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German Pages 156 [154] Year 2016
Dr. Boris Augurzky, Dr. Dörte Heger, Corinna Hentschker, Dr. Sebastian Krolop, Dr. Magdalena Stroka
Pflegeheim Rating Report 2015
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet. Der Verlag und die Autoren können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen. © VINCENTZ NETWORK, Hannover 2015 Besuchen Sie uns im Internet: www.careinvest-online.net Das Werk einschließlich seiner Einzelbeiträge und Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen. Druck: KN Digital Printforce GmbH, Ferdinand-Jühlke-Straße 7, 99095 Erfurt Foto Titelseite: fotolia ISBN 978-3-74860-150-0
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Vorwort Vorwort Bei dem vorliegenden Pflegeheim Rating Report 2015 handelt es sich um den vierten Report. Hauptziel ist die Verbesserung der Transparenz im deutschen Pflegemarkt – mit Fokus auf der stationären Pflege. Daraus abgeleitet ergibt sich der Anspruch, den Entscheidungsträgern auf den verschiedenen Ebenen (Pflegeheimen und deren Geschäftspartnern, Politik, Krankenversicherungen, Banken und Investoren) empirisch abgesicherte Erkenntnisse über diesen Markt an die Hand zu geben. Für die aktuelle Ausgabe konnten 469 Jahresabschlüsse untersucht werden, die insgesamt 2 252 Pflegeheime umfassen. Auch konnten wieder die amtlichen Daten des Statistischen Bundesamts aller rund 13 000 Pflegeheime und 12 700 ambulanter Dienste untersucht werden. Wir danken Nils Heinrich, Vanessa Kuske, Christiane Roller und Dennis Strogies für wertvolle Unterstützung, Kommentare und Anregungen bei der Erstellung der Studie und der TERRANUS-Gruppe für Einblick in die Pflegeatlas-Daten. Den Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder danken wir für die Bereitstellung der amtlichen Daten und Julica Bracht, Claudia Lohkamp, Jacqueline Manhold und Daniela Schwindt für die organisatorische Hilfe. Die Verantwortung für den Inhalt und für eventuelle Fehler tragen selbstverständlich allein die Autoren. Wir freuen uns über Kritik und Anregungen zur stetigen Verbesserung des Reports. Essen, Hamburg, den 30. November 2015 Dr. Boris Augurzky, Dr. Dörte Heger, Corinna Hentschker, Dr. Sebastian Krolop, Dr. Magdalena Stroka
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Inhalt Vorwort 3 Executive Summary 13 1. Einleitung 17 2. Der Pflegemarkt 18 2.1 Datengrundlage 18 2.2 Status quo 20 2.2.1 Marktübersicht 20 2.2.2 Nachfrage 23 2.2.3 Preise 31 2.2.4 Angebot 41 2.2.5 Personal 51 2.3 Projektionen 56 2.3.1 Nachfrage 56 2.3.2 Angebot 67 2.3.3 Personal 71 2.4 Soziale Pflegeversicherung 73 2.5 Wesentliche Ergebnisse im Überblick 77 2.5.1 Status quo 77 2.5.2 Projektion 79 3. Das Rating der Pflegeheime 80 3.1 Datengrundlage 80 3.2 Methodik 84 3.3 Aktuelle Situation 86 3.3.1 Stichprobe 86 3.3.2 Vergangene Entwicklung 90 3.3.3 Erwartete Situation 2014 und 2015 92 3.3.4 Ergebnisse für Untergruppen 94 3.3.5 Multivariate Analyse 103 3.4 Kapitalstruktur der Pflegeheime 104 3.5 Erforderliches EBITDAR und Investitionsfähigkeit 109 3.6 Hochrechnung des Ratings 114 3.7 Wesentliche Ergebnisse im Überblick 118
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Pflegeheim Rating Report 2015 4. Sonderanalyse 119 4.1 Bautätigkeit im Pflegesektor 119 4.2 Regionale Ergebnisse 126 4.3 Wesentliche Ergebnisse im Überblick 128 5. Ausblick 128 5.1 Pflegemarkt 128 5.2 Personalbedarf 130 5.3 Kapitalbedarf 131 5.4 Finanzierung 132 5.5 Pflegeheim und Pflegemarkt der Zukunft 134 6. Benchmarks 138 7. Glossar 148 8. Literatur 151 Verzeichnis der Karten Karte 1
Anteil stationärer Fälle an allen Fällen 26
Karte 2
Anteile Heimbewohner der Pflegestufe I 28
Karte 3
Durchschnittspreis für Pflege inkl. UV 35
Karte 4
2013; in €/Tag 35
Karte 5
Investitionskosten 36
Karte 6
Gesamtpreisniveau (Pflege, UV und IK) 37
Karte 7
Anteile privater Plätze 47
Karte 8
Auslastung der Pflegeheime nach Kreise 49
Karte 9
Wachstum der Zahl der stationären Pflegefälle nach Kreisen 64
Karte 10
Bedarf an stationären Plätzen nach Kreisen 69
Karte 11
Standorte neuer Pflegeheime
Karte 12
Standorte der Umbau- und Sanierungsvorhaben
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Inhalt Verzeichnis der Schaubilder Schaubild 1
Marktvolumen 20
Schaubild 2
Verteilung der Gesundheitsausgaben 21
Schaubild 3
Überblick zum Pflegemarkt (ohne GKV- und GUVLeistungen) 22
Schaubild 4
Verteilung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Art der Pflege 23
Schaubild 5
Änderung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Art der Pflege 24
Schaubild 6
Bevölkerung im Alter von 55 bis 69 Jahren 25
Schaubild 7
Verteilung der Pflegefälle nach Pflegestufen 27
Schaubild 8
Verteilung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Trägerschaft 29
Schaubild 9
Verteilung der Heimbewohner nach Geschlecht 30
Schaubild 10
Neuzugänge in Pflegeheimen aus Krankenhäusern 31
Schaubild 11
Durchschnittliche Vergütung je Entgeltkomponente 33
Schaubild 12
Preise für Pflegeleistungen nach Pflegestufen 33
Schaubild 13
Durchschnittlicher Preis nach Trägerschaft und nach Ost/ West 38
Schaubild 14
Änderung des durchschnittlichen Preises (ohne IK) nach Trägerschaft und Ost/West 39
Schaubild 15
Preisniveau der Pflegeheime nach Ländlichkeit und Trägerschaft 40
Schaubild 16
Verteilung der stationären Pflegeplätze nach Art der Pflege 41
Schaubild 17
Zahl der Einrichtungen und Plätze 42
Schaubild 18
Wachstum der Zahl der Plätze nach Trägerschaft 43
Schaubild 19
Verteilung der Heime und der ambulanten Dienste nach Trägerschaft 44
Schaubild 20 Verteilung der stationären Plätze nach Trägerschaft 45 Schaubild 21
Verteilung der Heime nach Trägerschaft und Ländlichkeit 45
Schaubild 22 Verteilung der Pflegeheime nach Größe 46 Schaubild 23
Auslastung der Pflegeheime ohne Tagespflege 48
Schaubild 24 Art der Zimmer in Pflegeheimen 50 Schaubild 25 Anteil Plätze in 1-Bett-Zimmern nach Markteintritt 50
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 26 Art der Zimmer in Pflegeheimen nach Trägerschaft 51 Schaubild 27
Insgesamt Beschäftigte und Pflegefachkräfte in Pflegeheimen und ambulanten Diensten 52
Schaubild 28 Pflegefachkräfte in Krankenhäusern, und in der stationären und ambulanten Pflege 53 Schaubild 29 Bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete, offene Stellen 54 Schaubild 30 Auszubildende je Bewohner in Pflegeheimen 54 Schaubild 31
Personal je Bewohner in Pflegeheimen 55
Schaubild 32
Personal je Bewohner in Pflegeheimen nach Bundesländern 56
Schaubild 33
Bevölkerungsentwicklung nach Altersklassen 57
Schaubild 34 Pflegequoten insgesamt (Summe stationär, ambulant und Pflegegeldempfänger) 58 Schaubild 35
Pflegesätze der SPV nach Art der Pflege 59
Schaubild 36 Vollstationäre Pflegequoten nach Alter und Geschlecht 60 Schaubild 37
Ambulante Pflegequoten und Pflegequoten Pflegegeldempfänger nach Alter und Geschlecht 61
Schaubild 38 Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt 62 Schaubild 39 Zahl der vollstationären Fälle 63 Schaubild 40 Zahl der ambulanten Fälle 65 Schaubild 41
Zahl der Pflegegeldempfänger 66
Schaubild 42 Marktvolumen der stationären und ambulanten Pflege 67 Schaubild 43 Bedarf an stationären Plätzen gegenüber 2013 68 Schaubild 44 Bedarf an Neu- und Re-Investitionen (kumuliert) 70 Schaubild 45 Bedarf an Pflegefachkräften und Beschäftigten insgesamt (ambulant und stationär) 72 Schaubild 46 Bedarf an Pflegefachkräften und Beschäftigten insgesamt (ambulant und stationär) 72 Schaubild 47
Kostenträger der stationären und ambulanten Pflege 74
Schaubild 48 Einnahmen und Ausgaben der SPV 76 Schaubild 49 Kapitalreserven der SPV 76 Schaubild 50 Jahresabschlüsse nach Bilanzjahr 80 Schaubild 51
Verteilung der Pflegeheime nach Bundesländern in Stichprobe und Grundgesamtheit 81
Schaubild 52 Verteilung der Pflegeheime nach Trägerschaft in Stichprobe
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Inhalt und Grundgesamtheit 82 Schaubild 53 Verteilung der Pflegeheime nach Größe in Stichprobe und Grundgesamtheit 83 Schaubild 54 Kennzahlen zur Bestimmung des Bilanzratings 85 Schaubild 55 Ampelklassifizierung über errechnete Ausfallwahrscheinlichkeiten 85 Schaubild 56 Ausfallwahrscheinlichkeit und Ampelklassifikation von Pflegeheimen, Krankenhäusern und Rehakliniken 87 Schaubild 57
Verteilung der Pflegeheime, Krankenhäuser und Rehakliniken nach der Höhe des Jahresüberschusses 88
Schaubild 58 Vorgehensweise zur Imputation der Mietaufwendungen 89 Schaubild 59 EBITDAR-Marge 90 Schaubild 60 Ampelklassifikation und Ausfallwahrscheinlichkeit 91 Schaubild 61
Verteilung nach der Höhe des Jahresüberschusses 91
Schaubild 62 EBITDAR-Marge im Zeitverlauf 92 Schaubild 63
Projektion der Ampelklassifikation und der Ausfallwahrscheinlichkeit 93
Schaubild 64 Projektion der Verteilung nach der Höhe des Jahresüberschusses 93 Schaubild 65 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Jahresüberschuss nach Trägerschaft 95 Schaubild 66 Ausfallwahrscheinlichkeit nach Trägerschaft 95 Schaubild 67
Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Jahresüberschuss nach Trägerschaft ohne Kapitalisierung der Miete 96
Schaubild 68 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und EBITDARMarge nach Größe 97 Schaubild 69 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Höhe des Jahresüberschuss nach Ländlichkeit 97 Schaubild 70 Ausfallwahrscheinlichkeit nach Regionen 98 Schaubild 71
Veränderung der Ausfallwahrscheinlichkeit nach Regionen 99
Schaubild 72
Verteilung nach Höhe des Jahresüberschusses nach Regionen 100
Schaubild 73
Ausfallwahrscheinlichkeit nach Kette versus Einzelheim und nach Preisniveau 101
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 74 Ausfallwahrscheinlichkeit nach weiteren Untergruppen 102 Schaubild 75
Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Höhe des Jahresüberschusses nach Pflegequalität („RWI-Maß“) 103
Schaubild 76 Zusammensetzung der Aktiva und Passiva nach Trägerschaft 105 Schaubild 77
Kapitalstruktur nach Trägerschaft 106
Schaubild 78 Förderquote und Investitionskostenanteil 107 Schaubild 79 Förderquote nach Trägerschaft 107 Schaubild 80 Förderquote nach Bundesländern 108 Schaubild 81
Investitionsfähigkeit nach Trägerschaft 114
Schaubild 82 Ampelklassifikation und Ertragslage im Basisszenario 115 Schaubild 83 Ampelklassifikation und Höhe des Jahresüberschusses im Szenario Lohndruck 116 Schaubild 84 Ampelklassifikation und Höhe des Jahresüberschusses im Szenario Lohndruck und Produktivitätsfortschritt 117 Schaubild 85 Ausfallwahrscheinlichkeit für verschiedene Szenarien 118 Schaubild 86 Durchschnittliche Platzzahl nach Region 127 Schaubild 87 Durchschnittliche Investitionssumme pro Platz nach Region 127 Schaubild 88 Integration Pflege und andere Gesundheitsanbieter 137
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Inhalt Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1
Zahl der Heime nach Art der Pflege 19
Tabelle A1
Komponenten des Heimentgelts 32
Tabelle 2
Bilanz und GuV eines beispielhaften privaten Pflegeheims 110
Tabelle 3
Bilanz und GuV eines beispielhaften freigemeinnützigen Pflegeheims 112
Tabelle 4
Bilanz und GuV eines beispielhaften öffentlich-rechtlichen Pflegeheims 113
Tabelle 5
Anzahl der erfassten Bauprojekte nach Neubau und Sanierung/ Umbau 120
Tabelle 6
Kennzahlen der Bauprojekte nach Neubau und Sanierung/ Umbau 122
Tabelle 7
Umsatz von 40 großen Pflegeheimbetreibern 135
Tabelle 8
Stichprobe von 40 großen Pflegeheimbetreibern in der Markübersicht 136
Tabelle 9
Das repräsentative Pflegeheim nach Ausfallwahrscheinlichkeit 139
Tabelle 10
Das repräsentative Pflegeheim nach dem Ampelsystem 140
Tabelle 11
Das repräsentative Pflegeheim nach Trägerschaft 141
Tabelle 12
Das repräsentative Pflegeheim nach Größe 142
Tabelle 13
Das repräsentative Pflegeheim nach Preisniveau 143
Tabelle 14
Das repräsentative Pflegeheim nach Stadt und Land 144
Tabelle 15
Das repräsentative Pflegeheim nach Einzelheim und Kette 145
Tabelle 16
Das repräsentative Pflegeheim nach Pflegequalität 146
Tabelle 17
Das repräsentative Pflegeheim nach Eigen-/Fremdbesitz der Immobilie 147
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Executive Summary Executive Summary Status quo Der Pflegemarkt ist ein Wachstumsmarkt. Die vorliegenden Zahlen aus 2013 bestätigen dies erneut: Insgesamt gab es 2,6 Mill. pflegebedürftige Menschen, davon wurden 764 000 vollstationär und 616 000 durch ambulante Dienste versorgt, der überwiegende Rest erhielt Pflegegeld. Das Marktvolumen der ambulanten und stationären Pflegedienste betrug knapp 40 Mrd. €. Gegenüber anderen Teilbereichen des Gesundheitsmarkts ist der Pflegemarkt am stärksten gewachsen: 1997 betrug der Anteil der Pflege 8,6% des gesamten Gesundheitsmarkts, 2013 bereits 12,7%. Damit rangierte die Pflege in ihrer Bedeutung an vierter Stelle hinter Krankenhäusern, Arztpraxen sowie Apotheken und Arzneimitteln. Die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime ist relativ gut: Ihre durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit (Zahlungsunfähigkeit) betrug 2013 0,90%. Sie lag damit deutlich niedriger als bei Krankenhäusern und Rehakliniken. 7% der Pflegeheime lagen im „roten Bereich“, d.h. besaßen eine erhöhte Insolvenzgefahr, 72% im grünen mit geringer Insolvenzgefahr und 21% dazwischen im gelben Bereich. Zwischen 2011 und 2013 hat sich die Lage damit leicht verschlechtert. Die Ertragslage der Pflegeheime hat sich hingegen leicht verbessert. Schrieben 2011 noch 27% der Pflegeheime einen Jahresverlust, so waren es im Jahr 2013 nur noch 19%. Das durchschnittliche Heim erwirtschaftete 2013 ein EBITDAR (Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen, Amortisation und Mieten) von 14% der Erlöse. Untersucht wurden 469 Jahresabschlüsse aus den Jahren 2012 und 2013, die insgesamt 2 252 Pflegeheime umfassen bzw. rund 17% des Marktes. Private Heime schnitten schlechter ab als öffentlich-rechtliche und freigemeinnützige, da zur Berechnung des Ratings die Mieten kapitalisiert werden, d.h. als Fremdkapital in der Bilanz verbucht werden. Ohne Kapitalisierung der Mieten verringern sich die Unterschiede zwischen den Trägerschaften. Die wirtschaftliche Situation der Heime war in Sachsen-Anhalt/Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg/Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen am besten und in Schleswig-Holstein/Hamburg, Bayern, Rheinland-Pfalz/Saarland und Niedersachsen/Bremen am schlechtesten. Große Heime schnitten etwas besser ab als kleine Heime. Lokale Umgebungsvariablen spielten keine große Rolle bei der Ausfallwahrscheinlichkeit.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Rückblickend lassen sich einige bereits vor zwei Jahren beobachtete Trends auch weiterhin bestätigen. Ambulantisierung. Die ambulante Pflege konnte wie in den Vorjahren auch 2013 zulegen. 2013 wurden 24,3% der Pflegebedürftigen ambulant versorgt, während es 1999 20,6% waren. Die überproportionale Erhöhung der Pflegesätze der Pflegeversicherung für Leistungen der ambulanten Dienste seit 2008 hat die ambulante Pflege gestärkt. Privatisierung. Der Anteil der Pflegebedürftigen, die in einer privaten Einrichtung versorgt werden, nahm weiter zu: in Pflegeheimen auf 36,4% 2013 (25,4% 1999) und in ambulanten Diensten auf 49,5% (35,6%). Die Zahl der Plätze in privater Trägerschaft stieg seit 1999 um 105% (freigemeinnützig: 25%). Die Auslastung privater Heime entwickelte sich zwischen 1999 und 2013 von 87,3% auf 85,4%. Dabei erreichte sie 2009 den niedrigsten Wert von 83,1%. Allerdings arbeiten Heime in privater Trägerschaft in Westdeutschland kostengünstiger: Inklusive des Investitionskostenanteils lagen ihre Preise um 7% unter denen der nicht-privaten. Personalknappheit. 2013 waren in der ambulanten und stationären Pflege 1 005 000 Personen beschäftigt, was 704 000 Vollkräften entsprach, davon 297 000 Pflegefachkräfte. Zwischen 1999 und 2013 wurden fast 239 000 Arbeitsplätze geschaffen. Bedarf an weiteren Arbeitsplätzen besteht jedoch immer noch. Es besteht ein Mangel an Pflegefachkräften: Im März 2015 lag die Zahl der gemeldeten offenen Stellen bei Heimen mehr als dreimal so hoch wie im März 2007. Regulierung. Die Pflege ist ein stark regulierter Markt. Mit den Länderheimgesetzen hat die Regulierungsdichte weiter zugenommen. Je restriktiver die regulatorischen Vorgaben bezüglich des Betriebs von Heimen oder der baulichen und personellen Ausstattung an die Marktteilnehmer sind, desto teurer werden Investitionen in neue und in Bestandseinrichtungen. Manche Investoren dürften sich daher aus Bundesländern mit hoher Regulierungsdichte zurückziehen, sodass sich das Angebot an Pflegeplätzen verknappt. Infolgedessen kann es zu einer Rationierung oder zu einer Verteuerung der stationären Pflege kommen. Hinzu kommen teilweise Doppelkontrollen und Berichtspflichten, einerseits vom MDK und andererseits von der Heimaufsicht der Länder. All dies verursacht Kosten und bindet personelle Ressourcen in den Heimen und bei den Kontrollorganen.
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Executive Summary Ausblick Hauptgrund für das Wachstum des Pflegemarkts ist die rasche Alterung der Gesellschaft, die in den kommenden Jahrzehnten weiter anhalten wird. Unter der Annahme konstanter Pflegequoten, d.h. Prävalenzraten, dürfte die Nachfrage nach Pflegeleistungen ungebrochen weiter zunehmen. Bis 2020 ist dann mit 3,0 Mill. Pflegebedürftigen in Deutschland zu rechnen, bis 2030 mit 3,5 Mill., was gegenüber 2013 einen Anstieg um 15% bzw. 33% bedeutete. Das Nachfragewachstum führt zu einem zusätzlichen Bedarf von 131 000 bis 321 000 stationären Pflegeplätzen bis 2030. Dafür erforderliche Neu- und Re-Investitionen beliefen sich auf 58 bis 80 Mrd. €. Darüber hinaus ist auch mehr Personal erforderlich. Bis 2030 rechnen wir mit insgesamt 128 000 bis 245 000 zusätzlichen Stellen (Vollkräfte) in der stationären und mit 63 000 bis 124 000 in der ambulanten Pflege. Bei Pflegefachkräften erwarten wir bis 2030 einen zusätzlichen Bedarf zwischen 106 000 bis 156 000 in der stationären und ambulanten Pflege. Um dem zu erwartenden Mangel an Pflegefachkräften zu begegnen, muss in erster Linie die Attraktivität des Pflegeberufs erhöht werden. Ziel muss es sein, die Verweildauer im Pflegeberuf zu verlängern, die Vollzeitquote auszuweiten und neue Auszubildende zu gewinnen. Dazu werden die Löhne für qualifiziertes Personal gegenüber Hilfskräften steigen müssen – was als Folge des Mangels an Fachkräften über den Wettbewerb der Arbeitgeber um die Fachkräfte geschehen dürfte. Allerdings spielen auch weiche Faktoren eine wesentliche Rolle, z.B. weniger Bürokratie, eine gute Führungskultur, größeres gesellschaftliches Ansehen des Berufs, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bessere Karrieremöglichkeiten. Um wegen den damit einher gehenden höheren Kosten nicht die Insolvenzgefahr für Pflegeanbieter zu erhöhen, werden die Preise für Pflegeleistungen und damit die Belastung der Pflegebedürftigen steigen müssen. Daher sind weitere Maßnahmen nötig, zumal andere Branchen im Kampf um qualifizierte Fachkräfte nachziehen und ebenfalls attraktivere Arbeitsbedingungen bieten werden. Ein konsequenter Bürokratieabbau würde erstens dazu beitragen, mehr Arbeitszeit für die Pflege freizusetzen. Zweitens würde die Zuwanderung qualifizierter Pflegefachkräfte den Fachkräftemangel lindern. Drittens muss auch in der Pflege über arbeitssparenden Technikeinsatz verstärkt nachgedacht werden. Beispielsweise können Überwachungsfunktionen viel stärker von moderner Technik übernommen werden – sowohl im häuslichen Umfeld als auch im Pflegeheim. Potenzial besteht bei der Nutzung innovativer Technik im Bereich Ambient Assisted Living (AAL).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Neben Personal wird auch mehr Kapital benötigt. Öffentliches oder freigemeinnütziges Kapital wird dazu jedoch kaum ausreichen. Ohne den Einsatz von privatem Kapital wird es nicht gehen. Privates Kapital wird jedoch nur bereitgestellt, wenn es risikogerecht verzinst wird. Ansonsten sucht es sich andere Anlagemöglichkeiten. Der Politik ist daher anzuraten, Heimgesetze so schlank wie möglich zu gestalten. So sind zum Beispiel Vorgaben zur Heimgröße oder zum Anteil der EinBett-Zimmer überflüssig. Wichtig ist nur, dass es ein ausreichend großes Angebot an Einrichtungen gibt. Denn dann können sich die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen das Heim aussuchen, das ihren Präferenzen am besten entspricht und das für sie noch bezahlbar ist. Wenn die Politik indessen restriktive Vorgaben macht, läuft sie in Gefahr, dass sie entweder nicht die Präferenzen aller Pflegebedürftigen trifft oder nur zu teure Angebote zulässt. Durch die Erhöhung des Beitragssatzes 2015 und die geplante erneute Erhöhung 2017, kann die SPV für die nächsten Jahre ihre Kapitalreserven ausbauen. Die geplante Umstellung auf zukünftig fünf Pflegegrade und eine Leistungsausweitung insbesondere für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, wird aber gleichzeitig zu steigenden Ausgaben führen. Ohne Gelder aus dem Pflegefonds, in welchem die Einnahmen aus 0,1%-Punkten des Beitragssatzes bis 2034 angesammelt werden sollen um zukünftige Beitragssatzsteigerungen abzufedern, kann die SPV vermutlich noch bis etwa 2028 Überschüsse halten. Langfristig ist die SPV jedoch ohne Anpassungen nicht nachhaltig. Insofern sind sowohl Eingriffe an der Einnahme- als auch an der Ausgabenseite nötig. Zur Stärkung der Einnahmenseite sind Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Erwerbsquote älterer Menschen sowie der Frauenerwerbsquote zu ergreifen. Die Rente mit 67 war dazu ein richtiger Schritt. Der nächste Schritt sollte die Dynamisierung des Renteneintrittsalters sein: Wenn die Lebenserwartung weiter steigt, sollten die zusätzlich gewonnen Lebensjahre in einem ausgewogenen Verhältnis auf Erwerbsleben und auf Rente aufgeteilt werden. Durch versicherungsmathematisch bedingte höhere Abschläge auf die Rente bei vorzeitigem Renteneintritt wird ein Anreiz zur Erhöhung der Erwerbsquote älterer Menschen geschaffen. Die Immigration qualifizierter Arbeitskräfte – und damit Beitragszahler – würde diese Maßnahmen flankieren. Auf der Ausgabenseite ist darauf zu achten, dass der schon jetzt steile Wachstumspfad der Ausgaben nicht weiter erhöht wird. Die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der die Belange dementer Menschen stärker berücksichtigt, ist zwar zu begrüßen, die dadurch anfallenden zusätzlichen Ausgaben werden aber durch die Beitragssatzerhöhung nicht ausreichend aufgefangen und sind durch Einsparungen auf anderer Seite auszugleichen.
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1. Einleitung Wenig Beachtung wurde bislang der Vermeidung und Verringerung von Pflegebedarf geschenkt. Beispielsweise sollte „Reha vor Pflege“ stärker in den Fokus genommen werden. Allerdings ist über die Wirksamkeit solcher Maßnahmen wenig bekannt. Im Rahmen von Pilotprojekten sollte dies verstärkt untersucht werden. Es könnte sich als positive Investition erweisen. Hilfreich dürfte dabei eine abgestimmte Zusammenarbeit mit allen Gesundheitssektoren sein. Dies beginnt bei der Prävention und endet bei der Rehabilitation. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sollten alle Gesundheitsdienstleister auch räumlich eng zusammenarbeiten. Die stationäre Pflege könnte sich hier gut andocken. Moderne Technik könnte darüber hinaus erreichen, die Mobilität hochbetagter Menschen spürbar zu verbessern. Man denke an Exoskelette oder an den selbst fahrenden Pkw. In wie weit das Angebot an stationären Pflegeplätzen dem wachsenden Bedarf nachkommt, ist weiterhin kritisch zu sehen. Zwar erreichte die Zahl der Pflegeheime 2013 einen neuen Höchstwert von 13 030 und die Zahl der Plätze erhöhte sich auf 903 000, Dennoch stieg die durchschnittliche Auslastung der Heime an. Eine Analyse der Bautätigkeit im Pflegeheimmarkt zeigt, dass insbesondere in städtischen Regionen neue Plätze entstehen. Um den Bedarf an Plätzen langfristig zu decken, muss sich der Zuwachs an neuen Angeboten jedoch weiter erhöhen.
1. Einleitung Die professionelle Pflege älterer Menschen gewinnt in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. In den vergangenen Jahren stieg die Anzahl pflegebedürftiger Menschen an, gleichzeitig wuchsen die Ausgaben für Pflegeleistungen im Vergleich zu anderen Gesundheitsleistungen deutlich überproportional. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich diese Zunahme in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen. Pflegeleistungen werden entweder informell unter Bezug von Pflegegeld, meist durch Angehörige, oder durch ambulante Pflegedienste und in Heimen erbracht. Vorübergehend könnte die Pflege durch Angehörige relativ an Bedeutung gewinnen, weil derzeit die „Babyboomer“-Generation die pflegenden Angehörigen stellt. Dies wird sich spätestens dann umkehren, sobald die Babyboomer selbst Pflegebedarf anmelden. Aus Sicht der Anbieter von professionellen Pflegeleistungen stellt die Pflege also einen Markt mit erheblichem Wachstumspotenzial dar. Gleichzeitig schwinden allerdings die finanziellen und personellen Ressourcen zur Erbringung von Pflegeleistungen und stellt die Branche vor großen Herausforderungen.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Kapitel 2 stellt den Pflegemarkt des Jahres 2013 dar. Soweit möglich werden regionale Besonderheiten herausgearbeitet. Gerade die Pflege mit ihrem kleinen Einzugsgebiet ist sehr stark lokal geprägt. Aussagen zur bundesweiten Situation in der Pflege können daher auf der regionalen Ebene in die Irre führen. Dabei erstellen wir Projektionen zur Zahl der Pflegebedürftigen und zum Bedarf an stationären Pflegeplätzen bis 2030. Kapitel 3 analysiert die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime und schreibt sie auf Basis von Szenarien bis zum Jahr 2020 fort. Zentrale Kennziffer ist die Ein-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit („Probability of Default“; PD), die aus der Verknüpfung verschiedener Finanzkennzahlen resultiert. Dazu wurden 469 Jahresabschlüsse untersucht, die insgesamt 2 252 Heime bzw. rund 17% des Gesamtmarkts. Damit lassen sich Kennzahlen-Benchmarks für verschiedene Untergruppen (Größe, Trägerschaft u.a.) auf ein breiteres Fundament stellen und die Kapitalstruktur und Investitionsfähigkeit von Pflegeheimen untersuchen. Kapitel 4 beschäftigt sich in einer Sonderanalyse mit der Bautätigkeit im Pflegeheimmarkt und untersucht Standort und Investitionssumme neuer Vorhaben sowie Umbauten oder Sanierungen. Kapitel 5 diskutiert Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen für die Politik und Pflegeheime. Im Anhang finden sich Bilanzbenchmarks für ausgewählte Untergruppen.
2. Der Pflegemarkt 2.1
Datengrundlage
Grundlage dieses Abschnitts bilden die Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder nach § 109 Abs. 1 SGB XI in Verbindung mit der Pflegestatistik verordnung vom 24.11.1999. Die Pflegestatistik wird von den Statistischen Ämtern seit 1999 alle zwei Jahre erhoben. Es werden sowohl ambulante und stationäre Einrichtungen1 zum Stichtag 15. Dezember befragt als auch Informationen zu den Pflegegeldleistungen der Spitzenverbände der Pflegekassen und des Verbands der privaten Krankenversicherung zum Stichtag 31. Dezember erfasst. Die letzte Erhebung fand im Dezember 2013 statt. Die Erhebungsmerkmale umfassen für die Pflegeeinrichtungen: ǐǐ Art der Pflegeeinrichtung und deren Trägerschaft, ǐǐ Anzahl und Art der Pflegeplätze, 1 Pflegeeinrichtungen im Sinne der Verordnung sind „ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) sowie teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime), mit denen ein Versorgungsvertrag nach dem Elften Sozialgesetzbuch besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen).“
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2. Der Pflegemarkt ǐǐ Zahl der beschäftigten Personen nach Geschlecht, Beschäftigungsverhältnis, Tätigkeitsbereich sowie Qualifikation, ǐǐ Zahl der betreuten Pflegebedürftigen2 nach Geschlecht, Geburtsjahr und Grad der Pflegebedürftigkeit sowie ǐǐ von den Pflegebedürftigen zu zahlende Entgelte für Pflegeleistungen nach Pflegestufen sowie für Unterkunft und Verpflegung (nur stationäre Einrichtungen). Die Informationen zu den Pflegegeldleistungen nach §§ 37 und 38 SGB XI bein halten ǐǐ Art des Leistungsträgers und des privaten Versicherungsnehmers sowie ǐǐ Geschlecht, Geburtsjahr, Wohnort nach Postleitzahl und Grad der Pflegebedürftigkeit des Pflegegeldempfängers. Die Pflegestatistik unterscheidet nach dem Versorgungsschwerpunkt vier Arten von Pflegeheimen: Pflegeheime für ältere Menschen, für psychisch Kranke, für behinderte Menschen sowie für Schwerkranke und Sterbende, z.B. Hospize. Sie unterscheidet außerdem nach vollstationärer (Dauer- und Kurzzeitpflege) sowie teilstationärer (Tages-/Nachtpflege) Pflege (Tabelle 1). Insgesamt liegen für 2013 Daten von 13 030 Pflegeheimen vor. Circa 84% aller Heime bieten vollstationäre Leistungen an3. Tabelle 1 Zahl der Heime nach Art der Pflege 2013 2011 Ältere Menschen
Voll-Stationär
Teil-Stationär
10 433
1 795
Behinderte Menschen
265
in vollstationär berücksichtigt
Psych. Kranke
303
23
Schwerkranke & Sterbende
211
in vollstationär berücksichtigt
Gesamt
11 212
1 818
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013. 2 Erfasst werden hier nur Pflegebedürftige nach SGB XI. 2013 wurden zum ersten Mal auch Personen ohne Pflegestufe mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nachrichtlich erfasst. Vollständig selbst zahlende Heimbewohner werden nicht mit einbezogen. 3 Sofern nicht anders vermerkt, beziehen sich alle nachfolgenden Analysen auf die 11 212 Pflegeheime, die vollstationäre Leistungen anbieten. Aus Geheimhaltungsgründen sind in dieser Zahl auch teilstationäre Heime für behinderte Menschen sowie Schwerkranke und Sterbende enthalten.
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Pflegeheim Rating Report 2015 2.2
Status quo
2.2.1 Marktübersicht Im Jahr 2013 betrug das Volumen des deutschen Gesundheitsmarktes rund 315 Mrd. € und damit 12 Mrd. € bzw. 4,0% mehr als 2012. Nach einem Wachstum von 2,5% 2012 und 1,8% in 2011, ist es deutlich angestiegen. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt stieg jedoch nur leicht auf 11,2% von 11,0% in 2012. Gleichwohl befindet er sich weiterhin deutlich über dem Anteil vor der Finanzkrise 2008 (10,4%). Auf den professionellen Pflegemarkt, d.h. die stationäre Pflege in Pflegeheimen und die ambulanten Sachleistungen durch Pflegedienste, entfielen insgesamt rund 40 Mrd. € (Schaubild 1). Damit rangiert die Pflege in ihrer Bedeutung im Gesundheitswesen an vierter Stelle hinter Krankenhäusern und Arztpraxen und nur noch knapp hinter Apotheken. Schaubild 1 Marktvolumen 2013; in Mrd. € und 1997 = 100 Ausgaben (1997 = 100)
Marktvolumen 2013 in Mrd. € Krankenhäuser Arztpraxen Apotheken Stationäre Pflege Zahnarztpraxen Gesundheitshandwerk Verwaltung1 Ambulante Pflege Sonstige Praxen2 Reha Sonstiges3
200 180 160 140 120 100 97
Summe 315 Mrd. €
220
82,4 46,4 41,8 27,6 24,4 17,6 17,2 12,3 11,0 8,7 23,9 99
01
03
05
07
09
11
13
80
Krankenhäuser Arztpraxen BIP nominal Gesundheit nominal Stationäre/ambulante Pflege Preise
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015a, 2015b, 2015c). –Gesamtkosten ohne Kosten fürs Ausland; Ausgaben für stationäre Pflege in 2013 sind um den Anteil der Investitionskosten (13,83%) bereinigt. 1Davon vor allem Verwaltungsausgaben der Krankenkassen. – 2Praxen sonstiger medizinischer Berufe: physio-, sprach-, ergo- und musiktherapeutische Praxen, Massagepraxen, Praxen von Hebammen, Heilpraktikern oder medizinischen Fußpflegern. – 3Investitionen (Krankenhausfördermittel, Mittel für Pflegeheime u.a.), Gesundheitsschutz, Rettungsdienste, sonst. Einrichtungen und private Haushalte. Gesamtkosten ohne Kosten fürs Ausland.
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2. Der Pflegemarkt Eine kontinuierliche Zunahme des Anteils des Pflegemarkts an den gesamten Gesundheitsausgaben ist zu erkennen: 1997 betrug er 9,3%, 2013 schon 12,7% (Schaubild 2). Die Ursache hierfür ist das überproportionale Wachstum der ambulanten und stationären Pflege. Infolge des demografischen Wandels und der damit einhergehenden Alterung der Bevölkerung dürfte die Pflege auch in Zukunft weiter stärker als der gesamte Gesundheitsmarkt wachsen und damit innerhalb des Gesundheitswesens immer mehr an Bedeutung gewinnen. Bei einfacher Fortschreibung des Trends seit 2000 würde das Marktvolumen der Pflege das Volumen der Apotheken (und Arzneimittel) erstmals 2016 übersteigen. Schaubild 2 Verteilung der Gesundheitsausgaben 1997 und 2009 bis 2013; Anteil in % 100
196 Mrd. €
294 Mrd. €
301 Mrd. €
313 Mrd. €
2,8 5,8 5,3 7,7
2,9 5,7 5,4 7,8
2,9 5,7 5,5 7,8
9,3
12,1
12,2
12,4
12,5
12,7
12,9
14,5
14,3
13,6
13,5
13,3
14,4
15,3
15,1
15,1
14,9
14,8
27,1
25,5
25,8
26,2
26,2
26,3
1997
2009
2010
2011
2012
2013
3,2 5,8 5,1
60
9,8
20
289 Mrd. €
2,9 5,7 5,2 7,7
80
40
280 Mrd. €
2,8 5,5 5,6 7,8
0 Sonstige Praxen Rest Gesamthandwerk/-einzelhandel Arztpraxen
Investitionen Zahnarztpraxen Krankenhäuser
Reha Pflege
Verwaltung Apotheken
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt, (2012, 2015a). – Rest = Gesundheitsschutz, sonstige Einrichtungen, Rettungsdienste, sonstige Einrichtungen und private Haushalte, ohne Kosten fürs Ausland.
2013 trug die Soziale Pflegeversicherung (SPV) 42% der Ausgaben für stationäre Pflege und 58% für ambulante Pflegedienste 4 . Öffentliche Haushalte trugen 1% der stationären bzw. 9% der ambulanten Pflegekosten, wobei sie vor allem Pflegebedürftige unterstützen, die ihren Eigenanteil nicht alleine oder über ihre Angehörigen finanzieren können. Privat wurden 43% bzw. 28% getragen. Schaubild 3 gibt einen Überblick zum Pflegemarkt 2013, wobei Pflegeleistungen, die durch die GKV oder GUV finanziert werden, herausgerechnet sind.
4 Dabei wurden Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Gesetzlichen Unfallversicherung heraus gerechnet.
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Pflegeheim Rating Report 2015
Professioneller Pflegemarkt
Schaubild 3 Überblick zum Pflegemarkt (ohne GKV- und GUV-Leistungen) 2013; in Mrd. €
Stationäre und teilstationäre Pflege
Ambulante Pflegedienste
13 030 Pflegeheime1 Über 685 000 Beschäftigte ca. 491 000 VK2 903 000 vollstationäre Pflegeplätze 44 126 teilstationäre Pflegeplätze 764 000 Pflegefälle Auslastung (ohne Stufe 0): 89,03
12 745 ambulante Pflegedienste Über 320 000 Beschäftigte ca. 213 000 VK2 616 000 von ambulanten Pflegediensten betreute Pflegebedürftige
27,4
Mrd.€ 11,6 2,8(5)
Gesamt Davon Davon Hilfe SPV z. Pflg.
Mrd.€ 7,9
4,6 0,6(5)
Gesamt Davon Davon Hilfe SPV z. Pflg.(4)
Mrd. €
Pflegegeldempfänger
1 246 000 Pflegegeldempfänger
6,6
Gesamt
6,6
Davon SPV
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015a und 2015d); Bundesministerium für Gesundheit (2012). – Bei den ausgewiesenen Kosten sind die Kosten der GKV und GUV nicht enthalten. 1Alle Heime. – 2Vollkräfte. – 3nur dauerstationäre Plätze. – 4Heranziehung einer professionellen Pflegekraft – 5Daten abweichend aus dem Jahr 2011. Die Gesamtausgaben der SPV liegen 2013 bei 24,4 Mrd. €, nicht aufgeführt sind Verwaltungs- und andere Ausgaben der SPV über 1,2 Mrd. €.
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2. Der Pflegemarkt 2.2.2 Nachfrage Laut Pflegestatistik waren Ende 2013 2,63 Mill. Menschen pflegebedürftig, 130 000 bzw. 5% mehr als Ende 2011 und 30% mehr als 1999 (Schaubild 4).5 Allerdings könnte dieser Wert überhöht sein. Aufgrund einer Erfassungsänderung bei den Pflegekassen kann die Zahl der Pflegegeldempfänger ab 2011 um bis zu 90 000 zu hoch ausgefallen sein. Infolgedessen ist die Vergleichbarkeit der Zahlen ab 2011 mit den Vorjahren nicht zwangsläufig gegeben. Geht man im Extremfall davon aus, dass sowohl in 2011 als auch in 2013 90 000 Pflegefeldempfänger zu viel gezählt wurden, würde der Zuwachs zwischen 2009 und 2011 3,1% bzw. 73 000 und zwischen 2009 und 2013 8,5% bzw. 198 000 betragen. Wenn man nicht davon ausgeht, dass die Anzahl der Pflegegeldempfänger in beiden Jahren jeweils um 90 000 überschätzt wurde, liegt der Anstieg zwischen 2009 und 2011 bei 7,0% bzw. 163 000 und zwischen 2009 und 2013 bei 12,3% bzw. 288 000 mehr Pflegegeldempfängern. Schaubild 4 Verteilung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Art der Pflege 1999 bis 2013
99 01 03 05 07 09 11 (11) 13 (13) Pflegegeldempfänger
30,1 24,3 45,6
29,1 23,5 47,4
30,8 23,9 45,3
29,7 23,0 47,3
30,7 23,7 45,6
31,6 22,4 46,0
31,8 22,2 46,1
30,8 21,7 47,5
28,4
29,6
20,6
21,3
51,0
49,1
764 616 1 156
764 616
743
743
Relative Zahl der Pflegefälle in %
1 246
555 1 066
576
504 1 033
1 092
677 472
576
640 450 987
980
1 182
604
717
573 415
435
1 028
1 001
709
Zahl der Pflegefälle in 1000
99 01 03 05 07 09 11 (11) 13 (13) 99 01 03 05 07 09 11 (11) 13 (13)
Ambulante Dienste
In Heimen
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d). 5 Betrachtet werden hierbei pflegebedürftige Personen der Stufen I bis III, Härtefälle sowie Personen ohne bisherige Zuordnung zu einer Pflegestufe. Ab 2013 werden in der Pflegestatistik zusätzlich Personen ohne Pflegestufe mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nachrichtlich erfasst. In Analysen auf Basis der Daten des FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder werden diese Personen aufgrund Geheimhaltungsvorgaben zu Pflegestufe I gezählt. Diese machen 5,0% der Pflegegeldempfänger, 4,9% der ambulanten Fälle und 1,5% der stationären Fälle aus. Personen ohne bisherige Zuordnung zu einer Pflegestufe werden zu Pflegestufe II gezählt (insofern nicht anders angegeben).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Sollte sich die starke Zunahme der Zahl der Pflegegeldempfänger als korrekt erweisen, wäre es zu einer spürbaren Änderungen bei der Art der in Anspruch genommenen Leistungen gekommen: Die Pflege in Heimen wäre zwischen 2009 und 2013 um knapp 2%-Punkte und der Anteil der ambulanten Pflege um 0,2%-Punkte zurückgegangen, während der Anteil der Pflegegeldempfänger um 1,8%-Punkte gestiegen wäre. Sollte sich die Zahl der Pflegegeldempfänger dagegen jeweils in 2011 und 2013 um 90 000 weniger erhöht haben, hätte es keine nennenswerten Verschiebungen in der Verteilung im Hinblick auf die Pflegegeldempfänger gegeben. Der Anteil der ambulanten Pflege wäre allerdings zwischen 2009 und 2013 um 0,6%-Punkte gestiegen und der Anteil der stationären Pflege hätte sich um 0,6%-Punkte verringert. Je nachdem, ob eine Fehklassifikation um 90 000 vorliegt oder nicht, stieg die Zahl der Pflegegeldempfänger seit 2009 mehr oder weniger stark, mindestens um 8,4%, höchstens um 16,9% (Schaubild 5). Die Zahl der Pflegegeldempfänger war bis 2005 noch rückläufig, seitdem ist sie jedoch kontinuierlich gestiegen. Ausnahmslos zunehmend war die Zahl der Pflegebedürftigen, die durch ambulante Dienste oder in Heimen versorgt werden, wobei die Bedeutung der ambulanten Dienste gegenüber den Pflegeheimen seit 2007 zugenommen hat. Schaubild 5 Änderung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Art der Pflege 1999 bis 2013 Zahl der Pflegebedürftigen (1999 = 100)
Änderung zwischen zwei Jahren in %
160
1,2
3,1
2,5 3,8 3,6 5,8 5,46,9 2,9
5,46,9 4,8
120
4,8 5,7
4,7 5,4
130
3,6 5,9
10,1
140
10,9
150
90
99
01
03
05
Pflegegeldempfänger
07
09
11
13
Ambulante Dienste
01
03
-0,6
- 2,6
100
- 1,4
110
05
07
09
11
13
In Heimen
falls Klassifikationsprobleme Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d).
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2. Der Pflegemarkt In den kommenden Jahren zeichnet sich weiterhin ein hohes Potenzial für die Pflege durch Angehörige ab. Üblicherweise sind pflegende Angehörige im Alter zwischen 55 und 69 Jahren, deren Zahl bis 2025 um 27% zunehmen und anschließend bis 2038 wieder auf das Niveau von 2013 fallen dürfte (Schaubild 6). Vor diesem Hintergrund ist bis Mitte der 2020er Jahre möglicherweise, trotz zunehmender Singularisierung der Gesellschaft und zunehmender Erwerbsquote von Frauen, die häufig die Pflege von Angehörigen übernehmen, sogar mit einer Ausweitung der Zahl der Pflegegeldempfänger zu rechnen. Unter Berücksichtigung weiterer Determinanten kommen Hackmann und Moog (2010) zu ähnlichen Ergebnissen. Einen positiven Zusammenhang zwischen dem Anteil der 55-69-Jährigen in einem Kreis und dem Anteil der Pflegegeldempfänger im Kreis lässt sich ebenfalls in eigenen Analysen erkennen. Als Anteil an der Pflege insgesamt dürfte die Zahl der Pflegegeldempfänger infolge der Professionalisierung der Pflege dennoch rückläufig sein. Schaubild 6 Bevölkerung im Alter von 55 bis 69 Jahren 2009 bis 2060; 2009 = 100 140
140
130
130
120
120
110
110
100
100
90
90
80
80 99
03
07
Insgesamt
11
15
Männer
19
23
27
31
35
39
43
47
51
55
59
Frauen
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015e).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Karte 1 Anteil stationärer Fälle an allen Fällen 2013; in %
bis 24,2
24,2 bis 26,6
26,6 bis 29,1
31,2 bis 33,7
33,7 bis 37,3
über 37,3
29,1 bis 31,2
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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2. Der Pflegemarkt Die Inanspruchnahme von stationärer Pflege unterscheidet sich regional stark. Der Anteil stationärer Pflegefälle liegt im Durchschnitt bei 29,4%, regional sind allerdings Schwankungen zwischen 14,4% und 47,1% zu beobachten (Karte 1). Ballungsgebiete scheinen höhere Werte aufzuweisen, allerdings nicht durchgehend. In einer multivariaten Regressionsanalyse (Augurzky et al. 2011) untersuchten wir mehrere Faktoren, die den Anteil stationärer Fälle erklären könnten, simultan. Danach liegt der Anteil stationärer Fälle in ländlichen Gebieten signifikant niedriger, weil dort vermutlich das Pflegegeld stärker in Anspruch genommen wird. Ein höherer Anteil der „Babyboomer“ (Personen im Alter von 55-69 Jahren) führt ebenfalls zu einem signifikant niedrigeren Anteil von stationären Pflegebedürftigen. Sowohl für stationäre als auch für ambulante Fälle lässt sich in den vergangenen Jahren eine auffällige Verschiebung hin zu leichten Fällen (Stufe I) erkennen (Schaubild 7). Dies hat sich 2013 jedoch nur im ambulanten Bereich weiter fortgesetzt. Die Anzahl der stationären Fälle hingegen ist um 0,4%-Punkte im Vergleich zu 2011 gesunken. Karte 2 zeigt die regionale Verteilung des Anteils der Pflegestufe I. Schaubild 7 Verteilung der Pflegefälle nach Pflegestufen 1999 bis 2013; Anteil in % Stationäre Fälle 22,4
21,2
20,9
20,9
20,5
20,1
Ambulante Fälle 19,9
20,6
14,4 13,4 12,8 12,4 12,1 11,6 10,9
33,9 32,8 37,2 36,7 35,4 39,8 38,4 46,8
46,2
45,3
45,0
43,8
42,8
41,6
32,5
33,8
34,2
35,7
37,1
38,5
38,1
99
01
03
05
07
09
11
13
Stufe II
28,7
41,3
30,8
Stufe I
8,2
52,5 54,5 56,3 45,8 48,2 49,9 50,9
99
01
03
05
07
09
11
63,1
13
Stufe III
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d). – Bewohner mit unbekannter Pflegestufe wurden Pflegestufe 2 zugeordnet.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Karte 2 Anteile Heimbewohner der Pflegestufe I 2013; in %
bis 33,6
33,6 bis 35,4
35,4 bis 37,5
39,0 bis 40,3
40,3 bis 42,2
über 42,2
37,5 bis 39,0
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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2. Der Pflegemarkt Mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen (57,8%) werden in einem Heim in freigemeinnütziger Trägerschaft versorgt (Schaubild 8). 36,4% der Pflegebedürftigen wählen ein Heim in privater und nur 5,8% eines in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Allerdings hat der Anteil der Pflegebedürftigen in privaten Einrichtungen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, 1999 lag er noch bei 25,4%. Durch private Pflegedienste ließen sich 2013 49,5% aller ambulant Pflegebedürftigen versorgen – ebenfalls mit steigender Tendenz. Schaubild 8 Verteilung der Zahl der Pflegebedürftigen nach Trägerschaft 1999 bis 2013; Anteil in % Stationäre Fälle 100
11,2 10,4
9,2
8,3
6,9
6,6
Ambulante Fälle 6,3
5,8
1,9
2,0
1,7
1,8
2,0
1,8
1,6
1,7
80
80 60
60,4 59,7 58,7 57,8 61,5 60,7 63,4 62,3
62,5
55,1 60,1 57,2
52,6 51,2 49,8 48,9
60 40
40 20 0
100
31,0 32,8 33,8 25,4 27,3 29,3
99 01
Privat
03
35,1 36,4
05 07 09 11
Freigemeinnützig
13
35,6
45,4 47,0 48,6 49,5 37,9 41,0 43,1
99 01
03
05 07 09 11
13
20 0
Öffentlich-rechtlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Zwischen 1999 und 2013 stieg der Anteil männlicher Heimbewohner von 21% auf 27%, was mit besonderen demografischen Bedingungen in diesem Zeitraum zusammenhängt (Schaubild 9). Allmählich reduziert sich die Bevölkerungslücke der männlichen Gefallenen des 2. Weltkriegs. Infolgedessen ist auch in Zukunft mit einem weiterhin leicht stärkeren Anstieg der Zahl der männlichen Pflegebedürftigen zu rechnen.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 9 Verteilung der Heimbewohner nach Geschlecht 1999 bis 2013; Anteil in %
21,3
22,0
23,0
24,2
25,0
27,0
27,3
78,7
77,0
75,8
75,0
73,0
72,7
99
78,0
78,9
21,1
Anteil männlicher und weiblicher Heimbewohner in %
01
03
05
07
09
11
13
Frauen
Männliche und weibliche Heimbewohner (1999 = 100)
99
01
03
05
07
09
11
13
200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0
Männer
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d).
Besonders auffällig ist die kontinuierlich wachsende Zahl der Neuzugänge von Pflegeheimen direkt aus dem Krankenhaus. 2013 wurden 346 000 Personen aus Krankenhäusern in ein Heim überwiesen. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer in einem Pflegeheim von 18 Monaten6 entsprach dies 68% aller Neuzugänge (Schaubild 10). 2003 betrug dieser Anteil noch 21%. Die Ursachen dafür sind unklar. Möglicherweise hat die Umstellung der Krankenhausvergütung auf Fallpauschalen diese Entwicklung in Gang gesetzt. Vor diesem Hintergrund würde es sich für das Pflegeheim empfehlen, eng mit Krankenhäusern vor Ort zusammen zu arbeiten. Es stellt sich allerdings auch die Frage, ob einige Pflegefälle nicht hätten vermieden werden können, wenn während des Krankenhausaufenthalts dazu entsprechende Maßnahmen eingeleitet worden wären.
6 Häcker und Hackmann (2010) weisen in Tabelle 5 durchschnittliche Verweildauern in einem Heim für Männer von 11,1 Monaten und für Frauen von 19,8 Monaten aus. Unter Berücksichtigung der Geschlechterverteilung in Pflegeheimen ergibt sich daraus eine durchschnittliche Verweildauer von etwa 18 Monaten.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 10 Neuzugänge in Pflegeheimen aus Krankenhäusern 2003 bis 2013; Anzahl und in %
451
427
21% 88
2003
40% 190
31% 138
2005
478
473
2007
Pflegebedürftige insgesamt
764
743
717
709
677
640
495 60% 298
52% 249
2009
2011
510 68% 346
2013
Geschätzte Neuzugänge p.a.
Überweisungen aus Krankenhäusern Quellen: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2014, 2015d); Annahme einer konstanten Verweildauer von 1,5 Jahren zur Schätzung der Neuzugänge p.a.
2.2.3 Preise Die Preise für Pflegeleistungen setzen sich aus drei Komponenten zusammen (Tabelle 2): dem nach Schweregrad differenzierten Pflegesatz für pflegerische Leistungen, dem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung (UV) sowie dem Investitionskostenanteil (IK) zur Deckung der Investitionen („Mietanteil“). Die Zuordnung als Pflegeleistung oder als UV erfolgt allerdings zwischen Bundesländern unterschiedlich (Augurzky et al. 2009). Insbesondere werden in Nordrhein-Westfalen mehr Kostenbestandteile der UV zugerechnet als in anderen Bundesländern. Ein direkter Vergleich der einzelnen Preiskomponenten zwischen Bundesländern ist daher nicht ohne weiteres möglich. Das Entgelt für Pflegeleistungen sollte daher stets gemeinsam mit dem für UV betrachtet werden.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Tabelle 2 Komponenten des Heimentgelts
Pflegesatz
Entgelt für pflegerische Leistungen, nach Schweregrad differenziert Ohne Pflegestufe mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz Stufe I, II oder III Härtefall
Unterkunft und Verpflegung (UV)
Entgelt für „Hotelleistungen“
Investitionskostenanteil (IK)
Entgelt für Investitionstätigkeiten (Bau, Umbau etc.)
Quelle: RWI/hcb/Philips; Augurzky et. al (2008).
Zur Vereinfachung der Darstellung bilden wir aus den einzelnen Preisen für Pflegestufe I bis III einen durchschnittlichen Preis für Pflegeleistungen, wobei die Preise der einzelnen Stufen mit dem bundesweiten Anteil der Pflegefälle der entsprechenden Pflegestufe gewichtet werden.7 Dann wird der Preis für UV addiert, sodass sich ein durchschnittlicher Preis (DP) für Pflege und UV ergibt. Den Investitionskostenanteil weisen wir je nach Datenlage separat aus. Schaubild 11 zeigt die durchschnittliche Vergütung je Entgeltkomponente. Für alle drei Pflegestufen erhöhte sich zwischen 1999 und 2013 die durchschnittliche Vergütung (DP und UV) um 1,2% bis 1,4% p.a. und damit leicht geringer als der Konsumpreisindex (Schaubild 12).
7 Das Gewicht des Preises der Stufe I beträgt 38,1%, der Stufe II 41,3% und der Stufe III 20,6%. Die Gewichtung ist für alle Heime identisch. Würden stattdessen die Preise mit dem tatsächlichen Anteil der Pflegefälle des jeweiligen Heimes gewichtet, würde beispielsweise ein Heim mit teurer Stufe III, aber wenigen Fällen in Stufe III, und mit günstiger Stufe I, aber vielen Fälle in Stufe I, als sehr günstig dargestellt. Wenn sich die Nachfrage an den Preisen eines Heimes orientiert, würde bei einer solchen Gewichtung das Preisniveau tendenziell zu niedrig ausgewiesen, weil hochpreisige Stufen eines Heims gemieden würden.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 11 Durchschnittliche Vergütung je Entgeltkomponente 2013; in €/Tag 120
120
112,79 96,68
13,56
81,50
13,56
21,43
13,56
21,43
100 80 60
94,22 13,56 21,43
21,43
40 46,51
20
80 60 40
77,80
61,69
100
59,23
0
20 0
Pflegestufe I Pflege
U&V
Pflegestufe II
Pflegestufe III
Durchschnitt
IK
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; AOK Pflegeheimdaten (2014).
Schaubild 12 Preise für Pflegeleistungen nach Pflegestufen 1999 bis 2013; in €/Tag Preise (nominal) 110
Preise (real) 110
+1,2% p.a. –0,4% p.a.
100 90
90
+1,4% p.a.
–0,3% p.a.
80 +1,3% p.a.
70
100
–0,3% p.a.
80 70
60
60
50
50 99 01
03 05 07 09 11 13
PS I + UV
PS II + UV
99 01
03 05 07 09 11 13
PS III + UV
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Regional bestehen signifikante Preisunterschiede. Bezogen auf die Pflege und UV treten Nordrhein-Westfalen, Teile des Saarlands, Baden-Württembergs und Bayerns sowie Hamburg und Berlin als besonders teuer hervor (Karte 3). Die ostdeutschen Länder (ausgenommen Berlin) und Niedersachsen sind am günstigsten. Die Gründe für diese erheblichen Preisunterschiede sind vielfältig. In Augurzky et al. (2008) und Mennicken et al. (2013) werden Erklärungen hierfür im Detail analysiert. Anders sieht die Situation bei den Investitionskosten aus (Karte 4). Hier ist Nordrhein-Westfalen am teuersten, gleichwohl schneidet auch Niedersachsen als verhältnismäßig teuer ab. Die IK sind allerdings nur bedingt zwischen Bundesländern vergleichbar, weil in manchen Bundesländern Investitionskosten nach Art der Heimbewohner (mit oder ohne Sozialhilfe) differenziert werden. So ist in BadenWürttemberg eine größere Preisdifferenzierung zu beobachten. Für Sozialhilfeempfänger werden dann deutlich niedrigere IK gezahlt. Wir messen jeweils den niedrigsten IK-Satz. Auch war die Förderpolitik in der Vergangenheit je nach Bundesland unterschiedlich. Besonders in den ostdeutschen Bundesländern fiel die Förderung von Pflegeheimen mit öffentlichen Mitteln sehr großzügig aus, sodass die IK dort deutlich geringer sind. Karte 5 zeigt schließlich den Gesamtpreis (Preis für Pflege, UV und IK).
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2. Der Pflegemarkt Karte 3 Durchschnittspreis für Pflege inkl. UV 2013; in €/Tag
bis 65,7
65,7 bis 71,1
71,1 bis 75,8
79,2 bis 82,4
82,4 bis 86,0
über 86,0
75,8 bis 79,2
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Karte 4 Investitionskosten 2013; in €/Tag
IK unbekannt
bis 8,3
8,3 bis 9,6
9,6 bis 10,8
10,8 bis 12,1
12,1 bis 13,9
13,9 bis 15,4
über 15,4
Quelle: RWI/hcb/Philips; TERRANUS-Daten (2015).
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2. Der Pflegemarkt Karte 5 Gesamtpreisniveau (Pflege, UV und IK) 2013; in €/Tag
bis 74,3
74,3 bis 84,0
84,0 bis 87,7
90,8 bis 94,2
94,2 bis 98,5
über 98,5
87,7 bis 90,8
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013, TERRANUS-Daten (2013).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Auffallend ist das deutlich niedrigere Preisniveau von Heimen in privater Trägerschaft in Westdeutschland (Schaubild 13). Sie waren in allen Preiskomponenten bis auf die IK um 9% bis 14% günstiger als kommunale oder freigemeinnützige Heime. Dagegen fielen die IK der privaten Heime deutlich höher aus, was auf ihre geringere öffentliche Förderung zurückzuführen ist (siehe Abschnitt 3.4). In der Summe lag ihr Preisniveau damit um 8% niedriger als das der kommunalen und um 7% niedriger als das der freigemeinnützigen Heime. Dies gilt jedoch nicht für Ostdeutschland; dort liegt das Preisniveau der privaten Heime 4% höher als bei den nicht-privaten. Grund dafür sind die dort deutlich höheren IK der privaten Heime, die weniger von der großzügigen Förderpolitik profitieren konnten. Schaubild 13 Durchschnittlicher Preis nach Trägerschaft und nach Ost/West 2013; in €/Tag Durchschnittlicher Preis in Westdeutschland 2013 in €
Durchschnittlicher Preis in Ostdeutschland 2013 in € 120
120 100 80
101,91
100,40
12,65
13,21
16,15 22,92
23,74 20,75
60 40
93,86
66,34
97,75 14,41 22,45
100 77,23
77,21
80,44
78,48
6,24
7,30
12,27
9,20
17,14
17,23
16,55
16,96 16,40
53,86 49,25
52,69
80 60 40
63,46
20
56,96
60,89
51,61
52,32 50,04
20 0
0 ÖffentFreilich- gemeinrechtlich nützig Pflege
U&V
Privat
Durchschnitt
ÖffentFreiPrivat lich- gemeinrechtlich nützig
Durchschnitt
IK
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013, TERRANUS-Daten (2013) und AOK Pflegeheimdaten (2014). – Angaben wurden mit Platzzahlen gewichtet. – Angenommene Verteilung nach Pflegestufen 1 zu 2 zu 3 = 38,1% : 41,3% : 20,6% inkl. Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten.
In den vergangenen Jahren war kaum eine Änderung der trägerspezifischen Preisunterschiede zu erkennen (Schaubild 14). Die Preise (für Pflege und UV) sind seit 1999 in Westdeutschland für kommunale und private Heime ähnlich stark gewachsen. Lediglich freigemeinnützige Heime zeigen mit rund 23% ein leicht überdurchschnittliches Wachstum der Preise. Im Osten sind die Preise der kommunalen
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2. Der Pflegemarkt Heime mit rund 27% deutlich stärker gestiegen als die der privaten Heime im selben Zeitraum mit rund 17%. Der Anstieg des Preises für freigemeinnützige Heime beträgt, wie auch in Westdeutschland, 23%. Schaubild 14 Änderung des durchschnittlichen Preises (ohne IK) nach Trägerschaft und Ost/West 1999 bis 2013; in €/Tag Durchschnittspreis1 (nominal, Westdeutschland)
Durchschnittspreis1 (nominal, Ostdeutschland) 90
90 +19,5%
85 80
85 80
+23,0%
75
75 +19,4%
70
70
+23,0%
65
65
+26,8%
60
+17,4%
60 55
55 99
01
03
Privat
05
07
09
11
Freigemeinnützig
13
99
01
03
05
07
09
11
13
Öffentlich-rechtlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Mögliche Gründe für das niedrigere Preisniveau privater Anbieter in Westdeutschland könnten in günstigeren Kosten bzw. effizienteren Arbeitsabläufen zu finden sein. Tatsächlich zeigt sich im nächsten Abschnitt, dass private Heime insgesamt weniger Arbeitskräfte pro Heimbewohner einsetzen und die Personalkosten als Anteil vom Umsatz deutlich geringer ausfallen als bei nicht-privaten. Verstärktes Outsourcing von Leistungen könnte dabei eine Rolle spielen. Auch könnte die Nachfrage der Pflegebedürftigen nach privaten Heimen geringer ausfallen, sodass sie niedrigere Preise anbieten müssen. Die deutlich geringere Auslastung der privaten im Vergleich zu nicht-privaten Heimen würde diese These untermauern (Abschnitt 2.2.4). Darüber hinaus nahm die Zahl der privaten Anbieter durch viele Neubauten in den vergangenen Jahren überproportional stark zu, was zu einer Ausweitung ihres Angebots und damit möglicherweise zu den geringeren Auslastungen geführt hat.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schließlich fällt auf, dass Heime in ländlichen Regionen8 deutlich günstiger sind als Heime in städtischen. Die Differenz beträgt rund 15% (Schaubild 15). Eine mögliche Erklärung ist das niedrigere Kostenniveau auf dem Land, insbesondere bei Personalkosten. Da in ländlichen Regionen private Heime häufiger anzutreffen sind als nicht-private, kann dies einen Teil, nicht jedoch den gesamten trägerspezifischen Preisunterschied erklären. Schaubild 15 Preisniveau der Pflegeheime nach Ländlichkeit und Trägerschaft 2013; in € 120
120 100,14
100
90,97
14,21
80
23,91
60 40
86,85
93,98 12,86
12,54
10,84
20,46
18,59
21,52
57,97
57,42
59,60
Verstädterungsansätze
Ländlich
Durchschnitt
100 80 60 40
62,01
20
20 0
0 Städte Pflege
U&V
IK
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013, TERRANUS-Daten (2015), BBSR (2015).
8 Wir differenzieren dabei nach den Regionsgrundtypen des BBSR (2015): 1. Städtische Regionen: Regionen, in denen mindestens 50% der Bevölkerung in Groß- und Mittelstädten lebt und in der sich eine Großstadt mit rund 500.000 Einwohnern und mehr befindet sowie Regionen mit einer Einwohnerdichte ohne Berücksichtigung der Großstädte von mindestens 300 E./km². 2. Regionen mit Verstädterungsansätzen: Regionen, in denen mindestens 33% der Bevölkerung in Groß- und Mittelstädten lebt mit einer Einwohnerdichte zwischen 150 und 300 E./km² sowie Regionen, in denen sich mindestens eine Großstadt befindet und die eine Einwohnerdichte ohne Berücksichtigung der Großstädte von mindestens 100 E./km² aufweisen. 3. Ländliche Regionen: Regionen, in denen weniger als 33% der Bevölkerung in Groß- und Mittelstädten lebt mit einer Einwohnerdichte unter 150 E./km² sowie Regionen, in denen sich zwar eine Großstadt befindet, aber die eine Einwohnerdichte ohne Berücksichtigung der Großstädte unter 100 E./km² beträgt.
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2. Der Pflegemarkt 2.2.4 Angebot Das Pflegeangebot teilt sich auf in voll- und teilstationäre Pflege. Unter vollstationärer Pflege ist einerseits die Dauerpflege zu verstehen, für die insgesamt 94% aller Plätze zur Verfügung stehen. Andererseits fällt darunter die Kurzzeitpflege, die in der Regel dann genutzt wird, wenn die ambulante Pflege vorübergehend, z.B. wegen Urlaub des Pflegenden, unterbrochen wird. Die teilstationäre Pflege (rund 4% der Plätze) beinhaltet einmalige Tages- und Nachtpflege (Schaubild 16). Schaubild 16 Verteilung der stationären Pflegeplätze nach Art der Pflege 2013; in %
Stationär 100
Vollstationär 95,1
Dauerstationär 93,9
Flexible Plätze 1 3,7
Teilstationär 3,8
Kurzzeitpflege 1,2
Tagespflege 3,8
Nachtpflege 0,0
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d) . – 1Die flexible Plätze können sowohl für dauerstationäre als auch für Kurzzeitpflege genutzt werden.
Mit der wachsenden Nachfrage nach Pflegeleistungen ist eine entsprechende Zunahme des Angebots zu verzeichnen. Zwischen 1999 und 2013 stieg die Anzahl der Pflegeheime um 47% von 8 859 auf 13 030 (Schaubild 17). Dabei erhöhte sich die Zahl der verfügbaren Plätze um 40% von rund 645 000 auf 902 000. Im Durchschnitt waren jährlich 2,8% Markteintritte zu verzeichnen9. Zwischen 2011 und 9 Es handelt sich hierbei um Netto-Markteintritte, d.h. um Eintritte abzüglich Austritte. Die Brutto-Eintritte und die Austritte können nicht identifiziert werden.
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Pflegeheim Rating Report 2015 2013 lag die Zahl der Markteintritte leicht darunter bei durchschnittlich 2,7% pro Jahr. Ferner ist in diesem Zeitraum die Zahl der Plätze um 1,5% gestiegen ist. Der im Vergleich zu der Heimanzahl geringe Platzzuwachs lässt sich durch einen überproportional starken Anstieg der teilstationären Heime erklären. Schaubild 17 Zahl der Einrichtungen und Plätze 1999 bis 2013 Anzahl der Einrichtungen1
13 000
Stationäre Plätze1 in 1 000
12 745 12 349 12 026 11 529 13 030 10 977 10 820 12 354 10 59410 619 11 634 11 029 9 000 10 424 9 165 9 743 8 859
11 000
645
674
713
757
799
876
845
1 000 903
600 400
7 000 5 000
200
99
03
Ambulant
07
11
13
3,5
3,1
07
11
0
13
Markteintritte stationäre Plätze p.a.2 in %
2,7
4,0 3,5
3,0 2,8
2,7
2,5 2,0
03
3,4 2,8
3,0
99
Stationär
Markteintritte Heime p.a.2 in %
4,0
800
3,0 2,7
3,0
2,8
2,5
2,2 1,8
1,7
1,5
1,5
2,0 1,5
1,0
1,0
0,5
0,5
0
00/ 02/ 04/ 06/ 08/ 10/ 01 03 05 07 09 11
12/ 13
00/ 02/ 04/ 06/ 08/ 10/ 01 03 05 07 09 11
12/ 13
0
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d). – 1Alle Heime. – 2Interpolation auf die einzelnen Jahre.
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2. Der Pflegemarkt Besonders auffallend ist die Zunahme der Zahl der Plätze in privater Trägerschaft: Zwischen 1999 und 2013 hat sich die Anzahl mehr als verdoppelt (Schaubild 18). Die Zahl der Plätze in freigemeinnütziger Trägerschaft stieg bundesweit nur um 25%, jene in öffentlich-rechtlicher sank sogar um 27%. Damit wurden seit 1999 schätzungsweise insgesamt 46 Mrd. € in den stationären Bereich investiert (Neuund Bestandsinvestitionen)10. Das Volumen der Neu-Investitionen dürfte in diesem Zeitraum 21,5 Mrd. € betragen haben. Schaubild 18 Wachstum der Zahl der Plätze nach Trägerschaft 1999 bis 2013; 1999 = 100 Stationärer Plätze (1999 = 100)
Ambulante Fälle (1999 = 100)
230
205
210 181
190
130 90 70 50
125
130 113
100 125 115 120 120 100 102 106 110 100 98 91 86 75 76 73 73 99
Privat
01 03 05
07 09 11 13
Freigemeinnützig
100 100
210 190 170
155
148
150 110
176
189
165
170
206 189
150
137
130
111 101 99 100 102
116 109 111
110 90 70
Angebot öffentlich- rechtl. unbedeutend
99
01 03 05
50
07 09 11 13
Öffentlich-rechtlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Bei ambulanten Diensten stieg die Zahl der Fälle bei den freigemeinnützigen nur leicht um 16% auf über 300 000, während private Dienste ihr Angebot mehr als verdoppeln konnte und damit 2013 ca. 305 000 Pflegebedürftige versorgten. Öffentlich-rechtliche Anbieter spielen im ambulanten Bereich nahezu keine Rolle. Nach wie vor dominieren freigemeinnützige Anbieter mit 54% der Heime und mit 58% der Fälle den stationären Pflegemarkt (Schaubild 19). 41% der Heime befinden sich in privater Trägerschaft, die 36% der Pflegebedürftigen stationär 10 Wir nehmen an, dass die Errichtung eines stationären Pflegeplatzes Investitionen von etwa 95 000 € nach sich ziehen und dass bestehende Plätze mit einer Rate von 2,5% abgeschrieben werden. Bei den Angaben handelt es sich jeweils um das Preisniveau des Jahres 2015.
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Pflegeheim Rating Report 2015 versorgen. Seit 1991 konnten private Pflegeheime jedoch stetig ihren Marktanteil ausbauen. Gemessen am Anteil der Plätze lag er 1991 bei nur 16%, 1999 bereits bei 26% und 2013 bei 38% (Schaubild 20). Anders sieht die Lage 2013 bei ambulanten Diensten aus, die mehrheitlich in privater Hand sind (64%). Durch ihre vergleichsweise geringe Größe betreuen sie aber nur 50% aller ambulanten Pflegefälle. Schaubild 19 Verteilung der Heime und der ambulanten Dienste nach Trägerschaft 2013; in % Ambulante Dienste
Pflegeheime 100
4,7
5,8
5,8
80 60
1,4 34,7
54,2
56,2
57,8
1,7
80 48,9 60 40
40 63,9 20
100
41,1
37,9
36,4
49,5
20 0
0 Heime
Pflegeplätze Pflegefälle
Pflegedienste
Pflegefälle
Privat Freigemeinnützig Öffentlich-rechtlich Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
Auf regionaler Ebene variiert die Verteilung der Trägerschaft erheblich (Karte 6). Es gibt Regionen mit weniger als 23% privaten Heimen und solche mit über 55%. Besonders in Nordrhein-Westfalen und in Teilen Baden-Württembergs, Bayerns und Thüringens gibt es nur wenige private Heime, während in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Ost-Bayern private Heime einen bedeutenden Stellenwert besitzen. Der Anteil privater Heime in ländlichen Regionen ist dabei ähnlich hoch wie bei nicht privaten Heimen (Schaubild 21).
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 20 Verteilung der stationären Plätze nach Trägerschaft 1991 bis 2013; Anteil in % 11 11 10 10
56
61 61 59 59 62
64 64
22 23 24 16 18 19 19 21
Bruch in der Datenerhebung
13 12 22 19 18 18 28 23
91 92 93 94 95 96 97 98 Privat
Freigemeinnützig
9
9
8
7
7
7
7
6
6
6
6
59 58 58 57 57 57 56 61 60 59 59 63 62 62 61
26
32 33 34 35 36 36 37 37 38 27 28 29 30 31
99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 Öffentlich-rechtlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bonn (Stand 2002); FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 19992013.
Schaubild 21 Verteilung der Heime nach Trägerschaft und Ländlichkeit 2013; Anteil in % 100
100
80 60
26,1%
26,0%
27,2%
32,9%
38,7%
34,8%
80 60 40
40 41,0%
35,3%
38,0%
Freigemeinnützig
Öffentlich-rechtlich
Privat
20
20 0
0 Städte
Verstädterung
Ländlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Die durchschnittliche Größe vollstationärer Heime liegt 2013 bei rund 78 Plätzen. Private Heime sind mit durchschnittlich rund 72 Plätzen deutlich kleiner als freigemeinnützige (81 Plätze) bzw. öffentlich-rechtliche (90 Plätze). Der Abstand der Heimgröße zwischen den Trägern hat in den vergangenen Jahren aber merklich abgenommen. So fallen rund 40% der privaten Heime in die Kategorie von bis zu 40 Plätzen, aber nur 30% der freigemeinnützigen und 20% der kommunalen. Die Mehrzahl der Heime befindet sich im Bereich 41 bis 120 Plätze (Schaubild 22). Schaubild 22 Verteilung der Pflegeheime nach Größe 2013; Anteil in % 100
13,6
80
21,0
12,3 16,6
25,1 27,2
60
31,2 31,1
40
39,9
30,2
80 60 40
31,6
20
100
20
20,2 0
0 Freigemeinnützig 0–40
41 – 80
Öffentlich-rechtlich 81 – 120
Privat
Ab 121
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
Die durchschnittliche Auslastung von Pflegeheimen ist zwischen 2003 und 2009 gesunken (Schaubild 23). 2011 konnte diese Entwicklung gestoppt werden (bereits seit 2009 in Ostdeutschland). 2013 setzt sich der Trend der steigenden Auslastung fort. Generell liegt die Auslastung seit 2001 in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland. Offenbar wurden v.a. in Westdeutschland viele neue Kapazitäten bereitgestellt. In der Tat waren im Durchschnitt nur private Heime, die ihr Angebot weit stärker ausgedehnt hatten, von der sinkenden Auslastung betroffen, aber auch bei privaten Heimen ist die Auslastung Ende 2013 auf rund 85% gestiegen. Es sei angemerkt, dass die Auslastung stichtagbezogen für den 15.12. des jeweiligen Jahres berechnet wird und sie sich nur auf Pflegefälle nach SGB XI bezieht, d.h. jene in Stufe I bis III inklusive Härtefälle. Knapp 11 600 Personen ohne Pflegestufe mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wurden der Pflegestufe I hinzugerechnet. Selbstzahler, die keine Leistungen nach SGB XI erhalten, sind darin nicht enthalten. Die tatsächliche Auslastung dürfte deshalb geringfügig höher liegen. 46 | 154
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2. Der Pflegemarkt Karte 6 Anteile privater Plätze 2013; in %
bis 23,2
23,2 bis 28,3
28,3 bis 32,3
36,9 bis 43,6
43,6 bis 55,7
über 55,7
32,3 bis 36,9
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 23 Auslastung der Pflegeheime ohne Tagespflege 1999 bis 2013; in % Nach Trägerschaft
Nach Region 94 92
91,3
90 88
88,6 88,2 88,8
92,1
89,5 89,4 89,1
88,7
92,9
94
93,6 91,1 90,9 90,4 90,7 90,4 90,2
91,5 91,2 91,5 88,9
88,1
87,6
88,4
88,3 87,3
86
86,7
87,2
89,1
89,2 89,6 89,8
90,3
88,8 87,9
87,3 87,6
91,5
90 89,6 89,9 89,7 89,4
85,4
85,0 84,0
01
03
Deutschland
05
07 West
09
11 Ost
13
99
01 Privat
03
05
07
84
84,0 83,1
82 99
88 86
86,8
84
92
09
82 11
13
Freigemeinnützig
Öffentlich-rechtlich
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Regional unterscheidet sich die Auslastung erheblich: Sie schwankt zwischen unter 80% und über 95% (Karte 7). In Teilen Nordrhein-Westfalens und in ostdeutschen Bundesländern liegt sie deutlich über dem Durchschnitt, in RheinlandPfalz und in Teilen Bayerns darunter. Der Anteil der Ein-Bett-Zimmer in Pflegeheimen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen (Schaubild 24). Während dieser Anteil 1999 46% betrug, waren 2013 bereits 62% der Heimplätze in Ein-Bett-Zimmern. Das Angebot scheint sich hier der Nachfrage anzupassen. Man sieht dies sehr deutlich an den Markteintritten, die immer mehr auf Ein-Bett-Zimmer setzen (Schaubild 25). Bei aktuellen Markteintritten liegt der Anteil der Ein-Bett-Zimmer bei 70%. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil bei neu in den Markt eingetretenen Heimen dabei wieder um 5%-Punkte gesunken. Private Heime wiesen 2013 noch einen größeren Anteil an Mehr-Bett-Zimmern auf (Schaubild 26). Allerdings haben sie in den vergangenen Jahren aufgeholt.
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2. Der Pflegemarkt Karte 7 Auslastung der Pflegeheime nach Kreise 2013; in %
bis 80,3
80,3 bis 84,2
84,2 bis 87,5
90,1 bis 92,6
92,6 bis 95,1
über 95,1
87,5 bis 90,1
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 24 Art der Zimmer in Pflegeheimen 1999 bis 2013; Anteil in % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
47,2
45,3
42,9
40,9
37,0
48,6
39,0
49,3
45,7
47,9
50,4
53,0
55,8
58,0
60,2
62,4
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
1-Bett-Zimmer
2-Bett-Zimmer
3-Bett-Zimmer
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
4-Bett- u.m. Zimmer
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Schaubild 25 Anteil Plätze in 1-Bett-Zimmern nach Markteintritt 1999 bis 2013; in % 80 70
70 60 50
54
56
75
73
75
80 70
62
70 60 50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0 Eintritt vor 2001
Eintritt 2001
Eintritt 2003
Eintritt 2005
Eintritt 2007
Eintritt 2009
Eintritt 2011
Eintritt 2013
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013. – 1Alle Angaben ohne Hamburg und Schleswig-Holstein, weil Pflegeheime dort nicht über mehrere Jahre eindeutig identifiziert werden können.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 26 Art der Zimmer in Pflegeheimen nach Trägerschaft 1999 bis 2013; Anteil in % Private Heime
Nicht-private Heime
60
32,6
34,6
37,1
39,1
42,0
44,6
47,1
49,6
45,7
48,5
50,8
53,8
57,2
80
60,9
80 64,9
100
67,5
100
60
13
67,4
11
65,4
09
62,9
07
60,9
51,5
05
58,0
49,2
03
55,4
46,2
01
52,9
42,8
99
50,4
39,1
54,3
35,1
20
40
32,5
40
99
01
03
05
07
09
11
13
20
0
0 1-Bett-Zimmer
Mehr-Bett-Zimmer
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
2.2.5 Personal Rund 1 005 000 Menschen waren 2013 in der voll- und teilstationären sowie ambulanten Pflege beschäftigt, etwa 53 000 bzw. 6% mehr als 2011. Aufgrund zahlreicher Teilzeitstellen entspricht dies etwa 704 000 Vollkräften, davon 491 000 in vollstationären Pflegeheimen und 213 000 in ambulanten Diensten. Gegenüber 1999 fiel der Zuwachs in den ambulanten Diensten mit 70% höher als in vollstationären Pflegeheimen mit 44% aus (Schaubild 27). Bei der Zahl der Pflegefachkräfte 11 lag der Zuwachs bei 57% im vollstationären und sogar bei 77% im ambulanten Bereich. 2013 arbeiteten 182 000 Pflegefachkräfte (Vollkräfte) in vollstationären Heimen und 115 000 in ambulanten Diensten. Während die Zahl der Pflegekräfte in Pflegeheimen und ambulanten Diensten beachtlich wuchs, sank sie in Krankenhäusern zwischen 1999 und 2007 (Schaubild 28). Damit konnte ein Teil der zusätzlich benötigten Stellen in Heimen und ambulanten Diensten vermutlich über den Abbau in Krankenhäusern gedeckt werden. Der zukünftige Bedarf wird aber nicht mehr aus Krankenhäusern gespeist werden, weil auch sie seit 2008 wieder mehr Pflegekräfte nachfragen. Insofern müssen andere Wege zur Rekrutierung gesucht werden (siehe Abschnitt 5.2). 11 Pflegefachkräfte umfassen Beschäftigte mit einem Abschluss in Altenpflege, Krankenpflege, Kinder-Krankenpflege, Heil(erziehungs)pflege oder einen pflegewissenschaftlichen Abschluss.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 27 Insgesamt Beschäftigte und Pflegefachkräfte in Pflegeheimen und ambulanten Diensten 1999 bis 2013; Anzahl
500 400
Anzahl der Beschäftigten in der Pflege (Vollkräfte)
364373 340 352
491 473 482 446459 430 415 +44% 400 407 383391
300 177 185 155166 140147 125 128 130132135137
200
213 193 203
Anzahl der Pflegefachkräfte (Vollkräfte) 182 176
171 165167168 170 156160 +57% 149 143 136 129 122 115 116 106111 101104 97 93 80 86 +77% 72 76 69 67 65 66
180 140 100 60
+70%
100
20 0
0 99 01 03 05 07 09 Ambulant Stationär
11
13
99
01
03
05
07
09
11
13
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 28 Pflegefachkräfte in Krankenhäusern, und in der stationären und ambulanten Pflege 1999 bis 2013; Vollkräfte 591 602 613 +18% 558 566 576 581 548 541 538 537 517 522 529 534
335 332 331 327 320 310 302 299 298 300 304 305 311 313 316 -6% 288 296 260 266 272 276 281 228 238 249 218 207 183 190 197
99
00
01
Krankenhaus
02
03
04
05
06
07
08
09
10
Pflegeheime und ambulante Dienste
11
12
+62%
13
Summe
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2014 und 2015d).
Bereits seit 2007 zeigt sich ein Anstieg bei der Zahl der gemeldeten offenen Stellen im Gesundheitswesen und insbesondere bei Heimen (Schaubild 29). Im Juli 2015 lag deren Zahl bei Heimen 3-mal höher als im Juli 2007. In Ostdeutschland lag die Zahl der gemeldeten offenen Stellen im Juli 2015 sogar 4-mal höher als im Juli 2007. Vermutlich wird die Zahl offener Stellen sogar unterschätzt, weil nicht alle freien Stellen gemeldet werden bzw. bei mehr als einer freien Stelle in einem Heim nur eine gemeldet wird. In einigen Regionen scheint es immer schwieriger zu werden, qualifiziertes Personal zu finden. Pflegeheime scheinen aber auf diese Situation zu reagieren. Seit 2005 beschäftigen sie deutlich mehr Auszubildende als in den Jahren davor (Schaubild 30). Der Anstieg zwischen 2003 und 2005 betrug 36%. Bis 2011 ist kein weiterer Anstieg zu beobachten. Zwischen 2011 und 2013 steigt die Zahl der Auszubildenden je Bewohner wieder um 25%.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 29 Bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete, offene Stellen 2000 bis 2013 Westdeutschland
350
Ostdeutschland
700
300
600
250
500
200
400
150
300
100
200
50
100
0
0 00 02
04 06
08
Gesundheitswesen
10 12 14 Heime
00 02
04 06
08 10 12 14
Sozialwesen
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen nach ausgewählten Wirtschaftszweigen, Zeitreihe ab Januar 2000, Datenstand: Juli 2015. – „Gesundheitswesen“: Krankenhäuser, Arztpraxen und sonstige Einrichtungen. „Heime“: alle Heime ausschließlich Erholungsheime; „Sozialwesen“: Betreuung älterer Menschen und Behinderter sowie sonstiges Sozialwesen.
Schaubild 30 Auszubildende je Bewohner in Pflegeheimen 1999 bis 2013; Vollkräfte je Bewohner 0,07
0,07
0,06
0,06
0,05
0,05
0,04
0,04
0,03
0,03
0,02
0,02
0,01
0,01 0,00
0,00 1999 Deutschland
2001 West
2003
2005
2007
2009
2011
2013
Ost
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
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3. Der Pflegemarkt Dabei werden nicht nur aufgrund des Zuwachses bei der Nachfrage nach Pflegeleistungen im vergangenen Jahrzehnt mehr Pflegekräfte benötigt, sondern auch weil mehr Pflegefachkräfte je Bewohner eingesetzt werden. 2013 betreuten 0,245 Pflegefachkräfte einen Heimbewohner, 20% mehr als 1999 (0,205, Schaubild 31) – und dies, obwohl der Anteil der leichteren Pflegefälle in Stufe I seitdem kontinuierlich zugenommen hat. Ein möglicher Grund für den Anstieg der Betreuungsrelation könnten die wachsenden bürokratischen Anforderungen sein, die in der Öffentlichkeit zunehmend unter Kritik geraten (Stoffer 2011). Bis 2009 blieb die Zahl der Pflegehilfskräfte je Bewohner weitgehend unverändert und stieg 2011 deutlich um über 20% an. 2013 sank die Zahl wieder leicht um 4% im Vergleich zu 2011. Die Zahl der nicht-pflegerisch tätigen anderen Beschäftigten je Bewohner sank in den ersten Jahren sogar, aber auch hier steigen die Zahlen seit 2007 wieder an, sodass 2011 (0,298) fast wieder das Niveau von 1999 (0,315) erreicht wurde. Allerdings ist zwischen 2011 und 2013 ein Rückgang von 14% zu beobachten. Schaubild 31 Personal je Bewohner in Pflegeheimen 1999 bis 2013; Vollkräfte je Bewohner Pflegefachkräfte je Bewohner
Pflegehilfskräfte je Bewohner
Andere Vollkräfte je Bewohner
0,45
0,45
0,40
0,40
0,35
0,35
0,30
0,30
0,25
0,25
0,20
0,20
0,15
0,15
0,10
0,10
0,05
0,05
0,00
0,00
99 01 03 05 07 09 11 13
Deutschland
West
99 01 03 05 07 09 11 13
99 01 03 05 07 09 11 13
Ost
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013.
Interessanterweise war die Betreuungsrelation der Fachkräfte in Ostdeutschland 2013 um 11% geringer als in Westdeutschland (Schaubild 32). Sollte dies an anderen bürokratischen Erfordernissen liegen, ist offenbar ein Einsparpotenzial
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Pflegeheim Rating Report 2015 vorhanden12. Bei Absenkung der höheren Relation in Westdeutschland auf ostdeutsches Niveau, könnten rund 18 000 Pflegefachkräfte eingespart werden, die dringend gebraucht werden. Schaubild 32 Personal je Bewohner in Pflegeheimen nach Bundesländern 2013; Vollkräfte je Bewohner Pflegehilfskräfte
Pflegefachkräfte BW NRW BY SL TH HE HH SH RP BE SA NS HB SN MV BB
0,27 0,26 0,26 0,25 0,24 0,24 0,24 0,23 0,23 0,23 0,23 0,23 0,22 0,22 0,22 0,20
BW NRW BY SL TH HE HH SH RP BE SA NS HB SN MV BB
Andere Vollkräfte
0,08 BW 0,09 NRW BY 0,12 SL 0,11 TH 0,05 HE 0,09 HH 0,10 0,12 SH 0,09 RP 0,16 BE 0,08 SA 0,10 NS 0,12 HB 0,06 SN 0,08 MV 0,10 BB
0,28 0,28 0,25 0,29 0,24 0,29 0,24 0,26 0,29 0,16 0,21 0,25 0,25 0,24 0,20 0,18
Quelle: Accenture/hcb/RWI; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013.
2.3
Projektionen
2.3.1 Nachfrage Die zukünftige Nachfrage nach Pflegeplätzen wird zum überwiegenden Teil durch die demografische Entwicklung bestimmt. Die Zahl der Menschen im Alter von 80 Jahren und mehr nimmt kontinuierlich zu und wird im Vergleich zu allen anderen Altersklassen in den kommenden Jahrzehnten den größten Zuwachs erfahren (Schaubild 33). 2004 betrug der Anteil dieser Altersklasse noch 4,3%, bis 2050 wird er sich auf voraussichtlich 12,4% nahezu verdreifachen. Gleichzeitig besitzt diese Altersklasse die größte Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, sodass die Nachfrage nach Pflegeleistungen in einem ähnlichen Maß zunehmen dürfte.
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12 Es kann nicht an einer unterschiedlichen Verteilung nach Pflegestufen liegen. Der Anteil der Fälle in Stufe I betrug 2013 in Westdeutschland 39,8% (Ost: 36,4%), in Stufe II im Westen 40,0% (Ost: 43,6%) und in Stufe III im Westen 20,3% (Ost: 20,1%).
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 33 Bevölkerungsentwicklung nach Altersklassen 1991 bis 2060; 1991 = 100 380
380 Babyboomer
340 300 Kriegsgeneration
260
Pillenknick
Nachkriegsgeneration
260 220
Vorkriegsgeneration
220
300
180
180
140
140
100
100 60
60 91 95 99 03 07 11 15 19 23 27 31 35 39 43 47 51 55 59 0 – 19
20 – 59
60 – 79
80+
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015e).
Sinkende Pflegequoten würden auf den Nachfragezuwachs dämpfend wirken. Sollte die steigende Lebenserwartung auch die Jahre in Gesundheit erhöhen, reduzierten sich die Pflegequoten je Altersklasse, sodass der Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen geringer ausfiele. Allerdings sind bislang keine Anzeichen sinkender Pflegequoten zu erkennen. Es gab einen leichten Rückgang bei den Hochbetagten von 2003 auf 2005, aber auch in dieser Altersgruppe blieb die Pflegequote seitdem fast konstant. 2013 gab es einen leichten Anstieg bei den Pflegequoten der Frauen, vor allem bei den Hochbetagten, während die Quoten der Männer nahezu konstant blieben (Schaubild 34). Demgegenüber dürfte die professionelle Pflege einen zusätzlichen Nachfrageschub durch die zunehmende Singularisierungen der Gesellschaft bekommen. Eine wachsende Zahl der Senioren hat entweder keine eigenen Kinder, die sie als Angehörige pflegen könnten, oder die Kinder sind aus beruflichen Gründen nicht dazu in der Lage. Eine steigende Erwerbsquote, vor allem von Frauen, dürfte zudem die Bereitschaft zur häuslichen Pflege in der Zukunft senken.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 34 Pflegequoten insgesamt (Summe stationär, ambulant und Pflegegeldempfänger) 2003 bis 2013; in % Pflegequoten Männer
Pflegequoten Frauen 70
50 45
60
40 35
50
30
40
25 20
30
15
20
10
10
5 0 60-65 65-70 70-75 75-80 80-85 85-90 90+ 2003
2005
2007
2009
60-65 65-70 70-75 75-80 80-85 85-90
2011
90+
0
2013
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 1999-2013; Bevölkerungsangaben und -prognosen der Statistischen Landesämter. – Pflegegeldempfänger in 2011 und 2013 um die potenzielle Überschätzung von 90.000 Pflegebedürftigen bereinigt.
Innerhalb der professionellen Pflege wird es wahrscheinlich weiterhin zu einer Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich kommen (vgl. Schaubild 5). Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) und erneut bei Leistungserhöhungen in 2010 und 2012 wurde die ambulante Pflege gegenüber der stationären insofern gestärkt, als die Pflegesätze der SPV für die Stufe I und II der stationären Pflege nicht erhöht wurden – allerdings die Sätze für die ambulante Pflege aller Stufen (Schaubild 35). 2015 kam es zu einer Anpassung aller Pflegesätze um ca. 4%. Ab 2017 sollen die Pflegesätze im Durchschnitt gemäß der Inflation angehoben werden. Zusätzlich wurden Leistungen für Menschen mit Demenz angehoben bzw. erweitert (BMG 2015a).
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2. Der Pflegemarkt
Häusliche Pflege
Schaubild 35 Pflegesätze der SPV nach Art der Pflege 2007 bis 2015; in € 728 665 675 685 700 410 420 430 440 458 205 215 225 235 244
Ambul. Pflege
Stufe I
Stufe II 1100 921 980 1040
1432 1470 1510 1550
1144
1612
384 420 440 450 468
Stufe I Stat. Pflege
Stufe III
Stufe II
1023 1023 1023 1023 1064
Stufe I vor Reform
Stufe III 1432 1470 1510 1550 1612
1279 1279 1279 1279 1330
Stufe II ab 1.7.08
ab 1.1.10
Stufe III ab 1.1.12
ab 1.1.15
Quelle: RWI/hcb/Philips; SGB XI; Deutscher Bundestag (2008).
Auf Basis der Pflegequoten aus dem Jahr 2013 und der erwarteten Bevölkerung schreiben wir die Pflegenachfrage bis 2030 fort. Aufgrund der oben beschriebenen Zunahme des Parallelbezugs von ambulanten Sachleistungen oder Pflegegeld und teilstationären Leistungen werden in der Projektion der stationären Leistungen nur vollstationäre Pflegebedürftige betrachtet. Es ist deutlich erkennbar, wie die Pflegehäufigkeit ab 80 Jahre stark zunimmt (Schaubild 36). Auffällig ist auch, dass Frauen eine erheblich höhere Pflegehäufigkeit aufweisen als Männer. In der ambulanten Pflege und bei Pflegegeldempfängern ist dieses Muster ebenfalls sichtbar, aber schwächer ausgeprägt (Schaubild 37).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 36 Vollstationäre Pflegequoten nach Alter und Geschlecht 2013; in %
0
0
Männer
90+
5 88 – 89
5 86 – 87
10
84 – 85
10
82 – 83
15
80 – 81
15
78 – 79
20
76 – 77
20
74 – 75
25
72 – 73
25
70 – 71
30
65 – 69
30
60 – 64
35
0 – 59
35
Frauen
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter.
In einem Basisszenario unterstellen wir für die Zahl der Pflegefälle für jede Art der Pflege (vollstationär, ambulant und Pflegegeldempfänger 13) jeweils konstante Pflegequoten. Da die Pflegequoten auf regionaler Ebene variieren, differenzieren wir die Pflegequoten nicht nur nach Alter und Geschlecht, sondern auch nach Regionen.14 Eine noch feinere Differenzierung ist aus statistischen Gründen nicht sinnvoll und aus Datenschutzgründen nicht möglich. Die Prognosen beinhalten Pflegebedürftige der Stufen I bis III sowie Härtefälle und Personen ohne Pflegestufe mit eingeschränkter Alltagskompetenz.15
13 In den nachfolgenden Projektionen sind die Pflegegeldempfänger um die potenzielle Überschätzung von 90.000 Pflegebedürftigen reduziert. 14 Folgende Regionen werden unterschieden: Baden-Württemberg und Bayern; RheinlandPfalz, Saarland und Hessen; Nordrhein-Westfalen; Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein; Hamburg; Berlin und die neuen Bundesländer. 15 Um einen Bruch in den Datenreihen zu vermeiden, wurde für Werte vor 2013 für jede Pflegeform ein konstanter Anteil an Personen ohne Pflegestufe mit eingeschränkter Alltagskompetenz auf Basis des Jahres 2013 angenommen.
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3. Der Pflegemarkt Schaubild 37 Ambulante Pflegequoten und Pflegequoten Pflegegeldempfänger nach Alter und Geschlecht 2013; in % Pflegequoten für ambulante Pflege nach Altersklassen 2013
Pflegequoten von Pflegegeld-empfängern nach Altersklassen 2013
30
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
0
0
Männer
0-59 60-64 65-69 70-71 72-73 74-75 76-77 78-79 80-81 82-83 84-85 86-87 88-89 90+
35
0-59 60-64 65-69 70-71 72-73 74-75 76-77 78-79 80-81 82-83 84-85 86-87 88-89 90+
35
Frauen
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter. – Pflegegeldempfänger um die potenzielle Überschätzung von 90.000 Pflegebedürftigen bereinigt.
Im Szenario „Nachfragereduktion“ nehmen wir an, dass sinkende Pflegequoten und eine rückläufige Verweildauer in der Pflege bis 2030 die Nachfrage gegenüber dem Basisszenario um insgesamt 4% verringern. Im Szenario „Professionalisierung“ bilden wir eine Verlagerung der Nachfrage von der informellen Pflege (Pflegegeldempfänger) zur professionellen Pflege (stationär und ambulant) ab. Dazu nehmen wir an, dass es gegenüber dem Basisszenario bis 2023 zu einer Verlagerung von 5% der Pflegegeldempfänger (0,51% p.a.) und zwischen 2023 und 2030 zu weiteren 5,25% (0,77% p.a.) kommt. Diese werden je hälftig auf den ambulanten und stationären Bereich verteilt. Im Szenario „Ambulantisierung“ werden 10% der stationären Fälle bis 2030 ambulant erbracht. Schließlich werden alle Szenarien miteinander kombiniert. Was die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt betrifft, sind nur das Basisszenario und das Szenario „Nachfragereduktion“ von Bedeutung. Die beiden anderen Szenarien führen nur zu einer unterschiedlichen Verteilung auf die Arten der Pflege.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Die Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt dürfte von 2,64 Mill. 2013 bis 2030 um 33% auf 3,51 Mill. steigen (Schaubild 38). Bei Nachfragereduktion um 4% läge die Zahl 2030 bei 3,37 Mill. (28%). Schaubild 38 Zahl der Pflegebedürftigen insgesamt 1999 bis 2030; in Mill. 3,7
3,7
3,5
3,5
3,3
3,3
3,1
3,1
2,9
2,9
2,7
2,7
2,5
2,5 Basis 2013 bis 2030 2,3 +33% bzw. 2,1 +1,7% p.a. 1,9
2,3 2,1 1,9 99
01
03
Basisszenario
05
07
09
11
13
15
17
19
21
23
25
27
29
Nachfragereduktion
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2).
Schaubild 39 stellt die projizierte Zahl der in Heimen vollstationär versorgten Pflegebedürftigen für alle genannten Szenarien dar. Im Basisszenario steigt die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 um 43% auf 1,11 Mill. Im Falle sinkender Pflegequoten bzw. rückläufiger Verweildauer beträgt der Anstieg nur 37% (1,06 Mill.), bei einer verstärkten Professionalisierung dagegen 53% (1,19 Mill.). Eine Verschiebung von stationär nach ambulant würde den Anstieg auf 28% bremsen (1.00 Mill.). Die Kombination aller Szenarien würde zu einem Anstieg um 32% auf dann 1,03 Mill. Pflegebedürftige in Heimen führen.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 39 Zahl der vollstationären Fälle 1999 bis 2030; in Mill. 1,3
1,3
1,2
1,2
1,1
1,1
1,0
1,0
0,9
0,9
0,8
0,8 Basis 0,7 2013 bis 2030 +43% bzw. 0,6 +2,1% p.a. 0,5
0,7 0,6 0,5 99
01
03
05
Basisszenario Ambulantisierung
07
09
11
13
Nachfragereduktion
15
17
19
21
23
25
27
29
Professionalisierung
Kombiniert
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2).
Karte 8 illustriert für das Basisszenario die projizierte Zunahme der Zahl der Pflegefälle bis 2030 nach Regionen. Es gibt keine Region ohne eine Zunahme, wobei diese von unter 30% bis über 67% variiert. Vor allem in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, in Teilen Schleswig-Holsteins, Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens, Thüringens und Bayerns ist eine große Zunahme zu erwarten. Gering ausfallen dürfte sie in Sachsen-Anhalt, Süd-Niedersachsen, Nord-Hessen, im Saarland, im Ruhrgebiet und in Teilen Rheinland-Pfalz und Sachsens. Der deutliche Anstieg in einigen Regionen dürfte unter anderem daran liegen, dass der Anteil der 60- bis 79-Jährigen an der dortigen Bevölkerung derzeit relativ hoch ist. Diese Altersgruppe wird in den kommenden 20 Jahren die Nachfrage nach Pflegeleistungen bestimmen.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Karte 8 Wachstum der Zahl der stationären Pflegefälle nach Kreisen 2013 bis 2030; in %
bis 29,8
29,8 bis 37,1
37,1 bis 42,8
48,3 bis 55,7
55,7 bis 67,2
über 67,2
42,8 bis 48,3
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2).
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3. Der Pflegemarkt Schaubild 40 zeigt die Projektion für den ambulanten Bereich. Im Basisszenario würde der Anstieg mit 37% geringer ausfallen als im stationären Bereich. Allerdings würde das kombinierte Szenario zu einer Zunahme um sogar 61% führen, weil das Szenario „Ambulantisierung“ hier positiv wirkt. Die Zahl der Pflegegeldempfänger würde im Basisszenario ebenfalls stetig zunehmen (Schaubild 41) – bis 2030 um 25%. Jedoch würde die Professionalisierung der Pflege und eine Abnahme der Pflegewahrscheinlichkeit und Verweildauer dies abschwächen, so dass es im kombinierten Szenario ab 2025 sogar zu einer Reduktion kommt. Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist die Annahme, dass dann die Generation der Babyboomer nicht mehr in dem Alter ist, selbst zu pflegen (Abschnitt 2.2.2). Schaubild 40 Zahl der ambulanten Fälle 1999 bis 2030; in Mill. 1,1
1,1
1,0
1,0
0,9
0,9
0,8
0,8
0,7
0,7
0,6
0,6 Basis 0,5 2013 bis 2030 +37% bzw. 0,4 +1,9% p.a. 0,3
0,5 0,4 0,3 99
01
03
05
Basisszenario Ambulantisierung
07
09
11
13
Nachfragereduktion
15
17
19
21
23
25
27
29
Professionalisierung
Kombiniert
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 41 Zahl der Pflegegeldempfänger 1999 bis 2030; in Mill. 1,6
1,6
1,5
1,5
1,4
1,4
1,3
1,3
1,2
1,2
1,1
Basis 1,1 2013 bis 2030 +25% bzw. 1,0 +1,3% p.a. 0,9
1,0 0,9 99
01
03
Basisszenario
05
07
09
11
13
Nachfragereduktion
15
17
19
21
23
Professionalisierung
25
27
29
Kombiniert
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013; Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2).
Das gesamte Marktvolumen im stationären und ambulanten Bereich errechnet sich aus dem Preisniveau je Pflegestufe sowie der Nachfrage nach Pflegeplätzen je Stufe. Unter der Annahme, dass es zu keiner Preiserhöhung oberhalb der allgemeinen Preisinflation kommt und die Verteilung nach Pflegestufen konstant bleibt 16, beliefe sich das Marktvolumen 2030 auf 56 Mrd. € (Schaubild 42). Davon entfielen 39,3 Mrd. € (70%) auf den stationären und 16,9 Mrd. € auf den ambulanten Bereich. Im kombinierten Szenario würde es insgesamt ähnlich hoch ausfallen, jedoch entfielen nur 36,3 Mrd. € (65%) auf den stationären, aber 19,8 Mrd. € auf den ambulanten Bereich.
16 Bislang nahm der Anteil der Pflegebedürftigen in Stufe I stetig zu und der in den Stufen II und III ab. Dadurch dürfte das künftige Marktvolumen leicht überschätzt werden. Dagegen könnten aber die Preise in der Pflege aufgrund des Personalmangels und damit höheren Personalkosten in Zukunft stärker steigen als die allgemeine Inflation. In diesem Fall würde das projizierte Marktvolumen unterschätzt.
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2. Der Pflegemarkt Schaubild 42 Marktvolumen der stationären und ambulanten Pflege 1999 bis 2030; in Mrd. € Marktvolumen im Basisszenario
Marktvolumen im kombinierten Szenario
50
50
40 30 20 10
5,8 17,0 6,5 18,7 6,7 20,2 7,6 21,8 8,5 23,1 10,0 25,1 11,3 26,4 12,8 28,1 13,6 29,2 14,5 30,3 15,5 31,4 16,3 32,3 17,2 33,5 18,2 34,7 19,0 35,6 19,8 36,3
60 17,0 5,8 18,7 6,5 20,2 6,7 21,8 7,6 23,1 8,5 25,1 10,0 26,4 11,3 28,3 12,6 29,6 13,3 31,0 13,9 32,4 14,5 33,8 15,1 35,4 15,6 37,0 16,1 38,2 16,5 39,3 16,9
60
0
40 30 20 10
Stationär
00 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
00 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
0
Ambulant
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik (1999-2013); Bevölkerungsprognosen der Statistischen Landesämter; 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (G1-L1-W2); Statistisches Bundesamt (2015c).
2.3.2 Angebot In den Jahren bis zur Finanzkrise war eine große Investitionstätigkeit zu beobachten. Die rückläufige Auslastung belegte, dass das Angebot gerade 2008 und 2009 stärker gewachsen ist als die Nachfrage. Besonders private Anbieter hatten ihr Angebot überdurchschnittlich ausgeweitet und wiesen gleichzeitig die geringste Auslastung auf. Seit 2009 nahm die Auslastung aber wieder zu. Zwischen 2012 und 2013 kam es zu einem Zuwachs an neuen Plätzen von 1,5%. Wir gehen davon aus, dass auch 2014 und 2015 in ähnlichem Umfang in den Bau neuer Pflegeheime investiert wurde. Bei einem angenommenen Wachstum um 1,5% p.a. in den Jahren 2014 und 2015 schätzen wir die Zahl der vollstationären Plätze im Jahr 2015 auf etwa 885 000 und die durchschnittliche Auslastung (einschließlich Pflegestufe 0) auf 91,1%. Geht man davon aus, dass inklusive Pflegebedürftige der Stufe 0 eine maximale Auslastung von 98% erreicht werden kann, ist im Basisszenario ab 2018 bundesweit mit einem weiteren Bedarf an Pflegeplätzen zu rechnen, bis 2020 in Höhe von
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Pflegeheim Rating Report 2015 46 000 Plätzen, bis 2030 von 244 000 Plätze (Schaubild 43), was gegenüber 2013 einen Anstieg um 5% bzw. 28% bedeutete. Tatsächlich wird aber schon vor 2018 ein Bedarf entstehen, weil die derzeitige Auslastung auf lokaler Ebene durchaus stark von der bundesweiten abweichen kann und die Mobilität von stationären Pflegebedürftigen stark eingeschränkt sein dürfte, sodass sie kaum in Regionen mit derzeit vorhandenen Überkapazitäten abwandern werden. Es wird also Kreise geben, in denen schon 2015 ein zusätzlicher Bedarf an neuen Plätzen besteht. Unterstellt man keine Wanderung in Regionen mit Überkapazitäten, gäbe es bereits 2015 einen Bedarf von 5 100, 2016 von 13 000 und 2017 von 22 500 Plätzen. Langfristig gleichen sich die Bedarfsprognosen auf nationaler und lokaler Ebene indessen an. Schaubild 43 Bedarf an stationären Plätzen gegenüber 2013 2015 bis 2030; Anzahl in Tsd.
Basisszenario
Nachfragereduktion
Ambulantisierung
2030
0 2029
0 2028
50
2027
50
2026
100
2025
100
2024
150
2023
150
2022
200
2021
200
2020
250
2019
250
2018
300
2017
300
2016
350
2015
350
Professionalisierung
Kombiniert
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Karte 9 zeigt für das Basisszenario den Bedarf an zusätzlichen Plätzen auf Kreisebene bis 2030 ausgehend von der 2015 zu erwartenden durchschnittlichen Auslastung auf Kreisebene. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, in Teilen Thüringens und im westlichen Teil Nordrhein-Westfalens ist mit einem verhältnismäßig hohen zusätzlichen Bedarf zu rechnen. Geringer, aber immer noch nennenswert ist der zusätzliche Bedarf in Schleswig-Holstein, Sachsen, BadenWürttembergs und Niedersachsens sowie in Südhessen und in der Region um München.
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2. Der Pflegemarkt Karte 9 Bedarf an stationären Plätzen nach Kreisen 2013 bis 2030; in %
bis 10,8
10,8 bis 18,2
18,2 bis 24,2
31,6 bis 38,8
38,8 bis 52,0
über 52,0
24,2 bis 31,6
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Unter Berücksichtigung von lokalen Unterschieden in der Auslastung und unter der Annahme, dass Markteintritte bereits bei einer lokalen Auslastung unter 98% zu verzeichnen sind, wie dies in der Vergangenheit auch der Fall war, schätzen wir im Basisszenario den Kapitalbedarf für Neu-Investitionen zwischen 2013 und 2020 auf 11,4 Mrd. € und bis 2030 auf 30,7 Mrd. € (in Preisen von 2015).17 Wir gehen dabei von einem Kapitalbedarf von rund 95 000 € pro neuem Platz aus. Nimmt man außerdem an, dass jährlich 2,5% des Bestands erneuert werden müssen (Abschreibungen), fallen insgesamt von 2013 bis 2020 rund 27 Mrd. € und bis 2030 ca. 71 Mrd. € Investitionen an (Schaubild 44). Dabei sind neue gesetzliche Vorgaben zur Erhöhung des Anteils der Ein-Bett-Zimmer wie z.B. in Baden-Württemberg nicht berücksichtigt. Schaubild 44 Bedarf an Neu- und Re-Investitionen (kumuliert) 2013 bis 2030; Mrd. €
Basisszenario Ambulantisierung
Nachfragereduktion
2030
2029
2028
2027
2026
0 2025
10
0 2024
20
10 2023
30
20
2022
30
2021
40
2020
50
40
2019
60
50
2018
60
2017
70
2016
80
70
2015
90
80
2014
90
Professionalisierung
Kombiniert
Quelle: RWI/hcb/Philips.
17 Gegenüber 2015 dürfte der zusätzliche Kapitalbedarf für Neu-Investitionen 8 Mrd. € bis 2020 und 28 Mrd. € bis 2030 betragen.
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2. Der Pflegemarkt 2.3.3 Personal Neben dem Kapitalbedarf zur Bereitstellung der nötigen Pflegeplätze steigt auch der Personalbedarf stark an. Unter der Annahme eines gleichbleibenden Verhältnisses zwischen der Zahl der Beschäftigten und der Zahl zu versorgender Pflegebedürftiger lässt sich für jedes Szenario der Personalbedarf bis 2030 schätzen. Mit dieser Annahme wird implizit angenommen, dass es keinen Produktivitätsfortschritt gibt. Bei der Pflege von Menschen scheint diese Annahme auf den ersten Blick plausibel. Dennoch sind auch hier durch Betriebsoptimierungen z.B. im nicht-pflegerischen, aber auch im pflegerischen Bereich sowie bei der Überwachung sicherlich noch Personaleinsparungen möglich, wie regionale und trägerspezifische Vergleiche zeigen. Die Reduktion von bürokratischen Vorgaben könnte hierzu ebenso einen Beitrag leisten. Unser Ziel ist jedoch eine Hochrechnung des Personalbedarfs im Status quo, d.h. ohne die Berücksichtigung von betrieblichen oder gesetzlichen Optimierungen. Letztere wären vielmehr Teil der Lösung, um die aufgezeigte Bedarfslücke zu reduzieren. Ausgehend von 2013 zeigt Schaubild 45 den zu erwartenden zusätzlichen Personalbedarf bis 2020. Im Basisszenario sind demzufolge fast 54 000 weitere Pflegefachkräfte erforderlich, um die Nachfrage nach Pflege auf dem derzeitigen Niveau bedienen zu können, davon über 32 000 im stationären und über 21 000 im ambulanten Bereich. Je nach Szenario schwankt der gesamte Bedarf zwischen 47 000 und 64 000. Darüber hinaus ist Pflegehilfspersonal und nicht-pflegerisches Personal erforderlich. In der Summe ergibt sich damit im Basisszenario bis 2020 ein Personalbedarf von 115 000 Personen, davon 82 000 in der stationären und 33 000 in der ambulanten Pflege. Je nach Szenario schwankt der gesamte Bedarf zwischen 101 000 und 138 000. Ergänzend finden sich die Projektionen bis 2030 in Schaubild 46.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 45 Bedarf an Pflegefachkräften und Beschäftigten insgesamt (ambulant und stationär) 2013 bis 2020; in Tsd. VK Bedarf an Pflegefachkräften Basisszenario
32,4
Nachfragereduktion
28,6
Professionalisierung
22,6
Alle kombiniert
24,7
Stationär
81,5
21,2
33,4
72,0
18,9
38,5
Ambulantisierung
Bedarf an Beschäftigten insgesamt
29,4
96,8
25,6
41,3 46,0
57,1
28,3
62,4
30,5
49,8
Ambulant
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Schaubild 46 Bedarf an Pflegefachkräften und Beschäftigten insgesamt (ambulant und stationär) 2013 bis 2030; in Tsd. VK Bedarf an Pflegefachkräften Basisszenario Nachfragereduktion Professionalisierung
78,4 67,5
50,8
Alle kombiniert
57,4
197,7
58,5 64,9 72,4
74,8
170,3
38,0
97,4
Ambulantisierung
Stationär
44,5
Bedarf an Beschäftigten insgesamt
63,4
245,3 128,4 144,9
99,6
110,8 124,1
Ambulant
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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2. Der Pflegemarkt Man muss derzeit davon ausgehen, dass nicht genügend Pflegefachkräfte zur Verfügung stehen werden, um diesen Bedarf zu decken. Aufgrund dessen dürften das Lohnniveau von Fachkräften und infolgedessen die Preise von Pflegeleistungen steigen. Um die Pflege für Pflegebedürftige nicht übermäßig zu verteuern, sind daher Maßnahmen zur Reduktion des Fachkräftemangels einzuleiten, z.B. Erhöhung der Ausbildungsanstrengungen, Qualifizierungsmaßnahmen für Pflegehilfskräfte, Abbau von Bürokratie und Erleichterung der Einwanderung von qualifizierten ausländischen Arbeitskräften. 2.4
Soziale Pflegeversicherung
Die SPV finanziert rund die Hälfte der Ausgaben für stationäre und ambulante Pflege. Bis 2007 nahm ihr Anteil ab, weil die Pflegesätze der SPV seit ihrer Einführung bis 2008 nicht angehoben wurden (Schaubild 47). Mit dem PfWG wurden jedoch erstmals die Pflegesätze angehoben, v.a. für die ambulante Pflege. Dadurch stieg der Anteil der SPV an den Ausgaben für ambulante Pflege erstmals. 2007 betrug er 49,9%, während er 2013 bei 57,7% lag. In der stationären Pflege hingegen stieg der Anteil der SPV an den Ausgaben kaum. Er lag 2007 bei 42,1% und 2013 bei 42,4%. Bis 2012 wurden die Pflegesätze – mit Ausnahme des Pflegesatzes für die Stufe I und II der stationären Pflege – in ein bzw. zwei Stufen weiter angehoben. Mit dem Pflegestärkungsgesetzt I wurden zuletzt zum 1. Januar 2015 alle Pflegesätze um ca. 4% erhöht. Alle drei Jahre, erneut 2017, sollen Notwendigkeit und Höhe einer Leistungsanpassung überprüft werden. Demgegenüber stand die Anhebung des Beitragssatzes zur SPV um 0,25%-Punkte zum 1. Juli 2008 und um 0,1%-Punkte zum 1.1.2013, womit ab wieder Überschüsse erzielt werden konnten. 2014 betrug der Überschuss 460 Mill. € (BMG 2015b). Die Überschüsse ermöglichten den erneuten Aufbau von Kapitalreserven, die sich 2014 auf rund 6,6 Mrd. € beliefen. Zum 1.1.2015 wurde der Beitragssatz abermals um 0,3%-Punkte angehoben, eine weitere Erhöhung um 0,2%-Punkte ist für 2017 geplant um die im Pflegestärkungsgesetz II geplante Umstellung auf fünf Pflegegrade und damit verbundene Leistungserweiterungen zu finanzieren. Außerdem werden seit 2015 die Einnahmen aus 0,1%-Punkten in einen Pflegefonds eingezahlt. Die Ansammlung ist bis 2034 geplant, anschließend soll eine jährliche Abführung des angesammelten Kapitals erfolgen um Beitragssteigerungen abzufedern (BMG 2015c).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 47 Kostenträger der stationären und ambulanten Pflege 1997 bis 2013; Anteile in % Stationäre Pflege
Ambulante Pflege
100
100
80
80
60
60
40
40
20
20 0
0 97 99 01 03 05 07 09 11 13 Private Haushalte SPV
Öffentliche Haushalte PKV
97 99 01 03 05 07 09 11 13 Arbeitgeber
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015a). – Ohne Kostenträger GKV, GUV – 2013 zusammen 0,76% bei stationärer und 35,92% bei ambulanter Pflege.
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Zur Projektion der Ausgaben der SPV greifen wir auf die Projektionen zur Zahl der stationären und ambulanten Pflegefällen sowie der Pflegegeldempfänger aus Abschnitt 2.3.1 zurück. Wir nutzen als Projektionsbasis die bisherigen Pflegestufen, da noch keine Information über die Pflegewahrscheinlichkeit je neuem Pflegegrad vorliegt. Da ein Bestandsschutz für derzeitige Leistungsbezieher gewährleistet werden soll und Pflegebedürftige durch die Pflegegrade nicht schlechter gestellt werden sollen, gehen wir davon aus, dass die Prognose nach den derzeitigen Pflegestufen eine gute Annäherung darstellt. Wir nehmen vereinfachend an, dass durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs jährlich Mehrkosten in Höhe der Einnahmen aus 0,2%-Punkten des Beitragssatzes anfallen, was der für 2017 geplanten Beitragssatzerhöhung entspricht. Die Höhe der einzelnen Pflegesätze der SPV liegt bis 2015 vor. Danach nehmen wir eine Dynamisierung der Pflegesätze an. Für die ambulanten Stufen I bis III sowie wie für die stationäre Stufe III setzen wir ab 2016 eine Inflationsanpassung von angenommenen 1,6% p.a. an. Für die stationäre Stufe II gehen wir von einer verzögerten Anpassung erst ab 2020 aus, während der Satz der stationären Stufe I konstant bis 2030 bleibt. Darüber hinaus erhöhen wir die Sätze der ambulanten Stufen I und II derart, dass sie bis 2030 fast den gleichen Wert wie die stationären Stufen I und II aufweisen. Damit soll die Attraktivität der ambulanten Pflege gegenüber der stationären gesteigert werden. Das Pflegegeld lassen wir bis 2019 ebenfalls mit 1,6% p.a. anwachsen und ab 2019 mit 1,8%, um es gegenüber den anderen Pflegearten attraktiver zu machen.
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2. Der Pflegemarkt Zur Projektion der Einnahmen der SPV treffen wir Annahmen zur Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse und zur Lohnentwicklung. Dazu leiten wir erstens das Erwerbskräftepotenzial nach Altersklassen und Geschlecht ab. Grundlage dafür ist die Bevölkerungsentwicklung bis 2030. Wir nehmen an, dass sich je Altersklasse der Anteil der erwerbsfähigen Personen an der Bevölkerung nicht ändert. Der genaue Wert des Anteils ist für die Projektion der Ausgaben der SPV nicht relevant, sondern nur Änderungen des Anteils. Insofern ist eine Annahme über die Höhe nicht nötig. Zweitens treffen wir eine Annahme zur Änderung der Erwerbstätigenquote. Für Männer im Alter von 20 bis 55 Jahren halten wir sie bis 2030 konstant, für Männer im Alter von 56 bis 67 erhöhen wir die Erwerbstätigenquote bis 2030.18 Für Frauen erhöhen wir in allen Altersklassen zwischen 20 und 67 Jahren die Erwerbstätigenquote.19 Drittens halten wir den Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an allen Erwerbstätigen konstant bis 2030. Viertens treffen wir die Annahme, dass die Löhne und Gehälter mit 2,4% p.a. stärker steigen als die angenommene Inflationsrate von 1,6% p.a. Unter diesen Annahmen zeigt Schaubild 48 die Einnahmen und Ausgaben der SPV für die verschiedenen Nachfrageszenarien ab 2013. Im Basisszenario liegen die Einnahmen bis 2021 über den Ausgaben, ab 2022 übertreffen die Ausgaben die Einnahmen, sodass ein Defizit entsteht und die Kapitalreserve schrittweise abgebaut wird. Im Szenario der Nachfragereduktion verzögert sich diese Entwicklung um ein Jahr. Bei verstärkter Professionalisierung dagegen beschleunigt sie sich um fast ein Jahr. Die Ambulantisierung bringt nur eine leichte Verbesserung, insbesondere weil die ambulanten Pflegesätze in dem Modell langfristig auf das Niveau der stationären angehoben werden. Das kombinierte Szenario fällt schließlich leicht besser aus als das Basisszenario. Infolgedessen können die Kapitalreserven der SPV im Basisszenario bis 2021 weiter aufgebaut werden. Sie würden dann etwa 19,0 Mrd. € erreichen. Ab 2022 würden die jährlichen Defizite die Kapitalreserven abbauen, die spätestens bis 2028 aufgebraucht wären. Im kombinierten Szenario würden die Kapitalreserven etwas langsamer abnehmen und wären erst 2029 aufgebraucht. Der Pflegefonds würde (ohne Verzinsung) bis 2030 auf 23,6 Mrd. € ansteigen (Schaubild 49). Bei einer Verzinsung von 2% würde der Pflegefonds bis 2030 auf 27,3 Mrd. € anwachsen. 18 Für Männer im Alter von 56 und 60 Jahren um 0,6%-Punkte p.a., 61-65: 1,1% p.a. und 66-67: 1,3% p.a. („Rente mit 67“). 19 Frau Frauen im Alter von 20 bis 55 Jahren um 0,4% p.a. (steigende Frauenerwerbstätigen quote), 56-65: 1,1% p.a. und 66-67: 1,2% p.a.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 48 Einnahmen und Ausgaben der SPV 2013 bis 2030; in Mrd. €
2030
2028
2029
2027
2025
20 2026
20 2024
25
2022
25
2023
30
2021
30
2019
35
2020
35
2018
40
2017
40
2016
45
2015
45
2014
50
2013
50
Ausgaben (Basisszenario) Einnahmen Ausgaben (Nachfragereduktion) Ausgaben (Professionalisierung) Ausgaben (Ambulantisierung) Ausgaben (Kombiniert) Quelle: RWI/hcb/Philips; BMG (2015b).
Schaubild 49 Kapitalreserven der SPV 1995 bis 2030; in Mrd. € 30
30
25
25
20
20
15
15
10
10
5
5
0
0
-5
-5
–10
–10
–15
–15
–20
–20 1995
2000
Basisszenario
2005
2010
Kombiniertes Szenario
2015
2020
2025
2030
Pflegefonds
Quelle: RWI/hcb/Philips; BMG (2015b).
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2. Der Pflegemarkt 2.5
Wesentliche Ergebnisse im Überblick
2.5.1 Status quo Markt. Der Gesundheitsmarkt erreichte im Jahr 2013 ein Volumen von rund 315 Mrd. € und damit 12 Mrd. € mehr als 2012. 40 Mrd. € bzw. 13% entfallen auf ambulante Pflegedienste und Pflegeheime, 1997 betrug der Anteil erst 8,6%. Damit rangierte die Pflege in ihrer Bedeutung an vierter Stelle hinter Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken. Knapp die Hälfte der Ausgaben für Pflegeleistungen trug 2013 die SPV. Nachfrage. Ende 2013 wurden 2,6 Mill. Menschen als pflegebedürftig ausgewiesen, 130 000 bzw. 5% mehr als Ende 2011 und 30% mehr als 1999. Sowohl die Pflege in Heimen, durch ambulante Dienste als auch die Zahl der Pflegegeldempfänger haben absolut zugenommen. Die Zahl der Pflegegeldempfänger hat um 16,9% seit 2009 zugenommen. Es könnte 2013 jedoch wie auch 2011 wegen einer Erfassungsänderung der Pflegekassen zu einer Überschätzung des Wachstums der Zahl der Pflegegeldempfänger in Höhe von jeweils bis zu 90 000 gekommen sein. Rechnet man die gesamten 90 000 in beiden Jahren heraus, hätte das Wachstum nur 8,4% betragen. Die Zahl der von ambulanten Pflegediensten betreuten Pflegebedürftigen stieg zwischen 2011 und 2013 um 6,8%, die in stationären Einrichtungen um 2,9%. Der Anteil der Pflegebedürftigen, die in privaten Einrichtungen versorgt werden, nahm weiter zu. 36% aller stationär Pflegebedürftigen suchte 2013 ein Heim in privater Trägerschaft auf. Durch private Dienste ließen sich bereits 50% aller ambulant Pflegebedürftigen versorgen. Preise. Für alle drei Pflegestufen erhöhte sich zwischen 1999 und 2011 die durchschnittliche Vergütung (DP und UV) um 1,2% bis 1,4% p.a. und damit leicht unterhalb der allgemeinen Inflation. Regional bestehen signifikante Preisunterschiede in der Pflege und UV. Besonders teuer sind Heime in Nordrhein-Westfalen, in Teilen des Saarlands, Baden-Württembergs und Bayerns sowie in Hamburg. Günstig sind Heime in den ostdeutschen Ländern und in Niedersachsen. Anders sieht die Situation bei den Investitionskosten aus. Hier liegt Nordrhein-Westfalen im obersten Preissegment; auch Niedersachsen schneidet verhältnismäßig teuer ab. Heime in privater Trägerschaft sind in Westdeutschland günstiger als Heime in anderer Trägerschaft. Bezogen auf Pflege sowie UV sind diese im Durchschnitt – je nach Preiskomponente – um 9% bis 14% günstiger als nicht-private Heime. Schließt man den Investitionskostenanteil mit ein, liegt das Preisniveau noch um 7% bis 8% niedriger. Dies gilt jedoch nicht für Ostdeutschland; dort liegt das Preisniveau der privaten Heime 4% höher als bei den nicht-privaten. Grund dafür
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Pflegeheim Rating Report 2015 sind die dort deutlich höheren IK der privaten Heime, die weniger von der großzügigen Förderpolitik profitieren konnten. Schließlich bieten Heime in ländlichen Regionen günstigere Preise an. Kapazitäten. Mit der steigenden Nachfrage nach Pflegeleistungen stieg auch das Angebot. Die Zahl der Pflegeheime nahm zwischen 1999 und 2011 um 47% von 8 859 auf 13 030 zu. Dabei erhöhte sich die Zahl der verfügbaren Plätze von rund 645 000 auf 903 000. 2001 bis 2013 sind pro Jahr rund 2,8% Markteintritte zu verzeichnen. Auffallend ist die Zunahme der Zahl der Plätze in privater Trägerschaft: seit 1999 um 105%, in freigemeinnütziger nur um 25%. Bei ambulanten Diensten stieg die Zahl der Fälle von freigemeinnützigen Diensten in diesem Zeitraum um 16% auf über 301 000, bei privaten um 106% auf ca. 305 000. Kommunale ambulante Dienste haben praktisch keine Bedeutung. Die Mehrzahl der Heime in freigemeinnütziger und öffentlicher Trägerschaft weist eine Größe zwischen 41 bis 120 Plätzen auf. Mit knapp 40% bieten jedoch relativ viele Heime in privater Trägerschaft nur bis zu 40 Plätze an. Der Anteil der 1-Bett-Zimmer stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an, 2011 auf 62%. Besonders neue Heime setzen vermehrt auf Ein-Bett-Zimmer. Von 2001 bis 2013 sank die durchschnittliche Auslastung (ohne Pflegestufe 0) von 88,6% auf 87,6%, während sie bis 2013 auf 89,1 kletterte. Private Heime, die ihr Angebot überproportional ausgedehnt haben, zeigen eine deutlich geringere Auslastung als nicht-private. Die Auslastung lag bei privaten Heimen Ende 2013 bei nur 85%. Regional schwankt sie zwischen unter 80% und über 95%. In Teilen Nordrhein-Westfalens und in ostdeutschen Bundesländern liegt sie deutlich über dem Durchschnitt, in Rheinland-Pfalz und in Teilen Süddeutschlands darunter. Personal. 2013 arbeiteten in der ambulanten und voll- und teilstationären Pflege 1 000 005 Menschen, 53 000 bzw. 6% mehr als 2011. Dies entsprach 704 000 Vollkräften, von denen 297 000 Pflegefachkräfte in vollstationären Heimen und ambulanten Diensten waren. Es zeigen sich Zeichen eines Mangels an Pflegefachkräften. Seit 2007 ist ein Anstieg bei der Zahl der gemeldeten offenen Stellen bei Heimen zu verzeichnen. Im Juli 2015 lag die Zahl der gemeldeten offenen Stellen bei Heimen 2,7mal höher als im Juli 2007. Allerdings hat sich auch die Betreuungsrelation in Heimen verbessert: 2013 standen 0,25 Pflegefachkräfte je Bewohner zur Verfügung, 20% mehr als 1999, trotz einer Zunahme des Anteils Pflegebedürftiger in Stufe I. Die Betreuungsrelationen schwanken allerdings regional in relevanter Größenordnung.
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2. Der Pflegemarkt 2.5.2 Projektion Nachfrage. Bei konstanten Pflegequoten dürfte die Zahl der Pflegefälle von 2,64 Mill. im Jahr 2013 bis 2030 um 33% auf 3,51 Mill. steigen. Die Zahl der vollstationär Pflegebedürftigen klettert bis 2030 voraussichtlich um 43% auf 1,11 Mill., wobei die Zunahme bis 2030 regional von unter 30% bis über 67% variiert. Vor allem in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, in Teilen SchleswigHolsteins, Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens, Thüringens und Bayerns ist eine große Zunahme zu erwarten. Im Szenario sinkender Pflegequoten bzw. rückläufiger Verweildauer beträgt der Anstieg nur 37% (1,06 Mill. Pflegebedürftige), im Szenario einer verstärkten Professionalisierung dagegen 53% (1,19 Mill.). Im Szenario der Verlagerung von stationär nach ambulant würde den Anstieg auf 28% bremsen (1,00 Mill.). Die Kombination aller Szenarien würde zu einem Anstieg um 32% auf dann 1,03 Mill. Pflegebedürftige führen. Bis 2030 dürfte das Marktvolumen des stationären und ambulanten Bereichs auf 56 Mrd. € steigen (in Preisen von 2015). Davon entfielen 39,3 Mrd. € (70%) auf den stationären und 16,9 Mrd. € auf den ambulanten Bereich. Im kombinierten Szenario entfielen durch die Ambulantisierung nur 36,3 Mrd. € (65%) auf den stationären, aber 19,8 Mrd. € auf den ambulanten Bereich. Angebot. Die durchschnittliche Auslastung dürfte aufgrund einer nachlassenden Investitionstätigkeit bis 2015 wieder gestiegen sein. Aufgrund des unverminderten Anstiegs der Zahl der Pflegefälle wird sich jedoch ein stetiger Bedarf an neuen Plätzen einstellen. Bis 2020 rechnen wir bundesweit mit einem Mehrbedarf gegenüber 2013 von rund 46 000 vollstationären Plätzen (5%) und bis 2030 mit 244 000 (28%), der sich in einzelnen Kreisen jedoch sehr unterschiedlich äußern kann, von unter 11% bis über 52%. Zwischen 2013 und 2020 dürfte sich der hierzu erforderliche Kapitalbedarf (in Preisen von 2015) auf 11,8 Mrd. € und bis 2030 auf 30,7 Mrd. € summieren. Müssen außerdem jährlich 2,5% des Bestands erneuert werden, fallen darüber hinaus bis 2030 weitere 40,6 Mrd. € an; in der Summe rund 71 Mrd. €. Personal. Neben dem zusätzlichen Kapitalbedarf zur Bereitstellung der Pflegeplätze steigt der Personalbedarf stark an. Bis 2020 rechnen wir mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 32 000 Pflegefachkräften im stationären und 21 000 im ambulanten Bereich (jeweils Vollkräfte). Je nach Szenario schwankt der gesamte Bedarf zwischen 47 000 und 64 000. Für das gesamte Personal in stationären und ambulanten Einrichtungen rechnen wir bis 2020 mit einem Mehrbedarf von 115 000 Vollkräften. Je nach Szenario schwankt der gesamte Bedarf zwischen 101 000 und 138 000. Bei Pflegefachkräften ist mit einem Personalmangel und daher mit steigenden Löhnen und infolgedessen steigenden Preisen zu rechnen. Um die Pflege für Pflegebedürftige nicht übermäßig zu verteuern, sind daher die Ausbildungsanstrengungen zu erhöhen, Bürokratie abzubauen und Zuwanderung von Fachkräften zu erleichtern.
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Pflegeheim Rating Report 2015 SPV. Bei konstanten Pflegequoten sollte die SPV noch bis 2021 einen positiven Saldo aufweisen und damit eine Kapitalreserve von 19,0 Mrd. € aufbauen können. Ab 2022 ist indessen mit einem wachsenden Defizit der SPV zu rechnen, das zu einem Abbau der Kapitalreserven bis spätestens 2029 führt. Der Pflegefonds wächst bis 2030 auf 23,6 Mrd. € an, bei positiver Verzinsung entsprechend stärker.
3. Das Rating der Pflegeheime 3.1
Datengrundlage
Wir greifen auf eine Stichprobe von insgesamt 469 Jahresabschlüssen von 2012 oder 2013 (oder von beiden Jahren) zurück. In 462 Fällen haben wir den Jahresabschluss aus dem Jahr 2012 und in 152 von 2013 (Schaubild 50). Auf Grundlage der Abschlüsse, die für beide Jahre vorlagen, wurde für die 317, die nur für 2012 vorliegen, eine Hochrechnung auf 2013 vorgenommen. Da Jahresabschlüsse für Pflegeheimketten mehrere einzelne Pflegeheime umfassen können, beinhaltet die Stichprobe insgesamt 2 252 einzelne Heime. Wir verwenden stets die Konzernbilanzen, nicht jedoch Bilanzen einzelner Heime, die ohnehin oft nicht verfügbar sind. In den Analysen gewichten wir eine Bilanz nach der Zahl der zugehörigen Heime. Für einige Einrichtungen liegen Jahresabschlüsse seit 2007 vor. Insgesamt handelt es sich von 2007 bis 2013 um 2 369 Jahresabschlüsse. Schaubild 50 Jahresabschlüsse nach Bilanzjahr 2007 bis 2013; Anzahl 500
500
400
400 317
300 200 289
308
348
379
431
462
100
300 200
152
100 0
0 2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Hochrechnung der 2012er Jahresabschlüsse auf 2013 Quelle: RWI/hcb/Philips.
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3. Das Rating der Pflegeheime Die vorliegenden Daten repräsentieren rund 17% des Pflegeheimmarkts. Dabei sind Pflegeheime aus allen Bundesländern in der Stichprobe vertreten. Niedersachsen, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und das Saarland sind leicht unter-, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Brandenburg leicht überrepräsentiert (Schaubild 51). Bezogen auf die einzelnen Pflegeheime wird die Verteilung der Trägerschaften in der Grundgesamtheit ausreichend gut abgebildet (Schaubild 52). Öffentlich-rechtliche Träger sind über- und private leicht unterrepräsentiert. Große Pflegeheime sind in der Stichprobe über-, kleine unterrepräsentiert (Schaubild 53). Beim durchschnittlichen Preisniveau der Pflegeheime zeigen sich schließlich mit einer Abweichung von unter 1% nur minimale Unterschiede zwischen der Grundgesamtheit und der Stichprobe. Schaubild 51 Verteilung der Pflegeheime nach Bundesländern in Stichprobe und Grundgesamtheit 2013; Anteil in % Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Hessen Bayern Niedersachsen Sachsen Sachsen-Anhalt Brandenburg Schleswig-Holstein Thüringen Rheinland-Pfalz Berlin Hamburg Mecklenburg-Vorp. Bremen Saarland
N=22521 N=13030 0
Stichprobe
5
10
15
20
25
Alle Pflegeheime
Quelle: RWI/hcb/Philips; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Pflegestatistik 2013. – 1 Insgesamt handelt es sich um 469 Jahresabschlüsse. Manche Bilanz umfasst jedoch eine kleine Kette von Pflegeheimen.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 52 Verteilung der Pflegeheime nach Trägerschaft in Stichprobe und Grundgesamtheit 2013; Anteil in % 49,2 Freigemeinnützig
54,8 54,2
9,3
Öffentlich-rechtlich
4,7
35,9
Privat
41,1
0
Stichprobe (N = 2 252)
10
20
30
40
50
60
Alle Pflegeheime (N=13 030)
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d).
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 53 Verteilung der Pflegeheime nach Größe in Stichprobe und Grundgesamtheit 2013; Anteil in % 1,7
Bis 20
14,1 10,9
21 bis 40
21,9 17,5 18,1
41 bis 60
22,3
61 bis 80
17,2 18,2
81 bis 100
11,9 22,8
101 bis 150
13,4 3,4 0
Stichprobe
N=2 252 N=13 030
6,7
151 und mehr
5
10
15
20
25
Alle Pflegeheime
Quelle: RWI/hcb/Philips; Statistisches Bundesamt (2015d).
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Pflegeheim Rating Report 2015 3.2
Methodik
Zentraler Indikator zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Pflegeheims ist in dieser Studie die Ausfallwahrscheinlichkeit (Propability of Default, PD). Mit Hilfe eines Bilanzratings berechnen wir die PD für jedes Heim anhand der vorliegenden Jahresabschlüsse. Das Rating beruht auf Engelmann et al. (2003). Deren Modell enthält insgesamt zehn Kennzahlen20 (Schaubild 54). Das Modell wurde im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der GENO-RiskSolutions GmbH für die vorliegenden Daten modifiziert. In Augurzky et al. (2011) finden sich eine Beschreibung des Vorgehens zur Erstellung dieses Ratings und eine Beurteilung seiner Güte. Die PD gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Einrichtung innerhalb eines Jahres seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann und damit ggf. Insolvenz anmelden muss. Sie liegt theoretisch zwischen 0% und 100%. Für die weit überwiegende Zahl der Einrichtungen bewegt sich die so errechneten PD zwischen 0% und etwa 5%. Eine hohe PD bzw. deren Erhöhung kann unterschiedliche Konsequenzen haben. Naheliegend ist eine Verteuerung der Kredite, wie sich am positiven Zusammenhang zwischen Zinszahlungen und PD belegen lässt (Augurzky et al. 2007). Die errechneten PD werden zur Veranschaulichung einem groben Ampelsystem zugeordnet (Schaubild 55). Eine PD zwischen 0,0% und 1,0% spiegelt ein geringes bis moderates Ausfallrisiko wider und wird mit der Farbe Grün hinterlegt. Eine Kreditaufnahme sollte im grünen Bereich einfach bzw. zu geringen Kosten möglich sein. Werte zwischen 1,0% und 2,6% sind gelb hinterlegt. Die Kreditaufnahme ist erschwert, und Kredite werden teurer. Alle Werte darüber sind rot hinterlegt; hier ist mit erheblichen Problemen bei der Kreditaufnahme zu rechnen bzw. ist sie sogar unmöglich. Wir bilden zu erwartende Entwicklungen im Pflegeheimbereich in Form von Planbilanzen und Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen (Plan-GuV), die ebenfalls dem Rating unterzogen werden, bis 2020 in einem so genannten Basisszenario ab. Zusätzlich dazu berücksichtigen wir den Einfluss des Ratings auf die Finanzierungskosten. Ein schlechtes Rating erhöht die Finanzierungskosten, ein gutes verringert sie.
20
Es wurde auf Bundesbankdaten getestet und kalibriert (Engelmann et al. 2003).
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 54 Kennzahlen zur Bestimmung des Bilanzratings Kennzahl
Definition
Wertung
Verschuldungsgrad
Verbindlichkeiten / Bilanzsumme
Geringer ist besser
Bankverschuldungsgrad
Bankverbindlichkeiten / Bilanzsumme
Geringer ist besser
Liquidität
Schecks & Kassenbestand / Verbindlichkeiten bis 1 Jahr
Höher ist besser
Finanzkraft
Ertragswirtschaftlicher Cash Flow/ (Verbindlichkeiten – Erhaltene Anzahlungen)
Höher ist besser
Umlaufvermögen
Umlaufvermögen / Umsatz
Geringer ist besser
Kurzfristige Verschuldung
Verbindlichkeiten bis 1 Jahr / Bilanzsumme
Geringer ist besser
Reinvermögensquote
Verbindlichkeiten aus Lieferung und L. / (Bilanzsumme – nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag)
Geringer ist besser
Kapitalumschlag
Umsatz / Bilanzsumme
Höher ist besser
Wertschöpfung
(Umsatz – Materialaufwand) / Personalaufwand
Höher ist besser
Return on Capital
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit / Bilanzsumme
Höher ist besser
Quelle: Engelmann et al. (2003); angepasst durch Genoverband Stuttgart.
Schaubild 55 Ampelklassifizierung über errechnete Ausfallwahrscheinlichkeiten Ausfallw‘keit p.a. (PD)
Aktiva
Passiva
GuV
Formelwerk basierend auf modernen statistischen Schätzverfahren
Grün
0,0 – 1,0%
Gelb
1,0 – 2,6%
Rot
2,6 – 100,0%
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Im Basisszenario unterstellen wir, dass Löhne, Preise für Sachmittel und Preise für die Pflegeleistung des Heimes mit der Inflationsrate steigen. Wir halten dabei die Verweildauer der Pflegebedürftigen im Heim konstant und gehen davon aus, dass Pflegeheime keine betrieblichen Gegenmaßnahmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation einleiten. Dagegen nehmen wir im Szenario „Produktivitätsfortschritt“ ein jährliches Wachstum der Produktivität um 0,25% ab 2016 an, d.h. dann sind jährlich 0,25% weniger Aufwendungen erforderlich, um die gleichen Pflegeleistungen wie im Vorjahr bereitzustellen. Schließlich unterstellen wir im Szenario „Lohndruck“, dass die Löhne inflationsbereinigt um 0,5% p.a. ab 2016 steigen. Dies soll die Auswirkungen eines Mangels an Pflegefachkräften abbilden. Im Szenario „Lohndruck und Produktivitätsfortschritt“ kombinieren wir die beiden Szenarien. 3.3
Aktuelle Situation
3.3.1 Stichprobe In diesem Abschnitt stellen wir die Analyse der vorliegenden Stichprobe mit Bilanzdaten aus dem Jahr 2013 vor. Für die Jahre 2014 und 2015 präsentieren wir eine Hochrechnung. Die durchschnittliche PD der in der Stichprobe enthaltenen Heime beträgt 0,90% (Schaubild 56). Sie liegt damit niedriger als bei Krankenhäusern und deutlich niedriger als bei Rehabilitationseinrichtungen. 7% der Pflegeheime waren im roten, 21% im gelben, immerhin 72% im grünen Bereich angesiedelt. Im Vergleich zum Vorgängerreport 2013 hat sich der Anteil der Pflegeheime im grünen Bereich damit erhöht. Dies kann an einer generellen Verbesserung der Lage der Pflegeheime liegen oder an der anderen Stichprobe, die im Vorgängerreport verwendet wurde.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 56 Ausfallwahrscheinlichkeit und Ampelklassifikation von Pflegeheimen, Krankenhäusern und Rehakliniken 2013; in % Verteilung nach der Ampelklassifikation
Mittlere Ausfallwahrscheinlichkeit 0
100 80 60
0,90 72,1
71,4
63,9
1 1,41 1,91
2
40 20
20,7
0
7,1
Pflegeheime 2013
13,0
16,0
15,6
20,1
Krankenhäuser 2013
Rehakliniken 2012
3
4
Pflegeheime 2013
Krankenhäuser 2013
Rehakliniken 2012
Quelle: RWI/hcb/Philips; Augurzky et al. (2015); Augurzky et al. (2014). – Spannweite (Fehlerbalken) entspricht zwei Standardabweichungen.
Der Anteil der Pflegeheime mit einem Jahresverlust lag 2013 mit 19% niedriger als bei Krankenhäusern und Rehakliniken (Schaubild 57). Auch wenn das Rating der Rehakliniken sehr schlecht ausfiel, war ihre Ertragslage nicht gravierend schlechter als die der Pflegeheime. Zum Teil kann dies darauf zurückzuführen sein, dass bei Pflegeheimen die freigemeinnützigen, nicht-gewinnorientierten Anbieter und bei Rehakliniken die privaten, gewinnorientierten dominieren. Zur Beurteilung der Ertragslage von Pflegeheimen verwenden wir darüber hinaus das EBITDAR („Earnings before interest, taxes, depreciation, amortization and rents“), das den Ertrag aus dem operativen Geschäft, d.h. vor Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Mieten darstellt. Es stellt die Größe dar, die zur Bedienung der Kapitalkosten verwendet werden kann. In Abschnitt 3.5 leiten wir auf Basis des Kapitalbedarfs und der Kapitalkosten eine Soll-EBITDARMarge ab und beurteilen damit die Investitionsfähigkeit der Pflegeheime.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 57 Verteilung der Pflegeheime, Krankenhäuser und Rehakliniken nach der Höhe des Jahresüberschusses 2013; Anteil in % 100
100
80
80
58,8 60
81,4
69,8
74,9
40
60 40
20 18,6
30,2
25,1
Krankenhäuser 2013
Rehakliniken 2012
0
20 0
Pflegeheime 2013 JÜ < 0 JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips; Augurzky et al. (2015); Augurzky et al. (2014).
Für die Nutzung einer Pflegeimmobilie entstehen Kosten. Es fallen Abschreibungen und Kosten für die Finanzierung der Immobilie an. Entweder wird sie mit Eigen- oder mit Fremdkapital oder mit einer Mischung aus beidem finanziert. Alternativ kann eine Immobilie angemietet werden. Dann ersetzen Mietzahlungen an den Immobilienbesitzer die Abschreibungen und Kapitalkosten. In diesem Fall reduzieren sich in der Gewinn- und Verlustrechnung die Abschreibungen und Zinszahlungen und erhöhen sich im Gegenzug die Mietzahlungen. Es findet also eine Umschichtung von Kosten statt. In der Bilanz dagegen reduzieren sich in diesem Fall das Anlagevermögen und damit die Bilanzsumme. Um die Bilanzen der Pflegeheime vergleichbar zu machen, kapitalisieren wir die Miete, d.h. wir stellen die Bilanz aller Pflegeheime so dar, als würde jedes Heim die Immobilien besitzen. Dabei erhöhen wir einerseits entsprechend das Sachanlagevermögen und andererseits das Fremdkapital. Es ist davon auszugehen, dass sich dadurch das Rating gegenüber dem Ausgangszustand verschlechtert. Da die Mietzahlungen häufig unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen verbucht und in den vorliegenden Jahresabschlussdaten nicht immer separat ausgewiesen werden, schätzen wir bei fehlenden Angaben die Mietzahlungen. Dazu prüfen wir im ersten Schritt über die Angaben zu Gebäuden und Grundstücken im
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3. Das Rating der Pflegeheime Anlagevermögen, ob Immobilien im Eigen- oder im Fremdbesitz sind bzw. sein könnten. Dazu nehmen wir an, dass in den Fällen, in denen Gebäude und Grundstücke mehr als 90% des Sachanlagevermögens ausmachen, sich alle Immobilien im Eigenbesitz befinden. Sollte ihr Anteil dagegen unter 10% liegen, nehmen wir an, dass Gebäude und Grundstücke in Fremdbesitz sind. Über die Informationen der eindeutig identifizierbaren Fälle können wir auf Mischfälle schließen, d.h. Anbieter, die teilweise ihre Immobilien in Eigen- und teilweise in Fremdbesitz haben. Damit lassen sich schließlich für jene Fälle, für die keine Informationen über Mietzahlungen vorliegen, sich aber ein Teil oder alle Immobilien in Fremdbesitz befinden müssten, die Mieten über diejenigen Fälle abschätzen, für die Angaben zu Mietzahlungen vorliegen. In einem letzten Schritt kapitalisieren wir die Mietzahlungen mit einem Zinssatz von 7,5%. Schaubild 58 stellt die Vorgehensweise im Detail dar. Die auf diese Weise errechnete EBITDAR-Marge lag 2013 wie bereits im Vorgängerreport 2013 im Durchschnitt bei 14% (Schaubild 59). 20% der Heime erreichten nur 7,2% oder weniger, 20% schafften 21,3% oder mehr. Abschnitt 3.5 wird dieses Ergebnis bewerten. Schaubild 58 Vorgehensweise zur Imputation der Mietaufwendungen Schritt 1: Herleitung, ob ein Heim Immobilienbesitz hat oder nicht Eindeutige Fälle • Immobilienbesitz ja (100%), wenn Gebäude und Grundstücke / Sachanlagevermögen > 0,9 • Immobilienbesitz nein (0%), wenn − Gebäude und Grundstücke / Sachanlagevermögen < 0,1 − Miete/Umsatz > 0,161 (1) Weniger eindeutige Fälle (z.B. bei Ketten, die zum Teil Heime mit und ohne Immobilienbesitz haben) • Immobilienanteil (zwischen 0 und 100%) = Sachanlagevermögen je Umsatz /1,5582 (2)
Schritt 2: Imputation der Mieten Herleitung aus den Daten • Median der beobachteten Miete je Umsatz für alle ohne Immobilienbesitz: 0,1707 • Median der beobachteten Miete je Umsatz für alle mit Immobilienbesitz: 0,0099 Daraus abgeleitete Miete je % Immobilienbesitz: 0,001608 Euro je Euro Umsatz Ggf. Deckelung der imputierten Miete durch gesamten sonstigen Aufwand minus andere identifizierbare Punkte darin
Schritt 3: Kapitalisierung der Mieten
Heime, die Immobilien nur anmieten, unterscheiden sich in der Bilanz von Heimen, die die Immobilie besitzen Um Vergleichbarkeit zu erreichen, werden die Mietaufwendungen mit 7,5% „kapitalisiert“, d.h. die Bilanz wird so dargestellt, als ob jedes Heim die Immobilien besitzen würde Folge: Erhöhung der (langfristigen) Verb. gegenüber Kreditinstituten; Erhöhung der Sachanlagen (Grundstücke und Gebäude); Erhöhung der Bilanzsumme
Quelle: RWI/hcb/Philips. – (1) Median für Miete/Umsatz bei Heimen ohne Immobilie laut vorheriger Zeile. – (2) 1,5582 = (Median Sachanlagevermögen je Umsatz beim Immobilienbesitz 100%) – (Median Sachanlagevermögen je Umsatz beim Immobilienbesitz 0%).
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 59 EBITDAR-Marge 2013; in % 25
25 20
21,3
15
15 10
20
14,3
5
13,7
10 5
7,2
0
0
Mittelwert
20%-Quantil
Median
80%-Quantil
Quelle: RWI/hcb/Philips.
3.3.2 Vergangene Entwicklung Für insgesamt 1 954 bzw. 87% aller Pflegeheime in unserer Stichprobe liegen Bilanzangaben zu allen vier Jahren von 2010 bis 2013 vor21 . Für sie lässt sich der zeitliche Verlauf ausgewählter Kennzahlen darstellen. Da es sich hier nur um eine Teilstichprobe handelt, können die durchschnittlichen Werte für 2013 von denjenigen der gesamten Stichprobe aus dem vorherigen Abschnitt abweichen. Zwischen 2010 und 2013 verschlechterte sich die durchschnittliche PD (Schaubild 60). Zwar nahm der Anteil der Heime im grünen Bereich von 70% auf 72% zu, jedoch ist auch eine Zunahme im roten Bereich von 3,5% auf 7,1% zu beobachten. Nach einer Verschlechterung der Ertragslage im Jahr 2011 mit einem Anteil der Heime mit einem Jahresverlust von 27,0% verbesserte sich die Ertragslage bis 2013 wieder. Der Anteil der Heime mit einem Jahresverlust lag 2013 nur noch bei 19,3% (Schaubild 61). Der Vergleich mit Schaubild 56 und 57 zeigt, dass es sich bei dieser Teilstichprobe um Pflegeheime mit einem sehr ähnlichen Rating handelt.
21
Für das Jahr 2013 sind hochgerechnete Bilanzen enthalten.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 60 Ampelklassifikation und Ausfallwahrscheinlichkeit 2010 bis 2013; in % Verteilung nach der Ampelklassifikation (N = 1954)
100
Durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit (N = 1954) 0
0,71
0,81
80
0,88
0,90 1
70,2
60
70,9
71,0
72,2 2
40 20
26,3
23,7
23,5
20,7
0
3,5 2010
5,4 2011
5,5 2012
2013
3
7,1 2010
2011
2012
2013
4
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Schaubild 61 Verteilung nach der Höhe des Jahresüberschusses 2010 bis 2013; Anteil in % 100
100
80
80 77,8
60
73,0
75,0
80,7
40
60 40
20 22,2 0 JÜ < 0
2010
20
27,0
25,0
19,3
2011
2012
2013
0
JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Die EBITDAR-Marge hat sich ebenfalls in den letzten Jahren positiv entwickelt. Von 2010 bis 2013 stieg sie um 0,4%-Punkte auf 14,4% an (Schaubild 62). D.h. der Anteil des Ertrags aus dem operativen Geschäft am Gesamterlöse ist in den letzten Jahren gestiegen. 91 | 154
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 62 EBITDAR-Marge im Zeitverlauf 2010 bis 2013; Anteil in % 16 14
14,0
14,0
14,1
14,4
16 14
12
12
10
10
8
8
6
6
4
4
2
2
0
2010
2011
2012
2013
0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
3.3.3 Erwartete Situation 2014 und 2015 Für das Basisszenario schreiben wir die Jahresabschlüsse der Stichprobe für 2014 und 2015 fort. Es handelt sich dabei um rein rechnerische Ergebnisse. Der Anteil der Pflegeheime im roten Bereich steigt demnach leicht von 7% im Jahr 2013 auf 9% im Jahr 2015 (Schaubild 63). Der Anteil im grünen Bereich nimmt dagegen stark zu, während der Anteil im gelben Bereich schrumpft. Die durchschnittliche PD sinkt leicht auf 0,81%. Die Gründe für diese Verbesserung können im Basisszenario nicht auf externe Faktoren zurückgeführt werden, sondern allein darauf, dass sich durch die Fortschreibung von Gewinnen oder Verlusten die Liquiditätssituation der Anbieter im Durchschnitt verbessert und sich dadurch das Eigenkapital verändert. In der Fortschreibung bleibt die Ertragslage relativ konstant (Schaubild 64).
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4. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 63 Projektion der Ampelklassifikation und der Ausfallwahrscheinlichkeit 2012 bis 2015; Anteil in % 100
Verteilung nach der Ampelklassifikation
0,87
80 60
Ausfallwahrscheinlichkeit 0,90
0 0,81
0,85
1 71,6
72,1
73,9
78,6 2
40 3
20
22,6
20,7
17,6
0
5,8 2012
7,1 2013
8,4
9,0
2014e
2015e
12,4 2012
2013
2014e
2015e
4
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Schaubild 64 Projektion der Verteilung nach der Höhe des Jahresüberschusses 2012 bis 2015; Anteil in % 100
100
80
80 75,9
60
81,4
81,2
81,5
40
60 40
20
20
0
24,1
18,6
18,8
18,5
2012
2013
2014e
2015e
JÜ < 0
0
JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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Pflegeheim Rating Report 2015 3.3.4 Ergebnisse für Untergruppen Die Ergebnisse fallen für Untergruppen von Pflegeheimen unterschiedlich aus. Wir führen zunächst rein bivariate Analysen durch, d.h. wir unterteilen die Stichprobe stets nur nach einem einzigen Kriterium in Untergruppen, z.B. nach der Größe oder Trägerschaft. In einer multivariaten Analyse werden anschließend mehrere Kriterien hinsichtlich ihres Einflusses auf die PD gleichzeitig untersucht. Je nach Fragestellung gibt die bivariate oder die multivariate Analyse die zutreffende Antwort. Stellt man sich beispielsweise die Frage, ob der Faktor „private Trägerschaft“ oder „Heimgröße“ maßgeblich für eine geringe PD sei, ist die multivariate Analyse angemessen. Fragt man indessen, ob ländliche Pflegeheime unterdurchschnittliche Überlebenschancen haben, ist es die bivariate Analyse, weil hier nur die Gesamtheit aller ländlichen Einrichtungen (mit allen ihren unterschiedlichen Eigenschaften wie Größe, Trägerschaft usw.) interessiert. Während sich bei manchen bivariaten Vergleichen statistisch signifikante Besonderheiten zeigen, muss dies bei der multivariaten Analyse nicht notwendigerweise auch der Fall sein. Heime in privater Trägerschaft schnitten 2013 schlechter ab als freigemeinnützige und öffentlich-rechtliche: nur 62% der privaten Heime befanden sich im grünen Bereich, dagegen 78% der freigemeinnützigen und 76% der öffentlich-rechtlichen (Schaubild 65). 8% der privaten, aber auch 6% der freigemeinnützigen und 10% der öffentlich-rechtlichen Heime fielen in den roten Bereich. Bezüglich der Ertragslage war der Unterschied zwischen den privaten und freigemeinnützigen Heimen nicht groß. Bei den privaten Heimen hatten 17% einen Jahresverlust, bei den freigemeinnützigen waren es 19%. Öffentlich-rechtliche Heime schnitten schlechter ab. Hier lag der Anteil der Heime mit negativem Jahresüberschuss bei 23%. In den vergangenen Jahren verschlechterte sich die Situation der privaten Heime (Schaubild 66). Bei den anderen Trägerschaften war kaum eine Veränderung beobachtbar. Der Grund für das schlechtere Abschneiden der privaten Einrichtungen liegt in der Kapitalisierung der Miete, weil private Träger häufiger ihre Immobilie anmieten als öffentlich-rechtliche oder freigemeinnützige Träger. Dadurch vergrößern sich die Bilanzsumme und der Fremdkapitalanteil. Ohne die Kapitalisierung der Miete verringern sich die Unterschiede in der PD der Trägerschaften (Schaubild 67). Die Ertragslage ist von der Kapitalisierung der Miete nicht betroffen.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 65 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Jahresüberschuss nach Trägerschaft 2013; Anteil in % Ausfallwahrscheinlichkeit
Verteilung nach der Ampelklassifikation
Verteilung nach Höhe des Jahresüberschusses 100
0
1
0,83
80
0,69 1,22
62,3 76,2
77,9
76,7
81,1
83,0
60
2 40 3 13,8 10,0
4
Öff.rechtl.
Fgn. Privat
Öff.rechtl.
29,6 16,1 6,0
8,2
Fgn. Privat
20 23,3
Öff.rechtl.
18,9
17,0
0
Fgn. Privat JÜ ≥ 0
JÜ < 0 Quelle: RWI/hcb/Philips.
Schaubild 66 Ausfallwahrscheinlichkeit nach Trägerschaft 2010 bis 2013; in % 0
0
1
1
2
2
3
3 2010 Öffentlich-rechtlich
2011 Freigemeinnützig
2012
2013 Privat
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 67 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Jahresüberschuss nach Trägerschaft ohne Kapitalisierung der Miete 2013; Anteil in % Ausfallwahrscheinlichkeit
Verteilung nach der Ampelklassifikation
Verteilung nach Höhe des Jahresüberschusses
0
1
100 0,70
0,47
80 0,85 76,2
2
90,4
84,8
76,7
81,1
83,0
60 40
3 15,2
4
8,6 Öff.rechtl.
Fgn.
Privat
Öff.rechtl.
5,7 4,0 Fgn.
20
4,2 11,0
23,3
18,9
17,0
Privat
Öff.rechtl.
Fgn.
Privat
JÜ < 0
0
JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Größere Pflegheime haben eine geringere PD (Schaubild 68). Die EBITDAR-Marge streut bei großen Heimen etwas stärker als bei kleinen. Offenbar ist das Segment der großen Heime heterogener als das der kleinen. Wie im Vorgängerreport 2013 ist in Bezug auf die Ausfallwahrscheinlichkeit kein relevanter Unterschied zwischen Heimen in städtischen und ländlichen Regionen festzustellen (Schaubild 69). Die Ertragslage ist in der Stadt leicht besser. Ebenso fallen in städtischen Gebieten weniger Pflegeheime in den roten Bereich.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 68 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und EBITDAR-Marge nach Größe 2013; Anteil in % Ausfallwahrscheinlichkeit 0
Verteilung nach der Ampelklassifikation
EBITDAR-Marge in %-Quantilen 30
100 27,0
1 1,17
0,86
80
22,3
64,4
60
73,2
18,4 13,7 13,5
2 40 3
4
20
Klein
Groß
0
25 21,3
20 15 10
27,5
19,8
8,1
7,0
Klein
Groß
4,2 3,6
7,2 5,7
5
10 20 50 80 Kleine PH
90
0
Große PH
Quelle: RWI/hcb/Philips. – „Klein“ = 40 Pflegeplätze oder weniger.
Schaubild 69 Ausfallwahrscheinlichkeit, Ampelklassifikation und Höhe des Jahresüberschuss nach Ländlichkeit 2013; Anteil in % Ausfallwahrscheinlichkeit
Verteilung nach der Ampelklassifikation
Verteilung nach der Höhe des Jahresüberschusses 100
0
1
80 0,88
0,92
71,5
73,5
81,8
80,3
60
2 40 3
4
22,2 Stadt
Land
20
17,1
6,2
9,4
Stadt
Land
18,2
19,7
Stadt
Land
JÜ < 0
0
JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Heime in Ostdeutschland schnitten anders als im Vorgängerreport wieder besser ab als Heim in Westdeutschland. Am besten schnitten 2013 Heime in SachsenAnhalt/Thüringen ab. Am schlechtesten war die Lage in Schleswig-Holstein/ Hamburg (Schaubild 70). Eine detaillierte Analyse der Hintergründe der einzelnen Bundeslandunterschiede ist im Rahmen dieser Studie jedoch nicht möglich. Im Vergleich zu 2011 war in Sachsen, Rheinland-Pfalz/Saarland, Bayern und Schleswig-Holstein/Hamburg eine Verschlechterung der Ausfallwahrscheinlichkeit zu verzeichnen (Schaubild 71). Schaubild 70 Ausfallwahrscheinlichkeit nach Regionen 2013; Anteil in % 0
1
0 0,47
0,48
0,58
0,77
0,87
0,90
0,96
0,96
1 1,01
1,02
1,04 1,36
2
1,53
2
Schleswig-Holstein, Hamburg
Bayern
Rheinland-Pfalz, Saarland
Niedersachsen, Bremen
West-Deutschland
Hessen
Baden-Württemberg
Gesamt
Sachsen
Nordrhein-Westfalen
4 Ost-Deutschland
4 Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin
3
Sachsen-Anhalt, Thüringen
3
Quelle: RWI/hcb/Philips.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 71 Veränderung der Ausfallwahrscheinlichkeit nach Regionen 2011 und 2013; Anteil in % 0
1
0 0,47 0,48 0,58
0,77 0,87 0,90 0,96 0,96 1,01 1,02
1,04
1 1,36
2
1,53
2
PD 2013
Schleswig-Holstein, Hamburg
Bayern
Rheinland-Pfalz, Saarland
Niedersachsen, Bremen
West-Deutschland
Hessen
Baden-Württemberg
Gesamt
Sachsen
Nordrhein-Westfalen
4 Ost-Deutschland
4 Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin
3
Sachsen-Anhalt, Thüringen
3
PD 2011
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Das Rating ist über die Zeit wenig volatil, weil es u.a. auch die Kapitalstruktur bewertet, die sich von Jahr zu Jahr nur langsam verändert. Wenn jedoch dauerhaft Überschüsse erwirtschaftet werden und im Unternehmen verbleiben, kann dies das Rating dauerhaft verbessern. Die Ertragslage kann damit eine Richtungsänderung für das Rating andeuten. Tatsächlich weicht das Bild in Bezug auf die Ertragslage davon leicht ab (Schaubild 72). Hier unterscheiden sich ostdeutsche von westdeutschen Heimen nicht so stark. Insbesondere die Heime in Schleswig-Holstein/Hamburg schnitten bei der Ertragslage im Vergleich zu den anderen Bundesländern deutlich besser ab als bei der PD. Hingegen hat Bayern sowohl eine schlechte PD als auch eine schlechte Ertragslage. Am besten war die Ertragslage wie auch schon im Rating in SachsenAnhalt/Thüringen, wo 92% einen relevanten Jahresüberschuss aufwiesen.
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 72 Verteilung nach Höhe des Jahresüberschusses nach Regionen 2013; Anteil in % 100
100
80
80 59,1
60 92,1
91,9
89,1
84,8
84,8
84,1
81,4
81,2
80,4
79,8
77,3
72,1
60
40
40
20 15,2
15,2
15,9
18,6
Niedersachsen, Bremen
Ost-Deutschland
Gesamt
18,8
19,6
20,2
20
27,9
Bayern
Hessen
Sachsen
Nordrhein-Westfalen
West-Deutschland
0 Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin
Baden-Württemberg
JÜ < 0
10,9
Schleswig-Holstein, Hamburg
8,1
Rheinland-Pfalz, Saarland
7,9
Sachsen-Anhalt, Thüringen
0
40,9 22,7
JÜ ≥ 0
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Schließlich lassen sich noch folgende Auffälligkeiten festhalten: Pflegeheimketten weisen eine deutlich geringere PD auf als Einzelheime (Schaubild 73). Hingegen zeigt sich anders als im Vorgängerreport 2013 keine Korrelation zwischen PD und Preisniveau. In weiteren bivariaten Analysen zeigt sich, dass Pflegeheime, die einen höheren Anteil ihrer Immobilie im Eigenbesitz haben, ein besseres Rating aufweisen (Schaubild 74). Eine hohe Auslastung der Pflegeheime im Kreis führt zu einer niedrigeren PD. Ein hoher Anteil an Bewohnern der Pflegestufe 3 hat hingegen weder positive noch negative Auswirkungen auf die PD. Pflegeheime in Kreisen mit einem hohen Haushaltseinkommen haben eine höhere PD.
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3. Das Rating der Pflegeheime Schaubild 73 Ausfallwahrscheinlichkeit nach Kette versus Einzelheim und nach Preisniveau 2013; in %
Kette versus Einzelheime
Preisniveau
0
0
1 1,14
0,87
0,90
0,87
1
2
2
3
3
4
Einzelheim
Ketten
Hoher Preis
Niedriger Preis
4
Quelle: RWI/hcb/Philips.
Bereits im Vorgängerreport 2011 wurde der Zusammenhang zwischen der Pflegequalität nach den Transparenzberichten und dem Rating untersucht. Damals konnte kein statistisch relevanter Zusammenhang gefunden werden. Da in der Zwischenzeit die Transparenzberichte nur noch wenig Differenzierung zwischen Heimen aufweisen und generell an Aussagekraft verloren haben, ist eine detaillierte Analyse nicht zielführend. Wie im Vorgängerreport 2013 haben wir aber zumindest auf Basis eigens konstruierter Qualitätsmaße die Analyse wiederholt. Verwendet man die sieben in Pflegeheim Rating Report 2011 vorgestellten Einzelnoten („RWI-Maß“), deren Nichterfüllung Auswirkungen auf die Gesundheit bzw. Lebensqualität der Betroffenen haben und die für alle Heimbewohner unabhängig von ihrer Erkrankung zutreffen können (Hasseler und Wolf-Ostermann 2010), ist ein leicht positiver Zusammenhang zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit erkennbar, welcher jedoch statistisch nicht signifikant ist (Schaubild 75).22
22 Das RWI-Maß beruht auf Prüfungen aus den Jahren 2013 und 2014. Das individuelle Kontrakturrisiko wird 2014 nicht mehr erfasst. 2014 werden daher nur die restlichen sechs Kriterien genutzt
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Pflegeheim Rating Report 2015 Schaubild 74 Ausfallwahrscheinlichkeit nach weiteren Untergruppen 2013; in % Anteil Immobilienbesitz
Auslastung im Kreis 0
0
1
0,74
1,05
0,78
1 1,01
2
2
3
3
4
4 Hoch
Niedrig
Anteil Bewohner der Pflegestufe 3 im Kreis
Hoch
Niedrig
Haushaltseinkommen im Kreis 0
0
1
0,86
0,93
0,71
1
1,08
2
2
3
3
4
4 Hoch
Niedrig
Hoch
Niedrig
Quelle: RWI/hcb/Philips. – Die folgenden p-Werte geben das statistische Signifikanzniveau an, p