Patentgesetz und Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern [3. Aufl. Reprint 2018] 9783111529998, 9783111161891


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German Pages 562 [576] Year 1906

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Inhalt
Abkürzungen und Zitate
I. Text beider Gesetze
II. Pateutgesetz
III. Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern
IV. Ausführungsverordnung vom 11. Juli 1891
V. Verzeichnis der Auslegestellen
VI. Staatsverträge
VII. Sachregister
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Patentgesetz und Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern [3. Aufl. Reprint 2018]
 9783111529998, 9783111161891

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Patentgcsetz und

Gesetz, betreffend

den Schuh von Gebrauchsmustern erläutert von

Dr. Arnold Seligsohn, )ustizrat, Rechtsanwalt und Notar in Berlin.

DrMr Auflage.

Berlin 1906. I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, «. m. b. H.

Druck von Georg Reimer, Berlin.

Inhalt. Sette

I. Text beider Gesetze. a) des Patentgesetzes................................................................. b) des Gesetzes, betr. den Schutz von Gebrauchsmustern. .

1 16

II. Pateutgesetz. a) Entstehungsgeschichte des Gesetzes...................................... b) Erläuterung des Gesetzes: Erster Abschnitt. Patentrecht......................................... Zweiter Abschnitt. Patentamt..................................... Dritter Abschnitt. Verfahren in Patentsachen . . . Vierter Abschnitt. Strafen und Entschädigung . . .

29 212 249 370

III. Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. a) Entstehungsgeschichte des Gesetzes......................................... b) Erläuterung des Gesetzes.....................................................

407 411

IV. Ausführungsverordnung vom 11. Juli 1891 ............................. V. Verzeichnis der AuSlegestellen......................................................

473 485

VL Staatsvertrüge. a) Unionsvertrag.......................................................................... b) Staatsvertrag mit Österreich-Ungarn................................. c) Staatsvertrag mit Italien..................................................... d) Staatsvertrag mit der Schweiz......................................... e) Staatsvertrag mit Serbien..................................................... TU. Sachregister......................................................................................

490 516 525 530 536 539

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Abkürzungen und Zitate. AG. = Amtsgericht. BGB. --- Bürgerliches Gesetzbuch. Bl. — Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen. DJZ. = Deutsche Juristen-Zeitung. Enqu. 1876 — Protokolle der Enquete von 1876. Enqu. 1886 --- Protokolle der Enquete von 1866. GeschLftstättgkett des PA. = Die Geschäftstättgkeit des Kaiser!. Patent­ amts in den Jahren 1891 bis 1900. Bericht des Präsidenten. Berlin 1902. GewRschutz = Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. GS. = Preußische Gesetz-Sammlung. GBG. = Gerichtsverfassungsgesetz. HGB. = Handelsgesetzbuch. JMBl. = Justiz-Ministerial-Blatt. IW. = Juristische Wochenschrift. KG. = Kammergericht. KO. = Konkursordnung. KommBer. I = Bericht der Reichstagskommisston zum Patentgesetz von 1877. KommBer. II = Bericht der Reichstagskommisfion zum Patentgesetz von 1891. LG. = Landgericht. Mitteilungen vom Verband --- Mitteilungen vom Verband deutscher Patent­ anwälte. Mot. I = Motive zum Patentgesetz von 1877. Mot. II = Motive zum Patentgesetz von 1891. OHG. — Reichsoberhandelsgericht. OLG. = Oberlandesgericht. OTr. — Obertribunal. PA. = Patentamt. PBl. = Patentblatt. RG. = Reichsgericht. RGBl. = Reichs-Gesetzblatt. SttGB. = Strafgesetzbuch. StrPO. = Strafprozeßordnung.

VI

Abkürzungen und Zitate.

Zeitschr. f. gewerbl. Rschutz = Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz ZPO. = Zivilprozeßordnung. Die Namen Gareis, Klostermann, Rosenthal ohne weiteren Zusatz bezeichnen die Kommentare derselben zum Patentgesetz vom 25. Mao 1877, die Namen Allfeld, Jsay, Landgraf, Schmid die Kommentare zum Patentgesetz vom 7. April 1891. Hartig --- Hartig Studien in der Praxis des Kaiserlichen Patentamts Leipzig 1890. Köhler Handbuch = Köhler Handbuch des deutschen Patentrechts Mannheim 1900/1901. Robolski --- Robolski Theorie und Praxis des Deutschen Patentrechtes. Berlin 1890. Stephan-Schmid---Stephan und Schmid Der Schutz der gewerb­ lichen Urheberrechte des In- und Auslandes. Leipzig 1899. Bei dem Zitieren von Entscheidungen bedeuten: Bl. = Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen. Bolze---Bolze Die Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen. G. = Gareis Die patentamtlichen und gerichtlichen Entscheidungen in Patentsachen. OHG. = Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts. PBl. = Patentblatt. RG. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. RGSt. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. Beispiele: PA. im PBl. 1881 S. 151, G. 2, 22 == die Entscheidung des Patentamts, welche im Patentblatt 1881 S. 151 und in der Gareisschen Sammlung Bd. 2 S. 22 abgedruckt ist. RG. 2, 137, im PBl. 1881 S. 29, G. 2, 97 = die Entscheidung des Reichs­ gerichts, welche in den Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivil­ sachen Bd. 2 S. 137, im Patentblatt 1881 S. 29 und in der Gareisschen Sammlung Bd. 2 S. 97 abgedruckt ist.

Patentgesetz. Vom 7. April 1891. (RGBl. 1891 Nr. 12 S. 79—90.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Artikel I. An Stelle der §§. 1 bis 40 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 (Reichs-Gesetzbl. S. 501) treten folgende Bestimmungen. Erster Abschnitt. Patentrecht. §• 1.

Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Verwerthung gestatten. Ausgenommen sind: 1. Erfindungen, deren Verwerthung den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde; 2. Erfindungen von Nahrungs-, Genuß- und Arzneimitteln, sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, soweit die Erfindungen nicht ein bestimmtes Ver­ fahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen. §2.

Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften aus den letzten hundert Jahren bereits derart be­ schrieben oder im Inlands bereits so offenkundig benutzt ist, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erschein!. Seltgsohn, Patentgesetz. 3. Ausl.

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Patentgesetz.

Die im Auslande amtlich herausgegebenen Patentbeschreibungen stehen den öffentlichen Druckschriften erst nach Ablauf von drei Monaten seit dem Tage der Herausgabe gleich, sofern das Patent von demjenigen, welcher die Erfindung im Auslande angemeldet hat, oder von seinem Rechtsnachfolger nachgesucht wird. Diese Begünstigung erstreckt sich jedoch nur auf die amtlichen Patent­ beschreibungen derjenigen Staaten, in welchen nach einer im ReichsGesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung die Gegenseitigkeit ver­ bürgt ist. §• 3.

Auf die Ertheilung des Patents hat derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesetzes an­ gemeldet hat. Eine spätere Anmeldung kann den Anspruch auf ein Patent nicht begründen, wenn die Erfindung Gegenstand des Patents des früheren Anmelders ist. Trifft diese Voraussetzung theilweise zu, so hat der spätere Anmelder nur Anspruch auf Ertheilung eines Patents in entsprechender Beschränkung. Ein Anspruch des Patentsuchers auf Ertheilung des Patents findet nicht statt, wenn der wesentliche Inhalt seiner Anmeldung, den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen und von dem letzteren aus diesem Grunde Einspruch erhoben ist. Hat der Ein­ spruch die Zurücknahme oder Zurückweisung der Anmeldung zur Folge, so kann der Einsprechende, falls er innerhalb eines Monats seit Mittheilung des hieraus bezüglichen Bescheides des Patentamts die Erfindung seinerseits anmeldet, verlangen, daß als Tag seiner Anmeldung der Tag vor Bekanntmachung der früheren Anmeldung festgesetzt werde. §• 4.

Das Patent hat die Wirkung, daß der Patentinhaber aus­ schließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Ist das Patent für ein Verfahren ertheilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugniffe.

Patentgesetz.

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§• 5.

Die Wirkung des Patents tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher zur Zeit der Anmeldung bereits im Jnlande die Erfindung in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Derselbe ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes in eigenen oder fremden' Werkstätten auszunutzen. Diese Befugniß kann nur zu­ sammen mit dem Betriebe vererbt oder veräußert werden. Die Wirkung des Patents tritt ferner insoweit nicht ein, als die Erfindung nach Besttmmung des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Doch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem Staate, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patents be­ antragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird. Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht. §. 6.

Der Anspruch auf Ertheilung des Patents und das Recht aus dem Patent gehen auf die Erben über. Der Anspruch und das Recht können beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen auf andere übertragen werden. §• 7.

Die Dauer des Patents ist fünfzehn Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt mit dem auf die Anmeldung der Erfindung folgenden Tage. Bezweckt eine Erfindung die Verbesserung oder sonstige weitere Ausbildung einer anderen, zu Gunsten des Patentsuchers durch ein Patent geschützten Erfindung, so kann dieser die Er­ theilung eines Zusatzpatents nachsuchen, welches mit dem Patent für die ältere Erfindung sein Ende erreicht. Wird durch die Erklärung der Nichtigkeit des Hauptpatents ein Zusatzpatent zu einem selbständigen Patent, so bestimmt sich dessen Dauer und der Fälligkeitstag der Gebühren nach dem Anfangstage des Hauptpatents. Für den Jahresbetrag der Ge­ bühren ist der Anfangstag des Zusatzpatents maßgebend. Dabei gilt als erstes Patentjahr der Zeitabschnitt zwischen dem Tage

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Patentgesetz.

der Anmeldung des Zusatzpatents und dem nächstfolgenden Jahres­ tage des Anfangs des Hauptpatents. §• 8.

Für jedes Patent ist vor der Ertheilung eine Gebühr von dreißig Mark zu entrichten (§. 24 Absatz 1). Mit Ausnahme der Zusatzpatente (§. 7) ist außerdem für das Patent mit Beginn des zweiten und jedes folgenden Jahres der Dauer eine Gebühr zu entrichten, welche das erste Mal fünfzig Mark beträgt und weiterhin jedes Jahr um fünfzig Mark steigt. Diese Gebühr (Absatz 2) ist innerhalb sechs Wochen nach der Fälligkeit zu entrichten. Nach Ablauf der Frist kann die Zahlung nur unter Zuschlag einer Gebühr von zehn Mark inner­ halb weiterer sechs Wochen erfolgen. Einem Patentinhaber, welcher seine Bedürftigkeit nachweist, können die Gebühren für das erste und zweite Jahr der Dauer des Patents bis zum dritten Jahre gestundet und, wenn das Patent im dritten Jahre erlischt, erlassen werden. Die Zahlung der Gebühren kann vor Eintritt der Fälligkeit erfolgen. Wird auf das Patent verzichtet oder dasselbe für nichtig erklärt oder zurückgenommen, so erfolgt die Rückzahlung der nicht fällig gewordenen Gebühren. Durch Beschluß des Bundesraths kann eine Herabsetzung der Gebühren angeordnet werden. §• 9. Das Patent erlischt, wenn der Patentinhaber auf dasselbe verzichtet, oder wenn die Gebühren nicht rechtzeitig bei der Kasse des Patentamts oder zur Ueberweisung an dieselbe bei einer Post­ anstalt im Gebiete des Deutschen Reichs eingezahlt sind. §. 10.

Das Patent wird für nichtig erklärt, wenn sich ergiebt: 1. daß der Gegenstand nach §§. 1 und 2 nicht patent­ fähig war, 2. daß die Erfindung Gegenstand des Patents eines früheren Anmelders ist, 3. daß der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Beschrei­ bungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder

Patentgesetz.

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Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen war. Trifft eine dieser Voraussetzungen (1 bis 3) nur theilweise zu, so erfolgt die Erklärung der Nichtigkeit durch entsprechende Be­ schränkung des Patents. §. 11.

Das Patent kann nach Ablauf von drei Jahren, von dem Tage der über die Ertheilung des Patents erfolgten Bekannt­ machung (§. 27 Absatz 1) gerechnet, zurückgenommen werden: 1. wenn der Patentinhaber es unterläßt, im Jnlande die Erfindung in angemessenem Umfange zur Ausführung zu bringen, oder doch alles zu thun, was erforderlich ist, um diese Ausführung zu sichern; 2. wenn im öffentlichen Interesse die Ertheilung der Er­ laubniß zur Benutzung der Erfindung an andere geboten erscheint, der Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert, diese Erlaubniß gegen angemessene Vergütung und ge­ nügende Sicherstellung zu ertheilen. §. 12.

Wer nicht im Jnlande wohnt, kann den Anspruch auf die Ertheilung eines Patents und die Rechte aus dem Patent nur geltend machen, wenn er im Jnlande einen Vertreter bestellt hat. Der Letztere ist zur Vertretung in dem nach Maßgabe dieses Gesetzes stattfindenden Verfahren, sowie in den das Patent be­ treffenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und zur Stellung von Strafanträgen befugt. Der Ort, wo der Vertreter seinen Wohnsitz hat, und in Ermangelung eines solchen der Ort, wo das Patentamt seinen Sitz hat, gilt im Sinne des §. 24 der Civilprozeßordnung als der Ort, wo sich der Vermögensgegenstand befindet. Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde.

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Patentgesetz.

Zweiter Abschnitt.

Patentamt. §• 13. Die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zu­ rücknahme der Patente erfolgt durch das Patentamt.

Das Patentamt hat seinen Sitz in Berlin. Es besteht aus einem Präsidenten, aus Mitgliedern, welche die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzen (rechts­ kundige Mitglieder), und aus Mitgliedern, welche in einem Zweige der Technik sachverständig sind (technische Mitglieder). Die Mit­ glieder werden, und zwar der Präsident auf Vorschlag des Bundes­ raths, vom Kaiser ernannt. Die Berufung der rechtskundigen Mitglieder erfolgt, wenn sie im Reichs- oder Staatsdienst ein Amt bekleiden, auf die Dauer dieses Amts, anderenfalls auf Lebens­ zeit. Die Berufung der technischen Mitglieder erfolgt entweder auf Lebenszeit oder auf fünf Jahre. In letzterem Falle finden auf sie die Bestimmungen int §. 16 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 keine Anwendung. §. 14. In dem Patentamt werden 1. Abtheilungen für die Patentanmeldungen (Anmeldeabthei­ lungen), 2. eine Abtheilung für die Anträge auf Erklärung der Nichtigkeit oder auf Zurücknahme von Patenten (Nichtig­ keitsabtheilung), 3. Abtheilungen für die Beschwerden (Beschwerdeabtheiltingen)

gebildet. In den Anmeldeabtheiiungen dürfen nur solche technische Mitglieder mitwirken, welche auf Lebenszeit berufen sind. Die, technischen Mitglieder der Anmeldeabtheilungen dürfen nicht in den übrigen Abtheilungen, die technischen Mitglieder der letzteren nicht in den Anmeldeabtheilungen mitwirken. Die Beschlußfähigkeit der Anmeldeabtheilungen ist durch die Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern bedingt, unter wel­ chen sich zwei technische Mitglieder befinden müssen.

Patentgesetz.

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Die Entscheidungen der Nichtigkeitsabtheilung und der Be­ schwerdeabtheilungen erfolgen in der Besetzung von zwei rechts­ kundigen und drei technischen Mitgliedern. Zu anderen Beschluß­ fassungen genügt die Anwesenheit von drei Mitgliedern. Die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über Ausschlie­ ßung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden entsprechende Anwendung. Zu den Berathungen können Sachverständige, welche nicht Mitglieder sind, zugezogen werden; dieselben dürfen an den Ab­ stimmungen nicht theilnehmen.

§. 15. Die Beschlüsse und die Entscheidungen der Abtheilungen erfolgen int Namen des Patentamts; sie sind mit Gründen zu versehen, schriftlich auszufertigen und allen Betheiligten von Amts­ wegen zuzustellen.

§. 16. Gegen die Beschlüsse der Anmeldeabtheilungen und der Nichtig­ keitsabtheilung findet die Beschwerde statt. An der Beschlußfassung über die Beschwerde darf kein Mitglied theilnehmen, welches bei dem angefochtenen Beschlusse mitgewirkt hat.

§. 17. Die Bildung der Abtheilungen, die Bestimmung ihres Ge­ schäftskreises, die Formen des Verfahrens, einschließlich des Zu­ stellungswesens, und der Geschäftsgang des Patentamts werden, insoweit dieses Gesetz nicht Bestimmungen darüber trifft, durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths geregelt.

§. 18. Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte über Fragen, welche Patente betreffen, Gutachten abzugeben, sofern in dem gerichtlichen Verfahren von einander abweichende Gut­ achten mehrerer Sachverständiger vorliegen. Im Uebrigen ist das Patentamt nicht befugt, ohne Genehmi­ gung des Reichskanzlers außerhalb seines gesetzlichen Geschäfts­ kreises Beschlüsse zu fassen oder Gutachten abzugeben.

§. 19. Bei dem Patentamt wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand und die Dauer der ertheilten Patente, sowie den

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Patentgesetz.

Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer bei Anmeldung der Erfindung etwa bestellten Vertreter angiebt. Der Anfang, der Ablauf, das Erlöschen, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente sind, unter gleichzeitiger Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger, in der Rolle zu vermerken. Tritt in der Person des Patentinhabers oder seines Vertre­ ters eine Aenderung ein, so wird dieselbe, wenn sie in beweisender Form zur Kenntniß des Patentamts gebracht ist, ebenfalls in der Rolle vermerkt und durch den Reichsanzeiger veröffentlicht. So­ lange dieses nicht geschehen ist, bleiben der frühere Patentinhaber und sein früherer Vertreter nach Maßgabe dieses Gesetzes berech­ tigt und verpflichtet. Die Einsicht der Rolle, der Beschreibungen, Zeichnungen, Modelle und Probestücke, auf Grund deren die Ertheilung der Patente erfolgt ist, steht, soweit es sich nicht um ein im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecke des Heeres oder der Flotte genommenes Patent handelt, jedermann frei. Das Patentamt veröffentlicht die Beschreibungen und Zeich­ nungen, soweit deren Einsicht jedermann freisteht, in ihren wesent­ lichen Theilen durch ein amtliches Blatt. In dasselbe sind auch die Bekanntmachungen aufzunehmen, welche durch den Reichs­ anzeiger nach Maßgabe dieses Gesetzes erfolgen müssen. Dritter Abschnitt. Verfahren in Patentsachen. §•

20.

Die Anmeldung einer Erfindung behufs Ertheilung eines Patents geschieht schriftlich bei dem Patentamt. Für jede Erfin­ dung ist eine besondere Anmeldung erforderlich. Die Anmeldung muß den Antrag auf Ertheilung des Patents enthalten und in dem Antrage den Gegenstand, welcher durch das Patent geschützt werden soll, genau bezeichnen. In einer Anlage ist die Erfindung dergestalt zu beschreiben, daß danach die Benutzung derselben durch andere Sachverständige möglich erscheint. An» Schluffe der Be­ schreibung ist dasjenige anzugeben, was als patenffähig unter Schutz gestellt werden soll (Patentanspruch). Auch sind die er­ forderlichen Zeichnungen, bildlichen Darstellungen, Modelle und Probestücke beizufügen.

Patentgesetz.

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Das Patentamt erläßt ^Bestimmungen über die sonstigen Er­ fordernisse der Anmeldung. Bis zu dem Beschlusse über die Bekanntmachung der Anmel­ dung sind Abänderungen der darin enthaltenen Angaben zulässig. Gleichzeitig mit der Anmeldung sind für die Kosten des Verfahrens zwanzig Mark zu zahlen. §. 21.

Die Anmeldung unterliegt einer Vorprüfung durch ein Mit­ glied der Anmeldeabtheilung. Erscheint hierbei die Anmeldung als den vorgeschriebenen Anforderungen (§. 20) nicht genügend, so wird durch Vorbescheid der Patentsucher aufgefordert, die Mängel innerhalb einer be­ stimmten Frist zu beseitigen. Insoweit die Vorprüfung ergiebt, daß eine nach §§. 1, 2, 3 Absatz 1 patentfähige Erfindung nicht vorliegt, wird der Patent­ sucher hiervon unter Angabe der Gründe mit der Aufforderung benachrichtigt, sich binnen einer bestimmten Frist zu äußern. Erklärt sich der Patentsucher auf den Vorbescheid (Absatz 2 und 3) nicht rechtzeitig, so gilt die Anmeldung als zurückgenom­ men; erklärt er sich innerhalb der Frist, so faßt die Anmelde­ abtheilung Beschluß. §.

22.

Ist durch die Anmeldung den vorgeschriebenen Anforderungm (§. 20) nicht genügt, oder ergiebt sich, daß eine nach §§. 1, 2, 3 Absatz 1 patentfähige Erfindung nicht vorliegt, so wird die An­ meldung von der Abtheilung zurückgewiesen. An der Beschluß­ fassung darf das Mitglied, welches den Vorbescheid erlassen hat, nicht theilnehmen. Soll die Zurückweisung auf Grund von Umständen erfolgen, welche nicht bereits durch den Vorbescheid dem Patentsucher mit­ getheilt waren, so ist demselben vorher Gelegenheit zu geben, sich über diese Umstände binnen einer bestimmten Frist zu äußern. §. 23. Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Ertheilung eines Patents nicht für ausgeschlossen, so beschließt es die Bekanntmachung der Anmeldung. Mit der Be­ kanntmachung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten

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Patentgesetz.

des Patentsuchers einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein (§§. 4 und 5). Die Bekanntmachung geschieht in der Weise, daß der Name des Patentsuchers und der wesentliche Inhalt des in seiner An­ meldung enthaltenen Antrags durch den Reichsanzeiger einmal veröffentlicht wird. Mit der Veröffentlichung ist die Anzeige zu verbinden, daß der Gegenstand der Anmeldung einstweilen gegen unbefugte Benutzung geschützt sei. Gleichzeitig ist die Anmeldung mit sämmtlichen Beilagen bei dem Patentamt zur Einsicht für jedermann auszulegen. Auf dem durch §. 17 des Gesetzes bestimmten Wege kann angeordnet werden, daß die Auslegung auch außerhalb Berlins zu erfolgen habe. Die Bekanntmachung kann auf Antrag des Patentsuchers auf die Dauer von höchstens sechs Monaten, vom Tage des Be­ schlusses über die Bekanntmachung an gerechnet, ausgesetzt werden. Bis zur Dauer von drei Monaten darf die Aussetzung nicht versagt werden. Handelt es sich um ein im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecke des Heeres oder der Flotte nachgesuchtes Patent, so erfolgt auf Antrag die Patentertheilung ohne jede Bekannt­ machung. In diesem Falle unterbleibt auch die Eintragung in die Patentrolle. §. 24. Innerhalb der Frist von zwei Monaten nach der Veröffentlichung (§. 23) ist die erste Jahresgebühr (§. 8 Absatz 1) einzuzahlen. Er­ folgt die Einzahlung nicht binnen dieser Frist, so gilt die Anmel­ dung als zurückgenommen. Innerhalb der gleichen Frist kann gegen die Ertheilung des Patents Einspruch erhoben werden. Der Einspruch muß schrift­ lich erfolgen und mit Gründen versehen sein. Er kann nur auf die Behauptung gestützt werden, daß der Gegenstand nach §§. 1 und 2 nicht patentfähig sei, oder daß dem Patentsucher ein An­ spruch auf das Patent nach §. 3 nicht zustehe. Im Falle des §. 3 Absatz 2 ist nur der Verletzte zum Einspruch berechtigt. Nach Ablauf der Frist hat das Patentamt über die Er­ lheilung des Patents Beschluß zu fassen. An der Beschlußfassung darf das Mitglied, welches den Vorbescheid (§. 21) erlassen hat, nicht theilnehmen.

Patentgesetz.

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§. 25. Bei der Vorprüfung und in dem Verfahren vor der An­ meldeabtheilung kann jederzeit die Ladung und Anhörung der Betheiligten, die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, sowie die Vornahme sonstiger zur Aufklärung der Sache erforder­ licher Ermittelungen angeordnet werden. §. 26. Gegen den Beschluß, durch welchen die Anmeldung zurück­ gewiesen wird, kann der Patentsucher, und gegen den Beschluß, durch welchen über die Ertheilung des Patents entschieden wird, der Patentsucher oder der Einsprechende innerhalb eines Monats nach der Zustellung Beschwerde einlegen. Mit der Einlegung der Beschwerde sind für die Kosten des Beschwerdeverfahrens zwanzig Mark zu zahlen; erfolgt die Zahlung nicht, so gilt die Beschwerde als nicht erhoben. Ist die Beschwerde an sich nicht statthaft oder ist dieselbe verspätet eingelegt, so wird sie als unzulässig verworfen. Wird die Beschwerde für zulässig befunden, so richtet sich das weitere Verfahren nach §. 25. Die Ladung und Anhörung der Betheiligten muß auf Antrag eines derselben erfolgen. Dieser Antrag kann nur abgelehnt werden, wenn die Ladung des An­ tragstellers in dem Verfahren vor der Anmeldeabtheilung bereits erfolgt war. Soll die Entscheidung über die Beschwerde auf Grund anderer als der in dem angegriffenen Beschluffe berücksichtigten Umstände erfolgen, so ist den Betheiligten zuvor Gelegenheit zu geben, sich hierüber zu äußern. Das Patentamt kann nach freiem Ermeffen bestimmen, in­ wieweit einem Betheiligten im Falle des Unterliegend die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last fallen, sowie anordnen, daß dem Betheiligten, deffen Beschwerde für gerechtfertigt befunden ist, die Gebühr (Absatz 1) zurückgezahlt wird. §. 27. Ist die Ertheilung des Patents endgültig beschlossen, so er­ läßt das Patentamt darüber durch den Reichsanzeiger eine Be­ kanntmachung und fertigt demnächst für den Patenttnhaber eine Urkunde aus.

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Patentgrsetz.

Wird die Anmeldung nach der Veröffentlichung (§. 23) zu­ rückgenommen oder wird das Patent versagt, so ist dies ebenfalls bekannt zu machen. Die eingezahlte Jahresgebühr wird in diesen Fällen erstattet. Mit der Versagung des Patents gelten die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten. §. 28. Die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtig­ keit oder wegen Zurücknahme des Patents erfolgt nur auf Antrag. Im Falle des §. 10 Nr. 3 ist nur der Verletzte zu dem Antrage berechtigt. Im Falle des §. 10 Nr. 1 ist nach Ablauf von fünf Jahren, von dem Tage der über die Ertheilung des Patents erfolgten Bekanntmachung (§. 27 Absatz 1) gerechnet, der Antrag unstatthaft. Der Antrag ist schriftlich an das Patentamt zu richten und hat die Thatsachen anzugeben, auf welche er gestützt wird. Mit dem Antrage ist eine Gebühr von fünfzig Mark zu zahlen. Er­ folgt die Zahlung nicht, so gilt der Antrag als nicht gestellt. Die Gebühr wird erstattet, wenn das Verfahren ohne Anhörung der Betheiligten beendet wird. Wohnt der Antragsteller im Auslande, so hat er dem Gegner auf dessen Verlangen Sicherheit wegen der Kosten des Verfahrens zu leisten. Die Höhe der Sicherheit wird von dem Patentamt nach freiem Ermessen festgesetzt. Dem Antragsteller wird bei An­ ordnung der Sicherheitsleistung eine Frist bestimmt, binnen welcher die Sicherheit zu leisten ist. Erfolgt die Sicherheitsleistung nicht vor Ablauf der Frist, so gilt der Antrag als zurückgenommen. §• 29. Nachdem die Einleitung des Verfahrens verfügt ist, fordert das Patentamt den Patentinhaber unter Mittheilung des An­ trags auf, sich über denselben innerhalb eines Monats zu er­ klären. Erklärt der Patentinhaber binnen der Frist sich nicht, so kann ohne Ladung und Anhörung der Betheiligten sofort nach dem Antrage entschieden und bei dieser Entscheidung jede von dem Antragsteller behauptete Thatsache für erwiesen angenommen werden.

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§• 30. Widerspricht der Patentinhaber rechtzeitig, oder wird im Falle des §. 29 Absatz 2 nicht sofort nach dem Antrage ent­ schieden, so trifft das Patentamt, und zwar im ersteren Falle unter Mittheilung des Widerspruchs an den Antragsteller, die zur Aufklärung der Sache erforderlichen Verfügungen. Es kann die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnen. Auf dieselben finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung ent­ sprechende Anwendung. Die Beweisverhandlungen sind unter Zu­ ziehung eines beeidigten Protokollführers aufzunehmen. Die Entscheidung erfolgt nach Ladung und Anhörung der Betheiligten. Wird die Zurücknahme des Patents auf Grund des §. 11 Nr. 2 beantragt, so muß der diesem Antrage entsprechenden Ent­ scheidung eine Androhung der Zurücknahme unter Angabe von Gründen und unter Festsetzung einer angemessenen Frist voraus­ gehen. §. 31. In der Entscheidung (§§. 29, 30) hat das Patentamt nach freiem Ermessen zu bestimmen, zu welchem Antheile die Kosten des Verfahrens den Betheiligten zur Last fallen. §. 32. Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamt Rechtshülfe zu leisten. Die Festsetzung einer Strafe gegen Zeugen und Sachver­ ständige, welche nicht erscheinen oder ihre Aussage oder deren Beeidigung verweigern, sowie die Vorführung eines nicht erschienenen Zeugen erfolgt auf Ersuchen durch die Gerichte. §. 33. Gegen die Entscheidung des Patentamts (§§. 29, 30) ist die Berufung zulässig. Die Berufung geht an das Reichsgericht. Sie ist binnen sechs Wochen nach der Zustellung bei dem Patentamt schriftlich anzumelden und zu begründen. Durch das Urtheil des Gerichtshofs ist nach Maßgabe des §. 31 auch über die Kosten des Verfahrens zu bestimmen. Im Uebrigen wird das Verfahren vor dem Gerichtshof durch ein Regulativ bestimmt, welches von dem Gerichtshof zu entwerfen

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Patentgesetz.

ist und durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths festgestellt wird. §• 34. In Betreff der Geschästssprache vor dem Patentamt finden die Bestimmungen des Gerichtsverfaffungsgesetzes über die Gerichts­ sprache entsprechende Anwendung. Eingaben, welche nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht berücksichtigt. Vierter Abschnitt. Strafen und Entschädigung. §. 35. Wer wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit den Bestim­ mungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet. Handelt es sich um eine Erfindung, welche ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Stoffes zum Gegenstand hat, so gilt bis zum Beweise des Gegentheils jeder Stoff von gleicher Beschaffen­ heit als nach dem patentirten Verfahren hergestellt. §. 36. Wer wissentlich den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider eine Erfindung in Benutzung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurück­ nahme des Antrags ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Verurtheilten öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben ist im Urtheil zu bestimmen. §• 37. Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von zehntausend Mark erkannt werden. Für diese Buße haften die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.

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§.38. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Ent­ scheidung letzter Instanz im Sinne des §. 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfaffungsgesetze dem Reichsgericht zugewiesen. §.39. Die Klagen wegen Verletzung des Patentrechts verjähren rücksichtlich jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren. §.40. Mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark wird bestraft: 1. wer Gegenstände oder deren Verpackung mit einer Be­ zeichnung versieht, welche geeignet ist, den Irrthum zu erregen, daß die Gegenstände durch ein Patent nach Maß­ gabe dieses Gesetzes geschützt seien; 2. wer in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern, auf Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bezeichnung anwendet, welche geeignet ist, den Irrthum zu erregen, daß die darin erwähnten Gegenstände durch ein Patent nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt seien. Artikel II. Die Bestimmung im §. 28 Absatz 3 des Artikels I findet auf die zur Zeit bestehenden Patente mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag mindestens bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes statthast ist. Artikel HI. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1891 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Kiel, den 7. April 1891. (L. 8.)

Wilhelm. von Boetticher.

Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. Vom 1. Juni 1891. (RGBl. 1891 Nr. 18 S. 290—293.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: §• 1. Modelle von Arbeitsgeräthschaften oder Gebrauchsgegenständen oder von Theilen derselben werden, insoweit sie dem Arbeits- oder Gebrauchszweck durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vor­ richtung dienen sollen, als Gebrauchsmuster nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt. Modelle gelten insoweit nicht als neu, als sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung bereits in öffentlichen Druckschriften beschrieben oder im Jnlande offenkundig benutzt sind. §. 2. Modelle, für welche der Schutz als Gebrauchsmuster verlangt wird, sind bei dem Patentamt schriftlich anzumelden. Die Anmeldung muß angeben, unter welcher Bezeichnung das Modell eingetragen werden und welche neue Gestaltung oder Vor­ richtung dem Arbeits- oder Gebrauchszweck dienen soll. Jeder Anmeldung ist eine Nach- oder Abbildung des Modells beizufügen. Ueber die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung trifft das Patentamt Bestimmung. Gleichzeitig mit der Anmeldung

ist

für jedes angemeldete

Modell eine Gebühr von fünfzehn Mark einzuzahlen. §• 3. Entspricht die Anmeldung den Anforderungen des §. 2, so ver­ fügt das Patentamt die Eintragung in die Rolle für Gebrauchsmuster.

Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern.

17

Die Eintragung muß den Namen und Wohnsitz des Anmelders, sowie die Zeit der Anmeldung angeben. Die Eintragungen sind durch den Reichs-Anzeiger in bestimmten Fristen bekannt zu machen. Aenderungen in der Person des Eingetragenen werden auf Antrag in der Rolle vermerkt. Die Einsicht der Rolle sowie der Anmeldungen, auf Grund deren die Eintragungen erfolgt sind, steht jederniann frei. §• 4. Die Eintragung eines Gebrauchsmusters im Sinne des §. 1 hat die Wirkung, daß dem Eingetragenen ausschließlich das Recht zusteht, gewerbsmäßig das Muster nachzubilden, die durch Nach­ bildung hervorgebrachten Geräthschaften und Gegenstände in Ver­ kehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Das durch eine spätere Anmeldung begründete Recht darf, soweit es in das Recht des auf Grund früherer Anmeldung Ein­ getragenen eingreift, ohne Erlaubniß des letzteren nicht ausgeübt werden. Wenn der wesentliche Inhalt der Eintragung den Beschrei­ bungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Einrichtungen eines Anderen ohne Einwilligung desselben entnommen ist, so tritt dem Verletzten gegenüber der Schutz des Gesetzes nicht ein. §• 5. Soweit ein nach §. 4 begründetes Recht in ein Patent ein­ greift, dessen Anmeldung vor der Anmeldung des Modells erfolgt ist, darf der Eingetragene das Recht ohne Erlaubniß des Patent­ inhabers nicht ausüben. Jmgleichen darf, soweit in ein nach §. 4 begründetes Recht durch ein später angemeldetes Patent eingegriffen wird, das Recht aus diesem Patent ohne Erlaubniß des Eingetragenen nicht aus­ geübt werden. §• 6.

Liegen die Erfordernisse des §. 1 nicht vor, so hat jeder­ mann gegen den Eingetragenen Anspruch auf Löschung des Ge­ brauchsmusters. Selig söhn, Patentgesetz. 3. Ausl.

18

Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern.

Im Falle des §. 4 Absatz 3 steht dem Verletzten ein Anspruch auf Löschung zu. §• 7. Das durch die Eintragung begründete Recht geht auf die Erben über und kann beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder Verfügung von Todeswegen auf andere übertragen werden. §•

8.

Die Dauer des Schutzes ist drei Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt mit dem auf die Anmeldung folgenden Tage. Bei Zahlung einer weiteren Gebühr von sechszig Mark vor Ablauf der Zeit tritt eine Verlängerung der Schutzfrist um drei Jahre ein. Die Verlängerung wird in der Rolle vermerkt. Wenn der Eingetragene während der Dauer der Frist auf den Schutz Verzicht leistet, so wird die Eintragung gelöscht. Die nicht in Folge von Ablauf der Frist stattfindenden Löschungen von Eintragungen sind durch den Reichs-Anzeiger in bestimmten Fristen bekannt zu machen. §• 9. Wer wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit den Bestim­ mungen der §§. 4 und 5 zuwider ein Gebrauchsmuster in Benutzung nimmt, ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet. Die Klagen wegen Verletzung des Schutzrechtes verjähren rücksichtlich jeder einzelnen dieselbe begründenden Handlung in drei Jahren. §.

10.

Wer wissentlich den Bestimmungen der §§. 4 und 5 zuwider ein Gebrauchsmuster in Benutzung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurück­ nahme des Antrags ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Verurtheilten öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekannt­ machung, sowie die Frist zu derselben ist im Urtheil zu bestimmen.

Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. §•

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11.

Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von zehntausend Mark erkannt werden. Für diese Buße haften die zu derselben Berurtheilten als Gesammtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. §.

12.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entschei­ dung letzter Instanz im Sinne des §. 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfafsungsgesetze dem Reichsgericht zugewiesen. §. 13. Wer im Inlands einen Wohnsitz oder eine Niederlassung nicht hat, kann nur dann den Anspruch auf den Schuh dieses Gesetzes geltend machen, wenp in dem Staate, in welchem sein Wohnsitz oder seine Niederlassung sich befindet, nach einer im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gebrauchs­ muster einen Schutz genießen. Wer auf Grund dieser Bestimmung eine Anmeldung bewirkt, muß gleichzeitig einen im Inland« wohnhaften Vertreter bestellen. Name und Wohnsitz des Vertreters werden in die Rolle einge­ tragen. Der eingetragene Vertreter ist zur Vertretung des Schutz­ berechtigten in den das Gebrauchsmuster betreffenden Rechtsstreitigkeiten und zur Stellung von Strafanträgen befugt. Der Ort, wo der Vertreter seinen Wohnsitz hat, und in Ermangelung eines solchen der Ort, wo das Patentamt seinen Sitz hat, gilt int Sinne des §. 24 der Civilprozeßordnung als der Ort, wo der Vermögensgegenstand sich befindet. §. 14. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestim­ mungen über die Einrichtung und den Geschäftsgang des Patent2*

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Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern.

amts werden durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths getroffen. §. 15. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober .1891 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben an Bord meines Aviso „Greif" den 1. Juni 1891. (L. 8.)

Wilhelm. von Boetticher.

Patentgeseh. Vom 7. April 1891.

Entstehungsgeschichte des Patentgesetzes. „Die deutsche Technik und Industrie haben sich allein das Gesetz zu danken" (v. Bojanowski über die Entwickelung des deutschen Patentwesens S. 4). Seit der zweiten Londoner Weltausstellung machte sich in Frankreich und England, wie auch in Deutschland eine lebhafte Bewegung für Aufhebung des Patentschutzes geltend. Als der preußische Handelsminister 1863 die Handelskammern zu Äuße­ rungen über die fernere Beibehaltung dieses Schutzes aufforderte, erklärte sich die Mehrheit für seine Abschaffung; noch int Jahre 1872 beantragte die preußische Regierung bei dem Bundesrate die Prüfung der Frage, ob nicht von einem Patentschutze über­ haupt Abstand zu nehmen sei. Diesen Bestrebungen traten haupt­ sächlich der Verein deutscher Ingenieure und der im Anschlüsse an den Wiener internationalen Patentkongreß von 1873 begründete deutsche Patentschutzverein entgegen; ihren rastlosen Anstrengungen vor allem gelang es, einen Umschwung der öffentlichen Meinung und damit der maßgebenden Regierungskreise herbeizuführen. Der Patentschutzverein legte im Jahre 1876 den Entwurf eines Patentgesetzes, welchem er einen vom Jngenieurverein aus­ gearbeiteten Entwurf zugrunde gelegt hatte, dem Bundesrate in einer Petition vor und übergab ihn gleichzeitig der Öffentlichkeit. Auf Beschluß des Bundesrats fand darauf in der Zeit vom 29. August bis 2. September 1876 unter Teilnahme von 22 durch die Regierungen bezeichneten Sachverständigen eine Enquete behufs Erörterung derjenigen Verhältnisse statt, welche bei der gesetzlichen Regelung des Patentwesens in Betracht zu ziehen sind. Auf der Grundlage der Vernehmung der Sachverständigm arbeitete das Reichskanzleramt noch in demselben Jahre einen Entwurf eines Patentgesetzes aus, den es im Reichsanzeiger vom 21. und

24

Entstehungsgeschichte des Patentgesetzes.

22. November 1876 veröffentlichte. Nach einer umfassenden Um­ arbeitung dieses Entwurfes wurde er am 6. Februar 1877 dem Bundesrate vorgelegt. Dieser änderte ihn nur in wenigen Punkten, worauf er unter dem 24. Februar 1877 an den Reichstag ge­ langte (Drucksachen des Reichstags 1877 Nr. 8). Die erste Beratung im Reichstage fand am 2. März 1877 statt; sie schloß mit der Verweisung der Vorlage an eine Kommission (Verhandlungen des Reichstags 1877 S. 25—29). Diese arbeitete den Entwurf in zwei Lesungen durch, bereits am 22. April 1877 lag der Bericht ihres Referenten Dr. Hammacher vor (Drucksachen des Reichstags 1877 Nr. 144). Der Entwurf hatte in der Kommission zahlreiche einschneidende Abänderungen erfahren. Die zweite und dritte Lesung im Plenum des Reichs­ tags am 1. und 3. Mai 1877 brachte nur wenige Änderungen (Verhandlungen des Reichstags 1877 ©.915—944, S. 1011—1014). Der Bundesrat erteilte dem vom Reichstage beschlossenen Gesetzes­ entwurf am 9. Mai 1877 seine Zustimmung, die Kaiserliche Ver­ kündigung erfolgte unter dem 25. Mai 1877 (RGBl. 1877 S. 501), am 1. Juli 1877 trat das Patentgesetz in Kraft. Unter dem befruchtenden Einflüsse, welchen das Gesetz auf die deutsche Technik und Industrie ausgeübt hat (vgl. namentlich v. Bojanowski S. 45—64 und — für die Zeit nach 1891 — Geschäftstätigkeit des PA. S. 5—156), ist der Streit über die Rätlichkeit eines Erfindungsschutzes verstummt, dagegen erhoben sich bald lebhafte Klagen über Mängel des Gesetzes, namentlich über die Organisation des PA. Die Bewegung wurde auch jetzt wieder von technischen Verbänden, insbesondere dem Verein deutscher Ingenieure und dem Verein zur Wahrung der Jntereffen der chemischen Industrie Deutschlands, getragen. Im März 1885 richtete der erstgenannte Verein an den Reichskanzler ein Gesuch um Revision des Patentgesetzes, das von Abänderungsvorschlägen begleitet war. Abermals wurde zunächst vom Bundesrate eine Enquete über die Lage des Patentschutzes im Deutschen Reiche beschlossen. An den Verhandlungen, welche vom 22. bis 27. No­ vember 1886 dauerten, nahmen 33 vom Reichskanzler berufene Sachverständige teil, der Bericht über diese Verhandlungen bietet ein erschöpfendes Material über die Wünsche und Ansichten der Sachkenner und Interessenten. Nachdem die Vorschläge der Sach-

Entstehungsgeschichte des Patentgesetzes.

25

verständigen in den Interestentenkreisen und in der Literatur diskutiert worden, veröffentlichte die Reichsregierung im Reichs­ anzeiger vom 17. März 1890 den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Patentgesetzes. Derselbe erfuhr im Bundesrate nur geringfügige Änderungen und wurde von diesem am 25. November 1890 dem Reichstage zur Beschluß­ fassung vorgelegt (Drucksachen des Reichstags 1890 Nr. 152). Der Reichstag beriet ihn am 4. Dezember 1890 in erster Lesung und überwies ihn nach Schluß derselben einer Kommission (Ver­ handlungen des Reichstags 1890 S. 781). Diese unterzog nicht bloß den ihr vorgelegten Gesetzentwurf einer Durchberatung, sondern unterzog in Übereinstimmung mit den Vertretern der verbündeten Regierungen auch die durch den Entwurf nicht be­ rührten Bestimmungen des Patentgesetzes ihrer Beschlußfassung. So kam es, daß, während der Gesetzentwurf nur die Abänderung von 23 Paragraphen dieses Gesetzes vorgeschlagen hatte, die Kommission deren 32 abänderte, und nicht bloß numerisch, sondern auch inhaltlich gingen ihre Anträge erheblich über die Abänderungs­ vorschläge des Gesetzentwurfs hinaus. Der Kommissionsbericht vom 26. Februar 1891 (Drucksachen des Reichstags 1890/91 Nr. 322; Berichterstatter: Abgeordneter Goldschmidt) fand im Reichstage derartigen Anklang, daß der Reichstag von jeder Disttlssion Abstand nahm und den Gesetzentwurf in der Fassung der Kommission am 12. und 16. März 1891 in zweiter und dritter Beratung en bloc annahm (Verhandlungen S. 2016, 2110). Die Schlußabstimmung am 17. März 1891 ergab einstimmige Annahme. Nachdem am 24. März 1891 der Bundesrat dem Entwürfe seine Zustimmung erteilt hatte, wurde er als Patentgesetz vom 7. April 1891 im RGBl. (S. 79) verkündet.

Patentgesetz. i. Reichsgesetz.

2. Geltungsgebiet.

3. Bürgerliches Gesetzbuch.

1. Tas Patentgesetz ist ein Reichsgesetz. Die Reichsgesetzgebung war zur Regelung dieser Materie zuständig, weil nach Art. 4 Nr. 5 der Verfassung des Deutschen Reichs die Erfindungspatente der Beaufsichtigung seitens des Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen. Da nach Art. 2 der Verfassung die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen, so sind durch das Patentgeseh, welches eine abschließende Kodi­ fikation des Patentrechts bezweckte nnd enthält, alle früheren landesgesetz­ lichen Vorschriften über diesen Gegenstand aufgehoben und neue unzulässig. Aus Art. 11 Abs. 3 der Verfassung ergibt sich, daß Verträge mit fremden Staaten über den Schutz von Erfindungen nicht vom Kaiser selb­ ständig geschlossen werden dürfen, sondern, daß zu ihrem Abschluß die Zu­ stimmung des Bundesrats und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstags erforderlich ist. 2. Da das Patentgesetz ein Reichsgesetz ist, so sind die auf Grund desselben erteilten Patente im ganzen Reichsgebiet, nicht bloß in dem Bundesstaat, welchem der Patentinhaber angehört, wirksam, andererseits erstreckt sich ihre Wirksamkeit nicht über die Grenzen des Teutschen Reichs hinaus. Nachdem in Helgoland durch die Kaiserl. Verordnung v. 22. März 1891 (RGBl. S. 21) Artikel 1 Nr. VH die Reichsgesetze über den Schutz von Erfindungen mit dem 1. April 1891 in Kraft getreten sind, bildet diese Insel auch in bezug auf den Patentschutz einen Bestandteil des Reichs. Daß Inland im Sinne des Patentgesetzes auch die Freihafengebiete Hamburgs und Bremens sind, ist selbstverständlich, denn ihr Ausschluß aus dem Zollverein gewährt nur Befreiung vom Eingangszoll lRGSt. 21, 20:>, im PBl. 91 S. 163). Früher war es streitig, ob das Patentgeseh in den deutschen Schutz­ gebieten Geltung hat oder nicht «dafür: Seligsohn in Gew. Rschutz 4, 137, Köhler Handbuch S. 69; dagegen: Damme im Archiv für öffentl. Recht 15, 50). Diese Frage ist jetzt in bejahendem Sinne erledigt, seitdem die Kaiserl. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten v. 9. November 1900 «RGBl. S. 1005), welche am 1. Januar 1901 in Kraft trat, im § 4 bestimmt: Die Vorschriften der Gesetze über den Schutz von Werken der Literatur und Kunst, von Photographien, von Erfindungen,

Patentgesetz.

27

von Mustern und Modellen, von Gebrauchsmustern und von Waren­ bezeichnungen finden Anwendung. Ebenso: Damme in GewRschutz 6, 252, Jsay S. 82, Allfeld S. 92. Der § 26 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit v. 7. April 1900 (RGBl. S. 213), welcher nach tz 3 des Schutzgebietsgesetzes (RGBl. 1900 S. 813) in den Schutzgebieten entsprechende Anwendung findet, besagt:

Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwie­ weit die Konsulargerichtsbezirke im Sinne der in den §§ 19, 22 bezeichneten Gesetze als deutsches Gebiet oder Inland oder als Ausland anzusehen sind. In dem zitierten § 22 find dieselben Gesetze wie in dem oben wieder­ gegebenen § 4 aufgeführt. Die in dem § 26 vorgesehene Verordnung ist bisher nicht ergangen. Die Frage, ob die Schutzgebiete als Inland gelten, ist deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden. Das Wort „Inland", welches im Patentgesetz wiederholt vorkommt, deckt sich regelmäßig (insbesondere in den §§ 2, 6, 11) mit dem Geltungs­ bereiche des Gesetzes, schließt also auch die Schutzgebiete ein. Nur bezüglich des § 12 ist dies aus dem in N. 2 zu 8 12 angegebenen Grunde nicht der Fall; vgl. auch N. 10 zu § 9 „im Gebiete des Deutschen Reichs" (Seligsohn a. a. O., a. M. bezüglich des 8 12 Damme a. a. O.; vgl. auch Gew. Rschutz 4, 167). Die Gouverneure von Kamerun und Deutsch-Ostafrika haben im Jahre 1891 für ihre Schutzgebiete einzelnen Personen Patentrechte erteilt (PBl. 91 S. 520, Industrie-Schutz 1, 19). Diese Verordnungen waren ungültig, denn der 8 H des Reichsgesetzes v. 15. März 1888, auf welchen dieselben sich stützen, gibt dem Gouverneur nur die Befugnis, „polizeiliche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschriften" zu erlassen; darunter fällt aber nicht die Schaffung von Vermögensrechten. Nach Damme a. a. O. S. 252 haben alle gewerblichen Ausschlußrechte, welche von anderen Behörden, als dem PA., erteilt waren, jedenfalls mit dem 1. Januar 1901 zu bestehen aufgehört. In den Konsulargerichtsbezirken (Türkei, China, Persien usw.) gllt unser Patentgesetz nicht, weil es bei seinem Territorialitätsprinzip (N. 12 zu § 4) nicht in Ländern zur Anwendung gebracht werden kann, welche einer fremden Staatssouveränität unterworfen find (Seligsöhn a. a. O.). Darin hat auch das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit v. 7. April 1900 nichts geändert, denn die in seinem § 22 vorbehaltene Kaiser!. Verordnung, durch die bestimmt werden kann, inwieweit die Vor­ schriften der Gesetze über den Schuh von Erfindungen in den Konsular­ gerichtsbezirken Anwendung finden oder außer Anwendung bleiben, ist bisher nicht ergangen (Wassermann in GewRschutz 7, 82; a. M. Allfeld S. 92). 3. Art. 32 des Einführungsgesetzes zum BGB. bestimmt: »Ärgers

Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie «ef^tach. treten jedoch insoweit außer Kraft, als sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder aus diesem Gesetze die Aufhebung ergibt.

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Patentgesetz.

Turch Satz 1 sind zunächst sowohl die öffentlich-, wie die privat­ rechtlichen Bestimmungen des Patentgesetzes aufrecht erhalten. Was die Bedeutung des Satzes 2 betrifft, so ist weder in dem BGB. noch in dem Einführungsgesehe zu demselben ausdrücklich ausgesprochen, daß eine Be­ stimmung des Patentgesetzes außer Kraft tritt. Eine derartige ausdrückliche Vorschrift ist allerdings zur Anwendung des Satzes 2 nicht notwendig, vielmehr ist mit allen zulässigen Anslegungsmitteln zu prüfen, ob nach dem Inhalt und der Absicht des älteren Reichsgesetzes oder des BGB. eine Änderung des älteren Gesetzes anzunehmen ist. Eine solche Prüfung führt bezüglich des Patentgesetzes zu dem Resultate, daß zwar keine ausdriickliche Vorschrift desselben aufgehoben ist, daß aber infolge des Art. 4 des Einführnngsgesetzes zum BGB. sein Inhalt mehrfach abgeändert ist. Ter Art. 4 bestimmt: Soweit in Reichsgosetzen oder in Landesgesetzen auf Vor­ schriften verwiesen ist. welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Ge­ setzbuchs oder dieses Gesetzes.

Tie Verweisung, von welcher Art. 4 spricht, kann auch süllschweigend geschehen „durch Aufstellung einer Vorschrift ohne äußerlich wahrnehmbare Bezugnahme aber innerlich doch im Hinblick auf gewisse bestehende Vor­ schriften. So findet sich namentlich häufig eine süllschweigende Bezugnahme auf die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze über die Rechts- und Ge­ schäftsfähigkeit, Vertretung, Verjährung usw." (Neumann Handausgabe des BGB. zu Art. 4). Die Vorschrift des Art. 4 bezieht sich entsprechend dem Charakter der durch das BGB. bewirkten Kodifikation zunächst nur auf das Privatrecht . Daraus, daß die Wirkungen an das „Patent" geknüpft sind (vgl. dagegen § 4 des Ges., betr. den Schutz von Gebrauchsmustern), folgt, daß das Gericht die Rechts­ gültigkeit der Patenterteilung nicht nachzuprüfen hat lRGSt. 3, 253 ; 6, 224; 14, 261; 26, 129). 3» Der Inhalt des Patentrechts besteht einmal in der Ausschließfitgni0. lichkeit des Gewerbebetriebs („das durch die Patenterteilung erworbene Verbietungsrecht" RG. 20, 128, im PBl. 88 S. 141, G. 6,224; das durch das Patent gegebene „Ausschließungsrecht" RG. 9, 128, tut PBl. 83 S. 247, G. 4, 107). Durch Strafandrohung und Bestimmung einer Schadensersatzpflicht schützt das Gesetz den Berechtigten gegen jeden, welcher ihm gegen­ über das Prinzip der Gewerbefreiheit betätigen will. Aber das Untersagungsrecht des Patentinhabers erschöpft nicht die ihm zustehenden Befugnisse: er ist nicht bloß berechtigt, anderen die Be­ nutzung der Erfindung zu verbieten, sondern ihm selbst steht auch das un­ beschränkte Benutzungsrecht derselben zu. Die Duplizität der im Patent liegenden Befugnisse entspricht den affirmativen und negativen Bestand teilen des Eigentumsrechtes (§ 903 BGB); a. M. Jsay S. 128. Das Gesetz von 1891 hat deshalb dem ersten Satze des § 4 eine Fassung ge­ geben (N. 1), welche auch diese zweite Seite des Patentrechtes klar zum Ausdruck bringt und die Definition dieses Rechtes in Einklang mit der Fassung der verwandten Reichsgesetze (Urheberrechtsgesetz, Markenschutzgesetz) setzt. Aus der früheren Fassung hatten Theorie und Rechtsprechung (vgl. RG. 9, 128, im PBl. 83 S. 247, G. 4, 107) zu Unrecht vielfach her­ geleitet, daß § 4 ausschließlich ein Untersagungsrecht gewähre, während

Erster Abschnitt.

Patentrecht.

§ 4.

99

die affirmative Befugnis, unabhängig vom Patent, aus dem Grundsätze § 4. der Gewerbefreiheit folge. Das Untersagungsrecht ist eingeschräntt durch § 5. Dem Benutzungs­ recht können Schranken durch entgegenstehende Rechte Dritter (ältere Patente, Gebrauchsmuster) oder durch das öffentliche Recht (Telegraphen­ regal, Verbot des Verkehrs mit Sprengstoffen usw.) gesetzt sein. Dies folgt aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. § 903 BGB.: „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen"). Ihnen gegenüber allein aus dem Wortlaute des § 4 argumentieren zu wollen, würde zu den absurdesten Ergebnissen führen. Es könnte der Einbrecher, welchem ein Patent auf ein Verfahren, Schlöffer zu öffnen, erteilt worden ist, das Erbrechen fremder Türen damit entschuldigen, daß er berechtigt sei, jenes Verfahren gewerbs­ mäßig zu gebrauchen, derjenige, der einen ihm patentierten Sprengstoff herstellt oder vertreibt, könnte ttotz des Reichsgefetzes vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61) sich auf § 4 berufen usw. Es bedarf keiner Ausführung, daß in diesen Fällen die Kraft des § 4 versagen muß, und zwar deshalb, weil seine Bestimmung ihre Schranke in den Vorschriften des öffentlichen Rechts findet. Aber nicht bloß in diesen, sondern, wie gesagt, auch in den Rechten Dritter. Ebensowenig wie der Erwerber eines Grundstücks gegen­ über dem älteren Servitutberechtigten fich darauf stützen kann, daß das Eigentum nach seiner Definitton das Recht zur Ausschließung anderer verleihe, kann ein Patentinhaber die Rechte Dritter deshalb ignorieren, weil § 4 seine Befugnisse, wie geschehen, bestimmt. Die Befugnisse des Patentinhabers finden ihre Grenze an den durch ein früheres Patent einem anderen erteilten Rechten (Bolze 7, 162; RG. in IW. 90 S. 162). 4. Den Gegenstand der Erfindung kann ein Verfahren oder Ge§e»ft««d ein körperlicher Gegenstand oder beides zusammen bilden; der körperliche «rUtSmig. Gegenstand ist entweder ein Arbeitsmittel oder ein Arbeitserzeugnis (N. 7 zu § 1). Danach kann Gegenstand der Erfindung sein (Hartig S. 136): 1. ein Verfahren, welches mit schon bekannten Einrichtungen durch­ führbar ist, 2. ein Arbeitsmittel oder eine Einrichtung (Werkzeug, Gerät, Waffe, Instrument, Maschine), 3. ein Arbeitserzeugnis (Fabrikat, Ware), 4. ein Verfahren mit zugehörigen, zu seiner Ausführung erforder­ lichen neuen Einrichtungen, 5. ein Verfahren nebst dem durch dasselbe erlangten neuen Erzeugnis, 6. ein Verfahren, einschließlich der neuen Einrichtungen und des neuen Erzeugnisses. Der Schutz des Gegenstandes der Erfindung würde hinfällig sein, wenn er sich nur auf den Gegenstand in seiner Totalität erstreckte und eine Nutzung seiner einzelnen Bestandteile jedem gestattet wäre. Viel­ mehr find auch die einzelnen Abschnitte des geschützten Verfahrens oder die einzelnen Teile des geschützten Gegenstandes, sofern sie neu und für den Totaleffett wesentlich sind, Gegenstand der Erfindung. Daraus folgt

100 § 4.

Patentgesetz.

für den Fall der Nachahmung, daß, wenn letztere von mehreren charakte­ ristischen Merkmalen des Gegenstandes der Erfindung ein einzelnes wegläßt, die Identität doch nur dann ausgeschlossen ist, wenn das fehlende allein durch das Patent als neu anerkannt und geschützt werden sollte (RG. im PBl. 84 S. 225, G. ö, 301; LG. Halberstadt im PBl. 81 S. 114, G. 2, 253; RG. im Bl. 6, 197). Der Schutzbereich eines Patents erstreckt sich auch auf seine Äqui­ valente (N. 11 zu § 1). Die Lehre von der Äquivalenz basiert auf der Interpretation der Problemlösung und, da diese Lösung ihren Nieder­ schlag vor allem im Patentanspruch gefunden hat (N. 19 a), in der Aus­ legung des Patentanspruchs. Man ermittelt die Bedeutung, welche das PA. und der Anmelder bei der Formulierung des Patentanspruchs einem bestimmten Ausdrucke beilegen wollten, findet, daß der Ausdruck zu eng ist, und legt ihn deshalb ausdehnend aus. Im Patentanspruch steht z. B., daß ein gewisser Gegenstand aus „Eisen" ist. Nach dem Zwecke, zu dem der Gegenstand bestimmt ist, ist es im vorliegenden Falle klar, daß darauf kein Wert zu legen ist, daß er gerade aus Eisen ist, vielmehr kann er aus jedem anderen Stoffe sein, welcher die für den vorliegenden Zweck wesentlichen Eigenschaften des Eisens hat. Man interpretiert deshalb das Wort „Eisen" extensiv in diesem Sinne (Schütze in GewRschutz 5, 115; Köhler Hand­ buch S. 84). Daraus folgt, daß der Schutz eines Patents sich auch auf solche Äquivalente erstreckt, welche zur Zeit der Patentanmeldung oder -erteilung noch nicht bekannt waren (Köhler Handbuch S. 154). Die in N. 11 zu 8 1 entwickelten Grundsätze spielen bei der Frage der Verletzung eines Patents eine wesentliche Rolle. Nur macht es für diese Frage keinen Unterschied, ob der neuen Anwendung des geschützten Erfindungsgedankens wegen seiner weitergehenden Wirkung oder aus anderen Gründen die Eigenschaft einer neuen Erfindung zukommt; denn auch der Benutzer einer neuen patentfähigen — und sogar einer patentierten — Erfindung verletzt ein älteres Patent, wenn die neue Erfindung von der älteren abhängig ist (N. 16 zu § 3). Köhler spricht in diesem Falle von Äquivalenz im weiteren Sinne (Handbuch S. 105, 153). Auch der verletzt ein Patent, welcher sich mit einer verschlechter­ ten oder unvollkommenen Ausführung des geschützten Erfinder­ gedankens begnügt. Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn nicht die im Patent beschriebene konkrete Konstruktion, sondern der in ihr verkörperte allgemeine Lösungsgedanke des Problems unter Patentschutz steht (Bolze 10, 171; 11, 87; 19, 133; Neuling in Zeitschrift für gewerbl. Rechtsschutz 2, 218; Köhler Jndustrierechtliche Abhandlungen und Gutachten I, 196). Demgemäß hat das RG. in einem Falle, wo bei der Räucherung von Fischen das vorherige vollständige Bedecken der nackten Fleischteile mit einem Überzug von Blase, Darm oder dergl. durch das Patent geschützt war, es für eine Verletzung erklärt, wenn Fischräucherer nur einzelne Stellen des Fleisches, welche rissig oder bröcklig waren, mit dem Über­ züge versahen (Urteil vom 30. XII. 03 in Sachen S. c/a H. I 341/1903).

Erster Abschnitt.

Patentrecht.

§ 4.

101

Ein Patent auf ein Verfahren, welches stch auf die Herstellung eines an stch gewerblich nicht verwertbaren Zwischenprodukts (vgl. N. 9 zu § 1) und dessen Umwandlung in das Endprodukt erstreckt, wird auch durch den verletzt, welcher es bis zum Zwischenprodukt anwendet (RG. im Bl. 6, 8, IW. 98 S. 391). Das RG. hat in einer Entscheidung vom 16. X. 00, welche in derselben Sache erging (Bl. 7,131), diesen Grundsatz auf den Fall eingeschränkt, daß der Nachahmer auch zu demselben Endprodukt gelangt. Schanze Erfindung und Erfindungsgegenstand 1906 unterscheidet zwischen der Erfindung und ihrem Gegenstände. Letzterer sei der durch die Erfindung neu geschaffene oder weiter ausgebildete, verbefferte Gegen­ stand, sei es ein körperlicher Gegenstand oder ein Verfahren, so daß man Erfindungen von Gegenständen und an Gegenständen unterscheiden müffe. Diese Unterscheidung verwertet er für die Patentberechtigung, den Aus­ führungszwang und die Patentanmaßung. 4 a. Die in N. 4 entwickelten Grundsätze kommen bei Verletzung von Kombinationspalenten zur Anwendung (Schanze im Sächs. Arch. für bürgert. Recht 14, 1). Man muß hier unterscheiden (N. 12 zu § 1): a) ob nur die Kombination geschützt ist, b) ob außer ihr noch einzelne Elemente geschützt stnd und zwar «) nur für den Kombinationszweck, ,3) auch für andere mögliche Zwecke. Zu a. Eine Nachbildung der Gesamtkonstruktion enthält in allen Fällen eine Patentverletzung. Dabei ist es nicht notwendig, daß die Gesamtkonstruktion in allen ihren Teilen wiedergegeben wird; es genügt, wenn der ihr zugrunde liegende Erfindergedanke im großen und ganzen benutzt ist, sollte auch ein einzelnes Element durch ein anderes gleichwer­ tiges ersetzt oder einfach weggelaffen worden sein (Bolze 2, 323 ; 2, 324; 6, 151; 7, 162; 11, 92; 12, 112; RG. in IW. 91 S. 19, 92 S. 396; RG. im PBl. 91 S. 2, G. 9, 87). Es begeht also auch der eine Patentverletzung, welcher ein oder mehrere Elemente durch äquivalente erseht (RG. in IW. 91 S. 423, RG. im PBl. 91 S. 426, G. 9, 512). Es genügt aber zur Annahme der Äquivalenz nicht, daß das Ersatzmittel und der ersetzte Teil an stch gleichwertig stnd, vielmehr müssen ste auch im Rahmen der Kombi­ nation einander gleichwertig sein, indem fle hier denselben technischen Effekt hervorbringen (RG. in IW. 00 S. 664). Ein Kombinationspatent wird nicht bloß von demjenigen verletzt, der die wesentlichen Teile der Kombination benutzt (RG. im Bl. 5,127), sondern auch von d«ü, welcher Teile, die an stch nicht schutzfähig stnd, zu dem Zwecke herstellt oder in Verkehr bringt, damit fle als Glieder der Kombination dienen (RG. 22, 165, im PBl. 88 S. 201, G. 6, 339; zu Un­ recht verlangt in diesem Falle RG. im PBl. 91 S. 20, G. 9, 504 zur objek­ tiven Patentverletzung noch das Bewußtsein des Herstellers, daß der Zusammenfügende keine Erlaubnis des Patentinhabers hatte). Eine Aus­ nahme findet nur bezüglich derjenigen Teile statt, welche jeder besonderen Beziehung zur Kombinatton ermangeln; dies gilt insbesondere für Rohstoffe,

$ 4.

Mieai.

102 § 4.



Patentgesetz.

welche auch nach ihrer ersten Verarbeitung von so allgemeiner Verwend­ barkeit und so allgemein ersetzbar sind, daß in ihnen ein besonderer Wert für die geschützte Kombination sich nicht verkörpert (RG. 40, 78, im Bl. 3, 229). Zu b. Im Falle a liegt in der Nachbildung geschützter Elemente eine Patentverletzung nur dann, wenn sie in der Nachbildung demselben Zwecke wie im Kombinationspatent dienstbar gemacht werden; im Falle ß liegt da­ gegen stets, wenn geschützte Elemente ganz oder teilweise nachgebildet werden, eine Patentverletzung vor (vgl. Bolze 2, 323; 2, 324; 6, 151; 9, 95). 5. Nur die gewerbsmäßige Nutzung ist anderen untersagt. „Gewerbsmäßig" ist nicht identisch mit „gewerblich" im § 1. Auch deckt sich jener Begriff insofern nicht mit dem im HGB. wiederholt (§§ 383, 407, 41G, 425) vorkommenden Ausdrucke „gewerbsmäßig", als in § 4 des PatGes. nicht die Absicht des Geldgewinnes vorausgesetzt wird. Anderen­ falls würde man zu dem Resultate kommen, daß z. B. der Fiskus beim Bau von Kriegsschiffen oder bei der Gewehrfabrikation Erfindungen ohne weiteres benutzen darf, auch wenn sie für andere geschützt sind. Daß dies aber nicht der Absicht des Gesetzes entspricht, zeigt § 5 Abs. 2. Für die Auslegung des Begriffes ist der Zweck der Bestimmung des § 4 maßgebend. Sie wollte die Benutzung der geschützten Erfindung zu Studienzwecken oder für den persönlichen oder häuslichen Bedarf des ein­ zelnen freigeben (Mot. II S. 15, RGStr. 26, 381; RG. 39, 32, im Bl. 3, 148), und bezeichnete den Gegensatz zu dieser Benutzung mit „gewerbs­ mäßig". Unter letzteren Begriff fällt demnach jede Benutzung, welche nach Zweck, Art oder Umfang des Betriebes über die freigelassene Nutzung hinausgeht. Gewerbsmäßigkeit wird zunächst stets bei der Benutzung in einem Erwerbsgeschäft vorliegen, außerdem dann, wenn eine physische oder juristische Person Anstalten von einer gewissen Tauer für einen Betrieb errichtet hat (vgl. RG. 5, 68) und in diesem Betriebe die Erfindung benutzt. Da die Bestimmung, abgesehen von Lehrzwecken, die häusliche Sphäre des einzelnen gegen Nachspüren und Eindringen schützen will, so hat jede Be­ nutzung seitens eines Staats, einer Stadtgemeinde, einer Kirchengemeinde oder einer anderen öffentlichen Korporation als gewerbsmäßige zu gelten. Demnach darf der Staat weder in kaufmännischen Betrieben (Braue­ reien, Porzellanmanufakturen usw.), noch auch z. B. in Münzen, Gewehr­ fabriken, Werften, Telegraphenanstalten Erfindungen benutzen, welche für andere geschützt sind, ebensowenig dürfen dies Städte in Schlacht­ anstalten, Markthallen, Gasanstalten usw. tun. Die Kirchengemeinde darf die patentierte Läutemaschine nicht zum Antrieb ihrer Glocken benutzen. Der Rechtsanwalt darf den patentierten Gegenstand (Gasselbstzünder, Federhalter, Tisch) zwar in seiner Privatwohnung, nicht aber in seinem Bureau gebrauchen. Der Arzt darf den patentierten Verband für die Zwecke seiner Praxis weder Herstellen noch verwenden. Vgl. über diese Frage: Zeitschr. für gewerbl. Rechtsschutz 94 S. 169. Während das OLG. Naumburg im PBl. 93 S. 230, G. 10,118 das „gewerbs­ mäßig" noch im Sinne des HGB. auslegte, stehen Schanze im Sächsischen

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Archiv für bürgert. Recht 6, 509, Köhler Handbuch S. 432 und in Grünhuts § 4. Zeitschrift 25, 209, Jsay S. 140, Allfeld S. 85 im großen und ganzen auf dem hier vertretenen Standpuntte. Das RG. hat bisher die Frage noch nicht ex professo erörtert; in den Urteilen, in welchen sie nebenher beantwortet wird (RG. im Bl. 1, 231, IW. 95 S. 291; RG. 39, 32, im Bl. 3, 148) fand die Benutzung im Betriebe eines Gewerbes statt. In einem gegen die Stadt Berlin wegen einer Anlage im städttschen Schlachthause angestellten Patentverletzungsprozesse (24 O 166/99) haben das LG. Berlin I und. das Kammergericht die Gewerbsmäßigkeit bejaht, das RG. hat die Revision gegen das die Stadt verurteilende Erkenntnis des Kammer­ gerichts zurückgewiesen, ohne zu der Frage ausdrücklich Stellung zu nehmen. Die Praxis des Fiskus steht, soweit bekannt, mit der diesseittgen Anschauung im Einklänge. Für die Gewerbsmäßigkeit der Benutzung ist nicht notwendig, daß eine besondere Beziehung der Erfindung zu dem Gewerbebetriebe, in dem sie benutzt wird, besteht, daß sie also auf eine Förderung oder Erleichterung gerade dieses Betriebes abzielt; es genügt, wenn sie nur in dem Betriebe gebraucht wird (RG. 39, 32). Demnach wird das auf einen Gasglühlicht­ brenner erteilte Patent von jedem verletzt, welcher sein Betriebslokal mit diesem Brenner beleuchtet, gleichviel ob es sich um den Laden eines GasJnstallationsgeschäftes, um eine Wurstfabrik oder um ein Sanatorium handelt (Köhler Handbuch S. 435). Da nicht die Person des die Erfindung Benutzenden, sondern der Zweck der Benutzung für die Frage der Gewerbsmäßigkeit maßgebend ist, so kann auch ein Gewerbetreibender den in sein Gewerbe einschlagenden Gegenstand der Erfindung herstellen oder gebrauchen, ohne gegen die Vorschrift des 8 4 zu verstoßen, nämlich dann, wenn die Herstellung oder der Gebrauch nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgt. Natürlich wird die Ver­ mutung regelmäßig für das Gegenteil sprechen, aber diese Vermutung kann für den einzelnen Fall widerlegt werden (RG. im PBl. 87 S. 65, G. 6,145). 6. Die ausschließliche Befugnis zur Herstellung bezieht sich nur Herstell»««. auf körperliche Gegenstände, nicht auf Verfahren (RGSt. 37, 10, Bl. 10, 266). Die Herstellung als solche ist verboten, gleichviel ob die Benutzung des hergestellten Gegenstandes eine erlaubte ist oder nicht, also auch dann, wenn der Verkauf oder der Gebrauch desselben erst nach Erlöschen des Patents stattfinden soll (RG. in IW. 03 S. 144). Es ist auch unzulässig, den geschützten Gegenstand auf eine andere Weise, als auf die vom Patent­ inhaber beschriebene, herzustellen, es sei denn, daß nicht der Gegenstand an sich, sondern nur als Erzeugnis eines bestimmten Verfahrens unter Schutz steht (RG. 14, 76). Über die Herstellung einzelner Teile des geschützten Gegenstandes vgl. N. 4 a. Ist die Reparatur des geschützten Gegenstandes anderen, insbe­ sondere demjenigen, welcher den Gegenstand vom Patentinhaber erworben hat, gestattet? Dies ist für eigentliche Ausbesserungen zu bejahen, und

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zwar steht es dem Inhaber des geschützten Gegenstandes frei, solche selbst oder durch jeden Dritten vornehmen zu lasten. Gehen die Maßnahmen aber über eine Ausbesserung hinaus und bilden sie in Wirklichkeit eine Neuherstellung des Gegenstandes der Erfindung, so dürfen sie nur vom Patenttnhaber oder mit seiner Erlaubnis vorgenommen werden (91®. im PBl. 92 S. 43, G. 9, 270). Man wird deshalb im einzelnen Falle prüfen, zumal wenn mehrere Reparaturen hintereinander vorgenommen werden, ob nicht eine Herstellung anstatt einer Ausbefferung vorliegt (Schanze Patentrechtliche Untersuchungen S. 29; Köhler Handbuch S. 545). aMJ****** 7. Das Inverkehrbringen schließt jeden Att ein, durch welchen ***** der geschützte Gegenstand in den Verkehr gebracht wird (RGSt. 10, 351; 11, 242; RG. im Bl. 10, 266), also nicht bloß den Verkauf (RG. 13, 424), sondern auch die Vermietung, ja sogar die Vorlegung und Erläuterung in einer Versammlung von Gewerbsgenossen, die Schaustellung auf Aus­ stellungen, die Auslegung im Laden oder Schaufenster (vgl. N. 12 zu § 2). Bei einem Patent, welches nicht auf ein Verfahren, sondern auf ein Er­ zeugnis gerichtet ist, kann ohne Vorlegung des geschützten Gegenstandes von einem Inverkehrbringen desselben nicht die Rede sein, insbesondere erfüllen Annoncen, Zirkulare, Kaufofferten diesen Tatbestand nicht (RGSt. 11, 241; vgl. RG. im Bl. 6, 21; PA. im Bl. 6, 230). Dagegen gehört zum Tatbestände nicht, daß der, welcher die Sache in den Verkehr bringt, die Verfügungsgewalt oder -macht auf einen anderen überträgt. A. M.: Köhler Handbuch S. 444, welcher unter In­ verkehrbringen den juristischen Akt, der die Sache der Benutzung anderer zugänglich macht, versteht; Jsay S. 133, welcher einen Wechsel der tat­ sächlichen Verfügungsgewalt fordert; Schanze in GewRschutz 3, 38 und in Chemische Industrie 99 S. 189 (woselbst eingehende Literaturangaben), der Übertragung der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsgewalt verlangt. Bildet ein Verfahren den Gegenstand eines Patents, so ist auch ein In­ verkehrbringen desselben möglich. Dazu genügt jede Tätigkeit, durch welche der Eintritt des Verfahrens in den Verkehr tatsächlich herbeigeführt wird (RGSt. 37, 110, Bl. 10, 266). Insbesondere liegt ein Inverkehrbringen vor, wenn jemand das Rezept des durch die Patentschrift bekannt ge­ wordenen Verfahrens an Interessenten weitergibt (RG. in IW. 98 S. 439, Bl. 4, 144; RG. 46, 14, Bl. 6, 197; RG. in IW. 03 S. 248, Bl. 9, 227; Bl. 10, 266). Ebenso: OLG. Dresden bei Köhler Aus dem Patentund Jndustrierecht 1 S. 19, Allfeld S. 87, v. Boehmer Offenkundiges Vorbenutztsein von Erfindungen S. 107, 133; a. M.: Schanze Patentrechtl. Untersuchungen S. 33, Köhler Handbuch S. 449, Jsay S. 129. Mit dem Inverkehrbringen eines Apparates kann unter Umständen gleichzeitig das Verfahren, zu dem der Apparat dient, in Verkehr gebracht sein, nämlich dann, wenn der Apparat die Kenntnis des Verfahrens un­ zweideutig vermittelt; dasselbe gilt von dem Inverkehrbringen der Er­ zeugnisse eines Verfahrens. Man kann also z. B. ein bestimmtes Preß verfahren sowohl durch Verbreitung der zum Pressen benutzten Kalander

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wie durch Verbreitung der gepreßten Stoffe in Berkehr bringen, wofern aus dem Kalander oder aus dem Stoffe das Verfahren ohne weiteres er­ kennbar ist (RG. im PBl. 92 S. 305, G. 9, 206, Bolze 14,108; a. M.: PA. ebenda, Schanze Patentrecht! Untersuchungen S. 41; RG. im Bl. 4,144). Die vermittelnde Tätigkeit des Maklers oder des Annoncenbureaus kann ebenso den Tatbestand des Inverkehrbringens erfüllen wie die Spedition, Versendung, Verfrachtung des Gegenstandes. Da das Inverkehrbringen ein gewerbsmäßiges sein muß, so ver­ stößt eine Vorlegung, Erläuterung, Ausstellung zu Studien- oder Lehr­ zwecken nicht gegen § 4, ebenso regelmäßig nicht ein Verschenken des Gegen­ standes. Dagegen kommt es bei der Frage der patenthindernden Vor­ benutzung auf Gewerbsmäßigkeit nicht an (N. 12 zu § 2). Das Inverkehrbringen bezeichnet nicht bloß den Akt, durch welchen der Gegenstand zum ersten Male in den Verkehr eingeführt wird, sondern auch jedes Weiterbringen der Ware in einen neuen Berkehrskreis (Preuß. Obertribunal in Oppenhoff Rechtsprechung 15, 85; Köhler Handbuch S. 449; ein OLG. im PBl. 89 S. 231, G. 7, 201). Ob die Herstellung der in Verkehr gebrachten Ware eine berechtigte war oder nicht, ist insofern von Bedeutung, als man geschützte Waren, welche im Auslande hergestellt sind, im Jnlande nicht in Verkehr bringen darf. Über die Frage, wie es mit Waren ist, welche im Jnlande von dem Berechttgten hergestellt find, stehe N. 7 zu § 6 a. E. Sind die Waren von dem Patenttnhaber im Jnlande einmal in den Verkehr gebracht worden, so kann er auf Grund seines Patents nicht verhindern, daß die Waren weiter im Jnlande in den Verkehr kommen; dies gilt auch für den Fall, daß der Patenttnhaber sie vom Jnlande aus nach dem Ausland verschickt hatte, denn auch darin liegt ein Inverkehr­ bringen im Jnlande. Daraus folgt, daß Beschränkungen, welche der Patentinhaber seinen Abnehmern bezüglich des weiteren Absatzes auferlegt, nur obligatorische Wirkung haben, patenttechtlich aber bedeutungslos find (RG. öl, 139, Bl. 8, 180; vgl. N. 7 zu § 6). Unerheblich ist es, ob die Waren nach vorgängiger Be- oder Ver­ arbeitung oder ohne solche in den Verkehr gebracht werden; deshalb ist es unstatthaft, Kleidungsstücke, welche aus einem geschützten Gewebe ganz oder teilweise hergestellt stnd, überhaupt Fabrikate, in oder an welchen der geschützte Gegenstand vorhanden ist, in Verkehr zu bringen. Dies gilt auch dann, wenn dieser Gegenstand im Verhältnis zum Fabrikat nur eine ganz nebensächliche Rolle spielt (sog. Zutaten: Lack zum Holz, Nähseide und Knöpfe zum Rock). Jedenfalls muß aber der geschützte Gegenstand nach den Anschauungen des Verkehrs auch nach der Be- oder Verarbeitung noch seine Identität bewahrt haben. Es ist dies insbesondere dann nicht der Fall, wenn er zur Fruchterzeugung verwendet wird; es lebt beispielsweise weder das Viehfutter in dem Schafe, der Milch, dem Dünger, noch der Pflanze oder den Früchten fort (Goldschmidt Handbuch des Handels­ rechts 2. Aufl. I. S. 568, Köhler Handbuch S. 459).

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§ 4* 8. Feilhalten ist das äußerlich erkennbare Bereitstellen eines fciilaitnt. Gegenstandes behufs Veräußerung. Die Absicht braucht nicht gerade auf Verkauf gerichtet zu sein, es genügt, wenn eine andere Art entgeltlicher Veräußerung z. B. Miete bezweckt wird. Die Bereitstellung zur Veräußerung muß gegenüber einem größeren Kreise, nicht bloß einem bestimmten Indi­ viduum gegenüber erfolgen (Schanze in GewRschutz 3, 38). Regelmäßig wird die Bereitstellung zum Verkauf dadurch äußerlich erkennbar, daß der Gegenstand im Schaufenster, im Laden oder in einem anderen Ver­ kaufsraum ausgestellt wird. Indessen kann im einzelnen Falle mit Rücksicht auf den Platz, auf welchem der Gegenstand im Laden usw. steht, oder wegen des Gebrauchszwecks, dem er offensichtlich im Laden usw. dient, es klar sein, daß er nicht zum Verkauf hingestellt worden ist. Umgekehrt kann man auch den Gegenstand, der in der Privatwohnung, in einem Magazin usw. steht, feilhalten, wenn man die Absicht, ihn zu veräußern, durch Ankündigungen, Rundschreiben und dergl. offenbart. In dem Vorführen eines Gegenstandes auf einer Ausstellung oder in einer Interessenten Versammlung liegt ein Feilhalten, sobald die Absicht der Veräußerung erkennbar hervortritt. Der feilgehaltene Gegenstand muß nach vorstehendem bereits her­ gestellt sein: vor der Herstellung gibt es kein Feilhalten (RGSt. 11,241). Die herrschende Ansicht, welche neben dem objektiven Moment — dem äußerlich erkennbaren Bereitstellen zum Verkauf —noch ein subjektives Moment — die Absicht des Verkaufs — verlangt (vgl. RGSt. 4, 274), erscheint nicht zutreffend. Wenn jemand in äußerlich erkennbarer Weise einen Gegenstand zum Verkauf bereithält, so liegt ein Feilhalten auch dann vor, wenn er nachweislich nicht die Absicht der Veräußerung hatte. Auch ein Verfahren kann feilgehalten werden insbesondere dadurch, daß man die Gestattung der Benutzung gegen Entgelt öffentlich ausbietet. Deshalb darf kein Dritter unter Erweckung des Scheins, als stände das Verfahren zu seiner Verfügung, dasselbe zu eigenem Nutzen behufs Lizenz­ erteilung auskneten; vgl. N. 7. Daß unter Umständen im Feilhalten des Apparats ein Feilhalten des Verfahrens liegen kann, darüber siehe eben­ falls N. 7. «auf. 9. Ter Kauf oder anderweite Erwerb der patentierten Gegenstände ist gestattet. Infolgedessen ist einem jeden erlaubt, sich dieselben aus dem Auslande kommen zu lassen; gesetzwidrig handelt aber der ausländische Verkäufer, welcher die Ware hierher sendet 12), sowie sein Agent, welcher den inländischen Konsumenten die Ware anbietet, verkauft oder übergibt. In der Regel wird der Inländer, welcher Sachen aus dem Aus­ lande bezieht, sich selbst darüber unterrichten müssen, ob sie hier geschützt sind; über die Frage, ob er einen Gewährleistungsanspruch gegen den aus­ ländischen Verkäufer hat, vgl. RG. in IW. 00 S. 137, sowie jetzt auch § 434 BGB. Gebrauch. 10. Nach dem Patentgesetz von 1877 stand, abgesehen von dem ge­ schützten Verfahren, der Gebrauchsschutz nur den Betriebsvorrichtungen

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und Arbeitsgeräten, nicht den anderen Gebrauchsmitteln zu (N. 1). Da dieser Unterschied in der Praxis Schwierigkeiten machte, auch innerlich nicht begründet erschien, hat das Gesetz von 1891 ihn fallen lassen und den Ge­ brauchsschutz auf sämtliche Gebrauchsmittel, also z. B. auch auf Kleidungs­ stücke, Uhren, Pfropfenzieher usw. ausgedehnt. Durch die jetzige Fassung ist die frühere Streitfrage, ob jeder Ge­ brauch oder nur der gewerbsmäßige anderen, als dem Patentinhaber, untersagt ist, zugunsten der zweiten Alternattve entschieden worden. In­ folgedessen ist Gebrauch des Gegenstandes oder Verfahrens für das private Bedürfnis, zu häuslichen oder Studienzwecken gestattet. 11. Der Patentberechtigte kann, da seine ausschließliche Befugnis ein veräußerliches Vermögensrecht ist, gewissen Personen die Befugnis zur Nutzung der Erfindung erteilen. Er kann die Erlaubnis der Ausübung auch auf eine oder mehrere der vier Nuhungsarten, welche ihm § 4 ge­ währt, einschränken. Man spricht in einem solchen Falle von Lizenzen, welche der Berechttgte erteilt; vgl. darüber N. 6 ff. zu § 6. 12. Im Patentrecht gilt das Territorialitätsprinzip. Es ist so streng durchgeführt, daß die Wirkungen des Patents stch ausnahmslos (vgl. dagegen § 4 StGB.) nur auf das Deutsche Reich ersttecken, inner­ halb desselben aber alle Personen erfaffen. Demnach darf im Jnlande niemand, auch nicht ein Ausländer, den Gegenstand der Erfindung gewerbs­ mäßig herstellen usw., während andererseits im Auslande jeder, auch ein Deutscher, diese Befugnis hat (RG. 30, 62, im PBl. 92 S. 754, G. 9> 569; RG. im Bl. 1, 1). Will der Patentinhaber seinen Schutz über die Grenzen des Deutschen Reiches ersttecken, so muß er stch seine Erfindung auch in anderen Staaten patentieren lassen. . Die Wirksamkeit des deutschen Patenttechts tritt erst ein, wenn der geschützte Gegenstand in eine örtliche Beziehung zu dem Jnlande tritt. Solange dies nicht der Fall ist, wird das Patent durch Verfügung über den Gegenstand nicht verletzt, auch nicht wenn diese verfügenden Hand­ lungen innerhalb des Deutschen Reichs vorgenommen werden (Köhler Handbuch S. 448). „Der Patentinhaber ist nicht berechtigt, einem Aus­ länder oder Deutschen zu verbieten, über die Herstellung chemischer Produkte, welche mittels eines im Deutschen Reiche patentterten Verfahrens im Aus­ lande gewonnen werden, innerhalb des Deutschen Reichs Verträge abzu­ schließen, wenn diese Verträge den Zweck verfolgen, die so gewonnenen Produtte vom Auslande nach dem Auslande zu vertreiben" (RG. 30, 52, PBl. 92 S. 754, G. 9, 569; RG. 45, 147, im Bl. 6, 167). Über den Begriff des Inlandes vgl. oben S. 26. Die gewerbliche Herstellung im Jnlande ist auch dann untersagt, wenn die Produkte im Auslande verbreitet werden sollen (RGSt. 10, 349; Köhler Handbuch S. 443). Ferner ist es unzulässig, im Jnlande die Her­ stellung zu beginnen, auch wenn sie erst im Auslande vollendet werden soll; deshalb darf man 'bei einer geschützten Gesamtkonsttuktion auch nicht die

§ 4»

Lizenz,

Prinzip,

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einzelnen Elemente im Jnlande Herstellen, wenn man weiß, daß diese Her­ stellung zum Zwecke der Produktion des ganzen erfolgt, oder wenn für die Elemente eine andere Verwendung ausgeschlossen ist (RG. 40, 78, Bl. 3, 229). Die Herstellung von solchen Elementen dagegen, bei denen eine Beziehung zu einer bestimmten Kombination nicht erkennbar ist, z. B. von Kohlen oder Salpetersäure, ist regelmäßig erlaubt, auch wenn sie für eine ausländische Betriebsstätte geschieht, in der die Patentverletzung erfolgt; eine Ausnahme findet nur statt, wenn der inländische Produzent dadurch, daß er ausschließ­ lich für diese Betriebsstätte produziert, seine Produttion zu einem Bestand­ teil der ausländischen Fabrikation macht, oder wenn er an den Erträgnissen der ausländischen Produktion teilnimmt