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German Pages 86 [88] Year 1934
PHILOSOPHIE DER TECHNIK VON
MANFRED SCHRÖTER
Dem Gedächtnis meines Vaters und meines Großvaters MORITZ
SCHRÖTER
der Lehrer an den Techn. Hochschulen Stuttgart,
Zürich,
München
Philosophie der Technik kann, da Technik zunächst als Kulturerzeugnis schöpferischen Menschengeistes zu verstehen ist, als Teilkapitel einer allgemeineren Kulturphilosophie behandelt werden. Wenn sie hier als selbständiger Beitrag erscheint, so ist dies einerseits darin begründet, daß dieses neuerstandene Gebiet eine wissenschaftliche, philosophisch ausreichende Darstellung bisher noch nicht gefunden hat, hier also eine neuartige Aufgabe in den Zusammenhang des Ganzen erstmals einzugliedern war — zum andern darin, daß die Technik heute auch in kultureller Hinsicht (ob in positiver oder negativer Wertung) an Bedeutung immer noch zunimmt. So mögen für eine Philosophie der Technik kritische Aufgaben heranreifen, die hier eine eigene Betrachtung rechtfertigen können. Ihr Schwergewicht wird stets auf ihrem k u l t u r philosophischen Hauptteil liegen müssen, so wie es auch hier der Fall ist (in Teil II). Eine einleitende Techniklehre, wenigstens in einem ausgewählten geschichtlichen Teilkapitel (I) dient zur Einführung in den Stoff, indes die beiden nachfolgenden Teile (III und IV) Ausbau und Anwendung auf das ethische und psychologische, das geschichts- und naturphilosophische Gebiet zu bringen haben. Die Techniklehre oder Theorie der Technik ist noch nicht Philosophie der Technik, sondern Ordnung, Überschau aus ihrem eigenen Bereich und darum auch im wesentlichen Aufgabe des technischen Gelehrten. Unter systematischem Gesichtspunkt, von der Einteilung und dem Zusammenhang der technischen Gebiete aus ergibt sich so als allgemeinste Disziplin: 1. Die E n z y k l o p ä d i e der Technik; dann hinsichtlich der zu untersuchenden Verfahren: 2. Die M e t h o d i k oder Methodologie der Technik, die entweder auf technisches Schaffen, technische Forschung und Wissenschaft im allgemeinen, oder auf die teehnischsachlichen Verfahrensweisen selbst sich richten kann; endlich, in historisch kritischer Betrachtung: 3. Die G e s c h i c h t e der Technik und ihrer mannigfaltigen Entwicklung, in ihrem von der Kultur bedingten Gesamtverlaufe wie in ihren sachlich verselbständigten Sondergebieten. Aus diesen drei grundlegenden Fachdisziplinen erwächst die allgemeine Techniktheorie, die, unter Einbeziehung der technischen und mathematischen Hilfswissenschaften wie der technologischen Spezialfachlehren „den größeren Zusammenhang begründen müßte, innerhalb dessen die einzelnen Techniken sinnvoll werden" und die ihren Platz in dem „Gesamtsystem der Technik lediglich innerhalb des technischen Wirkung«-
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kreises" zu bestimmen hätte. (Vgl. H . H a r d e n s e t t , Der kapitalistische und der technische Mensch, Mänchen 1932, S. 88 f. sowie K . D u n k m a n n , Zur Theorie der Technik, Z. d. VDI. 1927, S. 1618 £.) Diese Forderung der Techniktheorie, wie sie jene beiden Autoren a. a. O. nach verschiedener Richtung feinsinnig entwickeln, wird sich schwerlich ganz erfüllen lassen, da die Technik allenthalben — nach der wissenschaftlichen wie nach der wirtschaftlichen Seite hin, mit dem angrenzenden Kulturgebiet zu eng verflochten ist. Wenn sich auch wohl der technische Sinn eines technischen Gebildes, einer Unternehmung oder Tätigkeit, in sich zentriert darstellen läßt, so daß er das angrenzende Gebiet von sich aus mitbestimmt, so wird eben die letzte Richtigkeit solcher Begrenzungen endgültig doch nur von einem das Kulturganze übergreifenden Gesichtspunkt aus beurteilbar, wie ihn erst die Kulturphilosophie darbieten kann. Von hier aus ist auch erst der Wunsch Dunkmanns wirklich erreichbar, „daß die Theorie der Technik klar im Ganzen eingebettet liegt" (a. a. O. S. 1620). Von ganz anderer Seite her erhebt die analoge Forderung M. H o 1 z e r in seinem programmatischen Aufsatz „Die Philosophie der Technik und das Recht auf Arbeit" (Deutsche Technik, Dez. 1933), der, in richtiger Erkenntnis von der Unzulänglichkeit und Problematik einer auf ihr eigenes Gebiet allein begrenzten Philosophie der Technik oder auch Philosophie der Arbeit, ihre letzte Zielsetzung einer umfassenden Rechtsund Staatsphilososophie der Zukunft zuweist. („Wir wissen nur, daß die geisteswissenschaftliche, dem Deutschen gerecht werdende Begründung der Sozialtugenden, wie sie in der Wechselwirkung von Technik und Arbeit zum Ausdruck kommen soll, unter dem Primat der Rechtsphilosophie erst geschaffen werden muß.") Aber auch diese Aufgabe wird erst lösbar von einem Standpunkt aus, der das Kultur g a n z e in seiner — auch die Technik gleichberechtigt in sich schließenden — Totalität wirklich und gleichmäßig umgreifen würde.
Philosophisch wird so die Beurteilung der Technik erst durch eine k u l t u r k r i t i s c h e Betrachtungsweise, die sich analog wieder nach dreifacher Art ausgestalten kann: Entweder untersucht sie systematisch, als S t r u k t u r l e h r e der Technik die Eingliederung und das Verhältnis der Technik zu dem Gesamtkultursystem wie zu ihren Nachbar gebieten; oder sie geht, entsprechend der technischen Methodik, als E t h i k und Psychologie der Technik, vom Schaffen und Charakter des technischen Menschen aus, ob sie sich nun auf die technische Arbeitstätigkeit oder die technischen Kulturaufgaben richtet; oder sie beurteilt, entsprechend der Geschichte, als G e s c h i c h t s p h i l o s o p h i e der Technik die bisherige und zukünftige Stellung im Kulturprozeß (des Abendlandes und der Welt). Diesen drei philosophischen Disziplinen, als der eigentlichen Kulturphilosophie der Technik, steht die n a t u r p h i l o s o p h i s c h e Betrachtung gegenüber, d. h. die Betrachtung der Bedeutung und des Wesens der im schöpferischen Wirken der Natur spürbaren immanenten Technik — ein in sich selbständiges Gebiet, das endlich noch durch eine m e t a p h y s i s c h e Betrachtungsart der Technik mit ihrer Kulturphilosophie zusammen zu der systematischen Einheit abschließend sich vereinigen ließe. Diese verschiedenen Gebiete können hier nicht gleichmäßig zur Darstellung gelangen. Von der Techniklehre wird nur ein bestimmter Abschnitt aus der Geschichte der Technik herausgegriffen, um an dem Beispiel (aus der Entwicklung der Wärmekraftmaschinentechnik) Hauptmomente einer kritischen Geschichte der Technik wie ihrer kulturphilo-
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sophischen Ergebnisse zu zeigen (I). D e r E r t r a g zur technischen M e t h o d i k , der sich hieraus ergibt, wird aber erst i m zweiten Teil, in der S t r u k t u r lehre der T e c h n i k m i t entwickelt werden, d a das Wesen der t e c h n i s c h e n T ä t i g k e i t erst u n t e r d e m G e s i c h t s p u n k t der S t r u k t u r völlig d u r c h s c h a u b a r werden k a n n (II). Diese S t r u k t u r s y s t e m a t i k bildet d a n n d a s F u n d a m e n t der t h e o r e t i s c h e n u n d psychologischen K u l t u r e t h i k der T e c h n i k ( I I I A), wie ihrer geschichtsphilosophischen K u l t u r d e u t u n g ( I I I B). Die n a t u r - u n d k u n s t p h i l o s o p h i s c h e n F r a g e n , wie den m e t a physischen Schlußausblick endlich f a ß t d e r letzte Teil (IV) z u s a m m e n . Die Literaturhinweise sind jeweils a m Schluß der H a u p t t e i l e v e r t e i l t : Vgl. S. 26/27. 32. 42 bis 45. 53/54. 61. 70. 75. Es liegt i m Wesen dieses ersten z u s a m m e n f a s s e n d e n Versuches ü b e r Philosophie der Technik, d a ß er auf beiden Seiten, f ü r den T e c h n i k e r wie f ü r den Philosophen, W ü n s c h e übrig lassen m u ß . Die eigentliche Schwierigkeit, die in der Ü b e r s c h n e i d u n g zweier heterogener F a c h g e b i e t e liegt, ist ü b e r h a u p t n i c h t restlos l ö s b a r : einzelne Teile dieser A r b e i t werden f ü r den Techniker u n d a n d e r e wieder f ü r den Philosophen schwer verständlich bleiben, d a eine j e d e dieser beiden P a r t e i e n v o n d e m Wissen u n d der Bildung der a n d e r e n n u r eine ganz unzulängliche K e n n t n i s besitzt. Gleichwohl m u ß t e hier v e r s u c h t werden, eine B r ü c k e zu finden u n d b e i d e n P a r t e i e n den Z u g a n g z u m a n d e r e n Lager zu erleichtern. Diesem Zwecke dient insonderheit der I . H a u p t t e i l m i t seinem Beispiel a u s der Geschichte der Maschinentechnik. Möchte v o n i h m aus m a n c h e r Leser a u c h f ü r ein i h m sonst fremdes Gebiet V e r t r a u e n schöpfen in die kritisch überlegene Geistesarbeit, die hier v o n ganz a n d e r e r Seite schon geleistet worden ist u n d der a u c h hier zur A n e r k e n n u n g verholfen werden m ö c h t e . Die Stellung dieser U n t e r s u c h u n g endlich an den Schluß des v o n uns a u f g e b a u t e n s y s t e m a t i s c h e n H a n d b u c h e s der Philosophie r e c h t f e r t i g t u n d b e g r ü n d e t das Schlußkapitel (24), das sich somit n u r a n die B e n ü t z e r dieses H a n d b u c h e s in seiner G e s a m t h e i t w e n d e t . M ü n c h e n , W e i h n a c h t 1933. MANFRED
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I. ZUR GESCHICHTE UND METHODIK DER (MASCHINEN-)TECHNIK. EINLEITUNG. U n t e r Technik im allgemeinsten Sinn verstehen wir eine selbständige, elementare Tätigkeit von eigener u n d immer gleicher A r t : die ewig menschliche, mit der Menschheit gleich alte u n d ursprüngliche W e r k t ä t i g k e i t (gestaltend) schöpferischer Arbeit. Sie richtet sich nicht eigentlich darauf, die N a t u r zu erforschen — wenn dies auch, u n d in späterer Zeit n u r immer mehr, mit ihre Voraussetzung bildet — sondern d a r a u f , sie zu ändern, sie zu bearbeiten u n d , auf Grund ihrer Erforschung u n d des Wissens von ihr, auf sie einzuwirken in zweckmäßiger Gestalt u n g . Ziel und Bestimmung der Gestaltung ist die W e r k e r z e u g u n g , nicht in erster Linie eine Trieb- und Bedürfnisbefriedigung zur Notabwehr, die wohl d a z u t r i t t , aber sekundär bleibt. Der Zweck u n d der technische Sinn seines Tuns liegt u n d erfüllt sich d a r u m f ü r den Techniker, wie der des K u n s t w e r k s f ü r den Künstler, in der Arbeit, in der schöpferischen Werkgestaltung, im W e r k selber, das als solches hier nicht als Forschungsobjekt in irgendeinem wissenschaftlichen u n d auch nicht als Bedürfnisdeckung oder Warenproduktion im wirtschaftlichen Sinne f ü r uns in Betracht k o m m t . Diese Auffassung von Technik als „ R e a l t e c h n i k " schließt auch den Sinn von Technik als „Methodik" von sich aus. Das gleiche W o r t Technik bezeichnet ja i m Deutschen zwei völlig verschiedene Begriffe; folgerichtig m ü ß t e m a n auch von einer „Technik der Technik" sprechen können — das erste Mal das Wort im Sinne der Methodik (wie Technik des Dramas, der Askese u. a.) genommen, das zweite Mal i m Sinne eigentlicher Technik, eben der R e a l t e c h n i k . Doch auch bei diesem anschaulichen Reich der wirklichen, realen Technik, die f ü r das Bewußtsein des heutigen Menschen stets industrielle Züge tragen wird, besteht noch eine Unsicherheit in der Bestimmung. Die Entwicklung dieser Technik f ü h r t v o m ersten primitiven Werkzeug, von der ersten Waffe u n d dem ersten Pflug, der sich der E r d e eingrub, schließlich bis zu dem heutigen Machtbereich der weltbeherrschenden u n d weltumspannenden M a s c h i n e n t e c h n i k . Doch diese letztere, die jüngste, k a u m einundeinhalb J a h r h u n d e r t alte europäische Entwicklungsphase wirkt für sich so andersartig, d a ß sie selbst fast nichts mehr mit dem früheren Verlauf gemein zu haben scheint. Wird daher eine Auffassung der Technik als einer „ewig-menschlichen" K u l t u r f u n k t i o n auch dieser neuesten modernen Welt der Technik mit ihrer überwiegend industriellen Eigenart wirklich gewachsen sein ? Diesen Nachweis wird unsere Untersuchung dadurch zu erbringen h a b e n , daß sie eben von der letzten Phase, der modernen Technik selbst ausgeht, bzw. von der geschichtlichen Darstellung eines zentralen Teils
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ihrer Entwicklung, der das Wesen dieser neuen Phase ersichtlich macht und doeh zugleich in ihm die grundsätzlichen Züge jener so viel älteren „ewig-menschlichen" Technik schon erkennen läßt. Es wird sich zeigen, daß die heutige industrielle Technik als ein Teil und als bestimmte Sonderentwicklung von der allgemeineren Kulturerscheinung jener Technik mit umgriffen wird, wie andererseits auch der Begriff der technischen Werktätigkeit umfänglicher und weiter ist als der des technischen Schaffens des Ingenieurs: Als „Einwirkung auf die Natur auf Grund des Wissens" umfaßt er ebenso die Tätigkeit des Landwirts, des Handwerkers, des Tierzüchters, des Baumeisters wie des Arztes, also ganz verschiedene Arten bewußten Schaffens, wie er wiederum auf dem Mittelgebiet des Kunsthandwerks und der Architektur ohne greifbare, angebbare Grenzen in die künstlerisch werkschaffende Tätigkeit übergehen kann. Philosophie der Technik in dem gleichen Sinne wie Natur-, Kunstoder Religionsphilosophie wird so erst möglich, wenn auch Technik als grundsätzliche Kulturfunktion begriffen werden kann, wie Wissenschaft, Kunst oder Religion Kulturfunktionen zu nennen sind, die sich in das System des Kulturganzen auf bestimmte Weise lebendig eingliedern. Daraus erklärt sich, daß Philosophie der Technik im Entwicklungsgang einer Kultur erst spät und erst auf Grund der reifenden, ihrer bewußt gewordenen Kulturphilosophie in wissenschaftlicher Gestalt auftreten kann. Vorher fehlen ihr die geistigen Ausdrucksmittel, nicht der Stoff, der immer da ist, wie die Technik die fortschreitende Kultur von Anfang an begleitet und zum Teil mit ihre Voraussetzung ist. — Hiezu tritt aber noch ein zweiter, geschichtlicher Grund für die Verzögerung in der Ausbildung einer technischen Philosophie: Der kritische, gereifte Blick wird der sich in der menschlichen Geschichte ständig und wie selbstverständlich auswirkenden Technik als eines Problemes erst gewahr, wenn diese technische Entwicklung selbst einen kritischen, die übrige Kultur entscheidend beeinflußenden Zustand erreicht hat, sei es nun, daß diese Krise von bedrohlicher oder erfreulicher Art ist. Damit erscheint erstmals die Frage nach dem „Kulturproblem" der Technik, eine Frage, die vorher eigentlich noch gegenstandslos war. Weder im Mittelalter noch in der Antike kann trotz teilweise schon hochentwickelter Technik (vor allem des Bauwesens) von einem Kulturproblem der Technik gesprochen werden. Diese verschiedenen Techniken — der priesterlich geleiteten Bauten Ägyptens, der imperialistischmilitärischen des späten Roms, des zunftmäßig organisierten Dombaues des Mittelalters — sind jeweils in die verschiedenen Kulturen selbstverständlich und organisch eingegliederte menschliche Tätigkeit geblieben. Die Technik wird erst zum spürbaren, faßbaren Problem in ihrer neuesten europäisch-industriellen Phase und in ihrer ungeheuren Ausbreitung im 19. Jahrhundert. Und dieses Problem kommt zu Bewußtsein erst im 20. Jahrhundert, in der Gegenwart! Heute ist die kulturelle
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P r o b l e m a t i k u n s e r e r technischen E n t w i c k l u n g offenkundig, wobei vorerst n o c h u n e n t s c h i e d e n bleibe, o b die gewaltige u n d allgemeine K u l t u r krise, die die G e g e n w a r t e r s c h ü t t e r t , a u ß e r d e m n o c h von der t e c h n i s c h e n Krise als solcher ü b e r l a g e r t wird, oder inwiefern diese kritischen E r scheinungen in u r s ä c h l i c h e m Z u s a m m e n h a n g e stehen. D a s technische K u l t u r p r o b l e m w i r d jedenfalls z u n ä c h s t e r k l ä r b a r aus der gegenwärtigen E n t w i c k l u n g s p h a s e e b e n dieser europäischen m o d e r n e n T e c h n i k . Als eine b e s t i m m t e , eigentümliche, n e u angebrochene E p o c h e h a t sie sich in überschnellem W a c h s t u m n u n m e h r ü b e r die b e w o h n t e E r d e ausgebreitet — doch ihr A u s g a n g s p u n k t u n d A n f a n g ist b e s t i m m t , eindeutig a n g e b b a r : er ist die G e b u r t s s t u n d e der d a n n u n a u f h a l t s a m anschwellenden u n d sich ü b e r s t ü r z e n d e n M a s c h i n e n t e c h n i k unserer Zeit. Dies ist das grundsätzliche K e n n z e i c h e n j e n e r n e u e s t e n u n d gegenw ä r t i g e n P h a s e d e r T e c h n i k , die sich so in diesem Sinn v o n allen f r ü h e r e n a b h e b t . Wie die H a n d w e r k s - u n d B a u t ä t i g k e i t f r ü h e r e r Zeiten v o n sich aus noch n i c h t zu d e m „ K u l t u r p r o b l e m der T e c h n i k " h ä t t e f ü h r e n k ö n n e n , so f ü h r t a u c h v o n ihnen t a t s ä c h l i c h n i c h t eine einfache u n d einheitlich ansteigende E n t w i c k l u n g zur m o d e r n e n Technik. Diese, in i h r e r wesentlichen e n t s c h e i d e n e n E i g e n a r t , scheint vielmehr f a s t s p r u n g h a f t u n d plötzlich zu e n t s t e h e n durch die einmalige T a t s a c h e der E r f i n d u n g d e r D a m p f m a s c h i n e d u r c h J a m e s W a t t (1765). Die E r s c h a f f u n g dieser Maschine, der W ä r m e k r a f t m a s c h i n e , als des w u n d e r s a m e n A p p a r a t s , u m die verborgenen, in d e r Kohle aufgespeicherten K r ä f t e der W ä r m e in mechanische w i r k s a m e Arbeitsleistung u m z u w a n d e l n , war die Eingangsp f o r t e f ü r die n e u e technische E n t w i c k l u n g der Beherrschung u n d Veiw e r t u n g der f a s t u n b e g r e n z t e n E n e r g i e v o r r ä t e der N a t u r u n d d a m i t die E r ö f f n u n g neuer u n g e a h n t e r Möglichkeiten, Steigerungen — u n d Gef a h r e n der menschlichen Technik. D a m i t erscheint zunächst ein einzelnes Moment über Gebühr herausgehoben und einseitig Überschätzt. U n d doch ist daran festzuhalten, d a ß historisch eben nicht eine allmähliche Entwicklung (etwa der Wasserkraftmaschinen) zu immer höherer Leistung die Voraussetzung der neuen Technik wurde, sondern ausschließlich der plötzliche, sprunghafte Anstieg, der d u r c h die Erfindung der Dampfmaschine in der Energiegewinn u n g u n d Ausnützung wie mit einem Zauberschlag zu Ende des 18. J a h r h u n d e r t s , ausgehend von E n g l a n d , hervorgerufen worden ist. Freilich h a t sich d a n n d a m i t noch ein Zusammentreffen von verschiedenen, gleich günstigen U m s t ä n d e n auf das F r u c h t b a r s t e auch weiterhin v e r b u n d e n : So der Ausbau der bereits bestehenden Manufakturen, vor allem im Textilgewerbe, nach Erfindung u n d Verbesserung der Spinn- u n d Webmaschinen, zur mechanischen F a b r i k mit i h r e m großen Arbeitskraftbedürfnis. Die ursprünglich als Wasserhaltungs- (Pump-) maschine f ü r die N o t der Bergwerke entstandene Dampfmaschine lieferte in ihrer Weiterbildung zur Schwungrad-Antriebsmaschine diese K r a f t in beliebiger Steigerung; j a sie arbeitete u m so günstiger, j e größer die Anlage war u n d t r u g durch diese Eigenschaft n u n ihrerseits zum konzentrierten Ausbau der Großindustrie, zur Ammassierung der entstehenden Arbeiterbevölkerung bei. F a s t gleichzeitig t r i t t hiezu die Entwicklung auf metallurgischem wie auf mechanischtechnologischem Gebiet, d. h. in der Eisen- und Stahlgewinnung und Bereitung, wie in
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ihrer Bearbeitung und Verwertung durch die sich entwickelnden Werkzeugmaschinen, in stetiger gegenseitiger Steigerung. Ferner der entscheidende Umstand, daß gerade die Dampfkraft in der Anwendung auf Eisenbahn und Dampfschiff zunächst derartig geeignet war, die ungeheure Entwicklung des Verkehrswesens so rasch zu ermöglichen — was sich dann nochmals wiederholen sollte, als die Wärmekraftmaschine in Gestalt des neu erfundenen Verbrennungs- (Explosions-) motors die maschinelle Voraussetzung fttr die neuzeitliche Automobil- und Flugtechnik schuf. Endlich die neue Gunst zufälligen Zusammentreffens, daß nach der Entdeckung und Entwicklung der elektrischen Energieübertragung Ende des 19. Jahrhunderts auch hiefür die geeignetste Energieerzeugung durch die Steigerung der (Kolben-) Dampfmaschine zur rotierenden und raschlaufenden Dampfturbine geschaffen werden konnte, neben der die seither erst aus der Maschinentechnik mit erwachsene moderne Wasserkraftausnützung immer erst noch einen kleinen Bruchteil ausmacht. Mit den hier genannten maschinen-technischen, d. h. sich aus dem Wesen der Dampfmaschinenwirknng selbst ergebenden Momenten verflechten sich die andersartigen sozialen und wirtschaftlichen Momente der kapitalistischen Entwicklung, die im 19. Jahrhundert durch die Technik mit hervorgerufen und bedingt war, wie sie andrerseits die Technik wiederum gesteigert und bedingt hat — ein Wechselverhältnis, das getragen oder doch beeinflußt wird von der geistigen Wandlung, die sich soziologisch und ideologisch an dem arbeitenden Stand wie an Arbeitsbegriff und Arbeitswillen im Verlauf der letzten technischen Jahrhunderte vollzogen hat (vgl. S. 63). Diese Geistes- und Entwicklungsgeschichte der modernen Technik ist noch nicht geschrieben. Der klar Überschaute Zusammenhang ihrer vielfältigen Momente wäre erst Voraussetzung für ihre zukünftige kritisch-geschichtliche Darstellung. Wenn auch aus diesem reichverschlungenen Geflecht hier beispielsweise nur ein Einzelfaden herausgehoben wird, so soll in dieser Isolierung doch die Hauptentwicklungslinie des historischen Verlaufs getroffen sein, die seinen Einsatz, seine Richtung und sein Fortschreiten entschieden hat. In diesem Sinn dient hier als Beispiel die Geschichte der Erfindung und Auswirkungen der W ä r m e k r a f t m a s c h i n e speziell nach ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung — um an dem konkreten Einzelfall die kulturkritisch in Betracht kommende Eigenart des Technischen sowohl dem geisteswissenschaftlich ungeübten Techniker, wie dem der Technik laienhaft gegenüberstehenden Philosophen möglichst anschaulich deutlich zu machen. 1. E N T S T E H U N G UND B E D E U T U N G D E R E R F I N D U N G WATTS. Es mag zu kühn erscheinen, die gesamte neuere Maschinentechnik letzthin nur von einer einzigen entscheidenden Erfindung abzuleiten, j a diese Erfindung selbst n u r als das W e r k eines Einzelnen anzusehen. Historisch freilich ist es ein Zufall, daß diese Erfindung der Dampfmaschine durch James W a t t , die schließlich wohl, wenn auch vielleicht erst nach viel längerer Zeit durch das Zusammen- und Nacheinanderwirken verschiedener Forscher sich entwickelt hätte, tatsächlich als W e r k dieses einzigen, überragenden Genius entstanden und vollendet worden ist. Geistesgeschichtlich aber ist die Tat dieses einzelnen Genius v o n entscheidender Bedeutung. Sie bedingt nicht nur den „ S p r u n g " in der Entwicklüngskurve der modernen Technik — ihre Eigenart l ä ß t Wesen und Charakter der hier neu entstehenden Technik im Fundament schon aus dem Geiste ihres großen Schöpfers deutlich werden, so daß dieser eine beispielhafte, fast symbolische, grundlegende Bedeutung annimmt.
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Zum Verständnis dieser Tatsache bedarf es eines kurzen Eingehens in das technische Detail. — Die schon vor W a t t vorhandene atmosphärische Maschine Thomas Newc o m e n s beruhte, wie auch schon der Name angibt, auf der Kraftwirkung des Atmosphärendruckes, des Druckes der AuQenluft, durch die ein Kolben in einen vorher luftentleerten Zylinderraum hineingepreßt wird. Entdeckung und Messung dieser Luftdruckwirkung geht auf Galilei und dessen Schüler Torricelli zurück, sowie auf die gleichzeitigen und davon unabhängigen Versuche O. von G u e r i c k e s (Experimenta nova s. Magdeburgica de vacuo spatio, 1672). Angeregt durch dieses Werk gab Christian H u y g e n s 1674 in Paris eine Maschinenvorrichtung an, um den Raum unter dem Arbeitskolben durch eine Pulverexplosion von Luft zu entleeren. Der ausführende Konstrukteur und Assistent Huygens', Denis P a p i n (später Professor in Marburg und Kassel) kam dann auf den Gedanken, statt der gefährlichen und unzureichenden Pulverexplosion die Wirkung des von ihm studierten Wasserdampfes zur Erzeugung des luftleeren Raumes zu benützen: Wird der Zylinder mit Dampf gefüllt und dann von außen abgekühlt, so kondensiert sich nun der Dampf auf eine winzige FlüsBigkeitsmenge und läßt dadurch den Zylinderraum nahezu luftleer zurück, in den die Außenluft den Kolben nun hineinpreßt. (Seine diesbezüglichen Veröffentlichungen in den acta eruditorum von 1690, 1707, sowie in seinem ungemein lehrreichen Briefwechsel mit L e i b n i z und H u y g e n s . ) Die hierauf beruhende, von Papin in Marburg und Kassel mehrfach ausgeführte und verbesserte Maschinenkonstruktion wurde im Todesjahr Papins, 1712, in England auf Grund der Papinschen Veröffentlichungen wie der Erfahrungen mit S a v e r y s Dampfpumpe praktisch weiterhin verbessert und ergänzt, von N e w c o m e n erstmals im großen aufgestellt und sie entwickelte sich dort als Pumpmaschine bald zum unentbehrlichen Hilfsmittel der von Wassersnot bedrängten Bergwerke, ohne doch in den nächsten sechzig Jahren irgendwie im wesentlichen verändert zu werden.
So wenig auch dem Laien der äußere Unterschied der ältesten Maschine Watts v o n der vorausgehenden atmosphärischen Maschine Newcomens auffallen mag (durch den geschlossenen Zylinder, die Hinzufügung des Kondensators), so umstürzend ist doch der Unterschied in prinzipieller Hinsicht: W a t t erst nimmt dem D a m p f die bloß zufällige Vermittlerrolle der Erzeugung des luftleeren Raumes und macht ihn, in klarer Erkenntnis seines Wesens, zum Arbeitsvermittler, Arbeitskörper in einer ganz andersartigen Maschine, eben der ersten wirklichen Dampfmaschine. Denn erst hier wirkt, statt des Drucks der Außenluft, in dem sorgfältig v o n ihr abgeschlossenen Zylinder die rationell beherrschte (und steigerbare!) Spannkraft des Kesseldampfes selbst in der innerlich durchaus umgestalteten Maschine; hier erst und zum erstenmal wird W ä r m e in der Wärmekraftmaschine (durch Vermittlung des arbeitenden, bis zu dem Kondensatorvakuum sich entspannenden Dampfes) umgesetzt in mechanische A r b e i t — als erstfer Beginn des ungeheuren Energieprozesses, der in der modernen, unaufhaltsam sich umbildenden Maschinentechnik rastlos weiterschreitet. Nicht einem zufälligen Gedanken also oder einer Summation und Steigerung v o n schon Vorhandenem entstammte diese weltumwälzende Erfindung; sie bedeutet eine schöpferische Neugestaltung auf Grund analytischer und rechnerischer Durchprüfung der physikalischen Grundlagen, des mit Wärme b e l a d e n e n Dampfes, die W a t t als erster überschaut, erkannt und überlegen bemeistert hat — ausgehend von der kritischen Beherrschung des Vor-
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handenen, das Ziel erreichend durch genialen Einsatz seiner erfinderischen Intuition, stetig verbunden mit streng wissenschaftlicher und experimentell begründeter Erforschung.
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J a m e s W a t t (1736—1819), aus kleinen Verhältnissen, mit guter Schulbildung, begann als Optiker u n d Mechaniker der schottischen Universität Glasgow, wo die Werks t a t t des bescheidenen jungen, scharfsinnigen I n s t r u m e n t e n m a c h e r s bald der T r e f f p u n k t von Gelehrten u n d Studierenden wurde. ,,Jede u n a u f g e k l ä r t e Frage", schreibt sein J u g e n d f r e u n d , der Edinburgher Professor Robison in seinem Rückblick 1799, „bildete f ü r ihn den Ausgangspunkt neuer ernster Studien u n d er r u h t e nicht eher, als bis er e n t weder ihre Wertlosigkeit nachgewiesen oder etwas aus ihr gemacht h a t t e . " — Aus solcher „Hochschulforschung" ging W a t t s Erfindung hervor, aus theoretischem Anlaß, aus der Untersuchung eines der Universität gehörigen kleinen Modells einer Newcomenschen Maschine, das W a t t wieder in Stand setzte und an dem i h m der erforderliche übergroße D a m p f v e r b r a u c h auffiel. W a t t s kritische Überlegung ging aus von dem Rätsel der großen Kühlwassermenge, die in den Zylinder dieser Maschine einzuspritzen war, u m den Dampf (zur Erzeugung des Vakuums) zur Kondensation zu bringen. I n exakter, q u a n t i t a t i v e r Messung schritten seine, bald von der Maschine unabhängigen, selbständigen Dampfversuche des J a h r e s 1764 f o r t : von der zahlenmäßigen E r m i t t l u n g der Verhältnisse von T e m p e r a t u r u n d Spannung des Dampfes zur Berechnung u n d zahlenmäßigen Feststellung des Volumverhältnisses der gleichen Gewichtsmenge Wasser und Dampf (und d a m i t zur exakten Messung des Dampfverbrauchs), und schließlich zur E n t d e c k u n g u n d zahlenmäßigen E r m i t t l u n g des gewaltigen Wärmeverbrauchs bei der Umwandlung einer Gewichtsmenge Wasser von 100° in Dampf von 100° — als dem Schlußglied in der Gedankenkette einer stetig tiefer greifenden u n d mit genial einfachen Mitteln die Erkenntnisstufe damaliger Wissenschaft weit übergreifenden Untersuchung. I n den drei Stufen dieser Dampfversuche von 1764 erschloß sich W a t t gewissermaßen nacheinander der Keim der technischen, der physikalischen und der thermodynamischen E r k e n n t n i s des Problems seiner — damals j a noch gar nicht erfundenen — Maschine, die im Dampf verborgene W ä r m e maschinell i n Arbeit umzusetzen! Der unbewußte Fortschritt dieser Stufen ist logisch im Sinne einer Wissenschaft, die eben aus der folgenden Erfindung W a t t s viel später dann durch andere Forscher zur verstandenen Theorie (der T h e r m o d y n a m i k ) erwachsen sollte. P r i m ä r i n W a t t war nur dieser Ideenkeim, gewonnen aus der experimentell durchforschten u n d von i h m zuerst begriffenen physikalischen Grundlage. Ihre Erkenntnis lieferte die Einsicht in die prinzipiellen Mängel der bisherigen Maschine u n d die klare Formulierung der B e d i n g u n g e n einer Verbesserung. Zu dieser theoretisch vorbereiteten E r k e n n t n i s der geforderten Aufgabe t r i t t zuletzt erst ihre Lösung u n d Verwirklichung im Blitz erfinderischer Phantasie, die nun jene Bedingungen in der technischen K o n s t r u k t i o n erfüllt, doch selbst durch die theoretische Grundlegung erst ermöglicht worden ist. I n voller Klarheit lagen nun die grundsätzlichen Fehler der Newcomenschen Maschine: als Grund des j e t z t erst zahlenmäßig offenbaren übergroßen Dampf- u n d Kühlwasserverbrauches die sinnwidrige Doppelverwendung des Zylinderraums als Dampfund Arbeits- wie als K ü h l - und Vakuumgefäß mit den sich dadurch ständig steigernden Wärmeverlusten. Die Versuchserkenntnis ließ sich praktisch in zwei Forderungen fassen: „ D e r Zylinder m u ß so heiß gehalten werden wie der eintretende D a m p f " , und doch m u ß die Dampfkondensation bei möglichst tiefer T e m p e r a t u r stattfinden. — „Die Mittel, diese beiden Bedingungen zu erfüllen", schreibt W a t t in seiner Rückschau, „ k a m e n mir nicht u n m i t t e l b a r in den Sinn." E r „ t a p p t e noch i m D u n k l e n " , bis endlich, nach Monaten vergeblichen Suchens, Anfang 1765, die aufleuchtende Intuition die Lösung brachte. E r schildert jenen Sonntagsspaziergang im P a r k zu Glasgow: „ I c h dachte an die Maschine und jene Experimente, die ich anstellte, u m W ä r m e zu sparen . . . Da k a m mir der Gedanke, daß der D a m p f , weil er ein elastischer Dunst sei, (im Zylinder)
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sich ausdehnen würde und in ein a n d e r e s , getrenntes Gefäß, das vorher luftleer gemacht worden war, nun von selbst hineinstürzen würde . . . bis ein Gleichgewichtszustand erreicht wäre, ja bis er (bei weiterer Einspritzung oder Abkühlung) ganz niedergeschlagen wäre — ohne daß doch der Zylinder abgekühlt würde!" Der geistige K o m b i n a t i o n s v o r g a n g ist deutlich: Watt sieht vor sich den luftleeren Raum (der durch die Dampfkondensation im Zylinder entsteht) und er sieht andrerseits den sich kondensierenden Dampf — doch nicht mehr als bloßen Erzeuger des Vakuums, sondern für sich, selbständig, als Gebilde, dessen Gesetz und Wirkungsweise er (allein) durchschaut — und nun bringt er im Geist beides zum erstenmal zusammen 2u dem neuen, nur von ihm und nur erst gedanklich erschauten Phänomen: Eben in einen solchen anderen, getrennten, vorbereiteten luftleeren Raum, wenn er dem Dampf plötzlich geöffnet würde, wird sich ja der sich ausdehnende Dampf schon von selbst hineinstürzen, um sich zu kondensieren! Der getrennte K o n d e n s a t o r war damit erfunden als das Fundament der ersten wirklichen Dampfmaschine, in deren nun geschlossenem Zylinder nicht die Luft sondern der nur vom Kesseldruck abhängige, beherrschbare Druck des sich entspannenden Dampfes selbst die Arbeit leistete, deren Ausmaß ermöglicht wurde durch den Anfangsdruck und durch die neu geschaffene, erfundene untere Expansionsgrenze im Vakuum des Kondensators.
Die neue Wirkungsmöglichkeit e r s c h a u t e W a t t in diesem einen G r u n d v o r g a n g des „sich h i n e i n s t ü r z e n d e n D a m p f e s " — einem Bild, in d e m sich i h m der E r t r a g seiner t h e o r e t i s c h e n F o r s c h u n g s v e r s u c h e konzentrierte u n d i n d e m sich i h m zugleich die neue K o n s t r u k t i o n s i d e e des j a n o c h n i c h t v o r h a n d e n e n K o n d e n s a t o r r a u m s e n t h ü l l t e , der erst diesen gedanklich e r s c h a u t e n D a m p f a u s s t r ö m u n g s v o r g a n g möglich m a c h e n sollte. I n i h m griff gewissermaßen seine schöpferische P h a n t a s i e n a c h d e m „ U r p h ä n o m e n " der W ä r m e k r a f t m a s c h i n e n w i r k u n g ü b e r h a u p t : d e m sich e n t s p a n n e n d e n D a m p f , d e m m i t W ä r m e (der v o n i h m e r f o r s c h t e n u n d begriffenen V e r d a m p f u n g s w ä r m e ! ) b e l a d b a r e n A r b e i t s k ö r p e r , der in d e r Maschine die mechanische Leistung erzeugt. E r e r s c h a u t e es im körperlichen B i l d : als den w i r k s a m e n S p a n n u n g s a b f a l l zwischen Kessel u n d K o n d e n s a t o r , d e n der D a m p f „ d u r c h s t ü r z t " , u n d er e r f a ß t e hierin also u n m i t t e l b a r das d y n a m i s c h e Prinzip, die eigentliche K r a f t a u s w i r k u n g der Maschine, deren i n t u i t i v e Idee sich d a n n erst m i t der technischen erforderlichen K o n s t r u k t i o n umkleidete, als der E r f ü l l u n g der zuerst gesehenen B e d i n g u n g e n der A u f g a b e . E i n halbes J a h r h u n d e r t noch reichte die Arbeits- u n d Gestaltungsk r a f t des Genius aus zu d e m gewaltigen W e r k dieser s t ä n d i g sich u m bildenden, e r w e i t e r n d e n Verwirklichung der ersten G r u n d i d e e i m Wachst u m d e r aus ihr sich u n a u f h a l t s a m e n t f a l t e n d e n D a m p f m a s c h i n e n i n d u strie. Noch alle weiteren notwendigen g r u n d l e g e n d e n E r g ä n z u n g e n h a t W a t t , v o n W e r k zu W e r k sich steigernd, selbst e r f u n d e n : D r e h b e w e g u n g , E x p a n s i o n , G e r a d f ü h r u n g , S c h w u n g r a d u n d R e g u l a t o r , j a sogar die Meßwerkzeuge (Rechenschieber, M a n o m e t e r , I n d i k a t o r ) der zu p r ü f e n d e n , d u r c h f o r s c h t e n , völlig b e h e r r s c h t e n Maschine — als ein größtes Beispiel stetig weiterschreitenden, gleichmäßig überlegenen S c h ö p f e r t u m s . E r s t diese d a u e r n d wirksame V e r b i n d u n g beider E l e m e n t e : der erfinderischen technischen I n t u i t i o n u n d der sie v o r b e r e i t e n d e n , j a erst h e r v o r r u f e n d e n
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wissenschaftlichen F o r s c h u n g e x a k t e r , z a h l e n m ä ß i g e r E r k e n n t n i s — wie bei Galileis u n d Keplers Gesetzen — h a t es W a t t möglich g e m a c h t , sein schöpferisches W e r k bis a n d a s Ziel h i n a u s z u f ü h r e n : erst i n d e m schwierigen J a h r z e h n t v o n 1765—75, d a er m i t verzweifelter A n s t r e n g u n g u m die erste Verwirklichung seiner E r f i n d u n g r a n g , a m R a n d e der Vern i c h t u n g , der sein erster finanzieller Helfer, D r . R o e b u c k erlag, wie d a n n i m folgenden V i e r t e l j a h r h u n d e r t , d a er, n o c h bis 1800 p a t e n t g e s c h ü t z t u n d n u n m e h r u n t e r s t ü t z t v o n d e n weitgreifenden F a b r i k a t i o n s - u n d G e l d m i t t e l n des t a t k r ä f t i g e n u n d genialen B o u l t o n , d e n g e s a m t e n A u s b a u seiner D a m p f m a s c h i n e u n d der ersten H a u p t e p o c h e ihrer Anw e n d u n g u n d U m b i l d u n g selber vollenden k o n n t e . E r s t diese V e r b i n d u n g zeigt a u c h die geschichtliche B e d e u t u n g des B e g r ü n d e r s der m o d e r n e n T e c h n i k in d e m K r e u z u n g s p u n k t zweier E n t wicklungslinien: der v o n L i o n a r d o , Guericke, P a p i n u n d N e w c o m e n her f ü h r e n d e n , der k o n s t r u k t i v e n technischen E r f i n d u n g , u n d der über Galilei, N e w t o n u n d L a g r a n g e , Laplace zur klassischen u n d a n a l y t i s c h e n Mechanik f ü h r e n d e n E n t w i c k l u n g der m a t h e m a t i s c h - p h y s i k a l i s c h e n N a t u r w i s s e n s c h a f t . A u c h diese letztere k o m m t , w e n n n i c h t d e n Einzelheiten, so doch der Methode, d e m Prinzip n a c h , in W a t t s Genius vollgültig zur W i r k u n g u n d i h r e gesammelte gereifte K r a f t h a t in B e f r u c h t u n g seiner schöpferischen P h a n t a s i e die ursprünglich a u f b r e c h e n d e T a t seines Werkes m i t ermöglicht u n d getragen. B e s t ä t i g t wird dies d u r c h die T a t s a c h e , d a ß die aus t h e o r e t i s c h e n P r ä m i s s e n erwachsene E r f i n d u n g W a t t s wieder z u m A u s g a n g s p u n k t der folgenden E n t w i c k l u n g s s t u f e der N a t u r w i s s e n s c h a f t werden k o n n t e : Der F o r t s c h r i t t der klassischen Mec h a n i k zu ihrer folgerichtigen E r w e i t e r u n g zur E n e r g e t i k h a t sich wesentlich a u f G r u n d der n e u g e w o n n e n e n t h e r m o d y n a m i s c h e n E r k e n n t n i s des begriffenen Arbeitsprozesses der Maschine W a t t s vollzogen. 2. D I E T H E O R E T I S C H E E R G R Ü N D U N G D U R C H S. C A R N O T . Auch diese zweite hier herausgehobene, theoretisch entscheidende S t u f e in d e m wissenschaftlichen E n t w i c k l u n g s g a n g e der Maschinentechnik — die e n t s t e h e n d e T h e r m o d y n a m i k u n d die E n e r g e t i k bis Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s — wird d u r c h einen ü b e r r a g e n d e n Genius b e g r ü n d e t , dessen erstes W e r k schon v o r a h n e n d d e n K e i m der g a n z e n s p ä t e r e n E n t wicklung i n sich b i r g t . Dies ist der j u n g v e r s t o r b e n e Ingenieuroffizier S a d i C a r n o t (1796—1832), der genialere Sohn eines genialen V a t e r s , der in seiner A b h a n d l u n g von 1824 ( „ S u r la puissance m o t r i c e d u f e u " , einer der b e d e u t s a m s t e n S c h r i f t e n der N a t u r w i s s e n s c h a f t e n ü b e r h a u p t ) zun ä c h s t vor allem d e m begrifflichen Verstehen der v o n W a t t e r f u n d e n e n Maschine u n d ihres A r b e i t s v o r g a n g e s n a c h f o r s c h t , doch d a b e i schon die Prinzipien einer k o m m e n d e n zentralen technischen W i s s e n s c h a f t in ihren wesentlichen Grundlinien e r s c h a u t oder v o r w e g g e n o m m e n h a t .
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Wieder ist es, wie bei W a t t , eigentlich n u r ein einziger u n d grundsätzlicher Blick auf den K e r n des Problems. Carnot sieht die erfundene, arbeitende Maschine u n d an ihr wieder das innere Wesen des Arbeitsprozesses — doch n u n nicht mehr anschaulich, als die Dampfwirkung, wie W a t t , sondern ungleich abstrakter, allgemeiner: als den W ä r m e vorgang, der jenen Arbeitsprozeß bedingt und so das Grundgesetz nicht n u r der D a m p f - sondern der Wärmekraftmaschine ü b e r h a u p t darstellt, bis zu den damals noch gar nicht v o r h a n d e n e n , von Carnot aber postulierten Yerbrennungs-, Hochdruck- u n d Heißdampfmaschinen einer späteren Z u k u n f t . — Abermals richtet sich dieser theoretisch forschende „Galileische" Blick auf den entscheidenden P u n k t der E r f i n d u n g : auf den Spannungsabfall zwischen Kessel u n d Kondensator, den W a t t erstmals als die Dampfkraft-Wirkungsmöglichkeit erschaut und dann in der von ihm erfundenen Maschine verwirklicht h a t t e . Carnot sieht gleichsam diesen Sprung u n d Abfall in der Spannung noch einmal: doch n u n begrifflich — als die Temperaturdifferenz, als die „fallende", sinkende W ä r m e zwischen Anfangs- und E n d z u s t a n d , deren U n t e r s c h i e d (das wieder herzustellende „unterbrochene Wärmegleichgewicht", wie er sich ausdrückt) jene Arbeitsleistung erst ermöglicht. Auf diese e r k a n n t e Ursache des Arbeitsvorgangs gründet Carnot nicht eine Erfindung, sondern seine rationale, verstehende Theorie dieser Erfindung: die technische Thermodynamik, die Theorie der W ä r m e u n d der W ä r m e k r a f t m a s c h i n e — und zwar zu einer Zeit, da W ä r m e u n d erst recht ihre Beziehung zu der Arbeitsleistung noch ganz unerforscht war. E r als erster h a t e r k a n n t , daß W ä r m e allein noch nicht genügt zur E r zeugung motorischer K r a f t , sondern daß hiefür ebenso notwendig auch die Kälte v o r h a n d e n sein m u ß als der Gegenpol (und dies ist der theoretische Ausdruck f ü r die entscheidende B e d e u t u n g des von W a t t erf u n d e n e n Kondensators!), zu dem hin die W ä r m e erst „abfallen" kann, „ e n t w e r t e t " werden k a n n , und er erkannte als ausschließlich bedingendes Maß f ü r die aus W ä r m e zu gewinnende Arbeit allein die Differenz der beiden Grenztemperaturen und das Q u a n t u m der übergehenden Wärme selbst — wobei also A r t u n d Natur des Arbeitskörpers (Dampf, Gas oder Luft) ganz ohne E i n f l u ß bleibt. Dieses intuitive, überlegene Verständnis des innersten Wesens des Arbeitsprozesses der Maschine s t ü t z t u n d beweist Carnot nicht durch Versuche, sondern durch einen von i h m erdachten u n d fingierten Grenzfall, den v o m Arbeitskörper zu durchlaufenden „vollkommenen Kreisp r o z e ß " — ein reines Gedankenexperiment (bewiesen durch Grundsätze der Mechanik, durch die Unmöglichkeit des perpetuum mobile), das doch unangreifbar schlüssig wieder auf den sicheren Boden der E r f a h r u n g selbst z u r ü c k f ü h r t u n d im Grund nichts anderes darstellt als den idealen, d. h. u n t e r den physikalischen Maximalbedingungen (der Isotherme u n d Adiabate, wie Carnot j e t z t die schon von W a t t gesehenen Bedingungen
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e x a k t wissenschaftlich formuliert) v e r l a u f e n d e n Arbeitsprozeß. D a r u m ist dieser hier v o n Carnot schon erreichte Beurteilungsgrad der G ü t e der Maschine erstaunlicherweise gar n i c h t m e h r empirischer N a t u r : er f ü h r t d e n Leistungsgrad z u r ü c k auf die naturwissenschaftlich-gesetzlichen u n d endgültigen Grenzbedingungen der theoretisch ü b e r h a u p t erreichb a r e n v o l l k o m m e n e n W ä r m e a u s n u t z u n g j e d e r n u r möglichen, d e n k b a r e n Wärmekraftmaschine. Die Erkenntnis dieser Bedingungen und der entscheidenden Temperaturdifferenz ist letzten Grundes nur die äußerste begriffliche Vergeistigung des e i n e n schöpferischen Erfindungsgedankens von Watt selbst: jenes von ihm als Kraftwirkung erschauten und gefundenen und verwirklichten Dampfspannungsabfalls zwischen Kessel und Kondensator. In diesem jetzt begriffenen „ P o t e n t i a l g e f ä l l e " sah Carnot die wirkende Idee und das bedingende Gesetz des Arbeitsvorgangs so rein reduziert auf seine eigene Bedingtheit, daß er ihr Gefüge gleichsam schon in der Geschlossenheit einer noch nicht vorhandenen Wissenschaft, der technischen Thermodynamik, „mühelos erschaute". Ihr Formelsystem ist schon in seinem Ansatz prinzipiell restlos vorhanden. Jene Carnotsche Funktion des notwendigen Potentialfalls liest das Grundprinzip der ganzen Energetik, j a die beiden Hauptgesetze dieser Wissenschaft in ihrer gegenseitigen Verflechtung aus dem Blick auf den Arbeitsprozeß der Dampfmaschine, dessen Idealfall, der „Carnotsche Kreisprozeß", intuitiv den Grenzfall physikalischer Naturvorgänge und der Energieentwertung als G e s e t z erfaßt.
Die E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e dieses wissenschaftlichen Systems ist u m so lehrreicher, als sich f ü r die vergleichende B e t r a c h t u n g hier ein Doppelv o r g a n g d a r b i e t e t : Zuerst die a h n e n d e geniale K o n z e p t i o n i m W e r k des jugendlichen C a r n o t ; i n seiner einzigen Veröffentlichung, in d e r Abh a n d l u n g v o n 1824 fehlten aber die f ü r die Energielehre e n t s c h e i d e n d e n Z u s ä t z e Carnots aus d e n n ä c h s t e n J a h r e n bis zu seinem f r ü h e n Tode 1832. Sie w u r d e n erst aus seinem lange u n b e k a n n t gebliebenen N a c h l a ß 1878 veröffentlicht, indes der A u s b a u der klassischen T h e r m o d y n a m i k , a u f G r u n d jenes Carnotschen Teilresultats v o n 1824, v o n den s p ä t e r e n deutschen u n d englischen F o r s c h e r n bis zur Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s selbs t ä n d i g vollzogen wurde. Dieser stufenweise A u s b a u d u r c h verschiedene Forscher zeigt sich f ü r die kritische B e t r a c h t u n g aber als n a c h t r ä g l i c h e B e s t ä t i g u n g der von Carnot schon a n d e m S t u d i u m der D a m p f m a s c h i n e gewonnenen, doch niemals ganz vollendeten u n d ganz veröffentlichten Theorie. Empirische Zufälligkeit u n d o b j e k t i v e Gesetzmäßigkeit der W i s s e n s c h a f t s f o r t b i l d u n g greifen i n e i n a n d e r u n d lassen die N o t w e n d i g keit d e r r a t i o n a l e n sachlichen Ergebnisse deutlich h e r v o r t r e t e n . Sie lassen sich d a r u m schon aus d e m f o r m e l h a f t e n Niederschlag e n t wickeln, d e n die Theorie schließlich g e f u n d e n h a t in d e m u m f a s s e n d e n Zentralbegriff jener E p o c h e — der E n e r g i e , als endgültigem M a ß des physikalischen Geschehens, d . h . des Arbeitsvorgangs an K ö r p e r s y s t e m e n . Die i n Modalität (potentiell, aktuell) u n d A r t (mechanisch, t h e r m i s c h , chemisch, elektrisch) u m w a n d e l b a r e Energie eines a b g e g r e n z t e n Systems ist darstellbar als das der Größe n a c h gleichbleibende P r o d u k t zweier F a k t o r e n , des I n t e n s i t ä t s - u n d des K a p a z i t ä t s f a k t o r s , u n d ist b e s t i m m b a r
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durch zwei H a u p t g e s e t z e : das der Erhaltung der Energie (als die bei jedem geschlossenen Prozeß quantitativ beharrende Gi;öße jenes Produkts) und das der Energieentwertung (über Art und Ablauf des Geschehens). E s besagt, daß der Prozeß in der Natur stets „nicht umkehrbar", einsinnig gerichtet vor sich geht, derart, daß jeweils der Intensitätsfaktor sich vermindert, der Kapazitäts- oder Entropiefaktor aber entsprechend zunimmt. — Gemäß dieser doppelten Bestimmbarkeit des Energiebegriffs zeigt auch seine E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e verschiedene Wege und Stufen, je nachdem die Forschung nach beiden Faktoren oder nach beiden Gesetzen gerichtet war. Historisch sind diese zwei Wege getrennt nacheinander beschritten worden, um sich erst später zu vereinigen. Die 1. S t u f e erforscht die Faktoren: die Thermometrie Galileis und Amontons; die Kalorimetrie von Watt und Black. Die 2. S t u f e sucht zuerst den II. Hauptsatz (Carnot, Clapeyron), dann den I. Hauptsatz (Mayer, Helmholtz, Joule, Thomson); die 3. S t u f e bringt die klärende Vereinigung zur technischen Thermodynamik (Clausius, Thomson, Rankine, Zeuner). 3. D I E S T U F E N W E I S E E N T W I C K L U N G D E R
ENERGETIK.
E r s t e S t u f e . I m Arbeitsvorgang, in der Arbeitsleistung der von W a t t erfundenen Maschine lag ein Prozeß vor, dessen Beurteilung über die Begriffe des bloßen Bewegungsvorgangs, wie er der Forschung der vorausgehenden Epoche, der klassischen Mechanik, vorwiegend zugrunde gelegen h a t t e , hinausgriff. Die wissenschaftliche Erklärung des Bewegungsvorgangs begann m i t der exakten Fassung und Formulierung der Veränder u n g der Bewegung, d. h. der B e s c h l e u n i g u n g , durch die Gesetze Galileis u n d konstituierte sich in der mechanischen G r u n d g l e i c h u n g : K r a f t = Masse X Beschleunigung, deren Begriffe eben aus der Beschleunigung selbst gewonnen waren: K r a f t als d a s die Beschleunigung Verursachende, M a s s e als das der Beschleunigung Widerstehende, als das passive „ A u f n a h m s v e r m ö g e n " f ü r bewegende K r a f t . Analog lag auch in dem noch unerkannten Energieprodukt der Arbeitsleistung abermals eine Vereinigung zweier Faktoren vor, n u r d a ß sie hier ungleich schwieriger zu bestimmen waren. Dem Analogon des Massebegriffs, dem noch unklaren Kapazitätsf a k t o r der W ä r m e m a s s e h a t t e n sich, als der spezifischen Wärme, im kalorimetrischen Mischungsverfahren wie bei Entdeckung der Verdampfungs- u n d der Schmelzwärme die Forschungen J . W a t t s u n d J . B l a c k s u n b e w u ß t wohl angenähert, doch war i h m auf diesem Wege, vor Erfassung der Wärmeenergie selbst, begrifflich noch nicht beizukommen. Dagegen f ü g t e es der Zufall, d a ß der andere, der Intensitätsfaktor, die T e m p e r a t u r h ö h e , infolge der günstigen W a h l des Meßkörpers von Anfang a n schon auf direktem Wege von der Forschung f a s t zwangsläufig geklärt werden konnte. Zur e x a k t e n Messung dieser Veränderung des Wärmezustands benützte G a l i l e i