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German Pages 240 [247] Year 2010
Sarah-Jane Conrad, Silvan Imhof (Hrsg.) P. F. Strawson – Ding und Begriff / Object and Concept
LOGOS Studien zur Logik, Sprachphilosophie und Metaphysik
Herausgegeben von / Edited by Volker Halbach • Alexander Hieke Hannes Leitgeb • Holger Sturm Band 18 / Volume 18
Sarah-Jane Conrad, Silvan Imhof (Hrsg.)
P. F. Strawson – Ding und Begriff / Object and Concept
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2010 ontos verlag P.O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm www.ontosverlag.com ISBN: 978-3-86838-016-3 No part of this book may be reproduced, stored in retrieval systems or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, microfilming, recording or otherwise without written permission from the Publisher, with the exception of any material supplied specifically for the purpose of being entered and executed on a computer system, for exclusive use of the purchaser of the work. Printed on acid-free paper ISO-Norm 970-6 FSC-certified (Forest Stewardship Council) This hardcover binding meets the International Library standard Printed in Germany by buch bücher.de
Für Eva-Carlotta und Andreas Graeser
Inhalt Vorwort
5
Michael Baumgartner Informal Reasoning & Logical Formalization
11
Mark Textor Does Strawson Answer Ramsey’s Challenge?
35
Christoph C. Pfisterer Prädikation und behauptende Kraft
51
Sarah-Jane Conrad Wahrheit und Kommunikation
75
Klaus Petrus Strawson, Austin & Grice
97
Bernd Eickmann Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände
125
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg What Might Be and What Might Have Been
135
Guido Löhrer Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität
163
Silvan Imhof Ontologische Argumente
189
Nadja Biedermann Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
217
Autorinnen und Autoren
239
Vorwort Im Zentrum von Peter F. Strawsons Interesse stehen unser Begriffsschema (conceptual scheme, conceptual framework, conceptual structure) und die Analyse der begrifflichen Zusammenhänge innerhalb dieses Schemas. Strawson ist der Ansicht, dass unser Begriffsschema, die Art und Weise, wie wir die Welt begrifflich erfassen, grundsätzlich in Ordnung ist und keiner Begründung (Legitimation) oder gar Korrektur (Revision) bedarf, sondern nur beschrieben zu werden braucht. Er ist weiter der Meinung, dass die klassischen philosophischen Fragen der Metaphysik, Epistemologie, philosophischen Logik und Sprachphilosophie echte Fragen sind und dass echte Antworten darauf gegeben werden können, wenn das Begriffsschema und die Voraussetzungen seiner Anwendung im Rahmen unseres alltäglichen Sprechens und Denkens analysiert und beschrieben werden. Dabei gibt es für Strawson einen Kern unseres Begriffsschemas, in dem die philosophischen Fragestellungen, seien sie metaphysisch-ontologischer, epistemologischer, logischer oder sprachphilosophischer Natur, verbunden sind. Diesen Kern bilden die allgemeinsten Züge unserer Art und Weise, begrifflich die Welt zu erfassen, d. h. uns auf Dinge zu beziehen und etwas über diese Dinge auszusagen oder von ihnen zu denken. Die Analyse unseres Denkens und Sprechens über Dinge bildet den systematischen Angelpunkt von Strawsons Ansatz. Um diesen Angelpunkt drehen sich auch die hier versammelten Beiträge. Die allem Sprechen und Denken über Dinge zugrunde liegende begriffliche Struktur ist die Verknüpfung von Subjekt und Prädikat, wobei sich diese beiden Elemente durch ihre Funktion unterscheiden: Das Subjekt legt fest, worüber etwas gesagt oder gedacht wird; das Prädikat legt fest, was darüber gesagt oder gedacht wird. Mit dem Subjekt beziehen wir uns auf ein einzelnes Ding; mit dem Prädikat schreiben wir diesem eine allgemeine Eigenschaft zu. Damit rücken die Begriffe der Referenz und der Prädikation ins Zentrum, zugleich aber auch die ontologische Unterscheidung zwischen Einzelnem und Allgemeinem, Ding und Begriff, und die
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Vorwort
Frage, welche epistemischen Fähigkeiten wir mitbringen müssen, wenn wir uns auf Dinge beziehen und diesen etwas zuschreiben. Bereits in Strawsons Kritik an Russells Theorie bestimmter Kennzeichnungen (definite descriptions) werden die Fragen thematisiert, wie wir uns auf Dinge beziehen und welches die primäre logische Form von Urteilen ist, die Form, in welcher wir die Welt begrifflich erfassen. Michael Baumgartner zeigt, dass der Debatte zwischen Strawson und Russell unterschiedliche Auffassungen über die Verwendung bestimmter Kennzeichnungen zugrunde liegen, was zu unterschiedlichen Interpretationen ihrer logischen Form führt. Diese Auseinandersetzung steht exemplarisch dafür, dass die formale Logik nicht im Sinne einer ars iudicandi über die Gültigkeit philosophischer Argumente entscheiden kann. Bei der beschriebenen Ausgangslage hängt für Strawsons Projekt offensichtlich einiges daran, die unterschiedlichen Rollen von Subjekt und Prädikat zu begründen. Vor allem Ramseys Argumente in Universals stellen eine Herausforderung dar: Er führt Gründe dafür an, dass es sich um eine rein grammatische Unterscheidung handelt, für die es keine philosophische Grundlage gibt. Strawson nimmt die Herausforderung an und unternimmt mehrere Anläufe zu einer philosophischen Begründung der Differenz von Subjekt und Prädikat. Mark Textor weist nach, dass die ersten Versuche in Particular and General und in Individuals scheitern. Doch nicht nur die Unterscheidung von Subjekt und Prädikat und ihrer entsprechenden Rollen steht zur Debatte, sondern auch ihre Verknüpfung (basic combination). Wenn im Urteil oder beim Urteilen auf ein einzelnes Ding referiert und diesem etwas Allgemeines zugeschrieben wird, stellt sich die Frage nach dem Zutreffen des Zugeschriebenen bzw. nach der Wahrheit oder wenigstens der Wahrheitswertfähigkeit des Urteils. Für Frege kommt mit der Prädikation bloß die Frage nach der Wahrheit ins Spiel, Strawson meint dagegen, dass das Zutreffen des Prädizierten mit der Verknüpfung von Subjekt und Prädikat auch eo ipso (als wahr) behauptet wird. Christoph C. Pfisterer plädiert dafür, dass einiges für Freges Auffassung spricht. Sehr entschieden vertritt Strawson die These, Wahrheit sei an bestimmte Sprechakte geknüpft, in Meaning and Truth. Sprechakte wiederum sieht er als kommunikative Handlungen, die mit Rückgriff auf Sprecherabsichten analysiert werden. Wahrheit erscheint damit als kommunikativer
Vorwort
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Begriff. Dem hält Sarah-Jane Conrad entgegen, dass Strawsons intentionalistische Theorie der Bedeutung nicht ohne die Begriffe der Referenz und Prädikation auskommt. Und weder diese noch der von ihnen implizierte Wahrheitsbegriff sind ans Kommunizieren gebunden. Aufgrund seiner intentionalistischen Auffassung von Sprache stellt sich Strawson auch gegen Austins konventionalistisches Verständnis des Illokutionären bei Sprechakten. Dieses sei nicht etwa durch Konventionen zu erklären, sondern, auf Grundlage von Grices Analyse des nicht-natürlichen Meinens, durch die kommunikativen Absichten von Sprechern. Diese Kritik, so Klaus Petrus, verfehlt jedoch Austins Sinn der Konventionalität des Illokutionären. Zudem sind illokutionäre Akte im austinschen Sinn nicht als Kommunikationsversuche anzusehen, so dass auch der gricesche Verständigungsmechanismus nichts zu ihrer Explikation beitragen kann. Auch für die Referenz von Eigennamen gibt Strawson eine intentionalistische und damit internalistische Erklärung: Es sind die Überzeugungen von Sprechern, die festlegen, auf welches Ding sich ein Eigenname bezieht. Dagegen wurden von Externalisten wie Kripke Gründe vorgebracht, welche dafür sprechen, dass andere, externe Faktoren bei der Bestimmung des Bezugsgegenstandes ausschlaggebend sind. Bernd Eickmann zeigt, dass diese Kritik Strawsons Modell der Bezugsfestlegung zwar tatsächlich trifft, es deshalb aber nicht aufgegeben werden muss: Es kann durch eine Modifikation im Rahmen des für Strawson Akzeptablen gerettet werden. Vor dem Hintergrund von Strawsons Intentionalismus erscheint es natürlich, dass er nicht nur Aussagen darüber, wie sich die Dinge tatsächlich verhalten oder verhalten haben, in Abhängigkeit von den Überzeugungen und Absichten von Sprechern beschreibt, sondern auch solche darüber, wie sich die Dinge verhalten könnten oder hätten verhalten können. Relevant sind subjektive, epistemische Möglichkeiten. Dieser Vorschlag aus May Bes and Might Have Beens schneidet gemäß Benjamin Schnieder, Moritz Schulz und Alexander Steinberg allerdings nicht gut ab: Bei gegenwärtigen Möglichkeiten – wie es sein könnte – kommt man zwar noch mit einem epistemischen Möglichkeitsbegriff aus, bei Möglichkeiten in der Vergangenheit – wie es hätte sein können – genügt dieser aber nicht mehr. Neben den bisher angesprochenen logischen, sprachphilosophischen und epistemologischen Implikationen der Analyse unseres Denkens und
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Vorwort
Sprechens über Dinge interessieren Strawson nicht zuletzt auch die metaphysischen und ontologischen Folgerungen. In Analysis and Metaphysics führt Strawson aus, wie man zu solchen Folgerungen gelangt: Er schlägt eine Form der Analyse vor, welche auf die Explikation begrifflicher Zusammenhänge (connective analysis) zielt und es erlauben soll, begriffliche Prioritäten und davon ausgehend eine nicht-reduktive ontologische Hierarchie zu bestimmen. Guido Löhrer stellt allerdings fest, dass diese Ausführungen unbefriedigend bleiben. Aufgrund gewisser Ambiguitäten bleibt unklar, in welchem Sinn Strawsons ontologische Thesen zu lesen sind: als Aussagen über die Dinge, auf die wir uns beziehen, oder als Aussagen über unsere Überzeugungen, die wir haben müssen, wenn wir uns auf Dinge beziehen wollen. Silvan Imhof versucht zu zeigen, dass Strawson wenigstens in Individuals und The Bounds of Sense ersteres beabsichtigt und dass dies unter gewissen Bedingungen auch gerechtfertigt werden kann. Dazu zählt, dass man Strawsons Argumente nicht als transzendentale Argumente ansieht. Als solche wurden sie oft kritisiert, weil aus ihnen nicht die erhofften Existenzbeweise zu gewinnen seien, sondern nur Aussagen über ontologische Überzeugungen. Tatsächlich kommt jedoch bei Strawson ein komplexes analytisches Verfahren zur Anwendung, welches zwar nicht zu Existenzbeweisen führt, aber dennoch ontologische Aussagen erlaubt. Zu Strawsons konkreten ontologischen Resultaten gehört, dass – neben raum-zeitlichen Körpern – Personen als grundlegende Einzeldinge einzustufen sind. Damit die Zuschreibung geistiger Eigenschaften möglich ist, müssen Personen auch raum-zeitliche, materielle und nicht nur geistige Dinge sein. Diese These zielt gegen die Auffassung, dass rein geistige Substanzen die Träger geistiger Eigenschaften sind. Nadja Biedermann legt dar, dass Strawsons Argumente gegen diese cartesianische Position richtig sein mögen, dass Descartes selbst aber nicht von der Kritik betroffen ist. Descartes verfolgt ein epistemisches Projekt, bei dem die ontologische Hierarchie und der ontologische Status der Person zweitrangig sind. Der Sammelband entstand im Anschluss an einen Workshop über Strawsons Individuals 2006. Wir danken Andreas Graeser, der den Anstoß zum Buchprojekt gegeben hat, Klaus Petrus für diverse Ratschläge, den Herausgebern der Reihe LOGOS und dem Ontos-Verlag für die Aufnahme in
Vorwort
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ihr Programm, besonders auch Rafael Hüntelmann für seine große Geduld, Monika Betzler, die uns finanzielle Rückendeckung durch die Universität Bern verschaffte, und dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Projekte FN100011-105658 und PP0011-114812). Der Autorin und den Autoren sei gedankt für spannende Diskussionen und dafür, dass sie dabei waren und dabei geblieben sind.
Bern, im September 2010
Sarah-Jane Conrad & Silvan Imhof
Informal Reasoning & Logical Formalization Michael Baumgartner
1.
Introduction
In ever so many philosophical introductions to formal logic the latter is presented as the philosopher’s ars iudicandi, i. e. as the instrument that evaluates the quality of philosophical arguments or, more generally, of informal reasoning.1 Irrespective of its content, an argument is only worthy of consideration if it is valid, i. e. if the truth of its premise(s) necessitates the truth of its conclusion. As the validity of arguments hinges on the latter’s form, validity tests must be conducted by abstracting from the content of the argument. According to a prevalent conception of logic among philosophers, the instrument best suited for that task is formal logic. Philosophical arguments are commonly formulated in natural language. Thus, in order to put logical formalisms to work when it comes to evaluating the validity of philosophical arguments, natural language first must be translated into a suitable formalism. Such translations call for stringent justification.2 Proofs involving the transformation of ordinary language into a formalism are convincing only if they rely on a systematic understanding of the adequacy of the formalizations resorted to. Not any logical formula can be considered an adequate formal representation of a given statement or argument. Standard criteria of adequate formalization, however, indirectly presuppose that the validity of an argument be determined prior to formalizing it. This, in turn, casts doubts on the putative power of logic to reverse informal reasoning, i. e. to expose a seemingly valid argument as invalid after all or vice versa. The constraints imposed by criteria of adequate formalization and, hence, by a precondition of evaluating informal reasoning by means of logical formalisms seriously question the usefulness of formal 1 2
See e. g. Brun (2004: sect. 1.1). See e. g. Massey (1981: 17-18).
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Michael Baumgartner
languages to argument evaluation. Even though the problematic interdependence of criteria regulated logical formalization and formal argument evaluation has been acknowledged repeatedly in the literature, the prevalence of the ars iudicandi conception of logic among philosophers has remained virtually unaffected by this finding. Pre-theoretical intuitions as the one professing that the quality of informal arguments must be somehow assessable by means of logical formalisms seem to be immune to theoretical counterarguments, regardless of the latter’s strength. Therefore, rather than once more criticizing the ars iudicandi conception from a purely theoretical viewpoint, the main part of this paper discusses a famous and very well documented dispute over the validity of a certain sort of arguments, viz. of arguments involving definite descriptions, in order to illustrate – from a practical viewpoint, so to speak – that logical formalisms indeed are of no help when it comes to settling the question whether a given argument is valid or not. A philosopher that has regularly been involved in such validity disputes is P. F. Strawson. His opposition to Russell’s widely accepted analysis of definite descriptions is but one example of a controversy that, in the end, revolves around the question whether pertaining arguments are valid or not.3 Russell and Strawson are at odds over the validity of arguments featuring definite descriptions in at least one of their premises, thus, of arguments as “The present king of France is wise. Therefore, there is a present king of France”. Even though logical formalisms have played a central role in this dispute, it shall be shown that formalizing such arguments contributes nothing whatsoever to settling their controversial validity. Rather than determining whether arguments involving definite descriptions are valid or invalid, Russell and Strawson, upon discussing the proper logical analysis of definite descriptions, merely contrast converse informal validity assessments rendered explicit by nonequivalent formalizations. Before we look at the contentious validity of arguments featuring definite descriptions in section 3, section 2 is first going to introduce the 3
Another example is Strawson’s unconventional claim that universal affirmative predication cannot be formalized within first-order logic, but only by means of Aristotelian syllogisms. For Strawson’s logical analysis of definite descriptions, see Strawson (1950), for his analysis of universal affirmative predication, see Strawson (1952: 173-179).
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two most discussed criteria of adequate formalization in order to, then, briefly rephrase the theoretical reasons indicating the incompatibility of the ars iudicandi conception, on the one hand, and criteria regulated logical formalization, on the other.
2.
Adequate Formalization and Informal Validity
The starting point for systematic investigations into logical formalization traditionally has been the formalization of natural language within classical first-order logic. The literature concerned with criteria of adequate firstorder formalization comprises only a handful of studies.4 In a nutshell, the debate over adequacy criteria for formalizations turns on two core criteria: correctness and completeness. Concisely put, a formula Φ is correctly assigned to a statement A iff whatever formally follows from Φ informally follows from A , and whatever formally implies Φ informally implies A . In contrast, formalizations Φ1 , Φ 2 ,..., Φ n are said to be complete for statements A1 , A2 ,..., An iff every informal dependence among A1 , A2 ,..., An is mirrored by a formal dependence among the corresponding formalizations Φ1 , Φ 2 ,..., Φ n .5 For instance, if A1 informally implies A2 , Φ1 and Φ 2 are complete for A1 and A2 , respectively, iff Φ1 formally implies Φ 2 . Hence, 4
5
E. g. Blau (1977), Epstein (1990) and (1994), Sainsbury (1991/2001), Brun (2004) or Baumgartner & Lampert (2008). – There is another important thread in the literature on logical formalization. Davidson’s theory of meaning, Chomsky’s generative grammar and, most of all, Montague’s universal grammar are the best known approaches to formalization that, rather than settling for mere formalization criteria, implicitly or explicitly subscribe to the ambitious project to define an effective formalization procedure; see e. g. Davidson (1984), Chomsky (1977), Montague (1974). Yet, the project of developing such a procedure that would link natural languages and first-order logic is not even close to a successful completion. Moreover, in view of the ambiguities and contextdependency of natural language the successful completability of this project can be doubted in principle. For more details on this procedure-driven thread in the formalization literature and on the reasons why it still is far from being completed; see Baumgartner & Lampert (2008: sect. 1). Several different variants of completeness can be found in the literature. The one given here corresponds to completeness as defined in Baumgartner & Lampert (2008: sect. 3.1).
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Michael Baumgartner
correctness is defined for single formalizations, completeness, in turn, is relativized to propositional complexes. While any statement is correctly formalized by p along with a suitable realization,6 formalizations can only be considered complete if they represent the inner structure of a formalized text, i. e. if they mirror the informal dependencies among the text’s component statements A1 , A2 ,..., An . The latter motivation is of particular importance when it comes to formally representing the validity of arguments. Famous formalization efforts such as the formalization of Aristotelian syllogisms, Russell’s analysis of definite descriptions or Davidson’s account of action sentences were all motivated by the urge to formally represent the informal validity of arguments. Accordingly, both correctness and completeness are taken to be necessary conditions of adequate formalization in the following.7 Correctness and completeness render the adequacy of formalizations dependent on the same two notions: formal and informal inferential dependencies among formulae and statements, respectively. While formal dependence among formulae is to be understood relative to a given calculus, where that notion normally is straightforwardly defined in terms of formal implication, two statements are said to be informally dependent if one of the statements or its negation is judged to necessitate the truth or falsity of the other statement or its negation without compulsory recourse to any criterion of this necessitation. Similarly, we often use expressions correctly without being able to define them or justify their application. Hence, while p ∧ q and p are formally dependent, “Cameron is a mother” 6
7
A realization is an assignment of expressions of natural language to the categorematic parts of a formula. The categorematic expressions contained in a formula are its propositional variables, proper names and predicate letters; see Epstein (1994: 13). Even though common formalization practice often calls for complete formalizations, completeness is sometimes denied the status of a necessary condition of adequate formalization because the most prevalent versions of completeness cannot be applied in a finite number of steps to concrete formalizations. However, as the variant of completeness developed in Baumgartner & Lampert (2008) and resorted to in this paper is unproblematically applicable to formalization candidates, adequate formalizations can readily be required to be complete in the context at hand.
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and “Cameron is a woman” are informally dependent, as the truth of the former statement necessitates the truth of the latter. Analogously, arguments are said to be informally valid if the truth of their premises necessitates the truth of their conclusions, whereas corresponding inference schemes are said to be formally valid.8 Spelling out correctness and completeness in terms of informal and formal dependencies yields two syntactical criteria of adequate formalization. Correctness and completeness can equivalently be defined semantically: A formalizationon Φ of a statement A is correct and complete iff the verbalization of every model of Φ expresses a truth condition of A and the verbalization of every counter-model of Φ stands for a falsehood condition of A .9 To illustrate, consider the following simple example: (a)
Swiss like cheese. ∀x ( Fx → Gx ) F : ...is Swiss; G: ...likes cheese
(1) (2)
Every interpretation of (1) such that the extension assigned to F is a subset of the extension assigned to G is a model of (1), all other interpretations are counter-models. By means of the realization (2) the models and counter-models of (1) can be verbalized, i. e. translated back into natural language. If such a verbalization describes a situation or constellation in which (a) is true, that verbalization expresses a truth condition of (a), otherwise a falsehood condition. All in all, thus, a correct and complete formalization shares its truth and falsehood conditions with the statement it formally represents. That means clarity on formal and informal dependencies or truth and falsehood conditions of natural language texts is a precondition of adequately formalizing these texts. Logical formalisms represent truth conditions of statements in a syntactically transparent way. Such as to decide which formula adequately captures a colloquial statement, the latter’s truth conditions must be informally determinable. Put trivially, natural language texts must be understood before they can be formalized – logical formalization cannot clarify what is informally indeterminate. 8 9
See e. g. Brun (2004: sect. 1.3). See Baumgartner & Lampert (2008: sect. 3.1).
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Formalizing natural language texts, in turn, is a precondition of putting logical formalisms to work in the course of argument evaluation. The fact that the two central conditions of adequate formalization presuppose informal clarity about formalized texts, thus, is very consequential for the widespread ars iudicandi conception of logic, i. e. the view that takes logic to be the philosopher’s primary tool to determine the validity of arguments. For informally assessing the truth conditions of arguments prior to adequately formalizing them amounts to informally judging whether they are valid or not. Yet, if informal validity judgements are a precondition of adequately formalizing pertaining arguments, these judgements cannot be revised by logical formalisms. If an informally valid (invalid) argument is captured by a formally invalid (valid) inference scheme, it is not the informal validity (invalidity) of the argument that is rendered doubtful, but the adequacy of the corresponding formalization. Hence, on the one hand, if logical formalisms are resorted to in order to answer the question whether a given argument is valid or not, the adequacy of the involved formalizations is in need of stringent justification. On the other hand, such justification presupposes clarity about the validity of the respective argumentative context. This is a paradoxical finding that strongly conflicts with standard intuitions as to the ars iudicandi conception of logic. In Adequate Formalization we conclude from this justification paradox that formalizations cannot be said to serve the validation of informal reasoning.10 Rather, formalizations transparently represent, i. e. explicate, the validity or invalidity of arguments.11 A formalization of an argument replaces an ambiguous and mistakable expression by an unambiguous and unmistakable formula that transparently represents the formal structure on which the argument is based. Accordingly, we argue that logic should not be seen as an ars iudicandi, but as an ars explicandi.
10 11
See Baumgartner & Lampert (2008). Note that the term “explication” is here not used in Carnap’s sense; see Carnap (1971: §§ 2-3). While for Carnap explicandum and explicans may differ in meaning or truth conditions, respectively, a logical or formal explicans is required to coincide with its informal explicandum with regard to truth conditions. In virtue of its syntax alone the formalization explicates the informally assessed truth conditions of the formalized text.
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Even though there is no disagreement over the fact that standard criteria of adequate formalization presuppose informal validity judgements, it is not normally conceded that logic consequently cannot serve the identification of valid arguments. Ordinarily, such as to maintain the ars iudicandi conception and evade the justification paradox, the relationship between natural and formal languages is conceived in terms of a so-called (wide) reflective equilibrium, which notion derives from Rawls and has been introduced into the context at hand by Goodman: I have said that deductive inferences are justified by their conformity to valid general rules, and that general rules are justified by their conformity to valid inferences. But this circle is a virtuous one. The point is that rules and particular inferences alike are justified by being brought into agreement with each other. A rule is amended if it yields an inference we are unwilling to accept; an inference is rejected if it violates a rule we are unwilling to amend. The process of justification is the delicate one of making mutual adjustments between rules and accepted inferences; and in the agreement achieved lies the only justification needed for either.12
According to this conception, informal validity is the gauge that measures the quality of formal definitions of what valid derivations are and formal validity systemizes and regulates its informal counterpart. Formal validity analyzes and theoretically represents informal reasoning, while informal (in)validity assessments may be reversed for reasons of systematics, conceptual simplicity, or incompatibility with accepted background theories. Logical formalization and its reversal – verbalization, i. e. the transformation of formulae into statements – are localized at the core of this equilibrium as they mediate between the implementation of informal and formal validity. Accounting for the interplay between informal and formal dependencies by drawing on such equilibrium considerations has been criticized on many grounds. Thagard and Siegel argue that, contrary to Goodman’s claim, the interdependence between informal and formal dependencies is 12
Goodman (1983: 64). See e. g. Hoyningen-Huene (1998: 155 ff.) or Brun (2004: 76 ff.); for the original context, in which the notion of a reflective equilibrium has arisen, see Rawls (1980: 20). In the introduction to Philosophical Logic (1967) Strawson also sympathizes with such equilibrium considerations.
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not virtuous but vicious.13 If the interplay between informal and formal reasoning indeed is to be modelled in terms of a reflective equilibrium neither pole of that equilibrium is in any way justifiable. In Adequate Formalization we contend that, if informal reasoning really always risked to be revised by formal constraints, the standard criteria of adequate formalization would be deprived of their status as necessary conditions for that adequacy, for they presuppose informal validity judgements.14 Thus, as an immediate consequence of a methodology of formalization embedded in equilibrium considerations, criteria of adequate formalization become mere rules of thumb that are sometimes resorted to upon formalizing natural language and sometimes neglected. A forteriori, without strict criteria of adequate formalization logical formalisms cannot reliably be applied as instruments to identify valid arguments. In case of contradicting informal and formal validity assessments, it would be completely undetermined which assessment to abandon. The attempt to ground the ars iudicandi conception of logic in equilibrium considerations does not lead the way out of the justification paradox. The justification paradox can only be avoided if one of its horns is taken for granted, i. e. if either informal or formal reasoning is exempt from the requirement of being justified by its respective counterpart. The constraints imposed by the problem of translating a natural into a formal language clearly suggest which horn that should be: informal reasoning. The formalization of natural language arguments essentially presupposes informal assessments of the truth conditions of the component statements of a formalized argument. Whenever internal dependencies among the statements in a text or the truth conditions of these statements cannot be ascertained informally, there is no criterion that would determine the adequacy of a respective formalization. Moreover, whenever there is a conflict between informal considerations and corresponding formalizations there do not exist two feasible sources of error – defectiveness of the informal judgement or inadequacy of the formalization –, but only one: In case of conflict it is always the formalization that is in need of revision.
13 14
See Thagard (1982) and Siegel (1992). See Baumgartner & Lampert (2008).
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To somebody professing the traditional ars iudicandi conception of logic this consequence must seem highly counterintuitive. Indeed it seems odd to concede that no argument can ever be identified as a fallacy by means of formal logic and that what is ordinarily called a “fallacy” is not mistaken informal reasoning, but rather a misunderstanding of informal arguments expressed by inadequate formalizations. Apparently, intuitions to the unacceptability of such consequences tend to be immune to theoretical objections, notwithstanding the strength of these objections. Therefore, that informal reasoning, in fact, cannot be proven to be wrong or right by way of formalizing pertaining arguments shall, in what follows, be illustrated by a famous exemplary dispute over the validity of arguments taken from the literature.
3.
Arguments Involving Definite Descriptions
3.1
Diverging Analyses
A prominent controversy that essentially centers on the question whether arguments of a certain sort are valid or not has originated from P. F. Strawson’s unorthodox logical analysis of definite descriptions. There are at least two reasons as to why the validity disputes provoked by Strawson’s account of definite descriptions are illustrative when it comes to casting doubts on a logical formalism’s power to reverse informal validity judgements: First, Strawson explicitly subscribes to common criteria of logical formalization to the effect that the reason why this controversy has evolved in the first place cannot be seen in diverging accounts of logical formalization;15 second, Strawson distinctly deviates from ordinary validity assessments and authors defending the latter do not succeed in backing their standards in ways that would not be question-begging. In On Referring Strawson vehemently opposes Russell’s widely accepted logical analysis of definite descriptions, which, as a direct consequence of Strawson’s criticism, is then no less vehemently defended by Russell.16 While, according to Russell, statements involving definite de15 16
See e. g. Strawson (1952: 55-56, 148). See Russell (1957). For details on Russell’s Theory of Descriptions, see e. g. Russell (1905).
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scriptions are to be formalized in terms of existentially quantified formulae that do no feature referring expressions, Strawson analyzes definite descriptions as referring expressions and, thus, statements containing definite descriptions as subject-predicate statements. The dispute revolves around the validity of arguments as the following notorious exemplar: (b)
The present king of France is wise. Therefore, there is a present king of France.
As is well known, Russell analyzes the premise of (b) in terms of “There is exactly one present king of France which is wise”, or formally: ∃x( Fx ∧ ∀y ( Fy → y = x) ∧ Gx) F : ...is a present king of France; G: ...is wise
(3) (4)
As the conclusion of (b) is uncontroversially adequately formalized by ∃xFx , Russell takes (b) to be a valid argument that can be formally captured in first-order logic by the following formal implication which, again, is to be understood relative to realization (4):17 ∃x( Fx ∧ ∀y ( Fy → y = x) ∧ Gx ) → ∃xFx
(5)
Prima facie, this seems to be a fairly cogent implementation of the firstorder formalism in order to formally prove the validity of (b): First, both premise and conclusion are formalized and, second, the formula assigned to the premise and the formula assigned to the conclusion are concatenated by means of a subjunctor which yields a formal implication and, therefore, can be claimed to prove the informal validity of (b). Yet, a closer look reveals that (5), rather than proving the validity of (b), presupposes that validity. For (5) can only be revealing with respect to formal properties of (b), if (5) is an adequate first-order representation of (b). Such adequacy is in need of justification. A formal implication as (5) can only be considered adequate for an argument as (b) if (5) is correct for (b). As (5) is tautologous, every well-formed first-order expression formally implies (5). Hence, in order for (5) to be correct for (b) every (atomic or complex) 17
For brevity, I shall only be concerned with formalizations within first-order object language and, thus, ignore formalization candidates involving operators as “ A ” or “∴” that belong to metalanguage.
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statement must informally imply (b), which, obviously, is only the case if (b) is tautologous, hence, informally valid. In short, (5) is adequate for (b) only if (b) is informally valid. That a Russellian analysis of (b) presupposes rather than proves the validity of that argument can also be seen if we contrast it with Strawson’s analysis. According to Strawson, the premise of (b) is an ordinary subjectpredicate statement predicating of the present king of France that he is wise – “The present king of France” being a singular term referring to the present king of France. He thus formalizes (b)’s premise by Ga where a refers to the present king of France and G stands for “…is wise”. As Strawson agrees with Russell that the conclusion of (b) is adequately formally captured by an existential statement ∃xFx , the formula adequately representing (b) in first-order logic, according to Strawson, is the following material implication: Ga → ∃xFx F : ...is a present king of France; G: ...is wise; a: the present king of France
(6) (7)
As in case of Russell’s analysis, at first sight, it might be thought that the non-tautologous nature of (6) formally proves the invalidity of (b). As in Russell’s case, however, (6), rather than proving the informal invalidity of (b), presupposes it, for Ga and ∃xFx are complete formalizations of (b) only if (b) is informally assessed to be an invalid argument. If “The present king of France is wise” and “There exists a present king of France” were informally judged to be dependent, that dependence would have to be mirrored by a complete formalization. In the following passage from On Referring Strawson indeed explicitly presupposes that (b) is informally invalid: We might put it as follows. To say, “The king of France is wise” is, in some sense of “imply”, to imply that there is a king of France. But this is a very special and odd sense of “imply”. “Implies” in this sense is certainly not equivalent to “entails” (or “logically implies”). And this comes out from the fact that when, in response to his statement, we say (as we should) “There is no king of France”, we should certainly not say we were contradicting the statement that the king of France is wise. We are certainly not saying that it’s false. We are,
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Michael Baumgartner rather, giving a reason for saying that the question of whether it’s true or false simply doesn’t arise.18
If the conclusion of (b) is false, its antecedent, according to Strawson, does not express a proposition whatsoever – it does not constitute a well-formed statement.19 The utterance or sign sequence “The present king of France is wise”, presupposes – but does not imply – that there actually exists a referent of the definite description. As is well known, Strawson’s notion of a presupposition has given rise to many questions and, accordingly, has provoked manifold reactions.20 The intricate details of that notion, however, are of no importance to the context at hand. For our purposes, Strawson’s notion of a presupposition can simply be seen as a relation between utterances or grammatically well-formed sign sequences, on the one hand, and propositions, on the other: A sequence S presupposes a proposition A iff, S expresses a proposition iff A is true.21 The informal judgement that the sequence constituting (b)’s premise in this sense presupposes the truth of (b)’s conclusion is perfectly captured by formalizing (b) in terms of (6). Formal semantics of first-order logic requires that names as a be assigned exactly one object in the domain. If that is not the case, the sign sequence Ga cannot be considered an expression of first-order logic. In that case, (6) would not be a first-order expression either. As (b) is an informally invalid argument whose premise presupposes that there is a king of France, it can be completely formalized by (6). All in all, Russell and Strawson apply the same standards of adequate formalization. Nonetheless, they arrive at totally different formalizations of 18 19
20 21
Strawson (1950: 330). Strictly speaking, in the quoted passage Strawson says that if there is no present king of France, the antecedent of (b) still constitutes a statement (or a proposition), but one that lacks a truth value. However, apart from violating the law of excluded middle (Russell, 1905: 485), such an account “conflicts with Strawson’s view that descriptions are devices used for referring. Strawson’s position, then, is that no proposition is expressed.” (Neale, 1990: 26). Strawson clarifies this in Strawson (1974/2004: 50-54). See e. g. Sellars (1954) and Strawson (1954). Note that in the paper at hand presupposition is used in this specific sense only in the context of Strawson quotes. Everywhere else throughout this text presupposition is non-technically used to indicate that something is taken for granted.
Informal Reasoning & Logical Formalization
23
an elementary and seemingly self-explanatory argument as (b). The two authors so strikingly diverge with respect to logically analyzing (b) because they disagree on the informal validity of (b) prior to formalizing that argument. More specifically, they are at odds as to the informal truth conditions of (b)’s premise. Or put differently, the sign sequence constituting (b)’s premise does not express the same proposition for Russell and Strawson. By formalizing (b) both authors, rather than evaluating the validity of (b), render their particular understandings of (b)’s premise formally transparent, i. e. they explicate their readings of (b)’s premise. 3.2
The Debate
Clearly though, Russell and Strawson do not perceive themselves as merely explicating different readings of “The present king of France is wise”. If explication were all there was to the matter, there would be no reason for dispute. Rather, they maintain to be discussing whether definite descriptions de facto are referring expressions or not. In case of arguments that amounts to the question whether arguments of type (b) de facto are valid or not. The previous section has shown that standard criteria of adequate formalization as correctness and completeness are of no avail when it comes to determining the informal validity of arguments. Indeed, relative to two different informal validity assessments the question as to which of two non-equivalent formalizations is correct and complete does not even arise in the first place. After having triggered the debate in On Referring, Strawson recognizes the lack of a conclusive argument that would decide between his own and Russell’s position in Identifying Reference and Truth-Values.22 In sharp contrast, Russell remains very irritated by Strawson’s reluctance to
22
See Strawson (1964). – In Direct Singular Reference: Intended Reference and Actual Reference (1986) Strawson even concedes that Russell’s analysis of definite descriptions may sometimes be considered adequate. However, as he does not offer any reasons for this change of opinion and as the paper at hand is not primarily concerned with reproducing all the different stances Strawson has ever taken towards definite descriptions, this concession is not discussed further here.
24
Michael Baumgartner
accept his analysis of definite descriptions.23 Apart from his repeated insistence that (b)’s premise is “plainly” and “certainly” false,24 if there is no present king of France, Russell – more or less explicitly – offers three main reasons as to why his analysis is the proper one. In what follows, I discuss these reasons in ascending order of relevance.25 (I) Russell develops the Theory of Descriptions by implicitly endorsing what we may call a principle of informal equivalence: If there exists a statement B not comprising a definite description such that B is informally equivalent to a statement A which features a definite description d and B has a well-defined truth value irrespective of whether there exists an object conforming to d or not, then A must have the same truth value as B whenever there is no object d. Against the background of this principle he argues that, since “The present king of France is wise” is informally equivalent to “There is exactly one present king of France which is wise” and the latter is false if there is no present king of France, the former must be false too. In a similar vein, it might be held that “The present king of France is wise” is informally equivalent to “France presently has exactly one wise king” which, again, is false if France has no king. It is evident that the principle of informal equivalence in no way supports Russell’s claim that (b) is informally valid. Rather than supporting that claim, it presupposes it. Formally proving the validity of (b) presupposes a positive answer to the question whether (5) is an adequate formalization of (b) which, in turn, presupposes clarity on whether “The present king of France is wise” really is informally equivalent to “There is exactly one present king of France which is wise” or to “France presently has exactly one wise king”. Therefore, in order to counter (I), Strawson does not have to reject the principle of informal equivalence, which indeed seems very persuasive. Instead,
23 24 25
E. g. in Russell (1957). See Russell (1905: 484 and 490). See Russell (1905). – In (1957) Russell actually even offers a fourth reason. He blaims Strawson for not respecting the law of the excluded middle. Indeed, as indicated in footnote 19 above, Strawson’s analysis of definite descriptions, at times, seems to violate that law. However, in accordance with Neale (1990), I have spelled out Strawson’s position in a way that is not affected by this criticism. Hence, I do not further discuss this issue here.
Informal Reasoning & Logical Formalization
25
Strawson simply denies the informal equivalencies professed by Russell.26 Thus, the debate is back to a mere confrontation of different readings of “The present king of France is wise”. (II) Russell argues that negative existential statements involving definite descriptions are undoubtedly true if there does not exist an object corresponding to the description. He illustrates this with the following example: Assume objects a and b do not differ in any respect. Then the statement “The difference between a and b does not exist” is clearly true.27 That means the non-existence of an object corresponding to a definite description does not generally prohibit sign sequences comprising definite descriptions from expressing a (true or false) proposition. Accordingly, so the argument continues, the falsehood of the conclusion of (b) does not suspend the propositional status of (b)’s premise either. Strawson, however, does not claim that all sign sequences consisting of a definite article followed by a noun phrase in effect amount to definite descriptions. Such sign sequences, according to Strawson, often are parts of predicates and not of referring expressions, as for instance in “The exhibition was visited by the present king of France”. Strawson takes this statement to be false if there is no king of France.28 It is the whole argumentative context in which a statement appears that determines its logical analysis, not its grammatical surface.29 Moreover, in Introduction to Logical Theory, Strawson explicitly denies statements as “The difference between a and b does not exist” the status of subject-predicate statements.30 Therefore, even though Strawson does not explicitly address Russell’s exemplary statement, he would certainly join Russell in holding that this statement is true and, consequently, spell it out somehow along the lines of “There is no difference between a and b”. And relative to such an informal assessment of truth conditions “The difference between a and b” indeed, as Russell claims, is no referring expression. Yet, this finding has no bearing whatsoever on the logical analysis of (b). 26 27
28 29 30
See Strawson (1964: 86-87). See Russell (1905: 485). – Many different examples of the same sort can be found in Russell (1918: 212-221). See Strawson (1964: 89-90). See Strawson (1964: 92). See Strawson (1952: 191).
26
Michael Baumgartner
(III) Finally and most importantly, both in On Referring and in Mr. Strawson on Referring Russell takes one of the most noteworthy qualities of his analysis of argument (b) to be its universality. He maintains that definite descriptions must be formalized analogously whenever and wherever they occur in a statement. According to his Theory of Descriptions, every occurrence of a definite description indeed is to be analogously formalized, viz. in terms of a uniquely existential expression. Thus, Russell’s account satisfies the universality requirement, whereas Strawson’s account, as we have seen above, appears not to be universal in this sense. Strawson might try to straight-out reject this objection by claiming that he, just as well, treats all definite descriptions alike, viz. in terms of referring expressions. The fact that e. g. “The difference between a and b does not exist” can be said to be true does not show that “the difference between a and b” is a definite description that is not to be treated as referring expression, rather, it shows that “the difference between a and b” is no definite description in the context under consideration. However, Russell’s universality claim is not to be understood such that all logically identified definite descriptions are to be formalized alike. Rather, Russell has a grammatical notion of a definite description in mind: Expressions composed of the definite article “the” and a noun phrase in singular form are to be formalized alike.31 In fact, Strawson explicitly denies that singular noun phrases preceded by “the” can all be formalized alike. Does that tip the scales against Strawson’s referential treatment of definite descriptions or, more particularly, against his ascription of a nontautologous formula to argument (b)? Is (b) a valid argument because formalizing it in terms of a formal implication allows for a more general treatment of expressions composed of “the” and singular noun phrases? I doubt that a positive answer to this question would be very compelling. Indeed, the so-called misleading form thesis is a generally accepted doctrine in the literature on formalization stating that the grammatical form of an expression or statement is misleading as to its logical form.32 The syntax of 31 32
See Russell (1905), similarly Russell (1918: 213). See e. g. Brun (2004: ch. 7.1). – Even though Strawson (1952: 50-53) subscribes to the misleading form thesis , a lot of his later work is (mis)guided by the idea that, contrary to the misleading form thesis, there is a tight connection
Informal Reasoning & Logical Formalization
27
natural language is ambiguous to the extent that logical forms of statements and arguments cannot be identified based on syntactic or grammatical criteria. The literature abounds with examples that illustrate such ambiguities.33 For instance, contrast the “The present king of France is wise” with “The whale is a mammal”:34 Both statements have the same grammatical form – “the” followed by a singular noun phrase, or subject term, followed by a predicate – yet only the first statement features a definite description, “The whale is a mammal” normally being formalized in terms of a universally quantified conditional. Russell might try to defend his claim as to the universality of the Theory of Descriptions by denying that “the whale” is a denoting expression in the second statement and, in consequence, no definite description. However, such a manoeuvre would presume that the notion of a definite description would no longer be spelled out in purely grammatical terms, which, in turn, would render Strawson’s account no less universal in regard to analyzing definite descriptions. That means formalization practice provides no rationale for Russell’s universality requirement. Expressions composed of “the” and singular noun phrases simply cannot all be formalized alike. Russell might concede that there is no rationale for generally requiring grammatically similar expressions to be formalized analogously. Still, he could insist that the Theory of Descriptions is more general with respect to the formalization of expressions composed of “the” and singular noun phrases than Strawson’s account. Thus, Russell could impose the following maxim of analogy on adequate formalizations: Whenever possible, if Φ is an adequate formalization of a statement A and A is of the same grammatical type as a statement B, then Φ is also an adequate formalization of B. Put differently, of two different formalization strategies for expressions of a grammatical type t that strategy is preferable which allows for a more unified formalization of expressions of type t. Clearly, such a maxim involves a lot of vagueness. By what scale is the unification of formalizations to be measured or what criteria decide on grammatical typing? Nonetheless, maxims along these lines can be found in many studies on logical
33 34
between grammatical and logical forms after all; see e. g. Strawson (1974/2004). See Sainsbury (1991/2001: 339-340). See Brun (2004: 276).
28
Michael Baumgartner
formalization.35 Hence, can the dispute over the validity of arguments as (b) be settled if adequate formalizations are not only required to be correct and complete but, moreover, to comply with the maxim of analogy? As a matter of fact, Strawson repeatedly – explicitly and implicitly – subscribes to a maxim of analogy as well.36 While Russell succeeds in backing up his analysis by means of the maxim of analogy provided that expressions composed of “the” and singular noun phrases are taken to constitute a grammatical type that calls for a maximally unified formalization, the maxim can be used in favor of Strawson’s analysis given that subjectpredicate statements are seen as a grammatical type requiring a maximally unified formalization. The characteristic grammatical feature of “the present king of France” in (b)’s premise, for Strawson, is not the definite article followed by a singular noun phrase, but the fact that it constitutes the subject phrase in “The present king of France is wise”. The latter, according to Strawson, is a subject-predicate statement, i. e. a well-formed juxtaposition of a subject and a predicate phrase.37 Now, subject-predicate statements are normally formalized by means of singular terms and predicates, the paradigmatic example being Fa. Therefore, the maxim of analogy demands that (b)’s premise be formalized in that manner as well, which favors formalization (6). While in On Referring,38 Russell agrees that Fa ordinarily is the adequate formal representation of subject-predicate statements, he later declares the prevalent eliminability of proper names: Common words, even proper names, are usually really descriptions. That is to say, the thought in the mind of a person using a proper name correctly can generally only be expressed explicitly if we replace the proper name by a description.39 35 36 37
38 39
See e. g. Brun (2004: ch. 12.4.1). See Strawson (1952: 183-184, 206, 209) or (1964: 83, 88). In several texts, Strawson takes great pains to spell out the notion of a subjectpredicate statement in purely grammatical terms; see Strawson (1959: part II) or (1974/2001). However, the misleading form of natural language prohibits an entirely grammatical notion not only of a definite description, but also of a subject-predicate statement. See Russell (1905: 488). Russell (1911: 152).
Informal Reasoning & Logical Formalization
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As is well known, Quine radicalized and generalized this idea by professing the general eliminability of singular terms: We no longer labor under the delusion that the meaningfulness of a statement containing a singular term presupposes an entity named by the term. A singular term need not name to be significant.40
Hence, in light of the Russell-Quine elimination of proper names, it might be argued that a Russellian analysis of (b) exceeds Strawson’s account with respect to generality or unification as it not only covers arguments involving definite descriptions, but even arguments featuring proper names. In other words, it could be claimed that Russell’s analysis is preferable because formalizing (b) in terms of (5) endorses a formalization strategy that allows for an elimination of proper names or singular terms in general and, hence, for a unified formalization of subject-predicate statements and uniquely existential statements. Prima facie, it certainly seems odd to hold that a specific argument is valid because formalizing it in terms of a formal implication yields a most unified formalization practice. The validity of a particular argument appears to be independent of the formalization of other statements. Nonetheless, such an argumentative backing of Russell’s analysis could be claimed to be an illustrative exemplification of the wide reflective equilibrium allegedly regulating the interplay between natural and formal languages.41 In order to determine whether Russell’s account can really be backed by such equilibrium considerations, it first must be clarified what exactly the claim as to the eliminability of proper names amounts to. Russell’s and Quine’s eliminability claim does not involve a logical notion of a proper name, i. e. they do not hold that expressions that must be assigned exactly one object of reference are eliminable from natural language. According to Quine, such existential presuppositions are not represented by “modern formal logic”: A substantial offshoot of Mr. Strawson’s reflexions on truth-value gaps is a theory […] in which a distinction is made between the referential and the predicative role of a singular term. This distinction, little heeded in logical literature, is important for an appreciation of ordinary language; and, as Mr. Strawson well 40 41
Quine (1948: 8-9). See sect. 2 above.
30
Michael Baumgartner brings out, it reveals a marked failure on the part of Russell’s theory of descriptions to correspond to the ordinary use of ‘the’. Normally, if the role of a singular term in a given statement is referential, the question of the truth of the statement does not arise in case the purported object of the term is found not to exist. Since modern formal logic closes all such truth-value gaps, it is not to be wondered that there is nothing in modern logic to correspond to the referential role, in Mr. Strawson’s sense, of terms.42
That means the eliminability claim involves a grammatical or linguistic notion of a proper name according to which proper names are those expressions constituting the subject matter of onomatology. The eliminability claim says that onomatologically identified proper names are no logical proper names, i. e. expressions that must be assigned exactly one object in the domain of quantification. Rather, onomatologically identified proper names are (parts of) uniquely existential expressions. Is a thus understood eliminability of proper names sufficient grounds on which to prefer Russell’s analysis of (b) for its more unified formalization approach embedded in equilibrium considerations and, hence, to profess the informal validity of (b)? Strawson is far from being impressed by the eliminability of proper names within a Russell-Quine framework. On the contrary, he takes this to be an absurd consequence of Russell’s analysis of statements as (b).43 To Strawson “singular predication lies at the core of logic”44. Subjectpredicate statements constitute the fundamental type of statements. How is it that Strawson, on the one hand, accepts the maxim of analogy, yet, on the other, fails to recognize the superior generality of Russell’s formalization of (b)? The answer is at hand: Strawson takes his analysis to be more general than Russell’s. Definite descriptions, according to Strawson, are referential expressions that presuppose the existence of the object referred to. This characteristic allows for treating them on a par with proper names or singular terms. Thus, even though Strawson never explicitly subscribed to that claim himself, his account could be interpreted to foster the elimination of definite descriptions: Expressions composed of “the” and singular
42 43 44
Quine (1953: 439). See e. g. Strawson (1952: 189-190) or (1974/2001: 40). Strawson (1952: vii).
Informal Reasoning & Logical Formalization
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noun phrases are never to be formalized in terms of uniquely existential formulae. In light of this finding the question now becomes: What are the better candidates for being eliminated in the name of a maximally unified and general account of logical formalization? Quine would opt for singular terms because their elimination yields logical formulae that do not presuppose the existence of particular objects or, in his words, that are free from truth-value gaps. Strawson would opt for definite descriptions because expressions involving definite descriptions in effect presuppose the existence of corresponding objects. They can thus not be adequately formalized by uniquely existential formulae. At this point, we can easily tell that we are back where we started from: the question whether the premise of (b) presupposes the existence of the present king of France or whether it entails that existence – hence, back to the question whether (b) is informally valid or not. The whole debate over the proper logical analysis of definite descriptions rests on different informal validity assessments with respect to arguments as (b). Without such different validity assessments there would be no controversy in the first place. The arguments pushing the debate forward all center on and presume these validity assessments. The debate does not shed any light on whether arguments as (b), in fact, are valid or not and whether definite descriptions, in fact, are uniquely existential expressions or singular terms. All in all, logical formalisms and logical analyses are of no avail when it comes to settling the validity of arguments involving definite descriptions. (5) and (6), rather than proving the validity or invalidity of (b), explicate different readings of (b).
4.
Conclusion
At the heart of the Russell-Strawson debate concerning the proper logical analysis of definite descriptions lies the question whether arguments as (b) are valid or not. The discipline ordinarily considered authoritative for evaluating the validity of arguments is formal logic. However, we have seen that adequately formalizing an argument A presupposes a determinate validity judgement with respect to A . That judgement cannot be revised by any formal validity or invalidity proof, because all such proofs presume the
32
Michael Baumgartner
adequacy of employed formalizations. Consequently, Russell’s tautologous and Strawson’s non-tautologous formalization of the argument “The present king of France is wise. Therefore, there is a present king of France” turn out to be formal explications of Russell’s and Strawson’s informal validity assessments prior to formalizing that argument. Friends of the ars iudicandi conception of logic might concede that formal logic indeed is not serviceable to answer the question whether arguments of type (b) are valid or not. Nonetheless, it could be insisted that formal logic may well be resorted to in order to evaluate the validity of ever so many other types of arguments. After all, it might be claimed, purported instances of modus ponens can be shown to be valid by formal means. Take the following example: “All of John’s children are asleep. Shamus is one of John’s children. Therefore, Shamus is asleep”. While the second premise and the conclusion are subject-predicate statements, the first premise is ordinarily said to be of universally quantified conditional form. The concatenation of the three statements by a subjunctor then yields a formal implication which can be claimed to prove the validity of that argument. Yet, as indicated in the introduction, Strawson would even reject this line of reasoning, as he takes the first premise of this alleged instance of modus ponens to presuppose that John actually has children which is not adequately formally captured by a universally quantified conditional.45 The argument under consideration, for Strawson, thus is not an instance of modus ponens after all. Irrespective of whether one finds Strawson’s grounds on which he takes specific cases of universal affirmative predication to presuppose that the extensions of certain predicates are non-empty convincing or not, this paper should have made it clear that the reason why the controversial validity of arguments of type (b) cannot be settled by formal means in no way hinges on the particularities of arguments involving definite descriptions. Logical formalisms can only be put to work to identify valid arguments if pertaining formalizations have been firmly justified and such justifications are only to be had if the validity of pertaining arguments has been determined prior to formalizing them. The justification paradox does not only
45
See Strawson (1952: 173-179).
Informal Reasoning & Logical Formalization
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affect arguments featuring definite descriptions. It lies at the core of the whole problematic interplay between formal and natural languages.∗
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This paper is greatly indebted to Timm Lampert in collaboration with whom the theory of formalization resorted to here has been developed. Moreover, I thank the editors of this volume for helpful comments on an earlier draft and the Swiss National Science Foundation for generous support of this work (grant # PP001-114812/1).
34
Michael Baumgartner
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Does Strawson Answer Ramsey’s Challenge? Mark Textor
1.
What is Ramsey’s Challenge?
Philosophers from Aristotle onwards have assumed that there is an absolute distinction between particulars and universals. The following quote from Armstrong contains the received doctrine and provides an initial understanding of the particular/universal distinction: Primary substance is that of which things are predicated, but is not itself predicated of anything. Properties are properties of individuals. Relations are relations holding between individuals. But individuals are not individuals of their properties. Nor do individuals hold between the relations which relate them. So, at any rate, ordinary discourse assures us. It seems reasonable to take this asymmetry recognised by discourse as marking a rather fundamental asymmetry.1
Authors like Russell and Frege connected the particular/universal distinction to a distinction between expressions of different types: (PU1) Singular terms are subject terms and stand for particulars, incomplete predicates are never subject terms and “introduce” universals. (PU2) Every atomic sentence is composed of a singular term and a predicate, combined in the right way. If true, the sentence states a fact consisting of the particular referred to by the singular term and the universal introduced by the predicate. (PU3) No object can be a particular and a universal. In Universals (1925), Ramsey posed an influential challenge to attempts to draw a distinction between particulars and universals that are based on grammatical distinctions. Strawson devotes the second part of Individuals 1
Armstrong (1989: 44).
Mark Textor
36
(1959) to answer Ramsey’s challenge. In this paper I will discuss Strawson’s attempt to show that a viable distinction between particulars and universals can be based upon a distinction between the different ways expressions standing for these entities are introduced. In order to assess Strawson’s answer, we must first see how Ramsey challenges the particular/universal distinction. Ramsey argues that (PU1) to (PU3) have only to be questioned to be doubted. He questioned them in Universals: [Russell and Johnson] assume a fundamental antithesis between subject and predicate, that if a proposition consists of two terms copulated, the two terms must be functioning in different ways, one as subject, the other as predicate. Thus in “Socrates is wise,” Socrates is the subject, wisdom the predicate. But suppose we turn the proposition round and say “wisdom is a characteristic of Socrates,” then wisdom, formerly the predicate, is now the subject. Now it seems to me as clear as anything can be in philosophy, that the two sentences “Socrates is wise,” “wisdom is a characteristic of Socrates” assert the same fact and express the same proposition. They are not, of course, the same sentence, but they have the same meaning, just as two sentences in different languages can have the same meaning. Which sentence we use is a matter either of literary style, or the point of view from which we approach the fact. If the centre of our interest is Socrates we say “Socrates is wise,” if we are discussing wisdom we may say “wisdom is a characteristic of Socrates”; but whichever we say we mean the same thing. Now of one of these sentences “Socrates” is the subject, of the other “wisdom”; and so which of the two is subject, which predicate, depends upon what particular sentence we use to express our proposition, but has nothing to do with the logical nature of Socrates or wisdom, but is a matter entirely for grammarians. In the same way, with a sufficiently elastic language any proposition can be so expressed that any of its terms is the subject. Hence there is no essential distinction between the subject of a proposition and its predicate, and no fundamental distinction can be based on such a distinction.2
This passage is intricate and dense. Let us first note that Ramsey does not argue that there is no distinction between the subject and the predicate of a statement, his point is that there is no essential distinction. What is subject, what predicate, is relative to a method of decomposing the sentence. For different interests, different decompositions are adequate: If we are interested to convey what is distinctive of Socrates, we put “Socrates” in sub2
Ramsey (1925: 404).
Does Strawson Answer Ramsey’s Challenge?
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ject-position (“Socrates is wise”); if we want to stress the distinctive property he has, we nominalise “is wise” and put the nominalisation into subject-position (“Wisdom is had by Socrates”). There is no decomposition that reflects the structure of the fact denoted. For example, the nominalisation and the corresponding active/passive transformation leave the fact denoted unchanged. If so, one needs either to give up (PU2), facts are amorphous and not intrinsically structured into particulars in one position and universals into another; or (PU3), what “is wise” stands for is once a universal, once a particular. The upshot of both moves is the same: [T]he whole theory of particulars and universals is due to mistaking for a fundamental characteristic of reality, what is merely a characteristic of language.3
If this result shall be avoided, the distinction between the subject and the predicate of a sentence cannot be relative to a particular grammar or method of decomposition: [L]et us remind ourselves that the task on which we are engaged is not merely one of English grammar; we are not school children analysing sentences into subject, extension of the subject, complement and so on, but are interested not so much in sentences themselves, as in what they mean, from which we hope to discover the logical nature of reality. Hence we must look for senses of subject and predicate which are not purely grammatical, but have logical significance.4
What does “logical significance” amount to? The distinction between subject and predicate must be preserved in a formal language not made for communication, but for inference. This plausible requirement amounts to a new challenge, because Frege and Wittgenstein have argued that a language that serves the purposes of logic does not need to distinguish between subject and predicate. Frege’s language of pure thought, the Begriffsschrift, is inspired by the formula languages of arithmetic. There is no natural way to distinguish a subject in such a formula. Hence, Frege rejects the subject/predicate distinction as superfluous for logico-mathematical purposes.5
3 4 5
Ramsey (1925: 405). Ramsey (1925: 405; my emphasis). See Frege (1879: § 3).
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Wittgenstein’s atomic sentences are arrangements of proper names. If such sentences can express all scientific knowledge, there is no need for a particular/universal distinction. There are different ways to respond to Ramsey’s challenge. Many of Ramsey’s opponents have questioned his premises. For instance, do the transformations Ramsey discusses really leave the fact unchanged?6 Strawson responds to Ramsey’s challenge differently. He agrees with Ramsey that a mere grammatical distinction cannot introduce the “fundamental distinction” between particular and universal. Strawson argues that it is not the form or grammatical category of an expression that grounds the “fundamental distinction”. Expressions that introduce universals are distinguished from expressions that introduce particulars by the conditions one has to satisfy to understand them. Let us see whether this idea can be developed into a convincing reply to Ramsey’s challenge.
2.
Strawson’s First Try
Strawson’s first attempt to distinguish between particulars and universals can be found in Particular and General. Strawson uses in this paper the neutral term “general thing” instead of the loaded “universal”. The intuitive idea behind “general thing” is that a general thing can be particularised.7 Wisdom is a general thing, for there are instances of wisdom. Snow (Gold, Water) is a general thing, for there are portions of snow. The natural kind Horse is a general thing, for there are particular horses. But there are, according to our common sense understanding, no instances of the horse in my stable. My stallion has offspring, but these are not instances of him. Strawson tries to distinguish between particular and general things with respect to the conditions that need to be satisfied for their introduction. What is it “to introduce” something? One introduces an expression standing for something and thereby makes it a possible topic of discourse.8 In order to introduce an expression standing for something one must distinguish it from other things. How does one distinguish a particular from
6 7 8
See Simons (1991: 152). See Strawson (1953/4: 21 f.). See Strawson (1953/4: 33).
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other things, whether they are particular or general? Strawson’s answer to this question is: Every introduction of a particular […] will either directly contain the notion of placing or will preserve, by way of individuals already introduced, the original link with this notion.9
I place something when I describe where it is at which time. When you ask me which dog bit me, I can, for example, place it and thereby uniquely describe it. It was the dog that was at my place yesterday. Strawson argues that placing is involved, either directly or indirectly, in every introduction of a particular. In contrast, we can distinguish general things so as to introduce expressions standing for them without placing them. I can describe water uniquely as the substance drinkable by humans and covering large parts of the earth. But I can also distinguish water without placing it. Prima facie, water is distinguished from other substances by its atomic structure and not by its distribution in the universe or its function for humans. I know which substance “water” stands for if I know its distinctive atomic structure. However, recent theories of works of art and natural kinds argue that they can only be identified by spatio-temporal properties.10 This line of criticism has already been explored in detail by other authors. I will therefore not add to it here. Strawson’s attempt to draw the particular/general distinction associates particularity with spatio-temporality. We will see in due course that this association will lead to serious problems. Strawson takes placing to be a good starting point to develop a particular/general distinction. But it is too metaphorical and too misleading (don’t we place general things like gold?) to figure in the final formulation of the distinction. However, the connection between placing and the context-dependence of expressions used in placing suggests the final formulation:
9 10
Strawson (1953/4: 33 f.). See for example Putnam (1975: 225) for natural kinds and Levinson (1980) on works of art.
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[P]lacing is characteristically effected by the use of expressions the reference of which is in part determined by the context of their use and not be by their meaning, if any, alone. And this suggests the possibility of formulating a general distinction in a more satisfactory way.11
Strawson argues that we can only refer to particulars if we use contextdependent expressions, while this is not the case for general things. However, on a suitably broad notion of “reference”, a definite description like “the tallest man of all times” refers to (designates) exactly one particular, although its reference does not depend on the context of utterance. Strawson responds to such counter-examples by appealing to conditions of reference failure. There can be several people in the history of the universe, which are equally tall and taller than all other man (improbable, but not impossible). Under these circumstances, “the tallest man of all times” would fail to designate. However, it is not possible that “water” fails to refer because there are several general things that compete for being the unique referent of the term. If we put uniqueness of reference and immunity to reference failure because of multiple candidates together, we arrive at Strawson’s proposal to draw the distinction: (P)
If x is a particular thing, x cannot be referred to by an expression E the meaning of which is such that it is logically impossible for E to refer to more than one thing and logically impossible to fail to refer because of competing candidates for being the referent of E.
(U) If x is a general thing, x can be referred to by an expression E the meaning of which is such that it is logically impossible for E to refer to more than one thing and logically impossible to fail to refer because of competing candidates for being the referent of E.12 Strawson considers strengthening (P) and (U) to necessary and sufficient conditions.13 He refrains from doing so because the distinction between 11 12 13
Strawson (1953/4: 37). See Strawson (1953/4: 38). See Strawson (1953/4: 37).
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general and particular things may be vague: some things can neither be classified as particulars nor as general things. Although (P) and (U) sound prima facie plausible, they only bring out that Strawson’s starting-point was ill chosen: particularity is not associated with concreteness. Take numbers, sets and types. Sets and numbers can be referred to by singular substantival expressions, a unique reference for which is solely determined by the meaning of the words making up those expressions (e. g. “the smallest prime”, “the set of natural numbers”). Thus they cannot be particulars and are therefore either universals or neither universals nor particulars. However, numbers and sets seem to be particulars. Typically, general things can stand in the first and second position of the exemplification relation. Numbers and sets can only stand in the first position. Many general things can have instances, but the number 9 has no instances and can have none. There are many collections with 9 members, but neither the collection nor the members are an instance of 9. Moreover, numbers cannot be predicated of particulars. When I say “The number of planets is 7”, I make an identity statement. “7” alone cannot be predicated of anything, although it can be part of a predicate. Sets have members, but they don’t characterise their members. Numbers belong to pluralities, but the plurality is not a number and it does not have a number in the sense of predication. Are numbers neither particular nor general? I find it difficult to imagine a thing that is neither particular nor general. I don’t see an independent reason that would make one hesitate to classify numbers and sets as particulars. Strawson responds to this criticism in the following way: It is clear that numbers, if we apply the criterion to them, will emerge as general things. But this is a result which will disturb few, and certainly will disturb no one who continues to feel the charm of the class-of-classes-analysis.14
One should at least initially be disturbed by this result as Williams is in his comments on Strawson’s Individuals:
14
Strawson (1953/4: 38).
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Strawson’s argument here clearly needs close investigation, to which mathematical cases (to which he pays surprisingly little attention) will be specially relevant.15
Numbers are particulars, although they have neither spatio-temporal positions nor extension. Appealing to the class-of-classes analysis does not help Strawson. For classes and sets are also particulars. The singleton of 1 can be uniquely identified by a definite description (I have just done so), but the singleton has no instances. 1 is the only member of the set, but not an instance of it. An instance of a general thing F is one F or an F portion, but the number 1 is not a singleton. However, numbers and sets are not the strongest counter-example to Strawson’s proposal. Numbers may appear as particulars, but, as some philosophers argue, they might be nothing but relational or structural universals potentially instantiable by the spatio-temporal world. Alternatively, numbers may be plural universals, universals plurally instantiable by some things.16 Similar attempts to reduce sets to universals have been proposed. For a good reason. Isn’t the singleton of 1 a strange entity? After all, what is the singleton over and above its only element?17 This point puts Strawson himself and Strawson’s opponent in a difficult dialectical situation. Is it necessary to determine the correct ontology of mathematics to argue for or against Strawson’s proposal? Fortunately, we can work around this problem by appealing to less controversial particulars. Take the term “the actual matter of the universe”.18 This term denotes the mereological fusion that contains every portion of matter as a part. The meaning of the definite description guarantees that there is only one such whole: if the whole contains all matter, there cannot be a distinct whole with different parts that also satisfies “the actual matter of the universe”. Furthermore, the whole of all matter need not be distinguished from other things by placing it. If we accept (P), this whole is either a general thing or neither a general thing nor a particular thing. Neither consequence is attractive. 15 16 17 18
Williams (1961: 120). See Armstrong & Forrest (1987), Shapiro (1983) and Maddy (1980: 86-89). For a reply, see Lewis (1991: 58). Sharvy (1980) generalises Russell’s semantics for definite descriptions to cover definite descriptions of this type.
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Should we dispense with such a maximal individual? To answer this question by saying that it is counter-example to Strawson’s attempt to distinguish between particulars and universals puts the cart before the horse. One needs independent reasons, and they seem hard to find. For example, scientists may find it necessary to calculate the amount of matter to find out further physical facts. Another problem for Strawson is the term “the universe” itself. On one understanding of it, it refers to the mereological fusion of all there actually is.19 If there is anything at all, there is one universe. Simons has challenged this understanding and argued that “the universe” is not a singular, but a plural term like “the Rolling Stones”. As “the Rolling Stones” stand equally for Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood, Bill Wyman and Charlie Watts; “the universe” stands equally for every actual object.20 On either account, “the universe” refutes Strawson’s (P). If “the universe” is a singular term, it names a maximal fusion, a big particular. If “the universe” is a plural term, it refers plurally to everything. In both cases the meaning of “the universe” suffices to determine its reference(s) and it is immune to failure because of competition. But in neither case does it refer to a general thing as required by (P). Let’s see whether Strawson can work around these problems in Individuals.
3.
Strawson’s Second Try
Individuals contains Strawson’s second attempt to capture the general/particular distinction. One can only introduce an expression standing for something into discourse, whether general or particular, if one is able to answer the question “Which thing is introduced?” According to Strawson, there are: (1)
19 20
Expressions such that one cannot know what they introduce without knowing (or learning from their use) some distinguishing empirical fact about what they introduce.
See Varzi (2006). See Simons (2003).
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(2)
Expressions such that one can very well know what they introduce without knowing any distinguishing empirical fact about what they introduce.21
Class (2) contains only expressions for general things, in class (1) are expressions for particular and general things. Let us first consider (1). I can only come to know what “Fido” names if I can come to know an empirical fact that distinguishes him from every other thing. When I myself dub Fido on this name, the empirical fact will be that I perceived this and no other dog at some time. In case I learn the name from someone else, I will come to know which object Fido is from the use of “Fido” by competent users. Minimally I will come to know that Fido is the dog responsible for the introduction of the name “Fido” which I just used. In contrast, I can come to know what “wisdom” stands for simply by learning English.22 Let me expand on this point. “Wisdom” is a nominalisation of the predicate “is wise”. All it takes to know what “wisdom” stands for is to master the predicate “is wise”. “Wisdom” stands for the property predicated by using “is wise” in an assertoric utterance.23 Strawson claims that for general things there are expressions in class (2), while there are no such terms for particular things. If this were correct, it would indeed meet Ramsey’s challenge. For it would enable Strawson to say that in “Wisdom is distinctive of Plato” and “Plato is wise” the same general thing is mentioned, although once by a subject-term, another time by a predicate. In both cases the same epistemic capacity is in play in understanding “wisdom” and “is wise”. The fact that the same capacity is in play in understanding both expresssions allows us to say that both introduce the same general things. Thus, the distinction between general and particular things would have been made independently of the grammatical distinction between subject and predicate. Before pressing on, we must distinguish the wheat from the chaff in Strawson’s proposal. Strawson follows Frege in saying that general things
21 22 23
See Strawson (1959: 186 f.). See Strawson (1959: 185 f.). See Strawson (1979: 58 f.).
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are incomplete, while particulars are complete. He assumes that the contrast between (1) and (2) can elucidate the complete/incomplete metaphor: Of expressions of class (1), one might say: although they do not explicitly state facts, they perform their role only because they present or represent facts, only because they presuppose, or embody, or covertly carry, propositions which they do not explicitly affirm. They necessarily carry a weight of fact in introducing their terms. But expressions of class (2) carry no weight of fact in introducing their terms.24
He will continue this line of thought in the following way: (i)
Expressions of class (2) are therefore incomplete, while expressions of class (1) are complete.
(ii)
Therefore: Expressions of class (1) can complete expressions of class (2).
(iii) Therefore: Expressions of class (1) introduce complete things into discourse, i. e. particulars. (iv) Therefore: Things introduced by expressions of class (1) can never be predicated. I propose to set this attempt to explain the complete/incomplete distinction aside. Strawson himself feels the problem: The general account I have sketched raises many problems. In the first place, the crucial idea of completeness remains vague. I have said that termintroducing expressions which are, in the relevant sense, complete present and represent facts, or presuppose or embody or covertly carry propositions. The variety of terminology may well seem suspicious.25
Indeed! First, take the assertion “The empty set is a set”. Which thing does “the empty set” refer to? I know which thing the empty set is if I know that the empty set is the set that has no element. I know an essential and distinguishing property of this particular. It is the extension of the predicate “x is different from x”. “The empty set” carries the weight of an a priori fact, not an empirical fact. Why should the empty set therefore be incomplete? 24 25
Strawson (1959: 187). Strawson (1959: 190).
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If completeness is tied to carrying a fact, whether a priori or empirical, we get things right for sets and numbers. The empty set turns out to be a complete particular. But now the same will hold for many properties. Both universal and particular introducing expressions presuppose facts. It is presupposed that there is a property referred to. For a sentence like “John has wisdom” presupposes that “wisdom” names a property. If there is no property named, the sentence falls into a truth-value gap. Second, what has incompleteness to do with presupposing a fact? These are different things that Strawson seems to connect by stipulation. It is then, at best, unclear whether the contrast between expressions of class (1) and (2) grounds further differences between general and particular things or not. However, Strawson would have nonetheless met Ramsey’s challenge if class (2) contained only expressions for universals. Unfortunately Strawson’s proposal in Individuals is no progress. Well known counter-examples come back to haunt him. First, I can know what the singular term “the empty set” introduces without knowing an empirical fact. I only need to know an a priori fact in order to come to know which object is designated. Nonetheless the empty set is a particular thing. There is of course a distinction to be made between the term “wisdom” standing for the universal and the term “the empty set” standing for an abstract particular. In order to know what “wisdom” stands for it is sufficient to master the English predicate “is wise” or be able to apply the general term “wise” correctly. Knowledge of what “the empty set” stands for is not solely guaranteed by a mastery of a predicate or general term. Rather, mastery of “is an empty set” seems to presuppose that one knows what an empty set is. Can’t one use this distinction to separate general from particular things? No, for then we rely again on a mere grammatical fact! Just imagine a language in which we could only ascribe properties to wisdom, but which had no general term synonymous with “wise”. The envisaged way of distinguishing general things and particulars would not deliver the right results for this language. The distinction between particular and general things would become again dependent on contingent facts about language. Second, I cannot know what the singular term “being a descendant of Red Rum” (the famous racing horse) stands for without knowing some
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empirical fact related to Red Rum. Red Rum cannot be distinguished from other horses without knowing an empirical fact. Now it is plausible to assume that one can only know which property the property of descending from Red Rum is if one knows who or what Red Rum is. Hence, one needs to know an empirical fact to know which thing “being a descendant of Red Rum” stands for. Yet, the property is surely a general thing. Strawson already tried to respond to this problem in Particular and General.26 His solution is to argue that if one can refer to a general thing with a property designator that contains at least one proper name of a particular, one can also refer to the same general thing with a proper name free designator. However, sometimes the particular referred to in the property name is essential to the general thing referred to. To see this let us develop our example further. There may be a purely qualitative property Q, which all and only the descendants of Red Rum necessarily have (i. e. they are fast, beautiful etc. horses or they have a certain genetic makeup). You might create a horse having Q by genetic engineering in the laboratory. Therefore if Q were the same property as being a descendant of Red Rum, a horse would be a descendant of Red Rum with being actually begat by him. Is Q the property designated by “being a descendant of Red Rum”? There is at least one reading of “being a descendant of Red Rum”, in which it refers to a property a horse can just have if it was begat by Red Rum and no other horse. If you are an Irish racing horse enthusiast, what makes a horse valuable for you is that it was begat by Red Rum. Only buying a horse that is a descendant of Red Rum will satisfy your desire. Whether it has all the qualitative properties distinctive of descendants of Red Rum is of no interest to you. But is this a difference in properties designated or only in the mode of presentations of the properties? There are many ways in which you might think of the property of being a descendent of Red Rum. All that interests you is that the horse has the right property, however it is conceived of. The difference, it seems, is one in properties, however they are conceived.
26
See Strawson (1953/4: 38).
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4.
Closing
Has Strawson met Ramsey’s challenge? No, he has not. Later Strawson has tried to complement the account given in Individuals, but he has never given it up. Whether the complement should or can supersede the theory of Individuals cannot be decided here.27*
Literature Armstrong, D. M. (1989) A Combinatorial Theory of Possibility. Cambridge: Cambridge University Press. Armstrong, D. M. & Forrest, P. (1987) “The Nature of Number”. Philosophical Papers 16, 165-186. Frege, G. (1879) Begriffsschrift. In: Frege, G. (1977) Begriffsschrift und andere Aufsätze. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Levinson, J. (1980) “What a Musical Work Is”. The Journal of Philosophy 77, 5-28. Lewis, D. K. (1991) Parts of Classes. Oxford: Blackwell. Maddy, P. (1980) Realism in Mathematics. Oxford: Clarendon Press. MacBride, F. (2005) “Negation and Predication. A Defence of Ramsey’s Thesis”. In: Sahlin, N.-E. (ed.) (2005) Ramsey’s Ontology. Special Issue of Metaphysica. Heusenstamm: Ontos, 61-87. Putnam, H. (1975) “The Meaning of ‘Meaning’”. In: Putnam, H. (1975) Mind, Language and Reality. Philosophical Papers Vol. 2. Cambridge: Cambridge University Press, 215-271. Ramsey, F. P. (1925) “Universals”. Mind 34, 401-417. Shapiro, S. (1983) “Mathematics and Reality”. Philosophy of Science 50, 523-548. Sharvy, R. (1980) “A more General Theory of Definite Descriptions”. Philosophical Review 89, 607-624. Simons, P. M. (1991) “Ramsey, Particulars and Universals”. Theoria 57, 150-161. — (2003) “The Universe”. Ratio 16, 237-250. Strawson, P. F. (1953/4) “Particular and General”. In: Strawson, P. F. (1971/2004) Logico-Linguistic Papers. Aldershot: Ashgate, 28-52. 27 *
See MacBride (2005) for discussion. This paper is a condensed version of my contribution to the workshop on Strawson’s Philosophy in October 2006 in Berne. I want to thank the participants and Sarah-Jane Conrad and Silvan Imhof for helpful feedback.
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— (1959) Individuals. London: Methuen. — (1979) “Universals”. In: Strawson, P. F. (2000) Entity and Identity. Oxford: Oxford University Press, 52-63. Varzi, A. C. (2006) “The Universe Among Other Things”. Ratio 19, 107-120. Williams, B. (1961) “Strawson on Individuals”. In: Williams, B. (1973) Problems of the Self. Cambridge: Cambridge University Press, 101-126.
Prädikation und behauptende Kraft Christoph C. Pfisterer
Im zweiten Teil von Individuals macht uns Strawson mit einer Theorie zur Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat vertraut, die nicht nur nach der grammatisch-logischen, sondern auch nach der metaphysischen Ausprägung dieses Gegensatzpaares fragt. Auf der Suche nach den Bedingungen für diese Unterscheidung formuliert Strawson ein grammatisches Kriterium, demzufolge Prädikate im Gegensatz zu Subjekten das Merkmal aufweisen, eine Sache im „behauptenden Modus“ in die Rede einzuführen. Diese Charakterisierung scheint Freges Auffassung zu widersprechen, der zufolge erstens die Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat durch die Unterscheidung zwischen Funktion und Argument zu ersetzen ist und zweitens die „behauptende Kraft“ keinem Satzteil zugeschrieben werden kann. Obwohl sich zeigen lässt, dass Strawson in geringerem Grade von Freges Position abweicht, als es vordergründig erscheint, weist letztere entscheidende Vorzüge auf, da sie deutlich zwischen der logischen und der grammatischen Funktion von Behauptungen differenziert.
1.
Prädikation bei Strawson
Strawson ist in Individuals hauptsächlich um den Nachweis bemüht, dass Körper und Personen jene grundlegenden Einzeldinge sind, auf die man sich sprachlich bezieht. Der Begriff des Prädikats könnte demnach eine bloß untergeordnete Rolle spielen. Die Frage nach dem sprachlichen Bezug auf einen Gegenstand oder eine Person zieht zumindest vordergründig nicht die Frage nach dem Verhältnis zwischen Subjekt und Prädikat nach sich. Besteht jedoch der Anspruch darin, eine charakteristische Weise ausfindig zu machen, wie die grundlegenden Einzeldinge in der Sprache auftreten, ist eine systematische Untersuchung zu den logischen, grammatischen und metaphysischen Zusammenhängen zwischen Subjekt und Prädikat unumgänglich. Daher unterzieht Strawson die traditionelle Auf-
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Christoph C. Pfisterer
fassung, dass Einzeldinge im Gegensatz zu Eigenschaften oder Universalien ausschließlich als Subjekt und niemals als Prädikat in der Rede auftreten, einer Prüfung. Vor diesem Hintergrund formuliert Strawson ein grammatisches Kriterium zur Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat, welches später mit einem kategorialen Kriterium in Einklang gebracht wird. Das grammatische Kriterium besagt, dass Prädikate im Unterschied zu Subjekten eine Sache im aussagenden oder behauptenden Modus in die Rede einführen.1 Strawsons Anbindung von Prädikaten an Behauptungen scheint die Verträglichkeit mit Freges Prädikatsverständnis vorweg auszuschließen, wenn dieser seine Einleitung in die Logik mit der „Ablösung der behauptenden Kraft vom Prädikate“2 beginnt. Weil die Subjekt-Prädikat-Unterscheidung logische, grammatische und metaphysische Ausprägungen hat, ist es hilfreich, einige terminologische Vorkehrungen zu treffen. Ich folge hierbei Geach, der die Ausdrücke „Subjekt“ und „Prädikat“ ausschließlich für sprachliche Ausdrücke und nicht für Dinge, Personen, Ereignisse bzw. Merkmale, Universalien oder Eigenschaften verwendet.3 Ein Ausdruck ist immer Subjekt oder Prädikat in einer bestimmten Aussage. Daraus folgt nicht, dass wir die Klasse aller Ausdrücke in Subjekt und Prädikat einteilen können. Subjekt und Prädikat sind Rollen, die Ausdrücke in Aussagen übernehmen. Damit wir die legitime Frage überhaupt stellen können, ob etwa ganz bestimmte Klassen von Ausdrücken die Rolle des Subjekts bzw. des Prädikats übernehmen können, verwende ich die Ausdrücke „Subjekt-“ bzw. „Prädikatausdruck“. Subjektausdrücke sind Ausdrücke, die immer und nur die Rolle des Subjekts in Aussagen einnehmen – Entsprechendes gilt für 1
2 3
Ich werde mich auf das grammatische Kriterium beschränken. In späteren Arbeiten entwickelt Strawson weitere Kriterien für die Subjekt-Prädikat-Unterscheidung, ohne jedoch das grammatische Kriterium wieder aufzugreifen: Im Gegensatz zu Subjekten können Prädikate negiert und zusammengesetzt werden; siehe Strawson (1970) und (1974/2004); auch diese Vorschläge werde ich weitgehend unberücksichtigt lassen. Frege (1969: 201). Geach führt die größten Konfusionen um die Subjekt-Prädikat-Unterscheidung auf die Verwechslung zwischen Zeichen und Bezeichnetem zurück und macht einen beispielhaften Vorschlag zu einem Sprachgebrauch, der vor solchen Schwierigkeiten bewahrt; siehe Geach (1950: 461 f.).
Prädikation und behauptende Kraft
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Prädikatausdrücke. Üblicherweise werden zu diesem Zweck grammatische Ausdrücke wie „Nomen“, „Nominalphrase“ bzw. „Verbphrase“ verwendet. In Anbetracht der Komplexität, die eine grammatische Bestimmung aufweisen würde, erscheint es mir als angemessen, zwei separate Ausdrücke zu reservieren. Man denke beispielsweise daran, dass nicht nur Nomen, sondern ganze Nominalphrasen oder Sätze in die Rolle des Subjekts schlüpfen können („Der Regen ärgert mich“, „Der Umstand, dass es regnet, ärgert mich“, „Dass es regnet, ärgert mich“). Das Verb „prädizieren“ will ich in der Weise verwenden, dass in einer Aussage ein Ausdruck von einem Ding, einer Person, einem Sachverhalt etc. ausgesagt wird, aber nicht von dessen oder deren Name. Ein Prädikat wird mit einem Subjekt verknüpft oder verbunden, aber von dem Ding prädiziert oder dem Ding zugeschrieben, das durch das Subjekt bezeichnet wird. 1.1
Subjekt und Prädikat
Ramsey stellt uns vor die Herausforderung, triftige Gründe für die Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat anzugeben. Seine Zweifel an dieser Unterscheidung gehen auf die Beobachtung zurück, dass die Sätze „Sokrates ist weise“ und „Weisheit ist ein Merkmal von Sokrates“ exakt dieselbe Proposition ausdrücken bzw. dieselbe Tatsache beschreiben. Dass im ersten Satz Sokrates, im zweiten aber Weisheit für das Subjekt gehalten wird, kann folglich nur eine Frage des grammatischen Stils sein. Ramsey zieht daraus einen vernichtenden Schluss: „Hence there is no essential distinction between the subject of a proposition and its predicate, and no fundamental classification of objects can be based upon such a distinction.“4 Dieser Schluss stellt für Strawson deshalb eine Herausforderung dar, weil Einzeldingen kein besonderer Platz eingeräumt werden könnte, wenn die traditionelle Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat bzw. zwischen Einzelding und Universale aufgehoben würde. Auf Ramseys skeptisches Argument reagiert Strawson mit einer sprachlichen Untersuchung zur „rationalen Grundlage“5 für die traditionelle Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat. 4 5
Ramsey (1925: 404). Siehe Strawson (1959: 138).
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Singuläre Aussagen wie „Sokrates ist weise“ verknüpfen ein bezugnehmendes mit einem charakterisierenden Element. Wie zentral diese beiden Elemente sind, bekundet Strawson bereits in On Referring: One of the main purposes for which we use language is the purpose of stating facts about things and persons and events. If we want to fulfil this purpose, we must have some way of forestalling the question, ‚What (who, which one) are you talking about?‘ as well as the question, ‚What are you saying about it (him, her)?‘6
Die Ambiguität des Ausdrucks „Aussage“ erlaubt es, dieses Tandem entweder als Hybrid aus einem bezugnehmenden und einem charakterisierenden Akt oder als Hybrid aus sprachlichen Ausdrücken zu beschreiben. Beide Beschreibungen streichen je einen Aspekt der Subjekt-PrädikatUnterscheidung hervor. Um die Unterscheidung im Sinne zweier Tätigkeiten, Funktionen oder Rollen zum Ausdruck zu bringen, haben Philosophen Gegensatzpaare wie referring/describing oder naming/characterizing verwendet. Für die Unterscheidung zwischen den entsprechenden Ausdrücken werden singular term/predicative term oder referring expression/predicate-expression vorgeschlagen. Beide Unterscheidungen sind sprachlicher Natur und in einem gewissen Sinn absolut: Ein Akt der Bezugnahme kann niemals ein Akt des Beschreibens sein und der bezugnehmende Ausdruck einer Aussage ist nicht in dem Sinn charakterisierend wie der Prädikatausdruck.7 Aussagen können in einem dritten, nicht-sprachlichen Sinn in Subjekt und Prädikat unterteilt werden. Eine singuläre Aussage handelt zum einen von der Sache, auf die man sich bezieht, zum anderen von der prädizierten oder zugeschriebenen Sache. Im Gegensatz zu den beiden sprachlichen Unterscheidungen ist diese sachliche Unterscheidung immer relativ zu einer bestimmten Aussage zu verstehen – die in einer Aussage prädizierte Sache kann das Subjekt einer anderen Aussage sein (und umgekehrt). Strawson ist der Ansicht, dass Freges Unterscheidung zwischen Begriff und Gegenstand die Relativität der sachlichen Subjekt-PrädikatUnterscheidung und das Absolute der entsprechenden sprachlichen Unter6 7
Strawson (1950: 13); siehe auch Strawson (1974/2004: 17). Siehe Strawson (1959: 141).
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scheidungen unter einen Hut bringt. Begriff und Gegenstand bei Frege weisen jene Ausschließlichkeit auf, die wir bei der sprachlichen SubjektPrädikat-Unterscheidung kennen gelernt haben, ohne selbst eine sprachliche Unterscheidung zu markieren.8 Frege hat zudem beobachtet, dass Eigennamen zwar niemals prädikativ verwendet werden, aber als Teile von Prädikatausdrücken in Erscheinung treten können („Triest ist kein Wien“9). 1.2
Ein grammatisches Kriterium
Bisher habe ich nur die verschiedenen Facetten der Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat wiedergegeben, die Strawson in der Tradition verankert sieht – ein Kriterium für diese Unterscheidung ist damit noch nicht gewonnen. Geach hat vorgeschlagen, Subjekt und Prädikat dadurch zu bestimmen, dass ein Ausdruck der einen Art, ergänzt um einen Ausdruck der anderen Art, eine Aussage über jenen Gegenstand ergibt, für den der Subjektausdruck steht, bzw. über den der Prädikatausdruck etwas aussagt.10 Strawson lehnt diesen Vorschlag ab, da er voraussetzt, dass wir bereits wissen, worüber mit einer Behauptung etwas behauptet wird.11 Die Behauptung, dass Sam raucht, kann gleichermaßen eine Behauptung über Sam wie über seine schlechten Gewohnheiten sein. Geachs Definitionen halten einzig fest, dass eine Behauptung in einen Subjekt- und einen Prädikatausdruck unterteilt werden kann, aber sie lassen uns im Ungewissen, wie diese Unterscheidung in einem konkreten Fall zu treffen ist. Zweitens moniert Strawson, dass Geachs Definitionen Freges Beobachtung nicht berücksichtigen, dass ein bezugnehmender Ausdruck Teil eines Prädikatausdrucks sein kann, aber niemals selber prädikativ verwendet wird.12 Allerdings übernimmt Strawson von Geach die Idee, vor dem Hintergrund von Behauptungen nach einem sprachlichen Kriterium zur Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat zu suchen. Für das Unterscheidungskriterium ergeben sich zwei Anforderungen: Erstens soll es in konkreten Äußerungen wie „Sam raucht“ oder „Sokrates 8 9 10 11 12
Siehe Strawson (1959: 142). Frege (1892b: 200). Siehe Geach (1950: 461 f.). Siehe Strawson (1959: 144). Siehe Strawson (1959: 148).
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ist weise“ „Sam“ bzw. „Sokrates“ als Subjektausdruck und „raucht“ bzw. „ist weise“ als Prädikatausdruck identifizieren. Zweitens soll das Kriterium dem Umstand gerecht werden, dass Subjektausdrücke zwar als Teile von Prädikatausdrücken in Erscheinung treten, aber niemals eigenständig die Rolle des Prädikats einnehmen, während Prädikatausdrücke die Rolle des Subjekts einnehmen können.13 Mit einer terminologischen Neuerung versucht Strawson Geachs Schwierigkeit zu überwinden, dass auch Prädikatausdrücke von einer Sache handeln: Let us say that the expression ‚Socrates‘ (‚Raleigh‘) serves to introduce the particular person, Socrates (Raleigh), into the remark, and that the expression ‚is wise‘ (‚smokes‘) serves to introduce the quality, wisdom (the habit, smoking), into the remark. Let us say that anything which is introduced, or can be introduced, into a remark by an expression is a term.14
Das Subjekt und das Prädikat einer Aussage sollen also je eine Sache in die Rede einführen, womit zwar noch kein Kriterium zur Unterscheidung gegeben ist, doch lässt diese Formulierung zumindest offen, dass die beiden Sachen in unterschiedlicher Weise eingeführt werden. 1.3
Der behauptende Modus der Sacheinführung von Prädikaten
Strawson unterscheidet zwischen dem substantivischen und dem verbalen Modus der Einführung einer Sache in die Rede.15 Es ist jedoch nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Subjektausdrücke, dass ihr Designat mit einem Substantiv in die Rede eingeführt wird. Das englische „nothing“ ist für Strawson ein Substantiv und soll nicht zu den Subjektausdrücken gehören. Für Prädikatausdrücke ist es ebenfalls notwendig, aber nicht hinreichend, dass sie eine Sache mit einem flektierten Verb im Indikativ einführen, sonst wäre bspw. „Sokrates ist“ zu den Prädikatausdrücken zu zählen. Der „tiefere Sinn“16 dieses grammatischen Kriteriums steckt Strawson zufolge in der folgenden Asymmetrie: Während der Kasus des Nomens nur wenig Aufschluss gibt, wie eine Sache in die Rede 13 14 15 16
Siehe Strawson (1959: 146). Strawson (1959: 146). Siehe Strawson (1959: 147). Siehe Strawson (1959: 152).
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eingeführt wird,17 deutet der Prädikatausdruck an, dass eine Sache im behauptenden oder aussagenden Modus eingeführt wird: It is different with ‚is wise‘. This expression introduces being wise just as ‚Socrates‘ introduces Socrates. But it does not merely introduce its term, or introduce it with merely such an indication of the style of introduction as is given by the case-ending of a noun. It introduces its term in a quite distinctive and important style, viz. the assertive or propositional style.18
Im Gegensatz zum Subjekt soll das Prädikat nicht nur eine Sache (term) in die Rede einführen, sondern darüber hinaus durch den Stil, wie es diese einführt, das Subjekt zu einer Behauptung oder einer Aussage ergänzen. „Assertive“ und „propositional“ können natürlich nicht kommentarlos gleichgesetzt werden, da nicht jede geäußerte Proposition eine Behauptung ist. Strawson vertritt jedoch den Standpunkt, dass alle Aussagen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Behauptungen stehen und daher primär vom behauptenden Modus ausgegangen werden kann. Ein nahe liegender Einwand beruft sich auf die Tatsache, dass Prädikatausdrücke nicht nur in Behauptungen, sondern auch in Fragen, Befehlen etc. verwendet werden. Zudem lässt sich eine Behauptung abschwächen, wenn sie in ein Konditional eingebettet wird; das Prädikat kann folglich unmöglich eine Sache in einem behauptenden Modus einführen. Auf diesen Einwand reagiert Strawson mit folgender Überlegung: Mit Fragen wird zwar nichts behauptet, aber eine Frage fordert zu einer Behauptung oder zur Vervollständigung einer Behauptung im Sinne einer Antwort auf. Konditionale haben mitunter die Funktion, Aussagen ohne Festlegung hinsichtlich ihres Wahrheitswerts „vor uns hinzustellen“.19 Weil Behauptungen nur unter Hinzufügung von sprachlichen Elementen wie „dass…“ „wenn…, dann…“ etc. zu Aussagen ohne Wahrheitsanspruch abgeschwächt werden können, soll der behauptende gegenüber dem aussagenden Modus primär behandelt werden können. 17
18 19
Immerhin verrät der Kasus, ob eine Sache durch ein grammatisches Subjekt oder Objekt repräsentiert wird. Außerdem vergisst Strawson an der Stelle, den Numerus zu erwähnen; Nomen lassen uns wenigstens über die Anzahl von Sachen nicht immer im Ungewissen. Strawson (1959: 149). Siehe Strawson (1959: 150).
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Christoph C. Pfisterer The central fact to cling to is that the primary mode of appearance of propositions is assertion; and this gives us reason for saying that, of many propositional styles, the primary one is also what is primarily the assertive style.20
Strawson versucht hier die These stark zu machen, dass Prädikatausdrücke ein flektiertes Verb im Indikativ enthalten und im Gegensatz zu Subjektausdrücken ihre Sache im behauptenden Modus einführen. Der behauptende Modus ist primär, weil (zumindest im Englischen und im Deutschen) eine Behauptung nur durch sprachliche Hinzufügung ihren assertorischen Anspruch verliert. Mögen die Terminologie des Einführens einer Sache in die Rede gewisse Vorteile haben und die Formulierung des Unterscheidungskriteriums als bloß notwendige Bedingung für Prädikatausdrücke vor unerwünschten Verallgemeinerungen behüten – es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Strawsons These eine merkwürdige Konsequenz hat. Wenn ein Ausdruck nur dann die Rolle des Prädikats einzunehmen vermag, wenn er seine Sache im behauptenden Modus einführt, dann heißt das streng genommen, dass nur Behauptungen oder nur mit einer Behauptung verbundene Aussagen wie Fragen und Konditionalsätze Prädikate enthalten. Wenn es also gelingt, in einem sprachlichen Konstrukt ein Prädikat zu identifizieren, muss es sich um eine Behauptung oder zumindest um eine von einer Behauptung abgeleitete Äußerung handeln. Strawson knüpft die Prädikation so eng an den Sprechakt des Behauptens, dass Imperative wie „Sam, sei brav!“ und möglicherweise auch Optative wie „Wäre Sam doch nur brav“ kein Prädikat enthalten.21 Die Plausibilität dieser Konsequenz hängt natürlich vom Prädikationsbegriff ab, mit dem wir operieren wollen. Strawsons grammatisches Kriterium lässt sich verteidigen, wenn wir uns auf die Tatsache besinnen, 20 21
Strawson (1959: 151). Ich behaupte nicht, Strawson würde verkennen, dass auch Befehls- und Wunschsätze einen propositionalen Gehalt aufweisen. Anlass zur Sorge bietet vielmehr der Verdacht, dass Sprechakte mit einem propositionalen Gehalt mit world-to-word-direction-of-fit (Searle, 1979: 4) Strawsons Kriterium für Prädikate grundsätzlich nicht erfüllen. Wenn wir den Vorschlag akzeptieren sollen, dass Prädikate eine Sache im behauptenden Modus einführen, bleibt Strawson zumindest eine Erklärung schuldig, wie Befehle, Aufforderungen, Anweisungen, Wünsche, Versprechen und Schwüre mit Behauptungen verknüpft sind.
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dass assertorische Subjekt-Prädikat-Sätze tatsächlich den paradigmatischen Fall der Prädikation darstellen. Schließlich wird in Befehls- oder Wunschsätzen nicht wie in Behauptungs- oder Deklarativsätzen etwas von etwas ausgesagt. Eine ähnliche Überlegung könnte auch Strawson vorschweben, wenn er Behauptungen als primäre Erscheinungsweise von Aussagen qualifiziert. Wenn wir jedoch nicht bereit sind, die Vorstellung preiszugeben, dass Prädikate auch in Äußerungen identifizierbar sind, deren Zusammenhang mit Behauptungen weniger offensichtlich ist, dann schuldet uns Strawson eine systematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen der primären und sekundären Erscheinungsweise von Aussagen. Der exemplarische Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Behauptungen und Fragen oder Konditionalen kann nicht zufrieden stellen. Ich habe gesagt, dass Strawsons Kriterium in einem strengen Sinn die Konsequenz hat, dass Prädikate ausschließlich in Behauptungen oder in Äußerungen identifizierbar sind, die in einer engen Verbindung mit Behauptungen stehen. Die Formulierung des grammatischen Kriteriums ließe sich so abschwächen, dass das Prädikat im Gegensatz zum Subjekt eine Sache im behauptenden Modus einführen kann. Diese Formulierung entkräftet zwar den unmittelbaren Einwand, dass Prädikate nicht nur in Behauptungen und verwandten Äußerungen vorkommen. Das grundlegende Problem würde aber bestehen bleiben, dass wir über die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen der Behauptung und anderen Sprechakten zu wenig Bescheid wissen. Auf diesen Punkt werde ich im letzten Abschnitt zurückkommen. Eine fundamentale Kritik am grammatischen Kriterium übt Geach und unterstellt Strawson die Missachtung des Frege-Points. Frege habe auf den entscheidenden Punkt hingewiesen, dass der in einem Behauptungssatz ausgedrückte Gedanke von seiner Äußerung unabhängig ist.22 Wer wie Strawson die illokutionäre Kraft von Behauptungen dem Prädikat zuschreibt, übergeht Freges Einsicht, dass die illokutionäre Rolle keinem Satzteil zukommen kann: [S]ince one and the same unambiguous predicate may occur now in an asserted proposition, now in an unasserted clause, the predicate cannot have any inherent assertoric force. Again, if predicates have assertoric force, how can they ever be 22
Siehe Geach (1965: 449).
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Christoph C. Pfisterer used in questions? A recent example of this error about predicates may be found in Strawson’s work Individuals.23
Geachs Einwand setzt stillschweigend voraus, dass Strawsons behauptender Modus der Sacheinführung mit Freges Begriff der behauptenden Kraft gleichsetzt werden darf. Diese Voraussetzung soll im Folgenden überprüft werden.
2.
Behauptende Kraft bei Frege
Zwar begegnet uns der Kraft-Begriff bei Frege erst ab Über Sinn und Bedeutung,24 doch die Unterscheidung zwischen dem „kraftlosen“ Fassen eines Gedankens und dem Behaupten bzw. Urteilen, dass der Gedanke wahr ist, zieht sich durch Freges gesamtes Werk hindurch.25 Der Unterschied zwischen Gedanken und Urteilen soll nicht einer bloß erkenntnistheoretischen Nuance, sondern einer logischen Differenz entsprechen, die Frege in seiner logischen Notation berücksichtigt und Urteile mit einem senkrechten „Urteilsstrich“ auszeichnet. In einer Skizze mit dem Titel Was kann ich als Ergebnis meiner Arbeit ansehen? erfahren wir über dieses Zeichen: „doch hätte ich eigentlich erwähnen sollen den Urteilsstrich, die Ablösung der behauptenden Kraft vom Prädikate“.26 Da es möglich sein muss, einen Gedanken auszudrücken, ohne ihn zu behaupten, so die Überlegung, kann die behauptende Kraft weder dem Prädikat noch sonst einem Satzteil beigelegt werden, sondern „liegt in der Form des Behauptungssatzes“.27 Überraschenderweise teilt uns Frege aber auch mit, dass die „behauptende Kraft an das Prädikat gebunden“28 ist. In diesem Abschnitt versuche ich den Nachweis zu erbringen, dass es sich hierbei nur um eine scheinbare Ungereimtheit handelt, da Frege in Bezug auf die behauptende Kraft präzis zwischen einer grammatischen und einer logischen Dimension
23 24 25
26 27 28
Geach (1965: 460). Siehe Frege (1892a: 34). Siehe bspw. Frege (1879: § 2), (1891: 21 f.), (1892a: 34), (1918: 62, Fn. 3), (1919: 145, 152) und (1969: 7, 8, 11, 54, 150, 161, 201, 217, 273, 286). Frege (1969: 200; siehe auch 214). Frege (1918: 152). Frege (1969: 272); siehe auch Frege (1918: 152).
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unterscheidet. Vorerst werde ich jedoch auf Freges grundsätzliche Ablehnung des Gegensatzes zwischen Subjekt und Prädikat eingehen. 2.1
Funktion und Argument
Für die Entwicklung der modernen Logik stellt die Ablösung der Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat durch die liberalere Unterscheidung zwischen Funktion und Argument einen entscheidenden Fortschritt dar, den Frege bereits im Vorwort zur Begriffsschrift29 antizipiert: „Insbesondere glaube ich, dass die Ersetzung der Begriffe Subject und Praedicat durch Argument und Function sich auf die Dauer bewähren wird.“30 Eine Funktion wird allgemein als derjenige Teil eines Ausdrucks charakterisiert, der unverändert bleibt, wenn alle Vorkommnisse eines enthaltenen Ausdrucks durch einen anderen ersetzt werden.31 Das Argument ist das Zeichen des veränderten Teils. Liberaler ist diese Unterscheidung deshalb, weil es „Sache der Auffassung“32 ist, welche Teile des Ausdrucks die Funktion bzw. das Argument repräsentieren. Ein begrifflicher Inhalt kann auf verschiedene Weise in Funktion und Argument zergliedert werden. In § 3 der Begriffsschrift nennt Frege zwei Gründe dafür, der Unterscheidung zwischen Funktion und Argument den Vorzug zu geben. Die beiden Sätze „bei Plataeae siegten die Griechen über die Perser“ und „bei Plataeae wurden die Perser von den Griechen besiegt“ drücken denselben begrifflichen Inhalt aus, weil aus ihnen in Verbindung mit weiteren Sätzen dieselben Schlüsse gezogen werden können. Da Frege nur die schlussrelevanten Teile zum begrifflichen Inhalt eines Satzes zählt und im ersten Satz „die Griechen“, im zweiten „die Perser“ als grammatisches Subjekt erscheint, kann es sich bei der Subjekt-Prädikat-Unterscheidung um keine logisch relevante Differenz handeln. Zweitens lässt sich der begriffliche Inhalt eines Satzes samt Prädikat vollständig nominalisieren. Im Satz „der 29
30 31
Der Ausdruck „Begriffsschrift“ bezeichnet sowohl Freges Werk von 1879 als auch die von ihm erstmals in der Begriffsschrift entwickelte logische Notation. Obwohl die gemeinte Bedeutung meist aus dem Satzkontext hervorgeht, folge ich der Konvention, den Namen für das Werk kursiv, den Namen für die Notation hingegen recte zu setzen. Frege (1879: VII). Siehe Frege (1879: § 9).
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gewaltsame Tod des Archimedes bei der Eroberung von Syrakus ist eine Thatsache“ trägt das Prädikat nicht zum Inhalt bei, sondern „hat nur den Zweck, diesen als Urtheil hinzustellen“.33 Daher ist die Unterscheidung zwischen Subjekt und Prädikat logisch nicht bedeutsam. Aus den beiden Argumenten geht jedoch nicht hervor, dass Frege den Kategorien Subjekt und Prädikat jegliche Relevanz abspricht. Neben der Vorwegnahme von Strawsons Argument gegen Geach wird im folgenden Zitat ein pragmatischer Aspekt der Subjekt-Prädikat-Unterscheidung angedeutet: Wenn man sagt: „Subject ist der Begriff, von dem das Urtheil handelt“, so passt dies auch auf das Object. Man kann daher nur sagen: „Subject ist der Begriff, von dem hauptsächlich das Urtheil handelt.“ Die Stelle des Subjects in der Wortreihe hat für die Sprache die Bedeutung einer ausgezeichneten Stelle, an die man dasjenige bringt, worauf man die Aufmerksamkeit des Hörers besonders hinlenken will.34
Ähnlich klingt es auch in Logik, einer frühen Fassung dessen, was später als Logische Untersuchungen veröffentlicht wird. Unter der Überschrift „Trennung des Gedankens von den Umhüllungen“ listet Frege dort verschiedene sprachliche Phänomene auf, die bloß „Winke“ geben und auf die „Vorstellungen“ und „Gefühle“ des Hörenden wirken, aber nichts zum logisch relevanten Inhalt eines Satzes beisteuern. „Die Logik hat die Aufgabe, das Logische rein herauszusondern“ – eine Aufgabe, die dadurch erschwert wird, „dass wir in irgendeiner Sprache denken, und dass die Grammatik, die für die Sprache eine ähnliche Bedeutung hat wie die Logik für das Urteilen, Psychologisches mit dem Logischen vermischt“.35 Letztlich wird diagnostiziert, dass viele Logikbücher diese Schwierigkeit noch nicht bewältigt haben und manches mitschleppen, was eigentlich nicht in die Logik gehört – z. B. Subjekt und Prädikat. In den frühen Neunzigerjahren unterzieht Frege seine Begriffsschrift einer Revision. Diese wird in den semantischen Aufsätzen – darunter Funktion und Begriff und Über Sinn und Bedeutung – vorbereitet und 32 33 34 35
Frege (1879: § 9). Frege (1879: § 3). Frege (1879: § 3). Frege (1969: 154).
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kommt in den Grundgesetzen zum Abschluss. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören die Einführung von Werteverläufen, die Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung und die Rede von Wahrheitswerten als Satzbedeutung. Es ist zwar unumstritten, dass Frege seine Begriffsschrift modifiziert, aber es herrscht kein Konsens darüber, welche Änderungen die grundlegenden sind und welche sich auf diese zurückführen lassen. Ein konsistentes Bild erhalten wir jedoch dann, wenn wir von Freges Erweiterung des Funktionsbegriffs ausgehen. Frege unterscheidet weiterhin zwischen Funktion und Argument, doch werden Funktionen nicht mehr ausschließlich im Hinblick auf die Zerlegung begrifflicher Inhalte, sondern als Entitäten sui generis behandelt. Eine Funktion ist „unvollständig, ergänzungsbedürftig oder ungesättigt“36 und kann durch Argumente zu einem Wert ergänzt werden. Dieser Funktionsbegriff soll nun „in zwei Richtungen“ erweitert werden: Erstens wird der Bereich der Funktionszeichen erweitert (zu den Zeichen für die arithmetischen Grundfunktionen kommen „=“, „>“ und „ 2‘ bedeuten denselben Wahrheitswerth, den ich kurz das Wahre nenne […] Ich unterscheide aber von der Bedeutung eines Namens seinen Sinn […] Den Sinn des Namens eines Wahrheitswerthes nenne ich Gedanken. Ich sage ferner,
36 37
Frege (1891: 6). Siehe Frege (1891: 12); siehe auch Frege (1893: § 2).
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Christoph C. Pfisterer ein Name drücke aus seinen Sinn und bedeute seine Bedeutung. Ich bezeichne mit dem Namen das, was er bedeutet.38
Hier trägt Frege in dichtester Form vor, was er zuvor in Funktion und Begriff begründet hat. Wir können uns damit begnügen, dass der Begriff des Wahrheitswerts auf den erweiterten Funktionsbegriff in der modifizierten Begriffsschrift zurückführbar ist, und dass Frege in diesem Zusammenhang zwischen dem Bezeichnen eines Wahrheitswerts und dem Ausdrücken eines Gedankens zu unterscheiden beginnt.39 Die Einführung von Wahrheitswerten als Funktionswert ermöglicht es, Begriffe als Spezialfälle von Funktionen aufzufassen: „Ein Begriff ist eine Funktion, deren Wert immer ein Wahrheitswert ist.“40 Begriffe sind wie Funktionen ungesättigt, doch will es Frege nicht etwa bei arithmetischen Begriffen wie Primzahl oder Quadratwurzel belassen: „Behauptungssätze im allgemeinen kann man ebenso wie Gleichungen oder analytische Ausdrücke zerlegt denken in zwei Teile, von denen der eine in sich abgeschlossen, der andere ergänzungsbedürftig, ungesättigt ist.“41 In den Argumentbereich von Funktionen fallen somit nicht nur Zahlen, sondern schlechtweg alle möglichen Gegenstände, wobei Frege Gegenstände bewusst nicht definiert, sondern lapidar von Funktionen abgrenzt: „Gegenstand ist alles, was nicht Funktion ist, dessen Ausdruck also keine leere Stelle mit sich führt.“42 Als Argument oder Wert einer Funktion kommt grundsätzlich alles in Frage, was gesättigt oder abgeschlossen ist, also alle Gegenstände. Freges Methode der funktionalen Zerlegung ist daher mächtiger als sie von Strawson dargestellt wird. Sie eignet sich nicht nur für die Zerlegung von Behauptungssätzen, wie Strawsons Subjekt-Prädikat38 39
40 41 42
Frege (1893: § 2). Die Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung begegnet uns zum ersten Mal in Funktion und Begriff, wo Frege auf den Einwand reagiert, dass wahre Gleichungen „doch ganz Verschiedenes besagen“ (Frege, 1891: 13) können. Frege (1891: 15); siehe auch Frege (1893: § 3). Frege (1891: 17). Frege (1891: 18). – Die metaphysische Dimension von Freges Überlegung zu Gegenständen sollten wir an dieser Stelle nicht überschätzen. Freges Dikta, dass Wahrheitswerte und Werteverläufe als Gegenstände aufzufassen sind, haben eher einen derivativen Charakter als den einer ontologischen Verpflichtung; siehe Frege (1969: 211).
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Unterscheidung, sondern auch für komplexe Ausdrücke wie „die Hauptstadt des deutschen Reichs“. 2.2
Behauptende Kraft
Ich habe zu Beginn dieses Abschnitts auf Stellen hingewiesen, die Freges Bestehen auf dem Unterschied zwischen dem bloßen Fassen eines Gedankens und dem Urteilen, dass der Gedanke wahr ist, dokumentieren. Das lange Zitat aus den Grundgesetzen bekräftigt dieses erkenntnistheoretische Anliegen in einem sprachphilosophischen Jargon: So wie das Fassen eines Gedankens keiner Urteilsfällung entspricht, so wird mit dem bloßen Ausdruck eines Gedankens noch nichts behauptet sondern nur ein Wahrheitswert bezeichnet. Wenn eine Person über ein lückenloses Wissen von Sinn und Bedeutung der Ausdrücke einer Sprache verfügt, dann ist sie zwar in der Lage, einen wahren Satz zu äußern, aber sie weiß auf der Grundlage dieses Wissens nicht, worin der „point of doing so“43 besteht. Sowenig eine formale Beschreibung der Schachregeln beinhaltet, was es heißt, ein Spiel zu gewinnen, sowenig gibt die Theorie von Sinn und Bedeutung Aufschluss darüber, was es heißt, eine Behauptung aufzustellen, einen Befehl zu erteilen oder eine Frage zu stellen. Für Dummett ergibt sich daraus die Notwendigkeit, Freges Theorie über Sinn und Bedeutung um eine Theorie über die Kraft von Äußerungen zu ergänzen: The theory of sense and reference is then to be supplemented by an account of the various forms of linguistic force that may be attached to a sentence: the theory of force thus supplies an account of the various uses that are actually made of sentences in actual speech.44
Frege behandelt zwar nur Behauptungen (und später auch Fragen), aber mit der Trennung zwischen der Kraft und dem Inhalt von Äußerungen scheint der Grundstein für eine umfassende Theorie sprachlicher Äußerungen gelegt zu sein, wie sie später etwa von Searle oder Dummett entwickelt wird.45 Gelegentlich wird in der Sprechakttheorie sogar Freges Urteils43 44 45
Dummett (1973: 295 f.). Dummett (1973: 416). Im Kapitel „Assertion“ zeigt Dummett auf, wie sich Freges Kraftbegriff auf interrogative, optative und imperative Äußerungen übertragen lässt; siehe Dummett (1973: 295-363). Searles Schema für illokutionäre Akte F(p) basiert eben-
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strich als Symbol für Behauptungen bemüht. Es ist jedoch zu bedenken, dass Frege nie die Absicht hatte, eine Symbolschrift zur systematischen Darstellung von Sprechhandlungen zu entwickeln. Der Urteilsstrich ist ein logisches Zeichen und hat als solches die Aufgabe, eine logische Differenz zu markieren: „Wenn man bei der Darstellung eines Schlusses in meiner Begriffsschrift die Urteilsstriche bei den Praemissensätzen weglässt, fehlte etwas Wesentliches.“46 Wir können dennoch festhalten, dass Frege im Behaupten eine „sprachliche Entsprechung“47 zum logischen Urteilen gesehen hat. Dies wird besonders in den späteren Schriften deutlich, wo er auf den logischen Symbolismus verzichtet und sich zunehmend mit der „Sprache des Lebens“ beschäftigt. Erst in diesem Zusammenhang stoßen wir auch auf den Begriff der behauptenden Kraft. Bei der Bestimmung der behauptenden Kraft von Äußerungen fällt auf, dass Frege stark an unsere Intuition appelliert, da er vorwiegend Fälle anführt, in denen die behauptende Kraft fehlt: Weder das Wort „wahr“48 noch das grammatische Prädikat49 kann als Träger der behauptenden Kraft fungieren. Im Gegensatz zur logischen Sprache, wo ein solcher Träger stipuliert werden kann, „fehlt es in den Sprachen an einem Worte oder Zeichen, das allein die Aufgabe hätte zu behaupten“50. Frege scheint zwar in Erwägung zu ziehen, dass die behauptende Kraft „in der Form des Behauptungssatzes“51 liegt, da wir darin die Anerkennung der Wahrheit aussprechen. Aber die Form eines Behauptungssatzes ist keine Gewähr dafür, dass ein Satz mit behauptender Kraft geäußert wird: Erstens verliert eine Behauptung ihre Kraft, wenn sie in einem hypothetischen Urteil oder in Nebensätzen eingebettet ist,52 und zweitens haben Behauptungen keine Kraft,
46
47 48 49 50 51 52
falls auf der Trennung zwischen Kraft und Inhalt: „Since the same proposition can be common to different kinds of illocutionary acts, we can separate our analysis of the proposition from our analysis of kinds of illocutionary acts.“ (Searle, 1969: 31). Frege (1976: 127). – Frege war der Auffassung, dass man aus falschen Prämissen nichts schließen kann. Frege (1919: 152). Frege (1918: 63); siehe auch Frege (1969: 211, 213, 252, 271, 272). Siehe Frege (1969: 200 f., 214). Frege (1969: 201); siehe auch Frege (1919: 152) und (1969: 183, 214, 272). Frege (1918: 63); siehe auch Frege (1892a: 34), (1919: 152) und (1976: 34). Siehe Frege (1919: 145, 147) und (1969: 183, 214 f., 271).
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wenn sie in einem dichterischen Kontext stehen und bspw. von einem Schauspieler auf einer Theaterbühne geäußert werden.53 Beide Kontexte wirken sich nicht zwingend auf die Form des Behauptungssatzes aus. Es fällt offenbar nicht leicht, zu sagen, worin die behauptende Kraft einer Äußerung besteht. Neben diesen negativen Befunden können wir dennoch zweierlei festhalten. Erstens ist der Inhalt einer Behauptung unabhängig von der Kraft, mit der sie aufgestellt wird. Aus diesem Grund kann die behauptende Kraft einer Äußerung keinem Teil innewohnen, der einen inhaltlichen Beitrag leistet. Es ist derselbe Gedanke, oder – moderner ausgedrückt – derselbe propositionale Gehalt, der mit oder ohne behauptende Kraft geäußert wird. Die behauptende Kraft tritt sozusagen äußerlich zum Inhalt hinzu. Zweitens hält Frege die logische und die grammatische Ausprägung von Behauptungen streng auseinander. Frege hat gesehen, dass die behauptende Kraft in den natürlichen Sprachen im Gegensatz zur logischen Sprache an das Prädikat oder an die Kopula gebunden ist: Der Gedanke ist eigentlich derselbe, ob wir ihn bloß ausdrücken oder ob wir ihn auch als wahr hinstellen. Mithin gehört die behauptende Kraft, die oft mit der Kopula oder sonst mit dem grammatischen Prädikate verbunden ist, nicht zum Gedankenausdrucke […].54
Die Verbindung zwischen dem Prädikat und der behauptenden Kraft besteht also nicht darin, dass erstes der Träger von zweitem ist, aber, so ließe sich Freges Beobachtung auf den Punkt bringen, wenn ein Gedanke mit behauptender Kraft ausgedrückt wird, dann kann dies sprachlich durch das Prädikat signalisiert werden. Logisch ist die Kraft vom Prädikat zu trennen und tritt metaphorisch gesprochen äußerlich an die Proposition heran. Diese Formulierung klingt weit vorsichtiger als Strawsons Kriterium, dass Prädikate eine Sache im behauptenden Modus einführen. Durch die strikte Trennung zwischen Kraft und Inhalt läuft Frege nicht Gefahr, die illokutionäre Kraft von Behauptungen mit der Prädikation zu vermengen und entgeht somit Strawsons Dilemma, dass Prädikate entweder nur in Behauptungen vorkommen oder Behauptungen den primären Fall der Prädikation darstellen, von dem andere Sprechakte in rätselhafter Weise abzuleiten
53 54
Siehe Frege (1892a: 34), (1918: 63), (1969: 211, 214, 252, 269) und (1979: 34). Frege (1969: 192); siehe auch Frege (1919: 152) und (1969: 211, 214 und 269).
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sind. Ich werde im letzten Teil der Frage nachgehen, die sich aufdrängt: Wer hat Recht?
3.
Logik und Grammatik
Zu Strawsons Verteidigung ließe sich anführen, dass der behauptende Modus der Sacheinführung durch ein Prädikat nicht mit Freges behauptender Kraft gleichgesetzt werden kann. Die behauptende Kraft ist ein konstitutiver Bestandteil von Behauptungen: Es gibt keine Behauptungen ohne Kraft, eingebettete Behauptungen und Behauptungen von Schauspielern sind nur „Scheinbehauptungen“.55 Der behauptende Modus hingegen, so könnte man Strawsons Kriterium verteidigen, soll nur eine Möglichkeit andeuten, die dem Subjekt verwehrt bleibt – eine Sache im behauptenden Modus in die Rede einzuführen. Anders als im Fall von Behauptungen folgt daraus nicht, dass jede Äußerung eine Behauptung ist, in der eine Sache im behauptenden Modus eingeführt wird. 3.1
Signalisieren versus konstituieren
Ich habe dargelegt, dass Strawson bei der abgeschwächten Lesart des grammatischen Kriteriums eine systematische Darstellung der Zusammenhänge zwischen dem Behaupten und anderen Sprechakten schuldig bleibt. Jetzt wird ersichtlich, weshalb wir zwischen der starken und der schwachen Interpretation abwägen müssen: Bei den Formulierungen für das grammatische Kriterium schwankt Strawson zwischen einer konstitutiven und einer signalisierenden Prädikatfunktion für Behauptungen hin und her. Meint Strawson mit dem behauptenden Modus bloß, dass Prädikate im Gegensatz zu Subjekten Behauptungen signalisieren können, oder meint er damit viel mehr, dass das Prädikat in einer Weise zur Behauptung beiträgt, die dem Subjekt verschlossen bleibt? Ist der behauptende Modus der Sacheinführung durch Prädikate signalisierend oder konstitutiv für Behauptungen? Während Formulierungen wie „the introduction of a term in such a way as to show that what is introduced into is a proposition“56 und „carry the as-
55 56
Frege (1918: 63). Strawson (1959: 151; meine Hervorhebung).
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sertive indication“57 eher die erste Lesart stützen, legen „it carries the assertive or propositional tie“ und „it not only introduces its term, it also copulates it“58 die zweite Interpretation nahe.59 Prädikate haben, darin ist Strawson zuzustimmen, eine bestimmte signalisierende Funktion. Die dargelegten Probleme ergeben sich allein aus der starken, konstitutiven Variante des grammatischen Kriteriums. Searle zeigt auf, wie an der signalisierenden Funktion von Prädikaten festgehalten werden kann, ohne Prädikation und Illokution zu vermischen: „Predication […] is not a separate act. It is a slice from the total illocutionary act; just as indicating the illocutionary force is not a separate act, but another slice from the illocutionary act.“60 Prädikation und Illokution sind beides Momente eines gesamten illokutionären Aktes, also Momente von Wunschäußerungen, Versprechen, Behauptungen etc. In einer Reihe von Beispielen verschiedener illokutionärer Akte mit stets derselben Prädikation (und derselben Bezugnahme) ist die signalisierende Funktion des Prädikats leicht ersichtlich: „Du bist im Begriff abzureisen“, „Reise ab!“, „Wirst du abreisen?“, „Du reist ab“. Die illokutionäre Kraft beeinflusst das Prädikat in einer Weise, gegen die der Subjektausdruck immun ist. In each case, according to this analysis, the illocutionary force indicating device operates on a neutral predicate expression to determine a certain mode in which the question of the truth of the predicate expression is raised vis-à-vis the object referred to by the subject expression.61
Der Prädikatausdruck kann im Gegensatz zum Subjektausdruck die illokutionäre Kraft der Aussage signalisieren,62 aber der Prädikation selbst ist keine Kraft beigelegt, sie verhält sich neutral in Bezug auf die Illokution. Es ist die illokutionäre Kraft und nicht ein Modus des Prädikats, mit der 57 58
59 60 61 62
Strawson (1959: 160); siehe auch Strawson (1959: 162 und 164). Strawson (1959: 151). – Ein weiteres Beispiel für die konstitutive Lesart gibt Strawson mit „demands a certain kind of completion, namely completion into a proposition or propositional clause“ (Strawson, 1959: 153). Siehe Gibson (2004: 88). Searle (1969: 123). Searle (1969: 122). Die modale Formulierung ist bewusst gewählt. In „Ich wünsche, dass du abreist“ und „Du reist ab“ nimmt das Prädikat trotz unterschiedlicher Illokution dieselbe Form an.
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die Frage des Zutreffens des Prädikats zur Sprache gebracht wird. Die Neutralität der Prädikation wird damit begründet, dass verschiedene illokutionäre Akte einen gemeinsamen Inhalt haben können und daher, ganz im Sinne Freges, zwischen der illokutionären Rolle und dem propositionalen Gehalt zu unterscheiden ist.63 Ich werde im letzten Teil der Frage nachgehen, inwiefern die systematische Beschreibung der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sprechakten die Trennung zwischen Kraft und gemeinsamem Inhalt voraussetzt. Ob Strawson das grammatische Kriterium letztlich im starken oder schwachen Sinn versteht, kann hier nicht entschieden werden. Allein der Umstand, dass er gegen Ende seiner Erörterung zum grammatischen Kriterium in Erwägung zieht, dass der „assertive symbolism“ nur konventionell mit einem bestimmten Ausdruckstyp verknüpft sein könnte64 und auf Grund dieser Zweifel ein „kategoriales Kriterium“65 – sozusagen ein metaphysisches Pendant zur grammatischen Asymmetrie – entwickelt, spricht jedoch dagegen, dass er ausschließlich die signalisierende Funktion von Prädikaten im Sinn hat. Fest steht, dass Strawson die Grenze zwischen der Logik und der Grammatik des Behauptens nicht in der Deutlichkeit zieht, wie dies Frege und Searle vorschlagen. Die unscharfe Trennung zwischen Logik und Grammatik führt zu missverständlichen Formulierungen, die u. a. Geach dazu verleiten, Strawson die Vermengung von Prädikation und behauptender Kraft zu unterstellen. Im letzten Abschnitt soll nun die eigentliche Stärke von Freges Kraft-Begriff aufgezeigt werden. 3.2
Die Inhalt-Kraft-Unterscheidung
Einerseits hat Freges Trennung zwischen Inhalt und Kraft den Vorteil, dass sie eine Analyse verschiedener Sprechakte mit demselben propositionalen Gehalt ermöglicht. Andererseits stellen Freges Ausführungen zur behauptenden Kraft nur bedingt zufrieden, da sie mehrheitlich negativ oder metaphorisch sind: Die Kraft einer Behauptung kommt keinem Satzteil zu, sondern tritt äußerlich an den ausgedrückten Gedanken heran. Wird der Kraftträger äußerlich und nicht im Satz lokalisiert, lässt sich Strawsons 63 64 65
Siehe Searle (1969: 123). Siehe Strawson (1959: 163). Siehe Strawson (1959: 187).
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Konsequenz vermeiden, dass entweder nur Behauptungen Prädikate enthalten oder alle Sprechakte mit Behauptungen zusammenhängen. Alternativ könnte man die Kraft einer Äußerung keinem Satzteil, sondern dem propositionalen Gehalt zuschreiben. Dieser Ansatz wurde jüngst von Peter Hanks verfolgt, der für die restlose Auflösung der InhaltKraft-Unterscheidung plädiert.66 Merkwürdigerweise nimmt Hanks den Begriff der Kraft dennoch in Anspruch und unterscheidet zwischen assertiven, interrogativen und imperativen Propositionen. Anlass zu dieser kühnen Unterscheidung bietet die Beobachtung, dass Sätze wie „Jones knows that Smith is tall“ und „Jones knows whether Smith is tall“ einen unterschiedlichen Wahrheitswert haben können. Wenn Jones weiß, dass Smith nicht groß ist, dann ist der zweite Satz wahr und der erste falsch. Hanks meint, dass nur die Preisgabe der von Frege stark gemachten Trennung zwischen Inhalt und Kraft es erlaubt, den ersten Satz im Sinne eines Ausdrucks einer assertiven, den zweiten im Sinne eines Ausdrucks einer interrogativen Proposition zu verstehen. Hanks ist der Ansicht, dass Freges stärkstes Argument für die InhaltKraft-Unterscheidung in der Erkenntnis besteht, dass die behauptende Kraft einer Äußerung fehlt, wenn sie in ein Konditional eingebettet wird oder, was für Hanks auf dasselbe hinausläuft, aus dem Mund eines Schauspielers auf der Bühne kommt.67 Hanks beanstandet, dass dieses Argument nicht zeigt, dass die Kraft einer Äußerung immer von deren Inhalt getrennt ist, und schlägt im Gegenzug vor, Inhalte stets mit einem Kraft-Element ausgestattet zu begreifen, welches unter besonderen Umständen getilgt werden kann: „contents come bound with an element of force. ‚If‘ can cancel assertoric force only if there is an element of force there to be cancelled“.68 So attraktiv die Idee erscheint, den Inhalt von Äußerungen mit KraftElementen zu versehen – Hanks übersieht Freges eigentliches Argument für die Inhalt-Kraft-Unterscheidung. Wenn wir nicht zwischen dem Inhalt und der Kraft von Äußerungen unterscheiden, dann ist es bspw. unmöglich
66 67 68
Siehe Hanks (2007). Siehe Hanks (2007: 153 und 155). Hanks (2007: 156).
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zu erkennen, dass in einer Behauptung die Antwort auf eine gestellte Frage steckt. Das Wesen der Frage erfordert die Scheidung des Fassens des Sinns vom Urteilen. Und da der Sinn eines Fragesatzes immer auch in dem Behauptungssatze steckt, in dem die Antwort auf die Frage gegeben wird, ist diese Scheidung auch im Behauptungssatze durchzuführen.69
Während Strawson das assertorische Moment von Behauptungen an den behauptenden Modus der Sacheinführung von Prädikaten knüpft, wird es bei Hanks dem propositionalen Gehalt zugeschrieben. Bei Strawson vermissen wir den systematischen Zusammenhang zwischen Behauptungen und anderen Sprechakten, bei Hanks scheint die systematische Beschreibung der Zusammenhänge zwischen verschiedenen illokutionären Akten gleichen Gehalts verunmöglicht zu werden. Beide Autoren bleiben uns letzten Endes eine Erklärung schuldig, wie verschiedene illokutionäre Akte, „nachdem die […] Kraft, mit der sie etwa ausgesprochen sind, abgezogen ist, etwas Gemeinsames im Inhalte“70 haben können. Der Umstand, dass wir genau das bestreiten können, was jemand behauptet, und mit einer Behauptung genau das beantworten können, wonach gefragt wurde, macht die Unterscheidung zwischen Inhalt und Kraft in einer Weise erforderlich, wie sie Frege in Bezug auf Behauptungen logisch und grammatisch beschreibt. Weshalb für Frege die behauptende Kraft auch in der Logik berücksichtigt werden muss, ist damit allerdings nicht geklärt.*
Literatur Dummett, M. A. E. (1973) Frege. Philosophy of Language. London: Duckworth. Frege, G. (1879) „Begriffsschrift“. Halle/S.: Louis Nebert; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1993) Begriffsschrift und andere Aufsätze. Hildesheim: Olms. — (1891) „Funktion und Begriff“. Jenaische Gesellschaft für Medizin und Naturwissenschaft, 1-31; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1990) Kleine Schriften. Hildesheim: Olms, 125-142. 69 70 *
Siehe Frege (1919: 145). Frege (1979: 102). Für die hilfreichen Kommentare zu früheren Fassungen dieses Aufsatzes danke ich Dominique Kuenzle, Julia Langkau und Joachim Schulte.
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— (1892a) „Über Sinn und Bedeutung“. Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 100, 25-50; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1990) Kleine Schriften. Hildesheim: Olms, 143-162. — (1892b) „Über Begriff und Gegenstand“. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie 16, 192-205; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1990) Kleine Schriften. Hildesheim: Olms, 167-178. — (1893) Grundgesetze der Arithmetik. Bd. I. Jena: Hermann Pohle; zit. nach: Thiel, Ch. (Hg.) (1998) Grundgesetze der Arithmetik I/II. Hildesheim: Olms. — (1918) „Der Gedanke“. Beiträge zur Philosophie des Deutschen Idealismus 1, 5877; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1990) Kleine Schriften. Hildesheim: Olms, 342-362. — (1919) „Die Verneinung“. Beiträge zur Philosophie des Deutschen Idealismus 1, 143-157; zit. nach: Angelelli, I. (Hg.) (1990) Kleine Schriften. Hildesheim: Olms, 362-378. — (1969) Nachgelassene Schriften. Hg. H. Hermes et al. Hamburg: Felix Meiner. — (1976) Wissenschaftlicher Briefwechsel. Hg. G. Gabriel et al. Hamburg: Felix Meiner. Geach, P. T. (1950) „Subject and Predicate“. Mind 59, 461-482. — (1965) „Assertion“. Philosophical Review 74, 449-465. Gibson, M. I. (2004) From Naming to Saying. Oxford: Basil Blackwell. Hanks, P. (2007) „The Content-Force Distinction“. Philosophical Studies 134, 141164. Ramsey, F. P. (1925) „Universals“. Mind 34, 401-417. Searle, J. R. (1969) Speech Acts. Cambridge: Cambridge University Press. — (1979) Expression and Meaning. Cambridge: Cambridge University Press. Strawson, P. F. (1950) „On Referring“. In: Strawson, P. F. (1971) Logico-Linguistic Papers. London: Methuen, 1-27. — (1959) Individuals. An Essay in Descriptive Metaphysics. London: Methuen. — (1970) „The Asymmetry of Subject and Predicate“. In: Strawson, P. F. (1971) Logico-Linguistic Papers. London: Methuen, 96-115. — (1974/2004) Subject and Predicate in Logic and Grammar. Burlington: Ashgate.
Wahrheit und Kommunikation Sarah-Jane Conrad
1.
Drei Plattitüden und eine Frage
In Meaning and Truth (1970) nennt Peter F. Strawson zwei sich gegenseitig ergänzende Plattitüden, denen eine adäquate Semantik gerecht werden muss: Erstens hängt die Satzbedeutung systematisch von der Bedeutung der darin vorkommenden Wörter ab.1 Zweitens ergibt sich die Wortbedeutung aus ihrem systematischen Beitrag, den sie zur Satzbedeutung leistet.2 Diesen beiden gemeinhin unter den Bezeichnungen „Kompositionalitätsprinzip“ und „Kontextprinzip“ bekannten Plattitüden glaubt Strawson eine dritte hinzufügen zu können, nämlich, dass sämtliche semantischen Begriffe letztlich in der Kommunikation verankert sind; so der Begriff von Bedeutung allgemein, aber auch die spezifischeren Begriffe der konventionalen Bedeutung und der kompositionalen, d. h. der sprachlichen Bedeutung, bei der die beiden eingangs erwähnten Prinzipien zur Anwendung kommen. Strawson macht geltend, dass sie alle sich mit dem Begriff der kommunikativen Absicht analysieren lassen und eben diesem ihre Verankerung in der Kommunikation verdanken.3 Die fraglichen Zusammenhänge zeichnet er in seinem Stufenmodell der Bedeutung – fortan SMdB genannt – nach. Mit dieser dritten Plattitüde kritisiert Strawson jene formalsemantischen Theorien der Bedeutung und Sprache, die behaupten, die Kenntnis der Sprache setze keine Kenntnis ihrer kommunikativen Verwendung voraus. Gemäß dieser Auffassung sind alle semantischen Begriffe unabhängig davon erfassbar, wozu Sprache verwendet wird, und ihr kommunikativer Gebrauch wird als bloß zufälliges Merkmal angesehen.4 Wesentlich für die 1 2 3 4
Siehe Strawson (1970a: 4). Siehe Strawson (1970a: 4). Siehe Strawson (1970a: 6 ff.) oder auch (1997: 230 f.). Siehe Strawson (1970a: 5) und (1997: 230 f.).
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Analyse der Bedeutung ist hingegen der Wahrheitsbegriff. Auf seiner Grundlage lässt sich eine vollständige, rekursiv aufgebaute Semantik einer Sprache bestimmen. Vertreten wird diese Position mitunter von Donald Davidson,5 den Strawson stellvertretend erwähnt.6 Offenkundige Schwächen dieses Ansatzes werden Strawson zufolge darin sichtbar, dass die Bedeutung von Sätzen nicht stets als Wahrheitsbedingungen interpretierbar ist, nämlich dann etwa nicht, wenn der fragliche Satz nicht im Indikativmodus steht.7 Auch trage die Bedeutung zahlreicher Ausdrücke, wie bspw. diejenige von „aber“, nichts zum wahrheitswertfähigen Gehalt eines geäußerten Satzes bei.8 Diese beiden Kritikpunkte bringen die formal orientierte Position in Misskredit, denn sie zeigen, dass eine Semantik, die den Wahrheitsbegriff derart ins Zentrum stellt, wenn nicht gerade falsch, so doch immerhin zu wenig allgemein ist und als semantische Theorie nicht ausreicht. Unweigerlich droht der Ansatz mit den beiden eingangs erwähnten Plattitüden in Konflikt zu geraten, da der Anspruch, eine vollständige Semantik beschreiben zu können, nur mehr schwer einlösbar scheint. Antworten und Ergänzungen auf diese zwei Vorwürfe seitens formalsemantischer Ansätze sind denkbar, wie Strawson das auch einräumt,9 ohne dass ich an dieser Stelle eigens darauf eingehen möchte. Völlig aussichtslos scheint die Angelegenheit für die kritisierte Position zu werden, wenn Strawson mit seinem dritten Kritikpunkt Recht behalten sollte: Diesem zufolge lässt sich der Begriff der Wahrheit erst in Abhängigkeit von Sprechakten erfassen, namentlich der Sprechakte des (Tatsachen-)Feststellens (statement) bzw. des Behauptens (assertion) oder der Annahme (supposition). Für deren Analyse wiederum muss der Begriff der kommunikativen Absicht herangezogen werden. Dieser nimmt damit, erstens, gegenüber dem Wahrheitsbegriff eine logische Vorrangstellung ein und verankert, zweitens, Wahrheit kommunikativ.10 Nicht genug also, dass Wahrheit als Ausgangspunkt für eine semantische Analyse nicht ausreicht; 5 6 7 8 9 10
Siehe Davidson (1967) und (1970). Siehe Strawson (1970a: 10). Siehe Strawson (1970a: 11). Siehe Strawson (1970a: 11). Siehe Strawson (1970a: 12). Siehe Strawson (1970a: 15 f.).
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der seitens formalsemantisch orientierter Ansätze gewählte Begriff hängt von einem letztlich kommunikativ-semantisch geprägten Begriff ab. Damit scheint die Behauptung, Bedeutung und Sprache ließen sich unabhängig von ihrem Gebrauch in der Kommunikation erfassen, gänzlich verfehlt zu sein. Freilich behauptet Strawson nicht, dass der Wahrheitsbegriff für eine Sprechakttheorie gar keine Rolle spielt.11 Er legt mit seiner Kritik lediglich den Finger auf die begriffliche Vorrangstellung von kommunikativen Absichten gegenüber Wahrheit und unterstreicht deren analytische Leistung für eine Semantik. Zudem wird dem Wahrheitsbegriff in dieser eine weit bescheidenere Rolle zugewiesen, als die formalsemantischen Ansätze vorschlagen, da er nur bei Sprechakten eines bestimmten Typs wirklich von Belang zu sein scheint. Der Wahrheitsbegriff ist demnach nicht hinreichend für die Bedeutungsanalyse und je nach Sprechakt nicht einmal notwendig. Meines Erachtens ist Strawson über weite Teile zuzustimmen und es verhält sich nachgerade trivialerweise so, dass zahlreiche Aspekte der Sprache sich erst vor dem Hintergrund ihrer Verwendung in der Kommunikation erfassen lassen. Ob daraus auch folgt, dass der Wahrheitsbegriff erst im Kontext der Sprechakttheorie erfassbar ist, möchte ich allerdings in Frage stellen. Strawson selber etabliert den Wahrheitsbegriff nämlich in einem ganz anderen Zusammenhang, namentlich im Rahmen seiner erkenntnistheoretischen und metaphysischen Überlegungen. Es lässt sich zeigen, dass dieser Wahrheitsbegriff nebst dem Absichtsbegriff als ebenso wichtiger Begriff dem SMdB zugrunde gelegt werden muss. Er ist für die Analyse von Bedeutung zentral und nachgerade unverzichtbar für eine Semantik, die den beiden eingangs erwähnten Plattitüden Rechnung tragen will. Die Begründung dafür liefert Strawson selber. Ehe ich den Nachweis erbringe, dass der Wahrheitsbegriff gemäß Strawsons eigenen Aussagen weder wesentlich kommunikativ ist noch verzichtbar für eine semantische Analyse, rekonstruiere ich in einem ersten Schritt Strawsons Argumentation für eine wesentlich kommunikative Verankerung aller semantischen Begriffe. Zwar fallen seine Ausführungen reichlich programmatisch aus – dessen ist sich Strawson durchaus be11
Siehe (1970a: 11 f.).
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wusst12 – und entsprechend skizzenhaft wird die Darstellung des Zusammenhangs von kommunikativen Absichten und Bedeutung ausfallen. Dennoch dürfte sie ausreichen, um die Stoßrichtung seiner Überlegungen darin zu erkennen. Anschließend konfrontiere ich diese mit Strawsons Ausführungen zu identifizierender Bezugnahme und Zuschreibung und zeige, wie diese Begriffe den Wahrheitsbegriff implizieren. Und eben dieser ist für die Bedeutungsanalyse unverzichtbar. Zudem liefert der Wahrheitsbegriff durch seine Anbindung an identifizierende Bezugnahme und Zuschreibung eine Reihe struktureller Auflagen für die Grammatik einer natürlichen Sprache.
2.
Strawsons semantisches Programm
Zwei Überlegungen liegen Strawsons semantischem Projekt zugrunde: First, present and elucidate a primitive concept of communication (or communication-intention) in terms which do not presuppose the concept of linguistic meaning; then show that the latter concept can be, and is to be explained in terms of the former.13
In Anlehnung an Herbert Paul Grice14 verwendet Strawson für die Klärung des Begriffs der Kommunikation und des Begriffs der sprachlichen Bedeutung einen intentionalistisch geprägten Ansatz, welcher dem Begriff des Meinens eine zentrale Rolle einräumt. Etwas zu meinen heißt, dass eine Sprecherin mit ihrer Äußerung, der eine Reihe komplexer Absichten zugrunde liegen, eine bestimmte Reaktion bei einem Hörer hervorrufen will; sei es, dass dieser zu einer bestimmten Überzeugung gelangt oder er aber etwas Bestimmtes tut.15 Wesentlich kommunikativ ist Meinen gemäß Strawson deshalb, weil eine Sprecherin erst dann etwas mit ihrer Äußerung meinte, wenn der Hörer auch verstanden hat, was sie mit ihrer Äußerung beabsichtigte.16 12 13 14 15 16
Siehe Strawson (1970a: 9). Strawson (1970a: 5). Siehe Grice (1957), (1968), (1969: 86 ff.) sowie (1975: 25 f.). Siehe Strawson (1970a: 6). Siehe Strawson (1964a: 121). – Andere Stellen deuten darauf hin, dass Strawson das tatsächliche Verstehen nicht für notwendig hält. Die folgende Kritik greift bei beiden Lesarten.
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Die besondere Rolle von Meinen für eine Semantik erklärt sich nun dadurch, dass eine Sprecherin mit ihrer Äußerung etwas meinen kann, ohne dass sie dazu eine sprachliche Äußerung macht: Was eine Sprecherin meinte, hängt lediglich von ihren komplexen Absichten ab. Die beabsichtigte Reaktion wiederum legt fest, was die verwendete Äußerung bedeutet. Der Meinensbegriff liefert damit die Grundlage, um eine erste, wenn auch wesentlich sprecherbezogene Form der Bedeutung zu bestimmen, ohne dabei auf semantisches Vokabular zurückgreifen zu müssen. Nun sind kommunikative Absichten nicht bloß für die wesentlich sprecherabhängige Bedeutung zentral. Gemäß Strawson lassen sich auf ihrer Grundlage sowohl die konventionale Bedeutung wie auch die kompositionale, also die sprachliche Bedeutung bestimmen. Die konventionale Bedeutung fasst er als Anwendungsregel für einen Äußerungstyp auf.17 Dessen konventionale Bedeutung ergibt sich aus früheren, erfolgreichen Anwendungen, bei der eine Sprecherin mit ihrer Äußerung etwas meinte. Die frühere, erfolgreiche Verwendung legt eine weitere Anwendung nahe: „Because it has worked, it becomes established; and then it works because it is established.“18 Weil früher gemachte Äußerungen mit in die Begründung für konventionale Bedeutung fließen, ist der Begriff der kommunikativen Absicht wesentlich für ihre Analyse. Im Dunkeln bleibt allerdings, ob kommunikative Absichten für sich genommen hinreichen, um die stabile Verwendung der Äußerung mit einer bestimmten Bedeutung und deren normative Kraft zu erklären, oder ob diese Merkmale von Konventionen begrifflich anderweitig zu begründen sind. Im Rahmen meiner Untersuchung kann diese Frage aber beiseite gelassen werden. Jedenfalls ist mit der Bestimmung des Konventionenbegriffs ein entscheidender Schritt getan für die Klärung des Begriffs der sprachlichen Bedeutung. In einem nächsten Schritt muss die systematische Abhängigkeit der Satz- und Wortbedeutung erklärt werden, und zwar so, dass die Explikation den beiden eingangs erwähnten Prinzipien gerecht wird. Strawsons Vorschlag dazu lautet wie folgt: But there is no reason in principle why a pre-conventional utterance should not have a certain complexity – a kind of complexity which allowed an utterer, hav17 18
Siehe Strawson (1970a: 8). Strawson (1970a: 8).
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Sarah-Jane Conrad ing achieved one communication-success, to achieve another by repeating one part of the utterance while varying the other part, what he means on the second occasion having something in common with, and something which differentiates it from, what he meant on the first occasion. And if it does thus achieve a second success, the way is open for a rudimentary system of utterance-types to become established.19
Gemäß diesen Ausführungen kann das Gemeinte komplex sein, d. h., es lassen sich darin verschiedene Bestandteile unterscheiden. Analog zur obigen Analyse von Konventionen, bei welcher der frühere, erfolgreiche Gebrauch der Äußerung ihre neuerliche Verwendung motiviert, um etwas Typähnliches zu meinen, veranlasst nun eine frühere erfolgreiche Anwendung der komplexen Äußerung den erneuten Gebrauch einzelner Bestandteile der Äußerung und der dazugehörigen Bedeutung, während andere variiert werden.20 Die wiederholte Verwendung eines Äußerungsbestandteils in derselben Funktion wird zeigen, welchen systematischen Beitrag dieser zur Bedeutung des Äußerungstyps oder besser zur Satzbedeutung leistet. Als Folge dieses wiederholten Gebrauchs in der Kommunikation kristallisiert sich allmählich die syntaktische und semantische Rolle des Ausdrucks heraus. Die Analyse der Kompositionalität fußt damit ebenfalls wesentlich auf dem Begriff der kommunikativen Absicht. Wiederum bleibt allerdings unklar, ob der Begriff für sich genommen hinreicht für die Begründung einer kompositionalen Semantik oder ob andere Begriffe hinzugezogen werden müssen. Auf diesen Punkt komme ich weiter unten zurück.
3.
Von Meinen über Sprechakte zu Wahrheit
Strawson fasst – im Unterschied zu Grice – Mit-einer-Äußerung-etwasMeinen als Sprechakt auf. Dreh- und Angelpunkt seiner Theorie der Bedeutung und Sprache sind demnach Sprechakte. Nun behauptet Strawson, und das ist der entscheidende Punkt seiner Kritik gegenüber formalsemantischen Theorien, dass der Begriff der Wahrheit mit Sprechakten eines bestimmten Typs wesentlich verknüpft sei, namentlich mit Sprechakten des Feststellens (statement), des Behauptens (assertion) bzw. der Annahme 19 20
Strawson (1970a: 8 f.). Siehe Strawson (1970a: 8 f.).
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(supposition).21 Denn im Zusammenhang mit diesen Sprechakten stelle sich überhaupt erst die Frage nach Wahrheit: Eine Feststellung ist genau dann wahr, wenn sich die Dinge so verhalten, wie es von der Sprecherin festgestellt wurde.22 Folglich könne die Wahrheitsfrage nicht unabhängig von Sprechakten eines bestimmten Typs und ihren Gehalten angegangen werden; das zumindest behauptet Strawson. Und insofern der Begriff der kommunikativen Absicht für die Analyse von Sprechakten wesentlich ist, gibt es zwischen Wahrheit und Kommunikation eine enge begriffliche Verbindung, bei der kommunikative Absichten vorrangig sind.
4.
Vier Thesen und eine Frage
Soweit also Strawsons Argumentation für eine wesentliche Verankerung der sprachlichen Bedeutung in der Kommunikation. Im Kern werden vier Thesen aufgestellt: Erstens liefern die dem Meinen zugrunde liegenden kommunikativen Absichten wichtige Einsichten zum Begriff der Bedeutung und verankern diesen in der Kommunikation. Bedeutung und Kommunikation sind damit begrifflich aufs engste miteinander verbunden. Zweitens sind spezifischere Formen der Bedeutung auf eine Wiederholung von erfolgreich Gemeintem (konventionale Bedeutung) bzw. Wiederholungen und Variierungen unterschiedlicher Elemente des Gemeinten (kompositionale Bedeutung) zurückzuführen und damit ebenfalls wesentlich kommunikativ. Mit der Analyse der kompositionalen Bedeutung ist zudem die Möglichkeit gegeben, eine Semantik zu begründen, die den beiden eingangs formulierten Plattitüden entspricht und also dem Kontextprinzip und dem Kompositionalitätsprinzip genügt, was die Analyse als adäquat auszuweisen scheint. Aufgrund des begrifflich-genetischen Zusammenhangs von Äußerungs- und Satzbedeutung können Sprache und Kommunikation, anders als von formalsemantischer Seite her behauptet, gar nicht verschieden sein. Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass die konventionale Bedeutung gemäß Strawson es erlaubt, die Kommunikation effizienter zu gestalten. Das gilt auch für die Systematizität, die aus der Analyse kompositionaler Bedeutung hervorgeht, denn sie wirkt sich ebenfalls 21 22
Der Einfachheit halber spreche ich im Folgenden nur noch von Feststellen. Siehe Strawson (1970a: 15).
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leistungssteigernd aus. So können beide Merkmale mit den für die Kommunikation resultierenden Vorzügen begründet werden.23 Meinen selber fasst Strawson als Sprechakt auf. Entsprechend sind alle relevanten Begriffe für eine adäquate Beschreibung der Sprache nicht nur kommunikativ, sondern auch sprechakttheoretisch. Nicht zuletzt gilt das auch für den Wahrheitsbegriff. Dieser muss im Kontext von Sprechakten eines bestimmten Schlags analysiert werden, nämlich den Sprechakten des Behauptens, des Aussagens oder des Feststellens, allesamt spezielle Varianten von Meinen. Wahrheit, so lässt sich Strawsons Behauptung zusammenfassen, steht demnach in Verbindung mit einem Begriff, der seinerseits semantisch und kommunikativ ist. Viertens folgt, dass mit Strawsons SMdB eine Theorie der Bedeutung und eine Theorie des Verstehens in einem vorliegt. Das Modell erfüllt also einen Anspruch, den Strawson an anderer Stelle für eine jede Semantik der Alltagssprache für unabdingbar hält.24 Sollte das grob umrissene Projekt prinzipiell umsetzbar sein, dann wäre damit gezeigt, dass alle wichtigen Begriffe für eine theoretische Beschreibung der Sprache wesentlich kommunikative Begriffe sind. Ist dem aber tatsächlich so? Es gibt gute Gründe, einige von Strawsons Behauptungen anzuzweifeln – insbesondere jene, dass Wahrheit wesentlich an Kommunikation geknüpft ist. Er selber etabliert den Wahrheitsbegriff nämlich auch gänzlich unabhängig von Sprechakten, und zwar in Verbindung mit seiner metaphysischen Unterscheidung von Einzelnem und Allgemeinem; genauer ausgedrückt, in Verbindung mit seiner Unterscheidung von Ding und Begriff bzw. von Ding und Universalie und den damit zusammenhängenden Ausführungen zu logischem Subjekt und Prädikat. In diesem Zusammenhang erscheint der Wahrheitsbegriff nicht nur als unabhängig von Meinen, sondern erweist sich als zentrale Voraussetzung für Meinen.25 Dieser Wahrheitsbegriff ist es dann auch, den Strawson seiner Analyse von sprachlicher Kompositionalität zugrunde legt, wie aus seinen Ausführungen zur sogenannt wesentlichen Grammatik (essential grammar) hervorgeht.26 Das wiederum heißt, dass es den entsprechenden Wahrheits23 24 25 26
Siehe Strawson (1970a: 7 und 21 ff.). Siehe Strawson (1992: 87 und Kapitel 8). Siehe Strawson (1970a: 18 f.). Siehe Strawson (1974/2004: Kapitel 3).
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begriff braucht für eine Theorie der sprachlichen Bedeutung, die den zwei Plattitüden genügt.
5.
Meinen, Wahrheitsanspruch und Überzeugung
Zweifelsohne verfolgt eine Person, die etwas feststellt, normalerweise ein klar kommunikatives Ziel: Mit ihrer Feststellung bringt sie für gewöhnlich eine bestimmte Überzeugung zum Ausdruck und teilt diese ihrem Gegenüber mit.27 In der Regel möchte sie nicht nur verstanden werden, sondern will darüber hinaus den Angesprochenen dazu bringen, das Festgestellte zu glauben. Entscheidend ist dabei, dass die Äußerung als Ausdruck von etwas Wahrem gilt und die Sprecherin die Äußerung mit einem Wahrheitsanspruch macht. Eine Verbindung von Feststellen und Wahrheit in diesem ersten Sinne gehört wesentlich zum Begriff des Feststellens.28 Ob der Wahrheitsanspruch gerechtfertigt ist oder nicht, hängt davon ab, ob die Feststellung wahr oder falsch ist. Wahr ist sie dann, wenn die mit der Äußerung zum Ausdruck gebrachte Überzeugung wahr ist. Entsprechend ist es nahe liegend, die Erfüllungsbedingungen der Feststellung mit den Wahrheitsbedingungen der Überzeugung, welche sie ausdrückt, in Beziehung zu setzen. 29 Eine Sprache, mit welcher bestimmte Gedanken zum Ausdruck gebracht werden sollen und eine Feststellung gemacht oder, allgemeiner ausgedrückt, etwas gemeint werden kann, muss demnach gewissen Anforderungen genügen. Offenkundig leitet sich ein Teil dieser Anforderungen davon ab, was es heißt, eine Überzeugung zu haben; damit meine ich Überzeugungen beliebiger Art, insbesondere aber auch Überzeugungen, die von der Welt handeln. Welche Anforderungen das sind und was dabei vorausgesetzt werden muss, beschreibt Strawson an verschiedenen Stellen. Seine Ausführungen zu diesem Thema bilden zweifelsohne das Kernstück seiner Philosophie.30 27 28
29
30
Siehe Strawson (1992: 97). Eine vollständige Analyse des Sprechakts des Feststellens ist damit nicht gegeben, doch für meine Zwecke reicht die Darstellung aus. Diese Redeweise ist vage; wie Strawson selber den Zusammenhang meiner Meinung nach sieht, wird gleich klarer. Siehe Strawson (1995: 9) und (1998: 383).
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6.
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Überzeugungen, die von der Welt handeln
Überzeugungen zu haben, die von der Welt handeln, setzt Strawson zufolge voraus, dass jemand auf einen Gegenstand identifizierend Bezug nimmt und diesem etwas zuschreibt. Bezugnahme und Zuschreibung charakterisieren die zwei grundlegenden Funktionen unseres Denkens, das wesentlich eine Subjekt-Prädikat-Struktur aufweist. Der logische Gegensatz spiegelt lediglich die beiden Kernfunktionen unseres Denkens.31 Gemeinsam erlauben Identifikation und Zuschreibung, etwas von etwas festzustellen. Bei der Identifikation und der Zuschreibung wird auf Unterschiedliches Bezug genommen, nämlich auf ein Ding (Gegenstand, Ereignis, Prozess) einerseits, und mittels Begriffen auf eine Universalie andererseits.32 Das ist der Kern von Strawsons Termtheorie: Bei der Identifikation und der Zuschreibung werden zwei unterschiedliche Elemente eingeführt, ein Einzelnes und ein Allgemeines.33 Und die zwei grundlegenden Funktionen des Denkens sowie der logische Gegensatz von Subjekt und Prädikat fußen auf diesem metaphysischen Gegensatz von Ding und Begriff bzw. Ding und Universalie.34 Ihre Verschiedenheit sowie die daraus resultierenden Bedingungen für die Einführung der jeweiligen Elemente begründen eventuelle epistemologische und logische Unterschiede.35 Die Möglichkeit, eine Überzeugung zu haben, die von der Welt handelt, setzt demnach den epistemologischen Gegensatz von identifizierender Bezugnahme und Zuschreibung – beides (Denk-)Akte – voraus, der seinerseits auf dem metaphysischen Gegensatz von Einzelnem und Allgemeinem fußt. Sind aber die fraglichen Gegensätze erst einmal gegeben und Identifikation und Zuschreibung möglich, dann liegt mit diesen auch Wahrheit vor. So nämlich der identifizierte Gegenstand das festgestellte Merkmal aufweist und also unter die zugeschriebene Universalie fällt, ist eine Tatsa31 32
33 34 35
Siehe Strawson (1974/2004: 16). Strawson unterscheidet die Ausdrücke „Begriff“ und „Universalie“ nicht immer konsequent und teilweise setzt er sie sogar gleich. Eventuelle Unterschiede können hier ignoriert werden. Siehe Strawson (1959: 146). Siehe Strawson (1959: Kapitel 5.2). Die Konsequenzen für den epistemologischen und logischen Gegensatz behandelt Strawson zu unterschiedlichen Zeiten verschieden; siehe Strawson (1959: Teil II), (1970b) und (1974/2004: Kapitel 1).
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che festgestellt worden, und die fragliche Überzeugung ist wahr; falsch hingegen ist die fragliche Überzeugung dann, wenn der identifizierte Gegenstand nicht unter die Universalie fällt. Bezugnahme und Zuschreibung implizieren somit einen Begriff der Wahrheit, der aufgrund seiner epistemisch-metaphysischen Verankerung grundlegender ist als der an Sprechakte gebundene Wahrheitsbegriff. Obgleich nämlich in diesem Zusammenhang von Tatsachen-Feststellen die Rede ist, ist es doch wichtig hervorzuheben, dass die festgestellte Tatsache nicht zwingend kommuniziert werden muss und einfach nur die Überzeugung von jemandem beschreiben kann. Der Gehalt dieser Überzeugung – Strawson nennt diesen „Proposition“ – kann zwar mittels Sprechakten ausgedrückt und kommuniziert werden, muss es aber nicht, weil Propositionen in keiner Weise an Sprache gebunden sind.36 Sie sind es jedoch, die wahr oder falsch sind: […] that the fundamental bearers of the properties of truth or falsity, the fundamental subjects of the predicates ‚true‘ and ‚false‘, are not linguistic items, neither sentences nor utterances of sentences. It is not, when we speak or write, the words we then use, but what we use them to say, that is in question. […] Whatever term we use for items of this kind – and I perhaps date myself by being content with old-fashioned ‚proposition‘ – the essential point is that such an item is not identified with an inscription or an utterance or a type of inscription or utterance; […]37
Strawsons Behauptung, Wahrheit sei wesentlich an Sprechakte gebunden und deshalb kommunikativ, scheint demzufolge schlicht falsch zu sein – zumindest auf den ersten Blick. Ein Einwand scheint möglich.
36
37
Tatsächlich behandelt Strawson in Meaning and Truth eine Variante dieses Vorschlags und prüft, ob der Begriff von Eine-Überzeugung-zum-AusdruckBringen einer formalsemantischen Theorie dienstbar gemacht werden könnte. Er kommt zum Schluss, dass der Begriff wesentlich kommunikativ sei. Meines Erachtens übersieht Strawson dabei, dass eine Überzeugung zu haben nicht kommunikativ ist, und dass der Begriff der Wahrheit bereits an das Haben und nicht erst an das Ausdrücken von Überzeugungen geknüpft ist; siehe Strawson (1970a: 18 f.). Strawson (2003: 13).
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7.
Identifikation und Kommunikation
Bekanntlich behandelt Strawson den Begriff der eindeutigen Identifikation in Individuals anhand einer Situation, in der ein Sprecher für einen Hörer einen ganz bestimmten Gegenstand eindeutig herausgreifen will. Strawson schreibt dazu: But when a speaker makes an identifying reference to a particular, and his hearer does, on the strength of it, identify the particular referred to, then, I shall say, the speaker not only makes an identifying reference to, but also identifies, that particular.38
Zu den Bedingungen einer erfolgreichen Identifikation gehört diesem Zitat zufolge, dass der Hörer versteht, worauf der Sprecher Bezug nehmen wollte. Aufgrund der Äußerung greift er denselben Gegenstand heraus. Der Begriff der Identifikation scheint demnach den Begriff der Kommunikation wesentlich zu enthalten und es reicht nicht aus, dass einzig der Sprecher einen Gegenstand identifiziert; zusätzlich muss der Hörer denselben Gegenstand identifizieren. Welche Gründe mögen Strawson dazu bewogen haben, die Identifikation an das Verstehen seitens Hörer zu binden? An dieser Stelle von Individuals steht eine Analyse von Kommunikation oder von Sprechakten sicherlich nicht im Vordergrund. Vielmehr geht es Strawson im Rahmen seines metaphysischen Projekts um mögliche ontologische Schlüsse. Diese kann er zweifelsfrei ziehen, wenn der Sprecher eine gemachte Identifikation („makes an identifying reference“) erfolgreich mitteilen kann. Gelingt ihm das nämlich und bezieht sich der Hörer aufgrund der Äußerung des Sprechers auf genau denselben Gegenstand („identifies“), dann hat dieser nicht nur verstanden, dass der Sprecher einen Gegenstand identifizieren wollte; vor allem kann nun gefolgert werden, dass es den fraglichen Gegenstand geben muss; denn andernfalls macht die Redeweise, der Hörer habe denselben Gegenstand aufgrund der Äußerung des Sprechers identifiziert, keinen Sinn. Tatsächlich geht es Strawson in Individuals um die Voraussetzungen (Präsuppositionen), die gegeben sein müssen, damit Kommunikation in der beschriebenen Form gelingen kann:39 Erfolgreiche Identifikation setzt einen Typ grundlegender Einzel38 39
Strawson (1959: 16). Siehe Strawson (1964b: 76 ff.).
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dinge (basic particulars) voraus, die bestimmte Eigenschaften bezüglich ihrer Identifizierbarkeit aufweisen: Sie müssen raum-zeitlich lokalisierbar sein.40 Eine erfolgreiche Identifikation setzt weiter voraus, dass der Sprecher über ein empirisches Wissen verfügt, das den fraglichen Gegenstand als eben diesen auszeichnet und von allen anderen unterscheidet.41 Das entsprechende Wissen darf sich nicht darauf beschränken, dass der Sprecher auf einen bestimmten Gegenstand Bezug nehmen möchte. Beide genannten Voraussetzungen können nun aber erfüllt sein, ohne dass der Hörer den Gegenstand erfolgreich identifiziert und wenn nur der Sprecher eine eindeutige Bezugnahme macht.42 Und aus sprachphilosophischer Sicht gibt es gewichtige Gründe, auf eine Verankerung der Identifikation in der Kommunikation zu verzichten: Wenn die erfolgreiche Bezugnahme auf einen Gegenstand stets voraussetzen würde, dass der Hörer tatsächlich verstanden hat, worauf der Sprecher Bezug nehmen wollte, dann stellt sich die Frage, was der Sprecher dem Hörer eigentlich mitteilen wollte. Diese Frage müsste offen bleiben, bis der Hörer tatsächlich verstanden hat, worauf der Sprecher Bezug nehmen wollte; dann wiederum wäre aber unklar, was der Hörer eigentlich verstanden hat. Eine wesentliche Verknüpfung von Identifikation und Kommunikation mündet demnach in einem Paradox und ruft zur Vorsicht auf: Selbst wenn die identifizierende Bezugnahme oder die Zuschreibung in der einen oder anderen Form eine (Denk-)Handlung darstellt – wovon Strawson ausgeht –, deren Vollzug Absichten involviert, ist es ratsam, diese Absichten nicht als wesentlich kommunikativ anzusehen, da sich andernfalls jedes Verständnis dafür verliert, was es heißt, solche Handlungen zu vollziehen. Es muss also unterschieden werden zwischen jenen Erfüllungsbedingungen, die beschreiben, unter welchen Umständen die Bezugnahme auf einen Gegenstand erfolgreich war, und jenen, die beschreiben, unter welchen Bedingungen die Bezugnahme erfolgreich kommuniziert wurde. Während die Erfüllungsbedingungen des ersten Falles in die Analyse der Erfüllungsbedingungen des zweiten Falles fließen, sind die letztgenannten Erfüllungsbedingungen reichhaltiger und berücksichtigen auch, 40 41 42
Siehe Strawson (1959: 17). Siehe Strawson (1959: 180 ff.). Siehe Strawson (1959: 16).
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was es heißt, dass der Angesprochene verstanden hat, worauf ein Sprecher Bezug nehmen wollte. Dasselbe gilt für eine erfolgreich vorgenommene Zuschreibung. Erneut zeigt sich dasselbe Ergebnis wie bereits zuvor: Die Möglichkeit der Bezugnahme und der Zuschreibung sind unabhängig von der Absicht gegeben, diese zu kommunizieren. Somit ist auch der mit Bezugnahme und Zuschreibung gegebene Begriff der Wahrheit unabhängig von einer eventuellen kommunikativen Orientierung und nicht an Sprechakte eines bestimmten Schlags gebunden. Im Gegensatz zu dem, was Strawson behauptet, gilt also: Was kommuniziert werden kann, ist unabhängig davon fassbar, dass es kommuniziert wurde.43
8.
Propositionen
Es sind also Propositionen, die geglaubt oder kommuniziert werden. Sie sind für Strawson abstrakte, intensionale Entitäten44 und stellen das dar, „whatever may be believed, doubted, hypothesized, suspected, supposed, affirmed, stated, denied, declared, alleged, etc. that is or may be true.“45 Auf Propositionen beziehen wir uns mit propositionalen Einstellungen der genannten Art und sie legen den Gehalt zumindest einiger Sprechakte fest. Die Gruppe aufgezählter Verben in diesem Zitat ist deutlich umfassender als diejenige, welche Strawson in Meaning and Truth erwähnt und von deren Mitgliedern er behauptet, Wahrheit und Falschheit spiele nur für sie eine Rolle. Unbestreitbar ist bei all den im Zitat erwähnten Verben die Wahrheitsfrage prominent. Es scheint also keinesfalls so zu sein, dass sich Propositionen mit beliebigen Verben und folglich mit beliebigen propositionalen Einstellungen oder Sprechakten verknüpfen lassen. Sie scheinen an Einstellungen und Äußerungen eines bestimmten Typus gebunden zu sein. Gemeint sind damit all jene Einstellungen und Sprechakte, deren Erfüllungsbedingungen in einem engen Zusammenhang mit Wahrheitsbedingungen stehen und mit denen ein Wahrheitsanspruch einhergeht. Von einem systematischen Standpunkt aus betrachtet ist diese Einschränkung 43
44 45
Wichtig zu sehen ist aber, dass trotz des begrifflichen Primats des Denkens gegenüber der Sprache die Untersuchung der Sprache methodologisch vorgeht. Siehe Strawson (2003: 13). Strawson (2003: 13).
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nicht unproblematisch, weil sie die Frage aufwirft, wovon andere propositionale Einstellungen wie Wünschen etc. eigentlich handeln.46 Für das SMdB und die Analyse der Satzbedeutung, und folglich auch für sprachlich vollzogene Sprechakte, dürfte diese Problematik allerdings keine Konsequenzen haben, wie ich im Abschnitt 9.1 kurz ausführen werde. Wichtiger für den Moment ist jedoch zu sehen, dass nicht alle der erwähnten Verben kommunikative Handlungen beschreiben; und selbst diejenigen Verben, die sich vordergründig auf Sprechakte zu beziehen scheinen, lassen sich nicht-kommunikativ interpretieren, so beispielsweise die Verben „affirmed“ oder „stated“.47 Denn wiederum gilt: Die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit das Festgestellte oder das Ausgesagte wahr ist, hängen mit eindeutiger Bezugnahme und Zuschreibung zusammen, die nicht kommuniziert sein müssen.
9.
Wahrheit und Kompositionalität
Nun gibt es keine triftigen Gründe anzunehmen, dass formalsemantische Bedeutungstheorien nicht den oben skizzierten Wahrheitsbegriff ihrer Analyse der Satzbedeutung, die bei ihnen stets im Vordergrund steht, zugrunde legen. Das scheint umso wahrscheinlicher, als dieser mit Identifikation und Zuschreibung verknüpfte Begriff schlicht die Grundzüge einer Korrespondenztheorie der Wahrheit beschreibt, wie auch Strawson sie vertritt: It is how things are in the world or in reality or in fact that determines whether our beliefs or judgments, and the propositions we affirm in expressing them, are true or false.48
Darüber hinaus gebraucht Strawson selber eben diesen Wahrheitsbegriff, wenn er den Kern der kompositionalen Bedeutung zu erfassen versucht 46
47
48
Etwas ausführlicher geht Christoph C. Pfisterer (in diesem Band) auf diese Problematik ein. Strawson selber betrachtet das Problem einigermaßen entspannt; siehe Strawson (1970a: 11 f.). Strawsons Werk ist hinsichtlich dieser beiden Verben systematisch unklar und häufig bleibt offen, ob die Ausdrücke einen Sprechakt bezeichnen oder nicht. Gerade im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu Subjekt und Prädikat scheint eine nicht-kommunikative Lesart jeweils angezeigt, wie beispielsweise im zweiten Teil von Individuals. Strawson (1974/2004: 11 f.); siehe auch Strawson (1992: Kapitel 7).
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und die wesentliche Grammatik einer natürlichen Sprache beschreibt. Zur wesentlichen Grammatik einer Sprache gehören jene Anforderungen, die eine Sprache unbedingt erfüllen muss, damit sie für den Gebrauch in der Kommunikation überhaupt taugt und es erlaubt, Feststellungen über die Welt zu machen. Für den Vollzug einer singulären Prädikation muss die Sprache also passende Mittel bereitstellen. 9.1
Die wesentliche Grammatik und einfache Sätze
Zweierlei muss dabei unterschieden werden: Realisiert werden können die unabdingbaren Mittel auf sehr unterschiedliche Weise und erst eine empirische Untersuchung der tatsächlichen grammatikalischen Konventionen einer Sprache wird darüber Aufschluss geben, wie sie realisiert sind. Hingegen lässt sich die Frage nach den unbedingten strukturellen Anforderungen, denen eine jede Sprache minimal genügen muss, um etwas feststellen zu können, a priori bestimmen und die entsprechenden Antworten fließen in die Beschreibung der wesentlichen Grammatik hinein. Sie ist allen Sprachen gemeinsam. In other words, all languages of exactly or roughly the same language-type must satisfy the same, or roughly the same, abstractly conceived grammatical requirements. […] I call such a set of grammatical requirements the ‚essential grammar‘ of the language-type.49
Der Gegensatz von wesentlicher und tatsächlicher Grammatik einer Sprache zeigt vor allem eines: Auch wenn die Elemente einer Sprache auf den regelmäßigen Gebrauch von Äußerungen zurückzuführen sind – möglicherweise ganz in dem Sinne, wie Strawson das in Meaning and Truth beschreibt –, so leiten sich gewisse strukturelle Merkmale dieser Sprache nicht aus ihrem Gebrauch ab, sondern folgen aus den logischen Voraussetzungen für den Gebrauch einer Sprache. Sind diese nicht erfüllt, kann die Sprache gar nicht erst verwendet werden. Bezugnahme und Zuschreibung sind Teil dieser logischen Voraussetzungen und legen zumindest partiell fest, wie eine Sprache aufgebaut sein muss: Sie muss Elemente bereitstellen, mit denen die beiden grundlegenden Funktionen umsetzbar sind. Eine Sprache wird demnach in jedem Fall Ausdrücke 49
Strawson (1974/2004: xi).
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enthalten, die eine bezugnehmende Funktion und eine beschreibende Funktion haben und analog zum logischen Subjekt und zum logischen Prädikat funktionieren.50 Deren jeweilige Wortbedeutung gibt an, dass sie diese Funktion haben und worauf sie anwendbar sind. Wie diese Elemente in einer Sprache realisiert sind, ist eine Frage der Gebrauchskonvention und entsprechend kontingent. Das erklärt auch die grammatischen Unterschiede, die sich von einer Sprache zur nächsten finden. Mit Ausdrücken, welche die Rolle des logischen Subjekts und des logischen Prädikats übernehmen, lassen sich einfache Sätze bilden. Sie sind „apt for presenting a specific individual particular and a specific general character of particulars as assigned to each other“.51 Freigelegt ist damit der Kern einer kompositionalen Semantik. Die Bedeutung der entsprechenden Sätze hängt von den Wahrheitsbedingungen der grundlegenden Operation der Prädikation ab und legt demnach Wahrheitsbedingungen fest.52 Die entsprechende Sprache ist, trotz ihrer Einfachheit, systematisch aufgebaut und erlaubt einer Sprecherin, sich produktiv auszudrücken. Sie erfüllt also genau jene Ansprüche, welche in den eingangs erwähnten Plattitüden formuliert wurden. Sätze der genannten Art liefern damit, wie Strawson das selber festhält, die Basis für eine Theorie der Sprache und Bedeutung.53 Nebst diesen a priori begründbaren Elementen der Sprache wird diese darüber hinaus Elemente enthalten, die anderweitig zu erklären sind; und einige davon werden einzig mit dem Gebrauch in einer Sprache zusammenhängen. Weil dieser neue Ausdrucksmöglichkeiten schafft und Gedanken zu haben erlaubt, die ohne Sprache gar nicht erst erfasst werden könnten. Strawson erwähnt in diesem Zusammenhang das semantische Leiterprinzip (linguistic boot-straps).54 Unzählige Erweiterungen des unabdingbaren semantischen Kerns sind möglich und innerhalb des intentionalistischen Rahmens, in dem Strawson sein SMdB einbettet, dürften sie einfach realisierbar sein. Denn die kommunikativen Absichten erlauben es, immer neue und komplexere Gehalte zum Ausdruck zu bringen. Die ent50 51 52 53 54
Strawson (1959: 149 ff.) weist die Kopulafunktion dem Prädikat zu. Strawson (1974/2004: 68). Siehe Strawson (1975: 1). Siehe Strawson (1992: 88) und (1975). Siehe Strawson (1970a: 7); siehe auch Strawson (1992: 97 f.) und (1975: 12 f.).
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sprechenden komplexeren Sätze werden nicht länger einer rein wahrheitskonditionalen Analyse zugänglich sein. Weiter oben wurde darauf hingewiesen, dass gemäß Strawson Propositionen womöglich nur mit gewissen propositionalen Einstellungen und Äußerungen verbunden werden können. Sollte diese Einschränkung tatsächlich gelten, dann wäre sie für die Festlegung der Bedeutung von Sätzen und Wörtern tatsächlich unproblematisch, da indikativisch verwendete Äußerungen von einem bedeutungstheoretischen Punkt aus besehen einen besonderen Status besitzen: Einzig sie vermögen die Bedeutung einfacher Sätze und Wörter festzulegen. Ist diese erst einmal gegeben, können die Ausdrücke auch anderweitig gebraucht werden und so den Gehalt von beliebigen Sprechakten wie Versprechen, Drohen etc. bestimmen.55 9.2
Sätze mit Wahrheitsbedingungen und andere
Das eben Gesagte zeichnet folgendes Bild einer Semantik der natürlichen Sprache: Setzt die Möglichkeit, eine Semantik zu begründen, die Möglichkeit voraus, eindeutig zu identifizieren und einem Ding etwas zuzuschreiben, und impliziert diese Möglichkeit wiederum den Wahrheitsbegriff, dann müssen zumindest Teile dieser Semantik Wahrheitsbedingungen von Sätzen festlegen. Diese liefern zwar keine vollständige Semantik, stellen aber einen unabdingbaren Bestandteil derselben dar. Nicht, dass Strawson behaupten würde, Wahrheitsbedingungen spielten für den Gebrauchstheoretiker gar keine Rolle;56 aber im Gegensatz zu dem, was er behauptet,57 ist dieser Teil der Semantik in keiner Weise an die Kommunikation gebunden, sondern begrifflich unabhängig von dieser mit den logischen Voraussetzungen für den Gebrauch einer Sprache zu begründen. Für diese Voraussetzungen gilt – mit kleineren Einschränkungen – genau das, was die Formalsemantik bezüglich Bedeutung behauptet und was Strawson bestreitet: 55
56 57
Zumindest dann, wenn die Kopulafunktion nicht Teil der Wortbedeutung ist, da der Ausdruck ansonsten nur in Indikativsätzen gebraucht werden kann; siehe Fn. 50. Die Ablösung derselben dürfte unproblematisch sein, da sich die syntaktischen Merkmale für Ausdrücke in der Prädikatrolle hauptsächlich durch ihre Kategorisierungsfunktion erklären; siehe Strawson (1974/2004: 12 f.). Siehe Strawson (1970a: 11 f.) und auch (1992: 87). Siehe Strawson (1970a: 13).
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„It would be perfectly possible for someone to understand a language completely – to have full linguistic competence – without having even the implicit thought of the function of communication.“58 Angesichts des Verhältnisses der logischen Voraussetzungen für den Gebrauch, einerseits, und der rein gebrauchsbedingten Konventionen, andererseits, stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, diesen Unterschied auch innerhalb der Semantik zu markieren und nur in einem Fall von Bedeutung zu sprechen, nämlich mit Bezug auf die wahrheitsrelevanten Elemente, und diese von reinen Gebrauchsregeln einer Sprache zu unterscheiden. Strawson selber scheint bisweilen dazu zu neigen, wenn er den Ausdruck „significant“ oder „significance“ verwendet: Dann nämlich stehen die logischen Voraussetzungen für den Gebrauch einer Sprache häufig im Vordergrund.59 Diese Unterscheidung in Bedeutung und Gebrauch scheint mir vor dem Hintergrund der vorgelegten Rekonstruktion gerechtfertigt. Vor allem würde sie es erlauben, einige systematischen Folgen, die sich aus dem Gesagten ergeben – und über die Strawson nicht nur glücklich wäre –, deutlicher hervorzuheben: Der Graben zwischen formalsemantischen und rein gebrauchstheoretischen Aspekten einer Sprache wäre tatsächlich größer, als er zu glauben geneigt war. Er selber betont immer wieder ihre Ähnlichkeiten60 und hebt den vielfältigen Gebrauch unterschiedlichster Ausdrücke hervor. Er nimmt diesen als Beweisgrund dafür, dass der formalsemantischen Interpretation der Wortbedeutung kein ausgezeichneter Stellenwert einzuräumen ist. Wie im Vorangehenden gezeigt, liefert er selber gute Gründe, Bedeutung und Gebrauch nicht einfach gleichzusetzen, und wirft so die Frage auf, wie viel Gebrauch überhaupt der Semantik zugeschlagen werden soll.
58
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Strawson (1970a: 4). – Natürlich will ich nicht behaupten, mit der Kenntnis der logischen Voraussetzungen läge bereits ein umfassendes Verständnis einer Alltagssprache oder deren vollständige Kenntnis vor. „Since the central consideration in understanding the significance of sentences is a grasp of their truth-conditions, the semantics of formal logic presents itself as a model for structural semantics in general.“ (Strawson, 1975: 1 f.); siehe auch Strawson (1950). Dies wird exemplarisch ersichtlich in Strawsons Introduction to a Logical Theory (1952).
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10. Schluss Strawson mag zwar damit Recht haben, dass Wahrheit besonders eng mit bestimmten Sprechakten wie dem Feststellen verbunden ist. Näher besehen zeigt sich aber, dass Wahrheit nicht erst durch die kommunikativen oder sprachlichen Eigenschaften solcher Sprechakte konstituiert wird, sondern dass diese Wahrheit auf einer noch grundlegenderen Ebene voraussetzen. Es handelt sich um jene Ebene, auf der Strawson die Unterscheidung von eindeutiger Bezugnahme und Zuschreibung behandelt – und diese ist weder wesentlich kommunikativ noch sprachlich. Sicherlich ist dieses Ergebnis wenig überraschend. Insbesondere vor dem Hintergrund von Strawsons Gesamtphilosophie, namentlich seinen Ausführungen zu Logik, Ontologie und Grammatik, scheint es systematisch nur folgerichtig, dass die in jenem Zusammenhang ausgearbeiteten Voraussetzungen sich in den Strukturen der Alltagssprache niederschlagen und Denken und Sprechen hinsichtlich ihrer allgemeinsten Züge identisch sind. Genau darum spielt der Wahrheitsbegriff auf allen Stufen des Bedeutungsmodells eine tragende Rolle. Damit lässt sich ein noch vollständigeres Bild von Strawsons Philosophie zeichnen, denn zwei meist gesondert behandelte Stränge innerhalb seines Denkens können zusammengeführt werden: seine Unterscheidung von Subjekt und Prädikat im Kontext von Logik und Grammatik und ihre Entsprechung in der Metaphysik von Einzelding und Allgemeinem einerseits und seine Sprechakttheorie andererseits. Zusammenführen lassen sie sich über die wahrheitsfähigen, propositionalen Gehalte, die hier wie dort eine fundamentale Rolle spielen. Gegeben deren besonderer Stellenwert, folgt, dass sich die beiden vermeintlich unvereinbaren und miteinander in Konkurrenz stehenden Theorien der Bedeutung, also die formalsemantische Analyse einerseits, und die Theorie des kommunikativen Gebrauchs andererseits, zumindest teilweise decken und sich gemäß Strawson sogar decken müssen. Tatsächlich sind die beiden Projekte, wie gezeigt, weniger exklusiv, denn komplementär. In seiner Kritik an formalsemantischen Ansätzen in Meaning and Truth scheint Strawson seine Position über Gebühr radikalisiert zu haben und seinen eigenen Grundsätzen untreu geworden zu sein. Gleichzeitig, und das mag ihm einiges Unbehagen bereiten, liefert der genannte Zusammenhang klare Einschränkungen, was die Reichweite einer
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gebrauchstheoretisch orientierten Semantik angeht, die sich auf einmal durch formalsemantische Vorgaben in die Schranken gewiesen sieht.*
Literatur Davidson, D. (1967) „Truth and Meaning“. In: Davidson, D. (1984/2001) Inquiries into Truth and Interpretation. Oxford: Clarendon Press, 17-36. — (1970) „Semantics for Natural Languages“. In: Davidson, D. (1984/2001) Inquiries into Truth and Interpretation. Oxford: Clarendon Press, 55-64. Grice, H. P. (1957) „Meaning“. In: Grice, H. P. (1989) Studies in the Way of Words. Cambridge, Mass. & London: Harvard University Press, 213-223. — (1968) „Utterer’s Meaning, Sentence-Meaning, and Word-Meaning“. In: Grice, H. P. (1989) Studies in the Way of Words. Cambridge, Mass. & London: Harvard University Press, 117-137. — (1969) „Utterer’s Meaning and Intentions“. In: Grice, H. P. (1989) Studies in the Way of Words. Cambridge, Mass. & London: Harvard University Press, 86-116. — (1975) „Logic and Conversation“. In: Grice, H. P. (1989) Studies in the Way of Words. Cambridge, Mass. & London: Harvard University Press, 22-40. Strawson, P. F. (1950) „On Referring“. In: Strawson, P. F. (1971) Logico-Linguistic Papers. London: Methuen, 1-27. — (1956) „Singular Terms, Ontology and Identity“. Mind 250, 433-446. — (1959) Individuals. An Essay in Descriptive Metaphysics. London: Methuen. — (1964a) „Intention and Convention in Speech Acts“. In: Strawson, P. F. (1971/2004) Logico-Linguistic Papers. Aldershot: Ashgate, 115-129. — (1964b) „Identifying Reference and Truth-Value“. In: Strawson, P. F. (1971) Logico-Linguistic Papers. London: Methuen, 75-95. — (1970a) Meaning and Truth. An Inaugural Lecture. Oxford: Clarendon Press. — (1970b) „The Asymmetry of Subject and Predicate“. In: Strawson, P. F. (1971) Logico-Linguistic Papers. London: Methuen, 96-115. — (1974/2004) Subject and Predicate in Logic and Grammar. Burlington: Ashgate. *
Mein Dank geht an die Autorin und die Autoren in diesem Band: Der Austausch mit ihnen allen war für mich enorm gewinnbringend, besonders natürlich mit Silvan Imhof und Klaus Petrus. Außerdem danke ich Nathalie Loetscher für die sorgfältige Durchsicht des Texts. Unterstützt wurde die Arbeit vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Projekte FN100011-105658 und PP0011-114812).
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— (1975) „Semantics, Logic and Ontology“. Neue Hefte für Philosophie 8, 1-13. — (1992) Analysis and Metaphysics. An Introduction to Philosophy. Oxford: Oxford University Press. — (1995) „My Philosophy“. In: Sen, P. K. & Verma, R. R. (1995) The Philosophy of P. F. Strawson. New Delhi: Pauls Press, 1-18. — (1998) „Reply to Chung M. Tse“. In: Hahn, L. E. (Hg.) (1998) The Philosophy of P. F. Strawson. Chicago, Lasalle: Open Court, 383-384. — (1997) „Meaning and Context“. In: Strawson, P. F. (1997) Entity and Identity. Oxford: Oxford University Press, 216-231. — (2003) „A Bit of Intellectual Autobiography“. In: Glock, H. J. (2003) Strawson and Kant. Oxford: Oxford University Press, 7-14.
Strawson, Austin & Grice Klaus Petrus
für Andreas Kemmerling, zu seinem 60sten
1.
Einleitung
Peter Strawsons Aufsatz Intention and Convention in Speech Acts aus dem Jahre 1964 gehört aus philosophischer Sicht zu den einflussreichsten Texten der Sprechakttheorie. Auf ihn geht die Idee zurück, zwei im Grunde disparate Ansätze miteinander zu verknüpfen: Austins Sprechakttheorie und Grices Bedeutungstheorie. Der Grund für diese Fusion bestand darin, dass wir mit Austin allein offenbar nicht in der Lage sind, eine adäquate Theorie illokutionärer Akte zu entwickeln. Soweit ich sehe, vertritt Strawson drei Thesen. 1) Austin glaubte, ein einheitliches Merkmal illokutionärer Akte entdeckt zu haben. Aber er hat sich geirrt. Dass illokutionäre Akte wesentlich konventional sind, trifft bestenfalls auf eine gewisse Sorte solcher Handlungen zu, nämlich auf zeremonielle Akte wie Heiraten, Taufen oder Schwören. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl illokutionärer Akte wie Mitteilen, Warnen oder Drohen, für deren Vollzug keine besonderen Prozeduren oder, wie Austin sagt, konventionale Verfahren von Nöten sind. 2) Austin hat richtig gesehen, dass illokutionäre Akte kommunikative Handlungen sind oder zumindest Verständigungsversuche eines bestimmten Schlags. Dunkel bleibt hingegen, worin genau das vom Sprecher intendierte Verständnis besteht – Austin nennt es uptake – und wie es seitens des Adressaten „sichergestellt“ wird. 3) Mit Grice wird alles besser. Erstens sind wir dank seiner in der Lage, Austins Irrtum zu korrigieren. Dass ein Sprecher einen illokutionären Akt vollzieht, bedeutet nämlich, dass er mit der betreffenden Äußerung eine komplexe gricesche Absicht verfolgt. In zahlreichen Fällen reicht die Präzisierung dieser Absicht für eine zumindest grobe Beschreibung illokutionärer Akte aus. In anderen Fällen muss die Analyse erweitert und aus-
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Klaus Petrus
drücklich auf Regeln oder Konventionen Bezug genommen werden. Letzteres gilt für die (von Austin treffend so bezeichneten) konventionalen illokutionären Akte, ersteres für die intentionalen (und von Austin fälschlicherweise ebenfalls als konventional bezeichneten) illokutionären Akte. Zweitens hilft uns Grice, Austins Überlegungen zum securing of uptake zu präzisieren. Falls der Vollzug eines illokutionären Akts im Wesentlichen darin besteht, dass ein Sprecher eine bestimmte komplexe Absicht verfolgt, hat der Adressat die Äußerung verstanden, wenn er glaubt, dass der Sprecher diese Absicht tatsächlich hat. Mir scheinen alle drei Thesen problematisch zu sein. Was 1) betrifft, bin ich mittlerweile überzeugt, dass wir mit Austin durchaus über ein Merkmal verfügen, das sämtlichen illokutionären Akten zukommt: Es sind dies Handlungen, die, wenngleich in einem ziemlich unspektakulären Sinne, wesentlich konventional sind. Was 2) angeht, glaube ich, dass Austin diese These gar nie vertreten hat: Illokutionäre Akte sind für ihn nicht zwingend auf Verständigung angelegt – jedenfalls nicht in dem üblicherweise unterstellten Sinne. Und was 3) betrifft, denke ich, dass Grices Theorie der rationalen Verständigung für eine Analyse illokutionärer Akte eigentlich gar nicht geschaffen ist – zumindest nicht im gemeinhin erhofften Sinne. Hingegen passt sie recht gut zu einer Sorte von Sprechakten, die man „perillokutionäre Akte“ nennen könnte.
2.
Illokution und Konvention
John L. Austin ist, wenn es um Illokutionäres geht, ein Konventionalist durch und durch: Illokutionäre Akte sind Handlungen, die einer Konvention gemäß vollzogen werden. Nur, was genau soll das heißen? Es bieten sich wenigstens zwei Lesarten an.1 Illokutionäre Akte sind insofern konventional, als sie im Rahmen konventionaler Verfahren vollzogen werden, oder in dem Sinne, dass sie sich mittels einer explizit performativen Formel der Art „Hiermit x-e ich, dass –“ ausführen lassen (wobei „x-en“ ein illokutionäres Verb bezeichnet). Bisweilen wird darauf hingewiesen, Austin selbst habe zwischen den beiden Deutungen nicht scharf genug unterschieden. Dieser Eindruck wird einem nicht zuletzt 1
Siehe auch Strawson (1964: 117 f.). – Im Folgenden verwerte ich Material aus Petrus (2006a).
Strawson, Austin & Grice
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durch seine Vorliebe für hochgradig ritualisierte oder zeremonielle Handlungen wie Schwören, Taufen oder Heiraten vermittelt. Tatsächlich machen explizit performative Wendungen in solchen Fällen häufig einen festen Bestandteil der betreffenden Verfahren aus; man denke z. B. an gewisse sprachliche Formeln wie „Ich schwöre es“ bei einer Vereidigung vor dem Parlament. Doch wäre es falsch, hieraus zu folgern, dass explizit performative Floskeln immerzu solche Prozeduren voraussetzen oder dass eine Handlung nur dann als konventional gilt, wenn ein entsprechendes konventionales Verfahren existiert. Für Austin ist bereits der Umstand, dass man zumindest im Prinzip mit einer explizit performativen Floskel zu verdeutlichen vermag, welchen Sprechakt man vollziehen will, Grund genug, diese Handlung als konventional auszuweisen. Jedenfalls vermutet er im Gebrauch solcher Floskeln ein (wenn auch nur grobschlächtiges) Unterscheidungskriterium zwischen illokutionären und perlokutionären Akten, wie der folgende Passus zeigt (mit „former“ bezieht sich Austin auf Kandidaten für illokutionäre Akte, mit „latter“ auf ebensolche für perlokutionäre Akte): […] yet the former may, for rough contrast, be said to be conventional, in the sense that at least it could be made explicit by the performative formula; but the latter could not.2
So gesehen machen zeremonielle Handlungen keine eigene Sorte von Sprechakten aus. Sie sind für Austin einfach nur die besseren Beispiele, um das zu illustrieren, was seiner Ansicht nach immer im Spiel ist, wenn wir es mit illokutionären Akten zu tun haben: Explizit performative Formeln sind die (in unserer Sprache) effizientesten Mittel, um auf konventionale Weise deutlich zu machen (making explicit), dass man einen illokutionären Akt vollziehen will und welchen man vollziehen will.3 Zwischen den beiden Lesarten von „konventional“ ist also schon deswegen zu unterscheiden, weil sie unterschiedliche Facetten des Illokutionären betreffen. Konventionale Verfahren bestehen aus einem Set von Bedingungen des erfolgreichen Vollzugs illokutionärer Akte. Sind diese Bedingungen erfüllt, ist der betreffende Akt geglückt. Sind sie hingegen nicht erfüllt (oder wenigstens einige von ihnen), so ist er null und nichtig 2 3
Austin (1962/1975: 103; seine Hervorhebung). Siehe Austin (1962/1975: 32 f., 73, 98, 135).
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und wir haben es mit einem (bestimmten Typus von) „Unglücksfall“ zu tun.4 Würde nun die (korrekte) Verwendung explizit performativer Formeln ebenfalls zu den Vollzugsbedingungen illokutionärer Akte gehören und wäre sie somit Teil eines konventionalen Verfahrens, müssten im Gegenzug Fälle von Implizitheit zu den infelicities gezählt werden. Tatsächlich gibt es eine Stelle, an der Austin erwägt, sie den so genannten „Trübungen“ (flaws) zuzurechnen. Und doch lässt er es bleiben.5 Der Grund ist dieser: Explizit performative Wendungen haben mit Vollzugsbedingungen nichts zu tun. Sie betreffen vielmehr die Vollzugsform illokutionärer Akte, also die Art und Weise, wie sie sich vollziehen lassen. Das Besondere illokutionärer Akte besteht nämlich darin, dass sie vollzogen sind, wenn man mittels expliziter Performativa verdeutlicht, dass man sie vollziehen will. Das gilt, wie bereits angedeutet, für illokutionäre Akte generell, also nicht bloß für Handlungen, deren erfolgreiche Ausführung zudem verlangt, dass gewisse Vollzugsbedingungen erfüllt sind und für die es somit ein ganz bestimmtes konventionalen Verfahren gibt. Gewiss gibt es illokutionäre Akte, die sich nur im Rahmen festgelegter Prozeduren mittels explizit performativer Formeln vollziehen lassen (typischerweise sind das hochgradig ritualisierte, zeremonielle Handlungen). Andere illokutionäre Akte dagegen bedürfen solcher Verfahren oder Zeremonien nicht und dennoch sind sie erfolgreich vollzogen (so beispielsweise Mitteilungen oder Warnungen). Doch betrifft dieser Unterschied allein die Vollzugsbedingungen, nicht aber die Art und Weise, wie sich diese Handlungen ausführen lassen. Was diese Vollzugsweise angeht, gilt sowohl für zeremonielle Handlungen wie auch für „gewöhnliche“ illokutionäre Akte, dass sie sich ausführen lassen, indem man auf konventionale Weise verdeutlicht, dass man sie vollziehen will.6 Eine Eigenheit dieser Vollzugsweise illokutionärer Akte zeigt sich im Vergleich explizit performativer Äußerungen („Ich verspreche dir, dass 4
5
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Siehe Austin (1962/1975: Lecture II und III). – Es geht im Folgenden also um die so genannten „Versager“ (misfires) und nicht um jene Unglücksfälle, die Austin als „Missbräuche“ (abuses) bezeichnet. Siehe Austin (1962/1975: 36). – Trübungen sind Unglücksfälle, die darauf zurückzuführen sind, dass ein konventionales Verfahren nicht auf vorgesehene Weise korrekt durchgeführt wurde. Ab jetzt werde ich davon ausgehen, dass die Vollzugsbedingungen erfüllt sind.
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ich da sein werde“) mit den, wie Austin sie nennt, primary utterances („Ich werde da sein“).7 So besteht bei primären Äußerungen grundsätzlich die Gefahr, dass ihre illokutionäre Rolle nicht hinreichend deutlich wird oder dass (selbst unter Berücksichtigung kontextueller Faktoren) nicht genau entschieden werden kann, ob die Äußerung nun diese oder aber jene illokutionäre Kraft aufweist. Bei explizit performativen Äußerungen ist das anders. Ihre korrekte Verwendung schließt solche Fehler der Unklarheit (equivocation) sowie Undifferenziertheit (inadequate discrimination) hinsichtlich der illokutionären Rolle aus – und damit, wie wir später noch sehen werden, eine ganz bestimmte Art von Missverständnis seitens des Adressaten. Vollzieht ein Sprecher eine explizit performative Äußerung, so hat er nämlich von sich aus alles getan, was zu tun ist, um auf optimale Weise zu explizieren, dass er einen illokutionären Akt vollziehen will und welchen er vollziehen will. Das bedeutet nun aber nicht, dass es unmöglich wäre, mit primären Äußerungen ebenfalls optimale Explizitheit zu erreichen. Nur sollten wir zweierlei auseinander halten: Es ist eine Sache, dass sich auch mittels einer primären Äußerung faktisch auf optimale Weise verdeutlichen lässt, welchen illokutionären Akt man vollziehen will. Dafür stehen uns reichlich Mittel zur Verfügung. Austin selbst nennt etwa den Modus des geäußerten Satzes, die Betonung, besondere Gesten oder günstige Äußerungsumstände. Dass sich mit primären Äußerungen im Prinzip optimale Explizitheit erreichen lässt, ist hingegen eine andere Sache. Hier gibt es nur eines: Es muss grundsätzlich möglich sein, eine primäre Äußerung unter Verwendung der entsprechenden explizit performativen Formel zu vollziehen.8 Das ist zugleich der Grund, weswegen Austin nicht behauptet (und auch gar nicht behaupten möchte), dass konventionales Verdeutlichen für den erfolgreichen Vollzug illokutionärer Akte notwendig sei. Derlei wäre der Fall, wenn optimale Explizitheit nur dadurch erzielt werden könnte, dass man (z. B. mittels expliziter Performativa) auf konventionale Weise verdeutlicht, welchen illokutionären Akt man vollziehen will. Weil sich optimale Explizitheit aber im Prinzip auch mit primitiven Äußerungen errei-
7 8
Siehe Austin (1962/1975: 72 ff.) sowie (1961: 244). Siehe Austin (1962/1975: 61 f., 68).
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chen lässt, ist konventionales Verdeutlichen für den Vollzug illokutionärer Akte bloß hinreichend. Illokutionäre Akte sind also Handlungen, die bereits dadurch vollzogen sind, dass man konventional verdeutlicht, dass man sie vollziehen will. Tatsächlich denke ich, dass für Austin das zentrale Merkmal illokutionärer Akte in dieser besonderen Vollzugsweise besteht, und er somit der folgenden Definition (bis auf den Duktus) zugestimmt hätte: (AUS) Ein Akt vom Typ X ist illokutionär gdw. es dafür, dass man mit dem, was man tut, X vollzieht, hinreichend ist, dass man mit dem, was man tut, konventional deutlich macht, dass man damit X vollziehen will. Ich werde auf (AUS) noch öfters zu sprechen kommen. Im Augenblick zählt zweierlei: Erstens sind illokutionäre Akte deshalb als konventional zu bezeichnen, weil die Verwendung explizit performativer Formeln eine Form des konventionalen Verdeutlichens darstellt und optimale Explizitheit bereits dadurch erreicht wird, dass man auf konventionale Weise verdeutlicht, welchen illokutionären Akt man vollziehen will. Der zweite Punkt betrifft, wenn man so will, das Wesen des Illokutionären. Dabei beachte man den folgenden, auch für Austin wichtigen Punkt: In (AUS) geht es nicht um die Frage, was ein Tun (die Äußerung eines Satzes, eine Geste usf.) zu diesem oder jenem illokutionären Akt macht. Mit der austinschen Definition soll vielmehr ihr generisches Wesen erfasst werden, d. h., es geht um die Frage, was irgendeine Handlung überhaupt zu einem illokutionären Akt macht.9 Und die (verkürzte) Antwort lautet: Damit diese Handlung eine Kandidatin für Illokutionarität ist, muss gelten, dass es für deren erfolgreichen Vollzug hinreicht, dass man auf konventionale Weise verdeutlicht, dass man sie vollziehen will. Das Konventionale illokutionärer Akte verdankt sich also allein dieser besonderen Vollzugs9
Siehe dazu Kemmerling (2001: 94). – Von Kemmerling stammt sinngemäß auch (AUS). Allerdings ist die Definition bei ihm auf so genannte „gricy actions“ zugeschnitten (zu denen jedenfalls auch die „zentralen“ illokutionären Akte zählen) und soll zeigen, dass derlei Handlungen weder wesentlich intentional noch wesentlich konventional sind; siehe auch Kemmerling (1997: 93 ff.) sowie kritisch Siebel (2002).
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weise; und einzig auf diesen Sinn von „konventional“ kommt es an, wenn es um das generische Wesen solcher Handlungen geht. Somit ist (AUS) durchaus damit verträglich, dass es andere Formen von Konventionalität geben mag, die in den Vollzug illokutionärer Akte hineinspielen. Zum Beispiel könnte es sein (wahrscheinlich aber nicht), dass die fürs Befehlen erforderliche Befugnis zwingend auf konventionalem Weg erworben wird. Oder es könnte sein (ziemlich sicher aber nicht), dass es einen gesonderten Typus illokutionärer Akte gibt, deren Existenz von vorab festgelegten und wohl etablierten Zeremonien abhängt.10 Doch selbst wenn es solche Formen von Konventionalität tatsächlich geben sollte, wäre stets zu fragen: Betreffen sie die Vollzugsbedingungen der jeweiligen illokutionären Akte oder aber deren Vollzugsform? Falls es um die Vollzugsbedingungen geht (und das wäre in den obigen Beispielen der Fall), so lässt dies die austinsche Definition unberührt. Denn (AUS) legt in erster Linie fest, auf welche Weise sich illokutionäre Akte vollziehen lassen. Auch wäre zu fragen: Geht es hier um ein Merkmal des Illokutionären allgemein oder ist von einer Konventionalität die Rede, die gewisse illokutionäre Akte von anderen unterscheidet (etwa Befehle von Aufforderungen). Falls es um die Konventionalität spezifischer Akte geht, zielt der Punkt erneut an der austinschen Definition vorbei. Denn in (AUS) soll das generische und nicht das spezifische Wesen illokutionärer Akte charakterisiert werden. Und sollte doch das generische Wesen des Illokutionären gemeint sein, ist dringend zu beachten, dass die Definition an relevanter Stelle eine für den Vollzug hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung enthält. Weder besagt (AUS), dass illokutionäre Akte auf konventionale Weise vollzogen werden müssen, noch schließt die Definition aus, dass sie de facto oftmals auf diese Weise vollzogen werden. Wichtig ist allein, dass es sich hierbei um Akte handelt, für die notwendigerweise gilt, dass sie bereits dadurch vollzogen sind, dass man auf konventionale Weise deutlich macht, dass man sie vollziehen will.
10
Zu diesen beiden Formen von (vermeintlich) wesentlicher Konventionalität siehe Petrus (2002b: 144-148); zu zeremoniellen Akten im Besonderen siehe Petrus (2001: 36-42).
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Soviel zur ersten These von Strawson, von der ich meine, dass sie aus den hier dargelegten Gründen falsch ist: Austin hat sehr wohl eine klare Vorstellung von einem einheitlichen Merkmal illokutionärer Akte. Es sind Handlungen, die sich dadurch vollziehen lassen, dass man verdeutlicht, dass man sie vollziehen will. Das ist es, was sie zu konventionalen Akten macht, und darin besteht jenes Charakteristikum, das sämtliche illokutionäre Akte in ihrem Kern auszeichnet.
3.
Illokution und Kommunikation
Wenden wir uns nun der zweiten These von Strawson zu: Austin habe richtig gesehen, dass illokutionäre Akte kommunikative Handlungen sind oder zumindest Verständigungsversuche. Der Beleg dafür findet sich offenbar in der neunten Vorlesung von How to Do Things With Words: Unless a certain effect is achieved, the illocutionary act will not have been happily, successfully performed. […] I cannot be said to have warned an audience unless it hears what I say and takes what I say in a certain sense. An effect must be achieved on the audience if the illocutionary act is to be carried out. How should we best put it here? And how can we limit it? Generally the effect amounts to bringing about the understanding of the meaning and of the force of the locution. So the performance of the illocutionary act involves the securing of uptake.11
Ein anderer, allerdings weniger häufig zitierter Passus stammt aus der zweiten Vorlesung. Dort heißt es, man könne nur dann sinnvoll davon reden, dass S dem Adressaten A beispielsweise etwas verspricht, wenn A versteht, dass S ein Versprechen ablegen will. Andernfalls, also im Falle eines Missverständnisses (misunderstanding) seitens A, sei Ss Versprechen gar nicht erst zustande gekommen.12 Auch das klingt sehr danach, als sei Austin der Ansicht, dass Verstehen eine Voraussetzung des erfolgreichen Vollzugs illokutionärer Akte darstellt und im Falle eines Missverständnisses der Akt entsprechend nicht geglückt ist. Die Frage, die sich auch Strawson stellt, lautet nun: In welchem Sinne ist hier von Verstehen die Rede und um welche Form von Missverständnis geht es? 11 12
Austin (1962/1975: 116 f.; seine Hervorhebung). Siehe Austin (1962/1975: 22) sowie (1961: 240).
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Was Letzteres betrifft, läuft diese Frage darauf hinaus, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass sich Missverständnisse einstellen. Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden: Erstens Missverständnisse, die der Sprecher verschuldet, und zweitens solche, die nicht auf seine Kosten gehen, sondern z. B. dem Hörer anzulasten oder auf ungünstige Äußerungsbedingungen zurückzuführen sind. In der dritten Vorlesung spielt Austin auf diese Unterscheidung an: […] in a given situation it can be open to me to take it [i. e. eine Äußerung] as either one or the other. […] Perhaps I did not take it as an order or was not anyway bound to take it as an order. […] the point is not here just that the audience did not understand but it did not have to understand, e. g. to take it as an order.13
Es gibt demnach Situationen, in denen A nicht darauf „festgelegt“ ist, die Äußerung von S z. B. als Befehl aufzufassen – und zwar deswegen, weil S gewisse Fehler unterlaufen sind. In dem für Austin relevanten Sinne handelt es sich dabei um jene beiden Fehler, die uns bereits im vorangegangenen Abschnitt begegnet sind: Unklarheit sowie Undifferenziertheit hinsichtlich der illokutionären Rolle.14 Wie ebenfalls gesehen, können sich diese Fehler grundsätzlich immer dann einschleichen, wenn S nicht optimal explizit ist. Somit liegt ein vom Sprecher verschuldetes Missverständnis vor, wenn er es versäumt haben sollte, mit seiner Äußerung auf konventionale Weise zu verdeutlichen, welchen illokutionären Akt er damit vollziehen will. Im Gegenzug bedeutet das: Falls S konventional explizit macht, dass er z. B. eine Drohung aussprechen will, ist A darauf festgelegt, Ss Äußerung als Drohung aufzufassen – etwas anderes steht ihm gewissermaßen nicht zu. Damit haben wir den Schlüssel für Austins Auffassung über die Rolle des Verstehens beim Vollzug illokutionärer Akte in der Hand.15 Konventionales Verdeutlichen ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass ein 13 14
15
Austin (1962/1975: 33 f.; seine Hervorhebungen). Missverständnisse können sich auch dann ergeben, wenn A z. B. nicht hört, was S sagt, oder wenn A die Bedeutung des von S Gesagten nicht versteht; siehe Austin (1962/1975: 22). Im Folgenden geht es mir allein um Missverständnisse punkto illokutionärer Rolle einer Äußerung. Siehe die Andeutungen bei Savigny (1974: 142 ff.) sowie ausführlich Petrus (2005).
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gewisses Verständnis der Äußerung von S als das richtige oder korrekte Verständnis festliegt (z. B. als Drohung). Das Eigenartige an diesem, wie ich es taufen möchte, normativen Verstehen liegt darin, dass es unter gewissen Bedingungen immer schon garantiert ist: Macht S konventional explizit, dass er z. B. drohen möchte, liegt zugleich bereits fest, welches Verständnis dieser Äußerung das richtige ist. Insbesondere bedarf es keines Rests, der auf Seiten des Adressaten noch hinzukommen müsste, damit ein solches Verständnis festliegt oder damit sich beim Hörer das korrekte Verständnis einstellt. Genau das ist es, was hinter Austins famoser Formel steckt – securing of uptake heißt nicht etwa: Verstehen bewirken, sondern: Verstehen garantieren. Ist diese Deutung von Austins uptake korrekt, sollten wir unbedingt unterscheiden zwischen normativem Verstehen und faktischem Verstehen im Sinne einer Hörer-Reaktion, die etwa darin bestehen könnte, dass A erkennt, glaubt oder gar weiß, dass S mit seiner Äußerung einen illokutionären Akt vollziehen will und welchen er vollziehen will. Einer der Gründe für diese Unterscheidung besteht darin, dass konventionale Explizitheit nicht zwingend faktisches Verstehen nach sich zieht. So mag es sein, dass S deutlich macht, dass er eine Behauptung aufstellen will – und doch wird dies für den Adressaten nicht deutlich (er war für einen Augenblick nicht aufmerksam genug). Umgekehrt kann es sein, dass A (aufgrund günstiger Äußerungsumstände) tatsächlich erkennt, dass S etwas behaupten möchte – und das, obschon S hinsichtlich der illokutionären Rolle seiner (primären) Äußerung nicht klar oder differenziert genug war. Dafür, dass festliegt, welches Verständnis das richtige ist, ist es mit anderen Worten unerheblich, ob A faktisch versteht, welchen illokutionären Akt S mit seiner Äußerung vollziehen will. Auf die austinsche Definition (AUS) gemünzt, impliziert eine Zuschreibung der Art „S macht deutlich, dass p“ also nicht, dass für A deutlich wird, dass p – ja, sie impliziert nicht einmal, dass es da überhaupt jemanden gibt, für den deutlich würde, dass p. Dagegen zieht konventionale Explizitheit in jedem Fall normatives Verstehen nach sich. Tatsächlich ist das Festlegen eines Verständnisses als das richtige Verständnis – also normatives Verstehen – in Austins Terminologie ein konventionales Ergebnis des Vollzugs illokutionärer Akte. Dabei beachte man: Mit diesen konventionalen Ergebnissen kommt gegenüber der im vorigen Abschnitt diskutierten Konventionalität der
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Vollzugsform keine neue oder nur schon besondere Sorte von Konventionalität ins Spiel. Insbesondere heißen diese Ergebnisse nicht etwa deswegen „konventional“, weil es eine Konvention gibt, die das besagte Verstehen in irgendeiner Weise „regelt“ und die nach Gutdünken durch eine andere Konvention ersetzt werden könnte. Ihren Namen verdanken konventionale Ergebnisse vielmehr dem Umstand, dass sie zwingend mit dem erfolgreichen Vollzug illokutionärer Akte einhergehen, die ob ihrer besonderen Vollzugsweise ja wesentlich konventionale Akte sind, bzw. dass der Vollzug dieser konventionalen Akte notgedrungen solche Ergebnisse zeitigt. Deshalb, und nur deshalb, heißen sie konventionale Ergebnisse. Aufs uptake bezogen, bedeutet dies: Es ist ausgeschlossen, dass ein Verständnis als das richtige Verständnis festliegt, ohne dass der betreffende illokutionäre Akt erfolgreich vollzogen ist. Oder anders gesagt: Der erfolgreiche Vollzug illokutionärer Akte beinhaltet schon begrifflich gesehen normatives Verstehen. Nichts anderes hat Austin im Sinn, wenn er an viel zitierter Stelle sagt: „the performance of the illocutionary act involves the securing of uptake“.16 Soviel zur Rolle des Verstehens beim Vollzug illokutionärer Akte – jedenfalls in (meiner Sicht) der Sichtweise Austins. Wenden wir uns nun der Frage zu, ob illokutionäre Akte wesentlich kommunikativer Art sind, also Handlungen, die auf Verständigung aus sind und deren Gelingen somit auch davon abhängt, dass Verstehen zustande kommt. Die Antwort darauf wird auch davon abhängen, was in diesem Zusammenhang mit „kommunikativen Akten“ gemeint ist. Es sind grundsätzlich zwei Deutungen denkbar. Erstens: Kommunikative Handlungen sind dadurch charakterisiert, dass sie auf faktisches Verstehen abzielen. Das dürfte jene Deutung von „kommunikativ“ sein, die üblicherweise gemeint ist, und mir scheint, dass die meisten SprechakttheoretikerInnen sie (in der einen oder anderen Version) vor Augen haben. Im Detail kommt es natürlich darauf an, wie das beim Adressaten zu erzielende Verständnis umschrieben wird. Wie in der Einleitung angedeutet, schlägt Strawson vor, Austins uptake in Begriffen gricescher Absichten zu analysieren. Folgerichtig ist er der Ansicht, dass der Adressat versteht, welchen illokutionären Akt S mit seiner Äußerung 16
Austin (1962/1975: 117; die erste Hervorhebung von mir).
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vollzieht, wenn für A klar wird, welche griceschen Absichten S damit verfolgt.17 Nun mag es zwar richtig sein, dass eine Äußerung, die mit griceschen Absichten vollzogen wird, einen Kommunikationsversuch darstellt. Auch mag es so sein, dass dieser Kommunikationsversuch dann gelingt, wenn A tatsächlich erkennt, was S damit im Schilde führt. Für die Frage, ob es sich bei dieser Äußerung um einen illokutionären Akt handelt, ist all dies aber unerheblich – und zwar deshalb, weil der Vollzug illokutionärer Akte in keiner Weise davon abhängt, dass für den Hörer tatsächlich deutlich wird, mit welcher illokutionären Kraft der Sprecher seine Äußerung versieht, oder mehr noch: dass es überhaupt einen Adressaten gibt, für den derlei deutlich würde. Es ist fair zu betonen, dass Strawson selbst einräumt, seine Deutung des uptake sei womöglich zu rigide und müsse (wie das die meisten SprechakttheoretikerInnen seither tun) durch eine schwächere Version ersetzt werden: We may be tempted to say instead that at least the aim, if not the achievement, of securing of uptake is an essential element in the performance of the illocutionary act.18
Am entscheidenden Punkt ändert das nichts. Wenn illokutionäre Akte nicht auf faktisches Verstehen angelegt sind und also unabhängig davon zustande kommen (können), ob für A deutlich wird, mit welchen Absichten S seine Äußerung vollzieht, so ist auch nicht einzusehen, weshalb es zu einer adäquaten Analyse illokutionärer Akte gehören sollte, dass S das Ziel verfolgt, für A derlei deutlich zu machen. Kurzum: Falls kommunikative Handlungen dadurch charakterisiert sind, dass sie (im Minimum) auf faktisches Verstehen abzielen, sind illokutionäre Akte eben nicht von diesem Schlag. Ein zweiter Vorschlag, was mit „kommunikativen Handlungen“ gemeint sein könnte: Kommunikative Akte sind darauf ausgerichtet, normatives Verstehen zu erzielen. In dieser Deutung von „kommunikativ“ wären 17
18
Siehe Strawson (1964: 121). – Zu Strawsons Modifikation der griceschen Meinensanalyse siehe Meggle (1981: Kap. 3.4 und 6.1) sowie Harras (2004: 167 ff. und 196 ff.). Strawson (1964: 121; seine Hervorhebung).
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illokutionäre Akte unbestritten kommunikativer Art. Nur ist dieser Vorschlag nicht bloß unüblich, sondern auch auffallend dünn. Denn damit würde lediglich gesagt, dass der Vollzug illokutionärer Akte impliziert, dass ein gewisses Verständnis dieser Handlungen als das richtige Verständnis festliegt. Dieser begriffliche Zusammenhang zwischen Illokution und Kommunikation ergibt sich aber bereits aus Austins Verständnis des konventionalen Wesens illokutionärer Akte. Folglich würde eine solche Charakterisierung kommunikativer Handlungen der austinschen Definition illokutionärer Akte nichts Neues hinzufügen. Das gilt im Übrigen auch dann, wenn wir uns auf die von Strawson vorgeschlagene, schwächere Version beschränken wollten (siehe obiges Zitat). Denn was könnte es heißen, dass ein Sprecher das Ziel verfolgt, normatives Verstehen zu erzielen? Normatives Verstehen ist ein konventionales Ergebnis und liegt genau dann als richtiges Verständnis fest, wenn S einen illokutionären Akt (erfolgreich) vollzieht. Darauf abzielen, normatives Verstehen zu erreichen, würde demnach nichts anderes bedeuten als das Ziel verfolgen, einen illokutionären Akt zu vollziehen. Auch so wird es schwer sein, dieser Einsicht etwas Interessantes über das Wesen illokutionärer Akte abzugewinnen. Soviel zur These, Austin zufolge seien illokutionäre Akte wesentlich kommunikativer Art, und zu den Gründen, weshalb sie mir nicht recht einleuchten will. Was sich hinter dem viel zitierten securing of uptake verbirgt, ist meiner Meinung nach nichts, was uns veranlassen sollte, illokutionäre Akte (im gängigen Sinne des Wortes) als kommunikative Handlungen oder nur schon als Verständigungsversuche zu verklären. Im Gegenteil, dank Austin wissen wir: Illokution ist das eine, Kommunikation ist etwas anderes.
4.
Illokution und Intention
Mit Paul Grice, so Strawsons dritte These, wird alles besser. Falls bisher Gesagtes zutrifft (und ich gehe, zugegeben, davon aus), wird sie eigentlich hinfällig. Weder benötigen wir den griceschen Ansatz, um Austins Überlegungen zum Wesen illokutionärer Akte zu korrigieren, noch sind wir auf ihn angewiesen, um der Sache mit dem uptake einen tieferen Sinn abzugewinnen. Dennoch könnte es sein, dass eine adäquate Analyse illokutionärer
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Akte ganz ohne Grice oder Griceliches nicht auskommt. Ich möchte in diesem Abschnitt der Frage nachgehen, was es damit auf sich hat. Grices ursprüngliche Analyse ist darauf ausgerichtet zu explizieren, was es heißt, dass ein nicht-natürliches Zeichen etwas bedeutet und was es bedeutet. Die Antwort lautet: Dass ein solches Zeichen Bedeutung hat, heißt, dass der Sprecher S mit ihm etwas meint; und das wiederum heißt, dass er die Absicht verfolgt, beim Adressaten A eine bestimmte Reaktion oder Wirkung hervorzurufen – und zwar dadurch, dass er möchte, dass A erkennt, dass er diese Absicht hegt. Was das besagte Zeichen bedeutet, richtet sich entsprechend danach, was S mit ihm meint bzw. welche Reaktion er seitens A herbeizuführen beabsichtigt.19 Man bemerkt leicht: Von Sprechakttheorie ist hier nicht die Rede (tatsächlich hatte Grice mit seiner Bedeutungstheorie etwas anderes im Sinn20). Und doch denken nicht wenige, dass sich dieser Ansatz für eine Theorie des Illokutionären bestens nutzen lässt – so man denn gewillt ist, wenigstens drei Etappen zurückzulegen.21 1. Etappe: Man deute gricesches Meinen als rationaler Beeinflussungsversuch.22 Um einen Beeinflussungsversuch handelt es sich insofern, als S möchte, dass A auf bestimmte Weise reagiert, wobei Grice zufolge diese Reaktion entweder darin besteht, dass A etwas glaubt, oder aber darin, dass A die Absicht fasst, etwas zu tun. Und rational ist solch ein Beeinflussungsversuch erstens in dem Sinne, dass S Gründe für die Wahl eines bestimmten Zeichens x hat, und mit zu diesen Gründen gehört, dass er dar19 20
21
22
Siehe Grice (1957). Und zwar sollte sie, wie ich glaube, einen Baustein liefern für den groß angelegten Versuch, menschliche Rationalität zu verstehen; siehe Petrus (2010a). Nach Auffassung anderer Autoren ist der gricesche Ansatz zum vornherein auf perlokutionäre Effekte angelegt; siehe dazu Dörge (2001). Jene, die am sprechakttheoretischen Grundsatz festhalten, demzufolge Illokutionäres nicht mit Perlokutionärem zu erklären sei, werden also schon aus diesem Grunde die nachfolgenden Etappen nicht zurücklegen (z. B. Alston, 2000). Diejenigen hingegen, die an diesen Grundsatz vorbeisehen, werden es sehr wohl tun und zu bedenken geben, dass ohnehin jeder Effekt, der mit einem Sprechakt erzielt werden soll, ein perlokutionärer Effekt ist (z. B. Ulkan, 1992). Ich werde mich bis Abschnitt 5 aus diesem Disput heraushalten. Siehe Kemmerling (1979: 102 ff.) und (1986) sowie Petrus (1999: 114-120) und (2002a: 242 ff.).
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auf bauen kann, dass A angesichts von x erkennt, dass S möchte, dass A r zeigt und A aufgrund dieser Erkenntnis auch tatsächlich r zeigt. Zweitens sind derlei Beeinflussungsversuche insofern rational, als die von S erwünschte Reaktion unter der Kontrolle von A steht, was heißen soll, dass A seinerseits Gründe hat, r zu zeigen, und mit zu diesen Gründen gehört, dass A erkennt, dass S von ihm möchte, dass er so reagiert. 2. Etappe: Man fasse Beeinflussungsversuche à la Grice als rationale Verständigungsversuche auf und damit als Kooperationsspiele, die verlangen, dass entweder beide (S und A) gewinnen oder aber beide verlieren: S gewinnt nur dann, wenn A erkennt, was S mit x beabsichtigt; und das gelingt A nur dann, wenn für ihn auch wirklich deutlich wird, was S im Schilde führt. All dies verlangt natürlich, dass wir Grices Analysandum „S meinte mit x etwas“ (mehr oder weniger stillschweigend) in „S versucht, mit x etwas zu kommunizieren“ verwandeln. Zumindest für Strawson liegt dies auf der Hand: Grice’s analysis is undoubtedly offered as an analysis of a situation in which one person is trying, in a sense of the word ‚communicate‘ fundamental to any theory of meaning, to communicate with another.23
3. Etappe: Man fasse Äußerungen qua rationale Verständigungsversuche als Vollzug einer gewissen Sorte von Handlungen auf, nämlich als illokutionäre Akte. Das ist in sehr groben Zügen der Weg, auf dem man vom Meinen über Kommunikation zum Illokutionären gelangt.24 Im Lichte der Bemerkungen eingangs dieses Abschnitts würde die These nun in etwa so lauten: Wer eine angemessene Analyse illokutionärer Akte anstrebt, muss diese Route gehen – und zwar selbst dann, wenn er die Gültigkeit der austinschen Definition (AUS) voraussetzt. Soweit ich sehe, kann das zweierlei heißen. a) Illokutionäre Akte involvieren notwendig gricesche Absichten; deshalb sind sie wesentlich intentional. Tatsächlich könnte man auf die 23
24
Strawson (1964: 120). – Im Detail erweist sich die Analyse gricescher Kommunikationsversuche als ziemlich vertrackt; siehe z. B. Meggle (1981) und (1996) oder Recanati (1987: Kap. 7). Wer wissen möchte, wie anspruchsvoll (und steinig) diese Route sein kann, lese z. B. Schiffer (1972) oder auch Bach & Harnish (1979).
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Idee kommen, die austinsche Definition folgendermaßen umzudeuten: Eine Äußerung X ist illokutionär genau dann, wenn es dafür, dass man X vollzieht, ausreicht, dass man deutlich macht, dass man beabsichtigt, X zu vollziehen. So verstanden, würde die obige These aber nicht zutreffen. Es ist zwar richtig, dass „deutlich machen“ in (AUS) oder, wenn man jetzt so will, in der „griceschen“ Version als faktives Verb aufzufassen ist, d. h.: S kann nicht deutlich machen, dass er beabsichtigt, einen bestimmten illokutionären Akt zu vollziehen, ohne diese Absicht zu hegen.25 Doch wäre es falsch, daraus abzuleiten, illokutionäre Akte seien Handlungen, die zwingend mit bestimmten Absichten ausgeführt werden. Selbst in einer griceschen Interpretation von (AUS) bildet die Absichtsverdeutlichung bloß eine hinreichende Bedingung für die erfolgreiche Ausführung eines illokutionären Akts. Mithin ist in dieser Definition auch mit keinem Wort davon die Rede, dass eine solche Handlung nur dann vollzogen werden kann, wenn der Sprecher die von ihm verfolgte Absicht verdeutlicht. Genau genommen legt sie nicht einmal fest, dass ihr Vollzug überhaupt irgendwelche Absichten involviert, die vom Sprecher zu verdeutlichen wären. Die Definition besagt bloß, dass es für illokutionäre Akte hinreicht, wenn man die betreffende Absicht deutlich macht. Übrigens: Dasselbe Argument trifft auch dann zu, wenn man – wie Strawson und seine Nachfolger das wohl tun würden – die obige These lediglich auf eine gewisse Sorte von illokutionären Akten bezieht, nämlich auf die so genannten kommunikativen illokutionären Akte. Auch dann ist zu beachten, dass mit (AUS) keineswegs ausgeschlossen wird, dass beispielsweise Behauptungen, Warnungen oder Drohungen mitunter oder gar sehr oft tatsächlich mit irgendwelchen (griceschen) Absichten vollzogen werden. Zudem würde bei einer solch eingeschränkten These ins Gewicht fallen, dass sie bestenfalls Aussagen über die Eigenheit spezifischer illokutionärer Akte erlaubt. In (AUS) aber ist, wie schon mehrfach betont, von deren generischem Wesen die Rede – und zwar auch dann, wenn man die Definition in gricesche Begrifflichkeiten kleiden möchte. b) Illokutionäre Akte sind wesentlich intentional, weil ihr Vollzug – wenn auch versteckt – ein genuin gricesches Element beinhaltet. Nennen wir dieses Element, wie in der Szene üblich, den „griceschen Mechanis25
Siehe Kemmerling (2001: 84 f.) sowie Siebel (2002: 148).
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mus“. Auf ihn verlässt sich ein Sprecher, wenn er sein Gegenüber auf rationale Weise zu beeinflussen trachtet. Konkret baut S darauf, dass für den Fall, dass A erkennt, dass S möchte, dass A eine bestimmte Reaktion zeigt, eben dies für A mit ein Grund ist, auf die von S erwünschte Weise zu reagieren, oder bündiger: S unterstellt, dass die Erkenntnis seiner Absicht zu deren Erfüllung gereicht. Tatsächlich mahnt dies an die in der austinschen Definition beschriebene Vollzugsweise illokutionärer Akte. Immerhin sind dies Handlungen, die sich bereits dadurch vollziehen lassen, dass man deutlich macht (oder in gricescher Schreibweise: zu erkennen gibt), dass man sie vollziehen will (in gricescher Schreibweise: zu vollziehen beabsichtigt). Beruht der Vollzug illokutionärer Akte also tatsächlich auf dem griceschen Mechanismus?26 Es gibt Passagen in Strawsons Aufsatz, die vermuten lassen, dass er diese Frage bejahen würde. Dort vertritt er die Auffassung, das securing of uptake sei wesentlich ein standardisiertes oder gar unveränderliches Element („essentially a standard, if not an invariable, element”27) beim Vollzug eines illokutionären Aktes. Nimmt man hinzu, dass dieses Element in Begriffen gricescher Absichten analysiert wird, dürfte dies tatsächlich darauf hinaus laufen, dass sich der Sprecher beim Vollzug illokutionärer Akte in jedem Fall darauf verlässt, dass die Erkenntnis seiner Absicht, A möge auf bestimmte Weise reagieren, zu deren Erfüllung ausreicht.28 Entsprechend würde Strawsons Antwort auf die obige Frage lauten: Ja, der Vollzug illokutionärer Akte beruht immer oder zumindest im Normalfall auf dem griceschen Mechanismus. Einerlei, ob Strawson wirklich dieser Auffassung ist, lohnt es sich hervorzuheben, dass sie an der Pointe der austinschen Definition vorbeigeht. Ich habe in anderem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen: Zwar besagt (AUS), dass für illokutionäre Akte notwendigerweise gilt, dass sie sich auf bestimmte Weise vollziehen lassen – nämlich dadurch, dass man optimal explizit macht, dass man sie vollziehen will. Doch heißt 26
27 28
Wesentlich mehr über den griceschen Mechanismus findet man bei Kemmerling (2001). Dieser Mechanismus ist es, der den so genannten gricelichen Handlungen ihren Namen verleiht. Die Bezeichnung „Gricean mechanism“ mitsamt der Idee dahinter stammt von Bennett (1976). Strawson (1964: 122). Siehe Strawson (1964: 121 f., 128 f.).
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dies noch lange nicht, dass sie in jedem Fall oder nur schon normalerweise so vollzogen werden. Was (AUS) fordert, ist einzig und allein, dass illokutionäre Akte zu einem Schlag Handlungen gehören müssen, die auf diese Weise vollziehbar sind. Soviel zur dritten These, die (in der von mir modifizierten Version) besagt, dass Grices Theorie der rationalen Verständigung für eine akkurate Analyse illokutionärer Akte unentbehrlich ist, sowie zu den Gründen, weshalb ich auch sie für falsch halte: Weder involvieren illokutionäre Akte zwingend gricesche Intentionen noch beruht die Vollzugsweise dieser Handlungen notwendigerweise in jedem Fall oder nur schon standardmäßig auf dem griceschen Mechanismus.29
5.
Perillokution und Intention
Grices Theorie der rationalen Verständigung ist nicht für illokutionäre Akte geschaffen. Wohl aber für eine Sorte von Sprechakten, die ihnen verdächtig ähneln. Ich möchte diese perillokutionären Akte zunächst kurz charakterisieren und daran anschließend darlegen, inwiefern es sich dabei um gricesche Verständigungsversuche handelt.30 Zuvor sollte ich hervorheben, dass sich die Struktur perillokutionärer Akte wider Erwarten als ziemlich komplex erweist, und ich mich hier und jetzt damit begnügen muss, bloß einen Typus von Perillokutionen ein wenig näher zu betrachten. Grob gesagt, vollzieht ein Sprecher S einen perillokutionären Akt, wenn er einen perlokutionären Akt dadurch vollzieht, dass er einen illokutionären Akt ausführt. Zum Beispiel mag S seinem Gegenüber A versprechen, pünktlich zu sein (illokutionär), und ihn auf diese Weise beruhigen (perlokutionär); oder er mag nach As Tante fragen (illokutionär) und so vom Thema ablenken (perlokutionär). Wie unschwer zu erkennen ist, setzt diese Charakterisierung die (in der Sprechakttheorie bis auf den heutigen Tag kontrovers diskutierte) illokutionär/perlokutionär-Distinktion voraus. 29
30
Mit all dem möchte ich nicht bestreiten, dass der gricesche Mechanismus zum besseren Verständnis des Illokutionären beitragen kann. Im Gegenteil, was man hinter diesem Mechanismus vermutet, mag durchaus eine angemessene Teilbeschreibung der Vollzugsweise illokutionärer Akte abgeben; siehe hierzu Petrus (2003). Siehe dazu auch Petrus (2010b).
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Ich betrachte es als einen (weiteren) Vorzug der austinschen Definition, dass sie nicht bloß das generische Wesen illokutionärer Akte erfasst, sondern zugleich als prima facie-Unterscheidungskriterium zwischen illokutionären und perlokutionären Akten funktioniert. Für letztere gilt nämlich gerade nicht, dass sie (selbst unter traumhaften Äußerungsbedingungen) bereits dadurch ausgeführt sind, dass man explizit macht, dass man sie vollziehen will.31 Um jemanden beispielsweise von etwas zu überzeugen oder für etwas zu begeistern bedarf es typischerweise eines Rests, der über das schiere Verdeutlichen dieser Zwecke hinausgeht. Will man verstehen, in welchem Sinne der Vollzug perlokutionärer Akte eines Rests bedarf, hat man (nebst anderem) also herauszufinden, wie sich perlokutionäre Zwecke erreichen lassen. Dabei sind wenigstens zwei Unterscheidungen zu beherzigen.32 Zunächst die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren perlokutionären Akten.33 Bei ersteren ist dafür, dass S den betreffenden perlokutionären Zweck erreicht, nicht erheblich, was S tut, bei letzteren dagegen schon – und zwar (auch) im folgenden Sinne: S glaubt, dass für den Fall, dass A erkennt, was S tut (i. e. von welchem Sprechakttypus sein Tun ist), dies für A einen Grund darstellt, den von S erwünschten perlokutionären Effekt zu zeigen. Nennen wir diesen von S unterstellten Zusammenhang fortan (etwas gestelzt) „perlokutionären Nexus“. Ferner wollen wir den von S beabsichtigten perlokutionären Effekt mit „Φ“ abkürzen sowie (mit Austin) davon ausgehen, dass es sich bei Ss Tun um einen phonetischen, phatischen, rhetischen bzw. lokutionären oder illokutionären Akt handeln kann. 31
32
33
Perlokutionäre Akte müssen nicht intendiert sein. In der Folge gehe ich allerdings davon aus, dass S mit seiner Äußerung einen perlokutionären Zweck verfolgt, wobei für derlei Zwecke (analog zu den Akten) gilt, dass sie nicht schon dadurch erfüllt sind, dass man optimal explizit macht, dass man sie erreichen will. Was jetzt kommt, ist kein Beitrag zur Spezifizierung dieses Rests. Gar vieles mag für den Erfolg perlokutionärer Akte ausschlaggebend sein und das meiste davon dürfte einer Begriffsanalyse allein nicht zugänglich sein; siehe Marcu (2000), ferner Coulmas (1977: Kap. 2); Cohen & Levesque (1990) sowie Gu (1993). Sie ist nicht zu verwechseln mit der Unterscheidung zwischen direkten und indirekten perlokutionären Akten bei Cohen (1973).
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Die zweite Unterscheidung betrifft offene und versteckte perlokutionäre Akte. Dabei sei ein perlokutionärer Akt offen, wenn er völlig offen ist oder aber bedingt offen. Völlig offen ist er, wenn S will, dass A erkennt, dass S den oben genannten perlokutionären Nexus unterstellt. Bedingt offen heiße ein perlokutionärer Akt, wenn S zwar will, dass A erkennt, was S tut, sowie will, dass A erkennt, dass S Φ erzielen möchte, jedoch auch will, dass A nicht erkennt, dass S den besagten perlokutionären Nexus unterstellt. – Versteckt heiße ein perlokutionärer Akt, wenn er völlig versteckt ist oder aber bedingt versteckt. Völlig versteckt ist er, wenn S will, dass A nichts von alledem erkennt, von dem bislang die Rede war. Und bedingt versteckt ist er, wenn S zwar will, dass A weder erkennt, dass S den besagten Nexus unterstellt, noch erkennt, dass S Φ erzielen will, indes möchte, dass A erkennt, von welchem Sprechakttypus sein Tun ist. Auf dem Hintergrund dieser Unterscheidungen lässt sich eine Typologie perillokutionärer Akte erstellen, wobei mir im Folgenden, wie gesagt, bloß an einer Sorte gelegen ist. Es sind dies perillokutionäre Akte, die mittelbar sowie offen sind und als solche unter anderen die folgenden Merkmale aufweisen:34 (1) (2) (3) (4) (5)
ΨS WS(ΦA) WS(EA(WS(ΦA))) GS(ΨS → ΦA) GS(EA(ΨS) ΦA)
(1) besagt, dass es sich beim perlokutionären Auslöser um eine Äußerung ΨS handelt, die im Sinne der austinschen Definition (AUS) als illokutionärer Akt gilt. (2) besagt, dass S einen perlokutionären Zweck verfolgt bzw. bei A einen entsprechenden Effekt erzielen will, wobei S – siehe (3) – auch will, dass für A dies erkennbar wird. Einigermaßen normale Umstände vorausgesetzt, könnten beispielsweise überzeugen, bestärken, aufmuntern, er34
Die Bezeichnung „perillokutionärer Akt“ wird fortan also bloß für diesen Typus verwendet. Und die nachfolgenden informellen Abkürzungen sind so zu lesen: „WS“ steht für „S will/beabsichtigt, dass“; „EA“ für „A erkennt, dass“ (weiter unten für „A versteht, dass“); „GS“ für „S glaubt/baut darauf, dass“; „→“ für „führt zu“ und „“ für „ist Grund für“.
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heitern oder beruhigen zu solch „offenen“ Zwecken gehören. (4) besagt, dass S Ψ als taugliches Mittel betrachtet, um Φ zu erzielen. Es wurde in Austins Nachfolge viel darüber spekuliert, inwieweit der Zusammenhang zwischen Ψ und Φ (nicht doch) konventionaler Art ist.35 Ich bezweifle, dass sich diese Frage begriffsanalytisch entscheiden lässt. Immerhin darf bei mittelbaren perillokutionären Akten davon ausgegangen werden, dass S darauf baut, dass für den Fall, dass er einen illokutionären Akt Ψ vollzieht, A erkennt, dass S (damit) den perlokutionären Effekt Φ zu erzielen trachtet, also zusätzlich noch (6) gilt: (6)
GS(ΨS → EA(WS(ΦA)))
(5) steht für den von S unterstellten perlokutionären Nexus, wobei dieses Merkmal voraussetzt, dass S will, dass A erkennt, dass S einen illokutionären Akt Ψ vollzieht, d. h.: (7)
WS(EA(ΨS))
Schließlich ist im Falle völlig offener Akte die obige Liste (mindestens) um den Zusatz (8) zu ergänzen: (8)
WS(EA(GS(EA(ΨS) ΦA)))
Soweit diese krude Umschreibung perillokutionärer Akte. Fragen wir uns nun: Sind sie gricesche Verständigungsversuche? Mir scheint, ja, und zwar aus mindestens zwei Gründen. Erstens: Perillokutionäre Akte sind offenkundig rationale Beeinflussungsversuche. S will bei A einen bestimmten (nämlich: perlokutionären) Effekt erzielen (er möchte z. B. A von etwas überzeugen oder von etwas abhalten). Dabei geht es S nicht bloß darum, diesen Effekt auf irgendeinem Pfad zu erreichen, sondern – siehe (4) – auf dem (in seinen Augen) strategisch besten Weg. Mit anderen Worten: S hat Gründe, ΨS zu vollziehen, wobei mit zu diesen Gründen gehört, dass S glaubt, dass A angesichts von Ψ erkennt, dass er Φ erzielen möchte – siehe (6) – und dass A – siehe (5) – aufgrund dieser Erkenntnis auf die von S erwünschte Weise reagiert. Das bedeutet, dass A seinerseits Gründe hat, so zu reagieren und zu diesen 35
Siehe z. B. Cohen (1973); Schlieben-Lange (1974) und (1976); Davis (1979).
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Gründen gehört, dass er erkennt, dass S Φ verfolgt. Dabei sollte man im Auge behalten, dass es hier durchs Band um A-Gründe geht, von denen sich S erhofft oder von denen S glaubt, dass sie erforderlich sind, um an sein Ziel zu gelangen. Ob A tatsächlich über diese Gründe verfügt oder welche Gründe er überhaupt hat, ist eine andere Frage. Zweitens: Perillokutionäre Akte sind klarerweise (offene) Kommunikationsversuche. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Kommunikationsziele unterscheiden, hinsichtlich derer S offen ist bzw. keinerlei verheimlichende Absichten gegenüber A hegt. Das eine Ziel benennt den eigentlichen Zweck des Unterfangens von S – siehe (2): Er will bei A einen perlokutionären Effekt Φ landen. Somit hat A verstanden, was S eigentlich bezweckt, wenn (3) erfüllt, d. h. (α) der Fall ist: ( α)
EA(WS(ΦA))
Das andere Kommunikationsziel könnte man das strategische Ziel nennen: S will – siehe (7) –, dass A erkennt, dass er einen illokutionären Akt Ψ vollzieht und welchen er vollzieht. Entsprechend hat A verstanden, was S strategisch bezweckt, wenn (7) erfüllt, d. h. (β) der Fall ist: (β )
EA(ΨS)36
Wie zuvor schon gesagt, besteht einer der Gründe, weshalb S das strategische Ziel erreichen will, darin, dass S auf den perlokutionären Nexus baut. Hier könnte man eine dritte Ähnlichkeit mit griceschen Verständigungsversuchen wittern. Dass S den perlokutionären Nexus unterstellt, heißt nämlich, dass er sich auf eine Art griceschen Mechanismus verlässt; und zwar insofern er – siehe (5) – darauf baut, dass für den Fall, dass A erkennt, dass S Ψ vollzieht, dies für A mit ein Grund ist, tatsächlich auf die von S erwünschte Weise zu reagieren. Man beachte nun: (α) und (β) gehören nicht zu den Vollzugsbedingungen perillokutionärer Akte. Eine Äußerung gilt als perillokutionär, wenn (1)-(7) gegeben sind (und vielleicht noch weitere Bedingungen). Da36
Im Falle völlig offener perillokutionärer Akte gehört (8) zum strategischen Ziel von S; entsprechend versteht A, was S strategisch bezweckt, wenn EA(GS(EA(ΨS) ΦA)) gilt. Fürs Folgende langt es allerdings hin, wenn wir uns auf bedingt offene Akte konzentrieren.
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zu gehört notwendigerweise, dass S will, dass A versteht, was er im strategischen wie auch eigentlichen Sinne bezweckt. So gesehen sind perillokutionäre Akte wesentlich Kommunikationsversuche. Demgegenüber benennen (α) und (β) Bedingungen, unter denen ein perillokutionärer Akt gelingt bzw. unter denen diese Art von Verständigung zustande kommt. Es liegt nahe, in (β) wenn nicht einen Garanten, so doch (zumindest aus Sicht des Sprechers) eine Voraussetzung für den erfolgreichen Vollzug eines perillokutionären Aktes zu sehen. Denn erfolgreich ist ein solcher Sprechakt genau dann, wenn A auf die von S vorgesehene Weise den erwünschten perlokutionären Effekt zeigt, also (χ) der Fall ist: (χ )
EA(ΨS) ΦA
– und das bedingt (im Minimum) eben, dass A versteht, was S strategisch bezweckt. Soviel (besser: so wenig) zu perillokutionären Akten mitsamt einigen Andeutungen, weshalb ich sie für geeignete Kandidaten für gricesche Verständigungsversuche halte. Ich möchte abschließend die Gelegenheit nutzen, um den entscheidenden Unterschied zwischen illokutionären und perillokutionären Akten noch einmal hervorzuheben. Zunächst: Illokutionäre Akte können leicht mit perillokutionären verwechselt werden (und umgekehrt).37 Aber: Illokutionäre Akte sind niemals perillokutionäre Akte – auch (und gerade) dann nicht, wenn sie für perlokutionäre Zwecke eingespannt werden. Wer das tut, verfolgt nämlich immer schon ein strategisches Ziel, d. h., er will, dass sein Gegenüber versteht, dass er einen illokutionären Akt vollzieht und welchen er vollzieht. Wie gesehen, ist es für den Erfolg eines perillokutionären Aktes unabdingbar, dass dieses Ziel erreicht wird. Nichts von alledem aber gilt für illokutionäre Akte. Denn illokutionäre Akte sind Handlungen, die völlig unabhängig davon zustande kommen, dass der Sprecher ein solches strategisches Ziel verfolgt. Mit anderen Worten: Wann immer ein Sprecher einen illokutionären Akt für perlokutionäre Zwecke einspannt, vollzieht er
37
Ein Beispiel für solch eine Verwechslung liefert Petrus (2002b). Ähnlich könnte es aber auch all jenen ergehen, die sich seit Strawson um eine Analyse so genannter kommunikativer illokutionärer Akte kümmern.
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genau genommen keinen illokutionären Akt mehr, sondern vielmehr und im Allgemeinen bereits einen perillokutionären Akt.38 Natürlich kann man, wenn man das unbedingt will, das strategische Ziel den „illokutionären Zweck“ nennen oder den betreffenden Effekt, der auf Seiten des Adressaten erreicht werden soll, als „illokutionären Effekt“ bezeichnen.39 Allerdings sollte man dann stets im Auge behalten, dass dieser Effekt nur deswegen so heißt, weil sich As Verstehen auf einen illokutionären Akt richtet. Und vor allem sollte man stets und für alle kenntlich anmerken, dass Ss Absicht, einen solchen Effekt zu erzielen, nicht etwa zu den Vollzugsbedingungen illokutionärer Akte gehört. Wer nämlich behaupten wollte, dass illokutionäre Akte wesentlich darauf angelegt sind, einen illokutionären Effekt zu erzielen, würde nicht bloß das (allgemeine) Wesen des Illokutionären verkennen, sondern eben auch: Illokutionäres mit Perillokutionärem verwechseln. Illokutionäre Akte aber sind keine griceschen Verständigungsversuche, sie sind, für sich genommen, überhaupt nicht kommunikativer Art. Perillokutionäre Akte hingegen schon.
6.
Schluss
Ich habe auf den vorangegangenen Seiten ein wenig Exegese betrieben und wollte damit zeigen, dass wir auf die von Strawson vorgeschlagene Fusion der Ideen von Austin und Grice getrost verzichten können – jedenfalls wenn es um den allgemeinen Rahmen einer befriedigenden Theorie des Illokutionären geht. Im Ernstfall würde ich allerdings einen Schritt weiter gehen und behaupten wollen, dass Strawsons Fusion nicht bloß unnötig, sondern verhängnisvoll war. Und zwar deswegen: Aus ihr sind zwei Dogmen hervorgegangen, die auch heute noch von den meisten SprechakttheoretikerInnen unterzeichnet werden, von denen ich aber meine, dass man sie aufgeben 38
39
Das gilt selbst dann, wenn S einen illokutionären Akt sozusagen um seiner selbst willen vollziehen sollte, also bloß mit der Absicht, dass für A deutlich wird, dass er z. B. etwas behaupten will (und keine weiteren, d. h. perlokutionären Zwecke verfolgt). Das Besondere dieser Art von Kommunikationsversuch besteht vermutlich darin, dass er für den Fall, dass er gelingt, bereits erfolgreich ist. Wie das seit Searle (1969: 42 ff.) in gewissen Kreisen üblich ist.
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sollte. Das eine Dogma lautet, dass illokutionäre Akte auf Verständigung abzielen, das andere, dass eine adäquate Analyse solcher Sprechakte im Schema „Konventionalismus/Intentionalismus“ zu erfolgen hat. Ich denke, dass mit der Sprechakttheorie auch deshalb etwas im Argen liegt, weil sie auf diesen Dogmen beruht und sich daran auch nichts ändern wird, solange sie an ihnen festhält. Von all dem war in diesem Aufsatz freilich nicht die Rede.40 Oder bestenfalls indirekt, indem ich angedeutet habe, wie sich illokutionäre Akte als Handlungen charakterisieren lassen, die weder zwingend auf Verständigung angelegt sind noch notwendigerweise gricesche Absichten involvieren oder eine besonders komplexe Form der Konventionalität voraussetzen. Was illokutionäre Akte in ihrem Kern ausmacht, ist demnach nichts, was mit den Dogmen der Sprechakttheorie erfasst werden könnte, wohl aber mit der austinschen Definition. Denn illokutionäre Akte sind schlicht das, was sie aufgrund ihrer eigentümlichen Vollzugsweise nun einmal sind: Handlungen, die schon dadurch ausgeführt sind, dass man auf konventionale Weise deutlich macht, dass man sie ausführen will.*
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40 *
Siehe aber Petrus (2006b: 126-140). Dank an Sarah-Jane Conrad, Guido Huwiler und Silvan Imhof. Die Arbeit entstand mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Projekt Nr. PP001-114812/1).
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123
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Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände Bernd Eickmann
1.
Einleitung
In Individuals präsentiert Peter Strawson ein einfaches und attraktives Modell für erfolgreiche Kommunikation über einzelne konkrete Gegenstände mittels Eigennamen: Es muss (a) einen Gegenstand A geben, auf den der Sprecher sich mit dem Eigennamen bezieht, es muss (b) einen Gegenstand B geben, so dass der Adressat glaubt, dass der Sprecher sich auf ihn bezieht, und (c) A muss mit B identisch sein. Die erste Bedingung involviert, so Strawson, dass der Sprecher empirisches Wissen über A besitzt und seine Verwendung des Eigennamens auf diesem Wissen beruht. Die zweite Bedingung involviert, dass der Adressat empirisches Wissen über B besitzt, und sein Verständnis des Eigennamens auf diesem Wissen beruht.1 Am Beispiel des Eigennamens „Sokrates“ erläutert Strawson diese Idee folgendermaßen: Consider the situation in which a reference is made, by name, to Socrates. […] [B]oth speaker and hearer […] satisfy the condition for successful termintroduction if each knows some distinguishing facts, not necessarily the same ones, about Socrates, facts, which each is prepared to cite to indicate whom he now means, or understands, by ‚Socrates‘.2
(Strawson verwendet den Ausdruck „term“ in Individuals etwas irreführend für Dinge, die mit einem Ausdruck in die Rede eingebracht werden können.3 Es geht im Zitat also um die erfolgreiche Einführung eines Gegenstandes – hier: Sokrates – in die Rede.) Laut Strawson beruht die erfolgreiche Verwendung von Eigennamen auf der Kenntnis individuierender 1 2 3
Siehe Strawson (1959: Kapitel 6). Strawson (1959: 191). Siehe Strawson (1959: 146).
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Tatsachen über den anvisierten Bezugsgegenstand. Wie im Verlaufe dieses Artikels deutlich werden sollte, ist es für das Verständnis und die Evaluierung des Vorschlags letztlich ausschlaggebend, wie man diese Bedingung genau versteht.4 In seiner allgemeinsten Form besagt der Vorschlag zunächst einmal, dass es von den Überzeugungen abhängig ist, die ein Sprecher mit einem Eigennamen assoziiert, auf welchen Gegenstand sich der Sprecher durch die Verwendung des Eigennamens bezieht.5 Die mit dem Eigennamen assoziierten Überzeugungen sind dabei diejenigen, die – zumindest prinzipiell – seine Antwort auf die Frage bestimmen, über wen oder was er redet. Was aber ist genau die Verbindung zwischen den mit dem Eigennamen assoziierten Überzeugungen und seinem Bezugsgegenstand? Strawson gibt die Antwort auf diese Frage mit seiner Kennzeichnungstheorie für Eigennamen. Laut der Kennzeichnungstheorie wird die Beziehung zwischen Überzeugungen und Bezugsgegenstand durch ein Prinzip der Wahrheitsmaximierung bestimmt. Grob formuliert, ist demnach der Bezugsgegenstand eines Eigennamens derjenige Gegenstand, der die meisten mit dem Eigennamen assoziierten Überzeugungen wahr macht. Gegen dieses Prinzip wurden von Saul Kripke einflussreiche Einwände erhoben. Im Folgenden werde ich versuchen zu zeigen, dass Strawsons Modell der erfolgreichen Bezugnahme mit Eigennamen trotz dieser Einwände nicht aufgegeben werden muss, wenn man das Verhältnis zwischen den bezugsfestlegenden Überzeugungen und dem Bezugsgegenstand anders konzipiert. Die leitende Idee dabei ist, das Prinzip der Wahrheitsmaximierung durch ein – auf Timothy Williamson zurückgehendes – Prinzip der Wissensmaximierung zu ersetzen. Das Ergebnis ist ein plausibles Modell der Bezugsfestlegung für Eigennamen, welches Strawsons eigener Charakterisierung, wie sie oben wiedergegeben wurde, gerecht wird. Im nächsten Abschnitt werde ich zunächst die Kennzeichnungstheorie und Kripkes Kritik 4
5
Strawsons Verständnis seiner eigenen Bedingung scheint – wie sich zeigen wird – darauf hinauszulaufen, dass Sprecher wahre (und letztlich individuierende) Überzeugungen über den Bezugsgegenstand besitzen müssen. Siehe Strawsons (1959: 191 f.) Erörterung im direkten Anschluss an das Zitat. Meine folgende Darstellung der Theorie orientiert sich an Kripkes – für die sprachphilosophische Diskussion oft maßgebliche – Rekonstruktion der Theorie in den ersten beiden Vorlesungen in Kripke (1972).
Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände
127
an ihr vorstellen. Im übernächsten Abschnitt werde ich die wissensbasierte Alternative zu ihr präsentieren, um dann im letzten Abschnitt schließlich zu überprüfen, wie der alternative Ansatz mit Kripkes Einwänden zurechtkommt.
2.
Kennzeichnungstheorien und Kripkes Kritik an ihnen
Es gibt zwei Sorten von Kennzeichnungstheorien referentieller Ausdrücke. Die eine Sorte versucht, die Bedeutung der jeweiligen Ausdrücke anzugeben. Eine Theorie, die besagt, dass ein Eigenname jeweils synonym mit einer definiten Kennzeichnung ist, wäre ein klares Beispiel für eine solche Theorie. Kennzeichnungstheorien dieser Sorte sind das Ziel von Saul Kripkes modalem Argument in Naming and Necessity.6 Eigennamen und andere referentielle Ausdrücke sind demnach im Gegensatz zu definiten Kennzeichnungen starre Designatoren, d. h. Ausdrücke, die bezüglich aller möglichen Welten dasselbe Bezugsobjekt bezeichnen. Dieser Tatsache werden Kennzeichnungstheorien als Theorien der Bedeutung nicht gerecht. Die zweite Sorte von Kennzeichnungstheorien ist hingegen immun gegen diese Kritik, da es sich bei ihnen lediglich um Theorien der Bezugsfestlegung für referentielle Ausdrücke handelt. Um diese zweite Sorte soll es in diesem Text ausschließlich gehen. Was es heißt, dass bestimmte Tatsachen den Bezug eines Eigennamens festlegen, ist nicht unbedingt eindeutig. Man kann mit einiger Berechtigung so sprechen, dass mit Bezugsfestlegung der Akt der Namensgebung gemeint ist. Gegenstände und Personen tragen Eigennamen, die sie in Taufakten verliehen bekommen. Den Namen „Kurt Gödel“ zu tragen, ist eine objektive – wenn auch kontingente – Eigenschaft von Kurt Gödel, die auf unseren Taufkonventionen beruht. Man kann bei der Rede über Bezugsfestlegung aber auch diejenigen Tatsachen im Auge haben, die festlegen, wen oder was ein Sprecher mit einem Eigennamen bezeichnet. Um Bezugsfestlegung in diesem zweiten Sinne geht es Strawson. Es sollte klar sein, dass es zwischen beiden Arten von Bezugsfestlegung eine Verbindung gibt, aber es ist wichtig, sie in der Diskussion auseinander zu halten. Eine Kennzeichnungstheorie im hier einschlägigen Sinne besagt also, dass 6
Siehe Kripke (1972: 57 ff.).
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Bernd Eickmann
die Überzeugungen, die ein Sprecher mit einem Eigennamen assoziiert, den Bezugsgegenstand des Eigennamens in seinem Mund festlegen. Nach dieser Theorie assoziiert ein kompetenter Sprecher mit einem Eigennamen a eine Reihe von Überzeugungen ňa ist Fi ʼn, die er prinzipiell auf die Nachfrage angeben würde, wen oder was er mit a meint. (Die Überzeugung ň a ist F ʼn ist dabei diejenige Überzeugung, die der Sprecher mit einer Äußerung des Satzes „a ist F“ auszudrücken versuchen würde.) Das für die Bezugsfestlegung relevante Verhältnis zwischen diesen Überzeugungen und dem Bezugsgegenstand A soll nun sein, dass A genau derjenige Gegenstand ist, der die Anzahl der wahren mit a assoziierten Überzeugungen ň a ist Fi ʼn maximiert. Die Überlegung ist, dass eine Überzeugung ňa ist F ʼn genau dann wahr ist, wenn der von a bezeichnete Gegenstand die Eigenschaft F hat. Der faktisch von a bezeichnete Gegenstand A ist nun derjenige, für den gilt, dass mehr von den relevanten Überzeugungen unter der Voraussetzung wahr wären, dass A der von a bezeichnete Gegenstand ist, als unter der Voraussetzung wahr wären, dass ein beliebiger anderer Gegenstand B der von a bezeichnete Gegenstand ist. Das einschlägige Prinzip ist also folgendes: WahrMax Mit einem Eigennamen a bezeichnet ein Sprecher S genau den Gegenstand A, der die Anzahl der wahren Überzeugungen in der Menge der von S mit a assoziierten Überzeugungen ňa ist Fi ʼn maximiert.7 Das Prinzip WahrMax repräsentiert ein Verständnis von Strawsons Bedingung, dass Sprecher Kenntnis von Tatsachen über den Bezugsgegenstand besitzen müssen, laut dem eine solche Kenntnis mit dem Besitz von wahren Überzeugungen über den Bezugsgegenstand zusammenfällt. Das entspricht sowohl Kripkes Rekonstruktion der Kennzeichnungstheorie, als vermutlich auch Strawsons eigener Auffassung. WahrMax ist von Kripke mit zwei einflussreichen Einwänden konfrontiert worden. Der erste Einwand – im Folgenden: der Mangeleinwand – besagt, dass die von Sprechern mit einem Eigennamen assoziierten Über7
WahrMax ist letztlich eine individualisierte Variante des von Strawson in Individuals (1959: 191 f.) angegebenen Verfahrens, den Bezugsgegenstand eines Eigennamens für eine Gruppe von Sprechern zu ermitteln.
Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände
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zeugungen häufig so spärlich sind, dass kein Gegenstand die Anzahl der wahren Überzeugungen maximiert. Beispielsweise assoziieren Sprecher typischerweise mit dem Eigennamen „Sokrates“ nur Überzeugungen, die insgesamt so unspezifisch sind, dass sie auf viele Personen zutreffen.8 Der zweite Einwand – im Folgenden: der epistemische Einwand – betrifft den epistemischen Status der bezugsfestlegenden Überzeugungen. Laut Kripke ist es eine Konsequenz der Kennzeichnungstheorie, dass – wenn bestimmte Überzeugungen für Eigennamen bezugsfestlegend sind – Sprecher a priori wissen müssten, dass der Bezugsgegenstand die ihm in diesen Überzeugungen zugeschriebenen Eigenschaften besitzt.9 Um zu zeigen, dass es sich keineswegs so verhält, konstruiert Kripke epistemisch mögliche Szenarien, in denen der mutmaßliche Bezugsgegenstand die jeweiligen Eigenschaften nicht besitzt. Man betrachte zum Beispiel folgenden Fall: Die meisten von uns assoziieren mit dem Eigennamen „Kurt Gödel“ die Überzeugung, dass es sich bei Kurt Gödel um den Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik handelt und – so wollen wir annehmen – wenig darüber hinaus. Wäre diese Überzeugung tatsächlich bezugsfestlegend – so Kripke –, dann gäbe es für uns die epistemische Möglichkeit nicht, dass die Person, auf die wir mit „Kurt Gödel“ Bezug nehmen, nicht die Unvollständigkeit der Arithmetik entdeckt hat. Aber angenommen, Gödel entpuppte sich als Hochstapler – ein Kollege von ihm namens Schmidt, der unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden wurde, wäre der wahre Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik – und Gödel hätte Schmidts Ergebnisse als seine eigenen präsentiert. Würden wir in diesem Fall sagen, dass wir mit „Kurt Gödel“ die ganze Zeit Schmidt meinten? Offenkundig nicht. Stattdessen würden wir sagen, dass – wenn das Szenario zuträfe – wir mit „Kurt Gödel“ nicht den Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik bezeichneten. Folglich ist es für uns epistemisch nicht unmöglich, dass der Satz „Kurt Gödel ist der Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik“ falsch ist.10 Solche Szenarien lassen sich für alle vermeintlich individuierenden Eigenschaften konstruieren. Auch kommt es tatsächlich vor, dass auf Ei8 9
10
Siehe Kripke (1972: 81 f.). Genau genommen sollte der Sprecher a priori wissen, dass, wenn es einen Bezugsgegenstand gibt, dieser einige dieser Eigenschaften besitzt, und zwar mehr von ihnen, als jeder andere Gegenstand. Siehe Kripke (1972: 83 ff.).
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gennamen historischer Persönlichkeiten solche „Gödel-Szenarien“ zutreffen, so dass fast alle diesen Personen gemeinhin zugeschriebenen Eigenschaften entweder anderen Personen oder aber niemandem zukommen. Entsprechend sind die vermeintlich bezugsfestlegenden Überzeugungen nicht a priori und können damit – so Kripkes Schlußfolgerung – nicht bezugsfestlegend sein.11
3.
Eine wissensbasierte Alternative
Die von Kripke vorgebrachten Einwände gegen die Kennzeichnungstheorie gründen auf der Art und Weise, wie das Verhältnis zwischen bezugsfestlegenden Überzeugungen und Bezugsgegenstand ausbuchstabiert wird. Die der Kennzeichnungstheorie zugrunde liegende Idee Strawsons, dass die Überzeugungen der Sprecher bezugsfestlegend sind, wegen dieser Einwände voreilig aufzugeben, hieße deshalb, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Klar ist jedoch, dass WahrMax aufgegeben werden muss. Eine vielversprechende Alternative für WahrMax stammt von Timothy Williamson. Statt die Anzahl wahrer Überzeugungen eines Sprechers zu maximieren, maximiert ein korrektes Prinzip der Bezugsfestlegung laut Williamson sein Wissen.12 Das Prinzip ist also: WissMax Mit einem Eigennamen a bezeichnet ein Sprecher S genau den Gegenstand A, der die Anzahl der von S gewussten Überzeugungen in der Menge der von S mit a assoziierten Überzeugungen ňa ist Fi ʼn maximiert. Das Prinzip WissMax repräsentiert ein Verständnis von Strawsons Bedingung, dass Sprecher Kenntnis von Tatsachen über den Bezugsgegenstand besitzen müssen, laut dem eine solche Kenntnis nicht auf den Besitz von wahren Überzeugungen über den Bezugsgegenstand reduzierbar ist. Wiss11
12
Eine Schwierigkeit bei der Evaluierung des Gedankenexperiments besteht darin, dass Gödel – aber nicht Schmidt – Träger des Eigennamens „Kurt Gödel“ ist. Wir intendieren normalerweise, Eigennamen im Einklang mit den institutionalisierten Namensgebungskonventionen zu verwenden. Insofern wäre es ein tatsächlicher Fehler, mit „Gödel“ auf Schmidt Bezug nehmen zu wollen. Siehe Williamson (2004: 139 ff.).
Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände
131
Max unterscheidet sich entsprechend von WahrMax in mehreren Hinsichten. Um mittels WahrMax die Identität des Bezugsobjektes zu bestimmen, müsste man wissen, welche Eigenschaften dem Bezugsobjekt in den relevanten Überzeugungen zugeschrieben werden, und alle Gegenstände bezüglich dieser Eigenschaften miteinander vergleichen. Um mittels WissMax die Identität des Bezugsobjektes zu ermitteln, müsste man auch wissen, wie der Sprecher zu diesen Überzeugungen gelangt ist, und ob die jeweiligen Gegenstände in einer solchen Beziehung zu den Überzeugungen stehen, dass sie als Wissen über diesen Gegenstand gelten könnten, wenn sie von ihm handelten. Im Gegensatz zu WahrMax spielt für WissMax deswegen die Individuierung der Überzeugungen eine wichtige Rolle. Angenommen, ein Sprecher weiß viel über Aristoteles. Seine Kenntnisse über Sokrates sind hingegen eher bescheiden. Tatsächlich weiß er über Sokrates nur Dinge, die er über Aristoteles auch weiß. Außerdem glaubt er einiges fälschlicherweise über Sokrates, was er über Aristoteles weiß. Warum ist eine solche Beschreibung des Kenntnisstandes des Sprechers konsistent? Man könnte meinen, dass WissMax in einem solchen Fall prognostizieren würde, dass alle Überzeugungen, die der Sprecher mit „Sokrates“Äußerungen auszudrücken versuchte, in Wirklichkeit Überzeugungen über Aristoteles sind. Das ist nicht der Fall, da die jeweils mit den Eigennamen „Aristoteles“ und „Sokrates“ verbundenen Überzeugungen des Sprechers nicht miteinander identisch sind. Die Überzeugung, die der Sprecher mit „Aristoteles war ein griechischer Philosoph“ auszudrücken versuchen würde, ist eine andere Überzeugung, als die, die er mit „Sokrates war ein griechischer Philosoph“ auszudrücken versuchen würde. Nicht nur unterscheiden sich beide Überzeugungen hinsichtlich ihrer Erwerbsgeschichte, sie unterscheiden sich auch in ihrer Rechtfertigungsbasis – der Sprecher hat jeweils andere Gründe, sie für wahr zu halten. Das zeigt sich insbesondere daran, dass der Sprecher sie unter unterschiedlichen Bedingungen aufgeben würde. Dass der Sprecher in den Überzeugungen gerechtfertigt ist, die er unter der Verwendung des Eigennamens „Aristoteles“ auszudrücken versuchen würde, ist ceteris paribus irrelevant dafür, ob er in den Überzeugungen gerechtfertigt ist, die er unter Verwendung des Eigennamens „Sokrates“ auszudrücken versuchen würde. Folglich würde der Anteil des Wissens an seinen „Sokrates“-Überzeugungen in der beschriebenen Situation auch nicht von Aristoteles maximiert.
132
4.
Bernd Eickmann
Kripkes Einwände neu bewertet
Wie verhält sich der alternative Ansatz, laut dem statt bloß wahren Überzeugungen nur genuines Wissen bezugsfestlegend ist, nun zu Kripkes Einwänden? Der Mangeleinwand trifft den Ansatz offenkundig nicht im selben Maße wie die ursprüngliche Kennzeichnungstheorie. Nach WahrMax ist die Überzeugung ňa ist F ʼn für sich genommen noch nicht bezugsfestlegend, wenn mehrere Gegenstände F sind. Nach WissMax kann ňa ist F ʼn für sich genommen bezugsfestlegend sein – vorausgesetzt, die Überzeugung wurde auf die richtige Weise erworben. Wer in der Schule unter den richtigen Umständen hört, Sokrates sei ein antiker Philosoph gewesen, der erwirbt Wissen über Sokrates – Wissen, das ihn unter anderem befähigt, auf Sokrates Bezug zu nehmen, „Sokrates“-Äußerungen zu verstehen, und weiteres Wissen über Sokrates zu erwerben. Es stellt sich aber an dieser Stelle trotzdem die Frage, wie spärlich und isoliert das bezugsfestlegende Wissen sein darf. Prinzipiell sehe ich keinen theoretischen Grund zu verneinen, dass der Sprecher einen Gegenstand mit einem Eigennamen bezeichnet, solange sein Gebrauch des Namens auf Wissen über diesen Gegenstand beruht. Die Bedingungen für den wirksamen Gebrauch des Eigennamens sind allerdings anspruchsvoller. Für die Zwecke erfolgreicher Kommunikation muss das mit dem Eigennamen assoziierte Wissen mindestens so reichhaltig sein, dass das prinzipielle Ziel der Kommunikation – die Übermittlung von Wissen – gewährleistet werden kann. In einer konkreten Gesprächssituation setzt der Sprecher voraus, dass sein Adressat Wissen über den anvisierten Bezugsgegenstand besitzt, und dieses Wissen für das Verständnis des Eigennamens mobilisiert.13 Aber auch wenn der Adressat solches Wissen besitzt, kann die Verständigung scheitern, nämlich dann, wenn das Wissen des Adressaten zu spärlich ist oder sich zu stark vom Wissen des Sprechers unterscheidet. Der Grund dafür ist, dass die Gesprächsteilnehmer sich in diesen Fällen prinzipiell nicht darüber verständigen könnten, ob sie an denselben Gegenstand denken oder nicht. Selbst wenn sie beide tatsächlich Wissen über denselben Gegenstand mobilisieren, so wissen sie in diesem Fall dennoch nicht, dass sie es tun. Der Adressat ist deshalb nicht in seiner durch 13
Siehe Strawsons Überlegungen zum Prinzip der Wissensvermutung (principle of the presumption of knowledge) in Strawson (1964).
Kennzeichnungstheorien und die Rede über Gegenstände
133
die Äußerung gewonnenen Überzeugung gerechtfertigt, und kann allenfalls eine wahre Überzeugung, nicht aber Wissen erwerben. Da erfolgreiche Kommunikation jedoch Wissenserwerb ermöglichen sollte, kann man dem Adressaten in solchen Fällen kein Verständnis des Eigennamens attestieren.14 (Aus dieser Überlegung folgt allerdings, dass Strawsons eingangs formulierten Bedingungen für die erfolgreiche Einführung eines konkreten Gegenstandes für sich genommen zu schwach und damit ergänzungsbedürftig sind.) Trifft der epistemische Einwand den alternativen Ansatz? Kripkes Gödel-Szenario ist so konstruiert, dass de facto nicht Gödel der Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik ist, sondern ein Mann namens Schmidt. Von Gödel (und allen anderen Mathematikern) können wir in dem Szenario nicht wissen, dass er die Unvollständigkeit der Arithmetik entdeckt hat, weil er sie nicht entdeckt hat. Von Schmidt können wir qua Voraussetzung nicht wissen, dass er die Unvollständigkeit der Arithmetik entdeckt hat. Es ist also ausgeschlossen, dass die Überzeugung, die wir mit dem Satz „Gödel ist der Entdecker der Unvollständigkeit der Arithmetik“ ausdrücken würden, in diesem Szenario Wissen darstellt. Da aber – laut WissMax – nur unser Wissen für die Festlegung des Bezugs des Eigennamens in unserem Mund relevant ist, trüge diese Überzeugung – träfe das Szenario zu – nichts zur Bezugsfestlegung bei. Das schließt aber mitnichten aus, dass sie – unter der Voraussetzung, dass das Szenario faktisch nicht zutrifft – für unsere tatsächlichen Verwendungen des Eigennamens den Bezug mitbestimmt. Dass Kripkes Gödel-Szenario für uns überhaupt eine epistemische Möglichkeit darstellt, ist dem Umstand geschuldet, dass Sprecher in foro interno nicht immer zwischen ihrem Wissen und „bloßen“ Überzeugungen unterscheiden können. Damit ein Sprecher für ein gegebenes Szenario letztgültig entscheiden kann, wen oder was er in diesem Sze14
Siehe Richard G. Hecks Bedingung für erfolgreiche Kommunikation in The Sense of Communication: „The suggestion is thus that what is required for understanding – what is required if knowledge is to be transferred by means of communication – is not preservation of reference, but knowledge of reference. Understanding, after all, is knowledge of meaning, knowledge of what was said. And if one knows what the reference of a word is, if one knowingly ‚gets the reference right‘, there can be no failure of communication, no failure for knowledge to be transferred.“ (Heck, 1995: 98; seine Hervorhebungen).
Bernd Eickmann
134
nario mit einem gegebenen Eigennamen bezeichnet, muss er die eigene epistemische Situation in dem Szenario kennen und mitberücksichtigen.
5.
Schluss
Eine auf WissMax basierende Theorie der Bezugsfestlegung rettet die der Kennzeichnungstheorie zugrunde liegende Intuition, dass durch unsere Überzeugungen über den Bezugsgegenstand bestimmt ist, auf wen oder was wir mit Hilfe von Eigennamen Bezug nehmen. Der Bezugsgegenstand eines Eigennamens bleibt damit – zumindest prinzipiell, aber nicht infallibel – für den Sprecher kognitiv zugänglich: Wir wissen im Normalfall, auf wen oder was wir uns mit einem Eigennamen beziehen. Auf diesem Wissen wiederum basiert Strawsons Modell, wie wir einzelne Gegenstände in die Rede einbringen und erfolgreich Wissen über sie weitergeben können.
Literatur Strawson, P. F. (1959) Individuals. An Essay in Descriptive Metaphysics. London: Methuen. — (1964) „Identifying Reference and Truth-Value“. Theoria 30, 96-118. Williamson, T. (2004) „Philosophical ‚Intuitions‘ and Scepticism about Judgement“. Dialectica 58, 109-153. Heck, R. G. Jr. (1995) „The Sense of Communication“. Mind 104, 79-106. Kripke, S. A. (1972) Naming and Necessity. Cambridge, Mass.: Harvard University Press.
What Might Be and What Might Have Been Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
Introduction In describing and classifying things we often rely on their modal characteristics. We will in general not have a satisfactory account of the nature and character of an object, unless we specify at least partly how the thing might be or cannot be, and also how it might have been or could not have been. In his contribution to the Second Jerusalem Philosophical Encounter,1 Strawson addressed the issue of how to understand such ascriptions of modal characteristics. Although his paper is terse and provocative, and develops an intriguing account of modal predications, it has never received much attention in the philosophical literature. Recently, the issues dealt with in Strawson’s paper have become the subject of a widespread debate. Hence, we think it worthwhile to put Strawson’s account under closer scrutiny. In what follows, we first discuss his account of present tense ‘might’-statements, then his account of past perfect ‘might’-statements, and finally some essentialist remarks that he makes in his paper. That the discussion will be rather critical for the most part (though not exclusively so) should not belie the originality and inherent value of his pioneering approach.
1.
What Might Be
1.1
Epistemic Uses of ‘Might Be’
Strawson presupposes that the locutions ‘may be’ and ‘might be’ can be used to express a certain kind of epistemic possibility. It is unclear whether he thinks that they have a non-epistemic use as well. For this reason, we 1
The papers were originally published in Margalit (1979). We refer to the reprint in Strawson (1997).
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
136
shall focus on epistemic uses only, leaving it open whether they can also be used in a metaphysical sense. By a present tense use of ‘may’ or ‘might’ we shall mean the use of the operator ‘it may be that’ or the operator ‘it might be that’ as exemplified in the following sentence: (1)
It might be that they will win the match.
It is prima facie plausible to assume that present tense uses of ‘may’ and ‘might’ together with uses of expressions such as ‘perhaps’ and ‘maybe’ form a family of equivalent modals. For expository purposes, we shall restrict ourselves to ‘might’. Note that in concentrating on the described locution, we somewhat shifted the focus of Strawson’s paper, for he is primarily concerned with uses of ‘might’ as a predicate modifier. Such uses are exemplified in sentences like: (2)
They might win the match.
Since a stronger case can be made for Strawson’s account as it applies to the sentential operator ‘it might be that’, we set uses of ‘might’ as a predicate modifier aside. In his paper, Strawson does not present a direct argument to the effect that present tense uses of ‘might’ express epistemic possibilities rather than objective ones. Fortunately, evidence for Strawson’s claim is not hard to find. If a present tense use of ‘might’ always were to express a certain kind of non-epistemic, objective possibility, there would be two plausible candidate modalities for it to express: present objective chances or absolute metaphysical possibility. On the first suggestion, we would say with ‘it might be that p’ something equivalent to ‘there is a present objective chance that p’. On the second proposal, ‘it might be that p’ would be equivalent to the absolute metaphysical possibility of the proposition that p. We shall argue that neither suggestion can account for certain present tense uses of ‘might’. Consider the following two sentences: (3)
It might be that they won last night.
(4)
It might be that Goldbach’s Conjecture is true.
What Might Be and What Might Have Been
137
Now, present objective chances of propositions about the past are always either 1 or 0, depending on whether they are true or false. So, if (3) were to express that there is a present objective chance that they won last night, it would only be acceptable for someone who already believes that they won last night. However, that gets the acceptability conditions of (3) wrong: sentence (3) is acceptable for someone if she is uncertain about the score of last night’s game. Similarly, sentence (4) can be used to show that present tense uses of ‘might’ cannot always be taken to express absolute metaphysical possibility either. Since Goldbach’s Conjecture is either necessarily true or necessarily false, it can only be metaphysically possible if it is true. Thus, sentence (4) would only be acceptable for someone who already believes Goldbach’s Conjecture to be true. But again, this gets the acceptability conditions of (4) wrong: it is acceptable for someone who is uncertain about whether Goldbach’s Conjecture is true or false. One final remark. In our argument to the effect that some present tense uses of ‘might’ cannot be accounted for in terms of any kind of objective possibility, we assumed that the only two plausible candidates are present objective chances and absolute metaphysical possibility. To strengthen our argument a little further, let us point to a datum concerning the rejectability conditions of statements like (3). Someone who knows that they lost last night’s game is in a position to reject that it might be that they won last night. Thus, a statement like (3) is rejectable simply on the grounds that the embedded sentence is false. However, this is compatible with the belief that the sentence is possibly true in any (non-epistemic) sense of ‘possible’ which does not imply actual truth. Hence, metaphysical modalities which are intermediate between present objective chances and absolute metaphysical possibility will not be able to explain certain facts about the rejectability conditions of present tense uses of ‘might’. We conclude that some uses of ‘might’ cannot be explained in metaphysical terms. 1.2
The Details
Let us now turn to the details of Strawson’s account. In one respect his account is unclear right from the outset: Strawson does not make it clear whether it is to be seen as an account of the acceptability conditions of ‘might’-statements or as an account of the truth conditions of ‘might’-
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
138
statements. We shall only be concerned with the acceptability conditions of present tense ‘might’-statements, since we think that his approach leads to an adequate description of those conditions. We would like to leave it open whether it can be extended to a satisfactory account of the truth conditions of epistemic uses of ‘might’.2 Some terminological remarks are in order. We contrast acceptability (and rejectability) conditions with assertability conditions: by the acceptability conditions of a sentence S we mean the epistemic conditions under which a subject is justified to assign a high subjective probability to the belief expressed by S, and we take the rejectability conditions of a sentence to be the acceptability conditions of its negation. By the assertability conditions of S, we mean the conditions under which an utterance of S is appropriate in a certain context. Thus, acceptability and rejectability are epistemic properties whereas assertability is a pragmatic one. Strawson expresses his view on present tense uses of ‘might’ as follows: [W]e could simply conclude that to say that something may happen is merely to say that it is not certain that it will not; […]3 When we use ‘may’ or ‘might’ to express present uncertainty about what is now future, the uncertainty is clearly relativized to a time and, more or less clearly, to persons. The time is now; the persons ourselves, the speaker and his circle and others he regards as authoritative, perhaps.4
In a first approximation, we can say that Strawson ties present tense uses of ‘might’ to present uncertainty with respect to the sentences it attaches to. This seems to be a good starting point. But the details of his account are less clear. In particular, two questions arise:
2
3
(i)
What does Strawson’s conception of certainty amount to?
(ii)
Whose uncertainties are relevant for the evaluation of present tense ‘might’-statements?
We think it not unlikely that expressions of epistemic modality are not properly evaluated in the dimension of truth and falsity at all, but only in the dimension of acceptability, sincerity etc. On this point, see Schnieder (2010) and Schulz (2010). Strawson (1979: 179).
What Might Be and What Might Have Been
139
Re (i): Let us first introduce some common and useful epistemological background: beliefs come in degrees. Degrees of belief can be understood as subjective probabilities. Certainty amounts to subjective probability 1. So, a rational epistemic subject is certain that p if it assigns probability 0 to the proposition that not p. This way of defining certainty does not always coincide with our pretheoretical conception of it, for we sometimes say that some things are more (or less) certain than others. Within the probabilistic framework, this manner of speaking is reconstructed in terms of degrees of belief, reserving the title ‘certainty’ for a single kind of epistemic state, which is not further determinable. This conception of certainty may at first seem to serve Strawson’s purposes well: if there is some subjective chance that p, one should accept that it might be that p. But actually, things are more complicated. Strawson wants to assimilate cases in which there is a slight but (in the relevant context) negligible chance to those cases in which there is no chance at all: [S]omeone says: ‘The tree may (might) fall on the house.’ […] The […] remark says: ‘There is a non-negligible chance that the tree will fall on the house.’5
This quote makes it clear that Strawson would take the sentence ‘it might be that p’ to be acceptable for a speaker only if she assigns a nonnegligible chance to ‘p’. Accordingly, Strawson would equate the certainty required for an assertion of ‘it cannot be the case that p’ only with a very high degree of belief which need not, however, equal 1.6 Let us now see whether it is relevant for the evaluation of a ‘might’statement that the pertinent subjective chances are negligible. On the one hand, it seems clear that the assigned chance will often have to be nonnegligible for the utterance of a ‘might’-statement to be conversationally appropriate. Suppose that Mary’s husband Paul is ten minutes late and John says to her:
4 5 6
Strawson (1979: 180). Strawson (1979: 180 f.). We use ‘cannot’ and ‘could not have been’ as the contradictory negations of ‘might’ and ‘might have been’, respectively. Those formulations avoid the syntactic ambiguities of the negations ‘might not’ and ‘might not have been’.
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
140
(5)
It might be that Paul is dead.
John asserts this simply on the basis that people sometimes die unexpectedly. Of course, John should not make this assertion without qualification, since it is strongly misleading for Mary. It seems clear that in certain cases there need to be a non-negligible chance to make a present tense ‘might’statement assertable. But it seems open to us to say that John should still accept that Paul might be dead. After all, he cannot exclude that Paul suddenly died of a heart attack. So, it might be that Paul is dead. Similarly, we often tolerate an utterance of ‘it cannot be that p’ even though the speaker assigns some subjective chance to ‘p’, if only it is negligibly low. It is not absolutely clear what to make of this observation within a proper theory: either it reflects a part of the acceptability conditions of ‘might’-statements, or it shows that we sometimes treat such conditions rather loosely and let pass some utterances unsanctioned although they are, strictly speaking, not acceptable according to their acceptability conditions. Two points can be put forward in favour of the latter option: firstly, when someone says ‘it cannot be that p’ while not being absolutely certain that ¬p, she would usually retreat from the statement when criticised: ‘Okay, it is not really impossible, but it is so unlikely.’ Secondly, it is generally not inconsistent to say: (6)
It might be that p, but the chances are negligible.
But then the acceptability conditions of a ‘might’-statement should not involve that the relevant chances are (non-)negligible. Since we take these points seriously, we settle for the second option. Although it is not forced upon us, our choice has the pragmatic advantage of producing a less complicated theory.7
7
A contextualist could argue that the acceptability conditions of ‘might’statements indeed require non-negligible subjective chances, but that the relevant threshold varies with the context of utterance. That alone does not suffice to accommodate the acceptability of sentences such as (6), however. The contextualist would additionally have to appeal to intra-sentential shifts of context, or allow that one and the same context assigns different thresholds to explicit
What Might Be and What Might Have Been
141
In summary, we think that non-negligibility only plays a pragmatic role for ‘might’-statements and should not be mentioned in their acceptability conditions. Re (ii): Let us finally focus on the question of whose certainties are relevant for the evaluation of ‘might’. Concerning present tense statements, Strawson thinks that the relevant subjects are “the speaker and his circle and others he regards as authoritative, perhaps”.8 This statement is a bit vague, perhaps. What is worse, in whatever way we remove the vagueness, the epistemic states relevant for the evaluation of a ‘might’-statement should, according to Strawson, not be that of a single epistemic subject. But this idea is dangerous for the whole account. It is indeed plausible that my uncertainty as to whether p legitimates my utterance of: (7)
It might be that p (and it also might be that
p).
Now assume the epistemic states responsible for the uncertainty are not only mine but include those of another person. In general, I am quite uncertain about what other people believe. So, in such a case, I should be quite uncertain about whether the beliefs of another person make it certain that p, or whether it makes it certain that ¬p. Thus, if the beliefs of another person were relevant, I should refrain from asserting ‘it might be that p’, and rather say ‘I do not know whether it might be that p; to know this, I would have to consult NN first’. (I should not even say ‘it might be that it might be that p’, because again, I lack access to a significant portion of beliefs that are relevant for the outer ‘it might be that’-operator.) But we usually feel free to make ‘might’-statements without consulting either ‘our circle’ or whatever authorities there may be. So, Strawson’s proposal is apparently on the wrong track. The relevant epistemic subject should be the speaker alone.
8
and implicit talk about negligibility. Although we are sceptical about such an approach, we cannot discuss it here in more detail. Strawson (1979: 180).
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
142
1.3
A Modified Proposal
If we modify Strawson’s account as suggested in the last section, we arrive at the following hypothesis: Acceptability of ‘Might be’: A sentence of the form ‘It might be that p’ is acceptable for an epistemic subject s at time t just in case, at t, s assigns some subjective chance to the proposition that p. This way of specifying the acceptability conditions seems plausible: accept that it might be that p just in case you have some evidence for the proposition that p, be it as small as it may. The thesis about the acceptability conditions of present tense ‘might’-statements has a natural counterpart: Rejectability of ‘Might be’: A sentence of the form ‘It might be that p’ is rejectable for an epistemic subject s at time t just in case s is at t certain that not p. It seems that the specification of the rejectability conditions is equally plausible as the thesis about the acceptability conditions. If, for instance, one is certain that one’s neighbours are away, one is in a position to reject that they might be at home. Conversely, if one rejects that they might be at home, it seems to be rationally required that one is certain that they are away. Interestingly, the rejectability conditions come very close to the negation of the acceptability conditions. This is surprising, for it is not true in general that a statement is rejectable if it is not acceptable. After all, there are many statements about which we should suspend judgement in certain epistemic situations. For instance, I am now in an epistemic state in which it is rationally required to suspend judgment about Goldbach’s Conjecture. Thus, two interesting questions arise: (i)
Are present tense ‘might’-statements always either acceptable or rejectable?
What Might Be and What Might Have Been
(ii)
143
Does it follow from our specification of the acceptability and rejectability conditions that ‘might’-statements are always either acceptable or rejectable?
There is some evidence that present tense ‘might’-statements are almost always either acceptable or rejectable. However, we shall show that it does not follow from our specification of the acceptability and rejectability conditions that this must always be the case. The reason for this will point to a class of cases which may include instances of epistemic situations in which a present tense ‘might’-statement is neither acceptable nor rejectable. The evidence for the claim that present tense ‘might’-statements are in many cases either acceptable or rejectable derives from the observation that acceptance of them tends to be an all-or-nothing matter. We are rarely or never inclined to qualify a present tense ‘might’-statement with an epistemic use of ‘probably’. Also, we do not apply ‘might’ to other ‘might’statements. There is something odd about the following sentences: (8)
Probably, it might be that they are at home.
(9)
It might be that it might be that they are at home.
If acceptance of present tense ‘might’-statements were a matter of degree, we should expect relatively frequent uses of sentences like (8) and (9). But these forms are virtually never used. So, there is evidence for the claim that present tense uses of ‘might’ tend to be either acceptable or rejectable. However, the general claim that present tense uses of ‘might’ are always either acceptable or rejectable does not follow from the acceptability and rejectability conditions as specified above. This is because there is no good reason to suppose that we are always in a position to assign a definite credence to every proposition. Rather, there may well be situations in which it is undecidable on rational grounds whether we should assign a positive credence to a certain proposition or not. Sometimes we just do not have any evidence for or against a proposition. And in such cases it may be that we do not need to assign any credence to that proposition, or at least not a definite one. But then there would be cases in which we are neither certain of the proposition nor assign a positive credence to its negation. Application of our theses would yield that in such a situation we should suspend judgment about the corresponding present tense ‘might’-state-
144
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
ment, since we neither give it a positive credence nor are we certain about its negation. In conclusion, present tense ‘might’-statements tend to be either acceptable or rejectable, but their acceptability and rejectability conditions are nevertheless consistent with cases in which we suspend judgement about them.
2.
What Might Have Been
2.1
The Proposal(s)
Let us now come to Strawson’s account of ‘might’-statements in the past tense, statements about what might have been the case. Strawson did not develop a wholly general analysis of ‘might have been’-statements; instead, he only treated statements of the form ‘a might have ϕ-d’. We should certainly expect a good analysis of such statements to be applicable, mutatis mutandis, to statements of other forms, such as ‘someone might have ϕ-d’, ‘there might have been no Fs’ etc. But let us set aside the question of how a generalized version of his account would look like and focus on the material he did present, the core of which is stated in the following passage: [S]ome proposition to the effect that a might have ϕd is true (acceptable) if and only if there was some point in the history of the individual concerned such that presently available knowledge regarding that point does not permit the rational inference that a did not ϕ (or, in other words, the facts as we know them left open a chance that a would ϕ).9
With ‘՝’ as an expression for weak implication (such that given the premises, the conclusion is beyond reasonable doubt), we can construe Strawson’s twofold proposal as follows: Truth:
9
‘a might have ϕ-d’ is true ↔ ∃t (t is part of the history of a & present knowledge about t բ a did not ϕ)
Strawson (1979: 183).
What Might Be and What Might Have Been
145
Acceptability: ‘a might have ϕ-d’ is acceptable ↔ ∃t (t is part of the history of a & present knowledge about t բ a did not ϕ) For the moment, we will concentrate on the claim about truth conditions; we shall come back to the acceptability conditions at the end of section 2.3. (A note in passing: since we will argue that ‘might have been’-statements do not express epistemic possibilities but objective ones, we are not sceptical as to whether they possess truth conditions.) In order to evaluate Strawson’s proposal, two issues have to be addressed. Firstly, if the general idea behind the proposal is correct and ‘might have been’-statements express epistemic possibilities, the question remains whether Strawson got the details right. As will be seen, there are some problems with his account. Second, is the general idea behind the proposal correct? Do we talk about epistemic possibilities when we talk about what might have been? There are reasons to doubt that idea. 2.2
Struggling With the Details
Let us start with the first issue. The basic idea of Strawson’s proposal is that a ‘might have been’-statement expresses uncertainty based on insufficient knowledge. The two crucial questions then are: (i)
Why should the expressed uncertainty be based on insufficient knowledge (instead of some other mental states)?
(ii)
Which knowledge should be relevant for a given ‘might have been’-statement.
The latter question can be divided into two more specific questions: (ii.a) Whose knowledge should count? (ii.b) What kind of knowledge should count? We will address these questions in turn. Re (i): Why should it only be knowledge that is relevant for the uncertainty expressed by a ‘might have been’-statement? Imagine a speaker, Fred, is the subject of a Gettier case. While Fred believes himself to know that p, he has no such knowledge. But he justifiedly and correctly believes
146
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
that p. Assume further that Fred’s belief that p concerns a certain time t and makes it certain for Fred that a would not ϕ at any time after t. Asked whether a might have ϕ-d (judged from time t), Fred would presumably answer in the negative; given his epistemic background he is certain that a would not ϕ. But on Strawson’s analysis, Fred would be wrong; while his beliefs make it certain that p, his knowledge does not. This suggests that Strawson’s talk about knowledge is too narrow. What is important is whether the speaker can rationally infer from whatever she accepts (concerning the time in question) that a did not ϕ.10 Re (ii.a): For the evaluation of a ‘might’-statement in the present tense, we evidently rely on present epistemic states (of whatever subjects are relevant). Analogously, when it comes to past statements, one might think that past epistemic states (of then existing subjects) are relevant. But according to Strawson, this would be a mistake.11 For assume someone says about an election, ‘Given the actual composition of the committee, candidate X couldn’t have won.’ This does not imply that it was certain for anyone during the elections that X would not win. So, the relevant epistemic subjects are not those that were around at the salient past period. Rather, what counts are again present epistemic states. There is, by the way, a much more straightforward argument to the same conclusion: we can make true and false ‘might’-statements with respect to times at which no sentient beings existed at all. Whoever wants to interpret such statements as expressions of epistemic (un)certainty should better rely on present subjects and their epistemic states.12 But which subjects exactly should be taken into account? As was pointed out earlier, Strawson thinks that the subjects relevant to the evaluation of ‘might’-statements are “the speaker and his circle and others he re-
10
11 12
A possible motivation to speak only about knowledge may stem from Strawson’s wish (which we criticise below) to count some epistemic subjects apart from the speaker as relevant for the evaluation of a ‘might have been’statement. For, while it is safe to pool the knowledge of different subjects, pooling their beliefs will often lead to inconsistent systems. See Strawson (1979: 181 ff.). Although Strawson mentions such statements in a footnote (1979: 182, n. 1), he does not put much weight on them.
What Might Be and What Might Have Been
147
gards as authoritative”.13 But we argued in section 1.2 that other people’s epistemic states do not play the role Strawson thinks they do. In a similar fashion, one can argue that other people’s epistemic states are not relevant for the evaluation of ‘might have been’-statements either. If we want to find out whether a might have ϕ-d, we do not typically investigate into the epistemic states of other people. But if the truth conditions of ‘might have been’-sentences were to involve epistemic states of others, one should expect such behaviour. Hence, the relevant epistemic subject is once more the speaker alone. The account would then run as follows: Truth*: ‘a might have ϕ-d’ as uttered by x is true ↔ ∃t (t is part of the history of a & x’s present beliefs about t բ a did not ϕ) Unfortunately, this result will create a much more serious problem for Strawson; we will come back to it in a minute. But first, we will take a look at some more details. Re (ii.b): Can the account work if all present knowledge about t is relevant to the evaluation of ‘a might have ϕ-d’, or must some knowledge be filtered out? Strawson answers as follows: I think we go yet further in our verdicts on past possibilities, taking into account not only the evidence, the particular facts, collectively available at the time but at the time uncollected, but also general truths now known but then unknown, and even particular truths relating to that time now known but then unknown.14
However, it would seriously threaten Strawson’s account if the body of relevant knowledge included all present knowledge about the past. For, assume some speaker knows that a is currently ϕ-ing. Then the speaker also knows about every past time t* that, at t*, a was going to ϕ (in the more or less distant future). So, the speaker knows enough about any past time to be certain that at that time a was going to ϕ. Hence, on Strawson’s analysis, any speaker who knows that a is ϕ-ing will say something wrong when he utters ‘a might have not ϕ-d’. 13 14
Strawson (1979: 180). Strawson (1979: 182).
148
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
This is certainly an undesirable result. For the proposal to get off the ground, we have to sort out some portion of a speaker’s knowledge which will count as relevant for the uncertainty expressed by ‘might’-statements. A straightforward idea is that for a statement concerning a time t only such knowledge about t (or earlier times) is relevant that does not characterise that time in relation to times later than t or whatever happened at them. What does not count, for instance, is knowledge that characterises t as the last day before the war, or that characterises some events that occur at t in terms of their effects, etc. However, Strawson himself mentions another problem of his account which is somewhat intertwined with the one currently discussed. Assume Fred is a convinced determinist. He thinks that for every event e which happens at some time t, there are truths about any earlier time t* that imply, in conjunction with the laws of nature, that e happens at t.15 Now if Fred knows that a ϕ-d, he will believe that at any earlier time there were some facts which ensured that a would ϕ. So, with respect to any time Fred will be certain that a would (sooner or later) ϕ, and thus, on Strawson’s analysis, it seems that Fred should never utter ‘a might have refrained from ϕ-ing’. Strawson does not welcome this outcome of his account, but he thinks it can be avoided: The objection construes ‘now available knowledge’ too widely. What is required […] is some more specific knowledge of conditions obtaining at the relevant time than can be derived from the premiss that a did not in fact ϕ […] coupled with a general conviction that a’s ϕing or not ϕing is subject to deterministic laws.16
Unfortunately, Strawson’s reply is hardly helpful: what exactly counts as “more specific knowledge of conditions obtaining at the relevant time”? Can the filter that was suggested above help? To see this, we have to get clearer about what the determinist is supposed to infer about the time in question. Apparently it is that at that time, some conditions obtained which inevitably bring it about that sooner or later a will ϕ. Now this is relational knowledge about the relevant time, which characterises conditions then ob15 16
For such a notion of determinism, see van Inwagen (1983: 3). Strawson (1979: 184, n. 2).
What Might Be and What Might Have Been
149
taining in terms of their future effects. So, the above filter sorts out this kind of inferred knowledge and the determinist may still say that a might have ϕ-d, even if a in fact did not ϕ. The suggested filter, therefore, seems to be faithful to Strawson’s intentions. However, there may be something wrong with his intentions in the first place. He ends his discussion of the determinist by saying that [t]here is no reason to think that convinced universal determinists would (or do) eschew the idiom in the sense expounded or confine themselves to denying others’ uses of it.17
The present proposal manages to make the idiom available to the determinist. But whether the determinist would want to make the relevant ‘might’statements seems much more doubtful to us than to Strawson. Take a closed physical system S and a determinist who knows the internal states of S at some time t. He moreover knows some deterministic laws which, together with the state of S, imply that S will ϕ at some later time. Then, according to the present proposal, he is not justified in saying that S might have refrained from ϕ-ing (after t); and it seems a determinist would in fact not want to say that. But Strawson wants to grant him such ‘might’statements if he has less specific knowledge. However, would not a determinist typically just say that, given some prior state of the world, whatever happened afterwards had to happen, and that nothing might have happened that in fact did not happen? If so, the suggested filter is too strong; but it is hard to see what a filter might look like which avoids that we generally have to accept the inference ‘a did not ϕ, therefore a could not have ϕ-d’, but which grants the determinist the inference ‘a did not ϕ and a’s ϕ-ing or not ϕ-ing is subject to deterministic laws, therefore a could not have ϕ-d’. Since we have nothing better to offer, we must leave this problem of Strawson’s account unsolved: it either forces the determinist to make a hardly reasonable distinction between certain ‘might have been’statements, or it requires a modification other than the one suggested in order to avoid collapse. As we will now argue, it is actually not that bad that we cannot solve the problem – for we think that Strawson’s account is
17
Strawson (1979: 184, n. 2).
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
150
flawed at a more general level. If we are right about that, it is pointless to straighten out the details of the account. 2.3
Against the General Idea
So we now come to the second issue we promised to address: is the general idea behind Strawson’s proposal correct, i. e. do we express uncertainty of any sort when we talk about what might have been? Our answer will be based on two observations: (i)
‘might have been’-statements are generally corrigible, and
(ii)
one may, in general, be agnostic with respect to a given ‘might have been’-statement.
We think that an epistemic account of ‘might have been’-statements cannot do justice to these observations and should therefore be rejected. In the end of the section we will explain how ‘might have been’-statements should be understood if not epistemically. But first, let us describe the two features of ‘might have been’-statements in more detail. (i) Corrigibility: ‘might have been’-statements are potential targets of correction: in the light of counterevidence they will be revised and counted as mistaken. Assume, for instance, that Fred asserts: (10) Last night, Ann might have won the race. Yet, Fred does not know that poor Ann had an accident in the morning, rendering her virtually immobile and making it impossible for her to participate in the race, let alone win it. Once we inform Fred of these circumstances, he will both revise his statement and count his former statement as mistaken: ‘Oh, I was wrong. Last night, Ann couldn’t have won the race.’ We take it that corrigibility, thus understood, is a general feature of ‘might have been’-statements. (ii) Possibility of an agnostic stance: We do not always accept or reject a ‘might have been’-statement right away, but sometimes withhold judgement. Four weeks after the described accident, there is another race, and on the following day Ferdinand says to Fred that Ann might have won the race. But while Fred agrees that Ann’s skills would have enabled her to win the race, he is uncertain whether her legs have already healed, and,
What Might Be and What Might Have Been
151
hence, whether Ann was fit to participate in the race. So, Fred neither accepts nor rejects Ferdinand’s statement. Instead he replies: ‘Perhaps you are right, but perhaps not. As far as I know, Ann could still be in the hospital.’ We take it that ‘might have been’-statements generally possess the said features (corrigibility and possibility of an agnostic stance). But if they possess them, they cannot be understood epistemically. For, if such a statement expressed uncertainty on the part of the speaker, it would – recherché cases aside – be incorrigible. Of course, new evidence may give the speaker new certainties or remove old ones and thereby still lead to a revision of a statement about the speaker’s certainties, but it will not lead to a rejection of the former statement as mistaken. This can be seen from explicit statements about certainties. Assume that in our first scenario (after the first race) Fred said: (11) In light of all my present knowledge about yesterday, I am not certain that Ann did not win the race. Being informed of Ann’s accident, he revises his statement: (11*) In light of all my present knowledge about yesterday, I am now certain that Ann did not win the race. But Fred does not count his former statement as mistaken; why should he? He only said that the knowledge he then had did not make it certain that Ann did not win, and that was quite correct. The possibility of an agnostic stance equally counts against the epistemic interpretation of ‘might have been’-statements, for a speaker generally knows – borderline cases aside – whether he is certain about some fact. So, if a ‘might have been’-statement expressed uncertainty on the part of the speaker, it should not be open for an agnostic stance. Admittedly, our arguments so far are directed only against a certain kind of epistemic interpretation of ‘might have been’-statements, i. e. those that take them to express personal (un)certainties, based only on the knowledge of the speaker. However, we mentioned before that Strawson thinks the relevant knowledge is not merely that of the speaker, but additionally includes knowledge of his circle and/or of those he accepts as
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Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
authorities. Such an inclusion would make room for corrigibility and agnostic judgements. Fred’s utterance of (10) would then amount to: (10*) The knowledge available to me, or you, or other authorities, does not make it certain that Ann did not win the race. After being told that the addressee of Fred’s statement knows that Ann was incapacitated, Fred can correctly count his former statement as false. Since speakers do not generally know what knowledge a hearer or an alleged authority has, he may (and even should) be agnostic about certain ‘might have been’-statements. More precisely, he may be agnostic about a statement if he thinks that other people may possess information which would undermine some certainty he has, or make him certain of something he is not certain of yet. But still the account is no good, for a reason we have already stated: an account which takes knowledge of other people as relevant will require speakers to be agnostic about far too many ‘might have been’-statements. So, while integrating other people’s knowledge into the account avoids our counterarguments from corrigibility and possibility of an agnostic stance, it does so only at the cost of running into the problem of too much agnosticism. Moreover, although Strawson’s original proposal allows for corrigibility and agnosticism, it makes false predictions about the reasons we accept as relevant: in general, we neither revise a ‘might have been’statement nor do we take an agnostic stance towards them because of other people’s epistemic states. Therefore, we regard Strawson’s proposal as mistaken: ‘might have been’-statements do not express present uncertainties of any kind, in the sense that their truth conditions cannot be spelled out in terms of someone’s being (un)certain about something. We may now come back to the second part of Strawson’s proposal, which concerns the acceptability conditions of ‘might have been’statements. As far as we see, none of the worries we articulated raises direct problems for that claim. So, what if it were correct? Would this be good news for Strawson? Could ‘might have been’-statements then still be said to express uncertainties? No! For it seems that the acceptability conditions of any kind of statement can be spelled out with respect to the beliefs of the speaker and their degrees of firmness. What makes
What Might Be and What Might Have Been
153
(12) 4 + 4 = 8 acceptable for some speaker S is that S believes that four plus four equals eight. That does not make arithmetical statements in any good sense epistemic statements or ascriptions of subjective probabilities; it only shows that in a sincere assertoric utterance of an arithmetical sentence (or any other sentence), a speaker gives voice to one of his beliefs. So, while we think that Strawson’s account of the acceptability conditions of ‘might have been’-statements has a fairly good standing, it does not make such statements epistemic in any interesting sense. Let us finally make some remarks on how we do think that ‘might have been’-statements are to be understood. They assert that there was a real possibility of something’s happening, or that there was an objective chance for some event: Truth†: ‘a might have ϕ-d’ is true ↔ ∃t (t is part of the history of a & at t, there was an objective chance that a would ϕ) If this correctly describes their truth conditions (a small modification is yet to come), Strawson’s account of their acceptability conditions may at least point in the right direction. For, assume that a speaker has (sufficiently substantial) knowledge about some time t, which does not suffice to make it certain for her that, from t onwards, a would not ϕ. This will, ceteris paribus, be a good basis for the speaker to think that, at t, there was a genuine possibility that a would ϕ. So, if the truth conditions of ‘might have been’-statements are spelled out via objective chances, it may be promising to approach their acceptability conditions via subjective chances which correspond to uncertainties.
3.
What Could Not Have Been
By focusing on an alleged non-metaphysical reading of ‘might have been’statements Strawson made an attempt to de-mystify them: My subject in this paper is particular possibilities: the may-bes and the mighthave-beens that relate essentially to particular individuals or situations. […] Some detect, or think they detect, an intoxicating scent of something more
154
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg metaphysically interesting than either merely epistemic possibilities on the one hand or merely de dicto possibilities or necessities on the other. My remarks will not give much satisfaction to them.18
We have already seen that Strawson’s hypothetical antagonists had a better nose than he himself was willing to concede: contrary to what he thought, ‘might have been’-statements express something metaphysically more heavyweight than epistemic and de dicto possibilities (namely objective chances). Not only was he wrong on that account, but he also underestimated the potential significance of his own considerations to friends of metaphysical modality. For, at the end of his paper,19 we find a discussion of why we should accept certain negated ‘might have been’-statements which, on the face of it, are apt to express instances of essentialist theses, e. g. (13) Aristotle couldn’t have had different parents; and (14) This table couldn’t have been made of marble instead of wood. (13) and (14) are clearly not expressions of de dicto impossibilities.20 If we are right, they do not express epistemic impossibilities either, but rather (the absence of) objective chances. But the justification Strawson offers for accepting such sentences as (13) and (14) is independent of what kind of chances – subjective or objective – ‘might have been’-statements express. Consequently, if it goes through, Strawson has offered nothing less than a justification for something as metaphysically interesting as the objective chance readings of (13) and (14). In what follows we will introduce another modification to the truth conditions of ‘might have been’-statements that is necessary in order to deal with possible-non-existence claims. Then, we will outline a Strawsonian justification of Origin Essentialism that becomes available through this modification. Finally, we shall criticise the proposal.
18 19 20
Strawson (1979: 179). See Strawson (1979: 185 ff.). For a standard definition of modality de dicto and de re, see e. g. Forbes (1985: 48).
What Might Be and What Might Have Been
3.1
155
Another Modification
What we salvaged from Strawson’s discussion of ‘might have been’statements were the following truth conditions for them: Truth†: ‘a might have ϕ-d’ is true ↔ ∃t (t is part of the history of a & at t, there was an objective chance that a would ϕ). We retained from Strawson’s original proposal the idea to explicitly restrict the relevant times to those during the history of the object in question. But while it is plausible that (15) Aristotle might have become a soldier; is true iff there was a time in Aristotle’s life at which there was a chance that he would become a soldier, there was never a time in Aristotle’s life at which there was a chance that he had never existed. Nevertheless, it is true that (16) Aristotle might have never existed. The same holds for any ordinary object: animals, tables and libraries could have failed to exist. But while animals could have failed to be born, and tables and libraries could have failed to be built, there has never been a time during any animal’s (table’s, library’s) life at which there was any chance that it failed to have been born (built). Hence, as Strawson himself realises,21 no account that restricts its purview to times during the life of an object can adequately deal with non-existence ‘might have been’-statements and those that entail them:22 according to (Truth†), all of them should be false.23 However, many of them – those that deal with common or garden material objects – are straightforwardly true. Something needs to be done.
21 22
23
See Strawson (1979: 184 f.). Strawson’s assumption that ‘Aristotle has never been born’ entails ‘Aristotle has never existed’ is wrong (see Macbeth), but nothing hangs on the particular example. The problem is even more pervasive than Strawson realises. It is not only nonexistence ‘might have been’-statements that force us to look into the prehistory
156
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
Strawson’s quite intuitive idea is to appeal to the prehistory of the objects in question: though there was no time during Aristotle’s life at which there was a chance that he had never existed, there was a time before he was born at which it was not settled that he would exist – his mother might have miscarried, or his parents may even have never met at all. In such a case, Aristotle would have never existed. Consequently, it is reasonable to maintain that chances concerning relevant other things in the prehistory of Aristotle are responsible for the truth of (16). The same holds, mutatis mutandis, for ‘might have been’-statements concerning the nonexistence of animals, tables and libraries. Hence, in order to cope with these ‘might have been’-statements, the restriction to times during the life of the object concerned should be lifted: Truth‡: ‘a might have ϕ-d’ is true ↔ ∃t (at t, there was an objective chance that a would ϕ)24 But which other objects and chances involving them are relevant to the question of whether something might have never existed? Strawson discusses the case of objects that come into existence by a process of natural generation (e. g. plants, animals) and artefacts. According to him, chances involving an animal’s (Aristotle’s) progenitors, the material of which the artefact “of a fairly standard kind” (a table) is made, and the design of the “more elaborate” artefact (a library) are relevant to the question of possible non-existence.25 Aristotle might have never existed because his parents might have never met. This table might have never existed because the piece of wood it is made of could have been used to build a chest of drawers instead, or, indeed, nothing at all. The Old Bodleian may have failed to exist because the plans for it might have never been realised.
24
25
of an object. ‘Socrates might have been conceived in a different country’, for instance, equally requires such a move. It might be desirable to allow the quantifier ranging over times to receive some restrictions from the context of utterance. See Strawson (1979: 186 f.).
What Might Be and What Might Have Been
3.2
157
Strawson’s Case for Origin Essentialism
Strawson is certainly right that these are the kinds of considerations that convince us of the truth of a non-existence ‘might have been’-statement. Interestingly, they are closely linked to essentialist theses, more specifically: Origin Essentialism. The orthodox view about essentialist theses is that they are analysable in terms of necessity and existence:26 Aristotle is essentially human just in case it is necessary that he is human provided he exists at all. Aristotle essentially has the parents he actually has just in case he must have them if he is to exist. This last thesis is an instance of a kind of Origin Essentialism, defended by e. g. Kripke and Forbes:27 (OE1) Things that come into existence by a process of natural generation are necessarily such that if they exist, they have the progenitors they actually have. Other varieties of Origin Essentialism, also defended by Kripke and Forbes,28 concern artefacts like tables: (OE2) Tables are necessarily such that if they exist, they are initially made of the material they are actually initially made of,29 and Strawson’s “more elaborate constructions” like buildings: (OE3) Buildings are necessarily such that if they exist, they are made according to the plan they are actually made according to.30 The truth of (OE1) to (OE3) would explain why considerations like the ones alluded to above are relevant for evaluating non-existence ‘might have been’-statements. If Aristotle couldn’t have existed unless as the child 26 27 28 29
30
See e. g. Mackie (2006: 3). For the heterodoxy, see Fine (1994). See Kripke (1980: 112) and Forbes (1985: ch. 6). See Kripke (1980: 113 f.) and Forbes (1985: ch. 6). This is not quite right. It is usually held that these artefacts must be initially made of most of the material they are actually made of – but not necessarily all – if they are to exist. This is more plausible than (OE2) but leads to considerable complications; see e. g. Chandler (1976). See also Salmon (1979: 757 f.).
158
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
of his actual parents, what his parents did before his birth made all the difference to whether Aristotle would come into existence. If they had not fulfilled their part, nothing else could have happened that would have made it the case that Aristotle existed nonetheless. If this table couldn’t have existed unless it was initially made of the piece of wood it was actually made of, what happened to that piece of wood made all the difference to whether the table would come into existence. If the piece of wood had not fulfilled its part, nothing else could have happened that would have made it the case that the table existed nonetheless. And finally, if the Old Bodleian couldn’t have existed unless it was made according to Sir Giles Gilbert Scott’s plan, what happened to that plan made all the difference. If it had not done its share, nothing else could have happened that would have seen to it that the Old Bodleian existed nevertheless. If Origin Essentialism is true, our reasons for accepting non-existence ‘might have been’-statements are fully vindicated. But perhaps this vindication goes both ways. It is sufficiently clear that, given how our ‘might have been’-statements work, the reasons we accept as pertinent for evaluating the non-existence ‘might have been’statements are indeed pertinent. Maybe this part of our practice can explain why Origin Essentialism has the solid philosophical standing it enjoys. If we keep parentage, initial composition and plan fixed whenever we are forced to consider the prehistory of something in order to evaluate a ‘might have been’-statement, what better explanation is there for the pertinence of these considerations than that Origin Essentialism is indeed true? If this is so, the justificatory detours through the prehistories of the subjects of nonexistence ‘might have been’-statements afford a novel justification for Origin Essentialism. Its truth could be seen to be presupposed by our successful handling of an important class of ‘might have been’-statements. Our modification of (Truth†), anticipated by Strawson, would then shed considerable light on those features of our everyday modal idioms that account for the intuitive plausibility of an important variety of essentialist theses.
What Might Be and What Might Have Been
3.3
159
Against Strawson’s case for Origin Essentialism
However, neat as this justification would be, the truth of Origin Essentialism is not the best explanation for the pertinence of our reasons for accepting non-existence ‘might have been’-statements. What should make us wary to begin with is that the Strawsonian proposal overgenerates justified essentialist theses. This table might have failed to exist because the piece of wood it is made of might have been thrown away instead. True. But surely this is not the only possible reason for accepting the non-existence ‘might have been’-statement. Here are a few more: (a)
The carpenter who built it might have changed his profession shortly before the time he actually built the table;
(b)
He might have been killed;
(c)
He might have been ill the day he actually built the table;
(d)
His workshop might have burned down.
But if the pertinence of considerations involving the piece of wood showed (OE2) to be true, the pertinence of (a) to (c) would show that it is essential to the table that it is built by whoever actually built it. While this thesis may still be remotely plausible, the more specific theses also in play are not: it is certainly not essential to the table to have been built by a carpenter (a), to have been built the very same day it was actually built (c), to have been built in the workshop it was actually built in, or, indeed, in any workshop at all (d). But again, if the pertinence of the claim that the piece of wood might have been thrown away instead of going into the construction of a table is evidence for the truth of (OE2), the pertinence of (a) to (d) should be evidence for far more eccentric essentialist theses. Since it is not, we have reason to assume that something has gone wrong in the proposed justification of Origin Essentialism. When we reconsider (a) to (d) it is relatively straightforward to see why they are pertinent to the question of whether the table might have never existed. The carpenter could have changed his profession before building the table. If he had done so, he would not have built the table and neither would have anyone else. So, if he had left the profession, the table
160
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
would not have been built, i. e. it would not have existed. Similar things can be said about (b) to (d). Quite clearly, (a) is a reason for affirming the non-existence ‘might have been’-statement because the counterfactual ‘if the carpenter had changed his profession, the table would not have existed’ holds. Now, a counterfactual may hold because a corresponding strict conditional holds. To put it in terms of possible worlds: ‘p’ may hold at the closest possible worlds at which ‘q’ holds because ‘p’ holds at all worlds at which ‘q’ holds. But this is the limiting case. Typically, whether ‘p’ would hold, if ‘q’ did, is not independent of other things that are the case. This is certainly so with respect to the following true counterfactual: (17) If the carpenter who actually built the table had changed his profession, no one would have built a table just like the one in question. As things are, (17) is true. But if our carpenter had had a co-worker tending towards plagiarism, the co-worker would have built a table just like the one in question. Hence, (17) would have been false, and the corresponding strict conditional – ‘necessarily, if the carpenter left the profession, no one else built a table just like this one’ – is false. Moreover, it is not clear that (a) would count as good evidence for the non-existence ‘might have been’statement in a situation in which there is a plagiarising co-worker present: even if the carpenter who built the table had left the profession, his coworker would have built a table of the same design from the very same piece of wood. Would it have been this very table? At the very least: it is not clear that it would not have been. The problem with the proposed justification of Origin Essentialism is now in full view. That chances involving Aristotle’s parents (the piece of wood, the design of the Old Bodleian) are reasons for affirming the nonexistence ‘might have been’-statements about Aristotle (the table, the Old Bodleian) may be merely due to the truth of the corresponding counterfactual. Just as with (a), their pertinence may not be underwritten by the truth of the corresponding strict conditional, i. e. by the truth of (an instance of the relevant variety of) Origin Essentialism. Let us sum up. Chances in the prehistory of their subject are pertinent to the truth of certain ‘might have been’-statements. This phenomenon promised to provide a neat justification for Origin Essentialism: the truth
What Might Be and What Might Have Been
161
of Origin Essentialism, we hypothesized, is the best explanation for the pertinence of these chances. However, we saw that some clearly false essentialist theses can be justified in the very same fashion. This suggests that the pertinent chances are pertinent not because their actualisation necessitates the non-existence of the thing in question, but because the corresponding counterfactual holds. Hence, the Strawsonian considerations by themselves cannot justify Origin Essentialism. Chances concerning the profession of the man who built it are pertinent to the question of whether the table might not have existed. But this does not lend any credibility to the claim that it is essential to the table to have been built by a carpenter. Likewise, that chances involving the piece of wood it is actually made of are pertinent to the question of whether the table might have not existed, does not mean that the table must be made of that piece of wood if it is to exist at all. However, we still feel that there is sufficient reason to end on a happy note. For, it seems to us that there may be ways of exploiting the differences between the cases considered. To conclude, let us sketch how this might be done. As we have seen, that the carpenter who built the table could have changed profession would not have been a reason for affirming the non-existence ‘might have been’-statement had there been a plagiarising co-worker around. Similarly, for (b) to (d), given that no essentialist thesis underpins their pertinence, there are other possible circumstances such that, had they obtained, (b) to (d) would not have been good reasons for affirming the non-existence ‘might have been’-statements. For instance, if the carpenter had not typically worked in the workshop the table was actually built in, (d) would not have been a good reason to claim that the table might not have existed. If, on the other hand, some consideration is pertinent in all possible circumstances, the best explanation for that is still that the corresponding essentialist thesis holds.31 Take Aristotle and consider the possibility that his parents had never met: no matter what else might or might not have been the case, that his parents might have never met will always be pertinent to whether Aristotle might have failed to exist.32 If this 31 32
This is a reflection of the fact that ‘∀r [(~q & r) → ~p]’ entails ‘ (p ĺ q)’. How do we know? By considering relevant possible circumstances. If we cannot come up with possible circumstances in which some pertinent consideration
Benjamin Schnieder & Moritz Schulz & Alexander Steinberg
162
is so, non-existence ‘might have been’-statements may still have a role to play in our justification of Origin Essentialism – it just is not as straightforward as we might have thought on a first reading of Strawson’s paper.*
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*
becomes non-pertinent, even though we have tried long and hard enough, this is evidence for thinking that it is underpinned by the truth of the corresponding essentialist thesis. Alex Steinberg would like to thank the EU’s 6th Framework NEST project REFCOM for the financial support he received during the work on this article.
Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität Bemerkungen zu Strawsons Idee einer Verknüpfung von Begriffsanalyse und Metaphysik Guido Löhrer
1.
Einleitung
In den ersten vier Kapiteln von Analysis and Metaphysics (1992) präsentiert Peter F. Strawson einen Vorschlag, wie mittels Begriffsanalyse eines bestimmten Typs begrifflich Grundlegendes und Vorrangiges innerhalb unserer Begriffsstruktur (our conceptual structure1) ermittelt werden könne. In Opposition zu einer zergliedernden Begriffsanalyse, die von komplexen zu einfachen und höchst allgemeinen Begriffen als dem begrifflich Grundlegenden fortschreitet, favorisiert Strawson einen Typ von Begriffsanalyse, der die Relationen oder Verknüpfungen zwischen Begriffen bzw. Begriffstypen herausstellt.2 Streng genommen geht es dabei nicht um Begriffsanalyse, sondern um die Analyse von Begriffssystemen. Strawson spricht von einem Verknüpfungsmodell (connective model of conceptual analysis3). Unter unserer Begriffsstruktur versteht er in einem weiten Sinn die Struktur unseres im Kern commonsense-artigen Denkens und Redens über die Welt (the structure of our thought [and talk] about the world 4). Grundlegend sind darin Begriffe von hohem, aber nicht notwendig auch 1 2
3 4
Siehe Strawson (1992: 23, 33, 57). Strawson äußert sich zu der Frage, ob Begriffe oder ob Begriffstypen der Gegenstand seines Typs von Begriffsanalyse sind, nicht ganz eindeutig. Systematisch betrachtet, liegt es nahe, die Analyse von Verknüpfungen zwischen Begriffstypen und nicht diejenige zwischen einzelnen Begriffen als ein Charakteristikum des von ihm favorisierten Modells anzusehen. Sprachlich wechselt Strawson (1992: 21 f., 24, 33-35 u. ö.) zwischen den beiden Ausdrücken jedoch einfach ab. Siehe Strawson (1992: 21, 143). Siehe Strawson (1992: 32 f.).
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höchstem Allgemeinheitsgrad, die sich nach Strawson im Prinzip an einer beliebigen Anzahl verschiedener Einzelfälle exemplifizieren lassen müssen und insofern nicht leer sein dürfen.5 Kriterium ihrer Vorrangigkeit ist nicht ihre Allgemeinheit. Vielmehr ist es ihre Unverzichtbarkeit für jedes Denken und Reden über die Welt. Der Ausdruck „vorrangig“ (prior) wird insofern auch nicht primär komparativisch (ein Begriff ist vorrangig in Relation zu einem anderen Begriff), sondern klassifikatorisch gebraucht: zur Auszeichnung eines bestimmten Begriffstyps innerhalb eines Begriffssystems. Diese Auffassung birgt eine Reihe von Schwierigkeiten sowohl für die Begriffs- als auch für die Prädikationstheorie.6 Diese Probleme werde ich hier allerdings weniger kritisch ins Visier nehmen, als es für sich betrachtet nötig wäre. Denn ich möchte zu einem anderen Punkt vordringen: Strawson behauptet, Prioritäres innerhalb der Struktur unseres Denkens und Redens über die Welt verweise auf ontologisch Vorrangiges, das seinerseits Bedingung der Möglichkeit des Gebrauch jener grundlegenden Begriffe sei. Demnach wären wir berechtigt, von einer strukturellen Harmonie zwischen unserer Begriffsstruktur und einer Struktur von ontologisch Vorrangigem auszugehen. Die nachfolgenden Ausführungen gehen diesem mutmaßlichen Zusammenhang zwischen begrifflicher und ontologischer Ordnung nach. Insoweit sind sie exegetischer Natur. Zentral ist gleichwohl ein systematischer Punkt. Strawson geht es um die Möglichkeitsbedingungen der Verwendung grundlegender Begriffe. Die dafür in Anschlag gebrachten Analyseverfahren würden jedoch bei genauerer Betrachtung eher zu Korrektheitsbedingungen – „conditions of the correct application of the concept“7 – als zu Möglichkeitsbedingungen führen. Dieser Befund zieht womöglich divergierende ontologische Konsequenzen nach sich, legt aber zumindest sowohl ein differenzierteres Verständnis des Begriffs der ontologischen Verpflichtung nahe als auch eine Klärung, in welchem Sinne von ontologischen Verpflichtungen jeweils die Rede ist. 5 6
7
Siehe Strawson (1992: 54). Problematisch ist etwa, wie die genannten Bestimmungen auf die Begriffe formaler Sprachen angewendet werden könnten und was sie für allquantifizierte affirmative oder negative Aussagen bedeuten würden. Strawson (1992: 18).
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Abschnitt 2 beschreibt zunächst einen Weg von der Logik zur Ontologie, von dem Strawsons Vorschlag sich signifikant unterscheidet. Die Abschnitte 3 und 4 zeichnen seine Alternative eines begriffssystemanalytischen Verknüpfungsmodells nach. Darin wird von unterschiedlichen Arten der Präsupposition bzw. der Präsumtion Gebrauch gemacht, bei deren näheren Untersuchung sich der oben genannte Befund aufdrängt (5). Mit Strawsons Option für die Möglichkeitsbedingungen der Verwendung grundlegender Begriffe schließlich nimmt seine Ontologie emphatische Züge an (6).
2.
Ein Weg von der Logik zur Ontologie
Inwiefern ist die Logik relevant für die Ontologie, wenn sich das ontologische Problem in der Frage artikuliert, was es gibt?8 In welcher Beziehung steht die Ontologie eigentlich zur Logik? Und wenn für eine solche Beziehung mehrere Möglichkeiten erwogen werden können: Welche ist die richtige? In Analysis and Metaphysics versichert Strawson: [O]ne thing is quite certain: that the general thought of an intimate connection between logic and ontology or metaphysics has run like a thread, one of many threads, right through the history of philosophy, from Aristotle to the present.9
Für Strawson ist dies jedoch weit mehr als ein historischer Befund. Er ist überzeugt, dass eine solche Beziehung zwischen Logik und Metaphysik in der Sache besteht.10 In Analysis and Metaphysics wird sie hauptsächlich von der Logik hin zur Metaphysik verfolgt. In Verbindung mit einer Präsuppositionslehre führt ein Weg von der Begriffsanalyse – der Untersuchung der Logik der Begriffe im Rahmen einer begrifflichen Ordnung – über die Prädikatenlogik erster Stufe plus Identität zur Ontologie. Der Weg, den Strawson favorisiert, unterscheidet sich jedoch erheblich von den 8
9 10
Quine (1948: 1) hat ontologische Probleme – in Abweichung von der klassischen Ontologie als einer Ursachen- oder Prinzipienwissenschaft – maßgeblich in die Frage „Was existiert?“ gekleidet. Strawson folgt ihm darin im Wesentlichen. Strawson (1992: 37). „There is a set of ontological questions which are not without relation to the fundamental notions of logic.“ (Strawson, 1992: 47).
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Verbindungen, die von Ontologen gewöhnlich zwischen Logik und Metaphysik gezogen werden. Normalerweise versteht man unter einer Ordnung der Begriffe (conceptual order) die Ordnung ihrer begrifflichen Priorität (conceptual priority). In einer Ordnung der Begriffe kommt einem Begriff A begrifflicher Vorrang vor einem Begriff B zu, wenn die Erläuterung dieses Begriffs B auf jenen Begriff A zurückverweist, so dass B nicht ohne Rekurs auf A erläutert werden kann.11 In Relation zum erläuterten Begriff ist der erläuternde in einem komparativischen Sinn begrifflich vorrangig bzw. früher. Wenn wir irgendwo im Begriffssystem der Logik beginnen, komplexe Begriffe zu analysieren, gelangen wir irgendwann zum Begriff der Proposition als demjenigen, das wahr oder falsch sein kann, und zum korrespondenztheoretischen Begriff der Wahrheit einer Proposition. Setzen wir diese Analyse im Sinne der Wahrmacherinterpretation der Wahrheit fort, so wird der Begriff der Wahrheit einer Proposition durch den Begriff der Existenz eines Wahrmachers für diese Proposition erläutert. Eine Proposition ist dann und nur dann wahr, wenn ein Wahrmacher für diese Proposition existiert. Aus naheliegenden Gründen ist der dabei ins Spiel kommende Existenzbegriff nicht der Existenzbegriff, der durch den Existenzquantor ausgedrückt wird.12 Vielmehr handelt es sich um einen
11 12
Siehe Per Martin-Löfs Projekt in Martin-Löf (1991: besonders 141). Siehe Martin-Löf (1991: 141 f.) und Sundholm (1994: 118 f.). – Mulligan & Simons & Smith (1984: 315) und (1987: 247) verwenden zwar den Existenzquantor, wenn sie die Wahrmacherrelation wie folgt notieren: p ↔ ∃Γ. Γ |= p; wobei p eine Proposition und Γ ein Wahrmacher für p ist und |= für die Relation des Wahrmachens steht. Doch dürfte dies unerwünschte Konsequenzen haben. Da ein Existenzquantor (s)eine Bedeutung nur innerhalb einer Existenzaussage besitzt, müsste er als Teil der Wahrheitsbedingungen dieser Existenzaussage, nämlich von ∃Γ. Γ |= p erläutert werden. Gemäß der Wahrmacheranalyse lautet diese Wahrheitsbedingung: „Es gibt einen Wahrmacher für ∃Γ. Γ |= p.“ Wenn es sich bei der Existenz des Wahrmachers tatsächlich um die Existenz handelte, die durch den Existenzquantor ausgedrückt wird, müsste die Relation zwischen dem Wahrmacher und der Proposition eine Aussagefunktion sein. Dann wäre die Bedeutung des Existenzquantors durch die Wahrheitsbedingungen einer weiteren existenzquantifizierten Proposition auszudrücken: ∃∆. ∆ |= (∃Γ. Γ |= p). Für deren Existenzquantor wäre dasselbe
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traditionellen philosophischen – wir können auch sagen: metaphysischen – Existenzbegriff. Dabei meint „existieren“ soviel wie „unter einen Begriff fallen“. Wenn etwas unter einen Begriff fällt, ist dieser Begriff nicht leer. Auf diese Weise zeichnet sich ein Weg von der Logik zur Metaphysik für andere Begriffssysteme ab: Deren Untersuchung zeigt uns, welche Ontologie sie voraussetzen, d. h. welchen Typ von Wahrmachern die mit ihrer Hilfe ausgedrückten Propositionen erfordern, um wahr sein zu können, und welche Begriffe entsprechend nicht leer sein sollten.13 Begriffsanalyse im hier skizzierten Sinn verfährt reduktiv. Wir erklären einen komplexen Begriff, indem wir ihn auf einfachere Begriffe zurückführen. Dies tun wir solange, bis wir zu einfachsten und allgemeinsten Begriffen gelangen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht mehr analysiert werden können. Denn einfache Begriffe besitzen keine Bestandteile mehr und fallen sozusagen mit einem einzigen Begriffsmerkmal zusammen. Wenn Begriffe mittels einer restlosen Reduktion auf ihre einfachen Bestandteile erklärt werden und kein weiteres Erklärungsverfahren zur Verfügung steht, endet eine Begriffserklärung mit solchem, das selbst nicht (mehr) erklärbar ist. Strawson stellt in Abrede, dass das Projekt der reduktiven Begriffsanalyse sinnvoll ist.14 Allerdings lässt sich kaum leugnen, dass seine Darstellung dieses Modells15 stark vereinfachende, wenn nicht sogar karikierende Züge trägt. Er bestreitet aber auch, dass es von Philosophen tatsächlich verfolgt wird.16 Dem reduktiven Zergliederungsmodell (dismantling model17) stellt er daher ein Verknüpfungsmodell der Begriffsanalyse gegenüber, das er für realistischer und für fruchtbarer hält.18 Bevor
13 14
15 16 17 18
Verfahren jedoch abermals zu verwenden usw. Dies würde auf einen infiniten Regress hinauslaufen. Siehe auch Quine (1948: 13 f.) über ontological commitment. Eine frühere Kritik an der These von der Nichtdefinierbarkeit basaler Begriffe findet sich in Strawsons Ethical Intuitionism (1949: 25, 30). Siehe Strawson (1992: 17 f.). Siehe Strawson (1992: 18). Siehe Strawson (1992: 19). Siehe Strawson (1992: 19, 21). In jüngerer Zeit hat Peter Bieri (2007) diese Unterscheidung in einem programmatischen Aufsatz wieder aufgenommen. Kritisch äußert sich zu einer früheren Fassung dieses Beitrags Beckermann (2008).
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dieses Modell genauer betrachtet wird, erscheint es angebracht, vorweg auf einige wichtige Unterschiede hinzuweisen.
19 20
(1)
Das Verknüpfungsmodell zergliedert nicht komplexe Begriffe, um zu einfachsten Begriffen vorzudringen. Vielmehr untersucht es die Relation, in der Begriffe innerhalb eines Begriffssystems und innerhalb der Begriffsstruktur unseres Denkens und Redens über die Welt zueinander stehen.
(2)
Gegenstand der Analyse sind in erster Linie Begriffstypen, nicht einzelne Begriffe (siehe jedoch Fn. 2).
(3)
Das Verknüpfungsmodell dissoziiert Fundamentalität und Allgemeinheit. Sein Kriterium der Vorrangigkeit weicht von demjenigen des Zergliederungsmodells ab. Ein Begriff ist nicht darum grundlegend, weil er sich nicht unter andere Begriffe subsumieren lässt, sondern weil er zu einer bestimmten Klasse von Begriffen gehört, die für eine ihrerseits als fundamental auszuweisende Erfahrung der Welt unverzichtbar sind.
(4)
Nach Strawsons Auffassung ist es notwendig, dass grundlegende Begriffe gefüllt sind. Nicht erst die Wahrheit, sondern zuvor die Propositionalität dessen, was Sätze semantisch ausdrücken, hängt nach Strawson davon ab, dass jene grundlegenden Begriffe, wenn sie als singuläre, identifizierende Termini bezugnehmend gebraucht werden, einen Referenten haben. Von einem entsprechenden Gebrauch zu reden, ist nötig; denn Strawson will Bezugnahme praktisch verstanden wissen. Sprachliche Ausdrücke referieren nicht von sich aus, sondern nur dann, wenn sie vorsätzlich bezugnehmend (with the intention of referring19) gebraucht werden.20 Damit die Aussagen, in denen unsere grundlegenden Begriffe vorkommen, entweder wahr oder aber falsch sein können und somit überhaupt Propositionen sind, muss nach Strawson dasjenige, worauf sich diese
Siehe Strawson (1992: 42). Zu Strawsons Begriff der Referenz und des Referierens siehe On Referring: „[T]he expression itself does not refer to anything […] People use expressions to refer to particular things.“ (Strawson, 1950: 328).
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Ausdrücke bei entsprechendem Gebrauch beziehen, existieren.21 Andernfalls taugte unser Begriffssystem nicht zu jener identifizierenden, reidentifizierenden, individuierenden und differenzierenden Bezugnahme, die wir als grundlegende Erkenntnisoperation ansehen sollten.22 (5)
21
22
23 24 25
Weiterführend insistiert Strawson, dass unsere grundlegenden Begriffe epistemisch zu einer möglichen Erfahrung der Welt taugen müssten. Dazu sei es nötig, dass die Welt diesen Begriffen korrespondiere und dasjenige enthalte, worauf wir mit singulären Termini identifizierend Bezug nehmen.23 Insofern dienten uns die fundamentalen Begriffe unseres Begriffssystems als ratio cognoscendi grundlegender ontologischer Verhältnisse.24 Was dem gemäß dem Verknüpfungsmodell begrifflich Prioritären einer begrifflichen Ordnung korrespondiert, ist in der ontologischen Ordnung (ontological order25) primär Existierendes.26 Trifft es nun zu, dass unsere commonsense-artigen Überzeugungen nicht allesamt irrig und
In diesem Sinne führt Strawson in Introduction to Logical Theory den Begriff der (semantischen) Präsupposition ein: „[A] statement S presupposes a statement S' in the sense that the truth of S' is a precondition of the truth-or-falsity of S“ (Strawson, 1952: 175); siehe auch Strawson (1950: 330). Demnach kann beispielsweise die Aussage „Johns Kinder schlafen alle“ nicht nur nicht wahr, sondern nicht einmal wahr oder falsch sein, wenn John gar keine Kinder hat; siehe Strawson (1952: 174). – Strawson entwickelt seine Überlegungen mit Blick auf das Aristotelische quantorenlogische Quadrat (Aristoteles, De int., Kap. 6-7, und Anal. Pr. I 2, 25a 1-25), dessen (All-)Aussagen nur dann wahr oder falsch sein können, wenn ihre Subjektklasse nicht leer ist; anders als die Prädikatenlogik, zu deren Allaussagen [∀x (Fx → Gx)] keine Existenzannahmen gehören. Auf Schwierigkeiten dieses Ansatzes gehe ich hier nicht ein und verweise stattdessen auf kritische Auseinandersetzungen mit Strawsons Projekt in Soames (1989: 565) und Parsons (2006: § 6). Siehe Strawson (1959: 18-22, 33 und 198-203). – Zu einer mutmaßlichen intimen Verbindung von Logik, Ontologie und Epistemologie siehe Strawson (1966: 47) und „three aspects of one unified enquiry“ (Strawson, 1992: 35). Siehe Strawson (1992: 52 f.). Strawson (1967a: 317) und (1967b: 325). Siehe Strawson (1992: 38).
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das dafür in Anspruch genommene Begriffssystem nicht vollständig untauglich sein können – weil eine derart radikale Skepsis bei genauerer Betrachtung nicht einmal verständlich dargelegt werden könnte –,27 so gelangt man mit Hilfe des Verknüpfungsmodells vom Typ von Begriffen, denen in unserem Begriffsystem begriffliche Priorität zukommt, zu ontologisch Vorrangigem. Dieses ontologisch Vorrangige würde dann gleichsam als ratio essendi der Grundbeschaffenheit dieses Begriffssystems fungieren.28
3.
Strawson über Begriffsanalyse als Begriffssystemanalyse
Bei der Begriffserklärung (elucidation) gemäß dem Verknüpfungsmodell, das Strawson dem reduktiven Modell gegenüberstellt, gehen wir den vielfältigen Verbindungen nach, die zwischen den Begriffen eines Begriffssystems bestehen. Verfahren wir auf diese Weise, so haben wir es strenggenommen nicht mehr mit einer Begriffsanalyse, sondern mit einer Begriffssystemanalyse zu tun. Begriffe werden dabei nicht zerlegt. Stattdessen geht es darum, den Standort oder die Konstellation eines Begriffs innerhalb eines Begriffssystems bzw. ineinander greifender Begriffssysteme zu bestimmen.29 Zwar heißt es auch vom Verknüpfungsmodell, dass den vorausgesetzten Begriffen in der Ordnung der Begriffe ein begrifflicher Vorrang vor den voraussetzenden Begriffen zukomme. Doch handelt es sich hierbei nicht um ein Verhältnis, das zwischen einzelnen Begriffen eines Begriffssystems besteht. Vielmehr geht es – und dieser Punkt ist systematisch wichtig – um eine Prioritätsordnung zwischen Typen bzw. Mengen von Begriffen, die unterschiedlichen Begriffssystemen zugehören können. 26 27
28 29
Siehe Strawson (1959: 247). Siehe Strawson (1992: 58). – Entsprechend antiskeptisch argumentieren mit unterschiedlichen Argumenten Strawson (1959: 35) und Davidson (1970: 221 f., 1977: 199-201, 1983: 150 f.), der – ähnlich wie Strawson in Analysis and Metaphysics (1992: 37) – eine Reihe von Philosophen von Platon bis Quine (und Strawson) als Vorläufer auf einem Weg von der Logik und Semantik zur Ontologie nennt (Davidson, 1977: 199). Siehe Löhrer (2003: 222-232). Siehe Strawson (1967b: 325) und unten Abschnitt 6. Siehe Strawson (1992: 19, 24).
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Reduktiv ist dieses Modell daher in einem anderen Sinn. Denn Strawson ist offenbar der Ansicht, dass es eine Ordnung der Begriffstypen gibt. Darin sind Begriffe des Typs A, vom begrifflichen Standpunkt aus gesehen (from the conceptual point of view30), früher als Begriffe vom Typ B, wenn diese Begriffe vom Typ B jene Begriffe des Typs A voraussetzen. Denn ohne A-Begriffe, die auf einen Typ A von Einzeldingen (particulars) referieren, könnten wir nicht über B-Dinge sprechen, auf die wir uns mit Hilfe von Begriffen des Begriffssystems B beziehen.31 Am Grund der Ordnung der Begriffstypen aber liegt der Typ derjenigen Begriffe, die für jegliches Denken und Sprechen über die Welt unverzichtbar sind. Dabei handelt es sich nach Strawsons Dafürhalten um denjenigen Typ von Begriffen, mittels deren wir Belange des Alltagslebens verhandeln und unsere entsprechenden Commonsense-Auffassungen ausdrücken. Unter einer begrifflichen Ordnung hätte man demnach eine Ordnung der Begriffstypen zu verstehen, deren Fundament die Begriffe nicht-technischer Alltagsdiskurse bilden würden. Grundlegend ist ein Begriff dann, wenn er zu der von den nicht-technischen Begriffen des Alltagslebens gebildeten Struktur wechselseitiger Begriffsverbindungen bzw. Begriffsverknüpfungen gehört. A concept or concept-type is basic in the relevant sense if it is one of a set of general, pervasive, and ultimately irreducible concepts or concept-types which together form a structure – a structure which constitutes the framework of our ordinary thought and talk and which is presupposed by the various specialist or advanced disciplines that contribute, in their diverse ways, to our total picture of the world.32
Nun dürfte einleuchten, dass Alltagsbegriffe einer wissenschaftlichen Begrifflichkeit in einem eher unspezifischen Sinn vorangehen. Die Alltagssprache ist unspezialisiert und existiert der Zeit nach früher als die Wissenschaftssprache. Mit Hilfe der Alltagssprache lassen sich Probleme formulieren, auf die in den Fachsprachen, welche über der Behandlung dieser Probleme entwickelt werden, Antworten gegeben werden können. In welchem spezifischen Sinn aber setzen Fachbegriffe Alltagsbegriffe voraus? Nach Strawson bilden die Begriffe des nicht-technischen 30 31 32
Siehe Strawson (1992: 21). Strawson (1959: 17). Strawson (1992: 24).
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Alltagsdiskurses das natürliche Reservoir von Begriffen, aus denen wir grundlegende Begriffe gewinnen. Diese zeichnen sich dann vornehmlich durch einen höheren Grad an Allgemeinheit als die im Alltagsdiskurs verwendeten Begriffe aus. Da die im Alltagsdiskurs verwendeten Begriffe in erster Linie solche für Einzeldinge und unter diesen wiederum vornehmlich Begriffe für raum-zeitliche materielle Gegenstände seien, sei auch die philosophische Fachsprache maßgeblich durch Begriffe von Einzeldingen und durch die Begriffe von Raum und Zeit33 bestimmt. In der Alltagssprache reden wir mit Ausdrücken wie „pebble“, „snow“, „car“ oder „guitar“34 über Kieselsteine, Schnee, Autos und Gitarren. In der philosophischen Fachsprache, die diese Ausdrücke und die mit ihnen geführten Diskurse voraussetzt, bilden wir den Begriff des raum-zeitlichen Körpers, mit dem wir die mit Hilfe der Ausdrücke „pebble“, „snow“, „car“ oder „guitar“ geführten Diskurse zusammenfassend als Rede über raumzeitliche Körper beschreiben können. Darin manifestiere sich zugleich der Anspruch, dass es sich beim Begriff des Körpers wie auch bei den Begriffen von Raum und Zeit um Grundelemente unserer Begriffsstruktur handle.35 Dies verweise weiterführend auf das commonsense-artige Bild einer objektiven Wirklichkeit: „Correspondingly, or picture of objective reality is a picture of a world in which things are separated and related in time and space“36. Hier drängen sich mindestens zwei Fragen auf. (i) Warum sollten wir den Begriff des Körpers als Grundlage unseres Begriffssystems in Anspruch nehmen, wenn dahinter alltagssprachliche Begriffe für so Unterschiedliches wie Naturdinge (z. B. Kieselsteine oder Schnee), einerseits, und Gebrauchsdinge (z. B. Autos oder Gitarren), andererseits, stehen? Denn hier würde der grundlegende Begriff ja einerseits solches voraussetzen, das tatsächlich von seiner Körperlichkeit her verstanden wird, andererseits aber solches, das vermutlich eher von seiner Funktion her begriffen wird.37 (ii) Was spricht dafür, dass diejenigen Begriffe, mit denen Wissen33 34 35 36 37
Siehe Strawson (1992: 54 f.). Siehe Strawson (1992: 22, 23). Siehe Strawson (1992: 23 f., 57). Strawson (1992: 55). Ein weiterer Begriffskatalog, den Strawson aufstellt, enthält darüber hinaus die Begriffe „cat“, „concert“ und „ambassador“ (Strawson, 1992: 22), womit wir
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schaftler ihre Fragen allenfalls so lange formulieren, bis präzisere Begriffe zur Verfügung stehen, festlegen, was die Grundbausteine der Welt sind? Nun würde Strawson auf den ersten Einwand vermutlich erwidern können, dass auch Gebrauchsdinge raum-zeitliche, materielle Körper sind und dass wir ihre Funktion – wie beim Reverse Engineering – im Rückgang auf ihre körperliche Gestalt bestimmen und begreifen. Was ein Gebrauchsding ist, verstehen wir demnach nur durch eine identifizierende Bezugnahme auf materielle Körper. Schwieriger dürfte es dagegen sein, erfolgreich auf den zweiten Einwand zu replizieren. Denn selbst wenn wir zurecht annähmen, dass sich aus alltagssprachlichen Ausdrücken wie „Kieselstein“ oder „Schnee“ grundlegende philosophische Fachtermini wie „materielle Körper“ gewinnen ließen, und selbst dann, wenn die identifizierende Bezugnahme mittels grundlegender Ausdrücke die Kriterien für die identifizierende Bezugnahme mittels nicht-basaler Ausdrücke lieferte,38 so wäre doch zweifelhaft, ob das, worauf wir mittels alltagssprachlicher Ausdrücke referieren, als elementare Bausteine der Wirklichkeit oder als ontologisch Vorrangiges angesehen werden sollte. Mithin ist fraglich, ob uns der oben skizzierte Weg tatsächlich von einer Ordnung der Begriffe und ihren begrifflichen Prioritäten zu dem führt, „what primarily exists“.39 – Der entscheidende Punkt ist jedoch vermutlich noch ein anderer.
4.
Präsupposition und begriffliche Priorität
Strawson vertritt, wie gesagt, die Auffassung, dass das System unserer Alltagsbegriffe den Ausgangspunkt all unserer wissenschaftlichen Begriffe bildet. Nun dürfte im reduktiven Modell mit Blick auf reduktive Analysen recht klar sein, was es heißt, ein Begriff setze einen anderen Begriff voraus. Was es im Verknüpfungsmodell bedeutet, dagegen nicht. Gewiss ist vorderhand nur, was es nicht heißt. „[W]e can be pretty sure that it is not simply a matter of strictly defining new theoretical concepts in terms of pre-theoretical concepts.“40 Strawson ist jedoch der Ansicht, dass wissen-
38 39 40
uns, je nach Beschreibung, auf Lebewesen, Ereignisse, Handlungen, Personen, Institutionen, auf Kulturelles und Politisches beziehen. Siehe Strawson (1959: 38 f.). Strawson (1959: 247). Strawson (1992: 21).
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schaftliche Begriffe nur erwerben kann, wer die zugrunde liegenden Alltagsbegriffe bereits beherrscht. Der Erwerb theoretischer Begriffe setzt die Beherrschung vortheoretischer Begriffe voraus.41 Auf diesen Befund einer Prioritätsordnung unter den kognitiven bzw. sprachlichen Praxen oder Dispositionen stützt Strawson in Analysis and Metaphysics den nachfolgenden Vorschlag für die Festlegung einer begrifflichen Prioritätsordnung, der wiederum eine ontologische Prioritätsordnung entspricht.42 Here, then, is one way in which concepts can be ordered in respect of priority: the ability to operate with one set of concepts may presuppose the ability to operate with another set, and not vice versa. In this case we may say that the presupposed concepts are conceptually prior to the presupposing concepts; which suggests […] that it is among the concepts employed in ordinary non-technical discourse and not among those employed only in specialized technical discourse that the philosophically basic – if indeed there really are such things – are to be found.43
Einerseits dürfte es sich bei dieser Passage um eine Schlüsselstelle für das Verständnis von Strawsons Projekt handeln. Andererseits ist sie nicht ausreichend klar. So ist nicht leicht zu entscheiden, ob die Rede von Voraussetzungen, Voraussetzendem und Vorausgesetztem unspezifisch ist oder ob sie Präsuppositionen in dem einem oder anderen technischen Sinn meint. Nehmen wir als die interessantere Lesart Letzteres an, dann deutet manches darauf hin, dass hier womöglich nicht allein Unterschiedliches präsupponiert wird, nämlich einerseits Fähigkeiten (abilities) und andererseits 41
42
43
„[T]he acquisition of theoretical concepts of the special disciplines presupposes and rests upon the possession of the pre-theoretical concepts of ordinary life.“ (Strawson, 1992: 21). Siehe die Parallelstelle in Individuals: „Suppose, for instance, it should turn out that there is a type of particulars, β, such that particulars of type β cannot be identified without reference to particulars of another type, α, whereas particulars of type α can be identified without reference to particulars of type β. Then it would be a general characteristic of our scheme, that the ability to talk about β-particulars at all was dependent on the ability to talk about α-particulars, but not vice versa. This fact could reasonably be expressed by saying that in our scheme α-particulars were ontologically prior to β-particulars, or were more fundamental or more basic than they.“ (Strawson, 1959: 17). Strawson (1992: 21 f.).
Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität
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Begriffe (concepts) (i). Es könnte sich auch herausstellen, dass der Ausdruck „präsupponieren“ auf unterschiedliche Weise gebraucht wird (ii). (i) Von Präsuppositionen ist hier in Bezug auf durchaus Unterschiedliches die Rede. Zum einen behauptet Strawson, die Fähigkeit, mit einer bestimmten Menge von Begriffen zu operieren, setze die Fähigkeit zum Umgang mit einer bestimmten Menge anderer Begriffe voraus. Hierbei handelt sich um eine Relation zwischen Fähigkeiten. Wir müssten in diesem Fall sagen, die präsupponierte Fähigkeit rangiere vor der präsupponierenden Fähigkeit. Zum anderen behauptet Strawson, es bestünde eine Prioritätsordnung zwischen präsupponierenden und präsupponierten Begriffen. Dabei werden „presupposed concepts“ diejenigen Begriffe genannt, die Gegenstand der Operationen präsupponierter Fähigkeiten sind, während die Gegenstände der Operationen präsupponierender Fähigkeiten „presupposing concepts“ heißen.44 Darüber hinaus wird die Annahme nahegelegt, das Präsuppositionsverhältnis samt der Prioritätsordnung zwischen den Begriffen unterschiedlicher Begriffsmengen bestehe in Abhängigkeit vom Präsuppositionsverhältnis und der Prioritätsordnung zwischen den Fähigkeiten, mit diesen Begriffen zu operieren. Präsupponiert die Fähigkeit, mit Begriffen der Menge B umzugehen, die Fähigkeit, mit Begriffen der Menge A umzugehen, so präsupponieren die Begriffe der Menge B die Begriffe der Menge A. In diesem Fall sagt man, die Begriffe der Menge A seien dem Begriff nach früher als die Begriffe der Menge B. Doch wird nicht hinreichend deutlich, welche Art von Dependenz Strawson dabei tatsächlich vor Augen steht. Der Grund dafür ist Gegenstand eines zweiten Befunds. (ii) Besagte Präsuppositionen unterscheiden sich nämlich vermutlich nicht allein hinsichtlich ihrer Relata. Auch der Ausdruck „präsupponieren“ scheint in unterschiedlicher Bedeutung gebraucht zu werden. Dass Begriffe andere Begriffe einer begrifflichen Ordnung präsupponieren, bedeutet etwas anderes, als dass Fähigkeiten andere Fähigkeiten präsupponieren. Die Fähigkeit, etwas zu tun, ist ein praktisches Wissen, wie man etwas tut (knowledge how to do). In einem entsprechenden Präsuppositionsverhältnis setzt ein Wissen-wie ein anderes Wissen-wie voraus. Fähigkeiten 44
Siehe Strawson (1992: 21).
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werden nach einer klassischen Auffassung begrifflich auf Tätigkeiten zurückgeführt, sofern Fähigkeiten Fähigkeiten zu handeln sind. Der Begriff einer Fähigkeit zu handeln weist auf den Begriff der Aktualisierung dieser Fähigkeit zurück, ohne den nicht bestimmt werden kann, um welche Fähigkeit es sich handelt und worin sie besteht. Fähigkeiten setzen Tätigkeiten begrifflich voraus, welche daher in einer begrifflichen Ordnung früher sind.45 Wissen-wie kann in einem Sinne als etwas Aktualisiertes, in einem anderen Sinne als etwas Nicht-Aktualisiertes verstanden werden. Tätigkeiten sind aktualisiertes Wissen-wie; Fähigkeiten sind potentielles Wissenwie. Präsupponieren Tätigkeiten andere Tätigkeiten, so setzen sie voraus, dass das Wissen-wie der präsupponierten Tätigkeiten bereits aktualisiert wurde. Dass die Fähigkeit zu etwas besteht, folgt aus der entsprechenden Tätigkeit (Ab esse ad posse valet consequentia). Setzt dagegen die Erklärung eines Begriffs einen anderen, grundlegenderen Begriff voraus, dann geht es um den Gehalt von Begriffen. Begriffe der Menge B präsupponieren Begriffe der Menge A, ohne welche Begriffe der Menge B nicht den Gehalt hätten, den sie haben. Keine dieser Präsuppositionen dürfte ohne weiteres mit jenem wohldefinierten Begriff der semantischen Präsupposition übereinstimmen, den Strawson in Introduction to Logical Theory eingeführt und den Robert Stalnaker präzisiert hat.46 Ein Satz A präsupponiert eine Proposition ij genau dann, wenn die Wahrheit von ij eine notwendige Bedingung dafür ist, dass A eine Proposition ausdrückt, etwas, das entweder wahr oder falsch ist. Das heißt: Immer wenn A wahr oder falsch ist, ist ij wahr. Einige Propositionen müssen wahr sein, damit andere Gebilde überhaupt Propositionen sind. Eines von Strawsons Beispielen hierfür ist der Satz „All John’s children are asleep“. Um wahr oder falsch zu sein, präsupponiert er, dass 45
46
Siehe Aristoteles (De an., II 4, 415a 18-20): „úǁüïúëó ñƼú ïūûó üņ÷ îý÷Ƽµïþ÷ ëŧ Ġ÷ƽúñïóëó ôëť ëŧ úƼÿïóÏ ôëüą üļ÷ õĻñø÷.“ „[F]or activities and actions are prior in definition to potentialities.“ (Aristoteles, 1984) – Thomas von Aquin (In Met., lib. 9, lect. 7 [1845, 1846]): „actus est prior potentia ratione.“ – Analoges gilt für den Begriff der Disposition. „[A] sentence A presupposes a proposition ij if and only if, for any possible world i, if A expresses a proposition that is either true or false in i, then ij is true in i. A sentence lacks a truth value when any of its presuppositions is false.“ (Stalnaker, 1981: 444).
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es eine Person namens John gibt und dass John Kinder hat. Was er sagt ist, dass diese alle schlafen.47 Bei semantischen Präsuppositionen geht es um Wahrheitswerte und die Bedingungen, unter denen ein Satz einen Wahrheitswert besitzt. Bei der Präsupposition von Begriffen ist dies zumindest prima facie nicht der Fall. Steht dagegen die Präsupposition von Fähigkeiten oder Tätigkeiten im Blick, so scheint es um Korrektheitsbedingungen zu gehen. Denn Handlungen, genauer Handlungstypen, werden nicht durch Wahrheitsbedingungen, sondern durch die Korrektheitsbedingungen ihrer Ausführung bestimmt. Dies gilt auch für die Praxis der Begriffsverwendung.48 So könnte es sein, dass hier nicht nur Unterschiedliches präsupponiert wird, sondern mit dem Ausdruck „Präsupposition“ auch Unterschiedliches gemeint ist. Dies würde insbesondere dann zutreffen, wenn es sich bei den angesprochenen Fähigkeiten um jemandes Fähigkeiten handelt. Um Fähigkeiten der einen Art besitzen zu können, müsste eine Person – explizit oder stillschweigend – davon ausgehen, auch über Fähigkeiten einer anderen Art zu verfügen. Eines ist es, dass etwas von etwas anderem präsupponiert wird oder präsupponiert ist; ein anderes ist der Akt des Präsupponierens, bei dem jemand etwas präsupponiert. In Fällen der zweiten Art hätten wir es nicht mit einer semantischen, sondern mit einer pragmatischen Präsupposition zu tun. Wenn eine Sprecherin behauptet, dass Johns Kinder alle schlafen, hält sie es explizit oder implizit für gegeben, dass es eine Person namens John gibt, dass John Kinder hat und dass die Hörer begreifen, dass sie dies für gegeben hält. In diesem Sinne verstanden, sind Präsuppositionen propositionale Einstellungen. Nicht Sätze oder Propositionen, sondern Personen
47
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Siehe Strawson (1952: 175-179) und oben Fn. 21 sowie Stalnaker (1970: 38) und (1973: 447). Siehe auch Szubka (1998: 146 f.), Graeser (1999: 47 f.) und Korta & Perry (2006: § 2.2.3.). „When confronted with the task of giving a philosophical elucidation some particular concept […] we often attack it by trying to set out, in general terms, both the conditions which must be satisfied if the concept is to be applied and the conditions which are such that the concept must be correctly applicable if those conditions are satisfied. That is to say […] we try to ascertain the necessary and sufficient conditions of the application of the concept.“ (Strawson, 1992: 18).
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haben sie.49 Dieser Punkt gewinnt an Bedeutung, wenn wir in die Überlegungen zu Fragen der begrifflichen Priorität Fragen der ontologischen Priorität mit einbeziehen. Darum soll im Folgenden genauer untersucht werden, wie die Begriffe der Präsupposition oder Präsumtion mit begrifflicher und ontologischer Priorität zusammenhängen.
5.
Präsupponiertes: Möglichkeitsbedingungen oder Korrektheitsbedingungen
Auskunft über die Form des Gehalts von Aussagen, die für eine ontologische Ordnung relevant ist, erhalten wir nach Strawsons Auffassung, wenn wir logisch einfache (atomare) Aussagen betrachten. Diese bestehen bei dem von ihm favorisierten Typ erstens aus einem demonstrativen Element: einem singulären Term (a, b; x, y), der jeweils in einem bestimmten Kontext so gebraucht wird, dass er sich identifizierend auf ein Einzelding bezieht; und zweitens aus einem prädikativen Element (F, G), das etwas über die solcherart identifizierte Entität sagt (Fa). Singuläre Terme drücken aus, worüber wir etwas sagen, Prädikatausdrücke, was wir darüber sagen.50 Die Bedeutung dieser Ausdrücke in einem Satz ist durch eine Regel bestimmt, die festlegt, welche Proposition sie in einem bestimmten Kontext ausdrücken. Wenn ein singulärer Term a in einem Satz Fa gebraucht wird, um im Kontext K auf ein Einzelding e zu referieren, während der Prädikatausdruck F in K gebraucht wird, um die Eigenschaft E auszudrücken, so drückt Fa in K eine Proposition aus, die genau dann wahr ist, wenn e in besagter Situation die Eigenschaft E besitzt, und genau dann falsch ist, wenn e die Eigenschaft E dort nicht besitzt.51 Wenn a in K allerdings auf nichts referiert, fehlt dasjenige, worüber etwas gesagt wird. In diesem Fall drückt Fa nach Strawson semantisch gar keine Proposition aus. Fa ist dann nichts, was wahr oder falsch sein könnte.
49
50
51
Stalnaker (1970: 38-40) und (1973: 448, 451); siehe Strawson (1950: 332). Zur Unterscheidung zwischen semantischer und pragmatischer Präsupposition siehe auch Graeser (1999: 154). Siehe Strawson (1992: 39) und (1950: 335); zum Kontextbegriff siehe (ebd.: § IV). Siehe Soames (1989: 564 f.).
Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität
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Suppose we are talking in all seriousness about the world, about reality as we conceive it. Suppose further that we employ a definite singular substantive with the intention of referring thereby to a particular individual object or person and attributing to it or him some property. Then what we say can be true, or even a candidate for truth, only on condition that such an object or person exists in fact.52
Dies ist der Punkt, an dem die Lehre vom Begriff und der Referenz seines Ausdrucks in die Theorie der semantischen Präsupposition eingebunden ist. Fa präsupponiert die Wahrheit von a existiert. Dass Sätze Propositionen ausdrücken, setzt wiederum voraus, dass der referierende Gebrauch von Namen oder exemplifizierten Begriffen nicht ins Leere geht, wenn unser Denken und Reden über die Welt nicht sinnlos oder nicht-substantiell, d. h. nicht wahrheitswertfähig sein soll.53 In diesem Sinne verstanden, präsupponieren Sätze die Erfülltheit von Möglichkeitsbedingungen wahrheitskonditionaler Gehalte. Ein Satz wie „Paula schläft“ drückt nur dann einen Gehalt aus, der entweder wahr oder aber falsch ist, wenn es beim kontextuellen Gebrauch des Namens „Paula“ in der in Rede stehenden Situation einen Referenten namens Paula gibt. Um eine Proposition auszudrücken, präsupponiert der Satz „Paula schläft“ Paulas Existenz. Entsprechendes gilt Strawson zufolge, wenn von Quantoren Gebrauch gemacht wird. Sowohl die Propositionalität des Satzes „Mindestens eine Person schläft“ (∃xFx) als auch diejenige von „Alle Personen, die schlafen, träumen“ (∀x(Fx → Gx)) verlangt seiner Ansicht nach von der Welt, dass es mindestens eine schlafende Person gibt. Dabei handelt es sich um eine ontologische Verpflichtung (ontological commitment). Sie geht der Referenz voran. Der Begriff der ontologischen Verpflichtung, die ein Satz mit sich führt, ist nicht-epistemisch und nicht-normativ. Der dabei involvierte Existenzbegriff dürfte, analog zu dem in Abschnitt 2 erwähnten, nicht der durch den Existenzquantor ausgedrückte sein. Vielmehr handelt es sich um jenen metaphysischen oder, wie Strawson sagt, nicht-prädikativen Existenzbegriff, nach dem „existieren“ soviel wie „unter einen Begriff fallen“ bzw. „instantiiert sein“ heißt.54 52 53 54
Strawson (1992: 42). Strawson (1992: 42 f.). Siehe Strawson (1959: 241).
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Allerdings wählt Strawson bisweilen auch Formulierungen, die auf eine pragmatische Präsupposition hinweisen: „If I say ‚Someone smiles‘ or if I say ‚Everyone who smiles is happy‘, the presumption is that I in each case believe in the existence of at least one smiling person“.55 In diesem Fall muss ich etwas glauben bzw. eine Überzeugung präsupponieren, damit ich etwas anderes behaupten kann bzw. darf. Dies ist der Punkt, an dem die Lehre vom Begriff und der Referenz seines Ausdrucks in die Theorie der pragmatischen Präsupposition eingebunden ist. Begriffe, darin ist Strawson mit Kant eines Sinns, gebrauchen wir vorrangig im Urteil. „The use of concepts […], or their fundamental use, is in judgement, the conscious forming or holding of beliefs about what is the case“.56 Den Ausdruck „Urteil“ (judgement) zeichnet jedoch eine Akt/Objekt-Ambiguität aus. „Urteil“ kann einerseits den Akt des Urteilens und anderseits das Geurteilte, d. h. den geurteilten Gehalt bzw. das Objekt des Urteils meinen. Das bewusste Bilden von Überzeugungen (the conscious forming [...] of beliefs) ist auf der Akt-Seite dieser Dichotomie zu verorten. Akte bzw. Typen von Akten stehen unter Korrektheitsbedingungen, die Bedingungen für ihre korrekte Ausführung sind. Sie besagen im Falle des Urteilens, was ich glauben muss, damit ich ein Urteil – etwa eines der von Strawson favorisierten elementaren Form – fällen darf. Urteile ich und beziehe ich mich dabei mittels eines singulären Terms auf ein Einzelding, dem ich eine Eigenschaft zuschreibe, so bin ich verpflichtet zu glauben, dass dieses Einzelding existiert. „[W]e are committed to belief in the existence of whatever kinds of thing we seriously refer to“.57 In diesem Zusammenhang versteht man unter einer ontologischen Verpflichtung, genau genommen, eine epistemische Verpflichtung auf den Glauben an die Existenz derjenigen Referenzobjekte, denen wir urteilend Eigenschaften zusprechen wollen. Insofern haben wir es mit Korrektheitsbedingungen für solche prädizierenden Urteilsakte zu tun. Sie richten sich an der Kohärenz eines Systems von Überzeugungen aus. Ich kann nicht korrekt urteilen, dass Paula schläft, wenn ich nicht glaube, dass es Paula gibt. Ich sollte 55 56 57
Siehe Strawson (1992: 43). Siehe Strawson (1992: 51) und auch (1992: 35). Strawson (1992: 43). – „If we speak in all seriousness, we must believe that these are such items, or at least one such item.“ (ebd.: 42).
Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität
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nicht behaupten, dass der Regen nachlässt, wenn ich nicht glaube, dass es regnet. „Urteil“ und „Überzeugung“, welche die pragmatische Präsupposition auszeichnen, sind epistemische Begriffe; die dazugehörigen Begriffe der Korrektheit und der urteilsbezogenen ontologischen Verpflichtung sind normativ. Dagegen sind die Begriffe „Proposition“, „Wahrheit“ und „Existenz“, welche eine semantische Präsupposition auszeichnen, und der Begriff der ontologischen Verpflichtung, deren Träger Sätze sind, nichtepistemisch und deskriptiv bzw. nicht-normativ. Nun besteht zwischen der semantischen und der pragmatischen Präsupposition vermutlich keine Spannung.58 Bedeutsam dürfte aber sein, in welcher Relation sie zueinander stehen, und das heißt auch, welche Begriffe wir in einer begrifflichen Ordnung für vorrangig erachten sollten und was daraus ontologisch folgt. Für die begriffliche Priorität der Korrektheit spricht womöglich Folgendes. Mein Urteil, dass Paula schläft, wird nicht dadurch korrekt, dass Paula existiert bzw. dass „Paula existiert“ wahr ist, sondern u. a. dadurch, dass ich glaube, dass Paula existiert. Andernfalls wäre auch ein blindes Urteilen oder glückliches Erraten epistemisch korrekt.59 Nicht die Existenz des Referenten, sondern meine faktische oder hypothetische Überzeugung von seiner Existenz löst die ontologische Verpflichtung ein. Die Korrektheit des Geurteilten (Objekt-Seite der Akt/Objekt-Dichotomie) hängt von der Korrektheit des Urteilsakts ab. So gesehen kommen auch die nichtepistemischen Größen Existenz, Propositionalität und Wahrheit erst dadurch ins Spiel, dass geurteilt wird und dass Ausdrücke referierend gebraucht werden (siehe Fn. 20). Untersucht man die Ordnung begrifflicher Priorität unter diesen Auspizien, so muss man den Begriff der Korrektheit als grundlegend ansehen. Mit Rücksicht auf die Ontologie wäre diese Variante recht schwach. Sie verlangte lediglich, dass man die Existenz bestimmter Entitäten annimmt, wenn man mit einem bestimmten Begriffsap58
59
Siehe Stalnaker (1970: 38). „Although [...] it is persons, and not sentences, that have presuppositions in the primary sense, we may say that a sentence has a presupposition in a derivative sense just in case the use of that sentence would for some reason normally be inappropriate unless the speaker presupposed a particular proposition.“ (Stalnaker, 1973: 451). Man beachte, dass auch „inappropriate“ ein normativer Ausdruck ist. Siehe dagegen Rayo (2007: § 1.3).
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parat referierend operiert. Darin, so scheint es, müssten auch Strawsons Überlegungen münden. Denn, so ist zu erinnern, „[t]he use of concepts […], or their fundamental use, is in judgement, the conscious forming or holding of beliefs about what is the case.“60 De facto denkt sich Strawson die begriffliche Ordnung jedoch geradewegs umgekehrt. Die semantische Präsupposition liefert den Grund für die pragmatische. Dass eine Proposition nicht auf eine substantielle Weise wahr sein kann, wenn der Subjektterm des sie ausdrückenden Satzes nicht referiert, ist ein Grund zu glauben, ein solcher Referent existiere.61 Dieser Auffassung gemäß gehen ontologischen Verpflichtungen, so wie Sätze sie mit sich führen, solchen, deren Träger Urteile bzw. Behauptungen sind, voraus. If I say ‚Someone smiles‘ or if I say ‚Everyone who smiles is happy‘, the presumption is that I in each case believe in the existence of at least one smiling person; for, if there where no such person, what I say could not be true or at least, in the second case, could not be true except vacuously.62
So betrachtet, wären die nicht-epistemischen Begriffe der Proposition und der Wahrheit und die Begriffe raum-zeitlicher Dinge grundlegend. Deren erfolgreich referierender Gebrauch lässt einen Satz einen wahrheitswertfähigen Gehalt ausdrücken. „[I]f we say something of the form, ‚For some x, x is such-and-such‘ – our assertion can be true only if there exists in fact some object or other which is such-and-such.“63 In diesem Fall steht „assertion“ für das Behauptete bzw. Geurteilte (ohne behauptende Kraft), nicht für den Akt des Behauptens. Strawsons Weg von der Logik zur Metaphysik führt somit vom Urteilsakt zu dessen (propositionalem) Objekt und den Gegenständen, von denen es handelt, als dem begrifflich Vorrangigen und ontologisch Primären. Letzteres gilt als Möglichkeitsbedingung (der Struktur) unseres Denkens und Redens über die Welt. Diese Auffassung dürfte stärkere ontologische Annahmen mit sich bringen. Das Präsup60 61
62 63
Strawson (1992: 51). Siehe auch: „[T]hat a proposition is presupposed by a sentence in the technical semantic sense provides a reason for requiring that it be presupposed in the pragmatic sense whenever the sentence is used.“ (Stalnaker, 1973: 452). Strawson (1992: 43). Strawson (1992: 42).
Begriffliche Ordnung & ontologische Priorität
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ponierte muss für einen erfolgreichen Begriffsgebrauch wirklich (in der Tat, tatsächlich etc.) existieren.
6.
Schluss: Ontologie und Emphase
Überlegungen zum Begriff der begrifflichen Ordnung, seiner Adaption für ein Verknüpfungsmodell der Begriffsanalyse und zu Strawsons Vorschlag, wie Begriffe ihrer Priorität nach geordnet werden können, haben uns auf Ambiguitäten im Gebrauch der Ausdrücke „Präsupposition“ und „ontologische Verpflichtung“ aufmerksam gemacht. Eine korrelierende Mehrdeutigkeit zeigte sich im Gebrauch des Ausdrucks „Urteil“ (judgement). „Urteil“ kann den Urteilsakt, aber auch die damit geurteilte Proposition meinen. Eine Proposition muss semantisch voraussetzen, dass der Subjektterm des sie ausdrückenden Satzes referiert. Die Existenz des Referenten ist Möglichkeitsbedingung der Propositionalität der Proposition. Hier haben wir es mit einer nicht-epistemischen ontologischen Verpflichtung zu tun. Dagegen muss, wer urteilt, pragmatisch voraussetzen zu glauben, dass dasjenige, dem urteilend eine Eigenschaft zugesprochen wird, existiert. Diese Überzeugung zu haben, ist keine Möglichkeitsbedingung für die Propositionalität des Urteilsgehalts, sondern eine epistemische Korrektheitsbedingung des Urteilsakts. Sie richtet sich an der Kohärenz eines Überzeugungssystems aus.64 Während sich vermutlich durchweg entscheiden lässt, ob die Korrektheitsbedingungen für einen Urteilsakt erfüllt sind, dürfte es oftmals schwierig sein festzustellen, ob präsupponierte Objekte existieren oder ob eine präsupponierte Proposition wahr ist. Dies ist für eine Theorie, für die Logik, Erkenntnistheorie und Ontologie lediglich drei Aspekte ein und derselben Untersuchung sind (siehe Fn. 22), von Bedeutung. Antiskeptische Argumente legen zwar dar, dass unsere Überzeugungen nicht allesamt irrig sein können. Daher kann unser Begriffssystem nicht so beschaffen sein, dass unsere Begriffe beim exemplifizierenden Gebrauch niemals referieren. Einige müssen referieren, damit der Skeptiker seine referenzkritische
64
Inwieweit dieser Punkt von Strawson (1992) in Kapitel 7 „Truth and Knowledge“ reflektiert wird, wird hier nicht mehr untersucht und muss einer weiterführenden Untersuchung vorbehalten bleiben.
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Position formulieren kann.65 Das Problem ist jedoch, dass wir nicht wissen, welche es sind. Strawson versichert allerdings, dass die Welt selbst, wenn nicht im Detail, so doch im Großen und Ganzen, nämlich kategorial dafür sorgt, dass unser Begriffssystem richtig und die Ordnung der Begriffe vorgegeben ist. So würden materielle Körper selbst dafür sorgen, dass wir ein Begriffssystem besitzen, das Begriffe für materielle Körper und diejenigen von Raum und Zeit enthält.66 [T]he behavior of things is the foundation of our conceptual structure. […] I hold this thesis simply because I think that if things were different, then our language would be different, and this fact seems to me a valid indication, if not a decisive proof, of the interaction in question.67
Soweit unsere faktische Begriffsstruktur und eine Minimalstruktur möglicher Erfahrung dies zulasse, fordert Strawson uns auf, mögliche nichtwirkliche Welten zu imaginieren, in denen bestimmte Erfahrungen nicht gemacht werden könnten. In ihnen ließen sich entsprechende Begriffe nicht exemplifizieren und würden vermutlich gar nicht ausgebildet.68 Doch ist unklar, ob derartige Gedankenexperimente das kontrafaktische Konditional „if things were different, then our language would be different“ stützen würden, dessen Kontraposition besagt, dass die Welt so ist, wie sie ist, wenn unsere Sprache bzw. unser Begriffssystem so ist, wie es ist. Weder mittels antiskeptischer Argumente noch mittels dieses Konditionals kann 65 66
67 68
Siehe Strawson (1959: 35). „[A] unitary spatio-temporal frame work of four dimensions […] is not something extraneous to the objects in reality we speak about. […] Material bodies constitute the framework. Hence, given a certain general feature of the conceptual scheme we possess, and given the character of the available major categories, things which are, or possess, material bodies must be the basic particulars.“ (Strawson, 1959: 39) – „[D]istinctions of ontological category are found to lie at the basis of logic.“ (Strawson, 1974/2004: ix). – „Suppose […] that we are naturally disposed to think of the individual particular, with a place of its own in space and time, as the very paradigm or model of the genuinely existent, the real.“ (Strawson, 1992: 58). Strawson (1967b: 325); siehe auch Strawson (1967a: 317). Siehe Strawson (1992: 22, 26); siehe auch Strawson (1966: 15) und (1967a: 317).
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eine komplette Strukturharmonie zwischen Logik und Metaphysik nachgewiesen werden. Sie zeigen im besten Fall nicht mehr als die Unmöglichkeit, eine komplette Strukturdisharmonie intelligibel zu machen. Vermutlich ist jedoch bereits der Begriff einer kompletten Strukturdisharmonie ein Unding. Nicht erst in diesem Zusammenhang nimmt Strawsons Bestimmung des begrifflich und ontologisch Vorrangigen emphatische Züge an:69 Ontologische Prädikate wie „real“ oder „actual“ werden dabei nicht kritisch, nämlich zur Unterscheidung zwischen Sein und Schein, sondern gleichsam absolut gebraucht. Ontologische Emphasen erklären nicht, sondern betonen und beharren sprachlich auftrumpfend auf der Existenz in Rede stehender Referenzobjekte. Der deskriptive Ontologe wehrt damit nicht bloß die revisionäre Metaphysik ab, sondern wird Fürsprecher des wirklich Existierenden, „of the genuinely existent, the real“.70 Emphasen des Wirklichen finden sich bei Strawson an drei Positionen. Erstens stoßen wir auf sie, wenn es darum geht, wie wir wirklich, nämlich ernsthaft („serious“,71 „seriously“72 und „in all seriousness“73) urteilen. Zwar lassen sich diese Wendungen auch als Abkürzung für die Erfülltheit von Korrektheitsbedingungen des Urteilens deuten. Doch spricht einiges dafür, sie als ontologische Emphatika zu lesen. Denn wir erfahren, dass zur Ernsthaftigkeit gehört, nicht nur verpflichtet, sondern wirklich verpflichtet (really committed) zu sein, dasjenige schlechterdings (absolutely) für ein existierendes Referenzobjekt zu halten,74 wovon wirklich (truly) etwas ausgesagt werden können soll.75 Der sprachliche Nachdruck setzt sich zweitens fort, wenn bestimmt wird, welches unser wirkliches Begriffsschema ist.76 Er tritt schließlich drittens bei der Rede über wirkliche 69
70 71 72 73 74 75 76
Diese Spezialität ontologischer Rede reicht bis zu ihren Anfängen zurück. Siehe z. B. Platon, Phaidros 247c,e (Ł÷ Ł÷üþÏ) und Politeia X 597d. Strawson (1992: 58). Strawson (1992: 44). Strawson (1992: 43). Strawson (1992: 42). Strawson (1992: 58). Siehe Strawson (1992: 48). „[O]ur conceptual structure, as it exists in fact“ (Strawson, 1992: 27); „the conceptual structure we actually have“ (ebd.: 57); „our existing equipment of
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Möglichkeits- und Wahrheitsbedingungen von Propositionen und selbst noch auf Seiten des Wirklichen wieder auf.77 Doch dürfte Strawson mit diesen Formulierungen zwar rhetorisch, nicht aber in der Sache über das hinausreichen, was auch Korrektheitsbedingungen als ontologische Verpflichtungen einfordern würden.*
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77
*
ideas“ (ebd.: 34); „how we actually conceive the world to be, or what our basic ontology (our working ontology) actually is“ (ebd.: 35); „the most general categories of things which we in fact treat as objects of reference“ und „the most general types of predicates which we employ in fact in speaking of them“ (ebd.: 47). „[O]nly if there exists in fact some object or other“ (Strawson, 1992: 42); „only on condition that such an object or person exists in fact“ (ebd.: 42); „the genuinely existent, the real“ (ebd.: 58). Für kritische Kommentare zu früheren Fassungen dieses Beitrags danke ich Andreas Graeser, Karl Mertens, Hartmut Westermann und den Herausgebern dieses Bands.
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Ontologische Argumente Silvan Imhof
1.
Deskriptive Metaphysik und transzendentale Argumente
Individuals gilt als Versuch der Rehabilitierung der Metaphysik. Während Sinn und Möglichkeit metaphysischer Untersuchungen im Anschluss an den linguistic turn in weiten Kreisen in Frage gestellt wurden, glaubte Strawson, im Rahmen analytischen Philosophierens metaphysische Einsichten gewinnen zu können.1 Strawsons Ausführungen darüber, was es heißt, mit analytischen Mitteln Metaphysik zu betreiben, sind recht knapp.2 Im Vorwort zu Individuals bezeichnet er sein Projekt als „deskriptive Metaphysik“ („descriptive metaphysics“) im Gegensatz zur „revisionären“ („revisionary“). Während die letztere unsere alltägliche Begriffsstruktur für mangelhaft halte und eine tauglichere Alternative vorschlagen wolle, gehe es bei der ersteren darum, „to describe the actual structure of our thought about the world“.3 Der Absicht und der Art nach unterscheide sie sich nicht von einer „philosophical, or logical, or conceptual analysis“.4 Anders als diese beschäftige sich deskriptive Metaphysik jedoch nicht mit der Untersuchung partikulärer alltagssprachlicher Gebrauchsweisen, vielmehr hat sie zum Ziel, die allgemeinsten Züge unseres Begriffssystems freizulegen. Strawson lehnt sich dabei an Kants Vorgehen an: Das Projekt der deskriptiven Metaphysik befasst sich damit, die allgemeinsten Züge unserer begrifflichen Struktur zu beschreiben und deren Voraussetzungen – die Be-
1 2
3 4
Siehe dazu Hacker (2003: Abschnitte I und II). Ausführlicheres zur Methode findet sich erst in Analysis and Metaphysics, wo ein „connective model“ gegen ein „reductive or atomistic model“ der Begriffsanalyse in Vorschlag gebracht wird (Strawson, 1992: 21). Inwieweit dies auf Strawsons früheres Werk übertragbar ist, lasse ich hier dahingestellt sein. Strawson (1959: 9). Strawson (1959: 9).
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Silvan Imhof
dingungen ihrer Möglichkeit – zu bestimmen.5 Zu diesen gehören nicht zuletzt auch ontologische Voraussetzungen. Auf das Stichwort „transzendentale Argumente“, das in diesem Zusammenhang auch bei Strawson beiläufig fällt,6 entwickelte sich eine langwierige Debatte. Die Kritiker transzendentaler Argumente bestreiten insbesondere, dass solche Argumente zu ontologischen Schlussfolgerungen führen können. Am prominentesten ist Strouds Einwand in Transcendental Arguments: An examination of some recent attempts to argue in analogous fashion suggests that, without invoking a verification principle which automatically renders superfluous any indirect argument, the most that could be proved by a consideration of the necessary conditions of language is that, for example, we must believe that there are material objects and other minds.7
Der Kern der Kritik liegt darin, dass ein transzendentales („indirect“) Argument zwar womöglich einen begrifflichen Zusammenhang zwischen der Anwendung von bestimmten Begriffen (Begriffen einer bestimmten Kategorie) und der Existenz bestimmter Dinge (von Dingen einer bestimmten Kategorie) zu etablieren vermag, etwa von der Art: Wenn es keine Dinge der Kategorie D gibt, dann gibt es keine Anwendung von Begriffen der Kategorie B. Daraus kann aber unmittelbar kein Argument, das die Exis5
6 7
Diese Herangehensweise wurde als „analytische Transzendentalphilosophie“ (Aschenberg, 1982: 30 ff.) oder „analytic Kantianism“ (Glock, 2003) bezeichnet. Strawsons kantianischer Einschlag liegt in Individuals nicht an der Oberfläche, tritt aber in The Bounds of Sense klar hervor. Für wie ausgeprägt Strawsons Kantianismus einzuschätzen ist, hängt davon ab, was man für den Kern der Transzendentalphilosophie hält. Gehört z. B. der transzendentale Idealismus wesentlich dazu, ist Strawson kein echter Kantianer (dazu mehr in Abschnitt 3.2). Zu Strawsons Verhältnis zu Kant siehe u. a. Bird (2003) und Glock (2003). In Individuals fällt es gerade einmal; siehe Strawson (1959: 40). Stroud (1968: 256). – Ich führe hier nur Stroud an, auf den sich Strawson in Skepticism and Naturalism (1985: 21-23) bezieht. Die Diskussion um transzendentale Argumente ist zu breit, als dass ihr hier auch nur annähernd Rechnung getragen werden könnte. Einen Überblick über die frühe Auseinandersetzung gibt Aschenberg (1978), über den neueren Stand gibt Grundmann (2004) Auskunft. Die Kritik an transzendentaler Argumentation ist in dieser Form nicht neu, so bringt z. B. bereits G. E. Schulze (1792/1996: 98-129) Einwände derselben Art gegen die kantische Philosophie vor.
Ontologische Argumente
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tenz von Dingen der Kategorie D beweist, ein Existenzbeweis, gewonnen werden. Für einen solchen Beweis muss eine zusätzliche Prämisse P2 in Anspruch genommen werden: P1
Wenn es keine Dinge der Kategorie D gibt, dann gibt es keine Anwendung von Begriffen der Kategorie B.
P2
Es gibt eine Anwendung von Begriffen der Kategorie B.
C
Es gibt Dinge der Kategorie D.
Die Zusatzprämisse P2 müsste ihrerseits durch ein Kriterium oder ein Brückenprinzip gestützt werden, aufgrund dessen gesagt werden könnte, ob die fraglichen Begriffe auf die fraglichen Dinge zutreffen.8 Stünde ein solches zur Verfügung, würde jedoch das transzendentale Argument, welches P1 etabliert, überflüssig: Wenn gesichert ist, ob ein Begriff auf einen Gegenstand zutrifft, steht damit die Existenz dieses Gegenstandes bereits fest. Transzendentale Argumente sind also, so der Einwand, im Hinblick auf ontologische Konklusionen wie C entweder überflüssig oder unzureichend. Das liegt daran, dass ein Existenzbeweis verlangt, dass Begriffe faktisch, d. h. erfolgreich, angewendet werden, ein transzendentales Argument für sich genommen aber die Faktizität der Begriffsanwendung nicht erweisen kann. Daraus wird die Konsequenz gezogen, dass aus einem transzendentalen Argument, für sich genommen, keine ontologischen Folgerungen gewonnen werden können, sondern nur doxastische Aussagen über ontologische Annahmen von der Art: Wenn wir Begriffe der Kategorie B anwenden, müssen wir annehmen, dass es Dinge der Kategorie D gibt. Eine analytische, kantianisch orientierte Metaphysik wie jene Strawsons kann demzufolge keine Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Welt erzielen, sondern nur über Überzeugungen über die Beschaffenheit der Welt, die wir haben müssen, wenn wir mit Begriffen operieren. 8
Siehe Stroud (1968: 247). – Als Brückenprinzip kommt nicht nur ein Verifikationsprinzip in Frage, sondern auch eine modale Stärkung des in P1 formulierten begrifflichen Zusammenhangs als strikte Implikation. Weil auch dazu zusätzliche Argumente bzw. Prämissen nötig wären, habe ich P1 nicht modal formuliert. Für eine Übersicht über die möglichen Formen transzendentaler Argumente und ihre jeweiligen Probleme siehe Stern (2000: v. a. Abschnitt 0.2 und Kapitel 2).
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Strawson akzeptiert diese Kritik in Skepticism and Naturalism und will sich mit der Untersuchung der doxastischen Implikationen unseres Begriffssystems begnügen: So, even if we have a tenderness for transcendental arguments, we shall be happy to accept the criticism of Stroud and others that either such arguments rely on an unacceptably simple verificationism or the most they can establish is a certain sort of interdependence of conceptual capacities and beliefs: e. g., as I put it earlier, that in order for the intelligible formulation of skeptical doubts to be possible or, more generally, in order for self-conscious thought and experience to be possible, we must take it, or believe, that we have knowledge of external physical objects or other minds.9
Damit konvertiert Strawson von der Position der deskriptiven Metaphysik zu einem „catholic or liberal naturalism“10 und nimmt die metaphysischen Ansprüche von Individuals und The Bounds of Sense zurück. Diese naturalistische Wende wurde als unnötige Preisgabe des Potenzials transzendental-analytischen Argumentierens kritisiert.11 Mir wird es im Folgenden aber nicht um eine Verteidigung transzendentaler Argumente gehen, sondern um die Verteidigung des Argumentationsverfahrens der deskriptiven Metaphysik. Das soll heißen, dass dieses Verfahren meines Erachtens nicht oder wenigstens nicht ausschließlich auf der einfachen Argumentform beruht, gegen die sich die Kritik richtet. Es scheint mir nicht der Fall zu sein, dass jene Argumente Strawsons, die üblicherweise als transzendental angesehen werden, nur darin bestehen, Konditionale wie P1 oder Reihen von Konditionalen zu etablieren.12 Vielmehr stellt die deskriptive Metaphysik ein komplexes, mehrstufiges Verfahren zur Beurteilung ontologischer Thesen dar, das ich in Abschnitt 2 rekonstruieren werde: Aus der Analyse der allgemeinsten Züge unseres Sprechens und Denkens über Dinge folgen zu9
10 11 12
Strawson (1985: 21). – Dieselbe Haltung gegenüber transzendentalen Argumenten nehmen unter anderen auch Rorty (1971), Stroud (1994) und (1999) und Hacker (2003) ein. Den Autoren ist gemeinsam, dass sie die Argumentationsweise hinsichtlich der Freilegung begrifflicher Strukturen für fruchbar halten, auch wenn sie nicht zu ontologischen, sondern nur zu doxastischen Ergebnissen führt. Strawson (1985: 1). Siehe z. B. Putnam (1998) oder Stern (2003: 224-228). Eine derartige Beschreibung gibt z. B. auch Harrison (1989: 49).
Ontologische Argumente
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nächst allgemeine restriktive Bedingungen für die Ontologie, anhand derer dann konkrete ontologische Thesen geprüft werden können.13 Sofern diese Rekonstruktion tragfähig ist, trifft auch das folgende Merkmal transzendentaler Argumente, über das ein breiter Konsens besteht, auf Strawsons Verfahren nicht zu: Transzendentale Argumente richten sich primär und direkt gegen skeptische Positionen und haben vorrangig den Nachweis dessen zum Ziel, was der Skeptiker bezweifelt.14 Aus dieser Einschätzung ergibt sich die Forderung, dass transzendentale Argumentation, wenn sie das primäre Ziel erreichen soll, zu Existenzbeweisen führen muss – was, so der Stroud’sche Einwand, nicht möglich ist. Daraus wird die Konsequenz gezogen, dass transzendentale Argumente im besten Fall doxastische Aussagen begründen können. In Abschnitt 3.1 werde ich dagegen an Strawsons Kritik einer idealistischen Ontologie demonstrieren, dass die Argumentationsweise der deskriptiven Metaphysik primär nicht auf die Widerlegung skeptischer Positionen zielt, sondern auf die Beurteilung positiver ontologischer Thesen. Es stellt sich heraus, dass die deskriptive Metaphysik erstens nicht nur zu doxastischen, sondern zu ontologischen Ergebnissen führt, dazu zweitens keine Existenzbeweise benötigt und dass drittens die ontologischen Ergebnisse dennoch, aber nur indirekt, antiskeptisch nutzbar gemacht werden können. Der zentrale Kritikpunkt ist der, dass mit transzendentalen Argumenten ontologisch nichts zu gewinnen ist, wenn nicht zusätzliche Brückenprinzipien ins Feld geführt werden. Dieser Punkt betrifft aber nicht nur die ontologische Leistungsfähigkeit transzendentaler Argumente im Besonderen, sondern diejenige begriffsanalytischer Argumente im Allgemeinen.15 Das Verfahren der deskriptiven Metaphysik mag weder die Form noch die 13
14
15
Ich werde diese Stufen gegenüber Strawsons eigenen Ausführungen oder auch Künnes (1984) Rekonstruktion deutlicher auseinanderhalten. Dem Konsens entspricht z. B. Bird (2003: 68-74), wenn er zum Urteil kommt, Kants Projekt sei nur indirekt gegen den Skeptizismus gerichtet, d. h., nur sofern dieser mit einem empiristischen Idealismus Hume’scher Prägung verbunden ist, gegen den Kant direkt argumentiert. Demgegenüber sei Strawsons deskriptive Metaphysik unmittelbar antiskeptisch. Gegen diese Einschätzung spricht sich Glock (2003: 21 f.) aus. „It would be absurd to argue from conceptual connections in thought to existential truths about the world […].“ (Hacker, 2003: 60).
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primär antiskeptische Ausrichtung mit transzendentalen Argumenten gemein haben. Soweit es aber auf der Analyse begrifflicher Zusammenhänge basiert, kann immer noch eingewendet werden, es könne nur Aussagen über die mit der Verwendung bestimmter Begriffe verbundenen ontologischen Überzeugungen erbringen, also nur doxastische und nicht ontologische Aussagen. Dies ist der Einwand, den Strawson in Skepticism and Naturalism akzeptiert. Die daraus resultierende Position ist aber in entscheidenden Aspekten verwandt mit dem transzendentalen Idealismus Kants, den Strawson in The Bounds of Sense als „disastrous model“16 kritisiert. Ich werde in Abschnitt 3.2 auf der Grundlage dieser Kritik – gewissermaßen mit Strawson gegen Strawson – zeigen, dass die Stroud’sche Konsequenz vom Standpunkt der deskriptiven Metaphysik nicht akzeptiert werden muss.
2.
Das Verfahren der deskriptiven Metaphysik
2.1
Die allgemeinsten Züge unseres Begriffssystems
Das Ziel der deskriptiven Metaphysik ist die Bestimmung der allgemeinsten Züge unseres Begriffssystems und der Voraussetzungen, unter denen diese allgemeinsten Züge möglich sind. Für Strawson ist der grundlegende Zug unseres Sprechens und Denkens das Feststellen von Tatsachen, das Etwas-über-etwas-Sagen bzw. Etwas-von-etwas-Denken. Dies geschieht durch Prädikation, die Anwendung von Begriffen oder Prädikaten, wodurch einem Gegenstand etwas zugeschrieben wird. Das Tatsachenfeststellen weist eine spezifische Struktur auf, welche durch die unterschiedliche Funktion zweier Elemente charakterisiert ist: Das eine Element – das Prädikat – bestimmt, was festgestellt wird, das andere – das Subjekt –, worüber etwas festgestellt wird.17 Wenn das, was über etwas festgestellt wird, auf das, worüber etwas festgestellt wird, zutrifft, ist eine Tatsache festge-
16 17
Strawson (1966: 21). Siehe dazu Strawson (1959: 139 ff.). – Die Begründung der Differenz von Subjekt und Prädikat (u. a. in Teil II von Individuals) ist für Strawson entscheidend. Ob er dieses Ziel erreicht, kann bestritten werden, eine Kritik an Strawsons Analyse stellt aber nicht grundsätzlich sein Analyseverfahren in Frage.
Ontologische Argumente
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stellt. Bezug und Prädikation sind somit die zentralen Begriffe, wenn es um die Analyse unseres Begriffssystems geht. Begriffe sind in diesem Sinne anwendbar, wenn über bestimmte einzelne Gegenstände (particulars) die Frage gestellt werden kann, ob ein Begriff auf diese Gegenstände zutrifft oder nicht. Dazu muss klar sein, von welchen Gegenständen die Rede ist. Die Anwendbarkeit von Begriffen setzt demnach den Bezug des Subjektelements voraus und dies wiederum, dass die Bezugsgegenstände identifiziert werden können. Dazu ist es einerseits erforderlich, dass in einer Situation ein Gegenstand unter anderen Gegenständen eindeutig identifizierbar ist, entweder durch direkte demonstrative Lokalisierung oder durch eine individuierende Beschreibung.18 Andererseits muss es möglich sein, sich in verschiedenen Situationen auf denselben Gegenstand als denselben zu beziehen. Bezugsgegenstände müssen trotz möglicher qualitativer Verschiedenheit in verschiedenen Situationen reidentifiziert werden können.19 Die Identifizierbarkeit des Bezugsgegenstandes ist eine zunächst allgemeine und schwache Bedingung dafür, dass erfolgreiche Prädikation überhaupt möglich ist. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass ein Bezugsgegenstand in einer bestimmten Situation faktisch identifiziert ist. Es wird nur gefordert, dass es im Prinzip möglich sein muss, den Bezugsgegenstand zu identifizieren, dass es nicht bereits zum vornherein ausgeschlossen ist, dass der fragliche Gegenstand identifiziert werden kann.20 Das heißt, auch die Frage, ob der Bezugsgegenstand existiert, braucht nicht faktisch entschieden zu sein. Als Voraussetzung der Begriffsanwendung ist es also notwendig, die Existenz eines im Prinzip identifizierbaren Bezugsgegenstandes anzunehmen, aber nicht, dass der Gegenstand existiert und erfolgreich identifiziert ist. 18 19
20
Siehe Strawson (1959: 17-23). Siehe Strawson (1959: 31-36). – Mit „Identifikation“, „identifizieren“ usw. ist im Folgenden individuierende Identifikation plus Reidentifikation gemeint. So dürfte es zwar in unserer gegenwärtigen Situation nicht möglich sein, den größten Neandertaler zu identifizieren. Trotzdem ist die Aussage „Der größte Neandertaler war 1.63 m groß“ eine zulässige Prädikation, da es im Prinzip möglich ist, unter allen Neandertalern den größten zu identifizieren. Dagegen ist die Identifizierbarkeit z. B. bei Nicolaus’ von Cues deus absconditus grundsätzlich ausgeschlossen; siehe Nicolaus von Cues (1514: 207).
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Dies sind alles Aussagen über unser Begriffssystem und über notwendige Existenzannahmen im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Prädikation. Es ist offensichtlich, dass man aus dem analytischen Zusammenhang zwischen der Möglichkeit der Prädikation und der Annahme identifizierbarer Gegenstände keine Existenzbeweise erhält. Da nämlich die Faktizität des Bezugs bzw. der Identifikation des Gegenstandes nicht gegeben und auch nicht notwendig ist, müsste diese unabhängig unter Anwendung eines Verifikations- oder Brückenprinzips etabliert werden, wodurch die Existenz des Bezugsgegenstands unmittelbar gesichert wäre. Entscheidend ist aber, dass die Bedingung der prinzipiellen Identifizierbarkeit der Bezugsgegenstände eine Restriktion dessen darstellt, was als existierend angenommen werden kann: Da Bezug Identifikation voraussetzt, müssen im Prinzip identifizierbare Gegenstände angenommen werden. 2.2
Anforderungen an die Gegenstände
Die Möglichkeit erfolgreichen Bezugs setzt die Annahme prinzipiell identifizierbarer Gegenstände voraus. Gegenstände sind aber nur dann identifizierbar, wenn sie bestimmte Charakteristika aufweisen. Dazu gehört, dass sie aufgrund ihrer Eigenschaften unterscheidbar sind,21 dass jeder einzelne Gegenstand in einer bestimmten Situation in einer einzigartigen Beziehung zu anderen Gegenständen steht22 und dass diese Eigenschaften und Relationen relativ stabil sind und sich relativ regelmäßig verändern.23 Aufgrund dieser Merkmale konstituieren Gegenstände ein Relationssystem, innerhalb dessen sie individuierbar und reidentifizierbar sind. Damit das Tatsachenfeststellen möglich ist, muss es mindestens eine Kategorie von Gegenständen geben, welche diese Anforderungen erfüllen. Diese Gegenstände sind grundlegende Einzeldinge (basic particulars): Ihre Identifikation ist direkt, unabhängig von der Identifikation von Gegenständen anderer Kategorien möglich; umgekehrt erlaubt die Identifikation grundlegender Einzeldinge die indirekte Identifikation von Gegenständen
21 22 23
Siehe Strawson (1959: 18 f.). Siehe Strawson (1959: 22). Siehe Strawson (1959: 39 und 53).
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anderer Kategorien, die nicht grundlegend sind. Grundlegende Einzeldinge sind in diesem Sinn ontologisch primär.24 Es handelt sich hier nun zwar um ontologische Anforderungen, um Anforderungen an Gegenstände: Sie geben Eigenschaften derjenigen Dinge an, welche als Gegenstände identifizierenden Bezugs in Frage kommen. Es sind nicht mehr Aussagen über das Tatsachenfeststellen, sondern Aussagen über die Gegenstände des Tatsachenfeststellens, die aus der restriktiven Bedingung für Existenzannahmen folgen. Dass nur prinzipiell identifizierbare Gegenstände angenommen werden können, heißt nichts anderes, als dass nur die Existenz solcher Gegenstände angenommen werden kann, welche entweder direkt identifizierbar, d. h. grundlegend sind oder welche auf der Basis der Identifikation grundlegender Einzeldinge identifiziert werden können. Im Hinblick auf einen Existenzbeweis ist damit nach wie vor nichts erreicht: Es genügt, wenn die Existenz mindestens einer Kategorie von Gegenständen angenommen wird, welche die ontologischen Anforderungen an grundlegende Einzeldinge erfüllen. Diese Annahme garantiert aber nicht die Faktizität der Identifikation und entsprechend auch nicht die Existenz der als grundlegend angenommenen Gegenstände. Dennoch ist die Restriktion von Existenzannahmen auf eine Weise konkretisiert, die es erlaubt, ontologische Thesen zu beurteilen. Denn identifizierende Bezugnahme kann nur dann erfolgreich sein, wenn es mindestens eine Kategorie direkt identifizierbarer Gegenstände gibt. Gibt es einer ontologischen These gemäß nicht mindestens eine Kategorie derartiger Gegenstände, folgt aus ihr unmittelbar aufgrund der analytischen Zusammenhänge, dass es unmöglich ist, dass wir jemals faktisch auf etwas Bezug nehmen. Nach einer solchen These wäre das Tatsachenfeststellen unmöglich, und zwar prinzipiell unmöglich. Es wäre nicht nur so, dass die Faktizität des Bezugs in jedem einzelnen Fall ungewiss wäre, sondern es wäre gewiss, dass faktisch nie Bezug stattfindet. Anders gesagt: Der Bezug müsste nicht nur in jedem einzelnen Fall zusätzlich verifiziert werden, sondern es wäre zum vornherein ausgeschlossen, dass der Bezug verifizierbar ist. Ontologische Thesen, denen gemäß es nicht mindestens eine
24
Siehe Strawson (1959: 17, 38 f. und 59).
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Kategorie grundlegender Einzeldinge gibt, können somit zurückgewiesen werden – so z. B. die These des ontologischen Idealismus (Abschnitt 3.1). 2.3
Gegenstände, welche die Anforderungen erfüllen
Strawsons restriktive Bedingungen können ontologisch nur sehr beschränkt nutzbar gemacht werden. Über Existenz oder Nichtexistenz nicht-direkt identifizierbarer Gegenstände kann keine generelle These aufgestellt werden, insbesondere keine in dem Sinn reduktionistische, dass eigentlich nur die grundlegenden, direkt identifizierbaren Gegenstände existieren. Zwar gilt, dass nicht-direkt identifizierbare Gegenstände die Existenz direkt identifizierbarer Gegenstände voraussetzen. Das heißt jedoch nur, dass sie nicht grundlegende Einzeldinge sein können und dass sie hinsichtlich ihrer Identifikation von der Existenz grundlegender oder grundlegenderer Gegenstände abhängig sind.25 Ebenso wenig steht die Existenz oder Nichtexistenz direkt identifizierbarer Gegenstände fest. Die Anforderungen sind zwar Anforderungen an Gegenstände, deren Existenz beim Tatsachenfeststellen angenommen werden kann, das bedeutet aber nur, dass keine Gegenstände angenommen werden dürfen, von denen zum vornherein, aus begrifflichen Gründen, feststeht, dass sie nicht identifizierbar sind. Man kann sich viele Kategorien von Gegenständen denken, die im Prinzip identifizierbar sind, die als grundlegende Einzeldinge in Frage kommen und deren Existenz deshalb angenommen werden kann, ohne dass festzustehen braucht, dass es auch tatsächlich Gegenstände von irgendeiner dieser Kategorien gibt. Dazu müsste erst zusätzlich deren Identifikation faktisch gesichert sein. Innerhalb des Projekts der deskriptiven Metaphysik kann allerdings die Auswahl an Kandidaten für grundlegende Einzeldinge etwas eingeschränkt werden: Da unsere Begriffsstruktur untersucht werden soll, ist die Auswahl auf jene Kategorien von Gegenständen eingegrenzt, von denen unser alltägliches Denken und Sprechen über die Welt handelt. Welche Klassen von Gegenständen verfügbar sind, hängt von unseren kontingenten begrifflichen Ressourcen ab. Die Frage ist also, welche Gegenstände für uns die Rolle der ontologisch primären Dinge übernehmen können. Von allen Kategorien von Gegenständen, für die wir Begriffe haben, muss min25
Siehe Strawson (1959: 59).
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destens eine den ontologischen Anforderungen genügen, wenn die Überzeugung, dass wir überhaupt über irgendetwas reden oder denken, nicht zum vornherein ungerechtfertigt sein soll. Im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Kants transzendentalem Idealismus in Abschnitt 3.2 sei bereits hier darauf hingewiesen, dass die Rede davon, welche Gegenstände für uns grundlegend sind, zwar eine Relativierung der Ontologie auf unser Begriffssystem markiert. Anders als bei Kant werden damit aber nicht zwei Wirklichkeiten voneinander abgegrenzt: eine Wirklichkeit für uns, die durch unser Begriffssystem konstituiert und deshalb ontologisch von diesem abhängig ist, von einer Wirklichkeit an sich, welche zwar ontologisch unabhängig ist, auf welche Begriffe jedoch prinzipiell nicht angewendet werden können. Vielmehr betrifft die Relativierung hier die Frage, wieweit die Wirklichkeit mit unserem kontingenterweise beschränkten Begriffssystem erfasst werden kann. Dies hängt davon ab, welche Gegenstände im Rahmen dieses Begriffssystems direkt identifiziert werden und folglich die Rolle grundlegender Einzeldinge übernehmen können. Strawson zufolge sind für uns zwei Kategorien von Gegenständen grundlegend: materielle Körper und Personen.26 Materielle Körper sind deshalb grundlegend, weil sie aufgrund ihrer intrinsischen Eigenschaften, ihrer Räumlichkeit und Zeitlichkeit, genügend reichhaltige Beziehungen untereinander aufweisen, um ein Relationssystem zu bilden, innerhalb dessen jeder einzelne Körper (unter den in Abschnitt 2.2 genannten Bedingungen) identifiziert werden kann. Das trifft zwar nicht nur auf materielle Körper zu, sondern auch auf weitere Kategorien raum-zeitlicher Gegenstände wie Ereignisse, Prozesse, Zustände und Bedingungen. Strawson meint aber zeigen zu können, dass die Identifikation von Gegenständen dieser Kategorien die Identifikation materieller Körper voraussetzt und
26
Auf die Kategorie der Personen werde ich nicht eingehen. Es sei nur bemerkt, dass Personen deshalb grundlegend sein können, weil sie auch materielle Körper sind bzw. haben, und dass sie deshalb grundlegend sein müssen, weil ansonsten geistige Prädikate nicht zugeschrieben werden könnten; siehe das Kapitel „Persons“ in Individuals.
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dass sie deshalb ontologisch sekundär sind,27 so dass er zum Schluss kommt: The only objects which can constitute it [the unitary spatio-temporal framework] are those which can confer upon it its own fundamental characteristics. That is to say, they must be three-dimensional objects with some endurance through time. They must also be accessible to such means of observation as we have; and, since those means are strictly limited in power, they must collectively have enough diversity, richness, stability and endurance to make possible and natural just that conception of a single unitary framework which we possess. […] Hence, given a certain general feature of the conceptual scheme we possess, and given the character of the available major categories, things which are, or possess, material bodies must be the basic particulars.28
Mittels des Verfahrens der deskriptiven Metaphysik kann also von bestimmten Kategorien von Gegenständen – materiellen Körpern und Personen – gezeigt werden, dass sie aufgrund ihrer Eigenschaften identifizierbar sind und für uns die Rolle grundlegender Einzeldinge übernehmen können. Sie erfüllen die ontologischen Anforderungen, die sich aus der Analyse der Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens ergeben haben. Damit ist die Annahme der Existenz materieller Körper und Personen soweit gerechtfertigt und die ontologische These, dass solche Gegenstände existieren, ist vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Tatsachenfeststellens konsistent, d. h. nicht falsch. Bewiesen ist sie allerdings nicht.
3.
Widerlegung des Idealismus
Strawsons Argumente können zeigen, dass materielle Körper oder zumindest eine Kategorie raum-zeitlicher Gegenstände Kandidaten für grundlegende Einzeldinge sind, aber nicht, dass diese auch existieren und dass es keine Alternativen gibt. Gegen die These, dass raum-zeitliche Gegenstände existieren, können zwei Arten von Vorbehalten angebracht werden: In der einen Variante wird behauptet, dass wir zwar glauben mögen, etwas über „äußere“, räumliche Gegenstände festzustellen, dass wir tatsächlich aber 27
28
Siehe Strawson (1959: 46 ff.). – Ich denke nicht, dass Strawsons Argumente in diesem Punkt zu überzeugen vermögen; siehe aber Künne (1984: 185-189). Hier steht jedoch nur das Argumentationsverfahren zur Debatte. Strawson (1959: 39).
Ontologische Argumente
201
nur Feststellungen über geistige Gegenstände machen. Die alternative ontologische These dieser Position – ich nenne sie „ontologischen Idealismus“29 – lautet, dass es nur geistige Gegenstände gibt. In der Rekonstruktion des Verfahrens der deskriptiven Metaphysik wurde bereits angedeutet, wie damit umgegangen werden kann: Es muss nachgewiesen werden, dass die Gegenstände, deren Existenz der ontologische Idealismus als Alternative annimmt, nicht als grundlegende Einzeldinge taugen. Wenn das der Fall ist, kann die idealistische Ontologie zurückgewiesen werden (3.1). In der zweiten Variante – ich nenne sie „doxastischen Idealismus“ – wird bestritten, dass man auf der Grundlage des Verfahrens der deskriptiven Metaphysik überhaupt ontologische Resultate erhalten kann. Es könne zwar ein begrifflicher Zusammenhang zwischen Tatsachenfeststellen und der Annahme der Existenz raum-zeitlicher Gegenstände aufgezeigt werden. Da aber die Faktizität des Bezugs immer anzweifelbar sei, bleibe auch die Existenz der angenommenen Gegenstände immer zweifelhaft, so dass wir höchstens glauben müssten, dass wir uns auf diese Gegenstände beziehen. Dies entspricht der Konsequenz aus Strouds Kritik transzendentaler Argumente: Wenn die Argumente nicht zu Existenzbeweisen hinreichen, ergeben sie bestenfalls doxastische Aussagen. Auch dieser Position kann Strawson meines Erachtens entgegentreten. Ich werde in Abschnitt 3.2 zeigen, dass gegen den doxastischen Idealismus Argumente derselben Art angeführt werden können wie jene, die Strawson gegen Kants transzendentalen Idealismus vorbringt. 3.1
Widerlegung des ontologischen Idealismus
Der ontologische Idealist vertritt die These, dass geistige Gegenstände existieren und dass nur geistige Gegenstände existieren. Damit verbunden ist ein idealistischer Reduktionismus: Alle Feststellungen von Tatsachen lassen sich auf Feststellungen über geistige Gegenstände zurückführen. Wenn wir von äußeren, nicht-geistigen Gegenständen zu reden glauben, beziehen wir uns tatsächlich immer nur auf geistige Gegenstände. Das heißt auch, dass der ontologische Idealist mit Strawson darüber einig ist, dass Tatsachenfeststellen einen wesentlichen Zug unseres Begriffssystems 29
Darunter fallen die verschieden Varianten des skeptizistischen, empiristischen oder Sinnesdatenidealismus.
202
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ausmacht. Zur Diskussion steht nur, welche Gegenstände existieren müssen, damit das Tatsachenfeststellen möglich ist, d. h., es geht um konkurrierende ontologische Thesen. Wenn nun der ontologische Idealist das Tatsachenfeststellen als wesentlichen Zug unseres Begriffssystems akzeptiert, dann muss er auch annehmen können, dass die Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens erfüllt sind, insbesondere die Identifizierbarkeit der Bezugsgegenstände. Dazu gehört, dass es mindestens eine Kategorie von Gegenständen gibt, welche die Rolle grundlegender Einzeldinge übernehmen können. Da es der idealistischen These gemäß nur geistige Gegenstände gibt, müssen diese die grundlegenden Einzeldinge und somit auch direkt identifizierbar sein. Im Kapitel „Sounds“ von Individuals unternimmt Strawson den Versuch zu zeigen, dass dies nicht der Fall ist und dass deshalb die These des ontologischen Idealismus inkonsistent ist.30 Eine Anforderung an grundlegende Einzeldinge ist die, dass sie aufgrund ihrer intrinsischen Eigenschaften ein Beziehungssystem bilden, das genügend reichhaltig ist, damit ein Gegenstand innerhalb dieses Systems aufgrund seiner Relationen zu anderen Gegenständen identifiziert, d. h. individuiert und reidentifiziert werden kann. Die geistigen Gegenstände, welche der Idealist annimmt, bilden aber nur ein System zeitlicher Abfolge.31 Aufgrund von Sukzessionsverhältnissen ist es jedoch nicht möglich, zwischen dem Fall zu unterscheiden, in dem zu zwei verschiedenen Zeitpunkten der gleiche (numerisch identische) Gegenstand wahrgenommen wird, und dem Fall, in dem zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zwei (numerisch) verschiedene, aber qualitativ identische Gegenstände wahrgenommen werden.32 Rein zeitliche, nichträumliche Gegenstände lassen also aufgrund ihrer intrinsischen Eigenschaften keine Reidentifikation zu und erfüllen deshalb nicht alle Anforderungen an die ontologisch primären Dinge. 30
31 32
Wie erfolgreich dieser Versuch ist, ist unsicher (siehe dazu besonders Bennett, 1966: Kapitel 3, und Evans, 1980), davon ist aber wiederum Strawsons Verfahren nicht betroffen. Siehe Strawson (1959: 65). Siehe Strawson (1959: 70-74). – Strawson konstruiert in der Folge eine komplexere Klang-Welt, indem er eine weitere Dimension hinzufügt; siehe (ebd.: 74-81). Dies macht in seinen Augen dann wenigstens ein Analogon zur Reidentifikation möglich.
Ontologische Argumente
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Damit erweist sich die ontologische These, dass es nur geistige Gegenstände gibt, als falsch, denn wenn sie wahr wäre, wäre die Faktizität des Bezugs und die Möglichkeit des Tatsachenfeststellens nicht nur zweifelhaft, sondern prinzipiell ausgeschlossen – und zwar aufgrund der unzureichenden Eigenschaften der als grundlegende Einzeldinge postulierten Gegenstände. Dies ist, sozusagen, ein Defizit der Gegenstände und nicht unserer Begriffe und Überzeugungen von denselben. Strawsons Argumentation in „Sounds“ wird gewöhnlich als Beispiel eines antiskeptischen transzendentalen Arguments angesehen und als solches kritisiert. Die knappe Darstellung sollte aber verdeutlichen, dass bereits die Voraussetzungen, unter denen die Kritik formuliert wird, nicht zutreffen. Es wird erstens davon ausgegangen, dass die Argumentation primär und direkt gegen die skeptische Behauptung gerichtet ist, dass die Existenz raum-zeitlicher Gegenstände zweifelhaft ist. Zweitens ist dieses Ziel nur dann erreichbar, wenn dasjenige bewiesen werden kann, was der Skeptiker bezweifelt, die Existenz raum-zeitlicher Gegenstände. Drittens wird daraus, dass letzteres nicht möglich ist, nicht nur die Konsequenz gezogen, dass die Argumente nichts gegen den Skeptiker auszurichten vermögen, sondern auch, dass sie überhaupt keine ontologische Aussagekraft besitzen. Dies alles trifft auf Strawsons Argumentation nicht zu: Erstens zielt sie nicht primär gegen den Skeptiker, sondern gegen die idealistische Ontologie, indem sie direkt die These angreift, dass es nur geistige Gegenstände gibt. Das Verfahren der deskriptiven Metaphysik beruht im Wesentlichen darauf Inkonsistenzen aufzuzeigen, welche aus der Kombination einer ontologischen These wie der idealistischen mit den Resultaten der Analyse der allgemeinsten Züge unseres Begriffssystems und deren Voraussetzungen entstehen.33 Letztere, die Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens, kommen als Beurteilungskriterien für ontologische Thesen zur Anwendung. Das bedeutet auch, dass das Verfahren der deskriptiven Metaphysik nicht auf die eingangs beschriebene Form transzendentaler Argu33
Es besteht natürlich die Möglichkeit, an der ontologischen These festzuhalten und eine alternative Analyse vorzuschlagen, deren Kombination mit der ontologischen These nicht inkonsistent wird. Dies würde zwar eine Kritik an Strawsons Analyseresultaten darstellen, aber immer noch auf dem Verfahren der deskriptiven Metaphysik beruhen.
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mente reduziert werden kann. Zweitens wird hier gar nicht erst der Versuch unternommen, einen Beweis der Existenz raum-zeitlicher Gegenstände aufzustellen. Das ist für einen Nachweis der Inkonsistenz der ontologischen These des Idealisten auch gar nicht erforderlich. Die These kann widerlegt werden, ohne dass im gleichen Zug bewiesen werden müsste, dass raum-zeitliche Gegenstände existieren. Drittens sind Strawsons Argumente schon deshalb ontologisch, weil sie gegen die idealistische Ontologie gerichtet sind. Dies ist ihr primäres Ziel, so dass sie ontologische Aussagekraft besitzen, unabhängig davon, was sie darüber hinaus gegen den Skeptiker auszurichten vermögen. Die deskriptive Metaphysik basiert also auf einem Verfahren, das weder primär antiskeptisch ausgerichtet ist, noch auf Existenzbeweisen beruht oder solcher bedarf, dessen Leistung vielmehr in der Beurteilung der Konsistenz ontologischer Thesen mit den Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens liegt und das deshalb zu ontologischen Ergebnissen führt: Die These, dass raum-zeitliche Gegenstände existieren, besteht den Test, die idealistische These nicht. Dennoch können Strawsons Argumente gegen die Skepsis bezüglich der Existenz äußerer Gegenstände genutzt werden, nicht unmittelbar, aber doch indirekt, sofern die skeptische Position mit dem ontologischen Idealismus verknüpft ist. Denn einerseits folgt die skeptische Behauptung unmittelbar aus der ontologischen These des Idealismus. Wenn die letztere widerlegt werden kann, taugt sie auch nicht als Prämisse für die skeptische Schlussfolgerung. Andererseits ist der Zweifel an der Existenz raum-zeitlicher Gegenstände ein Grund, die idealistische Position überhaupt erst einzunehmen: Im Gegensatz zu äußeren Gegenständen scheint die Existenz geistiger Gegenstände – der eigenen Bewusstseinszustände, des Ich – nicht bezweifelbar und entsprechend der Bezug auf diese gesichert. Dies zeigt sich mitunter darin, dass im Fall der Selbstzuschreibung von Bewusstseinszuständen kein Irrtum möglich zu sein scheint. Die Faktizität des Bezugs und damit die Existenz des Bezugsgegenstands scheint unmittelbar garantiert zu sein, während dies bei raum-zeitlichen Gegenständen nicht der Fall ist.34 Durch den Nachweis der Inkonsistenz des ontologischen Idealismus 34
Im Kapitel „Persons“ von Individuals zeigt Strawson, dass der Schein trügt. Irrtumsimmune Selbstzuschreibung ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Gegenstände der Zuschreibung nicht nur geistige, sondern auch körperliche
Ontologische Argumente
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wird zwar nicht der Zweifel widerlegt, aber dem Skeptiker, der an der Möglichkeit des Tatsachenfeststellens festhalten möchte, wird eine (möglicherweise die einzige) Rückzugsmöglichkeit verbaut. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass selbst aus der Widerlegung der idealistischen These, dass nur geistige, zeitlich strukturierte Gegenstände existieren, in Kombination mit der Beweisführung zugunsten der Konsistenz der These, dass raum-zeitliche Dinge existieren, kein Beweis für deren Existenz folgt. Das wäre höchstens dann der Fall, wenn zusätzlich gezeigt werden könnte, dass raum-zeitliche Gegenstände innerhalb unserer begrifflichen Ressourcen als einzige Kategorie von Gegenständen übrigbleiben, welche die Rolle grundlegender Einzeldinge übernehmen können. In diesem Fall könnte die ontologische These der Existenz raumzeitlicher Gegenstände nicht mehr zur Disposition stehen, weil ihre Falschheit die Faktizität der Identifikation und damit das Tatsachenfeststellen prinzipiell unmöglich machen würde. Ein solcher Einzigkeitsnachweis ist aber kaum durchführbar, da er von kontingenten Fakten über unser Begriffssystem abhängt, davon nämlich, welche Kategorien von Gegenständen unser begriffliches Repertoire tatsächlich umfasst und voraussetzt. Strawson glaubt zwar in Individuals, einen Nachweis der Einzigkeit und damit der Unverzichtbarkeit raum-zeitlicher Gegenstände erbracht zu haben,35 nimmt dies aber in The Bounds of Sense und in Skepticism and Naturalism mit gutem Grund zurück.36 Davon unberührt bleibt aber, wie ich am Beispiel der These des ontologischen Idealismus zu zeigen versucht habe, die Möglichkeit der An-
35
36
Eigenschaften besitzen, d. h. Personen sind. Die Existenz geistiger Gegenstände ist nicht besser gesichert als jene materieller Körper. „[T]hings which are, or possess, material bodies must be the basic particulars.“ (Strawson, 1959: 39). „The transcendental arguer is always exposed to the charge that even if he cannot conceive of alternative ways in which conditions of the possibility of a certain kind of experience or exercise of conceptual capacity might be fulfilled, this inability may simply be due to lack of imagination on his part – a lack which makes him prone to mistake sufficient for necessary conditions.“ (Strawson, 1985: 23); siehe auch Strawson (1966: 272). Zum Einwand, dass transzendentale Deduktionen unmöglich seien, weil keine Nachweise der Einzigkeit eines kategorialen Schemas möglich sind, siehe Bennett (1966: 43) und Körner (1966), spezifisch zur Kritik an den Argumenten von Individuals (ebd.: 559 ff.).
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wendung von Strawsons Argumentationsweise zur Beurteilung von Kandidaten für grundlegende Einzeldinge, d. h. zur Beurteilung ontologischer Thesen. Am Beispiel des ontologischen Idealismus hat sich gezeigt, dass sich Strawsons Argumente nicht auf Aussagen über die Zusammenhänge von begrifflichen Fähigkeiten und Überzeugungen („interdependence of conceptual capacities and beliefs“37) zu beschränken brauchen, wie Strawson selbst auf Strouds Kritik hin einräumt, sondern dass sie durchaus zu ontologischen Argumenten taugen. Sie mögen zwar nicht für einen Beweis der Existenz raum-zeitlicher Gegenstände ausreichen, aber immerhin für die Beurteilung der Konsistenz bzw. Inkonsistenz ontologischer Thesen mit den durch die Möglichkeit des Tatsachenfeststellens gestellten Anforderungen. 3.2
Widerlegung des doxastischen Idealismus
Auch wenn die Argumentationsweise der deskriptiven Metaphysik nicht der eingangs beschriebenen Form transzendentaler Argumente entspricht, scheint der entscheidende Punkt von Strouds Kritik nach wie vor zuzutreffen. Denn sofern Strawson sich auf die Untersuchung unseres Begriffssystems und dessen Voraussetzungen beschränkt, kann vorgebracht werden, dass daraus keine ontologischen Aussagen über die Welt resultieren können, sondern nur doxastische Aussagen über Annahmen über die Welt, die wir beim Tatsachenfeststellen machen müssen: Wenn wir Tatsachen feststellen, müssen wir zwar annehmen, dass es bestimmte Dinge gibt, es besteht aber keine Möglichkeit, die Richtigkeit solcher Annahmen nachzuweisen, so dass sie bestenfalls den Status notwendiger Überzeugungen haben können. Die analytische Untersuchung, sei sie nun transzendental oder nicht, muss sich mit Aussagen über die Zusammenhänge von Begriffen und Überzeugungen begnügen, wie dies Strawson in Skepticism and Naturalism auch zugibt. Eine solche doxastische Position ähnelt aber derjenigen des transzendentalen Idealismus, die in The Bounds of Sense noch scharf kritisiert wird. Der transzendentale Idealismus ist in Strawsons Augen gerade deswegen desaströs,38 weil Kant ausdrücklich behauptet, wir 37 38
Strawson (1985: 21). Siehe Strawson (1966: 21). – Es geht mir im Folgenden nicht um die Frage, ob Strawson Kants transzendentalen Idealismus richtig interpretiert (siehe Straw-
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müssten zwar die Gegenstände der Erfahrung als bewusstseinsunabhängig, d. h. im Raum existierend denken, könnten aber nichts über die Dinge, wie sie an sich sind, wissen. Für Strawson liegt Kants herausragende Leistung in dem Versuch der Entwicklung der begrifflichen Voraussetzungen dafür, dass ein Unterschied zwischen einer subjektiven Ordnung der Wahrnehmung von Dingen und einer objektiven Ordnung der wahrgenommenen Dinge gemacht werden kann.39 Dazu gehört erstens die Restriktion der Anwendung von Begriffen auf mögliche Erfahrung und die damit verbundene Forderung, dass Begriffsanwendung empirischer Anwendungskriterien bedarf („principle of significance“40). Zweitens ist es erforderlich, dass die Objekte der Wahrnehmung eine Relationsstruktur bilden, die genügend reichhaltig ist, um die Individuation und Reidentifikation einzelner Dinge zu ermöglichen.41 Schließlich führt Kant den Nachweis, dass die rein zeitliche Ordnung der Wahrnehmung dazu nicht ausreicht und dass es zusätzlich der räumlichen Relationen bedarf. Erst unter diesen Voraussetzungen ist der Begriff persistenter Dinge möglich, die unabhängig davon, ob sie wahrgenommen werden, existieren und in unterschiedlichen Wahrnehmungssituationen als dieselben erkannt (reidentifiziert) werden können. Dies entspricht der Un-
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son, 1994), sondern nur darum, dass die Argumente gegen denselben, wie ihn Strawson interpretiert, auch auf den doxastischen Idealismus übertragbar sind. Die Versuche, den transzendentalen Idealismus mit Hilfe alternativer Interpretationen stark zu machen, sind zahlreich; siehe z. B. Allison (1969), Matthews (1969), Bermúdez (1995) und Fleming (2004). Dabei wird öfters die Strategie verfolgt, den kantischen Idealismus nicht wie Strawson metaphysisch, sondern epistemologisch zu verstehen, als Projekt einer erfahrungsinternen Rechtfertigung der Objektivität von Urteilen in Reaktion auf den Hume’schen Skeptizismus; siehe z. B. Allison (1969: 224). So verstanden ist der transzendentale Idealismus nichts anderes, als die doxastische Konsequenz aus skeptischen Einwänden der Stroud’schen Art. Wenn aber die Kritik an Kant, wie ihn Strawson interpretiert, auch auf den doxastischen Idealismus übertragbar ist, kann mit dieser Strategie der transzendentale Idealismus nicht verteidigt werden. Siehe Strawson (1966: 27). – Strawson bezeichnet dies als „thesis of objectivity“ (ebd.: 24). Siehe Strawson (1966: 16 und 241). – Dieses Prinzip fordert nicht im Sinne eines Verifikationsprinzips (siehe Stroud, 1994: 161) die Faktizität der Identifikation, sondern nur prinzipielle Identifizierbarkeit. Siehe Strawson (1966: 27).
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terscheidung zwischen einer objektiven Ordnung der Dinge und einer subjektiven Ordnung, in der die Dinge uns erscheinen. Bis hierhin stimmt das kantische Programm mit Strawsons eigenem grundsätzlich überein. Nun begeht Kant jedoch den fatalen Fehler, dass er eine zusätzliche Unterscheidung geltend macht, nämlich jene zwischen der Art, wie die Dinge für uns sind (wie sie uns erscheinen) und wie sie an sich sind.42 Damit ist nicht mehr der Unterschied zwischen einer subjektiven und einer objektiven Ordnung gemeint, ein Unterschied, der innerhalb unseres Begriffssystems gemacht werden kann, sondern derjenige zwischen Erfahrung im Rahmen unseres Begriffssystems und der Wirklichkeit, wie sie unabhängig von jeglicher begrifflichen Struktur ist. Den Grundstein zu dieser Unterscheidung legt Kant, indem er dafür argumentiert, dass Räumlichkeit und Zeitlichkeit nicht objektive Eigenschaften der Dinge selbst sind, sondern subjektive Formen der Anschauung, Relationsstrukturen, in denen uns die Dinge erscheinen und in denen wir uns die Dinge notwendig denken müssen. Demzufolge sind nicht nur wie bei Locke die sekundären, sondern auch die primären Eigenschaften subjektiv, so dass den Dingen selbst – an sich – keine Eigenschaften zugeschrieben werden können. Daraus ergibt sich die These des transzendentalen Idealismus: Einerseits sind die Dinge an sich keine möglichen Bezugsgegenstände und es kann über sie nichts gesagt werden. Andererseits weisen die Dinge, auf die wir uns beziehen können, eine raum-zeitliche Ordnung auf, aber nur deshalb, weil wir sie in den subjektiven Formen von Raum und Zeit denken müssen. Mögliche Gegenstände des Urteilens werden erst innerhalb dieser Formen konstituiert.43 Raum-zeitliche Gegenstände sind für Kant zwar die eigentlichen und unverzichtbaren Gegenstände des Bezugs, aber sie sind bloß Erscheinungen, subjektive Entitäten, die nur existieren, sofern wir sie denken. Das hat zur Folge, dass wir uns die Gegenstände der Erfahrung zwar raum-zeitlich denken müssen, es aber ausge42 43
Siehe Strawson (1966: 22). In Individuals finden sich Äußerungen Strawsons, die in eine ähnliche, idealistische Richtung deuten; siehe z. B. Strawson (1959: 15 und 29). Sofern es sich nicht nur um ungenaue Formulierungen handelt, ist Strawsons Position zwischen Realismus und (transzendentalem) Idealismus in Individuals nicht eindeutig festzulegen. Mit der entschiedenen Kritik des transzendentalen Idealismus in The Bounds of Sense wird sie aber geklärt.
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schlossen ist, dass die Gegenstände tatsächlich so beschaffen sind, wie wir sie denken müssen, so dass wir nicht wissen können, wie sie an sich beschaffen sind.44 Die Rede davon, dass die Dinge in Wirklichkeit ganz anders beschaffen sein können, als sie erscheinen, ist Strawson zufolge nur unter bestimmten Bedingungen, den Bedingungen des Tatsachenfeststellens, sinnvoll.45 Damit überhaupt ein Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit behauptet werden kann, muss es zumindest im Prinzip möglich sein, sich auf diejenigen Dinge zu beziehen, von denen gesagt werden soll, sie seien ganz anders, als sie erscheinen. Wenn nicht gesagt werden kann, was auf eine bestimmte Art erscheint, in Wirklichkeit aber ganz anders ist, und dass dasselbe in Wirklichkeit ganz anders ist, was auf eine bestimmte Art erscheint, kann nicht gesagt werden, dass es einen Unterschied gibt und worin er besteht. Der behauptete Gegensatz zwischen An-Sich und Für-Uns muss mindestens das Kriterium der Identität der Referenz („identity of reference“) und der korrigierten Sichtweise („corrected view“) erfüllen: When it is said that a thing appears to be thus-and-so, but really ist not, it seems to be implied that there are two different standpoints from which it would be natural to make different and incompatible judgements about the same thing, and that the judgement naturally made from one of these standpoints would be, in some sense, a correction of the judgement naturally made from the other. The standpoints, it seems, must have something in common, so that there is some way, neutral as between them, of securing identity of reference to the thing which is judged.46
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Aus den Argumenten der Transzendentalen Ästhetik, welche Raum und Zeit als subjektive Formen der Anschauung ausweisen, schließt Kant unmittelbar, dass Dinge an sich nicht in raum-zeitlichen Verhältnissen stehen können; siehe KrV: A 26/B 42, A 32 f./B 49 und A 39/B 56. Genau genommen weiß er also von der Welt an sich immerhin, dass sie nicht raum-zeitlich strukturiert ist. Für das Folgende stütze ich mich im Wesentlichen auf Strawsons Kritik des transzendentalen Idealismus in Teil 4 von The Bounds of Sense; siehe v. a. Strawson (1966: 249-263). Strawson (1966: 250 f.); siehe auch Strawson (1992: 65 f.). – Auf die geforderte Art kann z. B. die wissenschaftliche Sichtweise unsere alltägliche korrigieren.
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Es ist offensichtlich, dass der transzendentale Idealismus Kants beides nicht erfüllt. Die Identität der Referenz ist nicht gegeben, da Dinge an sich keine möglichen Bezugsgegenstände sein können, so dass die Dinge an sich nicht mit den Dingen, die uns erscheinen, identisch sein können. Folglich kann die Sichtweise des An-Sich auch nicht ein Korrektiv für die Sichtweise des Für-Uns sein. Kant grenzt nicht zwei innerhalb des Begriffssystems mögliche Sichtweisen voneinander ab, die sich aufgrund der Identität der Referenz gegenseitig korrigieren könnten.47 Kants Fehler liegt darin, dass er den Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit auf eine Weise konstruiert, auf die er unter den Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens gar nicht konsistent gemacht werden kann. Wenn einerseits gilt, dass Tatsachenfeststellen nur möglich ist, wenn der Bezug auf raum-zeitliche Gegenstände möglich ist, ist die Annahme der Existenz raum-zeitlicher Gegenstände notwendig. Wenn andererseits mit der Behauptung der Idealität von Raum und Zeit und damit von raum-zeitlichen Gegenständen a priori ausgeschlossen wird, dass die Wirklichkeit raum-zeitlich strukturiert ist, wird die Annahme, dass wir uns mit Urteilen über raum-zeitliche Gegenstände auf die Wirklichkeit beziehen, a priori falsch. Mit anderen Worten: raum-zeitliche Gegenstände sind für uns, d. h. im Rahmen unserer begrifflichen Ressourcen, die einzigen verfügbaren identifizierbaren Gegenstände, deren Existenz folglich angenommen werden muss. Von diesen steht aber a priori fest, dass sie nicht Gegenstände sein können, die unabhängig davon, dass sie begrifflich erfasst werden, an sich, existieren. Von den Dingen an sich wiederum steht a priori fest, dass sie prinzipiell nicht identifizierbar sind, so dass sie nicht Gegenstände des Bezugs sein können. Folglich müssen wir die Existenz raum-zeitlicher Dinge als Bezugsgegenstände annehmen, wissen aber aus transzendentalem Gesichtspunkt, dass diese Annahme falsch ist und wir uns nicht auf die von unserem Denken unabhängige Wirklichkeit beziehen können. Kant muss also die Notwendigkeit einer Existenzannahme unterstellen, die a priori nicht zutreffen kann. Der transzendentale Idealismus 47
In der Einleitung der zweiten Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft behauptet Kant die Identität der Referenz bezüglich Erscheinung und Ding an sich; siehe Kritik der reinen Vernunft: B XXVI f. Dies dürfte kaum mit der ebenfalls behaupteten epistemischen Unzugänglichkeit des Dinges an sich in Einklang zu bringen sein.
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basiert auf einer Unterscheidung, die nur unter Voraussetzungen gemacht werden kann, unter denen das Tatsachenfeststellen prinzipiell unmöglich ist. Der doxastische Idealismus stimmt mit dem transzendentalen darin überein, dass aus der Analyse unserer Begriffsstruktur nur Aussagen über Annahmen folgen, die notwendig sind, wenn wir Begriffe anwenden. Beide halten für richtig, dass wir beim Tatsachenfeststellen die Existenz raumzeitlicher Gegenstände als grundlegende Einzeldinge annehmen müssen. Beide bestreiten aber, dass dies mehr als eine notwendige Überzeugung sein kann. Für Kant ist es a priori ausgeschlossen, dass wir irgendetwas über die Wirklichkeit, wie sie an sich beschaffen ist, wissen können. Für den doxastischen Idealismus ist grundsätzlich immer Zweifel an der angenommenen Existenz raum-zeitlicher Gegenstände möglich, so dass wir zwar glauben müssen, etwas über raum-zeitliche Gegenstände festzustellen, es aber nicht ausgeschlossen ist, dass es diese Gegenstände nicht gibt. Trotz der Übereinstimmung unterscheiden sich der doxastische und der transzendentale Idealismus, so dass nicht offensichtlich sein mag, dass beide den gleichen Fehler begehen. Die These des doxastischen Idealismus ist schwächer als jene von Kant, die besagt, dass die Wirklichkeit an sich nicht so sein kann, wie wir sie denken müssen. Dagegen behauptet der doxastische Idealismus, dass wir zwar aus begrifflichen Gründen annehmen müssen, dass die Welt, über die wir Tatsachen feststellen (oder festzustellen glauben), auf eine bestimmte Weise beschaffen ist, dass es aber grundsätzlich möglich ist, dass die Welt ganz anders beschaffen ist, als wir annehmen müssen. Es kommt darauf an, was genau damit gemeint ist. Wird lediglich behauptet, dass wir die Existenz raum-zeitlicher Dinge zwar notwendig annehmen müssen, dass die Wirklichkeit aber auch ganz anders sein könnte, in dem Sinn, dass es sich herausstellen könnte, dass sie ganz anders ist,48 ist die These unproblematisch – sie stellt dann aber auch keinen Einwand gegen die ontologische Argumentation der deskriptiven Metaphysik dar. Es kann sich nämlich nur dann herausstellen, dass die Wirklichkeit anders ist, als wir annehmen, wenn das Kriterium der 48
Das ist z. B. der Fall, wenn sich von den Gegenständen, die wir für farbig halten, herausstellt, dass sie in Wirklichkeit nicht farbig sind, sondern durch ihre physikalische Beschaffenheit bei uns Farbempfindungen auslösen.
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Identität der Referenz und der korrigierten Sichtweise erfüllt ist. Dies setzt wiederum voraus, dass wir wenigstens im Prinzip diejenigen Gegenstände, von denen wir glauben müssen, dass sie so und so beschaffen sind, identifizieren und von ihnen sagen können, dass sie in Wirklichkeit anders beschaffen sind und wie sie beschaffen sind. Das ist eine empirischkontingente Angelegenheit, die z. B. zu einer Erweiterung unserer begrifflichen Ressourcen führen und sogar neue Kategorien von Gegenständen als grundlegende Einzeldinge einführen kann. Das macht Strawsons Argumentationsweise nicht obsolet, da sich deskriptive Metaphysik auf den kontingenten und veränderlichen Umfang unseres begrifflichen und ontologischen Repertoires bezieht und insofern revidierbar sein muss. Korrekturen dieser Art stellen vor allem nicht die Voraussetzungen des Tatsachenfeststellens – also die Analyse der allgemeinsten Züge unseres Begriffssystems – in Frage, sondern beruhen auf diesen und erfolgen deshalb innerhalb unseres Begriffssystems.49 In dieser Form besagt die doxastische These nur, dass deskriptive Metaphysik keine absoluten ontologischen Aussagen, nicht aber, dass sie keine ontologischen Aussagen machen kann. Das heißt, dass ontologische Aussagen auf unser Begriffssystem relativiert werden müssen. Sie hängen davon ab, wieweit Wirklichkeit mit den uns zur Verfügung stehenden begrifflichen Ressourcen erfasst werden kann (in dem oben in Abschnitt 2.3 angesprochenen Sinn von „für uns“). In dieser schwachen Lesart ist die doxastische These sinnvoll, vermag aber nicht, Strawsons ontologische Argumentation als solche in Frage zu stellen. Dazu muss der doxastische Idealismus etwas Stärkeres meinen: Wir müssen die Existenz raum-zeitlicher Gegenstände zwar annehmen, die Wirklichkeit könnte aber auch ganz anders sein, und es ist unmöglich zu wissen, ob sie ganz anders ist und wie sie ist. Es wird also zusätzlich ausgeschlossen, dass es sich in dem genannten Sinn herausstellen kann, dass die Wirklichkeit anders ist, als wir sie denken müssen. Da der doxastische Idealismus immerhin die Möglichkeit bestehen lässt, dass die Wirklichkeit so beschaffen ist, wie wir sie denken müssen, erscheint seine Behauptung auf den ersten Blick schwächer als die kantische. Tatsächlich läuft die doxastische Position aber auf dasselbe hinaus, da sie die Differenz zwischen An-Sich und Für-Uns in Anspruch nehmen 49
Siehe Strawson (1966: 262).
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muss, die, wie sich gezeigt hat, begrifflich unhaltbar ist. Dies wird deutlich, wenn man die Gründe für den doxastischen Idealismus ansieht: Es wird zunächst festgestellt, dass notwendige ontologische Annahmen nur dann gesichert sind, wenn auch die Faktizität des Bezugs gesichert ist. Das ist aber nur mit Hilfe fragwürdiger Brückenprinzipien möglich, so dass immer zweifelhaft bleibt, ob wir uns tatsächlich auf dasjenige beziehen, auf das wir uns zu beziehen glauben müssen. Da dies generell der Fall ist, sind unsere ontologischen Annahmen auch nicht korrigierbar (wie es die schwächere Lesart erlaubt). Mit anderen Worten: gleichgültig, welche ontologischen Annahmen wir treffen, und gleichgültig, wie es sich in Wirklichkeit verhält, also selbst dann, wenn es sich in Wirklichkeit so verhält, wie wir annehmen müssen, ist der Bezug unserer ontologischen Überzeugungen zur Wirklichkeit ungesichert. Diese Konsequenz impliziert, dass unsere Überzeugungen in keinem gesicherten Zusammenhang mit der Wirklichkeit stehen, selbst dann, wenn unsere ontologischen Überzeugungen wahr wären. Bereits aufgrund der gegenüber der kantischen schwächeren These, es bestehe die Möglichkeit, dass die Wirklichkeit ganz anders ist, als wir glauben müssen, und dem gleichzeitigen Ausschluss der Möglichkeit, dass sich dies herausstellen kann, muss auch angenommen werden, dass unsere notwendigen Überzeugungen in keinem Verhältnis zu einer unabhängigen Wirklichkeit stehen können. Der doxastische Idealismus gelangt von der generellen Zweifelhaftigkeit der Faktizität der Identifikation zur Möglichkeit der prinzipiellen Bezugslosigkeit unserer Überzeugungen. Er beansprucht somit die kantische Differenz zwischen Für-Uns und An-Sich. Wie der transzendentale Idealismus basiert der doxastische auf einer Unterscheidung, die nur unter Voraussetzungen gemacht werden kann, unter denen das Tatsachenfeststellen prinzipiell unmöglich ist, und führt – trotz seiner schwächeren Behauptung – in die gleiche desaströse Situation. Er beruht wesentlich auf der Unterstellung einer Möglichkeit, die sich vor dem Hintergrund der Bedingungen des Tatsachenfeststellens als inkonsistent erweist. Die unterstellte Möglichkeit setzt voraus, dass wir auch unter Umständen, unter denen zum vornherein ausgeschlossen ist, dass wir Tatsachen feststellen, die Überzeugung haben müssen, Tatsachen festzustellen.
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Der Fehler, der zur Inkonsistenz führt, liegt im Schluss von der generellen Zweifelhaftigkeit der Faktizität des Bezugs auf die Möglichkeit der prinzipiellen Bezugslosigkeit unserer Überzeugungen. Dieser Fehlschluss, dessen Konsequenz der doxastische Idealismus ist, bildet gleichzeitig den Kern der Kritik an der Argumentation der deskriptiven Metaphysik, diese ergebe nur doxastische und keine ontologischen Aussagen, weil sie keine Existenzbeweise aufstellen könne. Die Kritik ist somit nicht haltbar. Es hat sich zwar herausgestellt, dass die Möglichkeiten ontologischen Argumentierens im Rahmen der deskriptiven Metaphysik beschränkt sind: Ontologische Thesen, welche die ontologischen Mindestanforderungen nicht erfüllen, können widerlegt werden, solche, welche sie erfüllen, können jedoch nicht als bewiesen gelten – Existenzbeweise sind nicht möglich. Dazu müssten einerseits alternative Thesen im Sinn eines Einzigkeitsnachweises ausgeschlossen werden können, andererseits behält der doxastische Idealismus in der schwächeren Lesart damit Recht, dass Strawsons Ergebnisse relativen Charakter haben und korrigierbar sein müssen, so dass absolute, letztgültige ontologische Aussagen nicht möglich sind. Dennoch ist es verfehlt und, wie sich gezeigt hat, inkonsistent daraus zu folgern, dass deskriptive Metaphysik überhaupt zu keinen ontologischen Argumenten und Aussagen fähig ist.*
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Ich bedanke mich für Kritik und Anregungen, die ich anlässlich der Präsentation früherer Fassungen erhielt, und besonders für die Kommentare von SarahJane Conrad und Guido Löhrer.
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Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts Nadja Biedermann
1.
Einleitung
In Individuals präsentiert Strawson eine Ontologie, in welcher materielle Körper und Personen – im Gegensatz zu geistigen Entitäten – grundlegende Einzeldinge sind. Er wendet sich damit gegen den cartesianischen Substanzdualismus von Körper und Geist und zeigt, dass der Begriff des rein geistigen Subjekts kein logisch primärer Begriff sein kann. Stattdessen plädiert er für die Priorität des Begriffs der Person. In diesem Aufsatz zeige ich, dass die von Strawson vorgebrachte Kritik Descartes nicht trifft. Vielmehr wendet sie sich gegen ein traditionelles Verständnis der Lehre Descartes’, also gegen den Cartesianismus. Bei meiner Argumentation sind zwei Fragen von besonderer Relevanz: (a) Behauptet Descartes die ontologische Priorität des rein geistigen Ichs in Bezug auf die Person? (b) Versteht er die Person als eine in Körper und Geist teilbare Entität? Fallen die Antworten auf diese Fragen negativ aus, kann Strawsons Kritik als Kritik an Descartes zurückgewiesen werden. In einem ersten Schritt (Abschnitt 1) stelle ich Strawsons hierarchische Ontologie vor, mit welcher er die ontologische Priorität materieller Einzeldinge im Gegensatz zu geistigen behauptet. Ausgehend vom ontologischen Kriterium der Identifizierbarkeit wird gezeigt, wie Strawson zu diesem Resultat kommt. In Abschnitt 2 präsentiere ich dann seine Kritik am reinen Subjekt am Beispiel von Descartes und mache gleichzeitig deutlich, welche Schwierigkeiten ein solcher Subjekt-Begriff in sich birgt. Anschließend (Abschnitt 3) wird betrachtet, was Descartes in den Meditationen genau behauptet, und vor allem auch, was er nicht behauptet. Dabei gilt es, seinen Dualismus von Körper und Geist genauer unter die Lupe zu nehmen und die oben gestellten Fragen zu untersuchen. Auf dieser Grund-
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lage kann dann geprüft werden, ob Strawsons Kritik überhaupt gegen Descartes geltend gemacht werden kann (Abschnitt 4).
2.
Strawsons hierarchische Ontologie
2.1
Das ontologische Kriterium: Identifizierbarkeit
Der erste Satz von Individuals ist bezeichnend für Strawsons ganze Untersuchung: „We think of the world as containing particular things some of which are independent of ourselves.“1 Damit macht er folgende Aussagen: (a) Dass es darum geht, wie wir über die Welt denken; (b) dass in dieser Welt Dinge existieren, die unabhängig von uns selbst sind, und somit indirekt auch: (c) dass wir selbst uns in dieser Welt befinden. Zentral ist dabei die Aussage, dass es in dieser Welt objektive Einzeldinge gibt.2 Dass wir eine Konzeption der Welt haben, in welcher objektive Einzeldinge existieren, ist gemäss dem strawsonschen Ansatz nicht etwas, das in Frage gestellt wird. Die Frage lautet vielmehr: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit wir zu einem Begriff von objektiven Einzeldingen gelangen können?3 Um diese Bedingungen zu eruieren, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, welche Art von Dingen (im weitesten Sinn) überhaupt als existent angenommen werden sollen. Hier geht Strawson von einer begrifflichen Untersuchung zu einer ontologischen über. Dazu führt Strawson ein Kriterium ein, welches erfüllt sein muss, damit ein Ding in die Ontologie aufgenommen werden kann: Um ein Ding als existent annehmen zu können, so behauptet er, müssen wir es identifizieren können.4 Dinge identifizieren wir vornehmlich dann, wenn wir als Sprecher einer Hörerin vermitteln wollen, auf welches Ding wir Bezug nehmen, oder als Hörerin verstehen, welches Ding der Sprecher meint. Auf ein Ding, welches nicht identifiziert werden kann, können wir uns nicht beziehen, wir können nicht sinnvoll von ihm sprechen noch es gedanklich 1 2
3
4
Strawson (1959/2003: 15). Mit „objektiven Einzeldingen“ beziehe ich mich jeweils auf unabhängig von uns existierende Entitäten. Diese Methode nennt Strawson „deskriptive Metaphysik“; siehe Strawson (1959: 9). Siehe Strawson (1959/2003: 16); dort abgeschwächt formuliert.
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erfassen.5 Gemäss Strawsons ontologischem Kriterium existiert relativ zu unserem Begriffsschema somit nur das, was identifiziert werden kann. 2.2
Das raum-zeitliche System als Bedingung eindeutiger Identifikation
Unser Begriffssystem setzt voraus, dass wir die Dinge, auf die wir uns im Denken und Sprechen beziehen, eindeutig identifizieren können. Nach Strawson geht es nun nicht darum, diese Voraussetzung in Frage zu stellen, sondern die Bedingungen aufzuzeigen, die dies erlauben. Eindeutige Identifikation ist nur in einem System möglich, in welchem jedes Ding zu jedem anderen in einer einzigartigen Beziehung steht. Dies ist in einer raum-zeitlichen Welt gegeben. Strawson behauptet weiter, dass die Existenz einer raum-zeitlichen Ordnung eine notwendige Bedingung dafür ist, dass unser Begriffsystem so sein kann, wie es ist.6 Dieses System wiederum wird durch materielle Körper konstituiert, denn einzig diese weisen die dafür fundamentalen Charakteristika auf: Sie sind dreidimensional und bestehen in einem Zeitkontinuum.7 Insbesondere können materielle Körper aufgrund dieser Charakteristika ohne Rekurs auf andere Klassen von Einzeldingen eindeutig identifiziert werden. Aus diesen Überlegungen schließt Strawson, dass materielle Körper die grundlegenden Einzeldinge (basic particulars) unserer Ontologie sind: Given a certain general feature of the conceptual scheme of particularidentification which we have, it follows that material bodies must be the basic particulars.8
Die Identifikation aller anderen Klassen von Einzeldingen ist hingegen von der Identifikation materieller Körper abhängig. Daraus folgt Strawsons hierarchische Ontologie:
5 6
7 8
Siehe Strawson (1959/2003: 16). „[…] it is necessary to admit, that there is just such a system: the system of spatial and temporal relations, in which every particular is uniquely related to every other.“ (Strawson, 1959/2003: 22). Siehe Strawson (1959/2003: 39). Strawson (1959/2003: 40).
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Nadja Biedermann […] the claim that material bodies are basic particulars in our conceptual scheme is equivalent to the claim that material bodies are ontologically prior, in that scheme, to other types of particular.9
Setzt also die Identifikation von Dingen einer bestimmten Klasse die Identifikation von Dingen einer anderen Klasse voraus, sind die letzteren ontologisch primär und der Begriff dieser Dinge ist logisch primär. In diesem raum-zeitlichen System stellen wir als Subjekte den nicht duplizierbaren Bezugspunkt dar, durch welchen die eindeutige Identifikation von Einzeldingen sichergestellt wird. Der Bezug des Subjekts auf sich selbst ist auch in Anbetracht der Möglichkeit von Parallelwelten eindeutig und erlaubt damit die Individuierung des Systems, in welchem es sich befindet und damit eine eindeutige Identifikation der Bezugsgegenstände.10 Strawsons Beweisführung der Existenz einer raum-zeitlichen Welt bedingt also die Annahme eines identifizierenden Subjekts als nicht duplizierbarer Bezugspunkt innerhalb dieses Systems.11 Auch für die Existenz von Subjekten gilt in Strawsons Konzeption das Kriterium der Identifizierbarkeit. Im Kapitel „Sounds“ zeigt er, dass es nicht ersichtlich ist, wie die Identifikation reiner Subjekte in einer nichtmateriellen Welt erfolgen könnte – mehr noch: er weist darauf hin, dass in einer solchen Welt nicht erklärt werden kann, wie der Begriff des Subjekts der Erfahrung überhaupt möglich ist.12 So kann Strawsons Konzeption etwas überspitzt formuliert dahingehend interpretiert werden, dass wir ledig9 10
11
12
Strawson (1959/2003: 59). „[…] however elaborate a description we produce of a network of spatially and temporally related things and incidents, we can never be sure of producing an individuating description of a singular particular item, for we can never rule out the possibility of another exactly similar network. […] we ourselves, therefore, […] provide a point of reference which individuates the network and helps to individuate the particulars located in the network.“ (Strawson, 1959/2003: 30). Tatsächlich formuliert Strawson dieses Argument nicht explizit. Es folgt jedoch aus seinen Überlegungen: Eindeutige Identifikation und Reidentifikation ist in der von ihm konstruierten auditiven Welt – genau gleich wie in der räumlichen Welt – nur möglich, wenn der Subjekt-Begriff und somit ein nicht duplizierbarer Bezugspunkt vorausgesetzt werden; siehe Strawson (1959/2003: Kap. 2). Es kann allerdings nicht gezeigt werden, wie der Subjekt-Begriff in der auditiven Welt möglich wäre; siehe Strawson (1959/2003: 88). Siehe Fn. 11.
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lich in einem raum-zeitlichen System zu einem sinnvollen Begriff des Subjekts der Erfahrung gelangen können.
3.
Strawsons Kritik am cartesianischen Begriff des rein geistigen Subjekts
3.1
Strawsons Subjekt-Begriff
Zu Beginn des Kapitels „Persons“ hält Strawson fest, dass wir eine Unterscheidung machen zwischen uns selbst und den Dingen, die nicht wir selbst sind.13 Damit wendet er sich dem Begriff des Subjekts der Erfahrung zu und fragt nach den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit dieser Begriff bzw. diese Unterscheidung möglich ist. Zu diesem Zweck untersucht er, wie wir über uns sprechen und was wir uns zuschreiben. Dabei stellt er fest, dass wir uns bestimmte Eigenschaften zuschreiben, die wir auch materiellen Körpern zuschreiben. Beispiele dafür sind Farbe, Größe oder Form („Ich bin groß“). Strawson nennt Prädikate, die sich auf solche Eigenschaften beziehen, M-Prädikate und weist darauf hin, dass die Tatsache, dass solche Prädikate zugeschrieben werden, nicht weiter erklärungsbedürftig sei – schließlich werden sie sowohl in unserem Fall als auch im Fall materieller Körper einem Ding zugeschrieben, das identifiziert und von anderen Dingen unterschieden werden kann. Nun schreiben wir uns aber auch Erfahrungen oder Bewusstseinszustände zu („Ich habe geträumt“). Solche Prädikate – Strawson nennt sie PPrädikate – würden wir rein materiellen Körpern niemals zuschrieben. Dennoch sagen wir sowohl „Ich bin groß“ als auch „Ich habe geträumt“ und schreiben diese offensichtlich so unterschiedlichen Prädikate dem gleichen Ding zu, nämlich uns selbst. Aus diesen Überlegungen ergeben sich für Strawson zwei zentrale Fragen: (1) Weshalb werden Bewusstseinszustände, also P-Prädikate, überhaupt irgendeinem Ding zugeschrieben? (2) Weshalb werden sie dem genau gleichen Ding zugeschrieben wie gewisse körperliche Eigenschaften?14 Beide Fragen können wir, so Strawson, nur dann beantworten, wenn wir
13 14
Siehe Strawson (1959/2003: 87). Siehe Strawson (1959/2003: 90).
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Nadja Biedermann
voraussetzen, dass der Ausdruck „ich“ einzig und allein auf Personen referiert. Den Begriff der Person definiert er folgendermaßen: [A person is] a type of entity such that both predicates ascribing states of consciousness and predicates ascribing corporeal characteristics, a physical situation &c. are equally applicable to a single individual of that type.15
Die Gegenstandsklasse der Personen ist von derjenigen der materiellen Körper zu unterscheiden, da wir Dingen der ersten Klasse P-Prädikate zuschreiben, jenen der zweiten jedoch nicht. P-Prädikate werden aber nicht einem reinen Subjekt („Geist“) zugeschrieben. Vielmehr besteht Strawson auf der Primitivität des Begriffs der Person.16 Damit behauptet er, dieser Begriff sei nicht weiter analysierbar, i. e., Subjekte der Erfahrung sind Personen, also Dinge, welche im Hinblick auf die Identifikation weder den Begriff des Körpers noch den des (reinen) Geistes voraussetzen. Das bedeutet, dass Personen als solche direkt identifizierbar sind. Personen gehören somit genauso zu den grundlegenden Einzeldingen wie materielle Körper. Subjekte der Erfahrung sind also gemäss Strawson niemals nur rein geistige Entitäten, sondern immer auch Teile der raum-zeitlichen Welt, d. h. objektive Einzeldinge. Anhand seiner Kritik am cartesianischen IchVerständnis wird nun genauer gezeigt, wie Strawson zu dieser Schlussfolgerung kommt. 3.2
Cartesianische Subjekt-Begriffe & Strawsons Kritik
Laut Strawson wird im cartesianischen Modell der Umstand, dass wir uns sowohl körperliche als auch geistige Prädikate zuschreiben, damit erklärt, dass wir diese Prädikate in Tat und Wahrheit nicht dem gleichen, sondern zwei verschiedenen Dingen zuschreiben. Die cartesianische These umschreibt er folgendermaßen: When we speak of a person, we are really referring to one or both of two distinct substances, two substances of different types, each of which has its own
15 16
Strawson (1959/2003: 102). Siehe Strawson (1959/2003: 101 f.).
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
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appropriate types or states or properties; and none of the properties or states of either can be property or state of the other.17
Der Cartesianismus behauptet also die Existenz einer körperlichen und einer geistigen Substanz, die unabhängig voneinander sind. Dementsprechend werden die körperlichen Prädikate der körperlichen, die geistigen Prädikate der geistigen Substanz zugeschrieben. Das führt dazu, dass im cartesianischen Modell der Begriff der Person mittels der Begriffe des Geistes und des Körpers analysierbar ist. Der Ausdruck „ich“ kann sich somit entweder auf eine aus Körper und Geist zusammengesetzte Entität oder aber auf ein rein geistiges Ding beziehen. Der cartesianische Substanzdualismus hat folglich – so Strawson – auch eine zweifache Verwendungsweise des Ausdrucks „ich“ zur Folge. Wie gezeigt wurde, weist Strawson die Idee zurück, eine Person sei eine in Körper und Geist teilbare Entität. Zudem stellt er klar, dass es lediglich eine einzige korrekte Verwendungsweise des Ausdrucks „ich“18 gibt, nämlich die Bezugnahme auf Personen (als grundlegende Einzeldinge). Seine Kritik am Begriff des rein geistigen Subjekts basiert auf der Ablehnung der Existenz einer geistigen Substanz als grundlegendes Einzelding. So zeigt er auch, dass ein reines Subjekt der Erfahrung keinen Begriff seiner selbst haben kann, wodurch der Begriff des reinen Subjekts ad absurdum geführt wird. In den folgenden zwei Abschnitten rekonstruiere ich diese Argumente. 3.3. Nicht-Identifizierbarkeit des rein Geistigen Gemäss Strawson müssen Einzeldinge identifiziert werden können, um als existent zu gelten. Wenn wir nun – wie dies angeblich im cartesianischen Modell gemacht wird – davon ausgehen, dass eine Person eine aus zwei Substanzen zusammengesetzte Entität ist, müssen wir zeigen, dass die geistige Substanz eindeutig identifiziert werden kann. Die Identifikation der körperlichen Substanz dürfte kein Problem darstellen, da der (menschliche) Körper ein materielles Ding ist, welches von anderen Körpern unterschieden und identifiziert werden kann. Dagegen können wir den Geist 17 18
Strawson (1959/2003: 94). Siehe Strawson (1959/2003: 98).
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nicht direkt identifizieren und müssen erst deutlich machen, in welcher Beziehung er zu einem entsprechenden Körper steht. Wie kann diese Beziehung erklärt werden? Die naheliegendste Erklärung ist, dass es sich um eine Kausalrelation handelt. Doch Strawson macht deutlich, dass diese Annahme zwar erklärt, weshalb ein Subjekt der Erfahrung (Geist) einen bestimmten Körper als den seinen bezeichnet. Sie erklärt jedoch nicht, wie wir überhaupt zum Begriff eines Subjekts der Erfahrung gelangen können. Mit der Annahme einer Kausalrelation wird nämlich nicht gezeigt, weshalb Bewusstseinszustände überhaupt irgendeinem Ding zugeschrieben werden sollten – sie könnten ja auch unabhängig existierende Entitäten sein, die keinen Träger benötigen, oder sie könnten dem Körper zugeschrieben werden, der diese Bewusstseinszustände zu haben scheint.19 Die Annahme einer Kausalrelation zwischen Körper und Geist beantwortet Strawsons Fragen (1) und (2) also nicht.20 Selbst dann aber, wenn wir die Frage ignorieren, weshalb Bewusstseinszustände überhaupt einem Subjekt zugeschrieben werden, und dies voraussetzen, kann laut Strawson unser Begriff des Subjekts mit dem cartesianischen Modell nicht befriedigend erklärt werden – denn auch dann ist keine eindeutige Identifikation eines Subjekts möglich. Schließlich ist es nicht notwendig, dass die Erfahrungen eines Subjekts von einem einzigen Körper abhängig sind. Es ist denkbar, dass an der Wahrnehmung eines Subjekts mehrere Körper beteiligt sind.21 Zudem ist nicht selbstredend, dass jeder (menschliche) Körper mit einem einzigen Subjekt der Erfahrung in einer solch einzigartigen kausalen Beziehung steht: Gehen wir davon aus, dass die körperlichen Prädikate tatsächlich einem anderen Ding zugeschrieben werden als die geistigen, können wir nicht ausschließen, dass unzählige rein geistige Subjekte in ein und derselben Beziehung zu einem bestimmten Körper stehen – oder, wie Strawson es auf den Punkt bringt: „Uniqueness of the body does not guarantee uniqueness of the Cartesian soul.“22 19
20 21 22
Wie in 4.4 unten gezeigt wird, bestehen diese Möglichkeiten für Descartes allerdings nicht. Er setzt eine Substanz als Trägerin von Eigenschaften als gegeben voraus. Siehe oben 3.1, Absatz 3. Siehe Strawson (1959/2003: 90 ff.). Strawson (1959/2003: 101).
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
225
Ein reines Subjekt der Erfahrung bzw. ein Geist kann also nicht eindeutig identifiziert werden. Damit erfüllt es Strawsons ontologische Bedingung für grundlegende Einzeldinge nicht. 3.4. Die Unhaltbarkeit des Begriffs des reinen Subjekts Für die Unhaltbarkeit des Begriffs des reinen Subjekts argumentiert Strawson folgendermaßen: Da ein reines Subjekt der Erfahrung nicht identifizierbar ist, ist es völlig einsam – denn durch seine Nicht-Identifizierbarkeit können andere Subjekte nicht auf es Bezug nehmen und somit auch nicht von seiner Existenz wissen.23 Ein reines und somit notwendigerweise solipsistisches Subjekt kann anderen Subjekten nichts zuschreiben,24 genauso wenig wie es sich selbst etwas zuschreiben kann. Alles, was es in der Welt des reinen Subjekts gibt, sind verschiedene Bewusstseinszustände oder Erfahrungen. Auf dieser Basis ist Selbstzuschreibung sinnlos, denn alle Bewusstseinszustände sind seine Bewusstseinszustände und damit genauso gut die Bewusstseinszustände von niemandem. So macht es keinen Sinn, dass ich etwas (Bewusstseinszustände) habe, wenn es begrifflich ausgeschlossen ist, dass jemand anders es auch haben kann.25 Erst dann also, wenn wir über andere Subjekte der Erfahrung Bescheid wissen, können überhaupt sinnvoll Bewusstseinszustände zugeschrieben werden. Das ist in der Welt des solipsistischen Subjekts nicht der Fall. Diese Tatsache hat weit reichende Konsequenzen für den Begriff des reinen Subjekts: Dadurch, dass sich ein solches Subjekt nicht von anderen Subjekten unterscheiden kann, sind die Bedingungen der Identifikation, die durch den Ich-Begriff vorausgesetzt werden, nicht erfüllt. Es kann also auch keinen Begriff seiner selbst haben. Trifft diese Kritik auf Descartes zu, dann kann das Existo (Ich bin) nicht die erste Gewissheit des sich in der Situation des radikalen Zweifels befindenden Denkers darstellen, weil er dann über keinen legitimen IchBegriff verfügt. Nun muss aber untersucht werden, ob diese Kritik Des-
23 24 25
Siehe Strawson (1959/2003: 115). Siehe Strawson (1959/2003: 106). Strawson nennt das die „no-ownership doctrine of the self“, als mögliche Vertreter führt er Wittgenstein und Schlick an; siehe Strawson (1959/2003: 94 ff.).
Nadja Biedermann
226
cartes auch tatsächlich trifft – wobei vorausgesetzt wird, dass Strawsons Argumente grundsätzlich richtig sind.
4.
Descartes’ Dualismus
4.1
Radikaler Zweifel
Wie gezeigt wurde, erweist sich die Behauptung der Existenz einer geistigen Substanz bzw. eines reinen Subjekts als problematisch. Aus welchen Gründen behauptet Descartes aber die Existenz eines rein geistigen Dings und was genau behauptet er damit? In den Meditationen geht es ihm um die Frage, ob er – in der Rolle des Denkers – etwas mit absoluter Gewissheit erkennen kann. Zu diesem Zweck führt er die Methode des radikalen Zweifels ein. Dieser Zweifel ist insofern radikal, als alles, was sich als bezweifelbar erweist, innerhalb der Untersuchung als nichtig erachtet wird.26 Da sich auch die Existenz der körperlichen Welt durch den radikalen Zweifel als bezweifelbar erweist, muss Descartes im Rahmen seiner Untersuchung auch deren Existenz abstreiten.27 Allerdings gilt es festzuhalten, dass aus dieser epistemologisch motivierten Negierung der körperlichen Welt noch keine ontologischen Schlüsse folgen. Sie besagt lediglich, dass die Existenz von Körperlichem bezweifelbar ist und Descartes aus diesem Grund nicht auf sie zurückgreifen kann, um zu Gewissheit zu gelangen.
26 27
Siehe Descartes (2004, Med. I,2: 53). Tatsächlich erfolgt die Negierung der Existenz der körperlichen Welt in drei Schritten. Diese sind in diesem Zusammenhang jedoch nicht von Relevanz, denn hier geht es lediglich um die Bezweifelbarkeit der körperlichen Welt sowie um die ihr gegenüberstehende Gewissheit der Existenz des rein geistigen Ichs. Die Methode des radikalen Zweifels führt übrigens zu einer Asymmetrie zwischen Bezweifelbarem und Unbezweifelbarem: Während das, was unbezweifelbar ist, höchst gewiss ist, kann über das, was bezweifelt werden kann, kein Urteil gefällt werden.
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
4.2
227
Existo
Nachdem Descartes im Rahmen des radikalen Zweifels die Existenz der körperlichen Dinge für nichtig erklärt hat, fragt er: Aber woher weiß ich, dass es nichts gibt, das von allem, was ich bereits durchgesehen habe, verschieden ist und bei dem es nicht einmal die geringste Gelegenheit zum Zweifeln gibt?28
An dieser Stelle verknüpft er Körperlichkeit und Bezweifelbarkeit auf eine Weise miteinander, die folgende These nahe legt: Die Existenz alles Körperlichen ist bezweifelbar. Wenn es etwas gibt, das nicht bezweifelbar ist, dann muss dieses auch vom Körperlichen verschieden sein. In einem weiteren Schritt gelangt Descartes zu der Einsicht, dass er seine eigene Existenz nicht bezweifeln kann, solange er zweifelt bzw. denkt: Und möge er mich täuschen, soviel er kann, niemals wird er es dennoch bewirken, dass ich nichts bin, solange ich denken werde, dass ich etwas bin. So dass, nachdem ich alles mehr als genug durchdacht habe, schließlich festzustellen ist, dass dieser Satz, Ich bin, ich existiere, sooft er von mir ausgesprochen oder vom Geist begriffen wird, notwendigerweise wahr ist.29
Das Existo30 ist nicht bezweifelbar und deshalb kann sich das Ich seiner Existenz versichern. Die Verschiedenheit der körperlichen Dinge und des Ichs liegt also an dieser Stelle in der Bezweifelbarkeit bzw. Unbezweifelbarkeit ihrer Existenz. So ist es möglich, an der Existenz von Körpern zu zweifeln. Ganz und gar unmöglich ist es jedoch, an der Existenz des Ichs zu zweifeln (solange es denkt). Anschließend versucht Descartes herauszufinden, was genau dieses Ich ist, welches notwendigerweise existiert. Durch den methodischen 28
29 30
Im lateinischen Original scheint mir die Verknüpfung von Bezweifelbarem und Körperlichem noch deutlicher zu sein: „Sed unde scio nihil esse diversum ab iis omnibus que jam jam recensui, de quo ne minima quidem occasio sit dubitandi?“ (Descartes, 2004, Med. II,3: 70). Descartes (2004, Med. II,3: 71 f.). Das Existo bewahrheitet sich in dem Moment, in welchem es erfasst wird, selbst und besagt, dass das Zweifeln als spezifischer Akt des Denkens die Existenz eines denkenden Dings impliziert. Wenn ich hier vom Existo statt wie üblicherweise vom Cogito spreche, orientiere ich mich an Kemmerlings Interpretation von Descartes’ Argument; siehe Kemmerling (2005: besonders 77-123).
228
Nadja Biedermann
Zweifel zieht er von seinem ursprünglichen Verständnis seiner selbst als Mensch31 alles ab, was auf irgendeine Weise bezweifelt werden kann, also sämtliche körperlichen Attribute. Übrig bleibt ein rein denkendes Ding.32 Spricht er fortan vom Ich (Ego), bezieht er sich damit jeweils auf diese reduzierte Form seiner selbst. Dieses Ich stellt nun das Subjekt dar, welches allgemein als das cartesianische rein geistige Subjekt verstanden wird und dessen Annahme zu den oben diskutierten Problemen führt. Dazu muss allerdings auf Folgendes hingewiesen werden: In der Zweiten Meditation wird nicht behauptet, dass der Denker einzig und allein ein denkendes Ding sei. Es wird auch nicht behauptet, dass der Denker auf keinen Fall einen Körper habe. Es wird nur behauptet, dass der Denker ein denkendes und damit existierendes Ding sei und dies das Einzige sei, was in der Situation des radikalen Zweifels absolut gewiss ist.33 Das Argument hat soweit lediglich einen epistemologischen Charakter. 4.3
Descartes‘ Wahrheitskriterium
Mit der Methode des radikalen Zweifels hat Descartes festgelegt, über welche Dinge er urteilen kann und wo er sich des Urteils enthalten muss. Das im Existo exemplifizierte Wahrheitskriterium der klaren und deutlichen Erkenntnis dient nun dazu, die Gewissheit über das Existo hinaus auf analytisch wahre Aussagen auszudehnen.34 Es besagt Folgendes: Ich bin mir dessen gewiss, dass ich ein denkendes Ding bin. Weiß ich also nicht auch, was dazu erforderlich ist, damit ich irgend einer Sache gewiss bin? Offenbar ist in dieser Erkenntnis nichts anderes als eine gewisse klare und deutliche Wahrnehmung dessen, was ich behaupte […] und daher scheine ich nun als
31
32 33
34
Descartes’ Verwendung des Begriffs „Mensch“ bezieht sich jeweils auf ein körperlich-geistiges Ding. Siehe Descartes (2004, Med. II,6: 77 f.). Siehe hierzu auch die Überschrift der Zweiten Meditation: „De natura mentis humanae: quod ipsa sit notior quàm corpus“ („Über die Natur des menschlichen Geistes: dass er bekannter ist als der Körper“). Dies garantiert insbesondere, dass die Konklusionen logisch gültiger Argumente zweifelsfrei wahr sind.
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
229
allgemeine Regel aufstellen zu können, dass all das wahr ist, was ich sehr klar und deutlich erkenne.35
Klar und deutlich kann dasjenige erkannt werden, dessen Wahrheit nicht bestritten werden kann, ohne in einen „manifesten Widerspruch“ zu geraten, und was „mit den Augen des Geistes mit größtmöglicher Evidenz“ gesehen werden kann.36 Darunter fallen für Descartes beispielsweise Aussagen wie „Materielle Körper sind ausgedehnt“ oder „2 + 2 = 4“. Das Wahrheitskriterium reicht jedoch nicht aus, die Möglichkeit eines Betrügergottes auszuräumen, der den Denker auch in den Dingen, die er klar und deutlich erkennt, in die Irre führen könnte. Deshalb liefert Descartes in der Dritten und Fünften Meditation zwei voneinander unabhängige Gottesbeweise und räumt damit die Möglichkeit eines systematisch täuschenden Betrügergottes aus. Auf dieser Grundlage kann er dann behaupten, dass alles, was er klar und deutlich erkennt, notwendigerweise wahr ist, weil es von Gott auf diese Weise gesetzt werden kann.37 4.4
Vom Substanz- zum Eigenschaftsdualismus
In der Sechsten Meditation beweist Descartes schließlich den Dualismus von Körper und Geist. Dabei stellt die ontologische Abhängigkeit der Eigenschaften von der Substanz – ganz traditionsgemäß – eine Selbstverständlichkeit dar: [Es] ist gewiss, dass ein Denken nicht möglich ist ohne ein denkendes Ding, wie überhaupt kein Akt oder Akzidens ohne eine Substanz möglich ist, in der sie sind.38
35 36 37
38
Descartes (2004, Med. II,2: 99). Descartes (2004, Med. II,2: 99). Siehe Descartes (2004, Med. VI,9: 215). – Was genau es zu bedeuten hat, dass ein Ding von Gott „auf diese Weise gesetzt werden kann“ bedarf einer genaueren Untersuchung, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Nach meinem Verständnis handelt es sich dabei um ein epistemologisch motiviertes Kriterium: Was klar und deutlich erkannt werden kann, kann auf diese Weise existieren. Daraus folgt jedoch keine ontologische Notwendigkeit; siehe unten 4.4. Descartes (2004, Erläuterungen: 269).
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Als Konsequenz schließt Descartes von jeder beliebigen Eigenschaft unmittelbar auf eine ihr zugrunde liegende Substanz. Das erklärt, warum sich Descartes die für Strawson so zentrale Frage, weshalb Bewusstseinszustände – i. e. geistige Akzidenzien – überhaupt zugeschrieben werden, gar nicht stellt. So steht es für den Denker außer Frage, dass er selbst eine Substanz ist, nachdem er sich mit dem Existo seiner Existenz versichert hat: In der Dritten Meditation stellt er fest, dass er als denkendes Ding mit einem Stein als körperliches Ding insofern eine Gemeinsamkeit teilt, als beide Substanzen sind.39 Der Begriff der Substanz wird dabei weder eingeführt noch problematisiert. Descartes’ Dualismus wird allgemein als Substanzdualismus verstanden. Interessanterweise erfolgt seine Argumentation für die essentielle Verschiedenheit von Körper und Geist aber auf Eigenschafts- und nicht auf Substanzebene. Dies wird bereits bei der eben erwähnten Verwendung des Substanzbegriffs deutlich: Die Verschiedenheit, die Descartes zwischen dem denkenden Ich und dem Stein feststellt, basiert auf der Gegenüberstellung des Prädikatenpaars „ausgedehnt“ und „denkend“: […] ich begreife, dass ich eine Sache bin, die denkt und nicht ausgedehnt ist, dass der Stein dagegen eine ausgedehnte und keine denkende Sache ist, und dass daher eine maximale Verschiedenheit zwischen beiden Begriffen besteht […].40
Auch im Dualismusargument der Sechsten Meditation kommt der Begriff der Substanz nicht vor. Vielmehr wird der Dualismus durch die Verschiedenheit der Akzidenzien begründet. Daraus folgert Descartes aber unmittelbar, dass es bei diesem Dualismus um zwei verschiedene Substanzen geht.41 Er begründet dies mit der Behauptung, dass lediglich Substanzen real voneinander verschieden sein können: Ein realer Unterschied besteht im eigentlichen Sinn nur zwischen zwei oder mehreren Substanzen und wir nehmen allein dadurch wahr, dass diese Substanzen real voneinander unterschieden sind, dass wir die eine ohne die andere klar und deutlich verstehen können.42 39 40 41 42
Siehe Descartes (2004, Med. III,21: 127). Descartes (2004, Med. III,21: 127). Siehe Descartes (2004, Med. VI,10: 217 f.). Descartes (2004, Erläuterungen: 253).
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
231
Da uns gemäss Descartes eine Substanz an sich nicht affiziert, kann sie nur durch ihre Eigenschaften erkannt werden. Jeder Unterschied, der zwischen Substanzen behauptet wird, muss somit auf Eigenschaftsebene gemacht werden.43 Aufgrund dieser Voraussetzungen sollte der Substanzdualismus bei Descartes genau genommen als ontologische Möglichkeit gelesen werden, welche epistemologisch begründet ist. Es kann von körperlichen Eigenschaften auf eine körperliche, von geistigen Eigenschaften auf eine geistige Substanz geschlossen werden. Da unser beschränktes Erkenntnisvermögen jedoch keinen direkten Zugang zur Substanz erlaubt, lässt sich bei Descartes auch kein Argument finden, mit welchem die faktische Unabhängigkeit dieser beiden Substanzen behauptet werden kann. Auf die Modalität des cartesianischen Dualismusarguments gehe ich nun näher ein. 4.5
Modalität des Dualismusarguments
Descartes wird oft dahingehend interpretiert, dass er die unabhängige Existenz einer rein geistigen Entität, also des denkenden Ichs, behauptet. Tatsächlich wird mit dem Dualismusargument der Sechsten Meditation jedoch nicht die unabhängige Existenz zweier wesentlich verschiedener Substanzen bewiesen. Die ganze Argumentation ist modal abgeschwächt und besagt lediglich, dass die geistige Substanz unabhängig von der körperlichen existieren kann, da wir die eine ohne die andere begreifen können und sie somit voneinander verschieden sind – ob die geistige Substanz aber auch tatsächlich unabhängig von der körperlichen existiert, bleibt unbeantwortet. Descartes behauptet: […] dass überhaupt nichts anderes zu meiner Natur oder meinem Denken gehört außer dem allein, dass ich ein denkendes Ding bin, schließe ich zu Recht, dass mein Wesen darin allein besteht, dass ich ein denkendes Ding bin […].44
Er spricht also auch hier immer noch vom mittels des Existo erkannten denkenden Ich, welches eine von der Körperlichkeit abstrahierte Form seiner selbst ist. Dies wird auch durch die Fußnote an der entsprechenden
43 44
Siehe Descartes (2004, Erläuterungen: 273). Siehe Descartes (2004, Med. VI,9: 215).
232
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Stelle bestätigt: Es geht um „dieses Ich, d. h. meine Seele, durch die ich bin, was ich bin“.45 Descartes hat soweit also folgendermaßen argumentiert: (P1) Existo (durch das Denken wird meine Existenz erkannt). (P2) Was ich klar und deutlich erkenne, ist wahr (weil Gott kein Betrüger ist). (P3) Ich erkenne klar und deutlich den Begriff des Geistes als denkendes Ding, unabhängig vom Begriff des Körpers als ausgedehntes Ding (und umgekehrt). (P4) Was ich unabhängig voneinander begreifen kann, kann auch unabhängig voneinander existieren (weil es von Gott als solches setzbar ist). (C1) Ich – als denkendes Ding – kann unabhängig von der körperlichen Substanz existieren. (C2) Als denkendes Ding bin Ich (Ego) von der (möglicherweise existierenden) körperlichen Substanz verschieden. Mit dem Wahrheitskriterium kann Descartes seine Erkenntnis über die unbezweifelbare Gewissheit des Existo hinaus erweitern: Es erlaubt ihm, alle klar und deutlich eingesehenen analytischen Sätze als wahr zu beurteilen. Dadurch kann er mittels des Prädikatenpaars „ausgedehnt“ und „denkend“ die begriffliche Verschiedenheit der körperlichen und geistigen Dinge etablieren.46 Aufgrund der Existenz eines wohlwollenden Gottes kann Descartes des Weiteren behaupten, dass Körper und Geist, da er sie unabhängig voneinander begreift, auch unabhängig voneinander existieren können – ob sich das aber de facto auch so verhält, kann er nicht zeigen, da sich seine Untersuchung auf das, was er zu erkennen vermag, beschränkt. Mit dem Dualismusargument wird die Existenz materieller Körper nicht bewiesen. So kann der Denker auch noch keine ontologischen Aussagen bezüglich der körperlichen Welt machen. Das bedeutet jedoch nicht, 45 46
Descartes (2004, Med. VI,9: 217). Die Begriffe „Körper“ und „Ausdehnung“ sind voneinander abhängig, genauso wie „Geist“ und „Denken“, doch der Begriff des Körpers impliziert nicht den des Denkens noch der des Geistes den der Ausdehnung.
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233
dass er notwendigerweise keinen Körper hat. Vielmehr wird dessen Existenz erst in einem weiteren Schritt bewiesen. Diese Argumentation ist jedoch hier nicht von Belang.
5.
Cartesianische Subjekte
5.1
Zweierlei Subjekt-Begriffe
Strawson behauptet, dass aus dem cartesianischen Dualismus eine Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „ich“ folgt, die der Ausdruck, so wie wir ihn verwenden (wenn wir z. B. M- und P-Prädikate zuschreiben), tatsächlich nicht hat. So hält er fest, es sei „profoundly wrong […] that there are two uses of ‚I‘.“47 Bei genauer Lektüre der Meditationen zeigt sich nun, dass Descartes gar keine ambige Verwendung des Ausdrucks „ich“ behauptet. Er verfügt vielmehr über zwei verschiedene Subjekt-Begriffe: Die Person ist ein aus Körper und Geist zusammengesetztes Ding, für dessen Bezeichnung Descartes den alltagssprachlichen Ausdruck „ich“ reserviert. Davon zu unterscheiden ist der Begriff des rein geistigen Subjekts in der Situation des radikalen Zweifels. Descartes hebt den Unterschied dieser beiden Begriffe damit hervor, dass er das denkende Ich konsequent als „Ego“ bezeichnet.48 Wie bereits deutlich wurde, weist Strawson den Begriff des rein geistigen Subjekts zurück. Betrachten wir also diesen viel kritisierten Begriff des reinen Subjekts bei Descartes etwas genauer. 5.2
Reines Subjekt: Denkendes Ich
Das cartesianische denkende Ich ist die rein geistige Entität, welche durch das Existo erkannt wird. Es ist nichts Personales, Individuelles, sondern stellt – gewissermaßen per definitionem – etwas höchst Anonymes und Unpersönliches dar und weist bei genauem Hinschauen lediglich ein einziges Merkmal auf: dass es ein Ding ist, das denkt. Mittels des methodischen Zweifels ist der Denker zu einem aufs Denken beschränkten, von aller Körperlichkeit abstrahierten Ich-Begriff gelangt. „Ego“ ist somit ein tech47 48
Strawson (1959/2003: 98). Siehe z. B.: „Ego sum, ego existo“ (Descartes, 2004, Med. II,3: 72); „Ego sum, ego existo; certum est.“ (Descartes, 2004, Med. II,6: 76).
234
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nischer Ausdruck, dessen sich Descartes bedient, um das durch den radikalen Zweifel auf ein Minimum reduzierte Subjekt zu benennen, welchem nichts weiter zugeschrieben werden kann, als dass es sich als (existierendes, da denkendes) Subjekt begreift. Nun muss Strawson eingestanden werden, dass ein solches denkendes Ich nicht identifiziert werden kann und es somit notwendigerweise solipsistisch ist. Dazu sei aber auch erwähnt, dass sich Strawsons Interesse erheblich von demjenigen Descartes' unterscheidet: Während Descartes mittels einer epistemologischen Untersuchung Gewissheit sucht, geht es Strawson um die ontologischen Voraussetzungen unseres Begriffsystems. So kann Descartes bei seiner Untersuchung keinen Rekurs auf die materielle Welt nehmen, während dies für Strawson für die Identifikation und somit für ontologische Aussagen konstitutiv ist. Nun stellt Strawson aber klar, dass ein Subjekt sich nicht selbst identifizieren können muss, um sich etwas zuzuschrieben.49 So kann es sich denn auch als existent begreifen, solange es in der Lage ist, einen Gedanken wie „Existo“ zu erfassen. Um einen solchen Gedanken haben zu können, muss das Subjekt aber über einen sinnvollen Ich-Begriff verfügen. Dies wiederum kann – wie gezeigt wurde – nur durch die Primitivität des Personenbegriffs gewährleistet werden. Somit kann Strawson Descartes vorwerfen, er zweifle nicht radikal genug: Obwohl er nämlich die Existenz der materiellen Welt leugnet, verzichtet er nicht auf die Begriffe – hier im Besonderen auf den Subjekt-Begriff –, welche er dieser Welt, zu der Personen gehören, verdankt. Soweit wurde gezeigt, dass Descartes keine zweifache Verwendungsweise des Ausdrucks „ich“ unterstellt werden kann, sondern dass er vielmehr über zwei unterschiedliche Subjekt-Begriffe verfügt. In Anbetracht dieser Umstände sieht nun auch die strawsonsche Kritik etwas anders aus: [T]he concept of the pure individual consciousness – the pure ego – is a concept that cannot exist; or, at least, cannot exist as a primary concept in terms of which the concept of a person can be explained or analyzed. It can exist only, if
49
Siehe Strawson (1959/2003: 100).
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
235
at all, as a secondary, non-primitive concept, which is to be explained, analyzed, in terms of the concept of a person.50
Zwei Subjekt-Begriffe sind demnach auch nach Strawson theoretisch möglich, nur wird der Begriff der Person im Gegensatz zu dem des rein geistigen Subjekts als logisch und ontologisch primär betrachtet. Nun ist nicht zu bestreiten, dass Descartes das reine Subjekt im Gegensatz zur Person als epistemologisch primär erachtet. Behauptet er aber deswegen auch dessen ontologisches Primat? 5.3
Das ontologische Verhältnis von denkendem Ich und Person
Für die ontologische Priorität des denkenden Ichs könnte das Faktum sprechen, dass der Denker sich klar und deutlich als denkendes Ding erkennen kann, während ihm eine Erkenntnis dieser Art von sich als Person verwehrt bleibt. Die Hierarchie von Descartes’ Ontologie kann aber nicht auf epistemologischen Kriterien beruhen. Dann nämlich müsste die geistige Substanz im Gegensatz zur körperlichen ontologisch primär sein, da sie einfacher zu erkennen ist. Descartes erachtet die beiden Substanzen jedoch als ontologisch gleichrangig.51 In Descartes’ Werk sind allerdings Stellen zu finden, die eine ontologische Vorrangstellung des denkenden Ichs gegenüber der Person nahe legen. So macht Descartes in einem Dialog mit seinem Schüler Regius klar, dass zwischen einfachen und zusammengesetzten Subjekten zu unterscheiden sei.52 Während das rein geistige Subjekt deshalb ein einfaches Subjekt ist, weil es lediglich eine geistige Substanz ist, ist eine Person, weil sie sowohl aus der geistigen als auch aus der körperlichen Substanz besteht, ein zusammengesetztes Subjekt. Nun scheint aber das, was zusammengesetzt ist, von dem abhängig zu sein, aus dem es zusammengesetzt ist. So sagt Descartes im Discours: „[…] que toute composition tesmoigne de la dependance, & que la dependance est manifestement vn defaut“.53 In diesem Zusammenhang wird jedoch nicht klar, worauf sich diese Abhängigkeit bezieht. Sie könnte sich durchaus auch darauf beziehen, dass unsere Er50 51 52 53
Strawson (1959/2003: 102 f.). Zur ontologischen Hierarchie siehe Descartes (2004, Med. III,13: 113 f.). Siehe Schütt (1990: 51-83). Descartes (1996, Bd. VI: 35).
236
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kenntnis des Zusammengesetzten von unserer Erkenntnis des Einfachen abhängig ist. Damit würde es sich aber wieder um eine epistemologische Abhängigkeit handeln und diese wäre, wie erwähnt, für die cartesianische Ontologie nicht ausschlaggebend. Es gibt aber auch Stellen, die eine logische Gleichstellung beider Begriffe nahe legen: [i’ai] distingué trois genres d’idées ou de notions primitiues qui se connoissent chacune d’vne façon particuliere & non par la comparaison de l’vne à l’autre, à sçauoir la notion que nous auons de l’ame, celle du corps, & celle de l’union qui est entre l’ame & le corps […].54
Hier setzt Descartes den Begriff der Person, i. e. der Einheit aus Körper und Geist, mit demjenigen des Geistes und des Körpers auf dieselbe Stufe und nennt sie alle gleichermaßen „primitiv“. Descartes legt sich also nicht darauf fest, welche ontologische Ordnung zwischen Körper, Geist und dem Kompositum der beiden besteht. Auf jeden Fall folgt das ontologische Primat des denkenden Ichs nicht unmittelbar aus Descartes‘ epistemologischer Ordnung. Strawsons Kritik trifft auch nur dann, wenn man Descartes’ epistemologische Ordnung als ontologische versteht – Descartes selbst tut das aber nicht. 5.4
Zusammengesetztes Subjekt: Person
Selbst wenn Descartes den Begriff des reinen Subjekts von dem der Person herleitet, bleibt er von Strawson angreifbar, falls er behauptet, im Falle der Person würden die körperlichen und geistigen Eigenschaften zwei unterschiedlichen Dingen zugeschrieben.55 Ob er dies auch tatsächlich macht, soll nun geprüft werden. Descartes (bzw. der Denker) beginnt die Meditationen als Person, also als sowohl körperliches als auch geistiges Ding. Und er erkennt sich selbst – nachdem er die Existenz der geistigen und schließlich auch der körperlichen Substanz bewiesen hat – als eben solche Person.56 54 55
56
Brief an Elisabeth vom 28. Juni 1643, Descartes (1996, Bd. III: 691). Siehe Strawsons zentrale Fragen in Bezug auf den Subjekt-Begriff oben 3.1, Absatz 3. Die cartesianischen Meditationen sind nicht umsonst in der ersten Person verfasst. Sie sind insofern als Meditationen ernst zu nehmen, als wir alle genau zu
Der ontologische Status des rein geistigen Subjekts
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Durch das Existo hat sich der Denker als denkendes Ding, also als Geist, erkannt. Tatsächlich aber macht der Geist nur einen Teil der Natur des Denkers aus, da er eben nicht nur ein geistiges, sondern auch ein körperliches Ding, eine Person, ist. Auf diese Tatsache macht Descartes in den Meditationen immer wieder aufmerksam. Spricht er vom denkenden Ich, verweist er darauf, dass es dabei um ihn „als lediglich denkendes Ding“ geht. Spricht er allerdings von sich als Person, in welcher Körper und Geist vereint sind, sagt er: „ich als Ganzes, sofern ich aus Körper und Geist zusammengesetzt bin“.57 So sagt er auch: […] auch wenn der Geist zur Wesenheit des Menschen gehört, so gehört es doch nicht zur Wesenheit des Geistes, dass er mit dem menschlichen Körper vereinigt ist.58
Einem Menschen, d. h. einer Person, ist es also wesentlich, dass in ihr Körper und Geist vereint sind. Das heißt, dass auch für Descartes gilt: Der Begriff der Person kann nicht auf den Begriff des Geistes reduziert werden. Der Körper gehört genauso zur Natur der Person und spielt keine untergeordnete Rolle.59 In den Meditationen taucht kein anderes rein geistiges Ding auf als das denkende Ich und somit auch kein von der Körperlichkeit unabhängig existierendes Subjekt.60 Schließlich ist die Person der eigentliche Ausgangspunkt der Untersuchung und es ist der Person nun einmal wesentlich, sowohl körperlich als auch geistig zu sein. So muss denn auch die Behauptung der unabhängigen Existenz der geistigen Substanz modal abgeschwächt bleiben: Die rein geistige Substanz kann unabhängig von allem Körperlichen existieren – tatsächlich erkennt sie der Denker aber nur da-
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einem solchen denkenden Ich Zugang haben. Während dem Lesen der Meditationen können wir den Abstraktionsprozess des methodischen Zweifels an uns selbst vollziehen und so zu einem Begriff von uns als rein denkendem Ding gelangen. Descartes (2004, Med. VI,14: 225). Descartes (2004, Erläuterungen: 323). Siehe dazu auch Descartes’ berühmte Stelle in der Sechsten Meditation (Descartes, 2004, Med. VI1,3: 223). Dies könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum Descartes in den Meditationen nicht wirklich über einen Eigenschaftsdualismus hinauskommt.
Nadja Biedermann
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durch, dass er auf dem Weg des methodischen Zweifels von dem Körperlichen abstrahiert, das ihm, als Person, wesentlich ist. So gelesen sind Descartes’ und Strawsons Verständnis des SubjektBegriffs nicht so verschieden, wie es den Eindruck macht. Beide sehen in der Person eine Einheit von Körper und Geist und kommen auf dieser Basis zum Begriff des reinen Subjekts. Deshalb muss Strawsons Kritik als Kritik an Descartes zurückgewiesen werden, wenn auch nicht als Kritik an einem bestimmten Verständnis des Begriffs des reinen Subjekts. Die strawsonschen Argumente mögen richtig sein, ziehen gegen Descartes aber nur dann, wenn man dessen Projekt rein ontologisch versteht. In diesem Aufsatz habe ich zu zeigen versucht, dass sein Projekt jedoch eher epistemologisch zu begreifen ist und ihn folglich Strawsons Vorwürfe nicht treffen.*
Literatur Strawson, P. F. (1959/2003) Individuals. An Essay in Descriptive Metaphysics. London & New York: Routledge. Descartes, R. (1996) Oeuvres de Descartes. Publiées par Charles Adam et Paul Tannery, nouvelle édition, réimpression. Paris: Vrin. — (2004) Meditationen. Dreisprachige Parallelausgabe Latein – Französisch – Deutsch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Kemmerling, A. (2005) Ideen des Ichs. Studien zu Descartes’ Philosophie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Schütt, H. P. (1990) Substanzen, Subjekte und Personen: Eine Studie zum Cartesianischen Dualismus. Heidelberg: Manutius Verlag. *
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Silvan Imhof für seine unermüdliche Unterstützung bedanken, für all die spannenden Diskussionen und die hilfreichen Feedbacks, und natürlich auch bei Sarah-Jane Conrad. Diesen Aufsatz möchte ich meinen Eltern Madeleine und Markus widmen, für ihre unbedingte Liebe und ihr Vertrauen in mich.
Autorinnen und Autoren Michael Baumgartner is currently a lecturer and postdoctoral research associate at the University of Konstanz, Germany. From 2008 to 2009 he was a member of the philosophy of language research group meaning.ch at the University Bern, Switzerland, and from 2007 to 2008 a Visiting Fellow at the Center for Philosophy of Science of the University of Pittsburgh. In 2005 he earned his doctorate at the University of Bern with a dissertation on causation entitled Complex Causal Structures. His publications include a monographic introduction to the philosophy of causation and a number of papers on causation, regularity theories, interventionism, causal reasoning, and logical formalization. Nadja Biedermann hat an der Universität Bern Philosophie und Englische Literatur studiert. In ihrer Lizentiatsarbeit setzte sie sich mit dem SubjektBegriff bei Descartes und Strawson auseinander. Aktuell beschäftigt sie sich mit den Rechten der Tiere und dem ethischen Veganismus. Sarah-Jane Conrad, Mitbegründerin von meaning.ch, studierte in Bern, Paris und Heidelberg Philosophie und Romanistik. Sie promovierte über H. Paul Grices Bedeutungstheorie und ist Autorin und Mitherausgeberin verschiedener Publikationen in den Bereichen Philosophie und Sprachwissenschaft. Gegenwärtig arbeitet sie zum Kontextualismus und befasst sich mit ethischen Themen. Bernd Eickmann studierte in Duisburg und Hamburg Philosophie, Politikwissenschaft und Linguistik, sowie Computerlinguistik in Edinburgh. In Heidelberg promovierte er in der Philosophie über pronominale Bezugnahme und Anaphern. Seine Interessenschwerpunkte liegen in den Bereichen der Sprachphilosophie und Philosophie des Geistes. Silvan Imhof promoviert in Bern über Fichtes Theorie der Subjektivität und Intersubjektivität. Er arbeitet zu Kant und zum deutschen Idealismus und ist an der Edition von Reinholds Gesammelten Schriften beteiligt. Daneben beschäftigt er sich mit der klassischen analytischen Philosophie, der Sprechakttheorie sowie der Theorie der Subjektivität.
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Autorinnen und Autoren
Guido Löhrer ist Professor für Philosophie an der Universität Erfurt mit Arbeitsschwerpunkten in der Philosophie von Geist und Handlung, Moralphilosophie, Metaethik und Sprachphilosophie. Er ist Autor von Menschliche Würde. Wissenschaftliche Geltung und metaphorische Grenze der praktischen Philosophie Kants, Freiburg/München: Alber, 1995, und Praktisches Wissen. Grundlagen einer konstruktiven Theorie menschlichen Handelns, Paderborn: Mentis, 2003, Gastherausgeber von „Handlungserklärungen“, Themenheft der Internationalen Zeitschrift für Philosophie 17.1 (2008), und gemeinsam mit Christoph Horn Herausgeber von Gründe und Zwecke. Texte zur aktuellen Handlungstheorie, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2010. Klaus Petrus, Mitbegründer und Leiter der Forschungsgruppe meaning.ch, ist derzeit SNF-Förderprofesser für Philosophie und Privatdozent an der Universität Bern mit Schwerpunkten u. a. in Sprachphilosophie, Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts und Tierethik. Zahlreiche Aufsätze zur Sprechakttheorie, Herausgeber u. a. von Monism (2003), On Human Persons (2003) und Meaning & Analysis (2010) sowie Mitherausgeber der philosophischen Fachzeitschrift Facta Philosophica. Christoph C. Pfisterer hat Philosophie, Logik und Linguistik an der Universität Wien studiert. Er ist Lehrbeauftragter am Philosophischen Seminar der Universität Zürich und hat im Rahmen eines Forschungsprojekts des Schweizer Nationalfonds mit einer Dissertation über den Urteilsbegriff in Freges Logik promoviert. Derzeit arbeitet er an einem Buch zum Urteilsbegriff in der Philosophie von Gottlob Frege. Benjamin Schnieder is the director of phlox, a research group on the philosophy and logic of explanation. The group is affiliated to the HumboldtUniversität zu Berlin and is funded by the DFG as part of the Emmy Noether-program. Schnieder is the author of Substanz und Adhärenz – Bolzanos Ontologie des Wirklichen (Sankt Augustin: Academia, 2002), Substanzen und (ihre) Eigenschaften (Berlin: de Gruyter, 2004), and various articles on metaphysics and the philosophy of language. Moritz Schulz (HU Berlin) is a PhD-student and a member of phlox. Epistemic modals are also the topic of his paper Epistemic Modals and Informational Consequence (in Synthese).
Autorinnen und Autoren
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Alexander Steinberg (UCL & HU Berlin) is also a member of phlox. Non-epistemic modality is the topic of his PhD thesis A Chance for Possibility. An Investigation into the Grounds of Modality, submitted to UCL. Mark Textor is Reader in Philosophy in King’s College, University of London.
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Vol. 4 Hans Rott • Vitezslav Horak(Eds.) Possibility and Reality Metaphysics and Logic ISBN 3-937202-24-2 310 pp. • Paperback € 32,00 Vol. 5 Timm Lampert Klassische Logik Einführung mit interaktiven Übungen ISBN 3-937202-83-8, 2. verbesserte Auflage 402 Seiten • Paperback € 30,00
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