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German Pages [184] Year 2012
Nora Derbal Philanthropie in Saudi-Arabien
Maecenata Schriften Band 9
Nora Derbal
Philanthropie in Saudi-Arabien Bestandsaufnahme und Untersuchung der organisierten wohltätigen Praxis in Djidda
Lucius & Lucius · Stuttgart · 2012
Anschrift der Autorin: Nora Derbal Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies (BGSMCS) Freie Universität Berlin Altensteinstr. 48 14195 Berlin [email protected]
Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds
Die Publikation ist die überarbeitete und aktualisierte Magisterarbeit von Nora Derbal, eingereicht im April 2011 am Institut für Islamwissenschaft der Freien Universität Berlin, gefördert durch den Kölner Gymnasial und Stiftungsfonds.
Der 6-monatige Auslandsaufenthalt zum Studium in SaudiArabien, der die Grundlage der Feldforschung für diese Arbeit darstellt, wurde außerdem großzügig durch den Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) gefördert.
DAAD
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb. de abrufbar. ISBN 978-3-8282-0564-2
© Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2012 Gerokstraße 51 · D-70184 Stuttgart www.luciusverlag.com
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Umschlaggestaltung: I. Devaux, Stuttgart Druck und Bindung: Rosch-Buch, Scheßlitz
ν
Inhalt Abbildungsverzeichnis
VII
Abkürzungsverzeichnis
Vili
Anmerkungen zu Umschrift und Zitierweise
Zusammenfassung Abstract
IX
X XI
Vorwort von Prof. Dr. Ulrike Freitag
Teil 1 - Einleitung
XIII
1
Teil 2 - Rahmenbedingungen 2.
Rahmenbedingungen des institutionalisierten philanthropischen Engagements in Saudi-Arabien
16
2.1
Geben als religiöse Kultur im Kontext des Islam
17
2.2
Das staatliche Sozialsystem und polit-ökonomische Hintergründe des wohltätigen Engagements
29
Rechtliche Grundlagen organisierter Philanthropie
39
2.3
Teil 3 - Wohltätige Initiativen in Djidda
3.
Institutionalisierte Wohltätigkeit in Djidda
49
3.1
Strukturmerkmale der Organisationsformen gam'Iya, mu'assasa, CSR ....
51
3.2
Tätigkeitsfelder der wohltätigen Initiativen Djiddas
56
3.2.1
Wohlfahrtsverbände (gam'ïyat hairiya)
56
3.2.2
Wohltätige Organisationen (mu'assasät hairiya)
65
3.2.3
Unternehmerische Initiativen (CSR)
69
3.3
Ergebnisse der Bestandsaufnahme
82
VI
Teil 4 - Idealtypische Einzelakteure
4.
Einzelakteure im philanthropischen Feld Djiddas im Verhältnis zur saudischen Gesellschaft
82
4.1
Die wohltätige Frau: Philanthropie als Aktionsraum
84
4.2
Der engagierte Jugendliche: Erlebniskultur im Namen von Wohltätigkeit
97
4.3
Der großzügige Kaufmann: CSR in historischer Tradition und die Frage nach politischer Partizipation
111
4.4
Der freigiebige König: Großzügigkeit als machtpolitische Maßnahme
124
Teil 5 - Schlussbetrachtung
133
Teil 6 - Quellen- und Literaturverzeichnis 6.
Quellen und Literaturverzeichnis
140
6.1
Quellen
140
6.2
Literatur
145
Teil 7 - Anhang 7.
Tabellen
7.1
Übersicht über in Djidda registrierte Wohlfahrtsverbände
7.2
7.1.1
Wohltätigkeitsverbände (gam'Iyät hairlya)
155
7.1.2
Wohltätige Frauenverbände (gam'Iyät hairiya nisä'Iya)
157
Übersicht über in Djidda gemeldete wohltätige Organisationen (mu'assasät hairlya)
7.3
155
158
Überblick über in Djidda philanthropisch aktive Unternehmen (CSR-Initiativen)
160
Danksagung
165
Autorin
166
VII
Abbildungsverzeichnis S. 57
Abb. 1: Das einigende Prinzip saudischer Frauenverbände: Hilfe von Frauen für Frauen. Hier: Medizinische Fürsorge, aus: Der Wohltätige Frauenverband: Kutaib asdarathu al-gam'Iya an-nisä'iya al-hairlya bi-munäsabat murür 20 sana 'alä ta'sisiha (Festschrift zum 20jährigen Bestehen des Wohltätigen Frauenverbands), Djidda 1982.
S. 59
Abb. 2: Nähstube im Frauenverband, aus: ebd.
S. 62
Abb. 3: Waisenkind im Al-Rafeef Waisenhaus, Titelblatt von: Der Faisalïya Frauenverband (al-öam'iya al-faisallya an-nisà'ïya bi-öidda): Bait ar-Rafìf. Särik ma'anä fi di'am mustaqbalinä, Informationsbroschüre der Einrichtung über das Waisenhaus, o.J. Djidda.
S. 86
Abb. 4: Die öffentliche Bibliothek des wohltätigen Frauenverbands: Zutritt nur für Frauen!, aus: Der Wohltätige Frauenverband: Kutaib asdarathu al-gam'Iya an-nisä'iya al-hairlya bi-munäsabat murür 20 sana 'alä ta'sisiha (Festschrift zum 20-jährigen Bestehen des Wohltätigen Frauenverbands), Djidda 1982.
S. 94
Abb. 5: Schreibmaschinenkurs- Empowerment, aus: ebd.
S. 102
Abb. 6: Fainak Charity Garage Sale- Wohltätige Erlebniskultur, aus: Fainak?: Mitgliedermagazin der Jugendorganisation Fainak, Rumman Company (Hg.), Djidda 2008 im Besitz der Autorin.
S. 103
Abb. 7: Fainak Charity Garage Sale- Garantiert gute Stimmung, aus: ebd.
S. 104
Abb. 8: Accessoires und Folklore: hier eine ,folkloristisch-moderne' Brosche, aus: Destination Jeddah: Rumman Company (Hg.), gedruckt in Coventry, Groß-Britannien, Nr. 12, Januar 2010
S. 106 & S. 107 Abb. 9: Sonderberichterstattung Destination Jeddah, 4 Fotos, Jugendliche im Einsatz, in: ebd. S. 118
Abb. 10: Programm des Jahresfests der Home Health Care Organisation 2010- Inszenierung, im Besitz der Autorin.
S. 119
Abb. 11: Einladung zum Jahresfest der Home Health Care OrganisationFa-künü ma'anä, im Besitz der Autorin.
S. 121
Abb. 12: Gebot der Menschenliebe, Titelblatt von: Wedad Charity Foundation (öam'Iyat al-widäd al-hairlya): at-Taqrlr as-sanawi al-awwal 1429 higri, erster Jahresbericht (2008), o.J. Djidda.
Vili
Abkürzungsverzeichnis CSO
Civil-Society-Organisation bzw. bürgerschaftlicher Verband
CSR
Corporate Social Responsibility bzw. unternehmerische Gesellschaftsverantwortung
Grundgesetz
Grundgesetz der Herrschaftsausübung (an-Nizäm al-asäsi li-al-hukm)
ICNL
International Center for Not-for-Profit Law
KAU
König cAbd al-'Aziz Universität
KAUST
König 'Abdallah Universität für Wissenschaft und Technologie
KSA
Königreich Saudi-Arabien
KSU
König Sa'üd Universität
Medad
nternational Center for Researches and Studies Medad (al-Markaz ad-duwalï li-al-abhät wa-ad-dirasât)
NAA
National Authority for Associations and Civil Organizations (al-Hai'a al-wataniya li-al-gam'Iyät wa-al-mu'assasät al-ahlîya)
NGOs
Non-Governmental Organisations bzw. Nicht-Regierungsorganisationen
NPOs
Not-For-Profit Organisations bzw. gemeinnützige Organisationen
SAMA
Saudi Arabian Monetary Agency (Mu'assasat an-naqd al-'arabî as-sa'ûdï)
SRA
Saudische Rial
UNDP
United Nations Development Program
SARCI-Report
The Saudi Responsible Competitivness Index 2008
IX
Anmerkungen, Umschrift, Zitierweise Saudi-Arabien ist eines der wenigen Länder, das offiziell nicht dem westlich gregorianischen Kalender, sondern dem islamischen Kalender (at-taqwïm al-higrî) folgt. Der islamische Kalender ist ein Mondkalender und rechnet folglich nach Mondmonaten. Die islamische Zeitrechnung beginnt mit der Auswanderung (ar. higra) des Propheten Muhammad aus Mekka nach Medina am 16. Juli 622 nach Christus gemäß gregorianischer Zeitrechnung. Seit der Hidschra wird in Mondjahren gezählt (AH = Anno Hegirae). Somit befinden wir uns heute entsprechend dem gregorianischen Kalender im März 2011 n. Chr., was nach islamischer Zeitrechnung dem Jahre 1433 AH entspricht. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden Daten saudischer Organisationen, etc., die der Autorin nur nach islamischem Kalender vorliegen, in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe des online-Kalkulationsprogramms der Universität Zürich, Orientalisches Seminar unter URL: http://www.oriold.uzh.ch/, umgerechnet und gemäß dem gregorianischen Kalender wiedergegeben. Arabische Begriffe und Namen wurden nach den Empfehlungen der Deutsch Morgenländischen Gesellschaft (DMG): Die Transliteration der arabischen Schrift in ihrer Anwendung auf die Hauptliteratursprachen der islamischen Welt. Denkschrift dem 19. Internationalen Orientalistenkongreß in Rom vorgelegt von der Transkriptionskommision der DMG, Leipzig 1935 wiedergegeben. Die Transkription gibt die Pausalform der arabischen Sprache wieder (d.h. keine Darstellung der vollen Flexionsendungen i'räb). Die Artikelassimilation bei so genannten Sonnenbuchstaben wird vollzogen (hurüf as-sams) und das in einer Genitiwerbindung (status constructus) in der arabischen Sprache realisierte -t- der Femininendung des ersten Glieds wird dargestellt (z.B. mahabbat an-näs). Die Femininendung Tä ' marbütah wird sonst nur nach langem ä durch ein h dargestellt, etwa in haiyäh (Ausnahme: die Almosengabe wird dem deutschen alltäglichen Gebrauch entsprechend als zakät und nicht zakäh wiedergegeben). Davon abgesehen stellt die hier verwendete Umschrift das Druckbild der arabischen Sprache dar und nicht die Orthoepik (z.B. bi-al-balad und nicht bi-lbalad oder bi-'l-balad). Insofern standardisierte deutsche Entsprechungen existieren werden diese verwendet (z.B. Koran statt qur'äri). Insbesondere saudische staatliche Institutionen und zum Teil auch andere Einrichtungen werden oft im Internet oder in Informationsbroschüren sowohl auf Arabisch, als auch auf Englisch dargestellt. Ist dies der Fall, wird zur Erleichterung des Leseflusses im Fließtext der Arbeit der Englische Name verwendet und nur bei der ersten Erwähnung der arabische Name in transkribierter Form wiedergegeben, so z.B. für die National Authority for Associations and Civil Organizations (al-Hai'a al-watanïya li-al-gamcïyât wa-al-mu'assasät al-ahlïya). Bezeichnen sich die Einrichtungen selbst nur mit einem englischen Namen, wird nur dieser verwendet und keine arabische Entsprechung (z.B Dallah Albaraka und nicht Dallah al-baraka). Arabische Personennamen, die u.a. in der Presse nur auf Englisch erwähnt sind, werden in dieser Schreibweise übernommen, z.B. die Herausgeberin des Magazins Destination Jeddah erscheint wie dort angeführt als Enas Hashani.
χ
Zusammenfassung Den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit bildete die Beobachtung der Autorin vor Ort in Saudi-Arabien in 2009/10, dass Wohltätigkeit ein omnipräsentes und in ihren organisierten Formen immer stärker sichtbares und bedeutungsvolles Phänomen in der saudischen Gesellschaft darstellt. Am Anfang steht deshalb die Frage, wie sich die These der zunehmenden gesellschaftlichen Attraktivität und Relevanz von organisiertem philanthropischem Engagement erklären lässt. Um sich der Bedeutung des wohltätigen Engagements im saudischen Kontext anzunähern, stellt die Arbeit zunächst die Rahmenbedingungen, in denen sich organisierte Wohltätigkeit vollzieht aus drei wichtigen Blickwinkeln, dar: sie verortet das Geben als religiöse Kultur im Kontext des Islam, arbeitet den polit-ökonomischen Hintergrund und das überforderte staatliche Sozialsystem auf und beschreibt den äußerst restriktiven rechtlichen Rahmen des karitativen Felds. Auf die Rahmenbedingungen der philanthropischen Praxis folgt das Kernstück der Studie, eine empirische Bestandsaufnahme der organisierten wohltätigen Initiativen in Djidda. Diese zeigt auf, welche philanthropischen Initiativen es in Djidda gibt und wem dadurch wie geholfen wird. Zunächst werden dafür die drei zentralen Arten des wohltätigen Zusammenschlusses als gam'iya hairîya (Wohlfahrtsverband), mu'assasa hairîya (wohltätige Organisation) und corporate social responsibility (CSR)-Initiative (unternehmerische Gesellschaftsverantwortung) erläutert. Es wird aufgezeigt, welche Strukturmerkmale die unterschiedlichen Organisationsformen prägen. Darauf folgt eine detaillierte Darstellung des Engagements der wohltätigen Initiativen vor dem Hintergrund der Frage, in welchen Bereichen und für wen sich die Einrichtungen engagieren. Davon ausgehend rekonstruiert idealtypisch eine abschließende Analyse vier Akteursgruppen, welche die Bestandsaufnahme als zentral im philanthropischen Feld Saudi-Arabiens aufzeigt: wohltätige Frauen, engagierte Jugendliche, großzügige Unternehmer und die Königsfamilie bzw. die Inszenierung des Königs. Philanthropie erscheint für saudische Frauen in anbetracht des restriktiven, offiziell propagierten Rollenbilds, der idealen saudische Frau als Muslima, Ehefrau und Mutter, für viele Wohltäterinnen ein geschätzter Aktionsraum und eine begehrte Beschäftigungsmöglichkeit. Auch für saudische Jugendliche muss wohltätiges Engagement als eine gesellschaftlich anerkannte Form der Partizipation gesehen werden. Jedoch zeigt die Arbeit auch, dass sich eine wohltätige Erlebniskultur etabliert, die für Jugendliche in Saudi-Arabien schlicht Unterhaltung und Abwechslung bedeuten kann. Für den großzügigen Unternehmer bietet Wohltätigkeit die Möglichkeit, seinen guten Ruf zu pflegen, den Status in der Oberschicht zu festigen und nützliche Kontakte zu knüpfen. Darüber hinaus zeigt die Bestandsaufnahme, dass das philanthropische Feld Unternehmern erlaubt auf vielfältige soziale Prozesse (bescheiden) Einfluss zu nehmen. Am wenigsten überrascht das Ergebnis, dass es dem König widerum gelingt, sich durch die rhetorische Inszenierung großzügiger Gesten als gnädigen Vater, legitimen Patriarch und freigiebigen, islamischen Herrscher darzustellen.
XI
Abstract The starting point of this study was the observation by the author in Saudi Arabia in 2009/10 that charity is an omnipresent and in it's organized forms increasingly visible and meaningful phenomen in Saudi society. At the beginning of the study therefore stands the question, how the hypothesis of an increasing social attractiveness and relevance of organized philanthropic commitment can be explained. The study first locates and examines the context in which the benevolent engagement has to be embedded within Saudi society from three perspectives: it locates giving as a religious culture in the context of Islam and Saudi society, it illustrates the politico-economic background and the overburdened state welfare system and finally it describes the highly restrictive legal framework of the charitable field in Saudi Arabia. The framework of philanthropic practice is followed by the core piece of this study: an empirical survey of the organized charitable initiatives in Jeddah. The survey gives an overview of institutionalized benevolent initiatives in Jeddah and shows who is initiating what kind of action for whom. Therefore, first the three main types of charitable organisations will be explained: the gam'Iya hairiya (welfare association), the mu'assasa hairiya (benevolent organization) and corporate social responsibility (CSR) initiatives. The survey illustrates the structural features which characterize the different forms of organization and elaborates on the projects and areas of their commitment. Lastly, the analysis ideally reconstructs the four groups of actors, which the empirical survey shows to be central in the philanthropic field of Saudi Arabia: charitable women, youth activists, generous merchants and the royal family respectively the portrayal of the King. Philanthropy seems to Saudi women, given their restrictive role and the officially propagated image of the ideal Saudi woman as wife and mother, for many female benefactors a highly esteemed action space and a soughtafter job opportunity. Also, for young Saudis benevolent action must be seen as a socially accepted and approved form of societal participation. However, the work also describes a charity-event-culture, which can simply mean a kind of alternation from every-day life and entertainment for young people in Saudi Arabia. For the generous merchant charitable commitment offers the potential to establish a good reputation, to strengthen the status of the upper class and to make useful contacts. In addition, the empirical survey shows, that the philanthropic field allows merchants to (modestly) exert influence on a variety of social processes. Least surprisingly, the study shows that the philanthropic field and lavish gestures allow the king to rhetorical stage himself as gracious father, legitimate patriarch and generous Muslim ruler.
XIII
Vorwort von Prof. Dr. Ulrike Freitag Philanthropie ist ein hochaktuelles Thema in Saudi-Arabien. Neben staatlicher Sozialpolitik bildet sie einen wichtigen Pfeiler der sozialen Absicherung, denn der gut sichtbare ölreichtum verbirgt die Armut, die trotz staatlicher Entwicklungs- und Beschäftigungsprogramme daneben existiert. Sie betrifft oft Randgruppen, geographisch wie sozial, etwa Witwen und geschiedene Frauen, Zuwanderer in den Städten, denen es nicht gelingt, einen ausreichend bezahlten Arbeitsplatz zu finden, oder alte Menschen, die durch gesellschaftlichen Wandel und Migrationsprozesse plötzlich nicht mehr auf die traditionelle Fürsorge durch die Familie hoffen können. Philanthropie unterstützt aber auch die gerade zur Zeit aufblühende Kunstszene in SaudiArabien oder fördert Projekte für Jugendliche, deren Freizeitmöglichkeiten in dem von strengen religiösen Normen dominierten Staat sehr beschränkt sind. Teilweise, so argumentiert Derbal, trägt die karitative Tätigkeit ihrerseits zur Sinnstiftung unter den derart Aktiven teil. Dies gilt gerade unter den Frauen, welche nur beschränkte Möglichkeiten beruflicher und anderweitiger Entfaltung haben. Bisweilen mag sie sogar als ein Ersatz für ansonsten mangels legaler Organisationen fast unmögliches zivilgesellschaftliches Engagement dienen. Sie kann jedoch auch der bewussten Pflege des religiösen und gesellschaftlichen Ansehens der Philanthropen dienen, zumal es eine lange islamische Tradition der Philanthropie gibt. Die lesenswerte Studie stellt die verschiedenen Formen des Stiftens und deren Rahmenbedingungen ebenso dar wie die Motivationen unterschiedlicher Gruppen von karitativ Tätigen. Nora Derbal kann sich aufgrund eines längeren Studien- und Forschungsaufenthalts in Saudi-Arabien auf fundiertes empirisches Material stützen und betritt auch in dieser Hinsicht Neuland. Ihre Arbeit ist ein wichtiger Beitrag nicht nur zur Frage islamischer Wohltätigkeit, sondern auch zum Verständnis des gesellschaftlichen Wandels, der sich seit einigen Jahren in Saudi-Arabien beobachten lässt.
Ulrike Freitag Berlin, 21. März 2012
Teil 1 - Einleitung
1
1. Einleitung „Der Vertreter des englischen Consuls, der schon viele Jahre in Dschedda lebt, versicherte mir, daß man im Sommer für den täglichen Wasserbedarf des Consuls oft fünf Franken ausgebe. So viel kostet nämlich dann die Kamellast, und die Armen würden bei solchen unerschwinglichen Wasserpreisen verschmachten, beständen nicht hier, wie in jeder mohammedanischen Stadt, fromme Stiftungen, damit die Leute umsonst trinken können. Hier geht die Wohlthätigkeit sogar noch weiter, als in anderen Städten, wo man sich begnügt, öffentliche Sebils (Trinkbrunnen) zu errichten; die hiesigen Stiftungen schicken vielmehr ihre Wasserträger in den Straßen herum, welche die Durstigen umsonst trinken lassen. Man nennt diese dann auch ,Sebil', gleichsam,wandelnde Trinkbrunnen'.i
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156
Anhang
gen Gemeinschaft 23.01.2007
Die wohltätige Vereinigung zur Unterstützung Jugendlicher bei der Eheschließung und bei der Ausrichtung auf die Familie
05.03.2008
Die Wohlfahrtsvereinigung der Zuneigung
23.09.2008
Die saudische Aids-Hilfe
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Der Wohltätigkeitsverband zum Schutz der bedürftigen Familien in Djidda Der wohltätige Verband der Alzheimerberater im Distrikt Djidda
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