in einem ganzen Jahre nicht. Dazu ein gerade nicht ſehr angeſtrengter Dienſt , der dodh wieder manche fleine friegeriſche Abenteuer und eine,
jelbſt noch in der Erinnerung angenehm unterhaltende Man nigfaltigkeit gewährte, und die Gelegenheit hier mit Kameraden von allen Waffengattungen und aus den verſchiedenſten Thei len des preußiſchen Staates zuſammen zu kommen ; was will der Soldat aud mehr. Wer dann nicht zufrieden und luſti gen und heiteren Sinn es iſt , den ſollte man lieber in eine
düſtere Mönchskutte, als in den Waffenrod ſtecken. Was aber weſentlich auch mit dazu beitrug , den Frohſinn der hier vers
ſammelten preußiſchen Krieger noch zu vermehren, war die Anweſenheit des Prinzen von Preußen mitten unter denſelben. Wie jauchzten freudig alle Soldaten , wenn die hohe , edle
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Geſtalt des „ ritterlichen Prinzen “ auf ſeinem muthigen Streit roſſe ſchon aus der Ferne aus dem übrigen glänzenden Ges folge hervorleuchtete, und ſie ſo die Hoffnung hatten, auch in der Nähe ihn ſeben zu können.
Kein nur befohlenes Hurrah war es , was die Regimens ter dem Prinzen oft bradyten , ſondern in wahrer Freudigkeit, aufrichtiger Hingebung fam es aus dem Innern der Bruſt. Straffer und ſtolzer richtete ſich der Soldat auf, wenn er bes merkte , daß der Blick des hoben Feldherrn vielleicht zufällig
auf ihm ruhte, feſter und kräftiger waren die Griffe an den Waffen, mit denen gerade vor ihm die militairiſchen Ehren bezeugungen gemadyt wurden. Und mit welchem freudigen Stolze zeigten die Soldaten den etwaigen Fremden , die das Lager beſuchten , ſdon aus der Ferne denſelben, wie flang es ſtets ſo gut aus ihrem Munde, wenn ſie dann ſagten : I
,,Ja, das iſt unſer Prinz, der Prinz des preußiſchen Heeres."
Und ſo wird es immer ſein , nicht allein in dem Lager vor Raſtadt gegen einen regellojen, undisciplinirten Feind, ſondern für alle Kriege Preußens , wenn das Geldic folde erfordern follte. Gewiß auf dein blutigſten Sdlachtfelde gegen den ſtärkſten wohldisciplinirteſten Feind würden preußiſche Sols 1
daten ihren Prinzen ſtets mit dem freudigſten Hurrah em: pfangen ; und ſeine Gegenwart ihnen neuen Muth und ver mehrte Kräfte auch beim Ertragen des ſchwerſten Ungemadis verleiben.
Wie war aud, der alte Erdmann jeßt ſo redyt vergnügt und in der Seele froh , da er an dem heutigen Tage wieder holt vom Prinzen bemerkt und mit einigen freundlichen Wor ten angeredet worden war. Um zehn Jahre jünger ſchien der
Alte troß ſeiner filbergrauen Haare jekt förmlich geworden zu ſein , und mit einer Kraft und Leidytigkeit wie nur der ges
wandteſte Huſar ſie beſigen konnte, ſchwang er ſich aus dem
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bochbepackten Sattel ſeines kleinen „ Sdwarzbleß ,“ als er eben
nebſt einigen von ſeinen Leuten von einem kleinen Patrouillen, ritt zurückkehrte. ,, Das Abendbrod iſt ſchon fertig , Herr Unterofficier und was Extra-Gutes, fette Klöße mit Pflaumen haben wir heute gefocht,“ ſagte ein Hujar dem Unterofficier , der eben bereit
war , ſeinen „ Schwarzbléß " abzuſatteln. „ Ja das glaube ich wohl , daß Ihr wieder was Gutes gekocht habt. So ein Leben wie hier iſt noch nie wobl in
einem Lager geführt worden ,“ antwortete dieſer vergnüglich lachend. „ Na, ſo komm denn mein Hänſeken , dir geht es auch gut hier , denn Hafer giebt es viel mehr jeßt wie zu Hauſe in der Garniſon , wo unſere leichten Friedensrationen auch
oft ſo verdammt karg ſind , daß die Pferde ſich wahrhaftig nicht an denſelben überfreſſen können , und die Arbeit fannſt 1
du wohl jeßt aushalten ," mit ſolchen Worten liebfofte der
Alte ſein treues Pferd und pflegte es dabei ſo forglich und anhänglich , wie eine Mutter es nur mit ihrem einzigen Kinde machen kann. Auch die übrigen Huſaren folgten dem Bei ſpiele ihres Unterofficiers, und keiner ging eher von ſeinem Pferde , bevor daſſelbe vollkommen abgerieben war und dann
behaglich den guten Hafer aus dem vorgehängten Futterbeu tel verzehren fonnte. Nach den Roſſen famen wie es fich ges hört, die Reiter , und da der Patrouilleritt den Appetit ge ſchärft hatte, ſo ſchmecten die Klöße und Pflaumen, welche zurücgebliebene fochkundige Kameraden mit großer Geſchid lichkeit unterdeß in den Feldkeſſeln zubereitet hatten, gar trefflich . „ So gegeſſen und getrunken hätten wir, daß es eine Luft war, und wenn Vater Erdmann jeßt noch gar die Güte has 1
ben wollte, uns wieder ein Bischen zu erzählen, ſo wüßte idy
wahrhaftig nicht, was an unſerem Plaiſir heute noch fehlen follte,“ meinte der ſchwarzbärtige Huſar fich behaglich auf der II ,
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Raſenbank, die man vor der Hütte angebracht hatte, ređend und ſtredend, mie man es nad einem reichlich eingenommenen Mahl gern zu thun pflegt.
Sam 048 Erzählen ließe ſich hier heute Abend im Lager ganz vergnüglich anhören ," ſagte ein Anderer, man bleibt dabei beiſammenſißen und verläuft ſich nicht, und wenn dann
wieder wie legthin auch , ſo plößlid) Adarm geblaſen wird, iſt unſer Zug wieder der erſte, der völlig bereit auf dem Plaße kommt. Das giebt doch Ehre." So ward denn förmlich eine Deputation zu dem alten
Erdmann geſchickt, ob er nicht die Güte haben wolle, etwa : zu erzählen und gern gab der immer ſeinen Huſaren in ſols
chen Dingen gefällige Alte dieſen Bitten nach. „ Erlauben der Herr Unterofficier auch wohl , daß hier mein Bruder von den Füſelieren des N. Regiments, der eben zum Beſuch bei mir iſt, ein Bischen mitzuhören darf," wandte
fich ein junger Huſar bittend an den Alten. „ Man immer zu, da ſeßen Sie fich man dort hin, Fü ſelier ," antwortete der wieder. ,,Was ich erzähle, iſt nicht blos für die Huſaren, ſondern jeder ordentliche Soldat mag es im merhin mitanhören und ſich ſeine Gedanken dabei machen .
Na nu ufgepaßt jeßt, Jungens, und die Ohren wach ges halten, gerade jeßt komme ich mit meiner Erzählerei erſt ſo recht an das gute Theil, wobei jedes preußiſche Soldatenherz ſeine volle Freude haben muß.
Alſo der Waffenſtillſtand mit dem Bonaparte und ſeinen Franzoſen hörte , wenn mir recht iſt, mit dem 10. Auguſt
wieder auf und wir alle freuten uns nicht wenig darüber, daß es jeßt auf's Friſche lodging und am Meiſten unſer alte Herr General von Blücher Ercellenz felbſt. „ Jungens, ießt ſchlagt mir man ordentlich auf die Franzoſen los, daß wir fie für alle Zeiten aus unſerm Lande berausklopfen ,“ ſagte
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er , als er unſer Regiment noch mal muſterte und ' ,, Ja, w .
Grcellenz, wir wollen ſchon unſere Schuldigkeit thun, verlaſſen Sie fidy man immer auf uns," riefen wir þuſaren darauf. Unſer Regiment, das gehörte mit zu dem Blüdyer'ſchen Corps was man and ſo die „ ſchleſiſdie Armee“ nennt , weil es die Franzoſen aus dem Schleſien herauspatſchen mußte , und was
theils aus Ruſſen von allerhand Waffengattungen, theils aber aus Preußen beſtand.
Unſer preußiſdes Theil führte der
Herr Generallieutenant von York Ercellenz, und das war ein Mann wie von Eiſen und Stahl. Daß wir Soldaten gerade
ſoldie Liebe zu demſelben gehabt hätten , wie zu unſerm Vas ter Blücher, kann ich der Wahrheit nach nicht ſagen, aber ge waltigen Reſpekt fühlten wir vor ihm, und wenn er nur ein
ſo grimmiges Geſicht machte, wie er wohl gern that, ſo war felbft unſerm Herrn Rittmeiſter vor der Front nicht allzuwohl. Vom vielen Sprechen war der Herr Generallieutenant von
Yorf Excellenz gerade fein großer Freund, und wenn er auch nicht viel flucte , ſo lobte er dafür auch nod deſto weniger. Das mußte icon hoch fommen , und die Soldaten ſchon was
ganz Außerordentliches gethan haben , wenn er nur ſagte: „ Ich danke Euchy“ oder „ Diesmal bin ich mit Euch zufrieden geweſen.“ Aber eine rechte Schneide hatte er und das Ge neralſein verſtand er , und deshalb waren wir preußiſchen Sols daten doch alle ſehr zufrieden damit, gerade unter ſeinem Bes fehle zu ſtehen. Brave Regimenter hatte er aber unter ſeinem
Kommando, das muß wahr ſein. Da waren von der Ka vallerie die ſchönen medlenburgiſchen Huſaren, von denen ich
Euch ſchon leşthin erzählt habe , und die ſchwarzen Leibhus faren, und wir Brandenburgiſchen Huſaren und dann die erſten weſtpreußiſchen und die litthauiſchen Dragoner, und die Bran denburgiſchen Uhlanen und an 16-18 Suwadronen von der
ſclefiſchen und Brandenburgiſchen Landwehr-Kavallerie, audi 13 *
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Alles gute Leute, die rechten Eifer zeigten . An Infanterie hats ten wir aber bei uns das erſte und zweite preußiſche Infans terie-Regiment, daß Leib- Infanterie- Regiment, das Branden:
burgiſdie Infanterie -Regiment, das zwölfte Reſerve-Regiment, und Grenadiere und Jäger und ein Bataillon Thüringer, die audi ſehr brav fodten, und an 24 Bataillone von der jdleſis fchen Landwehr. An Artillerie fehlte es auch nicht , und der Herr Major von Schmidt, der dieſelbe fommandirte, verſtand
es ſchon ſeine Batterien ordentlich zwiſchen die Franzoſen hins ein fardätden jil zu laſſen.. Denkt Gud Euch nun nody die vielen Ruſſen , die auch noch bei uns waren, die zuſammen an die
56,000 Mann mit vielen Kanonen und Sojafen, Baſchkiren Kalmuden , und was weiß ich ſonſt noch wir Alles ausmachten . Das war denn ein ganz tüchtiger Haufe, mit dem unſer gite
ſdyon ſoldie Schläge gegen die Franzoſen führen konnte, daß es nur ſo fradyte. Das erſte Mal, daß ich jest wieder ſo redit
mit den Parlez-vous zuſammenfam , war nicht weit von der kleinen Städtchen Goldberg in Schleſien . Der Prinz Kar von Mecklenburg Hoheit , der Bruder von unſerer hochſeliger
Königin Louiſe Majeſtät“ - bei dieſen Namen jalutirte da Alte ſehr ehrerbietig, „ der war mit ſeiner ſchleſiſchen Land
wehr und mit oſtpreußiſchen Linienbataillonen am Meiſten vor geſchoben. Der Zufall hatte es gewollt, daß ich mit eine Refognoscirpatrouille von fechs Quſaren mid etwas verwirt
hatte, und nun zu dieſem Corps gekommen war, ſo daß it dem ganzen Gefecht mit beiwohnen fonnte. Die Franzoſen die immer mit ihre Stärke in vieler und guteinerercirter Ar tillerie hatten , mie denn ja auch der Bonaparte früher ali Lieutenant bei der Artillerie gedient haben ſoll, fingen dat Gefecht zuerſt mit einer gewaltigen Kanonade an . Gany Reihen von ſchlefiſcher Landwehr wurden hier von den fran
zöſiſchen Kanonenkugeln zuſammengeriſſen und das Herz blu
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tete mir ordentlich wie ich das ſo ruhig mit anſehen mußte.
Na, lange Zeit hielt ſich dieſe Landwehr recht gut, was wahrs haftig zu bewundern war, da ſie faft durchgehends aus uns geübten Leuten beſtand, die diesmal zuerſt in das feindliche Feuer famen, endlich gerieth fie aber, wie dies aud gar nicht
anders ſein konnte, etwas in Unordnung. Lange dauerte es aber nicht, da ging es wieder mit dem Bajonnet auf die
Franzoſen log, und dieſe mußten wieder zurück. Die medlen burgiſchen Huſaren und Brandenburgiſchen Uhlanen , die bes famen jeßt Befehl zum Einhauen. Das ſo ruhig mitanzu
ſehen , fonnte weder ich noch meine Leute über das Herz bringen. Jd jagte alſo an den Herrn Rittmeiſter von der
vorderſten Schwadron der mecklenburgiſchen Huſaren heran und fragte: „Iſt es gütigſt erlaubt, Herr Rittmeiſter, jeßt dies ein Bisfen mitzumachen ?“ „ Man immer zu, brave Branden burger,“ antwortete der , und ſo ging es denn mit auf die Franzoſen los. So eigentlich war dies gar nicht ganz recht von mir, und ich hätte lieber machen follen wieder zu meiner Schwadron, die in der Brigade des Herrn Generalmajors von porn ſtand, zurückzukehren. Mein Herr Rittmeiſter brummte am andern Tage auch nicht wenig, als ich mich mit meinem Kommando wieder bei ihm meldete und ſprach von Arreft
juhicken und dumme Streiche machen und allen ſolchen Sachen ,
die juſt nicht gar zu angenehm mir in die Ohren klangen. Endlich wie ich ihm Alles ſo genau erzählt hatte, ward er wieder ganz freundlich und klopfte mir zulegt noch auf die Sdulter. Ja es war aber auch ein zu guter Mann unſer .
Þerr Rittmeiſter, ein wahrer Vater ſeiner Soldaten. Die ganze Sdwadron bätte ſich für ihn in Stücken bauen laſſen .
Um aber wieder auf das Gefecht bei Goldberg zu kommen ,
lo hauten wir recht tüchtig daſelbſt ein , und mancher Franza mann mußte vom Pferde herunter. Die franzöfiſche Infans
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erie aber, auf welche wir jeßt ſtießen , ſtand feſt und ließ fich nicht durchbrechen , wenn wir auch ein paar Mal dazu an:
fekten. Manch gutes medklenburgiſches Pferd und manch braver Hujar darauf, fand hier ſeinen Tod. Endlich als die Franzoſen von allen Seiten , Infanterie
und Kavallerie immer heftiger andrängten , ſprang der Prinz Karl von Medlenburg Hobeit vom Pferde, nahm die Fahne
vom 1. oſtpreußiſchen Infanterie - Regiment in die Hand, und ſtürmte ſo mit den Worten : „ Nur mir nach , Soldaten ,“ mit ; den braven Dſtpreußen vorwärts , das half denn auch. Die
Franzoſen gaben ihr Anſtürmen auf, und da bald aud nodi rufftſche Jäger zur Hülfe kamen , ſo konnte die II. Brigade ganz ruhig in guter Ordnung ihren Rüdzug antreten. Die Franzoſen hatten bei dieſer Gelegenheit denn doch wieder zu
ihrem Schaden erfahren, daß die Preußen wohl durch Ueber macht zurükgedrängt , aber nicht mehr in eine wilde Flucht geſchlagen werden könnten. In Goldberg felbſt, wo ich durch
reiten mußte , um wieder zu meiner Brigade zu gelangen, ging es auch ſehr heiß zu. von allen Seiten beſchoſſen die Franzoſen mit ihrer Artillerie die Stadt und die Landwehr: bataillone, die ſolche beſegt hatten , mußten nicht wenig leis den. Eine Freude aber war es bei dieſer Gelegenheit anzu: fehen , mit welchem Muthe die Einwohner von Goldberg un:
fere Soldaten bei dieſem Kampfe unterſtüzten. Junge , kräf: tige Männer waren nur wenige mehr im Orte , denn ſolche ſtanden meiſtens bei der Linie, und Frauen kamen im hefti: ſten Kugelregen auf die Straßen, und brachten unſeren Sols daten , die ſchon ſehr müde und matt waren , Speiſen und Getränke ſo gut fie ſolche nur ſelbſt hatten. Auch die Juns gens, die bei ſolcher Gelegenheit niemals fehlen durften , was
ren thätig, halfen mit an den Munitionswagen die Patronen und Artilleriefartuſchen abladen und wenn die feindlichen Stu
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geln auch noch ſo dicht um fie herumpfiffen , ſo machten fie fid nichts daraus, ſondern lachten nur dazu. Einen Vorfall
habe ich übrigens an dem Tage in Goldberg mit angeſehen, den ich nicht wieder vergeſſen fonnte. Ein Landwehrmann von einem ſchleſiſchen Landwehr-Regiment, ein hübſcher, gros 1
Ber Kerl, der um den Kopf ein weißes Tuch gebunden hatte, da er idon dort verwundet war , lehnte ſich müde und ers ſchöpft an ein kleines Haus. Man fonnte es ihm anſeben,
daß er ordentlich ſchon mit im Gefecht geweſen war , denn ſein Geſicht war von all dem Pulverdampf und dem Patro nenabbeißen ſchon ganz ſchwarz. An der Seite dieſes Lands wehrſoldaten ſtand ein hübſches, junges Weibchen , die feine Frau ſein mußte , ihre beiden Arme ganz zärtlich um deſſen Hals gehängt , während ein kleiner Junge , etwa ein paar Räſe hoch, fie an den Knieen umflammerte. Plößlid kommt
eine ſchwere franzöſiſche Kanonenfugel daher geſauſt, und ſhlägt alle drei, Mann, Frau und Kind nieder , ſo daß ſie auch alle zuſammen auf der Stelle todt waren. Es fah Fidy
dies wirklich recht traurig mit an und obſchon wir faſt dazus malen ſehr an Tod und Wunden gewöhnt waren , ſo dauerte uns Alle dies doch ſehr.
Nach dieſem heftigen Gefechte in und bei Goldberg fa men nun einige Tage für uns, an denen es auch gerade nicht allzuviel Vergnügen gab. Hin und her marſchirten wir, den einen Tag vorwärts , den andern wieder denſelben Weg zus
rück. Regnen that es dabei, als wenn vom Himmel mit Mols
len heruntergegoſſen ward , und die Wege wurden von all dem beſtändigen Marſchiren von ſo vielen Corps ſo ſchlecht, daß Menſchen und Vieh faum noch mit alleräußerſter Mühe
fich durchſchleppen konnten. Beſonders die armen Soldaten bon der Landwehr hatten in dieſer Zeit viel auszuſteben ,
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denn ihre Equipirung war in der Eile ,'womit die Regimen ter errichtet werden mußten , um vieles hinter der Linie zu : rüdgeblieben . Ordentliche Mäntel hatten die wenigſten Lands
wehrmänner, ſondern der kurze Waffenrod war ihr einziges Kleidungsſtück, mit dem ſie Tag und Nacht herumlaufen muß ten . Bei Vielen von dieſen Waffenröcken war das Tuch dazu nicht gefrumpfet worden , und lief nun bei dem erſten Regen ſo weit ein, daß die Aermel oft nur bis an die Els
bogen reichten und vorn die Röcke nicht mal zugefnöpft wers den konnten, was denn ganz erbärmlich ausſah. Viele von den Landwehrſoldaten hatten dazu nicht mal warme Tuchho ſen an , ſondern nur die dünnen Leinwandhoſen wie ſie in Sdleften die Bauern im Sommer tragen. Das größte Uebel
war aber im Schuhzeug. An Stiefeln und auch an Kama ſchen fehlte es oft ſehr , und ſo hatten denn die Leute furze gewöhnliche Schuhe tragen müſſen, die aber oft in dem tiefen
Dreck der. Wege verloren gegangen waren. So mußten denn manche Landwehrſoldaten oft mehrere Märſche in bloßen Füs Ben laufen , oder Andere trugen Holzpantoffeln , die ſte ſich mit Striden feſtbanden . Daß auf ſolche Weiſe, beſonders viele Soldaten von der Landwehr , die dazu noch das ſtete
Marſchiren und die Strapazen des Felddienſtes nicht gewöhnt waren , erkrankten , und in die Hospitäler mußten , darf gar 1
kein Wunder nehmen. Wenn nicht der Geiſt der Landwehr ein ſo guter geweſen wäre, und ſo viele äußerſt brave Kerle
darunter gedient hätten , die ſich ſo lange ſie nur irgendwie noch konnten, mit fortſchleppten, manche Bataillone hätten ſonſt ganz aufgelöſt werden müſſen , aber dennoch hielten ſie zuſam men und wie es man erſt wieder ſo recht zum Klopfen fam , hat 1
faſt fein Bataillon feine Schuldigkeit verſagt. Ja , vor unſes
rer preußiſchen Landwehr , da muß Jeder , der fte ſo Anno
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1813 - 15 geſehen hat, alle Achtung haben , und jeder gute Preuße fann mit Recht ſtolz darauf ſein, daß in ſeinem Lande
gerade ſolche Einrichtung beſteht. Dies beſtändige Herummarſchiren der Kreuz und Quer, rüf- und vorwärts , und dazu oft des Nachts, gab denn auch zu vielem Raiſonniren und Sdwadroniren Anlaß. Eine Menge ſogenannt fluger Leute war da , die wollten das Ding beffer wiſſen, wie unſer Alte und der Eine wußte Dies, der andere
aber Jenes anzugeben . Lauter Kifel - Kafel war dies aber und ich habe mich oft darüber ſchwer geärgert, wenn ich ſolch unnüßes Gequatſche ruhig mit anhören mußte . Na , unſer alte Vater Blüder, der ſeinen Gneiſenau zur Seite hatte, der wußte wohl was er that, und ließ ſich durch all dies Gerede
nicht irre machen.
Schwadroniren und tadeln ließ er die
Klugich ...... fo viel fie nur wollten , wenn ſie aber dabei nicht genau Ordre geritten und Alles fo thaten , wie er bes fahl, ſo fuhr er wie das Donnerwetter zwiſchen fie drein und fanzelte ſie ab, daß es nur ſo eine Art hatte , und das war Redyt von ihn . So ſollen auch einige ganz hohe Herren Stabsofficiere und darunter auch welche von den Ruſſen , ſolde Briefe von unſerm Alten bekommen haben, daß fte dies ſelben wahrhaftig nidyt hinter den Spiegel ſteckten , wie man
* zu ſagen pflegt. Þatten daber auch Alle Ade gewaltigen Reſpekt M
vor unſerm Herrn General von Blücher Excellenz, und was
F1
ſonſt die ärgſten Schreihälſe waren , die wagten faum das Maul aufzuthun, wenn er ſo daher geritten fam, und fte mit ſeinen großen blauen Augen feſt anblicte. Wir Soldaten aber jubelten Alle, ſobald wir unſern Vater Blücher nur von Wei tem don kommen ſaben , und alle Beſchwerlichkeiten waren
dann wenigſtens ſo für den Augenblick völlig vergeſſen. Habe ich doch ſelbſt mit meinen eignen Ohren gehört , daß Lands wehrmänner, die mit bloßen Füßen und zerriſſenen Jacken in
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Dreď und Regen umberpatſchten , mit voller Stimme riefen :
Wic
„ Unſer Ercellenz von Blücher foul leben hoch, hurrah," dann
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nickte der Alte mit dem Kopfe, und ſagte wohl : „ Danke, danke , Jungens , da die Franzoſen drüben ſollen verflucht
1 ener
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warme Mäntel und heile Stiefel haben , ich dächte, die müß
ten wir ihnen bald abnehmen . “ „ Ja, ja, Ew. Grcellenz, man immer druf los , an uns ſoll es nicht liegen , wir ſchlagen ſchon zu , wenn Sie es befeblen ," riefen dann wieder die Leute, und waren luſtig und guter Dinge. 1
mm, mie ellert ben. Rani ist ben
Am 26. Auguſt, da jūlugen wir die große berühmte Schladt an der Kaybach, von der Ihr auch wohl ſchon viel
Sun ielu
gehört haben werdet, das war eine gar ſchöne Schlacht, und
Imien
eine beſſere iſt nicht gemacht worden , ſo lange es preußiſche
A , la eigen
1
Soldaten gegeben hat, dies kann ich ohne Ruhmrederei wohl
aut fatte
mit Recht ſagen . So viel ich von dieſer Pataille weiß , will ich Euch jest davon erzählen , Kinder. Was man eine große
1
Ueberſicht der Schlacht nennt , kann ich freilich nicht geben, denn Ihr wißt ſelbſt, daß ein Unterofficier von den Huſaren,
Item
der ruhig auf dem linken Flügel reiten muß, nicht den zehn ten Theil von Allem , was da geſdieht, zu ſehen bekommt. Ein ſchlechtes Wetter war es ſo am 26. Auguſt, das muß wahr ſein , es goß immer nur ſo vom Himmel þerab , und
macien
wir wurden ſo naß, daß wir auch bald fein trockenes Fäſer: den mehr am ganzen Leibe behielten. Solch ſchlechtes Wets ter macht gerade die Soldaten nicht allzu luſtig, und ſo fonnte
mer
man an dem Tage auch mehr Fluchen und Brummen wie ges rade Singen in den Gliedern hören. Das war aber recht dumm von all den Kerlen, die das thaten , denn gerade dies ſchlechte Wetter hat viel mit zu dem glänzenden Siege , den
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wir erfochten , beigetragen. So iſt der Menſch aber oft, er raiſonnirt und flucht vorher viel über eine Sache, die ihm nachher doch oft noch den größten Vortheil bringt.
mbt den hurt 1
203
Wie es den Franzoſen ihre Mode immer ſo iſt, ſo fins
gen fie um drei Uhr Nachmittags an dem Tage die Schlacht mit einer gewaltigen Kanonade an . „ Na , heut giebt es wie der was Ordentliches zu thun , umſonſt verknallt der Franzoſe nicht ſo viel Pulver ," ſagten wir zu einander in den Glies dern, wie das Gefrache ſo gewaltig anfing, daß man faum das Wort ſeines Nebenmannes verſtehen konnte. Die ruſſi ſchen Batterien von der ſchweren Artillerie, die der ruſſiſche
Herr General von Saden Excellenz, was ein ſehr tüchtiger Mann ſein ſollte, dem unſer Vater Blücher jeßt viel verdankte, aber hatten auffahren laſſen , waren aber auch nicht faul, und brummten den Feinden einen ſo guten Morgen wieder entges
gen , daß ihnen Hören und Sehen darüber verging. An Schießen mit den Gewehren war bei dem vielen Regen an dem Tage nicht gut zu denken und ſo ſtürmten denn einige Bataillone des Brandenburgiſchen Infanterie - Regiments in all dem Gefrache mit dem Bajonnette vorwärts auf den Feind log.. Einen kleinen Berg „ der Kuhberg " genannt , den die Franzoſen bejeßt hatten, wollten die Unſeren nehmen und dies glückte ihnen auch. Donnerwetter was klopften unſere braven Brandenburgiſchen Jungen mit ihren Kolben nun auf die Parlez - vous los, da ihre Gewehre, die dazumalen noch Feuer
ſchlöſſer hatten , in dem ſtarfen Regen nicht losgehen wollten, und ſie ſo dieſelben umgedreht hatten. Als wenn ſie mit Dreſdhflegeln das Korn ausdreſchen ſollten , ſo flipp , klapp fielen die Kolbenhiebe der Brandenburger auf die franzöſiſchen Schädel, und wo ſo ein Hieb man ordentlich hingefahren war, da vergaß der Getroffene gewöhnlich das Aufſtehen wieder.
Ja , ſo ein Gewehrkolben iſt eine gar nicht zu verachtende Waffe, das habe ich an dem Tage bei der Kaybach wieder ſo recht deutlich geſehen. Freilich müſſen die Soldaten , die ihn führen , das Herz auf dem rechten Fleď und tüchtiges Mart
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in den Armen haben, ſonſt nüßt es nicht viel. Na, bei uns
ſeren Brandenburgiſchen Infanteriſten war dies ordentlich der Fall, und wir Huſareu freuten ung fehr darüber , denn wir hatten mit denſelben ganz beſondere Freundſchaft geſchloſſen. Führten doch beide Regimenter den gleichen Namen „ Bran denburgiſche."
Iept ließen aber die Franzoſen viele Stavalles
T
rie hier gegen unſere Infanterie - Bataillone vorrücken und da bei dieſen ihre Flinten nicht ſo recht losgehen wollten , ſo kamen ſie in eine verfluchtſchlimme Lage , dody ſie machten
ihre Quarres ſehr ruhig und gut, und die franzöſitſdie Rei terei, die ein ungünſtiges Terrain hatte , und nicht ſo raſch angreifen konnte, wie ſie wohl gemocht hätte, konnte ſolche nicht ſprengen . Na , unſer Herr General von Blücher Ercellenz,
der ſeine Augen am Tage überall hatte , wo es nöthig war, ſchickte audi buld Hülfe, die weſtpreußiſchen und litthauiſchen Dragoner und 3 Schwadronen von der ſogenannten oftpreus Biſchen Nationalfavallerie, die mußten eine Attaque jeßt auf
die Franzoſen machen. Wie das Donnerwetter gingen die vor, denn das ftete „ Vorwärts, vorwärts, Jungens , immer man druf los geklopft ,“ unſerf Vater Blücher war ihnen nod) in den Ohren geblieben. Gar eine Schwadron von der
Oſtpreußiſchen Nationalfavallerie, die faſt nur aus lauter Frei willigen beſtand , die hieb , hier auf daß es eine wahre Luſt war , dies es einen ſteilen Hohlweg hier gab , die Alle ſehr gut beritten waren , 1
franzöſiſde Artillerie ein, mit anzuſehen . Obſdon ſo jagten die Oſtpreußen , dody ſo ſchnell auf die
Franzoſen los, daß deren Kanonen gar nicht mal ordentlich erſt zum Aufmarſch kommen konnten . Jeßt gingen 2 Schwa dronen von unſerem Huſaren -Regiment aber auch mit gegen
die franzöſiſche Kavalerie vor, und ein ordentliches Herumges haue gab e8. Donnerwetter was flirrten die Säbel gegens einander, fielen rechts und links die Hiebe, daß es nur ſo
N
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eine Art hatte. Der Boden batte bier gar mandie binder
niſſe, und ſo waren die Schwadronen alle etwas auseinander gekommen, und es gab piele einzelne Handgemenge Mann ges
gen Mann, da mußten denn auf beiden Seiten Manche aus den Sätteln, denn die Franzoſen wehrten ſich verteufelt gut, wie man nicht anders ſagen kann , und ihre langen , ſpigen Stoßpallaſde, worauf ſie beſonders geſchickt einerercirt ſind, drangen durch manche brave preußiſche Bruſt. Schlau waren
dazu noch die franzöſiſchen Generäle geweſen, und während wir uns mit ihrer Kavallerie berumbauten, hatten mehrere Bataillone Infanterie, von einer anderen Seite den ,,Sub
berg " beſtiegen , und ſich darin in das dichte Gebüſch, mit dem derſelbe bewadyſen war , eingeniſtet .
Von da aus knallten ſte
denn ganz luſtig auf uns los und thaten uns nicht geringen Schaden , wobei wir ihnen nichts wieder anhaben konnten, da wir mit den Pferden nicht in das Geſtrüpp hineinzuſeken vermochten . Eine franzöſiſche Kugel, die riß mir bei dieſer Gelegenheit den Quaſt an dem Fauftriemen meines Säbels
fort, und eine andere traf vorn das kleine Schild am Bruſt riemen des Pferdes, wo fie aber abfiel, daß meine Schede
fich hoch aufbäumte und beinahe mit überſdılagen wäre. Zwei franzöſiſche Dragoner, die ſegten mir dabei auch bart zu, und wenn die Sterle nur ein Bischen beſſer ihre ſteifen Pferde in der Gewalt gehabt hätten, ſo wäre ich ohne Gnade geliefert geweſen und könnte Euch jept keine Geſchichten mehr erzählen. Na, ſo rutſchte ich ihnen denn noch immer glüdlich durcy, da ich meinen kleinen Scheden feſt im Zügel und zwiſchen dem
Schenkel behielt , wie es itch gehört , und gab dem Einen zu leßt doch noch einen Denkzettel mit auf den Weg. Da das Geſchieße der Franzoſen aber zu heftig ward, ſo gingen wir zurück , und dies geſchah etwas unordentlicher .
und ſchneller wie es wobt hätte ſein ſollen .
Kreuzdonner
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wetter, das wäre aber eine Schande für uns geweſen, wenn wir uns nicht bald wieder geſammelt hätten. Id glaube
unſer Alte hätte uns ſein Lebtag nicht mehr freundlich ange ſehen . Die Brandenburgiſchen Uhlanen, die bisher noch im zweiten Treffen geſtanden und daber noch friſchere Pferde
batten , kamen uns jeßt zur Hülfe, und unſere beiden Huſaren Sdwadronen ſammelten fich denn bald auch wieder ſo weit,
daß ſie die Attaque von Neuem anfangen konnten.
,,Vors
wärts, vorwärts hatte immer unſer Herr General von Blücher
Excellenz gerufen und „ Vorwärts, vorwärts, Jhr Preußen, zeigt auch den Ruſſen, daß Ihr gute Soldaten ſeid ," riefen
alle die Herrn Adjutanten und übrigen Officiere. Und nun ging es denn auch vorwärts, Kinder, wie es gar nicht beſſer gehen konnte. Unſer Herr General von Blücher Ercellenz,
der hat ſelbſt den Säbel jeft gezogen und ſo die ruſſiſch preußiſche Reiterei mit dem größten Ungeſtüm gegen die Feinde geführt , während der Herr General von York Excellenz das, jelbe mit ſeiner Infanterie that. Na, wenn ſoldie Männer
fidy aber an die Spiße der Truppen ſtellen , dann müßte der Teufel doch ſeine Hand mit im Spiele haben, wenn es nicht vorwärts gehen ſollte. Schwerenoth was warfen wir die Franzoſen aber jegt auch zurück, fie mußten wohl fliehen, mochten ſie wollen oder nicht. Anfangs vertheidigten ſie ſich noch mit der allergrößten Hartnädigkeit , und beſonders ihre
Kavalerie, die war verflucht ſchwer zum Weichen zu bringen. Der Bonaparte hatte viele alte langgediente Officiere und Unterofficiere von den Regimentern, die im ſpaniſchen Kriege fochten, nach Deutſchland kommen laſſen und die verſtanden denn die Sache aus dem Grunde. So leicht ließen ſie ſich nicht zum Weichen bringen wie jeßt hier die Reiterei von den
badiſchen Inſurgenters, die immer gleich wieder umkehren, ſobald nur einige von unſeren Kanonenkugeln angeſauſt famen, ſo daß
1
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wir Huſaren hier ja gar nicht zu einem ordentlichen Handges menge wieesſich gehört, noch gelangt ſind, das könnt Ihrglauben . So entſinne ich mich noch ſo deutlich, als wenn es geſtern geſchehen wäre, daß ein junger, ſchöner Officier von den fran zöſiſchen Dragonern zwiſchen ſeine eigenen Leute mit dem Pallaſd dreinſchlug , als dieſe nicht wieder gegen uns umfehs . Es half ihm aber dies nichts , wir folgten mit
ren wollten .
hochgeſchwungenen Säbeln zu ungeſtüm nach , als daß die, die Franzoſen nod) an das Sammeln denken konnten . A18
nun der franzöſiſche Officier ſah , daß in ſeine Leute kein Stillſtand mehr zu bringen ſei, drehte er wüthend ſein Pferd gegen uns um und bieb einem Uhlanen , deſſen Lanzenſtid er
parirt hatte , ſo gewaltig über das Geſidit, daß es ordentlid) auseinanderklaffte. Auch einen andern Uhlanen verwundete er noch und hieb ſich überhaupt noch eine ganze Weile wie toll und beſeſſen berum , bis er endlich von vielen Lanzen
ſtichen durchbohrt todt vom Pferde ſanf.
Es war Schade
um den tapferen Soldaten , wenn er auch ein Franzoſe war.
Was wir Kavalleriſten aber noch bei dieſer lebhaften Ver folgung des Feindes , der in immer größerer Haſt zu fliehen jept anfing , zuſammenhauten , läßt ſich kaum ſagen , Kinder. Wie ein bunter Knäuel, Artillerie, Kavallerie und Infanterie,
bunt durcheinandermengelirt, liefen zulegt viele tauſend Frans gojen, ſo ſchnell fie man konnten, gegen die Ufer der Kaybach und der „ wüthenden Neiße“ zu , dort wo möglich Schuß zus. finden . Hurrah , hurrah , vorwärts und immer druf!" hieß es bei uns aber, und ſo drängten wir immer nach, und ſchof 1
jen und ftachen und bieben in die Menge der Fliebenden hins ein , ſo viel wir nur konnten . Da hat denn noch mancher
Franzoſe ſein Leben laſſen müſſen. In all dieſem Wirrwarr marſdirten aber noch 2 franzöſiſdie Infanterie - Bataillone in geſchloſſener Front uns entgegen , um den Rückzug ihrer
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Truppen mit deden zu helfen.
Die Courage dieſer Sol
daten mußten wir Alle bewundern , obſchon dieſelbe nicht viel nükte.
Die oſtpreußiſchen Infanterie - Bataillone un
ter dem Prinzen Karl von Medlenburg poheit warfen fich dieſen franzöſiſchen Bataillonen entgegen und drängten dieſelben zurüc , fie mochten wollen oder nicht. Was nun für viele Franzoſen bei dieſem eiligen Rückzug in der Kapbach und der
„ wüthenden Neiße“ verſoffen , iſt kaum zu zählen und ſollen es mehrere tauſend Mann geweſen ſein. Die beiden Flüſſe, die ſonſt nur ſo kleines Waſſer haben , daß ein Menſch ganz bequemlich ſoll hindurchwaten fönnen , waren jegt durch den vielen Regen ganz angeſchwollen , ſo daß Niemand hinduro konnte. Da ſtürzten fich nun , bolter die polter die vielen 1
Franzoſeu bei der nächtlichen Dunkelheit , die ſchon anfing, hinein, und mußten ſie denn freilich auf ſolche Art wohl vers
faufen. Dazu hatten ſich unſere Kanonen und die ruſſiſchen auch oben an dem Rande der Hügel, die an dieſen Flußufern find, aufgeſtellt und farbätſchten nun immer ſo redyt mit vollen 1
Salven in die Menge der Flüchtlinge hinein. Man mußte fidy zwar freuen darüber, daß der Bonaparte bei dieſer Gelegens beit ſo viele Truppen verlor , aber auf der anderen Seite fonnte es einem doch auch wieder leid thuen , ſo viele tapfere .
Soldaten auf eine ſo elendigliche Art im Waſſer erſaufen zu ſehen . Was wir aber bei dieſer Gelegenheit für große Beute
an Geſchügen, Waffen aller Art und auch an Gefangenen machten, läßt ſich gar nicht beſchreiben , Kinder. An die hun:
dert Kanonen, zweihundert und funfzig Munitionswagen, dann Lazarethe und Feldſchmieden und Gott weiß was ſonſt noch
Alles , fiel in unſere Hände. Die Gefangeneit alle hat wohl Niemand ganz genau zählen können , und müſſen es viele Tauſend geweſen ſein , denn ganze lange Haufen derſelben , die gar nicht aufhören wollten, wurden bei uns vorbeigetriebeu .
1
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r ? Generäle und Oberſten und noch ſo viele andere Officiere It waren darunter, die jeßt alle die Reiſe nach Sibirien antreten
2 mußten. Von uns Preußen wurden die Gefangenen faſt gar
cut nicht ausgeplündert , außer daß ſie ihre Uhr und meiſt aud in die Hälfte von ihrem Geld , wenn ſie ſolches hatten , hergeben
mußten. Kur nach gutem Schuhzeug und warmen Mänteln trachteten unſere Landwehrſoldaten , die ſolche nicht hatten ,
und mancher Franzmann hat ſeine heilen Stiefel mit einem paar zerriſſenen vertauſchen müſſen. Na , das war denn doch të am Ende auch nicht mehr wie recht und billig, und war er in gutem Schuhzeug in unſer Preußenland, wo er nichts zu ſuchen hatte, hineingekommen, ſo konnte er immerhin in zer in riſſenen wieder hinausmarſchiren. Gute Beute machten aber mit bei dieſer Gelegenheit die Koſaken, die überall umherſchwärms ten und viele hundert ermüdete oder verſprengte Franzoſen noch als Gefangene einbrachten. So hoch wie möglich hat
ten ſie Alles, was ſie an Beute fanden , unter die Sättel ihrer kleinen Pferde gepadt , wie das ſo ihr Gebrauch iſt, ſo daß
ini fie hoch oben wie auf einem Kameel darauf ſaßen. Solch'
i
ein Koſak ritt damals auch bei mir vorbei, der hatte an ſeiner
3 Þand ſechs oder ſieben goldene und filberne Taſchenuhren
inte hängen, die er alle den Franzoſen als Beute abgenommen.
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Neben mir ſtand ein Pommerſcher Grenadier, deſſen Feldflaſche noch ganz voll Sdnapps war, und wollte eben einen tüchtigen Zug daraus nehmen.
NA
die Ruſſen den Schnapps nennen, rief der Roſak, und gab
„ Da haſt Uhr Bruder Preuß, gieb mir >„ Wotku " wie dem Grenadier eine ſchöne goldene Repetiruhr, die unter Brü dern immerhin ihre 50 Thaler 'werth ſein mochte, für ein paar
will
ther
Maulvoll ſchlechten Branntwein . Da hatte der Grenadier denn einen guten Handel gemacht, mit dem er ſchon zufrieden ſein konnte. Solche Geſchichten famen übrigens ſehr oft vor und 1,
14
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wer es nur verſtand , der fonnte von den Kofafen vielfach für ein Spottgeld die ſchönſten Sachen kaufen. So hatte ein Rojak aud mehrere franzöfliche Ordensfreuze von der Ehren legion erbeutet , und die alle mit ihren rothen Bändern ſeinem
Pferde hinten an den Sdywanz gebunden , was ganz ſeltſam ausſah.
Ein Anderer, redyt ſo ein wüſter, häßlicher Kerl, der
eine franzöſiſche Generalsuniform ganz mit Gold geſtickt ers beutete , hatte dieſe über ſeine kurze blaue Jacke angezogen. Ich weiß nicht was der Kerl vergangen hatte, glaube aber, daß er in der Beſoffenheit Dummheiten gemacht, denn ein
ruſſiſder Officier ließ ihn vom Gaule herunterſteigen, er mußte ſich über ein franzöſtides Kanonenrohr legen, und ein
anderer Koſak ihm mit dem Kantſdub ein volles Dußend tüdytiger Hiebe auf den .... aufzählen.
Als der ſeine
Prügel in Empfang genommen hatte , rieb er ſich die Stelle, 1
wo er ſie bekommen , einigemal mit der Hand, füßte dem
Officier, der ihm dieſelben zugeſprochen, dann den Mantelzipfel, zog ſich ſeine goldgeſtickte franzöſiſche Generalšuniform wieder an und juckelte auf ſeinem Gaul, der unterdeß ganz ruhig das geſtanden hatte, wieder ab , als wenn ihm nicht das Mindeſte
geſchehen ſei. Sind oft ganz furioſe Kerle dieſe Kojaken, über die wir mannigfaltig unſern Spaß gehabt haben. Nur das verfluchte Stehlen konnten ſie nicht laſſen und wo ſie irgend wie Sachen fanden, die ihnen gefielen , fie mochten nun ges hören wem ſie wollten, wenn ſie auch noch ſo viel Rant: ſchuhbiebe dafür bekamen , denn an ſolchen fehlte es bei ihnen nicht, ſo ſchüttelten ſie ſich dieſe ab , wie ein Hund es thut,
und ſtablen dann wieder gleich luſtig fort. Uebrigens haben fie in dem Kriege große und viele Dienſte uns geleiſtet, und waren auch ſonſt ganz gute Kameraden, auf deren Ausdauer und Wachſamkeit man ſich ſicher verlaſſen konnte.
So ver
gnügt wir auch den Abend nach der Schlacht bei der Kaybach
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waren , wie Ihr Euc) wohl denken fönnt, Kinderfens, fo hat ten wir es dod ſonſt nicht recht bequem ; der Regen der plus ſcherte vom Himmel herab als wenn der liebe Herr Gott eine
* zweite Sündfluth dicken wollte, und es war ſo dunkel, daß man nicht den Pferdekopf mehr erkennen konnte, dazu waren unſere Gäule, die den ganzen Tag unterm Sattel geweſen waren und ſehr viel in den ſchledyten Wegen Berg auf Berg ab hatten laufen müſſen , ohne nur ein Maul voll Futter zu
bekommen, ſo müde und abgerackert, daß ſie kaum noch aus der Stelle zu bringen waren , und uns Huſaren in den Sät telit ging es auch nicht viel beſſer. Idward noch in der Nacht als Ordonnanz in das Hauptquartier von unſerem 2
>
Herrn General von Blücher rcellenz geldickt und obſdon id faum eine Stunde dahin zu reiten hatte , ſo dünfte mir doch ſchier als wolle der Weg gar kein Ende nehmen. Uns ſeren Alten ſah ich nicht mehr, denn der hatte ſich ſchon zu
Bett gelegt, nachdem er noch eigenhändig eine Depeſche, in der er den erkämpften Sieg meldete, an Se. Majeſtät unſern König geſchrieben . Im Hauptquartier erzählten ſie, der Alte habe beim Zurückreiten zu ſeinem Begleiter Gneiſenau gejagt: „ Na, Gneiſenau, die Schlacht haben wir gewonnen, das kann uns die ganze Welt nidt abſtreiten , aber jegt laßt uns mal dran denken, was wir flugerweiſe zuſammenbringen, um den 1
Leuten zu ſagen, wie wir fle gewonnen haben .“ Und dabei ſoll er herzlich geladyt haben . Na, der Alte hatte an dem Abend freilich audy gutes Lachen , denn ein Sieg war von ihm erkämpft worden , wie in dem Jahre noch kein beſſerer. Von dieſer Sdylacht bei der Kabbad, an erhielt unſer Herr
General von Blücher Excellenz auch den Namen „ Marſchall Vorwärts , " wie er nunmehr faſt immer nur genannt wurde. Da er jo beſtändig immer ſein ,,Vorwärts, vorwärts, Kinder, immer man druf los auf die Franzoſen " gerufen hatte, ſo 14 *
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gaben ihm die ruſſiſchen Soldaten zuerſt dieſen Namen, und hießen ihn immer ſo , wenn ſie bei ſeinem Erſcheinen in ein lautes Hurrahgeſdirei ausbrachen. Einen ſchöneren Beinamen 1
wie den ,,Vorwärts " fann es aber für einen preußiſchen Herrn General gar nicht geben, denn der ſagt To Alles, was man von einem ordentlichen Kriegsanführer ſagen muß. Ja vors
wärts muß es mit uns Preußen gehen, immer vorwärts vorant mit Gott für König und Vaterland., mag dies nun gegen folde Inſurgenters wie hier ſein , welche die Welt auf den 1
Kopf ſtellen und Alles drüber und drunter fehren wollent,
oder gegen die Franzoſen oder irgendwie andere Feinde von unſerem Lande fein . Denn an der Spige zu ſtehen und vor: wärts, voran zu fämpfen, muß jeder preußiſche Soldat fich beſtreben, mag er nun ein verr General oder ein Korporal
ſein , und wer ſo nicht denkt, der iſt ein feiger Hundsfott, der gar nicht die Ehre haben ſollte, unſere Uniform zu tragen Das iſt and Euere Meinung, das weiß ich, Kinder. Na , in dem Hauptquartier von unſerem Alten da ging es mir in den paar Stunden , die ich dort bleiben und auf
Antwort warten mußte , ſehr gut. Mit Einem der Reitfnedyte deſſelben , auch einem früheren Fuſaren , fand ich noch von Münſter her auf dem Dugfuß, und der lud mich denn zu einer Schale voll heißen Punſch ein , den ſich dieſelben ges
macht hatten. So ein heißer Punſch und dazu ein tüchtiges Stück Kommißbrod, das thut ordentlich gut , wenn man ſo an 24 Stunden im Regen auf dem Pferde herumgejucfelt iſt, und erwärmt den Magen und giebt friſche Kraft. Auch mein kleiner Schrecke, der brauchte hier auch nicht leer auszugehen, ſondern konnte ſich in dem Hafer, den, mir der Reitknecht gab, mal ordentlich wieder ſattfreſſen. In ſo einem Hauptquartier eines fommandirenden Herrn Generals geht es immer gut her, und die da ſind, leiden ſo leicht feine Noth, ſondern
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haben es immer vollauf. So iſt es in allen Zeiten geweſen und wird auch immer ſo bleiben , und mag am Ende auch
nicht mehr wie recht und billig fein , obſdon die Soldaten wohl oft etwas darüber raiſonniren, wenn es ihnen gerade in dem Augenblick fohledyt ergeht. Als es nun am 27. Auguſt eben Tag zu werden anfing,
mußten wir wieder zur Verfolgung des Feindes aufbrechen. Recyt raſch ging es gerade nicht damit vorwärts , denn ſos wohl Infanterie wie Stavallerie waren noch zu marode und fonnten ftct nur mit Mühe in dem Schlamppamp der Wege
fortſdhleppen. Auch waren alle Hohlwege, deren es in dieſer gebirgigen Gegend viele gab , ſo mit Wagen und Karren aller Art vollgepfropft, daß e8 oft lange Stunden dauerte, um nur
durchzufommen. Dabei regnete es noch immer zu , und alle kleine Flüſſe waren ſo tief, daß unſere Pferde oft nur mit Mühe durdyídwimmen konnten . Beſonders die Kazbady, über die wir fegen mußten, machte uns viel zu ſchaffen und meh rere Pferde und auch einige Huſaren, ertranfen leider bei dies
fer Gelegenheit. Beute aber an Geſdyüßen und Pulverkarren und ähnlichen Sachen machten wir bei dieſer Verfolgung die
ſchwere Menge und aud) verſprengte Franzoſen , die größten theils aus Ermüdung liegen geblieben waren, nahmen wir
noch viele Hunderte von allen Waffengattungen gefangen. Id habe mit meinen eigenen Augen geſehen , daß eine Sei tenpatrouille von einem Unterofficier und zehn Huſaren von
unſerem Regiment , eine ganze franzöſiſche Infanterie-Kom pagnie , die von ihrem Corps abgekommen war, gefangen nahm . Die Soldaten derſelben haben ſchon von Weitem ihre
Gewehre fortgeworfen und kläglich um Pardon gebeten, wie unſere Huſaren auf ſie anritten. Vergebens ſoll der einzige Officier, der noch bei den Franzoſen war, gefoutert und ſeine Leute zum Widerſtand angetrieben haben , es half ihm dies *
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Alles nidyts. Als nun unſer Unterofficier auf denſelben log
geritten iſt, und ihm ſeinen Degen abverlangt hat , da ſoll der Franzoſe in ſeiner Sprache einen wilden Fluch ausges
ſtoßen , dann raſch eine Piſtole hervorgezogen und ſich ſelbſt die Kugel durch den Kopf gejagt haben. Er hatte ſo viel Ehrgefühl, daß er die Schande nicht überleben wollte, ſich
mit einer Kompagnie Soldaten an zehn preußiſche Huſaren übergeben zu müſſen. Soldie Gefangennehmungen von ganzen Haufen Franzoſen durch oft nur wenige Preußen und Ruſſen , kamen an dieſen Tagen übrigens häufig vor. Wir machten
jekt zuerſt das Unglück von Jena wieder recht gut und konn: ten für dieſen ſchlechten Namen nun doch auch ſchon einen anderen nennen , der ihn wieder ausglich. Gerade dies Ge fühl, daß wir die Franzoſen doch nun mal recht ordentlich ge klopft und ihnen ihr großes Maul zum Sdweigen gebracht hatten , machte uns jept ſo froh und vergnügt , daß wir all’ dieſe Strapaben , die beſonders das ſchledyte Wetter mit ſich brachte, ohne Murren ertrugen. Wenn der Regen audy noch To herunterplatſcherte , daß wir mehrere Tage durch feinen trockenen Faden am Leibe batten, und unſer Magen vor
Hunger knurrte und murrte, wir ließen uns das weiter jept nichts anfedyten, und ſangen und jubellirten auf dem Marſche als wenn wir im beſten Ueberfluß lebten . Es iſt ein ganz anderes Ding ob man im Retiriren oder Avanciren iſt, das fönnt Ihr mir glauben , Kinder, und was Einem bei Legterent
ſo leicht vorkommt , daß man kaum darauf adytet, das iſt bei Erſterem ganz verflucht ſchwer. Wie viel härter waren die Tage nach dieſer verdammten Schlacht bei Jena als wie nadi der an der Rapbach , obſchon wir jet nod mehr an Stra
paßen durchzumachen hatten . „ Weiß der Teufel, Unterofficier, wie es zugeht, ſeit zwei Tagen habe ich keinen Schnapps mehr gehabt und nichts wie ein Bischen trocłnes Brod mehr ges
亂
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freſſen , und bin dabei ſo pudelnaß immer geweſen, daß mir das Waſſer vom Bend in die Stiefeln gelaufen iſt, und doch verſpüre ich nidts davon," ſagte mir der alte Wachtmeiſter unſerer Sdwadron, der ſchon Anno 1793 am Rhein mit gegen
die Franzoſen gefochten hatte. Bald übrigens ſollten wir wieder Gelegenheit haben uns am feindlichen Feuer zu wärmen . So leicht räumten die Frans zoſen Sdyleſien noch nicht, dazu waren ſie zu gute Soldaten uud ihre Generäle zu erfahren im Kriegsführen. Obidhon fie
bei Kaybach ſo viel Schmiere gefriegt hatten, wie ſie nur auf. laden fonnten , ſo fepten ſie ſid doch noch öfters wieder zur
hartnäckigen Gegenwehr, und es gab noch mehrere blutige Gefechte, bis wir ſie gänzlich vertrieben. So hatten wir, die jeft in der Avantgarde von dem York'ſchen Corps waren, einige Tage drauf bei Bunzlau ein ſehr heftiges Gefecht mit den Franzoſen. Sie hatten ſich bier ſehr feſt geſegt, und es koſtete viel Mühe und Blut und wir mußten bis in die Nacht
hineinfämpfen, bevor es uns gelang ſie zu vertreiben. Aber die Ruſſen von dem Corps des Herrn General von Sacken Ercellenz, die halfen uns wie brave Kameraden , und ſo mußs ten denn die Parlez -vous aus dem Bunzlau hinaus, fie mody: ten wollen oder nicht.
Seit dem
Tage an der Kabbad ver
trugen wir uns überhaupt viel beſſer mit den Ruſſen als vordem.
Es hieß anfänglich, daß die ruſſiſchen vornehmen
Generäle ein Bisfen fühnſd geweſen wären unter dem Bes
fehle unſeres Herrn General von Blücher Ercellenz, geſtellt worden zu ſein , daß ſie manchmal nicht ſo hätten Ordre pa riren wollen, wie es ſich wohl gehörte, und unſer Alter ihnen deshalb bisweilen ſein ordentliches Donnerwetter auf die Köpfe brummen mußte. Na, wenn dann die Herren Oberofficiere ſo mit brummigen Geſidstern ſich anſehen, ſo pflegt es mit der Freundſchaft der Soldaten gewöhnlich auch nicht weit her
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zu ſein und ſo ſchielten wir uns mit den Rufen immer ſo etwas an , wenn wir zuſammentrafen und Reiner wollte dem Anderen ſo recht über den Weg trauen . Seit dem Tage an
der Kaßbach da fam das Ding aber gleid) ganz anders. Die Ruſjen batten da unſeren Alten zu ihrem Feldmarſchall ,,Vor: wärts“ gemacht, ſtanden mit Freuden unter ſeinem Befehl und empfingen ihn, wo er ſich nur bei ihnen ſehen ließ , ſtets mit Jubelgeſchrei . Auch wir Soldaten waren von jeßt in die beſten Freunde und wenn wir uns begegneten , ſo hieß es immer ,,Bruder oder Kamerad Ruſi,“ und die Ruſſen ſagten dann wieder „ dobre Prusky “ was ſo viel heißen ſoll, wie guter Preuße." Wer noch einen Sdnapps in der Feldflaſche
hatte , der tranf gewiß dem Anderen vor und rief ihm ſein ,,Proſt Kamerad“ zu , wie man es ſonſt ja nur unter guten Freunden zu thuen pflegt. Nur in die Quartiere mochten wir nidyt gerne mit den Ruſſen und wenn wir die Bivouafs bes
zogen , die ſie früher gehabt hatten, ſo verbrannten wir vor: her wo möglid; alles Stroh was da noch lag. Die Ruſſen hatten zu viel Einquartieruug von allem möglichen Ungeziefer bei fich am Leibe und es hieß ſcharf aufpaſſen, daß man nicht damit von abbekam.
Als wir nun die Franzoſen aus Bunzlau vertrieben hat: ten , da war das Bleiben derſelben in Schleften nicht mehr. 1
Sie zogen ſich über einen kleinen Fluß die „ Queis,“ der die Grenze macht, zurück , und ſeitdem iſt fein Franzoſe außer als
Gefangener wieder in Schleſien geweſen. Sie konnten auch daraus bleiben , denn ſie hatten nidyte daſelbſt verloren, und es war daher nicht mehr wie recht und billig, daß unſer Alte ihnen den Buckel ſo voll klopfte, wo er ſie nur treffen konnte.
Bei dem legten kleinen Vorpoſtengefecht, was wir noch in Schleſien hatten, ereignete ſich nod) ein Vorfall, den ich nie habe wieder vergeſien fönnen . Bei unſerer Schwadron
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diente audy ein geborener Scyleſier mit als Unterofficier, ein ſo braver Fuſar wie es nur je einen geben konnte, obidyon
er ſonſt nur immer ſo ſtill für fid weg war , und wenn er nicht mußte , oft ganze Tage lang kein Wort ſprechen konnte. Er war auch ſchon mit in Rußland geweſen , und hatte ſich da die goldene Medaille verdient , und bei Lügen da hatte er fid) auch wieder ſo ausgezeichnet, daß ihm das eiſerne Kreuz verſprochen war. Er ſchien ſich aber über alles dies gar nicht
recht zu freuen, was doch jeder Andere von uns mit Recht ge than hätte , und blieb ſtill und wie auf's Maul geſchlagen nach wie vor. Auch an der Kabad) da hatte er ſich herum
geſchlagen, daß der alte Ziethen ſelbſt ſeine Freude daran hätte haben müſſen , wenn er es geſehen, und war auf ſeinem polaciſchen Braunen, über einen breiten Graben weg , mitten zwiſchen die Franzoſen hineingeſeßt, unter denen ſein Säbel • dann tüchtig aufräumte. Als ihm nun unſer Herr Rittmeiſter, der ſeine große Freude darüber batte, ſagte : ,,Meyer," ſo hieß der nämlid ), ,, Sie find doc) der bravſte Unterofficier, den man ſich nur wünjdjen fann , " ſo antwortete er in ſeinem
ruhigen Tone : „ Werd es nicht mehr lange bleiben, Herr Ritt meiſter,“ und ging damit fort. An dem Tage, wo wir in Bunzlau einrückten , fam denn aud das eiſerne Kreuz für ihn an , was ihm auf feierliche Weiſe von unſerem Herrn Ritt
meiſter vor der ganzen Schwadron übergeben ward. Gar mandien braven Kerl habe ich geſehen, dem bei dieſer Ge legenheit vor Freuden die hellen Thränen über die Baden liefen , und ich muß auch ſagen, als ich ſpäter das Glück
hatte das eiſerne Kreuz zu befommen , da ward es mir ver's dammt wäſſerig in den Augen und ich mußte ein paar Mal mit der Hand hinlangen, um ſie mir wieder auszuwiſchen. Mein lieber Mever aber, der blieb audy bei dieſer Gelegen heit wieder ſo ſteif und ſtumm als wenn er aus polz ge
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ichnißt ſei und aud gar keine Freude über die hohe Chre und Auszeichnung, die ihm zu Theil ward, konnte man ihm
anſehen, ſo daß wir uns Alle darüber ſchier faſt geärgert hät ten , und auch unſer Herr Nittmeiſter zulegt ordentlich ein bö
les Geſicht machte, ſo gut er auch ſonſt den Unterofficier lei den fonnte .
Am anderen Morgen , wo ich mit dieſem Meyer wie es oft geſchah , zuſammen auf Patrouille ausgeſchickt ward, und wir ſahen , daß die Franzoſen überall ihren Rückzug antraten,
ſagte ich ganz vergnügt zu ihm : „ Na, nu fannſt Du mal
ſehen, in ein paar Tagen ſchon haben wir all’ dies franzöſi ſche Racerzeug aus Schleſien herausgebauen , und wenn un ſer Alte man ſeinen Willen von den hohen Herren bekommt, läßt er uns am Ende noch bis nach Paris marſchiren , damit wir Brandenburgiſde Huſaren dort noch in dem Sdloß vom
Bonaparte zu Mittag eſſen fönnen . Das ſoll denn aber mal eine Luſt werden ." Sieht mich der Meyer bei dieſen Worten !
ganz ſteif und ſtarr an und ſagt in einem dumpfen Tone : ,, Mir fann das gleich ſein, ich werde nur in Sdleſien bleiben und nie mehr über die ſchleſiſdie Grenze fommen ." Jd denke
wahrhaftig, der iſt ganz verrückt geworden, und ſage ihm noch lachend : „ Na, wenn ich nicht ſchon ſo oft geſehen hätte, daß Du ein ſehr braver Unterofficier wärſt, müßte ich Dich wahrs baftig jegt für einen redyten Narren oder ein altes Weib halten. “
Am anderen Tage hatten wir denn wie geſagt , hart an der ſchleſiſdien Grenze noch ſo ein kleines Vorpoſtengefecht mit franzöſiſchen Dragonern, welche die Nachhut bildeten. Mein Meyer der reitet auch tüdytig noch) mit darauf los, wie
ich ſelbſt geſehen habe , bis wir denn, wie es bei ſolchen Ges legenheiten oft geht, auseinander kamen , der Eine hier, der Andere dort hin. Endlich blafen unſere Trompeter zum Sam :
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meln und wie ich wieder zurückreite, ſehe ich den Braunen des Meyer, der, wie alle unſere Pferde, ſchon ſehr müde und hung
rig an einem Buſche freſſen , während der Reiter ganz ſtarr in dem hochgepackten Sattel ſigt. „Du Meyer baſte nicht - das Signal zum Sammeln gehört,“ rufe ich ihm noch zu, befomme aber keine Antwort. Ich denke erſt, na, der iſt wahrs
haftig hier eingeſdilafen und reite didyt auf ihn zu , um ihn zu wecken . Wie ich aber näher komme, ſehe ich, daß er ſchon 1
mauſetodt iſt und ihm das Blut aus einer Wunde mitten auf der Bruſt herausläuft . Er hatte eine Karabinerkugel gerade durch das Herz bekommen, ſo daß er auf der Stelle geſtorben
ſein mußte. Ein paar Stunden darauf begruben wir ihn con und gaben ihm eine dreimalige Salve mit den Karabi. nern über das Grab. So hatte ſich ſeine Ahndung doch ers
füllt, und er war nicht mehr aus Scyleſien herausgekommen. Am ) . September hatten wir zu Löwenberg , wohin uns jer Herr ' General von Blücher Excellenz ſein Hauptquartier verlegt , ein ſehr ſchönes Feſt. Es ward nämlid) ein großer, öffentlicher Danfgottesdienſt abgehalten , um unſerem Herrgott für die gnädige Hülfe und den Beiſtand , den er uns verlies : ben hatte , die Franzoſen ganz aus Schleſien zu vertreiben , zu danken. Wir waren Alle ſehr andächtig geſtimmt, und
Viele von uns ließen die heiligen Worte , die der Herr Feld prediger ſpracy, nicht ſo blos zu dem einen Ohr hinein und zu dem andern wieder herausgehen , wie es leider ſonſt ſo oft
bei ſolchen Gelegenheiten geſdiebt. Nach dem Feldgottesdienſt ward eine dreimalige Ehren- und Freudenſalve aus allen Ge wehren und Kanonen gegeben , wozu franzöſiſches Pulver, was wir ja in Menge erbeutet hatten, verwendet ward. Un: fer Alte aber der erließ eine ſehr ſchöne Proklamation an das ganze ſchleſiſche Beer, die auf all'uns Soldaten einen großen Eindruck machte. In dieſer Proklamation fam auch vor, daß
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wir von dem Tage an der Kabbady an , 103 franzöſiſche Ka= nonen , 250 Munitionswagen , 18000 Gefangene , darunter viele hohe Generäle und 2 franzöſiſche Adler erobert hätten. Das war denn doch ſchon eine gute Zahl und Se. Majeſtät, unſer König und die anderen hohen Monarchen , die mit ihm verbündet waren , konnten immer ſchon damit zufrieden ſein . Aud ſonſt ſagte der Alte in ſeiner Proklamation , daß wir mit Kälte , Nüſſe , Entbehrungen , ja zum Theil mit Mangel an Bekleidungen zu kämpfen gehabt hätten , ohne zu murren , und in der Verfolgung des geſchlagenen Feindes nachzulaſſen . Na , das wäre , aber audy eine Scande geweſen , wenn gar 1
nod jeßt , wo wir die Franzoſen ſo ſchön aus Schleſien her
ansgeflopft hatten , ein Soldat darüber murren wollte , daß er ein Bischen naſſe Füße bekam , oder fein Brodbeutel nicht immer gut gefüllt war. Auf all ſo etwas durfte natürlich 1
jest gar nicht geachtet werden , es mußte nur immer „ vors wärts gegen den Feind“ heißen. Das iſt denn die Geſchichte von der Schlacht an der 1
Kaßbach , die fid), wie ich glaube , für jedes preußiſche und deutſche Ohr gut anhören laſſen muß. Aber jeßt iſt es ſchon ſpät geworden , ſo daß ich noch gerade mit dem Erzählen auf hören thue. Morgen iſt auc noch ein Tag wieder und has ben wir an dem Ruhe, was ich wohl glaube, denn die da in der Feſtung werden uns auch gerade nicht zu viel zu thun 1
machen , ſo erzähle ich Euch weiter, was nun bei unſerem Blu
cher'ſchen Armeecorps Alles geſchah, nachdem wir aus Schles I
ften fortmarſdirt waren. - Alſo gute Nacht.
Neuntes Kapitel.
In dem Lager vor Raſtadt gab es in dieſen Tagen für die Truppen gerade nicht allzuviel zu thun. Die Beſazung
der Feſtung , die allmälig immer mehr und mehr die völlige Nußloſigkeit eines längern Widerſtandes einzuſehen begann, hatte darum gebeten , daß zwei von ihren Abgeſandten unter preußiſcher Eskorte , das ganze Großherzogthum Baden bereis ſen ſollten , um ſich perſöniich von dem Beſeptſein deſſelben
durch die Truppen zu überzeugen. Sdion hatte man dies zu geſtanden, weil man ein Bombardement der ſchönen deutiden Bundesfeſtung thunlidiſt vermeiden wollte, und ſo herrſchte denn auf einige Tage , ſo lange die Reiſe der ausgeſandten
Commiſſaire dauerte , eine völlige gegenſeitige Waffenruhe. Nur größere und kleinere Patrouillen wurden von den preli Biſchen Truppen häufig ausgeſchickt, die Gegend von ver
ſprengten Flüchtlingen zu ſäubern, und die einzelnen Ausreißer, die jeßt, wo die Sadie ſchlecht zu geben anfing, aus Raſtadt zu entfommen ſuchten, gefangen zu nehmen. Wenn auch größ tentheils die Huſaren zu ſolchen Patrouillenritten verwandt wurden , jo nahmen dieſelben ihre Zeit doch nicht zu ſehr in
Anſprud), und ſo hatte der alte Erdmann Gelegenheit genug, fein gegebenes Verſprechen des Weitererzählens zu erfüllen .
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Die Nadricht, der alte Unterofficier würde heute Abend wie der erzählen , batte viele Soldaten an den dazu beſtimmten Praß hingezogen. Nidyt bloß Huſaren waren es, ſondern man
konnte auch einige Artilleriſten , Musketiere und Füſeliere unter denſelben bemerken, die den Alten ehrerbietig baten, ſeine Er zählungen mit anhören zu dürfen. „ Man immerzu , wenn es Euc Vergnügen macht ,“ ant wortete der. „ Was id) erzählen thue, fann jeder Soldat mit 1
anbören und wird gewiß nichts Schledytes daraus lernen. Aljo nu Ruhe gegeben und die Ohren ufgemacht, daß ich nicht gar zu arg zu dreien nöthig babe.
Als wir denn in Löwenberg den feierlichen Dankgot tesdienſt gehalten hatten , von dem ich Euch lekthin erzihlte, ließ uns unſer Herr General von Blücher Excellenz, der ims mer wußte , was für ſeine Soldaten gut war , zwei Ruhetage halten. Wir konnten dieſelben auch wahrhaftig brauchen, um nur ein Bischen ſo wieder in Ordnung zu fommen , und troj
der Ruhe gab es für uns dod genug zu thun . Wie in einer Werkſtatt ſah es in dem
großen Bauernhauſe aus , was
der Zug unſerer Schwadron, bei dem ich ſtand, zum Quartier bekommen hatte. Der Eine flickte ſeine Reithoſen aus und der Andere nähte ein Stück von dem barten Lederdeckel der
franzöſiſchen Patrontaſchen als Sohlen unter die Stiefel. Das thaten wir oft , denn ſo kommode wie jeßt , wo Ihr mit den zerriſſenen Stiefeln Euch gleich zum Rapport meldet, daß der Schuſter fte Eudy wieder fein und fertig macht und Ihr nur
das Anziehen habt, ging es in den Kriegen von Anno 13 – 15 nicht zu. Da mußte Jeder ſelbſt aufpaſſen , daß er was
bekam, und die erbeuteten franzöſiſchen Patrontaſchendeckel gas ben ganz gute Schuhſohlen ab , auf denen mander preußiſche Soldat nach Frankreich hineinmarſcirt iſt. Auch viel gekocht
hätten wir in den zwei Raſttagen recht gern , wenn es nur 1
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viel zu kochen gegeben hätte. Das war aber nid)t der Fall, denn das arme Schleſien hatten die Franzoſen ſo ausgeſogen,
. : daß man faſt gar keine Lebensmittel mehr in demſelben finden konnte. Nur grüne Kohlköpfe fanden wir noch auf dem Felde und aus denen fochten wir uns ohne Salz und Schmalz eine Kohlſuppe und brockten uns unſer Kommißbrod, was wir aus
der Feldbäckerei geliefert erhielten , hinein und freuten uns, daß wir auf dieſe Weiſe dod, mal wieder redyt was Warmes
im Magen bekamen, was ſeit ein paar Tagen nicht mehr der Fall geweſen war. So wie hier im Badiſchen , wo der Soldat oft nur ſagt : ,, Tiſchlein deck did}" und gleich ein Braten und Salat und oft noch ein Halbe Wein dazu darauf ſteht, war
es da wahrhaftig nicht, das könnt Ihr glauben. Bei dem
Braten da fällt mir ein , daß wir hier während dieſer zwei Raſttage einem Koſafen für Geld und gute Worte ein Huhn,
was der Kerl Gott weiß irgendwo aufgegabelt hatte , abkauf ten. Dies Fuhn brieten wir denn ſo gut es gehen wollte, legten es dann gebraten fein ſäuberlid) auf grüne Kohlblätter und brachten es ſo unſerem Herren Rittmeiſter hin , der auch in ſeinem Quartier nicht viel Beſſeres zu eſſen und zu trinken hatte , als wir Huſaren . So etwas hielten wir aber nicht in
der Ordnung, denn der Herr Rittmeiſter ſorgte Tag und Nacht für uns und mußte es daher womöglich auch beſſer haben,
als wir Huſaren. Sehr gut bekam dieſe zweitägige Raſt auch unſeren Pferden , denn die armen Beeſter waren ſeit längerer Zeit faum aus Sattel und Zeug herausgekommen und es war
daher dringend nothwendig , daß ſie ſich mal ein Bischen die Knochen wieder ausliegen fonnten. Sie kamen dadurch wies I
der friſch zu Kräften und wir konnten ſo um deſto beſſer die
Franzoſen auf's Neue verfolgen. Hatten wir ſie auch nun aus Schleften glücklich heraus getrieben , ſo war damit die Arbeit nodi lange nicht gethan und es koſtete noch vielen
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Sdyweiß und noch mehr Blut, bis wir den Bonaparte ſo weit batten , duß er wohl Ruhe geben mußte, er modyte nun wols di
len oder nicht. Von Löwenberg marſchirten wir denn nun in 26
das Sächſiſche hinein, und es bieß bei uns Huſaren, daß wir IN jeßt wieder nady Dresden ſollten, worüber wir uns ſehr freus - Puik
ten , denn das iſt eine ſchöne Stadt , in der es uns ſehr gut de gefallen hatte , als wir das Erſtemal da waren. Die Frans side zoſen , die wichen noch immer zurück und waren nicyt mebrit,
zum Steben zu bringen. Plößlich , ſo in der Gegend von der Hochkirchen , wo wir Preußen ja im ſiebenjährigen Kriege uns den
ter unſers großen Königs Friße Majeſtät,“ hier ſalutirte der ting plet
alte Erdmann wieder ſehr ehrerbietig, „ ſo eine blutige Bataille geſdlagen haben, änderte ſich wieder das Spiel. Nicht allein,
daß die Franzoſen von da abſtanden, ſondern file gingen auo 2014
wieder vor und drängten unſere Avantgarde in mehreren hefs man jina tigen Gefedyten zurück. „ Aha , ſchmeckft de was," ſagte unſer Zit ein Herr Rittmeiſter jeßt, „ mein beſtes Paradepferd möchte ich gestiti gen den ſchlechteſten Marketendergaul verwetten, daß der fraus da zöſiſche Kaiſer jeßt ſelbſt in höchſteigner Perſon bei ſeinen Soldaten eingetroffen iſt. Umſonſt haben die Kerle da nicht ten
To friſdye Courage bekommen und fangen jekt mit Einemmal
ganger
an ebenſo hißig wieder vorzugehen , wie ſie bisher gar nicht st met 1
ſchnell genug zurüdlaufen konnten ." Und richtig ſo war es la qui
auch, und unſer Herr Rittmeiſter, der auch mit in Nußland kaGem geweſen war und die Franzoſen von daher noch ſo genau ülte de
kaunte, hatte Recht gehabt. Der Bonaparte, der war in Bestando gleitung ſeiner Garde bei den Truppen angekommen und wo z da
der war , da fleckte auch gleich Alles ganz anders. Es fam Der?
immer gleich ein anderes Leben unter die Franzoſen , wenn man der Mann perſönlich bei ihnen war und ohne daß man ikke he mu „ vive l'empereur" Gerufe zu hören brauchte, konnte man dels greb
ſen Anweſenheit ſtets aus vielen Dingen merken. Wir wolle de I.
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ten nun gern nähere Madridt haben , wie es mit den Fran jojen denn ſo eigentlid jest wäre, und id) ward daber mit
10— 12 puſaren auf eine Refognoscirpatrouille ausgeſchickt, um wo möglid) ein paar Gefangene zu machen, die uns Aus kunft darüber geben ſollten. Anfänglich wollte es mir gar
nicht glüden , einen Franzoſen zu fangen ; endlid) aber befa men wir doch einen ſolchen gefaßt.
Es war ein franzöſider
Unterarzt, von Geburt ein Polafe , der ausſagte, daß er ges rade zu den Ruſſen habe übergeben wollen , um dort Dienſte
zu leiſten. Mocyte dies nun gelogen oder wahr ſein, es blieb für uns gleich, wenn der Kerl nur gute Nadıricht über die Stellung der franzöſiſchen Truppen geben konnte, und ſo bradyten wir ihn denn in das Hauptquartier zu dem Herrn General von Yorck Grcellenz, daß der ibu in das Verhör nehmen folle. Unterwegs erzählte er uns, daß der franzöſiſche Raiſer ein ſehr böſes Geſicht gemacht, wie er den ſchlechten Zuſtand ſeiner Truppen geſehen und ſeinen Marſd)ällen und
Generälen tüdytig den Kopf gewaſden habe , daß ſie ſich nicht beſſer gewehrt. Einen ganzen Gaufen von Infanteriſten aller möglichen Regimenter, die bunt durch einander gemengt, ihm entgegengelaufen ſind, hat er anbalten und ordnen und ihnen
wieder neue Gewehre geben laſſen und dabei gedroht , daß Jeder auf der Stelle erſdorfen werden ſolle, der noch wieder ohne Gewehr als Flüdytling angetroffen würde. Ja der Bo naparte der fackelte freilich nicht lange in ſolchen Dingen und
verſtand das Kriegsführen aus dem Grunde und wo er ſelbſt war, da hatte denn auch alles gleich einen anderen Zug. Der Bonaparte, der viele friſche Truppen mitgebracht hatte, und darunter auch ſeine alte Garde , die als Reſerve diente,
wollte nun gern unſerem Herrn General von Blüdyer Excellenz eine große Bataille liefern, und ließ daher vordringen. Unſer Alte , der hatte dazu aber keine Luſt, warum , weiß ich zwar II .
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nicht zu ſagen , doch wird er wohl ſeinen Grund dazu gehabt haben , denn aus Furcht war es wahrhaftig nidyt, und ſo mars ſchirten wir denn wieder nun ein Bisdien zurück. Die Frans zoſen drängten heftig nad ) , und ſo kamen auch mehrere kleine Gefedite vor, in denen unſere Leßten fid) mit den vorderſten
Soldaten der Feinde berumflopften .
Wir hatten jeßt auct
Polen gegen uns, die der franzöſiſdie Kaiſer mitgebracht hatte und darunter war das Uhlanen -Regiment, mit dem ich in dem
ruſſiſcheu Feldzug in derſelben Brigade gedient hatte. Viele von den alten Soldaten waren freilich nicht mehr übrig, denn
das Regiment hatte ſich zuleßt , eben ſo wie wir , faſt ganz aufgelöſt, aber ſonſt mußte ich doch noch etliche Bekannte das bei haben. So kam denn auch eines Tages , wie ich mit auf der äußerſten Feldwache ſtand , ein franzöſiſcher Parlamentair in Begleitung von zwei polniſchen Uhlanen bei uns an , um
unſeren Herrn General zu ſprechen . Während nun der Par: lamentair von einigen Huſaren in das Hauptquartier esfortirt ward , blieben die Uhlanen ſo lange bei uns , und in dem Corporal derſelben erkannte ich einen alten Befannten aus
dem ruſfiſchen Feldzug. Auch ſo ein langgedienter Soldat mit (don grauem Haar und Schnauzbart , wie id) jekt ſelbſt ſchon habe , war dies , und dabei ein ſo braver Kerl wie nur je Einer in einem Kavallerie - Sattel geſeſſen hat. An die 18 Jahre diente er nun ſchon dem Bonaparte als Corporal , und
hatte in all den vielen Kriegen , die der ſtets geführt hatte, mit gefodyten. In Rußland war er ein ſehr guter Kamerad
geweſen , der bei kleinen gemeinſchaftlichen Vorpoſtengefechten ein paar mal uns preußiſchen Huſaren vielen Nußen geleiſtet hatte. So weiß ich , daß einſt, bei ſo einem kleinen Herums gefloppe mit den Ruſſen, die ja dazumalen unſere Feinde was ren, ein Huſar von uns mit dem Pferde ſtürzte und ein rui: fiſcher Küraſſier ſchon den Pallaſch über ihn ſchwang, um ihm
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den Reſt zu geben. Wie das Donnerwetter fam aber der alte polniſche Uhlanen - Unterofficier angeſauſt, und ebe der Ruſſe noch ſeinen Hieb thun fonnte, hatte er einen ſolchen Stid 1
von der Lanze deſſelben durch das Geſicht erhalten , daß er gleich todt vom Pferde fank. Mit mir ſelbſt hatte der alte Pole , der viel mit uns Preußen verfehrte , einſt den lebten Reſt von Branntwein aus ſeiner Feldfluſche getheilt, was wahrs
haftig in ſolcher Zeit keine Kleinigkeit war. Ich hatte ſo eine Art von Fieberanfall befommen und hing nur noch vor Mü
digkeit ſo auf dem Pferde und klapperte mit den Zähnen , als wollte ich den Zapfenſtreich damit ſdlagen. Als mich der Pole
ſo ſah, da zog er von ſelbſt ſeine Feldflaſche heraus und ſagte : „ Da trink Kamerad Preuß, Du biſt malade und ich geſund. “
Ich glaube ohne dieſen Schnapps , der mit Pfeffer gemengt war, wie es ſo die Polafen lieben , daß es beſſer fragt, hätte idhin's Lazareth müſſen , und der hat mich allein gerettet.
Na , ich danfte damals dem Polen und ſagte, daß ich ihm dies nie wieder vergeſſen werde, und wir gaben uns noch als
gute Kriegskameraden die Hand. Denkt Euch nun , Kinderfens , dieſen alten Kameraden erfannte id nun jeßt in dem Unterofficier, der bei uns auf
der Feldwache blieb, wieder, er auch mich , und wir freuten uns darüber und ſchüttelten uns ordentlich die Hände . Wenn wir auch jeßt als Feinde mit den Waffen in der Hand uns ges
genüber ſtanden , ſo blieben wir doch ſonſt gute Kriegsfames raden mit einander. „Du Preuß dienſt für Deinen König, id Pole für Napoleon le grand," bei dem ich ſchon an die 18 Jahre Soldat bin , wir hauen auf einander ein , wenn es ſo ſein muß, aber gut Kamerad mir doch bleib, denn wir ſind
brave Soldat und kein Koſak,“ ſagte der Unterofficier zu mir und „, haſt Redyt Bruder Polak, " antwortete ich ihm
wieder
und trank ihm aus dem legten Schnapps in meiner Feld 15 *
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flaſche mein ,, Proſt" zit , und als er mit feinem Parlamen tair wieder fortritt, gaben wir uns nochmals die Hand. Ein paar Tage darauf da ſtießen wir bei einem bißigen Gefechte auf einander. Wir grüßten uns Beide mit den Säbeln und jagten vorbei , du wir es doc) nicht über das Herz bringen konnten , gegenſeitig auf einander loszubauen. Der Polak glaube id), bieb ſich etwas mit einem ruſſiſchen Huſaren herum , von denen Gizlice bei uns waren und id) plänkerte mit einem
franzöſiſden Dragoner, deſſen Pferd id) mit meiner Piſtole verwundete.
Wie id nun nocymals mit dieſem alten polniſchen Uhlaa nen - Corporal zuſammen fam , will ich Eud ) bei dieſer Geles genheit audy gleid) erzählen , obidon mehrere Monate nody ?
dazwiſden vergingen. In Frankreich war.. dies, wo wir Preu:
Ben ja Anno 1514 den Franzoſen auch mal einen Beſuch
madyten , nachdem ſie ſo oft bei uns geweſen waren . Es hat ten an dem Tage noch ſehr higige Gefedyte mit den Franzoſen, die fid) zulegt, als das Feuer ihnen ſo redyt an den Bart kam , verflucyt wehrten , ſtattgefunden und beſonders auch die
Kuſſen ſich viel mit den polniſdien Uhlanen herum geklopft. So die Ruſſen und die Polen , obſdon ſie zuſammen ſo eine Sprade mit einander reden , die fein anderer ordentlicher
Menſd) verſtehen kann , die hatten dazumalen eine ganz bes ſondere Wuth auf einander. Wo ſie nur irgendwie fonnten ,
da ſuchten ſie es ſo einzurichten, daß gerade ſie gegeneinander fedyten mußten , und dann kam es oft vor, daß von Pardons geben und nehmen nicht allzuviel bei ihnen die Rede war.
Als ich nun am Nachmittag mit noch einigen Huſaren , die wir Lebensmittel in einem franzöſiſchen Dorfe ſuchen wollten , über den Plaz ritt , wo die polniſchen Uhlanen mit den Ruſ ſen ſich am heftigſten herumgehauen hatten , und wo noch viele
todte Pferde und Menſchen lagen , ſo höre ich es didyt bei
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mir ſtöhnen. Ich ſehe hin , wo das Geſtöhne herkommt, und finde meinen alten polniſchen Uhlanen - Unterofficier , der an dem ſehr langen weißen Sdnauzbart, den er trug , ſdon aus der Ferne kenntlich war, unter einem Baume auf dem Rücken
liegen. Ein ruſſiſdier Dragonerpallaſdy ſtak ihm nod ) in der Bruſt, aus deren Wunde das Blut in großen Tropfen auf .
den weißen Schnee des Bodens tröpfelte. Nicht weit von
demſelben lag ein ſdon todter ruſſiſcher Dragoner - Officier, der ebenfalls eine große Wunde , die ihm wahrſcheinlich der alte Pole beigebradt hatte , in der Bruſt ſeben ließ. Der Unterofficier lebte nod ) , und wie ich bei ihm niederfniete, un
ihm etwas Cognak aus der Feldflaſche in den Mund zu gießen , idylug er die Augen auf und erfannte mich wieder. „Dank, Kamerad Preuß,“ ſagte er mit ſo leiſer Stimme, daß ich ihn kaum verſtehen konnte , „ aus iſt mit mir, da liegt Ruß , audi aus mit ihm iſt, vive l'enspereur,“ und damit recte er ſich noch mal redit und war dann todt. War zwar der Polat ein Feind von Sr. Majeſtät, unſerm König von Preußen geweſen und mußte ich mich deshalb eigentlich freuen , daß er geblieben war, ſo that mir doch in dem Augenblick ſein Tod ganz leid, und id glaube nicht, daß ich mich deshalb zu ſchämen brauche.
Aus dem franzöſiſchen Dorfe, in dem wir nach Lebensmitteln ſudyten , nahmen wir nun mehrere Bauern mit Hacke und Sdaufel mit.
Die mußten nur unter dem Baume, wo der
Pole lag, eine tiefe, breite Grube graben , und da legten wir den ruſſiſchen Dragoner-Officier und den polniſchen Uhlanen Unterofficier zuſammen hinein und bedeckten ſie mit Erde. So konnten nun die Beiden zuſammen hier ruben , bis unſer Herrs
gott fte dereinſt zum legten Gericht aufrufen wird.
Da es
Beide brave Soldaten waren , die hier von uns begraben wurs ,
den , ſo gaben wir Hujaren ihnen auch noch die leßte Ehrens ſalve aus unſeren Karabinern .
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Nu , nun aber bei der Ordnung zu bleiben und auf unſes
ren dazumaligen Krieg in Schleſien zurückzukommen , ſo mars ſdirten wir denn nun wieder ein paar Tage zurück , bis ſo
ungefähr hinter Görliz . Saum war aber der Bonaparte, der anderswo viel zu thun hatte , wieder fort, denn die verbüns
deten Monarchen alle paßten ihm gewaltig auf , ſo ging audy raſch unſer Alte wieder vorwärts und trieb die Franzoſen tüchtig wieder zurück. Eine Menge kleiner Gefechte gab es nun faſt jeden Tag und es waren deren ſo viele, daß fie mir im Kopfe alle gar nicht mehr erinnerlich ſind . Jegt war nun auch ein Corps faiſerlich öſterreichiſcher Truppen mit zu unſer
rer Armee gekommen. Gehört hatte ich nun zwar ſchon ſo viel von den „ Kaiſerlichen , “ wie wir ſie nannten , aber noch nichts geſehen und wir waren daher Alle verflucht neugierig, ſie zuerſt zu Augen zu bekommen . Ich kann aber nicht ans ders ſagen , als daß ſie uns Alle ſehr gut gefielen und wir
mit ihnen , wenn wir gerade zuſammen waren , die beſte Freund (daft hatten.
Gar was die Savallerie war , die konnte ſich
überall ſchon ſehen laſſen. Beſonders ihre Huſaren , lauter Ungarn, waren gar ſdymude Kerle, die wie angegoſſen in den Sätteln faßen und auf ihren kleinen, flinken Pferden wie das Donnerwetter daher ſtürmten. Bildeten fich daber auch ein
gutes Stück ein , dieſe ungariſchen puſaren und waren ges waltig ſtolz. Na , das ſchadete nichts , ich mag es wohl lei den , wenn der Soldat recht ſtolz iſt und was auf ſein Regis ,
ment hält und glaubt, daß es das beſte in der Welt iſt.
Wenn wir preußiſchen Huſaren daber mit den ungariſchen zus fammen famen , ſo vertrugen wir uns ſehr gut und hatten ge genſeitig Ad)tung für einander. Das iſt ſo meiner Unſicht nach auch das Beſte, was die Preußen und Deſterreidyer thun
können , ſich recht gut mit einander zu vertragen und feſt zu ſammen zu halten , und dann können die Franzoſen noch for
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viel ihr Maul aufmachen und drohen und ſpektakeln , 18 hilft ihnen Alles nichts , fie müſſen wohl Ruhe geben und ſidy fu
ſchen wie es ſich gehört. Sollte eg aber mal ſo kommen, daß wir mit den Deſterreidern in Krieg gerathen, na, ſo brauchen wir Preußen uns gerade auch nicht vor ihnen zu fürchten. Wir preußiſchen Huſaren haben uns unter unſers großen Kös nigs Friße Majeſtät ( falutirend) mand liebes Mal mit den
öſterreichiſchen herumgeklopft, und wie mir mein Vater ſeliger, der dazumalen im hochlöblich von Belling'ichen Regiment diente,
oft genug herumgehauen und wahrhaftig feine Scande davon getragen , und ſo hoffe ich, müßte cs audy wieder geſchehen , 1
wenn es juſt zum Kriege zwiſchen uns kommen ſollte.
Als wir denn nun ſo herum marſcirten und die Frans zoſen immer weiter zurückdrängten , hatte ich die hohe Ehre, daß ich auch einige Wochen als Ordonnanz- Unterofficier in das Hauptquartier von unſerem Herrn General von Blücher Ercellenz kommandirt wurde. Na , daß ich mich dazu freute und ſo gut herauspußte, wie es man irgend wie gehen wollte, iſt keine Frage.
Allzu propre machen, wie es fich im Frieden
für einen tüchtigen Soldaten , wenn er fein Sdweinigel fein will, gehört, konnte ich mich freilich nidyt, denn ſo ein ſtändi.
ges Herummarſchiren im Wetter und Regen , das rungenirt alle Montirungsſtücke ganz verdammt , und wenn man auch noch ſo viel gepußt , es will Alles dod nicht mehr ſo recht blank und propre werden. Mübe muß man ſich aber deſſens ungeachtet doch mit den Sachen geben , denn je weniger man pußt, deſto ſchlechter wird alles.
Ich war faum einige Tage als Ordonnanz- Unterofficier im Hauptquartier, als ich eine Meldung an einen Adjutanten von unſerem Herrn General von Blücher Excellenz zu machen hatte. Das ganze Hauptquartier war in einem kleinen Bauern bauſe, ſo daß die Qerren Adjutanten und viele Stabsofficiere
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alle auf der Diehle ſein mußten .
Als ich denn meine Mels
dung gemacht hatte , mußte uſer Alte das wohl in ſeiner Stube gehört haben , denn mit ſeiner mächtigen Babſtimme rief er : „ Laßt die Ordonnanz mal zu mir berein fommen . "
Na , ich trat denn , wie es ſich gehört, den Chako auf dem Ropfe , mit ſcarf angezogenem Säbel in das Zimmer des Herrn Generals von Blüder Ercellenz . Der ſaß in einem of fenen alten blauen Uniformsrock, ohne Halsbinde , ſo daß
Bruſt und Hals blos war, an einem gewöhnlichen Bauern tiſd ), auf dem ein Kommißbrod , Butter, Wurſt und einige Flaſchen mit Num und Wein ſtanden und ſchien es ſich eben
gut haben ſchmecken zu laſſen .
Dabei rauchte er aus einer
langen , weißen Thonpfeife, wie er ſie am Liebſten hatte , und
ſah ſo recht vergnüglich und luſtig aus.
in der anderen
Ede des kleinen Zimmers ftand auch noch ein großer Tiſch,
der ganz mit Karten und Papieren und Sdyreibzeug bederft Der Herr General von Gneiſenau Grcellenz und noch
ein anderer Herr General, die ſaßen an dieſem Tiſd) und hat ten ihre Naſen ſo tief über die Karten , daß ſie gar nicht mal aufſahen , wie id) eintrat.
„ Sieh' da , Friße Erdmann , Du biſt das," ſagte unſer Alte zu mir. „ Na, laß man mal hören, was Du zu bringen haſt?" Id machte denn wie es ſich gehört, meine Meldung und da ladyte der Alte und ſpracy: „ Wird wohl nicht ſo ſd limm ſein , wenn man das Ding nur ordentlich anfaßt , ſo geht es
auch. " Darauf meinte er zu mir : „ Du biſt ja noch ein alter Bekannter von mir , Frige Erdmann . Weißt Du wohl noci, wie ich Dir einſt in Münſter, als die zwei Schwadronen von meinem Regiment dort nod ſtanden , zur Ordonnanz hatte ?" „ Zu Befehl, Ew . Ercellenz," antwortete ich. „ Da ſchenkten Sie mir erſt ein Glas Rum cin und bernach mußte id) init
Ihnen ausreiten , und das ging wie das Donnerwetter. “ „ Ja,
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aber fiel' mir Giner mal den Sclaufopf an , ſpricht der mir gleich von Rum , da er welchen auf den Tiſd ſtehen ſieht. Da ſchenf Dir man gleich ein Glas voll davon ein und trinf es auf die Geſundheit von Sr. Majeität, unſerm Könige aus, " meinte er ladyend. ja , haſt Redyt
1
„ So war es nicht gemeint, Ew . Ercellenz, “ wollte ich 1
noch dagegen einreden , aber der Alte meinte : „ Na , laß diis viele Reden man ſein und trink Dein Glas aus, ich kenne
Dich ja ſchon lange als einen braven Hujaren , und ſo Einer gießt gern ſein Glas Rum mal hinter die Binde, wenn er es
haben kann , " ſagte er noch . So tranf id) denn mein Glas , was mir der Alte ſelbſt eingeſdienft hatte, aus und ſagte dann :
„Mich ganz gehorſamſt zu bedanken, Ew . Ercellenz.“ „ Gneiſenau, das hier iſt audy nod ) Einer von den Schill's den , die mit in Kolberg waren ," ſprad) darauf der Alte zu dem Herrn General von Gneiſenau Ercellenz. Der aber hatte
wohl zu viel ſeine Karten und Pläne, und was weiß id ), im Kopfe , denn er fah’ nur einen Augenblick mich freundlich an und ſagte : „ Es waren viele brave Soldaten darunter , die rechtídyaffen ihre Pflidyt gethan haben ," und dann fing er wie der an ſeine Karten zu ſtudiren .
,, Na, guten Morgen , mein Sohn , halte Dir man immer brav und friſch munter im Sattel , ich werde Dir aud ) nidyt
aus die Augen verlieren ,“ mit dieſen Worten entließ mich der Herr General von Blüder Grcellenz darauf. Ja , ſo war unſer alte Vater Blüder, für jeden Soldaten
batte er ein paar freundliche Worte, und von Stolz und Hochs muth konnte man auch nidyt ein Bischen bei ihm finden, und wenn man auch eine Laterne am hellen Tage dazu angezündet hätte. Aber verflucht böſe konnte er auch werden , wenn er 1
glaubte , daß mer ſeine Schuldigkeit nicht recht gethan hätte, und mochte es dann auch nody ſo ein vornehiner Herr Officier
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ſein, er pugte ihn vor aller Leut' Augen ſo herunter, daß auch fein Hund in dem Augenblick ein Stück Brod mehr von ihm
genommen hätte. Hatten daher auch gewaltigen Reſpekt vor unſerm „Feldmarſchall - Vorwärts “ alle die hohen Herren , die ſonſt noch oft ſo mächtig das große Wort führten. Am 3. Oktober gingen wir nun mit unſerm Corp8 bei Wartenburg über die Elbe. Da gab es ein ſehr heftiges Ges fecht, denn die Franzoſen hatten Wartenburg ſtarf befeſtigt
und waren nicht Willens daſſelbe ſogleich wieder zu räumen. Der Tag graute faum eben , ſo war unſer Alte ſchon wieder auf dem Pferde, um ſich den Uebergang unſerer Truppen über
die Elbe, wo Brücken geſchlagen waren, mit anzuſehen. Drei Bataillone von den oſtpreußiſchen Regimentern , in der Brigade des Prinzen Karl von Mecklenburg poheit , waren die erſten Truppen , welche übermarſchirten . So luſtig, als ginge es
zum Tanze , waren die braven Kerle und ſangen das alte Lied vom Prinzen Eugenius bei Belgrad, was ſich ſehr ſchön anhören tout. „ Wißt Ihr was , Kinder, " ſagte jeßt der alte Erdmann , „finget mal dies Lied, was Ihr ja alle auswendig wißt. Unterdeß fann ich mich ein Bischen von dem vielen
Erzählen wieder ausruhen .“ Solche Aufforderung ließen ſich die Huſaren nicht zwei mal ſagen , der Sängerchor derſelben fekte ſich näher zuſams men und ſtimmte im lanten wohlgeübten Geſang an : Prinz Eugen der edle Ritter Wollt dem Kaiſer wieder kriegen
Stadt und Feſtung Bel- ge-rad. (śr ließ ſchlagen eine Brucken , Daj man konnt hin—ü-ber -- rucken Mit der Armee wohl für die Stadt.
Als der Bru — cken nun war geſchlagen, Daß man kunnt mit Stück und Wagen
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Frei pafſiren den Donaufluß,
Bei Semlin ſchlug man das Lager, Alle Türfen zu verjagen ,
Ihnen zum Spott und zum Verdruſ . Am einundzwanzigſten Auguſt ſo eben , Kam ein Spion bei Sturm und Regen ,
Schwur's dem Prinzen und zeigt's ihm an,
Daß die Türken fu— tra - giren , So viel als man kunnt verſpüren An die dreimalhunderttauſend Mann .
Als Prinz Eu - ge - nius dies vernommen, Ließ er gleich zuſammen kommen Sein General und Feldmarſchall. Er that ſie recht inſtrugiren ,
Wie man ſollt die Truppen führen Ind den Feind recht greifen an.
Bei der Parole that er befehlen , Daß man ſollt die Zwölfe zählen Bei der Uhr um Mitternacht.
Da ſollt's Alles zu Pferd aufſigen Mit dem Feind zu ſchar - mu --müßen , Was zum Streit nur hätte Kraft. Alles faß ſogleich zu Pferde, Jeder griff zu ſeinem Schwerte. Ganz ſtill rüdt man aus der Schanz, Die Musketier wie auch die Reiter
Thäten alle tapfer ſtreiten . Es war fürwahr ein ſchöner Tanz.
Jhr Conſtabler auf den Schanzen , Spielet auf zu dieſem Tanzen Mit Kanonendonner groß und klein , Mit den Großen mit den Kleinen ,
Auf die Türken auf die Beiden, Daß ſie laufen Ade davon .
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Prinz Eugeniuz wohl auf der Rechten Thät wie als ein Lörre fechten ,
916 General und Feldmarſchall. Prinz Ludwig ritt auf und nieder : Halt Euch vrav , Ihr deutſchen Brüder ,
Greift den Feind nur herzhaft an. Prinz Pudwig , der must aufgeben Seinen Geiſt und junges Leben , Ward getroffen von dem Blei .
Prinz Eugen war ſehr betrübet, Weil er ihn ſo ſehr geliebet, Ließ ihn bringen nach Peterwardein .“
Ja jo dies Lied ſangen unſere Soldaten , als ſie über die Brücke , nicht weit von Wartenburg marſcirten , und es that ſich gerade da ſehr luſtig und gut anhören. Auch unſerm Herrn General von Blüder Grcellenz gefiel daſſelbe ſehr und
ich hörte, wie er zu einem neben ihm haltenden Herrn General ſagte: „ Die Jungen ſingen ja wie die Nadytigallen ſo ſchön ." Als die Oſtpreußen nun ſo vorbeimarſdirten , rief der Alte ihnen noch zu : „ Vorwärts , Kinder , und gut gehalten. Die Brücke laſſe ich hinter uns abbrennen .“ Da ladyten und ju Helten einige Soldaten darüber , ein paar andere aber ſchon jo recht gediente Leute, von denen Giner das eiſerne Kreuz auf der Bruſt trug , die vernahmen diog kaum und riefen ors dentlich unwillig aus : „ Oho Ew. Ercellenz , lo brauchen Sie uns nicht zu kommen. Wir thuen unſere Sduldigkeit auch ohne dem , ob die Brüde nu abgebrannt iſt oder nicht, das iſt uns ganz wurſt." Da ladyte denn der Alte, als er dies hörte , ſtrich ſich vergnügt ein paarmal ſeinen langen , weißen
Sdnauzbart und rief : „ Na , Jungens , feid doch klug und lernt auch einen Spaß verſtehen !
So hab' ich id es ja gar
nicht gemeint, wir kennen uns ja nid) t erſt ſeit geſtern , dies wißt Ihr und ich fann mid don immer auf Euch verlaſſen ."
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,, Þurrah hoch , uſer Ercellenz ," oder auch unſer Vater Blücher , " oder der ,,Mardall Vorwärts foll leben ," riefent
nun die Soldaten alle bunt durdy einander im
Vorüber
marſchiren.
Der Alte aber idymunzelte und meinte : ,, Verfludyte Juns
gens dieſe Oſtpreußen , gleich werden ſie knurrig. Na, die werden heute aber die Franzoſen verflopfen , darauf freue ich id) mid (don ." Da hatte denn der Herr General von Brüder
Grcellenz mal wieder ſehr recht, denn ganz gehörige Sdmiere bekamen an dem Tage bei Wartenburg nod) die Franzoſen ; dies fann id Eud) verſidyern , Kinder.
Zuerſt war es aber ein verfludyt (dyweres Ding, die Feinde aus dem Neſte , das ſie wie geſagt , farf befeſtigt batten , zu
vertreiben. Mande Tropfen von gutem preußiſchen Blute ſind : da vergoſſen worden , und mehr wie eine Mutter mag ſpäter noch oft über die Wartenburg geweint haben. Die ganze Ges gend da herum war ſehr moraſtig und mit vielen Wieſen, Gräben und Bäden durdidynitteit.
So fonnte der
die Ars
i tillerie und Kavallerie nicht gut durdkommen und es mußten erſt mit vieler Mühe Wege und Stege für dieſelben gebahnt
werden , dabei ſchoſſen die Franzoſen , daß es nur ſo fradite und warfen mit Granaten , oder lieben die Stardätſchen durdy
die Büſche hageln. Das half ihnen aber Alles nichts, heraus : aus dem Wartenburg mußien und ſollten ſie. Der Herr Oberſt
von Steinmeß mit ſeinen Grenadieren und den oſtpreußiſchen Jägern und den Landwehrmännern vom 5. und 13. ſdyleſiſchen Landwehr- Regiment, der jdoß fidy auf der einen Seite tüchtig mit den Franzoſen herum , fonnte aber dennoch nicht vorwärts
dringen. „ Aha, ſo geht das Ding nicht , der muß Hülfe has ben, “ ſagte der Herr General von Yorck Excellenz , der das ganze Gefecht hier kommandirte , und ließ nun die anderen Brigaden von ſeinem Corps auch noch mehr vorgehen . Die
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braven medlenburgiſchen Huſaren , von denen ich Euch ſchon .
mal erzählt habe , und die Huſaren von unſerem 2. Leibhuſas ren-Regiment, auch lauter freuzbrave Kerle, an denen der alte Ziethen ſelbſt ſeine Freude gehabt , wenn er ſie geſehen , die preſchten jept tüchtig auf die Feinde ein . Ein ganzes Reiter Regiment von den Weſtphälingern wurde bei dieſer Gelegen heit von ihnen gefangen genommen. Dieſe Weſtphälinger, die modhten nicht mehr gerne etwas mit den Franzoſen zu thun
haben , und ihren König , wozu der Bonaparte einen Bruder von fidy gemacht hatte , wären ſie auch lieber heute wie mors 1
gen los geworden, was man auch ihnen nicht verdenfen konnte, denn es ſchyidt fidy nicht , daß ſo ein windbeuteliger Franzoſe König in einem deutſchen Lande iſt. Sie fodyten daher nicht ſo ausdauernd, wie ſie es ſonſt wohl gethan hätten, denn in dem weſtphäliſchen Lande wohnen ja ſehr viele tüchtige Leute wie Ihr ſelber wißt , und von den Gefangenen traten bald die meiſten in preußiſche Dienſte wieder ein und waren da
ſehr mit und ſere
gute Soldaten bei uns , die herzhaft auf die Franzoſen losſdlagen halfen . Auch an neun franzöſiſche Kanonen viele Munitionswagen und andere Sachen eroberten uns Huſaren bei dieſer Gelegenheit. So gegen - Mittag da alle unſere Truppen fich an den
Pläßen, die ihnen befohlen waren , aufgeſtellt hatten, ging der Tanz erſt ſo recht an und den Franzoſen wurde ordentlich
dazu aufgeſpielt. Auf allen Seiten piffte und paffte es aus den Flinten , und unſere ſchweren Geſchüße, von denen viele jeßt auch herbeigeholt waren, bullerten dazwiſchen, daß es eine .
Luſt war. Dem Herrn Generalmajor von Horn , der die achte
Brigade befehligte, dauerte dies Geſchieße aber noch viel zu lange. Er ſagte zu ſeinen Soldaten : „ Burſche , ein Hunds: fott , wer nur noch einen Sdub thut, vorwärts mit dem 1
Bajonnet“, und ſo feßte er ſich an die Spiße des zweiten
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Bataillons vom Leibinfanterie - Regiment, dem noch ein Bas taillon vom vierten Landwehr- Regiment folgte, und ſo ſtürmte er fort durch einen tiefen Moraſt, wobei die Soldaten bis
über die Schuhe einſanfen, nußten die Unſrigen und die Feinde fchoffen von ihren Verſchanzungen zwiſchen ſie, daß Viele ſtürzten, aber das hielt die Anderen feinen Augenblick auf, vorwärts ſollte es gehen und vorwärts ging es auch, und ſo auf den Wall zu . Die feindlichen Truppen hinter demſelben , lauter Welſche aus dem italieniſchen Land, waren
verdammt figelig und glaubten, daß die preußiſchen Bajon nette ihnen im Magen nicht gut thuen würden , und ſo war fen ſie denn ihre Bajonnette fort , und liefen über das Feld ſo ſchnell ſie ihre Beine nur tragen wollten. Ordentlich ſpaß haft ſah es aus , was die Kerle dabei für hohe Säge machs ten und Einer nod immer flinfer ſein wollte als der Andere,
und wir Ordonnanzen , die dies ruhig mit anſehen fonnten , baben darüber gelacht, daß uns die Seiten ſchütterten. Ja dieſe Welſchen haben meiſt ein nod größeres Maulwerf wie die Franzoſen und wenn man ſie ſo ſdymadroniren ficht, wo:
bei fie mit den Armen wie die Windmühlenflügel in der Luft umherfahren , ſo glaubt man Wunder was das für mächtige Kerle mit ihren langen ſchwarzen Bärten ſein müßten und möchte fte man bitten, daß ſie die Welt doch nicht ganz allein auffreſſen ſollten . Wenn es aber erſt redyt zum Klappen fommt , ſo iſt gewöhnlich nicht recht viel dahinter, und die Franzoſen ſind im Allgemeinen weit beſſere Soldaten, die bes ſonders auch eine zehn Mal größere Ausdauer haben. Das
iſt ſo im Allgemeinen geſagt, denn Ausnahmen davon giebt es auch genug. Bei dem Gefechte bei Wartenburg konnte man audy wieder dies recht deutlich ſehen. Während die Sta: liener jo liefen , Einer ſchneller nod) wie der Andere, verthei digten ſid, mehrere franzöſiſdye Bataillone noch mit der größ
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ten Hartnäckigfeit in einem Dorfe. Mit aller Gewalt wollten fie erſt nicht weiden, und es mußten noch Kanonen von uns
geholt werden , um erſt ein paar Mal dazwiſchen zu pfeffern. Das half denn , und als unſere Bataillone denn wieder friſch
gejammelt vorwärts ſtürmten , ſo gaben audy die Franzoſen dies legte Dorf endlich auf und traten den Rückzug nady der Feſtung Wittenberg, die ſie beſeßt hatten, an . So hatten wir denn die Franzoſen aus ihrer befeſtigten Stellung bei Wartenburg völlig herausgetrieben und unſer
Herr General von Blücher Ercellenz ſeinen Pillen richtig ge kriegt. Der Bonaparte ſoll ganz erſchredlich geflucht haben, als er dies erfahren und geſagt: „ Das wäre immer der alte Blücher von den pujaren , der ihm ſo viel Schaden thäte.
Denjenigen von ſeinen Soldaten, der ihm dieſen lebendig als Gefangenen brächyte, wolle er ſogleich zum Herzog maden und ſo viel blanke Goldſtücke in ſeinem
wie er eben nur tragen fönne.
Torniſter füllen laſſen ,
Ja unſeren Alten den hätte
der Bonaparte gewiß gerne in ſeine Gewalt gehabt und wenn es ihm auch ſo viel Gold gefoſtet, wie zehn Pferde nicht ziehen fönnten . Was fragte der Bonaparte audy nod nady Gold , denn von franzöſiſchen Soldaten habe id) einmal ſagen
hören : „ Ihr Kaiſer verſtände die Kunſt aus bloßem Blei (dieres Gold zu maden und habe dies ſchon oft gethan ." Ob ſolches nun wahr iſt, weiß ich nicht, etwas muß aber dodh wohl daran geweſen ſein, denn ſonſt hätte er unmöglich ſo große und viele Kriege in allen Ländern führen können. Freilich das Rapſen verſtand er auc ), wovon unſer Preußens
land nur zu viel erfahren hat, und das mag ihm denn auch manches ſchweres Geld eingebracht haben .
Die Beute, die wir hier bei Wartenburg, wo wir Preußen allein fochten , gemacht haben , betrug, wie ich im Hauptquar tier mit meinen eigenen Ohren gehört habe, an 13 Kanonen ,
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80 Munitionswagen und 600 Pferde, worunter manche nodi recht gute Gäule waren , die unſerer Artillerie und Kavallerie vortrefflich zu paß famen. Freilich war auch viel abgetriebenes Zeug darunter , was faum noch einen Schuß Pulver werth war. An Gefangenen machten wir aber 1000 Mann, unter 1
denen wie geſagt viele Weſtphalen waren , von denen mandie bald Dienſte bei uns nahmen. So leicht war aber dieſer Sieg von unſerer Seite and nicht erkauft. Denn wie am anderen Tage Appel abgehalten wurde, ſollen an 2000 Mann und darunter allein an 70 pcrren Officiere, als Todte und Sdwerverwundete in den Gliedern gefehlt haben. Den größ ten Verluſt hatte das zweite Bataillon vom Leibregiment, was
den Sturm mit dem Bajonnette auf Wartenburg machte, er litten . Aber eine hohe Ehre bekam daſſelbe auch nod; an dein
Tage und alle Soldaten darin fonnten mit Redyt ſtolz das rauf ſein.
Als die meiſten Bataillone unſeres Corps an demſelben
Abend in das Lager rückten , bielt der Herr Generallieutenant von Yorck Ercellenz da mit ſeinem Gefolge, um ſie vorbei
marſdiren zu ſehen. Der war, wie id) Euch jdon erzählte, von allzuvielem Sprechen gerade fein großer Freund, und ſo ließ er denn auch alle Bataillone an ſich vorbeimarſchirert olme nur ein Wort zu ihnen zu ſagen , und falutirte nur ſo wieder wie es vorgeſdyrieben war. Jegt fam denn auch das zweite Bataillon vom Leib-Regiment anmarſchirt, und man fonnte demſelben ſchon anſehen, daß es einen heißen Tag gehabt haben mußte.
Verfludyt flein waren die Rotten, und die
meiſten Pläße, wo die Herrn Officiere gehen ſollten, waren leer.
Audy hatten viele Soldaten wie Officiere ihre leichtert
Bleſſuren nur ſo mit dem Taſdien- oder Halstudy oder einem anderen Lappen Leinewand verbunden , und marſdirten dabei doch mit in den Gliedern , da ſie nicht gerne austreten woll II .
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ten , bis ſie ganz unumgänglich dazu gezwungen wurden .Das thut jeder brave Soldat im Felde, und ſo die Weidlinge, die
gleich bei jedem kleinen Flutſder, wenn nur die Haut ein Biss chen gerigt iſt, in das Hospital laufen wollen , an denen iſt gewöhnlich nicht viel daran . Auch ſonſt konnte man dem Bas taillon noch anſehen , was es an dem Tage Alles durchges macht hatte. Bis an den Knien waren ſie im Sumpfe ges weſen und der Dred davon klebte ihnen noch an, und die Gefidter ſaben noch ganz ſchwarz und ſchmugig von dem
vielen, Patronenabbeißen und dem Pulverdampfe aus . Aber bei alledem marſchirte das Batgillon doch ſo feſt und ſtolz ber wie es das erſte Garde-Regiment von Sr. Majeſtät uns ſerem Könige nicht beſſer thun fann. Man konnte den braven Kerlen ſchon in Schritt und Tritt anmerken , daß ſie ihre
Schuldigkeit an dem Tage tüchtig gethan hatten. Das iſt gleid) ein ganz anderes Ding, wenn eine Truppe ſehr gut ges fochten hat , und viel feſter und ſicherer tritt ſie dann auf, und Hunger und Strapaben und Ermüdungen ſind ganz ver
geſſen. Wie nun der Herr Generallieutenant von Yord Ercellenz ſo dies Bataillon anmarſchirt kommen ſah, da fragte er : „ Iſt das das zweite Bataillon vom Leib-Regiment ? " „Ja, Ew . Excellenz, das ſind wir, " antwortete ihm laut elmann vom rechten Flügel des erſten Zuges . Sos Flüg der gleich zog nun der Herr General ſeinen Federhut vom Kopfe, und die Herren Stabsofficiere und Adjutanten , die bei ihm waren , thaten daſſelbe, und Alle blieben ſo lange mit bloßem Kopfe halten , als bis der leßte Zug des Bataillons vors über war.
Wenn ſo ein Mann wie der Herr Generallieutenant von Yord Excellenz, der wahrhaftig nicht leicht zufrieden war und mehr tadelte wie gerade lobte, dem Bataillon eine ſo hobe
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| Ehre erwies , jo fonnte es wahrhaftig idon mit Recht ſtolz darauf ſein , denn es war feine Kleinigkeit. Na, redlich ges nug hatte daſſelbe foldje auch verdient und es war fein Mann
im ganzen Corps , der fie dem Bataillon nicht gern gönnte. Unſer Herr General von Blücher Excellenz nahm an dem Abend ſein Hauptquartier gerade in Wartenburg, was ſeine Verfludyt ſchlecht fah Soldaten jo tapfer erſtürmt hatten. es aber in dem Orte aus , in dem faſt keine Fenſterſcheibe
nur heil geblieben war, und ſelbſt unſer Alte mußte in einer Stube ſchlafen , wo wir Decken und Mäntel vor die offenen Fenſter hingen, daß nur der Wind nicht allzuſtark hineinblaſen ſollte. An ordentliche Einquartierung war natürlich gar nicht zu denken, und ſo zog ich und nody zwei Unterofficiere von den ſchwarzen Fuſaren und den litthauiſchen Dragonern, die auch als Ordonnanzen in das Hauptquartier fommandirt waren, unſere Pferde in ein kleines Haus, was nicht weit von dem Gebäude lag, in dem unſer Herr General ſchlief. Da ſah es denn gar grauſelid) aus und keine Fenſterſcheibe, Thür, ja ſelbſt kaum eine Wand war in demſelben mehr heil. Da uns ſehr hungerte, ſo wollten wir von dem Brod, was wir noch bei uns hatten, uns gern eine Brodſuppe fochen , die
den Magen wärmen ſollte, denn ſeit 48 Stunden war fein warmer Biſſen mehr in denſelben gekommen. Wie wir denn ; nun ſo im Hauſe herumſudhen, um Feuer anzumachen, ſo hös ren wir in einer Kammer, in der es ſchon dunkel war, ein gar erbärmliches Geſtöhne. Id rufe hinein, wer da ſei, und es antwortete darauf : „Ach Du mein liebes Herrgottle, id) bin's ja der Jacoble aus Göppingen, thut's mir man nichts mehr
zu Leid ,“ und dabei ſeufzt und ſtöhnt es ganz erbärmlich. Ich rufe nun den Unterofficier von den Dragonern, der einen Feuerbrand, mit dem er leuchtete, in der Hand hatte, er ſollte mal herkommen und in die Kammer hineinleuchten, um zu 16*
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fehen, wer denn eigentlich darin ſei. Als der dies nun thut,
finden wir einen Soldaten von den Würtembergern, die das zumalen nod ) unter dem Bonaparte waren und mit in War:
tenburg gegen uns gefodyten hatten , Hody ein ganz junges 1
Bürídden in einer Ede liegen. Der mochte ſid, nod mehr vor uns mit unſerem Feuerbrand und den bloßen Säbeln , die wir in der Hand hatten , um damit nach Lebensmitteln zu inte
chen , fürchten , denn er fängt noch jämmerlid)er zu winſeln an und.bittet, wir möchten ihm doch das Leben laſſen , er fönne ja nichts dafür, ſen , und wolle gerne zu Hauſe Na, wir ladyten
daß er gegen uns Preußen habe fedten müs dies auch gewiß nie wieder thuen, ſondern zu ſeinem Mütterle geben, wenn er nur fönne. denn das arme Bürſdlein über ſeine Furdyt
vor uns aus und ſagten ihm , er folle nur ruhig ſein, wir würden ihm gewiß nidts zu Leide thuen , worüber er denn eine große Freude batte. Aufſtehen konnte der arme Sdwabe aber nicht , denn eine Kugel hatte ihn am Fuße ſtart ver: wundet, und jegt wo die Wunde angeſchwollen war, irurde ihm das Gehen unmöglich. Uns jammerte derſelbe, der gar ein junges gutes Geſicht nod batte, und ſo legten wir ihu
denn auf meinen großen Mantel, der Dragoner und ten an jeder Ecke des Mantels an , und ſo trugen Verwundeten denn langſam in das große Lazareth , gleich in Wartenburg errichtet war , und lieferten ihn
id, fag: wir den was jo : dort au
die Feldſdeerer, die übrigens alle Hände vollauf zu thun bat:
ten , ab, wofür er uns denn ſehr dankte. Was übrigens moi ter aus ihm geworden iſt, weiß ich nicht zu ſagen, denn bei der Menge von Verwundeten , die es dazumalen
gab, und
· dem ſtändigen Herummarſchiren , konnte es freilid ) in den Lit: zarethen ſelbſt beim beſten Willen nidyt allzugut bergchen . Solde Spitäler wie jeßt hier , wo ja jeder gemeine Soldat
faſt eben ſo gut wie ein Prinz behandelt wird , und was die
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Pfleg' und Wartung und das gute Eſſen und Trinken anbe langt, es fid) ja auf Gottes 28elt gar nicht beſſer wünſcheit fann , gab es dazumalen wahrhaftig nidyt, das könnt Ihr glauben, Kinder.
Na , als wir denn wieder in unſer Quartier zurückfamen, ſo hatte unſer Kamerad von den ſchwarzen Huſaren uns un terdeß eine Brodſuppe gekodyt, die uns ſo gut idymeckte, als 1
wenn es der fetteſte Sdyweine- oder Gänſebraten geweſen wäre. Ich glaube faſt, hätten wir den armen Sdywaben da oben in ſeiner Kammer hülflos liegen laſſen und nicht vorher
in das Lazareth getragen , die magere Brodſuppe ohne Salz 1
und Schmalz hätte uns dann nicht ſo gut gemundet. Wir hatten eben unſere Brodjuppe herunter und wollten uns das
weichſte Bret des Fußbodens ausſuchen , um darauf einen tüch
tigen Nachtſclaf zu machen , als zwei Frauenzimmer, die et was ängſtlich und zaghaft ausſahen, mit einem Mal zu uns in das Zimmer famen. Die Eine derſelben was ſo die Mut ter war, ſah ſchon alt aus , die Jüngere aber, ihre Todyter, hatte ein bildjauberes Beſidyt ſo wie von Milch und Blut.
Die Alte ſagte uns nun , daß ſie eine Witfrau ſei, der das Haus gehöre und daß ſie ſich den ganzen Tag während des Gefechytes mit ihrer Tochter in einem
Kartoffelfeller, der im
Garten unter Gebüſch etwas abgelegen ſei, verſteckt hätte. Erſt jeßt ſei ſie herausgekommen , da ſie hoffe, daß wir Preu ben ihr nichts thuen würden , um ein Bischen wieder danach
die Augen zu richten, wie es denn in ihrem Hauſe eigentlich ausſehe , was freilich ſledit genug wäre. Dabei fragte ſie uns denn , ob wir gar nicht wüßten , wo das zwölfte Reſerves
Infanterie-Regiment jeßt wohl ſtehen möge , da ſie erfahren habe , daß daſſelbe zu der ſogenannten ſchleſiſchen Armee ge höre. Jhr einziger Sohn ein gelernter Medyanikus, ſei ſchon vor dem Waffenſtillſtand als Freiwilliger in daſſelbe einge
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treten , und fte habe nun ſeit längerer Zeit nichts wieder von demſelben gehört. Wir konnten der Frau nicht 8 von ihrem
Sohne ſagen , da wir ja auch nicht wußten , wo derſelbe ſtände und ob er noch am Leben ſei.
Wie denn nun die beiden
Frauensleute noch im beſten Klagen darüber find, da kommt ganz unverſehens ein Unterofficier von der Infanterie in das
Zimmer gelaufen , ruft freudig : ,,Mutter, Schweſter, da bin ich ! “ und umarmte dann die Frauen. Es war der Sohn, von dem wir eben geſprochen , deſſen Regiment ganz in der Nähe war und der ſich auf einige Stunden Urlaub erbeten hatte, um ſeine Mutter zu beſuchen. Na, was das denn eine Freude für dieſe Frauenzimmer war und wie Beide den Sohn und Bruder füßten und drüdten , könnt Ihr Euch wohl denken. Auch wir Kavalleriſten, obſchon uns die Sadje ja eigentlich gar nid )ts anging, freuten uns doch auch über dieſen Beſudy
unſeres Kameraden vom zwölften Regiment. Ein junger, ſchmucker Kerl war es auch, der dazu ſdon das eiſerne Kreuz zweiter Klaſſe, was er fich an der Kaybach erworben hatte, auf der Bruſt trug. Wenn ein Sohn, der im Felde ſteht, auf ſolche Weiſe denn wieder in das Haus zurückkommt, da hat eine Mutter natürlich wohl ihre große Freude daran und fann ſtolz darauf ſein. Um nun die Ankunft des Sohnes ſo recht zu feiern, holte die Alte noch ein paar Flaſchen Wein , die ſie im Gar:
ten unter einem Holzſtoß vergraben hatte , ſo daß die Frans 1
zoſen ſie nicht finden konnten, hervor, und etwas Käſe zu uns
ferem Brode fand ſid aud ), und ſo fepten wir uns denn Alle zuſammen und tranken und waren ſo vergnügt wie man nur ſein konnte. Wir waren eigentlich Alle ſehr müde, aber in der luſtigen Geſellſchaft da vergaßen wir die Müdigkeit und kein Schlaf kam uns in die Augen. Ganz beſonders dem uns terofficier von den litthauiſchen Dragonern, dem fonnte man
bald anmerken , daß er keinen Augenblick verlieren mochte, um der hübſchen Tochter ja recht viel in das Gefidit ſeben zu fönnen. Na, er war ein junger friſcher Kerl, von Hauſe aus cin Poſthaltersſohn , der mal eine ordentliche Wirthdaft
zu erwarten hatte , wenn er vom Regiment abging . Auch die Tochter ſchien den Unterofficier gleich ſehr gern zu haben, und wo ſie nur konnten, ſo tuſchelten die Beiden ſo immer mits einander, und als wir am anderen Morgen alle fortmußten , ſo ſchien fie faſt eben ſo ſehr über den Dragoner wie über
ihren Bruder , daß der auch wieder fortmußte, zu weinen. Ob die Beiden dazumalen ſchon ihre Sache feſt miteinander ausgemacht haben, das weiß ich nicht, denn ein paar Tage darauf kam der Unterofficier wieder zu ſeinem Regimente zue rück und ich verlor ihn ganz aus dem Geſichte. An die 15 oder 16 Jahre ſpäter - ja richtig Anno 1829 war es, , da marſcirte ich mal auf Remonte - Rommando in Weſtpreußen, und ward in einer großen Poſthalterei eines Tags cinquars
tiert. Der ſchon ganz dick und breit gewordene Poſthalter daſelbſt war fein Anderer aber wie dieſer Unterofficier von
den litthauiſden Dragonern, der mid gleich wieder erkannte
und ſeine hübſche Frau die junge Tochter aus jener Nacht vom dritten auf den vierten Oktober Anno 1813, in Wars
tenburg. So hatten die Beiden , die ſich damals zuerſt ſaben und in einander verſchammerirten , ſich doch noch ſpäter zu Mann und Frau bekommen. Ja, ſo etwas geht oft ganz vers
flucht ſchnell und kommt oft ſeltſam , das habe ich in meinem langen Leben ſchon oft mitangeſehen. Na, dies war denn alſo das Gefecht von Wartenburg, was den königlich preußiſchen Truppen, die dabei geweſen waren, alle Ehre madyte. Selbſt 1
der Kronprinz von Schweden, der früher auch ſo ein franzos fiſcher General, Namens Bernadotte, glaube ich geweſen war,
hat dies öffentlich erklärt, obſchon er fid) ſonſt mit unſerm
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Alten eigentlich gerade nicht zum Beſten vertragen haben ſoll. Der Kronprinz von Sdyweden, der mochte immer viel lieber mehr rüttwärts wie vorwärts gehen und unſer Alte hieß ja der ,, Feldmarſchall Vorwärts ," und ſo fonnten ſich Beide freis
lich nicht gut miteinander vertragen . In ſeinem öffentlichen Bericht hat übrigens der Kronprinz von Sdweden geſagt : ,,daß der General von Blücher mit ſeinem Heere einen Eils marſch von Bauzen bis Wartenburg gemacht habe , wie ihn die Kriegsgeſdyichte nur ſelten kenne. Nur die Begeiſterung für Preußens Befreiung fönne dies vermocht haben,“ und was dergleidyen andere ſchöne Worte denn noch mehr waren.
Ja, was ſo die ſchönen Wurte zu geben anbelangi, das vers ſtehen die Franzoſen aus dem Grunde und können oft noch bejjer jdmeiden und bitten wie ein Frauenzimmer, der ihr
Mann einen neuen Hut oder ein buntes Kleid faufen ſoll. Id) mag mit allen Beiden nid) t viel zu ſchaffen haben und
glaube audy , daß es für einen Unterofficier von den preußis dyen Huſaren fein Sdade iſt , wenn er weder eine Frau auf dem Halſe bat , nod die Franzoſen nid) t leiden mag . "
„Doch Sdwerenoth wird da nicht Allarm geſclagen ?" hielt jeßt plößlich der alte Erdmann inne. - ,,„ Ja wahrs
haftig fuhr er fort, alſo fir, fir Kinder an die Pferde und geſattelt, daß wir womöglich die Erſten ſind, die aufſigen
können ," fuhr er die Quſaren an. Hui, wie ſtaubte jeßt mit einem Mal der ganze Zuhörerfreis auseinander, wie liefen alle Soldaten ſo ſchnell wie möglid), um an ihre angewieſenen
Plätze zu kommen. Zwar hatte die Allarmirung nur den Zweit, die Schnelligkeit und Aufmerkſamkeit der Truppen auf die Probe zu ſtellen, aber dennoch hieß es rajdy ſein und ſich möglichſt zu tummeln . War dod auch ein Wettfeier in den verſchiedenen Regimentern , da wo möglid, das Erſte jilt ſein was völlig zum Kampfe bereit , aufmarſchirt daſtehen konnte.
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Wie beeiferten ſid, beſonders aud ) die Huſaren , die Sattelung
und Packung ihrer Pferde möglichſt zu beeilen. Der Sitinellſte und Gewandteſte, trop ſeines hohen Alters , war wieder der Unterofficier Erdmann , und ſein Antreiben der nad ſeiner Anſicht ihm etwas zu langſamen Huſaren konnte man unauf
hörlich vernehmen. Nicht gar lange Zeit nach dem erſten
Signal der Alarmirung dauerte es, und völlig in Ordnung war die ganze Schwadron aufgeſeſſen, und nady dem ſchon vorher beſtimmten Sammelplatz abgerücft.
Aud) die Infan
terie- Bataillone ſtanden in voller Gefedtsbereitſchaft aufnars
ſchirt da , während die Artillerie mit ihren beſpannten Ras
nonen und Munitionswagen auffülır . Die Schnelligkeit, Ord nung und ſtrenge Disciplin ſämmtlicher preußiſchen Truppen hatte ſich auf's Neue bei dieſer Gelegenheit bewährt und die allgemeine Anerfennung der vielen fremden Officiere, die im
Lager von Raſtadt anweſend waren , gefunden. Seine völlige Zufriedenheit aber ſprach der Prinz von Preußen darüber aus, und reichen Lohn fanden alle Soldaten dadurdy für die etwaigen Mühen dieſer ſpäten Allarmirung.
Zehntes Kapitel.
Gar munter und lebendig ging es auf dem ſchönen, freien Plage vor dem Konverſationshauſe in Baden-Baden,
ſo oft der Rendez - vous Ort der ganzen vornehmen Welt Europa's, an dem heutigen Abend zu. Der Aufſtand im bas
diſchen Lande war ja durch die preußiſchen und die mit dies fen verbündeten anderen deutſchen Truppen jegt glücklich bes ſtegt worden, und ſo konnte auch das vergnügungsſüchtige und üppige Leben in Baden-Baden beinabe wieder in ſeinem frühes
ren Glanze ſich zeigen. Der reide Banfier aus Frankfurt, der noch vor wenigen Wochen ſeinen Geldkaſten ängſtlich ver borgen batte , ging jegt wieder in früherem Geldſtolz fich blähend umher , und wagte es ſogar auf die vielen preußis fchen Soldaten , die in ihren Uniformen ebenfalls auf der
Promenade fich zeigten, hochmüthig herabzublicken . Seine in den neueſten und auffallendſten Pariſer Moden gekleidete Gats
tin theilte ſogar in franzöſiſcher Sprache ihrer Nachbarin den Wunſch mit , es müſſe jeden Falls bald der Befehl erlaſſen werden , daß fein Soldat in Uniform fernerhin mehr die ges heiligten Räume des Konverſationshauſes betreten dürfe. Zahl: reiche Franzoſen , dieſe gewöhnlichen Gäſte Baden-Badens, .
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hatten ſich ebenfalls ſchon wieder eingeſtellt und beſahen durch ihre Lorgnetten mit neugierigen Blicken die vielen preußiſchen Uniformen , die ihnen gerade nicht ſonderlich zu behagen ſchies nen.
An den Spieltiſchen in den glänzenden Sälen hatten
ſich wie gewöhnlich die Spieler und Abenteurer a 118 faſt allen Ländern Europa's zuſammengefunden , um ihrer verächtlichen Leidenſchaft mit aller Gierde zu fröhnen , und ſelbſt elegante
und vornehm ſein wollende Damen verſchmähten es nicht, ſich unter dieſen zweideutigen Haufen zu miſchen.
Unbekümmert um all dies nichtige und frivole Treiben, was fie von allen Seiten umgab , hatte fich um einen Tiſch, neben der Rauchgallerie vor dem Konverſationshauſe, ein zahl: reicher Kreis preußiſcher Huſaren geſeßt. Eine Menge Bier flaſchen ſtanden vor denſelben, und häufig erklangen die Gläſer in fröhlichem Zuſammenſtoß. Zwar hatte der modern friſirte, elegant herausgepugte Kellner anfänglich faſt gethan ,1 als
wäre es unter ſeiner Würde, gewöhnliche Huſaren mit Bier zu bedienen, bis ein paar tüchtige Flüdhe, die ihm der alte Erdmann entgegendonnerte, ihm bald ſchnelle Füße machten. „ Weiß der Teufel, der Maulaffe glaubte wohl gar, er wäre zu gut für uns, und die dicen Franzoſen mit ihren goldenen Uhrketten , ſo lang wie eine Falfterfette, da am anderen Tiſch müſſen früher wie wir bedient werden , objdon ſie viel ſpäter
kamen ,“ brummte ein Huſar zu ſeinem neben ihm ſißenden Ka meraden .
„ Ja , die hier im Orte ſehen jeßt ſchon Alle wieder auf uns herab , als wenn ſie Wunder was wären ,“ ſprach ein Anderer , ,, aber Vater Erdmann der hat es ihnen dafür auch
ordentlich gegeben , der hat aufgetrumpft .“ „Und all dies franzöſiſche Geſpreche hier, ſelbſt von den Leuten in Baden, will mir gar nicht gefallen. Wahrhaftig gar der Hausknedyt in dem Gaſthauſe, wo ich einquartiert bin,
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parlirt fo Franzöſiſch, daß man gar nicht glauben ſollte noch in einer deutſchen Stadt zu ſein . Ich denke mir, kommen die Franzoſen zu ihrem Vergnügen in das deutſche Land, ſo müſs ſen ſie auch Deutſd lernen ,“ ſagte ein Dritter. „ Ja, das meinſt Du wohl , und bei uns in Pommern meinen es die meiſten Leute auch nod),1 hier aber ſoll es bei
den Bornehmen , denen es die Anderen dann wie die Affen nadmadyen, gar für eine Schande gelten Deutſd) zu ſpredjen. In dem Hauſe, wo id) einquartiert bin , bekommen die Kinder
ausgezankt, wenn ſie nur ein deutſdieø Wort hören laſſen ," entgegnete der Erſte wieder.
,, Ady was, laßt die Leute hier treiben , was ſie wollen,"
meinte der junge jdwarzbärtige Huſar. „ Gegen uns müſſen jie höflich ſein , wie es ſich gehört , oder ſonſt trumpfen wir
ihnen ordentlid ) auf, das Andere aber darf uns nicht viel bekümmern. Wißt, laßt uns ein ordentlides deutſches Lied
hier fingen , das iſt beſſer als all' dies franzöſiſche Geplapper um uns herum . „ Was meint Ihr zu dem Sdywertlied, wel dies in unſerem neuen Liederbudje ſteht ?"
„ Ja , in , Du haſt Redyt, fingen wir das Schwertlied,“
rief es nun , und der wohlgeübte Obor begann bald . „ Du Sdwert an meiner Linfen , .
Was ſoll Dein heiteres Blinken ? Schauit mich ſo freundlich an , $ ab ' meine Freud ' daran, Qurralı, hurrah, hurrah !"
u. 1. w. und ein ganzer Kreis fremder Zuhörer hatte ſich um
den Tiſd; der Sänger in einiger Entfernung gedrängt, und wunderte und freute fid über den dönen eingeübten und fräftigen Chor der preußiiden yuſaren . ,, Ja , weiß Gott, das hört ſich gut an und das Herz im Leibe fann einem alten Kerl ordentlich wieder warm dabei 9
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werden, “ ſprach der alte Erdmann , als der Geſang geendet hatte.
„ Ja, Vater Erdmann, das iſt aud ) ein gutes Lied für einen Huſaren, id) wußte wohl , daß Ihnen dies gefallen würde," entgegnete der Schwarzbart. Aber nu dädyte id), könnten Sie auch die Güte haben, wieder ein Bischen zu ers zählen. Wenn wir noch ſo weiter im Singen fortfahren woll ten , ſo würden immer mehr Zuhörer um uns ſich herum drängen , und das iſt doch nicht angenehm ." ,,Na ja , Kinderfens, wenn es Euc Vergnügen madt, ſo will id) mit meinem Erzählen hier wieder anfangen , wo id)
legthin aufgehört habe. Gerade hier in Baden-Baden unter all' dieſen vielen Franzoſen , die hier don ſo wieder thuen ,
als wenn ihnen das ganze Land gehörte, läßt es ſich von der Sdlacht bei Leipzig am Beſten erzählen ," entgegnete der alte Erdmann , der während des Geſanges des Schwertliedes ſeine
ganze frühere Laune wiedergewonnen hatte.
Alſo hört zil ,
was id Eudy jegt von der Schlacht bei Leipzig, von der je: der preußiſche Soldat gewiß gerne hören wird, erzähle. Wenn
es auc, faum ein Zehntheil von dieſer großen ganzen Bataille iſt, was ich mit meinen eigenen Augen , angeſehen habe , ſo iſt das dod audy ſdon wahrhaftig des Erzählens werth. Iſt es dod; die größte Bataille, die je auf einem Fleck geſdlagen ward, ſo lange die Welt ſchon ſteht, wie ich mir habe ſagen laſſen , und dies muß auch wahr ſein, da viele hunderttauſend
Mann daſelbſt ſich gegenüberſtanden. An dem Tage mußte die Madyt von dem Bonaparte für alle Zeiten zuſammenpur zeln und das war wahrhaftig feine Kleinigkeit. Na, nun aber auf die Bataille von Leipzig zu kommen , ſo hatten wir von der ſchlejiſden Armee unter unſeres Herrn Generals von Blüdyer Grcellenz Befehl, eigentlidi idon an 16. October bei Möcfern die Vauptarbeit. Sdon am Morgen
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dieſes Tages, als es eben ſo halb zu dämmern anfing, bes ſtieg unſer Alte ſein Pferd, um mal felbſt mit ſeinen eigenen Augen zu ſehen , wo ſich denn die Franzoſen eigentlich auf: geſtellt hätten. Er war ſehr luſtig an dem Morgen und ſah ſo vergnügt aus , als müßte ihm nur was Gutes paſſiren. Id ſtand gerade dicht daneben als er ſein Pferd beſteigen wollte, und als er mich ſah, rief er mir zu : „ Gieb Acht, Frige Erdmann , heute fdymieren wir mit Gottes Hülfe den
Franzoſen noch den Budel ordentlich wieder aus, und machen den Tag von Jena für alle Zeiten gut."
„ Wird wohl ſchon ſo werden, Ew. Excellenz ," antwortete idy ihni nod ). „ Auf uns fönnen Sie ſchon zählen, “ ſagte icy darauf.
„ Ja, ja, Ihr Brandenburger alle laßt mir nicht im Dreck ſigen , das weiß ich don von Euch ," antwortete da noch der
Alte nnd galoppirte fort, und wir Ade, die ſeine Eskorte aus machten, folgten ihm, was das Zeug nur halten wollte. Ueber ein paar Stunden mußte nun der Alte reiten, bis er die
erſten größeren Haufen der Franzoſen ſehen konnte, ſo daß er ſchon ganz ungeduldig darüber ward. Als ein Adjutant ihm die Nachricht brachte, daß er auch keine franzöſiſchen Truppen habe entdecken können, hörte ich, wie er laut auss rief : „Schwerenoth , wo ſteden die verfluchten Kerle denn Ale ! "
Ginen Augenblick drauf fam aber ein anderer Adjus
tant des ruſſiſchen Generals Langerow angejagt und meldete, daß ein Dorf ganz dicht mit Franzoſen angefüllt ſei. „ Aha,“ Tchmunzelte der Alte, „, weiß ich nu endlich, wo die Kerle ſteden, To ſollen ſie auch die beſte Schmiere noch bekommen . “ Na, lange dauerte es denn nun auch nicht mehr, ſo fing denn auch das Gefrade der Stanonen von allen Seiten an .
Auf dem
linken Flügel von uns ſtanden die Ruſſen , auf dem rechten aber wir Preußen unter unſerm Herrn General von Yord
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Excellenz. Die oſtpreußiſchen Jäger, die immer gern voran fein mochten, wenn es ſo recht ordentlich gegen den Feind ging , fingen hier das Stürmen auf das Dorf Mödern an.
Eine Kompagnie faiſerlich öſterreichiſche Jäger, lauter tüchtige Kerle , die mit ihren Büchſen ſo zu ſchießen verſtanden , daß es eine Freude war ihnen zuzuſehen, war unſeren oſtpreußis
ſchen Jägern mit zur Hülfe gegeben . Da hieß es denn : „Bruder Deſterreicher“ und „ Bruder Preuße“ und nun laß uns mal ſehen , wer am Beſten auf die Franzoſen losknallen kann .“ Und um die Wette ſchoſſen nun die Kaiſerlichen und die Uns
ferigen , und mandher Franzmann mußte wieder das Leben laſſen. Nachdem nun ſo tüchtig tiraillirt war, ſchlugen die Tamboure des Leibgrenadier- Bataillons den Sturmmarſd ). Hurrah, da ging es denn im Sturmſchritt in das ſchon bren
nende Dorf hinein . Aber tüchtige Soldaten ſtanden in dems jelben , die ihr Handwerf verſtanden und nicht ſogleich beim erſten Sduß zum Teufel liefen , wie es hier im Badiſchen ſo
oft die ſogenannte Bürgerwehr gethan hat. Seine Marines foldaten hatte der Bonaparte hierher geſdrickt und das waren lauter altgediente tapfere Kerle , die ſdon Gott weiß wo in
was für Ländern alle gefochten hatten. Wenn man den ros then Bänderbeſaß, den dieſelben am Chako trugen , ſah, da konnte man ſchon ficher darauf rechnen , daß es eine harte Ars beit gab, bis ſie zurückgedrängt wurden. So mußten denn auch die Unſerigen wieder aus dem Mödern heraus, nachdem fte faum drin waren und ihr „ vive l'empereur" laut rufend, ſtürmten die Franzoſen wieder vor. Aber der Herr Major von
Hiller, ein ſo tapferer Held wie nur je Einer auf dieſer Welt gelebt hat, war nicht der Mann dazu, ſo leichten Kaufes fich von den Franzoſen zurüdweiſen zu laſſen. „ Jungens vors wärts, das Dorf müſſen wir haben, es wäre ſonſt eine zu große Schande für uns, “ ruft er aus , und ſo geht es denn
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wieder mit lautem Hurrah auf Mödern zu und bald in daſſelbe binein. pier aber beginnt nun ein ſo blutiger Kampf wie er in all' den Kriegen mit dem Bonaparte nicht größer geweſen
iſt. Alle die Häuſer, die in dieſer Gegend mit ſteinernen Mauern umgeben ſind , hatten die Franzoſen ſo gut als mög lich befeſtigt und ſchoſſen nun aus denſelben heraus auf un ſere Soldaten . Hinter dem Dorfe aber waren feindliche ſtarke
Batterien aufgefahren, und die ſchmetterten mit ihren Rar: dätſchen ganze Rotten zuſammen . Nodymals müſſen unſere Grenadiere aus dem Möckeru
heraus , nachdem ſie große Haufen von Todten und Verwun
deten darin zurückgelaſſen haben. „ Ade guten Dinge ſind drei, vorwärts alſo wieder, meine braven Preußen ,“ ruft nochmals der Herr Major von Hiller , nachdem ſich ſeine ſchon arg zu:
ſammen geſchmolzenen Bataillone außerhalb des feindlichen Feuers erſt wieder etwas geſammelt hatten. Und wie die Trommelſchläger denn nun zum Drittenmal anſchlagen , da geht es denn aud) wieder in das Möckern, was ſchon in vol :
len Flammen ſtand , hinein, und die Franzoſen müſſen wieder aus den Straßen deſſelben heraus, ſie mögen wollen oder
nidyt. Jedes einzelne Faus , jeder Garten mußte aber beſon ders erſtürmt werden und mit Kolben und Bajonnetten ſchlug und ſtad) Alles auf einander los, ſo groß war die Erbitterung. Gar viele Verluſte zählten unſere Bataillone, die hier fochten und faſt alle die höheren Herren Officiere in denſelben waren don todt oder doc) verwundet , daß ſie austreten mußten .
Auch der Herr Major von Hiller bekam hier bei dieſem dritten Sturm eine ziemlid) ſchwere Bleſſur , ſo daß er das Kom mando abgeben mußte. Immermehr Kanonen ließen nun dic Franzoſen gegen Möckern auffahren, und das Gedonnere der ſelben ward ſo ftark, daß die Erde ordentlich unter den Füßelt
unſerer Pferde erzitterte. Mandymal flogen auch einzelne Rui:
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geln derſelben in unſer Regiment , was nicht weit hinter Mös dern aufmarſchirt war , hinein und richteten manden Schaden an .
So kam auch eine feindliche Granate angeflogen und
drang gerade in die Bruſt des Pferdes von einem Huſaren, der neben mir hielt, hinein.
So , ohne den Reiter ſelbſt nur
im Mindeſten dabei zu verlegen. Der konnte aber in dem Augenblick mal geſchwind ſid) aus dem Sattel ſdymeißen , be vor die Granate an zu ſpringen fing und auch wir Alle , die daneben hielten, riſſen unſere Pferde ſo ſchnell als möglich an die Seite. Faſt ein oder zwei Minuten dauerte es nun , bis die Granate mitten in dem Leibe des getroffenen Pferdes zer
ſprang und ſo lange ſtand daſſelbe ganz ruhig da und rührte fid nicht von der Stelle. Beim Zerſpringen ſelbſt wurde daf ſelbe aber in viele kleine Stücke zerriſſen , ſo daß die Fleiſch feben überall durch die ganze Schwadron flogen und mehrere Huſaren ganz blutig davon wurden . Mir ſelbſt ſchwabte ein
großes Stück von den Kaldaunen gerade in das Geſicht und ich mußte mir erſt ordentlich die Augen von all' dem Blute auswiſchen , um nur wieder ſehen zu fönnen .
Da nun die Bataillone, die anfänglich unter dem Herrn Major von Hiller das Dorf Möckern erſtürmt hatten , ſchon viel zu große Verluſte gehabt batten , um ſich in demſelben gegen die Franzoſen , die immer wieder aufs Neue dagegen losrückten , auf die Länge halten zu können , ſo marſcirte der Prinz Karl von Medlenburg Hoheit denſelben mit ſeiner Brigade zur Hülfe. An 50 Stück Kanonen hatte aber der franzöſiſche Mars (dall, der hier das Commando hatte , gegen unſere Truppen auffahren laſſen und was die denn für einen Hagel von Kar dätſchen zu geben vermodyten , könnt Ihr Euch wohl denken, Kinder. Nid) t gar lange dauerte es und der Prinz Karl von
Medlenburg Hoheit wurde auch als Verwundeter zurückgetra II.
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gen . Seine Bataillone von dem 1. und 2. oſtpreußiſchen Ins
fanterie-Regiment, die gingen trotz aller franzöſiſchen Kanonen , die ihnen gegenüber ſtanden , aber doch noch nicht zurück. In
Gegentheil, ſie rücken noch immer mehr vor und es gelingt ihnen ſogar, eine franzöſiſdie ſchwere Batterie zu erobern, nadh dem ſie die Pferde und Leute derſelben- alle niedergeſchoſſen haben. Mitnehmen konnten ſie die Kanonen aber nicht , und da wieder mehrere Bataillone franzöſiſcher Infanterie hers vorſtürmten , ſo mußten fie folde für den Augenblic wieder in Stich laſſen . Na , wir haben ſie uns am Abend doch noch
wieder erobert und den Franzoſen noch gar viele andere Ros
nonen dazu abgenommen.
Immer neue Truppen von uns
ließ nun der Herr Generallieutenant von Yordf Ercellenz über Möckern hinaus marſciren , und eben ſo viel von den Seini
gen ſchickte ihnen der franzöſiſche Marſchall wieder entgegen. Die Bataillone von dem 5. und 13. ſchleſiſchen Landwehr: Regiment und die oſtpreußiſchen Grenadiere , wahrhaftig die gingen in den feindlichen Kugelregen hinein , als wenn die
Kugeln nur ſo von Schnee gemacht wären. Alle die Herren Stabsofficiere dieſer Bataillone wurden erſchoſſen oder doch bleſſirt und die Verluſte, weldie hier uns Preußen trafen, was
ren ordentlich grauſelich. So war z. B. ein Bataillon Fü ſeliere des perrn Majors von Strofigf am Morgen dieſes Schlachttages bei Möckern noch faſt an 800 Mann im Gliede
ſtark geweſen. Als am Abend wieder Appel über dies Batail lon abgehalten ward , ſtanden ungefähr nur noch 100 Mann unter den Waffen , die anderen waren faſt alle todt oder ver
wundet. Der Herr Major von Kroſigk ſelbſt, der iſt ſo recht wwie ein echter Held gefallen . Als der ganz Vorderſte von allen ſeinen Soldaten , iſt er gegen ein franzöſtſches Quarree .
eingeſtürint, hoch den Degen in der Hand haltend und ſeinen Leuten zurufend : „ Mir nach, mir nach, Soldaten. " So ſtößt
ZDY
er mit ſeinem Degen den Flügelmann des franzöſiſden Quar rees nieder , erhält aber in demſelben Augenblick einen Sduß durdy die Bruſt und einen Bajonnetſtid, in den Leib , ſo daß
er ſchwer verwundet zu Boden ſinkt. Mehrere von ſeinen Soldaten ſpringen ſogleich zu und wollen ihn aus dem Ges tümmel tragen , er ruft aber mit legter Stimme nod) : „ Laßt mich hier nur liegen , vorwärts gegen den Feind und thut Gure Schuldigheit,“ damit hebt er den Arm noch auf und 1
zeigt mit ſeinem Degen gegen den Feind zu und ſtirbt ſo. „Nicht wahr, Kinder , das iſt ſo ein rechter Tod , wie ein kö niglich preußiſcher Officier ihn gar nicht beſſer finden kann, 1
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und das Herz im Leibe muß einem vor Freude ladhen , wenn man ſo etwas bört. Und gar hier jeßt in Baden-Baden , wo ſo viele Maulaffen und Tagediebe herum laufen, die ſich noch
gar das Anſehen geben möchten, als brauchten ſie nur ſo von Oben auf uns preußiſdien Soldaten herabzuſehen , da ſpricht es ſich gerade am Beſten von ſolchen Ehrenthaten, die unſerm Heer für alle Zeiten zum hohen Ruhm gereichen werden . So
etwas haben unſere Herren Officiere dazumalen gethan und ſo etwas werden ſie auch wieder thun , wenn es die Noth ſo fordern ſollte , und wo ihre Officiere vorangegangen ſind, da folgten preußiſche Soldaten denſelben auch alle Zeit nady
bis in den Tod und ſchuftige Rerle , die nicht würdig wären , unſere Uniformen zu tragen, würden es ſein , die nicht ſo thä ten. Das merkt Euch nur Alle. Immer heftiger und heftiger tobte nun ſo gegen 3 Uhr Nachmittags der Kampf bei und um Mödern , und auch der ſchleſiſchen Landwehr wurden faſt alle ihre Stabsofficiere und
die meiſten Hauptleute hier erſchoſſen oder doch ſo ſchwer ver wundet, daß ſie zurückgetragen werden mußten .
Ganze Fau
fen von Verwundeten kamen bei uns vorüber gehumpelt und die Feldſcheere müſſen an dem Tage genug zu thun gehabt 17 *
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haben . Manche von den Verwundeten ließen ſich nur in aller
Eile nothdürftig verbinden , und ſtürmten dann wieder von Neuem mit gegen den Feind an , ſo groß war ihre Kampfess Luſt. So fam bei uns ein fleiner Tambour vorbei gelaufen,
der ſeinem gelben Kragen nad zu einem ſchleſiſchen Regimente gehören mußte. Die linke Hand hatte derſelbe ſchon verbuns den und auch am Kopfe trug er eine alte Binde, die ganz blutig ausſah . Wir riefen dem Jungen zu : wo er hinwolle, und er ſolle ſich doch ſchonen , da er ja von zweimal ver wundet ſei. „ Das mache nichts aus , " meinte er, heute müſſe er noch wieder friſd den Sturmmarſch dlagen ." Ridytig, eine kleine Weile darauf marſchirte der Junge mit den ſchleft ſchen Grenadieren , die jeßt vorgingen , um der Landwehr, die bart von dem Feinde bedrängt wurde , zur Hülfe zu kommen , luſtig wieder vor. Nur mit der einen Hand konnte er den Trommelſtock rühren , aber das hinderte ilyn nidt , er paukte drauf fos , daß man es doch noch weit genug hören konnte, 11
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und rief dabei noch immer zu : „Luſtig , man drauf los Ihr
Grenadiere, die Kugeln treffen nicht alle ihren Mann .“ Was aus dem Jungen noch weiter geworden , weiß ich nicht zu ſa
gen, jedenfalls aber ein braver Soldat, der Sr. Majeſtät, uns ferm Könige mit Ehren gedient hat , wenn er noch ferner am Leben geblieben iſt. Unſer Regiment hatte bisher immer ſo ziemlich ruhig auf einem Flecke, nicht weit von Möckern, halten müſſen, und wenn wir auch ſchon eglichen Verluſt durch einſchlagende Ranonen und Granaten gehabt , ſo waren wir doch ſonſt nod) nicht in Thätigfeit geweſen . Na , wie uns denn da der Säbel in der Fauſt juckte und 68 uns im Sattel warm wurde , daß wir
nocy nidyt vorgehen durften , könnt Ihr Eud) wohl denken, Kinder. Das iſt eine ganz verfludyte Sache für einen Sols daten , wenn er ſicht, daß fich ſeine Kameraden ſchon ſtunden:
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lang herzhaft mit dem Feinde herumſclagen und er darf ſols chen nicht zur Hülfe kommen , wie er wohl mödyte, ſondern muß ruhig in der Reſerve halten bleiben. Es muß aber im Kriege oft ſo ſein und es läßt fidy nichts dagegen machen und welche Truppe es ſo trifft, die muß es ruhig ertragen
und denfen : „ Diesmal iſt es ſdyledyt, ein anderes Mal wird es ſchon beſſer gehen, nimm's, wie es kommt.“ 11
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An dem Tage bei Möckern aber da war unſer Herr Ritt
meiſter, der vor der Front hielt , ganz gewaltig ungeduldig. Sein Brauner , ein prädytiges Pferd , der , wenn eine Kanos
nenfugel hoch über unſere Köpfe angeſauſt kam , oft etwas unruhig war , erhielt manchen Spornſtoß dafür und ſeinen Bart drehte er ſo oft mit den Fingern , wie ich es noch nie geſehen hatte. Alle Augenblicke fragte er : „ Läßt ſich denn nod kein Adjutant des Generals ſehen , der uns den Befehl zum Einbauen bringt ? " und wenn er dann ein „ Nein " zur Antwort bekam , dann gab's gewiß ein , Kreuzdonnerwetter, das weiß auch der Kuckuck. Wenn man dieſe Herren nicht ſehen 1
möchte , dann laufen ſte ſiderlich, einem vor der Naſe herum
und befehlen bald dies , bald wieder jenes, was man Alles thun ſoll und jeßt , wo id) eine dreimonatliche Gage darum geben möchte, wenn wir nur bald den Befehl zum Einbauen bekämen , läßt ſich Keiner blicken !" So und in der Art
ſprach unſer Herr Rittmeiſter in den Stunden , wo wir ſo auf marſdirt da ſtanden, ſehr oft zu den anderen Herren Officies ren der Scwadron , die neben ihm hielten und es waren ge
wiß nur wenige Huſaren unter uns, die nicht ſeine Ungeduld getheilt hätten. Endlich, wo ſo das Gefrache der feindliden Kanonen am Stärfften wurde und inimer dichtere Baufen vont
unſeren Verwundeten bei uns vorbeigeführt oder getragen wur den , rief ein Huſar, der am Flügel hielt : „Herr Rittmeiſter, dort kommt der Herr Adjutant des Herrn Generallieutenants
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von Yorck Ercellenz , der den Fuchs mit der großen , weißen
Bleſſe reiten thut , in vollem Galopp auf und losgejagt." Als dies unſer Herr Rittmeiſter hörte , da ward ſein Geſicht mit Einemmal wieder ganz freudig und er rief : ,, Kerl, bringt der uns den Befehl zum Einbauen , ſo ſind fünf Thaler Dein. “ Er galoppirte nun dem Adjutanten , der in vollem Gejage, ſo dynell ſein Pferd nur laufen wollte, ankam , entgegen und
rief demſelben ſchon von Weitem zu : ,Kamerad, bringen Sie uns den Befehl zum Einbauen , ſo trinken wir bei der näch ſten Gelegenheit ſo viel Champagner, als wir nur bekommen fönnen .“ Lachend antwortete der Adjutant: „ Bleiben wir Beide am Leben , ſo halte ich Sie beim Wort , diesmal bringe ich wirklich Arbeit für Euch Huſaren," und ſo ſprengte er zu dem Herrn Major von Sohr hin , der unſer Regiment dazumal befehligte. Hurrah , hurrah , jept geht es los , " rief unſer Herr Rittmeiſter und wie uns dies Alle freute , könnt Ihr Euch wohl denken, Kinder. „ Jeßt, Huſaren , iſt auch die Zeit für uns da , daß wir
unſeren braven Kameraden von der Infanterie, die ſchon heute fo viel gethan haben, zur Hülfe fommen , daß alle von Euch unſerem Regimente nur Ehre machen werden , erwarte ich mit Zuverſidyt, “ ſpracy nun unſer Herr Major von Sohr und gab dann den Befehl zum Vorgehen . „ Hurrah ," riefen wir, „ wir wollen unſere Sduldigkeit ſchon thun , Herr Major , verlaſſen
Sie ſich man auf uns, “ und damit ging es im Trabe vor wärts um das Dorf Möckern herum . Da kam uns französ
fiſche Infanterie entgegen , die in ſtarfer Abtheilung ein ſdon ſehr zuſammen geſchoſſenes Bataillon von uns zurüddrängte.
Im Galopp ging es jept auf dieſe feindlichen Haufen zu und bald wurden wir mit denſelben handgemein . Herrgottsſaker ment, was hauten wir jeßt ein , es war ein ordentliches Ge flapper , jo fielen die Streide unſerer Säbel gegen die Flins 1
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tenläufe und Bajonnette der Franzoſen , mit denen ſie dieſelben zu pariren verſudyten. Na, allzu viele von ihnen blieben nicht
übrig, denn , wenn Kavallerie man erſt ſo recht mitten zwiſchen Infanterie drin iſt, kann ſie derſelben gar gewaltigen Schaden
thun . Einen franzöſiſchen Hauptmann bieb ich bei dieſer Ges legenheit ſo zuſammen, daß er gleich wie todt auf den Boden ſtürzte, wie mir noch jeßt erinnerlid) iſt. Er hatte ſich zuerſt mit dem Degen gegen mich zu vertheidigen verſucht, allein mit einem fräftigen Hieb zerbrac ich ihm denſelben ſo , daß
die Klinge zu Boden fiel und er nur den Griff in der vand behielt. Id rief ihm nun zu1, Pardon zu nehmen , allein flatt aller Antwort, feuerte er ein Piſtol, was er in der linken
Hand hielt, auf mich ab , ſo daß mir die Kugel gerade durch den Chako fuhr. Nur einen Zoll tiefer hätte ſie zu kommen gebraucht und ich wäre auf der Stelle todt geweſen .
„ Aha ,
lieber Franzmann, fommſt Du mir ſo , komme id) Dir wieder 7
fo,“ dachte ich nun , ſtellte mich feſt im Bügel hoch aufrecht,
und hieb nun mit aller Macht von oben herab den Franzoſen fo über den Kopf, der unbedeckt war, daß er mit zerſpaltenem Schädel gleich todt zuſammenſtürzte und nicht mehr muckſte nody ruckſte. Ja, ſo ein redyt tüchtiger Fieb mit dem Huſaren
fäbel , wenn er gut trifft, hat (don ſeine Kraft , und wer den recht bekommen hat, braudyt ſich nad) einem zweiten nid)t
mehr umzuſehen , das habe id) ſchon oft in meiner langen Dienſtzeit erfahren. Bei dieſem Gefechte mit der franzöſiſchen Infanterie war auch ein junger Huſar erſtochen , der uns Alle fehr leid that. Schon bei Lützen und dann wieder an der
Kaybach war er verwundet worden , und zum Drittenmal hatte er bei Wartenburg wieder eine leichte Bleſſur erhalten. Er war aber gewiß aud) ſtets da zu finden , wo es am higigſten
herging und da er ein gutes Pferd ritt und ſeinen Säbel ſehr geſchickt zu führen wußte, ſo hat er manchen Franzoſen
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in die Ewigkeit geſchickt. Von ſeiner Bleſſur bei Wartenburg war er am Abend vor dem Gefechte bei Mödern erſt als Re
konvalescent wieder zu unſerem Regimente gekommen. Ganz idwad) und matt war er noc , ſo daß er ſich kaum auf dem Pierde halten fonnte , und ſo weiß wie ein Tiſchtuch ſab er
im Geſichte aus. Unſer Herr Rittmeiſter der wollte ihn an fänglich gar nicht mit in das Gefedit nehmen , da er ihn zu idwach dafür hielt und ſagte: er ſolle fid) lieber ſchonen bis
er wieder ganz geſund geworden und deshalb lieber ' am heu tigen Tage bei der Bewachung der Bagage mit zurückbleiben . Da bat aber der junge Huſar den Herrn Rittmeiſter gar ſo ſehr , „ er möge doch die einzige Güte haben , ihn gerade am heutigen Tage , wo es gewiß ſehr heiß hergehen würde , mit in das Gefecht zu nehmen . Bei der Bagage würde er es nidt aushalten fönnen , ſo bald er den erſten Kanonendonner
hören müßte ohne felbſt mit dabei zu ſein . "
Als denn nun der Huſar ſo ſehr bat, ſo ſagte unſer Herr Rittmeiſter denn zu ihm : „ Na, wenn Du es gar nicht I
anders willſt, ſo fannſt Du immer mitreiten , ich habe aber Deinen Tod nidyt zu verantworten , wenn Du noch zu dywach ſein ſollteſt," und ſo ritt er denn mit. Als wir nun anfäng
lidh ſo lange halten mußten, bis wir zum Einbauen famen, fonnte dieſer Fuſar faum noch im Sattel aufrecht figen
bleiben , ſo ſchwach und matt war er noch. So wie aber das Kommando zum Einhauen gegeben war , da fam ſchnell ein ganz anderes Leben wieder in ihn , er wurde vor Freude ganz roth im
Geſidit und ſpornte ſein Pferd ſo an , daß er mit
der Erſte mitten in den feindlichen Haufen der Infanterie
war. Da er ganz didyt neben mir ritt, denn aud mein Schede war wahrhaftig nicht das legte Pferd , was bei dem Feind
anfam , ſo konnte ich ihn ganz deutlich ſehen und rief ihm noch zu ſich in Acht zu nehmen. „ Heute das eiſerne Kreuz
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oder den Tod ," rief er mir zu , und iudyte mit ſeinem Pferde in die Gegend zul femmen, wo er den Adrer der Franzoſen ſah , uin wo möglid, denſelbeit zu erobern. Ein franzöjiſcher Unterofficier ſprang ihm aber mit gefülltem Bajonnet in den Weg , und führte einige wüthende Stöße damit gegen ſeine Bruft.
Den erſten Stoß ſah ich nod von dem Huſaren mit
dem Säbel pariren , ſpäter muß er aber nicht mehr ſtarf ges nug in ſeinem Arm dazu geweſen ſein , denn wie ich midy aus dem Handgemenge, in dem ich ſelbſt geweſen war, heraus gebauen hatte, ſah ich ihn ſchon als einen Sterbenden am Boden liegen , und in ſeiner Bruſt ſtaf noch das abgebrochene Bajonnet.
So hatte er denn ſtatt des eiſernen Kreuzes den
Tod erhalten .
Wie wir uns denn nun noch mit der feinds
lichen Infanterie herumbauten , fam plötzlich würtembergiſde Kavallerie, die dazumalen nod ) auf Seite der Franzoſen fodit,
dieſen zur Hülfe angetrabt. Da hätte es uns denn vielleicht eine Zeitlang ſchlecht ergehen fönnen , und wir uns zugleich
mit Infanterie und Kavallerie der Feinde herumfaßbalgen müſſen , was immer ein böſes Ding für Huſaren iſt. Aber haſte nicht geſehen , famen jeßt die braven Brandenburgiſchen Uhlanen uns zur Hülfe angejagt, und ſtadjen mit ihren Lanzen ſo gewaltig auf die Würtemberger ein , daß dieſe nun ſchon zurücfmußten, fie modyten wollen oder nicht. Daß dieſe Bran denburgiſchen Uhlanen uns nicht in Stid laſſen würden , wenn fie nur irgendwie helfen könnten , wußten wir ſchon im Vors
aus , und darum hatten wir auch keinen Augenblick Sorge, als auch die Würtemberger gegen uns anrückten. Als wir eben noc) im beſten Gefloppe mit den Franzoſen waren , da hörten wir plöglich auf Seite derſelben ein furchtbares Ges
knalle, als jolle die Welt untergehen , dem gleich darauf eine hobe Feuer- und Raudſäule bis in den Himmel hinein folgte. Eine Granate von unſerer Artillerie hatte einen feindlichen
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Pulverwagen gezündet und der wieder andere mitangeſteckt, ſo daß an 5 - 6 derſelben zu gleicher Zeit in die Luft flogen, was denn freilich ſchon einen allmächtigen Knal abgeben mußte. Weit über unſere Köpfe hinweg flogen die vielen Stücke von den Menſden und Pferden, die bei dieſer Ges
legenheit mit in die Luft gegangen waren , und die Franzoſen müſſen großen Sdaden davon gehabt haben . Immer heftiger ließ nun unſer Herr Generallieutenant von Yord Excellenz vorwärts uns dringen und was er nur von Truppen noch
übrig hatte, mußte jept mit auf den Feind los. Unſer Res giment und die braven litthauiſden Dragoner, von denen ich
Euc ſchon mal erzählt habe , wir hauten jeßt auf mehrere Bataillone von der franzöſiſchen Marine - Garde, die der Bus naparte von ſeinen Sdyiffen hatte kommen laſſen, mit aller
Macht ein . Sapperment, was war das für ein Eingehaue, ſu etwas läßt ſid, gar nicht ſo recht erzählen. Ich hab' doch idion mand ' ordentliches Dreingeklatſche in all den Kriegen mitdurchgemadyt, aber ſold' ein Eingebaue wie dazumalen an dem Abend bei Möckern, ſah id) mein Lebtag faum wieder.
Unſer Herr Major von Sohr , der war verwundet worden und dies hatte uns denn noch deſto mehr gegen die Franzoſen
erbittert , ſo daß wir ganz gewaltigen Zorn auf ſie hegten. Mit großer Tapferkeit vertheidigten ſich aber dieſelben gegen uns, das fann man nicht anders ſagen, und mandyer Huſar und Dragoner mußte noch aus dem Sattel, bevor wir ſie
alle in die Fludit geſchlagen oder zuſammengehauen hatten. Alte feſte Leute waren dieſe Marine- Soldaten, und Viele ließen
fid lieber in Stücken bauen , bis ſie um Pardon gebeten häts ten . Ich ſelbſt fam mit einem großen Kerl zuſammen , der ſo ein halber Mohr oder Türfe oder was weiß id) geweſen
ſein muß , denn er jab faſt ganz idywarz im Geſicht aus. Kräfte hatte der Kerl wie nur Einer und fliuf auf ſeinen
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Füßen war er dazu auch noch ganz gewaltig und ſo war es
wahrhaftig kein leidytes Stück Arbeit, mit ihm fertig zu wer den und ich weiß keinen einzigen feindlichen Infanteriſten , der mir jemals ſo viel zu thun gemacht hat, wie gerade dies ſer Marine- Soldat bei Mödern . Mit aller Gewalt ſtieß er
immer mit ſeinem Bajonnett auf mich los und id hatte alle Mühe dieſe heftigen Stöße zu pariren , und wenn mein Schecke nidyt ein ſo gutes und gewandtes Pferd geweſen wäre, ſo hätte er mir am Ende doch noch einen tüchtigen Stoß bei
gewiſcht. Wir waren zuleßt auf dem Felde, ungefähr 20 Schritte in der Runde, ganz allein geblieben, da die anderen Huſaren und Dragoner ſich mehr vorgedrängt hatten, und ſo konnten wir denn ſo recht unſere Sadie allein miteinander ausmachen.
Zweimal hatte er meinen Mantel und meine Säbeltaſche ſchon mit ſeinem Bajonnet getroffen und noch immer war es mir
nicht geglückt, ihm einen tüdytigen Säbelhieb, den er ſtets ges ſchickt zu pariren wußte, beizubringen. Endlid, aber riß ich meinen Schecken hoch in die Höhe , daß er ſich aufbäumte
und mit den Vorderfüßen dem Franzoſen auf die Bruſt ſtieg. Dieſer wollte zwar dem Pferde ſein Bajonnett durch den Leib
ſtoßen , doch ſchlug id) mit meinem Säbel den Flintenlauf weit an die Seite und hieb mit dem zweiten Hieb den Frans
zoſen , bevor er nod; bei Seite ſpringen konnte, gerade durch das Maul , ſo daß er ſeine Flinte fallen ließ und mit beiden Händen raſdy nach der Wunde griff. Für den heutigen Tag
hatte der ſicherlid ) genug und that uns keinen Schaden mehr und ſo jagte id) denn dynell den übrigen Kameraden nad),
die unterdeß die Franzoſen immer mehr nod ) zurückgedrängt hatten. Die meiſten Feinde flohen nun ſchon in wilder Eile bunt durch einander und nur einige ſchon ſehr klein gewor dene Bataillone dieſer Marine-Garde hielten noch ziemlich
geſchloſſen Stand und ſuchten ſich Schritt vor Schritt zu vers
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theidigen. „ Immer vorwärts Ihr Preußen, immer vorwärts, und gebt ihnen gleich nur das Lepte,“ riefen nun die wenigen Herren Officiere , die noch in dienſtfähigem Zuſtand bei uns waren und immer ſtärfer ward jeßt auch unſere Verfolgung. Einen franzöſiſchen Oberſten nahm ich bei dieſer Gelegenheit auch nod ) gefangen . Seinen Degen , mit dem er anfänglidy ſid) vertheidigen wollte, bieb id) ihm aus der Hand, da er ſchon ein alter, dywacher Mann war , der nidt mehr Kraft
genug zu einem Handgemenge hatte. Schon wollte id ihm einen zweiten Hieb geben , da ſah ich ſein weißes Haar, und ſo dadyte idy, laß ihn lieber leben und nimm ihn gefangen, was ich denn auch mit leichter Mühe that , da er ja ohne
Degen ſich nicht mehr vertheidigen konnte. Einem leicht ver wundeten Huſaren von uns, der aus dem Gefecht zurücfritt, übergab ich den Oberſten , um ihn mitzunehmen , da ich ſelbſt noch nicht von dem Einbauen auf die Franzoſen ablaſſen mocyte. Der Huſar, der hat ſpäter noch viel Lob und Ehre
davon gehabt , als wenn er den Oberſten gefangen genommen hätte , obſchon ich es doch eigentlich geweſen war. Das ſcha dete nichts, denn ich erhielt einige Wochen ſpäter ' doch für dies Gefecht bei Möckern das eiſerne Kreuz. Wie mid das erfreute, brauche ich Euch wohl nicht erſt zu erklären, Kinder.
Und doch mußte ich mir eigentlich ſagen , daß noch gar manche brave Huſaren in unſerer Schwadron dies eiſerne Kreuz, die hödyſte Ehre, die einem preußiſchen Soldaten nur zu Theil werden konnte, faſt eben ſo gut wie id, ſelbſt verdient hätten. Ich follte nämlich mit der Erſte geweſen ſein , der anfänglich mitten in die franzöſiſche Infanterie mit ſeinem Pferde hinein . feßte. Nun , das war freilich wohl der Fall, allein mein Sdyede
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fonnte aud) mit das beſte und muthigſte Pferd der ganzen
Sd)wadron genannt werden , und ſo hatte icky alſo auch die Pflicht, den Anderen den Weg in die Feinde imit bahnen zu
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helfen. Na, Alle fonnten wir denn doch nicht das eiſerne
Kreuz bekommen und ſo mußte ich es denn als ein großes Glück anſehen, daß es gerade mir zuerfannt wurde. Als die Franzoſen nun einmal zum eiligen Rückzug ges bracht waren, ſo riß , wie das immer dann ſo zu gehen pflegt, die Unordnung immer größer und größer bei ihnen ein. Im mer heftiger ſepten wir nach und wo ein Bataillon nur wie der feſten Stand zu nehmen die Abſicht hatte , gleid) waren
wir wieder dazwiſden und hauten ein , und trieben ſie aus: einander oder nahmen ganze Haufen von ihnen gefangen . Bis in den ſpäten Abend hinein dauerte die Verfolgung und wenn uns am Ende nidyt die Dunkelheit daran gehindert,
ſo hätte unſere Beute noch viel größer werden fönnen. Aber kudy ſo ſchon war ſie wahrhaftig nid )t gering an dem Tage, und der Bonaparte der ſoll gar arg erfahren , was wir Preußen von der Herrn Generals von Blücher Ercellenz Streich geſpielt hätten. Eben ſo wie
geflucht haben, als er ſchleſiſchen Armee des ihm wieder für einen an der Raybach und
bei Wartenburg, von welchen beiden ſchönen Tagen idy Eudt ja ſchon früher erzählt habe, war es auch diesmal wieder den
Franzoſen ergangen und mit Recht konnten wir ſtolz darauf ſein . Die Beute, die wir an dem Tage bei Möckern gemacht haben , joll an 2000 Gefangene und über 53 Kanonen und
noch viele Wagen und Pferde aller Art betragen haben , wo man auch ſagte, daß die Franzoſen an 6000 Mann an Todten
und Verwundeten verloren hätten. Das will ich übrigens gerne glauben, denn zu ganzen großen Haufen lagen die Tod ten und Sdwerverwundeten auf dem Schlachtfelde herum und allein wir Brandenburgiſden Huſaren und die ſitthauiſden
Dragoner, haben viele bundert Mann zuſammengehauen. Un
fere Säbel waren zulegt ganz ſtumpf und ſchartig geworden, und das Blut das lief an ihnen herunter wie an einem Sdílacht
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meſſer. Von einem Huſareil unſerer Sdwadron, einem ge lernten Landmann, erzählten die Anderen ſpäter, daß der an dieſem einzigen Tage allein 15 Franzoſen zuſammengehauen babe. Das fann gerne möglich ſein, wenn es auch ſonſt wohl
ein Bisdien aufgeſchnitten klingt, denn er war ein ſtarker, ſehr muthiger Kerl, der überall mit fodyt, und von vielem Pardongeben Die Franzoſen ſollen einmal ſeiner in Brand geſteckt haben, wobei ſein
in den vorderſten Reihen gerade fein Freund war. Eltern Haus muthwillig Vater und ſeine Mutter
mitverbrannten. So etwas kann wohl einen Menſchen ſo böſe machen, daß er den Soldaten eines Volfes, von dem
es geſchehen iſt, nachher feinen Pardon mehr geben mag, ob gleid, dies ſonſt eigentlid), nicht recht iſt. Sobald der Feind
den Säbel oder das Gewehr aus der Hand geworfen und um Pardon gebeten hat, muß ein preußiſcher Soldat ihin ſolchen audy geben und dann als Gefangenen gut behandeln , das iſt jo meine Anſicit. Na, dieſer Hujar, der ſonſt ein guter Menſch war und feinem Kinde was zu Leide that, iſt ſpäter Anno 14
bei einem Gefechte in Frankreich geblieben . Wenn wir von dem Corps des Herrn Generals von Yord Excellenz nun audy bei Möckern einen ſo ſchönen Sieg wie man nur wünſchen fonnte, erfochten hatten, ſo war das auch nicht ohne großen Verluſt von unſerer Seite geſcheben. Gar mancher brave preußiſche Soldat hat an dem Tage ſein Ge:
wehr zum Legtenmal abgeſchoſſen oder den Säbel in die Fauſt genommen und in den Gliedern der meiſten Schwadronen und Bataillone, die ſo recht an dem Gefechte theilgenommen hatten, ſah es an dem Abend verflucht ſchwach aus. Beinahe an die 6000 Unterofficiere und Soldaten waren von uns ge blieben oder doch ſo ſchwer verwundet, daß fie in die Foss
pitäler mußten , und bei den Herren Officieren, die immer dem feindlidyen Feuer am Meiſten ausgeſeßt ſind, ſollen wie ſpäter
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erzählt ward, allein an 17+ geblieben oder dod) ſdhwer vers wundet ſein. Wahrhaftig doch eine gute Zahl von Menſchen, die unſer Preußenland wieder auf das Schladytfeld geliefert, um den Bonaparte und ſeine Franzoſen für alle Zeiten aus Deutſchland herauszujagen . Sieben Herren Majore wurden allein an der Spige ihrer Bataillone erſchoſſen und 20 Ges
nerile, Oberſte und Majore verwundet, und darunter auch
wieder der Prinz Karl von Medlenburg Hoheit, der inmer der Erſte an der Spiße ſeiner Brigade war, wo das feind liche Feuer am Heftigſten tobte.
Nicht wahr, Kinder, dieſe Geſchichte von der Sdylacht bei Mödern, die ſo mit der großen von Leipzig zuſammenhing,
þat Euch gefallen. Ja gerade hier in dem Baden - Baden una ter allen dieſen vielen Franzoſen und den anderen Narren , die ſolden Alles nachmaden wollen, und ſich ihrer guten
deutſchen Sprache faſt ſchämen mödyten, und nur immer thuen als könnten ſie blos Franzöſiſc parliren, hört ſich ſo etwas am Beſten an. Ich denke mir, unſer Glas Bier muß uns dabei eben ſo gut ſchmeden als denen ihr Champagner, und wir müſſen uns in unſerer Commißuniform, die uns Se. Mas jeſtät unſer König giebt , und die kein Lump, wer es auch ſein mag , tragen darf, eben ſo ſtolz dünfen wie alle dieſe Herren mit ihren gelben Handſduhen und ſeidenen Weſten und goldenen Retten und was weiß ich noch ſonſt was Alles, die fich ihr Glas zwiſchen die Augen klemmen, daß es zum Lachen iſt , und ſchier den lieben langen Tag unſerem Herrs gott abſtehlen , und Jahr aus Jahr ein nichts weiter thuen als ſpielen und eſſen und trinken und den Frauen nachlaufen . Merkt Euch dies und was Euch jeßt der alte Unterofficier
Erdmann, der nun ſchon ſo lange Jahre mit Ehren ſeinem Könige gedient hat , ſagt und ſeid ſtolz darauf, einer Armee, wie unſerer preußiſchen, die ſolche Ehrentage wie bei Mödern
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und noch viele andere aufzuweiſen hat , anzugehören. Und wenn Ihr auch nur bloße Huſaren oder Musketiere oder Fü ſeliere ſeid , ſo macht das darin nichts aus, Generäle fönnen
wir nicht alle ſein, und auch ein gewöhnlicher Soldat, wenn er nur ſeine Schuldigkeit thut und auf Ghre im Leibe hält, follte von jedem vernünftigen Menſchen mit aller Adytung be:
handelt werden , und wenn das nicht geſchieht, ſo muß ein Krenzdonnerwetter dreinſchlagen . Um Euch nun die Geſchichte von dem Tage bei Möckern vollends auszuerzählen, ſo waren wir an dem Abend nach: dem die Verfolgung der Flüchtigen Franzoſen der Dunkelheit wegen aufgegeben war, ſo hundemüde, daß wir faum die
Knochen noch rühren konnten. Auch unſeren Pferden ging es nicht beſſer, und dazu batten die armen Beeſter den lieben
langen Tag nichts zu freſſen bekommen . Da hieß es denn zuerſt, wie es einem
ordentlid )en Reitersmann , wenn er fein
Lump ſein will, zufommt, ſuchen wo für die Pferde Futter gefunden werden könnte. In der Hinſicht hat es ein Infan teriſt freilid) kommoder wie ein Huſar, denn er braucht blos für ſeinen Magen zu ſorgen , und kann ſich dann der Länge lang auf den Boden hinwerfen , den Torniſter unter den Kopf ſchieben , und einen tüdytigen Sdnarcher machen . Na, das thut nichts , dafür haben wir es in anderer Art auch wieder
beſſer und brauchen uns nicht die Sđuhſohlen entzwei zu laufen , und jeder ordentliche Huſar wird im Felde ſein Pferd ſchon ſo lieb gewinnen , daß er mit Freuden dafür ſorgt. An dem Abend bei Mödern war es für unſere Schwa: dron, die weit vorgeſchoben bivouafirte, aber wahrhaftig feine
Kleinigkeit und das nöthige Futter für unſere Pferde noch zu ſuchen .
An Hafer hatten wir kein Körnlein mehr und die
Dörfer in der Nähe ringsum waren größtentheils ganz ab gebrannt und ſo verwüſtet, daß man nicht ſo viel Futter, um
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eine hungrige Maus ſatt zu machen , in denſelben auch beim beſten Suchen hätte finden können. Nach vielem Suchen und .
Herumirren fanden wir denn endlid) einen franzöſiſchen Pro viantwagen , der umgeworfen auf dem Felde lag und ganz
mit hartem Zwiebad aus der Feldbäckerei beladen war. Das war denn ein prächtiger Fund für uns, denn dieſen Zwieback konnten unſere Pferde freſſen und auch für uns war er ſehr
gut, da unſere Magen faſt vor Hunger zu fnurren anfingen. ,,Ghre haben wir zwar an dem heutigen Tag genug , aber dafür nichts für den Magen, " meinte ein Huſar, da wir
vergebens ſchon lange herumgeſucht hatten. A18 wir aber endlich den Brodwagen fanden , da rief er
vergnügt aus : „ Þurrah , jeßt haben wir Ehre für die Bruſt und Brod für den Magen , was wollen wir denn mehr.“ Su idwer wir nur tragen fonnten, beluden wir uns nun mit dies ſem Zwieback und als wir damit bei dem Bivouak unſerer
Schwadron wieder anfamen , machten alle Huſaren recht ver gnügte Geſichter darüber. Wir flopften den harten Zwieback mit unſeren Feldbeilen und Säbeln in lauter kleine Stüde
und ſchütteten ſolche dann unſeren Pferden in die Futterbeutel, I
die dann fraßen , als wenn es der beſte Hafer geweſen wäre.
Für uns ſelbſt aber hatten einige Huſaren unſerer Schwadron , die auch nad Lebensmitteln herumſuchten , auch noch einen Fund gemacht, der wahrhaftig fein ſchlechter war. Das wa ren einige Dußend Flaſchen ſehr guten Wein , den ſie in dem Proviantwagen eines franzöſiſchen Oberſten gefunden hatten. Die braven Kerle waren ehrlich genug, den Wein nicht allein
für ſich auszuſaufen , wie es Manche gewiß gethan hätten , ſondern alle Flaſchen in das Bivouak richtig abzuliefern . Da wurde der Wein denn in die Kochkeſſel gegoſſen , Stücke von dem Zwieback dazu hineingeworfen und ſo hatten wir denn bald eine Weinſuppe , wie ſie auf der Welt nicht beſſer ſein II.
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konnte , die fdhmedte an dem Abend , daß id) es auch jeßt
nach ſo langen Jahren noch nicht vergeſſen habe. Und nun das Gefühl des Sieges dazu, das ſchlechteſte Brod hätte uns jekt beſſer geſchmeđt wie in den Tagen nach Jena der fetteſte * Braten , um wie viel mehr alſo jeßt dieſe Suppe von gutem
Wein , den wir einem franzöſiſchen General abgenommen hat: ten. Und nach dem Eſſen da legten wir uns auf dem naſſen Boden neben unſere Pferde hin, und machten trog Regen und
Wind bis an den hellen Morgen einen ſo guten Schlaf, wie ihn der Bonaparte in der Nacht auf ſeinem prächtigen Bette gewiß nidyt gehabt hat. Es ſchläft ſich gar gut nad einer gewonnenen Schlacht, das fönnt Ihr mir glauben, Kinder.
Am anderen Tage, wo das ganze Corps des Herrn Ges . nerallieutenants von Yord Excellenz Raſt hielt , um ſich ein Bischen von den vielen Anſtrengungen des geſtrigen Gefechtes zu erholen, und die ſo ſehr verkleinerten Glieder wieder etwas
zu ſtärken, hatten wir noch ein trauriges Geſchäft. Wir ſuch ten und die Leichen von den Huſaren unſerer Sdwadron, die geblieben waren , auf dem Schlachtfelde zuſammen und mach ten denſelben eine tiefe Grube, wobei wir aus eroberten fran zöfiſden Flinten und mit franzöſiſchem Pulver ihnen die legte Ehrenſalve über ihr Grab gaben .
Manchen guten Kameraden erzeigten wir auf dieſe Weiſe die legte Ehre. Nun ſie waren im heftigen Kampfe als brave Huſaren mit Gott für König und Vaterland einen ehrlichen Reitertod geſtorben und mehr kann ein Soldat im Felde eigents lid faum verlangen . Wir Soldaten von dem Yordt'den Corps ſtanden an
den ferneren Sdlachttagen am 17. und 18. Oktober größten theils in Reſerve, da wegen der großen Verluſte, am 16. Ol tober, es nöthig war, daß eine ganz neue Eintheilung vorges nommen und die 4 bisberigen Brigaden in 2 Diviſionen vers
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wendet wurden. Unſer Vater Blücher aber , der auch bald darauf von Sr. Majeſtät, dem Könige , zum wirklichen Feld 1
marſchall ernannt wurde, nadidem ihn bisher die Soldaten
nur zu ihrem Marſdall Vorwärts " gemacht hatten , konnte auch an dieſen Tagen den Franzoſen wieder keine Ruhe laſſen . Beſonders an der Spiße von 4 kaiſerlich ruſſiſchen Huſaren
Regimentern , die unter ihm ſtanden , hat er die franzöſiſche Reiterei ordentlich zuſammen gehauen , und ein ſehr ſchönes Gefecht ſoll dies geweſen ſein , wie mir şuſaren von unſerem Regimente, die als Ordonnanzen dabei waren, erzählten. Ja, wo unſer Herr General von Blücher Excellenz ſelbſt war , da ging es immer von der Stelle und es machte ſich ordentlich, als wenn alle Soldaten dann viel mehr Straft wie ſonſt hät
ten . Er war der echte Huſaren- General, wie der alte Ziethen Einer unter unſers großen Königs Friße Majeſtät – hier ſaa lutirte der Alte geweſen iſt und wie wir mit Gottes gnä diger Hülfe auch wieder Einen bekommen werden , wenn es ſo ſein muß , daß unſer Preußenland ſo einen großen Krieg -
zu führen bat.
Doch , Kinder , jeßt höre ich mit dem Erzählen auf, es iſt genug für diesmal und Morgen um 15 Uhr in der Frühe müſſen wir zum Stalldienſt wieder munter ſein. Auf ein Ans dermal, wenn es ſich gerade ſo paſſen will, erzähle ich Euch noch mehr andere Geſchichten aus den Kriegsjahren von Annio 14 und 15 , wo wir Preußen zweimal als Sieger in Paris Raſd trennte der ganze eingezogen ſind. Nun Gutenacht." Kreis ſich, denn auch die Quſaren eilten in ihre verſchiedenen Quartiere, und die Promenade mit ihren prächtigen Gasflam
men war bald von ihnen leer. Gefallſüchtige und fäufliche Damen, heimkehrende Spieler aus den Spielfälen trieben bald dort wie allabendlich ihr Weſen , wobei ihnen oft der helle Schein der Gasflammen nur allzu hinderlich war.
Drud von
Friedrich Undrä in Leipzig .