Praxiswissen Lebensmittelsensorik: Das Übungsbuch für fundierte Sensorik-Kompetenzen in Studium und Beruf (German Edition) 3662665069, 9783662665060

Lebensmittelsensorik umfasst das Prüfen von Lebensmitteln mit den menschlichen Sinnen. Um sie professionell ausüben zu k

124 56 3MB

English Pages 181 [176] Year 2023

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Ausgangslage
1.1 Warum Sensorik?
1.2 Warum dieses Buch?
Literatur
2 Einführung in die Sinneswahrnehmung
2.1 Sehsinn
2.2 Geruchssinn
2.3 Geschmackssinn
2.3.1 Süß
2.3.2 Sauer
2.3.3 Salzig
2.3.4 Bitter
2.3.5 Umami
2.3.6 Fett
2.4 Hautsinne
2.4.1 Textur
2.4.2 Temperatur
2.4.3 Schmerz
2.5 Gehörsinn
Literatur
3 Einteilung sensorischer Prüfmethoden
3.1 Objektive Prüfungen
3.2 Subjektive Prüfungen
4 Übungen zur Sinneswahrnehmung, Sinnesschulung und Verkostungstechnik
4.1 Übung 1: Überprüfung des eigenen Farbsehvermögens
4.1.1 Hintergrund
4.1.2 Vorbereitung
4.1.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.2 Übung 2: Farbe beeinflusst Geschmack
4.2.1 Hintergrund
4.2.2 Vorbereitung
4.2.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.3 Übung 3: Blindverkostung Karotte/Möhre
4.3.1 Hintergrund
4.3.2 Vorbereitung
4.3.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.3.4 Auflösung
4.3.5 Zusatzübung
4.4 Übung 4: Geruchserkennungsprüfung
4.4.1 Hintergrund
4.4.2 Vorbereitung
4.4.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.5 Übung 5: Demonstration des retronasalen Geruches
4.5.1 Hintergrund
4.5.2 Vorbereitung
4.5.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.6 Übung 6: Ausschalten des orthonasalen Geruches
4.6.1 Hintergrund
4.6.2 Vorbereitung
4.6.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.7 Übung 7: Duftadaption
4.7.1 Hintergrund
4.7.2 Vorbereitung
4.7.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.8 Übung 8: Aromawahrnehmung bei unterschiedlichen Temperaturen
4.8.1 Hintergrund
4.8.2 Vorbereitung
4.8.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.9 Übung 9: Aromawahrnehmung bei befeuchteter Riechschleimhaut
4.9.1 Hintergrund
4.9.2 Vorbereitung
4.9.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.10 Übung 10: Erkennen der Grundgeschmacksarten
4.10.1 Hintergrund
4.10.2 Vorbereitung
4.10.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.11 Übung 11: Grundgeschmacksarten in einer Lebensmittelkategorie
4.11.1 Hintergrund
4.11.2 Vorbereitung
4.11.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.12 Übung 12: Rangordnungsprüfung süß
4.12.1 Hintergrund
4.12.2 Vorbereitung
4.12.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.13 Übung 13: Rangordnungsprüfung sauer
4.13.1 Hintergrund
4.13.2 Vorbereitung
4.13.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.14 Übung 14: Rangordnungsprüfung salzig
4.14.1 Hintergrund
4.14.2 Vorbereitung
4.14.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.15 Übung 15: Rangordnungsprüfung bitter
4.15.1 Hintergrund
4.15.2 Vorbereitung
4.15.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.16 Übung 16: Süßkraft im Vergleich
4.16.1 Hintergrund
4.16.2 Vorbereitung
4.16.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.16.4 Auflösung
4.17 Übung 17: Wiederholbarkeit einer sensorischen Intensitätsbewertung
4.17.1 Hintergrund
4.17.2 Vorbereitung
4.17.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.17.4 Reflexion nach der Übung
4.18 Übung 18: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt Senf
4.18.1 Hintergrund
4.18.2 Vorbereitung
4.18.3 Prüfanleitung
4.18.4 Reflexion nach der Übung
4.19 Übung 19: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt Balsamicoessig
4.19.1 Hintergrund
4.19.2 Vorbereitung
4.19.3 Prüfanleitung
4.19.4 Reflexion nach der Übung
4.20 Übung 20: Verkostungstechnik: Spucken vs. Schlucken
4.20.1 Hintergrund
4.20.2 Vorbereitung
4.20.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.20.4 Zusatzübung
4.21 Übung 21: Verkostungstechnik: Schlürfen vs. Trinken
4.21.1 Hintergrund
4.21.2 Vorbereitung
4.21.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.21.4 Zusatzübungen
4.22 Übung 22: Hautsinne/Textur – Rangordnung nach Konsistenz
4.22.1 Hintergrund
4.22.2 Vorbereitung
4.22.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.23 Übung 23: Hautsinne/Temperatur – Interaktion Fett & Temperatursinn
4.23.1 Hintergrund
4.23.2 Vorbereitung
4.23.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.23.4 Auflösung
4.24 Übung 24: Hautsinne/Schmerz: trigeminale Reize kennenlernen
4.24.1 Hintergrund
4.24.2 Vorbereitung
4.24.3 Prüfanleitung & Durchführung
4.25 Übung 25: mit allen Sinnen prüfen: frisch oder am Ende des MHD
4.25.1 Hintergrund
4.25.2 Vorbereitung
4.25.3 Prüfanleitung & Durchführung
Literatur
5 Übungen zur Harmonie von Zutaten
5.1 Übung 1: Food Pairing – Harmonie durch gemeinsame Aromen
5.1.1 Hintergrund
5.1.2 Vorbereitung
5.1.3 Prüfanleitung & Durchführung
5.1.4 Reflexion/Zusatzübung
5.2 Übung 2: Geschmackskontraste
5.2.1 Hintergrund
5.2.2 Vorbereitung
5.2.3 Prüfanleitung & Durchführung
5.2.4 Reflexion
5.3 Übung 3: Texturkontraste
5.3.1 Hintergrund
5.3.2 Vorbereitung
5.3.3 Prüfanleitung & Durchführung
5.3.4 Zusatzübung
5.4 Übung 4: Brot & Aufstrich Pairing
5.4.1 Hintergrund
5.4.2 Vorbereitung
5.4.3 Prüfanleitung & Durchführung
5.5 Übung 5: Methodik von Harmoniebewertungen
5.5.1 Hintergrund
5.5.2 Vorbereitung
5.5.3 Prüfanleitung & Durchführung
5.5.4 Reflexion
Literatur
6 Übungen zu sensorischen Prüfmethoden
6.1 Übung 1: Methode „einfach beschreibende Prüfung“ – Radieschen
6.1.1 Hintergrund
6.1.2 Vorbereitung
6.1.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.1.4 Auflösung
6.2 Übung 2: Methode „einfach beschreibende Prüfung“ – Honig
6.2.1 Hintergrund
6.2.2 Vorbereitung
6.2.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.2.4 Auflösung
6.3 Übung 3: Methode „check all that apply“ (CATA) – Schokolade
6.3.1 Hintergrund
6.3.2 Vorbereitung
6.3.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.4 Übung 4: Methode „check all that apply“ (CATA) – Olivenöl
6.4.1 Hintergrund
6.4.2 Vorbereitung
6.4.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.5 Übung 5: Methode „Free Sorting“ – Trockenfrüchte
6.5.1 Hintergrund
6.5.2 Vorbereitung
6.5.3 Reflexion
6.6 Übung 6: Methode „Free Sorting“ – Produktfotos
6.6.1 Hintergrund
6.6.2 Vorbereitung
6.6.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.7 Übung 7: Methode „Q-Sorting“ – Pflanzendrinks
6.7.1 Hintergrund
6.7.2 Vorbereitung
6.7.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.8 Übung 8: Methode „Projective Mapping“ – Pflanzendrinks
6.8.1 Hintergrund
6.8.2 Vorbereitung
6.8.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.9 Übung 9: Methode „Akzeptanztest“ – Pesto
6.9.1 Hintergrund
6.9.2 Vorbereitung
6.9.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.10 Übung 10: Methode „Akzeptanztest“ – Apfelsaft
6.10.1 Hintergrund
6.10.2 Vorbereitung
6.10.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.11 Übung 11: Methode Präferenztest – Milch
6.11.1 Hintergrund
6.11.2 Vorbereitung
6.11.3 Prüfanleitung & Durchführung
6.12 Übung 12: Methode „CATA Emotional Profile“ – Tonic
6.12.1 Hintergrund
6.12.2 Vorbereitung
6.12.3 Prüfanleitung & Durchführung
Literatur
7 Übungen zur Probenvorbereitung
7.1 Übung 1: Probenvorbereitung – Camembert
7.1.1 Hintergrund
7.1.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.1.3 Auflösung
7.2 Übung 2: Probenvorbereitung – Müsli
7.2.1 Hintergrund
7.2.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.2.3 Auflösung
7.3 Übung 3: Probenvorbereitung – Salz
7.3.1 Hintergrund
7.3.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.4 Übung 4: Probenvorbereitung – Banane
7.4.1 Hintergrund
7.4.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.4.3 Auflösung
7.5 Übung 5: Probenvorbereitung – Milch
7.5.1 Hintergrund
7.5.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.5.3 Auflösung
7.6 Übung 6: Probenvorbereitung – Near-Water-Getränk
7.6.1 Hintergrund
7.6.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.6.3 Auflösung
7.7 Übung 7: Probenvorbereitung – Wein
7.7.1 Hintergrund
7.7.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.7.3 Auflösung
7.8 Übung 8: Probenvorbereitung – Tomate
7.8.1 Hintergrund
7.8.2 Prüfanleitung & Durchführung
7.8.3 Auflösung
Literatur
8 Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung des Terroirs von Gemüse
8.1 Hintergrund & Zielsetzung
8.2 Planung der Sensoriktests
8.2.1 Auswahl der Prüfmethoden
8.2.2 Auswahl des Prüfortes
8.2.3 Auswahl der Testpersonen
8.2.4 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung
8.2.5 Planung der statistischen Datenauswertung
8.3 Auswertung der Sensoriktests
8.4 Interpretation und Schlussfolgerung, Berichterstattung
Literatur
9 Fallstudie 2: Lebensmittelhersteller – Rekrutierung von Prüfpersonen für ein deskriptives Panel
9.1 Hintergrund & Zielsetzung
9.2 Planung der Panelrekrutierung
9.3 Art der Rekrutierung
9.4 Methoden der Rekrutierung
9.4.1 Festlegen der Mindestanforderungen
9.5 Planung Probenmaterial
9.6 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung
9.7 Durchführung und Auswertung
9.8 Weitere Schritte
Literatur
10 Fallstudie 3: Lebensmittelhersteller – Planung eines Akzeptanztests von mit Kalzium angereichertem Orangensaft für die Zielgruppe 60+
10.1 Hintergrund & Zielsetzung
10.2 Auswahl der Prüfmethoden
10.3 Auswahl des Prüfortes
10.4 Rekrutierung der Testpersonen
10.5 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung
10.6 Erstellung des Fragebogens
10.7 Planung der statistischen Datenauswertung
Literatur
11 Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung des sensorischen Mindesthaltbarkeitsdatums bei einem neuen Produkt
11.1 Hintergrund & Zielsetzung
11.2 Planung der Sensoriktests
11.3 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung
11.4 Planung der statistischen Datenauswertung
11.5 Auswahl des Prüfortes
11.6 Nächste Schritte
Literatur
12 Fallstudie 5: Planung einer virtuellen Genussschulung zum Thema Geruch
12.1 Hintergrund & Zielsetzung
12.2 Information an Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen
12.3 Inhaltliches Programm
Literatur
Stichwortverzeichnis
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Praxiswissen Lebensmittelsensorik: Das Übungsbuch für fundierte Sensorik-Kompetenzen in Studium und Beruf (German Edition)
 3662665069, 9783662665060

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Eva Derndorfer

Praxiswissen Lebensmittelsensorik Das Übungsbuch für fundierte Sensorik-Kompetenzen in Studium und Beruf

Praxiswissen Lebensmittelsensorik

Eva Derndorfer

Praxiswissen Lebensmittelsensorik Das Übungsbuch für fundierte Sensorik-Kompetenzen in Studium und Beruf

Eva Derndorfer Wien, Österreich

Die Online-Version des Buches enthält digitales Zusatzmaterial, das durch ein Play-Symbol gekennzeichnet ist. Die Dateien können von Lesern des gedruckten Buches mittels der kostenlosen Springer Nature „More Media“ App angesehen werden. Die App ist in den relevanten App-Stores erhältlich und ermöglicht es, das entsprechend gekennzeichnete Zusatzmaterial mit einem mobilen Endgerät zu öffnen. ISBN 978-3-662-66506-0 ISBN 978-3-662-66507-7  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Ken Kissinger Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung und Ausgangslage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2

Einführung in die Sinneswahrnehmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3

Einteilung sensorischer Prüfmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

4

Übungen zur Sinneswahrnehmung, Sinnesschulung und Verkostungstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5

Übungen zur Harmonie von Zutaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

6

Übungen zu sensorischen Prüfmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

7

Übungen zur Probenvorbereitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

8

Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung des Terroirs von Gemüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

9

Fallstudie 2: Lebensmittelhersteller – Rekrutierung von Prüfpersonen für ein deskriptives Panel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

10 Fallstudie 3: Lebensmittelhersteller – Planung eines Akzeptanztests von mit Kalzium angereichertem Orangensaft für die Zielgruppe 60+. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 11 Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung des sensorischen Mindesthaltbarkeitsdatums bei einem neuen Produkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 12 Fallstudie 5: Planung einer virtuellen Genussschulung zum Thema Geruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

V

1

Einleitung und Ausgangslage

u

In diesem Kapitel wird erklärt, warum sich Sensorik erfolgreich als eigene Disziplin etabliert hat, wie sie begann und sich weiterentwickelt hat und wo sie heute zum Einsatz kommt. Da Sensorik eine Frage des Fachwissens und der spezifischen Produkterfahrung, vor allem aber der Übung ist, wird aufgezeigt, wie das Buch die eigene Aus- und Weiterbildung praxistauglich unterstützen kann.

Sensorik ist das systematische „Messen“ von Dingen – meist Lebensmitteln – mithilfe der menschlichen Sinne. Sie ist eine vergleichbar junge Disziplin, die ihren Anfang im 20. Jahrhundert hatte. Während sensorische Prüfmethoden im angloamerikanischen Raum schon damals in der Produktentwicklung zu Einsatz kamen, war ihr Beginn im deutschen Sprachraum in der Qualitätskontrolle. Anfangs waren die Prüfmethoden vergleichsweise simpel, und die ersten Produktbeschreibungen wurden im Konsens erarbeitet. Doch seither hat sich vieles geändert. Zuerst wurden die Methoden komplexer und genauer, und das Anwendungsfeld weitete sich auch im deutschen Sprachraum aus. Man ging bei fast allen Methoden zu individuellen Bewertungen – immer durch mehrere Prüfer – über und wertete die Ergebnisse aus. Eine Vielzahl an deskriptiven Prüfmethoden zur Beschreibung von Lebensmitteln etablierte sich, und statistische Modelle halfen bei der Identifikation „idealer“ Produkte, indem man Ergebnisse aus der Marktforschung mit den Beschreibungen trainierter Prüfpersonen verband. Um den Einfluss von Zutaten oder Technologien auf das Endprodukt besser zu verstehen, wurden auch Messdaten aus instrumentellen Messungen mit jenen der Humansensorik verknüpft. Eine eigene Disziplin innerhalb der Statistik – Sensometrics – beschäftigte sich ausschließlich mit sensorischen Fragestellungen. Dieser größere Aufwand ermöglichte eine höhere Messgenauigkeit. Sensorische Prüfpersonen auszuwählen und zu trainieren erfordert jedoch Zeit und Anstrengung, und so begann man im 21. Jahrhundert dort, wo dies mög-

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_1

1

2

1  Einleitung und Ausgangslage

lich und sinnvoll ist, effizienter zu ungenaueren, aber dennoch aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen. Mit Erfolg, denn neue Schnellmethoden etablieren sich immer stärker. Sie sind kein Ersatz für aufwendige Methoden, sondern als Erweiterung des Methodenspektrums zu betrachten. In den letzten Jahren gab es pandemiebedingt eine weitere Änderung. Das jahrzehntelange unantastbare Credo, dass objektive Sensoriktests ausschließlich im Labor oder zumindest einem adaptierten Prüfraum stattfinden, wurde aufgeweicht. Laut DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik (Seuß-Baum et al. 2022) fanden nicht nur in der Marktforschung häufig Onlinebefragungen statt, auch „[h] insichtlich der genutzten Testumgebungen dominierten ‚dezentrale Büroarbeitsplätze‘, vorhandene ‚Sensoriklabors mit Kabinen‘ und ‚Home-Use-Tests im Homeoffice‘“. Sensorik ist also unter definierten Bedingungen auch zuhause möglich. Was liegt also näher, als auch das sensorische Üben zu flexibilisieren und sich zuhause praxistauglich weiterzubilden?

1.1 Warum Sensorik? Weil sich Zutaten gegenseitig beeinflussen, sich verstärken oder abschwächen oder gar maskieren können und das sensorische Ergebnis beim Mischen von Zutaten daher nicht immer von vorneherein klar ist. Weil es zwar zahlreiche instrumentelle Messinstrumente (Colorimeter, Gaschromatografie-Olfaktometrie, elektronische Nasen, elektronische Zungen, Texture Analyser etc.) gibt, mithilfe derer einzelne Produkteigenschaften untersucht werden können, die allesamt aber nicht die gesamte Produktwahrnehmung abbilden können. Der Mensch ist als Messinstrument nicht ersetzbar. Weil Verkostungsergebnisse nur dann Sinn machen, wenn sie reproduzierbar sind. Dafür benötigt es eine Systematik: konkrete Fragestellungen und darauf abgestimmte Methoden, für die jeweilige Fragestellung geeignete Testpersonen, eine fachgerechte Probenvorbereitung und Probendarreichung sowie die entsprechende Datenauswertung. Und da Einzelpersonen unterschiedliche sensorische Fähigkeiten haben und die biologische Wahrnehmung jeder Person gewissen biologischen Schwankungen unterliegt, können ausnahmslos nur Gruppenergebnisse stabile – und somit sinnvolle – Ergebnisse liefern. Anwendungsgebiete für die Sensorik gibt es zahlreiche, in Forschung & Lehre, Lebensmittelindustrie & Gewerbe, Landwirtschaft & Handel, Gastronomie & Gemeinschaftsverpflegung. Im Hochschulsektor ist Sensorik daher Teil vieler Curricula. In der landwirtschaftlichen Primärproduktion geht es etwa um die Auswahl von neu gezüchteten Sorten oder um die sensorische Beschreibung derselben für Endverbraucherinnen und Endverbraucher. In der Gemeinschaftsverpflegung hilft sensorisches Wissen, um Speisen zielgruppengerecht zu entwickeln, die auch mehrheitstauglich sind. Der Handel setzt im Einkauf und bei der Entwicklung und Betreuung von Eigenmarken auf die sensorische Kompetenz der Mitarbeiter

1.2  Warum dieses Buch?

3

und Mitarbeiterinnen. Kleine Gewerbebetriebe können herausstreichen, welche sensorischen Unterschiede das Handwerk mit sich bringt. In der Lebensmittelindustrie ist man sich aber am deutlichsten bewusst, dass der Erfolg eines Lebensmittels am Markt zwar nicht ausschließlich, aber doch wesentlich von dessen sensorischen Eigenschaften abhängt: • Wir wählen aus, was uns optisch anspricht, das beginnt bereits mit der Verpackung. • Wir mögen Lebensmittel, wenn wir sie öfter gekostet haben, ergo sensorisch mit ihnen vertraut sind. • Gegen Gerüche (und damit Duftmarketing) können wir uns nicht „wehren“, und noch bevor wir einen Geruch bemerken, reagieren wir bereits emotional darauf. • Zutaten harmonieren meist miteinander, wenn sie gemeinsame Aromen besitzen und Geschmacks- oder Texturkontraste aufweisen. • Ein Lebensmittel mit unangenehmem Mundgefühl lehnen wir kategorisch ab, egal wie gut es geschmacklich ist, und sind uns dennoch oft nicht bewusst, wie sehr das Mundgefühl bei der Vorliebe von Speisen mitredet – heißt es doch im Sprachgebrauch „es schmeckt mir nicht“. • Wir erwarten sensorisch fehlerfreie Produkte im Regal. • Manche Lebensmittelgruppen werden entsprechend ihrer Geschmacksintensität (z. B. Käse) oder Schärfe (z. B. Senf) eingeteilt. • Innerhalb der Unternehmen werden oft Produktvergleiche angestellt: Das eigene Produkt wird mit jenen der Konkurrenz verglichen, eine herkömmliche mit der optimierten oder auch mit einer kostenreduzierten Rezeptur, das frische Produkt mit seinem Pendant am Ende der Mindesthaltbarkeit oder mehrere Produktprototypen im Entwicklungsstadium (Derndorfer und Buchinger 2020). Dafür bedarf es sensorischer Prüfmethoden. Diese Liste ist keineswegs vollständig, sie zeigt jedoch, dass Sensorik in Unternehmen abteilungsübergreifend von Bedeutung ist, in der Produktentwicklung, im Marketing, in der Wareneingangskontrolle und in der Qualitätssicherung.

1.2 Warum dieses Buch? Weil zwar jeder Mensch mehrmals täglich isst, aber deshalb noch lange kein Sensoriker bzw. keine Sensorikerin ist. Weil Sensorik eine Frage des Fachwissens und der spezifischen Produkterfahrung, vor allem aber auch der Übung ist. Wir Menschen haben nicht alle die gleichen genetischen Voraussetzungen, nicht jeder Mensch kann gleich gut farbsehen, riechen, schmecken, fühlen oder hören, und wir können uns keine Rezeptoren zur besseren Wahrnehmung anzüchten. Aber wir alle können unser Gehirn, unser Geruchs- und Geschmacksgedächtnis trainieren und unser sensorisches Ultrakurzzeitgedächtnis in ein sensorisches Langzeitgedächtnis

4

1  Einleitung und Ausgangslage

überführen. Wir können uns Gerüche einprägen, um sie später abzurufen. Wir können Deskriptoren kennenlernen und eine Art sensorische Bibliothek im Kopf etablieren, um Produkte besser beschreiben zu können. Wir können unsere Riechund Verkostungstechnik optimieren und lernen, wie man den Gaumen bestmöglich neutralisiert. Dieses Wissen und diese praktische Erfahrung helfen, um später Verkostungen in einem Unternehmen zu professionalisieren und zu standardisieren. Nicht nur als sensorische Prüfperson, auch als Panelleitung, in der Produktentwicklung oder Pflanzenzucht muss man viel verkosten, Proben vorauswählen und mit Personen aus anderen Abteilungen über ein Produkt sprechen können. Man benötigt daher immer ein gewisses sensorisches Vokabular. Wer Prüfpersonen aufgrund deren sensorischer Fähigkeiten auswählt, um eine Prüfergruppe aufzubauen und zu leiten, sprich, wer andere sensorisch schult, muss selbst in der Lage sein, geeignete Trainingsreferenzen zu suchen. Nur wer selbst viel verkostet hat, weiß auch, worauf es bei der Schulung anderer ankommt. Um besser einschätzen zu können, wo ungenauere Schnellmethoden eingesetzt werden können, ist Methodenerfahrung nötig. Und wer Begriffslisten für Schnellmethoden erstellt, muss firm in der Bedeutung sensorischer Deskriptoren sein. Beides lernen Sie im Zuge der Übungen (s. Kap. 4, 5, 6 und 7). Und letztlich betrifft der Erfahrungsschatz auch die vielfach unterschätze Probenvorbereitung. Nur wer selbst bereits verschiedene Proben vorbereitet hat, kennt die Wichtigkeit, aber auch die Schwierigkeiten, die das mit sich bringen kann – und kann auch andere entsprechend anleiten. Das Buch kann und soll Ihnen somit helfen, im Selbststudium vieles auszuprobieren. Sie bekommen eine Vorstellung davon, welche Themen im Berufsleben eines Sensorikers oder einer Sensorikerin auf Sie zukommen können. Die Übungen dienen somit zum Lernen im Studium, sind aber auch nach dem Studium in der sensorischen Praxis einsetzbar. Die Übungen für zuhause sind eine sinnvolle Ergänzung und Vertiefung zu Sensoriklehrveranstaltungen. Allen, die keine Möglichkeit oder keinen Zugang zu einer derartigen Lehrveranstaltung haben, bietet das Buch einen praktischen Einstieg in das Thema. Wer alle 50 Übungen durchmacht, kennt sozusagen das kleine Einmaleins der Sensorik. Das Üben zuhause hat viele Vorteile: • Man ist zeitlich unabhängig und macht die Übungen dann, wenn man Zeit oder Lust hat, wenn man nicht verkühlt oder gestresst ist. • Man ist unbeeinflusst von Kommentaren anderer Verkoster. • Man lernt jede Menge über Probenbeschaffung und Probenvorbereitung, • Hat man eine Unverträglichkeit oder wählt eine spezielle Ernährungsform, kann man für fast jede Übung die entsprechenden Pendants auswählen (glutenfrei, laktosefrei, vegan). Da sämtliche Lebensmittel und Materialien für die Übungen selbst beschafft und vorbereitet werden müssen, kann nicht jeder Effekt zuhause demonstriert werden.

Literatur

5

Der Einfluss von Reformulierungen (z. B. Fettreduktion, Zuckerreduktion, Salzreduktion) wird in einer Blindverkostung ohne Hintergrundwissen über die Proben besser verdeutlicht als mit dem entsprechenden Hintergrundwissen über die verkosteten Proben. Derartige Demonstrationen werden daher ausgeklammert. Auf 50 Übungen folgen 5 Fallstudien (s. Kap. 8, 9, 10 und 11 12), die das Geübte in einen Arbeitskontext einbetten. Und weil es unterschiedliche Lerntypen gibt, gibt es für visuelle und auditive Lerntypen auch kurze Videos, die online abrufbar sind.

Literatur Derndorfer E, Buchinger E (2020) Schnellmethoden der Lebensmittelsensorik. Springer Spectrum, Wiesbaden Seuß-Baum I, Schneider D, Schneider-Häder B et al (2022) DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik 2022. Themen, Tools und Perspektiven in der deutschsprachigen Lebensmittelsensorik. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/trendmonitor/ Trendmonitor_Sensorik_2022.pdf

2

Einführung in die Sinneswahrnehmung

u In diesem Kapitel wird ein Überblick über die Sinnesphysiologie gegeben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf praxisrelevanten Informationen: Wovon hängt es ab, wie gut wir farbsehen, riechen oder schmecken können? Bei welchen Lebensmitteln spielt der Gehörsinn eine Rolle? Wie beeinflussen sich die Sinne gegenseitig? Und wie reproduzierbar sind Ergebnisse der Humansensorik überhaupt?

Das Prinzip unserer Sinneswahrnehmung ist simpel: Wir nehmen chemische Reize (Geruch, Geschmack sowie manche Schmerzreize wie etwa Scharfstoffe) und physikalische Reize (Licht, Schall, Temperatur, Textur und mechanische Schmerzreize) mit unseren Sinnesorganen wahr. Diese sind mit spezialisierten Rezeptoren ausgestattet. Die chemischen oder physikalischen Reize müssen in der Sinneszelle in elektrische Erregungen umgewandelt werden, um via Nervensystem an das Gehirn weitergeleitet zu werden. Damit diese Umwandlung, die Transduktion, stattfindet, bedarf es einer bestimmten Reizkonzentration, d. h., nicht jeder Reiz führt automatisch zu einer Sinneswahrnehmung. Im Gehirn, nicht in der Sinneszelle, erfolgen das Erkennen und Bewerten von Sinneseindrücken.

2.1 Sehsinn Produkt und Verpackung, Farbe und Form, Oberflächenbeschaffenheit und Innenleben – der Sehsinn liefert uns als Fernsinn wertvolle Informationen über den Zustand eines Produktes und damit erste Aufschlüsse, ob wir es konsumieren möchten. Wir sehen, ob eine Karotte knackig oder schrumpelig ist, ob ein Brot trocken, verbrannt oder gar schimmelig ist, ob Tee frisch oder alt ist. Auch Ekel, etwas vordergründig Erworbenes, hat viel mit dem Aussehen zu tun.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_2

7

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

Ging es früher um eine Sicherheitseinschätzung des Lebensmittels, ist es heute oft eher eine Frage des Genusses: Was spricht mich an? Was sieht besonders gut aus? Aber auch der optische Einfluss der Umgebung auf die Wahrnehmung von Lebensmitteln ist gut bekannt: Zahlreiche Studien zeigten den Einfluss des Geschirrs (Piqueras-Fiszman et al. 2012; Piqueras-Fiszman und Spence 2012; Van Doorn et al. 2014; Harrar et al. 2011) oder auch der Raumfarbe (Velasco et al. 2013). Sensoriklabore sind daher möglichst neutral gehalten, weiß, beige oder in hellen Grautönen, und bieten optisch keine Ablenkung. Neutral ist aber auch diese Art der Umgebung nicht. Jede Umgebung, jede Prüfsituation macht etwas mit uns. Um sehen zu können, sind unsere Augen mit vielen Millionen an Rezeptoren ausgestattet. Zapfen sorgen für das Farbsehen, Stäbchen registrieren Helligkeit und ermöglichen damit das Schwarz-Weiß-Sehen. Doch das Farbsehvermögen ist häufig eingeschränkt; genetisch bedingt betrifft dies Männer viel öfter als Frauen. Ist bei einem Produkt die sensorische Farbmessung relevant, so muss gewährleistet sein, dass die Testpersonen auch einwandfrei farbsehen können. Verschiedene Online-Farbsehtests finden Sie in Übung 1 (s. Abschn. 4.1). Die sensorische Farbmessung von Lebensmitteln verfolgt unterschiedliche Ziele. Dazu zählen die Messung des Reifegrades (z. B. von Obst), die Messung der Frische (z. B. von Fisch), die Überwachung der Lagerbedingungen (z. B. von Kartoffeln), die Messung der Sortentypizität (z. B. von Honig), das Produktionsmonitoring (z. B. Röstgrad) sowie die Überprüfung der Farbstabilität bei Verarbeitungsschritten bzw. Zubereitungsmethoden (Derndorfer 2016). Farbmessungen kommen auch dann zum Zug, wenn die Farbe von Produkten als Information für Endkonsumenten beschrieben werden soll, etwa wenn das Produkt verpackt und damit unsichtbar ist. In der Forschung werden Daten von Farbanalysen auch mit anderen analytischen Messergebnissen oder mit Akzeptanzurteilen von Konsumenten korreliert. Während der Einfluss der Farbe bestens untersucht und bekannt ist, wurde die Form lange Zeit unterschätzt. Wie stark ihr Einfluss auf die Produktwahrnehmung ist, verdeutlicht eine Studie mit Brot. In dieser Studie wurde der gleiche Brotteig für ein galizisches Weizenbrot in vier Formen gebacken – einer Stange, einem Kegel, einem Kranz und einem runden Laib. Ein trainiertes Panel beschrieb die sensorischen Eigenschaften der Brote und bewertete die Intensität jedes Deskriptors. Dabei zeigten sich nicht nur im Aussehen und der Textur signifikante Unterschiede, sondern selbst im salzigen und bitteren Geschmack und in der Intensität des Sauerteiggeruches (Estévez-López et al. 2021). Auch manche Verpackungen und Logos spiegeln Assoziationen zwischen Form und Geschmack wider: Die meisten Mineralwasser- und Bierlogos sind eckig, denn sauer, salzig und bitter werden eher mit eckig, süß hingegen mit rund assoziiert (Spence 2018).

2.2 Geruchssinn

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2.2 Geruchssinn Die Bedeutung des Geruchssinns wurde vielen im Zuge der Corona-Pandemie klar. Geruchsverluste waren bei den frühen Virenvarianten häufig (Rojas-Lechuga et al. 2021). Wie lange diese anhielten, hing primär davon ab, was virusgeschädigt wurde: die Riechschleimhaut, der Riechkolben, Nerven oder gar Hirnzentren. Das erste Stadium der Erholung nach Geruchsverlusten war häufig eine Parosmie, eine qualitative Riechstörung. Unsere Riechsinneszellen befinden sich im Riechepithel in der Nasenschleimhaut. Jede Zelle stellt nur einen von >400 verschiedenen Riechrezeptortypen her. Gerüche bestehen jedoch üblicherweise aus einer Mischung an Aromamolekülen und aktivieren daher eine Kombination an Rezeptoren. Durch diese geruchstypischen Kombinationen sind wir in der Lage, Tausende verschiedene Gerüche zu erkennen, die Erkennungsleistung erfolgt jedoch nicht in der Nase, sondern im Gehirn. Riechstoffe sind meist hydrophob. Sie müssen zuerst in der Riechschleimhaut gelöst werden, um überhaupt an die Riechrezeptoren zu gelangen. Dafür binden sie an spezifische geruchstoffbindende Proteine. Gelangt ein Aromamolekül schließlich zur Riechrezeptorzelle, dockt es an der Außenseite der Riechrezeptorzelle an. Dadurch werden auf der Zellinnenseite ein G-Protein und anschließend das Enzym Adenylatzyklase III aktiviert und in der Folge der sekundäre Botenstoff cAMP gebildet. Dieser aktiviert wiederum Kationenkanäle – es kommt zum Einstrom von Na+ und Ca2+ in die Riechzelle. Ca2+ öffnet in der Folge einen Cl–-Ionenkanal, sodass Cl− aus der Zelle strömt. Es kommt zu einer Ladungsänderung, die in ausreichendem Ausmaß zur Depolarisierung der Zelle führt (Witt und Hansen 2009). Gerüche werden dabei nicht nur durch direktes Riechen an einem Lebensmittel (pronasal oder orthonasal), sondern auch während des Verzehrs (retronasal) wahrgenommen, wenn Geruchsmoleküle von der Mundhöhle durch eine direkte Verbindung zur Riechschleimhaut der Nase aufsteigen (s. Abschn. 4.5). Diese retronasale Geruchswahrnehmung wird oft mit Geschmack verwechselt. Wer Getränke nur retronasal wahrnehmen will, nimmt am besten einen Strohhalm. Dieser blockiert jegliche orthonasale Wahrnehmung (s. Abschn. 4.6). Manche Geruchsstoffe wirken zusätzlich trigeminal, d. h., sie brennen oder stechen in der Nase. Das ist sinnesphysiologisch betrachtet keine Geruchswahrnehmung, sondern ein Schmerzreiz. Substanzen, die sowohl olfaktorisch als auch trigeminal wahrgenommen werden, sind flüchtige Säuren wie Essigsäure und Buttersäure, flüchtige Scharfstoffe wie Isothiocyanate aus Senf und kühlende Substanzen wie Menthol und Eukalyptol (Simat et al. 2017). Wie gut wir riechen können, hängt von vielen Faktoren ab: von unserem Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand, Medikamenteneinnahme, Raucherstatus, aber auch vom Hunger- bzw. Sättigungszustand, Schlafmangel, Emotionen, unserer Riechtechnik und dem Trainingszustand unseres Geruchsgedächtnisses (Derndorfer 2016). Angeborene oder erworbene Riechstörungen (etwa infolge

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

einer COVID-19-Infektion) spielen ebenso eine Rolle wie die Adaption, eine Anpassung in Form einer verminderten Riechleitung an eine länger andauernde Stimulation durch einen spezifischen Geruch. Jung ist die Erkenntnis, dass auch das Nasenmikrobiom einen Einfluss auf unsere Riechleistung ausübt. Zwischen Menschen, die besonders gut, besonders schlecht oder durchschnittlich gut riechen, gibt es deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobioms. Vor allem Buttersäure produzierende Bakterien sind mit schlechtem Riechvermögen assoziiert. Vielfalt im Nasenmikrobiom ist kontraproduktiv: Bei Personen mit verminderter Riechleistung (Hyposmie) wurden mehr unterschiedliche Bakterienstämme gefunden. Mit der Fähigkeit, Gerüche zu benennen, hat das Mikrobiom nichts zu tun (Koskinen 2018). Zu all den genannten personenspezifischen Faktoren kommen solche, die vom Produkt selbst ausgehen, etwa der Einfluss anderer Sinnesmodalitäten (z. B. Produktfarbe) auf den Geruch oder das eingesetzte Geschirr (z. B. Glasform, Farbe). Im Zuge von Paneltrainings, also dem Training trainierter Prüfergruppen, wird auch das Geruchsgedächtnis geschult. Panellisten lernen verschiedenen Geruchsstoffe als Referenzen kennen und sind in Folge besser in der Lage, wahrgenommene Gerüche zu identifizieren und zu beschreiben. Der Geruch von Lebensmitteln ist meist sehr komplex, das Hauptaugenmerk jeder Panelschulung liegt daher beim realen Lebensmittel, doch können gerade zu Beginn der Prüferschulung Riechreferenzen und standardisierte Aromen hilfreich sein.

2.3 Geschmackssinn Der Geschmackssinn ist ein Nahsinn. Erst wenn wir ein Lebensmittel mithilfe unserer Fernsinne (Sehsinn, Geruchssinn und Gehörsinn) als potenziell genusstauglich einstufen, nehmen wir es auch in den Mund. Dort nehmen wir mithilfe des Geschmackssinns ausschließlich 5 Grundgeschmacksarten – süß, sauer, salzig, bitter und umami – wahr (Übung 10 – s. Abschn. 4.10). Über Fett als 6. Grundgeschmacksart ist die Diskussion insofern widersprüchlich, weil Triglyceride das Mundgefühl beeinflussen und nur freie Fettsäuren schmeckbar sind, unser Nahrungsfett aber vorwiegend in Form von Triglyceriden verzehrt wird (s. Abschn. 2.3.6). Um Geschmäcker wahrzunehmen, müssen die Geschmacksstoffe im Speichel oder in Flüssigkeit des Lebensmittels gelöst sein. Nur so gelangen sie zu den Sinneszellen. Die Sinneszellen des Geschmacks sind in den Geschmacksknospen lokalisiert, die man in 3 der 4 Papillenarten – Pilzpapillen, Blätterpapillen und Wallpapillen – findet. Sie sind primär auf der Zunge lokalisiert, vereinzelt aber auch am weichen Gaumen, der hinteren Rachenwand und am Kehldeckel. In den Geschmacksknospen befinden sich sogenannte Typ-II- und Typ-IIISinneszellen. Typ-II-Sinneszellen bilden Geschmacksrezeptoren für süß, umami und bitter aus, Typ-III-Zellen für sauer und salzig. Pilzpapillen tragen nicht nur Geschmacksknospen, sondern auch Mechanorezeptoren und werden auch durch

2.3 Geschmackssinn

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den fünften Hirnnerv, den Nervus trigeminus innerviert. Die Pilzpapillendichte dürfte daher auch für die Texturwahrnehmung bedeutsam sein. Um süß, umami oder bitter schmecken zu können, sind rezeptorassoziierte G-Proteine und Enzyme für die Bildung sekundärer Botenstoffe nötig. Bindet der jeweilige Geschmacksstoff an der Außenseite einer Typ-II-Sinneszelle an einen Süß-, Umami- oder einen der zahlreichen Bitterrezeptoren, wird an der Zellinnenseite das G-Protein aktiviert, welches sich in Untereinheiten aufspaltet. Es folgt die Bildung mehrerer sekundärer Botenstoffe. Durch Bindung des Botenstoffes IP3 an Rezeptoren wird Kalzium freigesetzt, und die Öffnung von TRPM5Kanälen führt zur Depolarisation der Sinneszelle (Manzini und Czesnik 2009). Einfacher ist der Transduktionsprozess bei sauer und salzig, wo die Rezeptoren einfache Ionenkanäle darstellen.

2.3.1 Süß Süß ist für uns Menschen ein sicherer Geschmack, denn süße Lebensmittel sind im Normalfall ungefährlich. Unser Körper bildet daher nur einen einzigen Süßrezeptor für alle süßen Substanzen aus. Dieser besteht aus zwei Untereinheiten (TAS1R2 und TAS1R3) und hat mindestens 6 Bindungsstellen. Unterschiedliche süße Moleküle binden an den unterschiedlichen Stellen des Süßrezeptors. Wie intensiv wir den süßen Geschmack wahrnehmen, hängt dabei freilich nicht nur von der Art und Menge eines süßen Stoffes, sondern auch von anderen Faktoren ab. So können Gerüche, die üblicherweise mit süßem Geschmack gepaart auftreten (z. B. Karamell, Vanille, Erdbeere u. a.), selbst in geringer Konzentration den empfundenen süßen Geschmackseindruck erhöhen (Dürrschmid 2018). Kombiniert man 2 unterschiedliche süße Substanzen, können sich diese gegenseitig verstärken. Künstliche Süßstoffe werden daher oft gemeinsam eingesetzt. Lange Zeit ging man davon aus, dass 2 Süßstoffe synergistisch wirken, wenn sie an unterschiedlichen Rezeptorstellen binden. Bei Saccharin und Cyclamat scheint der Synergismus allerdings auf einem anderen Prinzip zu beruhen: Beide Süßstoffe aktivieren neben dem Süßrezeptor nämlich auch unterschiedliche Bitterrezeptoren. Cyclamat inhibiert die Bindung von Saccharin an den saccharinspezifischen Bitterrezeptor, und umgekehrt. Die Bitterkeit der Süßstoffe wird dadurch merklich reduziert. Bitterkeit maskiert gewöhnlich Süße zu einem gewissen Grad. Durch Reduktion der Bitterkeit wird die Süße stärker empfunden (Munger 2017).

2.3.2 Sauer Der biologische Sinn, warum wir sauer schmecken, bedeutet Warnung, denn sauer ist ein Hinweis auf Unreife oder Verderb. Säuglinge sind dem sauren Geschmackseindruck daher erst einmal nicht zugetan. Das ändert sich im Laufe des Lebens. Typ-III-Sinneszellen bilden Sauerrezeptoren aus. Säuren setzen Protonen frei, und diese aktivieren die Säurerezeptoren. Erst 2018 wurde in der Maus ein neuer

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

Protonenkanal, Otopetrin-1, gefunden (Ramsay 2018). Dieser erlaubt die Wahrnehmung starker Säuren, während schwache Säuren unspezifisch durch die Zellmembran der Sinneszelle zu diffundieren scheinen. Die Intensität der wahrgenommenen Säure hängt sowohl vom Produkt als auch von der individuellen Empfindlichkeit der verzehrenden Person ab. Sie ist nicht immer proportional zum pH-Wert – einem Maß für die Protonenkonzentration. Protonen sind somit nicht alleine für die geschmeckte Säure ausschlaggebend. Trigeminale Reize wie Kohlensäure intensivieren die Wahrnehmung von sauer. Ebenso können Aromen wie Zitronen- oder Erdbeeraroma die wahrgenommene Intensität von Zitronensäure erhöhen (Dürrschmid 2018). Süßer Geschmack schwächt sauer hingegen ab.

2.3.3 Salzig Salz brauchen wir, wenn wir schwitzen, aber auch, um Speisen attraktiv zu machen. Dermaßen verbreitet ist es sicher vor allem deshalb, weil es eine einfache und schnelle Lösung in Sachen Würzung ist, weil es hitze- und gefrierstabil ist und weil es Lebensmittel nicht nur würzt, sondern auch haltbar macht. Salz wirkt antibakteriell, Salz ist Geschmacksverstärker und unterdrückt die Bitterkeit eines Produktes. Salzig schmecken ist ebenso wie sauer ein einfacher Vorgang: Salze dissoziieren in wässrigen Lösungen bzw. bei festen Lebensmitteln im Speichel in Kationen und Anionen. Aus Natriumchlorid werden Na+ und Cl−. In den Geschmacksknospen auf der Zunge befindliche Typ-III-Sinneszellen bilden Salzrezeptoren aus, die Ionenkanäle darstellen. Durch den Ionenkanal ENaC strömt beim Essen salzreicher Kost Na+ in die Zelle. Geschieht dies in ausreichendem Ausmaß, kommt es durch die Ladungsänderung zur Nervenreizleitung zum Gehirn. NaCl ist das einzige Molekül, das ausschließlich salzig schmeckt. In einer Studie wurden unterschiedliche Salze mithilfe eines geschulten Panels verglichen. Die Intensität des salzigen Geschmacks wässriger Lösungen variierte bei gleicher Salzmenge. Meersalze schmeckten selbst bei gleichem Natriumgehalt unterschiedlich salzig. Das weist daraufhin, dass auch andere Mineralien den Geschmack beeinflussen (Drake und Drake 2011). Salzreduktion ist aus Gesundheitsgründen seit einigen Jahren ein wichtiges sensorisches Thema in der Lebensmittelindustrie. Sie kann auf sehr unterschiedliche Weisen – sensorisch oder technologisch – erreicht werden: erstens durch stille Reduktion in einem Ausmaß, das sensorisch nicht merkbar ist (Think Tank Reduction2020 et al. 2018). Das funktioniert vor allem bei Lebensmitteln, deren Salzgehalt sehr hoch ist. Zweitens ist bei manchen Produkten ein partieller Austausch von NaCl gegen andere Salze, etwa KCl, möglich (Antúnez et al. 2018). Drittens ist multisensorische Reformulierung eine Option, etwa indem man mit Gerüchen, die man von salzigen Lebensmitteln kennt (z. B. Rauch- oder Fleischaromen, Liebstöckel, Sardellen), durch Assoziation die empfundene Salzigkeit zu

2.3 Geschmackssinn

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verstärken versucht (Dürrschmid 2018, Think Tank Reduction2020 et al. 2018). Trigeminale Reize (Kohlensäure, Capsaicin) können ebenfalls die empfundene Salzigkeit erhöhen (Dürrschmid 2018). Und letztlich kann technologisch durch Umverteilung von Salz im Produkt, etwa durch das Schaffen von Salzinseln, auf die man beißt, bei geringerem Salzgehalt die gleiche empfundene Geschmacksintensität erzeugt werden (Think Tank Reduction2020 et al. 2018).

2.3.4 Bitter Bitterrezeptoren sind mannigfaltig, wir bilden derer 25 verschiedene aus – ein Luxus, den sich unser Körper für keine andere Geschmacksrichtung leistet. So können wir darauf vertrauen, dass wir vor Bitterkeit – und damit vor einem möglichen Gift – gewarnt werden. Babys lehnen unmittelbar nach der Geburt den bitteren Geschmackseindruck entsprechend deutlich ab. Doch das Lernen beginnt rasch. Auch das ist gut, denn bitter ist bei vielen Lebensmitteln ein Qualitätsmerkmal. Bitter sind phenolische Substanzen in Tee, Kaffee, Kakao, Wein, Hülsenfrüchten, Zitrusfrüchten oder Beeren, bitter sind auch Terpenoide und Isoprenoide in vielen Gemüsen, Hülsenfrüchten, Gewürzen und Zitrusfrüchten, und bitter schmecken stickstoffhaltige Substanzen, die in Genussmitteln, Kohlgewächsen, Steinobstkernen und in Rauschmitteln vorkommen (Höhl und Lichtenstein 2020). Manche Aminosäuren schmecken bitter und gewollte Bitterstoffe entstehen bei Röstprozessen, etwa bei Kaffee. Und letztlich spielen Bitterstoffe seit jeher eine Rolle in der Naturheilkunde.

2.3.5 Umami Obwohl umami bereits vor über 100 Jahren beschrieben wurde, gilt er erst seit 2002 offiziell als fünfte Grundgeschmacksrichtung. Übersetzt bedeutet das japanische Wort umami köstlich. Beschrieben wird umami oft als Geschmack von Eiweiß. Das stimmt jedoch nicht ganz, denn Proteine sind zu große Moleküle, um überhaupt einen Geschmackseindruck zu erzeugen, und nur 2 Aminosäuren schmecken tatsächlich umami: Glutaminsäure und Asparaginsäure, beide in Form ihrer Salze. Deutlich mehr Aminosäuren schmecken süß oder bitter. Etwa ein Drittel der gegessenen Aminosäuren entfällt jedoch auf Glutaminsäuren. Glutaminsäure macht 10–20 Gewichtsprozent des tierischen Proteins und bis zu 40 % des Pflanzenproteins aus (Mouritsen & Styrbæk 2014). In Obst kommt die Aminosäure nur in sehr geringen Mengen vor, hingegen haben reife Tomaten, Erbsen und Linsen, Spinat und Kohl, Spargel, gekochte Kartoffeln und Seetang einen hohen Anteil freien Glutamats. Walnüsse, Mandeln und Sonnenblumenkerne sind gute Umamiquellen. Auch Brot kann Umami schmecken, wenn im Zuge einer langen Sauerteigführung Hefen und Milchsäurebakterien freies Glutamat aus dem Getreideeiweiß spalten.

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

Auch zahlreiche Peptide aus 2, 3 oder vereinzelt noch mehr Aminosäuren sowie Nukleotide, Bestandteile der RNA und DNA, schmecken umami. Es sind also immer die Bausteine – Aminosäuren und Nukleotide –, nie Proteine und ganze Nukleinsäuren, die umami schmecken. Abbauprozesse, sprich Spaltungsprozesse beim Reifen, Kochen oder Fermentieren sind damit der Schlüssel zum Umamigeschmack. Gute Beispiele dafür sind Sojabohnen, Getreide und Kuhmilch. In Sojabohnen liegt Glutaminsäure gebunden vor, daher schmecken unfermentierte Sojaprodukte kaum umami, während fermentierte Sojasauce viel freies Glutamat enthält und damit starken Umamigeschmack aufweist. Auch Reis enthält einen hohen Anteil Glutaminsäure im Protein, aber kaum freies Glutamat. Wird Reis im Zuge der Sake- oder Reisessigherstellung fermentiert, schmeckt er umami. In Kuhmilch liegt ebenso nur ein geringer Anteil an freiem Glutamat vor, der Großteil der Glutaminsäure ist proteingebunden. In gereiftem Käse, bei dem Eiweißabbau stattgefunden hat, steigt der Umamigeschmack, kann aber nach einem Peak auch wieder sinken, da die Mikroorganismen selbst freie Aminosäuren verbrauchen. Aber als Faustregel gilt: je älter ein Käse, desto mehr umami. Wie aber lässt sich der Geschmackseindruck beschreiben? Der DUDEN (o. D.) versucht es in Abgrenzung zu den übrigen Geschmackseindrücken als „in einer Geschmacksrichtung liegend, die weder süß noch sauer, bitter oder salzig ist“. Umami wird auch so erklärt, dass dessen Abwesenheit in langweiligen Produkten resultiert (Mouritsen und Styrbæk 2014). Wie bei allen Grundgeschmacksarten ist auch der Umamigeschmack nicht nur von den Umamiinhaltstoffen abhängig. Tomaten etwa haben einen besonders hohen Anteil an freiem Glutamat sowie an Adenylat – und schmecken nicht so sehr umami, wie die Inhaltsstoffe vermuten lassen, weil die Süße reifer Tomaten den Umamigeschmack überlagert. Umgekehrt reduziert umami die Bitterkeit von anderen Zutaten. In Kräuterpestos wird die Bitterkeit der Kräuter durch den Umamigeschmack von Parmesankäse deutlich reduziert. Glutamat gilt weithin als Geschmacksverstärker. Umso spannender sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie, bei der binäre Mischungen in Form wässriger Lösungen aus Mononatriumglutamat bzw. Monokaliumglutamatmonohydrat mit entweder Zucker, NaCl, Zitronensäure oder Chinin von einem trainierten Panel bewertet wurden. Weder erhöhte umami einen anderen Grundgeschmack, noch unterdrückte es einen. Hingegen wurde umami von allen vier anderen Geschmäckern unterdrückt (Wang et al. 2022). Umamigeschmack steigert übrigens den Speichelfluss besonders stark – eine Eigenschaft, die ebenso älteren Menschen zugute kommt. Mehr Speichel bedeutet, dass sich Geschmacksstoffe besser lösen, aber auch dass die Speise leichter kaubar und schluckbar wird. An dieser Stelle sei auch kokumi als kleine Schwester von umami erwähnt. Kokumi ist ebenso wie umami ein japanischer Begriff und bedeutet übersetzt vollmundig/dick. Das umfasst jedoch nicht alles. Kokumi ist eine multimodale Wahrnehmung, die neben der Textur auch den Geschmack beinhaltet. So wie umami beruht kokumi auf Eiweißabbau, allerdings sind es in diesem Fall γ-Glutamylpeptide, also Peptide, die auch Glutaminsäure enthalten. Sie entstehen

2.4 Hautsinne

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beim längeren Kochen oder Fermentieren und sorgen in Speisen für Mundfülle, verstärken aber auch umami, salzigen und süßen Geschmack.

2.3.6 Fett Vieles, aber nicht alles, spricht dafür, dass Fett eine sechste Geschmacksrichtung darstellt. Warum? Im Mund nehmen wir Fett wahr, allerdings ist diese Wahrnehmung eine multisensorische. Denn Fett ist zugleich Träger fettlöslicher Aromastoffe, die oral retronasal wahrgenommen werden, es trägt zum Mundgefühl bei und – eingeschränkt – zum Geschmack. Man kennt mittlerweile mehrere Geschmacksrezeptoren beim Menschen, die freie Fettsäuren detektieren. Dass Fettsäuren einen von den anderen Grundgeschmacksarten unterscheidbaren sensorischen Eindruck hinterlassen, wurde zumindest für langkettige Fettsäuren gezeigt (Running et al. 2015). Nahrungsfett liegt jedoch primär in Form von Triglyceriden vor, deren Textur im Mund wahrnehmbar ist. Geschmacksrezeptoren für Triglyceride wurden bislang keine nachgewiesen. Werden Triglyceride in ihre Bestandteile gespalten, entsteht neben den Fettsäuren das süß schmeckende Glycerin, welches Süßrezeptorzellen aktiviert. Die Fettspaltung findet bei uns Menschen nur in geringem Ausmaß in der Mundhöhle statt. Fettspaltende Zungenlipasen werden von den von EbnerSpeicheldrüsen, kleinen Speicheldrüsen, hergestellt. Die Zungenlipasen sind beim Menschen aber viel weniger aktiv als etwa bei Nagetieren (Nachtsheim und Schlich 2011; Voigt et al. 2014). Im Gegensatz zu süßen, sauren, salzigen, bitteren und umami Geschmacksstoffen lösen sich freie Fettsäuren nur schlecht im Speichel (Besnard et al. 2016). Die Fähigkeit, freie Fettsäuren zu detektieren, variiert zudem sehr stark zwischen Individuen.

2.4 Hautsinne Das Mundgefühl eines Lebensmittels kann selten mit nur einem Begriff charakterisiert werden – zu vielschichtig ist es. Wie viel Augenmerk ihm entgegengebracht wird, ist aber von Land zu Land unterschiedlich – und auch an der Sprache erkennbar. So verwendet man im Spitzenreiterland der Texturen – Japan – angeblich 406 verschiedene Begriffe zur Charakterisierung von Textur und Mundgefühl, in Österreich 105, in den USA 78 (Mouritsen und Styrbæk 2017). Auch vom Lebensmittel selbst hängt der Umfang des Mundgefühlvokabulars ab: Für Wein gibt es sogar ein eigenes Mundgefühlsrad (Gawel et al. 2000). Beschweren sich Konsumenten über ein Lebensmittel oder eine Speise in der Gastronomie, liegen die Reklamationsgründe oft im Mundgefühl: zähes Fleisch, trockenes Brot, lauwarmer Kaffee (Mouritsen und Styrbæk 2017). Bei Kindern ist aus zahlreichen Studien bekannt, dass die Textur ein wesentlicher Einflussfaktor

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

für die Akzeptanz von Fischgerichten (Donadini et al. 2013), Käse (Donadini et al. 2012), Fruchtjoghurt (Werthmann et al. 2015) oder von Gemüse (Estay et al. 2019) ist. Die Hautsinne sind der Überbegriff der Textur-, Temperatur- und Schmerzwahrnehmung. Es handelt sich um Nahsinne, weil direkter, naher Kontakt zwischen Mensch und Lebensmittel stattfindet.

2.4.1 Textur Die Textur von Lebensmitteln wird vielfach bereits in der Hand, immer aber im Mund wahrgenommen. Das Handgefühl ist Teil des Esserlebnisses und Erfolgsfaktor bei Fast Food. Es macht einen Unterschied, ob der Hamburger in der Hand gefühlt oder mit Messer und Gabel verzehrt wird. Interessanterweise setzen aber auch manche Sternerestaurants auf Einzelgerichte, die ohne Besteck gegessen werden – meist zu Beginn eines Menüs. Hat man die Speise nicht direkt in der Hand, so fühlt man das Besteck. Bei einem Mittagessen mit 150 Konferenzteilnehmern wurde eindrucksvoll demonstriert, welchen Einfluss das Gewicht des Bestecks hat: Personen, die schweres Besteck erhielten, bewerteten den Hauptgang als besonders künstlerisch und waren bereit, mehr als andere Teilnehmer für dieses Essen zu bezahlen (Spence 2018). Im Mund wird die Textur von Lippen, Zähnen und Fadenpapillen auf der Zunge wahrgenommen. Dabei wird die Haptik in geometrische Eindrücke (Form, Struktur) und Konsistenz (mechanisch) unterteilt. Am Fallbeispiel Schokolade aus dem DLG Fachvokabular Sensorik: Etwaige Partikel (grießig, körnig), die Dicke der Schokolade (dick, dünn) und die Porosität sind geometrisch, während Härte (fest, hart, weich), Sprödigkeit (brüchig, knusprig, splitterig), Kaubarkeit (bissfest, plastisch) und sonstige Eindrücke wie auflösend, aufschmelzbar, dicht, kompakt, schneidbar allesamt zur Konsistenz zählen (Derndorfer 2015). Auch für den Fett- und Feuchtigkeitseindruck eines Lebensmittels im Mund gibt es zahlreiche Begriffe: wässrig, musig, schleimig, schmierig, trocken, feucht, saftig, cremig, schlüpfrig, schmelzend (Mühle 2003).

2.4.2 Temperatur Temperaturen 52 °C werden als Schmerz empfunden. Innerhalb dieser Bandbreite sind wir jedoch gut in der Lage, Temperaturen zu fühlen. Dafür sorgen mehrere Temperaturrezeptoren, TRP-Kanäle. Etwa für jede 10-°C-Stufe gibt es einen eigenen Rezeptor (Hatt 2013).

2.5 Gehörsinn

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2.4.3 Schmerz Schmerzwahrnehmungen werden auch als trigeminale Wahrnehmungen bezeichnet, in Anlehnung an den Gesichtsnerv oder fünften Hirnnerv, den Nervus trigeminus. Dieser hat, wie die Silbe tri vermuten lässt, drei Hauptäste, die zu den Augen, zur Nase und zur Mundhöhle reichen. Werden die freien Nervenenden des Nervus trigeminus aktiviert, kommt es zu einer (mehr oder weniger) ausgeprägten Schmerzreaktion. Trigeminale Reize sind irritierende Reize wie scharf, brennend, beißend, stechend, aber auch prickelnd (Kohlensäure) oder adstringierend. In Übung 24 (s. Abschn. 4.24) werden diese Begriffe und ihre Abgrenzung genau unter die Lupe genommen und mit Referenzen nachvollzogen. Bezüglich Schärfe nimmt der Mensch in der Natur eine Sonderstellung ein. Er ist – außer Vögeln, die keine Rezeptoren für scharfe Substanzen haben und somit zur Verbreitung der Samen von Chili & Co beitragen – das einzige Lebewesen, das freiwillig scharfe Lebensmittel verzehrt (Knies 2020). Die Hautsinne interagieren mit anderen Sinneseindrücken (Mouritsen und Styrbæk 2017): • Süßer Geschmack erhöht die empfundene Viskosität eines Lebensmittels. • Süßer Geschmack reduziert die wahrgenommene Schärfe von Chili, Pfeffer. Umgekehrt reduziert die Schärfe von Capsaicin süßen, bitteren und umami Geschmack, nicht oder kaum hingegen salzig und sauer. • Der Geruch von Vanille erhöht die wahrgenommene Cremigkeit von Vanilledesserts. • Manche Gewürze reizen den Nervus trigeminus in der Nase – trigeminales Riechen. • Gerüche werden bei höheren Temperaturen stärker wahrgenommen, da die Aromen dann stärker flüchtig sind. • Die Adstringenz von Tanninen (Schmerz) kann durch Öl (Textur) reduziert werden, etwa beim Kochen von Speisen. • Fett beeinflusst die Temperaturwahrnehmung, kalte Substanzen werden weniger kalt empfunden. • Heiße Temperaturen erhöhen Schmerzreize von Scharfstoffen.

2.5 Gehörsinn Der Gehörsinn, ein Fernsinn, ist beim Essen und Trinken im Vergleich zu anderen Sinnen weniger wichtig – bedeutungslos ist er aber nicht. Vor allem fällt er auf, wenn ein erwartetes Geräusch ausbleibt: etwa das Zischen beim Öffnen einer kohlensäurehaltigen Mineralwasserflasche oder das Knacken beim Öffnen von Glaskonserven. Dies ist ein Warnsignal, das zur Vorsicht mahnt. Ebenso erkennen

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2  Einführung in die Sinneswahrnehmung

geschulte Personen mittels Gehörsinns die richtige Temperatur, etwa erkennt ein Barista akustisch, ob die Milch die richtige Temperatur zum Schäumen hat. Qualitätseinschätzungen erlaubt der Gehörsinn auch, wenn tiefgekühlte Erbsen geschüttelt werden – man hört, ob sie einzeln oder verklumpt sind, ergo ob die Kühlkette zwischenzeitlich unterbrochen war. Fehlt das Geräusch beim Brechen von Knäcke- oder Schüttelbrot oder beim Abbeißen von Grissini, ist dies ebenso ein Zeichen für alte oder falsch gelagerte Ware. Unternehmen setzen den Gehörsinn auch spezifisch für Verpackungen ein, das Sounddesign. In einer Studie bewerteten Probanden Chips umso knuspriger, je lauter das Rascheln der Verpackung beim Hineingreifen war (Spence 2018). In der Flugbranche bieten manche Airlines für ihre Langstreckenflüge Sound Bites, eine Playlist, die den Geschmack des Essens akustisch unterstützen kann, an. Und apropos Flugzeug: Der Erfolg von Tomatensaft im Flugzeug hängt nicht nur mit dessen umami Geschmack, sondern auch mit dem Flugzeuglärm zusammen, denn das laute Geräusch verstärkt die umami Wahrnehmung, während sie süß unterdrückt. Salzig, sauer und bitter bleiben gleich, egal ob mit oder ohne Lärm (Yan et al. 2015). In der Sensorik sind Kommentare anderer Verkoster wohl der größte Einflussfaktor auf das Prüfergebnis – dem ist unbedingt vorzubeugen.

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Einteilung sensorischer Prüfmethoden

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In diesem Kurzkapitel wird ein Überblick über objektive und subjektive Prüfmethoden und deren Anwendungen gegeben.

Wie in Kap. 1 beschrieben, ist der Akt des Verkostens nur ein Baustein der professionellen Sensorik. Davor und danach sind zahlreiche Schritte zu bewältigen, darunter die Auswahl der passenden Prüfmethode. Sensorische Prüfmethoden werden in objektive und subjektive Methoden (s. Abb. 3.1) unterteilt.

3.1 Objektive Prüfungen Objektive Prüfmethoden sind solche, bei denen die Prüfpersonen objektive Kriterien bewerten: ob ein Unterschied vorhanden ist, ob Proben ähnlich oder unähnlich sind, welche Probe am stärksten riecht oder schmeckt oder wie ein Lebensmittel sensorisch beschaffen ist. Individuelle Vorlieben sind nicht Teil dieser Bewertungen. Es gibt schnelle und aufwendige objektive Prüfmethoden. Der unterschiedliche Aufwand resultiert aus unterschiedlichen Fragestellungen und damit verbunden aus unterschiedlichen (trainierten oder untrainierten, in unterschiedlicher Anzahl) Testpersonen. Wozu objektive Prüfungen?

Ergänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_3. Die Videos lassen sich durch Anklicken des DOI Links in der Legende einer entsprechenden Abbildung abspielen, oder indem Sie diesen Link mit der SN More Media App scannen. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_3

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3  Einteilung sensorischer Prüfmethoden

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a

b

Analysche Prüfmethoden Unterschiedsprüfungen Rangordnungsprüfung Deskripve Prüfmethoden Herkömmliche Methoden:

SchnellMethoden:

Einfach beschreibende Prüfung

CATA (Check all that apply)

Konvenonelles Profil

PIVOT Profil

Konsensprofil

Dynamische Methoden: Zeit-Intensitätstest

Hedonische Prüfmethoden Akzeptanztests mit unterschiedlichen Skalen

Präferenztests Paarvergleich

Rangordnungsprüfung

Emoonales Profil

TDS

Schnellmethoden zur Ähnlichkeitsmessungen Free Sorng Q Sorng Mulple Sorng

Projecce Mapping Napping Polarized Sensory Posioning

Abb. 3.1  Sensorische Prüfmethoden. a Objektive Prüfmethoden (▶ https://doi.org/10.1007/000-96j) b subjektive Prüfmethoden (▶ https://doi.org/10.1007/000-96h). (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

• Mithilfe von objektiven Prüfmethoden wird überprüft, ob sich zwei sehr ähnliche Proben signifikant voneinander unterscheiden. Diese Frage tritt etwa bei Kostenreduktionen oder beim Lieferantenwechsel für einen Rohstoff auf. Die dabei zum Einsatz kommenden Prüfmethoden heißen Unterschiedsprüfungen, weil getestet wird, ob überhaupt ein wahrnehmbarer Unterschied besteht. Es gibt Unterschiedsprüfmethoden, die nach einem allgemeinen, nicht näher definierten Unterschied prüfen, und solche, die auf einen spezifischen Unterschied untersuchen, etwa Säure. Unterschiedsprüfungen sind weitverbreitet, sie sind einfach und rasch durchführbar. Sie werden manchmal auch zur Auswahl von sensorisch sensiblen Testpersonen eingesetzt. • Objektive Rangordnungsprüfungen sind Prüfungen, bei denen mindestens 3 Proben gleichzeitig dargereicht und anhand ihrer Intensität in einem bestimmten Attribut, z. B. Süße, gereiht werden. Es geht um relative, nicht um absolute Unterschiede – auch die süßeste der Proben kann schwach süß sein. Rangordnungsprüfungen sind ebenso rasch durchführbar.

3.2  Subjektive Prüfungen

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• Welche sensorischen Eigenschaften Produkte besitzen, wird mit deskriptiven Prüfmethoden beantwortet. Der Aufwand dieser Methoden ist sehr unterschiedlich, abhängig davon, ob es sich um Schnellmethoden mit untrainierten Testpersonen oder um Paneltests mit sorgfältig ausgewählten und umfassend trainierten Prüfpersonen handelt, ob nur qualitativ beschrieben oder auch quantitativ die Intensität bewertet wird und wie genau die Beschreibung ausfallen soll. Dafür ist die Zielgruppe für die Beschreibung ausschlaggebend: Ist es eine unternehmensinterne Beschreibung, um ein Produkt und seine Zutaten genau zu verstehen? Geht es ums Benchmarking, also den Vergleich der eigenen Produkte mit jenen der Konkurrenz? Oder handelt es sich um eine Beschreibung für Kunden, um diese über ein Produkt zu informieren? • Dynamische Methoden monitoren Produkteigenschaften im Zeitverlauf. Sie haben in der Praxis weniger Bedeutung als alle anderen, statischen Prüfmethoden. • Welche Proben einander ähnlich sind, ist ebenso eine objektive Fragestellung. Auch dafür gibt es eine ganze Reihe an Schnellmethoden, die auch mit ungeschulten Prüfpersonen funktionieren: Varianten der Sorting-Methode, projective Mapping, Napping oder Polarized Sensory Positioning (PSP).

3.2 Subjektive Prüfungen Subjektive Prüfmethoden sind hingegen solche, wo individuelle Vorlieben oder auch Abneigungen der Testpersonen für Produkte bewertet werden. Hier ist es immer eine größere Zahl an Endverbraucherinnen und Endverbrauchern, repräsentativ für die Zielgruppe, die hedonische Urteile fällen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird die Akzeptanz an einer hedonischen Skala bewertet oder die Präferenz für ein Produkt in Form eines Paarvergleichs bzw. einer hedonischen Rangordnung durch Befragung ermittelt. Möchte man Befragungen vermeiden, können Beobachtungsstudien durchgeführt werden; diese sind jedoch aufwendig. Wozu subjektive Prüfungen? • Will man wissen, wie das eigene Produkt im Vergleich zum Marktführer abschneidet, lohnt sich ein hedonischer Vergleich, der als Blindverkostung oder auch unter Bekanntgabe der Marke durchgeführt werden kann. • Möchte man aus mehreren Sorten oder Prototypen die vielversprechendste auswählen, sind ebenso Konsumenten gefragt. • Wird ein bestehendes Produkt sensorisch optimiert, so können Ergebnisse aus Konsumentenbefragungen Ausgangsbasis für die Optimierung sein, aber auch Bestätigung, dass die veränderte Rezeptur tatsächlich besser ist. Details zu sämtlichen Methoden würden den Rahmen dieses Übungsbuches sprengen. Im Übungskapitel (s. Kap. 4 und 6) lernen sie jedoch ausgewählte Methoden kennen: Rangordnungsprüfungen, einfach beschreibende Prüfungen, die deskriptive Schnellmethode

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3  Einteilung sensorischer Prüfmethoden

CATA, free Sorting, Q-Sorting, projective Mapping sowie Akzeptanz- und Präferenztests. Sie erfahren bei den jeweiligen Übungen genauer, wie diese funktionieren, probieren sie praktisch aus und können diese folglich besser einschätzen als nach bloßem Literaturstudium.

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Übungen zur Sinneswahrnehmung, Sinnesschulung und Verkostungstechnik

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In diesem Kapitel werden 25 Übungen zur Sinneswahrnehmung und Verkostungstechnik vorgestellt, die mit einer Ausnahme alleine und immer ortsunabhängig durchgeführt werden können.

Sensorische Bewertungen erfolgen in der Praxis immer durch mehrere Prüfpersonen (s. Kap. 1). Das können 3 Personen für die Produktfreigabe in der Qualitätskontrolle oder für einfach beschreibende Prüfungen sein oder 8–12 sorgfältig ausgewählte Personen eines trainierten deskriptiven Panels, das Produkte detailliert beschreibt. Für Akzeptanzprüfungen sind immer mindestens 100, oft mehrere Hundert Konsumenten nötig. Die Daten aller Einzelbewertungen werden in der Praxis statistisch ausgewertet. Die vorliegenden Übungen können hingegen alleine im Selbststudium durchgeführt werden. Denn Ziel der Übungen ist es nicht, ein reproduzierbares Ergebnis zu erzielen; es werden keine Daten ausgewertet. Die Übungen dienen ausschließlich der Veranschaulichung der Sinneswahrnehmung und dem Erwerb sensorischer Fachkenntnisse und Erfahrung.

Ergänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-66266507-7_4. Die Videos lassen sich durch Anklicken des DOI Links in der Legende einer entsprechenden Abbildung abspielen, oder indem Sie diesen Link mit der SN More Media App scannen. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_4

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Hinweise & Tipps zum perfekten Übungserfolg (für Übungen der Kap. 4–7)

• Die Übungen können, müssen aber nicht in der vorgegebenen Reihenfolge durchgeführt werden. Wird die Reihenfolge nicht eingehalten, empfiehlt sich jedoch das Lesen anderer, früherer Kapitel, falls ein Verweis gegeben ist. • Bei der Auswahl der Übungen wurde gezielt auf eine breite Palette an Lebensmitteln gesetzt, die (meist) leicht erhältlich sind und einfach vorbereitet werden können. Mit Ausnahme zweier Food-Pairing-Beispiele (s. Abschn. 5.1), wo Zwiebel und Sonnenblumenkerne geröstet werden müssen, gibt es keine kochtechnische Zubereitung. • Bei Unverträglichkeiten oder speziellen Ernährungsformen wählen Sie bitte entsprechende (laktosefreie, glutenfreie, vegane, …) Alternativen aus. • Für jede Übung gibt es einen theoretischen Hintergrund (je nach Übung zum jeweiligen Sinn, zur Sensorik der zu prüfenden Lebensmittel, o. a.). Die Vorbereitung und Durchführung der Übungen sind detailliert aufbereitet: Welche Lebensmittel sind nötig, welches Geschirr brauche ich? Wo sinnvoll, gibt es Prüfformulare und/oder Fotos von der Probenvorbereitung. • Die fachgerechte Probenvorbereitung ist das Um und Auf jeder sensorischen Prüfung. Es wird daher bei fast allen Prüfungen darauf Bezug genommen bzw. werden Anleitungen und Tipps, worauf bei der Probenvorbereitung zu achten ist, gegeben. Explizite Übungen zur Probenvorbereitung (s. Abschn. 7.1–7.8) sollen Sie für das Thema sensibilisieren und darüber hinaus veranschaulichen, welche Fehler in der Praxis häufig auftreten. • Bei objektiven sensorischen Prüfungen werden Proben immer blind getestet. Dafür werden sie mit 3-stelligen Codes versehen. Wer Geschmackslösungen selbst herstellt, prägt sich allerdings leicht ein, welcher Inhalt mit welchem Code versehen wurde. Daher werden bei Übungen mit Geschmackslösungen alternative Möglichkeiten der Verblindung vorgeschlagen. • Nutzen Sie die Prüfformulare! Erfahrungsgemäß verkostet man gewissenhafter und riecht und schmeckt mehr heraus, wenn man seine Eindrücke schriftlich notiert. Auch wenn die Übungen im Selbststudium zuhause durchgeführt werden, sind die Prüfformulare real gestaltet. Neben der Nennung der Prüfmuster und einer genauen Anleitung zur Durchführung beinhalten diese auch die Eintragsmöglichkeit von Namen und Datum. • Ein Wasserglas mit Leitungswasser ist vielfach ausreichend, um den Gaumen zwischen zwei Proben zu neutralisieren. Halten Sie dieses bitte immer bereit. Bei manchen Übungen wird explizit auf andere Gaumenneutralisationsmittel hingewiesen.

4.1  Übung 1: Überprüfung des eigenen Farbsehvermögens

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• Bei manchen Übungen gibt es eine Variante oder Zusatzübung zur Vertiefung. • Etwaige Auflösungen oder Reflexionsanregungen werden bei manchen Übungen im Anschluss gegeben.

4.1 Übung 1: Überprüfung des eigenen Farbsehvermögens Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau

4.1.1 Hintergrund Richtige Farbenblindheit, bei der keine Farben, sondern nur Hell-DunkelKontraste wahrgenommen werden, ist eine sehr seltene Störung des Sehvermögens. Sie kann angeboren oder erworben sein. Sehschwächen wie etwa die Rot-Grün-Schwäche werden im allgemeinen Sprachgebrauch fälschlicherweise ebenso als Farbenblindheit bezeichnet, dabei handelt es sich lediglich um eine Farbenfehlsichtigkeit. Diese liegt bei etwa 5 % der Bevölkerung vor (Farbenblindheit o. D.). Farbfehlsichtigkeit ist sehr unterschiedlich zwischen den Geschlechtern verteilt; Männer sind viel häufiger davon betroffen (s. Kap. 2). Der Grund liegt in den Genen. Männer haben in der Regel ein X- und ein Y-Chromosom, Frauen zwei X-Chromosome. Sowohl das Gen für das rotempfindliche Opsin sowie drei identische für das grünempfindliche Opsin sind allesamt nahe beisammen auf dem X-Chromosom lokalisiert (Rot-Grün-Sehschwäche o. D.). Hat ein Mann ein mutiertes Gen, hat er mangels 2. X-Chromosoms keine Kompensationsmöglichkeit. Bei einer Frau kompensiert das „normale“ Gen auf dem 2. X-Chromosom eine potenzielle Mutation (Eshchar 2021). Rotblindheit heißt im Fachjargon auch Protanopie, Grünblindheit Deuteranopie und Blaublindheit Tritanopie. Diese Farbsehschwächen sind immer angeboren und ändern sich daher auch nicht im Laufe des Lebens. Hat man eine Rotblindheit, sieht man statt rot aber nicht grau, sondern grün: also grüne statt roter Erdbeeren, grünen statt pinken Blumenkohl. In der Lebensmittelindustrie kann das Farbsehen von Prüfpersonen relevant sein. Wenn sensorisch geschulte Prüfpersonen Produkte beschreiben, betrifft das auch die Farbe. In der Qualitätskontrolle kann die Farbtypizität entweder

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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instrumentell oder visuell durch Mitarbeiter erfolgen. In letzterem Fall können farbliche Referenzen (z. B. Farbkarten) herangezogen werden, mit denen das zu prüfende und freizugebende Produkt verglichen wird. Man nennt diesen Vergleich Gleichheitsverfahren (Derndorfer und Gruber 2017). Mitarbeiter, die derartige Vergleiche durchführen, müssen hinsichtlich Farbsehvermögen überprüft werden. Das kann mit standardisierten Tests überprüft werden (z. B. Ishihara, Farnsworth Munsell 100 Hue Test). Für die kostenlose Übung zuhause stehen zahlreiche Onlinetests zur Verfügung. Es gibt Tests, wo Zahlen erkannt werden müssen (Ishihara Test) oder wo Rangfolgen nach Farbe gebildet werden. Mal müssen farblich aufblinkende Quadrate in einem Farbfeld angeklickt werden, sobald sie sichtbar werden, oder es muss der Farbton eines Farbfelds durch Verschieben eines Cursors so verändert werden, bis die Farbe identisch zu einem zweiten, unveränderbaren Farbfeld ist. Auch wenn Farbeinstellungen von Bildschirmen variieren, so geben diese Schnelltests trotzdem Aufschluss über das eigene Sehvermögen. Wer gut farbsieht, wird auch bei Onlinetests gut abschneiden.

4.1.2 Vorbereitung • Lebensmittel: keines • Geschirr: keines Für diese Übung brauchen Sie lediglich einen PC/ein Laptop und gute Lichtverhältnisse im Raum. Der Raum soll ruhig sein, denn die Übungen verlangen Konzentration. Auf folgender Webseite der Colorlite GmbH finden Sie eine ganze Reihe an Farbsehtests: https://www.de.colorlitelens.com/farbenblindheit-test.html

4.1.3 Prüfanleitung & Durchführung Die jeweilige Prüfanleitung gibt es bei jeder Übung. Die Durchführung erfolgt am PC.

4.2 Übung 2: Farbe beeinflusst Geschmack Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für Genussschulungen

4.2  Übung 2: Farbe beeinflusst Geschmack

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4.2.1 Hintergrund Unsere Geschmackswahrnehmung wird stark von der eigenen Erwartungshaltung beeinflusst. Diese Erwartungshaltung entsteht – oft unbewusst – bereits vor der Verkostung und basiert einerseits auf extrinsischen Faktoren wie der Marke, dem Preis, einem Gütesiegel oder der Verpackung sowie andererseits auf intrinsischen Faktoren wie Farbe, Geruch oder Geräusche bei der Zubereitung (Spence 2015). Der Einfluss der Farbe auf die Geschmackserwartung ist gut bekannt und dokumentiert. Färbt man Weißwein als Rosé, wird dieser sensorisch als Rosé beschrieben. Ist ein Dessert gelb, liegt die Vermutung Vanille nahe – obwohl die Vanilleschote gar nicht gelb ist. Warum das so ist, darüber gibt es zwei Hypothesen: Eine bezieht sich auf die gelben Blüten der Vanillepflanze, eine weitere und wahrscheinlichere Theorie lautet, dass wir durch Süßspeisen, die sowohl Ei als auch Vanille enthalten, durch die dottergelbe Farbe Vanille mit Gelb assoziieren (Derndorfer 2019). Es ist also einfach ein gelernter Zusammenhang, denn auch Vanillepuddings und Vanilleeis sind gelb gefärbt, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Spence (2015) zeigt in einem Review „On the psychological impact of food colour“ zahlreiche Beispiele, wie die Farbintensität von Produkten die wahrgenommene Geschmacksintensität durch Erwartung beeinflusst, aber auch, dass Farben in unterschiedlichen Altersgruppen unterschiedlich einflussreich sein können. Auch können die Erwartungshaltungen an Farben zwischen verschiedenen Kulturkreisen variieren.

4.2.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 1 Glas klarer Apfelsaft, etwas Bittermandelaroma (gibt es als Backzutat im Lebensmitteleinzelhandel) sowie einige Tropfen Rote-Bete-Saft (s. Abb. 4.1); • Geschirr: ein Gefäß zum Färben des Saftes, einen Löffel zum Umrühren und ein Glas zum Trinken. Für diese Übung bereiten Sie das Getränk für eine andere Person vor, die nicht weiß, dass es sich um ein Experiment handelt. Die rote Farbe und das Bittermandelaroma führen dazu, dass das Getränk meist als Kirschensaft „erkannt“ wird.

4.2.3 Prüfanleitung & Durchführung Fragestellung: „Bitte kosten Sie den Saft. Erkennen Sie die Sorte?“

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

30 Abb. 4.1  Probenvorbereitung für Übung 2. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.3 Übung 3: Blindverkostung Karotte/Möhre Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

4.3.1 Hintergrund Wie in Übung 2 (s. Abschn. 4.2) beschrieben, erzeugt die Farbe eine gewisse Produkterwartung. Das betrifft auch die Farbe von Karotten. Karotten gibt es in orange, gelb (z. B. die Sorten Yellowstone, Gelber Goliath, Gelbe Pfälzer), violett (z. B. Syrische Violette, Cosmic Purple, Purple Dragon oder Purple Haze), seltener aber auch rot (z. B. Atomic Red, Chantenay Rouge und Red Elephant) oder weiß (z. B. Küttiger Ruebli) (Derndorfer und Fasan 2022). Die Karottenfarbe wird im Zuge einer Blindverkostung mit geschlossenen Augen ausgeblendet. Sie lernen bei dieser Übung aber auch, worauf es bei der Probenvorbereitung ankommt. Diese ist bei rohen Karotten besonders schwierig. Durchmesser und Stückgröße müssen einheitlich sein. Werden mehrere Karotten pro Sorte geschnitten, gibt es eine Variation zwischen den einzelnen Karotten innerhalb

4.3  Übung 3: Blindverkostung Karotte/Möhre

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einer Sorte, und auch die beiden Enden der gleichen Karotte schmecken nicht notwendigerweise gleich (so, wie man von Fleischstücken weiß, dass unterschiedliche Tierteile unterschiedlich schmecken). Reibt man Karotten, kann man eine Mischung aus mehreren Rüben einer Sorte herstellen, bekommt also homogene Proben, verliert aber die Bewertungsmöglichkeit der Textur.

4.3.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen je eine orangefarbene, gelbe und violette Karotte mit ungefähr dem gleichen Durchmesser. Der gleiche Durchmesser der Karotten ist sehr wichtig, damit die Farbe nicht blind durch Tasten der unterschiedlichen Durchmesser zugeordnet werden kann. (Sollten Sie auch seltene rote oder weiße Karotten erhalten, nehmen sie diese unbedingt mit dazu!) • Geschirr: ein Schneidbrett, einen Gemüseschäler, ein Messer und eine kleine Schüssel oder ein kleiner Teller. Die Karotten schälen und von jeder Karotte einige – unbedingt gleich dünne (!) – Scheiben abschneiden. Pro Farbe einige Scheiben in die Schüssel/auf den Teller geben und mischen.

4.3.3 Prüfanleitung & Durchführung Überlegen Sie zuerst, welche Erwartungshaltung Sie an die jeweilige Karottenfarbe (s. Abb. 4.2) haben. Welche erwarten Sie als süßeste? Welche ist am ehesten bitter? Von welcher Karottenfarbe erwarten sie das meiste Aroma? Welche glauben Sie ist besonders saftig? Oder knackig?

Abb. 4.2  Karotten in verschiedenen Farben. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Abb. 4.3  Augenbinde für Blindverkostungen. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Abb. 4.4  Karotten in verschiedenen Farben (a geschnitten, b sortiert). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Nun schließen Sie die Augen oder nehmen eine Augenbinde (s. Abb. 4.3) und nehmen eine Karottenscheibe aus der Schale (s. Abb. 4.4a). Riechen Sie bei geschlossenen Augen daran, kosten Sie und entscheiden Sie sich, welche Farbe sie erwarten. Wenn Sie glauben, es handelt sich um eine violette Karotte, legen Sie diese links vor sich hin, eine gelbe mittig und eine orange rechts (bzw. im Falle von zusätzlichen roten oder weißen Karotten 4 Positionen, s. Abb. 4.4b). Gehen Sie analog mit den anderen Scheiben – immer noch bei geschlossenen Augen – vor. Wenn Sie fertig sind, öffnen Sie die Augen. Hatten Sie mit Ihrer

4.4  Übung 4: Geruchserkennungsprüfung

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Erwartungshaltung recht? Haben Sie die gleiche Farbe zusammengeordnet (also beispielsweise alle gelben Karotten zusammensortiert, egal wohin), oder landete die gleiche Farbe auf unterschiedlichen Häufchen? Sie können aus dieser einmaligen Verkostung nicht schließen, dass eine Farbe immer die süßesten Karotten hervorbringt. Sie können aber erstens die Wiederholbarkeit Ihrer Einschätzung testen und zweitens über Ihre Erwartungshaltung an Farben reflektieren.

4.3.4 Auflösung Die Bandbreite der Karotten innerhalb einer Farbe ist groß. Sorte, Erntezeit und auch das Terroir spielen eine Rolle. Selbst innerhalb einer einzelnen Karotte kann der Geschmack variieren. Es gibt also kein automatisches Richtig oder Falsch, welche Farbe die süßeste, bitterste oder aromatischste sein muss. Über viele Karotten hinweg dominiert jedoch bei orangen und roten Karotten meist die Süße. Weiße Karotten sind oft mild im Geschmack, gelbe Karotten tendieren zu herbem Geschmack und haben manchmal sogar etwas Schärfe. Violette Karotten sind oft leicht erdig-nussig (Derndorfer und Fasan 2022).

4.3.5 Zusatzübung Verkosten Sie die Karotten sehend, und versuchen Sie sich deren sensorische Eigenschaften einzuprägen. Kosten Sie dann blind – erkennen Sie die Farben blind wieder?

4.4 Übung 4: Geruchserkennungsprüfung Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

4.4.1 Hintergrund Ein Panel, d. h. eine ausgewählte und trainierte Gruppe an Prüfpersonen, welches Lebensmittel beschreibt und intensitätsbewertet, wird oft mithilfe sogenannter Referenzen trainiert. Dabei kann es sich um Lebensmittelproben oder um Aromen handeln, die für das zu beschreibende Lebensmittel relevante Deskriptoren verdeutlichen. Für manche Lebens- oder Genussmittel sind fertige Aromensets kommerziell erhältlich. Für Wein gibt es Riechfläschchen (z. B. Le Nez du Vin; Aromabar), für Käse gibt es Riechstifte (z. B. DLG). Allgemeiner gehaltene Sniffin’ Sticks sind in der Forschung und im medizinischen Bereich im Einsatz, wenn es darum geht, die Riechleistung von Probanden (Riechschwelle, Unterscheidbarkeit von Gerüchen und Geruchsidentifikation) zu untersuchen (Oleszkiewicz et al. 2019). In der Praxis ist die Panelleitung oft damit beschäftigt, passende Referenzen für die zu prüfende Lebensmittelgruppe selbst zusammenzustellen. Das Panel generiert gemeinsam Begriffe zur Beschreibung, die dann in Folge mit Referenzen geübt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Testpersonen eines Sojadrinkpanels wissen, was ein grasiges oder bohniges Aroma ist, oder Kräuterpanellisten Zitrusnoten aus Kräutern heraus erkennen. Die Panelleitung kann daher grasiges Aroma als Referenz für den Begriff grün-grasig bei Pflanzendrinks anbieten, ranziges Öl als Riechprobe für den Begriff ranzig bei Ölen und nussigen Lebensmitteln. Zum Trainieren des Geruchssinns kann man sich auch zuhause ein individuelles Set an leicht erhältlichen Riechproben zusammenstellen. Ätherische Öle von Gewürzen oder Zitrusfrüchten sind in Apotheken erhältlich und sind über lange Zeit hinweg stabile Riechreferenzen für Gewürze.

4.4.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Riechproben nach Wahl, die idealerweise einige Zeit haltbar sind, z. B. ätherische Öle von Gewürzen oder Zitrusfrüchten, Rosenwasser, Orangenblütenwasser, Bittermandelaroma, …; • Geschirr: keines; • Sonstiges: 10 Riechstifte (siehe Abb. 4.5), kostengünstig im Internet erhältlich. In den Riechstiften befindet sich ein Schwämmchen, das man mit der Flüssigkeit tränkt (s. Abb. 4.5a). Werden feste Substanzen eingefüllt (z. B. getrocknete Kräuter, Kokosfett, …) so werden diese statt der Schwämmchen eingefüllt. Riechstifte gut verschließen (s. Abb. 4.5b). Damit Sie sich nicht die Farbe zum Geruch merken, empfiehlt es sich, mehrere gleiche Farben bei den Riechstiften zu befüllen. Füllen Sie mindestens 10 Stifte, und erstellen Sie eine Liste, was Sie eingefüllt haben.

4.4.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.6).

4.5  Übung 5: Demonstration des retronasalen Geruches

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a

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Abb. 4.5  Riechstifte (a offen, b verschlossen) (▶ https://doi.org/10.1007/000-96m). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.5 Übung 5: Demonstration des retronasalen Geruches Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

36 Name: _______________________

Datum: ____________________

Geruchserkennungsprüfung Sie bekommen 10 Riechproben. Öffnen Sie die Riechse und schnüffeln Sie daran. Erkennen Sie den Geruch?

Probe 1: ___________________ Probe 2: ___________________ Probe 3: ___________________ Probe 4: ___________________ Probe 5: ___________________ Probe 6: ___________________ Probe 7: ___________________ Probe 8: ___________________ Probe 9: ___________________ Probe 10: ___________________

Abb. 4.6  Prüfformular: Geruchserkennungsprüfung. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.5.1 Hintergrund Gerüche werden einerseits durch direktes Riechen an einem Lebensmittel (orthonasal), andererseits während des Verzehrs (retronasal) wahrgenommen, wenn Geruchsmoleküle von der Mundhöhle durch eine direkte Verbindung zur Riechschleimhaut der Nase aufsteigen (s. Kap. 2). Diese retronasale Geruchswahrnehmung wird oft mit Geschmack verwechselt.

4.6  Übung 6: Ausschalten des orthonasalen Geruches

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Die Demonstration des retronasalen Geruches ist im Zuge eines Paneltrainings ebenso sinnvoll wie bei Sinnes- und Genussschulungen.

4.5.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen entweder einige Jelly Beans oder Zimtzucker (etwas Zimt in Zucker gemischt); • Geschirr: im Falle von Zimtzucker eine kleine Schüssel und einen Löffel; • Außerdem optional: Nasenklammer.

4.5.3 Prüfanleitung & Durchführung Halten Sie sich mit einer Hand die Nase fest zu. Alternativ könne Sie auch eine Nasenklammer, erhältlich in jeder Schwimmsportabteilung, auf die Nase klemmen. Führen Sie nun mit der anderen Hand das Produkt zum Mund, nehmen es bei geschlossener Nase (!) in den Mund und kauen das Produkt (im Falle von Jelly Beans) bei ebenso geschlossener Nase eine Zeit lang bzw. lassen es im Mund zergehen (bei Zimtzucker). Was schmecken Sie? Öffnen Sie die Nase. Wie nehmen Sie das Produkt im Mund jetzt wahr? Was hat sich geändert, seit Sie die Nase geöffnet haben?

4.6 Übung 6: Ausschalten des orthonasalen Geruches Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

4.6.1 Hintergrund In Übung 5 (s. Abschn. 4.5) wurde der retronasale Geruch veranschaulicht. Wer Getränkearomen nur retronasal wahrnehmen will, nimmt am besten einen Strohhalm. Dieser blockiert jegliche orthonasale Wahrnehmung, also die klassische Geruchswahrnehmung durch die Nase (Spence 2018). Die Intensität des Geschmacks und der retronasalen Geruchswahrnehmung (wenn die Aromen via Mundhöhle zur Riechschleimhaut der Nase gelangen) scheinen zumindest bei kaltem Kaffee unbeeinflusst vom Strohhalm zu sein. In einer

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Studie bekamen 75 Konsumenten 4 °C kalten Kaffee in 5 Varianten zum Kosten: mit einem Plastikstrohhalm, einem Papierstrohhalm, einem Metallstrohhalm, einem Becher mit Trinkdeckel und einem Becher ohne Deckel. Sie bewerteten die Säure, Bitterkeit, Süße und den Kaffee- „Geschmack“ (= retronasale Wahrnehmung des Kaffeearomas) an einer 15 cm langen unstrukturierten Linienskala sowie die Gesamtakzeptanz, die Akzeptanz des Geschmacks und des Mundgefühls an einer Beliebtheitsskala. Dabei wurde kein signifikanter Effekt auf die empfundene Intensität gefunden, wohl aber auf die Akzeptanz (Beekman et al. 2021). In der vorliegenden Übung geht es daher darum, selbst zu überprüfen, wie sehr mithilfe eines Strohhalmes die Wahrnehmung verändert wird.

4.6.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen 4 Flaschen der gleichen, gekühlten Limonade Ihrer Wahl, die in einer durchsichtigen Limonadenflasche verkauft wird (sodass erstens die Farbe des Getränkes sichtbar ist und zweitens aus dem engen Flaschenhals kaum Aromen aufsteigen); Leitungswasser zur Gaumenneutralisation • Geschirr: Flaschenöffner, Strohhalm, ein leeres Glas, ein Wasserglas zur Gaumenneutralisation. Die 4 Flaschen sind für 2 Verkostungen gedacht, da es immer einen Reihenfolgeeffekt gibt. Bei der 1. Runde verkosten Sie die Limonade zuerst mit, dann ohne Strohhalm. Bei der 2. Runde (zu einem späteren Zeitpunkt) kosten Sie die Limonade zuerst ohne Strohhalm, dann mit. Damit Sie immer die gleiche Temperatur und keine ausgerauchte Limonade zur Verkostung haben, wird die jeweils frische Flasche unmittelbar vor der Verkostung aus dem Kühlschrank geholt.

4.6.3 Prüfanleitung & Durchführung Öffnen Sie die 1. Limonadenflasche. Verkosten Sie die Limonade direkt aus der Flasche mit dem Strohhalm, und notieren Sie Ihre Eindrücke: Wie riecht und schmeckt die Limonade, welches Mundgefühl erzeugt sie? Neutralisieren Sie Ihren Gaumen mit Leitungswasser. Sobald Sie keinen Geschmack mehr im Mund haben, öffnen Sie die 2. Limonadenflasche, und leeren Sie die Limonade in das leere Glas. Kosten Sie diese nun, und notieren Sie wiederum Ihre Eindrücke zu Geruch, Geschmack und Mundgefühl. Vergleichen Sie Ihre eigenen Notizen mit und ohne Strohhalm. Wiederholen Sie das Experiment nach einer Pause oder an einem anderen Tag in umgekehrter Reihenfolge: Kosten Sie zuerst ohne, dann mit Strohhalm. Die Ergebnisse der beiden Reihenfolgen unterscheiden sich mitunter, daher wird in der professionellen Sensorik auf unterschiedliche Probenreihenfolgen zwischen Teilnehmern wertgelegt.

4.7  Übung 7: Duftadaption

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4.7 Übung 7: Duftadaption Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.7.1 Hintergrund Der Geruchssinn ist – als Fernsinn – dazu da, uns vor Gefahren zu warnen, bevor wir mit dem Lebensmittel in nahen Kontakt kommen. Wir müssen einen entstehenden Brand riechen, ausgetretene Chemikalien, verrottete Produkte oder Verwesungsgerüche wahrnehmen können. Um derartige Gefahren frühzeitig zu wittern, darf unser Geruchssinn mit angenehmen – und damit harmlosen – Umgebungsgerüchen nur kurz beschäftigt sein. Bei konstanter Reizung der Riechrezeptoren durch einen Duftstoff verringert sich daher kurzfristig die empfundene Intensität trotz gleichbleibender Konzentration der Geruchssubstanz. Diese Adaption scheint stärker aufzutreten, wenn einzelne Aromastoffe statt Mischungen gerochen werden, und sie findet je nach Riechsubstanz unterschiedlich schnell statt. Bei Vanille- und Kokosnussextrakt tritt sie rascher ein als bei Essig oder Propanol, die beide sowohl geruchlich als auch trigeminal wahrnehmbar sind (Yoder et al. 2013). Im Gegensatz zur kurz bestehenden Adaption ist die Habituation eine Langzeitgewöhnung, ein Lernvorgang, der uns vor permanent vorhandenen und damit für uns „unwichtigen“ Reizen schützt. Das betrifft etwa das Verkaufspersonal in einer Drogerie. In der Sensorikpraxis hat die Adaption maßgebliche Auswirkungen: So wird nicht in der Küche oder im Probenvorbereitungsraum gekostet, sondern in einem gut durchlüftbaren oder mit entsprechendem Luftabzug ausgestatteten Prüfraum. Pausen zwischen den Proben ermöglichen Regeneration und wirken damit einer Adaption entgegen. Ohne Pausen würden wir Produkte, die im Zuge der Verkostung später an die Reihe kommen, weniger intensiv bewerten und das Ergebnis damit verfälschen. Pausen sind auch bei sensorischen Prämierungen, wo viele Produkte am gleichen Tag gekostet werden, immens wichtig.

4.7.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen ausschließlich eine ganze, frische (d. h. nicht ausgerauchte) Zimtstange (s. Abb. 4.7); • Geschirr: keines; • Sonstiges: ein Handy oder eine Zeituhr.

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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Abb. 4.7  Zimtstange. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.7.3 Prüfanleitung & Durchführung Legen Sie die Zimtstange so vor sich hin, dass Sie diese geruchlich wahrnehmen können, ohne sie extra zur Nase führen zu müssen. Ist der Abstand zwischen Ihnen und dem Gewürz zu groß, legen Sie die Zimtstange so nahe, bis sie diese wahrnehmen können. Starten Sie die Zeitmessung. Beobachten Sie, wie lange es dauert, bis Sie diesen permanenten Geruch nicht mehr wahrnehmen (es handelt sich um mehrere Minuten, nicht Stunden).

4.8 Übung 8: Aromawahrnehmung bei unterschiedlichen Temperaturen Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

4.8.1 Hintergrund Die Freisetzung von Aromen aus der Matrix eines Lebensmittels hängt von zahlreichen Faktoren ab: von Interaktionen zwischen den Aromakomponenten selbst sowie von deren Wechselwirkung mit der Lebensmittelmatrix. Sie hängt u. a. von

4.8  Übung 8: Aromawahrnehmung bei unterschiedlichen Temperaturen

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der Zusammensetzung des Lebensmittels, von dessen Struktur und von dessen Temperatur ab (Seuvre et al. 2008). Meine Erfahrung aus unzähligen Workshops zeigt: Wird ein Getränk mit nur wenigen Graden Temperaturunterschied gekostet, ändert sich dessen Empfindung so deutlich, dass die beiden Proben gar nicht als gleiches Getränk erkannt werden. Das hat Auswirkungen auf die fachkundige Probenvorbereitung, aber auch auf die Akzeptanz eines Produktes unter Alltagsbedingungen. Wenn mehrere Testpersonen gleichzeitig warme Prüfproben erhalten, muss gewährleistet sein, dass die Temperatur aller Proben gleich ist. Die Überprüfung erfolgt mit einem Thermometer.

4.8.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Wählen Sie ein aromaintensives Getränk, das man entweder gekühlt (z. B. Weißwein) oder warm (z. B. Tee oder Kaffee) trinkt. Sie brauchen zwei Proben, die sich um wenige Grad unterscheiden (Weißwein 3 °C, Tee/Kaffee 5 °C). Die unterschiedlichen Temperaturen erreichen Sie, indem Sie den Tee/Kaffee in eine normale und eine angewärmte oder eine gekühlte Tasse einschenken. Für Wein ist ein Flaschenthermometer hilfreich (s. Abb. 4.8). Achten Sie unbedingt auf die gleiche Füllmenge des Getränkes! Diese beeinflusst ebenso die wahrgenommene Geruchsintensität. • Geschirr: zwei gleiche Trinkgefäße (gleiche Weingläser, gleiche Tassen o. a.). Stellen Sie die beiden Proben vor sich auf.

Abb. 4.8  Flaschenthermometer (▶ https://doi.org/10.1007/000-96k). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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4.8.3 Prüfanleitung & Durchführung Riechen Sie nacheinander an den beiden Proben. Schwenken Sie das Weinglas und schnüffeln Sie am Wein. Bei Tee/Kaffee schnüffeln Sie ohne schwenken. Bewerten Sie die Geruchsintensität an der vorgegebenen Skala (s. Abb. 4.9).

4.9 Übung 9: Aromawahrnehmung bei befeuchteter Riechschleimhaut Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

Name: _______________________

Datum: ____________________

Bewertung der Geruchsintensität Riechen Sie hintereinander an den beiden Proben und bewerten Sie die Geruchsintensität:

Probe __________:

gar nicht

0---------1---------2---------3---------4---------5

sehr stark

Probe __________:

gar nicht

0---------1---------2---------3---------4---------5

sehr stark

Abb. 4.9  Prüfformular: Bewertung der Geruchsintensität. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.10  Übung 10: Erkennen der Grundgeschmacksarten

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4.9.1 Hintergrund Um riechen zu können, müssen Duftstoffe in der Riechschleimhaut gelöst werden. Das setzt voraus, dass diese nicht ausgetrocknet ist. Beim Aufbau von Sensoriklaboren wird daher neben der Temperaturregulierung (Sollwert 20 ± 3 °C) auch auf die relative Luftfeuchtigkeit (Sollwert 40–70 %) des Prüfraumes geachtet. Werden Sensoriktests in anderen Räumen durchgeführt, etwa im Zuge der Marktforschung bei sogenannten Central-Location-Tests (CLT) oder Home-Use-Tests (HUT), oder werden Paneltests online durchgeführt, sind diese Voraussetzungen oft nicht gegeben. Wie groß der Effekt einer befeuchteten Nasenschleimhaut ist, kann einfach mithilfe eines Meerwassernasensprays (ohne zugesetzte Düfte) nachvollzogen werden.

4.9.2 Vorbereitung • Lebensmittel: frisches, kräftiges Brot (z. B. Roggensauerteigbrot); • Geschirr: Brotbrett und Brotmesser; • Sonstiges: Meerwassernasenspray ohne Duftstoff (in jeder Drogerie oder Apotheke erhältlich). Schneiden Sie eine Scheibe Brot ab.

4.9.3 Prüfanleitung & Durchführung Riechen Sie am Brot, und notieren Sie Ihre Geruchseindrücke auf einem Blatt Papier. • • • • •

Welche Aromen fallen Ihnen auf (z. B. säuerlich, mehlig, würzig, Röstaromen)? Wie intensiv riecht das Brot? Machen Sie 1 min Pause, um einer Adaption vorzubeugen. Sprayen Sie nun etwas Meerwassernasenspray in jedes Nasenloch. Wiederholen Sie Schritt 1. Worin liegt der Unterschied?

4.10 Übung 10: Erkennen der Grundgeschmacksarten Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für Genussschulungen

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

4.10.1 Hintergrund Wird in einem Unternehmen ein sensorisches Prüfpanel aufgebaut, so müssen potenzielle Testpersonen sorgfältig ausgewählt werden. Das inkludiert Tests zur sensorischen Eignung (wie diese Übung), Tests zur Überprüfung der verbalen Ausdrucksfähigkeit, aber auch Faktoren wie zeitliche Verfügbarkeit und Teamfähigkeit spielen eine Rolle. Es gibt verschiedene Verfahren, um die Schmeckfähigkeit von potenziellen Prüfpersonen zu testen: Mit Matching-Tests identifiziert man Personen mit Geschmacksblindheit (z. B. Bitterblindheit). Bei Matching-Tests werden Lösungen der Grundgeschmacksarten mit und ohne Beschriftung dargereicht. Die Blindproben müssen den Beschrifteten zugeordnet werden. Diese Tests können beim Screening potenzieller Prüfpersonen helfen. Erkennungstests gehen einen Schritt weiter: Hier werden ausschließlich Blindproben gereicht, und die jeweilige Geschmacksrichtung muss erkannt werden. Dabei können Doppelproben gereicht werden oder auch leere Proben (Wasser) dabei sein. Erkennungstests werden häufig im Zuge der Panellistenauswahl durchgeführt sowie im Zuge der Panelschulung. In dieser Übung führen wir ebenso einen Erkennungstest durch. Letztlich können auch Schwellenprüfungen durchgeführt werden, um individuelle Sensitivitäten für Einzelsubstanzen auszutesten. Diese Tests sind aufwendig und werden daher seltener praktiziert. Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen (z. B. 531, 289, …) codiert. Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite den Inhalt zu notieren und die Flaschen so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, in welcher Flasche sich welcher Inhalt befindet. Alternativ können die Flaschen gekühlt und der Inhalt erst am nächsten Tag – wieder bei Raumtemperatur – gekostet werden. In diesem Fall kann eine Codierung vorgenommen werden.

4.10.2 Vorbereitung • Lebensmittel/Substanzen: Zucker, Zitronensäure, NaCl, Koffein, Mononatriumglutamat; • Geschirr: eine genaue Waage, 5 leere Flaschen, Löffel oder Spatel zum Wiegen, 5 gleiche Verkostungsbecher oder gleiche Gläser. Bereiten Sie bitte wässrige Lösungen (s. Tab. 4.1) vor (Hanrieder et al. 2018).

4.10  Übung 10: Erkennen der Grundgeschmacksarten

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Tab. 4.1  Konzentrationen für einen Geschmackserkennungstest

Geschmackseindruck

Substanz und Konzentration

Sauer

0,28 g/l Zitronensäure

Bitter

0,2 g/l Koffein (in kleinen Mengen in Apotheken erhältlich)

Salzig

1,2 g/l NaCl

Süß

6,0 g/l Sacharose

Umami

0,3 g/l Mononatriumglutamat

Name: _______________________

Datum: ____________________

Erkennungstest: Grundgeschmacksarten Bie testen Sie die Proben von links nach rechts und markieren Sie Ihren Geschmackseindruck in der Tabelle. Sie können Ihren Gaumen zwischen den Proben mit Leitungswasser neutralisieren.

Probe Nr.

süß

salzig

sauer

bier

umami

Abb. 4.10  Prüfformular: Erkennen der Grundgeschmacksarten. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

Stellen Sie die 5 Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, ob Sie den Geschmack erkannt haben).

4.10.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.10).

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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4.11 Übung 11: Grundgeschmacksarten in einer Lebensmittelkategorie Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für Genussschulungen

4.11.1 Hintergrund In Übung 10 (s. Abschn. 4.10) haben Sie die Grundgeschmacksrichtungen pur gekostet. In der Praxis haben Lebensmittel aber meist mehr als nur eine Geschmacksrichtung: Käse kann sauer, salzig, bitter und umami sein, Zitrusfrüchte können süß, sauer und bitter zugleich schmecken und selbst bei Brot gibt es Vertreter aller fünf Grundgeschmacksarten.

4.11.2 Vorbereitung Wählen Sie eine Lebensmittelkategorie aus und versuchen Sie, Vertreter aller fünf Grundgeschmacksrichtungen zu finden. Beispiel

Kategorie Brot: Brioche oder Pumpernickel (süß), kräftiges Roggensauerteigbrot (sauer), Salzstange (salzig), Käsegebäck oder mediterranes Tomatenbrot (umami), Vinschgauer (durch die enthaltenen Kräuter bitter). Viele Brote werden mehr als eine Geschmacksrichtung aufweisen – Käsegebäck oder Tomatenbrot ist auch salzig etc. ◄ Beispiel

Kategorie Käse: Sig, Gejtost  =  karamelliger Molkenkäse (süß), Frischkäse, Quark (sauer), Camembert, Roquefort (bitter), Bergkäse, Parmesan (umami); salzig sind alle gereiften Käse. Auch hier gilt: Die meisten Käse haben mehrere Geschmacksrichtungen. Camembert ist nicht nur bitter vom Edelschimmel, sondern als gereifter Käse auch umami, und er lag im Salzbad. ◄

4.12  Übung 12: Rangordnungsprüfung Süß

Name: _______________________

47

Datum: ____________________

Grundgeschmacksarten in einer Lebensmi elkategorie Kosten Sie die fünf ausgewählten Proben. Welche Geschmacksrichtung ist vordergründig vorhanden, welche weiteren Geschmacksrichtungen finden Sie noch in der jeweiligen Probe? No eren Sie das Ergebnis.

___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________ Abb. 4.11  Prüfformular Grundgeschmacksarten in einer Lebensmittelkategorie. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.11.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.11).

4.12 Übung 12: Rangordnungsprüfung süß Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

4.12.1 Hintergrund Rangordnungsprüfungen sind Prüfungen, bei denen mindestens 3 gleichzeitig gereichte Proben entweder hinsichtlich ihrer Intensität in einem definierten Attribut, z. B. süß, (analytische Prüfung) oder hinsichtlich ihrer Vorliebe (hedonische Prüfung) gereiht werden (Derndorfer 2016). Sie sind einfach und rasch durchführbar, man erhält jedoch keine Information über das Ausmaß der empfundenen Unterschiede zwischen den Proben. Die süßeste Probe kann deutlich oder auch nur geringfügig süßer sein als die zweitsüßeste Probe. Auch können die Ergebnisse zweier separat durchgeführter Rangordnungsprüfungen – mit unterschiedlichen Produkten – nicht miteinander in Verbindung gebracht werden, da es sich um relative, nicht absolute Unterschiede handelt. Rangordnungsprüfungen können zur Auswahl und Schulung sensorischer Prüfpersonen herangezogen werden. Sie dienen dem raschen Vergleich von Proben in einer Eigenschaft und eignen sich zum „Vorsortieren“ von Proben für andere sensorische Tests. Sie sind in der Praxis sehr verbreitet, wie auch der DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik (Seuß-Baum et al. 2022) belegt. Werden Rangordnungsprüfungen durchgeführt, so erfolgt dies individuell durch jede Prüfperson. Im Anschluss werden mittlere Ränge aus den Ergebnissen aller Prüfpersonen errechnet. Ob sich diese signifikant voneinander unterscheiden, kann mit dem Friedman-Test geprüft werden. Für diese Übung, eine Einzelverkostung, gibt es keine statistische Auswertung, es geht ums Kennenlernen der Methode und um die Selbstüberprüfung ihrer Schmeckleistung im Attribut süß.

4.12.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Saccharose; • Geschirr: 4 Flaschen, ein Löffel zum Auswiegen, eine genaue Waage, 4 gleiche Gläser oder Verkostungsbecher. Stellen Sie Zuckerlösungen in folgenden Konzentrationen her: 4/6/8/12  g Saccharose/l (Hanrieder et al. 2018). Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert (s. Abb. 4.12). Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite die Konzentration zu notieren und so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, worin sich welcher Inhalt befindet. Nach der durchgeführten Rangordnung überprüfen Sie, ob Sie die Konzentrationen richtig gereiht haben. Stellen Sie die vier Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, ob Sie den Geschmack erkannt haben).

4.13  Übung 13: Rangordnungsprüfung Sauer

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Abb. 4.12  Probenvorbereitung Rangordnungsprüfung. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.12.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.13).

4.13 Übung 13: Rangordnungsprüfung sauer Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.13.1 Hintergrund Siehe Abschn. 4.12, nur überprüfen Sie in diesem Fall ihre Schmeckleistung im Merkmal sauer.

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Name: _______________________

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung – Süß Bie ordnen Sie die Proben nach Süßintensität. Rang 1 erhält die Probe mit der stärksten, Rang 4 die Probe mit der schwächsten Intensität.

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Abb. 4.13  Prüfformular Rangordnungsprüfung süß. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.13.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Zitronensäure; • Geschirr: 4 Flaschen, ein Löffel zum Auswiegen, eine genaue Waage, 4 gleiche Gläser oder Verkostungsbecher. Stellen Sie Säurelösungen in folgenden Konzentrationen her: 0,1/0,2/0,3/0,5 g Zitronensäure/l (Hanrieder et al. 2018). Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert. Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite die Konzentration zu notieren und so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, worin sich welcher Inhalt befindet. Nach der durchgeführten Rangordnung überprüfen Sie, ob Sie die Konzentrationen richtig gereiht haben. Stellen Sie die vier Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, ob Sie den Geschmack erkannt haben).

4.14  Übung 14: Rangordnungsprüfung Salzig

Name: _______________________

51

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung – Sauer Bie ordnen Sie die Proben nach Sauerintensität. Rang 1 erhält die Probe mit der stärksten, Rang 5 die Probe mit der schwächsten Intensität.

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Abb. 4.14  Prüfformular Rangordnungsprüfung sauer. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.13.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.14).

4.14 Übung 14: Rangordnungsprüfung salzig Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.14.1 Hintergrund Siehe Abschn. 4.12, jedoch mit dem Attribut salzig.

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

4.14.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Natriumchlorid; • Geschirr: 4 Flaschen, ein Löffel zum Auswiegen, eine genaue Waage, 4 gleiche Gläser oder Verkostungsbecher. Stellen Sie Salzlösungen in folgenden Konzentrationen her: 1,0/1,3/1,6/2,0 g NaCl/l (Hanrieder et al. 2018). Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert. Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite die Konzentration zu notieren und so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, worin sich welcher Inhalt befindet. Nach der durchgeführten Rangordnung überprüfen Sie, ob Sie die Konzentrationen richtig gereiht haben. Stellen Sie die vier Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, ob Sie den Geschmack erkannt haben).

4.14.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.15). Name: _______________________

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung – Salzig Bie ordnen Sie die Proben nach Salzintensität. Rang 1 erhält die Probe mit der stärksten, Rang 5 die Probe mit der schwächsten Intensität.

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Abb. 4.15  Prüfformular Rangordnungsprüfung salzig. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.15  Übung 15: Rangordnungsprüfung Bitter

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4.15 Übung 15: Rangordnungsprüfung bitter Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.15.1 Hintergrund Siehe Abschn. 4.12, jedoch geht es um die Bitterkeit.

4.15.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Koffein; • Geschirr: 4 Flaschen, ein Löffel zum Auswiegen, eine genaue Waage, 4 gleiche Gläser oder Verkostungsbecher. Stellen Sie Koffeinlösungen in folgenden Konzentrationen her: 0,1/0,2/0,3/0,5 g/l (Hanrieder et al. 2018). Achtung, Koffein löst sich schlecht, die Flaschen daher gut schütteln und die Lösungen ggf. bereits am Tag vor der Verkostung vorbereiten. Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert. Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite die Konzentration zu notieren und so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, worin sich welcher Inhalt befindet. Nach der durchgeführten Rangordnung überprüfen Sie, ob Sie die Konzentrationen richtig gereiht haben. Stellen Sie die vier Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, ob Sie den Geschmack erkannt haben).

4.15.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.16).

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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Name: _______________________

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung – Bier Bie ordnen Sie die Proben nach Bierintensität. Rang 1 erhält die Probe mit der stärksten, Rang 5 die Probe mit der schwächsten Intensität.

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Abb. 4.16  Prüfformular Rangordnungsprüfung bitter. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.16 Übung 16: Süßkraft im Vergleich Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.16.1 Hintergrund Unterschiedliche Zuckerarten haben unterschiedliche Süßkraft. Referenzsubstanz ist dabei Sacharose, deren Süßkraft mit 1 gleichgesetzt wird.

4.16.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Saccharose, Glukose, Fruktose, Laktose; • Geschirr: 4 Flaschen, ein Löffel zum Auswiegen, eine genaue Waage, 4 gleiche Gläser oder Verkostungsbecher.

4.16  Übung 16: Süßkraft im Vergleich

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Erstellen Sie wässrige Lösungen mit jeweils 30 g/l Wasser von der jeweiligen Zuckerart: Saccharose, Glukose, Fruktose, Laktose. Üblicherweise werden die Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert. Dies macht, wenn man sich die Lösungen selbst erstellt und unmittelbar verkostet, wenig Sinn, da man sich Code und Inhalt zusammen einprägt. In diesem Fall empfiehlt es sich, an der jeweiligen Flaschenunterseite die Konzentration zu notieren und so lange hin- und herzurücken, bis Sie nicht mehr wissen, worin sich welcher Inhalt befindet. Stellen Sie die vier Becher oder Gläser nebeneinander auf. Schenken Sie die Proben in die Becher bzw. Gläser ein (und stellen die am Boden beschrifteten Flaschen dahinter, sodass Sie später kontrollieren können, welche Zuckerart am süßesten etc. ist). Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit der Auflösung.

4.16.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.17).

4.16.4 Auflösung • Süßkraft Fruktose: 1–1,8, Glukose 0,5–0,8, Laktose 0,3 (Hayer 2014); • Rang 1 sollte daher Fruktose erhalten haben, Rang 2 Saccharose, Rang 3 Glukose, Rang 4 Laktose.

Name: _______________________

Datum: ____________________

Süßkra im Vergleich: Rangordnungsprüfung - Süß Bie ordnen Sie die Proben nach Süßintensität. Rang 1 erhält die Probe mit der stärksten, Rang 4 die Probe mit der schwächsten Intensität.

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Abb. 4.17  Prüfformular Süßkraft. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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4.17 Übung 17: Wiederholbarkeit einer sensorischen Intensitätsbewertung Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.17.1 Hintergrund Die Leistung eines trainierten, sensorischen Panels wird anhand mehrerer Parameter evaluiert: • anhand der Fähigkeit, wiederholbare Ergebnisse zu produzieren, • anhand der Fähigkeit, zwischen Produkten zu differenzieren, • anhand der Einigkeit der Testpersonen innerhalb der Prüfergruppe. Bei der Wiederholbarkeit wird zwischen Wiederholpräzision und Vergleichspräzision unterschieden. Unter Wiederholpräzision versteht man die Übereinstimmung der Ergebnisse von wiederholten Messungen, die durch den/die gleichen Prüfer am gleichen Ort und zur gleichen Zeit (d. h. innerhalb der gleichen Sitzung) erfolgen. Die Vergleichspräzision ist hingegen die Übereinstimmung von Messergebnissen, die zwar von dem/den gleichen Prüfer(n), jedoch an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt werden (Bongartz und Pfeiffer 2010). In dieser Übung geht es um Ihre Wiederholpräzision am Fallbeispiel Roggenbrot.

4.17.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 1 Scheibe Roggensauerteigbrot; • Geschirr: Brotbrett, Brotmesser, Teller. Schneiden Sie 2 mundgroße Stücke mit gleichem Rinden- und Krumenanteil von der Brotscheibe ab, und legen Sie diese auf den Teller.

4.17.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.18).

4.17  Übung 17: Wiederholbarkeit einer sensorischen …

Name: _______________________

57

Datum: ____________________

Wiederholbarkeit einer sensorischen Intensitätsbewertung Nehmen Sie bie ein Stück Roggenbrot in den Mund und bewerten dessen Geschmacksintensität anhand folgender Aribute:

Süß

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Sauer

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Salzig

Sehr stark

Sehr stark

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Sehr stark

Nehmen Sie nun – ohne den Gaumen mit Wasser zu neutralisieren – noch ein Stück des gleichen Brotes in den Mund. Wiederholen Sie die Verkostung und bewerten das Roggenbrot:

Süß

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Sauer

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Salzig

Sehr stark

Sehr stark

0 ----- 1 ----- 2 ----- 3 ----- 4 ----- 5 Gar nicht

Sehr stark

Abb. 4.18  Prüfformular Wiederholbarkeit sensorischer Prüfungen. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

58

4.17.4 Reflexion nach der Übung Unterscheiden sich die Bewertungen vom 1. und 2. Bissen Brot? Wenn ja, woran könnte das liegen? Mögliche Antworten sind: • biologische Schwankung in der Sinneswahrnehmung (s. Kap. 2), • Adaption (s. Abschn. 4.7), • Probenreihenfolgeeffekt, • Inhomogenität der Probe – etwa, falls ganze Gewürzkörner im Brot sind, kann auch der Biss auf ein Gewürzkorn die Wahrnehmung des Geschmacks verändern.

4.18 Übung 18: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt Senf Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Gaumenneutralisation • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.18.1 Hintergrund Die Gaumenneutralisation dient der Befreiung des Mundes vom Geschmack der vorhergehenden Probe, um die nächstfolgende Probe möglichst unbeeinflusst sensorisch prüfen zu können. Die Wahl eines geeigneten Gaumenneutralisationsmittels gestaltet sich jedoch manchmal als schwierig. Meist werden Wasser und Brot herangezogen, doch Brot kann erstens nicht jeden Geschmack beseitigen und hinterlässt zweitens selbst einen Eigengeschmack, der die Bewertung der darauffolgenden Probe beeinflussen kann (Derndorfer und Baierl 2012, 2013). Die Annahme, dass mildes Weißbrot immer die bessere Wahl ist, wurde zumindest bei Wein widerlegt. Bei säurebetonten Weißweinen erwies sich Mischbrot geeigneter als mildes Weißbrot, da das Weißbrot die Säure regelrecht überkompensierte. Wurde die gleiche Weinprobe nach dem Weißbrot noch einmal gekostet, erschien sie deutlich weniger sauer – also verändert (Derndorfer und Baierl 2012). Letztlich muss bei einer größeren Probenzahl bedacht werden, dass das Gaumenneutralisationsmittel keine Sättigung (und damit einhergehend geringere sensorische Sensibilität) erzeugen soll. In der vorliegenden Übung geht es um Senf, ein intensives und – je nach Sorte mehr oder weniger – scharfes Produkt. Zur Gaumenneutralisation bei einer Senfverkostung probieren wir verschiedene Gaumenneutralisationsmittel aus, die in der Praxis bei unterschiedlichen Lebensmitteln zum Einsatz kommen. Auch die Temperatur des Gaumenneutralisationsmittels kann eine Rolle spielen:

4.18  Übung 18: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt Senf

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• Wasser und Brot sind klassische Gaumenneutralisationsmittel, die bei vielen Lebensmitteln eingesetzt werden. • Äpfel werden bei Ölverkostungen eingesetzt. Der Geschmack des Apfels wird in Folge mit Wasser beseitigt. • Schwarztee wird manchmal bei Schokoladeverkostungen eingesetzt, eine Praxis, die ich selbst nicht empfehle, da zwei adstringierende Produkte aufeinandertreffen. • Milchprodukte, etwa Quark, eignen sich zur Neutralisation von Schärfe bei Chili. Mascarpone wurde auf Toast bei Senf eingesetzt (s. u.). • Matzen sind praktische Gaumenneutralisationsmittel, weil sie auf Vorrat gekauft und eingelagert werden können. • Zuckerwasser kam in einer Studie bei Senf zum Einsatz (s. u.). • Lösungen: Lucak (2008) identifizierte eine Pektinlösung mit 5 g Pektin/l Wasser als erfolgreiches Neutralisationsmittel von adstringierendem Tee, Kaffee, Tortillachips, Räucherwurst, Apfelmus und Mints. Lediglich bei süßen Jelly Beans erwies sich die Pektinlösung als ungeeignet. Lösungen aus Pektin, CMC oder Xanthangummi werden in verschiedenen Studien eingesetzt, sie müssen aber immer frisch hergestellt werden und stellen daher einen zusätzlichen Aufwand zur Probenvorbereitung dar. Was zeichnet das Produkt Senf im Gaumen aus? Je nach Sorte und weiteren Zutaten kann Senf süß, sauer, salzig, bitter und umami schmecken. Er kann metallisch empfunden werden, und das Mundgefühl kann dick, viskos, homogen, glatt, oder körnig, sowie adstringierend, beißend und stechend sein (Kellner 2013). Senf wird in die Kategorien „süß“, „mittelscharf“, „scharf“ und „extra scharf“ eingeteilt, und diese Kategorisierung erfolgt nicht durch Analyse des Scharstoffgehaltes, sondern auf Basis der Sensorik sowie der Senfsaatenmischung (Elb und Seuß-Baum 2022). Schwarze, braune und weiße/gelbe Senfkörner unterscheiden sich in ihrem Gehalt an Senfölglycosiden. Weißer/gelber Senf enthält Sinalbin. Aus diesem wird das Senföl 4-Hydroxybenzylisothiocyanat freigesetzt, dessen Schärfe v. a. im Mundraum wahrnehmbar ist. Schwarzer und brauner Senf enthalten beide Sinigrin, brauner Senf allerdings deutlich weniger als schwarzer Senf. Aus Sinigrin wird das Allylsenföl Allylisothiocyanat freigesetzt, dessen Schärfe aufgrund des höheren Dampfdruckes auch in Nase und Rachenraum deutlich wahrnehmbar ist. Als Neutralisationsmittel für Senf findet man in der Literatur unterschiedliche Varianten. Rousseau et al. (1999) baten ihre Testpersonen, vor den Proben und nach jedem Probenpaar zwischen den Proben den Mund mit Zuckerwasser (7 g/l) zu spülen. Kellner (2013) nennt Wasser und Weißbrot, Eib und Seuß-Baum (2022) nennen neben Wasser Toast mit Mascarpone als weiteres Neutralisationsmittel.

4.18.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen eine scharfe Senfsorte, außerdem zur potenziellen Gaumenneutralisation Leitungswasser, Mineralwasser, Schwarztee (2 min gezogen), Zuckerwasser (7 g/l), kalte Milch, warme Milch, Quark, Weißbrot, Mischbrot, Matzen (ungesäuertes und ungesalzenes Crispbrot), Apfel;

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

60

• Geschirr: ein kleines Verkostungsschälchen, einen kleinen Löffel sowie Gefäße für sämtliche Neutralisationsmittel.

4.18.3 Prüfanleitung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.19).

Name: _______________________

Datum: ____________________

Gaumenneutralisaon bei Senf Vor Ihnen steht eine Probe Senf, sowie verschiedene Gaumenneutralisaonsmiel. Bie prüfen Sie, welche dieser Neutralisaonsmiel zur Neutralisierung des Gaumens (Geschmack, Mundgefühl) geeignet sind und welche nicht. Nehmen Sie dafür jeweils etwas Senf mit dem Verkostungslöffel in den Mund und versuchen Sie nach dem Schlucken, den Gaumen mit einem Neutralisaonsmiel zu reinigen. Gehen Sie analog mit allen anderen Gaumenneutralisaonsmieln vor: kosten Sie wiederum etwas Senf, dann reinigen Sie den Gaumen mit dem nächsten Gaumenneutralisaonsmiel. Machen Sie kurze Pausen zwischen den einzelnen Durchgängen und noeren Sie Ihre Eindrücke in der Tabelle.

Gaumenneutralisaonsmiel Geeignet? Ja/nein

Warum / warum nicht?

Leitungswasser Mineralwasser Schwarztee Zuckerwasser Kalte Milch Warme Milch Quark Weißbrot Mischbrot Matzen Apfel

Abb. 4.19  Prüfformular Gaumenneutralisation Senf (▶ https://doi.org/10.1007/000-96n). (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.19  Übung 19: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt …

61

4.18.4 Reflexion nach der Übung • Hat die Temperatur der Milch für Sie eine Rolle gespielt? Kalte Milch hat weniger Eigengeschmack bzw. weniger retronasales Aroma. • Milcheiweiß reduziert die Schärfe von Chili – wie gut haben Milch oder Quark bei Senf funktioniert? Eib und Seuß-Baum (2022) nennen Toast mit Mascarpone als mögliches Neutralisationsmittel. • Leitungswasser: Je nach Wasserhärte hat das Wasser einen mehr oder weniger starken Eigengeschmack. Wie schmeckt Ihr Wasser? • Mineralwasser: Kohlensäure kann als trigeminaler Reiz die trigeminale Komponente bei scharfen Produkten steigern. War dies bei Senf der Fall?

4.19 Übung 19: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt Balsamicoessig Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zur Gaumenneutralisation • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.19.1 Hintergrund Balsamicoessig ist je nach Alter und Qualität unterschiedlich süß, sauer und adstringierend – und unterschiedlich teuer. Die Bezeichnung „Balsamico“ alleine ist keine Qualitätsgarantie, sie besagt lediglich, dass es sich um Essig handelt. „Aceto Balsamico di Modena“ ist hingegen eine geschützte geografische Angabe (g. g. A.). Der Essig wird in Modena und der Reggio Emilia hergestellt und besteht aus teilvergorenem und/oder gekochtem und/oder eingedicktem Traubenmost. Anschließend werden gealteter Essig und Weinessig zugefügt. Der Essig reift mindestens 60 Tage in Holzfässern. „Aceto Balsamico Tradizionale di Modena“ und „Aceto Balsamico Tradizionale di Reggio Emilia“ sind beides Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.). Der Most wird in offenen Behältern auf offener Flamme gekocht, Zusatzstoffe sind verboten, die Gärung erfolgt mit traditionellen Verfahren, der Balsamicoessig muss mindestens 12 Jahre in Holzfässern gelagert werden und die sensorische Qualität wird kontrolliert (Derndorfer 2012). Bei der sensorischen Analyse von Essig fallen wie bei allen Lebensmitteln meist mehrere Proben an, die in einer Sitzung verkostet werden. Wie geht man bei der Gaumenneutralisation dieses intensiven Lebensmittels vor? Hintergrund zur Gaumenneutralisation und gängige Gaumenneutralisationsmittel bei verschiedenen Lebensmitteln wurden in Übung 18 (s. Abschn. 4.18) vorgestellt.

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Abb. 4.20  Probenvorbereitung Essigverkostung. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.19.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen einige EL Balsamicoessig, außerdem: Leitungswasser, Mineralwasser, Schwarztee (2 min gezogen), Zuckerwasser (7 g/l), kalte Milch, warme Milch, Quark, Weißbrot, Mischbrot, Matzen (ungesäuertes und ungesalzenes Crispbrot), Apfel; • Geschirr: einen Verkostungslöffel für die Essigproben (Plastik oder – ideal – Porzellan) sowie Gefäße für sämtliche Neutralisationsmittel. Portionieren Sie den Essig auf den Porzellanlöffeln für die Verkostung (s. Abb. 4.20).

4.19.3 Prüfanleitung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.21).

4.19.4 Reflexion nach der Übung • Wie war der von Ihnen verkostete Essig in Geschmack und Mundgefühl? Je nachdem, wie süß, sauer, adstringierend und wie anhaltend er war, können unterschiedliche Neutralisationsmittel erfolgreich gewesen sein. • Hat die Temperatur der Milch für Sie eine Rolle gespielt? Kalte Milch hat weniger Eigengeschmack bzw. weniger retronasales Aroma. • Süße und Säure unterdrücken sich gegenseitig, wenn sie im gleichen Lebensmittel, etwa Limonade, vorhanden sind – man nennt dies im Fachjargon Mixture Suppression. Funktioniert das auch, wenn süß nach sauer gekostet wird – konnte süßes Zuckerwasser die Säure des Essigs reduzieren? • Wenn Sie einen sehr sauren Essig hatten, kann Weißbrot die Säure überkompensiert haben (s. Hintergrund in Übung 18, s. Abschn. 4.18). War das der Fall?

4.19  Übung 19: Übung zur Gaumenneutralisation beim Produkt …

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• Kohlensäure ist als trigeminaler Reiz in der Lage, die empfundene Säure zu verstärken (Dürrschmid 2018). Passiert dies auch, wenn Mineralwasser nach dem Essig zum Gaumenreinigen eingesetzt wird? • Es lohnt sich mitunter auch, warmes Leitungswasser zu probieren. • Nicht nur Balsamicoessige sind unterschiedlich süß und sauer, auch auf Äpfel trifft das zu. Wie war der von Ihnen verwendete Apfel im Geschmack? Ein säurebetonter Apfel kann kaum Säure des Essigs neutralisieren. Name: _______________________

Datum: ____________________

Gaumenneutralisaon Balamicoessig Vor Ihnen steht eine Probe Balsamicoessig, sowie verschiedene Gaumenneutralisaonsmiel. Bie prüfen Sie, welche dieser Neutralisaonsmiel zur Neutralisierung des Gaumens bei einer Balsamicoverkostung geeignet sind und welche nicht. Nehmen Sie dafür jeweils etwas Balsamicoessig mit dem Verkostungslöffel in den Mund und versuchen Sie nach dem Schlucken, den Gaumen mit einem Neutralisaonsmiel zu reinigen. Gehen Sie analog mit allen anderen Gaumenneutralisaonsmieln vor: kosten Sie wiederum etwas Essig dann reinigen Sie den Gaumen mit dem nächsten Gaumenneutralisaonsmiel. Machen Sie kurze Pausen zwischen den einzelnen Durchgängen und noeren Sie Ihre Eindrücke in der Tabelle.

Gaumenneutralisaonsmiel Geeignet? Ja/nein

Warum / warum nicht?

Leitungswasser Mineralwasser Schwarztee Zuckerwasser Kalte Milch Warme Milch Quark Weißbrot Mischbrot Matzen Apfel

Abb. 4.21  Prüfformular Gaumenneutralisation Balsamicoessig. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

64

4.20 Übung 20: Verkostungstechnik: Spucken vs. Schlucken Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.20.1 Hintergrund Bei vielen Genussmitteln, etwa Wein, Kaffee oder Tee, ist es üblich, dass bei einer hohen Probenanzahl ausgespuckt wird. Dafür stehen eigene Spucknäpfe (s. Abb. 4.22 und 4.23) bereit. Abb. 4.22  Spuckbecher für Weinverkostungen. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Abb. 4.23  Spuckbecher für Teeverkostungen. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

4.20  Übung 20: Verkostungstechnik: Spucken versus schlucken

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Abb. 4.24  a, b Probenvorbereitung eines Tea Tasters in Indien. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Tea Taster, die in großen Unternehmen für den Einkauf und die Mischung von Teesorten zuständig sind, verkosten während der Haupternte- und Haupteinkaufszeit von Tee täglich Hunderte Teeproben. Schlucken wäre bei einer derart großen Probenzahl nicht möglich. Abb. 4.24 zeigt die Probenvorbereitung eines Tea Tasters. Analog werde beim Cupping von Kaffee zur Ermittlung von Kaffeequalitäten Proberöstungen durchgeführt und viele Kaffeeproben verkostet. Bei Wein ist die Spuckpraxis vor allem bei Prämierungen üblich. Dabei drängt sich die Frage auf, ob das Ausspucken eine gleichwertige Sinneswahrnehmung ermöglicht wie das Schlucken, und ob das produktspezifisch unterschiedlich ist. Pizarek und Vickers (2017) zeigten in einer Studie, dass Koffeinlösungen (bitter), Ethylbutyratlösungen (fruchtig) sowie mit Mandelextrakt aromatisierte Desserts beim Schlucken deutlich intensiver empfunden werden als beim Spucken. Dabei sind nicht alle Geschmacksrichtungen gleichermaßen betroffen: Bei Zuckerlösungen (süß), Zitronensäurelösungen (sauer), Mononatriumglutamatlösungen (umami) und Orangenkeksen wurden keine Unterschiede zwischen beiden Verkostungstechniken festgestellt. Für ihre Untersuchungen setzten Pizarek und Vickers (2017) zum Teil untrainierte Tester und zum Teil trainierte Panellisten ein. Die untrainierten Testpersonen erhielten blind, also unwissend, Doppelproben, und sie bekamen die fünf Lösungen (süß, sauer, bitter, umami, fruchtig) in unterschiedlichen Konzentrationen, jede Geschmacksrichtung an unterschiedlichen Tagen. Nach dem Spucken oder Schlucken bewerteten die Tester die Intensität des Geschmacks an

66

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

einer Linienskala. Jeweils die Hälfte begann mit der Verkostungstechnik Spucken, die andere Hälfte mit der Verkostungstechnik Schlucken. Die trainierten Tester erhielten verschiedene Konzentrationen der Ethylbutyratlösung sowie Kekse und Mandeldessert. Testmethode war in diesem Fall der Zeit-Intensitäts-Test, eine dynamische Methode, wo der sensorische Eindruck kontinuierlich im Zeitverlauf festgehalten wird. In der vorliegenden Übung bewerten wir die Intensität von verschiedenen Proben nach dem Spucken vs. nach dem Schlucken an einer unstrukturierten Linienskala. Sie üben dabei verschiedene Verkostungstechniken und sehen, ob die Auswirkungen bei unterschiedlichen Lebensmitteln – ähnlich wie in der oben genannten Studie – unterschiedlich groß sind. Würde man diese Übung mit mehreren Personen durchführen, um herauszufinden, wie sich die Ergebnisse beim Spucken und Schlucken unterscheiden, bekäme die Hälfte der Prüfpersonen zuerst eine Probe zum Spucken und dann zum Schlucken, die andere Hälfte der Prüfpersonen zuerst die Probe zum Schlucken und dann zum Spucken. So wäre das Ergebnis unbeeinflusst von der Verkostungsreihenfolge.

4.20.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Limonade, gesalzene Erdnüsse (ersatzweise andere Nüsse); • Geschirr: Glas, kleines Schälchen, 2 Spuckbecher/Näpfe. Schenken Sie Limonade ins Glas ein und füllen einige Erdnüsse in das kleine Schälchen.

4.20.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.25).

4.20.4 Zusatzübung Versuchen Sie die Übung auch in umgekehrter Reihenfolge: zuerst spucken, dann schlucken. Vergleichen Sie die Ergebnisse.

4.20  Übung 20: Verkostungstechnik: Spucken versus schlucken Name: _______________________

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Datum: ____________________

Verkostungstechnik: Spucken versus schlucken Limonade Bie nehmen Sie einen Schluck Limonade in den Mund und warten Sie, bis Sie den süßen Geschmack wahrnehmen. Schlucken Sie die Probe und bewerten Sie unmielbar danach die Intensität des Aributs Süß an folgender Intensitätsskala: --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— gar nicht süß

außerordentlich süß

Neutralisieren Sie bie Ihren Gaumen mit Wasser. Wenn Sie nichts mehr schmecken, fahren Sie mit der Übung fort. Bie nehmen Sie einen Schluck Limonade in den Mund und warten Sie, bis Sie den süßen Geschmack wahrnehmen. Spucken Sie die Probe aus und bewerten Sie unmielbar danach die Intensität des Aributs Süß an folgender Intensitätsskala: --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— gar nicht süß

außerordentlich süß

Gesalzene Erdnüsse Bie nehmen Sie einige gesalzene Erdnüsse in den Mund, kauen und warten Sie, bis Sie den salzigen Geschmack wahrnehmen. Spucken Sie die Probe aus und bewerten Sie unmielbar danach die Intensität des Aributs Salzig an folgender Intensitätsskala: --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— gar nicht salzig

außerordentlich salzig

Neutralisieren Sie bie Ihren Gaumen mit Wasser. Wenn Sie nichts mehr schmecken, fahren Sie mit der Übung fort. Bie nehmen Sie einige gesalzene Erdnüsse in den Mund, kauen und warten Sie, bis Sie den salzigen Geschmack wahrnehmen. Schlucken Sie die Probe und bewerten Sie unmielbar danach die Intensität des Aributs Salzig an folgender Intensitätsskala: --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— gar nicht salzig

außerordentlich salzig

Abb. 4.25  Prüfformular Verkostungstechnik. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

68

4.21 Übung 21: Verkostungstechnik: Schlürfen vs. Trinken Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

4.21.1 Hintergrund Wie in Übung 20 (s. Abschn. 4.20) beschrieben, kosten Coffee und Tea Taster sehr viele Proben hintereinander. Die beiden Heißgetränke werden aber nicht klassisch aus einer Tasse getrunken/gekostet, sondern von einem Löffel geschlürft. Diese durchaus laute Verkostungstechnik hat einen Sinn: Kaffee oder Tee werden gemeinsam mit etwas Luft durch die Vorderzähne gezogen, sprayartig in der Mundhöhle verteilt und bewegt. Geschmack und retronasal wahrgenommenes Aroma sind dabei simultan wahrnehmbar. Die Proben werden nach dem Umwälzen in der Mundhöhle ausgespuckt. Diese Verkostungstechnik bedarf etwas Übung. Wir beschränken uns in dieser Übung auf das Verkosten vom Löffel. Ob Sie die Proben ausspucken (wie professionelle Coffee oder Tea Taster) oder schlucken, bleibt Ihnen überlassen.

4.21.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Kaffee oder Tee Ihrer Wahl; • Geschirr: Tasse, Esslöffel und 1 Glas Leitungswasser. Bereiten Sie 1 Tasse Tee oder Kaffee ohne Zusätze zu.

4.21.3 Prüfanleitung & Durchführung Versuchen Sie, den Kaffee/Tee seitlich (s. Abb. 4.26) vom Esslöffel zu schlürfen: Ziehen Sie das Getränk laut durch die Vorderzähne, wälzen Sie es im Mund um. Dann spucken Sie das Getränk aus. Trinken Sie etwas Leitungswasser. Versuchen Sie es mehrmals, üben Sie die Technik.

4.21.4 Zusatzübungen Kombinieren Sie Übungen 20 (s. Abschn. 4.20) und Übung 21 (s. Abschn. 4.21) und vergleichen Sie die Ergebnisse, wenn Sie 1) nur spucken und 2) schlürfen und spucken.

4.21  Übung 21: Verkostungstechnik: Schlürfen vs. trinken

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Abb. 4.26  Schlürftechnik. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Versuchen Sie, das Heißgetränk mit eigenen Worten zu beschreiben (einfach beschreibende Prüfung). Im Anschluss vergleichen Sie Ihre Begriffe mit Tab. 4.2 (Kaffee) bzw. Tab. 4.3 (Tee).

Tab. 4.2  Auszug aus World Coffee Research (o. D.). Eigene Übersetzung

Begriffe zur Beschreibung von Kaffee Alkoholisch

Geröstet

Orange

Alt

Getreide

Papier

Ananas

Granatapfel

Pfirsich

Animalisch

Grapefruit

Rauchig

Apfel

Grün

Rosine

Asche

Gummiartig

Salzig

Birne

Heidelbeere

Sauer

Bitter

Heu

Schimmelig/feucht

Bohnig

Himbeere

Staubig

Brombeere

Holzig

Süß

Dörrpflaume

Karton

Tabak

Erbsenschoten

Kirschen

Trauben

Erdbeere

Kokos

Trockenfrüchte

Erdig/muffig

Kräuter

Vegetabil

Erdöl

Limette

Verbrannt

Fermentiert

Malzig

Weinig

Fleischig

Medizinisch

Whisky

Frisch

Olivenöl

Zitrone

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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Tab. 4.3  Auszug aus Australian Tea Masters (o. D.). Eigene Übersetzung

Begriffe zur Beschreibung von Tee Apfel

Kardamom

nussig

Bambus

Kräuter

Petersilie

Banane

Lakritze

Pfeffer

Basilikum

Lavendel

Pfirsich

Beeren

Leder

Salbei

Birne

Litschi

Schokoladig

Blumig

Malzig

Seetang

Erdig

Mango

Sternanis

Fenchel

Marille

Tabak

Fischig

Meeresluft

Thymian

Frisches Gras

Melone

Trauben

Frisches Heu

Milchig

Tropische Früchte

Gewürznelke

Mineralisch

Vanille

Holzig

Minze

Vegetabil

Honig

Moos

Verbrannt

Ingwer

Moschus

Würzig

Kakao

Muskatnuss

Zimt

Karamell

Nasses Stroh

Zitrusfrüchte

4.22 Übung 22: Hautsinne/Textur – Rangordnung nach Konsistenz Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet zur Überprüfung der eigenen Sinnesleistung • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für Genussschulungen

4.22.1 Hintergrund Übungen 11–14 (s. Abschn. 4.11–4.14) bestanden aus Rangordnungsprüfungen nach Geschmacksintensität. In dieser Übung soll mittels Rangordnungsprüfung eine Texturreihe gebildet werden. Diese dient hier Übungszwecken, kommt aber auch in der Praxis vor. Wird beispielsweise ein Joghurtpanel aufgebaut und

4.22  Übung 22: Hautsinne/Textur – Rangordnung nach Konsistenz

71

trainiert, umfasst das auch die Textur. Soll das Joghurtpanel später auch Intensitäten bewerten, muss es dahingehend geschult werden: etwa mit unterschiedlich dicken bzw. flüssigen Proben. Dafür könnte man Handmuster aus Joghurt und geringen Mengen Milch in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen rühren. Man erhält dabei durch den Milchzusatz aber auch Unterschiede in der Säure. Geht es um die Schulung der Cremigkeit, so muss diese exakt definiert werden, damit alle Testpersonen das Gleiche darunter verstehen. u Cremig ist ein multimodaler Begriff. Er kann bei Milchprodukten optisch

(cremig-weiße Farbe), geschmacklich (sahnig) und mit dem Tastsinn (glatt, homogen, fett) bewertet werden. Der Fettgehalt trägt zur Cremigkeit bei. Möchte man unterschiedliche Cremigkeit trainieren, kann man Joghurts mit unterschiedlichen Fettstufen, die auch von Mitbewerbern stammen können, probieren. Da verschiedene Hersteller verschiedene Joghurtkulturen und Technologien einsetzen, kann es jedoch sein, dass der Fettgehalt nicht immer eindeutig mit der Cremigkeit assoziiert ist.

4.22.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie brauchen 5 Proben (à 25 g) cremig gerührtes Joghurt mit unterschiedlichen Fettgehalten; • Geschirr: 5 kleine Becher oder Schälchen, Stift oder Etiketten zum Codieren, Löffel. Beschriften Sie sowohl die Verkostungsbecher/Schälchen als auch die Joghurtbecher mit Codes, damit Sie nachher wissen, was sie wo eingefüllt haben. Da die Gefahr besteht, sich Code und Inhalt gemeinsam einzuprägen, macht es Sinn, die Codes auf der Unterseite der Schälchen anzubringen. Füllen Sie die Joghurts in die codierten Becher/Schälchen. Stellen Sie diese durcheinander auf, schieben Sie die Gläser so lange auf dem Tisch herum, bis Sie nicht mehr wissen, welches Joghurt sich in welchem Becher befindet.

4.22.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.27).

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

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Name: _______________________

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung nach Konsistenz Sie erhalten fünf Joghurtproben. Bie ordnen Sie die vorliegenden Proben anhand ihrer Textur, von der cremigsten (Rang 1) bis zur wenigsten cremigen (Rang 5).

Rang 1: __________ Rang 2: __________ Rang 3: __________ Rang 4: __________ Rang 5: __________ Abb. 4.27  Prüfformular Rangordnungsprüfung Konsistenz. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.23 Übung 23: Hautsinne/Temperatur – Interaktion Fett & Temperatursinn Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

4.23.1 Hintergrund In Kap. 2 sind zahlreiche Beispiele für Interaktionen der Hautsinne mit anderen Sinneseindrücken aufgelistet: etwa, dass süßer Geschmack die empfundene Viskosität eines Lebensmittels erhöht oder Vanillearoma die empfundene Cremigkeit. Aber auch innerhalb der Hautsinne gibt es Wechselwirkungen. So kann Fett, das maßgeblich an der Textur von Speisen beteiligt ist, auch die Temperaturwahrnehmung beeinflussen.

4.23.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Sie benötigen 2 Eissorten – ein Sahneeis und ein Fruchtsorbet –, beide mit beliebiger Geschmacksrichtung, mit gleicher Produkttemperatur; • Geschirr: 2 kleine Schüsseln, Löffel.

4.24  Übung 24: Hautsinne/Schmerz: Trigeminale Reize kennenlernen

73

Portionieren Sie gleiche Mengen (1 Kugel) von jeder Eissorte in die Schüsseln.

4.23.3 Prüfanleitung & Durchführung Verkosten Sie die beiden Eissorten. Welche erscheint Ihnen kälter?

4.23.4 Auflösung Fettiges Eis wird als weniger kalt empfunden, mitunter bildet das Fett einen schützenden Film im Mund (Mouritsen und Styrbæk 2017).

4.24 Übung 24: Hautsinne/Schmerz: trigeminale Reize kennenlernen Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe

4.24.1 Hintergrund Trigeminale Wahrnehmungen sind solche, wo die freien Nervenenden des Gesichtsnervs, des Nervus trigeminus aktiviert werden. Dabei kommt es zu einer (mehr oder weniger) ausgeprägten Schmerzreaktion (s. Kap. 2). In dieser Übung machen Sie sich mit verschiedenen trigeminalen Reizen vertraut: mit adstringierend, scharf, brennend, stechend, beißend und prickelnd. Die Abgrenzung dieser Begriffe ist nur zum Teil eindeutig. Adstringierend und prickelnd sind immer unmissverständliche Begriffe, während es bezüglich scharf, brennend, beißend und stechend unterschiedliche Definitionen in der Literatur gibt, die abhängig von der Lebensmittelgruppe und von deren Aggregatzustand (fest oder flüssig) zu betrachten sind. Sie unterscheiden sich aber zum Teil im Ort der Wahrnehmung (Mund, Rachen, Nase) oder im Zeitverlauf. Stechend kann auch in der Nase empfunden werden, brennend wird häufig zeitverzögert als Nachwirken beschrieben. Letztlich gibt es eine Überschneidung von Schmerz und Temperatur, und zwar beim Begriff brennend. In der Praxis ist es kein Entweder-oder; das gleiche Lebensmittel kann mehrere trigeminale Eigenschaften gleichzeitig besitzen. u Adstringenz ist nach ISO 5492 (2008) eine „komplexe Empfindung, begleitet von

Zurückschrecken, Ziehen oder Zusammenziehen der Haut oder Schleimhautoberfläche im Mund, erzeugt durch Substanzen wie z. B. Kaki- oder Schlehentannine“.

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4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Diese Definition zieht sich durch die gesamte Sensorikliteratur. Als weitere Referenzen werden Polyphenole bzw. polyphenolreiche Lebensmittel wie Matchatee, Quercetine in Apfel, Brombeer- oder Johannisbeerkonzentrat oder Zitronensaft (Uhl et al. 2015), starker Schwarztee und unreifes Obst (Ellner et al. 2015), Kakaopulver und Schokolade mit hohem (85–100 %) Kakaoanteil (Derndorfer 2015a), Traubenkerne (Bongartz et al. 2015a), Sojaprodukte und Rotwein (Johnson 2021) genannt. Adstringenz entsteht, wenn Polyphenole des jeweiligen Lebensmittels an Speichelproteine, genauer an prolinreiche Proteine des Speichels, binden und diese ausfällen. Menschen mit höherem Speichelfluss und hoher Konzentration prolinreicher Speichelproteine nehmen Adstringenz weniger stark wahr (Johnson 2021). Dies ist eines von vielen Beispiele, warum es nie gelingen kann, dass Prüfpersonen innerhalb eines Panels exakt identische Wahrnehmung haben. Adstringenz ist bei sensorischen Beschreibungen insofern herausfordernd, als dass es etwa 15 s dauert, bis sie vollständig entwickelt ist, sich aufbaut und bei wiederholtem Verkosten schwer vom Gaumen lösbar ist (Johnson 2021). u Scharf, stechend ist in der Norm ISO 5492 (2008) als „eine scharfe

Empfindung in den Wangen- und Nasenschleimhäuten hervorrufend, z. B. Essig, Senf, Meerrettich“ definiert. Flüchtige Säuren wie die Essigsäure und flüchtige Scharfstoffe wie Isothiocyanate aus Senf sind nachweislich sowohl olfaktorisch als auch trigeminal wahrnehmbar (Simat et al. 2017). u Brennend wird aber als Wärmeempfindung im Mund, etwa durch Chili

beschrieben (ISO 5492 2008). Analog definieren Uhl et al. (2015) brennend bei Getränken inkl. Wein als „brennende Empfindung von Wärme im Mund; häufig auch als nachwirkendes Brennen“, und Derndorfer (2015a) definiert brennend bei Schokolade und Kakaoerzeugnissen als „warme und leicht schmerzhafte Empfindung im Mund aufgrund chemischer Reize wie Alkohol oder Scharfstoffe“. Die Abgrenzung von stechend, scharf und brennend ist nicht immer scharf. Bei Fisch und Seafood gilt stechend als „scharfer, unangenehmer Geruchseindruck“, scharf hingegen als „z. T. schmerzhafte, stechende, brennende Empfindung im Mund“ (Oehlenschläger et al. 2015). Im DLG Fachvokabular Sensorik definieren Bongartz et al. (2015b) im Kapitel über Tee „scharf, brennend“ als „schmerzhafte, stechende Empfindung im Mund und Rachen (trigeminale Empfindung)“ und führen weiter an: „Scharf und brennend sind gleichartige Empfindungen unterschiedlicher Intensität und Dauer; zuerst ist die Empfindung scharf, bei längerer konstanter Einwirkung brennend.“

4.25  Übung 25: mit allen Sinnen prüfen: frisch …

75

u Beißend: Im DLG Fachvokabular Sensorik definieren Bongartz et al. (2015c)

beißend bei Kaffee als Fehler, als „stechendes Gefühl im Rachen und Gaumen (trigeminale Empfindung)“. Bei Speiseölen wird zwischen den trigeminalen Begriffen beißend („Sinneseindruck auf der Zunge, ähnlich der Empfindung, die infolge von Substanzen wie kohlensäurehaltiges Wasser entsteht“), brennend als „brennende Empfindung im Mund, häufig auch als nachwirkendes Brennen empfunden“, scharf als „leicht bzw. stark schmerzhafte, prickelnd-brennende Empfindungen im Mund und Rachen“ und stechend als „stechende Empfindung in Mund und Nasenschleimhaut, leicht scharf“ (Bongartz et  al. 2015d) differenziert. Bei alten Hartkäsen tritt beißend in Folge von hohem Anteil biogener Amine als Folge des Eiweißabbaus auf (Ellner et al. 2015). u Prickelnd ist bei Getränken und Wein ein „Produkt, das ein moussierendes,

an Kohlensäure erinnerndes, zum Teil auch sprudelndes und leicht schäumendes Mundgefühl auslöst“ (Uhl et al. 2015); analog bei Milchprodukten wie Kefir ein „Produkt mit freien CO2-Molekülen, welche infolgedessen ein perlendes Mundgefühl auslösen“ (Ellner et al. 2015).

4.24.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Grün- oder Schwarztee (adstringierend), dunkle Schokolade mit 90 % Kakaoanteil (adstringierend), Ingwer frisch gerieben (scharf), Essig oder scharfer Senf (scharf, stechend), hochprozentiger Edelbrand/Schnaps (brennend), Chiliöl (scharf und brennend), kohlensäurehaltiges Getränk (prickelnd); • Geschirr: Teetasse, Glas, Schnapsglas, mehrere Teelöffel.

4.24.3 Prüfanleitung & Durchführung Verkosten Sie die einzelnen Proben und prägen Sie sich den jeweiligen trigeminalen Reiz ein. Machen Sie so lange Pause zwischen den Proben, bis Sie nichts mehr von den Vorproben spüren, und/oder neutralisieren Sie Ihren Gaumen dazwischen.

4.25 Übung 25: mit allen Sinnen prüfen: frisch oder am Ende des MHD Übersicht

• Übung zur Sinneswahrnehmung • Geeignet für Genussschulungen

76

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

4.25.1 Hintergrund Wie lange ein Lebensmittel haltbar ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab: vom Lebensmittel selbst, von dessen Zutaten, pH-Wert, von der Wasseraktivität (d. h. dem für potenzielle Mikroorganismen verfügbaren Wasser), von Verarbeitungsschritten, Verpackungsmaterialien sowie von Lagerbedingungen (Lagertemperatur, Sauerstoff, Licht u. v. m.). Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) gibt an, wie lange ein Lebensmittel bei sachgemäßer Lagerung seine speziellen Eigenschaften behält, also genusstauglich ohne qualitative Einbußen und ohne Gesundheitsgefährdung ist. Die Sensorik spielt hinsichtlich der speziellen Eigenschaften eine wichtige Rolle. Das MHD ist vom Verbrauchsdatum zu unterscheiden, das für mikrobiell leicht verderbliche Lebensmittel gilt. Oft sind Lebensmittel deutlich über das MHD hinaus genusstauglich. Die Bewertung erfolgt sensorisch. Eine Hilfestellung dafür bietet die Verbraucherzentrale Hamburg (2019) mit einer Checkliste für Konsumenten. Auf dieser ist für zahlreiche Lebensmittel angeführt, ob diese nach Ablauf unbedenklich sind und wie dies zu überprüfen ist. Butter ist beispielsweise oft mehrere Wochen bis Monate länger haltbar als das MHD angibt, die Überprüfung erfolgt visuell (dunkelgelbe Farbe), olfaktorisch (stechender, ranziger Geruch) und gustatorisch (ranzig, nicht mehr arteigen).

4.25.2 Vorbereitung • Lebensmittel: gleiche Marke Orangendirektsaft – einmal frisch, einmal gegen Ende des MHD; gleiche Marke Joghurt (Natur oder Frucht, auch Kokosjoghurt, Sojajoghurt etc. sind möglich) – einmal frisch, einmal gegen Ende des MHD, gleiche Marke Haselnussschokolade – einmal frisch (d. h. mit einem MHD, das noch viele Monate entfernt ist) und einmal kurz vor Ende des MHD. Suchen Sie die Produkte in verschiedenen Geschäften, so erhalten Sie automatisch verschiedene MHD. • Geschirr: 2 Gläser, 2 kleine Schalen, 2 kleine Teller. • Sonstiges: kleine Sticker oder Stift zum Codieren auf den Unterseiten der Gläser/Schüsseln/Teller. Sollten Sie in einem Mehrpersonenhaushalt leben, lassen Sie sich die Proben verblinden. Ansonsten kennzeichnen Sie zuerst auf den Geschirrunterseiten, wo die „frische“ bzw. „alte“ Probe enthalten ist – diese Information darf bei der Verkostung nicht lesbar sein. Bereiten Sie alle Probenpaare vor: Schenken Sie exakt gleich viel von beiden Säften ein, füllen Sie exakt gleich viel Joghurt ein, brechen Sie gleich große Stücke Schokolade ab. Schieben Sie die Proben eine Zeit lang auf dem Tisch hin und her, ggf. decken Sie die Proben ab und machen eine Pause, bis Sie sicher nicht mehr wissen, welche die jeweils frische Probe ist. Codieren Sie die Proben dann sichtbar wie folgt: die Orangensäfte mit den Codes 873 und 286, Joghurts mit den Codes 119 und 330, die Schokoladen mit den Codes 525 und 769.

Literatur

77

Name: _______________________

Datum: ____________________

Mit allen Sinnen prüfen: Mindesthaltbarkeit Versuchen Sie anhand des Aussehens, des Aromas, des Geschmacks und der Textur zu erkennen, welche der beiden Proben eines Probenpaares „jung“ und welche „alt“ ist. Neutralisieren Sie zwischendurch Ihren Gaumen.

Probencodes: Orangensa€ 873 Joghurt 119 Haselnussschokolade 525

Welche ist die „alte“ Probe? 286 330 769

Welche die die „junge“ Probe?

Auswertung: richg/falsch?

Abb. 4.28  Prüfformular MHD. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

4.25.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 4.28).

Literatur The Australian Tea Masters (o. D.) https://australianteamasters.com.au/product/tea-tasting-wheelenglish. Zugegriffen: 10. Okt 2022 Beekman TL, Huck L, Claure B et al (2021) Consumer acceptability and monetary value perception of iced coffee beverages vary with drinking conditions using different types of straws or lids. Food Res Int 140:109849 Bongartz A, Cezanne ML, Popp M (2015a) Brot. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 100–110 Bongartz A, Cezanne ML, Julius N (2015b) Tee. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 212–220 Bongartz A, Chatelain K, Klausner E (2015c) Kaffee. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 204–210 Bongartz A, Popp M, Schneller R (2015d) Speiseöle. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 190–202 Bongartz A, Pfeiffer B (2010) DLG Expertenwissen Sensorik. Sensorikpanels (Teil 2): methoden zur Prüferschulung, zum Panelmonitoring, zur Panelperformance und zur Panelmotivation. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen/ lebensmittelsensorik/2010_6_Expertenwissen_Prueferschulung_Panelmonitoring.pdf Derndorfer E (2016) Lebensmittelsensorik, 5. Aufl. Facultas.wuv, Wien Derndorfer E (2015) Schokolade & Kakaoerzeugnisse. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 130–140 Derndorfer E (2019) Vanille. Mandelbaums kleine Gourmandisen Nr. 27, Mandelbaum, Wien Derndorfer E, Baierl A (2012) Brot und Wein – Zusammenspiel aus sensorischer Sicht. Ernährung Nutrition 36:308–311

78

4  Übungen zur Sinneswahrnehmung …

Derndorfer E, Baierl A (2013) Brot & Wein II. Ernährung. Nutrition 37:331–333 Derndorfer E, Fasan I (2022) Karotte/Möhre. Mandelbaums kleine Gourmandisen Nr. 46, Mandelbaum, Wien Derndorfer E, Gruber M (2017) Farben und ihre Einflüsse auf die sensorische Produktwahrnehmung. DLG- Expertenwissen. http://www.evaderndorfer.at/pdf/DLG_3_2017_Expertenwissen_Sensorik_Farbe_deutsch.pdf Ellner R, Krämer B, Scharf I et al (2015) Milch & Milchprodukte. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 146–166 Eshchar Y (2021) https://davidson.weizmann.ac.il/de/online/askexpert/die-gene-hinter-der-farbwahrnehmung. Zugegriffen: 5. Sept 2022 Farbenblindheit (o. D.) https://de.wikipedia.org/wiki/Farbenblindheit. Zugegriffen: 25. Aug 2022 Hanrieder D, Sippel C, Bongartz A et al (2018) Praxisleitfaden zur Panelschulung Teil 2: Schulungspläne zur Prüfer- und Panelqualifizierung. DLG Expertenwissen 12. https://www. dlg.org/de/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen-sensorik/praxisleitfaden-zurpanelschulung-teil-2 Hayer A (2014) Zuckerarten, Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe. Empfehlungen für Kinder und Jugendliche. Gesundheitsförderung Schweiz Faktenblatt 4, Bern und Lausanne ISO 5492 (2008) Sensory analysis – vocabulary Johnson M (2021) Astringency. https://www.sensorysociety.org/knowledge/sspwiki/Pages/ Astringency.aspx. Zugegriffen: 28. Sept 2022 Kellner AK (2013) Sensorische, analytische und mikrobiologische Eigenschaften von Kremser Senf – nach Verfahrensänderungen und im Zuge der Lagerung. Universität Wien, Masterarbeit Lucak CL (2008) Determination of various palate cleanser efficacies for representative food types. Master thesis, Ohio State University Mouritsen O, Styrbæk K (2017) Mouthfeel: how texture makes taste. Columbia University Press, New York Oehlenschläger J, Schneider-Häder B, Müller-Hohe E et al (2015) Fisch & Seafood. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 80–98 Oleszkiewicz A, Schriever VA, Croy I et al (2019) Updated Sniffin’ Sticks normative data based on an extended sample of 9139 subjects. Eur Arch Otorhinolaryngol 276:719–728 Pizarek A, Vickers Z (2017) Effects of swallowing and spitting on flavor intensity. J Sens Stud 32:e12277 Rot-Grün-Sehschwäche (o. D.) https://de.wikipedia.org/wiki/Rot-Grün-Sehschwäche. Zugegriffen: 1. Sept 2022 Rousseau B, Rogeaux M, O’Mahony M (1999) Mustard discrimination by same–different and triangle tests: aspects of irritation, memory and τ criteria. Food Qual Prefer 10:173–184 Seuß-Baum I, Schneider D, Schneider-Häder B et al (2022) DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik 2022. Themen, Tools und Perspektiven in der deutschsprachigen Lebensmittelsensorik. https://www.dlg.org/fileadmiFn/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/ trendmonitor/Trendmonitor_Sensorik_2022.pdf Seuvre AM, Turci C, Voilley A (2008) Effect of the temperature on the release of aroma compounds and on the rheological behaviour of model dairy custard. Food Chem 108:1176– 1182 Simat T, Schneider-Häder B, Uhl M et al (2017) Geruchs- und Aromaschulung in der Sensorik. DLG Expertenwissen 1. https://www.dlg.org/de/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen-sensorik/geruchs-und-aromaschulung Spence C (2015) On the psychological impact of food colour. Flavour 4:1–16 Spence C (2018) Gastrologik. Die erstaunliche Wissenschaft der kulinarischen Verführung. Beck, München Uhl M, Würz B, Bleile B et al (2015) Getränke & Wein. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, S 168–188 Yoder WM, Stratis K, Pattanaik S et al (2013) Time course of perceptual adaptation differs among odorants. J Sens Stud 28:495–5032

5

Übungen zur Harmonie von Zutaten

5.1 Übung 1: Food Pairing – Harmonie durch gemeinsame Aromen • Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kombinieren von Lebensmitteln oder Zutaten • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

5.1.1 Hintergrund Lebensmittelindustrie und Gastronomie haben eines gemeinsam: Es müssen – je nach Positionierung der Marke bzw. des Restaurants – immer wieder innovative Sorten/Speisen kreiert und Zutaten neu miteinander kombiniert werden. Um Kombinationen zu finden, die neu, aber dennoch vielversprechend bis massentauglich sind, gibt es einige Theorien (Food Pairing und Flavour Pairing). Food Pairing ist eine Theorie, nach der zwei Zutaten umso besser miteinander harmonieren, je mehr gemeinsame Aromen sie besitzen. Idealerweise sind dies die Schlüsselaromen der jeweiligen Produkte. Den Nachweis für die Gemeinsamkeit liefert nicht die eigene Nase, sondern ein Gaschromatograf. Entsprechende Datenbanken, denen chemische Analysen zugrunde liegen (https://www.foodpairing. Ergänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-66266507-7_5. Die Videos lassen sich durch Anklicken des DOI Links in der Legende einer entsprechenden Abbildung abspielen, oder indem Sie diesen Link mit der SN More Media App scannen. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_5

79

80

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

com/; https://www.vcf-online.nl/VcfHome.cfm), und praxistaugliche Bücher (Coucquyt et al. 2020; Vierich und Vilgis 2012) dienen als Hilfsmittel, um potenzielle „Partner“, also zusammenpassende Zutaten zu identifizieren. Zu viele gleiche Aromen können in einem Gericht aber auch für Langeweile sorgen. Dann setzt man mit Food Contrasting gezielt Akzente. „Nur“ zusammenpassende Zutaten zu identifizieren, ist keine Gelinggarantie für eine Speise und keine Erfolgsgarantie für ein neues Produkt. Zum einen muss aus den Zutaten ein ansprechendes Produkt entwickelt bzw. eine gelungene Speise zubereitet werden. Auch kann man aus der Food-Pairing-Theorie keine Konzentrationen, keine Mengen für die einzelnen Zutaten ableiten. Ein Unternehmen muss sich darüber hinaus fragen, ob eine Kombination, auch wenn sie sensorisch attraktiv ist, die Zielgruppe konzeptionell anspricht. Erdbeere und Tomate mögen im Salat Caprese gut zueinander passen – ob Personen, die fertige Fruchtjoghurts kaufen, eine solch innovative Kombination in Form eines süßen Tomaten-Erdbeer-Joghurts ausprobieren möchten, ist jedoch fraglich. Letztlich ist das Aroma nur eines von mehreren Puzzleteilen – auch Geschmack und Textur sind wichtig für den Produkterfolg (s. Abschn. 5.2 und 5.3). Genuss ist individuell, daher kommt eine laut Food Pairing passende Kombination wohl nie bei jeder Einzelperson gut an, doch die Erfolgschance ist höher. Food-Pairing-Wissen ist aber auch hilfreich, wenn eine Zutat ersetzt werden muss, beispielsweise aus Mangel an Verfügbarkeit. Ist die Überlappung der Aromastoffe von zwei Lebensmitteln überproportional hoch, etwa bei Gurke und Wassermelone, können sich diese mitunter gegenseitig ersetzen (Brugger 2017). Die vorliegende Übung dient daher der kritischen Auseinandersetzung mit Food Pairing. Sie sollen prüfen, ob Proben, die entsprechend der Food-Pairing-Theorie zusammenpassen, auch Ihnen persönlich als Kombination entsprechen. Die subjektive Vorliebe – die Akzeptanz – wird in der Sensorik international meistens an einer 9-Punkte-hedonischen-Skala bewertet. Die Skala ist bipolar und hat einen Neutralpunkt in der Mitte. Mehr zur hedonischen Skala erfahren Sie in Übung 9 (s. Abschn. 6.9).

5.1.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Wählen Sie aus folgenden Kombinationen 2 aus: – Roggenbrot und Hass-Avocado (beide enthalten grüne Aromen) (Coucquyt et al. 2020), – Erdbeere und geröstete Sonnenblumenkerne, s. Abb. 5.1 (beide haben grüne Aromen) (Coucquyt et al. 2020), – Blaubeere und rote Bete (beide mit blumigen, rosenartigen Aromen) (Coucquyt et al. 2020),

5.1  Übung 1: Food Pairing – Harmonie durch gemeinsame Aromen

81

Abb. 5.1  Food Pairing Erdbeere & Sonnenblumenkerne. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Abb. 5.2  Food Pairing Banane & Koriander (▶ https://doi.org/10.1007/000-96p). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

– Banane und Korianderblätter, s. Abb. 5.2 (beide vereinen grüne und Kräuteraromen sowie fruchtige, würzige und Zitrusnoten) (Coucquyt et al. 2020),

82

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

– Banane und Gorgonzola (haben fruchtige, Zitrus- und käsige Noten gemeinsam) (Coucquyt et al. 2020), – Schwarztee und Parmesan (ein komplexes Pairing – fruchtig, Zitrus, blumig, grün, vegetabil, käsig und Röstnoten sind in beiden zu finden) (Coucquyt et al. 2020), – Schokomousse und frisch geröstete (braun karamellisierte) Zwiebel, s. Abb. 5.3 (beide enthalten Röstaromen – das Mousse vom gerösteten Kakao). • Geschirr: abhängig von den gewählten Paaren. Die Menge der beiden Zutaten variiert je nach Kombination – man nimmt mehr Mousse als Röstzwiebel und mehr Brot als Kürbiskernöl, hingegen ähnliche Mengen Brot und Avocado.

Abb. 5.3  Food Pairing Schokomousse & Röstzwiebel. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

5.1.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 5.4).

5.1  Übung 1: Food Pairing – Harmonie durch gemeinsame Aromen

Name: _______________________

83

Datum: ____________________

Food Pairing Nehmen Sie die nachfolgenden Kombina onen (zwei Zutaten eines Paares gleichzei g) in den Mund und verkosten Sie diese. Bewerten Sie die Kombina on an einer hedonischen 9Punkte-Skala.

Pairing 1: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Pairing 2: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Abb. 5.4  Prüfformular Food Pairing. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

84

5.1.4 Reflexion/Zusatzübung Wenn Ihnen eine Kombination nicht gemundet hat, kann das mitunter am Geschmack oder an der Textur liegen. Überprüfen Sie die „Paare“ aus dieser Übung nach den Kriterien in Übungen 2 und 3 (s. Abschn. 5.2 und 5.3). Es kann aber auch sein, dass zwar alle Kriterien zur Harmonie erfüllt sind, Sie eine Kombination aber trotzdem nicht mögen. Genuss ist individuell.

5.2 Übung 2: Geschmackskontraste • Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kombinieren von Lebensmitteln oder Zutaten • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

5.2.1 Hintergrund In Übung 1 (s. Abschn. 5.1) wurde die Theorie des Food Pairings, die Harmonie durch gemeinsame Aromen, unter die Lupe genommen. Geschmack und Textur wurden dabei außer Acht gelassen. Flavour Pairing geht einen Schritt weiter und ist im Gegensatz zum Food Pairing ein multisensorischer Ansatz, der auch Geschmack und Mundgefühl berücksichtigt (Brugger 2017). Sinnvolles Pairing ist darüber hinaus auch jahreszeitlich aufeinander abgestimmt. In der vorliegenden Übung geht es ausschließlich um den Geschmack, also die fünf Grundgeschmacksrichtungen von Produkten. Wir ignorieren für diese Übung potenzielle gemeinsamen Aromen (die aber dennoch bei den Kombinationen vorkommen können – es wurde bei der Auswahl der Kombinationen aber keine Rücksicht darauf genommen). Während bei den Aromen Gemeinsamkeiten für Harmonie sorgen, ist im Geschmack das Gegenteil der Fall. Im Geschmack sind meistens Kontraste beliebt: Brokkoli (bitter) wird mit Salz (salzig), Zitronensaft und Kapern (beider sauer) sowie Parmesan (salzig und umami) abgerundet. Salzschokoladen vereinen Süße, Salz und die Bitterkeit des Kakaos. Smoothies bestehen meist aus einem Mix süßer und saurer Früchte.

5.2.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Wählen Sie aus folgenden Kombinationen 2 aus: – Ananas (süß, sauer) und Avocado (bitter), s. Abb. 5.5,

5.2  Übung 2: Geschmackkontraste

85

Abb. 5.5  Geschmackskontrast Ananas & Avocado. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Abb. 5.6  Geschmackskontrast Olive & Toast. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

– Birne (süß) und Radicchio (bitter), – schwarze Oliven (bitter, sauer) und Toastbrot (leicht salzig und süßlich), s. Abb. 5.6,

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

86

– Endiviensalat (bitter) mit süßem Salatdressing, – Wassermelone (süß) und Fetakäse (salzig), – Brioche (süß) und lange gereifter Hartkäse (salzig, umami), – Lavendelhonig (süß) und Blauschimmelkäse (bitter, salzig). • Geschirr: abhängig von den gewählten Paaren.

5.2.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 5.7).

5.2.4 Reflexion Wenn Ihnen eine Kombination nicht gemundet hat, kann das mitunter an fehlenden gemeinsamen Aromen oder an der Textur liegen. Es kann auch daran liegen, dass ein „Partner“ zu dominant war – auch auf das Mengenverhältnis kann es ankommen. Es kann aber auch sein, dass zwar alle Kriterien zur Harmonie erfüllt sind, Sie eine Kombination aber trotzdem nicht mögen. Genuss ist individuell.

5.3 Übung 3: Texturkontraste • Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kombinieren von Lebensmitteln oder Zutaten • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

5.3.1 Hintergrund In Übung 1 (s. Abschn. 5.1) wurde die Harmonie durch gemeinsame Aromen, in Übung 2 (s. Abschn. 5.2) die Beliebtheit von Geschmackskontrasten besprochen und probiert. In der vorliegenden Übung geht es um die Textur. Hier sind – wie im Geschmack – Kontraste beliebt: Milchschaum statt flüssiger Milch auf Kaffee, Pralinen mit cremigen und knackigen Elementen, das sahnige Eis auf der knusprigen Waffeltüte, knuspriges Weißbrot mit saftigen Tomaten in Form einer Bruschetta, trockene Brotchips mit weichen Dips.

5.3  Übung 3: Texturkontraste

Name: _______________________

87

Datum: ____________________

Geschmackskontraste Nehmen Sie die nachfolgenden Kombinaonen (zwei Zutaten eines Paares gleichzeig) in den Mund und verkosten Sie diese. Bewerten Sie die Kombinaon an einer hedonischen 9Punkte-Skala.

Pairing 1: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Pairing 2: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Abb. 5.7  Prüfformular Geschmackskontraste. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

88

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

Abb. 5.8  Texturkontrast Honigjoghurt & Walnüsse. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

5.3.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Wählen Sie aus folgenden Paaren 2 aus: – Tacos + Guacamole, – Knuspermüsli (Granola) + Joghurt, – griechisches Honigjoghurt + knackige Walnüsse, s. Abb. 5.8, – knackige Gemüsesticks (Karotte, Gurke) + Hummus, – knuspriges Baguette + cremiger Weichkäse (Camembert, Limburger, …), – Knäckebrot mit saftigen Tomaten, s. Abb. 5.9, – weiches Laugengebäck mit knackigen Radieschen, – stückige rote Grütze + Vanillecreme, – Blattspinat (zubereitet) mit gerösteten Erdnüssen bestreut. • Geschirr: abhängig von den gewählten Paaren.

5.3.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 5.10).

5.4  Übung 4: Brot & Aufstrich Pairing

89

Abb. 5.9  Texturkontrast Knäckebrot & Tomate. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

5.3.4 Zusatzübung Erfüllen die oben genannten Kombinationen neben dem Texturkontrast auch das Kriterium Geschmackskontrast? Welche Grundgeschmäcker findet man in den Kombinationspartnern? Zum Beispiel: Honigjoghurt (süß, säuerlich) + Walnüsse (bitter).

5.4 Übung 4: Brot & Aufstrich Pairing • Übung zum Kombinieren von Lebensmitteln oder Zutaten • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

5.4.1 Hintergrund In Übungen 1–3 (s. Abschn. 5.1–5.3) haben wir die Einzelaspekte – Aroma, Geschmack, Textur – hinsichtlich der Paarung von Zutaten beleuchtet. Lebensmittel sind jedoch meist multisensorischer Natur. Wahrnehmungen fast aller Lebensmittel basieren auf der Aktivität mehrerer Sinnesmodalitäten gleichzeitig (multimodal): Wir sehen die Birne, an der wir riechen und die wir kosten. Wir sehen, riechen und fühlen gleichzeitig das Stück Brot in der Hand. Selbst Saccharose ist nicht nur süß, sondern hat eine Temperatur und verleiht Mundgefühl. Eine unimodale Wahrnehmung ist das Riechen an einem

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

90

Name: _______________________

Datum: ____________________

Texturkontraste Nehmen Sie die nachfolgenden Kombinaonen (zwei Zutaten eines Paares gleichzeig) in den Mund und verkosten Sie diese. Bewerten Sie die Kombinaon an einer hedonischen 9Punkte-Skala.

Pairing 1: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Pairing 2: ___________________ & ___________________ O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Abb. 5.10  Prüfformular Texturkontraste. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

5.4  Übung 4: Brot & Aufstrich Pairing

91

Tab. 5.1  Traditionelle Brotaufstriche

Land bzw. Region

Aufstrich

Balkan

Ayvar

Deutschland

Hackepeter, Mettwurst, Matjestartar, Grupfter & Obazda (= Camembert-Aufstriche), Biebeleskäs (Topfen-Kräuter-Aufstrich), Rübensirup

England

Hefeaufstrich (Marmite), bittere Orangenmarmelade, Lemon Curd (= Aufstrich aus Zitrone, Zucker, Ei und Butter)

Frankreich

Fleisch-Paté, Tapenade aus Oliven, Ziegenfrischkäse

Griechenland

Tamaras (= rosa Fischpaste), Fava (= Aufstrich aus gelben Spalterbsen)

Italien

Salsa Tonnata (= Thunfischpaste), Ricotta (= cremiger, leichter Molkenkäse)

Österreich

Erdäpfelkas (= Kartoffelaufstrich), Liptauer, Kürbiskernaufstrich, Krenaufstrich (= Meerrettichaufstrich), Grammelschmalz, Powidl

Skandinavien

Moltebeerenmarmelade, Lachsaufstrich

Spanien

Dulce e Membrillo (Quittenmarmelade), Aioli (Knoblauchmayonnaise)

Riechstift, wenn das enthaltene Aroma keine trigeminale Komponente besitzt (z. B. Vanillin), oder das Betrachten von Lebensmittelbildern am Bildschirm ohne Ton. Darüber hinaus stehen die einzelnen Sinneseindrücke miteinander in Wechselwirkung (crossmodale Interaktion): trigeminal wahrnehmbare Kohlensäure verstärkt den salzigen Geschmack, z. B. vom Joghurtdrink Ayran. Bei dieser Übung gehen wir auf das wohl klassischste Pairingbeispiel im deutschen Sprachraum ein: Brot und Aufstrich. Dabei macht es Sinn, bei den Aufstrichen über den regionalen Tellerrand zu blicken, um die sensorische Vielfalt potenzieller Pairings vor Augen zu haben. In Tab. 5.1 finden sich daher einige Beispiele für traditionelle Aufstriche aus Europa. Berücksichtigen Sie darüber hinaus gerne überregionale Aufstrichvariationen aus Hülsenfrüchten, Nussmuse, Eiaufstriche etc. Auch Honig kann nicht nur süß, sondern säuerlich (Lindenhonig) und bitter (Edelkastanienhonig, v. a. aber Erdbeerbaumhonig) schmecken. Die Übung ist rein konzeptioneller Natur.

5.4.2 Vorbereitung • Lebensmittel: keine; • Geschirr: keines.

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

92

5.4.3 Prüfanleitung & Durchführung Überlegen Sie Pairings, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zusammenpassen. Kriterien als Basis für Ihre Überlegungen sollten zumindest einen der folgenden Aspekte berücksichtigen: Food Pairing (gemeinsame Aromen), Geschmackskontrast, Texturkontrast, Intensität auf Augenhöhe oder traditionell aus derselben Region stammend. Beispiel: Oliventapenade und Weißbrot

• Cremiger Aufstrich und knuspriges Brot bilden einen Texturkontrast; • Oliven sind salzig, sauer und bitter; dies bildet einen Geschmackskontrast zum süßlichen Weißbrot; • traditionell aus einem Land/einer Region. ◄ Beispiel: Edelkastanienhonig und Pumpernickel

• Kompaktes Brot und flüssiger Aufstrich als Texturkonstrast; • süßliches Brot und süß-säuerlich-bitterer Honig als Geschmackskontrast; • malzige Noten in Brot und Honig als Food-Pairing-Beispiel. ◄ Notieren Sie 5 Vorschläge (s. Tab. 5.2), und begründen Sie diese.

5.5 Übung 5: Methodik von Harmoniebewertungen • Übung zur Sinneswahrnehmung • Übung zum Kombinieren von Lebensmitteln oder Zutaten • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

Tab. 5.2  Eigene Vorschläge für Brot-und-AufstrichKombinationen

Kombination 1 2 3 4 5

Brot

Aufstrich

Begründung(en)

5.5  Übung 5: Methodik von Harmoniebewertungen

93

5.5.1 Hintergrund In den Übungen 1–3 (s. Abschn. 5.1–5.3) haben wir konkrete Theorien beleuchtet, warum Zutaten zusammenpassen, miteinander harmonieren (können). Mengenverhältnisse der Zutaten wurden dabei nicht berücksichtigt. Oft trifft man in der Sensorik aber auch allgemeine sensorische Harmoniebewertungen an, die Einzelprodukte, keine Kombinationen betreffen (z. B. nur Olivenöl oder nur Honig). Allgemeine sensorische Harmoniebewertungen können durchaus subjektiv ausfallen, etwa, wenn nur nach dem Ausmaß der empfundenen Harmonie gefragt wird. Dann werden hedonische Aspekte mitbewertet. u Eine DUDEN-Definition von Harmonie lautet: ein „ausgewogenes, ausgeglichenes Verhältnis von Teilen zueinander; Ausgewogenheit, Ebenmaß“ (Duden o. D.: https://www.duden.de/rechtschreibung/Harmonie). Konkretisiert man die sensorische Harmoniebewertung entsprechend dieser Definition, ist sie objektivierbar. Dann geht es nicht um persönliche Vorlieben, sondern um Dominanz eines Produktes gegenüber einem zweiten, dazu verzehrten Produkt oder um Dominanz einer Zutat innerhalb eines Produktes gegenüber anderen Zutaten (wir sind also bei den Mengenverhältnissen) oder um Dominanz einer sensorischen Eigenschaft des Produktes. Am Beispiel Olivenöl als Einzelzutat: Wenn ein Öl sehr bitter, aber kaum scharf ist, ist dies unharmonisch. Sind Schärfe und Bitterkeit auf Augenhöhe, ist das Öl harmonisch. Objektive Harmoniebewertungen für Produktkombinationen gibt es in der Literatur. Cerretani et al. (2007) entwickelten eine Scorecard mit 7 Begriffen (fruchtiger Geruch, fruchtiger Geschmack, scharf, bitter, süß, grün, reif) zur Bewertung der Harmonie von Olivenöl mit anderen Lebensmitteln. Die Harmonie wurde dabei anhand einer 10-Punkte-Skala bewertet, wobei 5 für perfekte Harmonie stand, Werte unter 5 wiesen Dominanz der Speise, Werte über 5 Dominanz des Olivenöls aus. Wichtig bei diesen Bewertungen ist das gleichzeitige Verkosten der beiden Partner; die beiden Produkte müssen immer gemeinsam in den Mund genommen werden. In der vorliegenden Übung geht es um Mozzarella und zwei verschiedene Kräuter – den Klassiker Basilikum und die mit Mozzarella ungewöhnliche Kombination Pfefferminze. Der Käse kann durch veganen Käseersatz ersetzt werden.

5.5.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Mozzarella, frisches Basilikum, frische Pfefferminze; • Geschirr: Brett, Messer, Teller, Gabel, Wasserglas zur Gaumenneutralisation.

5  Übungen zur Harmonie von Zutaten

94 Name: _______________________

Datum: ____________________

Harmoniebewertung Nehmen Sie die nachfolgenden Kombinaonen (Mozzarella und Gewürzkraut) gleichzeig in den Mund und verkosten Sie diese. Die Reihenfolge der Kombinaon ist nicht vorgegeben.

Kombinaon: Mozzarella & ____________ Wie harmoniert die vorliegende Kombinaon? Außerordentlich unharmonisch

O

O

O

O

O

O

O

O

1

2

3

4

5

6

7

8

Außerordentlich harmonisch

O 9

Dominiert einer der beiden Partner? Käse dominiert übermäßig

Käse dominiert mäßig

Käse dominiert leicht

Ideale Kombinaon

Kraut dominiert leicht

Kraut dominiert mäßig

Kraut dominiert übermäßig

Kombinaon: Mozzarella & ____________ Wie harmoniert die vorliegende Kombinaon? Außerordentlich unharmonisch

O

O

O

O

O

O

O

O

1

2

3

4

5

6

7

8

Außerordentlich harmonisch

O 9

Dominiert einer der beiden Partner? Käse dominiert übermäßig

Käse dominiert mäßig

Käse dominiert leicht

Ideale Kombinaon

Kraut dominiert leicht

Kraut dominiert mäßig

Abb. 5.11  Prüfformular Harmonie. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

Kraut dominiert übermäßig

Literatur

95

Schneiden Sie vom Käse zwei mundgerechte Stücke ab und hacken Sie ein paar Kräuterblättchen.

5.5.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 5.11).

5.5.4 Reflexion Gab es in den Übungen 1–3 (s. Abschn. 5.1–5.3) Kombinationen, die Sie nicht mochten? Wenn ja, lag es an der Dominanz eines der beiden Partner?

Literatur Brugger C (2017) Food Pairing & Sensorik – grenzenlose Faszination? Hintergrund und Ansätze in der Produktentwicklung. DLG Expertenwissen. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/ lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen/lebensmittelsensorik/2017_6_Expertenwissen_Food_Pairing.pdf Cerretani L, Biasini G, Bonoli-Carbognin M et al (2007) Harmony of virgin olive oil and food pairing: a methodological proposal. J Sens Stud 22:403–416 Coucquyt P, Lahousse B, Langenbick J (2020) The art & science of foodpairing. Mitchell Beazley, London Duden (o. D.) https://www.duden.de/rechtschreibung/Harmonie. Zugegriffen: 16. Sept. 2022 Vierich T, Vilgis T (2012) Aroma. Die Kunst des Würzens. Stiftung Warentest, Berlin

6

Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

6.1 Übung 1: Methode „einfach beschreibende Prüfung“ – Radieschen • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.1.1 Hintergrund Die einfach beschreibende Prüfung ist die einfachste deskriptive Prüfmethode, die es gibt. Wie der Name impliziert, werden die Prüfproben einfach, nur qualitativ beschrieben, jedoch nicht in der Intensität bewertet. Die Beschreibung erfolgt üblicherweise mit eigenen Worten, doch können vom Prüfleiter auch Begriffe zur Auswahl angeboten werden. Die Prüfung wird gewöhnlich als Einzelprüfung durchgeführt, und die Einzelergebnisse aller Teilnehmer werden zu einem Gruppenergebnis zusammengefasst. Alternativ erfolgt die Beschreibung bereits in der Gruppe – dies birgt jedoch den Nachteil, dass zurückhaltende Prüfteilnehmer mitunter nicht alle Eindrücke vorErgänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-66266507-7_6. Die Videos lassen sich durch Anklicken des DOI Links in der Legende einer entsprechenden Abbildung abspielen, oder indem Sie diesen Link mit der SN More Media App scannen. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_6

97

98

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

bringen. Die Norm DIN 10964 (2014) schlägt als Minimum 3 Testpersonen vor. Aus eigener Erfahrung ist diese Anzahl sehr gering; das Ergebnis wird bei einer Testerzahl von 5–6 Personen substanziell besser. Die einfach beschreibende Prüfung ist die in der Lebensmittelindustrie am meisten verbreitete deskriptive Prüfmethode (Seuß-Baum et al. 2022). Auch wenn die Beschreibung vergleichsweise schnell durchgeführt werden kann, darf die gute Sensorikpraxis bei der Probenvorbereitung (s. Abschn. 7.1–7.8) nicht vernachlässigt werden. Die einfach beschreibende Prüfung ist eine alleinstehende Prüfung, sie kann aber auch der erste Schritt eines längeren Panelaufbaus sein. Ein deskriptives Panel generiert Begriffe mit dieser Methode selbst. Im Anschluss daran können die Begriffe definiert, mit Referenzen trainiert und intensitätsbewertet werden. Die Beschreibung einer Einzelperson liefert kein aussagekräftiges Ergebnis – doch ist dies nicht Ziel dieser Übung. Bei der vorliegenden Übung geht es darum, 1) die Methode auszuprobieren und 2) Begriffe für das Lebensmittel Radieschen kennenzulernen.

6.1.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Radieschen (s. Abb. 6.1) – kaufen Sie am besten zwei verschiedene Bund/Beutel an zwei verschiedenen Einkaufsorten; damit haben sie automatisch eine gewisse Variation. Als Gaumenneutralisationsmittel können ggf. Weißbrot und Frischkäse eingesetzt werden. • Geschirr: Brett, Messer, 2 Teller, Wasserglas, ggf. Geschirr für die Gaumenneutralisationsmittel.

Abb. 6.1  Probenvorbereitung Radieschen ▶ https://doi.org/10.1007/000-96r). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

6.1  Übung 1: Methode „Einfach beschreibende Prüfung“ – Radieschen

99

6.1.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.2).

6.1.4 Auflösung Tab. 6.1 zeigt ausgewählte Begriffe zur Beschreibung von Radieschen (Bio Austria, 2018).

Name: _______________________

Datum: ____________________

Einfach beschreibende Prüfung: Radieschen Bie beschreiben Sie die beiden Radieschen in Aussehen, Geruch, Geschmack, Mundgefühl und Nachgeschmack mit Ihren eigenen Worten. Bie machen Sie ausschließlich objekve Beschreibungen, keine hedonischen Bewertungen. Legen Sie zwischen den beiden Proben eine kurze Pause ein, bis ihr Gaumen frei ist. Neutralisieren Sie ggf. mit Weißbrot und Frischkäse und anschließend mit Wasser.

Proben Code

Aussehen

Geruch

Geschmack

Mundgefühl

Nachgeschmack

Abb. 6.2  Prüfformular einfach beschreibende Prüfung Radieschen. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

100

Tab. 6.1  Deskriptoren für Radieschen, exkl. Aussehen

Sinnesmodalität

Deskriptoren

Aroma ortho & retronasal

Senföl, Rettich, Radieschen, erdig, Wald, Pilze, Moos, Kohlrabi, grün-grasig, seifig

Grundgeschmack

Süß, säuerlich

Mundgefühl

Knackig, saftig/trocken, scharf, zart, hart/weich, schwammig

Abgang/Nachgeschmack

Scharf, adstringierend, süß, säuerlich, bitter, Kohlrabi, Meerrettich

6.2 Übung 2: Methode „einfach beschreibende Prüfung“ – Honig • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet zur Auswahl von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet zur Schulung von Testpersonen/Panelaufbau • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.2.1 Hintergrund Siehe Übung 1 (s. Abschn. 6.1), Sie üben jedoch das Beschreiben von Honig und lernen diesbezüglich Deskriptoren kennen.

6.2.2 Vorbereitung Honig ist hinsichtlich Probenvorbereitung eine Ausnahme. Während es sonst fast unisono empfehlenswert ist, die Proben unmittelbar vor der Verkostung einzuschenken oder zu portionieren, werden Honige bei professionellen Verkostungen 1–2 Tage vor der Verkostung in durchsichtige Probengefäße mit Deckel abgefüllt und verschlossen (s. Abb. 6.3). So haben die Aromen des Honigs Zeit, sich im Kopfraum des Gefäßes zu sammeln. Beim Öffnen des Deckels ist ein intensiver Honiggeruch wahrnehmbar, der bei frisch in Verkostungsbecher abgefüllten Proben nicht in diesem Ausmaß vorhanden wäre.

6.3  Übung 3: Methode „Check all that apply“ (CATA) – Schokolade

101

Abb. 6.3  Probenvorbereitung Honig. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

• Lebensmittel: 6 sortenreine Honige; • Geschirr: Probengefäße mit Deckel, Löffel zum Einfüllen, Etiketten oder Stift zur Codierung, 1 Verkostungslöffel pro Honigsorte, Wasserglas für die Gaumenneutralisation.

6.2.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.4).

6.2.4 Auflösung Tab. 6.2 zeigt ausgewählte Begriffe zur Beschreibung von Honigen.

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

102 Name: _______________________

Datum: ____________________

Einfach beschreibende Prüfung: Honig Bie beschreiben Sie die Honigproben in Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl mit ihren eigenen Worten. Bie machen Sie ausschließlich objekve Beschreibungen, keine hedonischen Bewertungen. Neutralisieren Sie den Gaumen zwischen den Proben mit Wasser.

Probencode

Aussehen

Geruch

Geschmack

Mundgefühl

Abb. 6.4  Prüfformular einfach beschreibende Prüfung Honig. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved) Tab. 6.2  Deskriptoren für Honige (Derndorfer und Fischer 2017)

Sinnesmodalität

Deskriptoren

Aussehen

Farbton, flüssig, cremig, kristallin

Aroma

Süßlich, fruchtig, Zitrus, Dörrobst, blumig, Vanille, Karamell, malzig, harzig, Minze, kräuterartig, vegetabil, Gewürze, nussig, animalisch

Geschmack

Süß, sauer, bitter

Mundgefühl

Seidig/samtig, rau/kratzig, scharf, adstringierend, metallisch

6.3  Übung 3: Methode „Check all that apply“ (CATA) – Schokolade

103

6.3 Übung 3: Methode „check all that apply“ (CATA) – Schokolade • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.3.1 Hintergrund CATA = check all that apply ist eine deskriptive Prüfmethode, bei der Produkte anhand eines vorgegebenen Vokabulars beschrieben, aber nicht intensitätsbewertet werden. Die Testpersonen kreuzen ähnlich eines Multiple-Choice-Fragebogens anhand einer vorgelegten Liste all jene Eigenschaften an, die auf die jeweilige Prüfprobe zutreffen. Im Anschluss an die Verkostung wird ausgezählt, wie viele Prüfpersonen jedes Merkmal angekreuzt haben. Die häufigsten Begriffe – also solche, die von vielen Testpersonen angekreuzt werden, gelten als die wichtigsten zur Produktbeschreibung. CATA kann mit geschulten oder ungeschulten Testpersonen erfolgen, in letzterem Fall benötigt man jedoch mehr Testpersonen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten. CATA kann auch mit Kindern durchgeführt werden. Da untrainierte Tester eingesetzt werden können, ist CATA eine sensorische Schnellmethode. Die Bedeutung von Schnellmethoden steigt zunehmend. Die Ergebnisse sind zwar ungenauer als von klassischen beschreibenden Analysen durch trainierte Prüfpanels, für viele Fragestellungen (s. u.) liefern sie aber ausreichend Information, bei deutlich geringerem Aufwand. Laut DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik (Seuß-Baum et al. 2022) ist CATA die populärste unter den Schnellmethoden im deutschsprachigen Raum. Die Liste mit Begriffen ist behutsam zu erstellen, denn die Vorauswahl der Deskriptoren auf dem Fragebogen beeinflusst das Ergebnis. Testpersonen werden mitunter auf Eigenschaften aufmerksam gemacht, die ihnen sonst nicht einfallen würden. Umgekehrt führt der Fokus auf die vorgegebene Liste mitunter dazu, dass nicht angeführte, aber dennoch relevante Produkteigenschaften übersehen werden (Mahieu et al. 2020). Die Länge der Liste orientiert sich an der Zielsetzung der sensorischen Prüfung. Sollen die wichtigsten sensorischen Begriffe gefunden werden, die an Endverbraucher kommuniziert werden, empfehlen Derndorfer und Buchinger (2020) die Beschränkung auf wenige, allgemein verständliche Begriffe. Ebenso macht eine kurze Liste Sinn, wenn CATA in der Qualitätskontrolle eingesetzt wird und potenzielle Fehler aufgelistet werden. Bei vielen Begriffen ist es sinnvoll, im Sinne der Übersicht die Deskriptoren nach Sinnesmodalität zu gruppieren. Dies setzt entsprechendes Grundlagenwissen voraus: Wo ordnet man Schärfe ein? Beim Mundgefühl, nicht beim Geschmack! Auch hierfür sollen Übungen in diesem Buch Klarheit schaffen.

104

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

Da keine Intensitäten bewertet werden, gehen kleine Produktunterschiede bei CATA unter. CATA kann auch mit einem einzigen Produkt durchgeführt werden. In dieser Übung geht es darum, die Methode CATA selbst auszuprobieren, zu sehen, wie einfach oder schwierig man es findet, mit einem vorgegebenen Vokabular zu beschreiben, und gleichzeitig Begriffe zur Beschreibung von Schokolade kennenzulernen.

6.3.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 3 verschiedene ungefüllte Milchschokoladentafeln Ihrer Wahl; • Geschirr: Teller, Wasserglas zur Gaumenneutralisation.

6.3.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.5). Die Begriffe sind ein Auszug aus Derndorfer (2015a).

6.4 Übung 4: Methode „check all that apply“ (CATA) – Olivenöl • Übung zum Kennenlernen von Riech- bzw. Verkostungstechniken • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Übung zum Kennenlernen sensorischer Begriffe • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.4.1 Hintergrund Die Schnellmethode CATA = check all that apply haben Sie bereits in Übung 3 (s. Abschn. 6.3) kennengelernt. Es ist lehrreich, die gleiche Methode mit unterschiedlichen Lebensmitteln auszuprobieren. Darüber hinaus lernen Sie Deskriptoren zur Beschreibung von Olivenöl kennen und lesen, wie Proben für eine Ölverkostung in der Praxis vorbereitet werden und wie man Öle richtig verkostet. Probendarreichung und Verkostungstechnik sind bei Öl speziell. Bei professionellen Olivenölverkostungen werden die Öle in einem blauen Prüfglas (s. Abb. 6.6) gereicht, um eine Beeinflussung der Farbe auszuschließen. Die Gläser werden abgedeckt, damit die flüchtigen Aromen nicht entweichen können. Man wärmt das Prüfglas mit den Händen kurz an, dadurch werden die Aromen flüchtiger. Dann hebt man den Deckel und schnüffelt unmittelbar am Öl. Zuhause

105

6.4  Übung 4: Methode „Check all that apply“ (CATA) – Olivenöl

Name: _______________________

Datum: ____________________

CATA – Schokolade Bitte riechen und verkosten Sie die vorliegenden Proben hintereinander. Sie können jede Schokolade mehrmals kosten, wenn es nötig ist. Kreuzen Sie alle Begriffe an, die auf das jeweilige Produkt zutreffen. Neutralisieren Sie Ihren Gaumen zwischen den Proben mit etwas Leitungswasser.

Probe _____

Probe _____

Probe _____

Aroma Kakao Röstaroma Nussig Karamell Sahnig Gekochte Milch Vanille Fruchtig Alt Geschmack Süß Sauer Bitter Mundgefühl Fest Schmelzend Grießig, sandig, rau Glatt Klebrig Adstringierend Abb. 6.5  Prüfformular CATA Schokolade. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

simulieren wir dies, indem Sie kleine Verkostungsgläser, Verkostungsbecher oder Schnapsgläser heranziehen, die Öffnung mit einer Hand verschließen und das Glas mit der anderen Hand erwärmen. Zur Beschreibung von Olivenöl gibt es eine Vielzahl von Begriffen. Die drei wichtigsten positiven Begriffe sind fruchtig, bitter und scharf. Konsumenten halten bittere Öle hingegen unwissend manchmal für fehlerhaft.

106

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

Abb. 6.6  Olivenöl Verkostungsglas (▶ https://doi.org/10.1007/000-96q). (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Die Fruchtigkeit ist ein Überbegriff für zahlreiche Aromen: grün-grasig, Kräuter, Tomatengrün (Blätter der Tomatenpflanze), Apfel, grüne Banane, Tomate, Mandel, Waldbeeren, Artischocken. Nicht jede Fruchtigkeit ist positiv zu bewerten. So ist das Aroma der schwarzen Johannisbeere/Cassis, das auch an Katzenurin erinnert, ein häufiger Fehler bei spanischem Olivenöl der Olivensorte Picual und wird dem Fehler „stichig“ zugeordnet. Als wichtigste Fehler gelten folgende Eigenschaften: stichig-schlammig, erdig-modrig, wein-/essigartig, frostgeschädigt und ranzig. Sonstige negative Attribute sind fettig, metallisch, lakig, Schmieröl, Gurke. Gurkenartiges Aroma kann bei Ölen entstehen, die zu lange in luftdichten Weißblechdosen lagern, und rührt von dem dadurch entstehenden 2,6-Nonadienal her. Die Fehler gehen zum Teil auf schlechtes Ausgangsmaterial zurück, zum Teil auf Kontamination in der Ölmühle sowie auf die Lagerung. Diese Fehler zu bewerten erfordert Training und Erfahrung.

6.4.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 2 verschiedene Olivenöle Ihrer Wahl, Apfel, Wasser; • Geschirr: 2 kleine Verkostungsbecher, Teller und Messer für den Apfel, Wasserglas.

6.4.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.7).

6.5  Übung 5: Methode „Free Sorting“ – Trockenfrüchte Name: _______________________

107 Datum: ____________________

CATA – Olivenöl Bie riechen und verkosten Sie die vorliegenden Proben hintereinander. Sie können jedes Öl mehrmals kosten, wenn es nög ist. Kreuzen Sie alle Begriffe an, die auf das jeweilige Öl zutreffen. Neutralisieren Sie zwischen den Ölen Ihren Gaumen mit einem Stück Apfel und anschließend etwas Leitungswasser.

Fruch g Frisches Gras Kräuter Apfel Grüne Banane Grüne Tomaten Reife Tomaten Arschocke Mandeln Waldbeeren Bier Scharf Untypisch/fehlerha Fehler:

Probe _____

Probe _____

Probe _____

Abb. 6.7  Prüfformular CATA Olivenöl. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6.5 Übung 5: Methode „Free Sorting“ – Trockenfrüchte • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

6.5.1 Hintergrund Die Methode Sorting ist wie CATA (Übungen 3 und 4., s. Abschn. 6.3 und 6.4) eine sensorische Schnellmethode. Doch während es bei CATA ums Beschreiben

108

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

von Proben geht und theoretisch auch nur ein einziges Produkt beschrieben werden kann, ist Sorting eine Methode, wo es um relative Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Proben geht und bei der immer mehrere, mindestens 6 bis ca. 15 Proben, unmittelbar miteinander verglichen werden. Die Probenzahl hängt von der Intensität der Proben ab. Werden Bilder oder Verpackungen sortiert, sind mehr als 15 Proben möglich. Sorting kann mit trainierten oder untrainierten Personen erfolgen. Die Testpersonen erhalten sämtliche Produkte gleichzeitig, in zufälliger Reihenfolge und machen sich zuerst mit den Proben vertraut. Dann sortieren sie die Proben in Gruppen nach sensorischer Ähnlichkeit. Ähnlichere Produkte kommen in dieselbe Gruppe. Jede Testperson kann dabei selbst entscheiden, wie viele Gruppen sie bildet und nach welchen Kriterien diese Gruppierung erfolgt. Man nennt die Methode daher auch Free Sorting. Es müssen jedoch mindestens 2 Gruppen gebildet werden und jede Gruppe muss aus mindestens 2 Produkten bestehen. Um die spätere Interpretation der Ergebnisse zu erleichtern, werden die Testpersonen meist gebeten, für jede Gruppe ein bis zwei Deskriptoren zu finden. Die Daten werden mithilfe der statistischen Prozedur multidimensionale Skalierung (MDS) ausgewertet. Zuerst wird aus den Bewertungen vieler Prüfer eine Ähnlichkeitsmatrix erstellt. Wenn zwei Proben von vielen Testpersonen in die gleiche Gruppe sortiert werden, sind diese relativ ähnlich. Die Ähnlichkeiten werden in Distanzen konvertiert, und daraus wird ein Ähnlichkeitsplot generiert. Ergebnis ist also eine Abbildung ähnlich einer Landkarte, auf der ähnliche Produkte näher beieinander liegen und unterschiedlichere weiter voneinander entfernt. Die Distanzen spiegeln relative, keine absoluten Produktunterschiede wider: Werden ausschließlich Vollmilchproben sortiert, sind die vergleichsweise unterschiedlicheren immer noch ähnlich. Werden hingegen unterschiedliche Bierstile aufgestellt, sind die Unterschiede riesig. In beiden Fällen verteilen sich die Produkte jedoch über den Ähnlichkeitsplot. Da die Gruppierung durch nur eine Person bereits das Endergebnis darstellt, führen wir in dieser Übung die Methode nur bis zur Auswertung durch. Mithilfe des Sortings kann man sich einen Überblick über ein größeres Produktsortiment verschaffen und die Positionierung des eigenen Produktes im Vergleich zum Mitbewerb besser verstehen. In der Produktentwicklung kann Sorting helfen, wenn aus vielen Produktentwicklungsvarianten eine Auswahl für die weitere Entwicklung getroffen werden soll (Derndorfer und Buchinger 2020). Beim Freemultiple Sorting erfolgt das Free Sorting in mehreren Runden. Zuerst wird sortiert, dann die Proben wieder gemischt und nach anderen Kriterien sortiert, so lange, bis die Testperson alle für sie relevanten Kriterien berücksichtigt hat (Derndorfer und Buchinger 2020).

6.5  Übung 5: Methode „Free Sorting“ – Trockenfrüchte

109

Abb. 6.8  Free Sorting Trockenfrüchte. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

6.5.2 Vorbereitung • Lebensmittel: verschiedene Trockenfrüchte nach Wahl, z. B. Dattel, Feige, Aprikose (Marille), Pflaume, Apfel, Mango, Cranberry, Rosine, … (7–10 verschiedene Proben); • Geschirr: kleine weiße Teller oder Pralinenförmchen aus weißem Papier (da sich die Früchte optisch stark unterscheiden, bedarf es für die Übung nicht zwingend einer Codierung; bei einem professionellen Sensoriktest werden die Proben aber mit dreistelligen Codes versehen, s. Abb. 6.8). Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.9).

6.5.3 Reflexion Die Auswahl der Trockenfrüchte beeinflusst das Ergebnis. Es macht einen Unterschied, ob es sich um helle Soft-Aprikosen und -Feigen oder dunkle, trockene Früchte handelt. Ebenso macht die Rosinensorte eine Differenz. Datteln gibt es mit oder ohne Glukosesirup behandelt, Apfelringe können weich und geschwefelt sein oder als knusprige Apfelchips angeboten werden. Derartige Informationen sind aus Sorting-Maps nicht ersichtlich.

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

110

Name: ____________________________

Datum: ___________________

Free Sorng - Trockenfrüchte

Mit diesem Test soll die sensorische Ähnlichkeit von Trockenfrüchten untersucht werden. Bie kosten Sie alle Proben und soreren Sie diese in Gruppen entsprechend ihrer Ähnlichkeit. 

Trockenfrüchte, die Ihrer Meinung nach ähnlich sind, werden in einer Gruppe zusammengefasst.



Trockenfrüchte, die sich stärker voneinander unterscheiden, sollen in unterschiedliche Gruppen sorert werden.



Sie können so viele Gruppen bilden, wie Sie möchten, mindestens aber 2.



Jede Gruppe muss aus mindestens zwei Trockenfrüchten bestehen.

Bie noeren Sie die Gruppen auf diesem Prüla. Abb. 6.9  Prüfformular free Sorting Trockenfrüchte. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6.6 Übung 6: Methode „Free Sorting“ – Produktfotos • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

6.6.1 Hintergrund Die Methode Sorting wurde in Übung 5 (s. Abschn. 6.5) beschrieben und in der Praxis ausprobiert. Free Sorting ist aber auch mit Bildern statt mit Lebensmitteln möglich – dann sind auch deutlich mehr Proben möglich. In einer Studie wurden 32 Bilder mit unterschiedlichen Obst-Gemüse-Mischungen in Gruppen sortiert (Mielby et al. 2014). Auch Fotos von Geschirr, etwa Gläsern, lassen sich optisch sortieren. In dieser Übung probieren wir die Methode mit Bildern von Birnensorten. Es erfolgt also keine Verkostung, die Gruppierung erfolgt nur auf Basis des visuellen Eindrucks und der damit verbundenen Erwartung bzw. Erfahrung.

6.6  Übung 6: Methode „Free Sorting“ – Produktfotos

111

6.6.2 Vorbereitung In diesem Fall entfällt die echte Probenvorbereitung, da Sie mit hier abgebildeten und numerisch codierten Fotos (s. Abb. 6.10 a–h) arbeiten. a

b

c

d

e

f

g

h

Abb. 6.10  a–h free Sorting Birnen. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

112

6.6.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.11).

6.7 Übung 7: Methode „Q-Sorting“ – Pflanzendrinks • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für Genussschulungen

6.7.1 Hintergrund Die Sorting-Variante free Sorting wurde in den Übungen 5 und 6 (s. Abschn. 6.5 und 6.6) beschrieben und in der Praxis ausprobiert. In dieser Übung probieren wir die Variante Q-Sorting am Fallbeispiel Pflanzendrinks. Beim sogenannten Q-Sorting werden Kriterien für die Sortierung vorgegeben und die Testpersonen ordnen die Proben den vorgegebenen Kategorien zu (Vidal et al. 2020). Die Kategorien können sensorisch, aber auch gesundheitsorientiert o. a. sein. Üblich sind 2 Kategorien: „repräsentiert das Konzept“, „repräsentiert es nicht“ – z.B. die Kategorien „innovativ“ und „nicht innovativ“ (Brard & Lê 2018). Es ist aber auch möglich, wie in der vorliegenden Übung mehr als 2 Kategorien anzubieten. Als Testprodukte kommen in diesem Fall Pflanzendrinks „Natur“ ohne Zusatz von Süßungsmittel oder Aromen zum Einsatz. Name: _______________________

Datum: ____________________

Free Sorting - Bilder

Mit diesem Test soll die optische Ähnlichkeit von Birnen auf Bildern untersucht werden. Bitte betrachten Sie die Bilder verschiedener Birnensorten (Abb. 6.10 a-h) und sortieren Sie diese in Gruppen entsprechend ihrer Ähnlichkeit: 

Ähnliche Bilder kommen in die gleiche Gruppe.



Birnen, die sich optisch stärker unterscheiden, kommen in unterschiedliche Gruppen.



Sie können so viele Gruppen bilden, wie Sie möchten, mindestens aber zwei.



Jede Gruppe muss aus mindestens zwei Bildern bestehen.

Bitte notieren Sie die Gruppen auf diesem Prüfblatt.

Abb. 6.11  Prüfformular free Sorting Birnen. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6.7  Übung 7: Methode „Q-Sorting“ – Pflanzendrink

113

Sojadrinks werden aus gemahlenen Sojabohnen und Wasser gewonnen. Die Bohnen quellen zuerst in Wasser und werden anschließend mit frischem Wasser zu einer dickflüssigen Masse zerkleinert, gekocht und filtriert. Sojadrinks werden oft als bohnig beschrieben – dieser retronasale Eindruck ist u. a. das Resultat einer Lipidperoxidation, katalysiert durch Lipoxygenasen. Auch Oxidationsprodukte wie das Hexanal sind für den bohnigen und grünen Eindruck zuständig (Derndorfer 2015b). Auch aus anderen Leguminosen werden Pflanzendrinks hergestellt, etwas Erbsen- und Lupinendrinks. Getreide- und Pseudocerealiendrinks bestehen meist aus Reis, Hafer, Hirse oder Dinkel, seltener auch aus Roggen, Quinoa, Buchweizen oder Amaranth. Sie werden aus fermentiertem Getreide/Pseudogetreide oder Mehl hergestellt und mit Wasser gekocht, bis eine dickflüssige Masse entsteht. Die Stärke wird durch zugesetzte Enzyme gespalten, die Masse wird filtriert und anschließend mit Öl emulgiert, um eine milchige Optik zu erlangen. Damit sich Fett und Wasser nicht wieder trennen, muss der Drink entweder homogenisiert werden, oder es wird ein Emulgator zugesetzt. Für die Herstellung von Mandeldrinks werden Mandeln geröstet und zu einer feinen Masse vermahlen. Wasser wird zugesetzt, die Masse einige Stunden stehen gelassen und dann filtriert. Analog zur Mandelmilch gibt es Nussdrinks aus Macadamianuss und Cashews. Einige Pflanzendrinks sind Hybriddrinks, etwa aus Hafer und Haselnuss, Reis und Haselnuss oder aus Reis und Kokos.

6.7.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 8 ungesüßte Pflanzendrinks aus den drei Kategorien Hülsenfruchtdrinks, Nussdrinks und Getreidedrinks, alle „Natur“ (Sie können die gleichen Drinks für Übung 8 [s. Abschn. 6.8] verwenden); • Geschirr: kleine Verkostungsbecher, entweder kleine Klebeetiketten oder ein wasserfester Stift zum Codieren der Becher. Codieren Sie die Becher mit 3-stelligen Zahlen, und schenken Sie die Proben ein (s. Abb. 6.12). Schieben Sie die Gläser so lange auf dem Tisch herum, bis Sie nicht mehr wissen, welcher Drink sich in welchem Becher befindet, und machen Sie ggf. vor der Verkostung eine Pause. (Es ist deutlich unwahrscheinlicher, sich

Abb. 6.12  Probenvorbereitung Q-Sorting Pflanzendrinks. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

114

8 Drinks samt Code einzuprägen, als dies bei wenigen Geschmackslösungen, die man selbst zubereitet und codiert, der Fall wäre.)

6.7.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.13).

Name: _______________________

Datum: ____________________

Q- Sorng - Pflanzendrinks Mit diesem Test sollen Sie die angebotenen Pflanzendrinks durch Verkostung in drei Kategorien soreren: 

Drinks, die nach Getreide schmecken



Drinks, die nach Hülsenfrüchten schmecken



Drinks, die nach Nüssen schmecken

Noeren Sie die jeweiligen Produktcodes bei einer der drei Kategorien:

Getreidedrinks

Hülsenfruchtdrinks

Nussdrinks

Abb. 6.13  Prüfformular Q-Sorting Pflanzendrinks. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6.8  Übung 8: Methode „Projective Mapping“ – Pflanzendrinks

115

6.8 Übung 8: Methode „Projective Mapping“ – Pflanzendrinks • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden

6.8.1 Hintergrund Projective Mapping ist – ebenso wie Sorting (s. Abschn. 6.5 und 6.6) – eine Methode zur relativen Ähnlichkeitsmessung von mehreren Produkten. Die Testpersonen erhalten alle Proben simultan und müssen diese auf einem Blatt Papier (DIN A3) oder auf dem Bildschirm relativ zueinander positionieren. Ähnliche Proben sollen entsprechend nahe beieinander positioniert werden, unterschiedlichere Proben weiter voneinander entfernt. Welche Kriterien zur Ähnlichkeitsmessung herangezogen werden, ist dabei individuell, je nach Wichtigkeit der Merkmale für jede Testperson (Derndorfer und Buchinger 2020). Wird Projective Mapping um eine kurze Beschreibung ergänzt und werden die gewonnenen Daten aller Testpersonen mit multipler Faktorenanalyse (MFA) ausgewertet, heißt die Methode Napping (R). Für Ähnlichkeitsmessungen können grundsätzlich geschulte oder ungeschulte Testpersonen eingesetzt werden. Alle Prüfproben werden simultan gereicht und blind verkostet, daher mit 3-stelligen Codes versehen. Da alle Proben in einer Sitzung getestet werden müssen, ist die maximale Probenzahl limitiert. Sie hängt von der Produktkategorie und vom Schulungsgrad der Tester ab. Üblich sind 5–15 Proben. Aus den individuellen Ähnlichkeitsaufstellungen muss eine kollektive Map erstellt werden. Dies geschieht mit statistischen Prüfmethoden. Ergebnis ist also ein Produktplot, auf dem ähnliche Produkte näher beieinander liegen und unterschiedlichere weiter voneinander entfernt. Die Distanzen spiegeln relative, keine absoluten Produktunterschiede wider. Bei der Übung zuhause, einer Einzelprüfung, gibt es keine statistische Auswertung. Ziel ist es, die Methode aus Sicht einer Testperson kennenzulernen und gleichzeitig Proben einer Produktkategorie, hier Pflanzendrinks, bewusst zu verkosten. So können Sie Ergebnisse des Q-Sortings (s. Abschn. 6.7) mit den Ergebnissen dieser Übung gegenüberstellen.

6.8.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 8 ungesüßte Pflanzendrinks aus den drei Kategorien Hülsenfruchtdrinks, Nussdrinks und Getreidedrinks, alle „Natur“ (Sie können die verbleibenden Drinks aus Übung 7 [s. Abschn. 7.7] aufbrauchen); • Geschirr: kleine Verkostungsbecher, entweder kleine Klebeetiketten oder ein wasserfester Stift zum Codieren der Becher.

116

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

Name: _______________________

Datum: ____________________

Projecve Mapping - Pflanzendrinks Mit diesem Test soll die rela ve Ähnlichkeit von Pflanzendrinks untersucht werden. Bie kosten Sie die vorliegenden Drinks und posi onieren Sie diese auf dem Papierbogen vor Ihnen, sodass zwei ähnliche Proben nahe beisammen liegen und zwei unähnliche weit voneinander en‚ernt. Es gibt keine rich gen oder falschen Antworten, da es um Ihr individuelles Empfinden der Proben geht. Abb. 6.14  Prüfformular projective Mapping Pflanzendrinks. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

Codieren Sie die Becher mit 3-stelligen Zahlen, und schenken Sie die Proben ein. Schieben Sie die Gläser so lange auf dem Tisch herum, bis Sie nicht mehr wissen, welcher Drink sich in welchem Becher befindet, und machen Sie ggf. vor der Verkostung eine Pause. (Es ist deutlich unwahrscheinlicher, sich 8 Drinks samt Code einzuprägen, als dies bei wenigen Geschmackslösungen, die man selbst zubereitet und codiert, der Fall wäre.)

6.8.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.14).

6.9 Übung 9: Methode „Akzeptanztest“ – Pesto • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.9.1 Hintergrund Mithilfe hedonischer Prüfungen wird die subjektive Wahrnehmung von Produkten (gut oder schlecht) durch ungeschulte Konsumenten ermittelt. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Entweder werden Konsumenten bezüglich ihrer Vorlieben bei einem Produkttests befragt, oder sie werden bei der Auswahl

6.9  Übung 9: Methode „Akzeptanztest“ – Pesto

117

oder beim Konsum beobachtet. Letzteres inkludiert „Eye-tracking-Anlagen“, wo der Blickverlauf der Personen bei der Produktauswahl verfolgt wird, oder „face reader“, wo der Gesichtsausdruck der Testpersonen analysiert wird. Es können Körpertemperaturen oder Gehirnströme gemessen werden. Diese Messungen sind freilich aufwendiger als die klassischen Methoden der Befragung, und daher auch weniger verbreitet. Um die sensorische Beliebtheit von Produkten durch Konsumenten zu erfragen, gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: durch Messung der Akzeptanz (absolut, wie gut oder schlecht ein Produkt empfunden wird) an einer sogenannten hedonischen Skala oder durch Ermittlung der Präferenz (relativ zueinander) in Form eines Paarvergleichs bei 2 Produkten oder einer Rangordnung bei mehr als 2 Produkten. Die bekannteste hedonische Skala zur Bewertung der Akzeptanz ist die 9-Punkte-Skala (Peryam und Girardot 1952; Peryam und Pilgrim 1957; deutsche Skala von Lill und Köhn 2006). Sie weist 4 Beurteilungskategorien im positiven Akzeptanzbereich, 4 Beurteilungsoptionen im negativen Akzeptanzbereich und 1 Neutralpunkt aus. Es kann lediglich die Gesamtakzeptanz von Produkten erfragt werden und/oder separate Akzeptanzen von Aussehen, Geruch, Geschmack etc. Aus den Akzeptanzurteilen vieler Konsumenten wird die durchschnittliche Akzeptanz, der Mittelwert, jedes Produktes errechnet. Die Stichprobengröße liegt bei quantitativen Tests bei mindestens 100 und richtet sich nach der Wichtigkeit des Produktes und der Homogenität der Zielgruppe, also ob es ein Produkt für alle Bevölkerungsgruppen ist oder eines für ein schmales Segment. Während objektive sensorische Prüfungen immer blind, d. h. codiert, erfolgen, können hedonische Tests sowohl blind als auch unter Bekanntgabe der Marke erfolgen. In dieser Übung geht es um die Ermittlung der Akzeptanz durch Befragung. Die Verkostung erfolgt nicht komplett blind – Sie wissen natürlich, was Sie eingekauft und vorbereitet haben. Sie können jedoch optional 3-stellige Codes zu den Prüfgefäßen schreiben und sind dadurch vielleicht etwas weniger beeinflusst, als wenn die Marke unmittelbar danebensteht. Pesto gibt es als Premiumprodukte, Markenprodukte und Handelsmarken. Wie gut schmecken diese?

6.9.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Kaufen Sie von einer Pestosorte (z. B. Pesto Genovese oder Pesto rosso) mehrere verschiedene Proben aus unterschiedlichen Preiskategorien. • Geschirr: Sie benötigen kleine, gleiche Becher oder Schälchen zur Verkostung, Verkostungslöffel und Portionierlöffel sowie ein Wasserglas zur Gaumenneutralisation.

118

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

Abb. 6.15  Probenvorbereitung Pesto. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

Füllen Sie die Pestos in die (optional codierten für eine blinde Verkostung oder beschrifteten für eine branded Verkostung) Schälchen (s. Abb. 6.15).

6.9.3 Prüfanleitung & Durchführung Sie benötigen ein Prüfformular (s. Abb. 6.16) pro Pesto. Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular.

6.10 Übung 10: Methode „Akzeptanztest“ – Apfelsaft • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

6.10.1 Hintergrund In Übung 9 (s. Abschn. 6.9) haben Sie den Akzeptanztest mit hedonischer 9-Punkte-Skala kennengelernt. Dieser ist als computerunterstützter Fragebogen oder als Papierfragebogen möglich, die Übertragung der Bewertungen vom Papier in eine Datenfile ist selbst bei vielen Testpersonen machbar. Anders ist dies bei

6.10  Übung 10: Methode „Akzeptanztest“ – Apfelsaft

Name: _______________________

119

Datum: ____________________

Akzeptanztest Bie verkosten Sie die Pestos in der vorgegebenen Reihenfolge.

Probe _______ Bewerten Sie bie die Gesamt-Akzeptanz an folgender Skala: O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Bewerten Sie nun das Aussehen des Pestos: O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Abb. 6.16  Prüfformular Akzeptanztest Pesto. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

120

Bewerten Sie nun den Geruch des Pestos: O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Bewerten Sie nun den Geschmack des Pestos: O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Bewerten Sie nun das Mundgefühl des Pestos: O

9

Mag ich besonders gern

O

8

Mag ich sehr gern

O

7

Mag ich gern

O

6

Mag ich etwas

O

5

Mag ich weder/noch

O

4

Mag ich nicht besonders

O

3

Mag ich wenig

O

2

Mag ich sehr wenig

O

1

Mag ich überhaupt nicht

Neutralisieren Sie den Gaumen mit Leitungswasser, bevor Sie die nächste Probe verkosten. Abb. 6.16  (Fortsetzung)

6.11  Übung 11: Methode Präferenztest – Milch

121

unstrukturierten Linienskalen, die ebenso verbreitet sind, jedoch ausschließlich bei computerisierter Datenerfassung Sinn machen, da ansonsten bei vielen Testpersonen die Messpunkte an der Skala ausgemessen und diese Daten in Folge zur Datenauswertung eingegeben werden müssen. Unstrukturierte Linienskalen sind Skalen, die nur links und rechts die Ankerpunkte „mag ich überhaupt nicht“ bis „mag ich besonders gern“ o. ä. aufweisen, ansonsten aber keine Skalenunterbrechung haben. Die Bewertung erfolgt daher intuitiver, das Ergebnis ist dadurch aber nicht unbedingt valider. In dieser Übung geht es um die Bewertung der Akzeptanz anhand einer Linienskala. Da die Daten dieser Einzelverkostung nicht ausgewertet werden (können), erfolgt kein Übertrag des Messwertes in ein Datenfile.

6.10.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 4 verschiedene Apfelsäfte; • Geschirr: kleine Verkostungsbecher, Codes zum Kennzeichnen. Schütteln Sie die Proben gut, bevor Sie die Proben einschenken! Codieren Sie die Gläser, und schenken Sie gleiche Probenmengen ein.

6.10.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.17).

6.11 Übung 11: Methode Präferenztest – Milch • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen • Geeignet für Genussschulungen

6.11.1 Hintergrund In den Übungen 9 und 10 (s. Abschn. 6.9 und 6.10) haben Sie die Akzeptanz von Produkten an zwei unterschiedlichen Skalen kennengelernt, und somit auch das Ausmaß der Vorliebe oder Abneigung bewertet. Die Präferenz ist hingegen eine relative Bevorzugung einer Probe gegenüber einer oder mehrerer anderer Proben. Werden zwei Produkte einem Präferenztest unterzogen und wird dabei die bessere ermittelt, heißt das noch lange nicht, dass diese auch als gut empfunden wird. Ebenso wenig bedeutet es, dass die nicht

122

Name: _______________________

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

Datum: ____________________

Akzeptanztest Sie erhalten vier Apfelsäe. Bie kosten Sie die Proben in der vorgegebenen Reihenfolge und bewerten Sie die Akzeptanz an nachfolgender Skala, indem Sie an der zutreffenden Stelle mit einem Strich markieren:

Probe _____ --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— Mag ich überhaupt nicht

Mag ich besonders gern

Probe _____ --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------I— Mag ich überhaupt nicht

Mag ich besonders gern

Probe _____ --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------I— Mag ich überhaupt nicht

Mag ich besonders gern

Probe _____ --I------------------------------------------------------------------------------------------------------------ I— Mag ich überhaupt nicht

Mag ich besonders gern

Abb. 6.17  Prüfformular Akzeptanztest Apfelsaft. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

bevorzugte Probe nicht gemocht wird. Es lässt sich lediglich daraus ablesen, welche von den beiden bevorzugt wird. Werden nur zwei Proben im Präferenztest gereicht, handelt es sich um einen Paarvergleich nach Präferenz („paired preference test“), mit der Frage: „Welche Probe ist die bevorzugte?“ Meist wird der Test als Forced-Choice-Test durchgeführt, d. h., die Testpersonen müssen sich in jedem Fall für eine der beiden

6.11  Übung 11: Methode Präferenztest – Milch

123

Proben entscheiden. Liegen mehr als 2 Proben vor, wird eine Rangordnung nach Präferenz erstellt. Die individuell am besten empfundene Prüfprobe erhält Rang 1, die nächstbeste Rang 2 usw. Nun könnte man denken, der Akzeptanztest, wo man absolute Urteile an einer Skala erhält und somit weiß, wie gut eine Prüfprobe empfunden wird, macht mehr Sinn. Es gibt aber durchaus Fälle, wo zwei Produkte im Akzeptanztest gleich gut bewertet werden. Fragt man im Anschluss aber noch zusätzlich nach der Präferenz, gibt es im Zweifelsfall dennoch meist eine Präferenz für eine Probe. Akzeptanz- und Präferenztest werden daher oft kombiniert. In dieser Übung soll Milch gekostet werden. Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche sensorische Studien zu Milch, darunter auch solche, die zeigen, wie UHT-Milch, Frischmilch, Biomilch, Wiesenmilch etc. abschneiden, wenn sie blind verkostet werden, im Vergleich zur Bekanntgabe von Produkt/ Marke (Kresova et al. 2022). UHT-Milch wird bei Bekanntgabe der Milchart schlechter bewertet als bei Blindverkostung. Und länger frische Milch (= ESL = „extended shelf life“) ist ein durchaus unspezifischer Begriff, denn sie kann durch verschiedene Prozesse gewonnen werden: durch Erhitzung, durch Mikrofiltration, mittels Baktofugation, Tiefenfilter oder durch Fallstromerhitzung (ESLMilch o. D.). In welcher Weise Hitzebehandlung die sensorischen Eigenschaften von Milch verändert, zeigen Coolbear et al. (2022) in einem Review.

6.11.2 Vorbereitung • Lebensmittel: Kaufen Sie 5 verschiedene Milchsorten mit vergleichbarem Fettgehalt, darunter Frischmilch, UHT-Milch, mindestens 1 ESL-Milch sowie ggf. Biomilch, Heumilch, Wiesenmilch o. a. • Geschirr: Sie brauchen 5 gleiche, durchsichtige Verkostungsbecher, die Sie jeweils am Boden mit einem Code versehen (z. B. 238, 404, 517, 832, 066). Gewöhnlich ist der Code für Testpersonen sichtbar. In diesem Fall, wo sie selbst Proben vorbereiten und codieren und die Milchproben sich im Gegensatz zu den Pestos in Übung 9 (s. Abschn. 6.9) optisch nur gering unterscheiden, macht es aber Sinn, den Code während der Verkostung nicht zu sehen, aber sobald Sie Ihre Rangordnung erstellt haben um nachsehen zu können, welche Probe welchen Rang erhalten hat.

6.11.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.18).

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

124

Name: _______________________

Datum: ____________________

Rangordnungsprüfung hedonisch Sie erhalten 5 Milchproben. Bi e testen Sie die Proben und ordnen Sie sie in der Reihenfolge ihrer Beliebtheit. Rang 1 = Probe, die Sie am meisten bevorzugen, Rang 5 = Probe, die Ihnen am wenigsten schmeckt. Gleiche Ränge können nicht vergeben werden!

Rang

Probe

1 2 3 4 5 Abb. 6.18  Prüfformular Präferenztest Milch. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

6.12 Übung 12: Methode „CATA Emotional Profile“ – Tonic • Übung zum Kennenlernen bzw. Vertiefen von Prüfmethoden • Geeignet für Genussschulungen

6.12.1 Hintergrund Emotionen sind Reaktionen auf einen vorhandenen Reiz. Sie entstehen schnell und sind intensiv, dauern aber nur kurz an. Sie unterscheiden sich damit deutlich von Stimmungen, die bereits vor einem Reiz vorhanden waren (Derndorfer & Buchinger 2020).

6.12  Übung 12: Methode „CATA Emotional Profile“ – Tonic

125

Emotionen spielen in der Sensorik eine wesentliche Rolle. Das betrifft vor allem den Geruchsinn, aber auch den Gehörsinn. Die Wahrnehmung von emotional aufgeladenen Genussmitteln wie Schokolade verändert sich mit entsprechender Hintergrundmusik, während dies bei Paprika nicht der Fall zu sein scheint (Fiegel et al. 2014). Während die Produktakzeptanz wenig Dimensionen hat, sind Emotionen multidimensional: theoretisch lassen sich hunderte Emotionen im Zuge sensorischer Prüfungen abfragen. Wie aber kann man Emotionen messen? Die Schnellmethode CATA, die Sie zur Beschreibung von Produkten in den Übungen 3 und 4 (s. Abschn. 6.3 und 6.4) bereits kennengelernt haben, eignet sich auch zur Messung von Emotionen. Dabei soll herausgefunden werden, welche positiven oder negativen Emotionen vor, während und nach dem Verzehr eines Produktes auftreten. Dafür wählen die Testpersonen aus einer Liste vorgegebener Merkmale alle auf sie zutreffenden Emotionen aus. Die Bandbreite der möglichen emotionalen Kategorien auf dem Fragebogen ist von Studie und Produkt abhängig. Alternativ zu CATA kann die Bewertung der Intensität jeder Emotion auf einer Skala erfolgen (Derndorfer 2016). Da die Methode CATA für ein emotionales Profil ein Konsumententest ist, bei dem eine größere Personenanzahl ihren Emotionen bewertet, können die Proben blind (codiert) oder branded gereicht werden. Der Fragebogen soll positive und negative Begriffe enthalten, wobei 20–25 Begriffe als sinnvolles Maximum betrachtet werden (Meiselman 2015). Das emotionale Profil kann mit anderen Fragen verknüpft werden: mit Fragen zur Akzeptanz oder mit der Frage nach sensorischen Eigenschaften. Da es sich beim CATA Emotional Profile um einen Konsumententest handelt, werden meist 100–200 Personen herangezogen. In dieser Übung führen wir ein CATA Emotional Profile ohne ergänzende Fragen durch.

6.12.2 Vorbereitung • Lebensmittel: 2 verschiedene Tonicmarken; • Geschirr: 2 gleiche Gläser, Flaschenöffner. Die Proben können nacheinander oder gleichzeitig gereicht werden. Die Verkostung erfolgt branded, also unter Bekanntgabe der Marken. Sie brauchen daher keine Codierung vorzunehmen.

6.12.3 Prüfanleitung & Durchführung Die Prüfanleitung finden Sie im Prüfformular (s. Abb. 6.19).

6  Übungen zu sensorischen Prüfmethoden

126

Name: _______________________

Datum: ____________________

CATA Emoonales Profil Bie testen Sie die vorliegenden Tonics und bewerten Sie im Anschluss, wie Sie sich fühlen:

abenteuerlusg ruhig zufrieden enthusiassch glücklich nostalgisch opmissch leidenschalich entspannt überrascht angespannt

Probe …………

Probe …………

Abb. 6.19  Prüfformular CATA Emotional Profile Tonic. (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

Literatur Coolbear T, Janin N, Traill R et al (2022) Heat-induced changes in the sensory properties of milk. International Dairy Journal 126: 105–199 Derndorfer E (2015a) Schokolade & Kakaoerzeugnisse. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, DLG-Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S 130–144 Derndorfer E (2015b) Das geht auf keine Kuhhaut. Ernährung heute 1:14–15 Derndorfer E, Buchinger E (2020) Schnellmethoden der Lebensmittelsensorik. Springer Spectrum, Wiesbaden Derndorfer E, Fischer E (2017) Honig. Das Kochbuch. Brandstätter Verlag, Wien Derndorfer E (2016) Lebensmittelsensorik. 5. Aufl., Facultas, Wien DIN 10964 (2014) Sensorische Prüfverfahren – einfach beschreibende Prüfung, Beuth Verlag GmbH, Berlin Duden (o. D.) https://www.duden.de/rechtschreibung/Harmonie. Zugegriffen: 16. Sept. 2022 ESL-Milch (o. D.) https://de.wikipedia.org/wiki/ESL-Milch. Zugegriffen: 1. Sept. 2022 Fiegel A, Meullenet J-F, Harrington RJ et al (2014) Background music genre can modulate flavor pleasantness and overall impression of food stimuli. Appetite 76:144–152 Kresova S, Gutjahr D, Hess S (2022) German consumer evaluations of milk in blind and nonblind tests. J Dairy Sci 105:2988–3003

Literatur

127

Lill F, Köhn E (2006) Methoden, Anwendungen und Analysen. In: Busch-Stockfisch M (Hrsg) Praxishandbuch Sensorik in der Produktentwicklung und Qualitätssicherung. Behr’s Verlag, Hamburg Mahieu B, Visalli M, Thomas A et al (2020) Free-comment outperformed check-all-that-apply in the sensory characterisation of wines with consumers at home. Food Qual Prefer 84:103937 Meiselman HL (2015) A review of the current state of emotion research in product development. Food Res Int 76:192–199 Mielby LH, Hopfer H, Jensen S et al (2014) Comparison of descriptive analysis, projective mapping and sorting performed on pictures of fruit and vegetable mixes. Food Qual Prefer 35:86–94 Peryam DR, Girardot NF (1952) Advanced taste-test method. Food engineering 24: 58–61. Zitiert nach Schutz HG, Cardello AV (2001) A Labeled Magnitude (LAM) scale for assessing food liking/disliking. J Sens Stud 16:117–159 Peryam DR, Pilgrim FJ (1957) Hedonic scale method of measuring food preferences. Food technology 11: 9–14. Zitiert nach Schutz HG, Cardello AV (2001) A Labeled Magnitude (LAM) scale for assessing food liking/disliking. J Sens Stud 16:117–159 Seuß-Baum I, Schneider D, Schneider-Häder B et al (2022) DLG-Trendmonitor Lebensmittelsensorik 2022. Themen, Tools und Perspektiven in derdeutschsprachigen Lebensmittelsensorik. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/ trendmonitor/Trendmonitor_Sensorik_2022.pdf Vidal VA, Paglarini CS, Freitas MQ, Coimbra LO, Esmerino EA, Pollonio MA, Cruz AG (2020) Q methodology: an interesting strategy for concept profile and sensory description of low sodium salted meat. Meat Sci 161:108000

7

Übungen zur Probenvorbereitung

7.1 Übung 1: Probenvorbereitung – Camembert • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.1.1 Hintergrund Die professionelle Probenvorbereitung ist das Um und Auf jeder sensorischen Prüfung. Sie ist Teil der guten Sensorikpraxis, die auch die Probenreihenfolge, die Gaumenneutralisation, das Verhalten von Testpersonen während einer Prüfung etc. beinhaltet. Während der Akt der Verkostung oft ein schneller ist, kann die Vorbereitung der Proben durchaus aufwendig sein. In jedem Fall aber gilt es, folgende Aspekte zu berücksichtigen: • Probentemperatur • Probenmenge • Probenanzahl • Geschirr zur Darreichung und zum Portionieren • Codierung: Bei allen objektiven Sensorikprüfmethoden werden Proben mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert und es werden keine Informationen über die Produkte gegeben. Herkunft/Marke sollen bei objektiven Prüfmethoden so weit wie möglich unkenntlich gemacht werden, bei Konsumententests sind Tests mit oder ohne Angabe von Herkunft und Marke möglich • Probenreihenfolge • passendes Gaumenneutralisationsmittel © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_7

129

130

7  Übungen zur Probenvorbereitung

Manche Proben bringen dabei besondere Herausforderungen mit, etwa inhomogene Proben. Bei dieser Übung beschäftigen wir uns mit gereiftem Camembertkäse (alternativ veganer Camembert-Ersatz, z.B. auf Cashewkernbasis, mit weißem Edelschimmel). Sie können diese Übung ausschließlich theoretisch machen oder Sie besorgen sich einen Camembert. Das reale Produkt vor sich zu haben, verdeutlicht manchmal, welche Schwierigkeiten die Probenvorbereitung birgt.

7.1.2 Prüfanleitung & Durchführung Stellen Sie sich vor, Sie bereiten die Proben für eine sensorische Analyse (Methode CATA) (siehe Abschn. 6.3 und 6.4) von Camembert vor. Sie haben 4 verschiedene Camemberts und 12 Prüfpersonen. Wie gehen Sie bei der Probenvorbereitung vor? Notieren Sie Ihre Überlegungen.

7.1.3 Auflösung • Probentemperatur: Camembert im Kühlschrank auf der gleichen Ebene lagern (gleiche Lagertemperatur) und 30 min vor der Verkostung aus dem Kühlschrank nehmen. • Probenmenge: gleiche Menge von jeder Probe. Los et al. (2021) gaben den Testpersonen Camembertstücke mit ca. 25 g Gewicht. • Portionierung: gleicher Rindenanteil bei allen Proben. Bei Camembert geht das einfach, indem man Segmente ähnlich wie bei einer Torte abschneidet (s. Abb. 7.1). Schwieriger wäre dies bei einem Stück Brie. Bilder, wie man verschiedene Käse am besten schneidet, finden Sie unter ARGE Heumilch (o. D.). • Weichkäsemesser teilen den Käse am besten. • Probencodierung mit 3-stelligen Zahlen, z. B. 212, 598, 673, 144. • Reihenfolge der Proben: jede Probe gleich oft an jeder Stelle. Bei 12 Personen bekommen 3 die Probe 212 als erste, weitere 3 Tester die Probe 598 als erste usw. Man nennt dies balancierte Reihenfolge. • Proben auf weiße Teller legen. • Gaumenneutralisation berücksichtigen.

7.2  Übung 2: Probenvorbereitung – Müsli

131

Abb. 7.1  Camembert Schneidetechnik (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All RightsReserved)

7.2 Übung 2: Probenvorbereitung – Müsli • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.2.1 Hintergrund Inhomogene Proben wie Müslimischungen sind eine besondere Herausforderung bei der Probenvorbereitung. Dies gilt umso mehr, als Müsli üblicherweise nicht pur, sondern mit Milch, Joghurt, Pflanzendrinks etc. – sogenannten Carriers – verzehrt wird. Bei dieser Übung geht es darum, Aspekte zu sammeln, die Sie bei der Probenvorbereitung berücksichtigen müssen.

7.2.2 Prüfanleitung & Durchführung Stellen Sie sich vor, Sie bereiten Müsliproben für eine sensorische Analyse (Methode CATA) (siehe Abschn. 6.3 und 6.4) vor. Sie haben 3 verschiedene Müslimischungen. Welche Überlegungen müssen in die Probenvorbereitung einfließen?

132

7  Übungen zur Probenvorbereitung

7.2.3 Auflösung • Inhomogenität der Proben: nicht Flocken zählen, sondern möglichst gut durchmischen. In der Praxis setzt sich jeder Löffel des Müsliessers anders zusammen. • Welche Probenmenge? Sie muss ausreichen, um für jede Testperson ein repräsentatives Sample zu haben. • Pur? Mit Milch, Joghurt, Pflanzendrink? Genügt eine Art? • Falls ein Carrier verwendet wird: welche Menge? Und welche Temperatur hat die Milch? • Wird der Carrier vorab mit dem Müsli gemischt, oder macht das die Prüfperson selbst unmittelbar vor der Verkostung? Kälviäinen et al. (2002) machten es in einem Haferflockentest so: Manche Deskriptoren wurden mit, andere ohne Milch bewertet. Für die Bewertung ohne Milch erhielten die Tester jeweils 10 g Flocken. Für die Bewertung der Attribute mit Milch erhielten die Tester 5 g Flocken und 20 ml fettarme, kalte Milch (1 % Fett, 6–8 °C), und die Testpersonen gossen die Milch selbst über die Flocken, unmittelbar vor der Bewertung. • Probenreihenfolge.

7.3 Übung 3: Probenvorbereitung – Salz • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.3.1 Hintergrund Salz verkosten birgt Schwierigkeiten. Erstens isst man Salz nie pur, zweitens haben viele Salze, v. a. Salzflocken oder Pyramidensalze ein spezielles Mundgefühl. Salz in Wasser aufzulösen würde diesem Aspekt nicht Rechnung tragen. In einer wissenschaftlichen Studie zum Salzgeschmack verglichen Drake & Drake (2011) zahlreiche Salze und Salzersatzprodukte mit einem geschulten Prüfpanel. Dafür wurden Salzlösungen einmal mit gleicher Salzmenge (8 g Salz pro Liter Wasser), ein weiteres Mal mit gleichem Natriumgehalt (8 g Natrium pro Liter Wasser pro Salz) hergestellt. Das Ergebnis zeigte, dass die Intensität des salzigen Geschmacks bei gleicher Salzmenge variierte. Das weist darauf hin, dass bei Meersalzen andere enthaltene Mineralien den Geschmack beeinflussen. In einer Juryverkostung für das Gourmetmagazin Falstaff (Degen 2015) wurden Salze mit Frischkäse als Carrier verkostet. Als Carrier gelten Produkte, welche die Testprodukte normalerweise begleiten, etwa der Salat zum Dressing (Derndorfer 2016).

7.4  Übung 4: Probenvorbereitung – Banane

133

Wie würden Sie bei einer Salzverkostung vorgehen? Wie viele Proben halten Sie für ein Maximum? Wie würden Sie diese vorbereiten?

7.3.2 Prüfanleitung & Durchführung Stellen Sie sich vor, Sie möchten herausfinden, wie sehr sich Salze unterscheiden. Welche Überlegungen zur Probenvorbereitung würden Sie treffen?

7.4 Übung 4: Probenvorbereitung – Banane 7.4.1 Hintergrund In Übungen 1–3 (s. Abschn. 7.1–7.3) haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, was bei der Probenvorbereitung zu berücksichtigen ist. In der vorliegenden Übung erhalten Sie ein Bild einer Probenvorbereitung, wo unterschiedliche Bananensorten verkostet werden. Was ist daran gut, was nicht?

7.4.2 Prüfanleitung & Durchführung Betrachten Sie Abb. 7.2, und notieren Sie alle Punkte, die an dieser Probenvorbereitung gut (+) sind, und all jene, die verbesserungswürdig (−) sind. 



134

7  Übungen zur Probenvorbereitung

Abb. 7.2  Probenvorbereitung Banane. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

7.4.3 Auflösung + 3-stellige Codierung; + weißer, neutraler Hintergrund; + soweit ersichtlich, etwa gleich dicke Scheiben; ~ 1 Scheibe ist (je nach Prüfmethode) sehr wenig, rückkosten ist dann kaum möglich; − ungleiche Scheibenanzahl.

7.5 Übung 5: Probenvorbereitung – Milch • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.5.1 Hintergrund Analog zu Übung 4 (s. Abschn. 7.4) erhalten Sie ein Bild einer Probenvorbereitung. Was ist daran gut, was nicht?

7.5  Übung 5: Probenvorbereitung – Milch

135

7.5.2 Prüfanleitung & Durchführung Betrachten Sie Abb. 7.3, und notieren Sie alle Punkte, die an dieser Probenvorbereitung gut (+) sind, und all jene, die verbesserungswürdig (−) sind. 



7.5.3 Auflösung + 3-stellige Codierung (die Codes könnten etwas gerader angebracht werden, wer aber jemals Hunderte Verkostungsbecher codiert hat, weiß, dass es nicht möglich ist, alle ganz gerade aufzukleben); + weißer, neutraler Hintergrund; + durchsichtige Becher ermöglichen eine optische Bewertung der Proben; − ungleich große Becher; eine Probe ist anders als die anderen beiden. Das kann jede Testperson interpretieren: bei Akzeptanztests, dass dies eine besondere Probe ist, oder bei Unterschiedsprüfungen, dass dies eine abweichende Probe ist, o. a. Es ist damit auch schwer ersichtlich, ob die gleiche Füllmenge enthalten ist.

Abb. 7.3  Probenvorbereitung Milch. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

136

7  Übungen zur Probenvorbereitung

7.6 Übung 6: Probenvorbereitung – Near-Water-Getränk • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.6.1 Hintergrund Analog zu den Übungen 4 und 5 (s. Abschn. 7.4 und 7.5) erhalten Sie ein Bild einer Probenvorbereitung. Was ist daran gut, was nicht?

7.6.2 Prüfanleitung & Durchführung Betrachten Sie Abb. 7.4, und notieren Sie alle Punkte, die an dieser Probenvorbereitung gut (+) sind, und all jene, die verbesserungswürdig (−) sind. 



Abb. 7.4  Probenvorbereitung Near-Water-Getränk. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

7.7  Übung 7: Probenvorbereitung – Wein

137

7.6.3 Auflösung + gleiche Probenmenge; + gleiche Bechergröße; + durchsichtige Becher; + weißer, neutraler Hintergrund; − Farbcodierung statt 3-stelliger Codes: die Farben können Geschmacksrichtungen suggerieren (z. B. Near-Water Orange, Near-Water Limette, …) und sind auch ein Problem, wenn Personen mit eingeschränktem Farbsehvermögen testen. Diese können die codierten Becher nicht auseinanderhalten bzw. wissen nicht, welche Probe die „orange“ Probe ist. − Riesige Pickerl erschweren die optische Bewertung aufgrund von Lichtreflexionen auch von der anderen Seite.

7.7 Übung 7: Probenvorbereitung – Wein • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.7.1 Hintergrund Analog zu Übungen 4–6 (s. Abschn. 7.4–7.6) erhalten Sie ein Bild einer Probenvorbereitung. In diesem Fall geht es um Wein. Die Proben werden blind gereicht. Was ist daran gut, was nicht?

7.7.2 Prüfanleitung & Durchführung Betrachten Sie Abb. 7.5, und notieren Sie alle Punkte, die an dieser Probenvorbereitung gut (+) sind, und all jene, die verbesserungswürdig (−) sind: 



138

7  Übungen zur Probenvorbereitung

Abb. 7.5  Probenvorbereitung Wein. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

7.7.3 Auflösung + Man sieht weder das Etikett, noch die Flaschenfarbe, noch die Flaschenform. − Die Zahlen 1–5 als Codes erinnern an das Schulnotensystem und sind keine „neutralen“ Codes. In der professionellen Sensorik werden immer 3-stellige Zufallszahlen zum Codieren eingesetzt. − Zudem implizieren die Zahlen 1–5, dass das auch die Verkostungsreihenfolge ist. In der Sensorik variiert die Probenreihenfolge zwischen den Prüfpersonen, um einen Positionseffekt der Proben zu eliminieren. − Wenn sich Testpersonen selbst einschenken, variiert die Füllhöhe im Glas. Diese beeinflusst die Geruchswahrnehmung. Auch ändert sich die Temperatur des Weines unterschiedlich rasch, wenn die Probenmengen unterschiedlich sind.

7.8 Übung 8: Probenvorbereitung – Tomate • Übung zur Probenvorbereitung bzw. Darreichung • Geeignet für virtuelle Lehrveranstaltungen

7.8  Übung 8: Probenvorbereitung – Tomate

139

7.8.1 Hintergrund Wie in Übungen 4–7 (s. Abschn. 7.4–7.7) gibt es in dieser Übung ein Bild einer Probenvorbereitung. Was ist daran gut, was nicht?

7.8.2 Prüfanleitung & Durchführung Betrachten Sie Abb. 7.6, und notieren Sie alle Punkte, die an dieser Probenvorbereitung gut (+) sind, und all jene, die verbesserungswürdig (−) sind: 



7.8.3 Auflösung + 3-stellige Codes; + gleiche, weiße Teller; + offensichtlich ganz frisch aufgeschnitten; ~ Halbieren der Tomaten macht das Innere schön sichtbar, zum Abbeißen sind es aber eventuell zu große Stücke. Gegebenenfalls kleines Messer zum Schneiden dazulegen.

Abb. 7.6  Probenvorbereitung Tomate. (© Eva Derndorfer & Andreas Baierl 2022. All Rights Reserved)

140

7  Übungen zur Probenvorbereitung

Literatur ARGE Heumilch (o. D.) https://www.heumilch.com/genuss/schneidetechniken/. Zugegriffen: 19. Sept. 2022 Degen B (2015) Produkttest: Salz in der Hochblüte. Falstaff Magazin 5:126–127 Derndorfer E (2015a) Schokolade & Kakaoerzeugnisse. In: DLG e. V. (Hrsg) Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, DLG-Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S 130–144 Derndorfer E (2015b) Das geht auf keine Kuhhaut. Ernährung heute 1:14–15 Derndorfer E (2016) Lebensmittelsensorik, 5. Aufl. Facultas.wuv, Wien Derndorfer E, Fischer E (2017) Honig. Das Kochbuch. Brandstätter Verlag, Wien Derndorfer und Baierl 2022 Drake SL, Drake MA (2011) Comparison of salty taste and time intensity of sea and land salts from around the world. J Sens Stud 26:25–34 Kälviäinen N, Salovaara H, Tuorila H (2002) Sensory attributes and preference mapping of muesli oat flakes. J Food Sci 67:455–460 Los PR, Simões DRS, Benvenutti L et al (2021) Combining chemical analysis, sensory profile, CATA, preference mapping and chemometrics to establish the consumer quality standard of Camembert-type cheeses. Int J Dairy Technol 74:371–382

8

Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung des Terroirs von Gemüse



In diesem Kapitel wird anhand einer Fallstudie aus der Landwirtschaft zur sensorischen Vermarktung des Terroirs von Radieschen veranschaulicht, wie die Übungen aus Kap. 4–7 in der beruflichen Praxis anwendbar sind.

8.1 Hintergrund & Zielsetzung Der Begriff Terroir kommt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt Gegend. Er leitet sich vom lateinischen terra = Erde ab. Im Kontext der Landwirtschaft gibt es zwar unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Terroir, sie gehen aber allesamt über den Boden, die Erde hinaus. Das Terroir wird immer als ein Zusammenspiel von Standortfaktoren aufgefasst. Dies inkludiert die Zusammensetzung des Bodens (Geologie), die Geländeform (z.  B. Hangneigungen), Bodenbeschaffenheit, Bodenfeuchtigkeit, das Klima (Temperatur – auch Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, Sonneneinstrahlung, Niederschlagsmenge) und das Mikroklima – und wie sich dieses Zusammenspiel auf die dort angebaute Kulturpflanze auswirkt. Je nach Interpretation werden diese Standortfaktoren durch Tätigkeiten, die der Mensch landwirtschaftlich ausübt, ergänzt (Terroir o. D.). Auch lokale Mikroorganismen sind maßgeblich am Terroir beteiligt. Natural Weine verdanken ihre spontane Gärung den auf den Traubenhäuten befindlichen Mikroorganismen, und auch bei der Vanille üben Mikroorganismen im Boden, der die Wurzel umgibt, aber auch auf der Pflanze selbst großen Einfluss auf den Geschmack aus (Derndorfer 2019). Im Deutschen gibt es keine Übersetzung des Begriffs Terroir, sondern es wird derselbe Begriff verwendet. Der Terroirbegriff ist in Mode und wird gerne zu Marketingzwecken hochwertiger landwirtschaftlicher Lebensmittel eingesetzt. Das Terroir ist aber auch

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_8

141

142

8  Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung …

ein wichtiger Terminus in der sensorischen Analyse eines Lebensmittels, denn es ist sensorisch erfassbar – und damit kommunizierbar. Besonders bekannt ist die Verwendung des Terroirbegriffes bei Wein. Aber auch regionaler Honig ist nichts anderes als ein Abbild des Terroirs, der Höhenlage, der dort befindlichen Pflanzenwelt, des Klimas und des Einflusses der Imker und Imkerinnen. Übergeordnetes Ziel der vorliegenden (fiktiven) Fallstudie ist es, aufzuzeigen, ob das Terroir die sensorischen Eigenschaften von Radieschen prägt. Das Terroir kann nur bei Gemüsen relevant sein, die unterirdisch in der Erde wachsen, oder deren Wurzeln in Erde verankert sind. Es beinhaltet damit automatisch einen landwirtschaftlichen Qualitätsanspruch. Für Glashaustomaten, die im Glashaus auf Steinwolle oder Kokosfasern, also ohne terra wachsen, ist das Terroirkonzept nicht anwendbar. Radieschen vom Feld sind im wahrsten Sinne des Wortes verwurzelt. Ist das Terroir bei Radieschen schmeckbar, werden sie zu einem authentischen, einzigartigen, nicht kopierbaren und damit besonderen Gut. Terroirradieschen können ein sensorisches Argument für den Kauf regionaler Produkte sein. Landwirtschaftliche Erzeugnisse unterliegen allerdings nicht nur dem Einfluss des Terroirs: • Die sensorischen Eigenschaften derselben Sorte, angebaut am selben Standort, können von Jahr zu Jahr variieren (Variation zwischen den Jahren). Derartige Schwankungen durch die jeweilige Wetterlage können generell nicht in einem oder zwei Tests berücksichtigt werden, sondern nur in Serientests über mehrere Jahre hinweg. • Jedes einzelne Radieschen ist, auch wenn von derselben Sorte und vom selben Feld, individuell unterschiedlich. • Selbst innerhalb eines einzigen Radieschens kann jeder Bissen etwas anders sein. Darüber hinaus müssen sämtliche Radieschen den gleichen Reifezeitpunkt aufweisen – auch wenn sie von unterschiedlichen Feldern und Standorten geerntet werden. Zum gleichen Zeitpunkt säen und ernten kann allerdings dazu führen, dass die Kulturen am Tag der Ernte unterschiedlich groß sind. Wird hingegen an unterschiedlichen Tagen geerntet, liegen die Radieschen entweder nicht im gleichen Frischestadium zur Vergleichsverkostung vor, oder sie können nicht in der gleichen Sitzung verkostet werden. Die Entscheidung kann aus organisatorischen Gründen getroffen werden, etwa dass zum gleichen Zeitpunkt geerntet wird, um die Radieschen aller Standorte im gleichen Frischezustand am selben Tag kosten zu können, an dem alle Testpersonen zusammenkommen. Garantiert muss dabei werden, dass die Produkte alle in einem ähnlichen Reifestadium verkostet werden (es keine starke Abhängigkeit des Reifezeitpunkts vom Terroir gegeben hat). Um eine gesichertere Aussage treffen zu können, werden Radieschen an allen Standorten zu 2 unterschiedlichen Zeitpunkten gesät und damit 2 Sätze geerntet. Die beiden Ernten im Abstand mehrerer Wochen führen zu 2 Verkostungstagen, an

8.2  Planung der Sensoriktests

143

denen alle Proben von allen Standorten im gleichen Frischezustand vorliegen. Die Standorte müssen für den Radieschenanbau geeignet sein. Das „heruntergebrochene“ Ziel dieses Projekts ist daher der sensorische Vergleich von Radieschen, gleiche Sorte, aus 5 unterschiedlichen Standorten, jeweils 2 Sätze (und damit 2 Erntezeitpunkte), in einem einzigen Jahr, in rohem Zustand. Dabei soll herausgefunden werden, welche sensorischen Eigenschaften standortbedingt variieren. Die Ergebnisse sollen an Endverbraucher kommunizierbar, also leicht verständlich sein. Es sollen jedoch weder einzelne Anbauorte vermarktet, noch sensorische Claims aufgestellt werden, sondern es soll vermittelt werden, dass das Terroir, so sensorisch auch für ungeschulte Tester bemerkbar, wie beim Genussmittel Wein auch bei Radieschen eine Rolle spielt. Radieschen sollen dadurch auch stärker ins Gerede kommen und deren sensorische Vielfalt vermittelt werden.

8.2 Planung der Sensoriktests Aus Gründen der Vergleichbarkeit und Frische (s. o.) werden Radieschen eines Satzes von allen Standorten am selben Tag geerntet, fachgerecht transportiert und im gleichen Frischezustand verkostet. Es werden 2 Ernten im Abstand von 1 Monat verglichen.

8.2.1 Auswahl der Prüfmethoden Im vorliegenden Fall handelt es sich um objektive sensorische Prüfungen, da es um sensorische Eigenschaften, nicht um Vorlieben geht. Theoretisch können unterschiedliche Sensorikmethoden eingesetzt werden, um den Einfluss des Terroirs zu untersuchen – mit unterschiedlich hohem Aufwand und entsprechend unterschiedlich genauen Ergebnissen. Da es sich um ein zeitlich begrenztes Projekt mit 2 Verkostungszeitpunkten, nicht um eine immer wiederkehrende Bewertung handelt, ist der Aufwand für den Aufbau eines geschulten Panels nicht gerechtfertigt. Die Untersuchungen fallen nur 2-mal innerhalb einer Erntesaison an. Zudem sollen die Ergebnisse, wenn das Terroir bei Radieschen bedeutsam ist, an Endkonsumenten kommuniziert werden. Es bedarf daher einer konsumententauglichen Sprache. Aus all diesen Gründen macht der Einsatz von deskriptiven Schnellmethoden mit untrainierten Testpersonen Sinn. Eine solche Methode ist CATA (check all that apply), die Sie in Übung 3 (s. Abschn. 6.3) mit Schokolade und in Übung 4 (s. Abschn. 6.4) mit Olivenöl kennengelernt haben. Man benötigt eine Liste mit Begriffen. Die Testpersonen kreuzen beim Verkosten all jene Begriffe an, die auf die jeweilige Probe zutreffen. Intensitäten werden nicht bewertet. Wie in Übung 3 (s. Abschn. 6.3) hingewiesen, muss die Liste mit Begriffen sehr sorgfältig erstellt werden, da die Vorauswahl der Deskriptoren auf dem Frage-

8  Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung …

144

bogen das Ergebnis beeinflusst und Testpersonen möglicherweise auf Eigenschaften aufmerksam gemacht werden, die ihnen sonst nicht einfallen würden. Nicht angeführte Produkteigenschaften können hingegen übersehen werden. In der vorliegenden Fallstudie sollen die wichtigsten, allgemein verständlichen sensorischen Begriffe gefunden werden, die an Endverbraucher kommuniziert werden. Für die Erstellung der Liste wird in diesem Fall eine einfach beschreibende Prüfung (s. Übung 1 [s. Abschn. 6.1] und Übung 2 [s. Abschn. 6.2]) durchgeführt. Die einfach beschreibende Prüfung erfolgt einmalig mit Radieschen zum Erntezeitpunkt 1. Ein Prüfformular für die einfach beschreibende Prüfung von Radieschen finden Sie in Übung 1 (s. Abschn. 6.1). Auf optische Begriffe wird im vorliegenden Fall jedoch verzichtet, um die Anzahl der Begriffe überschaubar zu halten. Es können (einige) Testpersonen, die infolge für CATA eingesetzt werden, an der einfach beschreibenden Prüfung teilnehmen. Diese erhalten in einem 1. Schritt Radieschen aller Standorte und sammeln mit der einfach beschreibenden Prüfung mögliche Deskriptoren. Die Begriffe werden gesammelt und strukturiert (s. Tab. 8.1). Die einfach beschreibende Prüfung kann am Vormittag, CATA am selben Tag am Nachmittag erfolgen, um den Frischegrad der Radieschen nicht einzubüßen.

Tab. 8.1  Begriffssammlung aus der einfach beschreibenden Prüfung mit Radieschen

Geruch

Geschmack

Mundgefühl

Nachgeschmack & Nachgefühl

Radieschen

Radieschen

Scharf

Lange anhaltend

Rettich

Rettich

Betäubend

Scharf

Meerrettich

Meerrettich

Fasrig

Bitter

Wald, Moos, Erde

Kohlrabi

Fleischig

Süß

Grasig

Erbse

Schwammig

Säuerlich

Pilze

Apfel

Holzig

Rettich

Raps

Mais

Knackig

Kohlrabi

Senföle

Pfeffer

Saftig

Senföle

Fruchtig

Wald, Moos, Erde

Zart

Schwefelig

Grasig

Adstringierend

Pfeffrig

Pilze

Fest

Würzig

Nussig Süß Säuerlich Bitter Gurke Mais

8.2  Planung der Sensoriktests

145

Aus den dabei generierten Begriffen wird ein CATA-Prüfformular (s. Abb. 8.1) erstellt. Die Deskriptoren werden nach Sinnesmodalität strukturiert. Die Entscheidung, welche Begriffe die wesentlichsten sind und folglich ins CATAPrüfformular aufgenommen werden, erfordert Produkterfahrung und Fingerspitzengefühl. Fokus liegt auf Geruch, Geschmack und Mundgefühl. Da die Schärfe ein wesentliches Merkmal von Radieschen ist, kann für diesen Begriff theoretisch eine Erweiterung von CATA – nämlich RATA (rate all that apply) – erfolgen. Der Begriff wird, so vorhanden, auch in der Intensität bewertet (1 = leicht scharf, 2 = mittelscharf, 3 = sehr scharf). Auf diese Intensitätsbewertung wird in der vorliegenden Fallstudie jedoch verzichtet. Ein Feld für zusätzliche Bemerkungen erlaubt den Testpersonen ohnehin Kommentare. Eine kurze Einweisung in Methode und das gemeinsame Durchgehen der Begriffsliste vor Beginn der CATA-Bewertungen ist sinnvoll und wird daher vorgenommen.

8.2.2 Auswahl des Prüfortes Da es sich um eine objektive Fragestellung handelt, soll die sensorische Analyse in einem Prüfraum stattfinden, wo die Testpersonen unbeeinflusst in Ruhe kosten können. Eine Küche zur Probenvorbereitung ist nötig. Da kein Sensoriklabor verfügbar ist, wird ein ruhiger und gut lüftbarer Raum als Prüfraum adaptiert.

8.2.3 Auswahl der Testpersonen Für die einfach beschreibende Prüfung sowie für die sensorische Schnellmethode CATA können prinzipiell trainierte oder untrainierte Testpersonen kosten. Die Anzahl der Prüfpersonen richtet sich nach dem Trainings- oder Erfahrungsgrad der Testpersonen. Für die einfach beschreibende Prüfung sind nach DIN 10964 (2014) mindestens 3 Personen nötig, substanzieller wird die Begriffssammlung allerdings mit mehr Personen. Es werden daher 6 Personen für diesen Test eingeladen. Bei CATA geht man von 6–10 trainierten bzw. bei Kombination mit Akzeptanztests von 60–80 untrainierten Testpersonen aus (Derndorfer und Buchinger 2020). Kommen die Prüfpersonen für den Radieschentest aus der Landwirtschaft und sind zwar nicht sensorisch geschult, kosten aber regelmäßig Radieschen, sind erfahrungsgemäß weniger Testpersonen nötig als beim Einsatz von Laien ohne Produkterfahrung – hier erhält man auch mit ca. 20 Personen valide Resultate. Folglich nehmen 20 Testpersonen an beiden CATA-Terminen teil. Als Testpersonen kommen Erwachsene im Alter von maximal 60 Jahren infrage. Da die Sinneswahrnehmung mit zunehmendem Alter sinkt, hier aber keine Auswahltests durchgeführt werden, macht diese Altersbeschränkung Sinn.

8  Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung …

146

Name: _______________________

Datum: ____________________

CATA – Radieschen Bitte riechen und verkosten Sie die vorliegenden Proben hintereinander. Kreuzen Sie alle Begriffe an, die auf das jeweilige Produkt zutreffen. Legen Sie kurze Pausen zwischen den Proben ein, bis Sie keine Schärfe mehr im Mund wahrnehmen. Neutralisieren Sie bei Bedarf den Mund mit den bereitgestellten Gaumenneutralisationsmitteln. Probe _____

Probe _____

Probe _____

Probe _____

Probe _____

Aroma Senföl Radieschen Rettich Meerrettich Pilze Wald/Moos/Erde Kohlrabi Geschmack Süß Säuerlich Bitter Mundgefühl Knackig Saftig Schwammig Holzig Adstringierend Scharf

Sonstige Bemerkungen: ___________________________________________________________________________________________

Abb. 8.1  Prüfformular CATA Radieschen (© Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved)

8.2  Planung der Sensoriktests

147

8.2.4 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung Die Komplexität der Probenvorbereitung haben Sie bereits in den Übungen 1–8 (s. Abschn. 7.1–7.8) kennengelernt. Sie ist bei landwirtschaftlichen Primärerzeugnissen besonders herausfordernd. In der vorliegenden Fallstudie haben wir pro Erntezeitpunkt von einer Sorte Radieschen Proben aus 5 unterschiedlichen Standorten, die in rohem Zustand gekostet und bewertet werden sollen. Die Radieschen werden – gründlich gereinigt – im Ganzen dargereicht. So sind das Abbeißen und damit die Bewertung der Knackigkeit besser möglich als beim Schneiden. Der Variation innerhalb eines Standortes wird insofern Rechnung getragen, als viele Testpersonen die Radieschen kosten und somit eine gewisse Anzahl unterschiedlicher Radieschen verkostet wird. Jede Prüfperson erhält aus Gründen sensorischer Ermüdung nur 1 Radieschen pro Standort, insgesamt also 5 Proben. Die Proben werden mit 3-stelligen Codes (Zufallszahlen) versehen. Die Probencodes für die einzelnen Tests müssen unterschiedlich sein: • einfach beschreibende Prüfung: 212, 870, 635, 904, 317; • 1. Satz CATA: 922, 560, 131, 688, 451; • 2. Satz CATA: 774, 325, 842, 406, 528. Zur Gaumenneutralisation sind Pausen zwischen den Proben zwingend erforderlich. Bei sehr scharfen Radieschen muss über eine Gaumenneutralisation (z. B. schwache Zuckerlösung oder Milchprodukt, ähnlich Übung 18 Gaumenneutralisation bei Senf, s. Abschn. 4.18) nachgedacht werden. Die Probenreihenfolge variiert zwischen den Testpersonen. Tab. 8.2 zeigt ein balanciertes Probendesign für n = 20 Testpersonen. Die Buchstaben A–E in Tab. 8.2 stehen stellvertretend für die Prüfcodes, die beim 1. CATA-Durchgang durch die Codes 922, 560, 131, 688, 451 und beim 2. CATA-Durchgang durch die Codes 774, 325, 842, 406, 528 ersetzt werden.

8.2.5 Planung der statistischen Datenauswertung Für den Prätest zur Fragebogenerstellung, der einfach beschreibenden Prüfung, gibt es keine statistische Datenauswertung. Der qualitative Test dient der Erstellung des CATA-Formulars. Für die Auswertung von CATA werden Häufigkeitstabellen erstellt, um die häufigsten Begriffe zu identifizieren und zu sehen, in welchen Eigenschaften sich Standortvariationen besonders bemerkbar machen. Diese Tabellen können mit einem Tabellenkalkulationsprogramm wie beispielsweise MS Excel erstellt werden.

8  Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung …

148

Tab. 8.2  Beispiel einer Probenreihenfolge für 20 Personen und 5 Proben

Person

1. Probe

2. Probe

3. Probe

4. Probe

5. Probe

1

A

B

E

C

D

2

E

D

A

C

B

3

C

D

B

E

A

4

B

A

C

E

D

5

E

A

D

B

C

6

D

C

E

B

A

7

B

C

A

D

E

8

A

E

B

D

C

9

D

E

C

A

B

10

C

B

D

A

E

11

A

B

E

C

D

12

E

D

A

C

B

13

C

D

B

E

A

14

B

A

C

E

D

15

E

A

D

B

C

16

D

C

E

B

A

17

B

C

A

D

E

18

A

E

B

D

C

19

D

E

C

A

B

20

C

B

D

A

E

Da nur statistisch abgesicherte Ergebnisse relevant sind, wird der Cochran’s Q Test als Test auf statistische Unterschiede in den einzelnen Deskriptoren durchgeführt. Für diesen Test ist ein Statistikprogramm nötig.

8.3 Auswertung der Sensoriktests CATA-Ergebnisse werden in Form von Häufigkeitstabellen (Tab. 8.3) zusammengefasst, die häufigsten Nennungen werden farblich hinterlegt. Signifikante Unterschiede werden berechnet (hier nicht dargestellt).

8.4 Interpretation und Schlussfolgerung, Berichterstattung Der Prüfbericht enthält folgende Punkte:

8.4  Interpretation und Schlussfolgerung, Berichterstattung

149

Tab. 8.3  CATA-Häufigkeitstabelle, Ergebnisse Durchgang 1 Probe 922

Probe 560

Probe 131

Probe 688

Probe 451

Aroma Senföl

6

9

15

20

12

Radieschen

15

18

18

20

15

Rettich

10

10

15

15

15

Meerrettich

6

7

6

8

5

Pilze

10

15

3

2

0

Wald/Moos/Erde

8

3

3

3

0

Kohlrabi

15

10

3

2

2

süß

15

8

2

0

0

säuerlich

5

3

3

0

2

bitter

5

5

5

5

5

Geschmack

Mundgefühl Knackig

14

20

15

16

5

Saftig

18

20

16

15

10

Schwammig

0

1

0

2

15

Holzig

0

2

3

0

2

Adstringierend

5

3

3

1

1

Scharf

6

15

18

20

10

• Titel • Autor bzw. Autorin • Hintergrund & Ziele • Proben • Sensorikmethode • Statistik, Signifikanzniveau, Interpretation, Schlussfolgerung • ggf. Empfehlung & nächste Schritte Die statistische Berichterstattung umfasst die Häufigkeitstabelle, die Signifikanz der Unterschiede (zum Signifikanzniveau von 5 %), die Interpretation und Schlussfolgerung. Interpretation:  Aus der vorliegenden Untersuchung kann abgleitet werden, dass im Untersuchungsjahr ein Terroireffekt bei der Radieschensorte XY vorhanden ist. Unterschiede zwischen den Anbaugebieten wurden in beiden Sätzen gefunden und sind auch von sensorisch ungeschulten Testern erkennbar. Der Terroirbegriff ist daher auch bei Radieschen gerechtfertigt, und dieses Wissen kann kommuniziert werden. Die Ergebnisse basieren auf Radieschen, die in einem ähnlichen Reifestadium verkostet werden konnten. Schwankungen von Jahr zu Jahr durch die jeweilige Wetterlage können generell nicht in einem Test berücksichtigt werden.

150

8  Fallstudie 1: Landwirtschaft – Projekt zur Vermarktung …

Schlussfolgerungen:  Limitierungen sind die Begrenzung auf fünf Anbaugebiete und ein einziges Untersuchungsjahr. Die vorliegende Fallstudie kann daher als erste Evidenz für einen Terroireffekt bei Radieschen aufgefasst werden. Um eine allgemeingültigere Aussage über den Terroireffekt zu erzielen, müsste die Untersuchung in weiteren Jahren und anderen Anbaugebieten wiederholt werden. Die im Zuge der Verkostungen generierten Begriffe für Radieschen können Züchtern, Landwirten, dem Handel und der Gastronomie zugutekommen.

Literatur Derndorfer E (2019) Vanille. Mandelbaums kleine Gourmandisen Nr. 27. Mandelbaum, Wien Derndorfer E, Buchinger E (2020) Schnellmethoden der Lebensmittelsensorik. Springer Spectrum, Wiesbaden DIN 10964 (2014) Sensorische Prüfverfahren – Einfach beschreibende Prüfung, Beuth Verlag GmbH, Berlin Terroir (o. D.) https://de.wikipedia.org/wiki/Terroir. Zugegriffen: 7. Nov. 2022

9

Fallstudie 2: Lebensmittelhersteller – Rekrutierung von Prüfpersonen für ein deskriptives Panel

u

In diesem Kapitel wird anhand einer Fallstudie aus der Lebensmittelproduktion veranschaulicht, wie die Übungen aus Kap. 4 und Kap. 6 für die Rekrutierung von Prüfpersonen für ein deskriptives Panel anwendbar sind.

9.1 Hintergrund & Zielsetzung Ein Prüfpanel ist eine ausgewählte und geschulte Gruppe an Prüfpersonen, welche für eine bestimmte Lebensmittelkategorie trainiert wird und diese beschreibt und intensitätsbewertet. Wird in einem Unternehmen ein sensorisches Prüfpanel aufgebaut, so müssen potenzielle Testpersonen sorgfältig ausgewählt werden. Das inkludiert Tests zur sensorischen Eignung sowie zur verbalen Ausdrucksfähigkeit. Neben diesen Faktoren spielen zeitliche Verfügbarkeit und die Motivation, im Panel mitzuwirken, eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich können interne Panels aus Mitarbeitern des Unternehmens oder externe Panels aus sensorisch geeigneten Personen ohne Firmenbezug aufgebaut werden. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile: • Interne Panellisten haben oft spezifisches Produktwissen oder kennen Projektdetails. Dieses Wissen beeinflusst mitunter sensorische Bewertungen. Allerdings dauert der Trainingsprozess deutlich kürzer als bei externen Panels. Für interne Panels spricht außerdem die Geheimhaltung, wenn es um die Entwicklung echter Produktinnovationen geht. • Externe Panellisten sind günstiger als interne Mitarbeiter, laufen aber über eine eigene Kostenstelle (was in der Praxis oft das Problem darstellt). Sie haben kein Hintergrundwissen über laufende Projekte und sind daher objektiver. Da sie keine Produktkenntnisse mitbringen, ist die Schulungsdauer allerdings

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9  Fallstudie 2: Lebensmittelhersteller – Rekrutierung …

meist länger als für interne Panels. In städtischen Ballungszentren ist die Rekrutierung einfacher als im ländlichen Raum. Panels bestehen üblicherweise aus 8–12 Panellisten. Die Anzahl hängt von den finanziellen Möglichkeiten, aber auch den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens, von der Art und der Frequenz der geplanten Prüfungen und der statistischen Auswertung ab (DIN EN ISO 8586 2014). In der vorliegenden fiktiven Fallstudie möchte die Firma DUFTIG ein firmeninternes Kräuterteepanel aufbauen, das die Produktentwicklung begleitet.

9.2 Planung der Panelrekrutierung In diesem Fall soll ein Panel aus 10 Personen aufgebaut werden. Realistisch müssen dafür mindestens 12 Personen ausgewählt und anschließend trainiert werden, um am Ende des Trainingsprozesses 10 Panellisten zur Verfügung zu haben. Jobwechsel, Schwangerschaft, gesundheitliche Probleme u. a. können dazu führen, dass jemand kurzfristig ausfällt. Eine Nachschulung ist aufwendiger, als von vorneherein zusätzliche Personen mitzuschulen.

9.3 Art der Rekrutierung Um 10 geeignete Personen innerhalb des Unternehmens zu finden, ist ein größerer Pool an potenziellen Personen nötig, die alle einer Serie an Auswahltests unterzogen werden. Wenn die Firmengröße es erlaubt, sollte auf Personen aus Marketing und Produktentwicklung verzichtet werden, da diese in aktuelle Projekte eingebunden sind und somit über Hintergrundwissen über die Produkte verfügen. In unserer Fallstudie ist dies möglich; es werden informative Rundmails an unterschiedliche Abteilungen der Firma DUFTIG versendet. Vierzig interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich Kräutertee trinken, werden zu Auswahltests eingeladen. Der regelmäßige Verzehr der Produktkategorie – hier Kräutertee – ist wichtig. Nur wer ein Produkt ohnehin regelmäßig verzehrt, also eine gewisse Vorliebe für die Produktkategorie besitzt, toleriert das häufige Verkosten über einen längeren Zeitraum hinweg. Vor den Auswahltests muss gesichert werden, dass ausgewählte Personen auch die Möglichkeit bekommen, später 2-mal wöchentlich zu sensorischen Trainings und anschließend zu sensorischen Prüfungen zu kommen. Alle 40 potenziellen Prüfpersonen kommen einmalig zum Auswahltest. Die Auswahltests finden alle am selben Tag statt, es werden jeweils 10 Personen gleichzeitig getestet, Termine werden alle 2 h vereinbart.

9.4  Methoden der Rekrutierung

153

9.4 Methoden der Rekrutierung In den Übungskapiteln (s. Kap. 4 und Kap. 6) haben Sie bereits zahlreiche Methoden kennengelernt, die zur Panelrekrutierung eingesetzt werden können: 1. Übung 1: Überprüfung des eigenen Farbsehvermögens (s. Abschn. 4.1) 2. Übung 4: Geruchserkennungsprüfung (s. Abschn. 4.4) 3. Übung 10: Erkennen der Grundgeschmacksarten (s. Abschn. 4.10) 4. Übung 12: Rangordnungsprüfung süß (s. Abschn. 4.12) 5. Übung 13: Rangordnungsprüfung sauer (s. Abschn. 4.13) 6. Übung 14: Rangordnungsprüfung salzig (s. Abschn. 4.14) 7. Übung 15: Rangordnungsprüfung bitter (s. Abschn. 4.15) 8. Übung 16: Süßkraft im Vergleich (s. Abschn. 4.16) 9. Übung 22: Hautsinne/Textur – Rangordnung nach Konsistenz (s. Abschn. 4.22) 10. Übung 1 und 2: Methode einfach beschreibende Prüfung (s. Abschn. 6.1 und 6.2) Mit Ausnahme der einfach beschreibenden Prüfung zielen alle Tests darauf ab, sensorisch sensible Personen zu detektieren. Mit der einfach beschreibenden Prüfung kann hingegen das sprachliche Ausdrucksvermögen ermittelt werden. Neben den oben genannten Möglichkeiten können auch mehrere Unterschiedsprüfungen (s. Kap. 3) eingesetzt werden, um zu sehen, ob Personen ähnliche Proben unterscheiden können. Bei DUFTIG geht es um Kräutertees. Bei Tee spielen die Farbe, der Geruch, die Geschmacksrichtungen süß, sauer und bitter sowie das Mundgefühl eine Rolle. Die Auswahltests umfassen daher Übungen 1, 4, 10, 12, 13, 15. Zusätzlich zu diesen Auswahltests erhalten alle potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen 2 Teemischungen zur einfach beschreibenden Prüfung vorgelegt. Übung 1 (s. Abschn. 4.1) kann statt computerunterstützt auch analog durchgeführt werden. Dafür wird aus einer Farblösung eine Farbrangreihe durch Verdünnung hergestellt; die Testpersonen müssen die Proben in die richtige Reihenfolge bringen. Anleitungen für die Probenvorbereitung gibt es in DIN EN ISO 8586 (2014).

9.4.1 Festlegen der Mindestanforderungen DIN EN ISO 8586:2014-05 legt eine Mindestlatte für das Farbsehvermögen fest: Bei einem Rangordnungstest mit 10 oder 11 Proben sind 2 Fehler, die zwei benachbarte Proben betreffen, zulässig. Die zweite definierte Mindestanforderung laut Norm gilt für Matching-Tests, also die Zuordnung von Gerüchen oder Geschmäckern zu vorgegebenen Proben. Das heißt, Geschmacks- oder Geruchsproben werden codiert und die Prüfpersonen dürfen sich mit den Proben vertraut machen. Dann erhalten die Prüfpersonen eine weitere Serie derselben

154

9  Fallstudie 2: Lebensmittelhersteller – Rekrutierung …

Substanzen, jedoch mit unterschiedlichen Codes und müssen die Proben aus der 2. Serie zu den Pendants der 1. Serie zuordnen. Im Geschmack werden dafür folgende Konzentrationen eigesetzt: 10 g Saccharose/l (süß); 0,3 g Zitronensäure/l (sauer); 0,3 g Koffein/l (bitter); 2 g NaCl/l (salzig); 0,6 g Mononatriumglutamat/l (umami). Diese Matching-Tests exkludieren Personen mit Geschmacksblindheit, selektieren aber nicht besonders empfindliche. DUFTIG zieht in der vorliegenden Fallstudie daher strengere Auswahlkriterien heran: • Geruchserkennungstest: Es werden Punkte vergeben. Für jedes richtige Erkennen gibt es 2 Punkte (z. B. Rose, Ingwer, Zitronenmelisse), für eine allgemeine Beschreibung 1 Punkt (z. B. blumig, Gewürz, Zitrusduft). Ein erfolgreiches Bestehen wird im Verhältnis zu den jeweils verwendeten Riechstoffen festgelegt bzw. es werden die Tester in der Fähigkeit, Gerüche zu erkennen, gereiht. • Tests zur Erkennung der Grundgeschmacksarten: Süß, sauer und bitter müssen immer erkannt werden. Salzig und umami sind für Kräutertees nicht relevant, daher gibt es dafür keine Mindestanforderung. • Rangordnungsprüfungen süß/sauer/bitter: Da die Konzentrationsabstände groß sind, sollten alle richtig gereiht werden. Wenn bei einer der drei Geschmacksrichtungen ein benachbartes Probenpaar vertauscht wird, ist dies akzeptabel. • Einfach beschreibende Prüfung: Testpersonen sollen in der Lage sein, mehrere objektive Deskriptoren pro Tee zu nennen (z. B. bitter, blumig, scharf).

9.5 Planung Probenmaterial Folgende Prüfmaterialien sind nötig: 1. 10 Gerüche, die in Kräutertees häufig vorkommen und in Riechstiften applizierbar sind, z. B. ätherische Öle von Kräutern, Zitrusnoten, etc., 2. Geschmacksreferenzen Saccharose, Natriumchlorid, Koffein, Zitronensäure, Mononatriumglutamat, 3. 2 unterschiedliche Kräuterteeproben. Folgendes Geschirr ist nötig: 1. Riechstifte zum Befüllen 2. Laborwaage 3. Spatel oder Löffel zum Auswiegen 4. Gefäße zum Vorbereiten der Geschmackslösungen 5. Verkostungsbecher oder -gläser 6. Teekannen und Tassen 7. Wasserkrüge und Wassergläser

Literatur

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9.6 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung Die Proben müssen für 40 Personen vorbereitet und codiert werden. • Die Geschmackslösungen (Konzentrationen siehe Übungen 10, 12, 13, 15) können am Vortag hergestellt werden. Das ist für die Koffeinlösung sogar vorteilhaft, da sich Koffein schlechter in Wasser löst. • Die Riechproben werden am Morgen frisch befüllt. • Die Tees werden in standardisierter, konsumtypischer Konzentration vor jedem Auswahltesttermin frisch vorbereitet. • Codes für die Prüfgefäße werden am Vortag vorbereitet. Für die Probenvorbereitung gilt die gute Sensorikpraxis. Auch wenn kein auswertbares Ergebnis erzielt werden muss, muss die Probentemperatur der Tees gleich sein, um allen Personen gleiche Bedingungen für die einfach beschreibende Prüfung zu ermöglichen. Neben der Probenvorbereitung sind Prüfformulare herzustellen bzw. zu vervielfältigen. Kugelschreiber, Servietten, ein Wasserglas und Wasser müssen auf jedem Prüfplatz bereitgestellt werden.

9.7 Durchführung und Auswertung Die Kandidatinnen und Kandidaten erhalten eine kurze Erklärung über die Wichtigkeit der Auswahlverfahren und werden gebeten, dies möglichst ruhig und konzentriert auszuführen. Nach jedem Durchgang werden die Prüfplätze gereinigt, der Raum gelüftet, die frisch vorzubereitenden Proben vorbereitet. Die Ergebnisse werden mit den vorab definierten Mindestanforderungen verglichen. Nur wer die Mindestanforderungen erfüllt, kommt als Testperson infrage. Erfüllen mehr Personen als nötig diese Anforderungen, kann eine Auswahl der Besten erfolgen.

9.8 Weitere Schritte Die teilnehmenden Personen werden vom Ergebnis informiert. Testpersonen, die für das Panel ausgewählt wurden, werden zum Kick-off, zum ersten Paneltraining eingeladen.

Literatur DIN EN ISO 8586 (2014) Sensorische Analyse – allgemeiner Leitfaden für die Auswahl, Schulung und Überprüfung ausgewählter Prüfer und Sensoriker. Beuth Verlag, Berlin

Fallstudie 3: Lebensmittelhersteller – Planung eines Akzeptanztests von mit Kalzium angereichertem Orangensaft für die Zielgruppe 60+

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10

In diesem Kapitel wird anhand einer Fallstudie aus der Lebensmittelproduktion veranschaulicht, wie die Übungen aus Kap. 6–7 für die Planung eines Akzeptanztests von mit Kalzium angereichertem Orangensaft für die Zielgruppe 60+ anwendbar sind.

10.1 Hintergrund & Zielsetzung Mit hedonischen Prüfungen wird die subjektive Produktwahrnehmung durch Konsumenten ermittelt. Letztere werden entweder bei einem Produkttest befragt, oder sie werden bei der Auswahl oder beim Konsum beobachtet. Für die Befragung gibt es zwei Möglichkeiten: die Messung der absoluten Akzeptanz an einer hedonischen Skala oder die Ermittlung der Präferenz als relative Bevorzugung eines Produktes gegenüber einem oder mehreren anderen. In Übungen 9 und 10 (s. Abschn. 6.9 und 6.10) haben Sie den Akzeptanztest bereits mit Pesto und Apfelsaft, in Übung 11 (s. Abschn. 6.11) den Präferenztest mit Milch kennengelernt. Befragt werden immer Personen aus der Zielgruppe – das können Jugendliche sein, ältere aber noch zuhause lebende Menschen, alle Frauen über 50 o. Ä. Die Befragten müssen die Zielgruppe repräsentativ abbilden (z. B. bei der Zielgruppe „alle Frauen über 50“ dürfen nicht 3-mal so viel 50- bis 60-Jährige vorkommen wie Über-60-Jährige, auch nicht ausschließlich besonders ernährungsinteressierte oder ausschließlich überdurchschnittlich gebildete Frauen – sondern die Auswahl muss ein reales Abbild der Gruppe der Frauen über 50 sein). Die Befragung muss nicht nur an das Produkt, sondern auch an die Zielgruppe angepasst werden. So werden ältere Menschen gerne persönlich befragt, die Interviewer müssen ggf. laut sprechen, im Falle eines Fragebogens müsste die Schriftgröße entsprechend groß sein.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_10

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10  Fallstudie 3: Lebensmittelhersteller – Planung …

158

Kalzium ist ein kritischer Nährstoff, dessen Aufnahme bei Erwachsenen mit Ausnahme der 18- bis 25-jährigen Männer bei beiden Geschlechtern unter den Empfehlungen liegt (Rust et al. 2017). Im Sinne der Osteoporoseprävention ist die Kalziumversorgung auch im Alter wichtig. Der fiktive österreichische Fruchtsafthersteller SAFTIG möchte daher drei Sorten seiner Fruchtsäfte (Orange, Grapefruit, Multivitamin) mit Kalzium anreichern und speziell bei Älteren bewerben. Zielgruppe sind rüstige Seniorinnen und Senioren, die ihren Einkauf noch selbst tätigen bzw. Einkaufsentscheidungen selbst treffen.

10.2 Auswahl der Prüfmethoden Als Prüfmethode wird die Befragung in Form eines Akzeptanztests ausgewählt. SAFTIG möchte aber auch wissen, wann bzw. wie oft (Tageszeit, Anlass, Häufigkeit) sie den Saft konsumieren würden.

10.3 Auswahl des Prüfortes Da es sich um einen hedonischen Test handelt, kann dieser theoretisch als Labortest, als Central-Location-Test (CLT) oder als Home-Use-Test (HUT) durchgeführt werden. Die Entscheidung fällt ganz deutlich auf einen CentralLocation-Test, also einen Test an einem zentral gelegenen Ort. Das passt zur Art der Rekrutierung der Testpersonen (s. u.) und erlaubt die persönliche Befragung der Teilnehmer.

10.4 Rekrutierung der Testpersonen SAFTIG möchte Männer und Frauen im Alter von >60 bis 80 Jahren adressieren. Ein entsprechender Quotenplan nach Alter und Geschlecht wird erstellt (s. Tab. 10.1), der die österreichische Bevölkerung in dieser Altersgruppe repräsentiert. Da es sich um einen quantitativen Produkttest handelt, müssen als absolute Untergrenze 100 Testpersonen teilnehmen. Die Zahl hängt von Tab. 10.1  Quotenplan laut Bevölkerungsstand in Österreich (Statistik Austria)

Geschlecht

Alter 61–65-Jährige

66–70-Jährige

71–75-Jährige

76–80-Jährige

Frauen

16,9 %

13,6 %

12,4 %

10,6 %

Männer

16,1 %

12,1 %

10,4 %

8,1 %

10.5  Planung der Probenvorbereitung & -darreichung

159

• der Variabilität der Zielgruppe (die hier aufgrund des schmalen Alterssegments eher gering ist), • der statistischen Auswertung (z. B. ob Vergleiche zwischen den Geschlechtern angestrebt werden), • den finanziellen Möglichkeiten ab. SAFTIG möchte wissen, ob Frauen und Männer unterschiedlich auf die Säfte ansprechen, aber keine Analyse machen, ob die 61- bis 65-Jährigen anders als die 66- bis 70-Jährigen urteilen. Es wird entschieden, den Test mit 150 Personen durchzuführen. Weitere mögliche soziodemografische Auswahlkriterien (Stadt/Land, Familienstand, verfügbares Haushaltsbudget …) werden nicht berücksichtigt. Als Ort der Rekrutierung wendet sich SAFTIG an mehrere Seniorenvereine, wo sich ältere, rüstige Menschen, die sich selbst versorgen, regelmäßig an Nachmittagen treffen. Der Ort der Treffen soll auch als Testort für den CentralLocation-Test (CLT) dienen. Am Testort werden in einem separaten, ruhigen, hellen Raum zwei Tische aufgestellt. An je einem Tisch kann eine Person die Säfte testen, unter Beisein einer interviewenden Person, welche die Säfte einschenkt und die Fragen des Fragebogens dazu stellt. Mehr als 2 Personen sollten nicht gleichzeitig testen, da der Lärmpegel durch das Interview sonst zu groß wird. Der Untergrund (Tisch) soll hell sein, damit die Saftfarbe gut sichtbar ist. Ist die Tischoberfläche dunkel, werden Tischtücher daraufgelegt.

10.5 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung Mit der Probenvorbereitung von Getränken haben Sie sich bereits im Zuge der Übungen 5 (Milch), 6 (Near-Water-Getränke) und 7 (Wein) beschäftigt (s. Abschn. 7.5, 7.6 und 7.7). Jede Testperson bekommt alle drei Säfte zur Verkostung. Die Säfte werden: • • • •

raumtemperiert angeboten, frisch vor der Verkostung eingeschenkt, in drei gleichen, durchsichtigen Trinkgefäßen gereicht, in gleichen Mengen (50 ml) eingeschenkt.

Die Verkostung erfolgt branded, also unter Bekanntgabe der Marke, es ist daher keine Codierung der Gläser oder Becher nötig. Bei 3 Proben gibt es 6 mögliche Probenreihenfolgen (s. Tab. 10.2). Bei 150 Personen erhalten jeweils 25 Personen die gleiche Reihenfolge. Die Testpersonen erhalten vor der Verkostung Wasser als Durstlöscher, damit der erste Saft nicht aus etwaigen Durstgründen besser bewertet wird.

10  Fallstudie 3: Lebensmittelhersteller – Planung …

160 Tab. 10.2  Probenreihenfolgen für den Akzeptanztest

Probe 1

Probe 2

Probe 3

Orange

Grapefruit

Multivitamin

Orange

Multivitamin

Grapefruit

Grapefruit

Orange

Multivitamin

Grapefruit

Multivitamin

Orange

Multivitamin

Grapefruit

Orange

Multivitamin

Orange

Grapefruit

10.6 Erstellung des Fragebogens Die Entwicklung eines Fragebogens erfordert entsprechendes Know-how. Das ist in der Marketingabteilung von SAFTIG vorhanden, dennoch wird der Fragebogen einem Prätest unterzogen, d. h., dass drei Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen von SAFTIG den Test mit älteren Angehörigen durchführen und den Fragebogen ausfüllen. Die Befragung wird wie folgt aufgebaut: 1. Die Zielsetzung der Befragung wird erklärt. Das soll Vertrauen zwischen Interviewer und Interviewten herstellen. Die interviewende Person muss deutlich sprechen. 2. Instruktionen: Die Befragung wird zwar anhand eines strukturierten Fragebogens durchgeführt, dieser soll aber nicht selbst ausgefüllt, sondern von einer interviewenden Person übernommen werden. Bei der Zielgruppe der Älteren muss explizit darauf hingewiesen werden, dass keine Höflichkeitsurteile, sondern ehrliche Antworten erwünscht sind und nur solche Sinn machen. 3. Der Hauptteil besteht aus den Fragen des Akzeptanztests. – Grundsätzlich können offene und geschlossene Fragen gestellt werden. Ein Beispiel für eine offene Frage ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten ist „Welche Fruchtsaftanbieter kennen Sie?“ – die Interviewten zählen alle auf, die ihnen spontan einfallen. Ein Beispiel für eine geschlossene Frage mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten ist: „Ich lese Ihnen nun einige Fruchtsaftanbieter vor. Geben Sie bitte bei jeder Firma an, ob Sie diese kennen oder nicht: DURSTIG, FRUCHTIG, SAFTIG, …“. – Typische Fragen eines Akzeptanztests sind: Interesse am Produkt vor der Verkostung (mit Hinweis auf die Kalziumanreicherung), Gesamtakzeptanz, Akzeptanz von Aussehen/Geruch/Geschmack (siehe Übung 9 Akzeptanztest Pesto – s. Abschn. 6.9), Konsumanlässe, Konsumhäufigkeit (unter Angabe des Preises). Es ist auch möglich, wenige (5–7) Produkteigenschaften mittels CATA bewerten zu lassen. – Die hedonische Skala ist festzulegen (Punkteskala siehe Übung 9 [Abschn. 6.9] oder Linienskala siehe Übung 10 [Abschn. 6.10]; Skalenlänge. Da es

Literatur

161

sich um eine Befragung mit Interviewer handelt, ist die Skala in jedem Fall eine Punkteskala.). – Wichtig ist, dass die Befragung nicht zu lange dauert (max. 15 min für die drei Säfte), und dass abgefragt wird, was für das Unternehmen SAFTIG am wichtigsten ist. 4. Fragen zur Person: Hier werden nur das Geschlecht (weiblich, männlich, divers) und das Alter festgehalten. 5. Bedankung für die Teilnahme. SAFTIG schenkt allen Testpersonen einen Gutschein für drei Packungen Saft. Da geschulte Interviewer vor Ort sind, wird die Befragung computerunterstützt mithilfe von Tablets vorgenommen. So ist keine Übertragung der Daten von Papierfragebögen in ein Datenfile nötig.

10.7 Planung der statistischen Datenauswertung SAFTIG möchte wissen, wie gut die Säfte mit Kalzium bewertet werden. Dafür werden die mittleren Akzeptanzen für die Säfte berechnet. Mittels Varianzanalyse und multiplem Paarvergleich (Duncan’s Multiple Range Test) wird getestet, ob es signifikant unterschiedliche Vorlieben zwischen den Produkten gibt. Auch unterschiedliche Bewertungen der Geschlechter lassen sich damit untersuchen – dies wurde bereits bei der Anzahl der Testpersonen berücksichtigt. Als Signifikanzniveau wird ein Alpha von 5 % festgelegt. Konsumanlässe werden nach Häufigkeit gereiht. Etwaige offene Fragen werden qualitativ ausgewertet.

Literatur Rust P, Hasenegger V, König J (2017) Österreichischer Ernährungsbericht 2017. https:// broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=528. Zugegriffen: 28. Okt. 2022

Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung des sensorischen Mindesthaltbarkeitsdatums bei einem neuen Produkt



11

In diesem Kapitel wird anhand einer Fallstudie aus der Lebensmittelproduktion veranschaulicht, wie die Übungen aus Kap. 4, 6 und 7 für die Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung des sensorischen Mindesthaltbarkeitsdatums bei einem neuen Produkt anwendbar sind.

11.1 Hintergrund & Zielsetzung Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) gibt an, wie lange ein Lebensmittel bei sachgemäßer Lagerung uneingeschränkt verzehrtauglich ist, ohne die Gesundheit zu gefährden und gleichzeitig seine speziellen Eigenschaften, darunter auch sensorische, behält. Es ist damit klar vom Verbrauchsdatum, einem Verfalldatum für leicht verderbliche Lebensmittel, zu unterscheiden (s. Übung 25 in Abschn. 4.25). Das MHD wird vom jeweiligen Produzenten in Eigenverantwortung festgesetzt. Da der Hersteller ein einwandfreies Produkt garantieren muss und die Produktbehandlung durch den Konsumenten (mit Transportwegen, Bewegung des Produktes und kurzen Unterbrechungen der Kühlkette auf dem Heimweg) immer von firmeninternen Rückstellmustern abweicht, werden entsprechende Sicherheitsabschläge vorgenommen. Das heißt, dass die im Zuge von MHD-Tests ermittelte Lagerdauer verkürzt wird, um diesem Alltagshandling Rechnung zu tragen. Das MHD muss bei neuen Produkten festgelegt werden, wird aber auch bei bestehenden Produkten regelmäßig überprüft, besonders wenn Qualitätsschwankungen auftreten oder Rohstofflieferanten gewechselt werden. Das MHD bezieht sich immer auf die Lagerfähigkeit des original verschlossenen Produktes. Sobald das Produkt geöffnet wurde, spricht man vom „secondary shelf life“. In der vorliegenden fiktiven Fallstudie soll ein neuer Snack, extrudierte Hirsestangen mit Sesam, gelauncht werden. Dafür ist das MHD festzulegen. Der

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_11

163

11  Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung …

164

Hersteller KNUSPRIG hat bereits mehrere extrudierte Artikel im Sortiment, keines jedoch mit Sesam.

11.2 Planung der Sensoriktests Abb. 11.1 zeigt, welche Überlegungen im Vorfeld getroffen werden müssen. Produkte  Die Prüfmuster werden bei jedem Prüfzeitpunkt mit einer Referenz verglichen – dies kann ein frisch produziertes Produkt oder ein gelagertes Produkt, das sich unter den Lagerbedingungen nicht oder nur marginal verändert, sein. Alternativ könnte das Produkt zum jeweiligen Prüfzeitpunkt mit den Ergebnissen einer deskriptiven Analyse des frischen Produktes oder mit Daten aus Konsumententests verglichen werden (Derndorfer 2016). Bei stärkeren Produktschwankungen ist die Prüfung mehrerer Chargen empfehlenswert. Lagerbedingungen  Es kann sich um einen Real-Shelf-Life-Test (RSLT) oder einen Accelerated-Shelf-Life-Test (ASLT) handeln. Der RSLT ist ein Lagertest unter definierten realistischen Bedingungen – die meisten MHD-Tests sind RSLT. Beim ASLT werden die Lagertemperatur hingegen erhöht, die Alterung des Produktes dadurch beschleunigt und die Testlaufzeit entsprechend verkürzt (Krämer 2021). ASLT werden manchmal bei Produkten mit erwartbarem langem MHD durchgeführt. Das MHD kann damit grob geschätzt werden. Da unüblich hohe Lagertemperaturen auch unerwünschte Reaktionen initiieren oder beschleunigen können, kann es bei ASLT zur Entstehung von Produktfehlern kommen, die bei herkömmlicher Lagerung nicht passieren. Beispiele sind die Destabilisierung einer Emulsion oder das Auftauen und Schmelzen von tiefgekühlten Produkten (Derndorfer et al. 2021). Testdesign Produkte

Lagerungsbedingungen

Lagerdauer

Sensorikmethode

Prüfpersonen

Statistik

Prüfproben

Temperatur

Zeitpunkt „0“

Auswahl

Referenzproben

Ggf. Temperaturschwankung

Gesamte Prüfzeit

Unterschiedsprüfungen

Planung im Vorfeld

Probenmenge kalkulieren!

Luftfeuchtigkeit Bewegung

UND/ODER Deskriptive Prüfungen UND/ODER

Ggf. Schulung

Auswertung & Interpretation Prüfbericht

Hedonische Prüfungen

Abb. 11.1  Testdesign für MHD-Tests (© Eva Derndorfer 2022.All Rights Reserved)

11.2  Planung der Sensoriktests

165

Lagerdauer  Um ausreichend Proben einzulagern, muss die gesamte Testlaufzeit im Vorfeld geplant werden, d. h., die zu erwartende Mindesthaltbarkeit wird abgeschätzt und der Beurteilungszeitraum muss über das geschätzte MHD hinausgehen. Ausgangszeitpunkt oder Zeitpunkt „0“ sowie die Prüfintervalle müssen bereits vor Beginn der Untersuchungen festgelegt werden. Sensorikmethode  Laut DIN ISO 16779 (2015) sind Unterschiedsprüfungen, deskriptive Analysen oder hedonische Konsumententests für MHD-Tests geeignet. Meist werden jedoch Unterschiedsprüfungen oder deskriptive Analysen gewählt. Konsumententests können durchgeführt werden, um zu eruieren, wann eine vorab definierte Akzeptanzuntergrenze unterschritten wird. Auch eine Kombination von Methoden ist möglich. Prüfpersonen  Die Wahl der Prüfpersonen hängt von der gewählten Sensorikmethode an. Statistik  Die Festlegung des MHD erfolgt nicht willkürlich, sondern es wird im Vorfeld festgelegt, welche Kriterien erfüllt sein müssen (z. B. das MHD ist erreicht, sobald ein signifikanter Unterschied zum frischen Produkt vorliegt oder wenn die Akzeptanz an der hedonischen Skala unter einen bestimmten Wert fällt). In der wissenschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Ansätze zur Ermittlung des MHD gewählt. Roda und Lambri (2019) untersuchten über einen Zeitraum von 18 Monaten Schokoladen und überprüften die Veränderungen im 18-Wochen-Intervallen. Daraus resultierten 5 Prüfzeitpunkte – der Zeitpunkt „0“ unmittelbar nach der Produktion sowie die Zeitpunkte 1, 2, 3 und 4. Die Lagerbedingungen simulierten jene des Lebensmittelhandels. Als sensorische Analysemethode wurde eine deskriptive Methode mit trainiertem Prüfpanel gewählt. Kreuml et al. (2013) untersuchten Kaffee ebenfalls über einen Zeitraum von 18 Monaten, jedoch nur zu 3 Zeitpunkten: zum Zeitpunkt „0“ = frisch geröstet sowie nach 9 und nach 18 Monaten. Auch hier wurde eine deskriptive Analyse durchgeführt. Johnson et al. (2015) führten bei Verpackungsänderung einer länger frische Milch („extended shelf life milk“) Dreieckstests (eine Unterschiedsprüfmethode) mit untrainierten Testpersonen durch. Hough et al. (1999) wählten für Ricotta eine Methode aus der Qualitätskontrolle, den sogenannten Differencefrom-Control-Test, bei dem anhand einer Skala bewertet wird, ob überhaupt ein Unterschied zwischen dem Lagerprodukt und einer Referenz vorhanden ist (Skalenwert 0 = kein Unterschied) bzw. wie groß ein potenzieller Unterschied ausfällt (in diesem Fall von 1 = sehr geringer Unterschied bis 6 = sehr großer Unterschied). KNUSPRIG plant in unserer Fallstudie Folgendes: • Prüfproben: Eine Charge des frisch produzierten Produktes wird eingelagert und in entsprechenden Intervallen getestet.

166

11  Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung …

• Referenz: Die Referenz ist im Falle KNUSPRIG zu jedem Prüfzeitpunkt ein frisch produziertes Produkt. • Lagerbedingungen: Diese entsprechen den üblichen Lagerbedingungen für die Produktkategorie – trocken und bei Raumtemperatur. • Lagerdauer: KNUSPRIG orientiert sich bei dieser Einschätzung sowohl an eigenen extrudierten Snacks als auch an Konkurrenzprodukten, die neben Getreide oder Pseudocerealien auch Ölsaaten enthalten. • Prüfintervalle: Als Ausgangszeitpunkt oder Zeitpunkt „0“ wird vom Unternehmen ein Tag nach der Produktion festgelegt. Getestet wird zum Zeitpunkt 0, 25, 50, 75, 100 und 125 % der erwarteten Mindesthaltbarkeit • Die Probenmenge wird entsprechend kalkuliert, abhängig von Methode und Anzahl der Testpersonen (s. u.). • Auswahl der Prüfmethoden: KNUSPRIG plant zu jedem Prüfzeitpunkt (nach 25, 50, 75, 100 und 125 % des vorab geschätzten MHD, s. o.) Unterschiedsprüfungen, und im Falle eines signifikanten Unterschieds zu einem Prüfzeitpunkt werden zusätzlich deskriptive Prüfungen herangezogen (s. Kap. 3). • Statistik: Es wird ermittelt, ab welcher Lagerdauer ein signifikanter Unterschied zwischen dem eingelagertem Testprodukt und der Referenz vorliegt. Liegt zu einem Prüfzeitpunkt kein signifikanter Unterschied zwischen Testprodukt und Referenz vor, sind bis zum nächsten Testintervall keine weiteren Schritte nötig. Liegt ein signifikanter Unterschied vor, wird dieser im Anschluss mit deskriptiven Methoden charakterisiert. • Prüfpersonen: KNUSPRIG hat ein firmeninternes, bereits etabliertes Prüfpanel aus 12 Personen, das zur Analyse des MHD eingesetzt werden soll. Sowohl zur Auswahl als auch zur Schulung von Panels finden Sie zahlreiche Übungen in diesem Buch (s. Kap. 4)..Die Testpersonen werden nicht vom Hintergrund der sensorischen Prüfung informiert. Unterschiedsprüfungen haben wir bisher nur in der Theorie (s. Kap. 3) kurz angesprochen, im Selbststudium sind sie als Übung schwer durchführbar. Im Zuge dieser Fallstudie lernen Sie daher, worauf es bei der Durchführung von Unterschiedsprüfungen ankommt und wie diese ausgewertet werden. Grundsätzlich soll mit Unterschiedsprüfungen herausgefunden werden, ob sich zwei sehr ähnliche Proben signifikant voneinander unterscheiden. Dafür gibt es eine ganze Reihe an Testmethoden. Die mit Abstand verbreitetste ist jedoch der Dreieckstest. Beim Dreieckstest erhalten die Testpersonen 3 Proben gleichzeitig vorgelegt – 2 davon sind gleich, 1 ist abweichend. Die abweichende ist zu identifizieren. Die Art des Unterschieds wird nicht bewertet – es geht ausschließlich darum, ob ein Unterschied zwischen den Proben erkannt wird oder nicht (s. Abb. 11.2). Die Hälfte der Prüfpersonen erhält die Referenz als abweichende Probe und die gelagerte Probe doppelt. Die andere Hälfte der Prüfpersonen erhält die Lagerprobe als abweichende Probe und die Referenzprobe doppelt. Die Testpersonen werden nicht darüber informiert, dass es sich um einen Lagertest handelt. Eine Aufstellung der Probenreihenfolgen finden Sie in Tab. 11.1.

11.2  Planung der Sensoriktests

167

Name: _______________________

Datum: ____________________

Dreieckstest Sie erhalten 3 Proben, wovon 2 idensch sind. Bie testen Sie die Proben von links nach rechts und kreuzen Sie die abweichende Probe an. Sie müssen sich für eine Probe entscheiden! 207

386

415







Abb. 11.2  Prüfformular Dreieckstest  (C) Eva Derndorfer 2022. All Rights Reserved) Tab. 11.1  Probenreihenfolge Dreieckstest (Auszug)

Person

365

527

804

1

Referenz

Referenz

Prüfprobe

2

Referenz

Prüfprobe

Referenz

3

Prüfprobe

Referenz

Referenz

4

Referenz

Prüfprobe

Prüfprobe

5

Prüfprobe

Referenz

Prüfprobe

6

Prüfprobe

Prüfprobe

Referenz

7

Referenz

Referenz

Prüfprobe

8

Referenz

Prüfprobe

Referenz

9

Prüfprobe

Referenz

Referenz

10

Referenz

Prüfprobe

Prüfprobe

11

Prüfprobe

Referenz

Prüfprobe

12

Prüfprobe

Prüfprobe

Referenz

Da es beim Dreieckstest 6 mögliche Probenreihenfolgen gibt, ist eine Vielzahl von 6 Prüfpersonen anzustreben. Für das 12-köpfige Panel von KNUSPRIG bedeutet das, dass jede Testperson 2 Probensets erhält. Zwar kann ein Dreieckstest theoretisch auch mit weniger Testpersonen durchgeführt werden, eine gewisse Mindestzahl an Beobachtungen ist jedoch wichtig, um einen Unterschied zu detektieren, ganz im Sinne von „absence of evidence is not evidence of absence“. Bei einem Test mit 6 Prüfpersonen müssten 5 die abweichende Probe entdecken, bei 24 Personen 13.

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11  Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung …

11.3 Planung der Probenvorbereitung & -darreichung Für die Probenvorbereitung bedeutet das, dass die Personen zwar alle dieselben drei Codes erhalten, aber bei jedem Set ist vorab auf dem Verkostungsteller eine Nummer anzubringen, damit die Probenreihenfolge der jeweiligen Testperson zuordenbar ist. Die Probenvorbereitung erfolgt entsprechend der guten Sensorikpraxis, wie in Übungen 1–8 (s. Abschn. 7.1–7.8) geübt: • • • • •

gleiche, durchsichtige Prüfgefäße, gleiche und ausreichende Probenmenge, gleiche Probentemperatur – in diesem Fall Raumtemperatur, repräsentative Probennahme, blinde Darreichung, mit 3-stelligen Zufallszahlen codiert.

11.4 Planung der statistischen Datenauswertung Die statistische Auswertung für den Dreieckstest ist simpel und erfolgt anhand des Vergleichs mit einem Tabellenwert (s. Tab. 11.2). Bei 24 Sets muss 13-mal die abweichende Probe richtig erkannt oder erraten werden, damit ein signifikanter Unterschied auf Basis einer 5-%-Irrtumswahrscheinlichkeit vorliegt. Haben weniger Personen die abweichende Probe identifiziert, liegt kein signifikanter Unterschied vor.

11.5 Auswahl des Prüfortes Als objektive Analyse soll es ein Sensoriklabor oder ein entsprechend adaptierter Prüfraum sein, in dem die Personen ungestört kosten können. Die Probenvorbereitung muss in einem separaten Raum stattfinden, die Testpersonen erhalten keine Hintergrundinformationen zum Hintergrund des Tests oder zu den Proben.

11.6 Nächste Schritte Nach erfolgreicher Planung werden nun in jedem Prüfintervall Dreieckstests durchgeführt. Liegt kein signifikanter Unterschied vor, ist das MHD noch nicht erreicht. Liegt ein signifikanter Unterschied vor, führt KNUSPRIG eine beschreibende Analyse (z. B. CATA – s. Übungen 3 und 4 in Abschn. 6.3 und 6.4, in diesem Fall jedoch inkl. Fehlerattributen wie alt und ranzig) durch, um die Art des Unterschieds zu charakterisieren. Die finale Festlegung des MHD basiert auf sensorischen, chemischen und mikrobiologischen Analyseergebnissen. Der Prüfbericht enthält folgende Punkte (Auszug aus DIN ISO 16779):

11.6  Nächste Schritte

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Tab. 11.2  Auswertung Dreieckstest

n (= Anzahl Tester bzw. Sets)

Mindestanzahl „Richtige“ für signifikanten Unterschied (α = 5  %)

3

3

4

4

5

4

6

5

7

5

8

6

9

6

10

7

11

7

12

8

13

8

14

9

15

9

16

9

17

10

18

10

19

11

20

11

21

12

22

12

23

12

24

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1. Hintergrund/Ziel/Zweck der Prüfung 2. Art, Anzahl und Menge der Prüfmuster 3. Art, Anzahl und Menge der Referenzmuster 4. Ausgangszeitpunkt, gesamte Testdauer, Prüfintervalle 5. Lagerbedingungen 6. Sensorikmethode 7. Ergebnisse der sensorischen Prüfung 8. Anzahl und Qualifikation der Prüfpersonen 9. Name und Unterschrift des Prüfleiters/der Prüfleiterin 10. Prüfdatum

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11  Fallstudie 4: Erstellung eines Testdesigns zur Ermittlung …

Literatur Derndorfer E (2016) Lebensmittelsensorik, 5. Aufl. Facultas, Wien Derndorfer E, Fenkes A, Krämer B (2021) Haltbarkeitstests aus sensorischer Sicht. Teil 2: beschleunigte Lagertests/ASLT (Accelerated Shelf Life Testing und indirekte Methoden). DLG-Expertenwissen 5. https://www.dlg.org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/ publikationen/expertenwissen/lebensmittelsensorik/2021_5_Expertenwissen_Haltbarkeitstests_Teil2_IT.pdf DIN ISO 16779 (2015) Sensorische Analyse – Beurteilung (Ermittlung und Überprüfung) der Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln. Beuth Verlag, Berlin Hough G, Puglieso ML, Sanchez R et al (1999) Sensory and microbiological shelf-life of a commercial Ricotta cheese. J Dairy Sci 82:454–459 Johnson DS, Duncan SE, Bianchi LM et al (2015) Packaging modifications for protecting flavor of extended-shelf-life milk from light. J Dairy Sci 98:2205–2214 Krämer B (2021) Haltbarkeitstests aus sensorischer Sicht Teil 1: Sensory Shelf Life Testing (SSLT) – Einführung und Methodenüberblick. DLG-Expertenwissen 4. https://www.dlg. org/fileadmin/downloads/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen/lebensmittelsensorik/2021_4_Expertenwissen_Haltbarkeitstests_Teil1.pdf Kreuml MT, Majchrzak D, Ploederl B et al (2013) Changes in sensory quality characteristics of coffee during storage. Food Sci Nutr 1:267–272 Roda A, Lambri M (2019) Changes in antioxidants and sensory properties of italian chocolates and related ingredients under controlled conditions during an eighteen-month storage period. Nutrients 11:2719

Fallstudie 5: Planung einer virtuellen Genussschulung zum Thema Geruch



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In diesem Kapitel wird anhand einer Fallstudie zu einem Webinarkonzept für eine Genussschulung veranschaulicht, wie die Übungen aus Kap. 4–6 in der beruflichen Praxis in Ernährungswissenschaft, Diätologie und Sensorik anwendbar sind.

12.1 Hintergrund & Zielsetzung Mit der COVID-19 Pandemie sind Webinare, also virtuelle Schulungen und Seminare, zur Normalität geworden – auch in der Sensorik. Das ungestörte Verkosten zuhause bietet zahlreiche Vorteile (s. Kap. 1). Virtuelle Genussschulungen verbinden das individuelle Verkosten und den anschließenden virtuellen Erfahrungsaustausch mit anderen Workshopteilnehmern. Der Genuss ist ein wesentliches Fundament der Lebensmittelsensorik. Unternehmen zielen darauf ab, Produkte zu entwickeln, die bei Konsumentinnen und Konsumenten auf Anklang stoßen, und mit hedonischen Prüfungen sollen beliebte Proben identifiziert werden. Genießen erzeugt aber generell Wohlbefinden und positive Emotionen. Genussschulungen, die sich nicht an Fachpersonal, sondern an Privatpersonen richten, können daher mehr als nur sensorische „Bespaßung“ sein – sie sind ganz nebenbei eine gesundheitsfördernde Maßnahme, ohne den Begriff der Gesundheit überhaupt zu erwähnen oder gar zu strapazieren. Was können Genussschulungen für Gesunde bewirken? Vor allem • • • • •

eine Steigerung der Aufmerksamkeit, das Entdecken neuer individueller Genüsse, mehr Offenheit für neue Lebensmittel, die Entwicklung oder Verstärkung des Qualitätsbewusstseins, eine Schulung des sensorischen Gedächtnisses.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7_12

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12  Fallstudie 5: Planung einer virtuellen Genussschulung …

Das österreichische forum.ernährung heute führte 2009/10 online Interviews zur Genussfähigkeit der Österreicherinnen und Österreicher zwischen 14 und 69 Jahren durch. Dabei schätzte sich der Großteil der Befragten als Genießer ein – viele davon entpuppten sich bei detaillierter Betrachtung allerdings als Genusszweifler, als ambivalente Genießer, deren Genuss aus unterschiedlichen Gründen von schlechtem Gewissen begleitet ist. Gleichzeitig ergab die Befragung, dass Genießer mehr Obst und Gemüse und insgesamt abwechslungsreicher aßen als Genusszweifler und Genussunfähige. Sie hörten mehr auf ihren Körper und hatten die größten Chancen auf ein normales Körpergewicht (Gruber 2009). Genussschulungen sind aber auch ein wichtiges therapeutisches Konzept in der Verhaltenstherapie und werden bei Depressionen, Schmerzstörungen, Erschöpfungssyndrom, Essstörungen, psychosomatischen Erkrankungen u. v. m. eingesetzt (Handler 2009). Ziel der vorliegenden (fiktiven) Fallstudie ist die inhaltliche Planung einer virtuellen Genussschulung für Endverbraucher, die im Zuge einer Ernährungsberatung auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht werden. Sie wird als Reihe in 5 Teilen zu je 1,5–2 h konzipiert und jeweils einem Sinn – Sehsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn, Hautsinne, Gehörsinn – gewidmet. Dieser Beitrag greift ausschließlich das Modul Geruch heraus. Administrative Aspekte (Anmeldeformalitäten etc.) werden an dieser Stelle nicht besprochen.

12.2 Information an Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen Sensorikwebinare können erfolgen, indem Proben vorab versandt werden. Bei Genussschulungen geht es jedoch nicht darum, exakt die gleiche Produktcharge vor sich zu haben, daher genügt es, Einkauflisten zu verschicken. Da die Verkostungen synchron, jedoch an individuell gewählten Orten stattfinden, erhalten die teilnehmenden Personen: • eine Liste mit Lebensmitteln, die besorgt oder aus den eigenen Vorräten entnommen werden müssen, • eine Liste mit sonstigem Material/Geschirr, das vor Seminarbeginn bereitzustellen ist, • Seminarunterlagen und etwaige Verkostungsformulare zum Ausdrucken, • Hinweise auf Zubereitungsschritte vor Seminarbeginn (z. B. ggf. Zwiebel rösten für Übung 1 (s. Abschn. 5.1) 26 Food Pairing, um damit keine Seminarzeit zu verbrauchen). Einwandfreie Basisqualität von Lebensmitteln ist eine Grundvoraussetzung für Genuss. Besonders gute Qualität ermöglicht ultimative Genüsse, bedingt sie aber nicht automatisch. Individuelle Genüsse liegen oft im Einfachen (Derndorfer 2011). Bei der Lebensmittelauswahl wird daher gezielt auf „normale Genüsse“ gesetzt.

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12.3  Inhaltliches Programm

12.3 Inhaltliches Programm Abb. 12.1 gibt einen Überblick über die Programmpunkte. 1. Vorstell- & Aufwärmrunde: Kennenlernen, Erwartung an das Seminar, Sammlung an spontanen Assoziationen zum Geruchssinn, etwaige besonders eindrucksvolle Geruchserlebnisse; 2. Kurzpräsentation zum Geruchssinn (s. Kap. 2, Abschn. 2.2), um die Seminarteilnehmer zu informieren und einzustimmen; 3. 5 Übungen zum Geruchssinn; 4. Abschlussrunde: Zusammenfassung, offene Fragen, Feedback. In Kap. 4, 5 und 6 finden Sie zahlreiche Übungen zum Geruchssinn. Folgende werden für das Webinar ausgewählt: • Übung 5 (Kap. 4) Demonstration des retronasalen Geruches – mit Zimtzucker (s. Kap. 4, Abschn. 4.5); • Übung 8 (Kap. 4) Aromawahrnehmung bei unterschiedlichen Temperaturen – wahlweise mit Tee oder Kaffee (s. Kap. 4, Abschn. 4.8); • Übung 9 (Kap. 4) Aromawahrnehmung bei befeuchteter Riechschleimhaut (s. Abschn. 9.1, Abschn. 4.9); • Übung 1 (Kap. 5) Food Pairing – Harmonie durch gemeinsame Aromen – die Auswahl der in Übung 1 (Kap. 5) aufgelisteten Paare erfolgt nach Saisonalität, es werden 2 Paare ausgewählt (s. Kap. 5); • Übung 2: Methode einfach beschreibende Prüfung mit Honig – Beschreibung des Geruches (s. Abschn. 6.2). Die Übungen werden jeweils zuerst erklärt, dann durchgeführt und anschließend gemeinsam besprochen. Bei der Food-Pairing-Übung werden im Anschluss an die Übung auch die vorherigen Erwartungen der Teilnehmer an das jeweilige Pairing besprochen. War jemand skeptisch und wurde positiv überrascht? Hatte jemand eine große Erwartung an eine Kombination und wurde enttäuscht? Mundet ein Bestandteil alleine nicht, in Kombination aber doch? Sind die gekosteten Paare mehrheitsfähig innerhalb der Teilnehmergruppe? Was bei der Planung zur berücksichtigen ist: Zeitplan • Wie viel Zeit ist für welchen Programmpunkt nötig?

Vorstell- & Aufwärmrunde

Theorie zum Geruchssinn

Abb. 12.1  Ablauf Genusswebinar

Übungen zum Geruchssinn

Abschlussrunde

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12  Fallstudie 5: Planung einer virtuellen Genussschulung …

• Wie viele Übungen gehen sich stressfrei aus? Dabei ist zu berücksichtigen, dass Personen unterschiedlich schnell verkosten. Wird ggf. etwas weggelassen, falls eine Übung samt Diskussion länger dauert als erwartet? • Wie wird gewährleistet, dass alle Personen ausreichend Zeit fürs Verkosten haben (z. B. Handzeichen geben, wenn man fertig ist/Kamera beim Verkosten ausschalten und wieder einschalten, wenn man fertig gekostet hat und bereit für die Besprechung ist)? Teilnehmerzahl • Sinnvolle maximale Personenzahl festlegen: Es ist spannend zu sehen, ob ein Pairing mehrheitsfähig ist, es soll aber gleichzeitig jede Person mitdiskutieren können. Lebensmittel • Gängige, leicht erhältliche Lebensmittel: Niemand möchte für die Probenbeschaffung in fünf Geschäften einkaufen. • Rasche Probenvorbereitung muss im Zuge des Seminars möglich sein. Interaktive Online Tools • Welche Art des Webkonferenzsystems, • unterstützende webbasierte Tools.

Literatur Derndorfer E (2011) Genuss. Über Epikur, Erdmandeln und Experimente beim Essen. Maudrich, Wien Gruber M (2009) https://www.forum-ernaehrung.at/artikel/detail/news/detail/News/erstesoesterreichisches-genussbarometer/. Zugegriffen: 21. Febr. 2022 Handler B (2009) http://www.genusstraining.at/bilder/PSY_01_09.pdf. Zugegriffen: 21. Febr. 2022

Stichwortverzeichnis

A Adaption, 10, 39, 43, 58 Akzeptanz, 16, 23, 24, 38, 41, 80, 117, 121, 123, 125, 157, 165 Akzeptanztest, 116, 118, 123, 135, 145, 157, 158, 160 B Blindverkostung, 5, 23, 30, 123 C Carrier, 132 CATA, 23, 103, 104, 107, 125, 130, 131, 143–149, 160, 168 Cremig, 71 Crossmodale Interaktion, 91 D Deskriptive Prüfmethode, 97, 98, 103 Deskriptoren, 4, 34, 100, 103, 104, 108, 132, 143–145, 148, 154 Dreieckstest, 166–169 E Einfach beschreibende Prüfung, 23, 25, 69, 97–100, 102, 144, 145, 147, 153–155, 173 Erkennungstest, 44 F Farbsehen, 3, 7, 8, 27 Fernsinn, 7, 10, 17, 39

Food Contrasting, 80 Food Pairing, 26, 79, 80, 84, 92, 172, 173 G Gaumenneutralisation, 38, 58, 59, 61, 93, 101, 104, 130, 147 Gaumenneutralisationsmittel, 26, 58, 59, 61, 98, 129 Grundgeschmacksarten, 10, 14, 15, 44, 46, 153, 154 Grundgeschmacksrichtung, 46, 84 Gute Sensorikpraxis, 129, 168 H Habituation, 39 Harmonie, 79, 84, 86, 93, 173 Hautsinne, 16, 17, 72, 153, 172 Hedonische Prüfung, 157, 171 Hedonische Skala, 23, 80, 117, 157, 165 K Kokumi, 14 L Linienskala, 38, 66, 121, 160 M Map, 115 Matching-Test, 44, 153, 154 Mindesthaltbarkeitsdatum, 76, 163 Mixture Suppression, 62 Multimodal, 89

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an SpringerVerlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 E. Derndorfer, Praxiswissen Lebensmittelsensorik, https://doi.org/10.1007/978-3-662-66507-7

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176 N Nahsinn, 10, 16 Nervus trigeminus, 11, 17, 73 O Orthonasal, 9, 36, 37 P Panel, 8, 14, 34, 98, 151, 152, 155, 167 Präferenz, 23, 117, 121–123, 157 Präferenztest, 121–124, 157 Probendarreichung, 2 Probenvorbereitung, 2, 4, 26, 30, 40, 41, 43, 47, 49, 51, 53, 59, 62, 65, 98, 100, 104, 107, 110–112, 115, 129–139, 145, 147, 153, 155, 159, 168, 174 Projective Mapping, 23, 24, 115 Pronasal, 9

Stichwortverzeichnis Rangordnungsprüfung, 22, 23, 70, 154 Rangordnungsprüfungen, 48 RATA, 145 Referenzen, 10, 17, 28, 34, 74, 98 Retronasal, 9, 15, 36–38, 68, 100, 113, 173 Rezeptoren, 17 S Schärfe, 3, 17, 33, 59, 61, 93, 103, 145 Schnellmethoden, 2, 4, 23, 103, 143 Sensorische Beschreibung, 2 Sorting, 23, 24, 107–110, 112, 115 T Terroir, 33, 141–143, 149 Trigeminal, 9, 12, 13, 17, 39, 73, 74, 91

Q Q-Sorting, 24, 112, 115 Qualitätskontrolle, 1, 25, 27, 103, 165

U Umami, 10, 11, 13–15, 17, 18, 45, 46, 59, 65, 84, 86, 154 Unimodal, 89 Unterschiedsprüfung, 22, 135, 153, 165, 166

R Rangordnung, 23, 48, 50, 52, 53, 117, 123, 153

V Verkostungstechnik, 33, 35, 37, 42, 64–66, 68, 104