Phonetik des Deutschen: Eine kontrastiv deutsch-niederländische Beschreibung für den Zweitspracherwerb 9783111556925, 9783111186542


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German Pages 131 [132] Year 1990

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Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
1. BAU UND FUNKTION DER SPRECHORGANE
2. ORTHOGRAPHIE UND AUSSPRACHE
3. DIE SPRECHLAUTE DES DEUTSCHEN
4. ASSIMILATION UND SANDHI
5. PROSODIE
6. PHONOLOGIE
7. GEOGRAPHIE DER AUSSPRACHE (DIALEKTOLOGIE)
8. AKUSTISCHE PHONETIK
9. AUSSPRACHEPRAXIS
LITERATURVERZEICHNIS (Auswahlbibliographie)
SACHINDEX
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Phonetik des Deutschen: Eine kontrastiv deutsch-niederländische Beschreibung für den Zweitspracherwerb
 9783111556925, 9783111186542

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Phonetik des Deutschen

Abraham P. ten Cate und Peter Jordens

Phonetik des Deutschen Eine kontrastiv deutsch-niederländische Beschreibung für den Zweitspracherwerb

1990 FORIS PUBLICATIONS Dordrecht - Holland/Providence RI - U.S.A.

Published by:

Foris Publications Holland P.O. Box 509 3300 AM Dordrecht, The Netherlands Distributor for the U.S.A.

and Canada:

Foris Publications USA, Inc. P.O. Box 5904 Providence RI 02903 U.S.A.

ISBN 90 6765 494 9 © 1990 Foris Publications - Dordrecht No part of this publication may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopy, recording, or any information storage and retrieval system, without permission from the copyright owner.

INHALTSVERZEICHNIS

1 Bau und Funktion der Sprechorgane 1 2 3 4 2

Orthographie und Aussprache 1 2

3

Die Lunge Der Kehlkopf: Aufbau und Funktion Das Ansatzrohr Übungsfragen

Entsprechungen zwischen Orthographie und Aussprache Phonetische Transkriptionszeichen

Die Sprechlaute des Deutschen 1 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1

2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.3 3 3.1 3.2 3.3

3.4 3.5 3.6 3.7

Vokale und Konsonanten Vokale Einteilungsprinzipien Einteilung der einfachen Vokale (Monophthonge) Einteilung der Diphthonge (Zwielaute) Die Halbvokale [l ] und [y ] Die einzelnen Vokale Einfache Vokale i-Laute, y-Laute, e-Laute, ö-Laute, u-Laute, o-Laute, a-Laute, die Vokale [A] und [A] Diphthonge Halbvokale Diagramme der deutschen und der niederländischen Vokale Vergleichende Übersicht: Ausspracheregeln der einfachen Vokale im Deutschen und im Niederländischen Übungsfragen zu den Vokalen Konsonanten Einteilungsprinzipien Schema der deutschen und der niederländischen Konsonanten Die einzelnen Konsonanten [b] und [p], [d]-[t], [g]-[k], Aspiration der Tenues,[|], [m]-[n]-[ij], [I], [r/R], [v]-[f], [z]-[s], [ S ]-[J], [j]-[Ç]-[Y]-[x], [h] Konsonantenverbindungen Auslautverhärtung Sonorität Übungsfragen zu den Konsonanten

4 Assimilation und Sandhi 1 2 3 5

Prosodie 1 2 3 4

6

Silbe und Morphem Der Wortakzent Die Satzintonation Übungsfragen

Phonologie 1 2 3

7

Einige Assimilations- und Sandhierscheinungen Einteilungkriterien der Assimilationserscheinungen Übungsfragen

Sprachliche Kommunikation Kommunikative Funktion der Sprachlaute: Phonemanalyse Übungsfragen

Geographie der Aussprache (Dialektologie) 1 2

Die Einteilung der deutschen Dialekte Sprachschichten und Soziolinguistik

8 Akustik 1 2 9

Tonhöhe Lautstärke

Aussprachepraxis 1 2 3

Orthographie und Lautwert der Vokale Schriftzeichen und lautliche Realisierung Ausspracheunterricht

4

Transkriptionsübung

Literaturverzeichnis (Auswahlbibliographie) Sachindex

vi

VORWORT

Aus dem Vorwort zum Buch Deutsche Phonetik* In den letzten Jahren hat sich in der Ausbildung für Lehrer vieles geändert. Die Universitäten sehen sich vor die Aufgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Studienreform gestellt, die zu einer neuen Schwerpunktsetzung führt. Überlegungen der Zweckmäßigkeit spielen dabei, besonders im Bereich der Basisfächer, eine große Rolle. Da die Phonetik, die hier vor allem als eine stark auf die Praxis orientierte Aussprachelehre verstanden wird, in den Studienprogrammen einen bescheidenen Platz einnimmt, kann dieses Buch auch nur die Basiskenntnisse für eine Spezialisierung in Linguistik und historische Lautlehre vermitteln. Für die Lehrerausbildungsinstitute und für die M.O.-Ausbildung gilt in verstärktem Maße, daß jedes in das Studienprogramm aufgenommene Fach auf seine Verwertbarkeit für den späteren Beruf überprüft werden soll. Als Leitprinzip bei der Verfassimg dieses Buches galt, daß bei der Erlernung einer richtigen Aussprache des Deutschen in manchen Fällen Kenntnisse der Aussprache der niederländischen Sprechlaute erforderlich sind, dies zur Erklärung der muttersprachlich bedingten Aussprachefehler. Gerade für den Erwerb einer richtigen Aussprache der zu erlernenden Zweitsprache wäre auch eine Berücksichtigung der regionalen Unterschiede in der Aussprache des Niederländischen unerläßlich. Es wird deshalb versucht den Fallen möglichst Rechnung zu tragen, in denen eine dialektal bedingte Aussprache den Grund für eine fehlerhafte Aussprache des Deutschen bilden könnte: Daß hier immer noch Ergänzungen möglich sind, ist selbstverständlich. Das Buch soll auf dieser Grundlage eine Anleitung zu einer richtigen Aussprache des Deutschen sein, wobei es allerdings im Ausspracheunterricht nur eines von vielen Hilfsmitteln darstellt: Intensive Übungen, vorzugsweise im Sprachlabor, gehören unbedingt mit zum Ausspracheunterricht. Darüber hinaus soll das Buch die Aufgabe erfüllen, dem angehenden Lehrer die phonetischen Kenntnisse beizubringen, die ihm in der Schulpraxis behilflich sein sollen. März 1976

A.P. ten Cate, Groningen P. Jordens, Nijmegen W.U.S. van Lessen Kloeke, Utrecht

Deutsche Phonetik. Laut- und Aussprachelehre für Niederländer. Groningen, Wolters-Noordhoff 1976

Vorwort Dieses Buch ist der Nachfolger der seit langem vergriffenen Deutschen Phonetik. Die Änderungen gegenüber der Deutschen Phonetik sind recht einschneidend. Außer kleineren Korrekturen wurden folgende Neuerungen durchgeführt: a. Manche Kapitel sind völlig neu konzipiert mit dem Zweck, durch größere Übersichtlichkeit und Konsistenz die Erlernbarkeit zu verbessern; b. Neu ist ein Kapitel über die physischen Eigenschaften von Sprechlauten (Kapitel 8: Akustik'); c. Wo dies angemessen war, sind Übungsfragen eingeschoben, die eine Selbstkontrolle beim Studium ermöglichen; da sich die Fragen auf den Buchtext beziehen, erschien es vertretbar, die Antworten nicht hinzuzufügen. Mit gleicher Zielsetzung wurde auch eine Transkriptionsübung aufgenommen. d. Überall wurde das Beispielmaterial erweitert, wodurch der Wert des Buchs für den Ausspracheunterricht vergrößert wurde; e. Durch neue Illustrationen im 1. Kapitel wird versucht, ein besseres Bild vom Funktionieren der Sprechorgane zu vermitteln. Auch an anderen Stellen wurden Figuren ersetzt und Übersichtstabellen aufgenommen. Wir bemühen uns zu zeigen, daß die Lautstruktur systematische Zusammenhänge aufweist, durch die der Student die zunächst verwirrende Datenmenge leichter in den Griff bekommt. Wir möchten denjenigen herzlich danken, die uns ihre Anmerkungen zur Deutschen Phonetik haben zugehen lassen; allen voran unseren Studenten. Mai 1984/1990

viii

A.P. ten Cate, Groningen P. Jordens, Amsterdam

1

BAU UND FUNKTION DER SPRECHORGANE

An der Erzeugung der Sprechlaute sind folgende Organe beteiligt: die Lunge, die Luftröhre, der Kehlkopf, der Rachen, der Mund und die Nase. Nach ihrer Funktion beim Sprechen sind sie in drei Gruppen zu unterteilen: die Organe für die Atmung (Lunge und Luftröhre), die Stimmbildung (Kehlkopf) und die Artikulation (Rachen-, Mund- und Nasenhöhle, die zusammen als das Ansatzrohr bezeichnet werden). Energiequelle für die Erzeugung der Sprechlaute ist die Atmungsluft. Beim Atmen ist dieser Luftstrom normalerweise unhörbar, beim Sprechen wird der Luftstrom jedoch hörbar gemacht. Die Bewegung der Organe im Ansatzrohr zur Erzeugung der Sprechlaute heißt Artikulation; Zunge und Lippen sind die wichtigsten beweglichen Artikulatoren (vgl. Figur 1). Figur 1: das Ansatzrohr 1. Luftröhre 2. Rachen 3. Mund 4. Nasenhöhle 5. Kehlkopf 6. Zunge 7. Gaumen

hartes Gewebe'

Kapitel 1 1 Die Lunge Die Lunge funktioniert ähnlich wie ein Blasebalg, insoweit als das Ein- und Ausatmen nicht durch selbständige Tätigkeit der Lunge, sondern durch äußere Einwirkung erfolgt. Beim Einatmen heben sich die Rippen, die zusammen den Brustkorb bilden, und das Zwerchfell, der untere Abschluß des Brustkorbs, senkt sich, so daß das Volumen der Lunge nach zwei Seiten hin erweitert wird und Luft eingesogen werden kann. Die Ausatmung erfolgt durch Verkleinerung des Lungenvolumens, und zwar durch Anhebung des Zwerchfells und Senkung der Rippen. Bei Brustatmung erfolgt die Einatmung vor allem durch Hebung der Rippen, bei Bauchatmung vor allem durch Senkung des Zwerchfells. Beim Sprechen wird der Atemstrom reguliert, um den geeigneten Atemdruck zu erzeugen. Dieser wird benötigt, um im Kehlkopf den Stimmton zu bilden und im Ansatzrohr Sprechlaute zu artikulieren. Außerdem kann die Lautstärke durch den Atemdruck variiert werden. 2 Der Kehlkopf: Aufbau und Funktion Der Kehlkopf (die Larynx) oben an der Luftröhre läßt sich mit einem Ventil vergleichen, das nach Belieben geöffnet oder geschlossen werden kann. Beim Sprechen von stimmhaften Lauten versetzt der Kehlkopf den konstanten Luftstrom, der aus der Lunge kommt, in Schwingung. Dadurch entsteht der Stimmton, der als Klang hörbar ist.

vorn

vorn

hinten

b

b

a

a

c

c hinten

a

^ ¡ M u s k e l (Stimmlippen) a Knöchel

Figur 2a: Seitenansicht des Kehlkopfs

Figur 2b: Obenansicht

Die Sprechorgane 2.1 DER AUFBAU DES KEHLKOPFES Der Kehlkopf ist aus Knorpeln aufgebaut, die, schematisch dargestellt, einen hohlen Zylinder bilden. Die Basis des Zylinders bildet der Ringknorpel (in den Figuren 2a und 2b gekennzeichnet durch a). Auf der Vorderseite des Ringknorpels steht der Schildknorpel oder Spannknorpel (b: bei Männern sichtbar als der ,Adamsapfel"), der beweglich ist und nach vorne kippen kann. Die gestrichelten Linien in Figur 2a geben die Stellung des nach vorne gekippten Schildknorpels wieder. Auf der Rückseite des Ringknorpels stehen symmetrisch zueinander die beiden ebenfalls beweglichen Stellknorpel (c). Im oberen Teil des Kehlkopfes befindet sich der Kehldeckel (die Epiglottis), der beim Sprechen keine Rolle spielt, wohl aber beim Schlucken. Die Wege für die Nahrungsaufnahme (Speiseröhre) und Atmung (Luftröhre) kreuzen sich. Der Kehldeckel verschließt beim Schlucken den Kehlkopfeingang. 1. Die Stimmlippen Im Kehlkopf befinden sich die Stimmlippen oder Stimmbänder (in Figur 2a gekennzeichnet durch d). Es sind zwei lippenartige Muskelfalten. Jede dieser beiden Stimmlippen ist vorne mit dem Spannknorpel und hinten mit einem der Stellknorpel verbunden. Durch die Bewegungen des Schildknorpels und der Stellknorpel können sie gespannt oder entspannt werden; da die Stimmlippen Muskeln sind, können sie sich auch selber spannen und entspannen. Durch die Bewegungen der Stellknorpel können die Stimmlippen eine Öffnung oder einen Verschluß bilden. Die Öffnung zwischen den beiden Stimmlippen heißt die Glottis oder Stimmritze. 2. Die Stellungen der Stimmlippen In den folgenden Figuren ist der Kehlkopf schematisch im Querschnitt von oben dargestellt. a. Atemstellung Die neutrale oder Ruhelage der Stimmlippen erlaubt freien Durchgang des Luftstroms beim Atmen. Dies ist auch die Stellung bei der Artikulation der stimmlosen Konsonanten, z.B. [p] und [s].

Figur 3a: Atemstellung

3

Kapitel 1 b. Hauchstellung Der Luftstrom aus der Lunge kann hörbar gemacht werden, indem die Stimmlippen sich so dicht nähern, daß der Luftstrom zu wirbeln anfängt, wodurch bei den Stimmlippen ein Geräusch, der Hauchlaut, entsteht. Dieser Hauchlaut ist der Kehlkopfreibelaut oder behauchte Anlaut [h], der u.a. gesprochen wird in hier und daheim.

Figur 3b: Hauchstellung

/7\

c. Stimmstellung Bei der Stimmstellung oder Phonationsstellung berühren die Stimmlippen sich leicht. Der Luftstrom aus der Lunge versetzt die Stimmlippen in Vibration und die Luft übernimmt die Vibrationsfrequenz der Stimmlippen. Diese Schwingung der Luft ist bei stimmhaften Lauten, d.h. bei allen Vokalen (z.B. [a]) und den stimmhaften Konsonanten (z.B. [m] oder [b]) hörbar als Stimmton oder Stimme. Die Vibration ist spürbar, wenn man beim Sprechen von stimmhaften Lauten den Schildknorpel (,Adamsapfel") berührt.

Figur 3c: Stimmstellung

/7\

Figur 3d: Flüsterstellung

4

d. Flüsterstellung Bei der Flüsterstellung ist nur der hintere Teil der Glottis bei den Stellknorpeln geöffnet. Die Stimmlippen können nicht schwingen, aber der Luftstrom verursacht ein leichtes Geräusch, das als Stimmtonersatz beim Flüstern die Bildung von Vokalen ermöglicht.

Die Sprechorgane e. Verschlußstellung Der vokalische Neueinsatz kommt durch Öffnung der Verschlußstellung zustande. Der Neueinsatz kommt vor nach Sprechpausen, wenn ein Vokal folgt, und außerdem intervokalisch in sogenannter Hiatusstellung: [\]Achtung, bedachten, Hi[\]atus.

Figur 3e: Verschlußstellung 2.2 DER STIMMTON 1. Die Stimmbildung Bei der Stimmbildung oder Phonation stehen Stellung und Spannung der Stimmlippen sowie der Atemdruck in einem solchen Verhältnis zueinander, daß eine Vibration der Stimmlippen zustandekommt: Der Atemdruck und die Spannung der Stimmlippen bewirken, daß die Glottis in schneller Folge abwechselnd geöffnet und wieder geschlossen wird. Jedesmal, wenn die Glottis geöffnet wird, wird ein Luftpfropfen in das Ansatzrohr geschleudert. Die so entstehende Vibration der Luft ist hörbar als der Stimmton. Je nach Stimmhöhe wiederholt sich das Öffnen oder Schließen der Glottis zwischen etwa 100 und etwa 1000 mal pro Sekunde, d.h., mit einer Frequenz von etwa 100 Hertz (für eine sehr tiefe Stimme), bzw. 1000 Hertz (für eine sehr hohe Stimme). Der Vorgang ist zu vergleichen mit der Erscheinimg, die auftritt, wenn man den Mund schließt und durch die nicht zu fest verschlossenen Lippen bläst: brrr. Derselbe Effekt liegt vor bei der Bildung des r-Lautes. 2. Die Stimmhöhe Die Stimmhöhe wird durch die Spannimg der Stimmlippen variiert: je größer die Spannung, je höher die Stimme. Größere Spannung erfolgt: a. durch Dehnung der Stimmlippen, indem der Schildknorpel oder die Stellknorpel verlagert werden; b. durch Zusammmenziehen der Stimmlippen. Die Unterschiede in der Stimmhöhe, die sich bei Männern und Frauen feststellen lassen, beruhen auf der unterschiedlichen Länge der Stimmlippen: bei Frauen sind die Stimmlippen 1,7 bis 2 cm, bei Männern 2 bis 2,4 cm lang. Der Stimmwechsel (die Mutation) bei Knaben wird durch das rasche Wachsen des Kehlkopfes und der Stimmlippen verursacht.

5

Kapitel 1 3 Das Ansatzrohr Rachenhöhle, Mundhöhle und Nasenhöhle bilden zusammen das Ansatzrohr, das der Resonanzraum für den Stimmton ist. Die oberhalb des Rachens liegenden Mundhöhle und Nasenhöhle sind durch den Gaumen (das Palatum) voneinander getrennt. Der hintere Teil des Gaumens ist beweglich und heißt Gaumensegel (weicher Gaumen oder Velum). Beim Atmen hängt das Gaumensegel herunter; es kann sich aber auch heben und einen Verschluß zwischen Rachen- und Nasenhöhle bilden, so daß der Stimmton nur in Rachen- und Mundhöhle resoniert. Beim Sprechen der meisten Sprechlaute, nämlich der sogenannten oralen Sprechlaute, ist die Nasenhöhle durch das Gaumensegel abgeschlossen; bei der Bildung von Nasallauten, nämlich den Nasalkonsonanten [m], [n] und [i]] (z.B. im Wort Meinung) und den Nasalvokalen, die besonders in französischen Wörtern vorkommen (z.B. Chanson), bleibt das Gaumensegel gesenkt, wodurch auch die Nasenhöhle als Resonanzraum mitfunktioniert (vgl. Figuren 4-7).

Die Entfernung zwischen den Stimmbändern und den Lippen beträgt im Durchschnitt 17 cm. Eine einfache Veränderung des Ansatzrohrs hat schon eine wesentliche Veränderung in der Lautqualität zur Folge: Wenn man die Lippen vorstülpt und rundet (also das Ansatzrohr verlängert), kommt ein u-ähnlicher Laut zustande; wenn man die Lippen spreizt und die Mundwinkel zurückzieht (das Ansatzrohr verkürzt) entsteht eine ¡-ähnlicher Laut; wenn man den Mund möglichst weit aufmacht, hört man einen a-Laut. Die Gestalt des Ansatzrohrs wird jedoch nicht nur durch die Lippenstellung und Mundöffnung, sondern vor allem durch die Zungenstellung bedingt. Die Zunge ist an der Bildung aller Vokale und fast aller Konsonanten beteiligt. In Figur 8 werden noch einmal die verschiedenen Organe des Ansatzrohrs schematisch dargestellt. 6

Die Sprechorgane Figur 8: Einteilung des Ansatzrohrs

Bezeichnung 1. 2. 3. 4. 5. 5a. 6. 6a. 6b. 6c. 7a. 7b. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Luftröhre Rachen (Pharynx) Mundhöhle Nasenhöhle Kehlkopf (Larynx) mit den Stimmlippen und der Glottis Schildknorpel Zunge (Lingua) Zungenspitze (Apex) Zungenblatt (vorderer Zungenrücken, Korona) Zungenrücken (Dorsum) harter Gaumen (Palatum) Gaumensegel (weicher Gaumen, Velum) Lippen (Labia) Zähne (Dentes) Zahndamm (Alveolen) Halszäpfchen (Uvula) Kehldeckel (Epiglottis) Speiseröhre Gaumenknochen Kieferknochen

Adjektiv

oral nasal laryngal glottal lingual apikal koronal dorsal palatal velar labial dental alveolar uvular

7

Kapitel 1 4 Übungsfragen 1. Aus welchen Hohlräumen setzt sich das Ansatzrohr zusammen? 2. Was ist Artikulation? 3. Was ist Stimmton und welche Laute werden stimmhaft gesprochen? 4. Aus welchen Teilen ist der Kehlkopf aufgebaut? Welche Funktion(en) haben die einzelnen Teile? 5. Wie funktionieren Brust- und Bauchatmung? 6. Wie werden Nasalkonsonanten gebildet?

8

2

ORTHOGRAPHIE UND AUSSPRACHE

Für die schriftliche Wiedergabe der gesprochenen Sprache gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es gibt Sprachen, die eine sogenannte Wortschrift besitzen, das heißt, daß sie ganze Wörter durch nur ein Schriftzeichen wiedergeben (z.B. die Bilderschrift oder piktographische Schrift für das Altägyptische und das Chinesische). Da man für jedes Wort ein anderes Zeichen braucht, ist die Zahl der Schriftzeichen in diesen Sprachen recht ansehnlich. Das Chinesische kennt z.B. etwa 45.000 Zeichen, von denen immerhin 1200-5000 im normalen, täglichen Gebrauch verwendet werden. Viele Sprachen, unter denen sich das Deutsche und das Niederländische befinden, haben eine Schreibkonvention, in der möglichst für jeden Laut ein Schriftzeichen verwendet wird. Da die Anzahl der Sprachlaute (siehe Kapitel 6 für die Unterscheidung der Begriffe Sprachlaut und Sprechlaut) beschränkt ist, kann auch das Inventar der Schriftzeichen wenig umfangreich sein. Das Alphabet, in dem unsere Sprache schriftlich niedergelegt wird, kennt 26 Zeichen. 1 Entsprechungen zwischen Orthographie und Aussprache Das Prinzip, daß es für jeden Laut ein Zeichen gibt, und daß jedes Zeichen einen Laut wiedergibt (das Prinzip der phonologischen Rechtschreibung), wird nicht konsequent durchgeführt. Die Regeln für die Orthographie (Rechtschreibung) stellen eine gesellschaftliche Konvention dar und können, wie etwa auch die Verkehrsregeln für den Straßenverkehr, gesetzlich festgelegt sein. Weil Konventionen, die von Millionen von Menschen gelernt und befolgt werden, sich nicht leicht ändern lassen, muten Regeln der Rechtschreibung oft veraltet, „konservativ" an. So bleiben historische Entwicklungen, durch die sich die Sprache im Laufe der Jahrhunderte geändert hat, in der Rechtschreibung häufig sichtbar. Beispiele: Das ndl. wassen entstand aus germ. waskan, und wurde früher wasschen geschrieben, also mit vier Buchstaben, die einen Laut wiedergeben! Es wird im Deutschen waschen geschrieben und mit einem „breiten Zischlaut" gesprochen: ein Laut wird also durch drei Buchstaben wiedergegeben. Vergleiche auch ndl. saksisch und typisch, bei denen das -ISC/J-Suffix sich aus germ. -iska entwickelte: hier wird noch heute die Schreibimg -isch beibehalten, obwohl wenig dagegen spricht, genau wie bei wasschen, die Schreibung dieser Wörter etwa zu saksies und tiepies zu vereinfachen.

Kapitel 2 Bei konsequenter Anwendung des phonologischen Prinzips würde aber das Problem entstehen, daß man die verschiedenen Formen eines Wortes unterschiedlich schreiben müßte. Die Wörter Kind und Mann sollten in ihren Ableitungen z.B. folgendermaßen geschrieben werden: Kint, kintlich - kindisch, Kinder, bzw. Mann - mennlich, Menner. Zwar würde man so den lautlichen Unterschied zwischen den Singidar- und Pluralformen dieser Wörter klar zum Ausdruck bringen, aber der Zusammenhang zwischen diesen Formen würde, zumindest optisch, verloren gehen. Dies ist das morphologische Prinzip in der Orthographie: Die Basisform eines Wortes wird in allen Ableitungen gleich geschrieben. Auch das morphologische Prinzip wird nicht immer konsequent gehandhabt. Das wird deutlich bei den Formen des niederländischen Substantivs schaap: schaap, Schapen, wo die ursprüngliche Doppelschreibimg des Vokals in der letzten Form aufgegeben wurde. Beim deutschen Substantiv Schaf wird dagegen das morphologische Prinzip beibehalten: Schaf, Schafe. Vergleiche auch ndl. reizen: ik reis, wij reizen, wo der lautliche Unterschied auch in der Orthographie zum Ausdruck kommt. In mittelhochdeutschen Handschriften wurde das phonologische Prinzip vorrangig über dem morphologischen Prinzip hantiert. Der Plural des Wortes hont wurde hende geschrieben. Später führte man statt des »e« im Plural das Zeichen »ä« ein, wodurch die morphologische Zusammengehörigkeit in der Rechtschreibung ausgedrückt wurde. Bei behende allerdings, das gleichfalls mit Hand zusammenhängt, wurde diese Korrektur nicht vorgenommen. Ahnliche Beispiele, wo »e« als Zeichen für den Umlaut (also statt »ä«) noch vorkommt, sind Eltern neben alt, fertig neben Fahrt und der Eigenname Becker neben Bäcker. Das Niederländische kennt zwar die historische Erscheinung des Umlauts (vgl. lang-lengte, stand-bestendig, spoor-speuren), nicht aber Umlautszeichen wie »ä« und »ö«. Innerhalb einer Sprache kann man also Folgendes feststellen: a. ein Laut oder eine Lautverbindung wird durch mehrere Buchstaben oder Buchstabenfolgen wiedergegeben, z.B.1: [ts] durch »z« (zu); »tz« (setzen); »t« (Nation); »c« (Celle); [I:] durch »i« (StiJ); »ih« (ihr); »ie« (mies); b. ein Buchstabe (bzw. eine Buchstabenfolge) repräsentiert mehrere Laute: »s« steht für [s] (das); [z] (Saal); [J] (stellen); »ch« steht für [x] (lachen); [p] (nicht); [k] (Chaos)-, [tj] (Macho).

1

10

Die Zeichen des phonetischen Alphabets (siehe unten) werden zwischen eckigen Klammern geschrieben: [z]; wird das Schriftzeichen der Schreibsprache gemeint, so schreibt man mit Anführungsstrichen oder -häkchen: "z" oder »z«.

Orthographie und Aussprache Beim Vergleich zweier oder mehrerer Sprachen kann man Ahnliches feststellen. Beispiele: a. ein Laut wird durch mehrere Buchstaben(folgen) wiedergegeben: [0] durch »eu« (ndl. meubel); »ö« (dt. Möbel); [J] durch »sch« (dt. Schande)-, »sh« (engl, shame)-, »ch« (franz. chambre); b. ein Buchstabe (eine Buchstabenfolge) repräsentiert mehrere Laute: »z« steht für [ts] (dt. Zug); [z] (ndl. zeug)\ »a« steht für [er] (ndl. tafel); [ei] (engl, table). Die Zahl der Beispiele ließe sich beliebig vergrößern, aber schon jetzt dürfte klar geworden sein, daß es eine l:l-Entsprechung zwischen Aussprache und Orthographie nicht gibt. 2 Phonetische Transkriptionszeichen Da es auch international notwendig ist, daß jeder Phonetiker von dem anderen weiß, welchen Laut er mit einem bestimmten Schriftzeichen meint, haben die Phonetiker der ganzen Welt sich auf ein Alphabet geeinigt, das „Internationale Phonetische Alphabet" (I.PA.). Das I.PA. ist größtenteils mit dem uns vertrauten lateinischen Alphabet identisch, aber es wurde, da dieses Alphabet zu wenig Zeichen enthält, um einige Schriftzeichen erweitert. Die Schriftzeichen werden außerdem um diakritische Zeichen ergänzt, wodurch Laute, die offensichtlich zusammengehören, da sie sich in der Aussprache nur wenig unterscheiden, auseinandergehalten werden. Das I.PA. 1 enthält folgende für das Deutsche und das Niederländische wichtige Zeichen: 1. Vokale a. Einfache Vokale (Monophthonge) Niederländisch2:

Deutsch: [i] [1] [y]

Bier Ritt für

[bi:r] [rit] [fy:r]

bier3 riet vuur

1

In der Übersicht zeigen einige Zeichen geringfügige Abweichungen gegenüber dem offiziellen I.PA.

2

Die niederländischen Beispiele können in der Aussprache geringe Abweichungen gegenüber den deutschen aufweisen. Auf diese Unterschiede wird in Kapitel 3 eingegangen.

3

Die Langvokale [i:], [u:], [y:] und [a:] findet man im Niederländischen nur vor dem Konsonanten [r] oder [r],

11

Kapitel 2 [Y] [u]

[o] [e] W [o] [o] [0]

[«]

füttern fahr Mutter leben Bett BOQt Glocke Möbel rfisten

[A]

-

[a] [a] M

Pfahl K^nne Beginn

[fYtarn] [fur] [mutar]

füut voer moeder

[le:ban] [bet] [bo:t]

bed

[gloks]

klok

-

-

[mo:bal] [roestdn]

-

(löss) put paar kan begin

[pfa:l] [kana] [bagiri]

b. Zwielaute (Diphthonge) Niederländisch:

Deutsch: [fi£] [20]

[as]

klein Häuser rauh

[gl] foevl foul

klein hmzen rauw

2. Konsonanten [b] [p] [d] [t] [g] [k]

[|] oder [?] [m] [n] [Q]

[r] ,Zäpfchen-r' [r] ,Zungenspitzen-r' [1] [v] [f] [z]

[s]

[3]

[/]

12

Deutsch:

Niederländisch:

Berg Peter Deich lau (¿arten Kohle be[|]obachten Mensch nehmen Rang rot rot laden wohnen Fest reisen Eis (¿endarm schön

berg Peter dijk touw goal kool ver[|]assen mens nemen rang rood rood laden wonen feest reizen ijs gendarme

Orthographie und Aussprache [j] [