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German Pages 419 [422] Year 2016
Geschichte Franz Steiner Verlag
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t r a nsatl a ntiHistorische s ch e h i s to r i s ch e s t u d i e n Transatlantische Studien
Katharina Scheffler
Operation Crossroads Africa, 1958–1972 Kulturdiplomatie zwischen Nordamerika und Afrika
Katharina Scheffler Operation Crossroads Africa, 1958–1972
transatlantische historische studien Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Washington, DC Herausgegeben von Mischa Honeck, Jan C. Jansen, Simone Lässig und Britta Waldschmidt-Nelson Band 57
Katharina Scheffler
Operation Crossroads Africa, 1958–1972 Kulturdiplomatie zwischen Nordamerika und Afrika
Franz Steiner Verlag
Umschlagabbildung: Die Crossroader 1963 vor ihrer Abreise nach Guinea. © Michael Niebling
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Umschlaggestaltung: r2 Röger & Röttenbacher, Leonberg Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11285-7 (Print) ISBN 978-3-515-11286-4 (E-Book)
The practice of modern diplomacy requires a close understanding not only of governments but also of people. – John F. Kennedy –
Inhaltsverzeichnis
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1
I
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Ein Weg mit vielen Kreuzungen – Operation Crossroads Africa von 1957 bis 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2 3 4 5 6
People-to-people Diplomatie im Dienst der amerikanischen Außenpolitik? Methoden und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 „Road-breakers“ – 1957 bis 1960 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Pilot for the Peace Corps? – 1961 bis 1963 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Blütezeit – 1964 bis 1966 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Krise und Erholung – 1967 bis 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
II Der Weg der Crossroader von Amerika nach Afrika und zurück . . . . . . . . . . . 219 7
„A cross section of Americans“? Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise . . . . . . . . . . . . . . 221
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Inhaltsverzeichnis
8 9
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Willkommener Kulturschock – Leben und Arbeiten der Crossroader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 We found people like ourselves“ – Der interkulturelle Dialog zwischen Crossroadern, afrikanischen counterparts und Einheimischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 „What is Africa to me?“ Der Selbstfindungsprozess schwarzer Crossroader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Das Ende der Reise? Die Bedeutung von Crossroads für Afrika, Amerika und die Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 „At least we can help make the world safe for diversity“ – ein Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Verzeichnis der Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
Danksagung
B
ei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Dissertation, die an der Friedrich-Schiller-Universität Jena verfasst wurde. Zu allererst möchte ich mich bei Prof. Dr. Jörg Nagler und Prof. Dr. Thomas Kroll bedanken, die diese Arbeit betreut haben. Besonders meinem Doktorvater Prof. Nagler danke ich für seine Unterstützung und seinen Rat in fachlichen und methodischen Fragen sowie seinen freundlichen und respektvollen Umgang mit all seinen Doktoranden. Besonderer Dank gilt zudem den Mitarbeitern des Amistad Research Center in New Orleans, im speziellen Lee Hampton, Christopher Harter und Andrew Salinas, die mir während meines Archivaufenthaltes fachkundige Unterstützung leisteten und es mir ermöglichten, noch fehlende Materialien zu beschaffen. Auch in der Sterling Memorial Library und den Archiven der Yale University sowie dem Schomburg Center for Research in Black Culture in New York stand mir das Personal bei Fragen stets hilfsbereit zur Seite und ermöglichte eine unkomplizierte und ertragreiche Arbeit in seinen Archiven und Bibliotheksbeständen. Bei David Kuzma der Special Collections and University Archives der Rutgers University möchte ich mich für seine großzügige Hilfe, die darin bestand mir die gewünschten Materialien der Abernethy Papers zu kopieren und unentgeltlich zukommen zu lassen, herzlichst bedanken. Lebendig und interessant haben die Arbeit an diesem Thema vor allem die Gespräche und der Austausch mit den ehemaligen Teilnehmern und Mitarbeitern von Operation Crossroads Africa gestaltet. Sie erzählten mir begeistert von ihren Erlebnissen und Eindrücken, als hätte alles erst gestern stattgefunden, und begrüßten mein Dissertationsprojekt mit viel Enthusiasmus. Die Wohnungen
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Danksagung
sämtlicher Crossroader riefen mir zudem anhand afrikanischer Kunstwerke und Mitbringsel immer wieder den besonderen Platz in Erinnerung, den die Teilnahme an Operation Crossroads in ihrem Leben einnimmt. Mein besonderer Dank gilt deshalb Willis Logan, der mir den Kontakt zu zahlreichen ehemaligen Freiwilligen ermöglicht hat und mit dem ich ein äußerst interessantes Gespräch führen durfte, LaVerne Brown, Haskell Ward für seine Bereitschaft, mehrmals mit mir zu telefonieren, Michael Seltzer, Linda Crichlow White, JoAnn Tanner, Sydney und Norah Hall, Patricia und Robert Carey, Richard Hull, Marshall Cole, Oscar McCloud, Vance Shawn, Jerome Vogel, Georgianne McLeod und Joseph Edwards, die sich alle die Zeit nahmen mit mir über Operation Crossroads zu reden, mich in ihren Häusern empfingen und in Restaurants einluden und mir Einblick in ihr Leben und insbesondere in eine für sie sehr prägende Zeit gewährten. Außerdem möchte ich Jacqueline Kakembo danken, die mich sehr freundlich auf einem Ehemaligentreffen in Washington D. C. empfing. Mein Dank gilt weiterhin Reverend LaBelle, der mich zum Sonntagsgottesdienst in die Church of the Master einlud und den Kontakt zu ehemaligen Crossroadern und Gemeindemitgliedern herstellte, die Dr. Robinson persönlich kannten. Großer Dank gebührt Michael Niebling und seiner Frau Suzanne, die uns wundervolle Gastgeber in Washington waren, anderen Crossroadern vorstellten, mich zu den Interviews fuhren und uns die schönsten Seiten der Stadt zeigten. Michael gewährte mir darüber hinaus Einblick in seine Briefe, Notizbücher und Aufsätze aus seiner Zeit in Guinea, beeindruckte mich in vielen Gesprächen mit seiner Begeisterung für Crossroads und fesselte mich mit seinen Geschichten und Anekdoten. Michael und Suzanne sind während dieser Zeit zu Freunden geworden. Konrad Linke danke ich für die Zeit, die er sich genommen hat, um einige Kapitel Korrektur zu lesen, und für seine anregenden und kritischen Ratschläge. Ohne die großzügige Möglichkeit des GHI Washington sowie des Franz Steiner Verlages wäre es mir nicht möglich gewesen, dieses Buch zu veröffentlichen. Mein großer Dank gilt deshalb insbesondere Frau Britta Waldschmidt-Nelson und Jan Jansen, die die Bearbeitung dieses Bandes von Beginn an unterstützt und gefördert haben. Ebenso danke ich Sarah Schäfer vom Steiner Verlag für ihre Betreuung. Besonders danke ich meiner Lektorin Ricarda Berthold, die diesen Band nicht nur stilistisch ansprechender gestaltet hat, sondern mir auch bei vielen technischen Fragen weitergeholfen hat mit großem Einsatz und viel Geduld. Zu guter Letzt danke ich meinen Eltern Matthias und Erdmute Wagner für ihre Unterstützung und dass sie mich darin bestärkt haben, diese Dissertation zu verfassen. Ganz besonderer Dank gilt Sebastian Scheffler, der sich stets sehr interessiert an meinem Thema und meiner Arbeit gezeigt, an jedem Arbeitsschritt Anteil genommen, mit mir diskutiert, mich in manchen Entscheidungen bekräftigt oder mich zum Nachdenken über manche Erkenntnisse angeregt hat.
Abkürzungsverzeichnis
AAAR ACOA AFSAR ANLCA CAA CARE CENIS CIA CORE CUSO FBI HUAC ICA IVS JHR MIT NAACP NGO OCA OCAR PDO
African Academy of Arts and Research American Committee on Africa Americans for South African Resistance American Negro Leadership Conference on Africa Council on African Affairs Cooperative for American Relief Everywhere Center of International Studies (am Massachusetts Institute of Technology) Central Intelligence Agency Congress of Racial Equality Canadian University Service Overseas Federal Bureau of Investigation House Committee of Un-American Activities International Cooperation Administration International Voluntary Services James Herman Robinson Papers, 1935–1973, Amistad Research Center, Tulane University, New Orleans, Louisiana Massachusetts Institute of Technology National Association for the Advancement of Colored People Non-Government Organization Operation Crossroads Africa Operation Crossroads Africa Records, Amistad Research Center, Tulane University, New Orleans, Louisiana Office of Program Development and Operations (des Peace Corps)
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Abkürzungsverzeichnis
SDS UCLA UNO USAID USIA VISTA WSC YMCA
Students for a Democratic Society University of California at Los Angeles United Nations Organization United States Agency for International Development United States Information Agency Volunteers in Service to America William Sloane Coffin Papers, Yale University Library, New Haven, Connecticut Young Men’s Christian Association
Vorwort
I
m Jahre 1972 schrieb die langjährige Mitarbeiterin und Vertraute James Herman Robinsons, LaVerne Brown, über seine Absicht, einen Fortsetzungsroman zu seiner Autobiographie Road Without Turning zu verfassen: Operation Crossroads Africa, which Dr. Robinson founded and directed since 1958, was to provide the nucleus for the book. It would detail how Dr. Robinson’s unique idea for involving American and Canadian college students in workcamp and study programs in Africa during the summer months had proven such an effective vehicle for fostering understanding between the two continents, raising the awareness level of both the Westerners and Africans, which simultaneously administered to the needs of Africa.1
Ein Großteil des Buches sollte, so Mrs. Brown, über die Erfahrungen der Freiwilligen, die an Operation Crossroads Africa (OCA) teilnahmen, berichten. Diese jungen Amerikaner und Kanadier, die einen ethnischen, religiösen und kulturellen Querschnitt des nordamerikanischen Kontinents darstellten, verband ein gemeinsames Interesse – der Wunsch, sich den Bewohnern Afrikas auf eine bedeutungsvolle Weise zu nähern, und die Bereitschaft, in einem ihnen bis dato nicht vertrauten kulturellen Umfeld zu leben und zu arbeiten, um einen Beitrag zu internationaler Verständigung zu leisten.2 Als Mrs. Brown diesen Artikel 1972 verfasste, hatte Crossroads bereits seit vierzehn Jahren an der Errichtung von über einhundert Schulen in Afrika mit1 2
Brown, Unfinished Task, in: The Crisis (Mai 1973), 159. Ebd.
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Vorwort
gewirkt sowie geholfen Kliniken, Waisenhäuser, Straßen und Bewässerungssysteme zu bauen. Zudem rief es ein Lehrerausbildungsprogramm ins Leben, das es allein in Liberia insgesamt 1.600 Lehrern ermöglichte sich weiterzubilden und neue Lehrmethoden zu erproben. Und auch Schulungen für Sekretärinnen, medizinische Projekte und Basketball- und Schwimmunterricht trugen dazu bei, dass sich Crossroads seinen Ruf als „one of the most effective promoters of understanding between Americans and Africans“ erarbeitete.3 Ab 1964 organisierte Crossroads außerdem in Zusammenarbeit mit dem Außenministerium jedes Jahr für eine Gruppe afrikanischer Studenten eine achtwöchige Studienreise in die USA und ab 1968 Freiwilligenprojekte in der Karibik. Diese ähnelten dem Programm auf dem afrikanischen Kontinent, verfolgten aber das Ziel, eine bessere Verständigung zwischen der Jugend in der Karibik und den USA herbeizuführen. Angesichts der Fülle an Aktivitäten, die die Organisation weltweit initiierte, und angesichts der innovativen Methode, derer sie sich dabei bediente, verwundert es, dass sich bisher noch keine Monographie mit Operation Crossroads Africa beschäftigt hat. Bedauerlich ist vor allem die Tatsache, dass James H. Robinson nicht selbst die Gelegenheit hatte, ein Buch über seine Zeit mit Operation Crossroads zu schreiben. Das vorliegende Buch soll an seiner Stelle die von Dr. Robinson intendierte Arbeit übernehmen und eine Organisation beschreiben, die zum besseren Verständnis zwischen Afrika und Amerika und zwischen dem schwarzen und dem weißen Amerika beitragen wollte.
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Rice, The Bold Experiment, 5.
1 – Einleitung
If only one person is helped in thinking or his attitude to a better point of view, or encouraged to constructive action, then no effort is worthless or lost. – James H. Robinson –
A
m Morgen des 22. Juni 1962 versammelten sich 292 Studenten auf dem Rasen des Weißen Hauses, wo sie von Präsident John F. Kennedy empfangen werden sollten. Unter ihnen befanden sich sowohl weiße als auch schwarze US-Amerikaner und Kanadier, Katholiken, Presbyterianer und Juden, Süd- und Nordstaatler, Jungen und Mädchen im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren. Alle waren ausgewählt worden, im Rahmen des Freiwilligenprojektes Operation Crossroads Africa (OCA), das der afroamerikanische Pfarrer James H. Robinson 1957 ins Leben gerufen hatte, für zwei Monate in Afrika zu arbeiten, zu leben und die dortige Kultur zu erleben. Kurz nach zehn Uhr erschien der Präsident gut gelaunt im Rose Garden des Weißen Hauses und begrüßte diese seiner Meinung nach „extraordinary group“ von Studenten. „This group and this effort really were the progenitors of the Peace Corps“, verkündete Kennedy begeistert, um anschließend den signifikanten Beitrag der Organisation „to the establishment of what I consider to be the most encouraging indication of the desire for service not only in this country but all around the world that we have seen in recent years“ zu loben. Anerkennend hob er die Selbstlosigkeit und den Tatendrang der Teilnehmer hervor, die für einen Großteil ihrer Reisekosten selbst aufgekommen waren, um in Afrika an Projekten zu arbeiten. Ihr Vorhaben sei nicht nur äußerst nobel, sondern erforderte vor allem auch Mut, denn schließlich würden die Crossroader1 unter härtesten Bedingungen leben und einen Kontinent bereisen, über den Amerikaner bisher nur sehr wenig wussten. Diese Hingabe von 1
Im Folgenden bezieht sich dieser Begriff stets auf sowohl männliche als auch weibliche Teil-
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Einleitung
jungen Amerikanern sei, so Kennedy weiter, besonders im Zuge der Entkolonialisierung der afrikanischen Staaten und vor dem Hintergrund des Kalten Krieges ein wirksamer Beitrag zur amerikanischen Afrikapolitik, die sich gerade in Transformation befinde. Die Probleme des afrikanischen Kontinents würden sie allein nicht lösen können, beschwichtigte der Präsident schließlich die Studenten – „but you can begin“, fügte er hinzu. Ganz im Sinne seines Mottos „ask not what your country can do for you, but what you can do for your country“ ermutigte Kennedy sie dazu, während ihrer Reise Interesse und Anteilnahme an Afrikas Zukunft zu zeigen und ihr neugewonnenes Wissen über Afrika nach ihrer Rückkehr mit dem Rest der amerikanischen Bevölkerung zu teilen. „So, I want you to know“, fuhr er fort, „that in going to Africa you represent the best of your country […] And I think that you will have the feeling of having served this country and, in a broader sense, the free community of people in a very crucial time.“ Abschließend bemerkte er, dass es leicht sei, Reden darüber zu halten, wie sich die Vereinigten Staaten von Amerika zum Besseren verändern könnten. Diese höre er ständig. Die Crossroader aber, „at least are picking up [their] bags […] going some place and doing something“. Nach Kennedys Rede, die von tosendem Applaus seitens der versammelten Studenten beendet wurde, würdigte auch der ebenfalls anwesende Senator Hubert Humphrey OCA als ein „wahrhaft internationales Projekt“ und wünschte den Teilnehmern Erfolg bei ihrer Mission, den Menschen in Afrika das „wahre Amerika“ nahezubringen.2 Fragestellung und erkenntnisleitendes Interesse
Obwohl Crossroads Africa von Präsident Kennedy in seiner Rede als „progenitor of the Peace Corps“ bezeichnet wurde und auch in der Fachliteratur als „model for the Peace Corps“ oder „a kind of unofficial Peace Corps“ betitelt wird und 1960 sogar als „[the] world’s most successful work camp experiment“ gefeiert wurde, ist kaum etwas über die Organisation selbst bekannt.3 Dabei liefert eine Beschäftigung mit Crossroads Africa Erkenntnisse, die weit über dessen Beitrag zur Gründung des Peace Corps hinausgehen – Erkenntnisse über transnationalen afroamerikanischen Aktivismus in einer Hochphase des Kalten Krieges sowie über den Beitrag, den people-to-people diplomacy nehmer an Operation Crossroads Africa. Wenn sich der Ausdruck auf nur ein Geschlecht bezieht, wird explizit darauf hingewiesen. 2 Kennedy, Remarks to Student Volunteers Participating in Operation Crossroads Africa. 3 Peacecorpsonline.org/messages/messages/2629/2027011.html.: „The Peace Corps was in fact based on a similar organization, Operation Crossroads“; „Most successful workcamp experience“, in: Ebony, November 1960, 55.
Fragestellung und erkenntnisleitendes Interesse
zur Überwindung von Konflikten zwischen Nationen aber auch Menschen verschiedener Kulturen und Hautfarben zu leisten vermochte.4 Zudem verdeutlicht die Arbeit die komplexen Verbindungen zwischen der Entkolonialisierung Afrikas, der amerikanischen Außenpolitik und Kulturdiplomatie im Kalten Krieg sowie der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Studentenbewegung der sechziger Jahre. Das erkenntnisleitende Interesse der Arbeit ist es, eine empirische Lücke zu schließen, indem sie die ersten fünfzehn Jahre von OCA rekonstruiert und damit die Geschichte einer Organisation untersucht, die sich für internationale und ethnische Verständigung einsetzte. Crossroads gelang dies, obwohl die Kommunistenhetze während des Kalten Krieges den Radius der Möglichkeiten internationalen Engagements für Afroamerikaner5 erheblich einschränkte. Die Arbeit verdeutlicht jedoch, dass der kulturdiplomatische Ansatz Afroamerikanern ermöglichte, einen Beitrag sowohl für die auswärtigen Beziehungen der USA mit Afrika als auch für die heimischen Rassenbeziehungen zu leisten. Methodisch ist die Arbeit der New Cultural History zuzuordnen, die Diplomatiegeschichte aus einer sozial- und kulturgeschichtlichen Perspektive betrachtet. Die Dissertation wird sich auf das „Overseas Youth Program“ von OCA konzentrieren, ein Projekt, das amerikanische Studenten dem afrikanischen Kontinent seit 1958 durch Freiwilligenarbeit näherbrachte. Andere Initiativen von Crossroads wie das „African Leadership Program“, das Afrikanern Studienreisen in die USA ermöglichte, werden dabei aufgrund der Fokussierung meiner Arbeit außen vor gelassen. Auch enthält diese Arbeit keine umfassende biographische Studie über James H. Robinson, dessen Leben genügend Stoff für eine weitere Untersuchung bietet. Der Untersuchungszeitraum des vorliegenden Buches erstreckt sich von 1957 bis 1972, von der Gründung von Operation Crossroads bis zum Zeitpunkt des Todes James H. Robinsons. Obwohl das Freiwilligenprojekt nach seinem Tod fortbestand, starb mit ihm sinnbildlich ein wichtiger Teil der Organisation, oder, wie seine Sekretärin LaVerne Brown treffend formulierte, „the heart of the institution“.6 Mit diesem Zeitraum deckt die Dissertation außerdem die sechziger Jahre ab, in denen sich ein bedeutenDer Begriff people-to-people diplomacy war bereits in den fünfziger Jahren gebräuchlich, wie die auf Initiative Eisenhowers zurückgehende Gründung des staatlichen Kulturaustauschprogramms People to People 1956 bezeugt. Crossroads definierte sich selbst als ein people-to-people project. In der aktuellen Forschung werden privat operierende Programme wie Crossroads unter track two diplomacy oder citizen diplomacy subsumiert. 5 In der Arbeit werde ich die als politisch korrekt geltende Vokabel „Afroamerikaner“ (im Amerikanischen: African American) in seiner deutschen Schreibweise verwenden, wenngleich dies streng genommen keine adäquate Übersetzung des Wortes ist. Denn der amerikanische Begriff impliziert eine Identifikation der schwarzen Amerikaner mit Afrika (African American), die das deutsche Korrelat nicht auszudrücken vermag. 6 LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 4
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Einleitung
der Wandel in den (afro)amerikanischen Beziehungen mit Afrika abzeichnete, den Crossroads ab 1957 mit zu initiieren half. In der Einleitung möchte ich nun zunächst die historische Fragestellung und die Quellenlage erläutern, um anschließend die Thematik in den historiographischen Hintergrund einzuordnen – wobei die methodologischen Überlegungen damit verwoben sind. Die Geschichte von Crossroads Africa muss im Kontext der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen der späten fünfziger und sechziger Jahre betrachtet werden, war sie doch ein Resultat der sozialen und politischen Veränderungen, die sich in Amerika wie auch weltweit in diesem Zeitraum vollzogen. Der Name „Crossroads“ verweist auf die angespannte Lage nach dem Zweiten Weltkrieg, in der viele Menschen das Gefühl hatten, man befände sich an einem Scheideweg. In dieser Zeit überschnitten sich der Kalte Krieg und die mit großen Schritten voranschreitende Entkolonialisierung in Afrika und Asien mit der aufkeimenden amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und dem Erwachen einer idealistischen amerikanischen Jugend, die ihren Drang nach Selbstverwirklichung mit humanitären Absichten in Einklang zu bringen versuchte. Der Abzug der europäischen Kolonialmächte aus Asien und Afrika katapultierte die auf diesen Kontinenten entstehenden Staaten zu wichtigen Einflusssphären für die USA und die UdSSR, da sie zur ideologischen und strategischen Überlegenheit der sich im Kalten Krieg gegenüberstehenden Blöcke beitragen konnten.7 Um sich diese Einflussgebiete zu sichern, setzten beide Seiten auf eine aggressive Kulturdiplomatie, bei der Amerika vor allem bemüht war, sein demokratisches Weltbild zu unterstreichen. Zudem versprachen die USA den entstehenden Ländern eine Entwicklungspolitik, die in einem linearen Prozess die rapide Modernisierung der bisher noch „unterentwickelten Staaten“ bewirken sollte.8 Zur selben Zeit, da afrikanische Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten, trat auch die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung in eine neue Phase ein und setzte vermehrt auf Graswurzelaktivismus und friedlichen zivilen Ungehorsam. Die zeitlich parallele Entwicklung dieser Phänomene begünstigte, dass sie einander inspirierten, aber auch die US-Regierung darauf aufmerksam machten, dass die Gleichstellung schwarzer Amerikaner eine wichtige VorausVgl. Schraeder, United States Foreign Policy Toward Africa; Karabell, Architects of Intervention. 8 Über Kulturdiplomatie der USA in der Dritten Welt während der fünfziger und sechziger Jahre siehe Hixson, Parting the Curtain; Osgood, Words and Deeds; Cull, The Cold War and the United States Information Agency; Medhurst (Hg.), Eisenhower’s War of Words; Osgood, Total Cold War; Hoffman, Decolonization, the Cold War, and the Foreign Policy of the Peace Corps. Über die Entwicklungspolitik der USA in Afrika unter Eisenhower, Kennedy und Johnson siehe Engerman u. a. (Hg.), Staging Growth; Hess, Waging the Cold War in the Third World; Gilman, Mandarins of the Future; Latham, Modernization as Ideology. 7
Fragestellung und erkenntnisleitendes Interesse
setzung für die Akzeptanz der USA in den neu entstandenen schwarzafrikanischen Nationen war. James H. Robinsons Intention war es, in dieser Zeit des politischen und sozialen Umbruchs durch den Bau von „bridges of friendship“ zur Überwindung sowohl kultureller als auch ethnischer Barrieren beizutragen.9 Mit Crossroads schuf er die erste amerikanische Organisation, die Freiwilligenarbeit mit Studienseminaren verband.10 Kanadier und US-Amerikaner, Afroamerikaner und Weiße sollten gemeinsam mit Afrikanern an Entwicklungsprojekten in Afrika arbeiten. In sogenannten workcamps11 gab es für die an Crossroads partizipierenden jungen Erwachsenen ein Beziehungsgefüge, das sich nicht nur von der bisher hierarchisch geordneten Beziehung zwischen der westlichen Welt und Afrika abhob, sondern auch Amerikaner unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe und Religion miteinander bekannt und vertraut machte – eine im Rassentrennung praktizierenden Amerika der fünfziger Jahre radikale und gewagte Unternehmung. Crossroads Africa war James H. Robinsons Antwort auf einen Konflikt, dem sich viele schwarze Aktivisten während des Kalten Krieges ausgesetzt sahen: Wie ließ sich Interesse für Afrika wecken und gleichzeitig ein Beitrag zur einheimischen Bürgerrechtsbewegung leisten? Für beide Interessensphären erachtete Robinson die Partizipation von schwarzen und weißen Amerikanern gleichermaßen als unerlässlich. Letztere hoffte er nicht nur als Botschafter für die bis dahin diplomatisch und populärkulturell wenig beachteten, im Entstehen begriffenen afrikanischen Staaten, sondern auch im Engagement für soziale Gerechtigkeit in den USA zu gewinnen. Schwarze Amerikaner konnten darüber hinaus durch ihre Mitwirkung an internationalen Beziehungen einen ihnen bis dato nicht zugänglichen Bereich der politischen Partizipation erschließen und somit einen wichtigen Beitrag zur politischen Gleichstellung der Afroamerikaner in den USA leisten.12 Die Organisation und die Teilnehmer an OCA trugen demnach nicht nur zu einer differenzierteren Wahrnehmung des „dunklen Kontinents“ in der amerikanischen Öffentlichkeit bei, sondern leisteten einen wichtigen Beitrag zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Dies werde ich zeigen, indem ich die Motive betrachte, die die Gründung der Organisation beeinflussten und bedingten, ihre Entstehung und Entwicklung beschreibe und untersuche, wie Vgl. Brief, James H. Robinson an Hubert Humphrey, 15. Januar 1968, OCAR Addendum 2010. 10 Vgl. The Peace Corps Volunteer 3.2 (Dezember 1964), 8. 11 Workcamp bezeichnet in diesem Fall die Projekte, an denen die Crossroader in Afrika arbeiteten. Das Coordinating Committee for International Voluntary Service (CCIVS) der UNESCO definiert ein workcamp als „small international groups of young volunteers who work and live together, in order to create an atmosphere of international understanding to preserve peace in the world“. Warr, The Power of Action. 12 Vgl. Plummer, Rising Wind, 326. 9
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Einleitung
die Freiwilligen in Afrika ihr Verständnis von Kultur und race reflektierten und im Zuge dessen zum Teil revidierten. Wie die eingangs zitierte Rede Kennedys verdeutlicht, wurde Crossroads außerdem ein Nutzen in der Imagepflege der USA in der Dritten Welt zugesprochen.13 Das amerikanische Außenministerium legte in der ideologischen Auseinandersetzung mit der UdSSR im Kalten Krieg einen Schwerpunkt auf Kulturdiplomatie. Die Partizipation von Afroamerikanern daran ermöglichte, wie ich argumentieren werde, schwarzen Amerikanern, sowohl außen- als auch innenpolitische Interessen zu artikulieren. Während es Crossroads’ Anliegen war, Einfluss auf seine Teilnehmer auszuüben, um sie im Engagement für Afrika und gleiche Bürgerrechte für alle Amerikaner zu gewinnen, begrüßten die Medien, führende Sozial- und Politikwissenschaftler und vor allem das Außenministerium das Projekt als kulturdiplomatische Waffe im Kampf gegen die Einflussnahme von Kommunisten in der Dritten Welt. Weil Crossroads eine pluralistische Gemeinschaft auf internationalem Boden vorführte, so erhofften sie sich, ließen sich „Herz und Verstand“ der Bewohner der Dritten Welt für die USA gewinnen. Tatsächlich führte das Projekt jedoch vielmehr dazu, dass den Amerikanern die Scheinheiligkeit existierender Rassenbeziehungen vor Augen geführt wurde. Sie wurden auf die Defizite der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in den USA aufmerksam. Die These, dass Crossroads mit seinem transnational operierenden Projekt nicht nur eine Veränderung in der Qualität der Beziehungen zwischen Afrikanern und Amerikanern, sondern vor allem auch zwischen Amerikanern selbst herbeiführte, deckt sich mit der Einsicht von Historikern, die Freiwilligenprogrammen und international operierenden Organisationen im Allgemeinen eine wichtige Rolle in der Erzeugung von nationalem Konsens zugestehen. So vertritt die Diplomatiehistorikerin Elizabeth Cobbs Hoffman die These, dass Volontärprogramme eine billige und beliebte Möglichkeit darstellen, nationalen Konsens in strittigen Fragen zu generieren.14
Der Begriff „Dritte Welt“ (engl.: Third World) wurde auf der Bandung-Konferenz 1955 geprägt, um diejenigen Staaten, die keinem der zwei sich im Kalten Krieg gegenüberstehenden Machtblöcke angehörten, zusammenzufassen. Sie wurden abgegrenzt von der „Ersten Welt“ der kapitalistischen Staaten und der „Zweiten Welt“ der kommunistischen Länder. Zur „Dritten Welt“ zählte demnach der Großteil der Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika. 14 Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 114. 13
Quellen und Literatur
Quellen und Literatur
Trotz ausreichender Quellenlage haben sich bislang keine wissenschaftlichen Publikationen mit Operation Crossroads Africa auseinandergesetzt. Das liegt vermutlich daran, dass nichtstaatliche Freiwilligenprogramme bisher fast vollständig im Schatten des Peace Corps (Friedenscorps) standen, dem Historiker wegen seiner symbolischen Bedeutung für die Kennedy-Ära mehr Beachtung schenkten. Ein weiterer Grund ist, dass die außenpolitischen Beziehungen Amerikas mit Afrika allgemein Gegenstand vergleichsweise weniger wissenschaftlicher Abhandlungen sind.15 Seit jeher setzt die Geschichtsschreibung des Kalten Krieges den Fokus vielmehr auf die Interaktion der Vereinigten Staaten mit den entscheidenden Schauplätzen der Stellvertreterkriege, wie Korea und Vietnam, oder mit Konfliktherden wie Kuba, die von wirtschaftlichem oder strategischem Interesse für die USA waren.16 Die bisher erschienenen Artikel und Bücher über OCA wurden fast ausnahmslos von ehemaligen Mitarbeitern, Volontären, Wegbegleitern oder von der Organisation beauftragten Beobachtern verfasst, weshalb sie einen entsprechend subjektiven Charakter aufweisen und sich ausschließlich auf die Erlebnisse der Teilnehmer in Afrika beziehen. Anfang der sechziger Jahre erschienen zwei Monographien über Crossroads, die für diese Arbeit aufgrund ihres zeitgenössischen Charakters als Primärquellen dienen, da sie vor allem Aufschluss über das von Crossroads wissenschaftlich und öffentlich generierte Interesse gewähren. Das 1962 erschienene Buch Operation Crossroads Africa wurde von Ruth T. Plimpton geschrieben, einer Vorstandsvorsitzenden der Organisation und engen Vertrauten James H. Robinsons. Sie erzählt in ihrer Monographie von ihren Besuchen zehn verschiedener Crossroadsgruppen während des Sommers 1961 und dokumentiert die Hürden, Vorurteile und kulturellen Herausforderungen, denen sich die Crossroader in Afrika stellen mussten.17 Während Plimptons Buch sehr narrativ angelegt ist, geht Harold Isaacs – seinem wissenschaftlichen Auftrag geschuldet – eher analytisch vor. In Emergent Americans, einer von Crossroads in Auftrag gegebenen Studie, rekonstruiert der Forscher des Center of International Studies (CENIS) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) den Aufenthalt der Teilnehmer in Afrika in Form von Interviews und Erfahrungsberichten. Anhand von Umfragen mit den Crossroadern und ihren afrikanischen counterparts zieht er Rückschlüsse auf die Effizienz der Performanz der Teilnehmer in ihren FreiFür ein bibliographisches Essay über die amerikanischen Beziehungen mit Afrika siehe Roche, Relations With Africa Since 1900, 103–120. 16 Eine Ausnahme dieser Regel bildet die Beschäftigung von Historikern mit den auswärtigen Beziehungen der USA zu Südafrika. Ausgewählte Literatur über die diplomatischen Beziehungen mit Südafrika ist: Noer, Cold War and Black Liberation; Massie, Loosing the Bonds. 17 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa. 15
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Einleitung
willigenprojekten.18 Sein Buch kann als Schlüsseltext verstanden werden, an dem sich die Entwicklungen ablesen lassen, die in Crossroads zusammenlaufen. Das CENIS widmete sich vorrangig der Entwicklung von Strategien der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion und der Erforschung von Methoden zur Modernisierung der Dritten Welt. Isaacs persönlich war außerdem an dem Einfluss der Nationalismusbewegungen in Afrika auf das Selbstbild schwarzer Amerikaner interessiert.19 Seine These, „Crossroads Africa was a superb laboratory in which to watch some of this process at close hand“20, veranschaulicht, dass Crossroads all diese Interessensphären tangierte und in der Öffentlichkeit sowohl für seinen Beitrag zu friedlicheren innerstaatlichen Rassenbeziehungen als auch zur Entwicklungshilfe und Kulturdiplomatie wahrgenommen wurde. In ihren Memoiren widmen einige Teilnehmer und Mitarbeiter von Operation Crossroads diesem wichtigen Kapitel in ihrem Leben einen Abschnitt in ihrem Buch. Der New Yorker Rabbiner und Mitbegründer des Freiwilligenprojektes, Israel Mowshowitz, schrieb detailliert über die Hindernisse, die es in der Gründungsphase von OCA zu überwinden galt. Er schildert in seinen Erinnerungen Situationen, in denen sich Konflikte zwischen Teilnehmern verschiedener Glaubensrichtungen offenbarten. Eine afroamerikanische Perspektive auf die Teilnahme an OCA findet sich in den Memoiren von Lincoln M. Alexander und Avel Louise Gordly.21 Sandra Sarkela und Patrick Mazzeo veröffentlichten 2007 einen Artikel, in dem sie Robinsons signifikanten Beitrag zu den afrikanischen und afroamerikanischen Freiheitsbestrebungen beschrieben, Operation Crossroads jedoch nur marginal thematisieren. Allerdings regten sie zu einer intensiveren Beschäftigung mit James H. Robinson und dessen Projekten an und betonten, dass diese(r) bisher zu Unrecht von der Forschung ignoriert worden sei(en). Auch Peter Duignan und L. H. Gann, die Crossroads einen kurzen Abschnitt in ihrem Standardwerk über die Beziehungen zwischen Afrika und Amerika widmeten, bemerkten: „[Crossroads] provides a genuine outlet for student idealism that historians of culture would be foolish to ignore.“22 John David Catos 1996 erschienener Artikel James Herman Robinson: Crossroads Africa and American Idealism, 1958–1972 ist der bisher einzige verVgl. Isaacs, Emergent Americans. Vgl. Gaines, American Africans in Ghana, 118. Über das CENIS siehe Haefele, Walt Rostow’s Stages of Economic Growth, 83; Gilman, Modernization Theory, 48 f.; Engerman, West Meets East, 199–223; Grubbs, Secular Missionaries, 56–72. 20 Isaacs, Emergent Americans, 17. 21 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings; Alexander/Schoveller, Go to School, You’re a Little Black Boy; Gordly, Remembering the Power of Words. 22 Sarkela/Mazzeo, Reverend James H. Robinson and American Support for African Democracy, 37–53; Zimmerman, Innocents Abroad, 17; Duignan/Gann, The United States and Africa, 357. 18 19
Quellen und Literatur
öffentlichte wissenschaftliche Artikel, der sich dezidiert mit Crossroads Africa beschäftigt. Er betrachtet die Organisation vorwiegend als Wegbereiter eines amerikanischen Idealismus und leidenschaftlichen sozialen Engagements, das in den Sechzigern schließlich Blüten trieb.23 Diese These wird auch von Brenda Gayle Plummer aufgegriffen, die Crossroads als einen Versuch Robinsons interpretiert, Amerikaner zu überzeugen, zu einer asketischen Lebensart zurückzufinden, die der amerikanischen Nation inmitten der Nachkriegsprosperität abhanden gekommen war.24 Keine dieser Studien hat sich jedoch bisher mit den Berührungspunkten zwischen Crossroads und der Bürgerrechtsbewegung beschäftigt oder die Geschichte der Organisation chronologisch verfolgt. Abgesehen von den Artikeln von Sarkela/Mazzeo und Cato wurde Crossroads in wissenschaftlichen Publikationen nur in Verbindung mit dem Peace Corps genannt und als dessen Vorbild und/oder Vorgänger erwähnt. Über einen obligatorischen Satz über die Vorbildrolle von Crossroads gehen diese Schriften dabei jedoch nicht hinaus.25 Mit der vorliegenden Untersuchung wird folglich Forschungsneuland betreten. Dennoch beabsichtigt die Arbeit mehr, als lediglich eine empirische Lücke zu schließen. In meiner Beschäftigung mit Crossroads folge ich dem Aufruf von Historikern, neben dem Peace Corps auch nichtstaatliche Organisationen (NGOs) zu untersuchen, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts die internationalen Beziehungen beeinflussten. Diese wurden in der Forschung bisher nur unzureichend thematisiert. Der bekannteste Sprecher für die Beschäftigung mit der weitgehend vernachlässigten Problematik der Geschichte nichtstaatlicher Interessenverbände, zu denen auch Austauschprojekte wie Crossroads zählen, ist der in Harvard lehrende Historiker Akira Iriye. In seinem bereits 1999 erschienenen Artikel A Century of NGOs rief er Geschichtswissenschaftler dazu auf, einige der mehr als eine Million zählenden nichtstaatlichen Organisationen zu untersuchen, die die Geschichte des 20. Jahrhunderts auf internationaler Ebene mit geprägt haben. Und auch der Peace-Corps-Historiker Jonathan Zimmerman wies in seinen Arbeiten auf die größtenteils unbekannte Präsenz freiwilliger Lehrkräfte in der Dritten Welt hin, die neben dem Peace Corps aktiv waren, und bisher kaum erforscht ist.26 Aufgrund des Mangels an Sekundärliteratur stütze ich mich in meiner Analyse von OCA fast ausschließlich auf Primärquellen. Somit wurde mir auf der einen Seite ein sehr persönlicher Einblick in die Struktur der Organisation und die Erlebnisse der Crossroader in Afrika gewährt. Auf der anderen Seite barg dies auch die Gefahr, Ereignisse unkritisch und subjektiv aufgearbeitet, Vgl. Cato/Robinson, Crossroads Africa and American Idealism, 99. Vgl. Plummer, Rising Wind, 234. Siehe Amin, The Peace Corps in Cameroon, 65. Vgl. Zimmerman, Innocents Abroad, 17; Iriye, Century of NGOs. Vgl. auch Osgood, Total Cold War, 6. 23 24 25 26
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beziehungsweise gar nicht erwähnt zu finden. Um eine möglichst breite Perspektivenvielfalt zu gewährleisten, konsultierte ich daher mehrere Archive. Das umfangreichste Archiv bilden die Operation Crossroads Africa Records (OCAR) und die Operation Crossroads Africa Addendum Records zusammen mit den James H. Robinson Papers (JHR) des Amistad Research Center der Tulane University in New Orleans. Während die Korrespondenz von James H. Robinson vor allem Einblick in die Struktur und das Netzwerk der Organisation und deren Zusammenarbeit mit dem Peace Corps und anderen Organisationen gewährt, erwiesen sich die in den Operation Crossroads Africa Records befindlichen Auswertungsbögen der Teilnehmer, Briefe der Freiwilligen an James H. Robinson sowie Reisetagebücher und -berichte als besonders relevant und aufschlussreich für die Darstellung der Erlebnisse der Crossroader in Afrika. Sie dokumentieren den Alltag und die Eindrücke der Freiwilligen, deren Kontakt mit Afrikanern sowie Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander. Der Großteil dieser Berichte stammt aus den Jahren 1964 bis 1966.27 Die Erlebnisse vorhergehender Jahrgänge lassen sich wiederum anhand von Jahresberichten der Organisation, Zeitungsartikeln, der Korrespondenz von James H. Robinson sowie eigens durchgeführten Oral-History-Interviews rekonstruieren. Auch die institutionelle Geschichte von Crossroads lässt sich vorrangig mittels Jahresberichten und der Korrespondenz von James H. Robinson darstellen. Weitere Quellen zu den Anfangsjahren der Organisation befinden sich außerdem in den Dokumentensammlungen von Personen, die im Aufsichtsrat von Crossroads saßen oder als Gruppenleiter in Afrika tätig waren. Dazu zählen die William Sloane Coffin Papers der Yale University, die Bradford Abernethy Papers der Rutgers University in New Jersey und die Hugh M. Smythe Papers im Schomburg Center of Research in Black Culture in New York. In diesen Archiven finden sich neben der Korrespondenz dieser Personen mit Teilnehmern und deren Eltern auch Dokumente, die Aufschluss über den Auswahlprozess der Teilnehmer sowie über die Zusammenarbeit von OCA mit verschiedenen Universitäten geben. Konsultiert wurden zudem die Papers of the NAACP, der National Association for the Advancement of Colored People. Sie enthalten Hinweise auf Robinsons Aktivitäten in der Bürgerrechtsorganisation und auf den Umfang des Netzwerkes, das er sich dort aufbaute. Eine Auswertung der Zeitungsberichte von mehreren nationalen als auch lokalen Tageszeitungen und Magazinen soll die mediale Präsenz von Crossroads und das öffentliche Interesse an der Organisation veranschaulichen. Die Dominanz von Quellen aus dem genannten Zeitabschnitt ist der Geschichte der Quellen an sich geschuldet. Ein quantitativ nicht mehr zu bestimmender Teil der Dokumente der Organisation überdauerte den Tod von James Robinson nicht. Robinsons Witwe Gertrude, die von 1961 bis 1966 für Crossroads arbeitete, und seiner langjährigen Sekretärin LaVerne Brown gelang es jedoch, einen Großteil zu retten, vorwiegend Material aus der Zeit, in der Gertrude Robinson selbst bei Crossroads beschäftigt war. 27
Methode
Darüber hinaus gewähren Zeitungsartikel, abgesehen von Beiträgen, die von Crossroadern selbst verfasst wurden, als populärkulturelle Quelle eine zeitgenössische Außenperspektive auf die Organisation, welche die anderen bereits angesprochenen Quellen nicht zulassen. Schriftliche Zeugnisse über den Afrikaaufenthalt der Teilnehmer befinden sich zudem in deren Privatbesitz. Briefe an Familienmitglieder und Freunde sowie Tagebücher lassen einen unmittelbaren Einblick in den Alltag in den workcamps zu und enthüllen für die Verfasser oftmals nebensächlich anmutende Details, die aber jeder Crossroader zweifellos in ähnlicher Weise erlebt haben wird, und die einen Erfahrungsreichtum dokumentieren, den man so in den „offiziellen“ Quellen kaum findet. Methode
Da es in Anlehnung an die New Cultural History ein erklärtes Ziel dieser Arbeit ist, die Erfahrungen derer zu thematisieren, die aktiv, wenn auch unbewusst, am Lauf der Geschichte mitwirkten aber bisher nicht Teil unseres Geschichtsbildes waren, habe ich mich der Methode der Oral History bedient, um ehemalige Mitarbeiter und Teilnehmer von Crossroads Africa in dieser Arbeit an einigen Stellen selbst zu Wort kommen zu lassen.28 Da Crossroads ein people-to-people Projekt war, bei dem Menschen im Mittelpunkt standen und kontinuierlich den Charakter und die Geschichte der Organisation mitprägten und veränderten, enthalten subjektive Äußerungen der Befragten in den für diese Arbeit durchgeführten Oral-History-Interviews letztendlich auch wichtige interpretative Hinweise, die helfen können, die Bedeutung der Organisation für die partizipierenden Menschen nachzuvollziehen. Nicht weniger dienen die Interviews dem Zweck, diese Geschichte, die, wie bereits betont, auf dem Handeln der Teilnehmer beruhte, lebendiger zu gestalten und den historischen Diskurs über die Organisation um eine emotionale Komponente zu bereichern. Darüber hinaus ist zu hoffen, dass diese Arbeit und die Einbettung subjektiver Wahrnehmung in Form der Oral-History-Interviews andere Crossroader dazu anregen wird, ihre Geschichten niederzuschreiben. Zusammenfassend lässt sich zur Fragestellung und Methodik feststellen, dass sich die Arbeit an zwei Subdisziplinen der New Cultural History orientiert: Sie illustriert die Korrelationen zwischen interkultureller Austauschdiplomatie und transnationalem Engagement schwarzer Amerikaner für Rassengleichheit in diesem Zeitraum. Meine Arbeit verdeutlicht, dass kulturdiplomatischer Von der Forschung bisher marginalisierte Personen und Personengruppen in das Geschichtsbild zu rücken ist auch ein Anliegen der Oral History. Siehe dazu Thompson, The Voice of the Past, in: Perks/Thompson (Hg.) The Oral History Reader, 28. 28
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Aktivismus Afroamerikanern Möglichkeiten des gesellschaftspolitischen Engagements ermöglichte, jedoch nur, solange sie die offizielle außenpolitische Linie unterstützten und ihren Patriotismus geflissentlich bekundeten. Darüber hinaus eignet sich der von Crossroads praktizierte interkulturelle Austausch als ein Analyserahmen, um zu untersuchen, inwiefern sich die Einstellungen der Teilnehmer über race und Nationalbewusstsein durch ihre Teilnahme an diesem Freiwilligenprojekt veränderten.29 Da ein Programm des interkulturellen Austauschs als Analyserahmen für diese Abhandlung dient, tangiert die Arbeit, wie bereits erwähnt, eine Subdisziplin der New Cultural History, die sich mit internationalem Kulturaustausch und Kulturdiplomatie beschäftigt. Definitionen darüber, was genau amerikanische Kultur konstituiert, variieren in den Studien dieser Disziplin und reichen von industriell gefertigten Exportprodukten bis hin zu Begegnungen von „gewöhnlichen“ Amerikanern mit den Bewohnern anderer Länder.30 Bezüglich der Bedeutung von Kultur im Kontext internationaler Beziehungen orientiere ich mich in dieser Arbeit an der Definition von Akira Iriye. Er betrachtet eine Nation als einen kulturellen Organismus. Demzufolge sind internationale Beziehungen Interaktionen zwischen kulturellen Organismen, was wiederum internationale Beziehungen zu interkulturellen Beziehungen macht: Cultural relations may be defined as interactions, both direct and indirect, among two or more cultures. Direct interactions include physical encounters with people and objects of another culture. Indirect relations are more subtle, involving such things as a person’s ideas and prejudices about another people, or cross-national influences in philosophy, literature, music, art, and fashion. […] Culture in the study of international relations may be defined as the sharing and transmitting of consciousness within and across national boundaries.31
Dieses von Iriye angesprochene „sharing and transmitting of consciousness within and across national borders“ kann, wie er beschreibt, auf verschiedenen Wegen erfolgen. Eine Möglichkeit ist der Austausch materieller ErrungenEine kompakte Einführung in die Thematik bieten die folgenden bibliographischen Aufsätze: Iriye, Culture and International History; Brewer, As Far as We Can. 30 Eine genaue Definition von „Kultur“ bereitet gemeinhin Schwierigkeiten, da es sich um einen proteischen Begriff mit vielen verschiedenen Bedeutungen handelt. Unter angloamerikanischen Kulturwissenschaftlern als auch Historikern hat sich indes die Definition von Clifford Geertz durchgesetzt, wonach culture ein „integrated and coherent system of symbols, values and beliefs“ bezeichnet (Clifford Geertz zitiert in Fischer, Making Them Like Us, 3). Culture ist demnach ein abstrakter Satz an Werten und Praktiken, der sinnstiftend für eine Gesellschaft ist. In diesem Sinne möchte ich in dieser Arbeit das Wort „Kultur“ verstanden sehen. Ich plädiere dafür, dass das Wort „Kultur“ auch im Deutschen nicht nur als Ausdruck für elitäre Aktivitäten benutzt werden sollte, sondern dass sich die angloamerikanischen Forschungsdebatten auch in unserem Verständnis von „Kultur“ niederschlagen sollten. 31 Iriye, Culture and International History, 242. 29
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schaften und Medien, aber auch das Knüpfen persönlicher Kontakte in Form von akademischem Austausch oder Freiwilligenprojekten wie etwa Crossroads. Die vielleicht bekannteste Form der interkulturellen Begegnung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war und ist das unter John F. Kennedy ins Leben gerufene und unter anderem auf Crossroads basierende Peace Corps. Studien über das Friedenscorps konzentrieren sich bislang vorrangig auf die sechziger Jahre und sind in der Regel einem von zwei Lagern zuzuordnen: Die einen begreifen das Peace Corps als Propagandawaffe der USA im Kalten Krieg und die anderen betonen die idealistische Intention hinter dessen Gründung. Neuere Werke schlagen aber eher einen Mittelweg ein und verweisen auf die Diskrepanz zwischen den Vorgaben und Zielen der Verantwortlichen der Organisation und den Idealen und Vorstellungen ihrer Freiwilligen. Die Geschichtsschreibung über Kulturdiplomatie im Kalten Krieg setzte sich bisher hingegen nur marginal mit Austauschprogrammen des privaten Sektors auseinander. Dabei ist die Beschäftigung mit diesen insbesondere vor dem Hintergrund aktueller sozialwissenschaftlicher Feststellungen über deren Nutzen sowie die gegenwärtige politische Erkenntnis, dass people-to-people Diplomatie Amerikas weltweites Ansehen im Zuge des war on terror verbessern könnte, nicht nur von historischer sondern auch aktueller politischer Relevanz. Interesse an der Auseinandersetzung mit privaten Interessenorganisationen wurde vor allem von Akira Iriye generiert. Er argumentierte in seinem 1999 erschienenen, richtungsweisenden Artikel, dass Amerikas wichtigster Beitrag zum 20. Jahrhundert der „global spread of transnational nongovernmental organizations“ gewesen sei.32 Laut Iriye waren „normale Amerikaner“ stets sehr darauf bedacht, an internationalen Beziehungen Teil zu haben.33 Die von ihnen gegründeten NGOs waren seit jeher oftmals die attraktivsten Beförderer amerikanischer Kultur und Werte im Ausland und stellen meistens diejenige Instanz dar, die formalen politischen Beziehungen vorangeht, indem sie Kontakte knüpft und den Weg für offizielle Verträge und Allianzen ebnet.34 Dass NGOs nicht nur politische Veränderungen bewirken, sondern auch eine Re-Definition von gesellschaftlichen Werten herbeiführen können, zeigen unter anderem die Untersuchung des Politikwissenschaftlers Mark Lytle sowie Studien über das Peace Corps, die in den Volontären die primär Begünstigten von interkulturellen Begegnungen sehen.35 Iriye, Century of NGOs. Als „NGOs“ bezeichnet Iriye auf Seite 422 „voluntary and open (non-secret) organizations of individuals outside the formal state apparatus […] that are neither for profit nor engage in political activities as their primary objective“. Nach Nye betreiben NGOs „indirect public diplomacy“, da sie eigenständig agieren und somit auch mehr Risiko im Kulturaustausch wagen können. Vgl. auch Nye, Soft Power, 114. 33 Vgl. Iriye zit. in Brewer, As Far as We Can, 24. 34 Vgl. Iriye, Century of NGOs. 35 Siehe Lytle, NGOs and the New Transnational Politics; Fischer, Making Them Like Us; Jonathan Zimmerman, Innocents Abroad. 32
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Seit Iriyes wegweisendem Artikel sind mittlerweile über zehn Jahre vergangen, in denen eine Reihe an Monographien und Artikeln erschienen ist, die sich mit dem Engagement von NGOs und Austauschprogrammen auf internationalem Terrain beschäftigen. Studien haben die Aktivitäten amerikanischer Missionare untersucht36 und gezeigt, dass akademischer Austausch eine wichtige Rolle in internationalen Beziehungen spielen und zur Konfliktbewältigung zwischen Nationen beitragen kann.37 Nicht thematisiert wurde bisher jedoch der Einfluss afroamerikanischer privater Freiwilligenprojekte, die in Eigeninitiative interkulturellen Austausch organisierten.38 Die vorliegende Arbeit beschreibt ein für seine Zeit innovatives interkulturelles Freiwilligenprogramm, denn es beruhte auf der aktiven Partizipation von Afroamerikanern und wurde auch von ihnen gegründet und geleitet. Demnach weist die Arbeit nicht nur Berührungspunkte zu Studien über internationale Austauschprogramme auf, sondern baut außerdem auf einem beständig wachsenden Kanon wissenschaftlicher Literatur auf, die sich mit den komplexen Interaktionen zwischen amerikanischen Rassenbeziehungen und der Außenpolitik während des 20. Jahrhunderts beschäftigt. Dieses Buch trägt zu diesem Literaturbestand bei, indem es eine Organisation in den Fokus rückt, die an den Schnittstellen dieser Parameter agierte. Zu den Werken, die den Themenkanon der Diplomatiegeschichte unter dem Gesichtspunkt von race analysiert haben, zählen vor allem die wegweisenden Werke von Brenda Gayle Plummer, Penny von Eschen, Thomas Borstelmann und Mary Dudziak. Nicht zuletzt aufgrund der Erkenntnisse, die diese Monographien über amerikanische Politik und die amerikanische Gesellschaft gewonnen haben, erfuhren diese Studien über die Verquickung von race und amerikanischer Außenpolitik in Fachkreisen weite Beachtung.39 Zudem deckten sie auf, wie die schwarze Freiheitsbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg eine internationale Perspektive entwickelte. Siehe Hutchinson, Errand to the World; Dow, Romance in a Marriage of Convenience; McAllister, Guess Who’s Coming to Dinner. 37 Siehe Alzugarey, Academic Exchanges and Transnational Relations; Bu, Educational Exchange and Cultural Diplomacy. 38 Es gibt Studien, die die Rolle von Afroamerikanern in der Kulturdiplomatie des Kalten Krieges untersuchen. Diese konzentrieren sich auf die vom State Department geförderten Initiativen, wie die Tourneen der sogenannten „goodwill ambassadors“, und thematisieren die Bemühungen der USIA, auf internationaler Ebene Fortschritte in den heimischen Rassenbeziehungen zu propagieren. Siehe Von Eschen, Satchmo Blows up the World; Osgood, Total Cold War; Statler/ Johns (Hg.), The Eisenhower Administration. 39 Eine übersichtliche bibliographische Einführung liefert: Horne, Race to Insight. Zu den Standardwerken auf diesem Gebiet gehören: Borstelmann, The Cold War and the Color Line; Dudziak, Cold War Civil Rights; Von Eschen, Race Against Empire; Plummer, Rising Wind; Horne, Black and Red; DeConde, Ethnicity, Race, and American Foreign Policy; Lauren, Power and Prejudice; Skinner, African-Americans and U. S. Policy Toward Africa; Scott, The Sons of Sheba’s Race; Reitan, The Rise and Decline of an Alliance; Haley, The Autobiography of Malcolm X. 36
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Besonders intensiv diskutiert die Forschung die Interdependenz von Bürgerrechtsbewegung und Kaltem Krieg, also die Frage, ob der Kalte Krieg den Fortschritt in den amerikanischen Rassenbeziehungen beschleunigte oder behinderte. Auf der einen Seite vertreten Historiker wie Mary Dudziak die These, dass Zugeständnisse an die Bürgerrechtsbewegung aufgrund des Kalten Krieges zwingend notwendig wurden.40 Die negativen Reaktionen, die die Berichterstattung über Ereignisse wie die Freedom Rides, die Ermordung von Emmett Till oder die Little Rock Nine im Ausland auslösten, machten den Einsatz für afroamerikanische Bürgerrechte unumgänglich und führten zu einer aktiveren Partizipation von Afroamerikanern in der Außenpolitik. So resultierte die internationale Wahrnehmung des Rassenproblems in den USA unter anderem in dem Einsatz von cultural ambassadors und der Einstellung von afroamerikanischen Diplomaten in den auswärtigen Dienst.41 Auf der anderen Seite argumentieren Historiker wie Manfred Berg, dass „die Interdependenz von Innen- und Außenpolitik weit weniger stark ausgeprägt war, als dies in der neueren Forschung mit ihrer starken Betonung der Relevanz nichtstaatlicher Akteure in der internationalen Politik zumeist angenommen wird“, und dass der Kalte Krieg die Bürgerrechtsbewegung in die Defensive drängte.42 Die Studien von Plummer und Layton positionieren sich zwischen diesen zwei Polen und zeigen, dass, obwohl der Kalte Krieg Bürgerrechte stark einschränkte, er dennoch den Anstoß für die Forderung nach Gleichheit für Afroamerikaner gab.43 Meine Arbeit bekräftigt Laytons These, indem die Beschäftigung mit Crossroads zum einen die repressiven Auswirkungen des Kalten Krieges auf afroamerikanische Bürgerrechtsaktivisten aufzeigt, aber gleichzeitig verdeutlicht, dass der Erfolg der Bürgerrechtsbewegung in den späten fünfziger und den sechziger Jahren auch das Ergebnis von Anstrengungen war, Amerikas Rassenproblem in einem internationalen Kontext zu formulierten. An dieser Stelle sei auf den Umgang mit dem Begriff race in dieser Arbeit hingewiesen: Obwohl das englischsprachige Wort race mit dem deutschen Begriff „Rasse“ übersetzt wird, haben diese zwei Wörter nicht dieselbe BedeuVgl. Dudziak, Cold War Civil Rights, 153. Vgl. Von Eschen, Satchmo Blows up the World. Berg, Amerikanisches Dilemma. Ähnliche Ansichten vertreten: Horne, Commentary: Who Lost the Cold War? Africans and African Americans; Marble, Race, Reform, and Rebellion. 43 Vgl. Layton, International Politics and Civil Rights; Krenn, Black Diplomacy. Auch Michael L. Krenn, der zwar die negative Propaganda der Sowjetunion über das amerikanische Rassenproblem als Katalysator für zunehmende afroamerikanische Beteiligung an der Außenpolitik schilderte, lenkt ein, dass sich andererseits die Unterstützung des Antikommunismus für afroamerikanische Liberale als ein Nachteil erwies, da die Hysterie des McCarthyismus dazu führte, dass progressive Reformen als kommunistisch inspiriert gebrandmarkt und deshalb verhindert wurden. Diese Entwicklung sieht er jedoch nicht ausschließlich in der Kommunistenhetze des Kalten Krieges begründet, sondern macht vielmehr inhärenten institutionellen Rassismus und elitäres Denken dafür verantwortlich. 40 41 42
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tung. „Rasse“ ist ein im Deutschen stark negativ konnotiertes Wort (nicht zuletzt aufgrund seines Missbrauchs im Dritten Reich), das als biologistisches Konzept verstanden wird. Das amerikanische Wort race hingegen bezeichnet ein kulturelles Konstrukt, das die Wahrnehmung und Einstellungen bestimmter Personengruppen widerspiegelt.44 Ich folge in der Verwendung des Begriffes der Definition von Glenn C. Lowy, der race beschreibt als „a mode of perceptual categorization people use to navigate their way through a murky, uncertain social world“.45 Races sind folglich nicht mehr als erfundene Kategorien, die Menschen anhand bestimmter mutmaßlicher physischer Unterschiede festmachen. In der Arbeit werde ich den amerikanischen Begriff race verwenden, um darauf hinzuweisen, dass race auf einer gesellschaftlichen Konstruktion beruht und jeglicher biologischen Grundlage entbehrt. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit interkulturellen Austauschprogrammen wie Crossroads birgt gewisse methodische Herausforderungen. Ein Problem aus politikwissenschaftlicher Sicht ist, dass sich der Erfolg von Kulturdiplomatie, und somit auch von internationaler Freiwilligenarbeit, nicht messen lässt. Ob gewisse Organisationen dazu beitragen, eine politische oder soziale Wende einzuläuten und diese mitzugestalten, ist schwer festzustellen. Nicht immer resultiert besseres Verständnis zwischen Kulturen aus kulturellem Austausch, und wenn es dennoch erreicht wird, führt es wiederum nicht in jedem Fall zu optimierten wirtschaftlichen oder diplomatischen Beziehungen zwischen den betroffenen Nationen.46 Um den tatsächlichen Wert interkultureller Austauschprogramme zu unterstreichen, neigt aktuelle Literatur deshalb auch dazu, deren positiven Einfluss zu überschätzen.47 Autoren sympathisieren meist mit den von ihnen beschriebenen NGOs und neigen dazu, deren positive Errungenschaften hervorzuheben. Eine kritische Quellenarbeit und Kontextualisierung ist deshalb unerlässlich, möchte man ein differenziertes Bild eines Austauschprogramms zeichnen, überschätzten Optimismus vermeiden und kritische Distanz wahren.48 44 Siehe Frye Jacobson, dem zufolge race „not just a conception“, sondern auch „a perception“ ist. Frye Jacobson, Whiteness of a Different Color, 9. Über race als kulturelles Konstrukt siehe Horne, Race to Insight, 323. 45 Lowy, The Anatomy of Racial Inequality, 17. 46 Diese Beobachtung deckt sich mit Erkenntnissen aus der Politikwissenschaft, die postulieren, dass nichtstaatliche Organisationen eigenständig soft power entwickeln können, die entweder offizielle außenpolitische Zielsetzungen unterstützt und weiterbringt oder nicht mit ihnen übereinstimmt. Siehe Nye, Soft Power, 1. Siehe auch Revilla, A New President; Brewer, As Far as We Can, 21. Kaye, Rethinking Track Two Diplomacy, 2 hebt dem entgegen die Stärken von citizen diplomacy hervor: „[E]ffective track two dialogues can shape how elites, and later the public, view the problems causing conflict and generate a new menu of ideas to address such problems.“ 47 Vgl. Kaye, Rethinking Track Two Diplomacy, 2. 48 Vgl. Lytle, NGOs; Meisler, When the World Calls, 220, konstatiert dagegen, dass die Gefahr vielmehr darin bestehe, NGOs zu unterschätzen. So bedauert er, dass einige Kritiker die Leistungen des Peace Corps als zu gering achten. Obwohl das Peace Corps keine NGO ist, lässt sich
Aufbau
Aufbau
In der historiographischen Gestaltung ist diese Dissertation von Studien über das Peace Corps inspiriert, die zumeist zwei Ebenen untersuchen: die institutionelle und die operative. Um die leitende These dieser Arbeit zu untermauern und die methodischen Grundannahmen in der narrativen Gestaltung umzusetzen, wird auch meine Arbeit diese zwei Erfahrungsebenen betrachten, miteinander in Beziehung setzen und dabei zeigen, wie sie sich gegenseitig beeinflussten und ineinander übergriffen. Der erste Teil der Arbeit ist eine „institutionelle Biographie“ über OCA und chronologisch aufgebaut. Thematisiert wird, warum die Organisation gegründet wurde, unter welchen Rahmenbedingungen sie überdauerte und wie sie auf den gesamtgesellschaftlichen Wandel der sechziger Jahre und die veränderten politischen Bedingungen während dieser Zeit reagierte. Die darauffolgenden Kapitel beschäftigen sich mit den Erlebnissen der Freiwilligen in Afrika. Damit einzelne Erfahrungen von Teilnehmern aufeinander bezogen werden können, ist dieser Abschnitt durch bestimmte Analysekategorien systematisch strukturiert. Dennoch lassen sich auch innerhalb einiger dieser Themenkomplexe chronologische Grundparameter erkennen. Dieser Teil der Arbeit fragt danach, wie die Volontäre mit kulturellen Unterschieden in ihrem Gastland umgingen, und wie sich die internationale Signifikanz von race auf ihren Aufenthalt in Afrika auswirkte. Darüber hinaus untersucht er, welche persönlichen Veränderungen die Unternehmung für die Crossroader bewirkte, von welchen Eindrücken sie ihren Verwandten und Freunden in der Heimat berichteten und wie sie im Nachgang das amerikanische Afrikabild in den sechziger Jahren entschieden mitprägten.
diese Behauptung durchaus auch auf people-to-people Organisationen wie Operation Crossroads beziehen. Kritiker der vom Peace Corps praktizierten Methode, so Meisler, „acknowledge that the volunteers make a lot of friends overseas but insist they do nothing for economic, social or political development“. Siehe auch Kaye, Rethinking Track Two Diplomacy, 6. Sie weist darauf hin, dass es „sober assessments of both the promise and the limits of track two diplomacy“ bedarf.
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I – Ein Weg mit vielen Kreuzungen – Operation Crossroads Africa von 1957 bis 1972
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n jeder Geschichte ist nicht nur der Ausgang und auf jeder Reise nicht nur das Ziel interessant, sondern vor allem der Weg und die Strapazen, die die darin vorkommenden Charaktere auf sich nehmen müssen, während sie ihn beschreiten. Im ersten Teil dieser Arbeit verfolgen wir deshalb den Weg, also den road, von Operation Crossroads beginnend mit der Gründung 1957 bis zum Tod seines Gründers James H. Robinson 1972. Die folgenden Kapitel bilden folglich eine thematische Einheit, die untersucht, warum OCA gegründet wurde, unter welchen Rahmenbedingungen die Organisation existierte und sich sowohl national als auch international behaupten konnte. Weiter möchte ich wissen, wie sie auf den gesellschaftlichen und politischen Wandel in den USA während der sechziger Jahre sowie auf Veränderungen in den amerikanisch-afrikanischen Beziehungen reagierte. Wie die Auseinandersetzung mit diesen Fragen verdeutlichen wird, war der Weg der Organisation an einigen Stellen recht beschwerlich und ihr Ziel nur über Umwege zu erreichen. Hindernisse kennzeichneten vor allem den Beginn eines Weges, den bis dahin noch keine amerikanische Organisation eingeschlagen hatte. Die Auseinandersetzung mit diesen Hürden prägte jedoch das Wesen von Operation Crossroads, schärfte sein Profil und beeinflusste sein Image.1 Die Metapher des Weges ist auch ein christliches Motiv, welches Leben versinnbildlicht. Im Johannes-Evangelium 14,6 gibt sich Jesus selbst als den „Weg“ zu erkennen: „Ich bin der Weg.“ Eine eloquente Theologie des Weges entwirft: Kadowaki, Erleuchtung auf dem Weg. Für eine philosophische Betrachtung der Weg-Metapher siehe Irrlitz, Bild des Weges. Nach Irrlitz gehört der „Weg“ zu den sogenannten Kollektivsymbolen, die sich jede Kultur schafft. Vgl. ebd. 66. 1
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Operation Crossroads Africa von 1957 bis 1972
Die Geschichte der Organisation ist ebenso komplex wie die Ära der sechziger Jahre. Für Amerika, Afroamerikaner und Afrika schürte sie zunächst große Erwartungen und generierte auf beiden Seiten des Atlantiks einen nahezu unbeugsamen Optimismus, der sich Mitte der sechziger Jahre zu bestätigen schien, und schließlich am Ende des Jahrzehnts in Enttäuschung, Wut und Desillusionierung mündete – eine Entwicklung, die sich exemplarisch anhand von Crossroads nachvollziehen lässt und versinnbildlicht wird. Chronologisch kann man die Geschichte von Operation Crossroads von 1957 bis 1972 in fünf Phasen unterteilen. Die erste Phase bis 1960 beginnt mit der Gründung der Organisation 1957, umfasst die Umsetzung des Pilotprojektes 1958, und endet mit der Durchführung der Reise des zweiten Jahrgangs 1960 nach Afrika. Für diesen Zeitraum gilt es zu untersuchen, welche Hürden Operation Crossroads als eine afroamerikanische Organisation, die Pionierarbeit auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen leistete, überwinden musste, und wie es sich innerhalb weniger Jahre von einem experimentellen Pilotprojekt zu einer anerkannten Organisation entwickelte, die später als Modell für das Peace Corps fungierte. In der zweiten Phase von 1961 bis 1963 steht die Frage im Vordergrund, wie sich die Gründung des Peace Corps im Jahre 1961 auf die Bewerberzahlen und die Arbeitsweise von Crossroads auswirkte, und wie sich seine Zusammenarbeit mit dem staatlichen Freiwilligenprogramm gestaltete. Robinsons Organisation musste sich in diesem Zeitraum mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Maße sie mit anderen Austauschprogrammen kooperieren wollte und ob sie als vergleichsweise kleine Organisation durch das Aufkommen größerer Freiwilligenprojekte eventuell überflüssig würde. In der dritten Phase von 1964 bis 1966 erreichte das (afro-)amerikanische Interesse an afrikanischer Kultur seinen bisherigen Zenit und auch Crossroads verzeichnete in diesem Zeitraum seine höchsten Bewerberzahlen, erweckte das Interesse der Medien und schaffte weitere Projekte, die durch das African Leadership Program komplettiert wurden. Während der vierten Phase von 1967 bis 1969 geriet das Freiwilligenprojekt in eine finanzielle Krise, verlor an öffentlichem Ansehen, weil es beschuldigt wurde, es werde von der Central Intelligence Agency (CIA) mitfinanziert. Es musste sich wegweisenden inhaltlichen Herausforderungen stellen. Diese wurden von einer internen Debatte darüber dominiert, ob Crossroads dem wachsenden afroamerikanischen Interesse an panafrikanischen Verbindungen durch die Erhöhung der Anzahl afroamerikanischer Teilnehmer Rechnung tragen sollte, und wie es der zunehmend ablehnenden Haltung schwarzer Teilnehmer gegenüber weißen Gruppenmitgliedern begegnen sollte. In der letzten Phase von 1970 bis 1972 gab es weniger Konflikte unter den Teilnehmern und die Organisation unterzog ihre Projekte einer gründlichen Reevaluation, um den politischen und vor allem gesellschaftlichen Verände-
Operation Crossroads Africa von 1957 bis 1972
rungen der letzten Jahre Rechnung zu tragen. Mit Robinsons Tod im November 1972 verlor sie jedoch ihre Identifikationsfigur und musste entscheiden, ob und wie sie ohne ihren Gründer künftig fortbestehen sollte. Da ein Weg auch meist ein Ziel voraussetzt, gilt es zunächst zu klären, worin dieses für Crossroads bestand. Im Zentrum der Betrachtung des anschließenden Kapitels steht demnach das Programm von Operation Crossroads, das die Methoden und die Absicht des Freiwilligenprogramms festschrieb. Dabei werden lediglich das Konzept und die theoretische Zielsetzung der Organisation thematisiert – die praktische Umsetzung der erklärten Ziele wird in den daran anschließenden Kapiteln betrachtet.
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2 – People-to-people Diplomatie im Dienst der amerikanischen Außenpolitik? Methoden und Ziele
The little things we do must be moral acts and they must be done in the real interest of the peoples whose friendship we need – not just in the interest of propaganda. – Botschafter McWhite in The Ugly American1 –
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rossroads war ein Freiwilligenprojekt, dessen Konzept auf den ersten Blick nicht sonderlich kulturimperialistisch anmutete: Für jeweils zwei Monate sollten kleinere Gruppen amerikanischer Collegestudenten jeden Sommer zusammen mit afrikanischen Studenten in Afrika gemeinnützige Dienste verrichten und am Leben der Einheimischen teilhaben. Wie Robinson in seiner Rede „The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa“ erklärte, bestand dabei von Seiten der Organisation „no desire to mold Africans and their institutions either in the image of our own or the patterns of our way of life.“2 Ganz anders klangen hingegen Äußerungen wie die folgenden von Vertretern des Außenministeriums, der Pan-American Broadcasting Company und des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Ein Jahr nachdem die ersten Crossroader nach Afrika gereist waren, schrieb etwa Joseph C. Satterthwaite, der Undersecretary of State für Afrika, an James H. Robinson, dass mit Crossroads eines der erfolgreichsten Projekte, das Amerikaner in privater Initiative jemals in Afrika südlich der Sahara unternommen haben, initiiert wurde. Gleichzeitig betonte er, dass dieser Erfolg einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele amerikanischer Außenpolitik darstellte:
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Lederer/Burdick, The Ugly American, 178. James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, JHR 31/44.
People-to-people Diplomatie im Dienst der amerikanischen Außenpolitik?
The reports from our diplomatic and consular posts in the countries visited by these boys and girls were without exception most enthusiastic and it is quite clear that under the leadership of the Reverend […] a very important piece of work was done from the point of view of American foreign policy objectives in the area.3
Doch was waren die „policy objectives“, von denen das Außenministerium hier sprach? In einem Brief der Pan-American Broadcasting Company taucht das Motiv, mit Crossroads einen Beitrag zur gezielten Imagekampagne der USA in der Dritten Welt geleistet zu haben, erneut auf: This group, in its short stay in our country, has done more to promote the democratic and American way of life than a whole year of effort by the diplomatic and information folks [the USA] has sent over. […] I must say that your venture has paid off for America. It is because of dedicated organizations like yours that we on Freedom’s side can continue to gain adherents in this troubled world of ours, particularly in the underdeveloped areas of the world which the communist ideology is trying to gather within its fold.4
Und auch Soziologen und Politikwissenschaftler am MIT priesen das Konzept von Crossroads als wirksame Methode, um die Bewohner Afrikas in der ideologischen Auseinandersetzung mit der Sowjetunion auf die Seite der USA zu ziehen: From all that we have learned in the past six years about the process of international communication, your approach seems to us to meet the requisites of effective contact. Persons of different cultures will be working together with shared objectives rather than being put in a hierarchical relationship. The experience is clearly sufficiently intense to produce significant changes of attitude. The persons reached are precisely the types who over a period of two decades may be expected to emerge as significant leaders.5
Diese von Regierungsvertretern, Journalisten und Wissenschaftlern gezollte Anerkennung für Crossroads’ Beitrag zur Verwirklichung amerikanischer außenpolitischer Ziele und für seine vermeintliche Beihilfe zur Erzeugung von „significant changes of attitude“ bei Afrikanern wirft eine Reihe von Fragen auf: Wieso wurde Crossroads als erfolgreiches Instrument zur Durchsetzung außenpolitischer Ziele betrachtet? Was waren diese Ziele? Wie ist diese TatBrief, J. C. Satterthwaite an James H. Robinson, 22. Mai 1959, JHR 2/12. Auch in einem Artikel der New York Times wird auf diesen Brief Bezug genommen: Vgl. „Crossroads Africa“, in: New York Times, 26. Juni 1960. 4 Brief, Pan American Broadcasting Company an James H. Robinson, 20. Januar 1959, Abernethy Records 27/3. 5 Brief, Ithiel de Sola Pool (MIT) an James H. Robinson, 13. April 1959, Abernethy Records 27/3. 3
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sache mit der Aussage Robinsons, dass die ideologische Beeinflussung von Menschen von der Organisation nicht intendiert werde, zu vereinbaren? Und verfolgte Crossroads seine Ziele aus reinem Idealismus oder vielmehr aus Pragmatismus? Eine Erörterung der Motive für die Gründung von Crossroads sowie der Methodik und der Ziele der Organisation werden uns der Beantwortung dieser Frage einen Schritt näher bringen. Die programmatische Zielsetzung von OCA ist dabei im Kontext der Unabhängigkeitsbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent und deren ideologischen Auswirkungen auf die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung auf der einen, sowie der amerikanischen Außenpolitik gegenüber jener Region auf der anderen Seite zu sehen. Mehrere Faktoren wirkten im Gründungsmoment der Organisation 1957 zusammen und beeinflussten die Programmstruktur und die Ziele von Crossroads: die sich überschneidenden Wünsche der afroamerikanischen Bevölkerung, die Politik gegenüber Afrika mitzubestimmen und das Ende von Rassendiskriminierung in den USA herbeizuführen sowie die außenpolitische Notwendigkeit, nachhaltige Beziehungen zu denen sich auf dem Weg in die Unabhängigkeit befindlichen afrikanischen Kolonien zu etablieren und diese ideell in eine von den USA geführte Interessengemeinschaft einzubinden. Biographische Einflüsse
Operation Crossroads Africa war weit mehr als nur das „petit Peace Corps“ auf das es im historischen und populärwissenschaftlichen Diskurs zumeist reduziert wird.6 Mit ihrem selbsternannten „pioneering experiment in the area of international relations“7 gelang es den Gründern der Organisation, eine in der Tat neue methodische Richtung in internationalen Beziehungen einzuschlagen: Crossroads war die erste Organisation, die sich durch eine Kombination aus Freiwilligenarbeit und Studienseminaren auszeichnete.8 In der Konzeption der Organisation berief sich Robinson dabei überwiegend auf persönliche Erfahrungen, die er in seiner Jugend, während seines Studiums und als Pfarrer einer Gemeinde in Harlem gemacht hatte. Sein Wirken wurde zeitlebens von drei Interessen geleitet, die sich schließlich in Operation Crossroads Africa zu einem Konzept verbanden: Er wollte einen Beitrag zur Verbesserung der amerikanischen Rassenbeziehungen leisten, zur besseren Verständigung zwischen Amerikanern und Afrikanern beitragen und die KoLerone Bennett, Uhudu Comes to Kenya. Pomp, Pageantry Mark Freedom for New Nation, in: Ebony, Februar 1964, 132. 7 Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 151. 8 Vgl. Abernethy, Unbetitelte Rede, Abernethy Records 27/3; vgl. auch James H. Robinson, Crossroaders Help in Africa, Peace Corps Volunteer (Dezember 1964). 6
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operation zwischen Jugendlichen auf der ganzen Welt ermöglichen. Sein Einsatz für diese Belange gründete sich dabei auf sein theologisches Verständnis vom Christentum als Egalität predigender Religion, seinem davon abgeleiteten Glauben an Demokratie und gesellschaftlichen Pluralismus und der Ausübung seines geistlichen Amtes in der Tradition des Social Gospel.9 Die Wurzeln von James Robinsons lebenslangen Engagements gegen Unterdrückung und für Toleranz finden sich in seiner Kindheit im amerikanischen Süden. Robinson, der 1907 in Knoxville, Tennessee, geboren wurde, wuchs in den sogenannten Bottoms dieser Stadt auf, ihrem geographisch und ökonomisch niedrigsten Bezirk. Dort erlebte er nach eigenen Angaben nicht nur Armut, sondern erfuhr auch Ablehnung und Hass, die ihm aufgrund seiner Hautfarbe von Weißen entgegengebracht wurden. Denn selbst in den Bottoms, in denen die dort lebenden Weißen mit den Schwarzen ökonomisch auf derselben niedrigen Stufe standen, herrschte eine tiefe Kluft zwischen den beiden Ethnien – ein Widerspruch, den Robinson schon als Kind wahrnahm. Zunächst wunderte er sich, „[why] everybody else was called by their first name but the whites were always called ‚Mr‘ and ‚Mrs‘“10, und aus dieser Verwunderung entwickelte sich zunächst ein „burning hatred for white people“.11 Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog Robinsons Familie wie viele andere schwarze Familien im Zuge der Great Migration in den Norden des Landes, wo Afroamerikaner in der Rüstungsindustrie als Arbeitskräfte angeworben wurden. Der Norden wurde von den Afroamerikanern des Südens, wo Rassensegregation herrschte, zum gelobten Land stilisiert, das Arbeit und Geld versprach.12 Dass die „tale of the free, generous and liberal North“ tatsächlich jedoch nicht mehr als ein Mythos war, stellte Robinson enttäuscht fest, als er seiner Familie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nach Cleveland folgte.13 Im amerikanischen Norden wurde offiziell keine Rassentrennung praktiziert, doch wurden Schwarze hier Opfer einer subtileren und indirekteren Form der Diskriminierung. Zum einen mussten sie wegen ihrer Armut in Slumgebieten leben, in denen sich innerhalb weniger Jahre zumeist eine rapide Gentrifizierung vollzog. Von Woche zu Woche, so erschien es auch Robinson, entflohen die weißen Bewohner seines Stadtviertels dem Zustrom schwarzer Rüstungs-
Die Social-Gospel-Bewegung hatte ihren Höhepunkt im ausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihre Anhänger betonten die soziale Relevanz des christlichen Glaubens und widmeten sich Problemen wie urbaner Armut, Alkoholmissbrauch und dem geringen Bildungsniveau von Einwandererkindern. Dabei arbeiteten sie überwiegend mit Einwandern und armen Weißen und nahmen sich weniger dem Problem der Rassentrennung an. Vgl. Noll, Politics, 173. 10 Robinson, Road Without Turning, 20. 11 Ebd., 53. 12 Vgl. über die Great Migration: Lemann, Promised Land; St. Clair Drake/Cayton, Black Metropolis. 13 Vgl. Robinson, Road Without Turning, 56. 9
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arbeiter.14 Zum anderen war seine Familie trotz eines höheren Gehalts als im Süden weder ökonomisch noch sozial besser gestellt als in Knoxville und Robinson fühlte sich immer noch „hungry and ill-clothed“.15 Sein Vater, der in einem Schlachthof arbeitete, verdiente kaum genug, um für Miete und Verpflegung der Familie aufkommen zu können. Weil das Wohnviertel der Robinsons gnadenlos übervölkert war, trieben skrupellose Vermieter die Mietpreise in die Höhe. Um seine Familie finanziell zu unterstützen, hatte Robinson neben der Schule verschiedene Nebenjobs.16 Im Alter von 24 Jahren erlangte Robinson 1929 seinen Highschoolabschluss. Der lang erwartete Beginn seiner Studienzeit an der Western Reserve University in Cleveland gestaltete sich jedoch alles andere als problemlos: Die Folgen der Weltwirtschaftskrise beraubten auch ihn jeglicher finanzieller Mittel, um sein Studium zu absolvieren, und trotz mehrerer Nebenjobs konnte er sich weder neue Kleider noch festes Schuhwerk leisten.17 Um emotionalen Halt zu gewinnen trat er einer Methodistenkirche bei. Deren Pfarrer, Russell Brown, wurde das erste spirituelle Vorbild für Robinson, da er ihm bei der Suche nach seiner eigenen Interpretation der christlichen Lehre zur Seite stand. Brown war Anhänger des Social Gospel. Sein Aufruf zur Selbsthilfe war für Robinson besonders in dieser schwierigen Lebensphase Hoffnung und Lebenshilfe zugleich. Um Jungen, die wie er selbst in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen waren, eine Perspektive aufzuzeigen, gründete Robinson in Browns Kirche einen Freizeitverein. Dieser erfuhr binnen kürzester Zeit so viel positive Resonanz, dass Robinson innerhalb eines Monats sieben weitere Clubs an verschiedenen Kirchen Clevelands eröffnete.18 Ein presbyterianischer Pfarrer19 wurde schließlich auf Robinsons Arbeit in den kirchlichen Freizeitvereinen aufmerksam und offerierte ihm ein Studienstipendium des Board of Christian Education der Presbyterianischen Kirche für die Lincoln University – allerdings musste er sich dafür zu ihrer Glaubensgemeinschaft bekennen.20 An der Lincoln University kam Robinson erstmalig Vgl. ebd, 84. Ebd., 89. Ebd., 81–84. 17 Ebd., 136. 18 Vgl. ebd., 137; Grimm, Notable American Philanthropists, 253. 19 In der Literatur finden sich keine Hinweise darauf, ob dieser Pfarrer ein Afroamerikaner oder Weißer war. 20 Vgl. Robinson, Road Without Turning, 138. Wie viele andere afroamerikanische Aspiranten auf Pfarrämter, profitierte Robinson von dem Bildungsangebot der Presbyterianer, hatte aber darüber hinaus auch weniger pragmatische Gründe für seinen Eintritt in die Presbyterianische Kirche. Zum einen teilte er mit den Presbyterianern die allgemeine Skepsis gegenüber der sehr emotionalen Auslegung afroamerikanischer Religion, zum anderen versuchte die Kirche durch die Gewährung von Studienkrediten an Afroamerikaner, sie stärker in die weiße Gemeinde zu integrieren – eine Intention, die auch Robinson verfolgte. Vgl. Murray, Presbyterians and the Negro, 208. Praktisch ließ sich das Ziel, Afroamerikaner mit weißen Kongregationen in Kontakt 14 15 16
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in Kontakt mit Afrikanern wie dem späteren nigerianischen Staatspräsidenten Benjamin Azikiwe, der sein Dozent für Politikwissenschaft war. Er knüpfte Kontakte zu Mitstudenten afrikanischer Herkunft, entwickelte ein Interesse für panafrikanische Verbundenheit und stellte eine Verbindung zwischen den gegenwärtigen nationalen und internationalen Entwicklungen her, in denen schwarze Menschen Gleichberechtigung und Freiheit forderten. Sein Bemühen, einen Kurs für afroamerikanische Geschichte an der Seite von Azikiwe einzuführen, sowie seine Tätigkeit als Sprecher bei Protestkundgebungen brachten ihm dabei den Ruf als „campus radical“ ein.21 Nach seinem Studium an der Lincoln University wechselte Robinson an das Union Theological Seminary in New York. Seine Auslegung des Kirchenamtes in der Tradition des Social Gospel wurde dort weiter von seinem am Union Seminary selbst äußerst umstrittenen Mentor Harry Ward beeinflusst, einem linksintellektuellen Theologen, der argumentierte, dass der Schlüssel zu persönlicher Erlösung in der Verwirklichung einer sozialen Reformagenda liege, die sich für die Rechte der Armen und Unterdrückten einsetzt.22 Ward, von dem er sich gegen Ende der vierziger Jahre zu distanzieren begann, war zunächst eine der wenigen Personen am Priesterseminar, von denen Robinson sich akzeptiert fühlte und die großen Einfluss auf ihn ausübten. Seine Verbindungen zu Ward, der in einer Vielzahl friedensaktivistischer Gruppen aktiv war, führte auch Robinson zum Volksfront-Aktivismus. Er trat der League Against War and Fascism bei, die später vom Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten (House Un-American Activities Committee, kurz HUAC) als „subversiv“ eingestuft wurde, sowie der Ethiopian World Federation und dem American Committee to Save Refugees.23 Außerdem war er einer der Sponsoren des von W. E. B. Du Bois geführten African Aid Committee, das sich für die Rechte der Arbeiter und die Freiheitsbestrebungen auf dem afrikanischen Kontinent einsetzte.24 Wie Historiker bereits festgestellt haben, bildeten vorwiegend nichtkommunistische Sozialisten und unabhängige Linke, die mit Kommunisten lediglich zur Umsetzung einer eigenen Reformagenda kollaborierten, das „Herz der Popular Front“, ohne jedoch die Ideologie des Kommunismus zu zu bringen, jedoch kaum umsetzen, da die Pfarrer weißer Gemeinden schwarze Mitglieder oft nicht akzeptierten. Vgl. ebd., 208. 21 Über die Lincoln University und deren Verbindungen mit Afrika siehe Bond, Forming African Youth, 247–261.Vgl. auch Plummer, Rising Wind, 227; Layton, International Politics and Civil Rights, 173. „Campus radical“: Cato, James Herman Robinson, 99. Siehe auch Robinson, Road Without Turning, 168; Cleveland Call and Post, 30. Juni 1962, 1C. 22 Vgl. Dorrien, Social Ethics, 125 ff. Dorrien bezeichnet Ward als radikalen Verfechter des Kommunismus, der wegen seiner radikalen Ansichten am Union Theological Seminary äußerst umstritten war. Sloane Coffin beschuldigte ihn, das Union Theological Seminary der Lächerlichkeit preiszugeben und seine Studenten zu radikalisieren. 23 Vgl. House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1968. 24 Vgl. ebd., 1959.
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unterstützten – ein Argument, mit dem auch Robinson seine Volksfrontaktivitäten später rechtfertigen sollte.25 Nach 1948 änderte sich Robinsons Position gegenüber Kollaboration und Unterstützung von Kommunisten zur Erfüllung eigener Ziele, als die Eskalation des Kalten Krieges infolge der Hinwendung Chinas zum Kommunismus und der Atombombentests der Sowjetunion die Angst vor Kommunisten in den USA schürte. Als Kommunisten zum neuen Feinbild stilisiert und als skrupellose Sowjetagenten diffamiert wurden, wurde die Bevölkerung dem indirekten Druck ausgesetzt, die Außenpolitik Trumans zu unterstützen und ihren Patriotismus bei jeder Gelegenheit zu bekunden. Wie noch zu sehen sein wird, erkannte Robinson diesen Zeitgeist und sagte sich vollkommen von früheren Verbindungen zu kommunistischen Verbänden los, um seinen Ruf und damit seine gesellschaftliche Stellung und die Durchsetzung seiner Agenda nicht zu gefährden. Robinsons Einsatz für die Belange Jugendlicher und die Arbeit mit der Methode der Freiwilligenarbeit um ethnische Verständigung zu erreichen, gehen auf seine Arbeit als Pastor der Church of the Master im New Yorker Stadtteil Harlem zurück. Dort schuf er eine Gemeinde, die einer sehr progressiven Agenda verpflichtet war, und verwirklichte Projekte, die die Überwindung ethnischer Barrieren durch die Zusammenarbeit mit Jugendlichen anstrebten.26 Die zunächst noch namenlose Kirche am Morningside Drive am Rande von Harlem war von ihrer weißen Kirchengemeinde verlassen worden, weshalb das Presbyterium von New York entschied, sie durch eine neue Kirche für die kontinuierlich wachsende afroamerikanische Bevölkerung des Viertels zu ersetzen.27 Die Kirche hatte zunächst weder Mitglieder, Ausstattung, Geld noch einen Namen. Dessen ungeachtet widmete sich Robinson voller Eifer ihrer Gründung, während er Abschlussarbeiten schrieb und seine ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Morningside Community und am Union Theological Seminary wahrnahm.28 Innerhalb weniger Monate nach Einweihung der Church of the Master29 erhöhte sich die Zahl ihrer Mitglieder von zwanzig auf zweihundert. 1958 stellte sie mit 275 Mitgliedern bereits das achtgrößte Presbyterium in ganz New York dar.30 Vgl. Denning, Cultural Front, 5. Vgl. Robinson, Road Without Turning, 220. 27 Im Zuge der Gentrifizierung eines Viertels von einer überwiegend weißen zu einer überwiegend schwarzen Bevölkerung, zogen weiße Kirchen dieser Gegenden zumeist ebenso wie ihre Mitglieder in suburbane Gebiete, während das von ihnen verlassene Gebäude an eine afroamerikanische Kirchengemeinde übergeben wurde. Vgl. Murray, Presbyterians and the Negro, 216. 28 Vgl. ebd., 214–216; Robinson, Road Without Turning, 224. 29 Vgl. Grimm, Notable Philanthropists, 253. Den Namen „Church of the Master“ wählte Robinson, weil der Begriff Master mit Gott gleichzusetzen ist, was bedeute, dass alle Menschen Gottes Kinder und in seiner Kirche willkommen sind unabhängig von ihrem ökonomischen Stand und ihrer ethnischen Zugehörigkeit. 30 Vgl. Stanley Rowland, Jr., Church of the Master Observes its 20th Year at Harlem Service, in: 25 26
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Für Robinson war Harlem „perhaps the most difficult, yet most interesting, community in America“.31 Die Kirche befand sich im Grenzgebiet zwischen der Columbia University, dem Union Theological Seminary und dem Jewish Seminary auf der einen, und einer Vielzahl ethnischer Kommunen in Harlem auf der anderen Seite. Diese war geplagt von Problemen wie Überbevölkerung, hohen Mieten, Arbeitslosigkeit, Korruption und einem Mangel an sozialen Dienstleistungen. Zudem waren im vorwiegend von weißen Protestanten, irisch-stämmigen Katholiken aus der Unterschicht und Afroamerikanern bewohnten Harlem die Spannungen zwischen verschiedenen Ethnien, Klassen und Glaubensrichtungen stets präsent.32 Da die Aufgabe eines Pfarrers in Robinsons Verständnis vor allem darin bestand, sich den alltäglichen Problemen seiner Gemeindemitglieder zu widmen, hatte er vor, die Ursachen der oben angeführten Probleme zu bekämpfen und entwickelte ein Netz weitreichender Gemeinschaftsdienste, in das er die Studenten der in Morningside liegenden Universitäten integrierte. Über seine Kirche sagte Robinson; „Its only criterion would be that of human need […] It would not be an institution of charity but one of co-operative self-help.“33 Sie sollte sich verstärkt Kindern und Jugendlichen widmen, konkrete Lösungen für die Probleme der Gemeinde offerieren, und allen Menschen ungeachtet ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit und ökonomischen Stellung zugänglich sein.34 Die Ausrichtung seiner Gemeindeprojekte zeigt, dass Robinson die Gelegenheit für rassenübergreifende Kooperationen in Harlem voll ausnutzte. Im persönlichen Wissen um die Erniedrigung, die mit Vorurteilen und Diskriminierung für die Opfer einhergeht, gelangte er für sich selbst zu der Überzeugung, dass sich Harlems Probleme nicht durch Predigten, Gebete oder halbherzige Maßnahmen von Sozialarbeitern und des Sozialministeriums lösen ließen, sondern dass die einzig mögliche Lösung im Ende der Rassentrennung bestand. Dabei wies er beständig darauf hin, dass diese nur in Zusammenarbeit mit weißen Amerikanern gelingen könnte: „I must win these battles not only for myself and my race, but for the sake of my white brethren, for my country and my Lord.“35 Da sowohl weiße als auch schwarze Kirchen Rassentrennung vertraten, argumentierte Robinson, dass die schwarze Kirche mit gutem Beispiel vorangehen und den Weg zum Ende von Diskriminierung weisen sollte, indem sie Amerikanern aller Hautfarben die Teilnahme am Gottesdienst geThe New York Times, 5. Mai 1958; Dick Owen, Church of the Master, in: Sunday News, 4. Februar 1962. 31 Robinson, Road Without Turning, 220. 32 Vgl. ebd., 220–221; Cato, James H. Robinson, 100; Vgl. auch Biondi, To Stand and Fight. 33 Robinson, Road Without Turning, 224. 34 Vgl. ebd. 35 Robinson, Road Without Turning, 312, 211.
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stattete. Folglich war er eigenen Angaben nach nicht an einer afroamerikanischen Kirche und Gemeinde, sondern an einer christlichen Kirche interessiert, in der jeder Mensch ungeachtet seiner Hautfarbe willkommen war.36 Auch Robinsons Interesse an Afrika lässt sich bis in die vierziger Jahre zurückverfolgen und wird vor allem durch seinen Posten als Vorstands- und Gründungsmitglied der African Academy of Arts and Research bezeugt. Diese war 1943 von dem aus Nigeria stammenden K. Ozuomba Mbadiwe zur Koordination des Informationsaustausches und zur Förderung des Austausches mit afrikanischen Wissenschaftlern und Studenten gegründet worden.37 Ihre Entstehung spiegelt ein in den dreißiger Jahren einsetzendes akademisches und sich langsam entwickelndes politisches Interesse von liberalen Politikern und auch von Afroamerikanern an der Entwicklung Afrikas wider.38 Nach Aussagen Robinsons bildete sie eine Art Gegenpol zu dem von Max Yergan gegründeten Council on African Affairs, der ähnliche Ziele verfolgte, aber kommunistisch orientiert war.39 Liberale wie Eleanor Roosevelt, Mary McLeod Bethune, Roger Baldwin und Channing Tobias wurden auf die Academy aufmerksam und organisierten Treffen mit dem Außenministerium, um junge Afrikaner auf ein Studium in den USA vorzubereiten.40 Nach 1957 wurde die Organisation aufgelöst, weil Mbadiwe als Verkehrsminister nach Nigeria zurückkehrte. Gelohnt hatten sich seine Anstrengungen dennoch, da die Akademie auf die Fortschritte und komplexen Probleme Afrikas aufmerksam gemacht, zur Wertschätzung afrikanischer Kultur beigetragen und Afroamerikaner ermutigt hatte, panafrikanische Verbindungen zu knüpfen.41 In gewisser Weise inspirierte sie damit auch die Gründung von OCA,
Vgl. ebd., 233. Robinsons progressive Programmatik stieß jedoch auch auf Ablehnung und erbitterten Widerstand von weißen als auch schwarzen Bewohnern Harlems, die eine desegregierte Kirchengemeinde ablehnten. Ein besonders umstrittener Punkt, der ihm vor allem den Protest von Afroamerikanerinnen und weißen Männern einbrachte, war die Tatsache, dass Robinson darüber hinaus Ehen zwischen Weißen und Schwarzen schloss. Das war es auch, was ihm während des Zweiten Weltkriegs das Misstrauen des Federal Bureau of Investigation (FBI) einhandelte, das solchen rassenübergreifenden Verbindungen äußerst ablehnend gegenüberstand. Vgl. ebd., 236; Cato, James H. Robinson, 101; Biondi, To Stand and Fight, 161. Viele afroamerikanische Bürgerrechtler gerieten ins Visier von Edward J. Hoover, dem Direktor des FBI. Begünstigt durch die starke antikommunistische Stimmung im Land begann dieser in den fünziger Jahren eine große Anzahl vermeintlich mit dem Kommunismus sympathisierender schwarzer Intellektueller zu bespitzeln, wie auch Langston Hughes, Mary McLeod Bethune und Adam Clayton Powell. Vgl. Biondi, To Stand and Fight, 161. 37 Vgl. ebd., 78, 176. 38 Vgl. Plummer, Rising Wind, 78. 39 Vgl. Robinson, Africa at the Crossroads, 61; U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1938. 40 Vgl. Robinson, Africa at the Crossroads, 61; Plummer, Rising Wind, 97. 41 Vgl. ebd. 36
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dessen Programmatik die der Academy aufgriff und von Netzwerken profitieren konnte, die Robinson als deren Vorstandsmitglied geknüpft hatte.42 Ein weiterer Aspekt, dem sich Robinson als Pfarrer verstärkt widmete, war die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Studenten. Dabei ließ er sich von der Überzeugung leiten, dass man ethnischen Vorurteilen am besten vorbeugen könnte, wenn die nächste Generation schon frühzeitig Toleranz gelehrt würde. Den Keller seiner Kirche funktionierte er daher zum Morningside Community Center um, das überwiegend mit Teenagern der Gemeinde arbeitete und Kinderbetreuung anbot, um werktätigen Müttern den Spagat zwischen Familie und Arbeit zu erleichtern.43 Robinson setzte sich zudem für internationale und ethnische Verständigung unter Studenten ein, da sie die Führungselite von morgen stellten und es in ihrer Macht lag, eine bessere und gerechtere Zukunft für alle Amerikaner zu gestalten. Als Mitglied des Jugendausschusses der NAACP war er zum Beispiel maßgeblich an der Gründung des National Scholarship Service Fund for Negro Children beteiligt, um Afroamerikanern, die es sich nicht leisten konnten, ein Studium an einer weißen Universität zu ermöglichen.44 Auch zeigte er sich zunehmend engagiert im Bemühen Austauschstudenten eine differenzierte und umfassende Sicht auf Amerika und insbesondere auf dessen Rassenproblem zu gewähren.45 Sein auf ethnischer Kooperation basierendes Programm und die zahlreichen sozialen Projekte seiner Gemeinde zogen Freiwillige an, die in einer der ihrer Meinung nach „most exiting urban ministries in the country“46 arbeiten wollten. Besonders Studenten aus der näheren Umgebung, wozu die Columbia University, das Barnard College und das Union Theological Seminary gehörten, kamen so in Kontakt mit Einwohnern aus Harlem. In den ersten vier Jahren seiner Tätigkeit als Pfarrer leisteten mehr als einhundert Studenten von den Bildungseinrichtungen rund um Morningside Heights wöchentlich vier bis fünf Stunden freiwillige Gemeindedienste.47 Für ein 1942 von ihm ins Leben gerufenes Ferienlager in New Hampshire gelang es Robinson eine Vielzahl idealistischer Collegestudenten als Freiwillige zu gewinnen. Camp Rabbitt Hollow für Jungen und das zwei Jahre später gegründete Camp Forest Lake für Mädchen waren beide ethnisch integriert und überkonfessionell und wurden von schwarzen und weißen Studenten umDie Nachfolge trat noch im selben Jahr die American Society of African Culture an, die dem zunehmenden Bewusstsein über die kulturellen Verbindungen mit Afrika im Zuge der Unabhängigkeit Ghanas 1957 Rechnung trug, mit amerikanischen Universitäten kooperierte und die Zeitschrift African Forum herausgab. 43 Vgl. Cato, James H. Robinson, 100. 44 Vgl. ebd.; Robinson, Road Without Turning, 260. 45 Vgl. ebd, 257–266. 46 Cato, James H. Robinson, 100. 47 Vgl. Robinson, Road Without Turning, 232. 42
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liegender Universitäten und Colleges gemeinsam geleitet. In einer Zeit, in der Ferienlager-Möglichkeiten für schwarze Kinder begrenzt waren, ermöglichten sie unterpriviligierten schwarzen Jungen und Mädchen die Teilnahme an einem Sommercamp.48 Die Vielzahl freiwillig arbeitender Studenten in Rabbitt Hollow und Forest Lake verdeutlichte Robinson erneut, dass junge Amerikaner durchaus bereit waren, Freiwilligenarbeit zu leisten. Für die Camps erhielt er eine regelrechte Flut an Anfragen von Studenten, die sich sozial engagieren wollten, und jedes Wochenende arbeiteten zwischen vierzig und sechzig Studenten vom Amherst und Smith College, der University of Massachusetts und dem Williams College in seinen Camps in New Hampshire.49 Ähnlich wie später bei Crossroads war es dabei nicht nur das Ziel rassenübergreifende Verständigung herbeizuführen, sondern die Freiwilligen zusammenzubringen, damit sie an einem Projekt von gemeinschaftlichem Nutzen mitwirkten und offene Gespräche über universitäre, religiöse und gesellschaftspolitische Erfahrungen führen konnten. Ein Teilnehmer bestätigte dies: „As young adults there are a lot of ideas that confuse us and it is wonderful to have the opportunity to express and share these ideas and to feel that others, too, have been confronted with the same problems and felt equally concerned about them.“50 Robinson, für den die Gründung der integrativen Camps Teil seiner Strategie war, zur Verständigung zwischen Schwarz und Weiß in den USA beizutragen, betont in seiner Autobiographie: „Once a good precedent is established or a barrier is broken down, the new advantage must be pressed.“51 Genau so war es auch mit seiner Arbeit an den Sommercamps. Der Erfolg dieser Methode brachte ihn auf den Gedanken, jugendlichen Idealismus und die Bereitschaft zum Freiwilligendienst auf internationaler Ebene zu nutzen. Mit dieser Idee stieß er auch auf das Interesse des Board of Foreign Missions der Presbyterianischen Kirche, die ihn 1951 mit einer Erkundungsreise durch Europa, Asien und den Mittleren Osten beauftragte.52 Drei Jahre später begab er sich auf eine dreimonatige Tour durch West-, Zentral- und Ostafrika, wo er einige Wochen unter der Leitung von Emory Ross vom Africa Committee verbrachte. Dadurch lernte er afrikanische Politiker wie den liberianischen Präsidenten William S. Tubman und den Premierminister Ghanas, Kwame Nkrumah, kennen und baute Netzwerke auf, die sich später für Crossroads als unerlässlich erwiesen.53 Zum anderen festigten Einblicke in die Entwicklung Afrikas während seiner Vgl. ebd., 283–285; vgl. auch Grimm, Notable American Philanthropists, 254; Cato, James H. Robinson, 101; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 14. 49 Vgl. Simpkinson, Work Camp Project, 57. 50 Ebd. 51 Robinson, Road Without Turning, 304. 52 Vgl. Clarence W. Hall, Operation Crossroads gets to the Heart of Africa, in: Reader’s Digest, July 1968, OCAR Addendum 15/7. 53 Vgl. Brief, James H. Robinson an Charles B. Wilkinson, 7. Mai 1969, JHR 17,9; Plimpton, 48
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sechsmonatigen Weltreise im Auftrag des Board of Foreign Missions der Presbyterianischen Kirche und auf seiner anschließenden Erkundungstour des afrikanischen Kontinents 1954 sein Vorhaben, nach der Rückkehr in die USA ein interkulturelles Freiwilligenprojekt ins Leben zu rufen.54 In seinem im selben Jahr erschienenen Buch Tomorrow is Today verarbeitete Robinson seine Erfahrungen in Afrika und prognostizierte erstmals, dass es in den kommenden Jahren eine zunehmend wichtige Rolle in den internationalen Beziehungen spielen würde und es daher unerlässlich sei, den direkten Kontakt zwischen Amerikanern und Afrikanern zu fördern.55 Schärfere Konturen erhielt dieses Vorhaben schließlich, als er von 1954 bis 1957 mit Hilfe von Schülern und Studenten, Kirchengruppen und Wohlfahrtsorganisationen über eine halbe Million Bücher sammelte und afrikanischen Schulen, Waisenhäusern und Sozialprojekten spendete. Wie er später berichtete, fragten ihn Afrikaner während dieser Zeit mehrmals: „Why don’t you send people [instead of books]?“56
Abb. 1: James H. Robinson
Operation Crossroads Africa, 15; Newsletter from the Reverend James H. Robinson, Leopoldville, Congo, 20. August 1954, JHR 40/24. 54 Vgl. Robinson, Crossroaders Help in Africa; Robinson, Introduction, in: Isaacs, Emergent Americans, 7. 55 Vgl. Robinson, Tomorrow Is Today, 1954. 56 Brief, James H. Robinson an Charles B. Wilkinson, 7. Mai 1969, JHR 18/20.
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Mit Crossroads antwortete Robinson auf dieses Bedürfnis nach persönlich geleisteter Entwicklungshilfe, auf das er in Afrika gestoßen war, und betonte die Rolle, die schwarze Amerikaner dabei spielen konnten. Dabei stützte er sich auch auf ein Gespräch, das er 1954 während seiner Afrikareise mit dem Minister für Soziales und Bildung der ehemaligen Gold Coast (dem heutigen Ghana) geführt hatte. Dieser hatte ihn nach eigenen Angaben „not only for Negro missionaries but for Negro doctors nurses, teachers, social workers and technicians“57 gefragt – ein Wunsch, den mehrere afrikanische Politiker teilten. Wie kaum ein anderer Afrikaner verstand Ghanas Präsident Kwame Nkrumah, dass mit der Unabhängigkeit seines Landes viele Probleme ungelöst blieben und die ehemalige Gold Coast vor großen Herausforderungen stand – denn während eine afrikanische Kolonie nach der anderen ihre politische Unabhängigkeit erlangte, blieben erhebliche Defizite im Bildungsbereich und ein gravierender Mangel an technischen Fachkräften. Um eine funktionierende Regierung und Wirtschaft zu erhalten, bemühte sich Nkrumah daher, britische Beamte, Lehrer, Doktoren und Ingenieure in Ghana zu halten.58 Gleichzeitig erhoffte er sich die Unterstützung der afroamerikanischen Bevölkerung. Während seines Zusammentreffens mit Martin Luther King auf den Unabhängigkeitsfeiern Ghanas 1957 sprach er davon, hunderte, wenn nicht gar tausende qualifizierter Afroamerikaner zu rekrutieren, die die neugeschaffene schwarze Nation bei ihrer Entwicklung unterstützen sollten.59 Diesen Vorschlag wiederholte er ein Jahr später in New York, als er jedem Afroamerikaner ein Einreisevisum versprach, der sich am Aufbau eines freien Ghana beteiligen wollte – ein Vorschlag, dem die anwesende Menge begeistert zustimmte.60 In Anbetracht der Nachfrage von Afrikanern nach technischer Unterstützung und unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die er mit Freiwilligenarbeit in Harlem, New Hampshire und mit Project India gemacht hatte, begab sich Robinson 1954 auf die Suche nach Unterstützern für die Gründung eines Projektes, das engagierte Studenten auf Freiwilligenbasis nach Afrika entsenden sollte. Die zunächst noch namenlose Organisation sollte Freundschaft und Vgl. James H. Robinson, Christianity and Revolution in Africa, one of four articles which appeared in The Christian Century early in 1956, written by the Minister of the Church of the Master (Presbyterian), New York, after a visit to the continent whose awakening may change the world, 1956 Christian Century Foundation, JHR 31/16. 58 Vgl. Campbell, Middle Passages, 318. 59 Vgl. Amos C. Brown, Celebrating Ghana’s 50 Years, in: The Crisis, July/August 2007, 14–15; Campbell, Middle Passages, 318. 60 Gaines, American Africans in Ghana, 90. Nach den Ausführungen von Campbell finden sich in Nkrumahs Ansprache sowohl Anklänge an Marcus Garvey als auch Martin Delany und Henry McNeil Turner, die alle dafür plädiert hatten, dass schwarze Menschen der Diaspora ihre Fähigkeiten und ihre Energie gemeinsam für die Neugestaltung Afrikas bündeln sollten. Drei Jahre nach seiner Rede in Harlem forderte Nkrumah die Unterstützung des Peace Corps an, denunzierte es später aber als Propaganda- und Spionageapparat. Siehe Nkrumah, Neo-Colonialism, 247–249; Duignan/Gann, The United States and Africa, 353. 57
Motive und philosophische Vorbilder
Verständigung zwischen Amerikanern und Afrikanern über die sogenannte workcamp technique herbeiführen. Motive und philosophische Vorbilder
In einem 1972 erschienenen Aufsatz erörterte der Politikwissenschaftler Martin Weil, wie eine afroamerikanische Organisation, die die amerikanische Bevölkerung für die Probleme Afrikas sensibilisieren will, operieren müsste, um sich in der amerikanischen Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Die Überlegungen Weils über die Möglichkeiten der Einflussnahme afroamerikanischer Interessengemeinschaften lesen sich wie ein a posteriori geschriebener Kommentar über die Vorgehensweise von Operation Crossroads Africa: To be successful, a black movement for reform of American policy toward Africa must be perceived as a vehicle for exporting American ideals. It must be an affirmation of black faith in the United States and a demonstration of black ability to manipulate the fine structure of American politics. […] Blacks as Blacks may identify with Africa, but it is only as Americans that they can change United States policy in Africa. If Afro-Americans ever gain leverage in foreign policy, it will be those black politicians who are most successful within the system who will do so – those who can command the respect of their black constituents and reassure white America at the same time. […] The active sympathy of white America for the plight of black America can only be won by a non-intimidating strategy since the ideology of these movements will be alien to most Americans. […] White America will judge Africa by the representatives who speak for her. […] As in other areas of American life, blacks must be twice as careful to achieve half as much.61
Wollte eine afroamerikanisch geführte Organisation während des Kalten Krieges Einfluss auf die amerikanischen Beziehungen zu Afrika nehmen, musste sie sich der Argumentation Weils zufolge also die Kooperation weißer Amerikaner sichern, um die breite Öffentlichkeit und die politische Elite für ihr Vorhaben zu gewinnen. Außerdem musste sie unter Beweis stellen, dass sie vorrangig im Interesse Amerikas handelte, was sich Weil zufolge durch die gezielte Manipulation politischer Rahmenbedingungen erreichen lasse. Für Crossroads hätte das geheißen, dass es sich dem außenpolitischen Diskurs hätte anpassen und sein Programm als wichtigen Beitrag zur Verwirklichung amerikanischer außenpolitischer Ziele in Afrika hätte darstellen müssen. Im weiteren Verlauf seines Essays argumentiert Weil außerdem, dass ein afroamerikanisches Programm, das Einfluss auf die Beziehungen zwischen den USA und Afrika nehmen wollte, aus den oben genannten Gründen eine gewisse Di61
Weil, Can the Blacks Do for Africa, 127–130.
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stanz zu den afrikanischen Freiheitsbewegungen wahren müsste62 – Leitlinien, die, wie ich auf den folgenden Seiten zeigen werde, Robinson genauso wahrgenommen und bereits 1957 in der Konzeption von Crossroads umgesetzt hatte. In mehreren Punkten ähnelte das Konzept von OCA demjenigen des Experiment in International Living, das der Quäker Donald Watt 1932 gegründet hatte. Durch mehrwöchige Aufenthalte bei Gastfamilien in Europa und Lateinamerika setzte sich das Austauschprogramm zum Ziel „[to] promot[e] mutual understanding and respect between their own and other countries“.63 Der Unterschied zu Crossroads bestand darin, dass die Teilnehmer des Experiments in International Living zunächst sechs Wochen in einer Gastfamilie lebten und anschließend gemeinsam in kleinen Gruppen das jeweilige Aufenthaltsland bereisten. Die Kernelemente von Crossroads fanden sich aber schon hier: kleine Gruppen unter der Führung von erfahrenen Gruppenleitern und Schaffung von Anreizen zu Gruppendiskussionen als Anregung von Lernprozessen. Dass Crossroads in vielen Punkten an die Programmstruktur des Experiment anknüpfte, zeigt auch die Wahl seines Namens: „Crossroads“ war der Titel einer Werbebroschüre, mit der Watts Organisation von 1935 bis 1947 in ganz Amerika auf sich aufmerksam machte.64 Neu an Operation Crossroads war, dass es die erste Freiwilligenorganisation war, die ihr gesamtes Programm auf Afrika konzentrierte. Als es 1957 gegründet wurde, war Afrika für die Mehrzahl der amerikanischen und kanadischen Studenten der „dark continent“65, und es gab nur eine geringe Anzahl Vgl. ebd., 128–130. Die These, dass afroamerikanische Organisationen die Öffentlichkeit und die Politik in besonderem Maße von ihrer Loyalität gegenüber den USA überzeugen müssten, bestätigt: DeConde, Ethnicity, Race, and American Foreign Policy, 196. DeConde argumentiert, dass es dem weißen politischen Establishement schwer falle, afroamerikanische Ziele in Einklang mit der Verpflichtung gegenüber den USA zu sehen. Daher verlange das Engagement von Minoritäten in außen- als auch innenpolitischen Belangen einen gewissen Grad an Konformität gegenüber nationalen Interessen. 63 Siehe zur Programmstruktur des Experiment in International Living: Halsted, Experiment in International Living, 683. Siehe auch Peters, Passport to Friendship. 64 In seiner Autobiographie widmet Watt der Werbebroschüre Crossroads ein eigenes Kapitel unter der Überschrift „Crossroads“. Siehe Watt, Intelligence is Not Enough, 152–170. Watt erklärt die Namensgebung der Broschüre und die Bedeutung des crossroads für die Organisation folgendermaßen: „This is a place where young people of many nations may meet, meet not merely in passing, but in meeting, take time to know one another, meet to make friends in another land.“ 65 Vor der Gründung von Crossroads gab es nur wenige amerikanische Organisationen, die Beziehungen mit Afrika unterhielten. Dazu zählten die New York Colonization Society, Friends of Liberia, der Phelps Stokes Fund, die Carnegie Foundation und die Rockefeller Foundation, von denen die letzten drei Stiftungen nach 1945 ihren Etat für Forschung und Entwicklungsprogramme in Afrika erhöhten. Siehe hier Volman, University Development; Hess, Waging the Cold War. Die einflussreichste amerikanische Organisation, die Interesse an Afrika generierte, war das 1954 gegründete Africa-America Institute (AAI), das Vorträge organisierte, die Medien über Afrika informierte und wissenschaftlichen Austausch förderte. Vgl. Duignan/Gann, The United States and Africa, 334–335. 62
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an Programmen, die zu einer Veränderung dieser Wahrnehmung beitrugen: lediglich das Experiment in International Living sowie das Friends Service Committee hatten bis dahin vereinzelte Reiseseminare in Afrika durchgeführt.66 Da es sich bei diesen Unternehmungen jedoch um jeweils nur eine einzelne Gruppe gehandelt hatte, gab es keinen Präzedenzfall, dem Crossroads in der Strukturierung seines Programms hätte folgen können. Eine weitere Besonderheit, die Crossroads auszeichnete, war, dass Robinson mit seinem interkulturellen Austauschprogramm Einfluss auf die afrikanisch-amerikanischen Beziehungen nahm, bevor überhaupt eine klar umrissene amerikanische Afrikapolitik existierte. James H. Robinson war einer der ersten Amerikaner, der die Notwendigkeit erkannte, Verbindungen zu dem aus der Kolonialherrschaft neu erwachenden afrikanischen Kontinent zu knüpfen, worauf er vehement in seinen Reden und Publikationen hinwies: Africa is the continent of tomorrow. Awakening from the slumber of long yesterdays, it is pregnant with challenging opportunities which demand attention today. […] Tribal groups are being fused into independent nations and these in turn are becoming associated into larger confederations and units. […] Time will not stand still and Africa will not wait. If the United States is to relate itself positively and creatively to the new Africa, it has but a short period in which to develop bold, imaginative and dynamic plans and methods toward this end.67
Es ist sicher kein Zufall, dass Operation Crossroads entstand, kurz nachdem 1957 mit Ghana die erste ehemals britische Kolonie Afrikas unabhängig wurde. Bis dahin hatte es weder eine eigene Afrikaabteilung im amerikanischen Außenministerium gegeben noch ausgebildetes Fachpersonal, das deren Leitung hätte übernehmen können.68 Des Weiteren war das Segment der amerikanischen Bevölkerung, das am meisten an der Etablierung amerikanisch-afrikanischer Beziehungen interessiert war, nicht entsprechend seines zahlenmäßigen Crossroads war demnach nicht die erste Organisation, die Studierende nach Afrika führte, aber die bis dahin bei Weitem größte. Im Dezember 1964 schrieb die Zeitschrift Peace Corps Volunteer, dass OCA drei Mal so groß wie alle anderen Programme sei, die mit Jugendlichen in Afrika arbeiteten. Vgl. Robinson, Crossroaders Help in Africa. Das American Friends Service Committee war 1917 gegründet worden, um zivile Opfer des Ersten Weltkriegs zu unterstützen. In den folgenden Jahren konzentrierte es sich auf die Arbeit mit Menschen, deren Lebensumfeld von Krieg zerstört worden war, leistete nach dem Zweiten Weltkrieg aber auch soziale und technische Hilfe in Entwicklungsländern, um Konflikten vorzubeugen. Vgl. Bacon, The Quiet Rebels, 182–201. 67 OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 4, JHR 47/3. 68 1957 gab es lediglich zwei Amerikanische Botschaften in ganz Afrika und noch keine eigene Abteilung für den Kontinent im Außenministerium. Erst im September 1958 wurde mit Joseph C. Satterthwaite ein Undersecretary of State für Afrika ernannt. Vgl. über die diplomatischen und politischen Beziehungen Amerikas mit Afrika unter Eisenhower: Schraeder, Speaking With Many Voices; Noer, New Frontiers and Old Priorities; Karabell, Architects of Intervention. 66
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Verhältnisses in der Gesamtbevölkerung im Außenministerium vertreten. Die beste Möglichkeit für Afroamerikaner, Einfluss auf die Gestaltung der amerikanischen Beziehungen zu Afrika zu nehmen, bestand daher in der Gründung von Organisationen wie Operation Crossroads Africa.69 Eine philosophische Quelle der Inspiration für Crossroads war William James’ 1906 erschienener Essay „The Moral Equivalent of War“, in dem er eine aus jungen Erwachsenden bestehende „Friedensarmee“ vorschlug, die unter den Armen der Bevölkerung leben und gemeinnützige Dienste verrichten sollte – wie es die shanti sena später in Indien taten. Laut James wären die daran partizipierenden Jugendlichen die vordergründig Begünstigten dieser Art von Begegnung, da sie mit ihren Diensten die Verhältnisse der Armen nicht in großem Maße verbessern könnten. Vielmehr sollte ihre Arbeit als Ventil für ihre eigenen ungenutzten Energien dienen: Ziel seiner Vision war „to get the childishness knocked out of [the volunteers], and to [have them] come back into society with healthier sympathies and soberer ideas.“70 Anspielungen auf diesen Essay in verschiedenen Reden und Aufsätzen Robinsons belegen zweifelsfrei, dass er mit James’ Ideen vertraut und von diesen inspiriert war. Das bekannte Zitat des Essays – „the war against war is going to be no holiday excursion or camping party“71 – wurde in leicht umgewandelter Form ein regelmäßig zitiertes Credo von Crossroads: „[T]his is neither a tourist joy-ride nor a safari.“72 Die von Robinson geübte Kritik an der bisherigen amerikanischen Diplomatie gegenüber den Regionen der Dritten Welt und seine Warnung vor den negativen Auswirkungen, die diese auf das Ansehen der USA im Kalten Krieg nehmen würde, erinnert wiederum an die Botschaft des Romans The Ugly American von William Lederer und Eugene Burdick. Im Juli 1958, als die ersten Crossroadsgruppen bereits in Afrika waren, schlugen dessen Autoren einen auf people-to-people Diplomatie basierenden methodischen Ansatz für die diplomatischen Beziehungen mit der Dritten Welt vor, der sich mit dem von Crossroads deckte. Die Popularität des Romans und sein Einfluss auf Politiker wie John F. Kennedy zeigen, dass die von ihm geforderten Veränderungen in der amerikanischen Diplomatie gegenüber den Ländern der Dritten Welt Seit der Unabhängigkeit Ghanas 1957 bekundeten Afroamerikaner ein gesteigertes Interesse an afrikanischer Politik und Kultur und wollten Einfluss auf die diplomatischen Beziehungen der USA mit dem Herkunftskontinent ihrer Vorfahren nehmen. Vgl. Hickey/Whylie, An Enchanting Darkness, 289; Duignan/Gann, The United States and Africa, 341. 70 William James, The Moral Equivalent of War [1906], http://www.constitution.org/wj/meow/ htm, Zugriff am 8. Juli 2012. 71 Ebd. 72 Vgl. James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa: Address by the Reverend James H. Robinson at the Opening Session of the Orientation Week for the Participants in Operation Crossroads Africa, Union Theological Seminary, 14. Juni 1960, JHR 31/44; Robinson zit. in Isaacs, Emergent Americans, 8; Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 151. 69
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zunehmend von der Öffentlichkeit als auch der Regierung unterstützt wurden. The Ugly American übte harte Kritik an den Mitarbeitern des Auswärtigen Dienstes, die im Umgang mit anderen Kulturen eine koloniale Mentalität an den Tag legten, und bemängelte außerdem, dass sie in „golden Ghettos“ lebten und ihren amerikanischen Lebensstil auf die Dritte Welt transplantierten: „A mysterious change seems to come over Americans when they go to a foreign land. They isolate themselves socially. They live pretentiously.“73 Davon ausgehend warnte der Roman, dass eine Weiterführung der bisherigen Strategie die USA die Überlegenheit im Kalten Krieg kosten würde und plädierte dafür, dass „normale“ Amerikaner mehr Einfluss auf die amerikanische Diplomatie in jener Region nehmen müssten, wie ein Bewohner des fiktiven Landes Sarkhan im Roman sagt: „I firmly believe that the Americans could drive the Communists out of Asia in a few years if you really tried and were willing to live out here on our level. And if you had a definite policy.“ Der wichtigste Rat war aber folgender: „Act like Americans. We love Americans – the kind we meet in America.“74 In Teilen liest sich der Roman wie ein Plädoyer für die auch von Robinson eingeforderte people-to-people Diplomatie gegenüber den Entwicklungsländern, und teilt seine Ansicht, dass privat operierende Organisationen zu einer positiveren Wahrnehmung der amerikanischen Nation führen würden. „Average Americans, in their normal state“, bekannten die Einwohner des fiktiven Entwicklungslandes Sarkhan in The Ugly American, „are the best ambassadors a country can have. They are not suspicious, they are eager to share their skills, they are generous.“75 Robinson war überzeugt, dass junge Menschen das ideale Medium wären, um diesen direkten Kontakt zu den Bewohnern der Dritten Welt herzustellen. Nicht nur würden sie fremden Personen unvoreingenommener begegnen, sondern auch leichter zu beeinflussen und davon zu überzeugen sein, ihre berufliche Zukunft und ihr soziales Engagement dem diplomatisch, humanitär, sozial, wissenschaftlich und kulturell vernachlässigten Kontinent Afrika zu widmen: I felt that the time had come when we should get young people into Africa, while they were still in college and at a highly impressionable age, so that they could come to grips with an understanding of the continent and how they were going to relate to it as it came into its own.76
Dieser von Robinson persönlich empfundene Vorteil des Einsatzes junger Menschen als Freiwillige für den Kulturaustausch stand dabei in Einklang mit 73 74 75 76
Lederer/Burdick, The Ugly American, 95. Ebd., 101. Ebd., 71. Brief, James H. Robinson an Charles B. Wilkinson, 7. Mai 1969, JHR 18/20.
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dem Wunsch vieler Studenten, sich international sozial zu engagieren. Mit Crossroads ermöglichte er jungen Erwachsenen eine zeitweilige Flucht aus der von ihnen empfundenen Oberflächlichkeit und Trivialität des amerikanischen Alltags. Wie John Cato zeigt, hatten die Freiwilligen die Gelegenheit, für einige Wochen unter einfachsten, frontier-artigen77 Umständen zu leben und sich auf grundlegende menschliche Bedürfnisse zu besinnen – eine Fähigkeit, die die Jugend nach Ansicht von kontemporären Sozialwissenschaftlern in ihrer mit allem Komfort gesegneten Überflussgesellschaft eingebüßt hatte.78 Die Teilnahme an Crossroads sollte allen US-amerikanischen und kanadischen Studenten ungeachtet ihrer religiösen Überzeugung, ethnischen Zugehörigkeit und ihrem Geschlecht möglich sein, denn die Organisation beabsichtigte anhand der Teilnehmer sowohl in geographischer, religiöser als auch ethnischer Hinsicht einen Querschnitt (englisch: cross-section) Nordamerikas zu repräsentieren. In Anbetracht der sozialen und ethnischen Spannungen in den USA Ende der fünfziger Jahre war die Zurschaustellung solcher Diversität revolutionär und brachte die Organisation, wie der Crossroader Oscar McCloud treffend formulierte, an „new frontiers of social relationships – domestically and internationally“.79 Die ersten Massenproteste der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung hatten erst kürzlich stattgefunden und in weiten Teilen des Landes blieben Afroamerikanern Bürgerrechte vorenthalten und wurde soziale Interaktion zwischen weißen und schwarzen Amerikanern tabuisiert. Dass sich weiße Studenten plötzlich bereit erklärten, unter gleichen Bedingungen gemeinsam mit Afroamerikanern in Afrika zu leben und zu arbeiten, und sich teilweise sogar der Führung eines Afroamerikaners unterordneten, musste geradezu zwangsläufig polarisieren. Umso mehr verwundert es, dass Crossroads unter Regierungsvertretern und in den Medien offensichtlich hohes Ansehen genoss. Eine Analyse der Motive des Programmes wird diesen scheinbaren Widerspruch auflösen. Intention des Programms
Die bisher erschienenen wissenschaftlichen Beiträge über Operation Crossroads führen eine Reihe unterschiedlicher Ziele an, die Robinson mit der Gründung seiner Organisation verfolgte. Dass die Interpretationen seiner Intentionen in der Gründung von Crossroads variieren, ist der jeweiligen Fragestellung geschuldet, unter der Historiker Crossroads betrachteten, und hängt von dem Schwerpunkt ihrer Betrachtung ab. Robert T. Grimm Jr. beispielsweise Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 4, JHR 47/3. Vgl. Cato, James Herman Robinson, 102. Oscar McCloud, „Frontiers of Friendship“, unveröffentlichter Artikel, Privatbesitz Oscar McCloud. 77 78 79
Intention des Programms
untersucht Crossroads Beitrag zur amerikanischen Afrikadiplomatie und argumentiert, dass Robinson mit dem Freiwilligenprojekt auf die „urgency of the times“ reagierend ein Instrumentarium schaffen wollte, mit dem sich Amerikaner Afrika, dem „strategic player on the global chessboard between capitalism and communism“, nähern und durch technische Hilfeleistungen die afrikanische öffentliche Meinung für amerikanische Ziele gewinnen konnten. Im Unterschied zu dieser Interpretation verweist John Cato darauf, dass die Organisation vielmehr als Vehikel entwickelt wurde, um Amerikaner mit der reichen Kultur und Geschichte Afrikas vertraut zu machen und die zukünftigen Führungskräfte Afrikas und Amerikas für die Kultur des jeweils anderen Kontinents zu sensibilisieren. Brenda Gayle Plummer wiederum untersucht die religiösen Wurzeln des Programms und argumentiert, dass Robinson die Teilnehmer dazu anregen wollte, eine asketische Lebensweise zu verinnerlichen, die der Nation inmitten der Prosperität nach dem Krieg abhanden gekommen war. Antoine M. Garibaldi, der internationale Austauschprogramme untersucht hat, konstatiert indessen, dass es der Organisation primär darum ging, Verbindungen zwischen afrikanischen und amerikanischen Hochschulen zu etablieren, um somit zu kultureller Verständigung, der Verbesserung fremdsprachlicher Kompetenzen und internationaler wissenschaftlicher Kooperation beizutragen. Und Jacob U. Gordon nennt Crossroads in einem Atemzug mit Africare als Organisation, die Afrika bei seiner wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen wollte. Auf dem Independent News Forum Serving Returned Peace Corps Volunteers wird schließlich der Beweggrund Robinsons herausgegriffen, eine Antwort auf die ihm von Collegestudenten häufig gestellte Frage „What can I do?“ zu finden und ihnen eine Möglichkeit zu bieten, ihren Idealismus und Tatendrang auszuleben.80 Robinson wurde bei der Gründung von Crossroads von all den oben genannten Zielen geleitet. Die Methode eines privaten, auf studentischer Freiwilligenarbeit basierenden und ethnisch integrierten Projektes sollte tatsächlich gleich mehrere Ziele erfüllen. Es war ein Mittel, um Studenten eine Begegnung mit Gleichaltrigen einer anderen Kultur zu ermöglichen, sie mit den Entwicklungsherausforderungen Afrikas vertraut zu machen und die stereotype Vorstellung von Afrika als „dunklem Kontinent“ zu revidieren. Wie bereits gezeigt wurde, sollte mit Crossroads außerdem eine Besinnung auf eine einfache Lebensart ermöglicht, und wie das Online Forum for Returned Peace Corps Volunteers behauptet, der Tatendrang der amerikanischen Jugend befriedigt werden. Ein wichtiges, wenn nicht gar das wichtigste, Motiv für die Gründung der Organisation wurde in der Sekundärliteratur jedoch bisher übergangen. Wie ich Vgl. Grimm, Notable American Philanthropists, 252; Cato, James Herman Robinson, 104; Plummer, Rising Wind, 234; Garibaldi, Black Colleges and Universities, 95; Gordon, Black Male in White America, 176; Peacecorpsonline, Who Inspired the Creation of the Peace Corps?, http://peacecorpsonline.org/messages/messages/2629/2027011.html, Zugriff am 9. April 2012. 80
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in diesem Abschnitt argumentiere, war die Verbesserung der Rassenbeziehungen auf nationaler Ebene ein primäres Ziel des Projektes: Über die von Crossroads praktizierte people-to-people Diplomatie erhofften sich dessen Gründer, rassenübergreifende Verständigung unter den teilnehmenden Amerikanern zu provozieren. Die von Historikern genannten Ziele, die Crossroads mit seiner Programmstruktur verfolgte, wurden den offiziellen Zielen, die die Organisation in ihrem Jahresbericht von 1958 aufzählte, entnommen: [1] First, to enable a carefully selected group of young Americans and their leaders to live, study, work and travel with a selected group of Africans. The work camp method was chosen because one gets to know people best through sharing a common task and through labor in a joint endeavor. The atmosphere that is thus created is conducive to open and frank discussion and fosters better understanding. [2] Second, to demonstrate through the presence of our group in Africa our respect for Africans as individuals and our desire and need to understand them better in a world which is rapidly becoming one neighborhood which demands increased mutual respect and responsibility among all peoples. [3] Third, to lay the foundation of friendship and creative relationships between young Africans and Americans so that they may build upon it a more positive future and serve their time and their people more wisely and better than our generation which found itself so unprepared for the recent historical changes in Asia. [4] Forth, to demonstrate America at its best by taking a cross-section of young Americans of all racial, religious and social groups and economic levels. The group composition itself would, we felt, be the most cogent and incisive argument on behalf of the potential and power of American democracy. [5] Fifth, to help African students, educators and leaders to obtain a first-hand experience with American students who reflect the aims and objectives of the American educational system. [6] Sixth, to use our project as a stimulus to American students to enter the field of African studies. […] Through the new knowledge they can eventually evolve those economic, educational, political, religious, and intercultural relationships which will accrue to the greatest mutual benefit of both Africa and the United States and thus strengthen the whole free world.81
Ausgehend von dieser Zielsetzung kam es Crossroads primär darauf an, dass die Beteiligten ein gesteigertes Bewusstsein und Verständnis für afrikanische Kultur entwickelten und sich der Gemeinsamkeiten bewusst wurden, die sie mit ihren counterparts in Afrika teilten. Gleichzeitig wird aus diesen Zielen Operation Crossroads Africa, The Report of Operation Crossroads Africa 1958 (OCA Report 1958), 4, JHR 47/3. 81
Intention des Programms
aber auch ersichtlich, dass Crossroads die demokratischen Ideale und die „Hilfsbereitschaft“ Amerikas im Ausland kommunizieren wollte und sich als wesentliches Instrument zur informellen Einflussnahme auf die afrikanische Öffentlichkeit betrachtete, wie auch schon Grimm feststellte. Aufschlussreiche Erkenntnisse über das Selbstverständnis der Organisation liefern aber auch Ziele, die die Organisation offenbar nicht verfolgte. Besonders auffällig ist, dass sich Crossroads in der Proklamation seiner Ziele in keinster Weise zu den Unabhängigkeitsbestrebungen auf dem afrikanischen Kontinent positionierte. Wie die Zeitschrift Black Enterprise 1979 feststellte, gelang es Crossroads gar über zwanzig Jahre hinweg, keinerlei Stellung zu politischen Entwicklungen zu beziehen – eine Tatsache, die die Zeitschrift damit erklärt, dass Robinsons „instinct“ ihm geraten hätte, dass er so eine breitere Masse der amerikanischen Gesellschaft ansprechen würde.82 Tatsächlich bedingte aber wohl nicht nur Robinsons „Instinkt“ die Entscheidung, eine gewisse Distanz gegenüber politischen Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent zu wahren, sondern vorwiegend pragmatische Überlegungen. Es war, wie auch in Weils Essay deutlich wurde, für eine afroamerikanische Organisation wie Crossroads vor dem Hintergrund der auf politische Konformität bedachten Stimmung des Kalten Krieges wichtig, sich nicht explizit zu den afrikanischen Freiheitsbestrebungen zu bekennen, und somit vor der amerikanischen Nation zu demonstrieren, dass nicht die Unterstützung der politischen Entwicklung in Afrika sondern die Verteidigung amerikanischer Interessen oberste Priorität für sie hatte.83 Außerdem konnte die Organisation dadurch die Verteidigung kontroverser Positionen vermeiden, die weiße Teilnehmer eventuell von einer Teilnahme abgehalten hätten. Entgegen der verbreiteten Annahme, dass sich Crossroads ebenso wie das Peace Corps primär als Beitrag zur Modernisierung der Dritten Welt verstand84, sucht man diese Absicht unter den oben angeführten Zielsetzungen vergebens. Die von den Teilnehmern geleistete Arbeit und die damit vollbrachte Hilfe zur Selbsthilfe in Afrika war nur ein Nebeneffekt, der nicht im Mittelpunkt der Agenda von Crossroads stand, wie Robinson selbst sagte: „In the process we achieved something we had not previously thought of: the stimulation of self-help on the part of African villagers.“85 Im Gegensatz zum Vgl. Operation Crossroads Africa, in: Black Enterprise, 1. April 1979, 53. Selbst in die konfliktbeladene und kontroverse Beziehung der USA mit Afrika mischte sich Crossroads nicht ein. Jonathan Weaver, ein Mitarbeiter von Crossroads während der Siebziger wird in der Zeitschrift zitiert mit den Worten: „The closest we have come to any policy on this, is that we have never had projects in some countries.“ In Zimbabwe wurde demnach die Anzahl der Projekte reduziert, als es unter dem Suprematisten Ian Smith seine Unabhängigkeit erklärte. 83 Vgl. Weil, Can the Blacks Do for Africa, 130. 84 Vgl. Martin Kilson, African Americans and Africa. A Critical Nexus, in: Dissent (Summer 1992), 365; Gordon, The Black Male in Africa, 176. 85 Robinson zit. in Isaacs, Emergent Americans, 9. In einer Rede über Crossroads sagte Robin82
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Peace Corps, dessen Philosophie und Absicht dem liberalen Developmentalismus und der Verwirklichung wirtschaftlichen Fortschritts verpflichtet war86, kamen die Crossroader vordergründig nach Afrika, um einen Einblick in die afrikanische Kultur und Lebensweise zu gewinnen und sich einen Überblick über die Probleme Afrikas zu verschaffen. Aus diesem Grund suchte Crossroads auch nach ungelernten Collegestudenten, und nicht nach speziell geschulten Fachkräften.87 Die Gründer der Organisation werteten die Arbeit an gemeinnützigen Projekten als Mittel zum Zweck, um den Anstoß zur Kommunikation unter den afrikanischen und amerikanischen Studenten über ihre Bedenken und Hoffnungen zu geben: „It was our feeling rather than our knowledge that the sharing of a common living experience […] and working on a common, useful project selected by our African colleagues provided a […] setting for confrontations.“88 Wie das erste der sechs offiziellen Ziele von Operation Crossroads verdeutlicht, sollte die gemeinsame Arbeit an einem Projekt völlig verschiedenen Menschen ermöglichen, in einem zwanglosen Rahmen Individuen anderer Hautfarbe, Religion und Herkunft zu begegnen und dabei lang gehegte Vorurteile zu hinterfragen. In seiner 1985 erschienenen Biografie bestätigte der Rabbiner Israel Mowshowitz diese Intention: „This experience of the Americans and the Africans living together and sharing experiences and responsibility gave them an opportunity to get to know one another in depth, cutting through the superficialities of formalized and stylized ‚correct‘ relationships.“89 In der Konzeption dieser Art von Begegnung waren Robinson und Mowshowitz, wie Letzterer schrieb, von dem Ideal einer „common humanity“ geleitet worden, die eine übergreifende Identität unter allen Menschen voraussetzte. Um Menschen die Existenz dieser „common humanity“ vor Augen zu führen, war es ihm zufolge zunächst nötig „to cut through cultural and racial barriers alike“.90 Folglich war es also nicht nur die Intention von Crossroads,
son auch: „[the participants] should live and work together on projects of manual labor without necessarily concentrating upon a common good.“ 86 Vgl. Latham, Modernization as Ideology; Geidel, The Point of the Lance. Die angeführten Werke verdeutlichen, dass sich das Peace Corps in den sechziger Jahren als Instrumentarium zur Modernisierung der Dritten Welt verstand. 87 Vgl. Crossroads Communiqué 1. 2 (1963), 2. 88 Robinson zit. in Isaacs, Emergent Americans, 8. In seinem Vorwort für Ruth Plimptons Buch erwähnt auch Adlai Stevenson, dass einen Beitrag zur Modernisierung zu leisten letztendlich nur eine sekundäre Bedeutung für Crossroads hatte: „The projects, useful as they are intrinsically, are not as significant as the intangiable by-products of the experience itself: heightened awareness, deepened understanding, renewed demonstration of the dignity of manual labor.“ Adlai Stevenson, Introduction, in: Plimpton, Operation Crossroads Africa, vii. 89 Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 156. 90 Ebd., 150.
Intention des Programms
zugunsten einer „common humanity“ Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen zu provozieren, sondern auch ethnische Schranken zu überwinden.91 In den genannten Zielen der Organisation wurde die Maxime einer „common humanity“ auf die Beziehung zwischen Afrikanern und Amerikanern bezogen, indem betont wurde, dass Crossroads als ein Versuch ersonnen wurde, Studenten mit Führungspotential und Vertreter der Universitäten jeder religiösen, ethnischen und geographischen Herkunft des nördlichen Amerika auf konstruktivem Wege mit dem afrikanischen Kontinent in Berührung zu bringen.92 Mit dieser Begegnung wollte Crossroads Lernprozesse ankurbeln, um Nordamerikaner und Afrikaner auf künftige Führungsaufgaben vorzubereiten – womit wir bei dem Aspekt angelangt wären, den John Cato als primären Motivationsgrund für die Gründung von Crossroads erachtete. Robinson vermutete, dass sich Afrika zu einer der größten weltpolitischen und humanitären Herausforderungen entwickeln würde, mit der sich die Generation der gegenwärtigen Studenten auseinandersetzen müsste. Die wichtigsten Entscheidungen über die Zukunft Afrikas, prognostizierte er, würden in den nächsten zehn Jahren fallen. Amerikas Bürger, Universitäten und Interessenorganisationen könnten diese beeinflussen und eine wichtige Basis für eine produktive Zusammenarbeit mit dem Kontinent schaffen.93 In seiner Rede „The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa“ prophezeite er den Teilnehmern an seinem Programm: [I]n your lifetime it will be Africans in every section of that continent […] who will be making the decisions. The young people your age […] will come to their majority years and take their place about the time you reach yours. It is these potential leaders of the future with whom you will have to undertake the establishment of new, dynamic relationships.94
Die sich auf dem afrikanischen Kontinent vollziehenden Entwicklungen erforderten nach Robinsons Ansicht, dass sich junge Leute im akademischen, wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen, gesundheitlichen und nicht zuletzt diplomatischen Bereich mit Afrika auseinandersetzen müssten, um eine Führungselite zu bilden, die sich künftig auf konstruktive Weise mit der Entwicklung des Kontinents und dessen Einbindung in die Weltpolitik und -wirtschaft befassen könnte.95 Diese Aufgabe müssten vor allem Personen übernehmen, die mit Robinson zit. in Isaacs, Emergent Americans, 11. Broschüre, Operation Crossroads Africa 1964, OCAR 72/18. Vgl. OCA Report 1958, 7; Brief, James H. Robinson an Lyndon B. Johnson, 1. Juni 1966, JHR 11/8; OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, Abernethy Records 27/2. 94 James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, undatierte Rede, JHR 31/44. 95 OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour; House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 91 92 93
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den Entwicklungen in Afrika und den dortigen Lebensgewohnheiten vertraut waren.96 William Sloane Coffin lobte dies als den möglicherweise wertvollsten Beitrag, den Amerika zu der „challenge of the 60s“ leisten könnte, „[because] it stimulates exceedingly broad interest in Africa, which is bound to produce future scholars; it provides one of many stimuli needed to turn young Americans toward the diplomatic corps with an eye for service in the undeveloped countries of the world“.97 Durch den direkten Kontakt mit Afrikanern und indem man Studenten Wissen über die kulturelle Vielfalt Afrikas vermittelte, sollte außerdem die stereotype Vorstellung von Afrika als primitivem Kontinent widerlegt werden. Wie Robinson behauptete, war „the darkest thing about Africa […] America’s ignorance of it“.98 Ein Einblick in die afrikanische Kultur sollte Studenten dazu anregen, sich auch beruflich mit Afrika auseinanderzusetzen beziehungsweise wie in Punkt 6 von Crossroads Zielsetzung erwähnt wird, das Studienfach African Studies zu belegen, und somit zur Überwindung dieser Ignoranz beizutragen. Das Ziel, amerikanischen Studenten Wissen über Afrika zu vermitteln, sollte insbesondere den afroamerikanischen Teilnehmern an Crossroads letztendlich vor Augen führen, dass sie stolz auf ihre Vorfahren und darauf sein konnten, was sich gegenwärtig auf dem afrikanischen Kontinent abspielte und Hegels damals weithin akzeptiertes Diktum negieren, wonach Afrika „kein geschichtlicher Weltteil“ sei.99 Robinson leistete mit Crossroads also einen wichtigen Beitrag zu dem sich unter Afroamerikanern Ende der fünfziger Jahre entwickelnden Interesse an der Herkunftsregion ihrer Vorfahren. Nachdem die kulturellen Errungenschaften Afrikas während der Kolonialzeit überwiegend geleugnet worden waren, wurden Afroamerikaner in dieser Zeit zunehmend „Africa-conscious“ und ließen sich von afrikanischen Entwicklungen in ihrer Forderung nach Gleichheit in Amerika inspirieren. Sie vertieften ihre Bindungen mit Afrika „to borrow from African realities sources of emotional, ideological, and cultural reinforcement of black American identity“100 – ein Austausch, zu dem Robinson mit Crossroads beitragen wollte.101 Robinson betrachtete das workcamp project aber nicht nur als effektiven Weg, um kulturelle Stereotype zu überwinden. Es sollte auch die ethnische 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1498. Vgl. auch OCA Report 1960. Für eine kontemporäre Unterstützung dieser Sichtweise siehe Bowles, Africa’s Challenge to America, 126. 96 James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, undatierte Rede, JHR 31/44. 97 William Sloane Coffin, Jr., Report on Operation Crossroads Africa Guinea, WSC 24/154. 98 James H. Robinson zit. in Operation Crossroads Africa, in: Black Enterprise, 1. April 1979, 53. 99 Hegel, Vorlesungen, 123. Siehe auch Campbell, Middle Passages, 228. 100 Kilson, African Americans and Africa, 361. 101 Vgl. OCA Report 1972.
Intention des Programms
Kooperation verbessern und weißen wie schwarzen Amerikanern die Chance bieten, sich außerhalb der USA vorurteilsfrei zu begegnen. Ebenso wie die zukünftige Führungselite auf ihre Aufgaben gegenüber dem sich neu formierenden Afrika vorbereitet werden sollte, musste die nächste Generation Amerikaner für die Überwindung der heimischen Rassenbarrieren gerüstet werden. Den Teilnehmern an Crossroads teilte Robinson 1960 mit, dass vor allem die partizipierenden Amerikaner von den Erfahrungen des workcamp profitieren sollten: „I am persuaded […] that this is not a one-way street, for we will receive much from our venture this summer that will be helpful to America.“102 Die Zielsetzung, zur ethnischen Verständigung zwischen Euroamerikanern und Afroamerikanern beizutragen, wurde von Crossroads zunächst sehr vorsichtig formuliert. In den sechs Maximen von 1958 ist dieses Ziel noch nicht einmal enthalten. Wieso ist das der Fall? An dieser Stelle sei erneut auf die Worte Martin Weils verwiesen, der international operiende afroamerikanische Organisationen auf die Dringlichkeit aufmerksam machte, das „weiße Amerika“ mit einer Methode zu beschwichtigen, die das Programm als für alle Amerikaner profitable Unternehmung darstellen konnte. Als vordergründiges Ziel von Crossroads wurde wohl deshalb vorerst die verbesserte Kooperation zwischen Amerikanern und Afrikanern genannt und die Teilnahme von schwarzen Amerikanern vor der Öffentlichkeit mit den Vorteilen gerechtfertigt, die sich aus deren Partizipation für die Beeinflussung der Weltmeinung zugunsten der USA ergaben. In dem 1967 zum zehnjährigen Bestehen der Organisation erschienenen A Decade of Achievement, als die Organisation ihre gesellschaftliche Akzeptanz gefestigt hatte und eine Desegregierung Amerikas auch auf politischer Ebene offiziell angestrebt wurde, heißt es schließlich explizit: „[T]he chance to meet outside the pressures of U. S. society furnishes white and Negro students with a basis for fresh evaluation of the stereotypes that will persist in the land from which they’ve come.“103 Dass eine Verbesserung der amerikanischen Rassenbeziehungen aber tatsächlich ein wichtiges Motiv für die Gründung der Organisation war, zeigte sich schon zu Beginn an der Zusammensetzung der Gruppen. Die Zusammenführung einer cross-section des amerikanischen Kontinents erschien wie ein Versuch, die amerikanische Gesellschaft mikrokosmisch zu repräsentieren und im Großen bestehende Konflikte im Kleinen zu lösen. Dies ermöglichte Robinson, den Teilnehmern und der amerikanischen Öffentlichkeit zu beweisen, James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, undatierte Rede, JHR 31/44. 103 OCA, A Decade of Achievement, 2. Explizit erwähnt wird das Ziel, bessere Verständigung zwischen schwarzen und weißen Teilnehmern zu schaffen in dem Jahresreport der Organisation von 1972 und in einem Reisebericht von Bradford Abernethy. Vgl. OCA Report 1972: „Our groups have served as a vehicle for contact between black and white Americans“; Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatiert, Abernethy Papers 27/5: „Robinson must feel one step closer to one of his goals: improvement of race relations here and abroad.“ 102
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dass Kooperation zwischen schwarzen und weißen Amerikanern möglich und produktiv war. Die positiven Eindrücke, die aus dieser Erfahrung resultierten, als auch Probleme und Herausforderungen, die sich daraus ergaben, sollten zeigen, dass gemischtrassisches Leben erstrebenswert war und es für noch bestehende Hürden auch Lösungen gab. Das Crossroadsprogramm deckte sich dabei auch mit dem Wunsch von Amerikanern wie dem afroamerikanischen Schriftsteller James Baldwin, die forderten, dass Gelegenheiten geschaffen werden mussten, die es Menschen erlauben, sich kennenzulernen, und ihre gegenseitigen Vorurteile zu überwinden: One of the things the white world does not know, but I think I know, is that black people are just like everybody else. Unless we can establish some kind of dialogue between those people who enjoy the American dream and those other people who have not achieved it, we will be in terrible trouble.104
Die Tatsache, dass die Teilnehmer „from every section of American society“ kommen sollten, erinnert an das Konzept der beloved community Martin Luther Kings. Unter beloved community verstand King die ideale Gesellschaft, in der Menschen aller Glaubensrichtungen, Hautfarben und Nationalitäten, die zuvor von starren sozialen Konventionen und rechtlichen Bestimmungen voneinander getrennt waren, an einer gemeinsamen Aufgabe zusammenarbeiten und dabei gemeinschaftlich ihren Glauben an christliche Ideale demonstrieren konnten. Robinson teilte mit King die Vision einer vollständig integrierten Gesellschaft, in der Gerechtigkeit, Solidarität und Gemeinschaftsgefühl das soziale Leben prägen sollten.105 Robinson sprach in diesem Zusammenhang von der „second emancipation“, die die Befreiung von Schwarzen aus dem Leben in einer segregierten Gesellschaft, und die Befreiung der Weißen von den Ängsten, freundschaftliche Beziehungen zu Afroamerikanern zu entwickeln, bewirken würde. Nachdem die first emancipation die Sklaverei der schwarzen Amerikaner beendet hatte, sollte die second emancipation nun ein Ende wirtschaftlicher, sozialer, politischer und kultureller Diskriminierung herbeiführen. Crossroads würde, indem es schwarzen und weißen Amerikanern die Möglichkeit bot, gemeinsam an der Überwindung ihrer Vorurteile zu arbeiten, zum Erreichen dieser second emancipation beitragen.106 Zudem würde durch die Bildung einer rassen- und klassenübergreifenden mikrokosmischen Ge-
James Baldwin, The American Dream and the American Negro, in: New York Times Magazine, 7. März 1965. 105 Vgl. Baldwin, Toward the Beloved Community, 3. 106 Vgl. James H. Robinson, The Second Emancipation. The Future Belongs Only to the Free, Speech Delivered at the Dartmouth College Commencement, Hanover NH, June 16, 1963, in: Vital Speeches of the Day, Volume XXIX, August 1, 1963, no. 20, 610–613. 104
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sellschaft die beloved community in den workcamps in Afrika de facto existieren. Ein Einsatz von weißen Amerikanern für intensivierte Beziehungen zu Afrika würde außerdem der Dringlichkeit Nachdruck verleihen und nicht als ein bloßes Zeichen pan-afrikanischer Verbundenheit gewertet werden, wie es der Fall wäre, wenn sich allein Afroamerikaner für eine Veränderung der Afrikapolitik einsetzten. Durch die Partizipation von weißen Studenten an dem Projekt ließ sich darüber hinaus mediales Interesse generieren und somit die amerikanische Öffentlichkeit auf Afrikas Probleme und Belange aufmerksam machen, denn wie auch Weil verdeutlichte, beurteilte Amerika Afrika anhand der „Botschafter“, die in seinem Namen sprachen.107 Übereinstimmung mit kulturdiplomatischen Zielsetzungen
Wie im vierten Punkt der Zielsetzungen von Crossroads deutlich wird, verstand sich die Organisation auch als Vermittler amerikanischer Interessen in Afrika: „[A] cross-section of young Americans […] would be the most cogent and incisive argument on behalf of the potential and power of American democracy.“ Diese Formulierung spiegelt den damaligen gesellschaftlichen Konsens wider, die USA seien dazu bestimmt, die Welt mit ihren Vorstellungen von Demokratie und liberaler Wirtschaftsentwicklung zu missionieren.108 Seit Beginn des Kalten Krieges fühlte sich Amerika zur moralischen Instanz der Welt berufen und wollte seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss nutzen, um eine Weltordnung zu schaffen, die mit amerikanischen Werten wie Demokratie, Wirtschaftsliberalismus und Kapitalismus vereinbar war. Ausdruck fand dieses in der Tradition Wilsons109 stehende außenpolitische Selbstverständnis in Henry Luces einflussreichem Essay „The American Century“, in dem er die USA dazu aufrief, in der „seamless, fluid world of competing ideologies“ sich ihrer Verantwortung „democracy and freedom and justice“ zu fördern bewusst zu werden – einem Mantra, das zur beherrschenden Metapher des amerikanischen außenpolitischen Diskurses in der Nachkriegszeit wurde.110 Diese Rhetorik bildete den Kontext, in dem auch Crossroads agierte. Robinson selbst hatte sich dem angepasst und wies seit Anfang der fünfziger Jahre darauf hin, dass die USA eine moralische Verantwortung hätten, konstWie die Fokussierung auf die Gruppe unter dem Weißen William Sloane Coffin Jr. der 1960 ausgestrahlten CBS-Dokumentation über Crossroads zeigt, zollte die nationale Presse besonders prominenten weißen Teilnehmern Aufmerksamkeit. 108 Fousek, To Lead the Free World, 130. 109 Hier beziehe ich mich auf Woodrow Wilsons formulierten Anspruch „to make the world safe for democracy“. 110 Luce, The American Century. 107
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ruktive Beziehungen zu Afrika zu etablieren, und Amerikaner auf Freiwilligenbasis den „cause of demonstrating democracy to the world“ verfolgen sollten.111 Die Unterstützung außenpolitischer Maxime von Seiten Robinsons muss im Kontext des von der Regierung und den Medien ausgehenden vorherrschenden außenpolitischen Diskurses betrachtet werden. Zwischen 1948 und 1950 hatte sich der Umfang akzeptierter öffentlicher Meinungsäußerung erheblich verringert und die Bedingungen, die sich aus der weltpolitischen Rolle der USA und der ideologischen Konfrontation mit der Sowjetunion ergaben, ließen kaum Raum für politischen Dissens und politisch-kulturelle Abweichungen vom akzeptierten Meinungsspektrum. Wie Martin Weil argumentierte, mussten von ethnischen Minderheiten geführte Interessenorganisationen, wollten sie international agieren, unter Beweis stellen, dass sie die moralischen Wertvorstellungen der USA unterstützten.112 Auch der afroamerikanische Gründer von Crossroads musste die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass seine Organisation im Interesse Amerikas handelte und dass ihr die Loyalität gegenüber den USA wichtiger war als die Verbundenheit zu Afrika. In seinen Anhörungen vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten im Jahr 1964 (zu den Hintergründen siehe Kapitel 4) gab Robinson, wohl um das Komitee zu beschwichtigen und seine eigene Agenda nicht zu gefährden, zu Protokoll: „The greatest benefit comes to us, to the United States.“113 Die politischen und gesellschaftlichen Umstände zwangen Robinson, sich aus Legitimationsgründen bei der Konzipierung von Crossroads an außenpolitischen Maximen zu orientieren und die Programmstruktur möglichst nicht im Hinblick auf Rassenverständigung zu formulieren. Indem er die Ziele von Crossroads an die Rhetorik des außenpolitischen Nachkriegsdiskurses anpasste, wollte er sein Programm vor dem Vorwurf der Illoyalität schützen, um wiederum im öffentlichen Diskurs Gehör zu finden. Dies belegt etwa ein Brief der Crossroadsmitarbeiterin Nancy Graham an ihren Kollegen Jerome Vogel, in dem sie ihm mitteilt: Robinson, Tomorrow Is Today, 38; vgl. auch Robinson, Unbetitelte Rede, JHR 31/13. Vgl. Yossi Shain, Marketing the American Creed Abroad, 8. Shain zufolge werden ethnische Minderheiten in den USA als Unterstützer ihrer Herkunftsregion betrachtet. Gleich welchen Bürgerstatus sie in den USA innehaben, wird ihnen stets eine ethnonationale Loyalität unterstellt, die in bestimmten Fällen nach Ansicht der Öffentlichkeit mit amerikanischen außenpolitischen Zielen kollidieren kann. Nationale Loyalität wurde in den Fünfzigern mit globalem Antikommunismus und einer damit einhergehenden internationalen, interventionistischen Außenpolitik gleichgesetzt. Vgl. hierzu Fousek, To Lead the Free World, 10–14. Zu den Auswirkungen der antikommunistischen Stimmung in den USA auf die Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung im Land siehe zum Beispiel Plummer, Rising Wind; Dudziak, Cold War Civil Rights; Horne, Black and Red; Fousek, To Lead the Free World. 113 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1499. 111 112
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[I]n Togo, Crossroads was clearly used by the USIA and by the American embassy. The arrangement was mutual: we used them. Yet there is no escaping the fact that we were in a position of doing public relations for American foreign policy. The question is not whether or not one supports this policy, but rather that we did not have a choice.114
Dabei kam es Robinson zugute, dass das Außenministerium der USA aus mehreren Gründen am Erfolg seines Programms interessiert war. Die United States Information Agency (USIA) und das Außenministerium betrachteten Austausch- und Freiwilligenprogramme vorrangig als Mittel, um Ausländer von der Überlegenheit des American way of life zu überzeugen – einen Beitrag, den Crossroads auf mehreren Ebenen leisten konnte. Erstens richtete sich die Kulturdiplomatie im Kalten Krieg vorwiegend an gegenwärtige und künftige Führungskräfte, die das Meinungsbild ihrer Nation in Zukunft beeinflussen würden. Zweitens fokussierte die USIA kulturdiplomatisch seit Beginn der Entkolonialisierung in Afrika Ende der fünfziger Jahre die Länder der Dritten Welt, so dass es zu einem regelrechten „American cultural blitz in the developing world“ kam.115 Drittens war die USIA bestrebt, Erfolge im Kampf gegen den heimischen Rassismus vorweisen zu können. Da die anhaltende Rassendiskriminierung erhebliche Zweifel an der moralischen Überlegenheit der Vereinigten Staaten ließ und die Durchsetzung ihrer internationalen Eindämmungsstrategie gegen den Kommunismus bedrohte, versuchten sie, international positive Schlagzeilen in Bezug darauf verzeichnen zu können. Die Teilnahme von Afroamerikanern an Crossroads ermöglichte der USIA deshalb sie als Medium zu nutzen, um Afrikaner über das heimische Rassenproblem zu informieren. Die Behörde verfolgte die Strategie, dies nicht zu leugnen, sondern ehrlich zu demonstrieren, dass die USA sich ihrer Schwächen bewusst waren, aber dank ihres demokratischen Gesellschaftsmodells ein Fortschritt in den Rassenbeziehungen letztendlich unaufhaltsam sei.116 Crossroads entsprach diesen Zielvorgaben in mehreren Punkten. Die Integration von schwarzen und weißen Teilnehmern in die Gruppen und die Teilnahme mehrerer Afroamerikaner relativierten negative Berichte über Rassenunruhen in den USA mit einem positiven Beispiel und zeugten von den Fortschritten, die Afroamerikaner gesellschaftlich erreicht hatten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Welt „highly color-conscious“ wurde, verkaufte Robinson bei den Anhörungen vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten den Einsatz von Afroamerikanern in der Außenpolitik als „gold mine“, derer sich das Außenministerium noch nicht ausreichend bedient hätte, und argumentierte, dass schwarze Amerikaner „a great asset to American policy and 114 115 116
Brief, Nancy L. Graham an Jerome Vogel, 4. März 1968, OCAR 72/4. Osgood, Total Cold War, 219. Siehe auch Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 324. Vgl. Osgood, Total Cold War, 365; Fousek, To Lead the Free World, 133.
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aims abroad“ wären.117 Dass er mit seiner Rhetorik bei den Vorsitzenden des Ausschusses Anklang fand, zeigt der Einwurf des Vorsitzenden Clausen, der Robinson Recht gab und sagte: „I have always felt […] that we could use this as a great relief valve for the civil rights problem as it now exists in [the United States], if we were to take advantage of this so-called gold mine of human resources that is available.“118 Robinson konnte die Tatsache, dass Crossroads Wert auf die Teilnahme möglichst vieler Afroamerikaner legte, auch aus anderen Gründen mit den außenpolitischen Zielen der USA in Einklang bringen. Er versuchte aus der internationalen Aufmerksamkeit und Empörung über das amerikanische Rassenproblem Kapital für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung zu schlagen, indem er fortwährend betonte, dass die Diskriminierung von Schwarzen in den USA als Widerspruch zu ihrem erklärten Motto als Führer der „freien Welt“ wahrgenommen werde. Asiaten und Afrikaner, so Robinson, „are willing to listen to what we and the communists have to say und millions are as yet uncommited. […] The pendulum can swing either way.“119 Er warnte davor, dass amerikanischer Rassismus auf der einen, und Unterstützung europäischer Interessen in Afrika und Asien auf der anderen Seite, den Reiz des Kommunismus auf Nichtweiße erhöhten und Amerikas Führungspotential sowie die Einflussmöglichkeiten christlicher Missionare in den aus der Kolonialherrschaft entlassenen Ländern aushebeln würden: „Our race problem […] is of international concern and our handling of it may well determine whether millions will follow us […] It undercuts the influence of American prestige […] in a way that almost nothing else does.“120 Robinson forderte daher: „If we think we have the solution it must be substantiated by a convincing demonstration within our nation.“121 Ein weiterer Vorteil, den sich die USIA von der Kooperation mit nichtstaatlichen und zudem auf Freiwilligenarbeit basierenden Projekten wie Crossroads versprachen, war, dass diese zeigten, dass „normale“ Amerikaner rege Anteilnahme an den Problemen der Bevölkerung anderer Länder nahmen. Adlai Stevenson schrieb im Vorwort zu Plimptons Buch über Crossroads, dass die Organisation „above all […] practical evidence that the affluent North American society cares about African society“ war.122 James Robinson selbst gab vor, Crossroads intendiere „to leave some tangible evidence of our belief and faith in the people of Africa and their future and our desire to be partners with Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1502. 118 Ebd. 119 Robinson, Tomorrow Is Today, 116. 120 Ebd., 83. 121 Ebd., 84. 122 Adlai Stevenson, Introduction, in: Plimpton, Operation Crossroads Africa, vii. 117
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them in achieving a world of peace, brotherhood and mutual assistance“.123 Wie bereits geschildert war er überzeugt, dass sich Menschen im direkten Kontakt unvoreingenommener begegnen könnten, ohne dabei von Stereotypen geblendet zu werden.124 Dies würde, wie er vor dem HUAC darlegte, auch dazu führen, dass Menschen, die für gewöhnlich anti-amerikanisch eingestellt waren, einzelnen privat agierenden Amerikanern aufgeschlossener gegenüberstanden. Besonders die Tatsache, dass die Studenten Spenden sammelten, um an Crossroads teilnehmen zu können, sprach, wie Robinson vor dem Ausschuss warb, „for democracy with a witness that nothing else can controvert“.125 Bei den Anhörungen vor dem HUAC bezeichnete er es als vordergründige Absicht seiner Organisation „to try to build a good image of the United States in Africa“.126 Als Afroamerikaner erachtete er es als wichtig, dass Amerika eine feste Bindung mit Afrika einging und es bei seiner Entwicklung unterstützte, weshalb es auch in seinem persönlichen Interesse lag, dass Amerika die „hearts and minds“ Afrikas gewann. Anhand seiner Schriften wird aber auch deutlich, dass er die Rhetorik des Kalten Kriegs verinnerlicht hatte und für seine eigenen Absichten instrumentalisieren konnte. Damit die USA die moralische Oberhand im Kalten Krieg behielten, so argumentierte er, müssten sie ihre Außenpolitik ändern: „[W]e will not win with either arms or money.“127 Seine Aussagen „we must proceed calmly and methodically to a plan of convincing these same people with a demonstration of our concern for them“128 und „millions […] will rally to our banners if we have a creative method and a positive program“129 zeigen, dass er in das Programm von Crossroads durchaus außenpolitische Zielsetzungen integriert hatte. Robinson betrachtete OCA im Gegensatz zum Einsatz militärischer Gewalt oder finanzieller Unterstützung als einen kreativen und positiven Ansatz, den man der Ausbreitung des Kommunismus in Afrika entgegensetzen konnte. In seiner Abhandlung über die Vorteile nichtstaatlicher Initiativen äußerte er, dass es sich nicht mit christlichen Prinzipien vereinbaren ließe, die UnterstütBrief, James H. Robinson an Ernest Mehiate, 26. Februar 1960, Hugh H. Smythe Papers 9/29. 124 Robinson, Unbetitelte Rede, JHR 31/13. 125 House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1505. 126 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, May 5, 1964, Washington D.C 1964, 1931, http://www.archive.org/stream/testimonyofrevja00unit/testimonyofrevja00unit_djvu.txt, Zugriff am 16. Mai 2011; House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1498. 127 Robinson, Tomorrow Is Today, 103. 128 Ebd., 37. 129 Ebd., 31. 123
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zung von Menschen über die Bereitstellung materieller Entwicklungshilfe zu „erkaufen“: If the basic purpose of our development aid is to win the uncommitted masses from an ideology we know to be insidious and, on the other hand, to win them to our way of life […] then our living will be lacking in blessedness. You cannot buy friendship or commit the uncommitted masses, or purchase loyalty with money and things.130
Mit people-to-people Diplomatie, wie sie von Crossroads praktiziert wurde, sollte nicht gegen den Kommunismus gearbeitet, sondern vielmehr ein positives Zeichen für Demokratie gesetzt werden. „The impact of communism upon Africa was not our primary concern“, sagt Robinson. „We did not begin by being against something; rather we were motivated by the positive ideal of freedom which springs from the democratic concepts within ourselves.“131 Wie Osgood in seiner Analyse der Propagandaaktivitäten der USIA zeigt, war auch diese Argumentationslinie konform mit den Forderungen der amerikanischen Kulturdiplomatie. Demnach ermutigte die USIA amerikanische Bürger, die sich im Ausland aufhielten, die Ideologie des Kommunismus nicht direkt zu attackieren, sondern durch ihr Verhalten die Überlegenheit und Friedlichkeit Amerikas zu demonstrieren.132 Durch die Zurschaustellung einer harmonischen, überkonfessionellen Gemeinschaft würden Crossroader Afrikanern die Vorzüge der amerikanischen Demokratie vor Augen führen – eine Aufgabe, die Crossroads ebenfalls übernahm, wie das Zitat von Israel Mowshowitz verdeutlicht: The group was to be like the sailor who joined the navy, not to see the world, but that the world might see him. As Africans met our group and came in contact with it, it was hoped, its very composition would impress the Africans with the fact that Americans of all racial, religious, and ethnic backgrounds can get along very well together.133
Um seine Organisation aber nicht in Verruf zu bringen, im Auftrag der Regierung zu handeln, spielte Robinson in der Öffentlichkeit die Relevanz, die die Imageverbesserung Amerikas für sein Programm hatte, herunter. In seinem Vorwort für Harold Isaacs Buch Emergent Americans beschrieb er den Beitrag von Crossroads zur kulturdiplomatischen Strategie in der Dritten Welt als „more a result than a purpose“.134 Dem entgegen nannte er jedoch 1964 vor Ebd. Robinson, Unbetitelte Rede, JHR 31/13; außerdem zit. in Marquis Childs, Student Safari Heads for Africa, in: Washington Post, 17. Juni 1960. 132 Vgl. Osgood, Total Cold War, 363. 133 Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 150. 134 Robinson in: Isaacs, Emergent Americans, 8. 130 131
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dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten, vor dem er sich und sein Programm vor der Regierung rechtfertigen musste, Imageverbesserung als die Hauptmotivation von Crossroads. Er redete hier von einer „technique“, die Crossroads verfolgte, um die „hearts and minds“ der Bevölkerung der Dritten Welt zu gewinnen, „to make them feel we are the people who really care, who want to be friends and partners with them for a better country – a better world“.135 Das Ziel von Crossroads sei es, wie er vorgab, einen solch positiven Eindruck auf junge Afrikaner zu machen, dass diese Amerika als den bestmöglichen Partner für die Entwicklung ihrer Nation betrachteten. Darüber hinaus könnte solch eine Initiative dazu beitragen, die afrikanische Gesellschaft gegen kommunistischen Einfluss zu immunisieren – „to outmatch what the communists do“.136 Die Menschen, die sie mit ihrem Programm erreichten, „will have laid a foundation upon which they will be better witnesses for the United States in carrying out policy and developing friends, and communicating the whole democratic structure, and being able to combat communism intelligently and effectively when they come to their maturity“137 – eine Vorstellung, die, wie er wusste, genau im Einklang mit den Zielen amerikanischer Außenpolitik stand. Robinsons geschildertes Interesse an amerikanischer Außenpolitik war Teil einer umfassenderen Agenda für Bürgerrechte. Indem er vor den negativen Auswirkungen von Rassendiskriminierung auf das Image der USA im Ausland warnte, drängte er gleichsam auf Rassenreformen. Sein Verhalten diesbezüglich spricht für die These von Glazer und Moynihan, wonach das Eintreten einer ethnischen Gruppierung für außenpolitische Belange untrennbar mit deren innerstaatlichen Zielen verbunden ist. Solange sie ihre Verbindungen mit den USA wahren, beinhalten die außenpolitischen Ziele ethnischer Gruppierungen stets die innenpolitische Forderung nach Inklusion und gesellschaftlicher Akzeptanz.138 So verhielt es sich auch mit Robinson, der die Desegregation der amerikanischen Gesellschaft als wirksamste Waffe im Kampf gegen den weltweiten Kommunismus darstellte. Laut Robinson müssten die USA, wollten sie ihrer weltweiten Führungsrolle gerecht werden, sowohl international als auch im eigenen Land moralische Grundprinzipien vertreten und nach ihnen handeln, da heimischer Rassismus jeden Aspekt der amerikanischen Außenpolitik tangiere und den guten Ruf und den Einfluss der USA weltweit untergrub.139 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, Part 2, Hearing, 88th Congress, 2nd Session, 1502. 136 Ebd., 1500. 137 OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour. 138 Vgl. Kilson, African Americans and Africa, 361, 367; Glazer/Moynihan, Beyond the Melting Pot; Shain, Marketing the American Creed Abroad, x, 8. 139 Vgl. James H. Robinson, Thirteen States in Africa, in: Christian Advocate, 7. Januar 1960. 135
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Aufgrund seiner Überzeugungen und Aktivitäten lässt sich Robinson als „pragmatischer Aktivist“140 charakterisieren. Er kritisierte die Scheinheiligkeit amerikanischer Außenpolitik in Bezug auf ihre gespaltene Einstellung gegenüber Rassengleichheit und unterstützte gleichzeitig deren antikommunistische Linie. Seit seinen Verbindungen zu Volksfrontorganisationen und seiner links-progressiven Gesinnung hatte sich also offensichtlich ein Wandel vollzogen, denn er vertrat nach 1948 vehement die Ideologie des Cold War Liberalism.141 Die auch von ihm praktizierte Taktik, Angst vor kommunistischer Dominanz als Druckmittel zu nutzen, um Bürgerrechtsreformen zu fordern, gehörte zur Standardrhetorik des Cold War Liberalism.142 Die mit dem Kalten Krieg einsetzende Kommunistenhetzte setzte die Bevölkerung unter Druck, die Außenpolitik der USA zu unterstützen, was in besonderem Maße für Afroamerikaner zutraf, denen aufgrund ihrer Forderung nach Gleichberechtigung oft subversive Motive unterstellt wurden. Als der Kalte Krieg nach 1948 an Intensität gewann, waren Bürgerrechtsaktivisten wie Robinson gezwungen ihre Bewegung vom Vorwurf kommunistischen Einflusses zu befreien.143 Bei Robinson vollzog sich dieser Wandel nach eigenen Angaben auch Mitte der vierziger Jahre und festigte sich um 1949/50, als er eine völlig neue Position als bisher zu vertreten begann. Kooperation mit Kommunisten, um seine eigenen Ziele durchzusetzen, lehnte er von da an strikt ab und betonte nun seine antikommunistische Haltung, um seinen Ruf und damit seine Agenda nicht zu gefährden.144 Robinsons liberaler Antikommunismus schien unumgänglich, um den Kampf für afroamerikanische Bürgerrechte politikfähig zu erhalten. Kritik an den heimischen Rassenbeziehungen verknüpfte er daher mit der Notwendigkeit zum Kampf gegen den internationalen Kommunismus.145 Er betonte stets seine tiefe Liebe zu Amerika, insbesondere für die demokratischen und religiösen Traditionen von Gleichheit und Gerechtigkeit, machte aber weiterhin auf die großen Gegensätze von Rassismus und Armut aufmerksam – um, wie er behauptete, Amerikas internaltionales Ansehen nicht in Verruf zu bringen. Der Begriff „pragmatic activist“ wurde in Bezug auf pragmatische afroamerikanische Aktivisten im Allgemeinen geprägt von: Kilson, African Americans and Africa, 361. 141 Plummer, Rising Wind, 176: „Cold War Liberalism wanted a politics that would be anti-imperialist, racially tolerant, consensual, unaffected by class consciousness, and firmly anticommunist.“ 142 Vgl. Berg, Amerikanisches Dilemma, 194; siehe auch Biondi, To Stand and Fight, 180; Plummer, Rising Wind, 78. 143 Layton, International Politics and Civil Rights, 58; Berg, Amerikanisches Dilemma, 198; House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1955. 144 Vgl. ebd. 145 Berg, Amerikanisches Dilemma, 198 zeigt: „Wer sich dem Cold War Liberalism verweigerte und Kritik am Rassismus mit Kritik an der Außenpolitik verband, sah sich der politischen Stigmatisierung ausgesetzt.“ 140
Fazit
Fazit
In diesem Kapitel wurde eine Übereinstimmung zwischen den Interessen von Operation Crossroads Africa und den Zielvorgaben der amerikanischen Kulturdiplomatie in den fünfziger Jahren nachgewiesen. Diese ermöglichte der Organisation, ihr Programm so zu gestalten, dass es die außenpolitischen Ziele der USA unterstützte ohne dabei eigene Absichten vernachlässigen zu müssen. Daher gelang es Crossroads, den Wünschen mehrerer Gruppen gleichzeitig zu entsprechen: Erstens demjenigen der Afrikaner, bei der Entwicklung ihres Kontinents von Afroamerikanern unterstützt zu werden, zweitens dem der amerikanischen Jugend, Aufgaben von gesellschaftlicher Relevanz nachzugehen, drittens demjenigen der Afroamerikaner, sich an der Entwicklung Afrikas zu beteiligen, und schließlich viertens demjenigen der amerikanischen Regierung, im Ausland – und insbesondere in den sich im Prozess der Entkolonialisierung befindlichen Staaten – ein positives Bild amerikanischer Rassenbeziehungen zu vermitteln. Zudem war die Organisation, wie spätere Aussagen der Verantwortlichen von Operation Crossroads bezeugen, bemüht, einen Beitrag zur Bürgerrechtsbewegung in den USA zu leisten. Crossroads und people-to-people Diplomatie im Allgemeinen verstand Robinson als Instrument, um bessere Rassenbeziehungen im In- und Ausland herbeizuführen, Afroamerikanern ihre afrikanischen Wurzeln und den kulturellen Wert Afrikas ins Bewusstsein zu rufen, einen talent pool von jungen Amerikanern zu schaffen, der sich in Zukunft für eine progressive Afrikapolitik einsetzen würde, und darauf hinzuweisen, dass Afroamerikaner eine wichtige Rolle in der Politik gegenüber ihrem Herkunftsland spielen sollten. Um sich die Unterstützung des Außenministeriums und der Öffentlichkeit zu sichern, durften amerikanische Organisationen während der Anfangsphase des Kalten Krieges der offizielle Linie der amerikanischen Außenpolitik nicht entgegenarbeiten, die sich dem globalen Antikommunismus und der Sicherung von Freiheit und Demokratie verschrieben hatte. Für Crossroads traf dies in besonderem Maße zu, da es sich um eine von Afroamerikanern geführte Organisation handelte, die schwarze und weiße Studenten in nicht segregierten workcamps zusammenführte und ihnen ihre übergreifende Identität bewusst machen wollte – ein von vielen Amerikanern als revolutionär empfundenes Konzept in einer Phase, in der die Definition amerikanischer Demokratie und Freiheit hart umkämpft war. Robinson verstand es aber auf beeindruckende Weise, aus der „Not“, konform mit außenpolitischen Paradigmen zu handeln, eine Tugend zu machen. Da sich Crossroads mit den Zielen der USIA vereinbaren ließ, war es ihm möglich, sein eigentliches Ziel, die Schaffung von Kooperation zwischen schwarzen und weißen Amerikanern, voranzutreiben.
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Operation Crossroads Africa war die Art von positiver Werbung, die die USIA nutzen konnte, um ihrer Zielgruppe gegenüber erklärte Schlüsselthemen zu kommunizieren. Das Programm der Organisation harmonierte mit gleich mehreren Zielen der USIA: Erstens stand es im Einklang mit dem allgemeinen Bemühen, durch die Kooperation mit privat operierenden Organisationen ein für amerikanische Werte empfängliches Publikum zu schaffen. Zweitens unterstützte es die Arbeit des Außenministeriums bei dessen Fokussierung auf die ideelle Beeinflussung der Dritten Welt. Drittens demonstrierten die Teilnehmer den Afrikanern, dass ihnen anscheinend die Souveränität Afrikas am Herzen lag und sie den Vorschlägen der Afrikaner bei der Entwicklung ihres Kontinents oberste Priorität beimaßen. Und, last but not least, konnte es die USIA als Instrument verwenden, um den bloßstellenden Auswirkungen, die Nachrichten über Rassensegregation auf die Weltmeinung hatten, entgegenzuwirken, da Crossroads Afroamerikaner an seinen Projekten beteiligte und im Kleinen das Bild einer toleranten und harmonischen amerikanischen Gesellschaft zeichnete. Robinson, der sich das Wohlwollen des Außenministeriums und der Öffentlichkeit aus Legitimationsgründen sichern wollte, stellte Crossroads daher als innovatives Mittel dar, das dazu beitragen konnte, das Image der USA als rassistischer Nation zu revidieren, den Bewohnern Afrikas den demokratischen Charakter der Vereinigten Staaten vor Augen zu führen, sie von der Ernsthaftigkeit amerikanischer Absichten in Afrika zu überzeugen und Afrikakundige in den Vereinigten Staaten als Fachkräfte heranzubilden. Die Ziele von Crossroads waren breit und allgemein formuliert, damit sich die Organisation die Unterstützung der Afrikaner und der partizipierenden Jugendlichen sichern und gleichzeitig amerikanischen außenpolitischen Zielsetzungen entsprechen konnte: Das Programm war so strukturiert, dass sowohl das Außenministerium und die USIA als auch die sich nach sinnvoller sozialer Betätigung sehnende Jugend und die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung davon profitieren konnten. Die aufgezeigten unterschiedlichen Interpretationen der Ziele von Crossroads durch Historiker bezeugen, dass, je nachdem aus welchem Blickwinkel sie betrachtet wird, ihre Ziele höchst unterschiedlich interpretiert werden können und die Organisation mit der jeweils überspannenden These von Historikern in Einklang gebracht werden kann. Die verschiedenen Intereprtationen, die sich daraus ergeben, sind demnach kein Zufall, sondern veranschaulichen vielmehr, dass sich Crossroads als ein Programm zur Verwirklichung verschiedener Ziele und Agenden darstellte – was sich aus der Spannung zwischen seinem Anspruch, einen Beitrag zur Rassenverständigung leisten zu wollen, und der Notwendigkeit, sich außenpolitischen Vorgaben anzupassen, ergab. Die ereignisgeschichtliche Betrachtung der Geschichte von Crossroads in den folgenden Kapiteln wird unter anderem zeigen, inwiefern es der Organisation gelang, mit den Zielvorstellungen des Außenministeriums konform zu handeln und gleichzeitig seine eigene Agenda zu verwirklichen.
3 – „Road-breakers“ – 1957 bis 1960
Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur. – Jean Paul – Auf den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser. – Charlie Chaplin –
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n einem 1960 erschienenen Artikel in der New York Post porträtierte der renommierte Kolumnist Marquis Childs Crossroads als „the image changers“1, eine Bezeichnung, die in mehrerlei Hinsicht auf die Organisation zutraf. Denn wie das voranstehende Kapitel verdeutlicht hat, wollte OCA zur Veränderung der amerikanischen Wahrnehmung Afrikas beitragen und unterstützte die USA außerdem indirekt bei ihrer kulturdiplomatischen Imagekampagne in der Dritten Welt – weshalb Childs sich für diesen Begriff entschied. Geeignet ist die Bezeichnung aber auch für die Entstehungsphase der Organisation: Denn innerhalb weniger Jahre gelang es Crossroads nicht nur zu einer Veränderung des Images Amerikas und Afrikas auf dem jeweils anderen Kontinent beizutragen, sondern vor allem auch seinen eigenen Ruf entscheidend zu verändern. In seiner Autobiographie berichtet der Mitbegründer von Operation Crossroads, Israel Mowshowitz, über die Ignoranz, die man Afrika noch vor der Gründung der Organisation im Außenministerium entgegenbrachte. Auf der Suche nach Unterstützern für ihr geplantes Freiwilligenprojekt sahen er und Robinson sich in der Rolle von „road breakers [who had to cut] through the disinterest, ignorance, and unconcern of our government in order to make it aware of the enormous power inherent in the sleeping giant known as the Marquis Childs, The Image Changers, in: New York Post, 16. Juni 1960, 2. Die Überschrift seines Artikels in einer der auflagenstärksten amerikanischen Tageszeitungen verrät außerdem etwas darüber, wie Crossroads in den Medien rezipiert wurde. Siehe dazu das Teilkapitel „Präsenz und Darstellung in den Medien 1960“. 1
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‚dark continent‘“.2 Nur wenige Jahre später hatte sich die Einstellung des Außenministeriums offenbar geändert und Crossroads wurde dort plötzlich als ein internationales Freiwilligenprogramm anerkannt, das es sich zu unterstützen lohnte. So schrieb der Undersecretary of State für Afrika, Joseph Satterthwaite, 1959 an James H. Robinson: „The Department is most happy to see the increasing number of young people interested in Africa.“3 Ein weiterer Brief aus diesem Jahr stammt von Ruth Sloan, der Vorsteherin von Ruth Sloan Associates, einer privaten Beratungsfirma über Afrika. In diesem Schreiben bestätigt sie den guten Ruf, den das Projekt unter Politikern und der Bevölkerung in mehreren afrikanischen Ländern sowie in Amerika und Europa genoss: „I can say very truthfully that I have never heard so many good things about any similar project. As I went about Africa everyone that I met, African, European and American had nothing but the highest praise for you and your group. This is indeed a major accomplishment.“4 Liest man diese Zeilen, wird deutlich, dass die öffentliche und vor allem auch die politische Sicht auf Crossroads zwischen 1956 und 1959 offensichtlich von Skepsis auf Begeisterung umschlug. Dieses Kapitel wird der Frage nachgehen, welche Entwicklungen diesen Wandel herbeiführten und begünstigten. Dabei werden die Entstehung der Organisation und die darauffolgenden drei Jahre nachgezeichnet und der Beitrag beleuchtet, den die von Crossroads geknüpften Verbindungen zu Politik und Wissenschaft, die Berichterstattung der Medien sowie internationale Geschehnisse an der Entwicklung von Operation Crossroads nahmen. Es wird gezeigt, welche Unterstützer James H. Robinson für sein Projekt gewinnen konnte, wie die USIA und das Außenministerium Crossroads zwischen 1958 und 1960 für ihre Zwecke instrumentalisierten und wie die Medien die Organisation beschrieben und damit deren Image entscheidend prägten. Das Kapitel wird außerdem verdeutlichen, was passierte, als eine afroamerikanische Organisation die Initiative ergriff, um Brücken der Verständigung zu dem „schwarzen Kontinent“ Afrika zu bauen. Operation Crossroads Africa agierte in dieser Phase in der Tat wie ein „road breaker“: Es ebnete einen Weg, der bisher noch nicht beschritten war. Die erste Phase gestaltete sich daher für die Organisation holprig und war von Hindernissen gesäumt – es galt, diese zu überwinden. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 151. Brief, J. C. Satterthwaite an James H. Robinson, 11. September 1959, NAACP 17Sup/02/ 00248. 4 Brief, Ruth C. Sloan an James H. Robinson, undatiert, Abernethy Papers 27/3. Mit höchster Wahrscheinlichkeit wurde der Brief 1959 verfasst. Ruth Sloan leitete Ruth Sloan Associates, eine Firma, die sich der Informationsverbreitung über Afrika widmete. Die Organisation war unter anderem für das wegweisende Buch The Educated African verantwortlich, einer umfangreichen Studie über die bildungspolitische Entwicklung Afrikas. Vgl. Africa Information Service, in: Jet, 24. Dezember, 1953, 11. 2 3
Gründung und anfängliche Schwierigkeiten
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Nachdem James Herman Robinson 1954 die Idee entwickelt hatte, ein Freiwilligenprojekt für den Austausch zwischen afrikanischen und amerikanischen Studenten zu gründen, dauerte es drei Jahre, bis er seine Pläne verwirklichen konnte. „Those first couple of years“, erinnert er sich später, „were a struggle.“5 „Everyone thought I was crazy“, sagt er rückblickend über jene Zeit, in der er nahezu niemanden für sein Freiwilligenprojekt begeistern konnte.6 Der erste Unterstützer, den Robinson für sein Vorhaben gewinnen konnte, war der Rabbiner Israel Mowshowitz, der Mitbegründer und schließlich stellvertretender Leiter von Crossroads wurde. Mowshowitz, ein als modern-orthodox geltender Rabbiner und Leiter des Hillcrest Jewish Center im New Yorker Stadtteil Jamaica, und Robinson hatten sich im Sommer 1955 als Teilnehmer eines von der National Conference of Christians and Jews gesponserten interkulturellen Reiseseminars kennen gelernt. Aus Mowshowitz’ Memoiren wird ersichtlich, dass Robinson ihm gegenüber auf dieser Reise die fehlende Voraussicht der amerikanischen Außenpolitik beklagte, in der Afrika nicht einmal eine periphere, sondern gar keine Rolle spielte – Bedenken, die Mowshowitz teilte.7 Ebenso wie Robinson war er außerdem besonders daran interessiert, ethnische als auch religiöse Verständigung in den USA voranzutreiben und in seinem Fall Beziehungen zu nicht-jüdischen Gemeinden Amerikas zu knüpfen.8 Oscar Mc Cloud, einer der ersten Crossroader, bezeichnete die Zusammenarbeit des Rabbiners und des afroamerikanischen Pfarrers als „a unique kind of cooperation concerned with breaking down social and racial barriers“.9 Die Kooperation der beiden personifizierte das damalige Festhalten am christlich-jüdischen Erbe10 der Nation und symbolisierte gleichzeitig die jüdisch-afroamerikanische Allianz, die sich in der Nachkriegszeit im Kampf gegen Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie in der Bildungspolitik gefunden hatte.11 Sie war in dem moralischen Gebot, RassisJames H. Robinson zitiert in: Operation Crossroads Africa Bound, in: Afro-American, 23. Juni 1962, 13. 6 Zit. in Gertrude Samuels, A Force for Youth as a Force for Peace, in: New York Times, 5. Februar 1961, SM26. 7 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 148. 8 Über die religiöse und politische Gesinnung von Mowshowitz siehe Rogoff, Divided Together. Rogoff beschreibt Mowshowitz als gesellschaftlich engagiert und progressiv in seinem politischen Denken. Seine Beziehungen zur afroamerikanischen Gemeinde charakterisiert er als „exzellent“. 9 Oscar McCloud, Frontiers of Friendship, unveröffentlichter Artikel. 10 Über das jüdisch-christliche Erbe Amerikas siehe Friedman, What Went Wrong, 139; Silk, Notes on the Judeo-Christian Tradition. 11 Über die jüdisch-afroamerikanische Kooperation in der Nachkriegszeit siehe Dollinger, Hamans and Torquemadas; Shain, Marketing the American Creed Abroad; Horowitz, Ethnic Politics and U. S. Foreign Policy; Friedman, What Went Wrong; Sundquist, Strangers in the Land. 5
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mus und religiösem Hass entgegenzuwirken, begründet und gegen die Zwänge einer segregierten und Minoritäten diskriminierenden Gesellschaft gerichtet. Die Allianz war aber vor allem auch von transnationalen Einflüssen geprägt und leitete sich von den Verbindungen der zwei Diasporen ab, symbolisierte somit also die engen Beziehungen, die Israel mit den afrikanischen Staaten entwickelt hatte. Der Symbolcharakter dieser Allianz setzte später ein positives Signal für die Teilnehmer an Crossroads, da sie in gewisser Weise die Intentionen der Organisation von ethnischer, kultureller und religiöser Verständigung personifizierte. Gemeinsam begannen Robinson und Mowshowitz 1956, Kontakte zu Personen auf Regierungsebene und zu Stiftungen zu knüpfen, auf die ihre geplante Organisation bei der Finanzierung und Planung ihrer Projekte zurückgreifen konnte. Sämtliche Reden, die Robinson in dieser Zeit hielt, intendierten Amerikaner für die Schaffung eines interkulturellen, überkonfessionellen und ethnisch integrierten Freiwilligenprogramms in Afrika zu begeistern. Unterschwellige sowie offensichtliche Plädoyers für Freiwilligenarbeit, people-to-people Diplomatie und intensivierte Beziehungen amerikanischer Bürger zu Afrika finden sich auch in seinen Schriften dieser Zeit. Im Herbst 1956 begannen er und Mowshowitz außerdem Kontakt zu verschiedenen westafrikanischen Ländern aufzunehmen, um die Realisierbarkeit eines Projektes dieser Größe zu prüfen und um festzustellen, ob genügend Regierungsoberhäupter und Institutionen an einer Kooperation interessiert wären.12 Als hilfreich erwiesen sich dabei Robinsons Verbindungen zu vielen Afrikanern, von Studenten über Politiker und Gewerkschaftler bis hin zu Staatsoberhäuptern, die er während seiner Studienzeit und auf seiner Afrikareise kennen gelernt hatte. Zudem profitierten sie von der Unterstützung des Afrikakenners Hugh Smythe13, der ihnen weitere Kontakte verschaffte und dabei half, Afrikaner mit den Zielen der geplanten Unternehmung vertraut zu machen. Die Suche nach finanzieller Unterstützung gestaltete sich zunächst äußerst schwierig. In seinen Memoiren A Rabbi’s Rovings beschreibt Mowshowitz die Diskrepanz, die zwischen der positiven Einstellung der Jugend gegenüber dem Programm einerseits und der Gleichgültigkeit bis Ablehnung älterer Generationen andererseits bestand. Diese konnten in den meisten Fällen nicht überzeugt werden, die finanziellen Mittel bereitzustellen, die zur Umsetzung des Projektes benötigt wurden, da der Großteil der Amerikaner nur vages Interesse an Afrika bekundete und ihm auch auf der weltpolitischen Bühne keinerlei ReVgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 2. Smythes Beitrag zur Afrikanistik geht weit über seine Tätigkeit als Anthropologe hinaus. Wie Mark Anderson in seinem umfangreich recherchierten Beitrag feststellt, berührte seine Arbeit die disziplinären Grenzen von Anthropologie, Soziologie und Politikwissenschaft. Anderson, The Complicated Career. 12 13
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levanz beimaß.14 Mitte der fünfziger Jahre war Afrika in der Wahrnehmung der Amerikaner noch der dark continent: wild, primitiv, unzivilisiert und geheimnisvoll. In den Worten von George M. Houser war das amerikanische Interesse an Afrika in dieser Zeit „something of a joke. There was a Tarzan mentality in the United States about the continent“.15 Auch die Eltern von potentiellen Teilnehmern standen der Idee Robinsons zum größten Teil skeptisch, ängstlich und teilweise feindselig gegenüber. Die Probleme, die Mowshowitz und Robinson anfänglich hatten, das Außenministerium von der Relevanz ihres Programms zu überzeugen, spiegeln die damalige allgemeine Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber Afrika wider. Ab 1956 versuchten der Pfarrer und der Rabbiner, das Interesse von Vertretern des Außenministeriums und Abgeordneten der UNO zu wecken und deren Unterstützung für ihr Vorhaben zu sichern. Das Außenministerium war zu diesem Zeitpunkt jedoch vollkommen blind gegenüber dem potentiellen Einfluss, den solch ein Unternehmen auf die amerikanischen Beziehungen mit Afrika nehmen könnte. Bei ihrem Besuch im Außenministerium waren Robinson und Mowshowitz schockiert zu erfahren, dass lediglich vier Personen dem gesamten Kontinent zugewiesen waren. Da noch keine eigene Abteilung existierte, die sich dezidiert dem afrikanischen Kontinent widmete, so stellten sie empört fest, waren diese vier Angestellten in die Abteilung des Mittleren Ostens integriert.16 Robinson war außerdem der Meinung, dass ihnen ihr Status als Angehörige einer Minorität (Robinson als Afroamerikaner und Mowshowitz als Jude) die Darstellung ihres Anliegens erschwerte. So soll er mit einer gewissen Verbitterung bemerkt haben, dass die Sowjets die Tatsache, schwarze Bürger in ihren Reihen zu haben, mit Sicherheit im Gegensatz zu den USA zu ihrem Vorteil zu nutzen wüssten.17 Ein weiteres Hindernis war, dass es sich bei Crossroads um ein Pilotprojekt handelte. Donald Simpson, der Geschäftsführer des 1959 ins Leben gerufenen kanadischen Crossroadskomitees, erinnert sich, dass sowohl in den USA als auch in Kanada Skepsis herrschte, wie junge Menschen auf eine Herausforderung wie Crossroads reagieren würden und ob sich das Projekt als lohnenswert erweisen würde.18 Schließlich konnten sich Robinson und Mowshowitz nicht auf die Erfahrungen eines anderen Programms stützen und den möglichen ErVgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 149–152. Houser, Meeting Africa’s Challenge, 16. Über die amerikanische Wahrnehmung Afrikas als „dark continent“ siehe Hickey/Whylie, Enchanting Darkness; Duignan/Gann, The United States and Africa; McCarthy, Dark Continent. 16 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 148–151. Vgl. auch Grimm, Notable American Philanthropists, 252. Das Außenministerium richtete erst 1958 eine Afrikaabteilung ein. Vgl. Schraeder, Speaking With Many Voices. 17 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 151. 18 Vgl. Donald Simpson, Its People that Count, unveröffentlichte Rede, JHR 47/26. 14 15
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folg ihrer Unternehmung abschätzen. Aber auch die Öffentlichkeit hatte keine Vergleichsmöglichkeiten und bezweifelte daher, dass dieses Projekt gelingen könnte. Wie Mowshowitz angab, waren viele Amerikaner besonders skeptisch, weil die Freiwilligen als Zeichen ihrer Überzeugung für ihre Arbeit bezahlen sollten.19 Anstatt zu resignieren, nahmen Robinson und Mowshowitz diese anfänglichen Rückschläge jedoch als Ansporn und sahen sich nun in der Rolle von „road breakers“, die die Regierung und die amerikanische Öffentlichkeit eben selbst auf das Potential von Verbindungen zu Afrika aufmerksam machen mussten.20 Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates
1957 nahm die Unterstützung für das Africa Student Study and Workcamp Project, wie Crossroads zunächst hieß, plötzlich zu. Das gesteigerte Interesse an der Organisation steht stellvertretend für eine sich in diesem Zeitraum ereignende Wende in den Beziehungen zwischen Amerika und Afrika.21 Innerhalb weniger Monate wurde Afrika in eine außenpolitische Priorität katapultiert, eingeleitet durch Nassers Inbesitznahme des Suez Kanals und vor allem durch die vollzogene Unabhängigkeit Ghanas von seinem bisherigen Kolonialreich Großbritannien. War dem afrikanischen Kontinent bis dahin noch keine diplomatische und wirtschaftliche Aufmerksamkeit gezollt worden, verwandelten die winds of change der daraufhin auf dem gesamten Kontinent einsetzenden Unabhängigkeitsbestrebungen ganz Afrika plötzlich in einen wichtigen Schauplatz des Kalten Krieges. Amerikaner, die sich schon zuvor für eine verstärkte diplomatische Beachtung Afrikas eingesetzt hatten, fühlten sich nun in ihrem Bemühen bestätigt und konnten neue Unterstützer für ihr Vorhaben mobilisieren. Besonders für Afroamerikaner markierte das Jahr 1957 eine wichtige Wende. Während in der Vergangenheit gesellschaftliche Unterdrückung und Diskriminierung viele von ihnen ihre biologischen und soziokulturellen Verbindungen zu Afrika leugnen ließen, inspirierten diese Entwicklungen nun viele zu einem Bekenntnis zu einer diasporischen Identität, die wiederum neuen Auftrieb für die Bürgerrechtsbewegung lieferte.22 Vgl. James H. Robinson, Introduction, in: Isaacs, Emergent Americans, 8. Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 148–151. Diese zeigt sich unter anderem in dem Einsatz ranghoher Politiker – die dabei vornehmlich von realpolitischen Überlegungen geleitet wurden – für Afrika. Stellvertretend sei hier Nixons Reise zu den ghanaischen Unabhängigkeitsfeiern 1957 und sein darauffolgendes Engagement für eine progressivere Afrikapolitik genannt. Über Nixons Bezug zu Afrika siehe Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 118; Campbell, Middle Passages, 348; Gaines, American Africans in Ghana, 86; Rosenberg, How Far is the Promised Land, 543. 22 Vgl. Shain, Marketing the American Creed Abroad, 137. Für eine fundierte Interpretation 19
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Angespornt von den Geschehnissen auf dem afrikanischen Kontinent intensivierte Robinson 1957 seine Suche nach Mitarbeitern und Förderern für seine Pläne. Dabei nutzte er seine Kontakte zum Außenministerium, der Presbyterianischen Kirche, der NAACP und zu ehemaligen Mitgliedern der African American Academy of Arts and Research. Als besonders hilfreich erwiesen sich nach eigenen Angaben der UNO-Staatssekretär Ralph Bunche, der UNO-Delegierte Philip Klutznick, Raymond Smyke vom African-American Institute, der Missionar Dr. Emory Ross, Paul Mark Henri vom französischen Außenministerium, Richard Webb vom British Information Service, Lansdell Christie, Direktor der Liberia Mining Company, und Edward Dudley, ehemaliger Botschafter in Liberia.23 Zusätzlichen Rückhalt erhielt die Organisation außerdem von drei Funktionären des Außenministeriums: Vaughan Ferguson, Joseph Satterthwaite and Joseph Palmer, die später alle Botschafterposten in Afrika bekleiden sollten.24 Entscheidend für den Durchbruch der Organisation war die Beihilfe dreier distinguierter Amerikaner des öffentlichen Lebens: Eleanor Roosevelt, der Kongressabgeordneten Frances Bolton und dem Richter am Supreme Court William O. Douglas, die nicht nur öffentlich für das Programm warben, sondern auch halfen, Spenden für die Organisation zu sammeln.25 Zudem konnte Robinson mehrere Regierungsbeamte Afrikas wie Nnamdi Azikiwe, Kingsley Mbadiwe und Akiki Nyabongo, von denen viele an den Veranstaltungen der African Academy of Arts and Research teilgenommen hatten, als Unterstützer für sein Projekt gewinnen.26 Auch sicherten britische und französische Außendienstmitarbeiter ihre Kooperation zu. In Vorbereitung auf die ersten Unternehmungen der Organisation fanden schließlich zahlreiche Konferenzen mit Vertretern der UNO, britischen, ghanaischen, französischen und liberianischen Regierungsbeamten sowie Mitarbeitern des Außenministeriums, der USIA, dem African-American Institute und dem Af-
des afroamerikanischen Verhältnisses mit und der Einstellung gegenüber Afrika siehe Kapitel 10 dieser Arbeit. 23 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 12. 24 Die drei genannten Angestellten des Außenministeriums wurden später (entsprechend der Reihenfolge ihrer Nennung in der obigen Auflistung) zum Botschafter in der Malagasy Republic, Südafrika und Nigeria ernannt. 25 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 13; Robinson, Crossroaders Help in Africa, in: Peace Corps Volunteer, 3.2 (Dezember 1964). Besonders die republikanische Kongressabgeordnete Frances Bolton aus Ohio war für ihr Engagement für Afrika bekannt und bekam aufgrund ihrer zahlreichen Reisen dorthin von der Presse in Anlehnung an die bekannte Hollywoodproduktion mit Katherine Hepburn und Humphrey Bogart den Spitznamen „African Queen“ verliehen. Vgl. Wasniewski u. a. (Hg.), Women in Congress, 191–194. Nach ihrer Afrikareise 1955 forderte sie verstärkt dazu auf, die „apathy or ignorance“ gegenüber dem Kontinent zu überwinden. Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 123. 26 Vgl. Grimm, Notable American Philanthropists, 252.
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rica Committee of the National Council of Churches statt.27 Auch das Außenministerium zeigte sich also schließlich „vitally interested in this program“.28 Viele dieser frühen Unterstützer wurden später Mitglieder im Aufsichtsrat von Crossroads, für den Robinson noch weitere bedeutende Persönlichkeiten aus den Bereichen Wirtschaft, Religion, Bildung, Politik und Entertainment gewinnen konnte. Die Liste dieser Komiteemitglieder liest sich wie ein who is who der amerikanischen liberal-intellektuellen Elite, deren Namen stets präsent waren, wenn eine progressivere Afrikapolitik und/oder das Ende der Rassendiskriminierung in der amerikanischen Gesellschaft gefordert wurden. Als Ehrenvorsitzende wurden Chester Bowles, der Rektor der Atlanta University Dr. Rufus Clement, der Vorsteher der Liberia Mining Company Lansdell K. Christie, der Richter am Supreme Court William O. Douglas und Theodore M. Hesburgh, der Rektor der Notre Dame University ernannt.29 Das Komitee bildeten unter anderem der Universitätspfarrer Reverend Bradford S. Abernethy, Armeegeneral Eugene Bernald, der Komponist und Bürgerrechtsaktivist Irving Burgie, der Anthropologe Dr. William Leo Hansberry, Richter John Irwin, II, der Pfarrer Glenn McGee, der MIT-Wissenschaftler Ithiel de Sola Pool, der Afrikawissenschaftler Dr. Emory Ross, der Anthropologe Raymond J. Smyke, der Theologe Dr. Elton Trueblood, der Soziologe Dr. Hugh Smythe und der spätere Berater für Bürgerrechtsfragen unter Kennedy, Harris Wofford.30 Den Vorsitz hatten Edward R. Dudley und Edward L.Greenfield.31 Der Aufsichtsrat setzte sich folglich aus Wissenschaftlern, Geistlichen, Politikern, Unternehmern und Juristen zusammen. Ziel dieser breit gefächerten Zusammenstellung war, „[to] provide […] stable and effective leadership to the rapidly growing Crossroads organization“.32 Ebenso wie die Crossroader symVgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 12 f. Crossroads, no. 1 (Februar 1958), Abernethy Papers 27/2. 29 An der Konstellation der Ehrenvorsitzenden änderte sich bis 1972 nichts. Christie verstarb allerdings 1965, gefolgt von Clement ein Jahr später. Die Ehrenvorsitzenden waren in verschiedenen Bereichen in einflussreichen Positionen tätig: Clement war der erste afroamerikanische Rektor der Atlanta University, Christie der Vorsteher der Liberia Mining Company, William O. Douglas Richter am obersten Gerichtshof der USA und Hesburgh Rektor der katholischen Notre Dame University in South Bend im US-Bundesstaat Indiana, sowie ein wichtiges Mitglied der United States Civil Rights Commission 1957 gewesen. Über William O. Douglas siehe Murphy, Wild Bill. In diesem Buch wird Douglas Tätigkeit als Ehrenvorsitzender von Crossroads oder sein Afrikaaufenthalt als dessen Botschafter nicht erwähnt. Es ist kaum bekannt, dass er sich auch für eine veränderte Afrikapolitik einsetzte. 30 Ab 1964 wurde das committee unterteilt in ein board of directors und ein advisory committee. 31 Edward R. Dudley war ein Jurist aus New York und der erste Schwarze, der zum amerikanischen Botschafter ernannt wurde. Neben seiner Tätigkeit in Liberia pflegte er intensive Beziehungen zur NAACP und setzte sich für eine erhöhte Präsenz von Afroamerikanern im Außenministerium ein. 1962 wurde er als Berater in Kennedys Afrikaarbeitskreis berufen. Siehe Krenn, Edward R. Dudley, 88–93; Krenn, Outstanding Negroes. Siehe auch Miller, The Black Presence in American Foreign Affairs. 32 Crossroads Communique 1.2 (März 1963), 3. 27 28
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bolisierten auch die Gremienmitglieder bezüglich ihres ethnischen, religiösen und beruflichen Hintergrunds auf den ersten Blick eine cross-section der amerikanischen Gesellschaft, denn es befanden sich sowohl Katholiken und Juden, Weiße und Afroamerikaner und andere Minoritäten als auch Gewerkschaftler und Akademiker darin. Robinson konnte dadurch mehrere Interessengruppen einbinden, denn er erkannte, dass sein Projekt nur gelingen könnte, wenn es möglichst breit in der amerikanischen Gesellschaft verankert war.33 Gemessen an ihrem Bildungsgrad, ihrer beruflichen und aktivistischen Erfahrung und ihrem sozioökonomischen Status unterschieden sich die Komiteemitglieder jedoch vom gewöhnlichen „Durchschnittsamerikaner“. Ihre Prominenz und ihre Verbindungen zu Regierungskreisen beziehungsweise Stiftungen und den Medien ermöglichten es der Organisation, Sponsoren anzulocken, die die nötige finanzielle Unterstützung gewährleisten sollten.34 Außerdem konnten Regierungsmitglieder, politische Aktivisten und Richter wie Douglas, Bowles oder Wofford ihre Kontakte zur obersten Instanz und zum Senat nutzen, um als Interessenvertreter von Crossroads zu agieren. In der Zusammensetzung des Aufsichtsrats spiegelte sich der liberale Grundkonsens der Nachkriegszeit wider. Die Mitglieder stimmten in zentralen Glaubenssätzen überein und teilten bestimmte Ansichten, die sie als Liberale im Kalten Krieg kennzeichneten: Sie vertraten sowohl innen- als auch außenpolitisch eine antiimperialistische, antikommunistische Politik, die sich für eine Aufhebung der Rassendiskriminierung und sozialstaatliche Prinzipien einsetzte35 – Überzeugungen, die zu jener Zeit die politische Kultur des Landes bestimmten.36 Indem es seine Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Die Sicherung der Unterstützung von Weißen ist laut Kilson ein entscheidendes Kriterium, das einen pragmatischen afroamerikanischen Aktivisten kennzeichnet. Vgl. Kilson, African Americans and Africa, 363. Außerdem wies auch Martin Weil auf die Notwendigkeit für schwarze Organisationen, die sich um eine Veränderung der Afrikapolitik bemühten, hin, Weiße als Mitstreiter zu gewinnen. 34 In einem Brief teilte Robinson William Sloane Coffin 1961 mit: „We especially need board members who have substantial financial resources or contacts and also are new members of high standing in the field of African affairs.“ Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin, 16. Dezember 1961, WSC 24/150. 35 Vgl. Duignan/Gann, The United States and Africa, 290. Liberalismus zeichnete sich im Nachkriegsamerika durch das Bekenntnis zur grundsätzlichen Anerkennung des Sozialstaates, der graduellen Lösung der Rassenfrage und Antikommunismus nach innen und außen aus. Vgl. Berg, Liberaler Konsens und gesellschaftliche Polarisierung, 155. Außenpolitisch zielte der Liberalismus des Kalten Kriegs vor allem auf die Gewährleistung der nationalen Sicherheit ab, indem man international agierte, um die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Interessen Amerikas zu wahren. Vgl. Smith, Making the World Save for Democracy, 179. In den Worten Perlmutters vertrat die Mehrheit der Amerikaner damals diese „common political Weltanschauung“. Perlmutter, Big Power Games. 36 Am Beispiel der Auseinandersetzung mit den Ideen zur Entwicklung der Dritten Welt zeigt Robert A. Packenham in Liberal America and the Third World die auf dem Einfluss des liberalen Grundkonsenses begründete Symbiose zwischen Politik und Wissenschaft in den fünfziger Jahren. Er argumentiert, dass die von Wissenschaftlern aufgestellten Theorien über die Modernisie33
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amerikanischen Liberalismus demonstrierte und sich in den politischen Konsens einreihte, der die Gesellschaft in den fünfziger Jahren prägte, legitimierte sich Crossroads vor der Öffentlichkeit als auch den außenpolitischen Entscheidungsträgern. Die Mitglieder kann man einer bestimmten Nische des Liberalismus der Zeit zuordnen: dem, wie Harris Wofford sagte, „Stevenson-Humphrey-BowlesKennedy view of the world“37 in außenpolitischen Fragen. In Crossroads fand sich ein im Entstehen begriffenes Netzwerk Liberaler, die ebenso wie die vier genannten Politiker an einer Intensivierung der Afrika-Amerika-Beziehungen interessiert waren und diese auch als Beihilfe zur Verwirklichung ihrer nationalen Reformagenda betrachteten. Sie engagierten sich auf mehreren Ebenen für intensivere Beziehungen zwischen Afrika und Amerika und kritisierten die eurozentrische Sicht der amerikanischen Außenpolitik. Die Motivation der einzelnen Mitglieder, sich für eine verstärkte Beachtung Afrikas einzusetzen, hatte dabei mehrere Gründe. Neben dem humanitären Gedanken spielte für die Liberalen auch der Wunsch eine Rolle, die kommunistische Expansion in Afrika aufzuhalten.38 Außerdem, und hier findet sich der Nexus zwischen ihrem außen- und innenpolitischen Bemühen, forderten sie im selben Zuge die Desegregation der amerikanischen Gesellschaft, in der sie die Vorbedingung für die amerikanische Einflussnahme auf die Unabhängigkeitsbestrebungen in Afrika sahen. Am Beispiel des Gremienmitglieds Chester Bowles lässt sich dieser Standpunkt hervorragend illustrieren. Bowles war einer der wenigen einflussreichen Amerikaner, die die Regierung schon vor 1957 auf eine intensivere Auseinandersetzung mit Afrika drängten.39 Seine Forderung war dabei jedoch nuancierter als die von anderen Politikern. Obwohl er überzeugter Antikommunist war und dafür plädierte, dass die globale kommunistische Bedrohung nach einer rung der Dritten Welt in den wichtigsten Punkten mit den Doktrinen amerikanischer Politiker übereinstimmten. Beide zielten demnach auf die Errichtung stabiler und friedlicher pro-amerikanischer Regime und Wirtschaftsmärkte ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg leisteten die USA deshalb Entwicklungshilfe im großen Maße zunächst in Europa und schließlich in der Dritten Welt. Gleichzeitig begannen amerikanische Wissenschaftler damit, Länder der Dritten Welt zu studieren und Entwicklungstheorien zu formulieren. Zwischen 1947 und 1968, so Packenham, kam dabei aus wissenschaftlichen Kreisen keine nennenswerte Kritik an der amerikanischen Entwicklungspolitik auf. Der Grund für die fehlende Kritik war nach Packenham der liberale Grundkonsens, der dazu führte, dass sie dieselben Ziele verfolgten. 37 Harris Wofford, Recorded Interview by Berl Bernhard, 29. November 1965, John F. Kennedy Library Oral History Program, http://www.jfklibrary.org/Asset-Viewer/Archives/JFKOH-HLW-01. aspx, Zugriff am 18. Januar 2012. 38 Siehe Packenham, Liberal America and the Third World. Packenham analysiert die verschiedenen Beweggründe, die Liberale hatten, um Afrika zu einer außenpolitischen Priorität zu erklären. 39 In der Kennedy-Regierung zählte er später zu den sogenannten „Africanists“, die Afrika eine symbolische Bedeutung im Kalten Krieg zusprachen und daher verstärktes amerikanisches Engagement auf dem Kontinent forderten. Vgl. Noer, New Frontiers and Old Priorities, 282.
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entschiedenen amerikanischen Reaktion verlangte, glaubte er nicht, dass diese auf finanzielle oder militärische Mittel beschränkt bleiben sollte. Ebenso wie Robinson war auch er seit Längerem ein Verfechter der Ideen Gandhis – ein Einfluss, der auf seine Zeit als Botschafter in Indien zwischen 1950 und 1952 zurückzuführen ist.40 In Africas Challenge to America, einem auf seiner Vorlesungsreihe im März 1956 an der University of California basierenden Buch, beschreibt er die Notwendigkeit für kulturellen Austausch mit Afrika und empfiehlt: „Whenever we can establish closer direct contact with the African people we should do so.“41 Die in seinem Buch formulierten Forderungen erinnern an Robinsons Rhetorik. Ebenso wie der Crossroadsgründer forderte auch Bowles, dass die Zahl der Mitarbeiter des amerikanischen Außenministeriums in Afrika erhöht, sie besser für die Arbeit an ihrem Einsatzort geschult und größere Anstrengungen unternommen werden müssten, „to be certain that they are free of racial bias“.42 Zudem dürften die USA auch nicht auf afroamerikanische Musiker, Lehrer, Entertainer und Studenten als Repräsentanten im Ausland verzichten, da schon deren Präsenz in Afrika dem rassistischen Image der USA entgegenwirken konnte. Die Befürwortung der Entkolonialisierung Afrikas war für ihn vorwiegend eine moralische Angelegenheit, die Amerika schon aus Rücksicht auf seine nationalen Ideale von Freiheit und Selbstbestimmung unterstützen musste. So wies er in seinen Veröffentlichungen immer wieder auf die Diskrepanz zwischen dem moralischen Anspruch auf Freiheit und der praktischen Wirklichkeit der Rassentrennung im amerikanischen Leben hin, die Amerika im globalen Freiheitskampf unglaubwürdig erscheinen ließ. Die internationalen Pflichten, die die USA in der Nachkriegszeit auf sich genommen hatten, und die empfundene Bedrohung der nationalen Sicherheit von Seiten der Sowjetunion erlaubten seiner Meinung nach keinen weiteren Aufschub einer kompletten Desegregierung der amerikanischen Gesellschaft. Ein Ende der Rassendiskriminierung in Amerika, so glaubte er, würde positiven Beziehungen mit Afrika dienlicher sein als sämtliche militärische und finanzielle Unterstützung des Kontinents.43 Für ultra-Liberale wie Chester Bowles, die eine verstärkte Kulturoffensive in Afrika, eine erhöhte Präsenz von afroamerikanischen Diplomaten und damit verbunden die komplette Gleichstellung der Afroamerikaner forderten, war Crossroads ein regelrechtes Sammelbecken.44 Chester Bowles, What Negroes Can Learn from Ghandi, in: The Saturday Evening Post, 20. August 1957. Siehe auch Wofford, Of Kennedys and Kings, 17. 41 Chester Bowles, Africa’s Challenge to America, 125. 42 Ebd. 43 Harris Wofford, ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrates, enger Vertrauter von Bowles, Berater in Bürgerrechtsfragen unter Kennedy und später Mitinitiator des Peace Corps, bezeichnete Bowles außenpolitische Gesinnung als „total liberalism“. Harris Wofford, Recorded Interview by Berl Bernhard, 29. November 1965. 44 Wofford, Of Kennedys and Kings, 32. Die meisten Mitglieder des Aufsichtsrates kannten sich 40
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Als Projektmanager verpflichtete Robinson Philip Wei, einen Amerikaner chinesischer Abstammung und Absolventen des Macalester College in St. Paul, Minnessota. Wei war Robinson durch seine Tätigkeit in mehreren Studentenorganisationen und als einer der Mitinitiatoren des International Weekend aufgefallen. Seine Aufgabe bestand in der Koordination der Projekte von Crossroads Zentralstelle in Accra, von wo aus die Aktivitäten aller Gruppen in den fünf westafrikanischen Ländern koordiniert wurden.45 Israel Mowshowitz fungierte zunächst als stellvertretender Direktor der Organisation. In dieser Position wurde er zwar 1961 von Lindsay White abgelöst, blieb Crossroads aber als Vorstandsmitglied erhalten. Pasadena
Im Mai 1957 feierte Crossroads seinen entscheidenden Durchbruch unter den Studenten Amerikas. An der jugendlichen Begeisterung, die Robinsons Idee entgegenschlug, zeigte sich, dass amerikanische Studenten in den späten fünfziger Jahren für eine neue Art der Außenpolitik – auch gegenüber Afrika – eintraten, die auf einem gesteigerten Bewusstsein für andere Kulturen und persönlichen Interaktionen basieren sollte. Mit seiner mitreißenden religiösen Rhetorik und seinem liberalen Idealismus gelang es Robinson, seine Zuhörer davon zu überzeugen, dass sie mit ihrem eigenen kleinen Beitrag die Welt verändern könnten. Nachdem sie seine Rede über „Verantwortung“ (engl.: commitment) im Rahmen einer religiösen Konferenz gehört hatten, zeigte sich eine Gruppe von Studenten des Occidental College in Pasadena (einem Stadtteil von Los Angeles) so begeistert von seiner Idee eines interkulturellen Freiwilligenprojektes in Afrika, dass sie an jenem Abend keinen Schlaf fanden, Robinson mitten in der Nacht weckten und mit ihm bis in die frühen Morgenstunden über seine Idee diskutierten. Die Heimreise nach New York, die der Pfarrer für den kommenden Tag geplant hatte, musste er deshalb verschieben. Stattdessen sprach er in der Rose-Bowl-Arena zu einer größeren Menge an Studenten, die die begeisterten Zuhörer des Vortages über Flugblätter und Mundpropaganda über die außerplanmäßige Veranstaltung informiert hatten. Nach dieser zweiten Rede sammelten Studenten des Occidental College in den kommenden Tagen 15.000 Dollar, um zehn ihrer Studenten im folgenden Sommer mit Robinbereits und hatten an mehreren Projekten gemeinsam gearbeitet. Harris Wofford unterhielt beispielsweise exzellente Beziehungen zu Chester Bowles und hatte mit Theodore Hesburgh in der U. S. Commission on Civil Rights zusammengearbeitet. Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 271, 7. 45 Vgl. Report, Advisory Committee for the African Students Emergency Aid Program, 18. September 1961, WSC 17/3. Siehe auch Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 152. International Weekend war ein jährlich stattfindendes Ereignis, an dem Studenten aller Nationalitäten von Universitäten und Colleges des oberen Mittleren Westen teilnahmen.
Pasadena
sons Programm nach Afrika entsenden zu können. Dabei baten sie unter anderem auch Adlai Stevenson und Vizepräsident Richard Nixon um Spenden.46 Hier zeigten sich bereits die Vorteile, die sich Robinson von einer Kooperation mit dem akademischen Sektor versprach: Die Begeisterung der Studenten für das Projekt hatte bewirkt, dass einige von ihnen einen Abendkurs in Afrikastudien an der University of California in Los Angeles (UCLA) organisierten, an dem genügend zahlende Erwachsene teilnahmen, um Studenten die kostenlose Teilnahme daran zu ermöglichen. Jeden Freitagabend luden sie fortan afrikanische Studenten ein, die ihnen etwas über ihre Kultur vermittelten. Das Occidental College in Pasadena war schließlich auch die erste Bildungsstätte, die mit Crossroads kooperierte, zehn der ersten sechzig Teilnehmer stellte und dafür ein eigenes Auswahlverfahren entwarf. Wie schon im vorhergehenden Kapitel angedeutet profitierten sowohl Crossroads als auch die Universitäten von der Kooperation, die die NGO ab 1958 auch mit anderen Colleges etablierte. Besonders in den Anfangsjahren bedeutete die Unterstützung durch einige Universitäten wie beispielsweise die Eliteuniversität Yale einen ungeheuren Prestigegewinn für Crossroads. Die Universitäten wurden dadurch im Gegenzug in ihrer Orientierung hin zu internationaler Kooperation und Forschung unterstützt. So schrieb der in Rutgers lehrende Bradford Abernethy 1959 an Robinson, dass dieser sich um die Rutgers Universität als kooperierende Einrichtung bemühen sollte, da Crossroads im Einklang mit den Zielen stünde, die der neue Präsident der Universität Mason Gross in seiner Antrittsrede proklamiert hatte. Er hatte die Wichtigkeit für die nächste Generation herausgehoben fremde Kulturen zu studieren und seine Hoffnung geäußert, dass dies sich auch positiv auf das Fremdsprachenangebot der Universität auswirkte.47 Im Vorfeld der ersten Crossroadsunternehmung waren die Verantwortlichen der Organisation sehr positiv von der Fülle an Bewerbungen überrascht, die in ihrem Büro in New York eintraf.48 Wie auch Harris Wofford in seiner brillanten Abhandlung über die Kennedy-Ära zeigt, waren die Fünfziger schließlich eine Zeit, in der sich nur wenige Amerikaner politisch engagierten und sich besonders die College- und Universitätsstudenten durch politisches Desinteresse auszeichneten.49 Aus diesem Grund warnten viele sogenannte „Experten“ zunächst, dass die Organisation mit ihrem anspruchsvollen Programm Probleme haben würde, genügend Bewerber unter den „spoiled and Für die Geschichte über die Rede und die davon ausgelöste Euphorie in Pasadena siehe Clarence Hall, Operation Crossroads gets to the Heart of Africa, in: Reader’s Digest (Juli 1968); Robinson, Crossroaders Help in Africa; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 17; Sarkela/ Mazzeo, Reverend James H. Robinson, 41. 47 Brief, Bradford Abernethy an James H. Robinson, 18. Mai 1959, Abernethy Papers 27/3. 48 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 152. 49 Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 248. 46
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pampered young people of our affluent society“50 zu finden. Das genaue Gegenteil trat jedoch ein, denn, glaubt man den Angaben von Mowshowitz, 1958 kamen zehn Bewerbungen auf jeden offenen Platz – ein Resultat, das die Vorsitzenden als Beweis für den neu aufkeimenden Idealismus der amerikanischen Jugend werteten. In ihren Augen zeigte es, dass sie durchaus willens war, hart zu arbeiten und persönliche Entbehrungen auf sich zu nehmen – vorausgesetzt, ihr bot sich eine originelle Herausforderung.51 Die Freude über die vielen eingehenden Bewerbungen wurde für die Organisation jedoch von der geringen Anzahl an Anträgen von Afroamerikanern überschattet – ein Sachverhalt, dessen Gründe und Auswirkungen auf den Auswahlprozess detailliert im siebenten Kapitel besprochen werden.
Abb. 2: James und Gertrude Robinson
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Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 152. Vgl. ebd.
Das Pilotprojekt 1958 und Reaktionen darauf
Das Pilotprojekt 1958 und Reaktionen darauf
1958 hieß die Organisation noch nicht Crossroads, sondern wurde in Ermangelung an kreativeren Namen schlichtweg als Africa Student Study and Workcamp Project bezeichnet. In diesem Sommer reisten die ersten Teilnehmer nach Afrika. Gleichzeitig war dies die Hochzeitsreise für James Robinson und seine zweite Frau Gertrude, die sie dabei begleiteten. Alles hatte noch den Charakter einer Pilotstudie: Die Planung mutete sehr experimentell an und die Resultate konnten noch nicht abgeschätzt werden. Besonders die Tatsache, dass die Projekte im Vorhinein lediglich über Korrespondenz geplant wurden, verliehen der Unternehmung eine gewisse Unsicherheit.52 Große Hoffnung machten der Organisation jedoch die positiven Reaktionen afrikanischer Länder auf ihr Vorhaben. Im Jahresbericht von 1958 berichtet Robinson, dass diese es als Fortschritt betrachteten, Afrikaner und Amerikaner in einem Rahmen miteinander bekannt zu machen, der zu offenen und kritischen Diskussionen animieren würde.53 Selbst mit Ländern, die Außenseitern generell nicht sehr aufgeschlossen gegenüberstanden, trat Crossroads in Kontakt. Als es die Möglichkeit erwog, ein workcamp im französischen Kamerun zu initiieren, bezweifelten die meisten Amerikaner, dass die französische Regierung ihnen Visa gewähren würde, da das Land gegenwärtig von politischen Unruhen geplagt wurde. Besonders ermutigend war daher, dass das französische Konsulat und französische UN-Botschafter Crossroads selbst ihre Hilfe und Kooperation anboten, noch bevor es sich überhaupt mit ihnen in Verbindung gesetzt hatte.54 Das erste Kontingent von Crossroadern bestand 1958 aus sechzig Studenten, die sich auf fünf Arbeitsprojekte im Kamerun, in Nigeria, Ghana, Liberia und Sierra Leone aufteilten.55 Wie die Auflistung dieser Länder zeigt, lag der Fokus im ersten Jahr des Bestehens der Organisation auf Westafrika. Diese Entscheidung hatten die Verantwortlichen bewusst getroffen, da Westafrika dem Rest des Kontinents damals in der politischen, wirtschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklung einen Schritt voraus war. Das erst vor Kurzem in die Unabhängigkeit entlassene Ghana und der sich rapide vollziehende wirtschaftliche Fortschritt dieser Region inspirierten damals auch andere Länder auf dem gesamten Kontinent. Der Kontakt zu den in Robinsons Augen im Angesicht des Verlustes ihrer eigenen Machtsphäre fortschrittlich handelnden ehemaligen Kolonialmächten Westafrikas, Großbritannien und Frankreich, sollte den Teilnehmern zudem ermöglichen, sich mit deren Afrika- und Entwicklungspolitik vertraut zu machen und Lehren für den amerikanischen Um52 53 54 55
Vgl. ebd. Vgl. Africa Student Study and Workcamp Project, 1. April 1958, Abernethy Papers 27/2. OCA Report 1958, 18. Vgl. Robinson, Operation Crossroads gets to the Heart of Africa.
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gang mit diesen Themen daraus zu ziehen.56 Die Möglichkeit dazu bot sich bereits zu Beginn der Reise, als die Teilnehmer auf Einladung des französischen Außenministeriums einen mehrtägigen Zwischenstopp in Paris einlegten. Dort nutzten sie die Zeit, um Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, aber auch um sich über die französische Afrikapolitik zu informieren. Anschließend verbrachte jede Gruppe sechs Wochen in einem der fünf aufgelisteten Länder und traf nach dieser Phase in Kano, Nigeria, für eine einwöchige Auswertung wieder auf die anderen Gruppen.57 1958 vertraten die Teilnehmer 41 verschiedene Bildungseinrichtungen der USA. Zunächst war nur ein Crossroader Kanadier. Als Gruppenleiter fungierten Reverend Bradford C. Abernethy und seine Ehefrau Jean in Sierra Leone, Reverend Donald Douris gemeinsam mit seiner Gemahlin Elizabeth im französischen Kamerun, Dr. Martin L. Harvey in Liberia, Reverend Hugh D. Nelson und dessen Frau Lillibeth in Ghana sowie Mr. Mabel M. Smythe in Nigeria. Die Reaktionen auf das Pilotprojekt waren aus Sicht der Organisation überwältigend: Vertreter des Außenministeriums, der USIA und zwei der Sonderberater des Präsidenten bekundeten ihr Interesse an Crossroads Africa und ebneten den Weg für eine Kooperation, die sich über die sechziger Jahre hinweg manifestieren sollte. Obwohl Crossroads eine nichtstaatliche Organisation war, äußerte sich die USIA sehr positiv über deren Kooperationsbereitschaft.58 USIA-Mitarbeiter unterstützten Crossroads folglich in den kommenden Jahren bei der Planung von Konferenzen über Afrika, die gemeinsam mit Joseph Satterthwaite (dem Undersecretary of State für Afrika), seinem Stellvertreter Vaughn Ferguson und John Noon von der USIA sowie einer Reihe von Mitarbeitern des Außenministeriums und Nachrichtendienstes abgehalten wurden.59 Die Mitarbeiter Frederic Fox und Frederick Murrow ermöglichten Robinson und Edward Greenfield darüber hinaus drei Treffen mit dem Präsidenten im Weißen Haus.60 Wie bereits geschildert, eröffneten die Unabhängigkeitsbestrebungen ehemaliger Kolonien in Afrika der USIA neue Möglichkeiten, aber zogen sie auch mehr in die Verantwortung, da Amerika den Kontinent über Jahrzehnte vernachlässigt und ihm als Besitz der europäischen Mächte kaum diplomatische Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Die Behörde verstärkte in Anbetracht der politischen Veränderungen in Afrika ihre dortige Präsenz und schuf eine eigene Abteilung, die sich dem afrikanischen Kontinent widmen sollte. Das Hauptaugenmerk richtete sich dabei auf die kulturelle und intellektuelle FühVgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 4. Der genaue Ablauf eines Sommers bei Crossroads wird detailliert in den Kapiteln 9 bis 11 besprochen. 58 Vgl. USIA Circular, Operation Crossroads Africa 1966 Projects, 12. Mai 1966, JHR 47/24. 59 Vgl. Crossroads 2.1 (Dezember 1959), WSC 24/147. 60 Vgl. ebd. 56 57
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rungsrolle, die Amerika in den sich nun selbst bestimmenden Staaten durchsetzen wollte.61 Einen wichtigen Beitrag dazu konnten auch privat operierende Organisationen leisten, die von der Presse und der Wissenschaft als geeignetes Instrument der mentalen Einflussnahme und als Antwort auf die aggressive sowjetische Propaganda in der Dritten Welt gewertet wurden.62 Das Außenministerium war daher „most happy to see the increasing number of young people interested in Africa who, by their presence and their working in the field, can help in making America better understood in that continent“.63 Die Afrikaabteilung im Außenministerium äußerte nach der ersten Reise der Crossroader sogar den Wunsch, dass Crossroads die Anzahl seiner Projekte auf dem afrikanischen Kontinent erhöhte – wohl in Anbetracht der verschwindend geringen Menge an amerikanischen Unternehmungen auf dem afrikanischen Kontinent.64 Unter der Führung von Robinson sei, wie der Undersecretary of State betonte, aus der Sicht amerikanischer außenpolitischer Zielsetzungen äußert wichtige Arbeit geleistet worden. Satterthwaite sprach außerdem im Rahmen eines Mittagessens mit Vertretern aus der Wirtschaft im Waldorf-Astoria-Hotel in New York seine Anerkennung für Crossroads aus und pries es als einen der bedeutendsten Versuche, Amerikaner mit Afrika vertraut zu machen. Gleichzeitig lobte er es als eine Organisation, die sich auf wunderbarste Weise mit den Zielen und Hoffnungen der Afrikaner vertrug.65 Robinson wusste um die Wichtigkeit der Unterstützung seiner Organisation durch die USIA. Bereits im Januar 1955 hatte er Kontakt mit ihr aufgenommen, als er über die Gründung von Crossroads nachdachte, und hatte sich über ihre Arbeit in Afrika informiert.66 Auch in anderen Belangen hatte er sich an sie gewandt, beispielsweise um die Notwendigkeit für eine Verstärkung der Präsenz von afroamerikanischen Diplomaten in Afrika zu unterstreichen oder die Teilnahme von Afroamerikanern an der Asien-Afrika-Konferenz in Ceylon (heute Sri Lanka) zu fordern.67 Vgl. Hixson, Parting the Curtain, 26. Vgl. Cull, Cold War, 491; Osgood, Total Cold War; Berg, Amerikanisches Dilemma, 194; Osgood, Words and Deeds. 63 Brief, J. C. Satterthwaite an James H. Robinson, 11. September 1959, NAACP 17/02/00248. 64 Vgl. Statement in Support for an Appeal From Africa Student-Work Camp Project, 3, JHR 47/3. 65 Operation Crossroads Africa 2.1 (1959), WSC 24/147. USIA-Mitarbeiter John A. Noon sagte, dass es eine wahre Genugtuung für die USIA sei, zu wissen, dass eine Anstrengung unternommen wurde, das Interesse junger Amerikaner an Afrika zu stärken sowie Verständnis in Afrika für die USA zu schaffen. Vgl. Brief, John A. Noon an James H. Robinson, 23. September 1959, NAACP 17 Sup/02/00250. 66 Vgl. Brief, Virginia M. Robinson an James H. Robinson, 4. Januar 1955, JHR 1/8. 67 In Bezug auf Letzteres hatte er sich mit folgenden Bedenken an die USIA gewandt: „It seems to me that a way ought to be found to get a couple of solid, competent American Negroes out of the conference, whose integrity, sincerity and ability will be an advantage to us, both at the conference and when they return.“ Der letzte Satz dieses Briefes zeigt, wie wichtig ihm dieses Anlie61 62
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In den folgenden Jahren festigte sich die Kooperation zwischen Crossroads und der USIA, was ein von der USIA in Auftrag gegebener Film über die Organisation, aber auch der Austausch von Personal zwischen den Organisationen belegt. So gab Lindsay White 1963 seinen Posten als Vizedirektor bei Crossroads auf und arbeitete fortan für die USIA in Afrika.68 Bereits 1958 inspirierte Crossroads ähnliche Projekte in anderen Ländern. Das Außenministerium Israels zeigte sich so interessiert an dem Projekt, dass es Robinson und Mowshowitz 1958 nach Israel einlud, um von ihrer Expertise in der Entwicklung eigener Freiwilligenprogramme zu profitieren. Den Angaben Robinsons zufolge nahm Israel Crossroads schließlich tatsächlich als Vorbild für Jugend-workcamps in Westafrika, die es ab 1959 aufbauen wollte.69 Die erste Unternehmung der Crossroader hatte noch nicht in großem Maße die Aufmerksamkeit der Medien geweckt. Obwohl unter anderem in der Atlanta Daily World und der Los Angeles Times Artikel über die Organisation erschienen, war die Anzahl der Berichte im Vergleich zu späteren Jahren noch äußerst gering. Aufkeimendes Medieninteresse ließ sich jedoch bereits feststellen. So schrieb die New York Times einen Bittbrief an das Africa Student Study and Workcamp Project, dass es eine regelrechte Verpflichtung der Sonntagsausgabe der New York Times – immerhin die auflagenstärkste Sonntagszeitung in den USA – gegenüber habe, nach ihrer Rückkehr einen Artikel für sie zu schreiben. Die Zeitschrift begründete dies damit, dass es sich bei Crossroads um „the largest group movement ever to go to Africa“ handelte.70 Lehren und Veränderungen
Die Lehren, die Crossroads aus dem Pilotprojekt zog, waren vor allem organisatorischer Natur. Trotz des grundlegenden Erfolgs des Programms waren vereinzelte Probleme bei der Planung der Projekte und der Kooperation mit den Gastländern aufgetreten, die es in den folgenden Jahren zu beheben galt. Eine intensivere Vorbereitung war zwingend notwendig, bevor das Projekt expandieren konnte. 1959 reisten keine Crossroadsgruppen nach Afrika, da sich die Organisation der Auswertung des Pilotprojektes, dem Sammeln von Spenden, der Etablierung des kanadischen Crossroadskomitees, der Erweiterung des Kreises der kooperierenden Einrichtungen und der Planung neuer Projekte widmete. Mitarbeiter flogen nach Afrika, um Möglichkeiten für zukünfgen persönlich war: „I feel so strongly about it.“ Brief, James H. Robinson an Theodore Streibert, 30. April 1955, JHR 1/8. 68 Minutes of the Meeting of the Board of Directors Held on Thursday, September 26, 1963, WSC 24/152. 69 Statement in Support for an Appeal from Africa Student-Work Camp Project, 11, JHR 47/3. 70 Brief, David T. Parsons an Operation Crossroads Africa, 20. Juni 1958, JHR 1/17.
Lehren und Veränderungen
tige Arbeiten ausfindig zu machen und um diese direkt mit den afrikanischen Staatsoberhäuptern zu besprechen.71 Der Ruf, den sich Crossroads mit seinem ersten Projekt erarbeitet hatte, erwies sich als so positiv, dass es ab 1959 immer mehr Beachtung erfuhr. Auf Einladung des Leiters des Coordinating Committee for International Workcamps der UNESCO, Hans Peter Müller, wurde Crossroads als kooperierende Institution aufgenommen und zählte somit zur Familie weltweit erfolgreicher Freiwilligenprojekte für junge Menschen.72 Dass Afrikaner Crossroads ebenfalls als nützliche Organisation betrachteten, zeigt die Tatsache, dass dessen Büro in New York sowie die Church of the Master eigenen Angaben zufolge immer mehr zum Anlaufpunkt für afrikanische Führungspersönlichkeiten wurden, die sich auf Besuch in den USA befanden.73 Die wichtigste Neuerung, die sich 1959 ergab, war die Gründung des Canadian Committee. Es wurde unter der Förderung des Board of Men der United Church of Canada ins Leben gerufen, nachdem Robinson auf einer ihrer Konferenzen gesprochen hatte, gefolgt wenige Tage später von Hugh Smythe. Diese beiden Treffen bewirkten, dass die Geistlichen 5.000 Dollar sammelten, um kanadische Studenten zu unterstützen, die in Zukunft an Crossroads teilnehmen sollten. Außerdem gründete sich ein Komitee unter Schirmherrschaft des Board of World Missions der United Church of Canada. Die Tatsache, dass sich die United Church an dieser überkonfessionellen Unternehmung beteiligte und sie gar mitfinanzierte, wurde besonders von kanadischen Studenten mit Wohlwollen begrüßt. Sie standen der Arbeit der Kirche teilweise sehr kritisch gegenüber und konnten nun sehen, wie das christliche Ideal der Nächstenliebe von dieser Institution in die Tat umgesetzt wurde. Das kanadische Crossroadskomitee betrachtete die Mitwirkung der Kirche an Crossroads auch als Mittel, um die Kluft zwischen der Kirche und den Studenten zu überwinden. In seinem Bericht von 1959 zitierte es einen etwas zynischen Kommentar eines Studenten, der dazu sagte: „The United Church is doing things properly – like Crossroads.“74 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa, 18. Vgl. Crossroads 2.1 (1959), WSC 24/147. Das Coordinating Committee for International Workcamps wurde 1948 gegründet und der UNESCO unterstellt. Es diente als Koordinationsstelle für die international tätigen Freiwilligenorganisationen, um somit die globale Wirkung dieser Projekte zu verstärken und sie besser aufeinander abstimmen zu können. Seit 1965 operiert es unter dem Namen Coordinating Committee for International Voluntary Service (CCIVS). Vgl. Warr (Hg.), The Power of Action. Hans Peter Müller diente von 1952 bis 1960 als Direktor der Organisation. 73 Vgl. Bradford Abernethy, Crossroads Supports President Eisenhower’s Ideas, in: Crossroads 2.1 (1959), Abernethy Papers 27/3. 74 Report of Canadian Committee Operation Crossroads Africa, 5, Hugh Smythe Papers 9/31. Crossroads and Canada, in: Crossroads Communiqué 2.1 (1964). Im Sommer 1960 führte eine Gruppe bestehend aus 17 Kanadiern, von denen alle entweder Ärzte oder Krankenschwestern (beziehungsweise deren Ehegatten) waren, angeführt von den Mitgliedern des kanadischen 71 72
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1960 wurde die Kooperation mit dem kanadischen Komitee offiziell bestätigt und das gemeinsame Ziel bekanntgegeben, zunächst zehn sorgfältig ausgewählte Kanadier im kommenden Sommer nach Afrika zu entsenden.75 Tatsächlich erhöhte sich die Anzahl der kanadischen Teilnehmer von 1958 auf 1960 von einem auf elf. In den folgenden zwei Jahren wuchs die Zahl sogar auf 25 an. 1962 nahmen bereits 25 kanadische Studenten, zwei Gruppenleiter und sechs Lehrer teil.76 Die beständig wachsende Zahl der Bewerbungen auf einen Crossroadsplatz wertete die Organisation als Hinweis darauf, dass Crossroads auch an den kanadischen Universitäten bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad genoss. Bewerbungen trafen nun in solch hohen Zahlen ein, dass auf Anfrage der Canadian Crossroads Committee Mitglieder Dr. John C. Sibley, Alan Lane und Reverend Garth W. Legge im Februar 1963 beschlossen wurde, nun jedes Jahr mindestens fünfzig Studenten aus Kanada an Crossroads partizipieren zu lassen. Diese Vereinbarung sah außerdem vor, dass aus Kanada nicht nur christliche Studenten teilnehmen durften, obwohl diese aufgrund der Schirmherrschaft der United Church weiterhin einen großen Teil der Partizipierenden stellen mussten. Von nichtchristlichen Teilnehmern wurde indes erwartet, andere religiöse Überzeugungen zu tolerieren.77 Crossroads 1960
Seit 1958, als Crossroads sein erstes Kontingent nach Afrika entsandt hatte, hatten sich die Beziehungen zwischen den USA und Afrika entscheidend verändert: Der gesamte afrikanische Kontinent „exploded into first place in the attention and minds of the people“, wie Robinson schrieb.78 Dazu hieß es im Bericht der Organisation von 1960: American relationships with Africa have multiplied tenfold in the last decade and almost one hundredfold in the last half-decade; and it is not beyond the realm of reason to say that within the next decade they will multiply many more times. However, notwithstanding the urgency of developing a more creative, practical, strategic and tactical approach,
Crossroadskomitees Dr. Lane und Dr. Sibley eine Erkundungstour in Afrika durch. Aus diesem Trip resultierte eine Zunahme der Unterstützung für das Canadian Committee sowie die Gründung einer kanadischen Wohltätigkeitsorganisation, die sich auf die Zusammenarbeit mit Hospitälern und Schulen spezialisierte. 75 Vgl. Crossroads and Canada, in: Crossroads Communiqué 2.1 (1964). 76 Vgl. Report of Canadian Committee Operation Crossroads Africa, 5, Hugh Smythe Papers 9/31. 77 Vgl. Bericht, Canadian Committee of Operation Crossroads Africa, November 1967, JHR 47/29. 78 Vgl. James H. Robinson, The Future of Crossroads, undatierte Rede, JHR 34/29.
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we have far too few personnel, and neither the organization nor the structure needed to achieve the best relationships.79
Es bestand also auch 1960 durchaus noch Bedarf an Organisationen wie Crossroads, die an der Etablierung positiver Beziehungen mit Afrika mitwirkten. Als Reaktion auf den überwältigenden Erfolg seines Pilotprojekts entwickelte Crossroads einen Drei-Jahres-Plan, der vorsah, dass sich die Organisation im Vergleich zu 1958 vergrößerte. 1960 sollte das Projekt sowohl bezogen auf die Gruppengröße als auch die Anzahl der besuchten Länder doppelt so groß wie 1958 sein. Der geographische Fokus lag weiterhin auf Westafrika, da man hier auf bereits geknüpfte Kontakte und Erfahrungen zurückgreifen konnte. In den darauffolgenden Jahren wollte man sich jedoch jeweils auf Ost- und Zentralafrika konzentrieren und neue Einsatzgebiete erschließen.80 Die Auswahl der Projekte hing dabei sehr von den politischen Gegebenheiten in den afrikanischen Ländern ab. In einigen Fällen verhinderte eine angespannte politische Situation über Jahre hinweg Crossroads-workcamps. 1960 musste die Organisation ihre Pläne für Kamerun auf Eis legen, da das Außenministerium davon abriet, weil die politischen Unruhen für die Crossroader gefährlich werden konnten.81 Auch eine Reise in den Kongo konnte nicht realisiert werden, da man dort ebenfalls Aufstände befürchtete.82 Im Jahr 1960 expandierte Crossroads merklich. Zu den fünf ursprünglichen Zielländern kamen die französischen Kolonien Togo, Dahomey, die Elfenbeinküste, Guinea und der Senegal hinzu. Die Anzahl der Mitarbeiter erhöhte sich von zwölf auf zwanzig. Die Gruppe der Crossroader war 1960 dreimal größer als 1958: Es nahmen nun 183 junge Menschen teil.83 Crossroads wertete diesen Anstieg der Teilnehmerzahl und der Projekte als „so vast an improvement over its predecessor that it can no longer be considered a pilot project“.84 Man kann diese Explosion der Teilnehmerzahlen zum einen auf den DreiJahres-Plan der Organisation zurückführen, der eine Verdopplung der Teilnehmerzahlen angestrebt hatte. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um dieses Phänomen zu erklären. Auch das zunehmende Interesse an Afrika und der Tatendrang der amerikanischen Jugend trugen dazu bei. So berichtete die Yale University 1960 von einem einsetzenden „groundswell of interest“ ihrer Stu-
OCA Report 1960. Vgl. James H. Robinson, Operation Crossroads Africa Plans Three-Year Project, etwa 1960, OCAR 86/15. 81 Vgl. Brief, James H. Robinson an Ray W. Teewissen, 8. März 1960, Smythe Papers. 82 Vgl. New York Times, 30. Mai 1960. 83 Vgl. Brief, James H. Robinson an Charles B. Wilkinson, 7. Mai 1969, JHR 18/20; vgl. auch: Plimpton, Operation Crossroads Africa, 18. 84 OCA Report 1960, 4. 79 80
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denten an Afrika, und dass die Universität deswegen so vielen Studenten wie möglich eine Auslandserfahrung ermöglichen müsse.85 Der Bekanntheitsgrad, den Crossroads 1960 schon erreicht hatte, lässt sich auch an der Liste seiner dreißig Hauptsponsoren ablesen, zu denen der Fernsehsender CBS, die Field Foundation, der Kaplan Fund, die Liberia Mining Company, Pepsi Cola, der Rockefeller Brothers Fund, Texaco International und Persönlichkeiten wie Eleanor Roosevelt zählten.86 Studienobjekt des Massachusetts Institute of Technology
Auf Anfrage von Crossroads wurde 1960 am Center of International Studies (CENIS) des Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Studie durchgeführt, um die Stärken und Schwächen des Programmes zu evaluieren und somit seine kontinuierliche Verbesserung zu gewährleisten. Von den Erkenntnissen dieser Studie profitierten sowohl Crossroads als auch das MIT. Die Organisation konnte ihrerseits den Wert und die Effektivität der von ihr praktizierten people-to-people Methode ermitteln und untersuchen, warum einige Teilnehmer physisch und psychisch an der Unternehmung scheiterten und andere nicht, und so ihren Auswahlprozess optimieren. Dem MIT bot sich auf der anderen Seite die Gelegenheit, anhand eines praktischen Beispiels zu untersuchen, ob der von ihm schon seit Langem geforderte Einsatz von citizen diplomats tatsächlich die erwarteten Resultate erzielte.87 Unter der Leitung von Walt Rostow verfolgte das CENIS das Ziel „[to] undertake no research that does not […] grow out of the necessity to know something in order to do something“.88 Es strebte eine tiefe symbiotische Beziehung zwischen dem akademischen Sektor und der Politik an, und wandte Forschungserkenntnisse aus den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften auf aktuelle politische Probleme von internationaler Relevanz an.89 Besonders arbeitete es in den späten fünfziger und während der sechziger Jahre an Modernisierungs- und Entwicklungstheorien für die Dritte Welt. Bekanntestes Manifest dieser Erkenntnisse ist das von Rostow verfasste Stages of Economic Growth. Wie dieses Buch wurden sämtliche Betrachtungen des CENIS zu EntVgl. Yale Reports, no. 210, 25. Dezember 1960, WSC 40/29; Brief, William Sloane Coffin an James H. Robinson, 30. September 1960, WSC 24/149. Besprochen wird das Interesse von Studenten an Crossroads im Detail in Kapitel 5. 86 Vgl. OCA Report 1960. 87 Vgl. über das Interesse des MIT an people-to-people diplomacy: Hoffman, All You Need is Love, 105. Vgl. auch Hixson, Parting the Curtain, 17. 88 Zit. in Haefele, Walt Rostow’s Stages of Economic Growth, 83. Über das Aufgabenfeld des CENIS siehe Latham, Modernization for Peace, 115; Haefele, Walt Rostow’s Stages of Economic Growth, 83; Gilman, Modernization Theory, 48 f.; Engerman, West Meets East, 199 ff. 89 Vgl. ebd., 199. 85
Studienobjekt des Massachusetts Institute of Technology
wicklungsfragen vor dem Hintergrund des Kalten Krieges verfasst. Der Historiker Nils Gilman zeigte, dass die empfundene Bedrohung „the essential starting point for thinking about development“90 bildete. Besonders nachdem sich der Kalte Krieg mit dem Koreakrieg auf Asien ausgedehnt hatte, erkannten die Amerikaner, dass sie Antikommunismus mit wirtschaftlicher Entwicklung in Verbindung bringen und den Ländern der Dritten Welt mit der amerikanischen Entwicklungsidee eine Alternative zum Kommunismus bieten mussten. Entwicklung wurde aber dabei nicht nur als wirtschaftlicher Fortschritt sondern auch als gesellschaftliche und kulturelle Evolution betrachtet. So wurde auch das auf sozialer Interaktion beruhende Crossroads vom MIT als ein Mittel angesehen, um der Anziehungskraft des Kommunismus etwas entgegenzusetzen und wie Ithiel de Sola Pool an Robinson schrieb, „significant changes of attitudes“91 zu erzeugen – sowohl bei der afrikanischen Zielgruppe als auch unter den Teilnehmern von Crossroads selbst. Der MIT-Soziologe Ithiel de Sola Pool beschrieb Crossroads als ein „good and worthwhile project“.92 Alle Erkenntnisse, die das MIT in den vergangenen Jahren über den Prozess internationaler Kommunikation gewinnen konnte, zeigten ihm zufolge, dass die von Crossroads praktizierte Methode alle Bedingungen für effektiven Kontakt zwischen unterschiedlichen Kulturen erfüllte. Es ermöglichte Menschen, gemeinsam an vereinbarten Zielen zu arbeiten und basierte nicht auf einer hierarchischen Beziehung. Was die Teilnehmer dadurch erlebten, so de Sola Pool weiter, bewirkte eine Veränderung der persönlichen Einstellungen. Besonders hilfreich wäre dies, da es sich bei Crossroadern um Menschen handelte, die innerhalb der nächsten Jahrzehnte zu Führungskräften in ihrem jeweiligen Betätigungsfeld werden konnten. Aber er wies auch darauf hin, dass die dabei entstehenden komplexen interpersonellen Beziehungen unvorhersehbare und unerwartete Resultate erzielen könnten, auf die man vorbereitet sein müsste.93 Solchen negativen Auswirkungen vorzubeugen war ein Anliegen dieser Studie. Crossroads entsprach außerdem den Interessen von Harold Isaacs. Er beschrieb sich selbst als „writer interested in certain aspects of contemporary international politics and especially in the great changes in human relationships coming as a result of major political change in world affairs“.94 Sein besonderes Forschungsinteresse galt dabei der gegenseitigen Wahrnehmung von Afrikanern und Amerikanern und deren Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Afrika und den USA. Crossroads, so schrieb Max Millikan, bot ihm eine besondere Möglichkeit, dies anhand eines praktischen Beispiels in Afrika zu 90 91 92 93 94
Gilman, Modernization Theory, 48. Siehe auch Engerman, West Meets East, 199. Brief, Ithiel de Sola Pool an James H. Robinson, 13. April 1959, Abernethy Papers 27/3. Ebd. Vgl. ebd. Isaacs, Emergent Americans, 17.
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untersuchen.95 Und auch Isaacs betrachtete es als „superb laboratory in which to watch some of this process at close hand“.96 Besonders weckte dabei der Einfluss Afrikas und der neuen politischen Konstellation auf die Identität schwarzer Amerikaner sein Interesse.97 Die Forschungsergebnisse von Isaacs über OCA mündeten in das Buch Emergent Americans, das ein Jahr später erschien. Das Buch basierte auf Erkenntnissen, die Isaacs in Interviews vor, während und nach dem Sommer mit den Teilnehmern an Crossroads gewonnen hatte. So konnte er einen umfassenden Einblick in die von der Reise bewirkte Veränderung der Teilnehmer geben und zeigen, was sie über Afrika wussten und über den Kontinent und seine Bewohner dachten. Außerdem kehrte er im Winter 1960 nach Afrika zurück, um die Veränderungen zu untersuchen, die die Crossroader mit ihrem Aufenthalt ihrerseits in Afrika bewirkt hatten. Für das Auswahlverfahren und die zukünftige Planung und Gestaltung der Projekte erwies sich der von Isaacs verfasste Bericht nach Angaben von Crossroads als äußerst hilfreich. The study has been of invaluable assistance to our board, committees, cooperating institutions, staff and participants. In addition to the factual data, [due to its] study of impacts in cultural exchange, motivations of participants and how well they adjust, it is a fascinating account of the impact of dynamically changing cultures on a group of young Americans and Canadians.98
Weniger begeistert zeigte sich die Organisation aber offenbar über Isaacs Interpretation des Verhältnisses zwischen Afroamerikanern und Afrikanern während des Sommers. Er sprach von einer großen Distanz, die zwischen ihnen bestand, und postulierte: „[T]he pools of prejudice and ignorance that lie between them [African-Americans and Africans] are in some ways even deeper than those that lie between white and non-white.“99 LaVerne Brown, eine langjährige Mitarbeiterin von Robinson, erinnert sich, dass das Buch von der Organisation nicht sehr positiv aufgenommen wurde100 – lag es etwa an Vgl. Brief, Max Millikan an James H. Robinson, 30. September 1959, JHR 47/2. Isaacs, Emergent Americans, 17. Vgl. auch Grubbs, Secular Missionaries, 36. 97 In seinem 1963 erschienenen Buch widmete er sich dieser Frage, und stellte dabei fest, dass die Unabhängigkeitsbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent die Perspektive verändert haben, aus der Afroamerikaner den Kontinent ihrer Vorfahren betrachteten. Über die Parallelen zwischen der Bürgerrechtsbewegung und der Entkolonialisierung in Afrika siehe Isaacs, World Affairs and U. S. Race Relations. Dieser Artikel brachte den Kampf gegen Diskriminierung in den USA mit dem der neuerdings entkolonialisierten Länder in Verbindung und beschrieb Parallelen und Verbindungsglieder zwischen ihnen. 98 OCA Report 1961, 31. 99 Isaacs, Emergent Americans, 86. 100 Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 95 96
Präsenz und Darstellung in den Medien
den oben erwähnten Behauptungen von Isaacs? Diese Schlussfolgerung ist sehr wahrscheinlich, betrachtet man im Folgenden die Kritik der Crossroader und der afroamerikanischen Gemeinde, mit der Isaacs sich in späteren Artikeln konfrontiert sah. In einem Artikel im New Yorker stellte Isaacs 1961 eine ähnliche These auf, die unter afroamerikanischen Journalisten und Intellektuellen den Anstoß zu einer Debatte über dieses Thema gab.101 In dem Essay argumentierte er, dass sich Afroamerikaner und Afrikaner vollkommen fremd wären und ihre Beziehung von unüberbrückbaren Unterschieden geprägt wäre – eine Behauptung, die als Versuch gewertet wurde, von afroamerikanischem Aktivismus in Afrika abzuraten. Die afroamerikanische Zeitung New York Amsterdam News testete die Reaktion der Crossroader auf diesen Artikel, der ihrer Meinung nach einfach formuliert behauptet hatte: „Africans didn’t like American Negroes.“102 Die befragten Crossroader vertraten die entgegengesetzte Meinung und sagten stattdessen, die Afrikaner hätten vielmehr verdeutlichen wollen, dass eine tiefe Bindung zwischen ihnen und Afrika bestehe.103 Auch in der NAACP wurde Isaacs aufgrund solcher Aussagen bald als „[one of] Africa’s enemies“ bezeichnet, „always anxious to embarass us and show that we are not wanted in these areas“.104 Präsenz und Darstellung in den Medien
Der nationale Bekanntheitsgrad von Crossroads erhöhte sich 1960 vor allem durch die Ausstrahlung des einstündigen Beitrags Operation Crossroads Africa: Pilot for the Peace Corps auf dem Fernsehsender CBS. Der Bericht lief als letzte Episode der Sendung CBS Reports, durch die der beliebte Moderator Ed Murrow führte.105 Dass Crossroads das Thema seiner letzten Moderation bei Der besagte Artikel war: Harold Isaacs, A Reporter at Large – Back to Africa, in: New Yorker, 13. Mai 1961, 105–142. Über die sich daraus entwickelnde Debatte siehe Gaines, American Africans in Ghana, 128. 102 Operation Crossroads Africa Reporting, in: New York Amsterdam News, 9. September 1961. 103 Ebd. 104 Brief, Frank E. Pinder an Dr. Davis. 19. April 1963, NAACP 24/01/00459. 105 Edward R. Murrow ist einer der berühmtesten und meistdekorierten amerikanischen Journalisten, bekannt vor allem für seine im Fernsehen vorgetragene Kritik an und Bloßstellung von Senator Joseph McCarthy, die in dem Hollywoodfilm Good Night and Good Luck verewigt wurde. Unter Kennedy wurde Murrow zum Direktor der USIA ernannt, die er bis zu seinem Tod 1964 leitete. Murrow ließ oft die afroamerikanische Perspektive in seine Sendungen einfließen und untersuchte die Lebensumstände von Schwarzen in Amerika und in Afrika. Als Direktor der USIA setzte er sich außerdem dafür ein, Afroamerikaner in leitende Positionen in dieser Behörde zu bringen. Siehe Mac Donald, Black and White TV; Belovari, Murrow at CBS USA, http://dca.lib.tufts.edu/features/murrow/exhibit/cbsusa2.html. Zugriff am 7. Juli 2012. 101
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CBS Reports war, zeigt, wie wichtig ihm die realistische Repräsentation von Afroamerikanern und Afrika im Fernsehen war. Obwohl eine Ermittlung der Zuschauerstatistik für diesen Beitrag nicht möglich ist, kann man davon auszugehen, dass er aufgrund der Popularität sowohl des Moderators als auch der Sendung – und zudem war es ja schließlich noch die letzte von Murrow präsentierte – eine große Anzahl an Zuschauern erreichte.106 Der Bericht folgte einer Crossroadsgruppe von deren Einweisungswoche in Washington zu ihrem Aufenthalt in Afrika und ihrer Arbeit dort. Thematisiert wurden auch die Erlebnisse von schwarzen Teilnehmern sowie die Ressentiments, die weißen Südstaatlern in ihrer Heimat entgegengebracht wurden, als ihr Umfeld von ihrem Vorhaben, gemeinsam mit Afroamerikanern nach Afrika zu reisen, erfuhr. Der Film zeigt, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen schwarzen und weißen Teilnehmern während des Sommers entstand, spricht aber auch durchaus kritisch an, dass besonders weiße Teilnehmer Schwierigkeiten hatten, die neu gewonnene Einstellung zu ihren schwarzen Mitbürgern nach ihrer Rückkehr in den USA umzusetzen.107 Der Film berichtete über die Gruppe um den landesweit bekannten weißen Campuspfarrer von Yale, William Sloane Coffin, die in Guinea eingesetzt wurde. Es war das erste Mal, dass Crossroads ein Programm in Guinea hatte, was insofern erstaunlich war, als dass die offiziellen Beziehungen der USA zu der ehemals französischen Kolonie in dieser Zeit äußerst angespannt waren.108 Mit Coffin hatte Robinson den, seinem Biographen nach zu urteilen, neben King einflussreichsten liberalen Protestanten der sechziger Jahre als Gruppenleiter für Crossroads gewinnen können.109 Da Coffin so prominent war, war die Fokussierung des Films auf ihn zugleich eine wichtige Werbung für Crossroads. Durch Coffin konnte man das weiße Publikum ansprechen ohne die eigenen Ideale verbergen zu müssen, da Coffin ebenso wie Crossroads für Rassendesegregation und Gleichbehandlung eintrat.110 Dass ein weißer Kleriker diese Ideen vor einem landesweiten Publikum aussprach, unterstrich die Anliegen von Crossroads.
Die Sendung wurde auch in Tageszeitungen wie der afroamerikanischen New York Amsterdam News angekündigt. Vgl. TV Program Features ‚Crossroads Africa‘, in: New York Amsterdam News, 18. März 1961, 17. 107 Wie schwarze und weiße Teilnehmer damit tatsächlich umgingen und wie der Film diese Beziehungen darstellte wird in Kapitel 10 untersucht. 108 Der Präsident Guineas, Sekou Touré, öffnete sein Land gegenüber dem Kommunismus. Über die amerikanischen Beziehungen zu Guinea siehe zum Beispiel: Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 36 ff. 109 Vgl. Goldstein, William Sloane Coffin, 320. 110 Außerdem war er Robinson auch im Theologischen sehr nahe und erklärte, dass sein christlicher Glaube ihn zu seinen Ansichten über Rassengleichheit geleitet hätte. Goldstein, William Sloane Coffin, 109. 106
Präsenz und Darstellung in den Medien
Die Dokumentation wirkt sehr einseitig in ihrer Darstellung der auch in den Printmedien verbreiteten Idee, Crossroads erfülle propagandistische Zwecke in Afrika. Eine Stimme aus dem Off beschreibt die gegenwärtige Lage in Guinea äußerst negativ und kritisiert die Nähe des Staatspräsidenten Touré zur Sowjetunion. Es wird ein Scenario der Bedrohung entworfen, dass Tourés Guinea „political importance far out of proportion to its size“ habe und den „frightening implication[s] […] of communist influence and perhaps domination“ in dieser Region entgegengewirkt werden müsse. Crossroads wird eine wichtige Rolle bei der Eindämmung dieser Bedrohung zugewiesen, da die Teilnehmer halfen, Vorurteile über Amerika als falsch zu entlarven: „By their all-American melting pot presence they had given a lie to certain current myths, born in the United States, nourished in Moscow and Beijing and still much alive in Africa.“111 Ein Problem, das sich für die Organisation aus dieser Darstellung ergab, war, dass einige Zuschauer – insbesondere potentielle Teilnehmer – Crossroads deshalb als Handlanger des Außenministeriums betrachteten.112 Diese Darstellung steht jedoch nicht allein, denn auch die Printmedien beleuchteten, wie die folgenden Absätze verdeutlichen werden, insbesondere Crossroads Beitrag zur Imageverbesserung der USA in der Dritten Welt. 1960 begannen Magazine wie TIME, der Economist oder nationale und lokale Tageszeitungen wie die New York Times und Washington Post über Crossroads zu berichten.113 In den Artikeln wurde Crossroads besonders für seinen Beitrag zur Verwirklichung politischer Zielsetzungen und für die Arbeit an einem positiven Image der USA gelobt. Die Washington Post schrieb beispielsweise: „[B]uilding bridges of contact to an emerging continent is surely an invaluable supplement to formal contacts.“114 Die Amerikaner könnten so den Ländern Afrikas versichern, dass sie um die Zukunft der Länder besorgt wären, die gerade ihre Unabhängigkeit erlangten, und mit ihnen fühlten. Darüber hinaus symbolisierte die Zusammensetzung der Gruppen und der Unternehmergeist der Teilnehmer die Vorzüge einer freien Gesellschaft, in der – im Gegensatz zum Leben in einer Diktatur – Bürger die Initiative ergreifen könnten und tun „what government could not or would not do“.115 Auch in seinem Artikel für die Washington Post beschrieb der bekannte Kolumnist Marquis Childs ebendiesen Aspekt und bezeichnete Crossroads als „a fraction of the total foreign aid America sends abroad“.116 Und auch die New York Times CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. MÄRZ 1961. Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. Dabei handelte es sich um Zeitungen, die auch von Mitarbeitern des Außenministeriums gelesen wurden, und somit als bedeutende Informationsquelle für diese fungierten. Medien wie die New York Times, so Schraeder, nehmen daher auch Einfluss auf die Agenda der Außenpolitik. Vgl. Schraeder/Endless, The Media and Africa. 114 The Washington Post, 5. Juni 1960, E4. 115 Ebd. 116 Marquis Childs, The Image Changers, in: The Washington Post, 16. Juni 1960, 2. 111
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verdeutlichte ihren Lesern, dass Crossroads im Interesse des Außenministeriums handelte. Sie zitierte einen Brief des Undersecretary of State für Afrika, in dem er Crossroads als eine der bedeutendsten privaten Initiativen südlich der Sahara bezeichnete. Im Rahmen seiner Möglichkeiten trüge Crossroads dazu bei, Missverständnisse zwischen Amerika und Afrika auszuräumen.117 Diese Fokussierung der Medien auf Crossroads’ Einfluss auf das amerikanische Image in Afrika lässt sich auf die in The Ugly American beschriebenen Probleme der Amerikaner im Kampf mit der Sowjetunion um die „hearts and minds“ der Dritten Welt zurückführen. 1960 hatte das Buch mit seiner These, dass Amerikaner im Ausland äußerst unbeliebt wären, für große Aufregung gesorgt, weshalb in Amerika Nachrichten sehr freudig begrüßt wurden, die bestätigten, dass man durchaus sein Image mit Unternehmungen wie Crossroads im Ausland aufpolieren konnte. Die Darstellung als propagandistisches Mittel verschaffte Crossroads in Amerika die nötige Unterstützung für sein Projekt. Fazit
Operation Crossroads Africa hatte sich innerhalb weniger Jahre von einer vagen Idee über eine mit Skepsis betrachtete Unternehmung zu einer allseits geschätzten und anerkannten Organisation entwickelt. Die Gründung der Organisation hatte zunächst viel Überzeugungskraft gekostet und den Initiatoren große Ausdauer und Durchsetzungsvermögen abverlangt. 1956 stießen Mowshowitz und Robinson mit ihrer Idee auch beim Außenministerium noch auf taube Ohren. In vielen Reden und Veröffentlichungen prophezeite Robinson da jedoch bereits, dass sich dies in naher Zukunft ändern würde. Er wartete nur auf das entscheidende Ereignis, das Afrika endlich von seinem Image als „dark continent“ befreien und in das Zentrum weltweiter Aufmerksamkeit katapultieren würde. 1957 trat ein, was er vorausgesagt hatte: Die erste schwarzafrikanische britische Kolonie erlangte ihre Unabhängigkeit und löste eine Welle von Unabhängigkeitsbestrebungen auf dem afrikanischen Kontinent aus. Afrika wurde plötzlich zu einem Schauplatz des Kalten Krieges. Die USA sahen sich gezwungen, dem kommunistischen Einfluss in dieser Region im Sinne der Eindämmungsstrategie entgegenzuwirken, Beziehungen zu Afrika aufzubauen und es von ihren „gut gemeinten Intentionen“ zu überzeugen. Besonders Afroamerikaner, so erwartete die USIA, würden dabei helfen, die „hearts and minds“ der Schwarzafrikaner zu gewinnen. Da es 1957 nur wenige Organisationen gab, die bei der Verwirklichung dieser Strategie eingesetzt werden konnten, wurde Crossroads jetzt von allen Seiten unterstützt und begeistert aufgenommen. Die 117
The New York Times, 16. Juni 1960.
Fazit
außenpolitischen Interessen Amerikas und die Ziele Robinsons trafen nun zusammen: Eine Kooperation mit dem Außenministerium und der USIA versprach daher beiden Seiten Nutzen. Von diesen Entwicklungen bestärkt konnte Crossroads auch die Anerkennung der amerikanischen Öffentlichkeit gewinnen und einen gewissen nationalen Bekanntheitsgrad erlangen. Unter den Studenten war Robinsons Vorschlag stets begeistert begrüßt worden. Die Kooperation mit den elitärsten und einflussreichsten Universitäten des Landes ermöglichte es Crossroads nun, dauerhaft und landesweit Studenten auf sich aufmerksam zu machen und die Saat für eine vermehrte akademische Beschäftigung mit Afrika zu säen. Umgekehrt erhöhte die Zusammenarbeit mit den Universitäten das Prestige der Organisation. Robinson baute ein Beratungs- und Aufsichtsgremium auf, das ein Netzwerk von bekannten Religionsvertretern, Wirtschaftsunternehmen, Stiftungen, Politikern, Soziologen, Bürgerrechtlern, Entertainern und Journalisten schuf, die in ihren jeweiligen Einflussbereichen auf ein verstärktes Engagement in Afrika drängen und Sponsoren anlocken konnten. Mit Politikern wie Chester Bowles und Harris Wofford gewann er Unterstützer, die später unter Kennedy die Fäden für eine progressivere Afrikapolitik ziehen und sich für eine Beachtung der „vierten Dimension“ amerikanischer Außenpolitik einsetzten: von NGOs praktizierte people-to-people Diplomatie. Alle Mitglieder des Komitees waren darüber hinaus bekennende Befürworter und Kämpfer für ein Ende der Rassendiskriminierung in den USA. Die Arbeit an besseren Beziehungen zu Afrika und der Einsatz für afroamerikanische Bürgerrechte scheinen Ende der fünfziger Jahre aufs Engste miteinander verknüpft gewesen zu sein. An der Zusammenstellung des Komitees zeigt sich aber auch Robinsons Gespür für die erfolgreiche Realisierung seines Projektes: Einflussreiche weiße Mitglieder ließen OCA nicht nur als afroamerikanische sondern als gesamtamerikanische Organisation erscheinen, die sowohl im Interesse der schwarzen als auch der weißen Bevölkerung agierte und beider Unterstützung verdiente. Durch die breite Fächerung des Aufsichtsrates konnte er Vertreter jeder ethnischen und religiösen Gruppe Amerikas hinter seinem Programm versammeln. Wichtigen Einfluss auf den Bekanntheitsgrad der Organisation nahmen in den Anfangsjahren die nationalen Medien. In ihren Artikeln hoben sie hervor, dass Crossroads den Afrikanern den Eindruck eines demokratischen und alle Ethnien tolerierenden Landes vermittelte und damit einen entscheidenden Beitrag zur Imageverbesserung der Vereinigten Staaten in der Dritten Welt leistete. In den Augen der Medien wie auch der Politik wurde die afroamerikanische Organisation also offiziell legitimiert, weil sie Crossroads als eine innovative, unschuldig wirkende Propagandawaffe im Kalten Krieg betrachte-
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ten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des CENIS untermauern diese Auffassung. In Anbetracht der nach 1957 explosionsartig ansteigenden diplomatischen Beachtung Afrikas war Crossroads als afroamerikanisches Pilotprojekt geradezu prädestiniert, als Propagandainstrument verwendet zu werden. Die Notwendigkeit, konform mit außenpolitischen Vorgaben zu handeln, ließ der Organisation keine andere Wahl als sich dieser Rolle zu fügen. Auf der anderen Seite ermöglichte gerade dieser Bedarf an mit Afroamerikanern arbeitenden people-to-people Programmen, dass Crossroads einen größeren Spielraum hatte, um mit seinem gemischt-rassischen Programm zu experimentieren. OCA hatte sich als erfolgreicher „road-breaker“ erwiesen; es hatte die ersten Schritte auf seinem Weg gemeistert und die ersten Hürden überwunden. Es ebnete diesen Weg auch für andere Organisationen und Unternehmungen wie das 1961 gegründete Peace Corps. Welche Rolle Crossroads bei dessen Gründung spielte und wie sich die Rahmenbedingungen für Robinsons Organisation im Zuge der Entstehung des Peace Corps veränderten, wird das Thema des nächsten Kapitels sein.
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The generation which I speak for has seen enough of warmongers. Let our great role in history be that of peacemongers. – John F. Kennedy1 –
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en sechziger Jahren blickte Amerika mit großem Optimismus entgegen: Das neue Jahrzehnt versprach nicht nur Wohlstand und Frieden für einen Großteil der Amerikaner, sondern verhieß auch die Entstehung neuer Technologien und den Ausbau der weltweiten Vormachtstellung der USA. Personifiziert wurde diese Aufbruchstimmung durch John Fitzgerald Kennedy, der im November 1960 zum 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde. Er machte sich den scheinbar unerschütterlichen Zukunftsglauben der Nation zu Eigen, indem er nicht weniger als den Mond und die Dritte Welt zu sinnbildlichen frontiers erklärte – Orte, die nicht nur von strategischer Bedeutung im Kalten Krieg waren, sondern auch neue Abenteuer und Herausforderungen für die Nation verhießen.2 In seinem Wahlkampf hatte er bereits an den Mut, den Fleiß und die Aufopferungsbereitschaft der Bevölkerung appelliert – Eigenschaften, die Amerika ihm zufolge für die Eroberung dieser frontiers benötigte. Mit der Heraufbeschwörung dieser Werte stärkte er das nationale Selbstbewusstsein und läutete einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik ein. Amerika selbst würde den Ausgang des Kalten Krieges bestimmen, postulierte er. Ausgetragen würde dieser, so war er sich sicher, an diesen neuen frontiers: in den Ländern der Dritten Welt und im Wettlauf um den ersten Flug ins Weltall und auf den Mond.3 John F. Kennedy, Speech of Senator John F. Kennedy. Vgl. hierzu Grubbs, Secular Missionaries, 72 f. Eine anschauliche Darstellung über den Optimismus und Tatendrang, die die Gesellschaft der frühen Sechziger charakterisierten findet sich in: Rorabaugh, Kennedy and the Promise of the Sixties. 1 2 3
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Im „Year of Africa“ 1960 zeigte er wie noch kein Präsident vor ihm Interesse an der Entwicklung des diplomatisch bis dahin gänzlich vernachlässigten Kontinents. In seiner Antrittsrede versprach er: „[T]o those peoples in the huts and villages of half the globe struggling to break the bonds of mass misery, we pledge our best efforts to help them help themselves […] not because the Communists may be doing it, not because we seek their votes, but because it is right.“4 Dabei wollte er auch die Grundsätze ändern, auf welche die Hilfe für die Entwicklung der afrikanischen Länder gründete. Anstatt diese von kurzfristigen politischen und militärischen Erwägungen abhängig zu machen, sollten sie künftig auf langfristige wirtschaftliche Stabilität abzielen. Nicht nur mit seiner inspirierenden Rhetorik sondern auch mit seinem jungen Alter läutete Kennedy einen Generationswechsel in Washington ein. Passenderweise verkündete er in seiner Antrittsrede, dass die „torch [of leadership]“ an eine global orientierte Generation übergeben worden sei, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs hinter sich lassen wollte.5 Sie suchte nach neuen Wegen, um ihren Beitrag zu einer gerechteren und toleranteren Welt leisten zu können. Kennedy bestärkte sie darin und forderte sie auf: „Ask not what your country can do for you. Ask what you can do for your country.“6 Mit der Etablierung des Peace Corps bot er ihr schließlich eine Möglichkeit, genau dies zu tun: sich selbst zu verwirklichen, und die von ihm anvisierte Richtungsänderung in der Außenpolitik mitzugestalten. Als Vorläufer des Peace Corps nannte Kennedy selbst Operation Crossroads Africa. Und auch das Peace Corps bekennt auf seiner Homepage: „The Peace Corps was in fact based on a similar organization, Operation Crossroads Africa.“7 Das erkenntnisleitende Interesse dieses Kapitels ist es herauszuarbeiten, inwiefern Crossroads als Vorbild für das Peace Corps diente und welchen Anteil es an dessen Entstehung sowie am Entwurf dessen Programmstruktur hatte. Darüber hinaus gilt es zu erkunden, was sich mit der Entstehung des zahlenmäßig überlegenen Freiwilligendienstes für Operation Crossroads änderte. Wie wirkte sich die Präsenz dieses Programms auf seine eigenen Bewerberzahlen aus? Inwiefern kooperierten die beiden Organisationen miteinander? Und wie konnte Crossroads vom Peace Corps und das Peace Corps von Crossroads profitieren? Bevor diese Fragen erörtert werden können, ist es zunächst erforderlich, Kennedys Afrikapolitik und die Entstehungsgeschichte des Peace Corps kurz zu skizzieren, um später ihre Beziehung zueinander zu beschreiben und das politische und gesellschaftliche Umfeld zu verstehen, in dem Crossroads Anfang der sechziger Jahre agierte. Kennedy, Inaugural Speech. Ebd., 812. Ebd., 813. Peace Corps Online, Who Inspired the Creation of the Peace Corps?, http://peacecorpsonline. org/messages/messages/2629/2027011.html, Zugriff am 7. April, 2012. 4 5 6 7
Kennedys „new frontiers“
Kennedys „new frontiers“
Schon in seiner Antrittsrede deutete Kennedy an, dass er einen politischen Paradigmenwechsel gegenüber dem sich in einer rasanten Entwicklung befindenden Afrika einschlagen werde, indem er die dortigen Unabhängigkeitsbestrebungen unterstützen und Blockneutralität neu entstehender Staaten tolerieren werde. Er forderte eine intensivere Beachtung des Kontinents auf diplomatischer Ebene durch die Nationalismusbewegungen in Afrika auf der einen, und die gleichzeitig beschleunigte Bürgerrechtsbewegung in den USA auf der anderen Seite.8 Als Resultat ihrer erfolgreichen Autonomiebewegungen wurde jetzt die ganze Welt durch das Sprachrohr der Vereinten Nationen (UNO) auf die Stimmen von Afrikanern aufmerksam – und besonders Afroamerikaner vernahmen diese mit Stolz und schöpften daraus Mut für ihren eigenen Kampf für Gleichberechtigung.Als mehrere afrikanische Kolonien nacheinander ihre Unabhängigkeit feierten, wurde der Kalte Krieg zunehmend heißer. 1960 schoss die Sowjetunion ein amerikanisches U2-Spionageflugzeug in ihrem Luftraum ab. Ein Jahr später scheiterte Kennedy mit der Invasion Kubas und dem damit intendierten Sturz Fidel Castros. Und 1962 schlitterte die Welt während der Kubakrise nur knapp an einem atomaren Krieg vorbei.9 In dieser sich zuspitzenden Auseinandersetzung mit der Sowjetunion stellte der Zerfall der europäischen Kolonialreiche die USA vor neue Herausforderungen. Es galt nun zu verhindern, dass die nicht mehr fremdbestimmten Gebiete dem Kommunismus verfielen, da instabile Regime und verarmte Bevölkerungen nach Ansicht der Befehlshaber in Washington eine vermeintliche Angriffsfläche für die kommunistische Ideologie boten. Historiker beurteilen Kennedys Interesse an den afrikanischen Unabhängigkeitsbestrebungen als im Widerspruch zu seiner erbarmungslosen Eindämmungspolitik stehend und beklagten, dass er seiner Rhetorik von Selbstbestimmung und Freiheit im Umgang mit Afrika nie gerecht wurde.10 Dieser Widerspruch ist jedoch tatsächlich gar keiner. Denn auch Kennedys Unterstützung der afrikanischen Nationalismusbewegungen war letztendlich das Resultat seiner Prägung durch den Kalten Kriegs und seinem Verständnis von globaler Kriegsführung und somit ein bedeutender Teil der Eindämmungsstrategie. Kennedy war, wie Arthur Schlesinger über ihn schrieb, ein „son of the Cold War“, dessen Idealismus untrennbar mit seinem entschiedenen AntikomSiehe hierzu Noer, New Frontiers and Old Priorities, 254. Nur ein Jahr nach diesen Vorkommnissen fuhr Kennedy einen Versöhnungskurs mit der Sowjetunion und schlug einen Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearwaffentests vor. Eine detaillierte Darstellung dessen bietet: Seaborg, Kennedy, Khrushchev, and the Test Ban. 10 Diese Argumentationslinie vertreten: Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 142; Woods, Beyond Vietnam, 330–370; Dickson, U. S. Foreign Policy Toward Southern and Central Africa, 305. Historiker sehen eine Mischung aus Pragmatismus und Idealismus auch in Kennedys Vietnampolitik: Borstdorff/Goldzwig, Idealism and Pragmatism. 8 9
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munismus verbunden war.11 In dieser Erkenntnis liegt auch der Schlüssel zum Verstehen seiner Afrikapolitik. Kennedy hatte erkannt, dass sich der Schauplatz des Kalten Krieges von Europa in die Dritte Welt verschoben hatte, und deren Abdriften in den Kommunismus mit allen Mitteln verhindert werden musste. Afrika war für ihn nicht aus wirtschaftlicher Sicht wichtig. Vielmehr betrachtete er es als „battleground for international prestige“.12 Dieses Prestige konnten die USA nur erlangen, wenn sie die Afrikaner bei ihrem Kampf für Unabhängigkeit unterstützten, Freiheit und Demokratie nicht nur predigten sondern auch praktizierten, und sich als tolerante und freiheitliche Alternative zum Sowjetkommunismus darboten.13 Der tatsächliche Konflikt in Kennedys Denken bestand nicht zwischen der Durchsetzung der Eindämmungsstrategie und der Befürwortung afrikanischer Nationalismusbewegungen, sondern zwischen seinem Bedürfnis, Afrika mehr diplomatische Aufmerksamkeit zu widmen und gleichzeitig die enge Kooperation mit den europäischen Verbündeten aufrechtzuerhalten.14 Wie der amerikanische Historiker Thomas Noer zeigt, nahm Kennedy eine vermittelnde Rolle zwischen den „Africanists“ und „Europeanists“ in seiner Regierung ein.15 Auf der einen Seite stimmte er den „Africanists“ wie dem Undersecretary of State für Afrika, Mennen Williams, dem Undersecretary of State Chester Bowles und dem UN-Botschafter Adlai Stevenson zu, dass die USA dem Kontinent eine größere außenpolitische Priorität zugestehen sollten. Er teilte jedoch nicht deren Meinung, dass Washington deswegen seine Beziehung zu Europa aufs Spiel setzen sollte. Doch ging er wiederum auch nicht so weit wie die „Europeanists“ in seiner Regierung, die argumentierten, dass die Verteidigung der Interessen Europas aus außenpolitischer Sicht an erster Stelle stünde. Seiner Ansicht nach bedurfte Afrika zwar verstärkter amerikanischer Einmischung, war aus strategischer Sicht aber nicht so wichtig, um einen Bruch mit den europäischen Verbündeten zu riskieren. Dieser persönliche Zwiespalt in Kennedys Denken zeigte sich in der praktischen Umsetzung seiner Afrikapolitik, in der er auf der einen Seite sehr progressiv agierte, anfänglich geweckte Erwartungen aber nicht befriedigen konnte.16 Afrikanische Staatsoberhäupter werteten Kennedys Wahl zum PräsidenArthur Schlesinger zit. in Rice, The Bold Experiment, 26. Noer, New Frontiers and Old Priorities, 258. Noer zeigt, dass Amerika lediglich vier Prozent seiner Importe aus Afrika bezog und 3,5 Prozent seiner Exporte nach Afrika gingen. Unter den afrikanischen Staaten war nur Südafrika aus wirtschaftlicher Sicht für die USA bedeutend, da es mit Gold, Platin und anderen Mineralien handelte. Siehe auch Duignan/Gann, The United States and Africa, 301. 13 Vgl. Amin, The Peace Corps in Cameroon, 4. 14 Vgl. Noer, New Frontiers and Old Priorities, 259. 15 Vgl. ebd. 16 Historiographische Informationen über Kennedys Afrikapolitik finden sich, allerdings wenig ausführlich, in: Woods, Beyond Vietnam, 330–370; Roche, Relations With Africa Since 1900. 11
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Kennedys „new frontiers“
ten zunächst als vielversprechendes Zeichen, dass Amerika künftig größeren Anteil an den Problemen des Kontinents nehmen würde. Schon im Senat war Kennedy schließlich als Vorsitzender des Ausschusses für afrikanische Angelegenheiten und als Mitglied des Ausschusses für Lateinamerika ein Fürsprecher der Autonomiebestrebungen in den Ländern der Dritten Welt gewesen und hatte sich gegen die imperialistische Politik der Sowjetunion und der westlichen Mächte ausgesprochen. In der wohl umstrittensten Rede der fünfziger Jahre hatte er sich für die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich eingesetzt. „Call it nationalism, call it anti-colonialism, call it what you will“, hatte er im Senat verkündet, „the word is out and spreading like wildfire in nearly a thousand languages and dialects – that it is no longer necessary to remain forever in bondage.“17 Über seinen Einsatz für das Selbstbestimmungsrecht der afrikanischen Völker hinaus hatte er außerdem persönlich die Reisen von afrikanischen Studenten in die Vereinigten Staaten finanziert. So sponserte er den sogenannten „Kenya-Airlift“, der auch den Vater eines späteren Präsidenten in die USA beförderte. Sein Name: Barack Hussein Obama.18 Als Präsident setzte er dieses Engagement in geschmälertem Ausmaß fort, denn von nun an musste er seinen Einsatz für das sich aus dem Kolonialismus befreiende Afrika mit seinen Bündnispflichten gegenüber Europa abstimmen. Auf der einen Seite ernannte er so zum Wohlwollen der Afrikaner den ultra-liberalen Mennen Williams zum Undersecretary of State für Afrika und empfing afrikanische Diplomaten im Weißen Haus. Neben diesen konkreten Anzeichen eines gesteigerten Interesses an Afrika bekräftigte er den Willen der USA, das Selbstbestimmungsrecht der Afrikaner zu unterstützen, und sagte ihnen wirtschaftliche Hilfeleistungen zu. Dies äußerte sich vor allem in rhetorischen Bekundungen. Als er beispielsweise auf einer Pressekonferenz auf die Aussage von Mennen Williams – „Africa is for the Africans“ – angesprochen wurde, antwortete er: „I don’t know who else it would be for“ und vermittelte dem afrikanischen Kontinent somit, dass er in ihm einen wichtigen Fürsprecher gefunden hatte.19 Wirtschaftlich unterstützte er Afrika, indem er die Sechziger zur „decade of development“ proklamierte, dem Zeitalter, wie er sagte, in dem viele unterentwickelte Nationen ihre Wirtschaftskraft so sehr steigern würden,
Die umfangreichste und bis heute vollständigste Studie über Kennedys Afrikapolitik ist: Mahoney, JFK. Ordeal in Africa. Ein exzellentes und alle Faktoren sorgsam gegenüberstellendes Essay über die Kennedy-Regierung und Afrika ist: Noer, New Frontiers und New Priorities. 17 John F. Kennedy, zit. in Rice, The Bold Experiment, 23. 18 Der Transport kenianischer Studenten in die USA war von Tom Mboya initiiert und aus Geldern der Kennedy-Stiftung finanziert worden. Siehe Kramer, Is the World Our Campus, 798 f.; Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 31–33; The Facts on Grants to African Students Airlift: Summary, NAACP Papers, Part 24: Special Subjects, 1956–1965, Series A: Africa-Films, 01, 00179–83. Obama Senior an Bord eines der Flugzeuge vgl. Shachtman, Airlift to America. 19 Zit. in Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 144.
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bis sie sich selbst versorgen könnten.20 Stark beeinflusst von Vertretern von Forschungsabteilungen und Stiftungen, betrachtete er die Entwicklung der Länder der Dritten Welt als linearen Prozess, der diese direkt ins 20. Jahrhundert katapultieren würde. Wie Michael Latham zeigt, war aber auch diese Forcierung der Modernisierung der Entwicklungsländer im Antikommunismus der USA begründet und zielte letztendlich darauf ab, den Entwicklungsprozess in diesen Gebieten im eigenen Interesse zu lenken.21 In den USA nahm das Erwachen der afrikanischen Staaten aus Fremdbestimmung und Unterdrückung in den Sechzigern auch zunehmend eine innenpolitische Dimension an. Zum einen geschah dies, weil Afrikaner die amerikanische Rassenpolitik als Indikator für die Einstellung der USA gegenüber schwarzen Menschen im Allgemeinen werteten. Da die Unterdrückung schwarzer Mitbürger zunehmend negative Presse generierte, fügte es den USA deshalb einen schweren Imageschaden in Afrika und Asien zu. Zum anderen beflügelte die Loslösung der Afrikaner von ihren ehemaligen Kolonialherren die schwarzen Amerikaner, ihren Forderungen nach Gleichberechtigung Nachdruck zu verleihen und die USA aufzufordern, sich auch im eigenen Land zu ihren außenpolitisch gepredigten Losungen zu bekennen. Da Amerika offiziell die ehemaligen Kolonien unterstützte – wenn auch vorrangig nur, um sie nicht an den Kommunismus zu verlieren – verlangte diese Politik folglich auch nach einer neuen Auseinandersetzung mit dem Rassenproblem im eigenen Land. 1960 wurde demnach nicht nur zum „Jahr Afrikas“. Es entwickelte sich synchron zum Jahr der gesteigerten Erwartungen und politischen Unruhen von Afroamerikanern in den USA. Die Bürgerrechtsbewegung intensivierte ihre Bemühungen und versuchte durch die in Greensboro begonnenen Sit-ins und die zunehmende Anwendung gewaltlosen zivilen Ungehorsams nicht nur öffentlich gegen Rassendiskriminierung zu demonstrieren, sondern auch die internationalen Medien auf die Situation der schwarzen Amerikaner
Vgl. John F. Kennedy, Special Message. Vgl. Latham, Modernization as Ideology. Als widersprüchlich gilt einigen Historikern Kennedys Afrikapolitik vor allem, weil er, während er Selbstbestimmung für Afrika forderte, auch Waffen an Portugal lieferte, das seine kolonialen Gebiete in Afrika, Angola und Mosambik, gewaltsam unterdrückte. Die Rückendeckung, die seine Regierung der weißen Minderheitsregierung in Südafrika aufgrund des Primats wirtschaftlicher Überlegungen bot, ließen ihre Beteuerungen von Demokratie und Freiheit unglaubwürdig erscheinen. Thomas Borstelmann zeigt außerdem, dass das Interesse der amerikanischen Regierung unter Kennedy an einer Intensivierung positiver Beziehungen mit Afrika zu keinem Zeitpunkt den Grad der politischen, strategischen und ökonomischen Verpflichtungen gegenüber anderen Verbündeten erreichte, und Afrika aus diplomatischer Sicht von allen Kontinenten immer noch die geringste Priorität zugestanden wurde. Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 145. Über Kennedys Politik gegenüber den portuguiesischen Kolonien siehe Nwaubani/Nwaubani, Liquidation of European Colonial Rule; Dickson, U. S. Foreign Policy Toward Southern and Central Africa, 305; Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 149–152. 20 21
Kennedys „new frontiers“
aufmerksam zu machen.22 In den kommenden Jahren konzentrierten sich die Aktivisten vor allem darauf, durch die Zusammenarbeit mit der Politik Veränderungen zu erreichen und mithilfe friedlicher Proteste das uneingeschränkte Wahlrecht für alle Afroamerikaner zu erlangen. Höhepunkt dieser Bemühungen war der „March on Washington“ am 28. August 1963, die bis dahin größte friedliche Protestveranstaltung in den USA. So wie Kennedys Afrikapolitik war auch sein Einsatz für afroamerikanische Bürgerrechte von seinem Denken in den Kategorien des Kalten Kriegs motiviert und schien dabei auf den ersten Blick von einer gewissen Ambivalenz geprägt zu sein. Sie bestand jedoch nicht in seinem versöhnlichen Kurs zwischen „Africanists“ und „Europeanists“ seiner Regierung sondern in seiner Schlichterrolle zwischen den Südstaaten- und Nordstaatendemokraten seiner Partei. Wie Wegbegleiter bezeugen, hatten Bürgerrechte an sich für Kennedy keine große Priorität. Sein Hauptaugenmerk galt vielmehr der Außenpolitik und den Beziehungen mit der Sowjetunion.23 Demnach begründete er seine innenpolitischen Maßnahmen auch mit deren Notwendigkeit vor dem Hintergrund der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Kommunismus. Er war sich bewusst, dass Afrikaner dem amerikanischen Rassenproblem besondere Aufmerksamkeit zollten, und war deswegen darum besorgt, wie sich die einheimische Rassendiskriminierung auf die Außenpolitik und die nationale Sicherheit auswirkte. Daher musste er Fortschritte in den amerikanischen Rassenbeziehungen vorweisen, zugleich aber Rücksicht auf die Südstaatendemokraten nehmen, die einer progressiven Rassenpolitik noch immer ablehnend gegenüberstanden. Dieser Balanceakt gelang ihm, indem er im Wahlkampf die Sympathie der schwarzen Amerikaner durch Verweis auf seinen bisherigen Einsatz für afrikanische Unabhängigkeit im Senat erlangte. Somit konnte er um ihre Stimmen werben, ohne dabei die weißen Südstaatler vor den Kopf zu stoßen.24 Sein Anruf bei Coretta Scott King, um ihr seine Betroffenheit über die Inhaftierung ihres Gatten auszusprechen, war in den Augen von Historikern außerdem eine wahlentscheidende Aktion, die Afroamerikaner endgültig davon überzeugte, dass Kennedy die bessere Alternative im Wettstreit um die Präsidentschaft war.25 Als Präsident konnte er allerdings ebenso wie in der Afrikapolitik die Siehe über die Intensivierung der Bürgerrechtsbewegung durch die Entkolonialisierung Afrikas: Plummer, Rising Wind, 283–304; Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 181–188; Tillery, Between Homeland and Motherland, 102–125. 23 Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 378; Schulzinger, U. S. Diplomacy Since 1900, 251; Woods, Beyond Vietnam, 330. 24 Vgl. Dudziak, Cold War Civil Rights, 155; Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 30. 25 Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 28; Stossel, Sarge, 155–169; Morgan, Rights, Power and Equality, 229. Ausführlich beschreibt Harris Wofford das Telefonat: Harris Wofford, Recorded Interview by Berl Bernhard, 29. November 1965, John F. Kennedy Library Oral His22
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von Afroamerikanern in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen: Um die Unterstützung der Südstaatlern in seiner Partei nicht zu verlieren, arbeitete er gegen den Erlass von Bürgerrechtsgesetzen und berief Rassentrennung befürwortende Richter in den obersten Gerichtshof ein.26 Afroamerikanische Aktivisten beriefen sich nach wie vor auf die ihnen in einem demokratischen Staat zustehenden Rechte, verliehen ihren Forderungen nun aber mehr Nachdruck. James Robinsons Rede auf der Abschlussfeier der Dartmouth University im Jahr 1963 illustriert die Forderungen von schwarzen Amerikanern, die sich aus den außenpolitischen Veränderungen der damaligen Zeit ergaben. Der Zustand amerikanischer Rassenbeziehungen, mahnte Robinson, untergrübe die Autorität der USA in der ganzen Welt, gäbe Amerika der Lächerlichkeit preis und verunsicherte diejenigen, die sich noch nicht sicher wären, auf welcher Seite sie in der ideologischen Auseinandersetzung der zwei Supermächte stünden.27 Von den Autonomiebewegungen auf dem Kontinent seiner Vorfahren inspiriert, warnte er, dass Amerika in der Auseinandersetzung mit der Rassenfrage hinterherhinkte und sich in einigen Punkten sogar zurückentwickelt hätte. „We have little cause to rejoice over our rate of progress“, sagte er, „when nearly fifty nations became independent within a decade.“28 Zwar lobte er die Kennedy-Administration für ihre fortschrittliche Afrikapolitik, forderte dieselbe Entschlossenheit aber auch in der heimischen Rassenpolitik. Kennedy, Shriver und Außenminister Dean Rusk, verlautbarte er, hätten bereits erkannt, „that we stand at the crossroads of an urgent decision for action which can lead to greater national glories or to the most devastating effect upon our world relationships outside this country than within the nation“.29 Die Ausschreitungen in Birmingham und Jackson wären aber nur ein Vorspiel dessen, was passieren würde, wenn sie ihren Worten keine Taten folgen ließen. Hoffnungsträger für eine Überwindung des Rassenproblems war für Robinson die zunehmend um die internationale Politik besorgte amerikanische Jugend, „the present generation of high school and college students who have set themselves on a course to follow the winds of change which are blowing all over the world“.30 Diesen Idealisten, so Robinson, könnte es gelingen, sich weltweit erfolgreich für die Rechte von Menschen jeglicher Hautfarbe und Gesinnung einzusetzen – eine Hoffnung, die auch Kennedy teilte. Mit seiner Proklamation eines Friedenscorps für diese Generation konnte er nicht nur deren tory Program, 13–21, http://www.jfklibrary.org/Asset-Viewer/Archives/JFKOH-HLW-01.aspx, Zugriff am 18. Januar 2012. 26 Vgl. Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 20–23; Dudziak, Cold War Civil Rights, 153–156. 27 Ebd., 154; Robinson, The Second Emancipation. 28 Ebd., 610. 29 Ebd. 30 Ebd., 612.
Die Entstehung des Peace Corps
Sympathien gewinnen, sondern auch das Bekenntnis der USA zu Menschenrechten und afrikanischer Entwicklung unterstreichen.31 Die Entstehung des Peace Corps
Wie Harris Wofford bemerkte, basierte das Peace Corps auf einer Idee, die schon „seit längerem in der Luft gelegen hatte“.32 Denn bevor Kennedy die amerikanische Jugend mit seinen Plänen für die Schaffung eines Friedenscorps begeisterte, hatten sich schon andere für die Gründung eines staatlichen Freiwilligendienstes eingesetzt. Bereits 1960 legte der Vertreter im Repräsentantenhaus für Wisconsin, Henry Reuss, einen Gesetzesentwurf im Kongress vor, wonach die Realisierbarkeit für ein Freiwilligencorps untersucht werden sollte. Seit seiner Rückkehr von einer Reise durch Südostasien im Jahre 1957 hatte er sich sehr besorgt um das Image der USA in dieser Region gezeigt und ein Freiwilligencorps als Möglichkeit betrachtet, um das Ansehen der USA zu rehabilitieren, das durch deren Zurückhaltung bei den asiatischen Unabhängigkeitsbewegungen erheblichen Schaden genommen hatte. Gleichzeitig könnte Amerika, wie er versprach, den postkolonialen Staaten somit sein Wohlwollen demonstrieren.33 Er fragte daher: „[W]ould we not be farther along if we relied more heavily on a group of some thousands of young Americans willing to help with an irrigation project, digging a village well, or getting up a rural school?“34 Im August 1960 ergänzte der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses den Mutual Security Act auf Initiative von Henry Reuss um einen Nachtrag, der Geld für die Studie für einen „Point Four Youth Corps“ genehmigte.35 Die Colorado State University wurde mit der Aufgabe betraut, die Realisierbarkeit eines Freiwilligencorps zu testen. Unter der Führung von Maurice Albertson, dem Direktor der Colorado State Research Foundation, reisten Wissenschaftler nach Südamerika, Asien und Afrika, um sich die Arbeit von Freiwilligenorganisationen vor Ort anzusehen, zu evaluieren, ob die Voraussetzungen für ein Freiwilligencorps gegeben wären, und die Reaktionen zu testen, die die Idee eines von der amerikanischen Regierung in Auftrag gegebenes Peace Corps in der Dritten Welt hervorrufen würde. Ihren Vgl. über die Aufgabe des Friedenscorps, Afrikaner davon zu überzeugen, dass die USA keine rassistische Nation waren, s. Cobbs Hoffman, All You Need is Love. 32 Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 245. 33 Vgl. Latham, Modernization as Ideology, 10. 34 Zit. in Hoopes, The Complete Peace Corps Guide, 21. 35 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 11. Das unter Truman verabschiedete Point 4 war ein technisches Hilfsprogramm für Entwicklungsländer „[to] destroy the seeds of communism by eliminating hunger, poverty [and] economic chaos.“ Amin, The Peace Corps in Cameroon, 9. 31
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Bericht veröffentlichte die Forschergruppe ein Jahr später, und legte damit eines der Fundamente für die Umsetzung des Peace Corps.36 Seit den späten fünfziger Jahren hatte sich auch der Senator aus Minnesota und Mitglied des geachteten Senate Foreign Relations Committee, Hubert Humphrey, für die Schaffung eines staatlichen Freiwilligenprogramms ausgesprochen. Dabei sah er sich mit denselben Problemen konfrontiert, die auch Robinsons Arbeit anfänglich erschwert hatten: Während sein Vorschlag wärmstens von Studenten begrüßt wurde, stieß er auf keinerlei Interesse im Außenministerium oder im Senat. Die meisten Senatoren beurteilten es als „silly and unworkable idea“.37 Nichtsdestotrotz beauftragte Humphrey seinen Stab, weitere Nachforschungen diesbezüglich anzustellen, und gelangte aufgrund der dadurch erbrachten Ergebnisse zu der Schlussfolgerung, dass sein Vorschlag auf breites öffentliches Interesse stieß. Wäre er davon nicht überzeugt gewesen, hätte er ihn wohl nicht in seine Wahlkampagne für die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei einfließen lassen. Im Juni 1960 legte er schließlich auch einen Gesetzesentwurf für ein „American Peace Corps“ vor, „to send young men to assist the peoples of the underdeveloped areas of the world to combat poverty, disease, illiteracy and hunger“.38 Im Gegensatz zu Reuss forderte er die sofortige Etablierung eines solchen Corps, ohne erst die Ergebnisse einer Studie abzuwarten.39 Wegen Zeitmangels konnte der Gesetzesentwurf jedoch nicht mehr diskutiert und verabschiedet werden. Dennoch hatte er weite Beachtung gefunden und die Leidenschaft vieler Amerikaner entfacht. Nach Humphreys Rückzug aus dem Präsidentschaftswahlkampf im Juni 1960 übergab er all seine über das Peace Corps zusammengetragenen Materialien an seinen Parteigenossen Kennedy. Dieser war nach Angaben seines Beraters Harris Wofford bereits mit Humphreys Ideen vertraut und besprach sie eingehend mit dem Senator sowie mit Chester Bowles.40 Der junge Präsidentschaftskandidat war von der Idee eines Peace Corps begeistert, schließlich harmonierte es mit seinen Visionen für eine gesteigerte Beachtung der Dritten Welt. Er beauftragte Henry Reuss, Samuel Hayes von der University of Michigan und das MIT – alle Verfechter des Peace Corps der ersten Stunde – Grundsatzreferate über ein staatliches Freiwilligencorps vorzubereiten. Damit wollte er sich vor allem versichern, dass Freiwillige als respektable Repräsentanten der USA fungieren, und den Gemeinden, in denen sie arbeiteten, Vgl. Brief, Maurice L. Albertson an James H. Robinson, 29. November 1960, JHR 2/20. Veröffentlicht wurde die Studie unter dem Titel: Albertson/Rica/Birky, New Frontiers for American Youth. 37 Rice, The Bold Experiment, 11. 38 Zit. in ebd. 39 Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 246. 40 Vgl. ebd.; vgl. auch Latham, Modernization as Ideology, 117. 36
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von wirklichem Nutzen wären.41 Ansporn dazu war für ihn wohl auch die öffentliche Unterstützung, die das Peace Corps von Chester Bowles, William O. Douglas und Walt Rostow vom MIT erhielt – Personen, die durch ihre Zusammenarbeit mit Crossroads Africa bereits die Vorteile erlebt hatten, die sich aus solch einem Freiwilligenprogramm sowohl für das Ansehen der USA im Ausland als auch für die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmer ergeben konnten.42 In einer spontanen Rede an der University of Michigan in der Nacht vom vierten Oktober 1960 deutete Kennedy erstmals öffentlich die Idee an, einen amerikanischen Freiwilligendienst ins Leben zu rufen. Damit befand er sich auf einer Wellenlänge mit den ihm zujubelnden Studenten, als er sie aufforderte, einen persönlichen Beitrag zur Entwicklung des Planeten zu leisten.43 Er fragte die Studenten mit denen in der Literatur zum Peace Corps schon obligatorisch zitierten Worten: „How many of you are willing to spend ten years in Africa or Latin America or Asia working for the United States and working for freedom? How many of you who are going to be doctors are willing to spend your days in Ghana?“ Von ihrer Bereitschaft, einen Teil ihres Lebens in den Dienst der Nation zu stellen, so Kennedy weiter, hinge ab, ob Amerika als freie Gesellschaft noch wettbewerbsfähig sei. „I think Americans are willing to contribute“, sagte er zuversichtlich, fügte aber hinzu, „but the effort must be far greater than we have made in the past.“44 Die landesweite Presse zollte dieser Rede keine Aufmerksamkeit. Begeisterte Studenten in Michigan sorgten jedoch dafür, dass die Idee weiter verfolgt wurde, und gründeten die Organisation Americans Committed to World Responsibility, die von nun an regelmäßig Seminare abhielt, um die Idee zu besprechen, und außerdem eine Petition an Kennedy verfasste, die ihn aufforderte „seinen“ Vorschlag zu realisieren.45 Am zweiten November 1960, wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl, hielt Kennedy eine Rede im Cow Palace in San Francisco, in der er nun explizit die Schaffung eines Peace Corps vorschlug – ein Schritt, den einige Historiker für das Zünglein an der Wage halten, das Kennedy schließlich den knappen Sieg über seinen Kontrahenten Richard Nixon bescherte.46 Die Rede verdeutlicht, dass Kennedy das Peace Corps vorwiegend als Teil einer neuen Strategie gegen den Kommunismus betrachtete, die das Image der USA in der Dritten Welt aufbessern und somit auch den Weg für Staatspolitik ebnen könnte. Die Kommunisten, so sagte er, hätten die Vorteile längst erkannt, die sich aus der Arbeit ihrer jungen Bevölkerung im Ausland ergaben. Die USA hingegen 41 42 43 44 45 46
Vgl. Rice, The Bold Experiment, 32. Vgl. ebd., 12. Vgl. ebd., 20. Zit. in Schwarz, What You Can Do for Your Country, 27 f. Vgl. Meisler, When the World Calls, 7; Rice, The Bold Experiment, 20. Vgl. Meisler, When the World Calls, 10; Rice, The Bold Experiment, 16.
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könnten bestenfalls einen mittelmäßigen Auswärtigen Dienst vorweisen. Manifest dessen war die fiktive Darstellung dieser Missstände in The Ugly American – ein Zustand, den es zu ändern galt.47 Nach seiner Wahl zum Präsidenten beauftragte Kennedy seinen Schwager Sargent Shriver mit der Gründung eines Peace Corps. War die Idee von Reuss und Humphrey ersonnen und von Kennedy populär gemacht worden, ist Sargent Shriver letztendlich die tatsächliche Umsetzung und der Erfolg des Peace Corps zu verdanken. Shriver stellte zunächst eine Taskforce für die Formulierung einer Programmstruktur zusammen, der Franklin Williams, ein Anwalt der NAACP, der stellvertretende Direktor der International Cooperation Administration (ICA), Warren Wiggins, und auch Harris Wofford angehörten. Als Anregung für die Strukturierung des Peace Corps erhielten sie mehrere hundert Berichte, die zwar alle ein Friedenscorps befürworteten, aber unterschiedliche und oft widersprüchliche Ratschläge für seine Umsetzung bereithielten. Unter anderem arbeiteten sie auch mit den von Kennedy in Auftrag gegebenen Berichten vom MIT sowie dem der Colorado State Research Foundation, dessen vorläufige Version ihnen vorlag.48 Kennedy soll seinen Schwager dabei gedrängt haben, den Vorschlägen zu folgen, die Max Millikan vom MIT verfasst hatte.49 Millikan hatte ein Pilotprojekt für wenige Hunderte Freiwillige vorgeschlagen, das unter dem unscheinbaren Namen „International Youth Service Agency“ operieren und in den außenpolitischen Apparat integriert, also vom Außenministerium gelenkt, sein sollte. Dieses Modell war ganz im Sinne Kennedys, für den das Peace Corps in gewisser Weise schließlich auch ein politisches Risiko darstellte.50 Denn wäre das von politischen Gegnern spöttisch getaufte „kiddie corps“ nicht erfolgreich, könnte sich dies negativ auf seine Umfragewerte auswirken und seine Autorität im In- und Ausland untergraben.51 Für Shrivers Geschmack war dieser Ansatz allerdings viel zu vorsichtig und zaghaft.52 Die Idee eines kleinen Peace Corps war „contrary to every bone in [his] body and every cell in his brain“.53 Gerade diese Zaghaftigkeit, so dachte Shriver, hatte den USA den schlechten Ruf im Ausland eingebracht.54 Shriver befürwortete vielmehr die Ideen, die Warren Vgl. John F. Kennedy, Speech of Senator John F. Kennedy. Vgl. May, Passing the Torch and Lighting Fires, 256. 49 Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 251. 50 Vgl. ebd.; Duignan/Gann, The United States and Africa, 32–35. 51 Zitat „kiddie corps“: Cobbs Hoffman, Decolonization, 89. Nixon bezeichnete das Peace Corps als „haven for draft dodgers“. Zit. in Meisler, When the World Calls, 9. Wie andere Gegner fürchtete auch er, dass wehrpflichtige Männer dem Corps beitreten würden, um ihre Wehrpflicht nicht leisten zu müssen. Mit dem vorsichtigen Report Millikans hätte Kennedy diese Kritiker verstummen lassen können. Vgl. Rice, The Bold Experiment, 35. 52 Wofford, Of Kennedys and Kings, 251. 53 Ebd., 252. 54 Vgl. ebd. 47 48
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Wiggins und William Josephson in ihrem Positionspapier „A Towering Task“ hervorbrachten. Nicht nur den Titel fand er vielversprechend und richtungsweisend, sondern auch den Inhalt, der riet das Peace Corps möglichst schnell zu etablieren und möglichst viele Projekte zu erstellen, um maximale mediale Aufmerksamkeit zu generieren.55 Shriver setzte sich letztendlich durch: Innerhalb von nur zwei Jahren entwickelte sich das Peace Corps und hatte 1961 bereits 4.300 Freiwillige im Einsatz, von denen allein 1.148 in Afrika arbeiteten, die Mehrzahl davon als Lehrer.56 Shriver wurde auf Order von Kennedy außerdem mit der offiziellen Gründung des Peace Corps im März 1961 zum ersten Direktor der Behörde ernannt. Shriver, der sich zeitlebens für das Ende der amerikanischen Rassendiskriminierung eingesetzt hatte und deshalb von den Kennedys halb scherzhaft mit dem Spitznamen „House Communist“ geneckt wurde, etablierte Rassengleichheit als eines der Grundprinzipien des Peace Corps.57 In einer Pressemeldung verkündete er 1961: The Peace Corps wants Negroes, and is seeking them […] This is also how we see our task abroad. Not to work with Africans and Asians as members of a particular race […] but as people. Intolerance, racial tension, and mob violence erupt wherever some men see other men in impersonal terms. […] When will the ugly incidents of Montgomery and Birmingham cease to be? Only when every man becomes a person to every other man.
Dieses Zitat verdeutlicht, dass Shriver um die Bedeutung wusste, die amerikanische Rassenbeziehungen für das Verhältnis mit der Dritten Welt hatten, aber auch, dass Rassendiskriminierung für ihn vor allem ein moralisches Problem war, das um der betroffenen Menschen Willen gelöst werden musste. Seiner Überzeugung verlieh er auch durch die Auswahl der Vertreter des Aufsichtsrates des Peace Corps Ausdruck, für den er bekannte Afroamerikaner wie den Sänger Harry Belafonte und James H. Robinson verpflichtete, über dessen Aktivitäten als einem von fünf stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates noch zu berichten sein wird. Kennedy und Shriver hatten nicht nur völlig unterschiedliche Vorstellungen von der Größe, sondern auch von der Aufgabe des Peace Corps. Hatte Kennedy das Peace Corps in seiner Rede im Cow Palace noch als altruistische Antwort auf die kommunistische Bedrohung in Asien, Lateinamerika und Afrika dargestellt, war Shriver bemüht, dass „sein“ Peace Corps unter keinen Umständen als Gegenmittel zur kommunistischen Einflussnahme in der Dritten Welt wahrgenommen wird, sondern diese Aufgabe unauffällig und unterVgl. Geidel, Point of the Lance. Vgl. Grubbs, Secular Missionaries, 170. Vgl. Rice, The Bold Experiment, 36; Amin, Struggle for African American Equality, 811. Zitat „House Communist“: Meisler, When the World Calls, 12. 55 56 57
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schwellig erfüllte.58 Daher setzte er sich für die Autonomie der Behörde ein und war dagegen, sie dem Außenministerium zu unterstellen. „It is important“, wandte er ein, „that the Peace Corps be advanced not as an arm of the Cold War but as a contribution to the world community.“59 Erneut konnte Shriver sich durchsetzen und das Peace Corps als eigenständige Behörde etablieren. Die Auseinandersetzung über die ideologische Motivation hinter der Gründung des Friedenscorps wurde auch in der historischen Forschung aufgegriffen. Seit Generationen beschäftigen sich Geschichtswissenschaftler mit der Frage, ob die Gründung des Peace Corps erfolgte, um dem Kommunismus in der Dritten Welt Einhalt zu gebieten, oder aus humanitären Motiven. Neuere Studien argumentieren, dass es tatsächlich ein Produkt aus beidem war60 – ein Paradox, das das Peace Corps in gewissem Sinne als Kind seiner Zeit brandmarkt, denn Idealismus und Selbstinteresse waren, wie Gerald Rice zeigt, in den meisten amerikanischen außenpolitischen Initiativen der Nachkriegszeit miteinander vermischt.61 Diese historiographische Debatte erinnert an die Frage, ob Kennedys scheinbar idealistische Afrikapolitik und seine pragmatischen und von seinem Antikommunismus beeinflussten Überlegungen im Widerspruch zueinander standen. Letztendlich findet man auch bei der Frage, ob das Peace Corps aus strategischen oder humanitären Gründen geschaffen wurde, zu einer ähnlichen Antwort. Zwar muss man zwischen den oben beschriebenen divergierenden Absichten Kennedys und Shrivers unterscheiden. Grundsätzlich jedoch, auch wenn dieses Fazit zynisch anmuten mag, war auch das Peace Corps streng genommen ein von dem Politiker John F. Kennedy populär gemachtes Programm, das nicht aus purer Selbstlosigkeit sondern zur Durchsetzung bestimmter Interessen ins Leben gerufen wurde. Idealistisch klang es, weil es den Nerv der Zeit treffen und das Interesse der Jugend wecken wollte. Zu einem wirklich idealistischen Programm wurde es jedoch erst durch den Enthusiasmus und den Einsatz der Teilnehmer selbst. Eine ähnlich ambivalente Haltung findet sich in Kennedys Sicht auf die Aufgaben von privaten Austausch- und Freiwilligenprogrammen im Ausland, wie in seiner Rede vor den Crossroadern im Sommer 1962 deutlich wurde. In dieser machten er und Hubert Humphrey unmissverständlich klar, das Crossroads und das Peace Corps in ihren Augen vor allem der Imageverbesserung der USA in den unterentwickelten Ländern dienten. So legte Humphrey den Crossroadern nahe, „[to] bring the message of the real America to the peoVgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 257; Grubbs, Secular Missionaries, 170; May, Passing the Torch and Lighting Fires, 47. 59 Shriver, Report to the President. 60 Vgl. Amin, Peace Corps in Cameroon; Cobbs Hoffman, All You Need is Love. 61 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 8 f. Als Beispiele nennt Rice die Alliance for Progress und American AID. Vgl. auch Amin, Peace Corps in Cameroon, 177. 58
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ples of Africa“. Kennedy vermischte Pragmatismus und Idealismus gar in einem einzigen Satz, indem er sagte, dass die Freiwilligen zum einen ihrem Land dienten, aber dabei auch der Menschheit halfen: „I think that you will have the feeling of having served this country, and in a broader sense the free community of people in a very crucial time.“62 Crossroads Beitrag zur Entstehung des Peace Corps
Einen entscheidenden Anteil an der Gründung des Peace Corps hatten die bereits vor ihm bestehenden NGOs. Deren Pionierrolle würdigte das Corps als Inspiration für sein eigenes Programm: „It was the development of these private efforts which led to the development of the Peace Corps idea.“63 Auch Historiker sind sich einig, dass die Idee für ein staatlich gesteuertes Freiwilligenprogramm auf die zahlreichen privaten und kirchlichen Programme zurückgeht, die ihre Teilnehmer zur Arbeit in unterentwickelte Länder entsandten.64 Bis heute wird jedoch kontrovers diskutiert, wer nun als das Vorbild für das Peace Corps fungierte. Es gibt mehrere Organisationen, die diese Rolle für sich beanspruchen. So wirbt das Experiment in International Living auf seiner Website beispielsweise damit, dass Sargent Shriver nach seinen Erfahrungen als Teilnehmer am Experiment das Peace Corps entworfen hätte.65 Wie in der Sekundärliteratur betont wird, speiste sich das Peace Corps aus verschiedenen Quellen.66 David Hapgood und Gerard T. Rice nennen neben Operation Crossroads als Vorbild die britischen International Voluntary Services (IVS), das American Friends Service Committee und den International Farm Youth Exchange, der junge Menschen in Entwicklungsländer entsandte, um dort die Verbesserung landwirtschaftlicher Techniken zu unterstützen. Außerdem verweisen sie auf den Einfluss des American Red Cross, der Cooperative for American Relief Everywhere (CARE), der National 4-H Club Foundation, Project Hope, Volunteers for International Development und des African-American Institute, die alle auf verschiedene Weise an Entwicklungsprojekten in der Dritten Welt oder Sozialprogrammen in den USA beteiligt waren. Darüber hinaus hatten einige Universitäten wie Harvard, Yale, Columbia oder das MIT eigene Freiwilligenprogramme gegründet, die kurze Einsätze während der Sommerferien bis zu Aufenthalten von einem ganzen Jahr anboten.67 John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers. Shriver, Report to the President. Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 16; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 41; Rice, The Bold Experiment, 4. 65 Vgl. The Experiment in International Living, The Pioneer in International Education, http:// www.experimentinternational.org/20343.cfm#.UEhnDsmuaxA, Zugriff am 4. September 2012. 66 Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 41; Wofford, Of Kennedys and Kings, 245. 67 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 4; Hapgood/Bennett, Agents of Change, 29. 62 63 64
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Wie bereits in der Einleitung erwähnt, gibt es mehrere Quellen, die Crossroads als wichtigstes Vorbild für das Peace Corps nennen. Dazu zählen die Rede John F. Kennedys, die Internetseite des Peace Corps selbst, die Sendung „Crossroads Africa: Pilot for the Peace Corps“ und auch Artikel in Zeitschriften wie Afro-American, die Crossroads als „organization which set the pattern for President Kennedy’s Peace Corps“ bezeichnete.68 Nirgendwo wird jedoch auf Quellen verwiesen, die Crossroads’ Vorbildrolle für das Peace Corps beweisen. Dieser Abschnitt wird sich dieser Aufgabe widmen und Indizien zusammentragen, die Crossroads Rolle als wichtigen Vorläufer des Peace Corps belegen. Sie finden sich in den Gesetzesentwürfen von Humphrey und Reuss für einen Freiwilligendienst, in den Forschungsberichten der Colorado State Research Foundation, des MIT und der University of Michigan sowie den zeitgenössischen Medien. Besonders beruft sich Crossroads bei der Verteidigung seiner Vorbildrolle für das Peace Corps auf die Rede von John F. Kennedy am 22. Juni 1962, da der Präsident bis heute wie kein anderer mit dem Peace Corps in Verbindung gebracht wird. In einer Ansprache an die Crossroader sagte er: „This group and this effort really were the progenitors of the Peace Corps.“ Diese Feststellung begründete er mit den Worten: „What this organization has been doing for a number of years led to the establishment of what I consider to be the most encouraging indication of the desire for service not only in this country but all around the world that we have seen in recent years.“69 Crossroads war für ihn der Prototyp für das Peace Corps, weil es zeigte, dass Interesse an Freiwilligenprogrammen bestand und Amerikaner durchaus willens waren an ihnen teilzunehmen.70 Das bezeugt aber nicht nur die Wahl seiner Worte, sondern auch die Tatsache, dass er sich die Zeit nahm, die Freiwilligen persönlich nach Afrika zu verabschieden.
Dr. James H. Robinson Opens Drive for Crossroads Africa, in: Afro-American, 8. Dezember 1962. 69 John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers. 70 Wofford verallgemeinert diese Aussage auf die Vorbildrolle aller privaten Organisationen für das Peace Corps, indem er sie auf ihre Aussagekraft bezüglich des Enthusiasmus für Freiwilligenprogramme in der Bevölkerung reduziert. Vgl. Wofford, Of Kennedys and Kings, 245. 68
Crossroads Beitrag zur Entstehung des Peace Corps
Abb. 3: Präsident Kennedy empfängt die Crossroader im Weißen Haus
Ein weiteres Indiz ist, dass Shriver nach eigenen Angaben folgende Studien in die Ausarbeitung der Programmstruktur des Peace Corps hatte mit einfließen lassen: den Bericht von Max Millikan vom MIT, einen Bericht von Samuel Hayes von der University of Michigan, Berichte vom Institute for International Education, der National Study Association und anderen Instituten. Darüber hinaus verständigte er sich mit Reuss und Humphrey, die als die ersten Politiker für einen internationalen Freiwilligendienst eingetreten waren.71 Bisher wurde in der historischen Forschung nicht erwähnt, dass Crossroads mit einigen der von Shriver genannten Instituten und Personen in Kontakt stand und wichtige Impulse für deren Forschung lieferte. So diente es dem Kongressabgeordneten Reuss und Senator Humphrey als Idealbeispiel für den Entwurf eines Peace Corps. Wie im vorhergehenden Abschnitt dargelegt, hatten die beiden Politiker seit 1957, dem Jahr, in dem auch Robinson seine Organisation gründete, für ein nationales Freiwilligenprogramm geworben, auf dessen Initiative hin junge Menschen ins Ausland entsandt werden sollten. 1960 legten beide dem Kongress unabhängig voneinander Gesetzesentwürfe vor: Humphrey für ein „American Peace Corps“ und Reuss für die Finanzierung einer Studie über die Realisierbarkeit eines „Point Four Youth Corps“. Beide standen mit Crossroads in Kontakt und nutzen es als Modell für ihre Vorhaben. Im Crossroads Jahresbericht von 1960 steht so auch geschrieben, dass es eines der wichtigsten Bezugspunkte in der Planung und Entwicklung des Vorschlags von Humphrey als auch des „Point Four Youth Corps“ von Reuss gewesen sei.72 71 72
Vgl. Shriver, Report to the President, 5–8. Vgl. OCA Report 1960, 29.
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Hubert Humphrey hielt am 17. Juni 1960 vor dem amerikanischen Kongress eine Rede mit dem Titel „Operation Crossroads – American-African Student Cooperation“, um sich für die Gründung eines Peace Corps auszusprechen. Crossroads zog er dabei als Beispiel heran, um zu zeigen, „[that Americans] can understand fully and deeply sympathize with the struggle of those men and women around the world seeking independence and recognition for their national aspirations“. Er zitierte dabei aus dem am Tag zuvor erschienenen Artikel von Marquis Childs in der Washington Post (siehe Kapitel 3). Humphrey kommentierte diesen mit den Worten, dass Marquis Childs mit Crossroads eine „thrilling and vital fraction of our overseas cooperation program carried on by voluntary groups“ beschrieben hätte und schilderte den „inventive, imaginative, enthusiastic spirit“, den die Jugend demnach wohl auch für seinen Peace-Corps-Vorschlag mitbringen würde.73 Reuss’ Gesetzesvorschlag für eine Studie über die Realisierbarkeit eines „Point Four Youth Corps“ war wiederum in § 307, Abs. b des Mutual Security Act von 1960 gemündet, der festgelegte: The president shall arrange for a non-governmental research group […] to study the advisability and practicability of a program to be known as the Point Four Youth Corps, under which young U. S. citizens would be trained to serve abroad in programs of technical assistance.74
In der Gesetzespassage wurde eine Studie vorgeschlagen, in der Informationen zusammengetragen werden sollten, auf deren Basis dem Kongress Empfehlungen über die Durchführbarkeit dieses Programms gemacht werden konnten. Mit der Ausführung wurde die Colorado State Research Foundation im Auftrag der International Cooperation Administration betraut. In ihrem Bericht schrieben deren Vertreter, dass eine kleine Gruppe von Amerikanern, die zusammen mit Einheimischen arbeitete, oft einen positiveren Eindruck in der Dritten Welt hinterließ und die demokratischen Ideale der USA besser vermitteln konnte als die infrastrukturellen und maschinellen Hilfen, die man diesen Ländern gewährte.75 Außerdem gelangte die Forschergruppe zu dem Schluss, dass die jungen Leute am besten auf freiwilliger Basis dorthin gingen, denn in den USA gäbe es viele Jugendliche, denen eine wirkliche Aufgabe fehlte. Sie prognostizierten: „[S]uch young Americans could do much to put the democratic ideals Congressional Record Proceedings and Debates of the 86th Congress, Second Session, Washington, 17. Juni 1960, No. 111, Operation Crossroads – American-African Student Cooperation, Extension of Remarks of Hon. Hubert H. Humphrey of Minnesota in the Senate of the United States, NAACP 17Sup/02/00251. 74 Zit. in Information Sheet for Informal Meeting to Discuss Point Four Youth Corps Study, Dezember 1960, 115, JHR 2/20. 75 Vgl. Proposed Study of a Point 4 Youth Corps, JHR 2/20. 73
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of our country into actual practice, while at the same time broadening their own understanding of the problems and ideals of other nations.“76 Crossroads hatte mit wertvollen Expertentipps sowohl von seinen Mitarbeitern als auch den Freiwilligen zu dieser Studie beigetragen. Im Dezember 1960 wurden sie von Reuss gemeinsam mit etwa fünfzig anderen Vertretern von Freiwilligenorganisationen und Missionen ins Weißen Haus eingeladen, um ihm bei der Zusammenstellung von Empfehlungen über die Erfolgsaussichten eines Peace Corps behilflich zu sein.77 Bei diesem informellen Treffen am 15. Dezember 1960 wurde unter anderem diskutiert, welche Arten von Projekten sich am besten für junge Amerikaner eigneten, in welchem Verhältnis staatliche und private Organisationen zueinander stehen, wie die Teilnehmer ausgewählt, vorbereitet und überwacht werden sollten, und wie umfangreich solch ein Freiwilligencorps werden sollte. Auf dieser Konferenz wurde die Gründung eines staatlichen Programms als nur eine von mehreren Möglichkeiten erwogen, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Die teilnehmenden Berater waren ebenso dazu angehalten, Alternativen, wie den Zusammenschluss von amerikanischen Freiwilligenprojekten unter der Führung einer privaten Agentur, zu besprechen.78 Im Anschluss an dieses Treffen stellte die Colorado Research Foundation einen Fragebogen zusammen, den sie an mehrere Mitarbeiter und Vorsteher von Freiwilligenorganisationen verschickte, um von deren Wissen und Erfahrungsschatz zu profitieren. Zudem kreierte sie einen Fragebogen, der sich an ehemalige Teilnehmer richtete, die gebeten wurden, über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Freiwilligenarbeit zu berichten.79 Diesen verschickte James H. Robinson auch an ehemalige Crossroader.80 Wie Harris Wofford, der selbst an der Formulierung der Ziele des Peace Corps beteiligt war, später sagte, erwies sich der Bericht der Colorado State Research Foundation für die mit der Planung des Peace Corps beauftragte Task Force insofern als hilfreich, als dass er Beispiele über Arbeiten und Aktivitäten anführte, denen Freiwillige im Ausland nachgehen konnten.81
Ebd. Vgl. Brief, Henry S. Reuss an James H. Robinson, 2. Dezember 1960, JHR 2/21; vgl. auch Brief, Maurice L. Albertson an James H. Robinson, 29. November 1960, JHR 2/20. 78 Vgl. Information Sheet for Informal Meeting to Discuss Point Four Youth Corps Study, Dezember 1960, 115, JHR 2/20. 79 Vgl. Brief, Colorado State University Research Foundation an James H. Robinson, 12. Januar 1961, JHR 3/1. Dieser Fragebogen war zweigeteilt und fragte nach: 1. ihren Erfahrungen mit Freiwilligenarbeit und 2. ihre Meinung über den intendierten staatlichen Freiwilligendienst. Vgl. Colorado State University Research Foundation, Youth Corps Study Project, Questionnaire, JHR 4/9. 80 Vgl. Brief, James H. Robinson an „Dear Crossroader“, JHR 4/9. 81 Vgl. Harris Wofford, Recorded Interview by Berl Bernhard, 29. November 1965, 46. 76 77
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Auch der Arbeitskreis der University of Michigan wandte sich mit der Bitte um einen Rat an Robinson und OCA.82 Mit ihrer Studie wollten die Mitglieder dieses Arbeitskreises, wie sie selbst sagten, beweisen, dass junge Amerikaner verantwortungsbewusst und reif genug waren, um in einem Peace Corps zu dienen.83 Und auch Max Millikan konnte in seiner Studie auf Crossroads zurückgreifen; schließlich hatte er es seinem Mitarbeiter Harold Isaacs kurz vorher als Studienobjekt angetragen und war mit seiner Programmstruktur und seinen Zielen vertraut. Die Quellen legen außerdem nahe, dass Crossroads dem Personennetzwerk rund um das Peace Corps bekannt war. LaVerne Brown, James Robinsons langjährige Sekretärin, spricht von einem „interlocking of people from Crossroads and the Peace Corps“.84 Ihr zufolge ist das auf Robinsons exzellente und weitreichende Kontakte zu Stiftungen, Politikern und Mitgliedern der New Yorker Society zurückzuführen, die auch Kennedy nahe standen. Durch seine Arbeit für die Presbyterianische Kirche und die NAACP sowie durch Verbindungen zum Außenministerium und der USIA war sein Name und der seiner Organisation in Regierungskreisen geläufig und hatte die Aufmerksamkeit von Politikern wie Humphrey und Reuss erregt. Dass viele Leute im Umfeld des Peace Corps Crossroads kannten und schätzten, zeigt nicht zuletzt die Mitgliedschaft von Gründungsmitgliedern des Peace Corps, wie Harris Wofford, und Aufsichtsratsmitgliedern, wie William O. Douglas und William Sloane Coffin, im Beratungsgremium von Operation Crossroads. Auch andere Mitarbeiter der Kennedy-Administration waren mit Crossroads vertraut. UN-Botschafter Adlai Stevenson verfasste sogar das Vorwort zu Ruth Plimptons Buch über die Organisation, das 1962 erschien. Plimpton hatte die Crossroader des Vorjahres in verschiedene Länder Afrikas begleitet und über ihre Erlebnisse dort berichtet. Im Vorwort zu ihrem Buch beschrieb Stevenson Crossroads als ein Schlüsselexperiment für eine konstruktive Beziehung zwischen Amerikanern und Afrikanern.85 Diese hatte seiner Ansicht nach durch die anhaltende Rassendiskriminierung in den USA schweren Schaden genommen. Projekte wie Crossroads könnten dazu beitragen, dieses Bild zu revidieren. Die Projekte an sich bezeichnete er dabei als weniger signifikant als die nicht so offensichtlichen Nebeneffekte der Unternehmung: gesteigertes Bewusstsein für die Probleme der Dritten Welt und eine Demonstration der Würde körperlicher Arbeit. Vor allem bescheinigte Stevenson Crossroads außenpolitischen Nutzen, denn Crossroads galt als Beweis dafür, dass sich die Vgl. Brief, David B. Dorsey an James H. Robinson, 15. Februar 1961, JHR 3/2. Vgl. ebd. Brief, Yvonne M. Wood (Americans Committed to World Responsibility) an James H. Robinson, 21. Februar 1961, JHR 3/2. 84 LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 85 Vgl. Adlai Stevenson, Preface, in: Plimpton, Operation Crossroads Africa, xi. 82 83
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amerikanische Gesellschaft um Afrika sorgte und sich an dessen Entwicklung zum Wohle der dort lebenden Menschen beteiligen wollte. Wegen dieser „Demonstration der Güte des amerikanischen Volkes“ bezeichnete er Crossroads auch als „directly relevant to our foreign-policy aims“.86 Ein weiterer Hinweis auf die Vorbildfunktion von Crossroads für das Peace Corps ist die häufige Erwähnung in den Medien der damaligen Zeit. Die afroamerikanische Presse tat ihren Stolz auf das von einem schwarzen Amerikaner initiierte, international anerkannte Projekt kund, indem sie Crossroads seit 1961 als Vorgänger des Peace Corps vorstellte. Besonders in den Jahren unmittelbar nach der Gründung des Peace Corps wurde in sämtlichen Artikeln betont, dass es der afroamerikanischen Organisation Crossroads nachempfunden sei.87 So beschrieb das Organ der NAACP, The Crisis, Crossroads als „blueprint for the Peace Corps“, das nicht nur als Pilotprojekt für das Peace Corps, sondern auch als Vorbild für viele andere sowohl private als auch staatlich gelenkte Hilfsprogramme diente.88 Dass der ethnische Beitragswert dabei jedoch sehr stark betont wurde, zeigt sich an Artikeln, in denen Crossroads beispielsweise als „world-famous […] project“ beschrieben wurde.89 Andere Zeitschriften und Fernsehberichte nahmen Crossroads als Beispiel, um ihren Lesern und Zuschauern das Peace Corps zu erklären und ihnen zu zeigen, was die Freiwilligen auf ihren Einsätzen erwartete. Bereits besprochen wurde der einstündige Beitrag auf CBS, der den Zuschauern Crossroads als „pilot for the Peace Corps“ vorstellte. Ein weiteres Beispiel ist ein Artikel in der New York Times vom Februar 1961, in dem erörtert wurde, was das Peace Corps erreichen könnte. Einen Eindruck dessen vermittelten demnach die privaten Organisationen, die bereits in mehreren Ländern aktiv waren. Als das „perhaps best-known experiment“ dieser Art beschrieb der Artikel Crossroads Africa. Er schilderte den Erfolg von dessen Programm in Afrika und kommentierte: „The young Americans found they were not only creating a positive attitude for America, but also acquiring education themselves in foreign beliefs and social customs“. Vor allem aber unterstrich er, dass Projekte wie Crossroads „have demonstrated that youth wants to serve – and can serve – the national interest“.90 Außerdem erschien eine Reihe von Artikeln und Leserbriefen, die von Crossroadern verfasst waren und das Peace Corps auf positive wie negative Aspekte aufmerksam machten. In der Washington Post schrieb Sonja, die mit OCA in Liberia gewesen war, den Artikel „To the Peace Corps, Advice on Rice“. Ebd., xii. Vgl. Dr. James H. Robinson Opens Drive for Crossroads Africa, in: Afro-American, 8. Dezember 1962; Chicago Defender, 16. Juni 1969, 9; Chicago Tribune, 4. Februar 1962. 88 Vgl. Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis, Mai 1965, 300. Siehe auch Census, Founder of Operation Crossroads Africa Dies, in: Jet, 30. November 1972. 89 Operation Crossroads’ Africa Bound, in: Afro-American, 23. Juni 1962, 13. 90 Gertrude Samuels, A Force of Youth as a Force for Peace, in: New York Times, 5. Februar 1961, SM 26. Siehe auch Charles Pincus, Summer in Senegal, in: Boy’s Life (August 1961), 25. 86 87
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Darin berichtet sie, dass die Freiwilligen auf ungewohnte Ernährung, wenig Luxus und viel harte Arbeit vorbereitet sein sollten.91 Neben seiner Vorbildrolle für das Peace Corps diente Crossroads außerdem als Inspiration für andere Freiwilligenprojekte. In ihrem Jahresbericht von 1960 schrieb die NGO, dass ein hoher Anteil der Organisationen und Projekte, die nun an amerikanischen Universitäten ins Leben gerufen wurden, direkt auf ihren Einfluss zurückzuführen seien. Schließlich hatte sich Crossroads durch seine Kooperation mit verschiedenen Universitäten auch dort einen guten Ruf erarbeitet und viele beeinflusst eigene Projekte zu kreieren. So regten ihre Erfahrungen in Crossroads einige Studenten der Duke University an, einen Freiwilligendienst für Zentralamerika zu gründen. Außerdem waren Beziehungen zwischen afrikanischen und amerikanischen Bildungseinrichtungen aus dem Kontakt ehemaliger Crossroader mit ihren afrikanischen Arbeitsorten erwachsen.92 Es lässt sich also zunächst festhalten, dass Crossroads den diversen Berichten von Stiftungen und Universitäten als auch den „Vätern“ des Peace Corps wie Reuss, Humphrey und Kennedy vorwiegend deswegen als Vorbild für das staatliche Freiwilligencorps diente, weil es bewies, dass viele junge Amerikaner bereit waren, einen Abschnitt ihres Lebens, wie sie formulierten, selbstlos in den Dienst an der Menschheit – und auch an ihrem Land – zu stellen. Auch in der Programmstruktur orientierte sich das Peace Corps in gewissen Punkten, die sich schon bewährt hatten, an Crossroads. Wie noch gezeigt werden wird, bestanden neben vielen Gemeinsamkeiten jedoch auch große Unterschiede zwischen den beiden Organisationen, und so war das Peace Corps rein von seiner Methode her betrachtet letztendlich von einer Vielzahl von Organisationen inspiriert worden und nicht ausschließlich von OCA. Auswirkungen der Gründung des Peace Corps auf Crossroads
Für Operation Crossroads warf der Aufbau des Peace Corps eine Reihe von Fragen auf, die in den folgenden Teilkapiteln besprochen werden sollen. So entspann sich eine sowohl öffentlich als auch intern geführte Debatte darüber, ob kleinere Organisationen wie Crossroads nach der Schaffung des staatlichen Freiwilligenprogramms überhaupt noch gebraucht wurden.93 Wie Sargent ShriTo the Peace Corps: Advice on Rice, in: Washington Post, Sunday Magazine, 28. Mai 1961. Vgl. OCA Report 1961, 29. So wurde das Thema unter anderem in der New York Times (Letters to the Editor, in: New York Times, 26. Februar 1961, SM4), in Plimpton (Plimpton, Operation Crossroads Africa, 23), im Crossroads Communiqué (Crossroads Communiqué 1.2 [März 1963]), und von Robinson selbst in seinen Reden diskutiert (James H. Robinson, What is Operation Crossroads Africa … And its Look to the Future, in: New Journal, 3. Juli 1965, 19F; James H. Robinson, The Future of Crossroads, undatierte Rede, JHR 34/29). Siehe außerdem OCA Report 1963, 4. 91 92 93
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ver in Point of the Lance schrieb, mutmaßten viele Menschen unmittelbar vor und nach der Entstehung des Friedenscorps, dass dessen Präsenz kleinere Organisationen entmutigen könnte, im Ausland tätig zu werden, da sie die Konkurrenz mit dem größeren Freiwilligenprogramm fürchteten. Shriver schrieb jedoch auch, dass das Peace Corps entschlossen war, dies entschieden zu verhindern. Schließlich brauchte es die privaten Organisationen und er hoffte, ihnen Hoffnung und Unterstützung zurückgeben zu können.94 Trotz solcher Beteuerungen von Seiten des Peace Corps wurde die Existenz von Crossroads weiterhin infrage gestellt. So schrieb das Crossroads Communiqué noch 1963, dass von vielen Seiten angezweifelt wurde, ob Crossroads auch künftig einen effektiven Beitrag zu den Beziehungen zwischen Amerika und Afrika leisten könnte, und ob eine Expansion der Organisation überhaupt noch möglich wäre.95 Von Beginn an hatte Robinson erklärt, dass Crossroads beendet würde, sobald es seinen Zweck erfüllt und seine Ziele erreicht hätte beziehungsweise seine Aufgaben von einer anderen Organisation übernommen würden, die imstande wäre, diese in größerem Umfang und effektiver zu erfüllen.96 Obwohl mit dem Peace Corps eine Organisation entstanden war, die eben dies vermochte, war Robinson dennoch überzeugt: „Crossroads has an even greater future!“97 Wie die folgenden Seiten zeigen werden, sprachen tatsächlich mehrere Gründe dafür, dass Crossroads eine große Zukunft bevorstand: die Unterschiede in der Zielsetzung und Programmstruktur mit dem Peace Corps, der gute Ruf, den Crossroads sich bereits in Afrika erarbeitet hatte, das konstante Interesse der Jugend und der afrikanischen Länder an dem Freiwilligenprojekt sowie die Vorteile, die es als nichtstaatliche Organisation in Afrika genoss. Im während des Sommers 1960 ausgestrahlten Film „Operation Crossroads Africa: Pilot for the Peace Corps“ kommentierte eine Stimme aus dem Off: „[After the establishment of the Peace Corps] there will be a place for Crossroads Africa as there will be for the American Friends Service Committee […] and the other organized student efforts that have contributed so much in the past.“98 Diese Überzeugung führte die Sendung vor allem auf die Unterschiede zurück, die die existierenden Freiwilligenprogramme in Bezug auf ihre Länge und ihre unterschiedlichen Zielvorgaben hatten. Mit dieser Verschiedenheit rechtfertige auch Crossroads in den kommenden Jahren seine Existenz neben dem Peace Corps, das andere Charakteristika als es selbst aufwies.99 Im WeVgl. Shriver, Point of the Lance, 85. Vgl. Crossroads Communiqué 2.1 (1963), 2. Vgl. OCA Report 1965, 2. James H. Robinson, What is Operation Crossroads Africa … And its Look to the Future, in: New Journal, 3. Juli 1965, 19F. 98 CBS REPORTS, CROSSROADS AFRICA: PILOT FOR A PEACE CORPS. 99 Siehe zum Beispiel Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis, Mai 1965, 299– 302; Crossroads Communiqué 2.1 (1963), 2. 94 95 96 97
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sentlichen bestanden diese Unterschiede im Betätigungsfeld, der Organisation und Finanzierung der Projekte, der Qualifikation und dem Alter der Teilnehmer, der Dauer der Freiwilligenarbeit und nicht zuletzt den Zielen der beiden Programme. Während Crossroads seine Projekte auf den afrikanischen Kontinent eingrenzte, waren die Projekte des Peace Corps weltweit angesiedelt. Um das Studienjahr der Freiwilligen nicht zu unterbrechen, nahm Crossroads in der Regel zwei Monate der Sommersemesterferien in Anspruch, wohingegen sich Teilnehmer am Peace Corps verpflichteten, ganze zwei Jahre in einem Land zu dienen. Crossroader wurden für ihre Arbeit nicht bezahlt, sondern mussten ihre „Reise“ zum Teil selbst finanzieren, Freiwillige des Peace Corps bekamen ein monatliches Taschengeld von 75 Dollar vom Staat ausgezahlt und ihren Flug vergütet. Die Teilnehmer an Operation Crossroads arbeiteten gemeinsam in einer Gruppe von durchschnittlich zehn bis zwölf Personen, ihre „Kollegen“ vom Peace Corps in der Regel allein oder zu zweit. Außerdem waren Crossroader Studenten, die sich am Anfang ihres Studiums befanden und noch keinen Abschluss erworben hatten (in Amerika als undergraduates bezeichnet), Peace-Corps-Teilnehmer hingegen hatten zumeist bereits einen Abschluss und konnten theoretisch jeden Alters sein.100 Darüber hinaus arbeitete Crossroads zu Beginn an weitaus weniger Projekten, die eine bestimmte Spezialisierung oder handwerkliche Kompetenzen voraussetzten. Der zuletzt genannte Unterschied ergab sich aus den verschiedenen Zielsetzungen der beiden Organisationen. Crossroads, so beschwichtigte auch James Robinson fortwährend, intendiere nicht mit Programmen wie dem Peace Corps zu konkurrieren, da Letztere über einen längeren Zeitraum hinweg die Entwicklung unterentwickelter Länder unterstützten und dadurch grundsätzlich andere Ziele als Crossroads verfolgten.101 Crossroads verstand sich, wie Kapitel 2 verdeutlicht hat, vorrangig als Programm zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Afrikanern und Amerikanern und betrachtete die Arbeit der Freiwilligen dabei lediglich als Vehikel, um Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu ermöglichen. Mit Ausnahme der Teilnehmer an den Lehrerfortbildungsprogrammen sowie den Sport- und Gesundheitsprojekten handelte es sich bei Crossroadern um Studienanfänger, die keine speziellen handwerklichen und technologischen Fähigkeiten, aber dafür soziale Kompetenzen und eine gewinnende Persönlichkeit besitzen mussten. Das Anliegen des Peace Corps war es hingegen, „middle-level technical assistance“ zu leisten, also Universitätsabsolventen mit einer gewissen SpeziaVgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson; vgl. auch: Crossroads Communiqué 1.2 (1963), 2. 101 Vgl. James H. Robinson, What is Operation Crossroads Africa … And its Look to the Future, in: New Journal, 3. Juli 1965, 19F. Vgl. auch James H. Robinson, The Future of Crossroads, undatierte Rede, JHR 34/29. 100
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lisierung zu engagieren, um zur Modernisierung der Dritten Welt beizutragen.102 Der wohl wichtigste Unterschied zwischen den beiden Organisationen bestand jedoch darin, dass Crossroads aus privaten Geldern von Stiftungen, anderen Organisationen, Kirchen, Schulen und Privatpersonen, und das Peace Corps aus staatlichen Mitteln finanziert wurde. Teilnehmer des Friedenscorps waren daher den Weisungen der Regierung unterworfen und erfuhren gleichzeitig die Privilegien, Verpflichtungen und Einschränkungen, die sich für Mitarbeiter einer staatlichen Behörde im Ausland ergaben. Als selbstständige und staatlich unabhängige Organisation hatte Crossroads hingegen mehr Freiheiten in Bezug auf die Auswahl seiner Projekte und die Implementation von eigenen Ideen.103 Robinson war außerdem der Ansicht, dass Crossroads als private Organisation in Afrika mit weitaus weniger Misstrauen als das Peace Corps betrachtet wurde und auch dort erfolgreich operieren konnte, wo amerikanische Organisationen sonst mit großer Skepsis empfangen wurden.104 Die Vorteile, die sich in der Dritten Welt für private Programme ergaben, erklären, warum Robinson stets so darum besorgt war, Crossroads öffentlich nicht als Beitrag zur Imageverbesserung der USA darzustellen. In Guinea gelang es der Organisation aufgrund ihres von der Regierung unabhängigen Status zum Beispiel, noch vor dem Peace Corps in das Land eingeladen zu werden.105 Andere Länder mussten erst überzeugt werden, dass die Organisation tatsächlich vom Staat unabhängig agierte. Mali ließ Crossroads nicht zu, bevor man sicher war, dass es sich tatsächlich um ein nichtstaatliches Unternehmen handelte.106 Aufgrund ihrer privaten Natur war Robinsons Organisation auch größtenteils immun gegen politischen Druck von Seiten der amerikanischen Regierung. Dennoch konnte es sich gewissen politischen Richtlinien nicht verweigern, da es in den meisten Einsatzgebieten auf die Kooperation mit der amerikanischen Botschaft angewiesen war. Trotz Bemühungen, sich so weit wie möglich von der US-Botschaft zu distanzieren, gelang dies nicht in jedem Fall, wie Alec Fisken, ein Gutachter für Crossroads, feststellte. Schließlich traf die amerikanische Botschaft zum Teil die Vorbereitungen für die Projekte der OrÜber das Peace Corps und sein Ziel, „middle-level technical assistance“ zu leisten, siehe Sargent Shriver, Ambassadors of Good Will. The Peace Corps, in: National Geographic, September 1964. In der Tat griff das Peace Corps jedoch trotz dieser Zielsetzung besonders in den Anfangsjahren überproportional auf sogenannte „B. A. Generalists“ zurück, die gesellschaftswissenschaftliche Fächer studiert hatten. Vgl. Latham, Modernization as Ideology, 122. 103 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa; Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis, Mai 1965, 299–302; U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1932. 104 James H. Robinson, Crossroaders Help in Africa, in: Peace Corps Volunteer 3.2 (1964), 9– 10. 105 Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1932. 106 Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities. Hearings. 102
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ganisation und sorgte auch dafür, dass sie mit der offiziellen Regierungspolitik konform waren. So spiegelte die Verteilung der Projekte bestimmte politische Überlegungen wider und begünstigte zum Beispiel Länder, die pro-westlich orientiert waren. Die Anzahl der Crossroadsprojekte in Guinea im Vergleich zu der in Liberia war nach Fisken Zeugnis davon.107 Nichtsdestotrotz gelang es der Organisation in den meisten afrikanischen Ländern, ihre Identität als private Freiwilligenorganisation zu wahren.108 Dieser Ruf ermöglichte es ihr auch, in Ländern zu arbeiten, in denen das Peace Corps nicht zugelassen wurde, wie dies 1969 in Tanzania und im Westen Nigerias der Fall war.109 Im Zuge eines Skandals des Peace Corps in Nigeria 1961 zeigte sich außerdem, dass Crossroads auch in den Augen der afrikanischen Bevölkerung wegen seines privaten Charakters größeres Vertrauen genoss. In Nigeria hatte die Peace-Corps-Teilnehmerin Margery Michelmore eine Postkarte verloren, auf der sie die primitiven Lebensbedingungen in Ibadan geschildert und damit den Unmut der Bevölkerung erweckt hatte, die dies als Beweis für die imperialistische Haltung des Peace Corps wertete.110 Währenddessen kam es zu Agitationen, die sich nunmehr gegen fast alle ausländischen Hilfsprojekte richteten und beinahe zur Ausweisung des Peace Corps geführt hätten. Crossroads schien diese jedoch unbeschadet zu überstehen, wie Dr. Elsie Austin vom USIA in Lagos an James Robinson schrieb: It was extremely interesting to me that in the heat of temper and criticism, hostilities were directed toward the Peace Corps and the Experiment in International Living. But there has been not one brick hurled at the Crossroads program or the Crossroaders who were here in Nigeria. The newspapers raged for days with feature articles, open letters and editorials, but there was not one assault on Crossroads Africa.111
Austin führte dieses hohe Ansehen von Crossroads auf den privaten Charakter der Organisation zurück. „A tremendous amount of respect develops“, schrieb sie, „when the people of a country learn that the Crossroads participants have raised their own fares and sacrificed their money to come and live under discomforts and hardships for the sake of expressing a social principle and a spiritual value.“112 Solange dieses Prinzip beibehalten wurde, so glaubte sie, hätte Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 108 Vgl. ebd. 109 Vgl. Unbekannter Autor, Crossroaders share Living with Africans, 1. Mai 1969, OCAR 86/14. Über die Ausweisung des Peace Corps aus Tanzania siehe Meisler, When the World Calls, 126; Schwarz, What You Can Do for Your Country, 98. 110 Vgl. Meisler, When the World Calls, 38–42. 111 Dr. Elsie Austin (USIA Lagos) zit. in OCA Report 1961, 32. 112 Ebd., 32. 107
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die Organisation nichts zu befürchten. Schon allein wegen seines Grundsatzes, nur auf Einladung afrikanischer Länder zu agieren, war Crossroads nach eigener Ansicht eine der am meisten respektierten amerikanischen Organisationen in Afrika.113 Einen Vorteil hatte die Organisation auch, weil sie in den meisten afrikanischen Ländern die erste Organisation war, die dort überhaupt tätig geworden war. Der liberianische Botschafter in Ghana beteuerte 1958: „[N]one of us on this project can possibly know the historical signifiance and importance of our work this summer. This was the best significant thing the United States has done to us.“114 Außerdem lobten Afrikaner, wie der Botschafter aus Sierra Leone, Richard E. Kelfa-Caulker, dass sich die von Crossroads geleistete Hilfe anfühlte, als käme sie von einem großen Bruder und nicht von einem Vorgesetzten. Diese Art ermunterte Afrikaner dazu, an ihre Fähigkeiten zu glauben und Projekte nach ihrem eigenen Gutdünken zu realisieren.115 „Being available and moving at their pace“, sagte auch Israels Botschafter in Ghana, Ehud Avriel, steigere das Vertrauen der Afrikaner in das Projekt mehr als irgendetwas sonst.116 Der Grad der Unabhängigkeit von der amerikanischen Botschaft im jeweiligen Einsatzland beeinflusste den Erfolg der Crossroadsprojekte auf verschiedene Weise. Zum einen sprachen sich die amerikanischen Teilnehmer gegen eine zu starke Identifikation mit der amerikanischen Botschaft aus, weil sie nicht als Propagandahelfer wahrgenommen werden wollten – von dem Widerwillen der meisten kanadischen Studenten, im Kontakt mit der US-amerikanischen Botschaft zu arbeiten, ganz zu schweigen.117 Auch wenn der Kontakt zur Botschaft aus in Kapitel 2 bereits besprochenen Gründen unvermeidlich war, so empfahl auch Alec Fisken, dass sich der Kontakt auf ein Minimum beschränken sollte.118 Bekäme Crossroads finanzielle Unterstützung von der Botschaft, würde es als eines von deren Programmen und damit der amerikanischen Regierung wahrgenommen, und seine private Natur vollkommen verdeckt. Als in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre die Hilfeleistungen der United States Agency for International Development (USAID) gekürzt wurden, betrachteten die Afrikaner Crossroads zunehmend als eine Art Wiedergutmachung der Botschaft für die Einschränkung der USAID-Projekte.119 Zu intensiver Kontakt zur Botschaft erschwerte CrossVgl. James H. Robinson, Crossroaders Help in Africa, in: Peace Corps Volunteer 3.2 (1964). Vgl. Zitat in Brief, James H. Robinson an Bradford S. Abernethy, 29. September 1958, Abernethy Papers 28/2. 115 Zit. in Douglas Aids Crossroads Africa Plan, in: Washington Post, 19. November 1961, B2. 116 Zit. in OCA, Africa Student Study and Workcamp Project, 44. 117 Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa, 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR 82/29. 118 Vgl. ebd. 119 Vgl. Timothy C. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–67, JHR 47/33. Weiskel berichtet, dass die afrikanischen Regierungen die Kür113 114
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roads in einigen Ländern sogar die Suche nach afrikanischen counterparts. Außerdem wurden die Crossroader nicht mehr als individuelle Persönlichkeiten, sondern vielmehr als Repräsentanten ihres Staates empfangen. Selbst Broschüren, die Crosssroads als private Organisation beschrieben, so Fisken, stießen dort auf taube Ohren, wo Projekte von der Botschaft überwacht wurden. Die Afrikaner betrachteten die Freiwilligen der NGO dann als potentielle Spione der CIA.120 Die Freiwilligen selbst schätzten den Vorteil, der sich für Crossroads aus seiner privaten Natur ergab, als so groß ein, dass sie bezweifelten, ob ein staatlich gelenktes Projekt wie das Peace Corps in Afrika überhaupt Erfolg haben könnte. Im Februar 1961 druckte die New York Times einen Leserbrief ab, in dem sich ein ehemaliger Crossroader skeptisch über das Friedenscorps äußerte. Er schrieb: „Over and over again last summer, West Africans asked me if I had been sent by the United States Government and that the presence of a foreign government to them has always meant colonialism.“ Deswegen wäre es unerlässlich, dass sich Organisationen wie Crossroads ihren unabhängigen Status bewahrten, denn „theirs is a venture in person-to-person relations to which the personal […] touch is vital“. Einzelne Amerikaner, so der Verfasser des Leserbriefes weiter, würden mehr für Afrikas Entwicklung und somit auch für Amerikas weltweites Ansehen erreichen, als „huge task forces of professional do-gooders“. James H. Robinson, der diesen Brief für die Zeitung kommentierte, unterstützte den Punkt des ehemaligen Teilnehmers jedoch nicht ganz. Auch Regierungsprogramme wie ICA genossen seiner Meinung nach schließlich großen Respekt in Afrika. Für beide, private als auch staatliche Unternehmen, so Robinson, gäbe es daher genügend Platz in Afrika.121 Und auch Ruth Plimpton kam bei ihrer Erörterung der Frage „Why do we need a private organization like Crossroads, now that we have the PC?“ zu dem Schluss, dass sich private und staatliche Programme gegenseitig ergänzten und beide auf ihre Weise signifikante Veränderungen bewirken könnten.122 Es lässt sich also festhalten, dass Crossroads und das Peace Corps aufgrund ihrer verschiedenen Programmstruktur und Zielsetzung keinen Grund hatten miteinander zu konkurrieren. Außerdem genoss Crossroads dem Peace Corps gegenüber auf mehreren Ebenen Vorteile – Vorteile, die dazu beitrugen, dass es mit Entstehen des Peace Corps nicht plötzlich als überflüssig empfunden wurde.
zungen der AID-Unterstützung ablehnten und ihren Unmut gegen die lokal ansässige Botschaft richteten. Diese versuchte der Bevölkerung wiederum entgegenzukommen, indem sie Selbsthilfeprojekte initiierte. 120 Vgl. Fisken, Report on Work in West and Central Africa, 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR 82/29. 121 Letters to the Editor, in: New York Times, 26. Februar 1961, SM4. 122 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa, 23.
Auswirkungen der Gründung des Peace Corps auf Crossroads
Ein weiterer Grund, der Crossroads weitere Existenz vor den Augen seiner Leitung rechtfertigte, war der bisherige Erfolg der Organisation. So war Crossroads nicht nur in Afrika äußerst anerkannt, wie bereits geschildert wurde, sondern konnte auch viele seiner anfänglich gesetzten Ziele verwirklichen. In seiner Erörterung der Frage „in what way can such a short term program as Crossroads be of benefit to its participants?“ im Crossroads Communiqué zeigte Robinson, dass bereits über dreißig Prozent der ehemaligen Crossroader in verschiedenen Hilfsprojekten, dem Peace Corps oder dem Außenministerium auf unterschiedlichen Kontinenten tätig waren. Die Mehrzahl davon war gar nach Afrika zurückgekehrt oder hatte den Studiengang Afrikastudien gewählt.123 Crossroads wurde dennoch prognostiziert, dass es mit der Einrichtung eines Programms wie dem Peace Corps und mit der Gründung zahlreicher anderer privater Initiativen binnen weniger Jahre verkümmern würde.124 Die Bewerber- und Teilnehmerzahlen bestätigten jedoch vielmehr das Gegenteil, nämlich dass Crossroads als privat operierende Organisation weiterhin begehrt war und dass das Interesse an seinem Programm sogar noch zunahm, seit das Peace Corps existierte. Die Organisation verkündete, dass sich die Präsenz des Peace Corps nicht negativ auf ihr Wachstum auswirkte, sondern es vielmehr zu unterstützen schien.125 Während sich für 1958 nur 270 Studenten als Teilnehmer beworben hatten, erhöhte sich diese Zahl 1961 bereits drastisch auf 1.500. Dieser explosionsartige Anstieg ist vor allem dem damaligen Zeitgeist in Amerika geschuldet. Das Interesse dieses Jahrgangs an einer Anstellung im auswärtigen Dienst war so groß, dass die New York Times die Highschoolabsolventen von 1961 als „class of the Peace Corps“ bezeichnete – ein Jahrgang, der nicht nur zahlenmäßig größer als die vorhergehenden war, sondern auch stärker daran interessiert war einen persönlichen Beitrag zur Außenpolitik zu leisten.126 1962 verdoppelte sich die Anzahl der Bewerber erneut und erreichte nun ein Niveau von 3.000, um im folgenden Jahr bis auf 4.000 anzusteigen.127 Zurückzuführen ist der rapide Anstieg der Bewerberzahlen zum einen sicherlich auf den jährlich zunehmenden Bekanntheitsgrad von Crossroads an den Universitäten des Landes, der wiederum durch die Werbung der zurückkehrenden Crossroader aber auch die Berichterstattung der Medien (zum Beispiel der Ausstrahlung des CBS-Beitrags 1961) erhöht wurde. Zudem wurde Crossroads von vielen Peace-Corps-Interessenten als eine Art Probelauf beziehungsweise als Alternative für einen Peace-Corps-Einsatz betrachtet. So Vgl. Crossroads Communiqué 1.2 (1963). Siehe OCA Report 1963, 4 f. Vgl. Crossroads Communiqué 1.2 (1963). Vgl. Fred M. Hechinger, Class of 1961. This Year’s Students Indicate an Interest in Foreign Service, in: New York Times, 28. Mai 1961, E7. 127 Vgl. Crossroads Communiqué 1.2 (März 1963). 123 124 125 126
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vermerkte die Organisation, dass viele der Bewerber für 1963 angedeutet hätten, dass sie ernsthafte Absichten hätten, sich nach ihrem Studium für das Peace Corps zu bewerben.128 Ein ehemaliger Gruppenleiter von Crossroads, der jetzt für das Peace Corps arbeitete, Douglas Kelley, betrachtete die Teilnahme an Crossroads gar als eine der effektivsten Möglichkeiten, um sich auf einen Dienst als Freiwilliger im Peace Corps vorzubereiten.129 Unterstützt wurde diese Ansicht von der Berichterstattung der Medien, die Crossroads als Alternative zum Peace Corps anpriesen. In einem Artikel des Hartford Courant vom April 1961 wurde beispielsweise berichtet, dass das Interesse von Studenten, im Sommer in Afrika zu arbeiten, so hoch wäre wie noch nie. Deshalb stellte der Artikel Alternativen zum Peace Corps vor, von denen eine Operation Crossroads war. Dabei wies er auch auf die Vorteile hin, die sich aus einer Teilnahme an privaten Projekten wie Crossroads ergäben: Im Gegensatz zum Peace Corps, das sich noch in seiner Aufbauphase befand, hätten diese ihre Kompetenz bereits bewiesen und waren für verschiedene Vorkommnisse gewappnet.130 Gleichzeitig hatte Crossroads einen beständigen Zuwachs an Einladungen zu verzeichnen, die aus afrikanischen Ländern eintrafen. 1963 bekundeten bereits mehr als dreißig Länder Afrikas – mit Ausnahme der portugiesischen Territorien und Südafrikas – ihr Interesse an Crossroads und luden die Organisation ein, Projekte in ihrem Land zu realisieren.131 Präsident William V. Tubman würdigte Crossroads sogar in seiner Rede über den Zustand der Nation und verwies auf den Beitrag, den die von Crossroads geschickten Lehrer zur Weiterentwicklung der Nation geleistet hatten.132 Ab 1961 dehnte die Organisation ihren Wirkungskreis auf Ostafrika aus und initiierte Projekte in Kenya und Nordrhodesien (dem heutigen Sambia). Der Erfolg dieser Pilotprojekte führte dazu, dass sich die Aktivitäten der Organisation in Ostafrika von Jahr zu Jahr vermehrten.133 1961 wurde der Organisation außerdem gestattet, zwei ihrer Teilnehmer an workcamps in Südafrika partizipieren zu lassen. Im gemischt-rassischen Wilgerspruit Fellowship Center nahmen sie an einem Projekt teil, das Studenten verschiedener Herkunft und Hautfarbe zusammenbrachte – ein für das Südafrika der Apartheid-Ära eher ungewöhnliches Projekt, dessen Existenz auch permanent bedroht war.134
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Vgl. ebd. Zit. in ebd. Vgl. Richard F. Ahles, Connecticut’s Little ‚Peace Corps‘, in: Hartford Courant, 9. April 1961, Vgl. Crossroads Communiqué 1.2 (1963). Vgl. ebd. Vgl. OCA Report 1963, 14. Vgl. OCA Report 1961, 26.
Auswirkungen der Gründung des Peace Corps auf Crossroads
Zudem führte Crossroads ab 1961 auch spezialisierte Projekte durch, wie vierwöchige Fortbildungskurse für Lehrer in Liberia und Gabun.135 Damit reagierte es auf ein dringendes Bedürfnis Afrikas: die Verbesserung der Qualifikation von Lehrpersonal für die kommenden Generationen. In ihrem Bericht bemerkten die an dem Programm beteiligten Lehrer, dass mehr als achtzig Prozent der Lehrer in Afrika nicht für ihren Job qualifiziert und selbst auf dem Level der siebten Klasse stehengeblieben wären. Um die neue Generation zu unterrichten, bedurfte es dringend qualifizierten Personals.136 Um sowohl der Zunahme der Bewerberzahlen als auch dem wachsenden Interesse Afrikas an seinen Projekten Rechnung zu tragen, ließ Crossroads bis 1966 immer mehr Teilnehmer für seine Projekte zu. 1962 bezeichnete es als sein bis dahin erfolgreichstes Jahr, in dem nicht nur die Anzahl der Teilnehmer um ein Drittel anstieg, sondern auch das Beratungsgremium vergrößert und gestärkt, die Anzahl der kooperierenden Institutionen um ein Drittel erhöht, und der Mitarbeiterstab verdoppelt wurde.137 Crossroads stellte in diesem Jahr einen Verantwortlichen für das Afrikaprogramm sowie drei weitere Vertreter in Afrika ein, die sich dort um die Projekte für das kommende Jahr kümmern sollten.138 Auch die Zahl der Unterstützer erhöhte sich 1962, und es erhielt immer mehr Spenden von Kirchengruppen, Vereinen, Stiftungen und Privatpersonen.139 96.000 Dollar stiftete allein die Ford Foundation für die Lehrerweiterbildungsprojekte in Liberia und Gabun.140 Mehrere Faktoren sprachen also dafür, dass Crossroads trotz der Entstehung des Peace Corps und anderer ähnlicher Organisationen nicht überflüssig wurde. Es war anders strukturiert und akzentuiert als das Peace Corps, hatte sich bereits in Afrika bewährt, war unter Studenten beliebter denn je und hatte nicht zuletzt durch seine Vorbildrolle bei der Gründung vieler anderer Organisationen eine Beraterrolle für Fragen bezüglich Freiwilligenarbeit – speziell in Afrika – eingenommen. Deshalb stellte sich der Organisation auch bald die Frage, ob sie nicht expandieren sollte. Trotz ihres Erfolges in Afrika und ihrer Beliebtheit unter den Studenten Amerikas entschied sich das Beratungsgremium von Crossroads 1962 jedoch dagegen, da es seiner Ansicht nach besser wäre „to do a smaller project well and be sought after than to be spread too widely and too thinly.“141 Crossroads kritisierte gar die Vergrößerung anderer Organisationen, die auf angebliche Bedürfnisse in Afrika mit neuen, oftmals Vgl. OCA (Hg.), Report on the In-Service Teacher-Training Project in Liberia. Vgl. ebd. Vgl. OCA Report 1962, 3. Vgl. Crossroads Communiqué 2.1 (1964). Vgl. OCA Report 1962, 3. Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford S. Abernethy, 9. Mai 1962, Abernethy Papers 27/5. 141 Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin, Jr., 5. September 1962, WSC 24/151. 135 136 137 138 139 140
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nicht aufeinander bezogenen Projekten reagierten, für die ihnen mitunter die Ressourcen und qualifizierte Mitarbeiter fehlten. „Instead of expanding“, mahnte Robinson daher in einer Rede, „all of us would do well sometimes to narrow the scope of our efforts and to strengthen our work by union.“142 1963 stand Crossroads erneut vor der Frage einer Expansion. Wieder entschied sich die Organisation dagegen. Eine effektive Verwaltung von mehr Programmen setzte schließlich voraus, mehr Gruppenführer und Bezirksverwalter einzustellen, was wiederum nach einem Zuwachs an Spenden verlangt hätte. Das Beratungsgremium stellte außerdem klar, dass die Einzigartigkeit von Crossroads in der Qualität seiner Programme liege. Wollte es diese weiterhin gewährleisten und seine Ziele nicht aus dem Auge verlieren, könnte es nicht in großem Maße expandieren. Es wurde deshalb beschlossen, dass Crossroads 1964 ein Zuwachs von nicht mehr als 66 Teilnehmern erlaubt werden sollte.143 Fragen nach Expansion und Veränderung stellten sich in den folgenden Jahren immer wieder. Dabei besann sich die Organisation auf ihre in den Anfangsjahren getroffenen Entscheidungen. Um die Qualität ihrer Programme weiterhin gewährleisten zu können, ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und optimal auf veränderte Bedürfnisse und Anforderungen reagieren zu können, ließ sie regelmäßig Gutachten erstellen, wie die kommenden Kapitel zeigen werden. Kooperation mit anderen NGOs und dem Peace Corps
Eine weitere wichtige Entscheidung, die Crossroads in den frühen Sechzigern treffen musste, betraf die Frage, inwieweit es mit anderen Organisationen, an erster Stelle dem Peace Corps, kooperieren wollte. Robinson teilte 1962 mit, dass das Experiment in International Living, das African-American Institute als auch das Peace Corps alle an einer Zusammenarbeit mit Crossroads interessiert wären.144 In seiner Rede „The future of Crossroads“ mahnte Robinson: „The next important step for voluntary agencies is to see whether or not many of them cannot find better methods of cooperation, if not merger, in order that they may concentrate their efforts to do better jobs within the scope of their means.“145 Sorge bereitete ihm das unkontrollierte Wachstum von FreiwilligenorganiJames H. Robinson, The Future of Crossroads, undatierte Rede, JHR 34/29. Program Committee Minutes, 23. Oktober 1963, WSC 24/152. Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford S. Abernethy, 7. September 1962, Abernethy Papers 27/5. 145 James H. Robinson, The Future of Crossroads, undatierte Rede, JHR 34/29. Siehe auch James H. Robinson, A New Frontier for Government and Private Agency Cooperation, A Speech Delivered by Dr. James H. Robinson, At Putney, Vermont at the Forth Annual Award Dinner of the Experiment in International Living, OCAR Addendum 14/4. 142 143 144
Kooperation mit anderen NGOs und dem Peace Corps
sationen in Afrika, die unzulänglich organisiert und nicht aufeinander abgestimmt waren. Die Arbeit in Afrika war schließlich ein komplexes logistisches Unternehmen, das penibler Organisation und Vorbereitung bedurfte und eine Vielzahl an Details beachten musste, die diese Gruppen oft nicht alleine bewältigen konnten. Deshalb müsste es eine Grenze für die zulässige Anzahl der in Afrika tätigen Freiwilligenorganisationen geben.146 Bereits zu Beginn der sechziger Jahre hatte er vor einer „invasion of Americans“, einer Überpräsenz amerikanischer NGOs in Afrika, gewarnt – Ende des Jahrzehnts zeigte sich, dass er damit Recht haben sollte.147 Crossroads kooperierte mit vielen Organisationen, darunter der Personalabteilung des Außenministeriums, dem Experiment in International Living, der Young Men Christian Association (YMCA), Books for Young Africa, Meals for Millions und dem „East Africa Teachers’ Program“ der Columbia University.148 1966 entschloss sich Crossroads außerdem zu einer engeren Zusammenarbeit mit dem Experiment in International Living. Crossroads garantierte der Organisation für das kommende Jahr 66 Sitze in seinem Charterflugzeug, gestattete die Teilnahme an seinen Vorbereitungsseminaren und erklärte sich bereit, Teilnehmer der Organisation so weit wie möglich in seine workcamps zu integrieren.149 Außerdem stellte Crossroads eine Liste seiner ehemaligen Teilnehmer zur Verfügung, bei denen man um die Aufnahme afrikanischer Studenten bitten konnte.150 Die in Afrika tätigen Organisationen besprachen sich außerdem regelmäßig. 1968 hielt Crossroads gemeinsam mit dem Experiment in International Living, dem Friends Service Committee, den Sommerprogrammen der methodistischen und presbyterianischen Kirche und dem World Council of Churches eine von ihm geleitete Konferenz ab, in der sie Möglichkeiten erörterten, wie man mehr Vertreter von Minderheiten für Freiwilligenprojekte gewinnen könnte.151 OCA wurde aufgrund seiner weitreichenden Kontakte und Erfahrung auch gerne von anderen Organisationen konsultiert, um deren Pläne und Programme zu begutachten und Ratschläge zu möglichen Projekten Vgl. James H. Robinson, The Future of Crossroads, JHR 34/29. James H. Robinson, A New Frontier for Government and Private Agency Cooperation, OCAR Addendum 14/4. 148 Vgl. OCA Report 1962, 39. 149 Siehe Brief, James H. Robinson an Jack Wallace (Experiment in International Living), 2. November 1966, OCAR Addendum 14/4; Memorandum on Exploratory Conversation on Area of Cooperation Between the Experiment in International Living and Operation Crossroads Africa, OCAR Addendum 14/4. Die Entscheidung, dass die Teilnehmer des Experiment nach ihrem Aufenthalt in Gastfamilien zu den Crossroader stoßen würden, wurde getroffen, um Crossroader in der Endphase der Projekte zu unterstützen und die Enttäuschung zu vermeiden, die sich für die Teilnehmer ergeben würde, bereits nach der Hälfte Abschied von neuen Freunden nehmen zu müssen. 150 Vgl. Report on Activities of Operation Crossroads Africa: Cooperation with Government and Private Agencies, Abernethy Papers 27/3. 151 Brief, James H. Robinson an Sharon Rockefeller, 16. September 1968, OCAR 85/16. 146 147
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und Ausflugszielen zu erteilen.152 Auch wenn dies die Organisation viel Zeit kostete, war es letztendlich auch in ihrem Interesse, andere Organisationen ausreichend zu beraten. Denn würden diese ohne die nötigen Hintergrundinformationen in Afrika aktiv werden, könnte das Image aller amerikanischen Freiwilligenorganisationen Schaden nehmen. Da Crossroads die größte private in Afrika tätige amerikanische Freiwilligenorganisation war, bestand außerdem die Gefahr, man könnte andere Organisationen mit ihr verwechseln und ihr die Fehler anderer ankreiden.153 Robinson war ein entschiedener Befürworter einer Kooperation zwischen staatlichen und privaten Organisationen. Er betonte immer wieder, dass maximaler Erfolg nur erzielt werden könnte, wenn staatliche und nichtstaatliche Organisationen zusammenarbeiteten: „Both government and private agencies stimulate and reinforce each other to the benefit of both Africa and America.“154 So kooperierte Crossroads mit der Abteilung für Bildung und Kultur des Außenministeriums im Rahmen seines „African Leadership Program“, das 1964 ins Leben gerufen wurde, mit der USIA bezüglich seines medizinischen Projekts in Dahomey und half dem Außenministerium, geeignete Afroamerikaner für den Auswärtigen Dienst anzuwerben.155 Robinson setzte auch große Hoffnungen in das Peace Corps. 1961 äußerte er noch zuversichtlich: „The Peace Corps can be the pilot project of government-private agency cooperation upon which we can build for the future.“156 Die anfänglichen Richtlinien des Peace Corps legten diesen Schluss durchaus nahe. Tatsächlich wurden sie so jedoch nie umgesetzt. Laut Sargent Shriver war die Frage der Kooperation mit privaten Organisationen und Universitäten eines der umstrittensten Themen in der Anfangszeit des Peace Corps.157 Noch zu Beginn deutete alles auf eine enge Kooperation mit anderen Freiwilligenorganisationen und NGOs hin. In seinem Bericht an den Präsidenten 1961 führte Shriver fünf Kanäle auf, durch die das Corps zu gleichen Teilen arbeiten würde. Als erstes nannte er die privaten Organisationen, die bereits in Projekte involviert waren, wie beispielsweise IVS, Crossroads und den 4-H Club. Zweitens führte er Universitäten und Bildungseinrichtungen an, gefolgt von wirtschaftlichen und technischen Hilfsprogrammen der USA, Programmen der UNO und anderen internationalen Organisationen sowie schlussendlich direkt vom Peace Corps selbst verwaltete Projekte.158 In Bezug auf die Arbeit mit anderen privaten Organisationen schrieb Shriver: „It Vgl. OCA Report 1962. Vgl. Brief, James H. Robinson an William F. Dawson, 11. März 1963, ADD 13/14. James Herman Robinson, Africa at the Crossroads, 64. Vgl. auch James H. Robinson, A New Frontier for Government and Private Agency Cooperation, OCAR Addendum 14/4. 155 Vgl. Report on Activities of Operation Crossroads Africa, undatiert, Abernethy Papers 27/5. 156 James H. Robinson, The Future of Crossroads, JHR 34/29. 157 Shriver, Point of the Lance, 72. 158 Vgl. Shriver, Report to the President, 5–8. 152 153 154
Kooperation mit anderen NGOs und dem Peace Corps
is important that the Peace Corps supplement and extend the early pioneering efforts of the private agencies rather than by-pass them or swallow them up in a federal program.“159 Schließlich war es der Erfolg dieser privaten Programme, der zur Entstehung der Idee für das Peace Corps geführt hatte. Die Vielfalt und experimentelle Qualität dieser Programme dürfe daher nicht verloren gehen. Die Zusammenarbeit mit privaten Institutionen würde den Gastländern vor Augen führen, dass das Peace Corps stellvertretend für ganz Amerika und für dessen Bürger stand, und nicht nur im Namen der Regierung agierte. Dazu sagte Shriver: „America is a pluralistic society, and the Peace Corps expresses its diversity by demonstrating that the public and private sectors can work cooperatively and effectively.“160 Auf einer eher praktischen Ebene hätte die Kooperation mit privaten Organisationen außerdem den Vorteil, dass diese dem Peace Corps in einigen Gegenden den sofortigen Start ermöglichten, weil sie bereits die Routine entwickelt hatten, um Projekte in diesen Gebieten zu initiieren, und über erfahrene Mitarbeiter und eine Vielzahl an Kontakten in den Gastländern verfügten.161 Dieses Konzept wurde so jedoch nicht realisiert. Das Peace Corps organisierte und steuerte fast all seine Programme ausschließlich selbst.162 Harris Wofford schien über diese Tatsache wenig überrascht: „Those experienced with the expansive appetite of government agencies, and those of us who knew Shriver, should have realized that such direct Peace Corps-run projects would grow to become the dominant model.“163 Demnach entsprach eine zentralisierte Organisation, in der Entscheidungen schnell und unkompliziert getroffen werden konnten und in der die Verantwortlichen selbst die Fäden in den Händen hielten, viel eher Shrivers Naturell.164 Entscheidungen wie über die Auswahl der Teilnehmer, deren Training und die Art der Projekte wollte das Peace Corps selbst übernehmen, um sich seinen individuellen Charakter zu bewahren. Eine Partnerschaft mit privaten Organisationen war daher in dem anfänglich angekündigten Maße nicht möglich.165 Ein weiterer Grund dafür, dass eine enge Kooperation zwischen dem Peace Corps und NGOs nicht realisiert wurde, war die heiß debattierte Frage, ob man auch mit religiösen Organisationen kooperieren sollte. Um nicht gegen den ersten Verfassungszusatz zu verstoßen aber gleichzeitig auch die Trennung Ebd., 16. Shriver, Point of the Lance, 72 f. 161 Ebd. Über die Bewerbungsvoraussetzungen privater Organisationen siehe Information Bulletin, Private Voluntary Agencies and the Peace Corps, 1. April 1961, JHR 3/4; Thomas D. Scott, The Peace Corps and the Private Sector. 162 Vgl. Meisler, When the World Calls, 20; Rice, The Bold Experiment, 101–104; Scott, The Peace Corps and the Private Sector, 93–104. 163 Wofford, Of Kennedys and Kings, 260. 164 Vgl. Harris Wofford, Recorded Interview by Berl Bernhard, 29. November 1965. 165 Vgl. Shriver, Point of the Lance, 72; Rice, The Bold Experiment, 101. 159 160
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zwischen Kirche und Staat zu berücksichtigen, löste das Peace Corps das Problem, indem es das „Office of Program Development and Operations“ (PDO) kreierte. Es entwickelte sich schnell zum zentralen Organ des Peace Corps und war für die Planung der Projekte in Afrika zuständig. Im Sommer 1961 wurde der Direktor des PDO sogar zum Verantwortlichen für alle Programme ernannt, womit das Management durch private Organisationen so gut wie aufgegeben wurde.166 Wie Thomas S. Scott in seinem Essay über die Kooperation zwischen dem Peace Corps und privaten Organisationen berichtet, waren in den ersten vier Jahren nie mehr als dreißig potentielle kooperierende Organisationen für das Peace Corps im Gespräch. Auf der Höhe der Beteiligung des privaten Sektors hatten 1963 gerade einmal sechzehn NGOs Verträge, die sie zur Arbeit mit lediglich zwanzig Prozent der Teilnehmer verpflichteten, während die Universitäten sogar nur zehn Prozent der Projekte managten.167 Robinson sagte später, eine seiner größten Auseinandersetzungen mit dem Peace Corps wäre gewesen, dass es sich zur reinsten Bürokratie entwickelte und nicht genügend Raum für Verträge mit privaten Organisationen ließ.168 Wenn sich Robinson über die mangelnde Kooperationsbereitschaft mit dem privaten Sektor beklagte, warum gehörte Crossroads dann 1963 nicht zu den sechzehn Organisationen, mit denen das Peace Corps kooperierte? Die Gründe hierfür liegen erneut in der unterschiedlichen Struktur und Zielsetzung der beiden Programme begründet. 1962 fanden Gespräche zwischen den beiden Organisationen statt, ob ein Vertrag zwischen ihnen möglich und sinnvoll wäre. Nach drei Monate währenden Diskussionen und unter Berücksichtigung der Pläne für die zukünftige Entwicklung von Crossroads, entschied der Vorstand, dass Crossroads eine private, nichtstaatliche Organisation bleiben und weiterhin auf kurzzeitige Freiwilligenprojekte für Studenten im Sommer spezialisiert bleiben wollte. Gegenüber dem Peace Corps begründete er diese Entscheidung damit, dass es seinen wertvollsten Beitrag darin sah, mit jungen Studenten zu arbeiten, von denen viele nach ihrer Crossroadszeit am Peace Corps teilnahmen, Missionsarbeit in Afrika verrichteten oder für Wirtschaftsund Regierungsorganisationen arbeiteten, die sich in den neuen Nationen Afrikas engagierten. Da Crossroads die einzige Organisation war, die diese Kurzzeitaufenthalte in Afrika ermöglichte, war es wichtig, dass es diese Aufgabe fortsetzte. Viele der anderen Organisationen, die längerfristig in Afrika arbeiteten, profitierten nämlich von Crossroads und bedurften seiner UnterVgl. ebd.; Scott, The Peace Corps and the Private Sector, 96. Vor der Etablierung der PDO hatten verschiedene Abteilungen des Peace Corps die Aufgabe, Verträge mit anderen Organisationen zu schließen. 167 Vgl. Scott, The Peace Corps and the Private Sector, 96. 168 Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, 1507. 166
Kooperation mit anderen NGOs und dem Peace Corps
stützung bei der Suche nach Personal und Teilnehmern. Zudem war Crossroads der Meinung, dass es nicht die Kriterien erfüllte, die das Peace Corps für nichtstaatliche Organisationen vorschrieb. Sein spezialisiertes Programm, das Fortbildungsprogramm für afrikanische Lehrer, entsprach bei Weitem nicht den zeitlichen Vorgaben des Peace Corps. Selbst wenn man dieses Programm auf ein Jahr ausdehnte, würde das dafür benötigte Personal, erwachsene und erfahrene Lehrer, womöglich nicht bereit sein, für ein durchschnittliches Peace-Corps-Gehalt zu arbeiten und ihre Familien in Amerika zurückzulassen. Beschwichtigend fügte Robinson dieser Ablehnung jedoch hinzu, dass Crossroads in jedem Fall, wie in der Vergangenheit, mit dem Peace Corps kooperieren werde.169 Auch wenn sich Crossroads gegen eine formelle Zusammenarbeit mit dem Peace Corps entschied, bereicherten sich beide Programme gegenseitig auf mehreren Ebenen und unterstützten einander bei unterschiedlichen Anlässen. Zuerst war dies während der Entstehung des Peace Corps geschehen, als Crossroads sich für dessen Gründung eingesetzt und durch seinen eigenen Erfolg der Öffentlichkeit vor Augen geführt hatte, dass jegliches Misstrauen gegenüber einem staatlichen Freiwilligenprogramm unbegründet war. Ab 1961 unterstützte Operation Crossroads das Peace Corps vor allem bei dessen Suche nach qualifizierten, insbesondere schwarzen, Teilnehmern. Robinson bezeichnete Crossroads gar scherzhaft als „kind of a feeder for the Peace Corps“.170 Jährlich ließ es dem Peace Corps eine Liste mit den Namen der Teilnehmer zukommen, auf der die Afroamerikaner gesondert vermerkt waren. Diese Liste erhielt auch das Außenministerium, das davon wiederum in seiner Suche nach afroamerikanischen Mitarbeitern profitierte.171 Wie hilfreich diese Listen für das Peace Corps waren, zeigt ein Kommentar von Sargent Shriver. In ihrer „talent search“ habe sich seine Organisation sowohl an die Regierung, Universitäten, Unternehmen und andere Organisationen gewandt, da sie bewusst so viele Afroamerikaner und Minderheiten wie nur möglich für ihre Projekte gewinnen wollte. „We knew that Negroes would not ordinarily apply for high-level policy jobs“, sagte Shriver, „so we decided to seek them out.“172 Das Peace Corps erbat deshalb regelmäßig die Adressen von Crossroadern, die es für seine eigenen Projekte gewinnen wollte.173 Der Chef der Teilnehmeranwerbung, Graham, schrieb gar, das Peace Corps könnte keine bessere Quelle Vgl. Brief, James H. Robinson an Frank Williams, 19. Oktober 1962, JHR 4/9. U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1932. 171 Vgl. Minutes of the May, 3, 1962 Board of Directors Meeting of Operation Crossroads Africa, WSC 24/151. Vgl. auch: Brief, Mitzi Mallina (Peace Corps) an Lindsay White, 14. August 1961, JHR 3/8. 172 Shriver, Point of the Lance, 73. 173 Vgl. Brief, Doug Kelley (Peace Corps) an James H. Robinson, 18. Juli 1962, JHR 4/4. 169 170
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für die Rekrutierung von Teilnehmern finden als ehemalige Crossroader.174 Und Robinson bemerkte dazu: „[The Peace Corps] ought to pay us for building a reservoir“, denn auf jeden Rückkehrer wartete bereits ein Telegramm von Shriver, das lautete: „Won’t you come down for an interview about service in [the] Peace Corps after your experience in Crossroads?“175 Wie Robinson berichtete, lud das Peace Corps außerdem so gut wie jeden afroamerikanischen Gruppenleiter von Crossroads zu Gesprächen ein, um ihn davon zu überzeugen, für das Peace Corps als Programmdirektor in Afrika zu agieren.176 Diese Nachfrage nach ehemaligen Crossroadern kam auch Crossroads zugute, denn schließlich hatte Robinson seit Jahren die unzureichende Präsenz von schwarzen Amerikanern im außenpolitischen Apparat der USA bemängelt und es zum Ziel der Organisation erklärt, ihre Teilnehmer für den Dienst in Afrika durch das Außenministerium oder humanitäre Programme zu begeistern. Auch fand ein reger Personaltransfer zwischen OCA und dem Peace Corps statt. Neben einer Vielzahl ehemaliger Freiwilliger wechselten auch Crossroadsmitarbeiter zum Friedenscorps. Als Beispiel sei hier William Delano genannt. Der Leiter der Rechtsabteilung im Peace Corps hatte in den vierziger Jahren in Robinsons Ferienlagern in New Hampshire gearbeitet und wurde später Aufsichtsratsmitglied von Crossroads. Delano beriet Shriver bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder für das Peace Corps, für den schließlich Robinson zu einem von fünf stellvertretenden Vorsitzenden ernannt wurde.177 Auch der ehemalige Gruppenleiter William Sloane Coffin wurde vom Peace Corps angeheuert, um dessen Trainingscenter 1961 in Puerto Rico zu leiten.178 Ob das Peace Corps in ein Land eingeladen wurde, hing oftmals vom Erfolg des Crossroadsprojekts in dieser Region ab.179 In Zambia wollte E. F. Ball, ein ranghoher Mitarbeiter des Arbeitsministeriums, dass Crossroads weitere Projekte in seinem Land initiierte, und prognostizierte, dass deren Erfolg dem Peace Corps den Weg in sein Land öffnen könnte.180 Existierende Projekte wurden darüber hinaus stets zwischen den beiden Organisationen abgesprochen, um die bestmögliche Koordination zu gewährleisten. So beriet Crossro-
Vgl. Report on Activities of Operation Crossroads Africa. Cooperation with Government and Private Agencies, Abernethy Papers 27/3. 175 House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, 1508. 176 Vgl. Brief, James H. Robinson an Richard K. Fox, Jr., 14. Oktober 1963, OCAR 85/2. Siehe auch Brief, Warren W. Wiggins an James H. Robinson, 27. Januar 1964, JHR 6/3. 177 Vgl. Cato, James Herman Robinson, 106. 178 Dr. Coffin to Speak at School, in: Hartford Courant, 28. März 1970, 12E. 179 Vgl. Brief, USIA Lagos an James H. Robinson, 6. Juni 1966, OCAR 79/9. 180 Vgl. Brief, Bradford S. Abernethy an James H. Robinson, 23. Juli 1968, OCAR Addendum 7/2. 174
Robinson im Beratungsgremium des Peace Corps
ads das Peace Corps in Bezug auf Weiterbildungsprogramme für Lehrer und sprach die nächsten Schritte für die Projekte mit ihm ab.181 Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Peace Corps und Crossroads Africa erfolgte vor allem zwischen Teilnehmern und Mitarbeitern der beiden Organisationen direkt vor Ort in Afrika. So arbeiteten Peace-Corps-Freiwillige und Crossroader oft gemeinsam an Projekten oder verbrachten ihre Freizeit miteinander. 1963 schrieb Robinson, dass allein in diesem Jahr Teilnehmer des Peace Corps in sieben bis acht Gruppen mit den Crossroadern gemeinsam lebten und ihnen bei der Arbeit halfen.182 Eine Gruppe aus Niger berichtete 1964 von gemeinsamen Treffen mit Peace-Corps-Teilnehmern, bei denen ihnen einmal ein schmackhaftes Frühstück mit Rührei zubereitet wurde.183 Fälle, in denen Peace-Corps-Freiwillige mit Crossroads gemeinsam arbeiteten, kamen demnach zwar vor, wurden von OCA aber nicht unbedingt gefördert. Jerome Vogel, der Zuständige für die workcamps in Afrika, äußerte Bedenken, dass dadurch Unklarheiten über die Identität der jeweiligen Freiwilligen entstehen könnten und Crossroads Ruf als nichtstaatliche Organisation Schaden nehmen könnte.184 Abgesehen von der Kooperation mit dem Peace Corps entwickelte das kanadische Crossroadskomitee enge Beziehungen zum Canadian University Service Overseas (CUSO), dem kanadischen Äquivalent zum Peace Corps. Ebenso wie bei der Kooperation mit dem amerikanischen Gegenstück arbeiteten viele ehemalige Crossroader später mit CUSO sowohl in dessen Personalabteilung als auch als Freiwillige in Afrika.185 Robinson im Beratungsgremium des Peace Corps
Die Kooperation zwischen Crossroads und dem Peace Corps zeigt sich auch an der Berufung James H. Robinsons zum stellvertretenden Vorsitzenden in dessen Beratungsgremium. Diesem gehörten neben ihm weitere prominente Amerikaner beider Parteien und verschiedener Konfessionen an, damit es, ebenso wie bei Crossroads, eine „cross section of American life and thought“ repräsentierte.186 Das Peace Corps wollte somit außerdem verhindern, ins Vgl. Operation Crossroads Africa, Report on the In-Service Teacher-Training Project in Liberia. 182 Vgl. Brief, James H. Robinson an Marion A. Fitch (Peace Corps), 12. September 1963, JHR 5/7. 183 Vgl. Group Report for Crossroads Team Niger, 1964, OCAR 79/6. 184 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Julius W. Walker, Jr. (Deputy Chief of Missions, US Embassy, Chad), 23. April 1969, 75/21. 185 Vgl. Report Canadian Committee of Operation Crossroads Africa to the Executive General Council, November 1967, JHR 47/29. 186 Office of the White House Press Secretary, Release, 30. März 1961, WSC 17/3. 181
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Kreuzfeuer der Parteien zu geraten; es wollte vielmehr als nationales Interesse wahrgenommen werden.187 Außerdem war die Zusammensetzung des Gremiums ein Statement zugunsten der Bürgerrechtsbewegung, da ihm so prominente Afroamerikaner wie der Sänger Harry Belafonte und eben auch James H. Robinson angehörten.188 Vorsitzender dieses Gremiums war Vizepräsident Lyndon B. Johnson. Neben James Robinson gab es weitere vier stellvertretende Vorsitzende: Dr. Mary L. Bunting (Rektorin des Radcliffe College in Boston), William O. Douglas, David E. Lilienthal (von der Development and Resources Corporation) und Thomas J. Watson, Jr. (Chef der International Business Machines Corporation). Die Kompetenzen des Beratungsgremiums waren jedoch eher undurchsichtig und seine Befugnisse nicht klar umrissen. Es hatte letztendlich aber keine Entscheidungsgewalt, da Shriver alle Entscheidungen selbst fällte.189 Seinen Posten in dem Gremium bekam James H. Robinson, weil das Peace Corps, wie Shriver feststellte, aus mehreren praktischen Gründen von seinem Wissen profitieren konnte. Nur Wenige wüssten so viel über die Bedürfnisse der Afrikaner und die Wünsche der dort lebenden Menschen. Nur Wenige genossen dort so großen Respekt und so großes Vertrauen wie er: „There were few men who were so expert in building bridges of communication.“190 In seiner Position erwies Robinson sich auf mehreren Ebenen als hilfreich: in der Meinungsforschung, Personalrekrutierung, bei Instruktionen, als Gesandter und schlicht als Experte für alle strittigen Fragen. Eine der wichtigsten Aufgaben, die Robinson für das Peace Corps übernahm, waren seine Sondierungen der öffentlichen Meinung in Afrika. Er eruierte, ob das dortige Umfeld für das Peace Corps bereit war. So nutzte das Peace Corps 1962 Robinsons exzellenten Kontakte nach Afrika, um die Reaktionen von dort ansässigen Europäern, der Regierung, der Opposition, Kommunisten und Studenten zu ergründen.191 Auf einer Erkundungstour gelang es ihm, dem Freiwilligencorps Einladungen in einige afrikanische Länder zu verschaffen. Der größte Erfolg war, das eher anti-westlich orientierte Guinea davon zu überzeugen, das Peace Corps innerhalb seiner Grenzen zuzulassen. Darüber hinaus besuchte Robinson Konferenzen und half bei der Einführung der nach Afrika gehenden TeilnehVgl. Rice, The Bold Experiment, 92. Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 48. 189 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 92. 190 Address by Sargent Shriver for 10th Birthday of Operation Crossroads Africa, Washington D. C., 13. April 1967, JHR 2/8. 191 Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1932; U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Hearings Providing for Creation of a Freedom Commission and Freedom Academy, 1506; Brief, Charles Peters (Peace Corps) an James H. Robinson, 15. August 1962, JHR 4/5; Brief, James H. Robinson an Charles Peters, 31. August 1962, JHR 4/5. 187 188
Fazit
mer. 1966 instruierte er die Freiwilligen, die auf dem Weg nach Botswana waren.192 Zudem beriet er das Corps bei der Suche nach Mitarbeitern in afrikanischen Ländern und schlug dabei vor allem Menschen vor, die mit Crossroads zusammengearbeitet hatten.193 Doch Robinson sorgte sich nicht nur um die Rekrutierung afroamerikanischer Mitarbeiter, sondern auch um die verstärkte Anwerbung afroamerikanischer Teilnehmer, und verlangte: „If Negroes are important and significant, then we ought to do everything to meet a special problem, if it is good for the image of the United States.“194 In Ländern wie Guinea hielt er es aus Imagegründen für unerlässlich, dass in dem Kontingent so viele kompetente Afroamerikaner waren wie nur möglich.195 Robinson setzte sich außerdem dafür ein, dass der Anteil der speziell ausgebildeten Fachkräfte im Peace Corps erhöht würde – ein Anliegen, das Shriver teilte.196 Ältere und erfahrenere Menschen, so Robinson, wären besser für die vom Peace Corps intendierten Aufgaben geeignet als junge Menschen mit wenig Erfahrung und unzureichender Ausbildung. „There was no need to remain slave to an idea so that the needs of underdeveloped nations can be met in a more exacting way.“197 Robinsons Position beruhte hier wieder auf seiner Überzeugung, dass das Peace Corps einen anderen Zweck als Crossroads verfolgte. Für Crossroads Ziel, zur Verständigung zwischen Afrikanern und Amerikanern beizutragen, waren ungelernte Studenten das ideale Medium. Aber das Peace Corps, das mehr daran interessiert war, die Länder der Dritten Welt bei ihrer Entwicklung zu unterstützen, konnte mehr von erfahreneren Teilnehmern profitieren.198 Fazit
Rufen wir uns die Probleme in Erinnerung, die James Robinson 1957 hatte, als er seine Freiwilligenorganisation für Afrika etablierte. Es mutet schier unglaublich an, innerhalb welch kurzer Zeit es Crossroads und James H. Robinson gelungen war, zu einer Autorität in Bezug auf Afrika und Freiwilligenarbeit Siehe über seine Reise zur Internationalen Peace-Corps-Konferenz in Indien: Brief, James H. Robinson an Carl V. Schieren, Jr., 7. Mai 1968, JHR 15/17. Über die Einführung der Afrikagruppen siehe Brief, James H. Robinson an Joseph Palmer, 28. Oktober 1966, JHR 12/3. 193 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1934. 194 Vgl. Brief, James H. Robinson an Bill Moyer, 28. November 1961, JHR 3/15. 195 Vgl. Brief, James H. Robinson an Charles Peters, 29. Oktober 1962, JHR 4/9. 196 Vgl. Brief, Sargent Shriver an James H. Robinson, 11. Juli 1962, JHR 4/4. 197 James H. Robinson, Peace Corps – Past and Future, undatierte Rede, JHR 35/30; vgl. auch James H. Robinson, Why Remain Slave to an Idea?, in: Peace Corps Volunteer 4.5 (1963), 20–22. 198 Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 192
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zu werden. Ein Schreiben an Robinson von 1961 bringt es auf den Punkt: „How pleased you must be to see the tremendous results of your idea – so sceptically, reluctantly, fearfully viewed only a few short years ago.“199 Die frühen Sechziger waren äußerst erfolgreiche Jahre für die Organisation, auch bedingt durch den von Kennedy generierten Enthusiasmus im Land und die steigende Bereitschaft der jungen Bevölkerung, Freiwilligenarbeit im Ausland zu leisten. Robinson erlebte in diesen Jahren, dass einige seiner Herzensangelegenheiten, wie eine verstärkte diplomatische Beachtung Afrikas, die vermehrte Einstellung afroamerikanischer Diplomaten für den Auswärtigen Dienst und die Hinwendung zu people-to-people Diplomatie auch von der Regierung und der Bevölkerung gefordert wurden, und sein Rat aufgrund seiner Erfahrungen auf diesen Feldern von allen Seiten gesucht und geschätzt wurde. Mit Crossroads hatte Robinson wenige Jahre zuvor auch ein Programm geschaffen, das den Zeitgeist in mehrerlei Hinsicht so punktgenau traf, dass nun viele Organisationen nach seinem Vorbild gegründet wurden beziehungsweise auf Expertentipps von Robinson zurückgriffen. Eine dieser Organisationen war das Peace Corps. Wie dieses Kapitel veranschaulicht hat, ähnelte sein Konzept allerdings nur in Teilen demjenigen von OCA. Tatsächlich war es von mehreren Programmen beeinflusst. Dennoch spielte Crossroads eine wichtige Rolle bei der Etablierung des Friedenscorps. Sein Erfolg ermutigte dessen Fürsprecher und Gründer, dass Freiwilligenprogramme auf die Zustimmung der amerikanischen Jugend stießen und ein Mangel an Bewerbungen für die neue Organisation ausgeschlossen werden konnte. Außerdem zeigte es, dass andere Länder willens waren, Freiwillige aus den USA willkommen zu heißen. Zum anderen trug Crossroads mit seinem im Vergleich zu anderen Organisationen bereits reichen Erfahrungsschatz mit vielen wertvollen Tipps zur Etablierung des Peace Corps bei. Sowohl die ersten Fürsprecher für einen nationalen Freiwilligendienst, Humphrey und Reuss, als auch die mit der Erforschung existierender Hilfsprojekte beauftragten Stiftungen und Forschungsstätten wie das MIT und die Colorado State University sowie die Medien zogen Lehren aus den Crossroadsprojekten und stellten sie als ideales Beispiel dar, um den möglichen Einsatz des Peace Corps zu veranschaulichen. Zudem waren Menschen an der Konzeption der Organisation beteiligt, die schon einige Jahre als Aufsichtsratsmitglieder von Crossroads agiert hatten. In den Jahren nach der Gründung des Peace Corps bestand außerdem ein reger Austausch zwischen den beiden Organisationen in Hinblick auf Personal, Ideen, Ratschläge und Projekte. Crossroads half vor allem bei der Suche nach qualifizierten, besonders afroamerikanischen, Mitarbeitern und Teilnehmern. Umgekehrt profitierte auch Crossroads durch das wachsende Interesse
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Brief, Fanny Boyd an James H. Robinson, 20. März 1961, JHR 3/2.
Fazit
der amerikanischen Jugend an seinem Programm, wodurch seine Bewerberzahlen dementsprechend steil anstiegen. Trotz der aufkommenden Diskussionen, ob ein vergleichsweise kleines Freiwilligenprogramm wie Crossroads nach der Etablierung des staatlichen Friedenscorps überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hätte, entschloss sich Crossroads sein Programm weiterzuführen. Es grenzte sich vom Peace Corps ab, indem es sich auf ihre Unterschiede in der Zielsetzung berief und die Vorteile betonte, die sich für die Arbeit nichtstaatlicher Programme in Afrika ergaben. Die Organisatoren sahen die Mission von Crossroads in Afrika als noch nicht beendet an: Die Reise konnte also weitergehen. In seiner Rede an die Crossroader hatte Kennedy 1962 bereits davor gewarnt, dass der Optimismus und der Enthusiasmus, die den Beginn der Dekade markierten, auch ebenso schnell wieder verfliegen könnten. Fast schon prophetisch hatte er sie darauf hingewiesen: „Disillusionment is the second wave that comes after the wave of enthusiasm.“200 Nur siebzehn Monate nach diesen Worten war sein Tod im November 1963 das erste in einer Reihe von Ereignissen und Entwicklungen, die eine Zeit der Desillusionierung in den USA einläuteten. Wie sich das langsame Abebben der nationalen Aufbruchstimmung für Crossroads gestaltete, werden die nächsten zwei Kapitel zeigen. Begreifen kann man die Spannungen und Enttäuschungen der nun folgenden Jahre jedoch nur, wenn man versteht, dass sie ein natürliches und nahezu unumgängliches Resultat aus der in diesem Kapitel betrachteten Zeit waren, in der der Glaube an eine bessere Zukunft groß war, und Amerika als unverwundbar galt.
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John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers.
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We live in a world that has narrowed into a neighborhood before it has broadened into a brotherhood. – Lyndon B. Johnson –
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it John F. Kennedy war gleichzeitig die Inspirationsfigur der amerikanischen Nachkriegsgeneration, der Initiator der development decade und der Hoffnungsträger der Afroamerikaner und Afrikaner gestorben. Es war nun an seinem Nachfolger, dem Texaner Lyndon B. Johnson, sein Erbe anzutreten. Johnson wollte dieser Aufgabe in jeder Hinsicht gerecht werden, war bemüht die positiven Beziehungen der Kennedy-Administration mit Afrika fortzusetzen und soziale Gerechtigkeit in den USA Realität werden zu lassen. Die Eskalation des Vietnamkrieges im Sommer 1965 und der Ausbruch von Rassenkrawallen in den Städten des amerikanischen Nordens konfrontierten ihn jedoch alsbald mit ungeahnten Problemen, die alle anderen seiner Errungenschaften in den Schatten stellen sollten. Kurz vor dem Eintreten in diese kritische Phase war das Vertrauen in den Staat und den Präsidenten sowie in die begründete weltpolitische Vormachtstellung der USA jedoch auf einem Höhepunkt angelangt: Noch glaubten die Amerikaner, dass die Modernisierung der Dritten Welt möglich und ihre Nation ein leuchtendes Vorbild für andere Staaten sein könnte.1 Auch das afroamerikanische Interesse an der amerikanischen Afrikapolitik erreichte Mitte der sechziger Jahre seinen vorläufigen Gipfel. Wie die Aktivitäten der American Negro Leadership Conference on Africa (ANCLA), der auch Crossroads angehörte, zeigten, wollten Afroamerikaner nun auch die amerikanische Afrikapolitik mitbestimmen und Wege schaffen, die den Informationsaustausch mit Afrika erleichtern sollten. Zusätzlich trug das Aufkommen der 1
Vgl. Robert D. Schulzinger, American Diplomacy in the Twentieth Century, 275.
Kennedys Erbe
Black-Power-Bewegung mit ihrer Rückbesinnung auf die Verbundenheit mit der afrikanischen Kultur zu einer anwachsenden Beschäftigung mit afrikanischer Politik, Geschichte und vor allem Kultur bei. Ebenso hoch wie das nationale Selbstvertrauen in den ersten Jahren der Regierung Johnsons gestiegen war, ebenso schnell fiel es jedoch innerhalb kürzester Zeit in sich zusammen. In diesem Kapitel steht daher die Frage im Vordergrund, wie Crossroads diese Umbruchszeit erlebte, wie sich seine Programme während dieser Jahre entwickelten, und wie sich die Veränderungen in der Berichterstattung der Medien über die Organisation widerspiegelten. Für Crossroads waren die mittleren sechziger goldene Jahre. Das gesteigerte (afro)amerikanische Interesse an Afrika ermöglichte eine Expansion der Organisation und führte zur Schaffung neuer Programme. Die Ereignisse dieser Phase zeigen aber auch, dass die zunehmenden Wirren in Afrika Einfluss auf Crossroads zu nehmen begannen und die Realisierbarkeit von Projekten in krisengeplagten Gebieten erschwerten. Zudem sah die Freiwilligenorganisation ihren Ruf durch die noch immer präsenten Kommunismusanschuldigungen gegen James Robinson gefährdet. Um seine Organisation vor Schaden zu bewahren und sich dieses immer präsenten Damoklesschwertes zu entledigen, verlangte er 1964 eine Anhörung vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten. Im Folgenden sollen zunächst die Veränderungen und Kontinuitäten im Übergang von der Kennedy- auf die Johnson-Administration beschrieben werden, um einen Einblick in die nationale Stimmung zu geben, in der Crossroads Mitte der Sechziger arbeitete. Kennedys Erbe
Die Ermordung Präsident Kennedys im November 1963 war das erste in einer Reihe von Attentaten auf nationale Hoffnungsträger, die die USA und die Welt in den sechziger Jahren zutiefst erschütterten. Mit Kennedy wurden die Sechziger ihrer Identifikationsfigur beraubt. Die ganze Welt trauerte, und auch in Afrika waren die Menschen bestürzt, dass ihnen „ihr“ Präsident, der ihrer Ansicht nach mehr als jeder andere vor ihm für ihren Kontinent getan hatte, genommen worden war.2 Lyndon B. Johnson trat folglich kein leichtes Erbe an. Für jeden Politiker wäre es schwer gewesen, sein Handeln immer an dem eines mittlerweile glorifizierten Vorgängers messen zu müssen. Ganz besonders traf
Vgl. Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 235; Rorabaugh, Kennedy and the Promise of the Sixties, 222. 2
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dies aber auf Johnson zu, dessen Verlangen nach Zuneigung und öffentlicher Anerkennung mittlerweile legendär ist.3 In seiner ersten Rede als Präsident vor dem amerikanischen Kongress erinnerte Johnson an Kennedys Worte aus dessen Antrittsrede, in der er Amerika dazu aufgefordert hatte: „[L]et us begin.“ Johnsons daran anknüpfende Aufforderung „[L]et us continue“ sollte symptomatisch für seine Regierungszeit und seine Politik werden.4 Lyndon Johnson war sehr darauf bedacht, seine Loyalität gegenüber dem verstorbenen Amtsvorgänger zu bekunden und sowohl innen- als auch außenpolitisch in seinem Sinne weiter zu regieren.5 Um sich aber gleichzeitig von seinem Vorgänger abzuheben und in mehrerlei Hinsicht gar „größer“ als er zu werden, führte er Kennedys Politik nicht nur fort, sondern trieb sie auf die Spitze: Er initiierte die weitreichendsten Sozialreformen des Jahrhunderts und setzte sich noch mehr für afroamerikanische Bürgerrechte ein als sein Vorgänger. Johnsons Leidenschaft galt im Gegensatz zu Kennedy der Innenpolitik. Hatte Kennedy in seiner Antrittsrede vorrangig seine außenpolitischen Ziele verkündet, beschränkte Johnson sich auf seine innenpolitischen Vorhaben und gab damit den Kompass für seine Amtszeit vor.6 Zudem verlieh er in dieser Rede seinem Wunsch Ausdruck, Amerika möge künftig geschlossen hinter seinen Entscheidungen stehen: „I profoundly hope that the tragedy and the torment of these terrible days will bind us together in new fellowship, making us one people in our hour of sorrow.“7 Wegen dem Vietnamkrieg sollte sich jedoch schließlich keine dieser Erwartungen erfüllen. Die Außenpolitik forderte den Großteil von Johnsons Zeit ein, und der von ihm angestrebte Zusammenhalt des US-amerikanischen Volkes verkehrte sich ins Gegenteil. Innenpolitisch war die Johnson-Administration von zwei Schwerpunkten geprägt: der Aufhebung ethnischer Diskriminierung und der Bekämpfung von Armut im ganzen Land. Mit dem Civil Rights Act von 1964 und dem ein Jahr später verabschiedeten Voting Rights Act gelang Johnson eine epochale Gesetzgebung, die die Rassendiskriminierung in den USA (zumindest förmlich) Über Johnsons Bedürfnis nach Zuneigung und Anerkennung siehe Woods, LBJ. Architect of American Ambition, 734; Rosatti/Scott, The Politics of United States Foreign Policy, 283; White, The Making of the President 1964, 33–34; Evans/Novak, Lyndon B. Johnson, 294. Zu Beginn seiner Präsidentschaft schien Johnson seinem Ziel allgemeiner Beliebtheit noch durchaus nahe zu kommen. Im Präsidentschaftswahlkampf von 1964 erhielt er die überwältigende Mehrheit von mehr als 61 Prozent und erlangte damit einen Erdrutschsieg über den Republikaner Barry Goldwater. Vgl. Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 327–331. 4 Lyndon Baines Johnson, Address to Joint Session of Congress, 27. November 1965, http://milercenter.org/president/speeches/detail/3381, Zugriff am 19. August 2012. 5 Über die Weiterführung von Kennedys Politik siehe Woods, Beyond Vietnam, 349. 6 Über Johnsons Vorliebe für Innenpolitik siehe Dallek, Flawed Giant, 111–118; Hengeller, In His Steps, 113–115; Kearns Goodwin, Lyndon Johnson and the American Dream, 190–193; Harvey, Black Civil Rights, 3–7; Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 173. 7 Lyndon Baines Johnson, Address to Joint Session of Congress, 27. November 1965. 3
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beendete. Um die Unterstützung der ganzen Nation für dieses Vorhaben zu erlangen, stellte er seine Bürgerrechtsgesetzgebung als Erbe Kennedys dar, obgleich Bürgerrechte für diesen nie von Priorität gewesen waren.8 Ein weiterer Beweggrund für den Erlass des Civil Rights und Voting Rights Act waren, wie Mary Dudziak gezeigt hat, die Auswirkungen der Rassendiskriminierung auf die internationalen Beziehungen der USA. Die Empörung anderer Nationen über die anhaltende Ungleichbehandlung der Afroamerikaner und der Schaden, den das Ansehen Amerikas dadurch nahm, ließen ihn erkennen, dass die USA im In- als auch im Ausland nichts mehr stärken könnte als die längst überfällige Verabschiedung von Bürgerrechten für alle Amerikaner.9 An derselben Stelle, in Ann Arbor, Michigan, an der Kennedy erstmals für ein Peace Corps geworben hatte, forderte Johnson die Nation im Mai 1964 dazu auf, ihn bei der Verwirklichung einer Great Society zu unterstützen. Mit der Great Society erklärte er den „War on Poverty“ und machte es zum Ziel seiner Administration, die Ursachen von Armut in den Vereinigten Staaten zu bekämpfen. Das Reformprogramm der Great Society enthielt ein Bündel sozialpolitischer Maßnahmen und war darauf ausgelegt, den New Deal noch zu übertreffen.10 Teil dieses Pakets waren die Einführung einer Krankenversicherung für Arme und Rentner (Medicare und Medicaid), Investitionen in Bildung, der Erlass von Umwelt- und Verbraucherschutzgesetzen, die Sanierung der Innenstädte, der Ausbau des öffentlichen Verkehrswesens und Maßnahmen zur Förderung von Kunst und Kultur.11 Obwohl der War on Poverty durchaus Erfolge verbuchen konnte (zwischen 1960 und 1970 verkleinerte sich die Anzahl der unter statistischem Existenzminimum lebenden Amerikaner um die Hälfte von 22,4 auf 12,6 Prozent und die der Afroamerikaner ebenfalls um knapp die Hälfte von 55,1 auf 31 Prozent), wirkten die sozialstaatlichen Reformmaßnahmen der Regierung Johnsons äußerst polarisierend.12 Nur in einem waren sich scheinbar alle einig: zufrieden waren sie weder mit den Bürgerrechts- noch mit den Sozialgesetzen. Während die einen die zu große Intervention des Staates beklagten, gingen den anderen die Reformen nicht weit genug. Selbst die Bürgerrechtsgesetze wurden von Afroamerikanern als unzureichend kritisiert und führten nicht zu dem nationalen Zusammenhalt, der damit intendiert gewesen war, sondern setzten eine Spirale der Gewalt und des Widerstands in Gang. Die Rassenkrawalle in Harlem leiteten 1964 eine Serie urbaner Gewalt ein, die im darauf folgenden Jahr,
Vgl. Dudziak, Cold War Civil Rights, 205. Vgl. ebd., 206; Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 179; Lyndon Baines Johnson, Address to Joint Session of Congress, 27. November 1965. 10 Vgl. Gassert/Häberlein/Wala, Kleine Geschichte der USA, 460. 11 Vgl. ebd., 463; Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 327–331. 12 Vgl. ebd., 331. 8 9
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nur zwei Wochen nach der Verabschiedung des Voting Rights Act, durch die Krawalle in Watts, einem Stadtteil von Los Angeles, fortgesetzt wurde. Johnson fiel es schwer, diese Reaktionen nachzuvollziehen, und so beschwerte er sich über die „Undankbarkeit“, die Afroamerikaner seinen Bemühungen entgegenbrachten.13 Historiker machen zwei Gründe für dieses auf den ersten Blick unerklärliche Phänomen verantwortlich. Erstens änderte sich die ökonomische und gesellschaftliche Stellung der schwarzen Amerikaner nach der Verabschiedung der Bürgerrechtsgesetze nicht plötzlich über Nacht. William Julius Wilson sprach in diesem Zusammenhang von der „declining significance of race“ und argumentierte, dass mit dem Wegfall der offensichtlichen Rassenbarrieren die gesellschaftliche Schicht für Minderheiten zum zentralen Indikator für Status wurde.14 Aufgrund des Ausbleibens ökonomischer Verbesserungen und der geringen gesellschaftlichen Akzeptanz der Afroamerikaner kam es dieser Interpretation zufolge auch fortan jeden Sommer zu Rassenkrawallen und Ausschreitungen. Der zweite Grund lag in den Unterschieden der Methoden der schwarzen Bürgerrechtsaktivisten und der Regierung sowie Veränderungen in der Bürgerrechtsbewegung, die der Präsident nicht registrierte oder ablehnte. Während Johnson auf eine graduelle Lösung der Rassenfrage durch eine Veränderung der gesetzlichen Bestimmungen setzte, bemühte sich die Bürgerrechtsbewegung um soziale Veränderung von unten. Zudem fühlte sich Johnson mit der „alten“ Garde der Bürgerrechtsbewegung wohler und unterhielt feste Verbindungen zu Organisationen wie der NAACP. Deren Methode, auf juristischem Wege Gleichberechtigung zu fordern, zog er den jüngeren Graswurzelaktivitäten von Organisationen wie dem Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC) und dem Congress of Racial Equality (CORE) vor, die die Bewegung aber zunehmend dominierten.15 Der Historiker Bruce Miroff schilderte Johnsons Unbehagen mit der neuen Generation afroamerikanischer Bürgerrechtsaktivisten wie folgt: „Linked with older leaders whose hold over black activism had declined, unable (and unwilling) to make contact with a more militant generation of leaders, the Johnson White House watched uncomfortably as its influence over black politics slipped away.“16 Außenpolitisch kann man Johnsons Politik bestenfalls als eine Weiterführung derjenigen Kennedys werten.17 Ebenso wie Kennedy war Johnson auf die friedliche Koexistenz mit der Sowjetunion bedacht und bestrebt, Demokratie Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 178. Vgl. Wilson, Declining Significance of Race, 144 f. Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 176 ff. Borstelmann zeigt, dass Johnson Massendemonstrationen ablehnte und Lobbying afroamerikanischer Interessengruppen bevorzugte. 16 Miroff, Presidential Leverage over Social Movements, 20. 17 Diese Ansicht teilen: Schulzinger, American Diplomacy, 273; Duignan/Gann, The United States and Africa, 291; Roche, Relations With Africa, 112. 13 14 15
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und soziale Entwicklung nach westlichem Vorbild in der Dritten Welt zu fördern. Dabei war er ebenso wie sein Vorgänger ein überzeugter Antikommunist, der an die Überlegenheit der USA und die Richtigkeit glaubte, die Entwicklung der Dritten Welt nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten lenken zu müssen.18 Um die Einflusssphäre der USA in Afrika, Asien und Lateinamerika zu behaupten, setzte er die unter Kennedy begonnene „flexible response“ fort: den Einsatz militärischer und ökonomischer Hilfeleistungen gekoppelt mit sozialen Hilfsprojekten.19 Wie schon in seiner Antrittsrede verdeutlicht, war es ihm außerdem wichtig, die gesamte Nation als Unterstützer seiner Außenpolitik zu wissen. So betrachtete er auch das Peace Corps als ihm hörige Behörde und als Instrument zur Durchsetzung seiner Direktiven. Vorrangig war es für ihn ein Mittel, das die „softe“ Seite der USA im Ausland betonte.20 Auch in der Afrikapolitik fuhr Johnson denselben Kurs wie Kennedy. Formal unterstützte er die Autonomiebewegungen der europäischen Kolonien, duldete das Peace Corps, traf sich mit afrikanischen Staatsoberhäuptern und Diplomaten und entsandte seinen Vizepräsidenten Hubert Humphrey auf eine Afrikareise.21 In einer Rede im Mai 1966 kündigte er außerdem eine Intensivierung der afrikanischen Entwicklungsstrategie an. Diesen Vorschlag unterstützte James H. Robinson, denn die von Johnson verkündeten Ideen konnten dazu beitragen, ein Umfeld zu schaffen, das es Organisationen wie OCA erlaubte, effektiver als bisher zu arbeiten.22 Auch die vergleichsweise hohe Anzahl schwarzer Regierungsmitarbeiter unter Johnson wurde von Operation Crossroads begrüßt. 1965 legte das Außenministerium zudem Pläne vor, wonach die Anstrengungen verstärkt werden sollten, talentierte Afroamerikaner für den Auswärtigen Dienst anzuwerben.23 Trotz dieser Bemühungen Johnsons’ zeigten sich Afrikaner enttäuscht über sein angeblich fehlendes Interesse an der politischen Entwicklung ihres Kontinents. Besonders seine Unterstützung der weißen Söldner im Kongo, die Allianz mit dem Kolonialreich Portugal und die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsbeziehungen mit Südafrika verärgerten afrikanische Politiker.24 Im Großen und Ganzen – auch hier zeigt sich die Kontinuität zur Kennedy-Adminis-
Vgl. Schulzinger, American Diplomacy, 257–259. Vgl. Roche, Relations With Africa, 112; Woods, Beyond Vietnam, 348 f. 20 Vgl. Meisler, When the World Calls, 71, 86. 21 Vgl. Woods, Beyond Vietnam, 348 f. 22 Vgl. Brief, James H. Robinson an Lyndon B. Johnson, 1. Juni 1966, JHR 11/8. 23 Vgl. New Search for Diplomats, in: Ebony, 3. August 1965, OCAR 85/4; Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 179. Borstelmann zeigt, dass mehr Afroamerikaner in der Johnson-Regierung arbeiteten als in allen vorhergehenden Administrationen zusammen. 24 Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 182; Houser, Meeting Africa’s Challenge. 18 19
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tration – widmete Johnson Afrika vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit und beschränkte sein Engagement diesbezüglich auf ein Minimum.25 Nachdem die rechtliche Grundlage für die Gleichberechtigung aller Amerikaner geschaffen war, strebten die Afroamerikaner verstärkt danach, in allen Bereichen des öffentlichen Lebens Gehör zu finden und demnach auch außenpolitisch Einfluss zu erlangen.26 Besonders setzten sie sich dabei für eine amerikanische Afrikapolitik ein, die nicht nur in ihrem und im Interesse der USA, sondern auch im Interesse Afrikas sein sollte, denn der Kontinent ihrer Vorfahren, so machten sie den Befehlshabern in Washington klar, war ihnen wichtig und ging sie etwas an.27 Wie Mary Dudziak zeigt, versuchten Afroamerikaner daher auch ab 1964, den internationalen Druck auf die USA durch Berufung auf die Erlasse der United Nations und die Reisen prominenter Afroamerikaner ins Ausland zu erhöhen, um weitere Zugeständnisse zu erreichen.28 Aktivisten wie James Farmer oder Malcolm X, die das breite Spektrum der Bürgerrechtsbewegung verkörperten, reisten nach Übersee, um die dortigen Unabhängigkeitsbewegungen zu unterstützen und über ihren eigenen Kampf für Gleichberechtigung zu berichten. Dabei zog es sie vor allem nach Afrika, das für sie zu einer Quelle der Inspiration und moralischen Unterstützung geworden war; denn die anti-koloniale Bewegung in Afrika und die Bürgerrechtsbewegung in Amerika, so bestand mittlerweile Konsens, entsprangen derselben Wurzel und müssten parallel geführt werden.29 Von der allgemeinen internationalen Amerikaverdrossenheit der späten sechziger Jahre war 1964 in Afrika noch nichts zu spüren. Obwohl die heimische Rassendiskriminierung weltweit immer noch scharfe Kritik hervorrief, hatte diese nicht mehr einen so vorherrschenden Einfluss auf das internationale Amerikabild wie noch zu Beginn der Dekade.30 So berichtete James Robinson auf einer Pressekonferenz, dass Afrikaner sehr zufrieden mit den Errungenschaften der Johnson-Administration in Bürgerrechtsfragen und besonders mit der Berufung von Afroamerikanern in ranghohe Positionen seien. Trotz bestehender Enttäuschungen über das Aufkommen rassischer Unruhen und die amerikanische Intervention in Vietnam nähme das Prestige der USA in Afrika kontinuierlich zu.31 Robinsons Analyse stimmt mit Dudziaks Erkenntnis überein, wonach die Verabschiedung des Civil Rights Acts 1964 viele ausländiVgl. Bornet, The Presidency of Lyndon B. Johnson, 181; Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 173. 26 Vgl. Plummer, Rising Wind, 326. 27 Vgl. ebd., 323; Dudziak, Cold War Civil Rights, 220. 28 Vgl. ebd., 119; Meriwether, Proudly We Can be Africans, 206 f. 29 Über Farmers Afrikareise siehe Plummer, Rising Wind, 311; Houser, Freedom’s Struggle Crosses Oceans and Mountains, 186. Über Malcolm X Afrikareise siehe Gaines, American Africans in Ghana, 180–203; Sales, From Civil Rights to Black Liberation, 87. 30 Vgl. Dudziak, Cold War Civil Rights, 240. 31 Vgl. M.S. Handler, U. S. Said to Gain Favor in Africa, in: New York Times, 28. August 1964, 3. 25
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sche Beobachter überzeugte, dass die amerikanische Regierung soziale Veränderung unterstützte und sich zu Menschenrechten bekannte.32 Der gewaltsame Widerstand im sogenannten „Freedom Summer“ 1964 gegen die Bemühungen amerikanischer Studenten, Afroamerikaner als Wähler in Mississippi zu registrieren, sowie die zunehmenden Anstrengungen von Bürgerrechtlern, ihren Kampf für Gleichberechtigung auf einer internationalen Bühne auszutragen, bedeuteten jedoch, dass die amerikanische Rassengleichheit weiterhin angezweifelt wurde.33 Im Frühling 1965 änderte sich die überwiegend positive Wahrnehmung der USA schließlich schlagartig und die Okkupation der Dominikanischen Republik im April sowie die Eskalation des Bodenkriegs in Vietnam im Juli führten dazu, dass das Vertrauen der Afrikaner in die USA und der Amerikaner selbst in ihren Staat verloren ging.34 Auch die erhoffte Unterstützung seiner Außenpolitik von Seiten der Afroamerikaner konnte Johnson nicht erreichen. Im Januar 1966 erhob das SNCC als erste Bürgerrechtsorganisation Einspruch gegen seine Vietnampolitik und animierte das amerikanische Volk zur Wehrdienstverweigerung. Ihr Unmut über die anhaltende soziale Ungerechtigkeit in den USA, die ausbleibende weiße Unterstützung für soziale Veränderung und der ihrer Ansicht nach ungerechtfertigte Krieg gegen ein nichtweißes Volk, resultierte in einer Haltung, in der sie sich von nun an als Verbündete der revolutionären Kräfte in der Dritten Welt, wie etwa der National Liberation Front in Vietnam, betrachteten und das in ihren Augen imperialistische amerikanische System von innen heraus bekämpften.35 Für Johnson bedeutete diese Art der Radikalisierung der Bürgerrechtsbewegung mit deren Zuwendung hin zu Black Power und der Dritten Welt eine Niederlage für seine Bemühungen, ein geeintes und ethnisch integriertes Amerika zu schaffen, das seine politischen Maßnahmen geschlossen unterstützte. Innerhalb weniger Jahre kippte die Stimmung in den USA, das Vertrauen der Bevölkerung in die Staatsmacht schwand. Noch 1964 waren Amerikaner von der Richtigkeit des Kampfes gegen den Kommunismus überzeugt und glaubten, dass die unterentwickelten Staaten ihrer Führung bedurften. Amerika, so dachten viele, könnte alle globalen Probleme lösen. Jetzt zeigte sich, dass es das eben nicht konnte. Nicht nur Afroamerikaner sondern die Amerikaner im Allgemeinen verloren das uneingeschränkte Vertrauen in das Präsidentenamt und dessen Recht außenpolitische Angelegenheiten nach eigenem Gutdünken zu lenken.36 Aus internationaler Sicht löste die Vietnampolitik die einheimische Rassendiskriminierung als entscheidender Makel des amerika32 33 34 35 36
Vgl. Dudziak, Cold War Civil Rights, 203–221. Vgl. ebd., 214. Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 191. Vgl. ebd., 202. Vgl. Schulzinger, American Diplomacy, 275.
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nischen Images ab, und nach der kurzen Erholungsphase von 1964 nahm es mehr Schaden denn je.37 Für Johnson entwickelte sich der nun einsetzende Verlauf der Ereignisse zum schlimmstmöglichen Szenario. Die Eskalation des Vietnamkrieges setzte seinen innenpolitischen Visionen ein Ende, sorgte dafür, dass er der Great Society nicht die nötige Zeit widmen konnte, löste Proteste der Bevölkerung im ganzen Land gegen ihn und seine Außen- und Innenpolitik aus und tat als Konsequenz auch seiner Beliebtheit erheblichen Abbruch. Teilnehmerzahlen und Projekte
Mitte der sechziger Jahre hatte das Engagement von NGOs und Stiftungen in Afrika beträchtlich zugenommen. Institutionen, die ebenso wie Crossroads zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Amerika und Afrika beitragen wollten, sprossen geradezu wie Pilze aus dem Boden. James Robinson zufolge gab es mittlerweile wenigstens einhundert solcher Programme, und die Liste wurde mit jeder Woche länger. Als einige Beispiele seien hier nur die African Studies Association, die African Research Foundation, die Hazen Foundation und die Afrikastudien-Programme der Columbia und Northwestern Universities als auch der UCLA genannt.38 Trotz der mittlerweile großen Konkurrenz hielten sich die Teilnehmerzahlen von OCA zwischen 1964 und 1966 auf dem Niveau von 1963, als 310 Studenten teilgenommen hatten. 1964 und 1966 waren es jeweils 311, das Jahr 1965 scheint dagegen mit 265 Teilnehmern einen Einbruch darzustellen. Allerdings war die geringe Anzahl in diesem Jahr nicht das Resultat niedriger Bewerberzahlen oder mangelnder Projektvorschläge, sondern den Unruhen im Kongo geschuldet. Einige Wochen nach der Meuterei in Stanleyville verzeichnete Crossroads im Januar 1965 einen plötzlichen Rückgang der Spenden. Viele Amerikaner schienen nun ihren Glauben an die Zukunft Afrikas verloren zu haben und anzuzweifeln, ob sich der Kontinent tatsächlich auf friedliche Weise nach westlichem Vorbild entwickeln könnte. Mehr als fünfzig Eltern zogen die Bewerbungen ihrer Kinder zurück, andere Eltern äußerten große Bedenken, ob eine Reise nach Afrika so ungefährlich sei, wie die Organisation ihnen Glauben machte. In Anbetracht dieser Umstände sah sich Crossroads gezwungen, einen seiner Charterflüge nach Afrika zu streichen und die Teilnehmerzahl zu reduzieren.39 Erstaunlicherweise stellte die Organisation aber fest, dass selbst während der Kongokrise das Vertrauen in die Zukunft Afrikas Vgl. Dudziak, Cold War Civil Rights; Africans are Found Critical on Vietnam, in: New York Times, 31. August 1966, 3. 38 Vgl. James H. Robinson, Africa at the Crossroads, 59–63. 39 Vgl. OCA Report 1965, 3; Motive for Giving is Viewed as Vital in Aid Program, in: New York Times, 1. März 1965, 52. 37
Teilnehmerzahlen und Projekte
an den Universitäten und Colleges ungebrochen war. Universitäre Angestellte und Studenten spendeten der Organisation 1965 sogar 65 Prozent mehr als jemals zuvor.40 Nach den Problemen des vorangegangenen Jahres entwickelte sich 1966 zum erfolgreichsten Jahr der Organisation seit ihrem Bestehen.41 Ebenso wie das Peace Corps erlebte sie ihren Höhepunkt, sowohl was die Zahl der Teilnehmer als auch der Projekte anbelangt.42 Diese Erholung von den Problemen während der Kongokrise wertete die Organisation als Indiz dafür, dass sich Amerikaner nach dem Schock der Ereignisse in Zentralafrika auf die Probleme eingestellt hatten, die nun einmal fast unweigerlich mit der Staatenbildung einhergingen. Sie schienen wieder Zutrauen in die Zukunft Afrikas zu fassen.43 1966 arbeiteten Crossroader flächendeckend in den Ländern West-, Zentral- und Ostafrikas und konzentrierten sich nicht mehr wie in den Jahren zuvor auf nur eine oder zwei bestimmte Regionen. Nach der Beruhigung der Konflikte im Kongo waren 1966 sogar erstmalig Crossroadsgruppen in Kongo-Kinshasa (heute: Kongo) und der Zentralafrikanischen Republik. Nicht nur waren sie die ersten Crossroader sondern die ersten jungen Amerikaner überhaupt, die in diesen Ländern arbeiteten.44 Kontinuierlich nahm auch die Zahl der nicht-traditionellen Crossroadsprojekte zu. Seit 1962 hatte die Organisation neben den Fortbildungsprogrammen für Lehrer in Liberia und Gabun auch in einigen Ländern medizinische Projekte durchgeführt, sowie Basketball- und Schwimmunterricht angeboten – Projekte, die in den kommenden Jahren zahlreicher wurden. Dafür war Crossroads ab 1965 nicht mehr an der Organisation und Durchführung der Fortbildungsprojekte für Lehrer beteiligt und hatte diese an die National Education Association übergeben, die diese nun in Zusammenarbeit mit USAID und der Canadian Teachers Federation durchführte.45 Anhand der folgenden Grafik kann man erkennen, dass die Anzahl der Projekte, die eine bestimmte Spezialisierung wie etwa medizinisches Wissen voraussetzten, 1966 am höchsten war und danach wieder sank. Wie die plötzliche Abnahme der nicht-traditionellen Projekte nach 1966 zu erklären ist, zeigen die Ereignisse der Jahre ab 1967, die im folgenden Kapitel eingehend besprochen werden.
Vgl. OCA Report 1965, 3. Vgl. OCA Report 1966, 2. Über die Teilnehmerzahlen des Peace Corps siehe Schwarz, What You Can Do for Your Country, 16. 43 Vgl. OCA Report 1966, 2. 44 Vgl. ebd., 3. 45 Vgl. OCA Report 1964, 3. 40 41 42
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Blütezeit – 1964 bis 1966 traditionelle Crossroads-Projekte Projekte mit bestimmter Spezialisierung
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Diagr. 1: Anzahl der „traditionellen“ Crossroads-Projekte und der Projekte, die eine bestimmte Spezialisierung erforderten. Eigene Darstellung 30
traditionelle Crossroads-Projekte Projekte mit bestimmter Spezialisierung
Empfehlungen für künftige Projekte wurden der Organisation in Form von 25 verschiedenen Gutachten vorgelegt, die ab 1964 regelmäßig angefertigt wurden 20 und gewährleisten sollten, dass Crossroads mit seinen Projekten auf die Bedürfnisse der Afrikaner reagierte und afrikanischen Ansprüchen entsprach. 15 1964 übernahmen Robinson und seine Frau selbst diese Aufgabe. Sie besuchten im März dieses Jahres zwölf afrikanische Länder, besichtigten dort die Cross10 roadsprojekte und trafen sich mit afrikanischen Regierungsoberhäuptern und Politikern wie Kenyatta, Kaunda, Nyerere und Nkrumah.46 Ab August 1965 5 führte außerdem Dr. G. James Fleming, der Direktor des Institute for Political Education am Morgan State College in Maryland, eine zehnmonatige Studie 0 1958und 1960 1961 1962 1964untersuchte 1965 1966 er 1967 1969 1970 in OstWestafrika durch.1963 Speziell dabei 1968 das Ansehen von Anzahl der „traditionellen“ Crossroads-Projekte und der Projekte, die eine bestimmte Spezialisierung erforderten Crossroads in ganz Afrika, sammelte Informationen für zukünftige Projekte Eigene Darstellung und versuchte, engere Beziehungen zwischen Crossroads und afrikanischen Universitäten und studentischen Organisationen herzustellen.47 Im darauf folgenden Jahr ging Gordon MacFarlane im Auftrag von Crossroads und der Hamilton Goodwill Africa Foundation auf eine Erkundungstour, um Möglichkeiten für weitere medizinische Projekte zu erkunden und diese an die Bedürfnisse der Afrikaner anzupassen. Dabei stieß er auf die dringende Notwendigkeit von Familienplanung, um das starke Bevölkerungswachstum kontrollieren zu können, sowie der Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten für Ärzte und einer verbesserten medizinischen Betreuung der ländlichen Gebiete.48 Vgl. Crossroads Communiqué 2.1 (1964). Vgl. OCA Report 1966, 3. Vgl. Gordon N. MacFarlane, Fact Finding Mission to Africa for Operation Crossroads Africa and the Hamilton Goodwill Africa Foundation January 15th–28th, Januar 1966, ADD 8/3. 46 47 48
Crossroads erweitert seinen Fokus
Der Erfolg von Crossroads wurde in Form verschiedener Preise gewürdigt: 1964 erhielt es den „Lane Bryant International Group Award“ für seinen herausragenden Beitrag zur Verbesserung der Beziehungen zwischen jungen Amerikanern und Afrikanern.49 Der Preis ging jährlich an eine Organisation, die sich selbstlos der Verbesserung der Lebensbedingungen anderer widmete ohne dabei an persönlichen Nutzen zu denken.50 1966 nahm die NGO den „Institute of International Education – Reader’s Digest Foundation Award for Distinguished Service in International Education“ und ein daran gekoppeltes Preisgeld von 1.000 Dollar entgegen „for its vigorous and compelling contribution to the concept of partnership for mutual assistance, understanding and brotherhood between Americans and Africans“.51 Außerdem bekam James Robinson 1965 die Ehrendoktorwürde von der Tufts University im Bundesstaat Massachusetts verliehen, womit sie seine einzigartige Karriere und seinen eindrucksvollen Beitrag zur internationalen Verständigung durch Crossroads würdigte.52 Auch die exzellenten Beziehungen zur United States Information Agency (USIA) währten in den sechziger Jahren fort. 1963 beauftragte die Behörde eine Filmgesellschaft, einen 30-minütigen Dokumentarfilm basierend auf den Aktivitäten und Erlebnissen der Crossroader von 1963 zusammenzustellen. Ab 1964 wurde der Film zu Informationszwecken in Afrika verwendet und ins Arabische, Französische und Swahili übersetzt, um überall auf dem Kontinent gezeigt werden zu können. Im selben Jahr drehte die USIA außerdem einen Film über die „Singing Crossroaders“, eine a-capella-Gruppe, die den afrikanischen Kontinent bereiste und während ihres zweimonatigen Aufenthalts in Afrika bei verschiedenen Veranstaltungen auftrat.53 Crossroads erweitert seinen Fokus
Ab 1964 war Crossroads kein einseitiges Austauschprogramm mehr, sondern bot jetzt auch afrikanischen Studenten die Möglichkeit, für einige Wochen nach Amerika zu reisen. Dafür kreierte es ein eigenes Programm, das zunächst Der Preis wurde von dem Fifth-Avenue-Kaufhaus „Lane Bryant“ in New York verliehen. Vgl. Crossroads Africa Wins $1.000 From Store, in: New York Amsterdam News, 5. Dezember 1964, 15. 50 Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis, Mai 1965, 299. 51 OCA Report 1966, 12. Der Preis wurde jährlich von der IEE und der Readers’ Digest Foundation verliehen und würdigte Bürger und Institutionen, die einen herausragenden Beitrag zur internationalen Verständigung leisteten. Vgl. Digest Cites Africa Agency, in: New York Amsterdam News, 22. Januar 1966, 13. 52 Vgl. Chief of Crossroads Africa to be Honored, in: Chicago Defender, 18. Mai 1965. 53 Vgl. OCA Report 1963, 17; Report 1964, 14; Brief, Eugene J. Friedman (USIA) an Richard Campbell, 7. März 1966, OCAR 85/6. 49
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unter dem Namen „Reverse Flow“ operierte und später in „African Youth Leadership Program“ umbenannt wurde. Im Gegensatz zu den workcamp-Projekten in Afrika arbeitete Crossroads hierfür mit dem amerikanischen Außenministerium zusammen und koordinierte das Programm in Absprache mit ihm. 1964 besuchte zunächst eine überschaubare Gruppe von acht Afrikanern für zwei Monate die USA. Dieses vorsichtige Pilotprojekt wurde ab dem folgenden Jahr als permanentes Projekt etabliert. 1972 hatten bereits 343 afrikanische Studenten aus 37 verschiedenen Ländern daran teilgenommen.54 Das „African Leadership Program“ war dabei anders als die workcamp-Projekte angelegt. Die Teilnehmer halfen nicht beim Aufbau bestimmter Strukturen oder verrichteten Dienste im Interesse des Gemeinwohls, sondern wollten vielmehr Anregungen für ihre eigenen beruflichen Interessen bekommen. Für das Programm wählte das Außenministerium jährlich junge Afrikaner aus, die als potentielle Führungspersönlichkeiten in ihren Herkunftsländern galten und als mögliche Verbindungsglieder zwischen Afrika und Amerika dienen konnten. Das folgende Statement der Organisation zeigt, dass dabei ebenso kulturdiplomatische Überlegungen eine Rolle spielten: „We […] hope to implant, in the minds and hearts of young Africans, a small seed of understanding of America’s assets as well as her distressing problems.“55 Der ehemalige Crossroadsmitarbeiter Jerome Vogel bestätigt die vordergründige Absicht dieses Programms, den Afrikanern Einblicke in die amerikanische Kultur zu gewähren, und berichtet, dass der kurze Aufenthalt von zwei Monaten bei den beteiligten Personen oft einen positiveren Eindruck von den USA hinterließ als bei Personen, die für ein Jahr oder länger in den USA studierten.56 Das ist aber sicherlich darauf zurückzuführen, dass die Afrikaner von Crossroads als Gäste behandelt wurden, die sich nur kurz in jeder Stadt aufhielten. Zudem war ihr Programm vom Außenministerium und Crossroads so strukturiert und die Familien für Übernachtungen so ausgewählt worden, dass negative Zwischenfälle vermieden werden konnten. Austauschstudenten standen dagegen ganz auf eigenen Beinen und wurden viel intensiver mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert. Darüber hinaus hoffte Crossroads, die Teilnehmer am „African Leadership Program“ dazu zu inspirieren, an künftigen Projekten in Afrika als counterparts mitzuarbeiten oder ähnliche Projekte in Eigenregie zu organisieren. Und nicht zuletzt wollte Crossroads den Teilnehmern die Möglichkeit bieten, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auf ihren jeweiligen Interessengebieten zu vergrößern.57 Um dieses Ziel zu verwirklichen, verfolgte das Programm einen thematischen Vgl. LaVerne Brown, James H. Robinson’s Unfinished Task, in: The Crisis, Mai 1973, 159. Crossroads organisierte das Programm, und das Außenministerium wählte die Teilnehmer aus. 55 Operation Crossroads Africa, African Youth Leadership Program 1968, JHR 40/13. 56 Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 57 Vgl. Operation Crossroads Africa, African Youth Leadership Program 1968, JHR 40/13. 54
Crossroads erweitert seinen Fokus
Ansatz. Jedes Jahr bot es drei Studiengebiete an, auf die sich die Teilnehmer verteilten konnten. 1968 waren das beispielsweise „Stadtplanung und ländliche Entwicklung“, „Landwirtschaft und Tierhaltung“ und „Sport und Freizeit“. Teilnehmer an der Studiengruppe zur Land- und Stadtentwicklung gewannen dabei neue Einblicke in die Probleme, die sich für Gemeinden ergaben, die sich im Übergang vom ländlichen in den urbanen Status befanden, durch den Besuch von lokalen Gemeindeorganisationen und die Teilnahme an Gemeindeentwicklungsprojekten wie Headstart, Upward Bound, Office of Economic Opportunity.58 Um einen möglichst breiten Einblick in die amerikanische Gesellschaft zu bekommen, besuchten alle Gruppen unabhängig von ihrem Themengebiet verschiedene Jugendorganisationen und unternahmen gemeinsam mit amerikanischen Studenten verschiedene Freizeitaktivitäten. Außerdem wurde ihnen ein Eindruck von den Rassenproblemen, der Bildungspolitik, dem universitären Leben und dem Regierungssystem vermittelt. Ein besonders wichtiger Aspekt des Projektes war es dabei, dass alle Gruppen Kontakt zu amerikanischen Minoritäten aufnahmen. Die jungen Afrikaner trafen Afroamerikaner, die auf verschiedenen Gebieten tätig waren und ihnen afroamerikanische Kunst und Kultur, Bildung und Medien zeigten. Durch Gespräche mit Sozialarbeitern erfuhren sie von den Problemen der schwarz-amerikanischen Gemeinden. So versuchten sie zu ergründen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sie einten und trennten.59 Während ihres achtwöchigen Aufenthaltes in den USA reisten die Teilnehmer durch viele Städte und bekamen auch einen geographischen Überblick über das Land. In jeder Stadt übernachteten sie bei einer amerikanischen Familie, wobei besonders ehemalige Crossroader und deren Familien und Freunde als Gastgeber fungierten. Nach zwei Monaten kehrten die Teilnehmer nach Afrika zurück und nahmen dann an der Auswertungsveranstaltung teil, für die sich die amerikanischen Crossroader in Afrika trafen.60 Ein weiteres Programm, das Crossroads ab 1964 zwar nicht jährlich, aber in regelmäßigen Abständen durchführte, war eine Bildungsreise für Erwachsene. Die traditionellen workcamp-Projekte, hatte Robinson einmal gesagt, waren „neither a joyride nor a safari“. Die sogenannte „Adult Tour“ war jedoch genau das: Vergnügen pur, Sightseeing und Safaris. 1964 reisten erstmals 45 Erwachsene in Begleitung von Robinsons Ehefrau für drei Wochen nach Ägypten, Äthiopien, Kenya, Uganda, Tanganyika, Zanzibar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auf ihrer Rundreise besichtigten sie Sehenswürdigkeiten wie den Mount Kenya, ritten auf einem Kamel zu dem Pyramiden von Gizeh und gingen in Tanganyika auf Safari. Landeskundliche Informationen Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Minutes of the Meeting of the Board of Directors Held on Thursday, September 16, 1963, WSC 24/152. 58 59 60
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und Berichte über die sich in dem Land befindlichen Hilfsprojekte und -organisationen bekamen die Reisenden dabei jedesmal entweder von Mitarbeitern der amerikanischen Botschaft oder ehemaligen Crossroadern vermittelt, die in Afrika arbeiteten. Zudem trafen sie in Äthiopien mit Kaiser Hailie Selasie und in Tanganyika mit Präsident Julius Nyerere zusammen, bekamen eine Audienz beim Kabaka (König) von Uganda gewährt und waren sogar im Haus von Kenyas Präsidenten Komo Kenyatta eingeladen.61 Ziel dieser Rundreise war es, die amerikanische Bevölkerung und insbesondere die Sponsoren wie auch die Eltern ehemaliger Crossroader mit der Arbeit der Organisation vertraut zu machen.62 Außerdem sollte ihnen durch das Treffen mit afrikanischen Staatsoberhäuptern ein Bild von der Weiterentwicklung und dem Fortschritt der besuchten Länder vermittelt werden. Ebenso wie die zurückkehrenden Crossroader sollten schließlich auch die erwachsenen Reiseteilnehmer als Botschafter fungieren und sich in den USA für eine Fortführung von Hilfsprojekten und eine bessere Beziehung zu den afrikanischen Ländern einsetzen.63 Nicht zuletzt spielten finanzielle Überlegungen eine Rolle. Indem es den Teilnehmern die Hilfsbedürftigkeit Afrikas zeigte, erhoffte sich Crossroads einen Zuwachs an Spenden für seine Arbeit auf dem Kontinent. Für die Organisation schien dieser Wunsch aufzugehen, denn wie Gertrude Robinson bemerkte: „I frequently heard the comment that they were going back home and urge the increase of contributions to the international program.“64 Im weiteren Verlauf meiner Arbeit werde ich mich nicht eingehender mit diesen zwei Programmen beschäftigen, sondern weiterhin auf die Freiwilligenprojekte in Afrika konzentrieren. Das „African Leadership Program“ bietet meines Erachtens jedoch genügend Potential sowie eine Vielzahl an Quellen für eine eigene Forschungsarbeit. Crossroads im Fokus der Medien
Mitte der sechziger Jahre war Crossroads bereits eine bekannte Größe in den Medien, vor allem in der afroamerikanischen Presse. Zeitschriften wie Jet und Ebony thematisierten regelmäßig Neuigkeiten rund um die Organisation in ihren Society-Kolummnen, berichteten über von Crossroads initiierte VeranVgl. Chicagoan Returns from „Operation Crossroads“ Tour, in: Chicago Defender, 12. September 1961, 6; Operation Crossroads Off on First Seminar Tour, in: New York Amsterdam News, 11. November 1964, 8. 62 Vgl. ebd. 63 Vgl. OCA Report 1965, 12; Brief, James H. Robinson an J. S. Sakala (Secretary of Health, Zambia), 17. Juli 1969, OCAR 82/18. 64 Gertrude Robinson, Report on Adult Tour and Seminar Conducted November 2–23, 1964, JHR 40/9. 61
Crossroads im Fokus der Medien
staltungen wie den „Africa Bazaar“, die Teilnahme von schwarzen Studenten an dem Projekt, Hochzeiten ehemaliger Teilnehmer sowie Empfänge und Galadiners zu Jubiläen der Organisation, oder verwiesen auf Vorträge zurückkehrender Crossroader.65 In der afroamerikanischen Presse fanden sich häufig kurze Mitteilungen über afroamerikanische Studenten lokaler Universitäten, die als Teilnehmer an Crossroads ausgewählt worden waren. So berichtete der Afro-American 1963 „‚Operation Crossroads‘ brings Phily girl closer to Senegal“66, und die Atlanta Daily World verkündete stolz: „Clark student in ‚Operation Crossroads‘“.67 Besondere Erwähnung fanden dabei die Kinder bekannter lokaler Einwohner, wie Lawrence S. Green, der Sohn eines Pfarrers in Atlanta, Studenten von regional ansässigen Universitäten („Two at Morehouse accepted for Crossroads Africa“)68 sowie partizipierende Professoren dieser Universitäten. Jet berichtete beispielsweise, dass Dr. G. James Fleming, Dozent für Politikwissenschaft am Morgan State College in Baltimore, an Crossroads teilnehmen werde.69 Einen gewissen Stolz auf die in Afrika helfenden Afroamerikaner konnten die Zeitungen dabei nicht verbergen, und so wurde jeder afroamerikanische Teilnehmer von der Lokalpresse für seinen – in ihren Worten – selbstlosen Einsatz in Afrika gefeiert. Daher verkündete die Atlanta Daily World 1960 in einer Überschrift: „35 Negroes among students in Operation Crossroads Africa“70, und Cleveland Call and Post verwies auf den beinahe heroischen Beitrag der Crossroader, „who are helping to solve the critical problem of public education in Africa by working in that country, training native teachers, during summers“.71 Crossroader wurden in afroamerikanischen Zeitschriften als Idealbild des modernen, engagierten und weltgewandten Afroamerikaners dargestellt – die auch eine gewisse Attraktivität auszeichnete. 1971 stellte Ebony afroamerikanische Junggesellen („Bachelors“) vor, attraktive junge Männer, die, so betonte der Bericht, „dynamic and involved“ waren, „an ambitious lot, young and Eine Auswahl an Artikeln für diese Themen sind: Crossroads Health Unit to Operate in West Africa, in: Afro-American, 27. August 1966, 20; Kathryn D. McMillan to Speak on Africa Sunday, in: Chicago Defender, 29. Dezember 1962, 3B; Tenth Anniversary Dinner of Operation Crossroads Africa, in: Jet, Section Society, 4. Mai 1967, 41; Africa Bazaar, in: Jet, 8. Dezember 1966, 63; June Wedding, in: Jet, 2. Mai 1963, 38. 66 Operation Crossroads Brings Phily Girl Closer to Senegal, in: Afro-American, 9. November 1963, 20; Clark Student in „Operation Crossroads“, in: Afro-American, 14. April 1962, 4. 67 Clark Student in „Operation Crossroads“, in: Atlanta Daily World, 14. April 1962, 4. 68 Lawrence S. Green to Participate in Operation Crossroads Africa, in: Atlanta Daily World, 10. Mai 1963, 3; Two at Morehouse College Accepted for Crossroads Africa, in: Atlanta Daily World, 19. März 1963, 5; College News and Notes, in: Cleveland Call and Post, 5. April 1969, 6A. 69 Foreign Data, in: Jet, 8. Juli 1965, 38. 70 35 Negroes Among Students in Operation Crossroads Africa, in: Atlanta Daily World, 16. Juni 1960, 1. 71 Former Cleveland Teacher Will Work in Webo, Liberia, in: Cleveland Call and Post, 20. Juni 1962, 1C. 65
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hardworking“, also den Geist der Sechziger verkörperten. Tugenden, die diese Herren auszeichneten, waren Tatendrang und soziales Engagement: „Where the action is that’s where they are.“72 Zudem wurde berichtet, dass sie Freiluftaktivitäten mochten, weit gereist und sehr gesellig wären.73 Vorgestellt wurden Männer, die sich auf verschiedene Weise sozial engagierten, für Bildung und sozial Schwache einsetzten, der YMCA oder den Pfadfindern angehörten und auch an OCA teilgenommen hatten. Mit diesen Aktivitäten, so beschrieb der Artikel, trugen sie zur Verbesserung der amerikanischen Gesellschaft bei, was sie wiederum zu begehrten Junggesellen machte.74 Als weibliches Pendant dazu wurde Miss Barbara Didd vom Chicago Defender zur „doll o’ the day“ gekürt. Die Sportdozentin am A&T College war kurz zuvor von Crossroads als Gruppenleiter ausgewählt worden und sollte in einigen Wochen nach Afrika reisen.75 Um ihren Lesern einen Eindruck zu vermitteln, was die Crossroader in Afrika erwartete, legte die afroamerikanische Presse dar, welche Bedeutung die Reise für die schwarzen Teilnehmer sowie für die sie empfangenden Afrikaner habe. Die Atlanta Daily World wies beispielsweise auf den beidsereitigen Nutzen hin: In these new Negro nations the visiting Americans will be exposed to an intense nationalism, the likes of which they probably have never before experienced. The Africans, on the other hand, will be able to see for the first time a cross sectional group of Americans. Both the participating Americans and Africans will have much to learn from each other.76
Da ihre Leserschaft in den sechziger Jahren verstärkt an den Beziehungen zwischen Afroamerikanern und Afrikanern Interesse zeigte, wurde dieser Aspekt eingehend von Magazinen wie Ebony und afroamerikanischen Tageszeitungen wie der New York Amsterdam News oder dem Chicago Defender thematisiert. Crossroads eignete sich perfekt, um die vielen Facetten dieser Beziehung zu beleuchten. Erfahrungsberichte von Crossroadern konnten dabei den besten Einblick in diese Beziehung vermitteln und am authentischsten Zeugnis dieser Begegnung ablegen. Im Chicago Defender verwies ein Teilnehmer auf die wichtige Vermittlerrolle, die die Crossroader zwischen der afroamerikanischen Gemeinde und Afrika einnahmen: „I feel it is important for black Americans to
Versatil, in: Ebony, Juni 1971, 136. Ebd., 137. Ebd., 136. Doll o’ the Day, in: Chicago Defender, 26. März 1966, 5. 35 Negroes Among Students in Operation Crossroads Africa, in: Atlanta Daily World, 16. Juni 1960, 1. 72 73 74 75 76
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go to Africa and relate to the culture there and then report about it.“77 Die Crossroadsteilnehmerin L’Tanya Dawson äußerte dieselbe Meinung: „I think it’s a cultural experience all blacks should be exposed to.“78 Besprochen wurde in der afroamerikanischen Tagespresse auch das schlechte Image der USA in Afrika aufgrund der anhaltenden niedrigen rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung der Afroamerikaner. Im Chicago Defender teilte ein Crossroader der Leserschaft mit, dass Afrikaner oft nicht nachvollziehen könnten, dass schwarze und weiße Crossroader gemeinsam arbeiteten. Schließlich hatten sie so viele negative Berichte über die amerikanischen Rassenbeziehungen gehört. Seinen Erfahrungen nach könnte daran nur eine Gleichstellung der Afroamerikaner in Amerika etwas ändern: „The image overseas is really bad news. Most Africans think all Americans are prejudiced. That’s a hard thing to explain to them – about the riots and police beatings, Watts and Selma, and so forth.“79 In der weißen Presse lag der Fokus hingegen vornehmlich auf den Erfahrungen der weißen Teilnehmer. Zurückzuführen ist diese Tatsache wohl zum einem darauf, dass sich die Leserschaft mit den Personen in den Artikeln identifizieren wollte. Die Eindrücke von Afroamerikanern in Afrika waren schließlich gänzlich anderer Natur als die der weißen Teilnehmer, und die weiße Leserschaft hatte keine gemeinsame Basis, um deren Konflikte und Erlebnisse zu verstehen. Haskell Ward, ein ehemaliger Crossroader und später auch Mitarbeiter der Organisation, vermutet außerdem, dass dabei gewisse paternalistische Motive eine Rolle spielten. Die Kamera, so Ward, fokussiere immer Weiße. Auf einem Foto, das einen Afroamerikaner und einen Afrikaner zeigt, sei nicht zu erkennen, wer eigentlich wem hilft. „The people that are trying to safe Africa“ sagt Ward mit unverkennbarem Zynismus, „are always white“. Das hänge mit dem Stereotyp zusammen, dass schwarze Menschen sich nicht selbst helfen könnten. Sie wären nur in der Lage Arbeiten zu verrichten, wenn Weiße ihnen dabei Hilfestellung leisteten.80 Ein gutes Beispiel für die Kontrastierung von Weiß und Schwarz ist ein Artikel im Look Magazine von 1961. Im Fokus des mit vielen Bildern untermalten Berichts steht Pat, eine weiße Südstaatenschönheit, die auch im CBS-Film über die Guinea-Gruppe gezeigt wurde. Look setzte in seinen Artikeln auf die Wirkung von Bildern. Diese vermittelten die Botschaften und waren für die Leserschaft oft anschaulicher und einprägsamer als die sie begleitenden Texte. Pat wurde auf den Bildern gemeinsam mit Afrikanern gezeigt, wie sie mit ihnen in einem Kreis tanzt, und, besonders einPrimitive Living. Loop Grad Off to African Village, in: Chicago Defender, 26. Juni 1971, 13. Woman to Realize Wish. Africa Trip, in: Chicago Tribune, 1. Juli 1971. American Students Spend Summer Working in Africa, in: Chicago Defender, 17. September 1966, 11. 80 Haskell Ward, Interview der Autorin, Telefongespräch, 20. März 2012. 77 78 79
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prägsam, erschien ihr Gesicht auf einer Fotografie inmitten vieler schwarzer Gesichter.81 Ein weiteres Thema in der Beschäftigung der euroamerikanischen Medien mit Crossroads war dessen Einfluss auf das afrikanische Amerikabild. So schrieb die Los Angeles Times, Aufgabe des Programms sei es, „to counteract what is believed to be [the] expanding communist influence in that part of the world“.82 Und auch das Look Magazine berichtete, dass Pat sich auf einer Mission befände „to convince Africans of America’s friendly interest in them“.83 Das Image der USA, von dem weiße Crossroader in den Medien berichteten, unterschied sich dabei deutlich von den Berichten der schwarzen Teilnehmer in der afroamerikanischen Presse. Während diese das schlechte Image der USA auf die anhaltende Rassendiskriminierung im Land zurückführten, schilderte die weiße Presse ein gänzlich anderes Bild, wonach sich die Vereinigten Staaten einer durchaus positiven Reputation erfreuten. Im Boston Globe schrieb ein zurückkehrender Crossroader beispielsweise: „The image of the United States is that of an awesomly big and powerful nation, […] it does not carry a big stick.“84 Ein anderer Teilnehmer beschwichtigte: „Americans are still most popular with the Africans“85, und die New York Times verkündete 1964 in Zusammenhang mit Crossroads: „US prestige in Africa was reported to be rising despite unfavorable impressions caused by racial strife, the war in Vietnam and American intervention in the Dominican Republic.“86 Diese unterschiedliche Darstellung in der Presse ist, wie der geschichtliche Hintergrund im ersten Teilabschnitt dieses Kapitels vermuten lässt, auf die damalige Stimmung im Land zurückzuführen. Während auch die USIA berichtete, dass das Ansehen der USA in Afrika in Folge der Verabschiedung der Bürgerrechtsgesetze gestiegen sei, zeigten sich Afroamerikaner mit diesen Fortschritten nicht zufrieden und drängten auf weitergehende Maßnahmen, weshalb die afroamerikanische Presse das anhaltend negative Amerikabild referierte. In sowohl der weißen als auch der afroamerikanischen Presse wurde wie zur Entstehungszeit der Organisation über die schwere Arbeit berichtet, die die Teilnehmer in frontier-Manier verrichteten. In vielen Artikeln verbanden die Autoren den Sommer mit Crossroads mit dem neu belebten Pioniergeist der Nation und berichteten über die primitiven Lebensumstände und harten Arbeitsbedingungen, mit denen Teilnehmer in Afrika konfrontiert wurden. Ebenso wie die Teilnehmer am Peace Corps wurden auch sie wegen ihrer ArErnest Dunbar und Douglas Jones, Action, Not Words … A Louisiana Girl in Africa, in: Look Magazine, Januar 1961, 3. 82 College Students to Study, Work in Africa, in: Los Angeles Times, 3. Juni 1962, SG 11. 83 Ernest Dunbar und Douglas Jones, Action, Not Words … A Louisiana Girl in Africa, in: Look Magazine, Januar 1961, 3. 84 Boston Globe, 30. August 1964, 59. 85 Crossroaders Tell of Summer in Africa, in: Christian Science Monitor, 1. September 1964, 4. 86 M. S. Handle, US Said to Gain Favor in Africa, in: New York Times, 28. August 1964, 3. 81
Crossroads im Fokus der Medien
beit in den Dörfern der Dritten Welt als eine Art Volkshelden gefeiert.87 Im Boston Globe wurde über den Radiomoderator Garry Moore berichtet, der seinen Jungen mit Operation Crossroads Africa auf einen „man’s errand“ schickte.88 Er schilderte die Umstände, unter denen Mason körperliche Arbeit verrichten musste, und rief dadurch die Assoziation mit dem harten frontier-Alltag im „Wilden Westen“ hervor: „[T]he boy will work in temperatures ranging from 90 to 113 degrees, rising every morning at 4:30 and working throughout the day except for lunch [without] salary.“ Auch die folgenden Überschriften verdeutlichen die mediale Interpretation von Crossroads als Pionierarbeit auf einem unbekannten und voller Herausforderungen steckenden Kontinent: „Primitive living: Loop grad off to African village“89, „when they get to the Crossroads, the literally dig in“90, sowie „university sociology major is forsaking metropolitain living to rough it in the heart of Nigeria, Africa“.91 Auch der Hartford Courant berichtete, dass „Urlaub“ nicht das geeignete Wort sei, um einen Aufenthalt mit Crossroads in Afrika zu beschreiben. Crossroader entschieden sich für harte, unbezahlte Arbeit und zogen sie einem Sommer voller Spaß und lustiger Erlebnisse vor.92 Die Berichterstattung über Crossroads in der schwarzen und weißen Presse illustriert die zeitgenössische öffentliche Sicht auf Crossroads und verdeutlicht erneut, dass es von verschiedenen Gruppierungen unterschiedlich interpretiert und instrumentalisiert wurde. Während an die weiße Oberschicht gerichtete Zeitungen wie die Washington Post Crossroads Beitrag zu außenpolitischen Zielsetzungen kommentierten, betrachteten es schwarze Zeitschriften vorrangig als Mittel, um auf die Beziehung zwischen Afroamerikanern und Afrikanern einzuwirken. Die Auseinandersetzung mit der medialen Verarbeitung von Crossroads hat aber auch gezeigt, dass Crossroads als durch und durch amerikanisches und nicht etwa nur afroamerikanisches Programm wahrgenommen wurde. Die Bezugnahme auf zutiefst amerikanische Mythen und auf Crossroads Beitrag zur Imageverbesserung der USA in der afroamerikanischen und weißen Presse zeigen, dass die Teilnehmer einen amerikaniVgl. über die Glorifizierung von Peace-Corps-Teilnehmern als Pioniere an der new frontier siehe Rice, The Bold Experiment, 5. Vgl. auch Geidel, Point of the Lance. In ihrer Dissertation Point of the Lance untersucht Molly Geidel das Peace Corps basierend auf Gender- und Entwickungstheorien. Demnach betrachteten die Freiwilligen wie die Medien die Länder, in denen sie arbeiteten, als rückständig und modernisierungsbedürftig. Zudem zeigt sie, dass die Medien das Peace Corps als „frontier fantasy space“ darstellten, wo vor allem Männer eine Gelegenheit erhielten, ihre Männlichkeit und ihren Mut unter Beweis zu stellen. 88 Garry Sends his Boy on a Man’s Errand, in: Boston Globe, 14. Oktober 1962, 178. 89 Primitive Living. Loop Grad Off to African Village, in: Chicago Defender, 26. Juni 1971, 13. 90 When They Get to the Crossroads, They Literally Dig In. A Summer in Africa Draws 300 Students, in: Washington Post, 5. Juli 1964, F15. 91 Student to Spend Summer in Africa, in: Chicago Tribune, 12. Juni 1966. 92 Vgl. Students Translate Concern into Action, in: Hartford Courant, 24. Januar 1968, 11. 87
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schen Idealtypus verkörperten und sich auf einer „Mission“ befanden, von der die ganze Nation in den Augen der Medien profitieren konnte. Das Damoklesschwert über Crossroads
Im Mai 1964 nahm Robinson offiziell zu einem Problem Stellung, das wie ein Damoklesschwert über ihm und OCA hing. Schon länger als Sympathisant der Kommunisten verdächtigt, bat er den Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten (kurz HUAC) um eine Anhörung, um sich von diesen Vorwürfen zu befreien. Notwendig wurde dies, weil nicht nur sein persönlicher Ruf, sondern auch der seiner Organisation durch die fortwährenden Anschuldigungen Schaden nahm und sein Posten im Beratungsgremium des Peace Corps infrage gestellt wurde. Seit Jahren sah sich Robinson mit Kommunismusvorwürfen konfrontiert. Vor dem HUAC gab er zwar an, von Kommunisten organisierte Interessenorganisationen und Kampagnen lediglich wegen ihres Bekenntnisses zur Rassengleichheit und sozialer Gerechtigkeit unterstützt zu haben und nicht wegen ihres Ziels, einen Staat nach sowjetischem Vorbild zu errichten.93 Sein politisches Engagement lässt jedoch darauf schließen, dass er das Wahlprogramm der Kommunistischen Partei zumindest in seinen Grundfesten unterstützte. Im Jahr 1949 führte Robinson etwa eine Kampagne an, die sich für die Wahl von Benjamin J. Davis, des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei, zum Stadtrat in New York gegründet hatte. Robinson unterstützte ihn nach eigenen Angaben, weil er sich für ein umfassendes Programm sozialer und wirtschaftlicher Forderungen wie erschwingliche Mieten, Veteranenrechte und die Regulierung von Preisen einsetzte. Hauptsächlich, so gab er später vor, unterstützte er Davis jedoch, weil er einen Afroamerikaner im Stadtrat sehen wollte: „I wanted to see some Negro become involved in the government of the city.“94 Inwieweit diese Angaben Selbstschutz waren, um seinen Ruf in Anbetracht der Anschuldigungen vor dem Ausschuss zu retten, lässt sich spekulieren. Ersichtlich ist jedoch, dass Robinson die amerikanische Kommunistische Partei unterstützte, solang er selbst Nutzen aus dieser Verbindung ziehen konnte. Im Präsidentschaftswahlkampf von 1948 hatte er zudem für Henry Wallace und dessen Progressive Party geworben.95 Sein Wahlverhalten reflektiert die damals vorherrschende afroamerikanische Haltung, dass die von Wallace eingeforSiehe U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson. 94 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1954. 95 Sarkela/Mazzeo, Reverend James H. Robinson, 40. 93
Das Damoklesschwert über Crossroads
derte progressive Wirtschafts- und Sozialpolitik an ein Engagement für Rassengleichheit gekoppelt war.96 Nach 1948 änderte sich Robinsons Position gegenüber der Kollaboration und Unterstützung von Kommunisten zur Erreichung eigener Ziele, als die Eskalation des Kalten Krieges infolge der Hinwendung Chinas zum Kommunismus und der Atombombentests der Sowjetunion die Angst vor dem Kommunisten in den USA schürte. Als Kommunisten zum neuen Feinbild stilisiert und als skrupellose Sowjetagenten diffamiert wurden, wurde die Bevölkerung dem indirekten Druck ausgesetzt, die Außenpolitik Trumans zu unterstützen und ihren Patriotismus bei jeder Gelegenheit zu bekunden. Robinson erkannte den Zeitgeist und sagte sich vollkommen von früheren Verbindungen zu kommunistischen Verbänden los, um seinen Ruf und damit seine gesellschaftliche Stellung und die Durchsetzung seiner eigenen Agenda nicht zu gefährden. Jedes Mal, wenn das Thema seiner angeblichen kommunistischen Vergangenheit zur Sprache kam und er deswegen daran gehindert wurde, in Kirchen, Schulen oder Universitäten zu reden, so gab er vor dem Ausschuss an, nahm er sich die Zeit, um sich selbst zu verteidigen. Nach eigenen Angaben hatte er auch schon mehrmals eine Anhörung vor dem HUAC beantragt, der aber bisher nie stattgegeben worden war.97 Nicht nur Robinsons persönliches Engagement, sondern auch seine Arbeit im Peace Corps litt unter den vehement gegen ihn erhobenen Verdächtigungen. 1962 äußerte Senator Dodd aus Connecticut Sargent Shriver gegenüber Bedenken bezüglich Robinsons Vergangenheit. Dieser schickte ihm daraufhin ein Statement, in dem er seine vergangenen Aktivitäten rechtfertigte und erklärte. Im darauffolgenden Jahr 1963 zweifelte der Kongressabgeordnete Passman aus Louisiana an, ob Robinson aufgrund seiner angeblichen Verbindungen zu kommunistischen Organisationen und Personen für das Beratungsgremium des Peace Corps geeignet wäre.98 Um dem Peace Corps und auch seiner eigenen Organisation nicht zu schaden, wollte Robinson diese Anschuldigungen jedoch so weit wie nur möglich aus der Öffentlichkeit heraushalten, bis ihm eine Anhörung gewährt wurde.99 In einem Brief an Passman rechtfertigte sich Robinson für seine Vergangenheit und wies den Kongressabgeordneten auf Fehler hin, die dieser offensichtlich in seinem vorschnellen Urteil über Robinsons Vergangenheit gemacht hatte. Demnach schien er zwei wichtige Details in den ihm vorliegenden Akten über die kommunistischen Verbindungen des Crossroadsgründers übersehen zu haben. Zum einen stand dort explizit: „[T]his is an unevaluated report and Vgl. Biondi, To Stand and Fight, 41. Vgl. Brief, James H. Robinson an William Delane, 13. November 1961, JHR 3/15. Vgl. Brief, James H. Robinson an Edwin E. Willis (Vorsitzender HUAC), 2. Oktober 1963, JHR 5/9; Brief, James H. Robinson an Congressman Passman, undatiert, JHR 24/3. 99 Vgl. Brief, James H. Robinson an William Delane, 13. November 1961, JHR 3/15. 96 97 98
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does not necessarily mean that the person or persons listed in this report are either fellow travellers or Communist sympathizers.“ Und zweitens räumte der Bericht ein: „[W]e are not sure whether all of the persons listed in this report under the name of James Robinson, Jim Robinson, James H. Robinson, James Harvey Robinson, etc. are all one and the same person.“ Außerdem verteidigte sich Robinson, indem der beteuerte, dass Crossroads mehr für das Image der USA in Afrika getan habe als alle anderen staatlichen oder privaten Organisationen. Aufgrund seines offenkundigen Patriotismus und Crossroads’ Beihilfe zur Verwirklichung außenpolitischer Ziele in Afrika verwunderte es ihn, dass man ihn immer noch verdächtigte mit dem Kommunismus zu sympathisieren. Zudem müsse man es ihm hoch anrechnen, dass er, ein Afroamerikaner, seinem Land solch treue Dienste erweise, obwohl ihm als schwarzem Amerikaner bestimmte Rechte verweigert wurden: Not only have I served this country faithfully and loyally beyond any call of duty, I have done so willingly and freely, knowing full well that I belong to a segment of the American population which on the whole has never received its fair share, let alone its full measure of citizenship rights and privileges in this nation.100
Außerdem, so appellierte er an Passman, könne es auch nicht im Interesse des Peace Corps sein, ihn aufgrund haltloser Anschuldigungen zu entbehren. Das Peace Corps habe schließlich die meisten seiner Projekte in Afrika und Asien. Das gute Image, das er sich selbst und im gleichen Zuge auch Amerika dort erarbeitet habe, und der Respekt, der ihm von Einwohnern und Politikern entgegengebracht wurde, kämen sowohl dem Peace Corps als auch dem Land als Ganzem zugute. Über Crossroads sagte er: „There are not many Americans of any race, any organization, […] who can boast of a happier, a more creative and a more successful relationship with the people of Africa.“101 Das gute Image seiner eigenen Organisation war es, worum sich Robinson dabei am meisten sorgte. Anschuldigungen, wie die von Passman, so fürchtete Robinson, könnten der Organisation großen Schaden zufügen, wenn sie – wie es in diesem Fall war – an die Presse gelangten.102 Mehrere Personen hatten Passmans Presseerklärung gelesen und einen Bericht über die Vorwürfe im Radio gehört.103 Da Robinson bisher aber kein Forum geboten worden war, um die Anschuldigungen zu widerlegen und seine Akte zu bereinigen, wurde ihm als Konsequenz aus den öffentlichen Bekanntmachungen das FundRaising bei großen Firmen und Stiftungen erschwert. Als private Organisation 100 101 102 103
Brief, James H. Robinson an Congressman Passman, undatiert, JHR 24/3. Ebd. Vgl. Brief, James H. Robinson an Senator Jacob Javits, 3. Oktober 1963, JHR 5/9. Vgl. Brief, James H. Robinson an Congressman Passman, undatiert, JHR 24/3.
Crossroads und die American Negro Leadership Conference on Africa
war Crossroads jedoch auf solche Spenden angewiesen und konnte sich nicht leisten, Sponsoren zu verlieren.104 Bei den Anhörungen distanzierte sich Robinson von sämtlichen Anschuldigungen und stellte stattdessen den Verdienst von OCA für das Image Amerikas auf dem afrikanischen Kontinent heraus. Der linke Historiker Gerald Horne unterstellte ihm deswegen, er hätte sich das Vertrauen des Komitees zu erschleichen versucht, indem er Crossroads als „trojanisches Pferd“ für amerikanische Interessen in Afrika darstellte.105 Auch wenn Horne Recht hat, dass Robinson vehement auf den Beitrag verwies, den Crossroads für die amerikanische Außenpolitik leistete, ist seine Einschätzung sehr einseitig und zu anprangernd. In seinem Buch Black and Red wirft er Aktivisten wie Robinson und Bürgerrechtsorganisationen wie der NAACP, die sehr eng mit der Regierung arbeiteten, vor, aus reinem Opportunismus vehement antikommunistisch gewesen zu sein und nicht genügend Zivilcourage besessen zu haben, um sich vom nationalen antikommunistischen Diskurs zu distanzieren. In der Tat mutet es etwas opportun an, dass Robinson auf die Widersprüchlichkeit der Außenpolitik verwies, wenn es um rassenpolitische Fragen ging, aber gleichzeitig das Grundgerüst eben dieser Politik unterstützte: Antikommunismus. Manfred Berg hat auf diesen Widerspruch im Zusammenhang mit der NAACP hingewiesen, hält ihr aber zugute, dass es ihr mit dieser Taktik gelungen wäre, ihr Programm durch die McCarthy-Ära zu retten.106 Auch Robinson blieb letztendlich, ebenso wie der NAACP, nichts anderes übrig, wollte er Crossroads als gemischt-rassisches Freiwilligenprogramm in den Sechzigern aufrechterhalten. Er war auf das Einverständnis des Außenministeriums und auf die Unterstützung der Regierung angewiesen, wollte er funktionierende Kommunikationswege und besseres Verständnis zwischen den zwei Kontinenten etablieren. Auch die Suche nach finanzieller Unterstützung für sein Programm wäre, wie wir gesehen haben, durch eine abweichende außenpolitische Meinung erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht worden – Crossroads konnte es sich schlichtweg nicht leisten, mit kommunistischem Gedankengut in Verbindung gebracht zu werden. Crossroads und die American Negro Leadership Conference on Africa
1962 hatte sich die American Negro Leadership Conference on Africa (ANLCA) auf dem Arden House Campus der Columbia University in New York gegründet, um als afroamerikanische Interessenverbindung Einfluss auf die amerikaVgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1969. 105 Vgl. Horne, Black and Red, 202. 106 Vgl. Berg, Ticket to Freedom, 225. 104
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nische Afrikapolitik zu nehmen. In der ANCLA war das ganze breite Spektrum der Bürgerrechtsbewegung vertreten, von der NAACP bis hin zum SNCC. Die Führung dieser Bewegung übernahmen die „Big Six“ der Bürgerrechtsbewegung: Martin Luther King von der Southern Christian Leadership Conference, Roy Wilkins von der NAACP, Andrew Young von der National Urban League, A. Philiph Randolph von der Brotherhood of Sleeping Car Porters, James Farmer vom Congress of Racial Equality (CORE) und Dorothy Height vom National Council of Negro Women. Neben diesen bekannten Namen gehörten 22 weitere Organisationen und Personen der Vereinigung an, wie das American Committee on Africa, SNCC und auch Operation Crossroads Africa. Aufgrund ihrer prominenten Besetzung war die ANCLA, wie Brenda Gayle Plummer argumentierte, viel mehr eine Führungs- als eine Massenorganisation, und hatte wegen dieser elitären Prägung Probleme, die afroamerikanische Basis für ihre Belange zu begeistern.107 Durch das kollektive Gewicht der einflussreichen Bürgerrechtsorganisationen, so hofften die Mitglieder der ANCLA jedoch zunächst, lasse sich in Amerika Interesse für die Situation in Afrika generieren, Informationen über den Kontinent verbreiten und Einfluss auf die amerikanische Afrikapolitik nehmen. Letztes wollte die Vereinigung erreichen, indem sie die amerikanische Regierung über die Beziehungen der Nation zu Afrika beriet.108 Zu diesem Zweck hielt sie in den sechziger Jahren drei Konferenzen ab: 1962, 1964 und 1967.109 Schwerpunkte der ANCLA lagen in der Unterstützung der Unabhängigkeitsbewegungen in Afrika, dem Einsatz für Sanktionen gegen Südafrika und für Bürgerrechte in den USA sowie in der Einflussnahme auf das amerikanische Afrikabild. Außerdem setzte sie sich für Hilfeleistungen für Afrika ein, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen sollten. Ein ganz besonderes Augenmerk galt außerdem dem Einsatz für mehr afroamerikanisches Personal im Außenministerium – denn wirklichen Einfluss auf die Afrikapolitik konnten Afroamerikaner nur nehmen, wenn auch das Außenministerium vollständig ethnisch integriert wäre und schwarze Diplomaten die Interessen der afroamerikanischen Gemeinde vertraten.110 So wie Crossroads es schon seit Jahren praktizierte, forderte auch die ANCLA „to create and broaden contacts and meaningful dialogue between African and American Negro leaders and to create lines of communications and Vgl. Plummer, Rising Wind, 307. Vgl. The American Negro Leadership Conference on Africa, New York, A Brief Statement on its Future Development, OCAR 85/14. 109 Vgl. über die Konferenzen der ANCLA: DeConde, Ethnicity, Race, and American Foreign Policy, 145–147; Baldwin, Toward the Beloved Community, 38–42; Houser, Freedom’s Struggle Crosses Oceans and Mountains, 186; Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 205; Said, Ethnicity and U. S. Foreign Policy, 162–163; Tillery, Between Homeland and Motherland, 97. 110 Vgl. American Negro Leadership Conference on Africa, Resolutions, Sept. 24, 25, 26, 27, 1964, JHR 10/18. 107
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contact between visiting Africans, including African students, and the American Negro community“.111 1967 beschlossen die Mitglieder daher, dass Afrika der Hilfe von gut ausgebildeten Fachkräften bedurfte und diese vor allem amerikanische Schwarze sein sollten. Afrikanische Führer, so lautete der Bericht, hätten vermehrt schwarze Lehrer und Techniker aufgefordert, in Afrika zu arbeiten, und es gäbe auch genügend Afroamerikaner, die diese Erfahrung gerne machen würden. Außerdem bemerkte er, dass bereits eine „Maschinerie“ existierte, die darauf spezialisiert war, afrikanische Bedürfnisse mit afroamerikanischen Personal zu befriedigen. Dennoch legte er fest: Be it resolved that this conference set up the administrative machinery necessary to provide for African nations a roster of American Negroes able and willing to employ their skills in Africa and a list of American Negro professional and technical institutions, available to provide such services, advice and consultation as may be needed by African missions and embassies in the United States.112
Crossroads hatte mit seinem Programm bereits jahrelang gute Vorarbeit geleistet, um diese Forderung der ANCLA auch umsetzen zu können. 1964 durfte James H. Robinson die Grundsatzrede in der Sitzung „The American Negro and Africa“ halten. Der Inhalt dieser Rede verdeutlicht seine Überzeugung, dass die Bürgerrechtsbewegung in Amerika und die Anti-Kolonialismus-Bewegungen (und ebenso die Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika) ein und derselbe Kampf waren: ein Kampf gegen die Unterdrückung schwarzer Menschen. Der Einsatz für eine Beachtung der afrikanischen Freiheitsbewegungen von Afroamerikanern war demnach nicht gänzlich uneigennützig: „[T]he most important single fact about the initiation of the American Negro Leadership Conference on Africa is that it was called at a time of new and intensified involvement of our own problems of freedom, civil rights and justice.“113 Robinson, der schon in den Fünfzigern den Zusammenhang zwischen den beiden Bewegungen erkannt hatte, stand mit dieser Meinung repräsentativ für die gesamte Konferenz. Als Leitsatz formulierte diese: The American Negro community in the United States has a special responsibility to urge a dynamic African policy upon our government. Although we have a serious civil rights problem which exhausts much of our energy, we cannot separate this struggle at home from that abroad. If the United States cannot take vigorous action to help win freedom in American Negro Leadership Conference on Africa, Resolutions, 24.–27. September 1964, Washington D. C., NAACP 28/26/00910/13. 112 American Negro Leadership Conference on Africa, Resolutions, Third Biennial Assembly, 26. Januar 1967, OCAR 85/14. 113 James H. Robinson, Keynote Address: American Negro Leadership Conference on Africa, 24. September 1964. 111
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Africa, we cannot expect to maintain the trust and friendship of the newly independent and soon-to-be independent peoples of Africa and Asia.114
Während Lewis V. Baldwin die ANCLA als erfolgreich und sehr bedeutsam beschreibt, kritisieren andere Historiker, dass sie letztendlich nur wenig Einfluss ausüben konnte.115 Grubbs merkte beispielsweise an, dass die ANCLA mit ihrem „Marshall-Plan für Afrika“ nicht weiter von den Forderungen der Kennedy- und Johnson-Administration abwich und nichts anderes als die bereits schon praktizierte offizielle amerikanische Modernisierungs- und Amerikanisierungspolitik in Afrika einforderte. Ihm zufolge war die ANCLA wie eine schwarze Version der liberalen Vermittlerrolle sogenannter „secular missionaries“, also privaten überkonfessionellen Organisationen wie auch Crossroads. Zudem kritisierte er, dass sich die ANCLA zu sehr auf die Durchsetzung von rassischer Diversität im Außenministerium konzentrierte und dabei wenig tat, um einen progressiven Richtungswechsel in der Afrikapolitik einzuläuten.116 Dennoch sprach auch Einiges für den Erfolg der ANCLA. Im Anschluss an die erste Konferenz von 1962 wurde Vertretern der Organisation ein Besuch bei Präsident Kennedy gestattet, in dem sie Kennedy drängten, wirtschaftliche Sanktionen gegen Südafrika zu verhängen. Sie führten ihm die Dringlichkeit vor Augen, indem sie argumentierten, dass sein Einsatz für Bürgerrechte in Amerika fragwürdig bliebe, solange sich seine Administration weigerte, mit der UN-Resolution konform zu handeln, die internationalen Druck gegen das Apartheidregime in Südafrika einforderte. Mit diesen Argumenten konnten sie Kennedys Unterstützung für ihren „Appeal for Action“ gegen Apartheid erbitten.117 Nach ihrer dritten Zusammenkunft 1967 verlor die ANCLA an Dynamik. Die Ursache dafür sehen Historiker vor allem in ihrer elitären Prägung und ihrem Versagen, die afroamerikanischen Massen zu mobilisieren. Zudem fehlte ihr eine klare Agenda, die sich als unverkennbare afroamerikanische Stimme von derjenigen der Regierung abhob. Der Auslöser des langsamen Einflussverlustes war jedoch letztendlich die Eskalation urbaner Gewalt in den USA und der Krieg in Vietnam, die von Belangen wie der Afrika-Politik der Regierung ablenkten.118 American Negro Leadership Conference on Africa, Resolutions, Sept. 24, 25, 26, 27, 1964, JHR 10/18. 115 Vgl. Baldwin, Toward the Beloved Community, 38. 116 Vgl. Grubbs, Secular Missionaries, 49–50. 117 Kennedy nahm diesen Vorschlag an, weil er hoffte, dass ihm die ANCLA bei seinem Einsatz für eine Aufstockung der finanziellen Entwicklungshilfen behilflich sein würde. Zudem konnte es dazu beitragen, der negativen Presse über die amerikanische Rassendiskriminierung in Afrika Einhalt zu gebieten. Vgl. Plummer, Rising Wind, 308; Bauer, John F. Kennedy and the Second Reconstruction, 350. 118 Vgl. Baldwin, Toward the Beloved Community, 42; Houser, Freedom’s Struggle Crosses 114
Fazit
Die Bedeutung der ANCLA sollte jedoch nicht unterschätzt werden. In der Beschäftigung mit Crossroads verdeutlicht sie, dass Afrika aufgrund der dort stattfindenden Autonomiebewegungen für die Bürgerrechtsbewegung in den USA wichtig geworden war. Die Präsenz der bedeutenden liberalen Aktivisten in der ANCLA zeigte außerdem, dass die amerikanische Bürgerrechtsbewegung mittlerweile geschlossen zu der Überzeugung gelangt war, das der Kampf für Gleichberechtigung ein transatlantisches Phänomen war und beide Seiten von einer Kollaboration profitieren konnten. Fazit
Dieses Kapitel hat die Geschichte von Operation Crossroads Africa in der Übergangsphase von dem überschwänglichen Optimismus der Kennedy-Ära und den turbulenten Jahren der späten Sechziger untersucht und somit die Lage geschildert, in der sich die Organisation befand, bevor die Bürgerrechtsbewegung zunehmend radikaler und das Vertrauen der Amerikaner in ihren Staat immer geringer wurde. Die Ereignisse von 1964 bis 1966 waren für die Organisation nicht so bahnbrechend wie die der späten fünfziger und der frühen sechziger Jahre und auch nicht so turbulent wie die Zeit, die danach folgen sollte. Vielleicht war es aber gerade diese relative Ruhe, die den Erfolg dieser Jahre begründete. OCA sollte nie wieder so erfolgreich sein wie 1966. Es hatte sich neben dem Peace Corps und den nunmehr zahlreichen anderen Freiwilligenorganisationen behauptet und seinen Stand in Afrika gefestigt. Die Zahl seiner Bewerbungen war kontinuierlich angestiegen und die Menge seiner Projekte war größer denn je, wobei auch die Anzahl der Hilfsprojekte mit spezialisierter Ausrichtung prozentual zugenommen hatte. Mit seinem African Leadership Program und dem Reiseangebot für Erwachsene konnte Crossroads außerdem seinen Fokus erweitern und eine breitere Öffentlichkeit für Afrikas Entwicklungsprobleme und die Notwendigkeit intakter Beziehungen zwischen den zwei Kontinenten sensibilisieren. Mit seiner Stellungnahme vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten stellte sich Robinson zudem seiner eigenen Vergangenheit und konnte damit seinen Namen und den seiner Organisation weitestgehend von Vorwürfen befreien, mit dem Kommunismus zu sympathisieren. Durch seine Mitgliedschaft in der ANLCA trug Crossroads gemeinsam mit den führenden Bürgerrechtsaktivisten und -organisationen des Landes dazu bei, den afroamerikanischen Anspruch auf Teilhabe an der amerikanischen Afrikapolitik zu formulierten. Crossroads Mitgliedschaft in der ANCLA zeigte Oceans, 186; Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 206; Plummer, Rising Wind, 311; Said, Ethnicity and U. S. Foreign Policy, 163.
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zudem, wie wichtig Afrika für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, und integrative Projekte wie Crossroads für die Beziehung zwischen Afroamerikanern und Afrikanern geworden waren. Die Auseinandersetzung mit der medialen Berichterstattung über Crossroads in diesem Zeitraum hat außerdem ergeben, dass es sowohl vom weißen als auch vom schwarzen Amerika angenommen wurde. Während das weiße Amerika die Organisation als hilfreich für die Imageverbesserung der USA betrachtete, sahen Afroamerikaner sie aber vorwiegend als Möglichkeit, um Kontakt zu Afrikanern zu etablieren. Lyndon Johnson hatte den schon unter Kennedy generierten Optimismus und die Zuversicht der Amerikaner in ihren Staat nochmals zu steigern vermocht. Mit der Bürgerrechtsgesetzgebung und den ambitionierten Sozialreformen der Great Society setzte er die Erwartungen in den Staat jedoch so hoch, dass er letztendlich eigentlich nur enttäuschen konnte. Desillusionierung und allgemeine Enttäuschung ließen demnach auch nicht lange auf sich warten. Ab 1967 versanken die amerikanischen Innenstädte zunehmend in einem Meer von Gewalt und Widerstand, und das Vertrauen in die Staatsmacht und Amerikas Führungsanspruch ging mit der Eskalation des Krieges in Vietnam verloren. Aber auch Afrika verlor sich in den Wirren von Bürgerkriegen, und es zeichnete sich ab, dass es den Erwartungen der development decade nicht gerecht werden konnte. Ob und was für Auswirkungen diese Ereignisse auf Crossroads hatten, zeigt das nächste Kapitel.
6 – Krise und Erholung – 1967 bis 1972
There is an old saying that only in the winter can you tell which trees are evergreens. – John F. Kennedy1 – Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit. – John F. Kennedy –
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968 gilt als das ereignis- und krisenreichste Jahr der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahr schienen simultan alle Konflikte zu kulminieren, die die späten Sechziger im Allgemeinen geprägt hatten: Rassenkonflikte und Krawalle in schwarzen Ghettos, Studenten revoltieren gegen die sozialen Zwangsstrukturen, von denen sie sich unterjocht fühlen, der Krieg in Vietnam und das damit zum Ausdruck gebrachte Misstrauen gegenüber der amerikanischen Regierung. Die Ermordung von Martin Luther King und die des potentiellen demokratischen Präsidentsschaftsbewerbers Robert Kennedy erstickten die Hoffnungen, die Träume und den Optimismus der letzten Jahre der Dekade endgültig. Robert Kaiser beschreibt das davon ausgelöste Gefühl der Hoffnungslosigkeit in der amerikanischen Bevölkerung in seiner Monographie über das Krisenjahr 1968: „We did experience hope in 1968: hope and ambition and amazing joy. But to millions of us, Bobby Kennedy’s assasination felt like the resounding chord that ended St. Pepper’s: a note of stunning finality.“2 Doch nicht nur in Bezug auf den verlustreichen Vietnamkrieg und die Konflikte im Inneren der USA hatte sich die anfangs zum Jahrzehnt der Entwicklung deklarierte Dekade zur „decade of disillusionment“ entwickelt.3 Vor der Zuversicht der mit großem Optimismus angekündigten Modernisierung des afrikanischen Kontinents in den frühen Sechzigern betrachtet, blieben die John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers. Kaiser, 1968 in America, 256. Der Begriff „decade of disillusionment“ ist entnommen aus: Grubbs, Secular Missionaries, 142. 1 2 3
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Ergebnisse der Entwicklungsmaßnahmen in Afrika weit hinter den allseitigen Erwartungen zurück. Desillusionierung setzte also auf beiden Seiten des Atlantiks ein. Mit der Wahl Richard Nixons zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wurde schließlich 1968 ein konservativer Gegenschlag eingeläutet, der ein Ende der bürgerkriegsähnlichen Unruhen im Lande versprach, aber auch den liberalen Konsens der Nachkriegsjahre begrub. Unter diesen Umständen verwundert es nicht, dass sich die Konflikte der Zeit sowohl in der Gruppendynamik der Crossroader widerspiegelten als auch Einfluss auf die interne Debatte über die Zukunft der Organisation nahmen. Die Radikalisierung der Bürgerrechtsbewegung, Unruhen in mehreren afrikanischen Ländern, der Empfang verdeckter Spendengelder von der Central Intelligence Agency (CIA) und damit verbundene finanzielle Probleme stellten Crossroads zwischen 1967 und 1970 vor größere Herausforderungen als jemals zuvor. Gleichzeitig zwangen die Spannungen zwischen Amerikanern einerseits und das gesteigerte Misstrauen von Afrikanern gegenüber fremden Einflüssen andererseits Teilnehmer an Crossroads dazu „[to show] more willingness […] than ever in terms of willingness to communicate across barriers of race, language and culture“.4 Nichtsdestotrotz liegt aber auch die Vermutung nahe, dass das gesteigerte Bewusstsein für Afrika von Seiten schwarzer Amerikaner und der radikalen weißen Studentenbewegung sowie die regierungsfeindliche Haltung der amerikanischen Jugend das Interesse an Crossroads steigern mussten. Schließlich ermöglichte es Afroamerikanern einen Aufenthalt in Afrika, und bot Studenten, die sich zwar sozial engagieren wollten, aber eine Arbeit mit Regierungsorganisationen prinzipiell ablehnten, ein Ventil, um ihren Idealen Taten folgen zu lassen. Das folgende Kapitel wird daher untersuchen, ob diese Vermutung bestätigt werden kann, und wird zeigen, dass die Krise der späten Sechziger für Crossroads in gewissem Sinne auch eine Chance darstellte, das eigene Konzept zu überdenken und fundamentale Fragen über das Selbstverständnis der Organisation zu klären. „The Times they are A-Changing“: Das turbulente Ende einer Dekade
Eines der Lieder, die stellvertretend für die Ära der sechziger Jahre stehen ist Bob Dylans „The Times they are A-Changing“, das schon in seinem Titel auf die gesellschaftliche Umbruchstimmung der Zeit aufmerksam macht. Es beschreibt eine Epoche, in der die Studenten protestierten, und die zunehmende Unzufriedenheit mit der Regierung und mit Autorität im Allgemeinen um sich 4
OCA Report 1969, 3.
„The Times they are A-Changing“: Das turbulente Ende einer Dekade
griff. Die Bürgerrechtsbewegung gab ihre gewaltfreien Proteste in Teilen auf und deklarierte „Black Power“ zu ihrem neuen Motto. Historiker argumentieren, dass beide Entwicklungen voneinander profitierten und sich gegenseitig beeinflussten und inspirierten.5 Der Geschichtswissenschaftler Robert Daniels spricht in diesem Zusammenhang von der „forth revolution“, die gegen Autorität und Ungleichheit gerichtet war und für persönliche Freiheit und Gleichheit kämpfte. Dazu gehörten sowohl die Rebellion der jungen Generation gegen das Establishment als auch die Antikriegsdemonstrationen und die Revolte der Afroamerikaner gegen die etablierte Ordnung der weißen Gesellschaftsschicht.6 Die Studentenbewegung der späten Sechziger war ein Auswuchs des Generationenkonflikts, der sich in der Rebellion der jüngeren Generation gegen die rigiden Gesellschaftsmuster und konservativen Wertvorstellungen der Nachkriegsgeneration äußerte.7 Zunächst hatten Studenten vereinzelt gegen die als zu autoritär und einschränkend empfundenen Universitätsregeln protestiert und eine Demokratisierung des öffentlichen Lebens gefordert.8 Mit der Aufhebung der Zurückstellung von Studenten vom Wehrdienst entwickelte sich der sozialreformerische Studentenprotest 1966 jedoch zur Massenbewegung, und alsbald schlossen sich auch Vertreter der Kirche, Intellektuelle und Liberale an, die gegen den Vietnamkrieg protestierten und politische Entscheidungen und Führungsmethoden infrage stellten. In den kommenden Jahren spaltete sich die Bewegung jedoch und es kam zu einer Radikalisierung weiter Teile der studentischen Protestbewegung, die gemäßigtere Kräfte zunehmend zum Rückzug bewog. Nicht alle nonkonformistischen Mitglieder der Bewegung waren jedoch politisch aktiv. Viele drückten ihre Abkehr von den konservativen Wertmaßstäben der Gesellschaft aus, indem sie sich in alternative Lebensformen zurückzogen, in Kommunen lebten und eine Bewusstseinsveränderung mit Drogen und Musik herbeizuführen versuchten. Gemeinhin wurde diese Manifestation der Protestbewegung als counterculture beschrieben, die im nationalen Gedächtnis vor allem mit Hippies, Woodstock und „Flower Power“ assoziiert wird.9 Vgl. Guggisberg, Geschichte der USA, 289; Daniels, The Forth Revolution, 112. Siehe Daniels, The Forth Revolution. Udo Sautter fügt dem hinzu, dass diese Protestbewegungen nicht von materiellen Forderungen getragen wurden, sondern ein moralisches Ziel verfolgten, indem sie den Widerspruch zwischen dem Anspruch und der Wirklichkeit im amerikanischen Leben und der amerikanischen Politik aufzulösen versuchten. Vgl. Sautter, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 474–475. 7 Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 121. Dieser Generationenkonflikt äußerte sich mit solcher Vehemenz, weil die Generation der „baby boomer“ überaus geburtenstarke Jahrgänge waren, die sich auch gesellschaftlich bemerkbar machten. So verdoppelte sich unter anderem die Zahl der Studenten an amerikanischen Universitäten zwischen 1960 und 1970 von vier auf acht Millionen. Für eine Mentalitätsgeschichte der Baby-Boom-Generation siehe Owram, Born at the Right Time. 8 Vgl. Sautter, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 477. 9 Vgl. Guggisberg, Geschichte der USA, 290. Für eine anschauliche Darstellung der vielfältigen 5 6
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Die Bürgerrechtsbewegung hatte sich zu diesem Zeitpunkt vom Süden in den Norden des Landes verlagert. Jetzt, da die politischen und gesetzlichen Freiheitsbeschränkungen für schwarze Amerikaner formell aufgehoben waren, kämpfte sie für die tatsächliche soziale und ökonomische Gleichstellung der Afroamerikaner, die sich beispielsweise im Einsatz für faire Wohnbedingungen ausdrückte.10 Zur gleichen Zeit fand auch eine Radikalisierung der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung statt, die die bisherige gemäßigte Ausrichtung der Bewegung ablehnte und deren radikaler Flügel auf gewaltsame Weise eine gesonderte Existenz der schwarzen Bevölkerung der USA herbeizuführen versuchte. Ebenso wie die Studentenbewegung zersplitterte schließlich auch die Bürgerrechtsbewegung und verlor an Dynamik und politischem Einfluss.11 Während beide Bewegungen 1966 und 1967 zunächst noch an Intensität gewannen, nahm beider Ungeduld über die zu langsam voranschreitenden Veränderungen in der Gesellschaft zu. Das „Epochenjahr“ 1968 entwickelte sich daher zum ereignisreichsten Jahr der Dekade und weit darüber hinaus.12 In Anbetracht nationaler und internationaler Krisen und der Kritik an seinem Regierungstil erklärte Lyndon Johnson im März, dass er nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren werde. Nach der Ermordung Martin Luther Kings durch einen weißen Amerikaner brachen im selben Jahr außerdem bürgerkriegsähnliche Zustände in 125 Städten der USA aus13 – eine Gewaltwelle, die nicht der gewaltfreien Philosophie Kings entsprach, der sich zeitlebens für Integration und Gewaltlosigkeit eingesetzt hatte. Das Attentat an Robert Kennedy beraubte die Dekade eines weiteren Hoffnungsträgers des liberalen Amerika und trug dazu bei, dass sie Bevölkerung schließlich das Vertrauen darauf verlor, dass die Probleme der Nation durch Idealismus und Wohlwollen allein zu lösen wären.14 Zum Parteikonvent der Demokraten in Chicago kam es im August zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Antikriegsdemonstranten und der Polizei, die die gesellschaftlichen Spannungen und Gegensätze zwischen ultraliberalen Kräften und dem amerikanischen Establishment versinnbildlichten. Mit der Wahl Richard Nixons zum Präsidenten der USA fand Ende 1968 ein soziokultureller Umbruch in den Vereinigten Staaten statt, der von vielen Historikern als Zeichen für den Zerfall des liberalen Konsenses der Nachcounterculture der Sechziger in Amerika siehe Gair, The American Counterculture. 10 Vgl. Chong, Collective Action and the Civil Rights Movement, 204. Für eine umfassende Darstellung der Verlagerung der Bürgerrechtsbewegung in den Norden siehe Sugrue, Sweet Land of Liberty. Über das „Chicago Freedom Movement“ Kings für verbesserte Wohnbedingungen von Afroamerikanern siehe Ralph, Northern Protest. 11 Vgl. Joseph, The Black Power Movement; Ogbar, Black Power. 12 Der Begriff „Epochenjahr“ ist entnommen aus: Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 337. Für eine mentalgeschichtliche Betrachtung der Ereignisse dieses Jahres siehe Kaiser, 1968 in America. 13 Vgl. Plummer, Rising Wind. 14 Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 202.
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kriegszeit gewertet wird.15 Nixon bündelte die „silent majority“, die konservativen Kräfte sowie die von der Gewalt der Protestbewegung verunsicherte liberal gesonnene Mittelschicht hinter sich, indem er Mäßigung und Ordnung und ein Ende des sozialen Chaos versprach. Schließlich hatte die Eskalation sowohl der studentischen als auch der afroamerikanischen Proteste weite Teile der Bevölkerung von einer Gefährdung der moralischen Grundwerte der Nation überzeugt.16 Nixons Wahl zum Präsidenten läutete die unvermeidliche „thermidorean reaction“ ein, einen Gegenschlag zu den gewaltsamen Auswüchsen der Protestbewegungen, der ein Abflauen des Reformwillens und eine bestenfalls gemäßigte Umsetzung der Errungenschaften der letzten Dekade beinhaltete.17 Ende der Sechziger weckten außerdem politische Unruhen in der Dritten Welt und die gescheiterte interventionistische Außenpolitik der USA in Vietnam erhebliche Zweifel an der Umsetzbarkeit des westlichen Fortschrittsmodells und von Entwicklungsprogrammen für die Modernisierung der Dritten Welt.18 Geradlinige und lenkbare Entwicklung hatte sich als Illusion erwiesen, denn in kaum einem Land Afrikas stellte sich ökonomischer Fortschritt ein. Die ehemaligen Kolonialmächte mussten weiterhin finanziell aushelfen, und Putsche in Krisengebieten führten mehrerorts zu politischer Instabilität. Konservative Kritiker machten kulturelle Faktoren des afrikanischen Lebens für die ökonomische und politische Rückständigkeit des Kontinents verantwortllich und verfielen damit in alte koloniale und paternalistische Denkmuster. In gewissem Sinne von dem liberalen Optimismus und der Allgemeingültigkeit der Modernisierungstheorie geheilt, fragten sie sich, ob Afrikaner überhaupt jemals für eine rapide Modernisierung empfänglich waren.19 Zur selben Zeit, da das Interesse der liberalen Amerikaner an Afrika im Zuge von Unruhen wie der Krise im Kongo abnahm, begannen jedoch andere Teile der Bevölkerung Afrika für sich zu entdecken: Afroamerikaner, die ein panafrikanisches Bewusstsein entwickelten sowie weiße radikale Studenten, die mit den ihrer Ansicht nach unterdrückten Völkern der Erde sympathisierten.20 Andersherum nahmen auch die Länder der Dritten Welt eine zunehmend reservierte und skeptische Haltung gegenüber ausländischen Organisationen und Institutionen ein, die ihnen scheinbar selbstlose Hilfe anboten und vorVgl. Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 339; Dahms, Grundzüge der Geschichte der Vereinigten Staaten, 179; Daniels, The Forth Revolution, 67. 16 Über den konservativen Gegenschlag siehe Heideking/Mauch, Geschichte der USA, 339; Sautter, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 479; Depkat, Geschichte Nordamerikas, 296; Gassert/Häberlein/Wala, Kleine Geschichte der USA, 477. 17 Vgl. Daniels, The Forth Revolution, 67. 18 Vgl. Latham, Modernization as Ideology, 215. Siehe auch Hess, Waging the Cold War, 334 ff.; Houser, Africa’s Challenge. 19 Vgl. Grubbs, Secular Missionaries, 142; Hess, Waging the Cold War, 334. 20 Siehe hierzu Houser, Africa’s Challenge, 22 f. 15
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gaben, sich mit ihren Problemen zu identifizieren.21 Trotz deren wiederholten Beteuerungen, dass ihnen Afrikas Probleme am Herzen lägen, erkannten die Afrikaner schließlich, dass Amerikaner nur in zweiter Linie an dessen Entwicklung interessiert waren und anderen außenpolitischen Verpflichtungen mehr Bedeutung zumaßen. Die Kürzungen der finanziellen Entwicklungshilfen durch USAID beerdigten schließlich alle Hoffnungen, dass die USA ein zuverlässlicher Partner wären, der sie langfristig bei ihrer Entwicklung unterstützen würde.22 Aufgrund der Skepsis, die den USA nun in Afrika entgegenschlug, wurden people-to-people Programme wie Crossroads aus außenpolitischer Sicht wichtiger, um das Ansehen Amerikas auf dem Kontinent zu rehabilitieren. Wie der Vize-Präsident unter Johnson, Hubert Humphrey, auf einer Afrikareise mitteilte, riet der Präsident deshalb zu einer Reorganisation der amerikanischen Afrikapolitik, die an die schnell wachsende junge Bevölkerung dieser Länder gerichtet sein sollte. Die bisherige Afrikapolitik, so stellte er auf seiner Erkundungstour fest, war nicht genügend an den Belangen der dort lebenden Jugend orientiert. Zudem fehlten der afrikanischen Jugend seiner Ansicht nach verlässliche Informationen über den erzielten Fortschritt in der amerikanischen Rassenfrage sowie über den „war on poverty“. „Most of the university students and other young Africans only knew about the worst side of the civil rights situation“, kommentierte auch Dr. Sam Proctor, ein ehemaliger Direktor des Peace Corps in Nigeria.23 Als Antwort darauf schlug Humphrey deshalb ein größeres Austauschprogramm vor, das amerikanische Schriftsteller, Musiker und Sportler nach Afrika entsenden sollte. Gleichzeitig wollte er mehr Afrikanern eine Ausbildung in den USA ermöglichen. Die Ergebnisse eines solchen Programms, argumentierte er, würden die dafür nötigen Kosten rechtfertigen und von den AID-Kürzungen ablenken.24 Private Programme wie Crossroads standen daher Ende der sechziger Jahre weiterhin hoch im Kurs, um das internationale Amerikabild in ein positives Licht zu rücken.
Vgl. Hess, Waging the Cold War, 334. Vgl. Grubbs, Secular Missionaries, 132. Vgl. Benjamin Welles, Humphrey, After African Tour, Seeking Changes in Policy, in: The New York Times, 13. Januar, 1968, OCAR Addendum 19/6. 24 Vgl. ebd. 21 22 23
Teilnehmerzahlen und Projekte
Teilnehmerzahlen und Projekte
1967 feierte Crossroads seinen zehnten Geburstag mit Galadiners in verschiedenen Städten der USA „with a heady combination of African food, satyrical humor and the Great Society“.25 Gäste der Veranstaltung in New York waren unter anderem der nigerianische UNO-Botschafter, Vertreter des Außenministeriums, mehrere afrikanische Botschafter, die Kongressabgeordnete Frances Bolton und der Gastredner Sargent Shriver.26 Aufgelockert wurde der Abend von den Kommentaren des Zeremonienmeisters und berühmten Kolumnisten und Humoristen Art Buchwald, der beispielsweise über den anwesenden Sargent Shriver scherzte: „Until I came to Washington I thought he was an enlisted man.“27 In Washington fungierte Hubert Humphrey als Schirmherr der Veranstaltung, die gemeinsam von den Ehefrauen Whitney O. Youngs und des Verteidigungsministers Robert S. MacNamara sowie Ruth Sloan organisiert worden war.28 Mit den Geburstagsfeierlichkeiten von Crossroads im April 1967 wurden die Erfolge der letzten Jahre zelebriert. Gleichzeitig läuteten sie aber auch eine Phase ein, in der Crossroads vor große Herausforderungen gestellt wurde und sich sein nationales und internationales positives Ansehen härter denn je erarbeiten musste.
Abb. 4: Werbebroschüre zum 10jährigen Bestehen von Operation Crossroads Africa
Ebenso wie das Peace Corps hatte auch Crossroads 1966 die meisten Teilnehmer zu verzeichnen. Würde man die Entwicklung beider Organisationen als Toni House, „Crossroads Africa“ 10th Birthday Hailed, in: DC Star, 4. April 1967. Vgl. Crossroads Communiqué 5.2 (1967). Art House zit. in Toni House, „Crossroads Africa“ 10th Birthday Hailed, in: DC Star, 4. April 1967. 28 Vgl. OCA Report 1967, 17. 25 26 27
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Kurve darstellen, so beschrieben beide bis 1966 eine steile Kurve nach oben (mit Ausnahme des Jahres 1965 für Crossroads). Ab 1967 entwickelten sich diese Kurven jedoch unterschiedlich. Während sich bei beiden Organisationen 1967 und 1968 ein Niedergang in den Teilnehmerzahlen ablesen lässt, erreichten diejenigen von Crossroads 1969 nochmals beinahe das Niveau von 1966, wohingegen die des Peace Corps mit jedem Jahr kontinuierlich abnahmen. Der Historiker David Hapgood spricht in diesem Zusammenhang von einem „sudden drop in the heartbeat of the PC“.29 Waren es auf dem Höhepunkt der Organisation im Jahr 1966 noch 15.556 Teilnehmer, sank diese Zahl 1967 auf 14.969 und war 1971 gar bei 7.066 angelangt, hatte sich innerhalb von fünf Jahren also halbiert.30 Selbst verstärkte Anwerbungsversuche und mehr Investitionen in Werbung konnten an dieser Situation nichts ändern.31 Bevor die Teilnehmerzahlen für Crossroads besprochen werden, sollen Erklärungen für diese rapide Abnahme der Bewerbungen für das Peace Corps erfolgen, da dieser Sachverhalt wichtig ist, um die weitere Entwicklung von Crossroads nachvollziehen zu können. Unter amerikanischen Collegeabsolventen, die die Mehrheit der Teilnehmer stellten, machte sich mit der Eskalation des Vietnamkriegs und der amerikanischen Intervention in der Dominikanischen Republik 1965 eine zunehmende Abneigung gegen Washington und dessen Außenpolitik breit. Besonders der unbegründete und zudem verlustreiche Krieg in Vietnam ließ die Studenten die Berechtigung hinterfragen, mit der die amerikanische Regierung in ihrem Namen im Ausland intervenierte, die Einsätze des Peace Corps eingeschlossen.32 Anwerber für das Peace Corps fanden eine regelrecht feindselige Atmosphäre an den Universitäten des Landes vor. Auf dem Campus der Universität in Berkeley versuchten Antikriegsaktivisten sogar, Studenten davon zu überzeugen, dem Peace Corps nicht beizutreten.33 Vor dem Hintergrund dieser Stimmungslage wurde es nicht mehr als Auszeichnung betrachtet im Peace Corps zu dienen, sondern im Gegenteil mit Verachtung gestraft, wer für die Regierung und das Establishment arbeitete. Stanley Meisler kommentierte dieses Phänomen mit den Worten: „[T]the furor of the war and its seeming senselessness rendered the Kennedy call for service both quaint and specious to many young Americans. In a thunderclap the war shut down the optimism and hopes that had emanated from the brief Kennedy years.“34 Mit dem Einsetzen der Proteste gegen den Krieg und dem Vertrauensverlust in den amerikanischen Staat zeigte sich der Nachteil staatlich gelenkter Programme 29 30 31 32 33 34
Hapgood/Bennett, Agents of Change, 233. Vgl. Meisler, When the World Calls, 230. Vgl. Hapgood/Bennett, Agents of Change, 233. Vgl. Rice, The Bold Experiment. Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 97. Meisler, When the World Calls, 105; Siehe auch Hess, Waging the Cold War, 336.
Teilnehmerzahlen und Projekte
wie dem Peace Corps. Obwohl es die Kriegsgegner davon zu überzeugen versuchte, dass sie ihre Ideale durch ein Engagement im Ausland aufrecht erhalten könnten, haftete ihm das Stigma einer Regierungsbehörde, die die Direktiven der Regierung erfüllen musste, doch zu sehr an.35 Für die plötzliche Abnahme der Teilnehmerzahlen des Peace Corps machen Historiker noch weitere Faktoren verantwortlich. So soll Amerikaner der Aufruhr im Inneren dazu animiert haben, sich in ihrem eigenen Land sozial zu engagieren und zur Verbesserung der Lebensumstände in armen und vernachlässigten Gegenden beizutragen. Als Indikator für diese Entwicklung gilt die Tatsache, dass die Bewerbungen für Volunteers in Service to America (VISTA), den nationalen Freiwilligendienst, zunahmen.36 Eine weitere Ursache mögen die veränderten Direktiven des Peace Corps unter dessen neuem Direktor Jack Vaughn sein, der nicht zuließ, dass Freiwillige ihre Arbeit antraten bevor sie adäquat vorbereitet und alle Vorkehrungen am Einsatzort getroffen waren37, und nicht zuletzt auch die Abneigung des neuen Präsidenten Nixon gegen das Peace Corps, der alles tat, um dessen Budget zu kürzen und es einer anderen Behörde zuzuteilen.38 Zeitgleich nahm jedoch die Anzahl der männlichen Bewerber und Teilnehmer zu. Nach 1966 traten viele Studenten dem Peace Corps bei, um ihrer Einberufung in den Wehrdienst zu entgehen.39 Schon während seiner Gründungsphase hatte Richard Nixon das Peace Corps als „haven for draft dodgers“ denunziert. Als er das Präsidentenamt übernahm, war genau dies eingetreten. Viele junge Männer gaben offen zu, dies nicht mehr aus Nächstenliebe und Selbstlosigkeit sondern aus reinem Opportunismus zu tun und dass die Umgehung der Wehrdienstes ihr hauptsächlicher Beweggrund für die Teilnahme an dem Freiwilligendienst war. Abzulesen ist diese Entwicklung an dem Verhältnis von männlichen zu weiblichen Teilnehmern, das sich von 1965 bis 1970 von einem Verhältnis von 55 zu 45 hin zu 70 zu 30 verschob.40 Die Teilnahme am Peace Corps bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass Freiwillige von ihrer militärischen Verpflichtung entbunden wurden, das oblag allein der zuständigen örtlichen Musterungsstelle.41 In Anbetracht der abnehmenden Teilnehmerzahlen des Peace Corps aufgrund des Vertrauensverlustes in die amerikanische Regierung liegt die Frage Ein anschaulicher Ausdruck dessen ist eine Rede des Afrikadirektors des Peace Corps, C. Payne Lucas. Vgl. C. Payne Lucas, Unbetitelte Rede, Maryland State College, 4. Dezember 1968, JHR 17/10. 36 Vgl. Hapgood/Bennett, Agents of Change, 233. 37 Vgl. Meisler, When the World Calls, 105. 38 Vgl. ebd.; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 202. 39 Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 97. 40 Vgl. ebd., 112; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 189. 41 Zwischen Juli 1969 und Juli 1970 wurden so gerade einmal 150 Peace-Corps-Teilnehmer aus ihrem Einsatzgebiet zurückberufen und zum Wehrdienst eingezogen. Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 113. 35
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nahe, ob sich diese Entwicklung für Crossroads als nichtstaatlicher Organisation positiv auswirkte. In der Tat lassen die Quellen darauf schließen, dass Crossroads in den letzten Jahren des Jahrzehnts sogar mehr Bewerber anzog, als dies in den vorhergehenden Jahren der Fall gewesen war. Die Teilnehmerzahlen von 1967 und 1968 erwecken auf den ersten Blick den Eindruck, dass Crossroads ebenso wie das Peace Corps nach 1966 einen erheblichen Verlust an Teilnehmerzahlen zu verbuchen hatte. 1967 nahmen 130 Studenten weniger als im Vorjahr teil und auch 1968 reisten nur 227 Personen mit Crossroads nach Afrika. Der Grund dafür lag nach Angaben der Organisation jedoch darin, dass sie ihre Effizienz steigern und auf Quali- statt Quantität setzen wollte.42 Tatsächlich hatte sie weder in Kanada noch in den USA weniger Bewerber zu verzeichnen – ein Indiz dafür, dass Crossroads als nichtstaatliche Organisation keinen Schaden aus der Staatsverdrossenheit seiner Zielgruppe im Zuge des Vietnamkriegs genommen hatte. Vielmehr bewarben sich sogar 15 bis 18 Studenten auf jeden freien Platz. 1968 legte Crossroads in den USA und Kanada in der Zahl ihrer Bewerber weiter stark zu. Und auch die Anfragen von Afrikanern nach Crossroadsprojekten stiegen kontinuierlich, so dass die Organisation die Anzahl ihrer Projekte jedes Jahr hätte verfünffachen können.43 40
Länder Projekte
35 30 25 20 15 10 5 0 1958
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Anzahl 2: derAnzahl Crossroads-Projekte und der besuchtenund Länder 1958 bis 1972 Diagr. der Crossroads-Projekte dervon besuchten Länder von 1958 bis 1972. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen.
Eigene Darstellung Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnom-
men. Eigene Darstellung
Vgl. Brief, James H. Robinson an Ambassador Henry J. Tasca (U. S. Embassy, Morocco), 27. März 1967, OCAR 85/9. 43 Vgl. OCA Report 1967, 4 f.; Report 1968, 12. 42
Teilnehmerzahlen und Projekte 350 300 250 200 150 100 50 0 1958
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Teilnehmerzahlen von Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1971
Für 1972 keine Angaben vor. Diagr. 3:liegen Teilnehmerzahlen von Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1971. Für 1972 Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen.
liegen keine Angaben vor. Eigene Darstellung
Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung
1969 erreichte Crossroads einen neuen Rekord an Bewerbungen für sein Freiwilligenprogramm in Afrika. Der New York Amsterdam News gegenüber sagte Robinson dazu: „[A]t a time of growing student unrest, stemming in part from the desire of some young people to make their efforts count in some constructive way, Crossroads is attracting more and more young people who see it as a means of doing something important.“44 Vor dem Hintergrund der Staatsverdrossenheit, die sich unter der amerikanischen Jugend bemerkbar machte, schien es für Studenten tatsächlich von Vorteil zu sein, nicht an einer Organisation teilzunehmen, die der Regierung Rede und Antwort stehen musste. Jerome Vogel zufolge schätzten die Teilnehmer an Crossroads besonders, dass sie nicht gezwungen waren, etwa die amerikanische Vietnampolitik zu verteidigen, sondern ihre Meinung in Afrika frei äußern konnten.45 Der Direktor der Organisation, James Robinson, selbst konnte mit dieser ablehnenden Haltung der Jugend jedoch wenig anfangen und tat sich schwer, die vehemente Aversion seiner jungen Teilnehmer gegen ihr eigenes Land nachzuvollziehen.46 In den späten Sechzigern nahm die Anzahl der nicht-traditionellen Crossroadsprojekte kontinuierlich ab, da die Organisation alle Projekte einer gründlichen Begutachtung unterzog. Nach einer Beurteilung der medizinischen Projekte der letzten fünf Jahre gelangte der Aufsichtsrat zu dem Schluss, dass diese ungewöhnlich erfolgreich waren, wenn man die unzureichenden InformatioOperation Crossroads Africa Works in 23 Countries, in: New York Amsterdam News, 5. Juli 1969, 33. 45 Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 46 Vgl. ebd. 44
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nen im Vorfeld, die teilsweise schlechten Arbeitsbedingungen sowie die mangelhaften Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Teams und dem Crossroadsbüro in New York in Betracht zog.47 Auch die 1967 in Dahomey entwickelte fahrende Klinik, die Crossroads gemeinsam mit USAID betrieb, entwickelte sich nach Angaben der Organisation zum Erfolg.48 Einen großen Anteil an der positiven Bilanz der Projekte hatten die regelmäßig durchgeführten Gutachten. Diese Aufgabe wurde nun von Timothoy Weiskel und Alec Fisken übernommen. Beide arbeiteten für jeweils 14 Monate (Weiskel ab Juni 1966 und Fisken ab Juni 1968) als Repäsentanten der Organisation in Afrika, evaluierten ehemalige Projekte und kundschafteten neue aus. Diese Arbeit verrichteten sie im Rahmen ihres fünfjährigen B. A.-Studienprogrammes an der Yale University, das sie dazu verpflichtete, ein Jahr lang in einem Entwicklungsland zu arbeiten.49 1969 initiierte Crossroads außerdem ein weiteres Programm neben seinen drei bereits bestehenden. Das „Caribbean Program“ war das Pendant zum Freiwilligenprogramm in Afrika. Es ähnelte diesem methodisch, da es mehrere Wochen währende workcamps in Haiti, Jamaika und Brasilien umfasste. Im Gegensatz zu Crossroads’ „Overseas Program“ richtete es sich jedoch an Highschoolschüler. Sein Ziel war es, zur besseren Verständigung zwischen der Jugend der USA und der Karibik beizutragen – Ländern, in denen Millionen Menschen afrikanischer Herkunft lebten. In gewissem Sinne schloss Crossroads mit diesem Programm einen Kreis und ermöglichte nun einen Dialog aller Mitglieder und Regionen der afrikanischen Diaspora. Politische Unruhen in Afrika
Erschwert wurde die Freiwilligenarbeit in Afrika von der instabilen politischen Lage in einigen Regionen des Kontinents. Leonard Jeffries, einer der drei Afrikarepräsentanten der Organisation, schrieb an Robinson: „Traveling in West Africa is rapidly becoming a nightmare.“50 1967 war nach Robinsons Ansicht in Anbetracht mehrerer Putsche in Afrika, der Probleme im Mittleren Osten und der deswegen gekappten Beziehungen einiger nordafrikanischer Staaten zu den USA ein besonders schweres Jahr für OCA.51 So war bis zuletzt nicht sicher, ob das geplante Projekt in Uganda Vgl. Brief, Dr. Brown an James H. Robinson, 26. November 1968, OCAR Addendum 5/9. Vgl. OCR Report 1967. Das „Yale University Five-Year B. A. Program“ ermöglichte einer kleinen Gruppe herausragender Studenten, ihr drittes Studienjahr in einem Entwicklungsland zu verbringen, und dort gemeinsam mit einer staatlichen oder privaten Organisation zu arbeiten. Vgl. OCA Report 1966. 50 Brief, Leonard Jeffries an James H. Robinson, 12. Februar 1964, OCAR 79/8. 51 Vgl. Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin, Jr., 13. Juni 1967, WSC 6/162. 47 48 49
Politische Unruhen in Afrika
durchgeführt werden könnte. Man befürchtete, dass der kurz zuvor verübte Mordanschlag auf Ugandas Machthaber Obote erschweren könnte Visa für das Land zu bekommen.52 In Ländern wie Angola und Mosambik, die von Bürgerkriegen geplagt und eher anti-westlich geprägt waren, hatte Crossroads nie gearbeitet. Und auch in den Kongo entsandte es keine Gruppen mehr, nachdem es dort für Ausländer nach der lang anhaltenden Krise zu gefährlich geworden war. Besonders angespannt war die Lage ab 1966 in Nigeria. Gekriselt hatte es zwischen den rivalisierenden Bevölkerungsgruppen der Hausa und der Ibo seit der Unabhängigkeit des Landes. Nachdem der Prämierminister Nigerias, ein Hausa, 1966 getötet worden war und Ibo-Offiziere unter Aguiyi Ironsi erfolgreich geputscht hatten, kamen im Juli Offiziere aus dem Norden unter Yakubo Gowon an die Macht. 1967 spaltete sich die südliche Region Nigerias unter den Ibo als Biafra ab, was in einen Sezessionskrieg mündete, der bis 1970 anhielt und mit der Kapitulation Biafras endete.53 Nach dem ersten Putsch hatte Robinson im Januar 1966 noch verkündet, dass Crossroads seine Pläne in dieser Region trotzdem umsetzen wollte. Dennoch erkundete die Organisation, welche Gegenden in Nigeria zu gefährlich waren und deshalb besser gemieden werden sollten. Bei Nigeria handelte es schließlich um das Land, in dem jedes Jahr die meisten Crossroadsprojekte stattfanden, weshalb auch 1966 sechs Gruppen in Nigeria waren. Ende Juli diesen Jahres meldete Al Oliver jedoch an James Robinson, dass sich erneut politische Konflikte zusammenbrauten, der Flughafen und die Grenzen geschlossen worden waren. Die Crossroadsgruppen befanden sich jedoch alle noch in ihren workcamps.54 Trotz der politischen Unruhen konnten sie ihre Arbeit aber beenden.55 Während des gesamten Biafrakrieges entsandte Crossroads Teilnehmer nach Nigeria. Man fürchtete, dass die Nigerianer die Organisation aus Enttäuschung sonst gar nicht mehr in dem Land willkommen hieße. Crossroads wollte den Nigerianern deshalb deutlich zeigen, dass es sie nicht aufgegeben hatte.56
Vgl. Brief, Jerome Vogel an Dennis, 29. Dezember 1969, OCAR 77/27. Siehe z. B. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 86; DeConde, Ethnicity, Race, and American Foreign Policy, 147. DeConde zeigt, dass die Johnson-Regierung, deren Zeit der Vietnamkrieg und der Kalte Krieg beanspruchten, wenig Interesse an den Vorkommnissen in Nigeria zeigte. Siehe auch Shepard, Nigeria, Africa, and the United States, 91. 54 Vgl. Brief, Al Oliver an James H. Robinson, 31. Juli 1966, OCAR 76/21. 55 Vgl. OCA Report 1966. 56 Vgl. ebd. 52 53
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Das „Summer Peace Corps“
Vorwürfe, die USA praktizierten mit Programmen wie dem Peace Corps Neokolonialismus, gab es schon seit dessen Geburtsstunde. Als das Peace Corps und andere Freiwilligenprogramme in Afrika noch häufiger wurden, nahmen die negativen Reaktionen auf deren Präsenz und Einflussnahme in Afrika zu. In mehreren englischsprachigen Ländern zirkulierte eine Broschüre, die das Peace Corps als „Pest Corps“ denunzierte und seinen positiven Einfluss bestritt, indem sie behauptete: „Self-respecting governments and all honourable sons of Africa must reject with disgust service of the Peace Corps volunteers.“57 Die Senkung der finanziellen Unterstützung der afrikanischen Länder durch USAID verstärkte diese anti-amerikanische Stimmung, da es die afrikanischen Staaten dazu zwang, ihre ehemaligen Kolonialmächte erneut um monetäre Hilfeleistungen zu bitten.58 Timothy Weiskel nahm diese Unzufriedenheit 1967 wahr und prognostizierte: „There is likely to be a decided decline in the sense of optimism and atmosphere of mutual trust and cooperative planning which characterized the early 1960s.“59 Und tatsächlich berichtete sein Nachfolger Alec Fisken zwei Jahre später, dass immer mehr Afrikaner von Amerika und dessen leeren Versprechungen desillusioniert waren.60 Unter der Regierung Kennedys war Afrikanern versichert worden, dass sie substantielle politische und wirtschaftliche Unterstützung von den USA erwarten dürften. Die drastischen Kürzungen in den Hilfeleistungen von USAID und die amerikanische Rolle im Vietnamkrieg sowie ihre Allianz mit Südafrika und Portugal führten jedoch dazu, dass die Afrikaner nicht nur das Vertrauen in Amerika verloren, sondern amerikanisch geförderte Projekte und Institutionen regelrecht ablehnten. Jegliche Verbindung von privaten Organisationen zur amerikanischen Botschaft oder Regierung wurde nun mit Argwohn betrachtet. Auch Crossroads wurde im Lauf der sechziger Jahre zunehmend mit der amerikanischen Regierung und der lokalen amerikanischen Botschaft in Verbindung gebracht, da diese in vielen Fällen die Planung und Finanzierung seiner Projekte übernahm. Der Charakter von Crossroads als privatem, nichtstaatlichem Programm wurde deshalb oft verkannt und seine eigenständige Identität nicht wahrgenommen. Fisken beschrieb diese Tatsache als unvermeidlich, Zit. in Timothy C. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 58 Vgl. Motive for Giving is Viewed as Vital in AID Program, in: New York Times, 1. März 1965, 52. Dem Artikel ist zu entnehmen, dass der amerikanische Kongress die Hilfeleistung für Afrika 1965 um vierzig Prozent kürzte. 59 Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 60 Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 57
Das „Summer Peace Corps“
aber sorgte sich um die Auswirkungen dieser Wahrnehmung auf das Ansehen der Organisation in dem jeweiligen Land. Eine zu starke Identifikation von Crossroads mit der ortsansässigen amerikanischen Botschaft könnte seiner Meinung nach dazu führen, dass der Enthusiasmus der Afrikaner für das Projekt verloren ginge. Die mitunter zu enge Zusammenarbeit mit der Botschaft führte in manchen Fällen dazu, dass Crossroads ganz mit der amerikanischen Regierung und deren Hilfsprojekten identifiziert wurde, weshalb die Organisation in einigen Gegenden schlichtweg als „Summer Peace Corps“ bekannt war. In Regionen, in denen das Peace Corps nicht existierte, wurde Crossroads als jährliches Bekenntnis der Botschaft zum „community development“ gewertet und in anderen Ländern wie Ghana und Niger dienten Crossroadsprojekte in der Tat als Werbung für die Selbsthilfeprojekte des Botschafters.61 Dieses Dilemma ließ sich jedoch schwer lösen, denn Crossroads war in den meisten Fällen auf die Gelder der Botschaft angewiesen, ohne die es die Materialkosten für seine Projekte oft nicht decken konnte. Zudem war die Botschaft so intensiv an der Plannung der Projekte beteiligt, dass eine völlige Abgrenzung kaum gelingen konnte.62 In einigen Ländern, wie dem Senegal, wurde es außerdem immer schwieriger, Studenten als counterparts für Crossroads zu gewinnen. Die politisch interessierten und international aufgeschlossenen Studenten, so beobachtete man dort, sahen sich selbst in permanenter Opposition zu ihrer eigenen Regierung und „recently it has become particularly fashionable to be at least anti-American“.63 Die zu starke Assoziation von Crossroads mit der amerikanischen Regierung lässt sich auch daran ablesen, ob Crossroads weiterhin in Ländern arbeiten konnte, aus denen das Peace Corps ausgewiesen wurde. Diese Länder waren Guinea im Jahr 1966, Gabun im Dezember 1967, Tanzania 1968, und Libyen und Somalia 1969.64 Aus Tanzania wurden es verbannt, weil dessen Regierungsoberhaupt Nyerere über den Vietnamkrieg verärgert war, und außerdem ein Schulsystem etablieren wollte, das mit der bisherigen britischen kolonialen Erziehung brach. Für diese Zwecke eignete sich das Peace Corps seiner Meinung nach nicht.65 Auffallend ist, dass auch Crossroads von da an nicht mehr in diesen Ländern aktiv war, was seine zu starke Identifikation mit der amerikanischen Regierung verdeutlicht. Von all den oben aufgezählten Ländern, aus denen das Peace Corps ausgewiesen wurde, hatte Crossroads nur noch 1969 in Tanzania ein Projekt, aber beendete 1970 auch seine Aktivitäten Vgl. ebd. Vgl. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 63 Ebd. 64 Vgl. Meisler, When the World Calls, 127. 65 Vgl. ebd.; Schwarz, What You Can Do for Your Country, 98. 61 62
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dort. Mit der anti-amerikanischen Stimmung und dem hohen Misstrauen gegenüber außenpolitischen Aktivitäten wurden amerikanische Hilfsorganisationen schon lange verdächtigt, mit der CIA zu kollaborieren und verdeckt Einfluss auf die afrikanische Politik auszuüben sowie sich in die Angelegenheiten der Staaten einzumischen, in denen die USA wirtschaftliche und politische Interessen hatten.66 Berühmt berüchtigt ist etwa die Obsession des ghanaischen Präsidenten Kwame Nkrumah mit der CIA.67 Die Anschuldigungen schienen sich zu bestätigen, als 1967 ein Spendenskandal die CIA erschütterte und Organisationen wie Crossroads in den Verdacht brachte, all die Jahre verdeckt für die CIA gearbeitet zu haben. Crossroads und der CIA-Spendenskandal
Im Februar 1967 wurde im Zuge einer weitverzweigten Spendenaffäre aufgedeckt, dass Crossroads über zwei Jahre hinweg Spendengelder von der CIA erhalten hatte.68 Betroffen waren neben Crossroads sechzig weitere Stiftungen und mehr als einhundert andere international tätige Jugendorganisationen wie das African-American Institute, das World Assembly of Youth, die Coordinating Organization of National Unions of Students und die American Society for African Culture.69 Sie hatten alle Spenden von verschiedenen Ablegern der National Student Association erhalten, die ihre Gelder widerum von der CIA bezog. Im Falle von Crossroads war es die Foundation for Youth and Student Affairs, die das Geld an Crossroads überwies. Es handelte sich dabei um zwei Zuschüsse von jeweils 3.000 Dollar im Jahr 1965 und eine Zahlung von 1.000 Dollar im Jahr 1966.70 Vgl. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 67 Siehe Mahoney, JFK. Ordeal in Africa, 232. Als das Peace Corps in Ghana zugelassen werden sollte, musste Shriver nach Accra fliegen, um Nkrumah persönlich zu versichern, dass niemand im Peace Corps auf irgendeine Weise Verbindungen zur CIA unterhielt. Das Peace Corps wurde zudem in einigen Ländern als Spionageapparat der CIA beschuldigt. In Äthiopien war es so nicht ungewöhnlich, Freiwillige als Agenten des Kulturimperialismus zu beschimpfen und sie als CIA-Spione zu brandmarken. Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 98; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 513. 68 Vgl. Unites Linked with C. I. A., in: New York Times, 19. Februar 1967, 27. 69 Vgl. Tolley, The International Commission of Jurists, 30. Über die American Society of African Culture und ihr Erleben des CIA-Skandals siehe Grubbs, Secular Missionaries, 49. Auch das internationale Forschungsinstitut CENIS hatte Verbindungen zur CIA. Siehe Wise/Ross, The Invisible Government, 243–244; John H. Fenton, MIT Hints Unit had Link to CIA, in: New York Times, 20. Juni 1964; Engermann, West Meets East, 214. Zudem finanzierte die CIA Reisen genehmer afroamerikanischer Aktivisten nach Afrika, wie die Reise James Farmers 1964. Siehe Plummer, Rising Wind, 311; African Studies Association Los Angeles, Newsletter, Issues 1–4, 26. 70 Vgl. Crossroads Communiqué 5.1 (1967). 66
Crossroads und der CIA-Spendenskandal
Crossroads distanzierte sich schnell von Vorwürfen, von den CIA-Geldern gewusst zu haben. In einer offiziellen Stellungnahme gaben James G. Rogers, der Vorstand des Aufsichtsrates, und James Robinson bekannt: „Neither Operation Crossroads Africa […] nor any of its staff or officials have ever at any time knowingly received any funds from the CIA, or organizations or foundations alleged to be conduits for such funds.“71 Zudem wiesen sie darauf hin, dass die 1965 und 1966 erhaltenen Spenden von der Foundation for Youth and Student Affairs lediglich weniger als ein halbes Prozent des gesamten Crossroadsbudgets dieser zwei Jahre ausgemacht hätten. Zudem wären keine Bedingungen jeglicher Art an diese monätäre Unterstützung geknüpft gewesen.72 Tatsächlich war es in den sechziger Jahren kein Einzelfall, dass eine NGO verdeckte Gelder von der CIA erhielt. Der Geheimdienst hatte sich mittlerweile zu einem einflussreichen außenpolitischen Instrument entwickelt, das oft sogar die Arbeiten der USIA in den Schatten stellte.73 Da er verdeckte ideologische Operationen im Ausland durchführte und so zur Verbreitung antikommunistischer und proamerikanischer Ideen beitragen sollte, ergänzte er die Aktivitäten der USIA in gewisser Weise. Seiner Überlegung zufolge trugen vor allem private Organisationen, die auch auf die Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den Zielorten angelegt waren, dazu bei, im Ausland ein positives Image für die USA zu generieren. In der Tat hatten die privaten Organisationen sich zu einer wichtigen Kraft entwickelt, die Amerikas ideologischen Einfluss international manifestierte. Es fehlte ihnen jedoch größtenteils an finanziellen Mitteln, um ihre Aktivitäten auszudehnen. Damit sie trotz geringer finanzieller Möglichkeiten gegen kommunistische Jugendorganisationen in den Entwicklungsländern bestehen konnten, beschloss die CIA, dass westliche private Organisationen verdeckte Unterstützung von der Regierung benötigten, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Neben der Unterstützung bereits existierender privater Organisationen gründete die CIA auch neue Organisationen in Gegenden, in denen bisher nur NGOs des Ostblocks operierten.74 Tom Braden, der die „International Organization Division“ der CIA leitete, erklärte die Vorgehensweise wie folgt: „Limit the money to amounts private Statement: Crossroads Clarified its Position on CIA Matters, JHR 12/3. Dieses erschien zum Beispiel in: African Studies Association Los Angeles, Newsletter, Issues 1–4, 28. 72 Vgl. ebd. 73 Siehe über die kulturdiplomatische Arbeit der CIA: Amin, The Peace Corps in Cameroon, 13; Cull, The Cold War and the United States Information Agency, 5. Die CIA war 1947 gegründet worden. Unter Eisenhower und auch Kennedy hatte sie vor allem daran mitgewirkt, unliebsame und des Kommunismus verdächtigte Machthaber in der Dritten Welt zu stürzen. Siehe Ambrose/Immerman, Ike’s Spies, 293–294; Ray u. a., Dirty Work 2, 70–73; Prados, Central Intelligence Agency, 27–46. 74 Siehe zum Beispiel Cull, Inventing Public Diplomacy, 5; Marchetti/Marks, CIA; Tolley, International Commission of Jurists, 27–31; Prados, Central Intelligence Agency, 27–46; Von Eschen, Satchmo Blows up the World, 23. 71
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organizations can credibly spend […]. Use legitimate, existing organizations, disguise the extent of American interest, protect the integrity of the organization by not requiring it to support every aspect of official American policy.“75 Demnach wussten auch viele der Empfängerorganisationen nichts von der Unterstützung durch die CIA, da das Geld durch verschiedene Stiftungen vergeben wurde, um seine eigentliche Quelle zu verbergen.76 Die verdeckte finanzielle Unterstützung von Seiten einer solch wesentlichen Propagandabehörde des Kalten Kriegs verdeutlicht erneut, dass Crossroads aus staatlicher Sicht vor allem als Beitrag zur Durchsetzung außenpolitischer Zielsetzungen gesehen wurde. Die CIA im Speziellen schätzte Crossroads als hilfreiches Instrument im Kampf um die amerikanische Vorherrschaft in der Dritten Welt, da es sich schon seit Beginn der sechziger Jahre für eine stärkere außenpolitische Beachtung Afrikas eingesetzt hatte. 1960 hatte es sogar eine eigene Afrikaabteilung eingerichtet, die sich der Koordinierung verdeckter Operationen auf dem Kontinent widmete.77 Und auch die Liste der von ihr unterstützten Organisationen zeigt, dass sie der ideellen Beeinflussung Afrikas große Bedeutung beimaß. Crossroads wurde demnach von der CIA unterstützt, weil es unwissentlich zur Verbreitung ihrer Propaganda in Afrika beitrug, das amerikanische Bewusstsein über afrikanische Kultur sowie das öffentliche und akademische Interesse an Afrika förderte und mit der Jugend und der intellektuellen Führungsschicht der afrikanischen Länder – Zielgruppen der CIA – zusammenarbeitete. Aus der Spendenaffäre lässt sich ableiten, welch hoher Wert der Kulturdiplomatie in den Zeiten des Kalten Krieges zugeschrieben wurde. Dass die CIA in private NGOs, die in der Dritten Welt tätig waren, investierte, zeigt, dass Kulturdiplomatie auch die nationale Sicherheit tangierte. Wie Eric Foner feststellte, intendierte man damit zum einen, der weitverbreiteten europäischen Sichtweise auf die USA als kulturell unterentwickelter Nation entgegenzuwirken und die Länder der Dritten Welt ideologisch zu beeinflussen.78 Crossroads betrachtete die CIA als sehr erfolgreiches people-to-people Programm, das ein positives Image für die USA kreierte und Afrikanern Amerikaner vorstellte, die von dem gängigen Stereotyp abwichen, mit dem sie etwa aus Fernsehsendungen vertraut waren. Crossroader waren Amerikaner, die in Dörfern arbeiteten und mit der dortigen Bevölkerung auf Augenhöhe kommunizierten, keine gierigen Kapitalisten mit imperialistischem Verhalten.
Tom Braden zit. in Tolley, International Commission of Jurists, 30. Vgl. ebd. Vgl. Schraeder, Speaking With Many Voices, 377. Vgl. Foner, Give Me Liberty, 900. Die Finanzierung kulturdiplomatischer Projekte wurde im Geheimen vorgenommen, weil man kommunistischen Regierungen vorwarf, künstlerische Konformität über ihre Bevölkerung zu verhängen, um nicht widersprüchlich zu wirken. 75 76 77 78
Crossroads und der CIA-Spendenskandal
Außerdem illustrieren die CIA-Spenden, dass Jugendliche als wichtige Akteure des Kalten Kriegs erachtet wurden, die durch die Beeinflussung der überwiegend jungen Länder in der Dritten Welt viel dazu beitragen konnten, diese Regionen ideologisch empfänglich zu machen.79 Die Enthüllungen über die geheime Unterstützung privater Organisationen beendeten dieses CIA-Programm zwar, hinterließen aber offene Fragen und beschädigten das Ansehen von Crossroads nachhaltig. Robinson zufolge bescherten Anschuldigungen, Crossroads habe von den Spendengeldern der CIA gewusst, seiner Organisation „no end of difficulties“.80 In Afrika erhärteten die Ereignisse in einigen Regionen den Verdacht, dass es sich bei Crossroads letztendlich doch um eine von der Regierung unterstützte Organisation handelte. Außerdem desillusionierten diese Enthüllungen amerikanische Studenten und hielten potentielle Geldgeber von Spenden an die Organisation ab. Die CIA-Affäre erschwerte Crossroads laut Robinson das Fundraising zu einer Zeit, in der es sowieso schon schwer genug war, Spendengelder für Aktivitäten in Afrika zu sammeln.81 Viele Unterstützter der Organisation waren über die Enthüllungen bestürzt und forderten Crossroads auf, zu den Anschuldigungen Stellung zu beziehen.82 Um bisherige Unterstützer und Fürsprecher nicht zu verlieren, verschickte Crossroads ein Statement über die CIA-Spenden an alle afrikanischen Botschafter, wichtige Spendengeber, ehemalige Crossroader, Zeitungen und Zeitschriften. Zudem ließ es einen zweiminütigen Fernsehspot auf dem Fernsehsender NBC ausstrahlen, um seine Position darzulegen und das Ansehen von Crossroads wieder herzustellen.83 Besonders kritisch äußerten sich ehemalige Teilnehmer. Ihre Reaktion war im allgemeinen öffentlichen Vertrauensverlust gegenüber Washington begründet, der unter Johnson Mitte der sechziger Jahre eingesetzt hatte. So kritisierte die Generation der damaligen Studenten den amerikanischen Imperialismus im Rest der Welt, der sich ihrer Meinung nach unter anderem in der Tätigkeit der CIA in der Dritten Welt offenbarte.84 Margaret Levi, die im Sommer 1967 mit Crossroads in Uganda gewesen war, zeigte sich zutiefst enttäuscht über die Enthüllungen sowie die Tatsache, dass diese verdeckten Zahlungen die Reputation des Programms als unabhängiger Organisation beschädigt und sogar die Beziehung zu afrikanischen counterparts und Unterstützern auf Spiel gesetzt hatten. Sie räumte zwar ein, dass die CIA es mit ihren Spenden an Crossroads Siehe Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 101. Brief, James H. Robinson an Frank Shor (National Geographic), 27. Februar 1967, ADD 14/8. 81 Brief, James H. Robinson an Ernest Fogg, 6. März 1967, JHR 13/1. 82 Vgl. Brief, J. Murray MacInnes (Director Church Center for the United Nations) an James H. Robinson, 21. Februar 1967, JHR 12/7. 83 Vgl. Brief, James H. Robinson an Ernest Fogg, 6. März 1967, JHR 13/1. 84 Siehe z. B. Berghahn, Philanthropy and Diplomacy, 416. 79 80
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wahrscheinlich „gut gemeint“ hätte, verurteilte sie aber dafür, das Vertrauen der Afrikaner in die Organisation zerstört zu haben.85 Besonders besorgt war James Robinson über die Reaktionen, die die Ereignisse vor Ort in Afrika hervorrufen würden. So fürchtete er sogar, einige Länder könnten seine Organisation ausweisen und zukünftige Projekte verhindern.86 Obwohl der Einfluss des Spendenskandals auf die afrikanische Wahrnehmung schwer festzustellen ist, behaupten einige Historiker, dass er die Skepsis gegenüber dem so gerühmten Idealismus der USA in den Entwicklungsländern noch weiter schürte.87 Hapgood äußerte dazu: „One of the sorriest results of the CIA’s undercover deals is that everyone is now suspect, since it is virtually impossible to prove that you are not a spy.“88 Zeitgenossen behaupteten jedoch, dass die Enthüllungen für Afrikaner weniger überraschend kamen, sondern vielmehr ihre langgehegte Vermutung bestätigten, dass auch private Organisationen im Auftrag ihrer Regierung handelten.89 In der Tat verdächtigten die Afrikaner auch Crossroader schon länger als potentielle Mitarbeiter der CIA und trauten ihren Intentionen nicht vollkommen.90 Wie bereits geschildert, war selbst die zu enge Kooperation privater Organisationen mit der lokalen amerikanischen Botschaft nicht gern gesehen und verstärkte die Skepsis der Afrikaner. In Ländern, in denen Crossroads über eine längere Zeitspanne mit der Botschaft in Verbindung gebracht wurde, gestaltete es sich demnach schwieriger, counterparts anzuwerben, als privates Unternehmen akzeptiert zu werden und als solches das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Dennoch bestätigten USIA-Mitarbeiter, dass die Unzufriedenheit mit sowie das Misstrauen gegen die amerikanische Außenpolitik unter afrikanischen Studenten im Zuge der CIA-Affäre noch zunahm.91 Canadian Crossroads International
Ab 1969 bildete das kanadische Crossroadskomitee, das bisher dem „Board of Men“ der United Church in Kanada unterstellt war, eine eigenständige, amtlich eingetragene Organisation, die von nun an unter dem neuen Namen Canadian Crossroads International operierte. Mit der Namensänderung wurden strengere Richtlinien für den Aufsichtsrat eingeführt, der sich nun vier Mal jährlich Vgl. Lyons, People of This Generation, 69 f. Vgl. Brief, James H. Robinson an J. Murray MacInnes, 27. Februar 1967, JHR 12/3. Vgl. Rice, The Bold Experiment, x. Hapgood/Bennett, Agents of Change, 234. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33; Packenham, Liberal America and the Third World, 306. 90 Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 91 Ebd. 85
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Canadian Crossroads International
treffen sollte, sowie ein größeres und repräsentativeres Beratungsgremium zusammengestellt.92 Ab diesem Zeitpunkt war das kanadische Komitee offiziell unabhängig von der US-amerikanischen Organisation, arbeitete aber weiterhin auf einer kollegialen Basis mit dem Crossroadsbüro in New York zusammen – eine Beziehung, die für alle Beteiligten zum Vorteil gereichte. Es wurde gemeinsam beschlossen, dass jede Organisation selbst einen Teil der Projekte entwickeln durfte und dass diese jeden Sommer gemeinsam vom kanadischen und US-amerikanischen Crossroads durchgeführt wurden. Auch aus administrativer Sicht betrachtete man es als notwendig, die beiden Organisationen parallel zu führen und wichtige Entscheidungen miteinander abzusprechen. Die Vorstände beider Organisationen legten fest, jedes Jahr mindestens zwei Crossroadsgruppen in den ehemals französischen Teil Westafrikas zu entsenden. In diesen Gruppen sollte die Mehrheit von französischsprachigen Kanadiern gestellt werden und die übrigen Teilnehmer sollten Amerikaner mit fließenden Französischkenntnissen sein. So wollte man vermeiden, einheitlich US-amerikanische oder kanadische Gruppen nach Afrika zu schicken, da der internationale und heterogene Charakter der Crossroadsgruppen weiterhin beibehalten werden sollte.93 Mit der Eigenständigkeit des kanadischen Komitees übernahm es auch die Auswahl der kanadischen Teilnehmer, während der Wahl der Gruppenführer beide Organisationen zustimmen mussten.94 Das kanadische Crossroads verpflichtete sich zudem, ebenso wie die Organisation in New York einen bestimmten Anteil der Teilnehmer aus Minderheiten auszuwählen, da nach eigenen Angaben „the intra-cultural experience […] of great […] importance to the basic aim and object of Crossroads“ war.95 Einigkeit herrschte auch über das Prinzip, keine homogenen Gruppen bezüglich der ethnischen Zugehörigkeit oder religiösen Überzeugung zu bilden. In den kommenden Jahren setzte sich Canadian Crossroads International vor allem für eine Professionalisierung der Crossroadsprojekte ein (wie eines der folgenden Teilkapitel zeigen wird) sowie für eine verstärkte Beteiligung Vgl. OCA Report 1966, 9; OCAR 75/16; Resume of a meeting of the New York Board representatives and members of the Canadian executive of Canadian Crossroads International, 17. und 18. Oktober, Valhalla Inn Toronto, OCAR 75/17. 93 Vgl. Canadian Crossroads International, Experiment Crossroads Africa 1969, OCAR 75/17; Memorandum to the Members of the Board of Canadian Crossroads International, 23. Oktober 1969, OCAR 75/12. Vgl. auch Resume of a Meeting of the New York Board Representatives and Members of the Canadian Executive of Canadian Crossroads International, 17. und 18. Oktober 1969, OCAR 75/16. 94 Memorandum to the Members of the Board of Canadian Crossroads International, 23. Oktober 1969, OCAR 75/12. Vgl. auch Resume of a Meeting of the New York Board Representatives and Members of the Canadian Executive of Canadian Crossroads International, 17. und 18. Oktober 1969, OCAR 75/16. 95 Ebd. 92
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von Afrikanern an den Projekten vor Ort. Es forderte, dass Crossroads flexibler auf die Wünsche von Afrikanern reagieren und ihnen mehr Verantwortung in der Organisation der workcamps zugestehen sollte. Zu diesem Zweck schlug es vor, nur noch Projekte anzunehmen, die von Afrikanern entwickelt und beaufsichtigt wurden. Die Afrikaner, so teilte es mit, empfanden die Präsenz von Crossroads noch immer als aufgezwungen, da sie das Gefühl hatten, mehr oder weniger zu Diensten der Amerikaner bei Crossroads zu arbeiten. Das kanadische Komitee beschloss daher: We go only on invation. We place ourselves at their service, ready to integrate into projects they have already initiated. The project undertaken is made for Africans, carried out by Africans with the collaboration and cooperation of a Canadian team who should not, at any time, try to supervise and control.96
Integration versus Separation
Die Geschichte von Crossroads Ende der sechziger Jahre kann nicht isoliert von der Entwicklung der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung betrachtet werden, die in dieser Zeit eine ideologische Wende nahm und innerhalb derer ein neues Bewusstsein für Afrika entstand. Ab 1966 radikalisierte sich die Bürgerrechtsbewegung zunehmend, als ihre Anhänger nach rapider sozialer Veränderung verlangten und jeglichen Kompromiss mit der weißen Mehrheit im Land ablehnten. Aktivisten reagierten frustiert auf den gemäßigten Aktionismus von Führern wie Martin Luther King, die weiterhin über Integration und Gewaltlosigkeit Fortschritte in den Rassenbeziehungen zu erzielen versuchten. Basierend auf der anfänglichen Philosophie Malcom X’ plädierte eine neue Generation von Bürgerrechtlern für mehr Selbstachtung und Stolz auf die eigene Herkunft, aber rief auch zu Selbstverteidigung auf. Eine einflussreiche Stimme hätten Afroamerikaner ihrer Ansicht nach nur dann, wenn sie sich gewaltsam wehrten und das weiße Amerika mit seinen eigenen Waffen schlugen.97 Gemeinhin wird diese Richtung der Bürgerrechtsbewegung als „Black Power“ bezeichnet, das der Studentenfüherer Stokely Carmichael 1966 zum Motto der Afroamerikaner erklärte. Oft wird sie mit dem radikalen Flügel der Black Panther assoziert, tatsächlich war sie jedoch äußerst vielseitig.98 Operation Crossroads Africa, Experiment Crossroads Africa 1969, OCAR 75/17. Vgl. Houser, Freedom’s Struggle Crosses Oceans and Mountains, 180, 192. Ein Umdenken diesbezüglich hat Peniel Josephs Buch The Black Power Movement herbeigeführt. Er beschreibt es als vielseitige Bewegung, deren Hauptaugenmerk auf der Neudefinierung des Verhältnisses zwischen der amerikanischen Gesellschaft und der schwarzen Bevölkerung bestand. Siehe Joseph, The Black Power Movement. 96 97 98
Integration versus Separation
Black Power appellierte an den Stolz auf die eigene Herkunft und forderte eine Abkehr von den zurückhaltenden und reaktionären Taktiken Kings. Es gab jedoch auch radikale Elemente, die diesen Slogan noch weiter auslegten und einen gesellschaftlichen Umsturz durch gewaltsame Racheakte an der weißen Bevölkerung sowie schwarzen Separatismus forderten. Neue militante Gruppierungen wie die 1966 unter Bobby Seale gegründeten Black Panther oder die Nation of Islam bildeten den extremen Flügel dieser Bewegung. Im Zuge der Black-Power-Bewegung lehnten aber auch Bürgerrechtsorganisationen wie das SNCC und CORE den integrativen Ansatz zunehmend ab und drehten den Spieß um, indem sie den gemischtrassischen Charakter ihrer Organisationen aufgaben.99 Wegen dieser Richtungsänderung der Bürgerrechtsbewegung verlor auch die ANCLA an Einfluss, da sie der Basis dieser Bewegung zu elitär war.100 Der Ausruf „black power“ führte zur Rückbesinnung vieler Afroamerikaner auf ihre afrikanischen Wurzeln und zu einer starken Identifikation mit Afrika. So strebte Malcolm X eine „re-Africanization“ der schwarzen Kultur in den USA an, die separat von der weißen Kultur gelebt werden sollte.101 Im gleichen Atemzug stärkte die Black-Power-Bewegung das Selbstbewusstsein der schwarzen Amerikaner, widergespiegelt im Slogan „black is beautiful“.102 Die Selbstbezeichnung als „Afro-American“ anstelle des bis dahin gebräuchlichen Wortes „Negro“, in Mode gekommene afrikanische Kleidung und der Afrohaarschnitt bezeugten diesen neu gewonnenen Stolz auf die afrikanische Herkunft sowie die selbstbewusste Abgrenzung von weißen Normen. Auch intellektuelle Afroamerikaner definierten ihre ethnische Identität neu. Afrika war für sie nicht länger ein beschämendes Kapitel in ihre Geschichte, das sie leugneten, sondern eine Inspiration für den eigenen Kampf für rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung.103 Noch mehr als die liberale Bürgerrechtsgeneration der fünfziger und frühen sechziger Jahre erkannte die Black-Power-Bewegung die Bedeutung der Unabhängigkeitsbestrebungen in Afrika für die heimische Anfechtung der weißen Vorherrschaft. Der radikale Studentenführer Stockely Carmichael sagte dazu: „[T]he reality of black men ruling their own nations gives blacks elsewhere a sense of possibility, of power, which they do not have now.“104 Die extremen Forderungen und radikalen Methoden einiger Splittergruppen wie der Black Panther spalteten die Bürgerrechtsbewegung in diejenigen, 99 Vgl. Duignan/Gann, The United States and Africa, 42. 100 Ebd., 22. 101 Vgl. Shain, Marketing the American Creed Abroad, 35. 102 Vgl. Foner, Give Me Liberty, 985. 103 Vgl. Tillery, Between Homeland and Motherland, 103;
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Duignan/Gann, The United States
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die die gewaltsame Revolution unterstützten und jegliche Kooperation mit den Weißen ablehnten, und liberale Aktivisten, die weiterhin an eine friedliche Lösung und eine integrierte Gesellschaft glaubten und diese durch politische Einflussnahme zu erreichen versuchten. So kritisierte der radikale Flügel der Bewegung auch Teilnehmer des Peace Corps dafür, die Verbreitung weißer Vorherrschaft in der ganzen Welt zu unterstützen. Stokely Carmichael setzte die Philosophie des Friedenscorps dabei mit derjenigen des war on poverty gleich und bezichtigte beide der nahezu zwanghaften Verfolgung von Modernisierungstheorien und falscher Versprechungen von Gleichheit und gesellschaftlicher Heterogenität. Er verwies auf die Absurdität, Armut persönlicher „Rückständigkeit“ zuzuschreiben und junge Freiwillige in die Dritte Welt zu entsenden, um das Verhalten der „white society“ dort nachzustellen und vorzuleben, obwohl in Wahrheit eben jene vorbildhafte weiße Gesellschaft von der Arbeit und den Ressourcen der armen Bevölkerung im eigenen Land und im Ausland profitierte.105 Auch Malcolm X erinnerte Kwame Nkrumah während seines Ghanabesuchs 1964 daran, dass Johnson zwar Peace-Corps-Teams nach Afrika entsandte, aber gleichzeitig südafrikanische Söldner bezahle, um im Kongo afrikanische Bürger töten zu lassen, die für die Freiheit ihres Landes kämpften.106 In Anbetracht dieser Umstände stellt sich die Frage, wie sich das Aufkommen der Black-Power-Bewegung auf Crossroads auswirkte und umgekehrt. Zum einen liegt die Vermutung nahe, dass radikale Aktivisten die Organisation für ihre enge Zusammenarbeit mit dem weißen Etablishment und dem außenpolitischen Apparat der USA rügten. Gleichzeitig war Crossroads aber wiederum eine afroamerikanische Organisation, die keine Modernisierungsmaßnahmen in der Dritten Welt anstrebte, sondern die Kommunikation mit Afrikanern in den Mittelpunkt stellte, was sie für Anhänger der Black-Power-Bewegung interessant machte. Sie konnten Crossroads als Vehikel nutzen, um persönliche Beziehungen zu Afrika aufzubauen. Die Quellen legen tatsächlich nahe, dass Anhänger der Black-Power-Bewegung eine sehr ambivalente Haltung gegenüber James Robinson einnahmen, ihn auf der einen Seite als Kollaborateur des „Feindes“ (des amerikanischen Staates) betrachteten, aber seine Organisation gleichzeitig aufgrund ihres wichtigen Beitrages zur afrikanisch-amerikanischen Verständigung begrüßten, wie folgender Briefwechsel zwischen Robinson und Gregory S. Peniston verdeutlicht. Peniston bewarb sich 1969 gemeinsam mit seiner Ehefrau bei Crossroads für eine Teilnahme an einem workcamp in Afrika. In seiner Bewerbung gab er an, dass er Architektur an der Howard Universität studierte und sehr daran Vgl. Geidel, Point of the Lance, 68. Malcolm X zit. in Cobbs Hoffman, Diplomatic History and the Meaning of Life, 516. Siehe auch Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1012. 105 106
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interessiert wäre, Nachforschungen über afrikanische Architektur anzustellen, um sich für seine Designideen für Wohnungen für Afroamerikaner inspirieren zu lassen.107 Robinson lehnte ihn jedoch mit der Begründung ab, dass Crossroads weder Pläne noch Gelder habe, um jemanden auf einen speziellen Forschungsauftrag zu entsenden. Außerdem wäre es sehr unwahrscheinlich, dass er und seine Frau demselben Team zugewiesen würden.108 Die Anschuldigungen, die Peniston nun gegenüber Robinson vorbrachte, stehen repräsentativ für die Kritik der radikalisierten Elemente der Bürgerrechtsbewegung an schwarzen gemäßigten und für Integration arbeitenden Aktivisten. In seinem Brief geißelte Peniston Crossroads als paternalistisch und missionarisch. Ganz besonders kritisierte er Robinson dafür, dass die Teilnehmer an Crossroads in der Mehrheit weiße Studenten waren. Schwarze Teilnehmer könnten seiner Meinung nach jedoch einen viel positiveren Einfluss auf die Beziehungen der zwei Kontinente nehmen. If you are interested in taking a majority of white students to Africa, which is the last word I received on your program, reevaluation is long overdue. Personally I HAD planned for my visit to Africa as the beginning of a long and meaningful contact with my brethren and heritage. If you are interested in sending naïve white students on a lark which will have less impact and effect than sending black students to get necessary significant exposure, I’m sorry that I troubled you for your two-paragraphed response. If your paternalistic and missionary regidities, which are other comments I have seen on the procedure of your program, cannot send out information before prejudicing as to intention and presumed effect, I am glad I found out in advance. I’m very disappointed in your response which seems typical of American institutions in offering black Americans such a crippled and hypocritical chance at communication with black Africans.109
Für Robinson offenbarte der Brief Penistons wahre Motive und damit seine ideologische Distanz zur Philosophie von Operation Crossroads.110 Afroamerikaner wie Peniston, die Integration ablehnten, passten nicht in das Konzept von Crossroads und erschwerten es der auf Kooperation zwischen Schwarzen und Weißen hinarbeitenden Organisation zusehends, geeignete afroamerikanische Studenten für die Teilnahme an den workcamps in Afrika zu gewinnen. Wie der Brief verdeutlicht, betrachteten Afroamerikaner Crossroads Ende der Sechziger zum Teil als Möglichkeit, um nach Afrika zu reisen und sich dort von der Kultur und Lebensweise der Menschen inspirieren zu lassen. Auf die Zusammenarbeit mit ihren weißen amerikanischen Mitstreitern legten sie dabei wenig bis gar keinen Wert, weshalb ethnische Spannungen 107 108 109 110
Vgl. Brief, Gregory S. Peniston an James H. Robinson, 7. November 1969, OCAR 72/9. Vgl. Brief, James H. Robinson an Gregory S. Peniston, 13. November 1969, OCAR 72/9. Brief, Gregory S. Peniston an James H. Robinson, 19. November 1969, OCAR 72/9. Vgl. Brief, James H. Robinson an Gregory S. Peniston, 24. November 1969, OCAR 72/9.
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das Gruppenverhältnis und die allgemeine Effektivität sowie das Ansehen der Organisation in Afrika immer stärker belasteten. Diesen Konflikten konnte Crossroads jedoch kaum entkommen, zieht man die Entwicklungen der Zeit und das Alter der Teilnehmer in Betracht. Jerome Vogel beschrieb die entstehenden Probleme als „difficulties of the sort one has when dealing with university students and racially mixed groups, perhaps these problems are inevitable given the particular population with which we deal“.111 Die Auseinandersetzungen zwischen weißen und schwarzen Crossroadern nahmen ab 1967 zu und wurden bis 1969 jedes Jahr intensiver. Das Zusammenleben störten dabei vor allem eine Handvoll schwarzer Studenten, die die Gruppe polarisierten.112 1969 waren die Rassenkonflikte zwischen den Freiwilligen so intensiv, dass Canadian Crossroads International resümierte, dass die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Ethnien das gesamte Projekt in diesem Jahr auf negative Weise dominierten. Viele der weißen Crossroader konnten nicht mit der radikalen Einstellung einiger afroamerikanischer Teilnehmer umgehen beziehungsweise deren Implikationen begreifen, und die schwarzen Teilnehmer wiederum hatten ihrerseits nicht die Absicht, sie von ihren Überzeugungen zu unterrichten. Die Konflikte, die sich unausweichlich in einigen Gruppen ergaben, bestimmten die soziale Interaktion und verringerten die Möglichkeiten der Kontakte mit Afrikanern, der eigentlichen Intention von Crossroads, die somit vernachlässigt wurde.113 Die Leitung von Crossroads sah sich deshalb mit einem komplexen Problem konfrontiert und bemühte sich nun, den integrativen Charakter der Organisation beizubehalten und zu verhindern, dass militante Afroamerikaner Crossroads als Mittel zum Zweck missbrauchten und das Programm in Verruf brachten.114 Die zum Teil äußerst intensiven Spannungen zwischen den weißen und schwarzen Gruppenmitgliedern fügten der Organisation in einigen Ländern Afrikas einen erheblichen Ansehensverlust zu. So schickte Peter Kenya, ein enger Unterstützer von Crossroads in Afrika, Robinson 1970 einen Zeitungsartikel aus einer kenyanischen Tageszeitung, in der die ethnischen Konflikte in der diesjährigen Gruppe detailiert beschrieben wurden. Kenya forderte Crossroads auf, dieses Problem ernsthaft zu überdenken, bevor es dem Prestige, das sich Crossroads in Afrika erarbeitet hatte, erheblichen Schaden zufügte. Soll-
Brief, Jerome Vogel an Crossroads College Representatives, September 1971, OCAR 73/22. Vgl. Brief, James H. Robinson an Philip C. Wei, 25. November 1969, OCAR 72/9. Vgl. Memorandum to the Members of the Board of Canadian Crossroads International, 23. Oktober 1969, OCAR 75/12. 114 Vgl. Resume of a Meeting of the New York Board Representatives and Members of the Canadian Executive of Canadian Crossroads International, 17. und 18. Oktober 1969, OCAR 75/16. 111 112 113
Integration versus Separation
ten diese Auseinandersetzungen fortwähren, so warnte er, könnte Crossroads selbst die Unterstützung afrikanischer Regierungschefs einbüßen.115 Aufgrund der zunehmenden Probleme in der Gruppendynamik erwog Crossroads kurzzeitig sogar, segregierte Gruppen nach Afrika zu entsenden um Konflikten vorzubeugen und die afrikanischen Gastgeber nicht in die Debatte mit hineinzuziehen. Diese Idee wurde jedoch sofort wieder fallengelassen, da sie sich nicht mit der Philosophie der Organisation vertrug, die schließlich darauf basierte, dass Rassenverständigung letztendlich nur über Integration und nicht über Separierung zu erreichen war.116 Die Radikalisierung der Bürgerrechtsbewegung polarisierte nicht nur die einzelnen Gruppen sondern auch die Organisation selbst zusehends. Intern entspann sich ein Interessenkonflikt darüber, ob die Organisation das unter Afroamerikanern ausbrechende ‚Afrikafieber‘ nutzen sollte, indem sie mehr schwarze Teilnehmer rekrutierte. Robinson positionierte sich dabei auf der Seite derjenigen, die das bisherige Verhältnis zwischen weißen und schwarzen Teilnehmern beibehalten wollten und in deren Augen die radikale Tendenz der jungen Generation sehr befremdlich wirkte. Sein Nachfolger Jerome Vogel beschreibt ihn deswegen als „old-fashioned in his ideas later in life“, da er sich von der Richtung distanzierte, die die Bürgerrechtsbewegung nun einschlug. Robinson kritisierte dabei jedoch nicht die Black-Power-Bewegung an sich, deren Streben nach Identifikation mit dem afrikanischen Erbe er als grundsätzlich positiv betrachtete: „He sees new beauty in himself, he is proud of a glorious past.“117 Was er allerdings ablehnte, waren die separatistischen Auswüchse dieser Bewegung: „[H]ow to use [blackness] as a badge of pride rather than scorn is where there is a difference of opinion.“ Die junge Generation der Afroamerikaner entwickelte sich in eine Richtung, die weder seiner Überzeugung noch der Philosophie seiner Organisation entsprach. Separatismus und Gewalt lehnte er entschieden ab, da sie die Bewegung nur schwächten.118 Robinson blieb zeitlebens ein Befürworter der gesellschaftlichen Integration und des gewaltlosen Protests. Seine Hoffnung war, dass sich Schwarze und Weiße besser verstehen lernten und irgendwann in einer ‚farbenblinden‘ Gesellschaft leben könnten. In zwei Reden, „The Second Emancipation“ und „The Choice before America: Integration or Separation“ kommt Robinsons Meinung darüber zum Ausdruck. „The overwhelming majority of American Negroes are neither Muslims Vgl. Brief, Peter Kenya an James H. Robinson, 19. Oktober 1970, JHR 21/5. Vgl. Brief, Jerome Vogel an Reverend James S. Leslie, 13. Oktober 1970, OCAR 72/17. James H. Robinson, The Choice Before America: Integration or Separation?, undatierte Rede, JHR 33/28. 118 Vgl. James H. Robinson, The Second Emancipation. The Future Belongs Only to the Free, Speech Delivered at the Dartmouth College Commancement, Hanover NH, June 16, 1963, in: Vital Speeches of the Day, Bd. 29, August 1, 1963, no. 20, 613; James H. Robinson, The Choice Before America, undatierte Rede, JHR 33/28. 115 116 117
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nor among those who believe in ‚separation‘. Negroes are determined to obtain their full share of the fruits of America’s heritage by democratic means.“119 Als Anhänger des gemäßigten Flügels der Bürgerrechtsbewegung forderte er die uneingeschränkte Gleichberechtigung aller Amerikaner und betonte, dass auch Afroamerikaner den USA gegenüber Loyalität wahren müssten. Auch wenn er die Kontaktpflege zu dem Herkunftsgebiet der schwarzen Vorfahren als wichtiges kulturelles Element betrachtete, sollte diese Identifikation mit Afrika der amerikanischen Identität untergeordnet sein: „Our destinies are one, for our destinies are America.“ Nur gemeinsam, so sagte er weiter, könnten weiße und schwarze Amerikaner „one nation, indivisible, with liberty and justice for all“ zur Realität werden und nicht als Plattitüde stehen bleiben.120 Robinson sprach sich entschieden für den Verbleib der schwarzen Bevölkerung diesseits des Altantiks aus, der von Teilen der Black-Power-Bewegung geforderte wurde: „This land is our rightful home.[…] We have been separated from Africa for so long that we can no longer be quite at home there in a permanent or practical way.“121 Um dieses Argument zu bekräftigen, behauptete er außerdem, dass Afrikaner Afroamerikaner nicht als Afrikaner sondern als Amerikaner betrachteten und der Meinung waren, dass sie als schwarze Amerikaner Afrikanern am besten helfen könnten, wenn sie ihre Probleme untereinander in den USA beilegten und eine geeinte Interessengemeinschaft bildeten.122 Aufgrund der gravierenden ideologischen Unterschiede, die ihn von den militanten schwarzen Crossroadern trennten, zog Robinson gegen Ende seines Lebens die Arbeit mit weißen Studenten vor, zu denen er mit seiner Botschaft noch immer Zugang hatte. Schwarze Studenten, die jegliche Kooperation mit Weißen ablehnten, gefährdeten seiner Meinung nach das Ansehen seiner Organisation und waren ihm nicht willkommen.123 Schon bei seiner Anhörung vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten hatte er diesen Standpunkt vertreten: „I do not think it would be to my advantage […] to let a black muslim come into Operation Crossroads Africa.“124 So sagte er gar aus, dass ein Black Muslim von der Universität in Berkeley die Heimreise aus Afrika antreten musste, als offensichtlich wurde, dass er dieser Gesinnung folgte.125 Ob diese Behauptung der Wahrheit entspricht, kann ich nicht bestätigen, da die mir vorliegenden Quellen keinerlei Hinweis darauf geben. Jerome Vogel hält es für sehr unwahrscheinlich, dass es sich so ereignet hätte. Zwar nahm Crossroads keine Teilnehmer auf, die mit ihrer Arbeit in Afrika rein missionaRobinson, The Second Emancipation, 612. Ebd. Robinson, The Choice Before America. Vgl. ebd. Vgl. Brief, James H. Robinson an Philip C. Wei, 25. November 1969, OCAR 72/9. U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1971. 125 Vgl. ebd. 119 120 121 122 123 124
Integration versus Separation
rische Motive verfolgten. Personen, die sehr polarisierende und abweichende Meinungen über den Rassenkonflikt und dessen Lösung hatten, akzeptierte die Organisation, denn auch diesen wollte sie Afrika näherbringen.126 Dies beweist auch ein Brief von Robinson, in dem er ausdrücklich sagt, dass er eine afroamerikanische Bewerberin, die die Black-Power-Ideologie vertrat, akzeptieren würde, sofern ihre ideologischen Überzeugungen ihren Unterricht (als Lehrerin im teacher-program der Organisation) und ihr Verhältnis zu anderen Teilnehmern nicht beeinträchtigten: „I don’t really think she would be any problem in terms of the black power dictation with regard to her teaching. This is something which we should discuss with her, of course, frankly.“127 Auch Ende der Sechziger, als in der Tat viele Teilnehmer äußerst radikale Positionen vertraten, wurden diese von der Organisation nicht nach Hause geschickt, sondern man war bemüht, die Konflikte zu lösen. Dennoch lehnte Robinson den Vorschlag einiger seiner Mitarbeiter ab, die Anzahl der teilnehmenden Afroamerikaner zu erhöhen. Dabei bezogen sich seine Bedenken nicht nur auf die Probleme bei der Integration sondern auch auf die Finanzierung. Denn er fürchtete, dass schwarze Ehemalige und deren Eltern der Organisation nicht in dem Maße spenden würden wie weiße Teilnehmer und deren Angehörige.128 Intern gab es jedoch Stimmen wie Haskell Ward, der ab 1967 für die Auswahl der Teilnehmer verantwortlich war, die sich für eine drastische Erhöhung der Anzahl schwarzer Crossroader einsetzen. Wards Argument war, dass man das derzeitige bestehende Interesse der Afroamerikaner ausnutzen und ihnen einen unverfälschten Einblick in die afrikanische Kultur und Lebensweise gewähren müsste.129 So ließe sich ein Kader an Afroamerikanern mit einer differenzierten Expertenmeinung über Afrika heranbilden, die sich in Zukunft auf konstruktive Weise für die verstärkte Beachtung des Kontinents einsetzten. Sie würden sich durch einen Aufenthalt in Afrika fortan auch für afrikanische Politik und Wirtschaft interessieren und ihre Solidarität mit dem Kontinent ihrer Vorfahren nicht mehr nur durch ihre Mode und ihre Haartracht bekunden. Ward zeigte sich von Robinsons Ablehnung dieser Vorschläge so enttäuscht, dass er Crossroads 1969 den Rücken kehrte.130 Im selben Jahr beschloss die Organisation dann doch, den Anteil der schwarzen Teilnehmer so weit zu erhöhen, wie dies die finanziellen Möglichkeiten zuließen.131 Da die nötigen Gelder für die Stipendien der schwarzen Teilnehmer Ende der sechziger Jahre nicht aufgebracht werden konnten, konnte dieses Vorhaben dann doch nicht umgesetzt werden. 126 127 128 129 130 131
Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. Brief, James H. Robinson an Margaret A. Kurtz, 27. Januar 1969, OCAR 85/18. Vgl. Haskell Ward, Interview der Autorin, Telefongespräch, 21. März 2012. Ebd. Vgl. ebd. Vgl. OCA Report 1969, 5.
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Finanzielle Probleme
Der Ansehensverlust von Crossroads in Folge des CIA-Spendenskandals und die rückläufigen Spenden von weißen Unterstützern wegen der Radikalisierung der Bürgerrechtsbewegung waren nur zwei der Gründe, die der Organisation das Fundraising erheblich erschwerten und Anfang der siebziger Jahre zu ernsthaften finanziellen Problemen führten. Andere Ursachen waren James Robinsons verschlechterter Gesundheitszustand, die zu starke Präsenz amerikanischer Hilfsorganisationen auf dem Kontinent und die instabile politische Lage in Afrika, die Amerikanern das Vertrauen in Afrikas Zukunft nahm. Eine Zusammenstellung der Finanzberichte von Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1972 ergibt, dass die Spenden an die Organisation nach 1969 rapide abnahmen. 1970 entpuppte sich als finanziell bisher schwierigstes Jahr für die Organisation. Hinzu kam, dass ihr Büro in New York zeitweilig unterbesetzt war und nicht genügend Mitarbeiter hatte, um das reguläre Programm in Afrika adäquat zu organisieren und durchzuführen.132 1971 verschlechterte sich die finanzielle Situation nochmals. Es hatten sich zwar viele Studenten für eine Teilnahme beworben, jedoch brauchte ein Großteil der Bewerber Unterstützung in Form eines Stipendiums, das die Organisation aufgrund der finanziellen Notlage aber nicht allen bedürftigen Teilnehmern gewähren konnte.133 400 350 300 250 200 150 100 50 0 1958
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Spenden von Organisationen, Stiftungen und Privatpersonen an Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1972
Für die4: Jahre 1960, 1962 1963 liegen keineStiftungen Angaben vor. Diagr. Spenden vonund Organisationen, und Privatpersonen an OCA von 1958 bis 1972. Die Angaben wurden den Berichten über die Vermögenslage von Crossroads in den jeweiligen Jahresberichten der
Für die Jahreentnommen. 1959, 1960, 1962 und 1963 liegen keine Angaben vor. Organisation
Angaben in Tausend Die Angaben wurden den Berichten über die Vermögenslage von Crossroads in den jeweiligen Eigene Darstellung
Jahresberichten der Organisation entnommen. Angaben in Tausend. Eigene Darstellung 132 133
Vgl. Brief, James H. Robinson an Clark H. Bouwman, 24. April 1970, JHR 20/14. Vgl. Brief, James H. Robinson an Edmond A. Watters, 8. Februar 1971, OCAR 82/2.
Finanzielle Probleme
Die Finanzierung wurde aber auch durch eine wirtschaftliche Rezession erschwert, von der zeitgleich viele NGOs betroffen waren, die auf Spenden angewiesen waren. Das bedeutete, dass nun weniger Geld in Entwicklungsprojekte floss beziehungsweise dass einige sogar ganz gestrichen werden mussten. Auch die Ministerien, mit denen Crossroads zusammenarbeitete, waren aufgrund der finanziellen Lage dazu angehalten, ihre Gelder zu verwenden, um Projekte aufrecht zu erhalten, die bereits realisiert waren, oder in Projekte mit direkter wirtschaftlicher Rendite zu investieren.134 James Robinsons schlechter Gesundheitszustand behinderte seit 1969 das Fundraising. Dank seines Charismas und seiner Überzeugungskraft hatte die Organisation in den vergangenen Jahren viele Spenden eintreiben können. Seit er nicht mehr durch das ganze Land reisen konnte, blieben etliche Spenden aus.135 Robinson arbeitete jetzt nur noch vier bis fünf Stunden täglich und auch seine Frau Gertrude ging in den Ruhestand, da sie sich erschöpft und überarbeitet fühlte.136 Um die Lücke, die die Abwesenheit der Robinsons hinterließ, nicht zu groß und gravierend für Crossroads werden zu lassen, kehrte Lindsay White, der ehemalige stellvertretende Direktor der Organisation, für kurze Zeit zu Crossroads zurück, um vor allem bei der Werbung um Spenden zu helfen.137 Mittlerweile hatten auch immer mehr Hilfsorganisationen in Afrika Fuß gefasst und konkurrierten nun um Spenden. Robinsons Prophezeiung von Anfang der sechziger Jahre, dass eine Überpräsenz amerikanischer NGOs der Akzeptanz amerikanischer Organisationen in Afrika schaden würde, hatte sich erfüllt. Freiwilligenorganisationen und Entwicklungsprojekte aus den Vereinigten Staaten waren zu einem alltäglichen Bild in Afrika geworden. Schon 1964 hatten Crossroader aus dem Senegal berichtet: „We have become very much taken for granted here!“138 Reverend James Wood schrieb 1968 aus Liberia: „Crossroads and the Peace Corps and the others are viewed as the ‚usual‘ phenomenon, as annual as the rainy season“, and riet der Organisation, dass es sowohl vom afrikanischen als auch vom amerikanischen Standpunkt aus ratsam wäre, das Problem der eigenen Überpräsenz in Afrika in Zukunft zu vermeiden.139 Nicht zuletzt waren auch die zahlreichen militärischen Putsche, politischen Unruhen und Bürgerkriege, ganz besonders der Biafrakrieg in Nigeria, für die Schwierigkeiten beim Eintreiben von Spenden verantwortlich, da sie das VerVgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. Über die Rezession 1969/70 siehe Means, Administrative Inflation and Public Policy, 213; Meltzer, History of the Federal Reserve, 578–590. 135 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Sodeinde, 29. Januar 1970, OCAR 79/15. Siehe auch Brief, James H. Robinson an Ambassador Thomas P. Melady, 14. April 1972, JHR 22/18. 136 Vgl. Brief, James H. Robinson an Kenneth Russ, 17. November 1969, JHR 19/7. 137 Vgl. ebd. 138 Preliminary Report on Senegal, 16. Januar 1964, OCAR 80/23. 139 Brief, Reverend William James Wood an Jerome Vogel, 14. Oktober 1968, OCAR 78/12. 134
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trauen von Amerikanern in Afrikas Zukunft erheblich strapazierten.140 Als die erst kürzlich in die Unabhängigkeit entlassenen Staaten nun mit komplexen Problemen zu kämpfen hatten, änderte sich die Haltung der USA gegenüber Afrika. Die liberalen Amerikaner, die den Kolonialismus der europäischen Mächte abgelehnt hatten, waren von den Unruhen, Putschen und ethnischen Konflikten verunsichert. Entgegen ihren anfänglichen Erwartungen etablierten sich keine pro-amerikanischen Regime, sondern brachten Diktatoren an die Macht, die sich selbst auf Kosten ihres Volkes bereicherten. Desillusioniert von den Vorgängen auf dem Kontinent waren viele Amerikaner nun nicht mehr bereit zu spenden, da Entwicklungsprogramme und dergleichen ihrer Meinung nach offenbar wenig positive Resultate zeitigten.141 Crossroads reagierte auf diese Situation, indem es verstärkt um Spenden warb. Bereits in seinem Jahresbericht von 1967 wandte es sich an Ehemalige und Unterstützer und erinnerte sie eindringlich daran, dass Crossroads oft der einzige Kontakt war, der zwischen Afrikanern und Amerikanern bestand. Deshalb bat es: „We urge those who can, to give us additional help either in contributing or in introducing the Crossroads program to new friends. We need your help.“142 Aufgrund der finanziellen Probleme änderte sich auch der Preis für eine Crossroadsreise pro Teilnehmer und stieg 1967 auf 1250 Dollar.143 1970 mussten die Anzahl der Flüge reduziert und somit auch Projekte in Afrika gestrichen werden. Das vorhandene Geld reichte gerade einmal für die Hälfte der Projekte, die es noch 1969 unterhalten hatte.144 Die Organisation sah sich gar gezwungen, ihre Projekte in den kommenden Jahren nur auf West Afrika zu beschränken.145 Auch die Stipendien an Angehörige von Minderheiten und ökonomisch schwache Teilnehmer wurden zurückgefahren. In den vorhergehenden Jahren hatte Crossroads eine beträchtliche Anzahl von Stipendien vergeben können, da es einen hohen Zuschuss von der Danforth Foundation erhalten hatte. Dieser Zuschuss lief jedoch 1970 aus und hinterließ eine große finanzielle Lücke. Crossroads konnte nun nur noch kleinere Stipendien an eine geringere Anzahl von Teilnehmern vergeben.146
Vgl. Brief, James H. Robinson an Ernest Fogg, 6. März 1967, JHR 13/1. Vgl. Houser, Africa’s Challenge, 21; Grubbs, Secular Missionaries, 183. OCA Report 1967. Vgl. Brief, Jerome Vogel an Crossroads College Representatives, September 1971, OCAR 73/22. 144 Vgl. Brief, James H. Robinson an Edward K. D. Wuanka, 23. Dezember 1970, JHR 21/11; Brief, James H. Robinson an Ambassador Thomas P. Melady, 14. April 1972, JHR 22/18. 145 Vgl. OCA Report 1971, 1. 146 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Reverend James S. Leslie, 22. Dezember 1970, OCAR 73/5. 140 141 142 143
Die Selbstreflexion der frühen siebziger Jahre
Die Selbstreflexion der frühen siebziger Jahre
In vielerlei Hinsicht waren die frühen siebziger Jahre das Ende einer Ära: eine Zeit der Reflexion und Bewertung des vergangenen Jahrzehnts.147 In den USA hatten sich die Turbulenzen der späten Sechziger gelegt und die Nation als Ganzes befand sich auf einem „Rückzug ins Private“. Gewaltsame Konflikte hörten zwar nach 1968 nicht plötzlich auf, aber traten nie wieder in dem Ausmaß und der Intensität auf wie in der vorhergehenden Dekade. Auch das Engagement der Amerikaner in den Ländern der Dritten Welt ließ nach. In Afrika war die erste Riege der postkolonialen Staatenlenker bereists durch Militärputsche abgelöst worden und Korruption und Gewalt regierten viele Gebiete. Auch die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Staaten bot wenig Anlass zur Hoffnung: Eine Bevölkerungsexplosion, unzureichende landwirtschafliche Ressourcen und Schulden verstärkten die Abhängigkeit von den ehemaligen Kolonialherren und ausländischen Hilfeleistungen. Die Regierung Nixon verfolgte dabei eine Politik der wohlwollenden Vernachlässigung gegenüber den schwarzafrikanischen Staaten, verstärkte aber die amerikanischen Beziehungen zum Apartheidregime in Südafrika.148 Auch für Crossroads stellten die ersten Jahre der neuen Dekade eine Zeit der Reflexion und Aufarbeitung des vergangenen Jahrzehnts dar. Die Turbulenzen dieser Zeit mit den gruppeninternen Konflikten zwischen schwarzen und weißen Teilnehmern, den politischen Schwierigkeiten in Afrika und dem Ansehensverlust in Folge des CIA-Spendenskandals, der finanziellen Krise und den Veränderungen in der Studentenbewegung verlangten danach, dass sich die Organisation einer Reevaluation ihrer Programme und Ziele unterzog, um auf die gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre angemessen reagieren zu können. Bereits seit seiner Gründung hatten verschiedene Gutachten eine ständige Selbstevaluation ermöglicht. In seiner Analyse der Crossroadsprojekte sah Alec Fisken aber bereits 1969, dass die tiefgreifenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Afrika und Nordamerika nach einer grundlegenden Neubewertung der Organisation verlangten, um Kritik an dem Programm einordnen und angemessen darauf reagieren zu können.149 Und auch J. D. Ormiston, der Vorsitzende von Canadian Crossroads International, forderte ein Umdenken bezüglich der Ziele und der Programmstruktur: „It would appear that the time has definitely come for a reevaluation of the Crossroads enterprise. Changing conditions in Africa and in North America Vgl. z.B. Hickey/Whylie, Enchanting Darkness. Vgl. Borstelmann, The Cold War and the Color Line, 223–242. Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 147 148 149
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dictate this and repeated comments to this effect from the [19]69 participants make the point clear.“150 Obwohl die Organisation bei dieser Evaluation zu dem Schluss gelangte, dass die wesentlichen Ideen, für die Crossroads stand, noch immer Aktualität besaßen, hinterfragte sie die Methoden, mit denen diese umgesetzt wurden.151 Dabei forderten sowohl Afrikaner, ehemalige Teilnehmer als auch das kanadische Crossroads eine Reduzierung und Spezialisierung der Projekte mit einer sorgfältigeren Auswahl der Teilnehmer, Gruppenleiter und Projekte. Die Anforderungen und Bedürfnisse hatten sich in Afrika geändert und Entwicklungsprojekten wurde eine höhere Priorität im Vergleich zu people-to-people Programmen eingeräumt, da die afrikanischen Regierungen wenig wirtschaftlichen Nutzen aus den workcamps hatten.152 1970 entschied sich die Organisation zu untersuchen, ob die Ziele, die man sich 1958 gesetzt hatte, für die Siebziger noch Gültigkeit besaßen.153 Um eine gründliche Reevaluation durchführen zu können, hielt Crossroads das Programm 1970 relativ klein.154 Außerdem wurde als Reaktion auf die hohen Teilnehmerzahlen von 1969 und wegen der ethnischen Spannungen in den Gruppen beschlossen, die Qualität der Projekte zu verbessern und dadurch entstehende Probleme zu vermeiden.155 Die Teilnehmerzahlen wurden also im Vergleich zum Vorjahr von 294 auf 193 reduziert und 1971 sogar auf nur noch 119. Auch 1972 blieb die Anzahl der Teilnehmer relativ gering. Mit nur elf Gruppen konzentrierte sich Crossroads in diesem Jahr auf sechs Länder Westafrikas: Nigeria, Ghana, Niger, Togo, Sierra Leone und die Elfenbeinküste.156 Natürlich spielten auch die im vorhergehenden Teilkapitel geschilderten finanziellen Einbußen dabei eine Rolle.157 Die Selbstreflexion der frühen Siebziger zeigt vor allem, dass eine Professionalisierung der Projekte von partizipierenden Studenten, Afrikanern und Canadian Crossroads International gewünscht und gefordert wurde. Besonders ehemalige und zukünftige Teilnehmer setzten sich für eine Spezialisierung der Projekte ein, mit der sie auf die Bedürfnisse der afrikanischen Gemeinden reagieren wollten. Die Crossroader von 1969 sprachen sich dafür aus, den gesamten Umfang der Tätigkeiten der Organisation in Afrika zu reduzieren, Memorandum to Chairmen of the Selection Committees on Campus from J. D. Ormiston, 29. Oktober 1969, OCAR 72/8. 151 Vgl. OCA Report 1972. 152 Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 153 Vgl. OCA Report 1970, 2. 154 Vgl. Brief, James H. Robinson an Gregor S. Peniston, 13. November 1969, OCAR 72/9. 155 Vgl. Brief, Elizabeth Patterson (Director of Selection) an Jerome Vogel, 28. November 1969, OCAR 72/9. 156 Vgl. OCA Report 1972. 157 Vgl. Cato, James Herman Robinson, 105. 150
Die Selbstreflexion der frühen siebziger Jahre
um qualifiziertere Teilnehmer auszuwählen, womit zwar weniger aber dafür substantiellere Projekte realisiert werden konnten. So berichtete die kanadische Sektion, dass Crossroader etwas von Nutzen für das lokale Team tun wollten. Zwar seien sie bereit schwer zu arbeiten, aber nicht willens Arbeiten zu verrichten, die nur dazu dienten sie zu beschäftigen und keinen wirklichen Nutzen für die mitarbeitenden Afrikaner hätten. Zusätzlich reagierten sie sehr empfindlich auf das Gefühl, nicht wirklich gebraucht und in einigen Fällen gar nicht erwünscht zu sein. Einher mit dem Bedürfnis gebraucht zu werden ging bei vielen die Überzeugung, dass große Gruppen aus logistischer Sicht nicht rentabel seien.158 Eine profesionellere Ausrichtung von workcamp-Projekten wurde zunehmend Voraussetzung für die Präsenz von NGOs in einigen afrikanischen Ländern, in denen die wirtschaftliche Situation zusehends schlechter und die Bedürfnisse der Afrikaner größer wurden. Auch die offizielle amerikanische Außenpolitik hatte erkannt, dass die Beachtung ihrer Bedürfnisse Priorität im Umgang mit Staaten der Dritten Welt haben musste und änderte ihre Entwicklungsstrategie, die sich ab sofort der Beantwortung der „felt needs“ widmete.159 So beschäftigte auch das Peace Corps unter Nixon vorrangig Amerikaner, die mit Expertenwissen und besonderen Fähigkeiten dienen konnten, die das jeweilige Gastland angefordert hatte.160 Nach den Sechzigern sank somit der Anteil der „B. A.-generalists“ im Peace Corps von siebzig auf vierzig Prozent und hielt sich bis in die achtziger Jahre auf diesem Level.161 Ab 1970, so berichtete James Robinson, wurde die Kritik von Seiten der Afrikaner lauter, die nur wenige Wochen währenden Projekte könnten nicht auf die Prioritäten der afrikanischen Länder eingehen.162 Diese Entwicklung deutete sich schon seit einigen Jahren an. 1968 hatte Bradford Abernethy auf einem Treffen mit Dingis Mayo Banda, dem Minister für Jugend und soziale Entwicklung in Zambia, erfahren, dass Zambia keine ungelernten Kräfte brauchte und wenig Interesse an internationalen workcamps hatte, da seine junge Bevölkerung selbst imstande sei, solche Projekte zu realisieren. Was das Land wirklich bräuchte wären Sportprojekte und Trainingsprogramme für Sekretärinnen. Zudem hatte Zambia soviel eigenen „do it yourself spirit“, dass es nicht auf Arbeiter aus dem Ausland angewiesen war, die sich in seine Entwicklung einmischten und diese zu kontrollieren versuchten.163 In diesem Sinne erVgl. Memorandum to the Members of the Board of Canadian Crossroads International, 23. Oktober 1969, OCAR 75/12; Memorandum to Chairmen of the Selection Committees on Campus from J. D. Ormiston, 29. Oktober 1969, OCAR 72/8. 159 Vgl. Hess, Waging the Cold War, 335. 160 Vgl. Schwarz, What You Can Do for Your Country, 22. 161 Vgl. Amin, The Peace Corps in Cameroon, 176. 162 Vgl. Brief, James H. Robinson an Clark H. Bouwman, 24. April 1970, JHR 20/14. 163 Vgl. Brief, Bardford S. Abernethy an James H. Robinson, 23. Juli 1968, OCAR Addendum 7/2. 158
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hielt Crossroads in den kommenden Jahren vermehrt Anfragen von afrikanischen Ländern für professionelle Projekte auf Gebieten wie Kinderbetreuung, Landwirtschaft, Medizin, Sozialarbeit und Entwicklung von mittelständischen Unternehmen.164 1957 hatte Crossroads festgelegt, dass es auf die Bedürfnisse der Afrikaner reagieren und ihnen nicht seine eigenen Ideen von Entwicklung und Fortschritt aufzwingen würde. Demnach musste es der Organisation wichtig sein, auf die veränderten Prioritäten des Kontinents zu reagieren, ohne ihren Schwerpunkt auf Kommunikation zwischen afrikanischen und amerikanischen Studenten zu vernachlässigen.165 Professionelle Freiwillige, so wurde vermutet, könnten jedoch den kommunikativen Effekt des interkulturellen Austauschs verringern. Mehrere Ratgeber wie Alec Fisken hatten der Organisation schon geraten Projekte zu vermeiden, deren primärer Fokus auf dem Unterrichten oder auf technischer Hilfestellung lag, da sie ungezwungene Kommunikation erschwerten, die ein so fundamentaler Aspekt der Crossroadsprogramme war. In workcamps, in denen Amerikaner eine Lehrer-Schüler-Beziehung zu Afrikanern aufbauten oder ihnen mit ihrem Expertenwissen zur Seite standen, könnte sich so kaum eine Beziehung auf Augenhöhe entwickeln und einen ehrlichen Meinungsaustausch anregen.166 Fisken riet Crossroads, die workcamps als primären Fokus seines Programmes beizubehalten. Medizinische und akademische Projekte seien zwar nützlich und wurden von Afrikanern angefordert, aber letztendlich wäre es an Organisationen wie das Peace Corps, CUSO und USAID, in größerem Umfang auf diese Bedürfnisse zu reagieren.167 Eine Professionalisierung seiner Projekte war für Crossroads außerdem vom logistischen Standpunkt her nur schwer zu realisieren, da es nahezu unmöglich war, Fachpersonal davon zu überzeugen unbezahlte Arbeit zu leisten. Eine Spezialisierung würde bedeuten, dass Crossroads erheblich mehr Spenden eintreiben müsste, um diese Kräfte zu bezahlen und die nötigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen.168 Aufgrund dieser Überlegungen entschied sich Crossroads 1972 dazu, seine traditionellen Projekte mit dem Schwerpunkt auf kultureller Verständigung beizubehalten. Gleichzeitig wollte man aber auch den medizinischen Projekten mehr Aufmerksamkeit widmen und sie in kommenden Jahren verstärkt durchführen. Im Jahresbericht von 1972 verkündete es: „[W]ithout abandoning our traditional workcamps […] we plan to try a few new directions.“169 Vgl. OCA Report 1972. Vgl. ebd. Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 167 Vgl. ebd. 168 Vgl. Brief, James H. Robinson an T. O. A. Sodeinde, 15. Oktober 1968, OCAR 79/10. 169 OCA Report 1972. 164 165 166
Die Selbstreflexion der frühen siebziger Jahre
Die gravierenden Gruppenkonflikte der letzten Jahre führten außerdem dazu, dass Crossroads seinen Auswahlprozess überdachte und veränderte. Einige afrikanische Länder hatten nach den Problemen mit den ethnischen Auseinandersetzungen unter den Crossroadern sogar große Bedenken, ob Crossroads überhaupt erneut ein Projekt in ihrem Land initieren sollte.170 Um diese Situationen in Zukunft zu vermeiden, legte die Organisation fest, dass Bewerber bestimmte Kriterien erfüllen mussten. Erstens wollte man sichergehen, dass die Teilnehmer die Philosophie von Crossroads verstanden hatten. Denn einige Teilnehmer der vergangenen Jahre, so bemerkte beispielsweise J. D. Ormiston, hätten die grundlegende Ausrichtung der Crossroadsprojekte auf interkulturelle Kommunikation nicht verinnerlicht. Zweitens sollten die Teilnehmer über die nötige Reife und politisches Interesse verfügen und wirklich willens sein, Zeit und Mühe in die Beschäftigung mit gegenwärtigen sozialen und politischen Fragen zu investieren, wobei er besonders auf die Bürgerrechtsbewegung verwies. Und drittens musste der Bewerber dem Auswahlkomitee unter Beweis stellen, dass er den Herausforderungen des Zusammenlebens mit anderen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Charaktere gewachsen war.171 Unter diesen Prämissen stellte Crossroads 1970 ein Kontingent „of calm, patient, tactful, mature people“ zusammen.172 Offensichtlich schien die Organisation so viel Wert auf diese Eigenschaften zu legen, dass Jerome Vogel sich etwas Ironie nicht verkneifen konnte: „One might indeed complain that they are atypical of the current college generation.“173 Die getroffenen Entscheidungen über die veränderten Aufnahmebedingungen sowie die generelle Entspannung der Rassenbeziehungen führten schließlich dazu, dass das Crossroadsprojekt 1971 zum erfolgreichsten seit Jahren wurde.174 Die Spannungen und Konflikte, die den Sommer 1969 und zum Teil auch noch 1970 dominiert hatten, wurden bereits zu Beginn geklärt, so dass sich die Teilnehmer darauf konzentrieren konnten, Beziehungen zu Afrikanern aufzubauen. Nur eine Gruppe hatte in diesem Jahr mit schwerwiegenden Gruppenkonflikten zu kämpfen.175
Vgl. Brief, Jerome Vogel an Ted Tanen (Deputy Public Affairs Officer, USIA), 15. Mai 1970. Vgl. Memorandum to Chairmen of the Selection Committees on Campus from J. D. Ormiston, 29. Oktober 1969, OCAR 72/8. 172 Brief, Jerome Vogel an Ted Tanen (Deputy Public Affairs Officer, USIA), 15. Mai 1970. 173 Vgl. ebd. 174 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Crossroads College Representatives, September 1971, OCAR 73/22; Brief, Jerome Vogel an James Leslie, 3. November 1971, OCAR 73/25. 175 Vgl. ebd; Brief, Ann Fletcher an Dough Briggs, 5. November 1971, OCAR 73/25. 170 171
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Krise und Erholung – 1967 bis 1972
Abschied von James Robinson
Im September 1972 verschlechterte sich der Gesundheitszustand von James Robinson merklich. Nach einer Operation im Januar hatte er zwar für einige Wochen wieder mit der Arbeit begonnen, war nach einem plötzlichen Schlaganfall wenig später aber von der Hüfte abwärts gelähmt und erlag am sechsten November 1972 im Alter von nur 65 Jahren schließlich einem langjährigen Krebsleiden.176 James Robinson hatte mit seiner Arbeit und seinem Einsatz für Völkerund Rassenverständigung das Leben so vieler Menschen auf der ganzen Welt berührt, dass sein Tod überall Bestürzung und Trauer hervorrief: Jim was such a remarkable man in so many different ways that one just cannot describe him. He certainly left a deep impression and a complete change of thinking with many of the people with whom he came into contact. Jim’s boundless energy, amazing optimism, deep practical faith, his fantastic and yet so simple idealism, his tenacity and his friendship which he gave so freely all contributed so much to others, to his country and to the world. His influence will continue to be felt and the world is a better place because Jim Robinson was here.177
Stellvertretend für die unzähligen Kondolenzschreiben an Gertrude Robinson verdeutlicht diese Beileidsbekundung, dass Robinson auf beiden Seiten des Atlantiks als wichtiges Verbindungsglied zwischen Afrika und Amerika wahrgenommen wurde und dass er im Laufe seines Lebens so viele Menschen inspiriert hatte, dass sein Erbe noch lange nachwirken würde. Repräsentativ für die Trauerbriefe aus aller Welt sei im Folgenden aus drei weiteren zitiert. „Jim Robinson was a valued member of our family and a true freedom fighter at home and abroad“, schrieb beispielsweise Roy Wilkins, der Geschäftsführer der NAACP. „His contributions to the struggle for human dignity will be long remembered and cherished by those privileged to work with him.“178 Und Robert Kenya, ein langjähriger Unterstützer von Crossroads in Ostafrika, würdigte Robinsons Lebenswerk mit den Worten: In his life, Dr. Robinson was able to demonstrate that world peace can be achieved and maintained through an investment in the youth friendship. He was a man who believed
Vgl. Brief, James H. Robinson an William Edmondon, 15. September 1972, JHR 23/6; Census: Founder of Operation Crossroads Africa Dies, in: Jet, 30. November 1972. 177 Brief, Jim Hartog (Canadian Crossroads International) an Mrs. Robinson, 15. November 1972, JHR 24/3. 178 Roy Wilkins zit. in Robinson Dead, in: The Crisis, Dezember 1972, 355. 176
Abschied von James Robinson
in deeds in contrast to lip-service and militancy. He stood for peace and human equality and achieved them through constructive means.179
Die vielen aus Afrika eintreffenden Kondolenzschreiben verdeutlichen außerdem, wie nachhaltig James Robinson das Leben einiger Afrikaner geprägt und zum Positiven verändert hatte. B.M. Kobba, der Chef der Eastern Clinic in Nigeria, schrieb an die Witwe: „My major support from North America comes from your husband and the organization which he founded. The improvement of health services […] goes to his credit.“180 Obwohl der Tod des Crossroadsgründers eine tiefe Lücke in der Organisation hinterließ, beschloss der Vorstand, Crossroads im Andenken an James Robinson weiterzuführen. Bis 1984 übernahm Robinsons langjähriger Stellvertreter Jerome Vogel die Leitung von OCA. Er erinnert sich, dass es zu jener Zeit sehr befremdlich anmutete, dass ein Weißer die Leitung einer originär afroamerikanischen Organisation übernahm.181 Obwohl die generelle Philosophie der Organisation unter Vogel beibehalten wurde, verschob sich ihr Fokus hin zum African Leadership Program, das auch auf einem professionelleren Level als bisher durchgeführt wurde. Nach dem Ende des Vietnamkriegs beruhigte sich die explosive Stimmung, in der die Organisation einige Jahre lang agiert hatte. Der Enthusiasmus und die Euphorie der frühen Sechziger konnten jedoch nicht wiederbelebt werden. Zum einen war der Freiwilligendienst mittlerweile schon ein Relikt der Entwicklungsdekade; Jugendliche suchten jetzt nach anderen Ventilen, um ihre Generation von der vorhergehenden abzuheben. Und zum anderen konnte sich die Organisation nicht lange auf die Erinnerung an Robinson berufen. Bis in die achtziger Jahre konnte Crossroads noch die Unterstützung von Prominenten und Politikern gewinnen, wohl vorrangig aufgrund ihres Rufes als Pionierorganisation. So wurde der Jahrestag 1981 erneut im Waldorf Astoria begangen und gemeinsam von John S. Connor, dem Präsidenten der American Express Publishing Corporation, und der berühmten Hollywoodschauspielerin Elizabeth Taylor moderiert.182 Zum Anlass des 25-jährigen Bestehens der Organisation wurde 1982 erneut an die bisherigen Erfolge und Verdienste von Crossroads erinnert. Präsident Ronald Reagan würdigte die Organisation „for blazing a new trail in demonstrating the American commitment to Africa“ sowie für ihren Beitrag zur gegenseitigen Verständigung zwischen den Bewohnern des afrikanischen und amerikanischen Kontinents.183 Brief, Peter F. Kenya an Mrs. Robinson, 11. November 1972, OCAR Addendum 13/5. Brief, B. M. Kobba an Mrs. Robinson, 21. November 1972, OCAR Addendum 13/5. Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. Vgl. Jet, 18. Juni 1981, 32. Ronald Reagan zitiert in Operation Crossroads Africa Silver Anniversary Souvenir Program, OCAR Addendum. 179 180 181 182 183
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Nachdem Jerome Vogel die Organisation verlassen hatte, ging sie unter seinen Nachfolgern pleite und musste Insolvenz anmelden.184 Anfang des neuen Jahrtausends kaufte schließlich Willis Logan, ein ehemaliger Mitarbeiter, das Symbol und den Namen der Organisation und leitete damit ein neues Kapitel in der Geschichte von OCA ein. Jedes Jahr nehmen nun durchschnittlich fünfzig Studenten an workcamps teil. Allerdings müssen sie die kompletten Kosten selbst tragen.185 Aufgrund der schier unüberschaubaren Anzahl von Freiwilligenorganisationen und NGOs, die mittlerweile in Afrika und weltweit arbeiten, hat Crossroads nicht mehr den Einfluss, den es in den Sechzigern hatte. Und dieser Erfolg wird wohl nie wieder zu erreichen sein. Denn was James Robinson in den sechziger Jahren mit Crossroads schuf, war so gewaltig, weil es ein Pionierprojekt war und den Geist der Zeit nahezu perfekt traf und verkörperte. Fazit
Die Turbulenzen, Konflikte und Spannungen der späten sechziger Jahre spiegelten sich in mehrerlei Hinsicht in Operation Crossroads Africa wider. Dabei bewirkte die Radikalisierung der Bürgerrechts- und Studentenbewegung, dass das Interesse an der Organisation auf der einen Seite zwar zunahm, aber die Konflikte der Zeit nun auch innerhalb der Teilnehmergruppen ausgetragen wurden. Die Anhänger der studentischen Protestbewegung legten im Zuge des Vietnamkriegs eine zunehmende Staatsverdrossenheit an den Tag und lehnten jegliche Kooperation mit dem Establishment ab. Da sie sich aber gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit einsetzen und ihre Solidarität mit den noch immer fremdbestimmten Völkern der Dritten Welt bekunden wollten, bot Crossroads ihnen eine ideale Möglichkeit, um in den Entwicklungsländern sozial aktiv zu werden ohne sich dabei an eine staatliche Organisation wie das Peace Corps „verkaufen“ zu müssen. Demnach erlitt Crossroads durch den Vietnamkrieg im Gegensatz zum Peace Corps keine Einbußen an Bewerbern, sondern verzeichnete sogar einen Anstieg der Bewerbungen. Gleichzeitig führte die Hinwendung der jungen Afroamerikaner zu Black Power und dem damit empfundenen Stolz auf die afrikanischen Wurzeln zu einem gesteigerten Interesse der schwarzen Studenten an der Organisation. Crossroads ermöglichte es ihnen, nach Afrika zu reisen und sich dort kulturell und politisch inspirieren zu lassen, ohne Afrikaner dabei in ihrer Entwicklung anzuleiten.
184 185
Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. Vgl. Willis Logan, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012.
Fazit
Radikale afroamerikanische Teilnehmer spalteten jedoch die Gruppen und leiteten eine interne Debatte ein, die die Polarisierung der Bürgerrechtsbewegung in den USA versinnbildlichte. Liberale Aktivisten wie James Robinson, der von Gewaltlosigkeit und Integration als Mittel zu sozialem Fortschritt und ethnischer Gleichberechtigung überzeugt war, war mit dieser Einstellung nicht mehr auf einer Wellenlänge mit den afroamerikanischen Crossroadern, die sich von den weißen Amerikanern in ihrer Gruppe abzugrenzen versuchten und eine Zusammenarbeit mit ihnen prinzipiell ablehnten. Auch die bestehende Skepsis von amerikanischen Studenten gegenüber staatlichen Organisationen, die Crossroads auf der einen Seite einen Zugewinn an Popularität brachte, führte auf der anderen Seite dazu, dass Teilnehmer die teilweise enge Kooperation von Crossroads mit der amerikanischen Botschaft kritisierten. Die Enthüllungen des CIA-Spendenskandals beschädigten das Ansehen der Organisation somit auch nachhaltiger als dies in einer weniger aufgeladenen Atmosphäre der Fall gewesen wäre. Der Bezug von Spendengeldern von der CIA verdeutlicht, dass Crossroads den USA nicht nur als kulturdiplomatische Waffe im Kalten Krieg zur mentalen Beeinflussung der Dritten Welt diente, sondern auch zum Opfer des Kalten Kriegs wurde. Die Gerüchte schadeten dem Ansehen der Organisation sowohl bei amerikanischen und kanadischen Studenten als auch im sowieso schon skeptischen Afrika nachhaltig. Die politischen Unruhen auf dem Kontinent erschwerten Crossroads außerdem Projekte zuverlässig zu planen und waren ein Grund für die schlechte finanzielle Situation, in die Crossroads Ende der Sechziger schlitterte. Die ersten Jahre der Siebziger waren die Teilnehmerzahlen daher im Vergleich zu den vorhergehenden eher klein. Das anbrechende neue Jahrzehnt markierte in mehrerlei Hinsicht das Ende einer Ära für Crossroads. Die Jahre 1970 bis 1972 waren vorrangig geprägt von einer kritischen Selbstreflexion und einer intensiven internen Debatte über die künftige methodische und inhaltliche Ausrichtung der Organisation. Obwohl eine Spezialisierung der Projekte von Teilnehmern, Afrikanern und dem kanadischen Crossroads gefordert wurde, entschied man sich seinem vorrangigen Ziel – der Kommunikation und dem kulturellen Dialog – weiterhin treu zu bleiben und damit eine Nische zu füllen, aus der sich andere Programme wie das Peace Corps, die zunehmend professionelle Fachkräfte anzogen, langsam verabschiedeten. Auch kommenden Generationen wollte Crossroads den Dialog mit Afrika ermöglichen und junge Amerikaner zu einem verstärkten Interesse an dem Kontinent und seinen Menschen bewegen. Mit James Robinson starb 1972 die Person, die den interkulturellen Austausch einer ganzen Generation ermöglicht, das amerikanische Bewusstsein für Afrika nachhaltig geschärft und Tausenden junger Amerikaner und Afrikaner Hoffnung auf ein tolerantes und friedliches Zusammenleben gegeben hatte. Mit ihm starb auch ein Teil der Organisation, seines Lebenswerkes.
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Krise und Erholung – 1967 bis 1972
Ohne James Robinson und ohne den Optimismus und Tatendrang der sechziger Jahre sollte sie nie wieder zu der alten Stärke zurückfinden. Denn letztendlich war sie, wie die letzten fünf Kapitel gezeigt haben, nicht nur ein Kind Robinsons sondern auch ein Kind der Sechziger und des damaligen Zeitgeistes. Die letzten fünf Kapitel haben Crossroads auf seinem Weg von einem Pilotprojekt hin zu einer anerkannten Organisation begleitet, die 1961 sogar als Modell für das staatliche Peace Corps fungierte. Crossroads wurde sowohl von Entwicklungen in Afrika als auch in Amerika beeinflusst und seine Geschichte reflektiert die der sechziger Jahre auf interessante und vielfältige Weise. War der Anfang des Jahrzehnts eine vielversprechende Zeit, in der new frontiers ersonnen und die development decade heraufbeschworen wurde, sowie winds of change die Entkolonisierung auf dem afrikanischen Kontinent einläuteten, so war dieser Optimismus am Ende der Dekade verflogen. Die amerikanische Jugend verlor im Zuge des Vietnamkriegs ihr Vertrauen in den amerikanischen Staat, die Afroamerikaner rebellierten gegen die zu langsam voranschreitende Umsetzung von gesellschaftlicher und ökonomischer Gleichberechtigung, politische Coups und wirtschaftliche Unterentwicklung in Afrika desillusionierten dessen Bewohner und diejenigen, die zu Beginn der sechziger Jahre an die Realisierbarkeit der Modernisierung der Dritten Welt geglaubt hatten. Der erste Teil der Studie kann auch anhand des Namens „Crossroads“ auf den Punkt gebracht werden. Diese Bezeichnung war in jeder Hinsicht treffend, sie beschreibt sowohl die Vorgehensweise, die Organisationsstruktur als auch die Ziele der Organisation. Der Ausdruck Crossroads, der 1958 die Bezeichnung Africa Student Study and Workcamp Project ablöste, war zweifellos nicht zufällig gewählt, denn das Motiv des „Weges“ zieht sich wie ein roter Faden durch Robinsons gesamtes Wirken, und erscheint nicht zuletzt im Titel seiner Autobiografie Road Without Turning. Wie bereits in der Einleitung zu diesem Abschnitt beschrieben, wird ein Weg immer erst dann zu einem Weg, wenn ihn jemand beschreitet. Robinson ebnete mit Crossroads einen neuen Weg, da es zuvor keine amerikanische Organisation gegeben hatte, die Freiwilligenarbeit mit Studienseminaren verband und ihr Programm vollkommen auf Afrika konzentrierte. Somit schlug Crossroads nicht nur eine neue Richtung in den Beziehungen der USA zu Afrika ein, sondern auch auf dem Gebiet des interkulturellen Austauschs. Wörtlich ins Deutsche übersetzt bedeutet crossroads „Scheideweg“. Aber bleiben wir im Amerikanischen und sehen nach, wie das Merrian-Webster Dictionary den Begriff erklärt. Hier finden sich mehrere Bedeutungen: crossroad im Singular bezeichnet „a road that crosses a main road or runs crosscountry between main roads“. Im Plural beschreibt crossroads drei Phänomene: „a place of intersection of two or more roads“, „a small community located at such a crossroads: a central meeting place“, „a crucial point especially where a
Fazit
decision must be made“.186 Operation Crossroads verkörperte buchstäblich jede dieser vier Definitionen des Wörterbuchs. Erstens schlug es mit seiner people-to-people Diplomatie gegenüber Afrika einen bis dahin nicht beschrittenen Weg ein, nahm also nicht den „main road“, sondern bestimmte selbst seine Richtung. Diese erste Definition ist außerdem insofern zutreffend, als sich die Bedeutung einer Straße, die zwischen zwei Hauptstraßen verläuft, auch darauf beziehen kann, dass Crossroads nicht auf Regierungsebene sondern privat operierte sowie eine Vermittlerrolle zwischen der Bevölkerung Afrikas und Amerikas (symbolisiert von den zwei Hauptstraßen) einzunehmen versuchte. Zweitens trafen im Programm von Crossroads die Interessen von mehreren Gruppen wie in einer Wegkreuzung aufeinander. Die Interessen von Afroamerikanern, dem Außenministerium und der USIA, Afrikanern und der amerikanischen Jugend schnitten sich in der Organisation und jede dieser Gruppen konnte auf ihrem Weg ein Stück weit von Crossroads profitieren. Drittens schuf Crossroads mit den workcamps einen „central meeting place“, an dem sich Amerikaner und Afrikaner und auch weiße und schwarze Amerikaner ungezwungen begegnen und kennenlernen konnten. Zudem war auch die Organisation selbst ein „central meeting place“: Die Mitarbeiter und Aufsichtsratsmitglieder sowie die Unterstützer der Organisation bildeten ein Netzwerk, das in religiöser und ethnischer Hinsicht äußerst divers war, aber ein gemeinsames Ziel verfolgte: freundschaftliche Beziehungen zwischen Amerika und Afrika zu etablieren. Und viertens führte Crossroads den Teilnehmern und der Öffentlichkeit vor Augen, dass gemeinsame Wege für die Zukunft ersonnen werden mussten, um eine erfolgreiche Kooperation mit Afrika zu gewährleisten. Dies ergab sich aus der Tatsache, dass sich Afrika und die amerikanische Außenpolitik im Zuge der Entkolonialisierung an einem „Scheideweg“ befanden, einem Punkt, an dem Entscheidungen von weltpolitischer Signifikanz getroffen werden mussten. Aber auch Entscheidungen interner Art musste die Organisation während des untersuchten Zeitraumes fällen: In welchem Maße wollte sie mit dem Peace Corps zusammenarbeiten? Sollte sie die Anzahl ihrer Teilnehmer erhöhen? Wie konnte sie den ethnischen Konflikten begegnen, die ihre Gruppen in den späten Sechzigern spalteten? Zu guter Letzt stellte Crossroads einen kritischen Wendepunkt („crucial turning point“) für die Entwicklung jedes einzelnen partizipierenden Freiwilligen dar. Der folgende Teil wird sich deshalb den Erfahrungen der Freiwilligen in Afrika zuwenden: Inwiefern trafen die Definitionen des crossroad auf die Crossroader zu? Und durch was zeichnete sich der „central meeting place“ in Afrika aus?
Merriam-Webster Dictionary Online, „Crossroads“: http://www.merriam-webster.com/ dictionary/crossroads. Zugriff am 9. August 2012. 186
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II – Der Weg der Crossroader von Amerika nach Afrika und zurück
E
benso wie Operation Crossroads mussten auch die partizipierenden Studenten ihren eigenen Weg erst finden. Ihr Aufenthalt mit der Organisation in Afrika stellte eine wichtige Etappe auf diesem ganz persönlichen Weg dar und prägte in den meisten Fällen den restlichen Verlauf ihres Lebens. Als die jungen Leute sich für eine Teilnahme an Crossroads entschieden, hatten sie noch keine Vorstellung davon, wo der Weg enden würde. In jedem Fall gingen sie mit ihrer Reise ein Wagnis ein. Es begann mit ihrer Entscheidung, auf den für viele Amerikaner unbekannten und mysteriösen Kontinent Afrika zu reisen und für einige Wochen gemeinsam mit Gleichaltrigen anderer Hautfarbe und Religion zusammenzuleben. In dieser Hinsicht beschreibt die Wegmetapher die Reise der Crossroader sehr treffend. Schließlich symbolisieren Wege in Legenden und Märchen oft einen hoffnungsvollen Aufbruch ins Ungewisse und führen die Helden aus ihrem monotonen Alltag hinaus. Gespickt sind sie dabei mit allerlei Gefahren, deren erfolgreiche Überwindung schließlich zur persönlichen Weiterentwicklung der Helden beiträgt.1 Auch für die Teilnehmer an Crossroads stellte die Reise eine Prüfung dar. In Afrika befanden sie sich weit weg von ihrem vertrauten Umfeld und ihnen vertrauten Personen. Sie mussten eigene Entscheidungen treffen und neue Kontakte knüpfen. Dabei überdachten sie fast zwangsläufig ihre eigenen Wünsche und Zukunftserwartungen. Der Weg der Crossroader kann hier außerdem als eine Art Gegenbewegung zu der von ihnen kritisierten Homogenität der amerikanischen Gesellschaft und der Rassensegregation verstanden 1
Vgl. Irrlitz, Bild des Weges, 17.
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Der Weg der Crossroader von Amerika nach Afrika und zurück
werden, die in den frühen Sechzigern und darüber hinaus in vielen Regionen der USA de facto praktiziert wurde. Die Crossroader brachen zu einem Weg auf, dessen Verlauf sie selbst bestimmen wollten, und lösten sich somit von den Moralvorstellungen der Eltern und ihrer Ansicht nach veralteten Gesellschaftsmustern. Wie Gerd Irrlitz in seiner Monographie über die Philosophie des Weges zeigt, ist er in der Literatur auch oft mit jugendlichem Lebensgefühl, Tatendrang und Rebellion konnotiert. Demnach bedeutet die Entfernung von der Heimat ein Bekenntnis, sich von den Erwartungen und Einstellungen der älteren Generationen zu distanzieren.2 Die folgenden Kapitel werden zeigen, wie die Freiwilligen diese Prüfung meisterten und welche Herausforderungen aber auch Möglichkeiten das Wagnis für sie bereithielt.
2
Vgl. ebd., 18.
7 – „A cross section of Americans“? Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
I saw them start an eager throng All young, and strong and fleet; Joy lighted up their beaming eyes, Hope sped their flying feet. – James H. Robinson1 –
E
ines der erklärten offiziellen Ziele von Operation Crossroads Africa war es, „to demonstrate America at its best by taking a cross-section of young Americans of all racial, religious and social groups and economic levels [to Africa]“.2 Die Zusammenstellung der Gruppen, die sich daraus ergeben sollte, so hofften die Verantwortlichen der Organisation, „would […] be the most cogent and incisive argument on behalf of the potential and power of American democracy“.3 Crossroads Entscheidung, anhand der Zusammensetzung seiner Gruppen einen Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung zu repräsentieren, war eines der wichtigsten Elemente seines Afrikaprogramms, denn dadurch wollte es Afrikanern ein möglichst „authentisches“ Bild von Amerika vermitteln. Da Crossroadsgruppen in einigen Regionen Afrikas für die Einheimischen die einzige Möglichkeit darstellten, sich einen Eindruck von den USA zu verschaffen, prägten sie das Amerikabild in weiten Teilen des Kontinents. Des Weiteren wollten Robinson und seine Mitarbeiter mit dieser Kombination unter Beweis stellen, dass ein harmonisches Zusammenleben zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe und Religionen möglich und erstrebenswert war. Dieses Kapitel wird der Frage nachgehen, ob es der Organisation tatsächlich gelang, mit ihren Gruppen einen solchen Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft abzubilden. Wie schwer gestaltete sich die Anwerbung von Minoritäten und insbesondere Afroamerikanern? Und waren in den Gruppen 1 2 3
James H. Robinson, The Hero of the Race, undatiertes Gedicht, JHR 34/35. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 9. Ebd.
222
Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
bestimmte Religionen oder Ethnien überproportional im Vergleich zu ihrem prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung vertreten? Dann wird das Kapitel beleuchten, wie der Auswahlprozess der Teilnehmer verlief und welche Kriterien die Bewerber erfüllen mussten, um als Teilnehmer an Crossroads zugelassen zu werden. Es wird auch zu untersuchen sein, was Studenten motivierte, sich für Crossroads zu bewerben und ihre Semesterferien in Afrika zu verbringen. Eine wichtige Rolle spielten dabei generationelle Besonderheiten, die sie von den Jahrgängen ihrer Eltern unterschieden. Diese Abgrenzung zu traditionellen Werten führte oft dazu, dass sich das familiäre und bekanntschaftliche Umfeld negativ über das Vorhaben der jungen Leute äußerte und sich von ihren Plänen distanzierte. Besondere Beachtung werden hierbei die Motive von Afroamerikanern für die Teilnahme an Crossroads finden sowie die Gründe, warum die Organisation Probleme hatte viele von ihnen anzuwerben. Anschließend wird das Kapitel untersuchen, wie sich die Teilnehmer auf ihren Afrikaaufenthalt vorbereiteten nachdem sie eine Zusage erhalten hatten. Die Pflichtlektüre der Crossroader, die vor der Reise zu lesen war, gibt dabei wichtige Aufschlüsse über das Selbstverständnis der Organisation. Einer der bedeutendsten Aspekte des Programms, das Fundraising für die Teilnahmegebühr, wird dabei ebenso thematisiert. Im letzten Teil des Kapitels steht schließlich die Frage im Vordergrund, ob die alljährliche Orientierungsveranstaltung die Teilnehmer adäquat auf ihre Arbeit in Afrika vorzubereiten vermochte. Der Verlauf dieser Veranstaltung unterstrich die Ziele der Organisation, ist aber auch aus Sicht der Teilnehmer selbst interessant, da einige von ihnen hier erstmals in Kontakt mit Menschen anderer Hautfarbe kamen. Aufschluss über das Auswahlverfahren und die -kriterien sowie über die persönlichen Motive der Crossroader geben Gutachten, Teilnehmerberichte und private Briefe der Freiwilligen sowie der Mitarbeiter der Organisation, die für deren Auswahl zuständig waren. Teilnehmerzahlen wurden indes den Statistiken aus den offiziellen Jahresberichten der Organisation entnommen und anschließend miteinander verglichen. Auswahlprozess und -kriterien
Um mit seinen Gruppen einen ungefähren Querschnitt der Bevölkerung Nordamerikas abzubilden, musste Operation Crossroads Africa Studenten verschiedener ethnischer Zugehörigkeit, Glaubensrichtungen und aus mehreren Regionen der USA anwerben. Bevor untersucht wird, ob solch ein Querschnitt tatsächlich erreicht werden konnte, soll zunächst geklärt werden, wie und wo die Organisation nach geeigneten Freiwilligen suchte und welche Anforderungen sie an ihre Bewerber stellte.
Auswahlprozess und -kriterien
Um die akademischen Bildungsstätten des Landes mit in den Auswahlprozess einzubeziehen, arbeitete OCA mit verschiedenen Universitäten und Colleges zusammen, die es als „kooperierende Institutionen“ bezeichnete. Zunächst handelte es sich dabei überwiegend um die Colleges, mit denen Robinson bereits für seine Sommercamps in New Hampshire und die Freiwilligenprogramme der Church of the Master zusammengearbeitet hatte. In den darauf folgenden Jahren konnte er insgesamt 112 Colleges und Universitäten zur Kooperation gewinnen.4 Diese Beziehungen ermöglichten es der Organisation, an jeder Institution die für ihre Unternehmung geeignetsten Teilnehmer herauszufiltern. In den ersten Jahren war die Kooperation zwischen Crossroads und den Universitäten noch sehr formaler Natur und bestand darin, den beteiligten Institutionen eine gewisse Anzahl an Plätzen in seinem Kontingent zuzusichern.5 Ab 1962 gab Crossroads diese Praktik jedoch auf, als immer mehr Universitäten und Colleges als Partner hinzukamen und alle daran interessiert waren, eine festgelegte Anzahl ihrer eigenen Studenten für Crossroads zu stellen.6 Seitdem variierte der Grad der Kooperation in hohem Maße. So trafen einige Colleges eine Vorauswahl, beteiligten sich am Fundraising ihrer Studenten und bekamen deshalb auch eine bestimmte Quote zugestanden. Andere Institutionen waren nur offiziell Partner von Crossroads, überließen die Auswahl der Teilnehmer aber der Organisation selbst.7 Einige der kooperierenden Institutionen gründeten eigene Komitees, die jedes Jahr fünf bis sechs Teilnehmer auswählten und auf einer Liste notierten, deren Reihenfolge ihre Präferenzen abbildete. Diese Liste wurde anschließend gemeinsam mit den Bewerbungen der vorausgewählten Studenten an das Büro der Organisation in New York geschickt, das die endgültige Entscheidung fällte, wer an dem Projekt würde teilnehmen dürfen.8 In den meisten Fällen richtete sich das Auswahlkomitee in New York dabei nach den Empfehlungen der kooperierenden Institutionen und hinterfragte nur selten deren Entscheidungen. Crossroads war sich sicher, dass jede Universität schließlich nur die besten Studenten als ihre Repräsentanten nach Afrika entsenden wollte.9 Für den Auswahlprozess an ihren Colleges mussten interessierte Studenten zunächst einen Bewerbungsbogen ausfüllen und sich anschließend mehreren Vgl. Cato, James Herman Robinson, 104. Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford Abernethy, 27. September 1962, Abernethy Papers 27/5. 6 Vgl. Brief, Ann Fletcher an Anna M. Boyd, 23. Juli 1971, OCAR 73/20; Brief, Jerome Vogel an Rev. William James Wood, 17. November 1971, OCAR 74/2. 7 Vgl. ebd. 8 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Gene Ulansky (Golden Gate College), 20. Januar 1972, OCAR 74/6; OCA Report 1962, 42. 9 Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford Abernethy, 27. September 1962, Abernethy Papers 27/5. 4 5
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
Interviews stellen. Auf dem Fragebogen wurden die Bewerber nicht nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit gefragt, da dies ethnische Diskriminierung suggeriert hätte.10 Stattdessen versuchte das Komitee schwarze Bewerber über bestimmte Fragen zu identifizieren. Es gab Fragen nach Büchern und Magazinen, die sie lasen, sowie nach ihren Beweggründen für die Teilnahme an Crossroads. Wenn Bewerber angaben Ebony oder Jet zu lesen beziehungsweise berichteten, dass sie nach Afrika reisen wollten, weil dies der Kontinent ihrer Vorfahren war, konnte man davon augehen, dass es sich um Afroamerikaner handelte.11 Diesen Bewerbungen schenkte die Organisation besondere Beachtung, da es schließlich in ihrem Interesse lag, so viele schwarze Teilnehmer wie nur möglich anzuwerben (siehe Teilkapitel „Die schwierige Suche nach schwarzen Teilnehmern“). Andere schriftliche Fragen waren, ob und welche Fremdsprachen sie gelernt hatten, an was für außerunterrichtlichen Aktivitäten sie teilnahmen und welche sie eventuell leiteten, was für Auslands- und Camperfahrungen sie vorweisen konnten und ob sie Kontakte zu Angehörigen anderer Ethnien hatten.12 Neben dem Bewerbungsformular mussten Interessenten mindestens fünf Empfehlungsschreiben von Professoren, Pfarrern oder Vereinsmitgliedern bei ihrem universitären Auswahlkomitee einreichen. Darin gaben die Gutachter Informationen über die physische Kondition der Bewerber, deren Attraktivität (ob der Bewerber von anderen gemocht und respektiert wird), deren Intelligenz, Performanz (ob der Interessent Pläne formulieren und ausführen kann), Führungsqualitäten, Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen, Einfühlungsvermögen, emotionale Ausgeglichenheit und Hilfsbereitschaft an.13 Die Mitglieder der Auswahlkommission beurteilten die Bewerber schließlich anhand der Bewerbungsunterlagen und der Empfehlungsschreiben und bewerteten sie nach verschiedenen Kategorien auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten (wobei fünf die Bestnote bedeutete). Sie beurteilten, ob der Bewerber die Ziele der Organisation kannte und unterstützte, ob er motiviert war, wie er mit anderen Menschen interagieren konnte, seine Fähigkeit andere anzuleiten, sich in neuen Situationen zurechtzufinden und sich an sie anzupassen, seine mentale und physische Gesundheit, seine Reife, Erfahrungen mit Gruppenarbeit, soziales Bewusstsein und sportlichen Fähigkeiten.14 Wenn ein Bewerber aufgrund exzellenter Werte als Teilnehmer zugelassen wurde, musste er anschließend noch eine ärztliche Untersuchung über sich ergehen lassen.15 Auch das Peace Corps handhabte die Bewerbungen von schwarzen Studenten auf diese Weise. Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 999. 11 Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 12 Vgl. OCA, Preliminary Application Form 1963, Abernethy Papers 27/8. 13 Vgl. OCA, Sheets to be Filled out by People Making Recommendation, OCAR 72/9. 14 Vgl. Individual Score Sheet, OCAR 72/9. 15 Vgl. OCR Report 1960, 8. 10
Auswahlprozess und -kriterien
Besonders schwierig gestaltete sich die Suche nach geeigneten Teilnehmern im Süden der USA. Laut Jerome Vogel, der in den späten Sechzigern Reden an verschiedenen Universitäten hielt, um die Studenten für Crossroads zu begeistern, erkannte verschiedene Gründe, die die dortige Suche nach Teilnehmern erschwerten. Dazu zählte er die allgemeine Ignoranz gegenüber internationalen Entwicklungen, die ungenügenden Anreize von oder direkten Kontakt zu Personen, die schon im Ausland gewesen waren, die unzureichende Berichterstattung lokaler Medien über internationale Politik und das geringe Angebot an universitären Kursen, die sich mit internationalen Problemen befassten. Außerdem gab es ihm zufolge erheblichen Nachholbedarf, was den Austausch mit afrikanischen Studenten anbelangte. Auch Ende der sechziger Jahre studierte nur eine verschwindend geringe Anzahl afrikanischer Studenten an Universitäten im Süden der USA. Und die wenigen, die dies taten, beklagten das mangelnde Interesse an ihnen und ihrer Kultur.16 Aus den oben angeführten Gründen war es umso wichtiger, Studenten aus dem Süden für Crossroads zu gewinnen. Denn selbst eine geringe Anzahl von Studenten mit internationaler Erfahrung und einem Verständnis für afrikanische Kultur und Entwicklung könnte den kulturellen Horizont der dortigen Studenten erweitern und ihre Augen für andere Kulturen öffnen. Jedoch fiel den Verantwortlichen der Organisation auf, dass die Studenten im Süden im Vergleich zum Norden der USA nicht in demselben Maß daran interessiert waren ungewöhnliche Wege einzuschlagen. So stellte Albert G. Oliver fest, dass am Emory College in Georgia zwar vereinzelt Interesse an Crossroads bestand, es aber eher die Ausnahme war. Er prognostizierte, dass es noch lange dauern könnte, bis bei den Studenten eine gewisse Reiselust aufkeimte, da nicht einmal ihre Lehrkräfte genug Interesse geschweige denn Enthusiasmus für Unternehmungen wie diese aufbrächten.17 Die Teilnahme von weißen Südstaatlern war auch für Crossroads von Vorteil und half, ein positiveres Bild von Amerika in Afrika zu generieren. So berichtete Robinson, wenn Afrikaner erfuhren, dass ein Crossroader aus dem Süden der USA stammte, äußerten sie zunächst: „We got one we’re going to really get even with for once in our life.“ Zu ihrer größten Überraschung mussten sie jedoch meist feststellen, dass ein weißer Südstaatler, der mit Crossroads nach Afrika reiste, bereits mehrere Auseinandersetzungen mit seiner Familie, seiner Gemeinde und seinen Freunden geführt hatte, um nach Afrika reisen zu können.18 Von dem Respekt, der ihnen daraufhin entgegengebracht wurde, konnte das gesamte Programm profitieren. Vgl. Brief, Jerome Vogel an James H. Robinson, 29. Dezember 1967, JHR 48/3. Vgl. Albert G. Oliver, Report Eastern and Southern Tour, Oct. 27 – Nov. 21, 1965, OCAR 74/27. 18 Vgl. James H. Robinson zit. in A CBS Television Production, Telecast May 31, 1965, JHR 8/15. 16 17
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
Die Auswahl der kanadischen Teilnehmer oblag dem kanadischen Crossroadskomitee. Deren Teilnahme war der Organisation wichtig, da sie Crossroader als Menschen und nicht nur als Amerikaner auftreten ließ. Denn wegen dem mitunter international negativen Amerikabild konnte es sich in einigen Fällen als Handicap erweisen, in Afrika als US-Amerikaner „erkannt“ zu werden. Die Kommunikationsbereitschaft von Afrikanern konnte sich dadurch verringern. Darüber hinaus gewährleistete die Präsenz von Kanadiern bei Crossroads eine größere Diversität der Gruppen und ermöglichte den Austausch über nationale Besonderheiten und Gemeinsamkeiten. Man musste sich jedoch eingestehen, dass diese Rolle der Kanadier nicht vielen Menschen bekannt war, die mit Crossroads in Afrika in Kontakt traten. Sie sollte daher in Zukunft besser zur Geltung gebracht werden.19 Crossroads kam es bei seinen Teilnehmern besonders auf herausragende akademische Leistungen an, auf Interesse an Außenpolitik und insbesondere Afrika, die Teilnahme an verschiedenen außerunterrichtlichen Aktivitäten, Erfahrung mit Freiwilligenarbeit oder Austauschprogrammen, Führungsqualitäten. Am wichtigsten waren aber soziale Kompetenzen wie der ungezwungene Umgang mit Personen anderen Glaubens, anderen ökonomischen Hintergrunds oder anderer Hautfarbe.20 So wurde in einer an potentielle Bewerber gerichteten Broschüre betont, dass Crossroader überaus tolerant sein und eine gesunde Neugier für andere Menschen an den Tag legen sollten: „Crossroaders do not go to Africa to impose their own North American values but to seek comprehension of African values and they are expected to adjust to local ways of doing things.“21 Die Teilnehmer, die Crossroads suchte, waren also in mehrerlei Hinsicht das Idealbild eines Amerikaners: tolerant, weltgewandt, intelligent und aufgeschlossen. Denn nur so ließ sich ein positiver Eindruck von Amerika hinterlassen. Neben diesen offiziellen Stellungnahmen, die eher die Norm vorgeben, liegen mir Gutachten vor, die mehr Aufschluss über die tatsächliche Praxis bei den Auswahlverfahren geben. Danach zählten vor allem Führungsqualitäten und ob Bewerber auch nach ihrer Rückkehr aus Afrika andere Amerikaner für diesen Kontinent begeistern könnten. Bereits vorhandenes Wissen über Afrika war hingegen weniger entscheidend, solange der Bewerber über die nötige Neugierde und Interesse an internationaler Politik und Kultur verfügte.22 Wenn der Interessent eine gewinnende Persönlichkeit besaß und sich unter seinen Altersgenossen Respekt verschaffen konnte, wurde in Ausnahmefällen Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum; OCA Report 1965. 20 Vgl. OCA Report 1962. Siehe auch James H. Robinson, OCA Plans Three Year Project, 1960, OCAR 86/15; OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 9. 21 Broschüre, OCA 1972, OCAR 86/6. 22 Vgl. Brief, William Sloane Coffin Jr. an James H. Robinson, 30. September 1960, WSC 24/149. 19
Zusammensetzung der Teilnehmerschaft
auch darüber hinweg gesehen, dass seine akademischen Leistungen nicht den hohen Anforderungen entsprachen. An die Teamleiter wurden noch weitere Anforderungen gestellt. Sie mussten mindestens 25 Jahre alt sein, die offizielle Amtssprache des Gastlandes fließend beherrschen, schon mehrere Jugendgruppen geleitet haben und unter Konditionen arbeiten können, die physische Ausdauer voraussetzen. Nach Möglichkeit sollten sie darüber hinaus schon einmal in Afrika gewesen sein.23 Zusammensetzung der Teilnehmerschaft
Dank statistischer Erhebungen der Organisation lässt sich feststellen, ob Crossroads seinem Ziel, die amerikanische Gesellschaft im Kleinen abzubilden tatsächlich nahekam. Um dies beurteilen zu können müssen die ethnische Zugehörigkeit der Teilnehmer, ihre religiöse Überzeugung, ihr Geschlecht, ihre Herkunftsregionen und ihre Studienfächer betrachtet und deren prozentuale Verteilung beurteilt werden. Ein Großteil der Crossroader in den sechziger Jahren waren weiße Studenten, die in den meisten Fällen der unteren bis oberen Mittelschicht entstammten.24 Der aus einfachen Verhältnissen stammende Crossroader Michael Seltzer berichtete, dass alle anderen Teilnehmer seiner Gruppe aus wohlhabenderen Familien kamen.25 Die Namen einiger Teilnehmer zeugen davon, dass sie aus gut situierten Verhältnissen stammten, unter anderem Sharon Percy, Senatorentochter aus Illinois sowie die Töchter des Verteidigungsministers Robert McNamara, Kathleen und Margaret.26 Der Anteil der Afroamerikaner, wenn auch geringer als derjenige der weißen Teilnehmer, überstieg dennoch bei Weitem den prozentualen Anteil der Afroamerikaner an der amerikanischen Gesamtbevölkerung. Zwischen 1960 und 1970 lag er bei zehn bis elf Prozent, bei Crossroads mitunter bei bis zu 33 Prozent. Der Durchschnittswert zwischen 1958 und 1970 betrug 23 Prozent. Auch wenn der Anteil der weißen Teilnehmer bis 1970 mehr als doppelt so hoch war, kehrte sich dieses Verhältnis in den folgenden Jahren um. Nach Angaben der Organisation waren 1971 und 1972 mehr als die Hälfte der CrossroaVgl. Resume of a Meeting of the New York Board Representatives and Members of the Canadian Executive of Canadian Crossroads International, Oct 17th and 18th, Valhalla Inn Toronto, 1970, OCAR 75/16. 24 Vgl. Siehe z. B. Dorothy McCardle, Volunteer Students Pay to Help Africa, in: Washington Post, 7. März 1962, C3. Wie Elizabeth Cobbs Hoffman feststellte, traf dies auch auf das Peace Corps zu, dessen Teilnehmer überwiegend der weißen Mittelschicht angehörten. Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 125. 25 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 26 Vgl. When they get to the Crossroads, they Literally Dig in. A Summer in Africa Draws 300 Students, in: Washington Post, 5. Juli 1954, F15. 23
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
der Afroamerikaner.27 Diese Zahlen belegen, dass Crossroads der Partizipation von Afroamerikanern größte Bedeutung beimaß und sie als essentiellen Bestandteil des Programms betrachtete. Euroamerikaner Afroamerikaner Sonstige
250
200
150
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0 1958
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Anteil der euro- und afroamerikanischen Teilnehmer und anderen Minderheiten an Operation Crossroads Africa von Diagr. 5: 1970 Anteil der euro- und afroamerikanischen Teilnehmer und anderen Minderheiten an Ope1958 bis Für 1971 und 1972 liegen keine vor.1970. Für 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor. ration Crossroads Africa vonAngaben 1958 bis Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnomEigene Darstellung
men. Eigene Darstellung
Während die Anzahl der männlichen Teilnehmer an Operation Crossroads bis 1964 die der weiblichen knapp überstieg, änderte sich dies 1965: Fortan nahmen mehr Frauen als Männer an Crossroads teil. Die Organisation suchte in der Tat ab Mitte der Sechziger händeringend nach männlichen Teilnehmern.28 Als ideales Verhältnis beschrieb sie einen Anteil von sechzig Prozent Männern zu vierzig Prozent Frauen.29 Tatsächlich stieg der Anteil der Frauen jedoch zeitweise auf bis zu 54 Prozent. Bereits 1962 waren mehr Bewerbungen von traditionellen Frauencolleges als von Männercolleges bei der Organisation eingegangen.30 Noch gelang es der Organisation, aus der Fülle an Bewerbern eine geeignete Balance aus männlichen und weiblichen Crossroadern herzustellen. Nach 1965 schrumpfte die Zahl an männlichen Bewerbungen jedoch aus zwei Gründen. Zum einen war der Vietnamkrieg ab Mitte der sechziger Jahre dafür verantwortlich, dass junge Männer entweder zum Kriegsdienst eingezogen wurden oder aber befürchteten, die Aufmerksamkeit der lokalen Musterungsstelle zu erregen, Vgl. OCR Report 1972. Vgl. Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin Jr., 28. Oktober 1966, WSC 6/162. Vgl. ebd. Vgl. Dorothy McCardle, Volunteer Students Pay to Help Africa, in: Washington Post, 7. März 1962, C3. 27 28 29 30
Zusammensetzung der Teilnehmerschaft
wenn sie die Erlaubnis beantragten, mit Crossroads ins Ausland reisen zu dürfen.31 Generell war außerdem das Interesse von Mädchen an Programmen wie Crossroads groß. So waren es auf den Werbetouren der Mitarbeiter durch das Land vor allem Studentinnen, die sich nach den Teilnahmebedingungen und weiteren Informationen über die Organisation erkundigten. „When I spoke to government and history classes“, bemerkte Jerome Vogel, „practically all of the questions and comments came from girls.“32 Und eine Teilnehmerin teilte der Washington Post mit: „When it comes to adventure in far places, the American girls gets the wanderlust more than the boys.“33 200
Männlich Weiblich
180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 1960
1961
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Anteil der männlichen und weiblichen Operation Crossroads Africa von 1960 bis 1970 Diagr. 6: Anteil der männlichen und Teilnehmer weiblichenanTeilnehmer an Operation Crossroads Africa von Für die Jahre 1958, 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor.
sind die den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. 1960Die bisAngaben 1970. Für Jahre 1958, 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor. Eigene Darstellung
Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung
Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer an Crossroads waren Studenten, die sich in den ersten Jahren ihres Studiums befanden und noch keinen Abschluss hatten, also zwischen 18 und 22 Jahre alt waren (das entspricht den Bachelorstudenten hierzulande). Hinzu kamen eine geringe Anzahl sogenannter „graduate students“ (Masterstudenten) und bereits berufstätige Erwachsene. Diese arbeiteten jedoch nicht an den „traditionellen“ Crossroadsprojekten mit, sondern wurden für die spezialisierten Programme wie das Lehrerfortbildungsprogramm und die medizinischen Projekte der Organisation rekrutiert. Bei den meisten Studenten handelte es sich um sogenannte „B. A. Generalists“, die geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Fächer studierten und in vielen Fällen noch unentschlossen waren, was ihre Berufswahl und den weiteVgl. Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin Jr., 28. Oktober 1966, WSC 6/162. Brief, Jerome Vogel an James H. Robinson, 29. Dezember 1967, JHR 48/3. Dorothy McCardle, Volunteer Students Pay to Help Africa, in: Washington Post, 7. März 1962, C3. 31 32 33
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
ren Verlauf ihres Studiums anbelangte.34 Zudem lässt sich feststellen, dass viele Teilnehmer an prestigeträchtigen Eliteuniversitäten studierten, wie die Zusammensetzung der von Fernsehkommentatoren als „all-American“ beschriebenen Gruppe um William Coffin verdeutlicht.35 Ihr gehörten eine Fulbright-Stipendiatin aus der Bronx an, die schon ein Jahr Englisch in Frankreich unterrichtet hatte, zwei Studenten aus Harvard, einer vom MIT, einer aus Yale und einer vom Williams College in Virginia. Die anderen Teilnehmer studierten am Southwestern Louisiana Institute, am Brooklyn College und der Louisiana State University. Die Yale University stellte lange Zeit die prozentual meisten Bewerber jeden Jahrgangs. 1962 nahmen zum Beispiel zehn ihrer Studenten an Crossroads teil gefolgt von der Wesleyan University in Connecticut und der Trinity University in San Antonio, Texas, von denen jeweils neun Studenten dem Kontingent angehörten.36 1967 berichtete Robinson jedoch, dass die Anzahl der „Yallies“ an Crossroads zurückgegangen war und bekräftigte das Bemühen seiner Organisation, diese Verbindung in Zukunft wieder erstarken zu lassen.37 300 Studenten ohne Vordiplom Studenten mit Vordiplom Berufstätige
250 200 150 100 50 0 1962
1963
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Anteil 7: derAnteil Studenten und mit Vordiplom Berufstätigersowie an Operation Crossroadsvon Africa vonbis 1962 bis 1968 Diagr. derohne Studenten ohne undsowie mit Vordiplom Berufstätiger 1962 1968. Für die Jahre 1958, 1960, 1961 sowie 1969 bis 1972 liegen keine Angaben vor.
Für Jahresind 1958, 1960, 1961 sowie 1969Jahresberichten bis 1972 liegen Angaben vor. Die die Angaben den Statistiken in den jeweiligen der keine Organisation entnommen. Eigene Darstellung
Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung
Vgl. Fischer, Making Them Like Us, 33 f. „B. A. Generalists“ waren unter Shriver und seinem Nachfolger auch überdurchschnittlich im Peace Corps vertreten. 1965 stellten sie siebzig Prozent aller am Training beteiligten Teilnehmer. Vgl. Latham, Modernization as Ideology, 122. 35 CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961, Columbia Broadcasting System, http://operationcrossroadsafrica.org/index2012.php#div[content]=948, Zugriff am 16. Mai 2011. 36 Vgl. Yale University Leads this Summer’s Contingent with 10 Students, in: Afro-American, 23. Juni 1962, 13. 37 Vgl. Brief, James H. Robinson an William Sloane Coffin, Jr., 5. Oktober 1967, WSC 6/162. 34
Zusammensetzung der Teilnehmerschaft
In seiner Rede an die Crossroader merkte Hubert Humphrey 1962 an, dass es sich bei Crossroads um ein wahrhaft internationales Programm handelte, da sogar Mexikaner und Kanadier daran beteiligt waren.38 Die überwiegende Mehrheit wurde dennoch jedes Jahr von US-Amerikanern gestellt, da die Organisation ihren Sitz in New York hatte. Die Anzahl der Kanadier bewegte sich zwischen 1960 und 1970 bei durchschnittlich 16,5 Prozent. 1969 entsandte Kanada sein bis dahin größtes Kontingent mit 78 Teilnehmern, die 26,5 Prozent der gesamten Teilnehmerschaft ausmachten. In den meisten Jahren gab es auch vereinzelte Teilnehmer aus anderen Ländern wie Uruguay, Jamaika oder Japan. Bezogen auf die regionale Verteilung lebten die meisten an der Ostküste und in den Mittelatlantikstaaten, da Crossroads an den Universitäten dieser Regionen einen hohen Bekanntheitsgrad genoss und von Robinsons Beziehungen zu verschiedenen Campuspfarrern und Wissenschaftlern profitierte. Aber auch aus dem Süden und Westen des Landes konnte jedes Jahr eine zufriedenstellende Anzahl an Teilnehmern angeworben werden. Die proportionale Verteilung der Bewohner verschiedener Regionen variierte jedoch von Jahr zu Jahr erheblich und schien keinem einheitlichen Muster zu folgen. 300
US-Amerikaner Kanadier Sonstige
250
200
150
100
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0 1958
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1971
Diagr. 8: Anteil der US-amerikanischen und kanadischen Teilnehmer und Teilnehmer anderer Anteil der US-amerikanischen und kanadischen Teilnehmer und Teilnehmer anderer Nationalitäten an Operation Nationalitäten von 1958 bis 1971. Für 1972 liegen keine Angaben vor. Crossroads Africa von 1958 bis 1972
Für 1972 liegensind keineden Angaben vor. Die Angaben Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnomDie Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen.
men. Darstellung EigeneEigene Darstellung
Auffallend ist der besonders hohe Anteil von Protestanten an Crossroads. Harold Isaacs schreibt dies der Tatsache zu, dass Robinson auch persönlich Teilnehmer anwarb und dabei entweder keinen Erfolg bei Katholiken hatte oder seine Rolle als Direktor ihnen eine protestantische Orientierung sugge38
Vgl. Hubert Humphrey zit. in John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers.
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
rierte, die jedoch tatsächlich gar nicht bestand.39 Ein weiterer Grund war die hohe Präsenz von Anwerbern an schwarzen Colleges im Süden des Landes, die zumeist von einer presbyterianischen Glaubensgemeinschaft unterstützt wurden.40 Entgegen der überdurchschnittlichen Teilnahme von evangelischen Studenten an Crossroads spiegelte die Auswahl der Teamleiter, die jüdisch, katholisch und protestantisch waren, den säkularen Charakter wider.41 Diese Ungleichverteilung wurde in den späten Sechzigern jedoch behoben, als die Organisation über die traditionell protestantisch geprägten Colleges hinaus bekannt wurde und einen weiteren Interessentenkreis erreichte. 250
Protestanten Katholiken Juden Keine Präferenz Andere
200
150
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1970
Diagr.Die 9: Die religiöse Zugehörigkeit der Teilnehmer Operation Crossroads Africa religiöse Zugehörigkeit der Teilnehmer an Operationan Crossroads Africa von 1960 bis 1970 von 1960 bis 1971 undund 19721972 liegenliegen keine Angaben vor. 1970.Für Für1958, 1958, 1971 keine Angaben vor.
Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen.
Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnomEigene Darstellung men. Eigene Darstellung
Persönliche Gründe für die Teilnahme an Crossroads
Die Motive für eine Teilnahme an Crossroads waren so unterschiedlich wie die Teilnehmer selbst. Im Vordergrund stand für die meisten Bewerber jedoch der Wunsch, eine neue Herausforderung anzunehmen und einen ganz persönlichen Beitrag zur Entstehung einer „besseren Welt“ zu leisten. In ihrer Ansprache an ihre Mitstreiter fasste Adele Smith aus Chicago auf der Orientierungsveranstaltung von 1961 die wichtigsten Beweggründe zusammen:
39 40 41
Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 27. Vgl. OCA Report 1968, 3. Vgl. OCA Report 1966, 13; OCA Project Leaders 1960, WSC 24/148.
Persönliche Gründe für die Teilnahme an Crossroads
We were looking for something exciting, something challenging, something novel. But we wanted more than an adventure – we wanted to do something significant, something directly relevant to our rapidly changing world. We were seeking experience in the developing areas where these changes were striking and profound.42
Dem fügte sie hinzu: „We hope that, while we are learning by living with the Africans, the Africans themselves will learn what 12 Americans are like […] We will have an opportunity to show the Africans what we believe, to follow up our words with deeds.“ Und abschließend: „Many of us are idealistic, or we would not be here. All of us are naïve, for we are young. We are going to Africa […] to learn about another people and about ourselves. We are doing something unusual, challenging, and politically significant.“43 In dieser Rede fasste Smith die unterschiedlichen Beweggründe für eine Teilnahme an Crossroads sehr prägnant zusammen. Neben dem Wunsch etwas von allgemeinem Nutzen zu tun, betonte sie das Verlangen vieler Teilnehmer, aus der Welt ihrer Eltern auszubrechen und neue Wege zu erkunden und zu gehen. Der amerikanische Autor Charles Kaiser brachte den Zeitgeist auf den Punkt und sprach von zwei Impulsen der damaligen Jugend, die sich gegenseitig ergänzten: dem Wunsch ihre eigene Kultur zu schaffen, eine eigene Welt, in der man sich von der Welt der Elterngeneration zurückziehen konnte, und das Bedürfnis, sich neuer Aufgaben anzunehmen, regelrechten „crusades that would give us the chance to define ourselves as moral people“.44 Auf die Frage, warum sie an Crossroads teilnehmen wollten, antwortete die Mehrheit der Bewerber, dass sie anderen Menschen helfen und etwas „Bedeutendes“ nicht nur für ihre Gesellschaft, sondern für die Weltgemeinschaft tun wollten. Inspiriert von einem Präsidenten, der sie dazu aufforderte, etwas für ihr Land zu tun, folgten viele junge Amerikaner diesem Aufruf.45 Richard Hull, ein ehemaliger Crossroader erinnert sich: „Kennedy really inspired a lot of us. I felt I had to give something back to the people who were not as fortunate as myself.“46 Und auch Ruth Plimpton berichtet in ihrem Buch, dass einige Bewerber nach Afrika reisen wollten, um der „Selbstgefälligkeit“ der privilegierten amerikanischen Gesellschaft für eine Weile den Rücken zu kehren und die Welt außerhalb der USA zu erkunden: „They want to know more, feel more, and do more about the world they live in.“47 Anfang der sechziger Jahre suchAdele Smith zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 26 ff. Ebd. Kaiser, 1968 in America. Diesen Zeitgeist beschreibt auch Cull, The Cold War and the United States Information Agency, 5; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 1. 45 Vgl. Latham, Modernization as Ideology, 110; Fischer, Making Them Like Us, 168. 46 Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012. 47 Plimpton, Operation Crossroads Africa, 65. Auch in: Isaacs, Emergent Americans, 29. Laut Isaacs hatte dies bei mindestens fünfzig Prozent der Teilnehmer religiöse Gründe. So berichtete die Crossroadsteilnehmerin Linda Lee McClelan beispielsweise, dass sie in einer Kirche aufge42
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
ten junge Amerikaner regelrecht nach Möglichkeiten sich nützlich zu machen, und wollten mehr über die Welt wissen und von ihr kennenlernen.48 Harold Isaacs, der die Crossroader 1960 nach Afrika begleitete, nannte diesen Schlag junger Amerikaner „emergent Americans“ – Personen, die an der Veränderung der Welt teilhaben wollten.49 Diese Stimmung war auch den politischen Veränderungen jener Zeit geschuldet. Die Befreiung vieler afrikanischer Länder aus der Kolonialherrschaft inspirierte die Menschen dazu, die weitere Entwicklung dieser Regionen unterstützen zu wollen.50 Für den Crossroader Robert Cooper etwa repräsentierte Afrika eine neue frontier, an der viele Aufgaben warteten und Amerikaner einen wichtigen Beitrag zu deren Entwicklung leisten konnten.51 Im Zuge dieser schwerwiegenden Umwälzungen studierte auch eine zunehmende Anzahl von Amerikanern Afrikanistik.52 So stieg beispielsweise an der Yale University das Interesse der Studenten an Afrika mit der Unabhängigkeit Ghanas Ende der fünfziger Jahre und war meist mit dem Wunsch verbunden, einen relevanten Beitrag zu der sich rapide verändernden Region zu leisten.53 Mit einer wachsenden Anzahl an Studenten, die sich mit Afrika beschäftigten, stieg auch die Anzahl derjenigen, die gerne nach Afrika reisen und dort arbeiten wollten.54 Vordergründig war vor allem der damalige Zeitgeist für den Tatendrang der jungen Bevölkerung verantwortlich. So schrieb Carol Brightman, die sich für eine Teilnahme an Crossroads interessierte, dass auch sie nicht immum gegen einen Zeitgeist war, „in which a craving for adventure – a release from the conventions of the 1950s, not to mention from classrooms – combined with a spirit of service“.55 Wie in diesem Zitat anklingt, wollten junge Amerikaner nicht nur aus gesellschaftlichen Zwängen sondern aus ihrer akademischen Isolation ausbrechen.56 Der Soziologe David Riesman, der diesen Zeitgeist perfekt einzufangen vermochte, bestätigte, dass Studenten gemeinnützige Arbeiten im wuchs, die großen Wert darauf legte, anderen Menschen zu helfen. Vgl. Bride-to-be off for Africa and Operation Crossroads, in: Los Angeles Times, 16. Juni 1966, WS14. 48 Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 32 f.; OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 7; Pick Hampton Girl for Operation Crossroads, in: New Journal, 8. Mai 1965, B6. 49 Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 100. 50 Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 51 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II, OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 52 Vgl. Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit dem Autor, 12. März 2012; Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 293. 53 Vgl. ebd.; Report to Africa Committee of Department of Foreign Missions of the National Council of Churches, 16. September 1959, WSC 24/149; Protokoll, Africa Committee (Division of Foreign Missions), 29. September 1959, WSC 27/147. Während der fünfziger Jahre entstanden zehn Afrikanistik-Studiengänge in den USA, bis 1967 waren es insgesamt fünfzig.Vgl. Grubbs, Secular Missionaries, 42. 54 Vgl. Brief, William Sloane Coffin Jr. an Sam Bowles et. al., 1. November 1960, WSC 24/149. 55 Brightman, Total Insecurity, 40. 56 Siehe auch Report Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11.
Persönliche Gründe für die Teilnahme an Crossroads
In- und Ausland suchten, da sie sich auch auf Gebieten versuchen wollten, die nicht vorrangig akademisch waren, und bei denen Charaktereigenschaften wie Solidarität und Hilfsbereitschaft genauso relevant waren wie Ehrgeiz und ein wacher Verstand.57 Und auch Tom Hayden argumentierte, die Signifikanz von Freiwilligenarbeit und Ähnlichem sei, „that the students are breaking the crust of apathy and overcoming the inner alienation that remain the defining characteristics of American college life“.58 Nicht alle Teilnehmer waren also politisch interessiert. Für sie zählte oftmals nur, ihrem Alltag für einige Wochen zu entfliehen und die Welt mit eigenen Augen zu sehen.59 Crossroads offerierte ihnen dabei eine Chance, sich in eine vollkommen andere Kultur einzufühlen und andere Menschen und Kulturen kennenzulernen.60 Zudem konnten die Teilnehmer etwas Bedeutendes tun und der von ihnen empfundenen jugendlichen Nutzlosigkeit entgegenwirken.61 Die Crossroader der späten fünfziger und der sechziger Jahre waren in einer „culture of conformity“ aufgewachsen – einer Gesellschaft, die von ihnen erwartete, sich den akzeptierten Normen anzupassen und Teil einer homogenen Gesellschaft zu werden, in der Abweichungen selten akzeptiert wurden.62 Dem ehemaligen Crossroader Michael Niebling zufolge bot Crossroads diesen jungen Amerikanern die Gelegenheit, in einer anderen Kultur sowie mit anderen Amerikanern zu leben, von denen einige sogar schwarz waren – unvorstellbar für die Generation ihrer Eltern.63 Anne Wortham äußerte: „I wanted to remove myself from a familiar and almost taken-for-granted atmosphere and identify myself with a new, intriguing atmosphere. I wanted to go beyond the horizon of my everyday life.“64 Ebenso wollte auch eine Studentin aus Georgetown ihrem behüteten Leben für einige Zeit entkommen: „I am used to a nice life and a room of my own“, sagte sie gegenüber der Washington Post. In diesem Sommer wollte sie sich selbst beweisen, dass sie auch ohne diese Dinge auskommen könnte.65 Zu diesen Wünschen kam Ende der Sechziger die Kriegs-
Vgl. David Riesman, Terrifying and Illuminating, JHR 30/21. Hayden u. a., Analyses and Proposals. Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 293. 60 Vgl. Schrader Adams, Interracial Alliance of the Poor, 418. 61 Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 293; s. auch Latham, Modernization as Ideology, 137. 62 Vgl. Lowther/Lucas, Keeping Kennedy’s Promise, 76; Latham, Modernization as Ideology, 136 f.; Schulzinger, U. S. Diplomacy Since 1900, 250. Daniel Bell kritisierte die Eintönigkeit der Fünfziger und bemerkte in diesem Zusammenhang „an end of ideology“. 63 Vgl. Michael Niebling, Interview der Autorin, Falls Church, VA, 1. März 2012. 64 Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 9, OCAR Addendum 2010. 65 Her Career is Built on Brick Foundations, in: Washington Post, 15. März 1966, F4. Die Unzufriedenheit dieser Generation mit dem „System“ wurde von der Beat-Literatur repräsentiert, die jegliche Kooperation mit dem System strikt ablehnte. Sie sprachen sich hingegen für impulsive 57
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verdrossenheit in der Bevölkerung hinzu, die junge Amerikaner dazu bewegte, eine friedliche Annäherung an andere Völker zu wagen. Crossroads appellierte in Broschüren an genau diese Wünsche der jungen Amerikaner: Es versprach Collegestudenten ihnen dabei zu helfen, ihren Idealismus in die Tat umzusetzen.66 Und auch in seinen Schriften und Reden traf Robinson den Nerv der Jugend, die ihren persönlichen Beitrag zur Verbesserung der Welt leisten wollten. Einen Artikel in Readers’ Digest, in dem der Autor feststellte, dass Crossroads trotz der beschwerlichen Arbeiten und spartanischen Lebensumstände in Afrika keinen Einbruch in der Anzahl der Bewerber zu verzeichnen hatte, kommentierte er mit den Worten: „Or perhaps because of it.“67 Viele Bewerber empfanden es als Vorteil, dass im Gegensatz zum Peace Corps der Einsatz bei Crossroads nur zwei Monate und nicht zwei ganze Jahre in Anspruch nahm. Typisch ist die Meinung des Crossroaders John C. Eagle, der keinen ganzen Sommer während der Semesterferien „verschwenden“ wollte: I wanted to do something constructive. This is where Crossroads fills the gap for many college students. Many people are not sure that they would like to spend two years in a foreign country, but during my summer vacation, which might otherwise be idle time, with Crossroads Africa a student is able to live and work and learn without interrupting his career.68
Für wiederum andere war Crossroads eine Station auf ihrem Weg in das Peace Corps. Ihr Aufenthalt in Afrika sollte ihnen bei der Entscheidung helfen, ob sie tatsächlich zwei Jahre in einem fremden Land leben und arbeiten könnten.69 Ein kleiner Teil der Crossroader wollte dagegen Erfahrungen für eine spätere diplomatische Karriere sammeln.70 Wie in Adele Smiths Rede zum Ausdruck kam, betrachteten sich einige Teilnehmer außerdem als inoffizielle Botschafter der USA.71 Dabei ging es ihnen aber vornehmlich darum, langfristige freundschaftliche Beziehungen mit Afrikanern im Interesse ihres Landes aufzubauen. Keiner der Teilnehmer erwähnte hingegen, dass er dem sich angeblich in Afrika ausbreitenden kommunistischen Einfluss bewusst entgegenwirken wollte. Es gab aber Teilnehmer, Handlungen und sexuelles Experimentieren aus. Vgl. Foner, Give Me Liberty, 951; Geidel, Point of the Lance, 68–76. 66 Vgl. Broschüre, Crossroads Africa. A Means Toward Peaceful Change, JHR 40/11. 67 Clarence W. Hall, Operation Crossroads Gets to the Heart of Africa, in: Readers’ Digest (Juli 1968), Abdruck. 68 John C. Eagle zit. in OCA, 10th Anniversary Report, JHR 48/4. 69 Vgl. Brief, Madeline Neff an Bradford Abernethy, 13. Januar 1964, Abernethy Papers 27/9. 70 Vgl. Miss Annie Wortham, in: Atlanta Daily World, 18. März 1962, 3. 71 Vgl. Richmond Youth to Aid Africans, in: Afro-American, 1. Juli 1967, 17.
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die explizit darauf hinwiesen, dass dies in keinster Weise ihr Ziel sei – eine Aussage, die Teilnehmer nach einem intensiven Briefing der Organisation als eines der bedeutenden Mantras verinnerlicht hatten.72 Der entscheidende Auslöser für eine Bewerbung war bei der überwiegenden Mehrheit der Studenten der Besuch einer Rede James Robinsons oder die ansteckende Faszination ihrer aus Afrika zurückgekehrten Mitbewohner und Freunde. Beispielhaft für viele von ihnen ist der Bericht eines Crossroaders, der Robinson an der Yale University sprechen hörte und daraufhin den Wunsch verspürte, „to assist in the momentous awakening of the too long dormant black African segment of the African continent“.73 Andere Crossroader gaben den Enthusiasmus ihrer Freunde als primären Auslöser an, der in ihnen den Wunsch keimen ließ, von der gleichen Erfahrung zu profitieren.74 Crossroader hoben sich mit diesen Wünschen sehr deutlich von der Generation ihrer Eltern ab. Robinson drückte dies in einer Rede so aus: „When your parents were your age, they had not the remotest dream that their children would be facing an Africa emerging from a long slumbering past with such rapidity.“75 Die proportionale Überpräsenz Jugendlicher an der Gesamtbevölkerung sorgte zudem dafür, dass die Belange der Jugend wahr- und ernstgenommen werden mussten. Die Generation der „Baby Boomer“, so genannt weil sie Teil des Baby-Booms der Nachkriegszeit waren, wurde in den Sechzigern erwachsen.76 In dieser Zeit, so Elizabeth Cobbs Hoffman, waren die ideologischen Unterschiede zwischen den Generationen größer als jemals zuvor in der Geschichte der Nation.77 Aufgrund dieser generationellen Unterschiede führte die Entscheidung für eine Bewerbung bei Crossroads oft zu ideologischen Auseinandersetzungen mit den Familien. Obwohl viele Eltern ihre Kinder in ihrem Vorhaben unterstützten, betrachteten andere es mit Skepsis bis Ablehnung.78 Gründe dafür waren der integrative Charakter der Gruppen und die instabile politische Lage in Vgl. Gardner Brown, Operation Crossroads. US Well Represented, in: Christian Science Monitor, 11. Dezember 1961. 73 Brief, Anonym an William Sloane Coffin, Jr., WSC 24/150. Siehe auch Vance Shaw, Interview der Autorin, Falls Church, VA, 7. März 2012; Oscar McCloud, Frontiers of Friendship, Unveröffentlicher Aufsatz, New York, 2011. 74 Vgl. Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012; JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012; Brief, Miss Janette Graham an James H. Robinson, 9. Dezember 1969, OCAR 72/9. 75 James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, undatierte Rede, JHR 31/44. 76 Der Baby Boom nach dem Zweiten Weltkrieg führte 1960 zu einem Anstieg der unter 25-jährigen Bevölkerung um fünfzig Prozent. Rice, The Bold Experiment, 30; Lowther, Kennedy and the Promise of the Sixties, 47. 77 Vgl. Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 36. 78 Vgl. McCloud, Frontiers of Friendship; Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012. 72
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Afrika. Besonders weiße Südstaatler hatten mitunter große Mühe, ihre Eltern für ihre Pläne zu gewinnen. Donald Simpson, der Vorsteher des kanadischen Crossroadskomitees, erinnert sich, dass er auf einer Orientierungsveranstaltung mit einigen weißen Studenten aus Louisiana sprach, die gegen den Rat ihrer Eltern, Dozenten und Gemeindepfarrer gekommen waren. Ihnen war gesagt worden, dass ihnen ihre Teilnahme an Crossroads nach ihrer Rückkehr nur Probleme bescheren würde. Ihren Mut, trotzdem ihrer Überzeugung zu folgen, bewunderte er.79 Doch auch Crossroader aus dem Norden und Westen des Landes wurden für ihre bevorstehende Reise mit Afroamerikanern gerügt und sogar bedroht. Wendy aus Los Angeles berichtete der Los Angeles Times 1961, dass ihre Eltern sie gegen ein Mitglied der rassistischen John Birch Society verteidigen mussten.80 Andere Angehörige hatten Vorbehalte aus religiösen Gründen. Michael Seltzers Tante und Onkel, seine Erziehungsberechtigten, versuchten ihn mit dem Argument umzustimmen, dass, wenn er unbedingt verreisen wollte, er wegen seines jüdischen Glaubens nach Israel gehen sollte – eine Meinung, die auch der Rabbiner seiner Universität vertrat.81 Jim Simmons, ein Yale-Student aus Texas, bemerkte zudem, dass seine Freunde (gemeint waren hier mit hoher Wahrscheinlichkeit diejenigen aus Texas) seinen Entschluss nicht nachvollziehen konnten, da sie selbst kein Bedürfnis verspürten zu reisen und fremde Kulturen zu entdecken.82 Robinson wertete es als positives Signal, dass sich eine größere Anzahl junger weißer Studenten aus dem Norden und Süden des Landes dennoch zur Teilnahme an Crossroads und somit auch zum gemeinsamen Leben mit Afroamerikanern entschieden hatte und dabei sogar in einigen Fällen den Bruch mit ihrer Familie, ihrer Kirche und ihren Freunden riskierte.83 Viele Eltern hatten außerdem Vorbehalte wegen der möglichen Gefahren, denen ihre Kinder in einigen Gegenden Afrikas ausgesetzt sein könnten. So wandte sich ein Teilnehmer an seinen Teamleiter William Sloane Coffin mit der Bitte, er möge an seine Eltern schreiben und ihnen versichern, dass Crossroads seine Gruppen nicht in die „wilden, dunklen Urwälder Afrikas, wo die Gefahr von Kriegen besteht“ entsende: „At the moment my father thinks there are so many dangers and risks involved, such as Africans not wanting Americans to interfere, the liability of so many diseases, and hard work.“84 Coffin beschwichtigte die besorgten Eltern mit den Worten, dass es leider eine TenVgl. Donald Simpson, It’s People that Count, undatierter Aufsatz, JHR 47/26. Vgl. Student Project. Crossroads-Africa Program to Start, in: Los Angeles Times, 7. Mai 1961, SG11. 81 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 82 Vgl. Operation Crossroads Africa. Interracial Student Pilgrimage is Hailed as World’s Most Successful Work Camp Experience, in: Ebony (November 1960), 56. 83 Vgl. James H. Robinson, Second Emancipation, 612. 84 Brief, Anonym an William Sloane Coffin, Jr., 24. November 1961, WSC 17/3. Ähnliche Be79 80
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denz gab, ganz Afrika als Einheit zu betrachten. Wenn man über die Unruhen im Kongo las, zogen viele Rückschlüsse auf andere Regionen. Crossroads, so beruhigte er, reise jedoch nur in Länder, deren Bewohner äußerst friedliebend waren.85 Die schwierige Suche nach schwarzen Teilnehmern
Für Crossroads war es wichtig, dass möglichst viele Afroamerikaner an seinem Programm teilnahmen. Denn wie bereits gezeigt, wurde dies nicht nur von Afrikanern begrüßt. Schwarze Teilnehmer konnten außerdem für eine diplomatische Laufbahn begeistert werden und schwarze wie weiße Teilnehmer erhielten die Möglichkeit, sich abseits der Zwänge der amerikanischen Gesellschaft begegnen zu können. Darüber hinaus setzten sie aus Sicht der USIA der Propaganda der Sowjetunion im Kalten Krieg etwas entgegen, die Amerikas Afrikapolitik wegen der heimischen Rassenpolitik als heuchlerisch geißelte und die zu geringe Präsenz schwarzer US-Diplomaten im Ausland kritisierte. Im Jahr 1960, als lediglich elf Prozent der Teilnehmer an Crossroads schwarz waren, sprachen die Verantwortlichen von einer Krise und unternahmen von da an besondere Anstrengungen, um in Zukunft mehr Afroamerikaner zu einer Bewerbung für Crossroads zu bewegen.86 Obwohl ihre Anzahl in den nächsten Jahren anstieg und ihr Anteil 1962 bereits bei 24 Prozent lag, legen die Quellen nahe, dass dieser Erfolg etwas relativiert werden muss. Es bewarben sich weiterhin nur recht wenige Afroamerikaner, von denen aber möglichst viele zugelassen wurden.87 Afroamerikanische Bewerber, so Robinson, „had to be the right kind of Negro“.88 Dazu zählten seiner Meinung nach nicht diejenigen, die vor den Problemen in Amerika „davonlaufen“ wollten. Der „richtige“ Bewerber war „good, strong [and] solid“ und würde aufgrund dieser Eigenschaften nicht nur persönlich von seinem Aufenthalt in Afrika profitieren, sondern auch das Interesse der afroamerikanischen Gemeinschaft an Afrika positiv beeinflussen. Zudem waren kommunikative und intelligente schwarze Amerikaner für die Organisation selbst in Afrika unerlässlich: denken äußerten auch die Eltern von Emmie Schrader Adams: Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 292. 85 Brief, William Sloane Coffin an Mr. and Mrs. Harvey B. Evans, 1. Dezember 1961, WSC 17/3. 86 Vgl. Crossroads Letter to Supporters, ca. 1960, Abernethy Papers 27/5; siehe auch Isaacs, Emergent Americans, 27. Über den Anteil der Afroamerikaner an der Gesamtbevölkerung von elf Prozent siehe Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 126; Rice, The Bold Experiment, 125. 87 Vgl. Minutes of May 3, 1962, Board of Directors Meeting of Operation Crossroads Africa, WSC 24/151. 88 U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, Hearing, 1932.
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If we do not have three or four Negroes in a group of 15 young people, we have a problem in that country. Those problems arise because they say „Dont you want more Negroes to come?“, „Who stops them from coming?“, „Dont they want to come?“ They accuse me if you will of not wanting Negroes to come, because they say this […] has been a part of our state department policy for a long time.89
Aufgrund dieser Anschuldigungen legte die Organisation umso größeren Wert darauf, möglichst viele Gruppenleiterpositionen mit Afroamerikanern zu besetzen. Emmie Schraeder Adams beschreibt diese Tatsache, die auch von Robinson bestätigt wurde: „Somewhere in our orientation we learned that Operation Crossroads had a principle that, if possible, all groups were led by African Americans.“90 Probleme bereitete der Organisation jedoch, dass viele schwarze Amerikaner entweder nicht die fremdsprachlichen Voraussetzungen für Teamleiter erfüllten oder nicht über die nötigen Erfahrungen mit Jugendund Camparbeit verfügten.91 Die Gründe, warum sich Afroamerikaner für Crossroads bewarben beziehungsweise nicht bewarben, suggerieren, dass sie in ihrer Einstellung gegenüber Afrika in den sechziger Jahren sehr gespalten waren. Die einen betrachteten den Afrikaaufenthalt als Teil ihrer persönlichen Identitätsfindung, andere wollten ihre volle Konzentration der Bewegung im eigenen Land widmen. Diese verschiedenen Beweggründe gilt es im Folgenden unter der Prämisse zu betrachten, dass die afroamerikanische Bevölkerung äußerst divergierend war und keiner einheitlichen Ideologie anhing. Vielmehr existierte, wie bereits besprochen, in den Sechzigern ein überaus breites Spektrum an Einstellungen gegenüber Afrika, da die Afroamerikaner im Begriff waren, ihre Beziehung zum Kontinent ihrer Herkunft neu zu definieren.92 Die Gründe für und gegen eine Beteiligung an Crossroads variierten daher ebenso sehr wie die vielen unterschiedlichen Meinungen schwarzer Amerikaner über Afrika. Die im vorhergehenden Teilkapitel besprochenen Gründe für eine Bewerbung bei Crossroads – der Wunsch zu reisen und dem monotonen und restriktiven Universitätsalltag zu entfliehen sowie humanitäre Motive – galten auch bei Afroamerikanern.93 Es spielten jedoch weitere Argumente eine Rolle. Schwarze Amerikaner wollten vorwiegend den Kontinent ihrer Vorfahren auf Ebd. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 296. Vgl. auch: Brief, James H. Robinson an Bradford Abernethy, 26. September 1957, Abernethy Papers 27/2. 91 Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford Abernethy, 26. September 1957, Abernethy Papers 27/2. 92 Vgl. Sithole, Black Americans and United States Policy, 325. 93 Dies traf auch auf Bewerber für das Peace Corps zu. Vgl. Amin, Struggle for African American Equality, 816. 89 90
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einer persönlichen Ebene kennenlernen.94 Dieser Wunsch besaß historische Kontinuität, denn seit jeher hatten Afroamerikaner einmal mehr und einmal weniger Interesse an Afrika gezeigt.95 So berichtete Joseph Edwards von der Militärakademie Westpoint, dass er schon immer an Afrikas Geschichte und Geographie interessiert war, weil seine Vorfahren von dort stammten. Crossroads betrachtete er als Chance „to reconnect with my roots“.96 Auch Mrs. Dawson aus Chicago führte dies an: „I feel it is important for black Americans to go to Africa and relate to the culture there and then report about it.“97 Dennoch hatte Crossroads Probleme, eine Vielzahl schwarzer Amerikaner anzuwerben. Dafür verantwortlich waren einerseits die finanzielle Notlage vieler Afroamerikaner, andererseits deren empfundene Verpflichtung gegenüber der heimischen Bürgerrechtsbewegung. Viele Afroamerikaner gaben an, dass ihrer Teilnahme an Crossroads vor allem Geldnöte im Weg ständen, und sie es sich nicht leisten könnten, auf die Einkünfte eines Sommerjobs zu verzichten. Denn um ihre Ausbildung zu finanzieren waren viele auf diesen Verdienst angewiesen.98 Wer mit Crossroads nach Afrika reisen wollte, aber nicht über die nötigen finanziellen Rücklagen verfügte, bekam trotzdem eine Chance. In einigen Fällen übernahmen die Universitäten einen Teil der Kosten.99 Und auch Crossroads selbst offerierte, wie der übernächste Teilabschnitt zeigen wird, weniger gut betuchten Studenten ein zusätzliches Stipendium im Wert von mehreren hundert Dollar.100 Manche Afroamerikaner konnten zwar das nötige Geld für ihre Reise nach Afrika aufbringen, aber sahen sich in ihrem Umfeld mit sie nachdenklich stimmenden Fragen konfrontiert: „Aren’t you content to stay here?“ oder „Why do you want to waste your time over there? Your task is in race relations.“101 Besonders Anfang der sechziger Jahre maßen nur wenige Afroamerikaner dem Kontinent Bedeutung bei, da ihr Kampf für Gleichberechtigung in den USA
Vgl. 35 Negroes Among Students in Operation Crossroads Africa, in: Atlanta Daily World, 16. Juni 1960, 1. 95 Vgl. Sithole, Black Americans and United States Policy, 325; Hickey/Whylie, Enchanting Darkness, 289; Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 159; Plummer, Rising Wind, 268. 96 Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 97 Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. Vgl. auch: Primitive Living. Loop Grad Off to African Village, in: Chicago Defender, 26. Juni 1971, 13; Woman to Realize Wish. African Trip, in: Chicago Tribune, 1. Juli 1971. 98 Vgl. Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 13. März 2012; Minutes of the May 3, 1962 Board of Directors Meeting of Operation Crossroads Africa, WSC 24/151. Noch schwerer wog dieser Grund beim Peace Corps, da es sich viele Afroamerikaner nicht leisten konnten, ganze zwei Jahre auf ein festes Einkommen zu verzichten. Vgl. Rice, The Bold Experiment, 125. 99 Vgl. Brief, Jerome Vogel an James H. Robinson, 29. Dezember 1967, JHR 48/3. 100 Vgl. U.S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Testimony of Reverend James H. Robinson, 1932. 101 James H. Robinson, Unlimited Horizons, Presbyterian Life, JHR 16/14. 94
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sie ganz beanspruchte.102 Besonders die Anführer der Bürgerrechtsbewegung fragten sich, inwieweit Afroamerikaner überhaupt eine enge Beziehung zu Afrika etablierten sollten, und forderten die schwarze Bevölkerung auf, all ihre Kräfte für die heimischen Probleme aufzuwenden.103 Eine im Peace Corps Volunteer veröffentlichte Meinungsumfrage unter fünfzig schwarzen Universitäten und Colleges der USA ergab, dass viele Afroamerikaner die Frage beschäftigte, ob sie am Peace Corps oder ähnlichen Unternehmungen teilnehmen oder in den USA zur Lösung des heimischen Rassenproblems beitragen sollten.104 So zog ein bereits zugelassener Teilnehmer seine Bewerbung zurück, weil er sich verpflichtet fühlte, selbst zum Kampf für gleiche Bürgerrechte beizutragen.105 James Robinson selbst erhielt kritische Briefe von Afroamerikanern, die sich dagegen aussprachen, dass er Studenten nach Afrika entsandte, wenn so viele Probleme in Amerika selbst existierten.106 Robinson beschwichtigte sie. Sie würden nicht vor den Problemen in den USA davonlaufen. Ihre Talente lägen jedoch eher im Bereich der Außenpolitik. Und er hielt den Einsatz von Afroamerikanern in internationalen Beziehungen als gleichbedeutend für die Verbesserung der Rassenbeziehungen wie ihre Beteiligung an Sit-ins oder Wählerregistrierungskampagnen in den USA.107 Vorbereitende Lektüre und Vorkehrungen
Wenn Bewerber eine Zusage von Operation Crossroads erhielten, wurden sie gebeten, sofort mit den Vorbereitungen für ihre Reise nach Afrika zu beginnen. Sie mussten unverzüglich einen Reisepass beantragen, alle Unterlagen für ein Visum für ihr Zielland erbringen und die für Afrika notwendigen Impfungen vornehmen lassen. Außerdem ließ die Organisation den Teilnehmern bereits Hinweise für die Auswahl ihrer Reisegarderobe zukommen. Weibliche Crossroader waren explizit dazu aufgefordert, einen bestimmten Dresscode einzuhalten, um besonders in muslimischen Ländern nicht gegen die Vorschriften der Gastgeber zu verstoßen. Hosen jeder Art, ganz besonders enge und kurze Hosen, waren strikt verboten. Lediglich bei der Arbeit waren Latzhosen und weite Hosen erlaubt. Die Teilnehmer wurden zudem gewarnt, afri-
Vgl. Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 13. März 2012. Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 2. Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1011. Auch hier hatte eine Partizipation an Crossroads einen Vorteil gegenüber der Teilnahme am Peace Corps, da Aktivisten nicht so viel Zeit „verlieren“ würden. 105 Vgl. Brief, James H. Robinson an Roy Wilkins, 13. Juni 1963, NAACP 24/01/00289–00290. 106 Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 107 Vgl. James H. Robinson, Unlimited Horizons, Presbyterian Life. 102 103 104
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kanische Kleidung zu tragen, da einige Afrikaner dies der Organisation zufolge missbilligten.108 Teil der Vorbereitung auf die Reise nach Afrika war auch eine intensive Lektüre von Fachliteratur über den Kontinent, dessen Geschichte, Menschen und politisches System sowie über die Rassenbeziehungen in den USA. Von einer vorgegebenen Literaturliste musste sich jeder Teilnehmer Bücher heraussuchen, mit deren Hilfe er ein Essay verfassen sollte. Dieses Essay musste der Organisation wenige Wochen vor der Orientierungsveranstaltung geschickt werden und stellte die letzte Bedingung dar, die Teilnehmer erfüllen mussten, um nach Afrika fliegen du dürfen.109 Zudem wurde ihnen nahegelegt, mit Afrikanern in ihrem Umfeld in Kontakt zu treten, und sie wurden über Vorträge und Empfänge von prominenten Afrikanern informiert, die ihre Region besuchten. Teilnehmern, die in französischsprachige Länder reisten, wurde darüber hinaus empfohlen, ihre Französischkenntnisse aufzufrischen und wenn nötig einen Konversationskurs an ihrer Universität zu belegen.110 Mit der Anfertigung eines ausführlichen Essays über ein von einer Liste mit verschiedenen Vorschlägen gewähltes Thema sollten sich die Teilnehmer der historischen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Signifikanz Afrikas für die Gegenwart bewusst werden. Denn wie Robinson nachdrücklich argumentierte, hätte sich die Generation der jungen Crossroader mit diesem Kontinent und seinen Menschen in Zukunft auf einer völlig neuen Ebene auseinanderzusetzen.111 Die Essaythemen konnten die Studenten aus den Bereichen „Geschichte“, „Politikwissenschaft“, „Afrika und die USA“, „Gesellschaft und Kultur“, „Kunst, Musik und Literatur“, „Religion“, „Wirtschaftliche Entwicklung“ und „Bildung“ auswählen. Auch die Themen waren weit gefasst und reichten von „Regionalism as a transitional stage to Pan Africanism“ über „The concepts of negritude and the African personality“ bis hin zu „The social values of the bride price“, „The great art of Benin“ und „Magic and Religion in Traditional Society“.112 Mit der empfohlenen Lektüre wollte die Organisation ihre Teilnehmer auf die politische und gesellschaftliche Realität in Afrika vorbereiten und sie dazu anhalten, sich mit ihren stereotypen Vorstellungen von Afrika auseinanderzusetzen. Zu diesem Zweck schlug Crossroads Bücher über die politische Entwicklung des Kontinents wie Africa: The Politics of Independence von Immanuel Wallerstein vor, aber auch Monographien über das amerikanische Auf diese notwendigen Vorkehrungen wurde im Handbuch der Organisation hingewiesen. Siehe Operation Crossroads Africa, Handbook OCA 1963, JHR 50/5. 109 Broschüre, OCA 1964, OCAR 72/18. 110 OCA Report 1962. 111 James H. Robinson, The Aims and Purposes of Operation Crossroads Africa, undatierte Rede, JHR 31/44. 112 OCA, Participant’s Handbook Crossroads Africa, JHR 3/6; Handbook OCA 1963, JHR 50/5. 108
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Afrikabild wie Phillip Curtis’ The Image of Africa. Zudem wollte Crossroads mit Titeln wie Du Bois’ Souls of Black Folk, James McPhersons The Negro’s Civil War, Kenneth Clarks The Negro American oder August Meiers From Plantation to Ghetto sicherstellen, dass die Teilnehmer genügend Informationen über das amerikanische „Rassenproblem“ hatten – einerseits um Fragen von Afrikanern angemessen beantworten zu können und andererseits um insbesondere weiße Teilnehmer dazu anzuregen, bestehende diskriminierende Praktiken kritisch zu hinterfragen.113 Die Auswahl der Literatur spiegelt die Ziele der Organisation, die mit ihrem Programm auch einen Beitrag zum besseren Verständnis der amerikanischen Ethnien untereinander liefern und gleichzeitig das Amerikabild in Afrika im positiven Sinne beeinflussen wollte.114 Die Organisatoren wie auch die Gruppenführer forderten die Teilnehmer außerdem auf, sich im Vorfeld Gedanken über Fragen zu machen, die ihnen möglicherweise in Afrika gestellt werden konnten. Der Teamleiter Preston Parr, stellvertretender Dekan an der Lehigh University in Pennsylvania, verschickte als Anregung ein Rundschreiben an die Mitglieder seines Teams, in dem er ihnen Fragen vorschlug, auf die sie sich mögliche Antworten zurecht legen sollten, unter anderem die Frage, warum eine so große Kluft zwischen Theorie (Bill of Rights) und Realität in Amerika (Diskriminierung von Minderheiten) bestand.115 Fundraising
Laut James Robinson war das Fundraising für die Reise eines der essentiellsten Bestandteile des Programms.116 Die Bewerber sollten damit ihr Interesse an der Teilnahme demonstrieren und zugleich andere Menschen auf ihr Projekt und Afrikas gegenwärtige Situation aufmerksam machen.117 Obwohl sich die Kosten für einen Aufenthalt im Laufe der Jahre erhöhten, änderte sich bis in die siebziger Jahre nichts daran, dass die Organisation nur etwa vierzig Prozent
OCA, Bibliography for Operation Crossroads Africa. Compulsory Readings, JHR 28/52. Latham und Geidel haben einen solchen Schluss aus der Pflichtlekture der Peace-Corps-Teilnehmer auf die Ziele und das Selbstverständnis des Peace Corps gezogen. Demnach verdeutlichten Walt Rostows Werke The Stages of Economic Growth und The Emerging Nations, eine vom CENIS am MIT herausgegebene Essaysammlung über die Entwicklungsherausforderungen der Dritten Welt, dass sich das Peace Corps als wichtiger Beitrag zur Modernisierung der unterentwickelten Länder verstand. Latham, Modernization as Ideology, 120; Geidel, The Point of the Lance, 105. 115 Brief, Preston Parr an Robert J. Caswell, 16. April 1964, OCAR Addendum 2010. 116 Vgl. James H. Robinson, Unbetitelte Rede, Undatiert, JHR 9/7. 117 Vgl. OCA Report 1962, 4–5. 113
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Fundraising
der Reisekosten übernahm, die sie mit Spendengeldern von Stiftungen, amerikanischen Unternehmen, anderen NGOs und Kirchengemeinden bezahlte.118 Das restliche Geld mussten Teilnehmer selbst beschaffen. Die gesamten Kosten beliefen sich 1962 beispielsweise auf 1.600 Dollar für jeden Teilnehmer, wovon sie 900 Dollar (entspricht einem heutigen Wert von 6.770 Dollar) selbst tragen mussten.119 1972 betrug der Eigenanteil bereits 1.125 Dollar (entspricht einem heutigen Wert von 6.177 Dollar), da sich der Gesamtpreis auf insgesamt 2.200 Dollar erhöht hatte.120 Die hohen Kosten und die finanzielle Notlage der Organisation Ende der Sechziger führten sogar dazu, dass Teilnehmer aus wohlhabenden Familien gebeten wurden, die gesamte Summe selbst zu übernehmen.121 Nach Angaben der Organisation war es etwa vierzig Prozent der Teilnehmer möglich, mit Hilfe ihrer Familien selbst vollständig für die Kosten aufzukommen.122 Die anderen Teilnehmer bedurften jedoch der Unterstützung der Organisation.123 In finanziellen Notfällen konnten sich Teilnehmer um ein Stipendium bei Crossroads bewerben. Doch auch dieses deckte in keinem Fall die ganzen Reisekosten ab. In den ersten Jahren seines Bestehens beschränkte Crossroads diese Stipendien auf Minoritäten wie Afroamerikaner und Latinos. In den frühen Sechzigern änderte es diese Praxis jedoch, da auch viele weiße Bewerber dieselben finanziellen Probleme wie schwarze Bewerber hatten. Die zusätzlichen Stipendien der Organisation standen daher ab 1962 auch weißen Teilnehmern zu.124 Um finanziell benachteiligten Teilnehmern – insbesondere schwarzen Amerikanern, die auf einen Job während der Sommerferien angewiesen waren, um ihr Studium für das kommende Semester zu finanzieren – die Reise nach Afrika zu ermöglichen, traf Crossroads mit einigen Universitäten Vereinbarungen. Diese gewährten den Teilnehmern dann ein Vollstipendium für das nächste Semester, weil sie Crossroads für ein Programm hielten, das ihren Studenten eine wertvolle internationale Bildungserfahrung ermöglichte.125
Vgl. Brief, Jerome Vogel an Charles M. Whote (Portland State University), 4. Januar 1971, OCAR 73/6. 119 Vgl. OCA Report 1962, 4. 120 Vgl. Brief, Deborah T. Sweeney an Patricia Patterson, 12. November 1969, OCAR 72/9; Brief, Jerome Vogel an Crossroads College Representatives, September 1971, OCAR 73/22. 121 Vgl. Broschüre, OCA 1972, OCAR 86/6. 122 Vgl. James H. Robinson, Crossroaders Help in Africa, Peace Corps Volunteer (Dezember 1964). 123 1958 erhielten mehr als die Hälfte der Teilnehmer ein zusätzliches Stipendium, dessen Höhe abhängig von der finanziellen Situation der Teilnehmer zwischen einhundert und dreihundert Dollar variierte. Vgl. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958. 124 Vgl. Suggestions Made by the Reverend James H. Robinson on how People like Victor Ortiz, who Cannot Afford Financially to Give their Services to the Peace Corps Project Can be Utilize[d], JHR 3/6. 125 Vgl. OCA, Special Ten-Year Goals of Operation Crossroads Africa, JHR 47/32. 118
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Um einen Überblick über ihren Bedarf zu bekommen, sollten die Teilnehmer zunächst feststellen, wie viel sie selbst, ihre Eltern und Verwandten zu der Summe beitragen konnten.126 Der Rest des Geldes, so empfahl die Organisation, sollte über Fundraising gesammelt werden.127 Die Crossroader stellten Anträge an Kirchengemeinden, ihre Universitäten, Unternehmen, lokale Zeitungen und wohltätige Einrichtungen. Als Gegenleistung boten sie ihnen Brieffreunde in Afrika und einen (Dia-)Vortrag, den sie nach ihrer Rückkehr halten würden.128 Als besonders wichtig erachtete Crossroads, die Universitäten der Freiwilligen in die Fundraising-Aktivitäten auf dem Campus mit einzubeziehen. Damit bauten die Teilnehmer und Crossroads selbst Kontakte zum Lehrkörper der Einrichtung auf, die sich in den kommenden Jahren als hilfreich für weitere Aktionen erweisen könnten.129 Für das Fundraising entwickelten die Teilnehmer verschiedene kreative Ideen. Viele versprachen lokalen Zeitungen, Fernsehstationen und Radiosendern Interviews nach ihrer Rückkehr oder schalteten Annoncen, in denen sie um finanzielle Unterstützung baten.130 Für einen Teilnehmer stellte dies sogar die einzige Möglichkeit dar, um das kommende Studiensemester zu finanzieren. Als ältestes von sechs Geschwistern konnte seine Familie ihn nicht unterstützten. Nach seiner Rückkehr aus Afrika, so hoffte er, würde er in der Zeitung von seinen Erlebnissen in Afrika berichten.131 Andere wurden direkt von ihren Universitäten unterstützt. So legte der Rektor der Howard University, Washington, jedes Jahr eine gewisse Summe für Studenten seiner Universität zurück, die an Crossroads teilnehmen wollten.132 Viele Studenten finanzierten den Sommer mit verschiedenen Nebenjobs, andere zeigten Filme auf dem Campus oder organisierten Tanzmarathons.133 Eine Studentin am Pomona College in Kalifornien konnte sogar die bekannte Vielen Teilnehmern wurde die komplette Reise von ihren Eltern bezahlt. Vgl. Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012. 127 Vgl. Dick Campbell, Fundraising Ideas for Crossroads, OCAR 48/8. 128 Vgl. Brief, William Sloane Coffin an Sylvia Boone, 1. März 1960. 129 Vgl. Dick Campbell, Fundraising Ideas for Crossroads, OCAR 48/8. 130 Vgl. ebd.; Lawrence S. Green, Letters to the Editor. Student Appreciates Aid on Trip to Africa, in: Atlanta Daily World, 27. Juni 1963, 4; Newton Girl, 19, Asks Support for African Project, in: Boston Globe, 3. Februar 1963, 18. 131 Vgl. Brief, Peter D. Bell an William Sloane Coffin, Jr., WSC 24/148. 132 Vgl. Dick Campbell, Fundraising Ideas for Crossroads, OCAR 48/8. Vgl. über die Unterstützung von Universitäten: Haskell Ward, Clark Senior on Way to Africa in Crossroads Project, in: Atlanta Daily World, 4. Juli 1962, 2; Miss Johnson Gets $500 Grant for African Trip, in: Chicago Tribune, 7. Mai 1967; Two at St. Augustine’s Plan Summer in Africa, in: New Journal, 16. Mai 1963, 16. Bei Studenten der Militärakademie Westpoint übernahm die Universität sogar die kompletten Kosten, die normalerweise von den Studenten übernommen werden sollten. Vgl. Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 133 Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 293; Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 151; Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; Volunteers Register for 300 Free X-Rays, in: Chicago Defender, 15. Mai 1969, 6; Brief, Nelson M. Robinson an Jerome 126
Die Orientierungsveranstaltung
Folksängerin Joan Baez überzeugen, 1.000 Dollar an Crossroader ihrer Universität zu spenden.134 Und an der Lehigh University in Pennsylvania verkaufte das dortige Crossroads Komitee jährlich einen Kalender, dessen Erlös es an zukünftige Crossroader seiner Universität spendete.135 Die Orientierungsveranstaltung
Vor Antritt der Reise nach Afrika trafen sich alle Teilnehmer zu einer einwöchigen Orientierungsveranstaltung.136 Als Gastgeber fungierten Colleges und Universitäten, die über genügend Seminarräume, Hörsäle und Unterkünfte verfügten. In den ersten zwei Jahren war das jüdische Union Theological Seminary in New York Gastgeber, 1961 und 1962 die National Cathedral in Washington und in den kommenden Jahren die Rutgers University in New Brunswick, New Jersey. 1968 fand die Veranstaltung in London, Kanada, statt, um die Bedeutung der partizipierenden Kanadier für die Organisation zu unterstreichen.137 Alle Bildungseinrichtungen, die als Gastgeber für die Einführungswoche dienten, waren ethnisch integrierte Institutionen, an denen sowohl schwarze als auch weiße Amerikaner studierten. Segregierte Institutionen kamen für die auf Integration bedachte Organisation nicht infrage.138 In der Orientierungsveranstaltung wurden die Ziele der Organisation erläutert und den Teilnehmern nahegebracht. Sie wurden auf die politischen Fragen vorbereitet, die sie in Afrika erwarteten. Als die in bestimmten Gegenden Afrikas oftmals einzigen Repräsentanten ihres Landes sollten sie imstande sein anderen Menschen ihr Land zu erklären. Sie wurden über die wichtigsten Fakten der amerikanischen Wirtschaft und Politik informiert, wobei besonders Einwanderung, Rassenbeziehungen und außenpolitische Beziehungen zu den ehemaligen Kolonialmächten thematisiert wurden. 1958 hielt John A. Noon von der USIA auf der Orientierungsveranstaltung eine Vorlesung über „Questions Africans are likely to ask“. Fragen, auf die er die Crossroader vorbereitete, waren „Why does America refuse to recognize Red China?“, „Isn’t the interest Vogel, 15. Februar 1972, OCAR 74/7; 7 Students to Visit Africa for Summer, in: Los Angeles Times, 17. April 1969, 7. 134 Vgl. Crossroads Communiqué 1.3 (1963). 135 Vgl. Brief, Lehigh Crossroads Committee an Dear Parents and Friends, 21. Juni 1971, OCAR 73/19. 136 Die Gruppenführer trafen sich noch vor dieser Veranstaltung auf einer separaten Tagung. Vgl. OCA Report 1963, 6; Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010; Brief, OCA an Preston Parr, 9. Januar 1964, OCAR Addendum 2010. 137 Vgl. Summary of Participants’ Comments on 1968 Orientation, OCAR 74/8; Crossroads’ Year Orientation Sessions Begin in New Jersey, in: Chicago Defender, 19. Juni 1967, 7. 138 Derselben Regel folgte auch das Peace Corps. Vgl. Amin, Peace Corps in Cameroon, 34; ders., Struggle for African American Equality, 815.
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Der Auswahlprozess der Teilnehmer und die Vorbereitungen auf die Reise
of the USA in Africa a selfish one?“, „Don’t you want to exploit the natural resources of Africa, using us to increase your own prosperity?“139 Robinson erinnerte die Teilnehmer 1961 auch an ihre Verpflichtung gegenüber den USA: You are part of the ‚Cold War‘ battle whether you like it or not. So don’t fool yourselves that you are completely idealists with a completely non-utilitarian motivation. How do you get along there? You don’t go to judge them. […] You go to work with them, to love them, to share with them, and to learn with them.140
Einige Teilnehmer kritisierten diesen Aspekt der Veranstaltung als reine Propaganda. Gruppenleiter Preston Parr forderte, dass Angestellte der USIA in Zukunft keine Vorträge mehr über amerikanische Außenpolitik vor den Teilnehmern halten sollten, da sie ihre Meinungen als Regierungsangestellte nicht offen kundtun könnten.141 Und ein Gruppenleiter aus Tanganyika tadelte Reden über die amerikanische Afrikapolitik als „a collection of oft-quoted banalities about a certain kind of idealism we were supposed to subscribe to in the field of international relations – e. g. the U. S. does not control the foreign policy of any other nation nor seeks to“.142
Abb. 5: Die Orientierungsveranstaltung 1963 in Washington
Die mit Abstand größte Beachtung auf der Orientierungsveranstaltung fand das amerikanische „Rassenproblem“. Vorträge bekräftigten, dass Rassendiskriminierung den in der Verfassung verankerten demokratischen Idealen der Na139 140 141 142
John A. Noon (USIA), Questions Africans most Frequently Asked, Abernethy Papers 27/2. New York Times, 20. August 1961, SM33. Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22.
Die Orientierungsveranstaltung
tion widersprach und unterrichteten die Crossroader über die Fort- und Rückschritte, die auf diesem Gebiet gemacht wurden. So waren auch die Fragen von John A. Noon überwiegend auf die Bürgerrechtsbewegung und die rechtliche Stellung der schwarzen Amerikaner bezogen. In seinem Vortrag wurden den Teilnehmern die „richtigen“ und dem Staat genehmen Antworten zu folgenden Fragen förmlich in den Mund gelegt: „Is there still ill feeling between the North and the South?“, „What is the true feeling of the white American about the Negro?“, „Why are schools segregated?“, „If I go to America, will I experience racial incidents?“143 Andere Programmaspekte zeigten aber auch, dass Crossroads seine Teilnehmer dazu animierte, wahrheitsgemäß auf diese Fragen zu antworten, ohne sie zu beschönigen. So erfuhren die Teilnehmer 1964 in einer Podiumsdiskussion mit drei Aktivisten über die Kampagnen zur Wählerregistrierung in Mississippi und die aktuellen Aktionen der NAACP. Berichten zufolge entwickelte sich daraus eine lebhafte Debatte über die Effektivität und die Aussichten auf eine Fortführung der gewaltfreien Strategie.144 Weitere prominente Aktivisten und Bürgerrechtler, die in der Einführungswoche über das amerikanische Rassenproblem referierten, waren 1960 Roy Wilkins und der CORE-Gründer James Farmer.145 Für die 1965 stattfindende Orientierungsveranstaltung lud James Robinson den Anführer der National Urban League Whitney M. Young ein, der Afrika schon persönlich bereist hatte. Zu den Crossroadern sollte Young über die amerikanischen Rassenbeziehungen sprechen. Auch wenn er diese Einladung aus Zeitgründen leider ablehnen musste, gab er zu verstehen, dass er Robinsons Einstellung gegenüber afrikanischer Entwicklung grundsätzlich unterstützte. Die Referenten, die Robinson gewinnen konnte, waren in jedem Fall Bürgerrechtler, die ebenso wie er den integrativen Ansatz befürworteten und auf gewaltfreie Weise Gleichberechtigung herbeiführen wollten. Deshalb kritisierten einige Teilnehmer ab 1964, dass Reden über die Bürgerrechtsbewegung in Zukunft auch Black Power thematisieren sollten.146 Crossroads beherzigte diesen Vorschlag. Die Rede über die Black-Power-Bewegung entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem der meistgelobten Programmpunkte und wurde von den Teilnehmern als „timely, controversial, relevant and stimulating“ beschrieben.147 1960 sahen sich die Crossroader außerdem Lorrain Hansberrys Theaterstück Raisin in the Sun an, das von den
John A. Noon (USIA), Questions Africans most Frequently Asked, Abernethy Papers 27/2. Vgl. Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. Vgl. Guest Participation in 1960 Orientation, OCAR Addendum 5/5. Vgl. Final Evaluation Abakiliki, Eastern Region, Nigeria, 1964 Orientation, OCAR 80/2. Vgl. Summary of Participants’ Comments on 1968 Orientation, OCAR 74/8; Evaluations East Africa, 1968, OCAR 82/26. 143 144 145 146 147
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ökonomischen Problemen einer schwarzen Arbeiterfamilie und deren Auseinandersetzungen mit Rassendiskriminierung handelt.148 Aber auch Verhaltensregeln wurden in der Einführungswoche vermittelt. So blieb Oscar McCloud, der 1958 und 1967 daran teilnahm, vor allem in Erinnerung, dass Ge- und Verbote in Bezug auf gesundheitliche Vorsichtsmaßnahmen und Kleidung einen Großteil der Zeit beanspruchten.149 Hugh Smythe hielt in einigen Jahren den Vortrag „What is expected of a Crossroader“150 und Bradford Abernethy präsentierte den Mitgliedern seiner Gruppe auf der Orientierungsveranstaltung in New York einen Regelkatalog für ihren Aufenthalt in Afrika. Dieser umfasste Gebote wie „Thou shalt be on time“, „Thou shalt ask good questions“ und „Thou shalt remember that others may have questions to ask“.151 Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war der alljährliche Vortrag über die gesundheitlichen Vorsichtsmaßnahmen, der von dem Arzt der Organisation, Dr. Carter, gehalten wurde. Er beschrieb den Crossroadern die verschiedenen Symptome von Malaria, Ruhr und anderen Erkrankungen und gab Hinweise auf Vorbeugung und etwaige Behandlung.152 Strikte Regeln wurden auch in Bezug auf sexuelle Normen etabliert: „We were also told about sex – that is to forget about it.“153 Besonders die weiblichen Teilnehmer wurden über die „Gefahren“ in Kenntnis gesetzt, die sie in Afrika erwarteten – promiske Männer, Heiratsanträge und „lüsterne Auswanderer“.154 Entsprechend des damaligen Geschlechterbildes wurden die männlichen Crossroader im Gegenzug zum Beschützer und, wie ein Teilnehmer mit sarkastischem Unterton sagte, zum „Anstandswauwau des schwachen Geschlechts“ stilisiert.155 Auffällig ist jedoch, dass die Teilnehmer in keinster Weise auf ihre praktische Arbeit in Afrika vorbereitet wurden. Weder erhielten sie Tipps für Gebäudebau, Landschaftsplanung oder Brunnenbau. Der Verzicht auf Unterweisung in dieser praktischen Hilfe verdeutlicht erneut, dass Crossroads sein Hauptaugenmerk nicht auf die Hilfe zur ökonomischen und infrastrukturellen Entwicklung Afrikas legte, sondern dass sich die Teilnehmer mit Afrikanern über ihre Kultur und ihre Nationen austauschen sollten. In den Augen der Freiwilligen lernten sie einige wichtige Lektionen, die sich für ihren Aufenthalt in Afrika als hilfreich erwiesen. Gleichzeitig wurde ihnen in dieser Woche aber auch bewusst, dass sie trotz der zahlreichen Vorträge und Diskussionen nicht auf jeden Aspekt ihrer Freiwilligenarbeit in AfVgl. Franklin O. Bennett, Jr., Transcription of the Journal of Franklin O. Bennett, Jr., Eastern Nigeria One Team, 13. Juni 1960–24. August 1960, 2008, OCAR Addendum 2010. 149 Vgl. Oscar McCloud, Interview der Autorin, New York City, 21. Februar 2012. 150 Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia I Report 1964, OCAR 6/9. 151 Bradford Abernethy, Decalogue for Crossroads, Abernethy Papers 27/5. 152 Vgl. ebd. 153 Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. 154 Vgl. ebd. 155 Vgl. ebd. 148
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rika vorbereitet werden konnten, wie auch Michael Seltzer sagte: „You will learn something about Africa, but you will never know Africa.“156 Die Teilnehmer kritisierten einstimmig, dass die Orientierungsveranstaltung zu kompakt und mit zu vielen Vorlesungen und Veranstaltungen beladen war.157 Das tägliche Programm begann nach dem Frühstück und endete in den ersten Jahren erst kurz vor Mitternacht. Obwohl auch für Erholungspausen gesorgt wurde, erschien der Tag zu ausgefüllt, so dass Teilnehmer die wahrhafte Flut an Informationen oft schwer verarbeiten konnten. Die Freiwilligen wünschten sich daher mehr Freizeit, um einander kennenlernen zu können.158 Viele Teilnehmer betrachteten die besprochenen Themen als irrelevant für ihre Arbeit in Afrika.159 Sie wünschten sich vielmehr, dass ihnen einige Sätze in der Sprache des Gastlandes, wie Begrüßungen, Zahlen und Dankesworte beigebracht und mehr Informationen über die Einsatzländer vermittelt würden.160 Ab 1965 erfuhr dieser Aspekt mehr Beachtung, denn von nun an nahmen auch Afrikaner an der Veranstaltung teil, die im Rahmen von Crossroads’ „African Leadership Program“ in Amerika weilten. Sie erzählten über ihre Heimat und gaben wichtige Hinweise für den Umgang mit den dort lebenden Menschen.161 Außerdem hatten viele das Gefühl, dass die „typische Crossroadserfahrung“ zu stark betont wurde. Jeder Mensch habe schließlich eine persönliche und einzigartige Erfahrung und Teilnehmer, deren Sommer nicht den von der Orientation geschürten Erwartungen entsprach, waren enttäuscht, wenn ihre Erlebnisse nicht an dieses Ideal heranreichten.162 Viele Teilnehmer fühlten sich ähnlich wie in ihrer ersten Woche auf dem College.163 Denn auch hier lernten sie viele neue Menschen kennen, mit denen sie einen prägenden Abschnitt ihres Lebens verbringen sollten. Hinzu kamen die unausweichlichen Gerüchte und Anekdoten über die klimatischen Bedingungen, medizinischen Notfälle der letzten Jahre und die möglichen Unterkünfte für die nächsten Wochen. Und nicht zuletzt lief alles ebenso wie auf der „freshmen week“ am College nach einem straffen Zeitplan, sie bekamen EsMichael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. Dieser Kritikpunkt wurde einstimmig in mehreren Interviews und Teilnehmerberichten geäußert. Siehe z. B. Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012; Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. 158 Vgl. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 14. Siehe auch: JoAnn Tanner, 1961 Crossroads Guinea. 159 Vgl. Evaluations East Africa 1968, OCAR 82/26. 160 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana, 1964, OCAR 77/5. 161 Vgl. 250 Students Elect to Work with Crossroads Africa, in: Afro-American, 10. Juli 1965, 20; Report on the African Youth Leadership Program of Operation Crossroads Africa 1965, OCAR Addendum. 162 Vgl. Summary of Participants’ Comments on 1968 Orientation, OCAR 74/8; End of Summer Evaluation Gambia 76/19. 163 Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. 156 157
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sensmarken und eilten von einem Programmpunkt zum nächsten.164 Viele von ihnen waren außerdem erstmals auf sich allein gestellt. Franklin O. Bennett saß beispielsweise beim Abendessen neben einem Mädchen aus Los Angeles, das seine Heimatstadt noch nie zuvor verlassen hatte: „She was very scared, couldn’t eat her lunch, didn’t know anybody.“165 Die Personen, auf die die Teilnehmer während dieser Kennenlernwoche trafen, waren ebenso unterschiedlich wie die Mitstudenten am College. Sie kamen aus verschiedenen Regionen der USA und Kanada und waren geprägt von verschiedenen Erfahrungen und Werten. In der Vorstellungsrunde fielen Sätze wie „I’m from behind the Cotton-curtain“ und „I’m at college to study philosophy and keep out of the army“ bis hin zu einem mit „affektiertem südstaatlichem Akzent gesäuselten“ „I’m from Corpus Christy, Texas.“166 Für einige Teilnehmer war die Orientierungsveranstaltung das erste Mal, dass sie persönlich Angehörige anderer Ethnien trafen. Besonders für Afroamerikaner von schwarzen Colleges im Süden der USA stellte diese Erfahrung oft den ersten intensiveren Kontakt zu Weißen dar. So traf Donald Simpson auf Weiße, die nie zuvor mit einem Schwarzen gemeinsam gegessen hatten, und auf Schwarze, die nicht wussten, wie sie sich gegenüber Weißen verhalten sollten.167 Die aus einer weißen Siedlung Minnesotas stammende Emmie Schraeder Adams erinnert sich: „What did I know about African Americans? Next to nothing […] I was on my way to Africa without ever having stepped into a black neighborhood in America.“168 So kam es zu vielen interessanten Begegnungen und Gesprächen, wie dem zwischen einem weißen Liberalen aus dem Norden und einem Afroamerikaner aus dem Süden. Dem Bericht einer weiteren Teilnehmerin zufolge bekundete der Weiße „how he was all in favor of ‚helping you people‘“ und „spouted rationalistic plan after rationalistic plan as to the best way to get about it“.169 Der Afroamerikaner aus dem Süden hörte ihm mit skeptischem Blick zu, „like the veteran soldier, who knows what was it all about, listening to some new recruits talk about how they are going to win all those medals“. In dieser Begegnung war der weiße Liberale der „Rekrut“ und der Afroamerikaner derjenige, der aus der Erfahrung am eigenen Leibe wusste, wie sich Rassentrennung und Diskriminierung tatsächlich anfühlten: „The Northern liberal was at his best when he shut up and listened to the Southern Negro tell how things really stand.“170 Außerdem lernten sich auf Vgl. ebd. Franklin O. Bennett, Jr., Transcription of the Journal of Franklin O. Bennett, Jr., Eastern Nigeria One Team, 13. Juni 1960–24. August 1960, 2008, OCAR Addendum 2010. 166 Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. 167 Vgl. Simpson, Its People That Count, JHR 47/26. 168 Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 296. 169 Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22. 170 Ebd. 164 165
Die Orientierungsveranstaltung
der Orientierungswoche auch zukünftige Ehepaare kennen, die bis heute miteinander verheiratet sind.171
Abb. 6: Die Gruppe von 1963 vor ihrer Abreise nach Afrika
Nach ihrer Ankunft in Afrika verbrachten die Crossroader vier Tage auf einer weiteren Einführung. Die Gruppen aus Ost- und Zentralafrika trafen sich dafür in Nairobi, diejenigen aus Südrhodesien in Salisbury und die Teams aus Nigeria und Gabun in Lagos.172 Die Planung dieser Veranstaltungen oblag dem regionalen Crossroadskomitee beziehungsweise dem Gruppenführer der afrikanischen counterparts.173 Generell wurden sie von den Crossroadern als informativ und lehrreich wahrgenommen.174 Verschiedene Vorträge informierten über die Kultur sowie das politische, soziale und religiöse Leben, zudem gab ihnen der dortige amerikanische Botschafter eine Einführung in politische und ökonomische Besonderheiten des jeweiligen Landes.175 Diskussionen mit Mitarbeitern afrikanischer Ministerien und ihren counterparts verbesserten das Verständnis für die politische Situation des Gastlandes. Außerdem lernten Mit zwei Paaren sprach ich in Washington und New York. Siehe Sydney und Norah Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012; Robert und Patricia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012. 172 Vgl. OCA Report 1962. 173 Vgl. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 16. 174 Vgl. Albert Oliver, Report from Albert Oliver, 1. Juli 1966, OCAR 80/6. 175 Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. 171
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sie, sich gemäß den lokalen Gepflogenheiten zu verhalten. Für die Crossroader stellte die Orientierung vor Ort eine Art Zwischenetappe auf dem Weg von Amerika nach Afrika dar.176 Hier wurden sie ihren afrikanischen counterparts vorgestellt und hatten mehrere Gelegenheiten für einen intensiven ersten Austausch. Durch das gemeinsame Sightseeing, das Formulieren von Reiseplänen und Spekulationen über ihre Projekte wuchsen die Crossroader als Team enger zusammen.177 Auf der anderen Seite dämpfte die relativ lange Dauer der zweiten Orientierungsveranstaltung den Enthusiasmus, der auf der Veranstaltung in Amerika entfacht worden war: „[M]ost of us were not psychologically set for three more days of orientation at Minuru, Kenya, as we were at that time anxious to get to Ethiopia and concerned most about learning about Ethiopia.“178 Außerdem blieb ihnen kaum Gelegenheit zur Erholung. Nach der langen und intensiven Einführungswoche in den USA waren viele Teilnehmer erschöpft und wollten einfach einmal ausschlafen.179 Einige Gruppen fühlten sich außerdem unwohl mit der luxuriösen Behandlung, die sie während dieser Tage genossen. Sie waren der Meinung, dass die separaten Unterkünfte, die Mahlzeiten in teuren Restaurants und ihr enger Zeitplan verhinderten, eine tiefere Beziehung zu ihren counterparts und anderen Afrikanern aufzubauen, und beklagten die unnötigen finanziellen Belastungen. Um nicht als „reiche amerikanische Touristen“ gebrandmarkt zu werden, schlugen sie deshalb vor, dass die Unterkünfte und die Versorgung während der Orientierungsveranstaltung in Zukunft weniger aufwändig sein sollten.180 Afrikanische Journalisten kritisierten wiederum, dass sich manche Crossroader nach ihrer Einführungswoche in Amerika bereits wie „Afrikaexperten“ benahmen. Sie empfahlen deshalb halb ironisch, dass die zuständigen Ministerien eine „Re-Orientierung“ für Crossroader anbieten sollten, um die ihnen in den USA eingebläuten Lehren aus dem Kopf zu treiben, und sie mit der afrikanischen Realität bekannt zu machen.181 Fazit
Die Auswahl der Teilnehmer, die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen sowie die vorbereitende Lektüre und die Inhalte der Orientierungsveranstaltung haben wichtigen Aufschluss über das Selbstverständnis und die Ziele von Vgl. Evaluation Sierra Leone Group I 1964, OCAR 81/10. Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. Ethiopia I Report 1964, OCAR 76/10. Siehe auch W. A. Matheson, OCA Western Nigeria Group 1964, OCAR 80/4. 179 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II, 26. August 1964, OCAR 80/13. 180 Vgl. Report of Western Nigeria Group 1964, OCAR 80/5. 181 Vgl. N.N. Kofie (University of Ghana, Legon), Dear Editor, Daily Graphic Ghana, ca. 1970, OCAR 77/7. 176 177 178
Fazit
Operation Crossroads Africa gegeben und die Erkenntnisse des zweiten Kapitels untermauert. Die Untersuchung hat zum einen verdeutlicht, dass Crossroads das „ideale“ Amerika in Afrika verkörpern wollte. Als Repräsentanten ihrer Nationen sollten die Teilnehmer Nordamerika in einem positiven Licht repräsentieren, und erfüllten somit selbst, wenn auch unbewusst, kulturdiplomatische Aufgaben. Das Auswahlverfahren, die Komposition der Gruppen und die Themen, mit denen sich die Teilnehmer vor ihrer Reise und auf der Orientierungsveranstaltung auseinandersetzen mussten, haben die Signifikanz unterstrichen, die dem integrativen Charakter der Organisation beigemessen wurde. Das Kapitel hat darüber hinaus gezeigt, dass, während die persönlichen Motive der Bewerber für eine Reise nach Afrika sehr unterschiedlich und vielschichtig waren, die Auswahl der Teilnehmer einem bestimmten Muster folgte. Bei den meisten Teilnehmern handelte es sich um Studenten, die sich noch am Anfang ihres Studiums befanden und deshalb noch alle Möglichkeiten hatten, ihren Studienschwerpunkt auf Afrika zu (ver)legen. Der „typische“ Crossroader konnte in jedem Fall der jungen intellektuellen Elite des Landes zugerechnet werden. Diese Voraussetzung war für die Organisation entscheidend, da es schließlich eines ihrer erklärten Ziele war, die künftigen Führungskräfte beider Kontinente zum Dialog zu bewegen. Auch die schwarzen Teilnehmer an Crossroads konnten überdurchschnittlich gute akademische Leistungen und Führungspotential vorweisen. Im Allgemeinen waren Afroamerikaner aber schwerer davon zu überzeugen, mit Crossroads nach Afrika zu reisen. Sie fühlten sich in den meisten Fällen verpflichtet, ihre Kräfte auf die Bürgerrechtsbewegung in Amerika zu konzentrieren. Erst Ende der sechziger Jahre nahmen die transatlantischen Verbindungen nach Afrika für Afroamerikaner einen höheren Stellenwert ein. Zum anderen war es die schlechte finanzielle Situation der meisten afroamerikanischen Studenten, die sich einen Verzicht auf eine profitable Arbeit während der Semesterferien schlichtweg nicht leisten konnten. Dennoch waren Afroamerikaner im Vergleich zu ihrem prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich bei Crossroads vertreten. Vom Standpunkt der Organisation aus betrachtet war die Partizipation afroamerikanischer Teilnehmer enttäuschend gering. Die Lektüreempfehlungen, die Crossroader vor ihrer Reise erhielten, sowie die Themen, die auf der Orientierungsveranstaltung besprochen wurden, haben zudem gezeigt, dass Crossroads sein Programm als wichtigen Beitrag zur heimischen Bürgerrechtsbewegung verstand und gleichzeitig die kulturdiplomatischen Implikationen wahrnahm, die mit der Arbeit der Teilnehmer und der heterogenen Zusammensetzung der Gruppen in Afrika verbunden waren. Die nächsten Kapitel werden nun untersuchen, inwiefern die Teilnehmer die Direktiven der Organisation in Afrika befolgten, und ob die Wirkung, die sich
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Crossroads von der heterogenen und elitären Zusammenstellung der Gruppen erhofft hatte, tatsächlich erfüllt werden konnten.
8 – Willkommener Kulturschock: Leben und Arbeiten der Crossroader
The only way for an outsider to become an insider in another country is to work there. It is perfectly true that people get together when they work together. – William Sloane Coffin Jr.1 –
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n der CBS-Dokumentation über die Reise der unter seiner Leitung stehenden Crossroadsgruppe 1960 nach Guinea resümierte der Studentenpfarrer der Yale University, William Sloane Coffin, abschließend: „Circumstances have often been trying. It is not easy to live in closed borders 15 people.“2 Als Gründe für dieses persönliche Fazit seines Sommers mit Crossroads führte er an, dass alle Gruppenmitglieder während des Sommers kleinere gesundheitliche Probleme überstehen, die Mädchen des Teams eine Ratte aus ihrem Schlafzimmer verscheuchen und alle zusammen in der Regenzeit zahlreiche Frösche aus dem Haus vertreiben mussten. Nicht zu vergessen natürlich die unangenehmen permanenten Begleiter des Sommers: Moskitos. Trotzdem, so befand er, meisterte sein Team diese ungewohnten Herausforderungen in „einer für Amerikaner beachtlichen Art und Weise“. Seiner Einschätzung nach litt der Teamzusammenhalt also nicht unter den teilweise harten physischen Herausforderungen, denen sich die Freiwilligen in Afrika stellen mussten. Könnte aber der Zusammenhalt der Gruppe nicht vielleicht gerade durch das gemeinsame Meistern des Lebens in einer unbekannten Umwelt gestärkt worden sein und sie als Einheit zusammengeschweißt haben? Dieses Kapitel wird sich der Frage widmen, welche Faktoren die Gruppenmoral der Crossroadsteams begünstigten und welche den Sommer im Allgemeinen zu einer lohnenden Unternehmung für die Beteiligten machten. Dabei William Sloane Coffin, Jr. zit: in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961, Columbia Broadcasting System, http://operationcrossroadsafrica.org/index2012.php#div[content]=948, Zugriff am 16. Mai 2011. 2 William Sloane Coffin, Jr. zit. in ebd. 1
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Willkommener Kulturschock: Leben und Arbeiten der Crossroader
gilt es zu untersuchen, mit welchen Rückschlägen die Crossroader umgehen konnten und welche hingegen die Gesamteinschätzung ihres Afrikaaufenthaltes entscheidend negativ beeinflussten. Zu diesem Zweck betrachten die folgenden Teilkapitel die kulturelle und physische Anpassungsfähigkeit der Teilnehmer an die Lebensumstände und die kulturellen Besonderheiten des afrikanischen Kontinents sowie ihre Performanz in den verschiedenen Arbeitsprojekten. Für die Crossroader war der Sommer in Afrika eines der größten Abenteuer ihres Lebens. Wie Coffins Zitat verdeutlicht, wurde ihr Enthusiasmus jedoch zum Teil durch die ungewohnten Begleiterscheinungen einer fremden Umwelt gedämpft. Krankheiten, unbekannte Nahrung, sanitäre Mängel, klimatische Extreme, als eigenartig empfundene lokale Gebräuche sowie die Wahrnehmung der unterentwickelten Infrastruktur und Gesellschaft Afrikas verursachten in vielen Fällen einen Kulturschock bei den Freiwilligen. Logistische Probleme bei der Realisierung der Bauprojekte frustrierten die Teilnehmer zudem und bremsten ihren Abenteuergeist. Alle diese Faktoren trafen auch auf Sloane Coffins Team zu. Dennoch muss es seinem Resümee zufolge Bedingungen gegeben haben, wodurch sich der Kulturschock einiger Teilnehmer nicht negativ auf ihren Gesamteindruck der Reise auswirkte. Berücksichtigt werden muss bei der Beantwortung der hier gestellten Frage, dass die Erlebnisse und Eindrücke von Gruppe zu Gruppe und selbst unter Teilnehmern eines Teams erheblich variierten. Jedes Team bestand aus von Grund auf verschiedenen Persönlichkeiten mit jeweils eigenen Erfahrungen, Erwartungshaltungen und Verhaltensweisen. Zudem befanden sich die Gruppen in verschiedenen Regionen und Ländern Afrikas – auf einem Kontinent, der mindestens so vielfältig ist wie die Crossroader selbst. Die Tagebucheinträge, Briefe und Berichte der Volontäre erweckten beim Lesen den Eindruck, dass sie mitunter entgegengesetzte Erfahrungen machten und vollkommen unterschiedlich auf Wohnumstände und kulturelle Besonderheiten reagierten. Dennoch, so argumentiere ich in diesem Kapitel, kann man gewisse Einstellungen gegenüber dem Lebensumfeld, der Versorgung, der Konfrontation mit der afrikanischen Kultur und den Erwartungen an die Freiwilligenarbeit festmachen, die auf alle Gruppen in gleicher Weise zutrafen. Unterbringung und Verpflegung
Obwohl sich jeder Einsatzort vom anderen in seiner Beschaffenheit, seinen kulturellen Besonderheiten, seinem infrastrukturellen Ausbau und seinen Entwicklungsproblemen unterschied, können gewisse Verallgemeinerungen über die Ansprüche der Crossroader an ihre Unterbringung und Versorgung getroffen werden. Die überwiegende Mehrheit der Teams (etwa achtzig Prozent)
Unterbringung und Verpflegung
wohnte in denselben Dörfern, in denen sie auch arbeiteten. Das Leben in einer traditionellen und relativ kleinen Dorfgemeinschaft hatte in den Augen der Freiwilligen und der Organisation gewisse Vorteile gegenüber der Unterbringung in einer urbanen Gegend.3 Durch den Aufenthalt in kleineren Dörfern gewannen die Crossroader einen Einblick in das ländliche Leben Afrikas und mit ihrem einwöchigen Besuch einer größeren Stadt während der Orientierungswoche verschiedene Perspektiven auf das jeweilige Gastland.4 Die Organisation selbst vertrat die Meinung, dass die Großstädte des Kontinents, wie Accra, Lagos oder Freetown, genauso wenig repräsentativ für Afrika waren wie New York oder Los Angeles für die USA, und wollte ihren Teilnehmern deshalb einen Einblick in das ursprünglichere Afrika gewähren.5 Crossroader, die in Städten lebten und arbeiten, bemängelten deshalb die verpasste Gelegenheit, das „alte“, traditionelle Afrika erleben zu können.6 Dies war bei einem Team im Westen Kameruns so, dessen Regierung sich bemühte, der Gruppe nur die modernen Seiten des Landes zu zeigen und ihr traditionellere Gebiete und Gebräuche vorenthielt. Die Erfahrung der Teilnehmer war damit sehr einseitig und sie bedauerten zutiefst, auf ihrer Reise nur dem „modernen“ Afrika begegnet zu sein.7 Kritik äußerten die Volontäre aber auch am anderen Extrem: wenn ihr Aufenthaltsort so weit abgeschieden war, dass es keine Möglichkeiten gab, Tagesfahrten zu unternehmen, die die Gegensätze Afrikas illustrierten, oder Besorgungen in einer nahegelegenen Stadt zu tätigen.8 Das Leben in dörflichen Gemeinden ermöglichte in den meisten Fällen nicht nur eine Kontrastierung des „alten“ mit dem „neuen“ Afrika, sondern garantierte den jungen Amerikanern auch eine ergiebigere interkulturelle Erfahrung als die Unterbringung in urbanen Zentren. Die Einwohner der Dörfer, in denen zuvor noch kein Amerikaner – geschweige denn Weiße, die zu Hacke und Spaten griffen – gewesen waren, zeigten größeres Interesse und waren auch persönlich an der Vollendung der Projekte interessiert. An diesen Orten hatten die Crossroader die Möglichkeit, mit Familien und ihren counterparts zu interagieren. Da sie das Dorf oft nicht einmal für kurze Ausflüge verlassen konnten, zwang sie diese räumliche Einschränkung geradezu zur Interaktion.9 Wie Gerald Rice zeigt, traf dies in gleichem Maße auf das Peace Corps und dessen Freiwillige zu. Vgl. Rice, The Bold Experiment, 229. 4 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; Brief, James H. Robinson an Wood, 29. Oktober 1968, OCAR 78/12; OCA Evaluation 1970, OCAR 76/17. 5 Vgl. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 10, 44. 6 Siehe zum Beispiel L. J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22. 7 Vgl. Brief, Saker Baptist College (West Cameroon) an Jerome Vogel, 31. Oktober 1969, OCAR 75/9. 8 Vgl. OCA Evaluation 1970, OCAR 76/17; Niger Leaders Evaluation Report 1964, OCAR 79/6; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 9 Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10. 3
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In urbanen Gegenden bekamen die Crossroader hingegen das Desinteresse und den fehlenden Enthusiasmus der Bewohner zu spüren, für die das von den Freiwilligen verrichtete Projekt oft keinen fundamentalen Nutzen erfüllte und die Präsenz ausländischer Helfer keine Seltenheit war. Verschiedenste Vergnügungsmöglichkeiten in den Städten erschwerten außerdem einen festen Gruppenzusammenhalt, da die Teilnehmer auch auf eigene Faust Ausflüge unternehmen konnten.10 Für Crossroader galt die Faustregel: „In Africa, the best advice is to expect the unexpected.“11 Die Freiwilligen sollten darauf vorbereitet sein, dass ihre Unterkunft dem gleichen Standard entsprechen konnte, den sie von zu Hause gewohnt waren, oder aber, was vorwiegend zutraf, sie in Quartieren ohne Elektrizität, fließendes Wasser oder sogar ohne Betten untergebracht sein konnten.12 Wenn Crossroader in afrikanischen Dörfern lebten, mussten sie auch die Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen, die das ländliche Leben mit sich brachte. Viele Unterkünfte verfügten weder über Elektrizität, heißes Wasser, Toiletten noch über Zubehör wie einen Herd, Küchenutensilien, Lampen und Möbel.13 Ein weiterer Mangel auf dem Dorf bestand im Fehlen von Transportmöglichkeiten: Wenn das einzige Fahrzeug des Ortes einen Schaden hatte, bedeutete dies, dass die Freiwilligen den Weg in die nächstgelegene Ortschaft oftmals tagelang nicht zurücklegen konnten.14 Ein besonders großes Problem stellte für die Volontäre dar, dass teilweise kein trinkbares Wasser verfügbar war. Im Gambela, einer kleinen Ortschaft in Uganda, lag die einzige Wasserquelle des Ortes am Zusammenfluss zweier Flüsse. Sie war sehr schlammig und wurde von Krokodilen bewohnt.15 Und auch andere Teams waren auf Regenwasser und Wasser aus sumpfigen Quellen angewiesen und mussten es deswegen in jedem Fall vor der Nutzung kochen.16 Auffallend ist, dass diese einfachen Lebensumstände von kaum einem Teilnehmer beklagt wurden. Denn die primitiven Wohnverhältnisse entsprachen zum einen ihren Erwartungen, und zum anderen waren die Volontäre noch sehr jung und damit sehr anpassungsfähig.
Siehe zum Beispiel OCA, Projects in Botswana, OCAR 75/1. OCA, Handbook OCA 63, OCAR Addendum 2010. 12 Vgl. ebd. 13 Vgl. OCA, Sierra Leone II Report 1964, OCAR 81/11; Joe Levine, OCA Tanganyika Report 1964, OCAR 81/22; Jim Martin, OCA Report 1964, OCAR 75/35; The New London Evening Day, undatiert, Persönliche Dokumente von JoAnn Tanner; Operation Crossroads. Bridge of Understanding, in: Afro-American, 15. Dezember 1976. 14 Vgl. Brief, Dickson K. M. Anyan (Ghana Institute of Language) an Jerome Vogel, 20. November 1971, OCAR 76/30; End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. 15 Vgl. Brief, Bradford Abernethy an Haskell Ward, 8. Juli 1968, OCAR Addendum 7/2. 16 Vgl. OCA 1964 Kennedy Boys’ Club Kayunga Uganda, OCAR 82/16; Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10; Gordly, Remembering the Power of Words, 7. 10 11
Unterbringung und Verpflegung
Vereinzelte Gruppen, die in Städten arbeiteten, wohnten in vergleichsweise luxuriösen Häusern, die über heißes Wasser, Bäder und Klimaanlagen verfügten.17 Aus mehreren Gründen bevorzugten Crossroader jedoch das Leben in einfacheren Verhältnissen. Zum einen erleichterte dies das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt der Gruppe als Einheit. Dies bemerkte ein Team in Sierra Leone, das in einem Wohnheim lebte, das so groß war, dass jeder Teilnehmer sein eigenes Zimmer hatte und es schwierig war, die ganze Gruppe außerhalb der Mahlzeiten zusammenzubekommen. Hier bildeten sich eher kleinere Grüppchen als eine Einheit.18 Darüber hinaus war das Leben in einem afrikanischen Dorf die „typische“ Crossroadserfahrung, weshalb die Freiwilligen enttäuscht waren, wenn sie am Rande einer Stadt untergebracht wurden.19 Schließlich waren sie nicht nach Afrika gekommen, um wie in ihrer Heimat zu leben, sondern zogen Behausungen vor, die dem Lebensstandard der Einheimischen entsprachen, was auch da herrührte, dass ihnen in den zeitgenössischen Medien und von Crossroads selbst eingebläut worden war, dass sie in ebenso armen Behausungen wie die Einheimischen leben mussten, wenn sie sich mit ihnen identifizieren und sich ihnen annähern wollten.20 Diese Vorstellung prägte auch das Peace Corps entscheidend, dessen erster Direktor Sargent Shriver als wichtigste Regel der Freiwilligen proklamiert hatte: „The rougher it is, the better we like it.“21 Aufgrund dieser Erwartungshaltung wollten Volontäre in der Dritten Welt von ihrer kulturellen Begegnung regelrecht „schockiert“ sein.22 Wie Crossroads’ Jahrgangssprecherin von 1961, Cathy Cobb, bemerkte: „We are prepared to rough it and we have to laugh at our sleeping bags all tightly rolled up in a corner.“23 Enttäuscht über seine komfortable Unterbringung war auch ein Team in Gambia, dessen Teamleiter verlautbaren ließ: „By and large the concensus of the American Crossroaders is that we were unfortunate in that we were so fortunate to have had such excellent facilities at Yundum College.“24 An einen ähnlichen Standard in ihren eigenen Wohnheimen in Amerika gewöhnt, Vgl. Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10; Rev. Aidan C. McMullen, Gambia Team Report, OCAR 76/20; L. J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22; Final Evaluation Abakiliki Eastern Region Nigeria 1964, OCAR 80/2. 18 Vgl. Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 19 Vgl. Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 69. 20 Dies wird illustriert von: Hapgood/Bennett, Agents of Change, 63. 21 Sargent Shriver, Ambassadors of Good Will. The Peace Corps, in: National Geographic (September 1964), Nachdruck, OCAR Addendum 16/11. 22 Dieselbe Auffassung vertritt: Fischer, Making Them Like Us, 108. 23 Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 70. 24 Rev. Aidan C. McMullen, Gambia Team Report, OCAR 76/20. Siehe auch JoAnn Tanner zit. in Operation Crossroads Africa Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. Dies traf auch auf das Essen in Afrika zu. Einige Teilnehmer plagte ihr schlechtes Gewissen, weil sie viele Mengen an Essen zu sich nahmen, während einige Afrikaner unterernährt waren und um Essen bettel17
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empfanden sie ihre komfortable Unterkunft auf der einen Seite zwar als angenehme Überraschung, waren aber auf der anderen Seite in Anbetracht ihrer Erwartungen an ein ihnen völlig unbekanntes Umfeld auch vom gehobenen Standard ihrer Behausung enttäuscht. Doch die in relativ luxuriösen Unterkünften wohnenden Volontäre bemängelten nicht nur, dass ihnen die typische Crossroadserfahrung vorenthalten wurde, sondern fühlten sich auch regelrecht schuldig, über mehrere Bäder, Kühlschränke und heißes Wasser zu verfügen.25 Michael Niebling berichtete etwa, dass sein Team endlich genauso wie die Einheimischen leben durfte, nachdem es mehrere Tage in einem gut ausgestatteten Haus gewohnt hatte. In Conakry, so schrieb er seinen Eltern, war die Unterbringung nun zum Glück einfach genug, so dass die Gruppe keine Gewissensbisse mehr haben musste.26 Ein strittiges Thema unter den Freiwilligen war, ob die Anstellung eines Koches für das Team angemessen sei oder dem Ethos der Organisation vom simplen Leben widersprach. Crossroadsteams, die einen einheimischen Koch beschäftigten, rechtfertigten dies mit dem Argument, sich so intensiver ihrem Arbeitsprojekt widmen zu können und keine Zeit für das Kochen aufwenden zu müssen.27 W. A. Matheson, 1964 Teamleiter im Westen Nigerias, empfahl außerdem die Einstellung eines afrikanischen Koches, da eigenes Kochen die Teams vom Essen einheimischer Speisen abhalten und die Mädchen an den Herd fesseln würde, was schließlich nicht das Ziel der Unternehmung war.28 Andere ließen zwar einen Einheimischen für sich kochen, fühlten sich dabei aber aus demselben Grund unwohl, aus dem sie ein Leben in relativem Luxus in Afrika strikt ablehnten. So berichtete eine Gruppe aus Nigeria, dass sie ihrem Koch gegenüber durchsetzen musste, einige Aufgaben selbst zu übernehmen. Es dauerte mehrere Tage bis er akzeptierte, dass sie nicht bedient werden wollten.29 In Teams, die keinen einheimischen Koch beschäftigten, kam es allerdings häufig zu Streitereien wegen der Zubereitung des Essens, da die Mädchen nicht über offenem Feuer kochen beziehungsweise die Essensmenge für so viele Personen abschätzen konnten.30 ten. Vgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 48, OCAR Addendum 2010. 25 Vgl. Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1. 26 Vgl. Michael Niebling zit. in Operation Crossroads Africa Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 27 Vgl. Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1; L. J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22. 28 Vgl. W.A. Matheson, Evaluation Report Western Nigeria Group 1964, OCAR 80/4. 29 Vgl. Final Evaluation Abakiliki Eastern Region Nigeria 1964, OCAR 80/2. Siehe auch Roberts, Volunteers in Africa and Asia, 39. Roberts bezeichnet es in seiner Abhandlung über Freiwilligenarbeit als eine Frage des Prinzips, dass ein Freiwilliger keinen Bediensteten haben sollte, da dadurch eine Beziehung wie zwischen einem Master und einem Bediensteten geschaffen wird. 30 Dies traf auf ein Team in Sierra Leone zu, das anfänglich intensive Diskussionen über dieses
Unterbringung und Verpflegung
Abb. 7: Eine Volontärin bereitet das Essen für das Team zu
Thema führte und aufgrund dieses Problems sehr schleppend in seiner eigentlichen Arbeit vorankam. Vgl. Report Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11.
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Auch wenn ein Koch für das Team zuständig war, wurden jeden Tag einige Crossroader von der Arbeit befreit, um ihn bei der Zubereitung der Mahlzeiten zu unterstützen. Ihre Aufgabe war es, auf die Zusammenstellung der Speisen zu achten und ihm helfend zur Hand zu gehen. Auffällig ist, dass dabei meistens die traditionelle Rollenverteilung eingehalten wurde und weibliche Teilnehmer für den Küchendienst eingeteilt wurden.31 In einigen Teams wollten die Mädchen jedoch vermeiden, den ganzen Sommer lang Küchendienst zu leisten und stellten von Anfang an klar, dass sie im selben Maße wie die Jungs an den Projekten mitarbeiten wollten und deshalb von ihnen erwarteten, dass sich sowohl männliche als auch weibliche Teilnehmer mit dem Küchendienst abwechselten.32 In einer anderen Gruppe beschwerten sich die Mädchen, dass sie die meiste Zeit kochend im Hotel zubrachten und nicht in die eigentliche Arbeit involviert waren, woraufhin das Team einen Koch einstellte.33 JoAnn Tanner, die 1961 mit Crossroads in Guinea war, erinnert sich, dass die Jungs ihres Teams die Auseinandersetzung mit den Ministerien, und die Mädchen das Kochen übernahmen. Obwohl sie dies im Nachhinein in Anbetracht ihres heutigen Rollenverständnisses als äußerst tradiert empfindet, hatte sie 1961 nichts dagegen einzuwenden und betrachtete es als „normal“. „Our consciousness was not raised at the time“, sagt sie im Interview. „That’s just how society was.“34 Diese Rollenverteilung schien auch für die männlichen Teilnehmer so selbstverständlich, dass ein Volontär des Jahrgangs 1970 behauptete: „If the group had to do its own cooking for example, I think the girls would have felt much more a part, indeed a crucial part, of the Crossroads project.“35 Wie Bradford Abernethy feststellte, war es das fremdartige Essen, das den Enthusiasmus der Crossroader am ehesten bremste.36 In ihrer Auswertung des Sommers nannten viele Teilnehmer auf die Frage, was das frustrierendste Erlebnis war, die ihnen verabreichte magere Kost und das scharfe afrikanische Essen.37 Beklagt wurde außerdem, dass die Mahlzeiten nicht abwechslungsreich genug waren, und es ihnen schwerfiel, jeden Tag dasselbe zu sich zu nehVgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 58, OCAR Addendum 2010; Brief, Michael Niebling an seine Eltern, 13. August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 32 Vgl. Brief, Bradford Abernethy an James H. Robinson, 16. April 1962, Abernethy Papers 27/5; Brief, Norman Edward Hodges an James H. Robinson, 5. Juli 1964, OCAR 77/22. 33 Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10. 34 JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012. 35 OCA, Evaluation 1970, OCAR 76/17. 36 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 37 Siehe zum Beispiel End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; End of Summer Evaluation Ghana 1964, OCAR 77/3; Bernice Parr, African Negroes Ask Negro ‚Sister‘ to Return to her ‚Real Home‘, in: Pittsburgh Courier, 19. August 1961; Patricia Griffith, Foundation She Built Was One of Friendship, in: Washington Post, 6. April 1961, D4; Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5; Final Evaluation Abakiliki Nigeria 31
Unterbringung und Verpflegung
men.38 Eine fast unausweichliche Konsequenz des ungewohnten Essens war Durchfall, der alle Crossroader früher oder später heimsuchte.39 Viele Teilnehmer gewöhnten sich jedoch relativ schnell an das fremdländische Essen.40 Dies lag vor allem daran, dass sie die lokalen Bräuche, zu denen auch das Essen gehört, pflegen, die mit ihnen arbeitenden Afrikaner nicht verletzen sowie von ihnen akzeptiert werden wollten. Sydney Hall aß aus diesen Gründen in Afrika zum ersten Mal Kamel. Obwohl es ihm keineswegs schmeckte, verschwieg er dies seinen Gastgebern und aß es beherzt auf.41 Und auch ein Teamleiter aus Nigeria stellte 1964 fest, dass die Freiwilligen fremdem Essen gegenüber aufgeschlossener sein sollten: „We have to stop the practice of demanding ‚Hamburger‘ wherever we go.“42 Besonders vehement wurde die Kritik am einheimischen Essen Ende der sechziger Jahre geäußert, als sich einige Teilnehmer bitter über die unzureichende Quali- und Quantität der Speisen beschwerten und nach amerikanischen Alternativen verlangten. Eine Teilnehmerin forderte beispielsweise das Kakaogetränk MILO, auch wenn es dieses in Afrika nur teuer zu kaufen gab.43 Andere verweigerten die einheimischen Speisen komplett. Solche Allüren, stellte die Organisation fest, waren zuvor nie in diesem Maß aufgetreten, und ließen sich auch nicht logisch erklären.44 Einheimische kritisierten die ablehnende Haltung der Freiwilligen gegenüber ihrem Essen zum Teil sehr scharf und unterstellten ihnen kulturimperalistisches Verhalten. In Nigeria zeigten sich Bewohner über Amerikaner empört, die das nigerianische Essen wegen seines scharfen Geschmacks nicht anrühren wollten oder den Genuss einheimischen Fisches verweigerten, weil er mit dem abgehackten Kopf serviert wurde.45 Schuld daran waren wohl die Warnungen der Organisation, die den Teilnehmern auf der Orientierungsveranstaltung geraten hatte, einige afrikanische Speisen zu meiden. Sie hatte empfohlen vorsichtig abzuwägen, ob sie Einladungen zum Essen annehmen,
1964, OCAR 80/2; Brief, Michael Niebling an seine Eltern, 13. August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 38 Vgl. Leo Mannaert, Area Representative’s Report Summer 1964, OCAR 74/26; Jim Martin, OCA Report Summer 1964, OCAR 75/35. 39 Vgl. Art House, Final Report Togo, OCAR 82/11; Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 72; Patricia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012; Michael Niebling, Interview der Autorin, 1. März 2012. 40 Vgl. Red. Aiden C. McMullen, Gambia Team Evaluation, OCAR 76/20; Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 41 Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012. 42 T. Mitsui, Leader’s Evaluation Report Eastern Nigeria 1964, OCAR 80/2. 43 Vgl. Brief, William Laast an James H. Robinson, 28. September 1969, OCAR 76/23. 44 Vgl. Brief, Jerome Vogel an James S. Leslie (Wesleyan University), OCAR 72/17. 45 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5.
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wenn sie nicht wussten, ob es hygienisch einwandfrei zubereitet wurde.46 Einheimische beklagten diese Vorsicht jedoch und verwechselten sie mit kultureller Überheblichkeit. So beschwerte sich eine Schule bei James Robinson: „Don’t tell them not to drink Coke that had been bottled in Ghana. This nearly caused an international incident last time, and anyway, Ghana bottled Coke is alright.“47 Physische und mentale Gesundheit
Wegen den mangelhaften sanitären Einrichtungen, dem ungewohnten Essen und dem (sub-)tropischen Klima Afrikas hatte der Großteil der Teilnehmer während des Sommers mit unbedenklichen bis hin zu kritischen Krankheiten zu kämpfen. Doch nicht nur physische Erkrankungen plagten die Crossroader: der Kulturschock führte in einigen Fällen auch zu psychischen Zusammenbrüchen, Heimweh und erheblichen Anpassungsproblemen. Mindestens zwei Crossroader starben an den Folgen von Malaria beziehungsweise Depressionen. Der gesundheitliche Zustand variierte von Gruppe zu Gruppe und war vor allem vom Klima am Einsatzort sowie den Hygienestandards dort abhängig. Einige Teams hatten kaum gesundheitliche Probleme und wurden nur von den üblichen kleineren Beschwerden wie Durchfall und Magenverstimmungen heimgesucht.48 Andere Gruppen berichteten hingegen von einem gravierenden Krankenstand. In einem Team war etwa der Teamleiter krank und bekam zwei Wochen Bettruhe verordnet, eine andere Teilnehmerin infizierte sich mit der Ruhr und weitere Volontäre waren erkrankt und erbrachen ihre Speisen. Als Gründe für die Häufung von gewissen Krankheiten in dieser Gruppe nannte der Teamleiter ihren nachlässigen Umgang mit den Gesundheitsvorkehrungen: Die Wasserfilter in der Unterkunft waren verdreckt, das Wasser wurde nicht lange genug gekocht, um Bakterien abzutöten, die Schlafquartiere bedurften einer Grundreinigung und die Duschmöglichkeiten waren hygienisch bedenklich.49 Auch in anderen Gruppen gingen Freiwillige mit den Warnungen der Organisation zu unvorsichtig um und erkrankten an hohem Fieber in Folge von Bissen von Sandmücken, die sie sich zuzogen, weil sie Shorts truVgl. OCA, Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010. Siehe auch Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 150. 47 Brief, Mfastsipia School an James H. Robinson, 8. März 1960, Smythe Papers 9/24. 48 Vgl. Albert Oliver, Report from Albert Oliver Dahomey, 19. Juli 1966, OCAR 75/33; OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 17; Charles Pincus, Summer in Senegal, in: Boy’s Life (August 1961), 60; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10; Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9; Brief, William Sloane Coffin an Howard Gambrill, 1. November 1960, WSC 24/149. 49 Vgl. Albert Oliver, Report from Albert Oliver Dahomey, 19. Juli 1966, OCAR 75/33. 46
Physische und mentale Gesundheit
gen.50 Probleme bereitete in einigen Gegenden außerdem die mangelhafte medizinische Versorgung. So waren 1961 mehrere Gruppenmitglieder in Guinea krank, aber konnten nicht von Ärzten behandelt werden, da Frankreich seine Ärzte nach der Unabhängigkeit des Landes abgezogen hatte. Deshalb musste sich ein Guineaner, der nur rudimentäre medizinische Kenntnisse besaß, um die Gesundheit der Crossroader kümmern.51 Vereinzelt meldeten die Gruppen auch die Infektion mit Malaria.52 In Bradford Abernethys Team in Sierra Leone erkrankten sogar acht von 14 Gruppenmitgliedern an der Tropenkrankheit.53 1964 starb ein Teilnehmer an einer besonders seltenen Komplikation, obwohl ihm jede erdenkliche medizinische Hilfe zuteil geworden war. Im Gedenken an ihn hielten seine Teammitglieder gemeinsam mit den Dorfbewohnern und Vertretern der amerikanischen Regierung eine Trauerfeier in Ghana ab und benannten anschließend die von ihnen errichtete dörfliche Schule nach ihm.54 Der Tod eines der beliebtesten Mitglieder der Gruppe intensivierte die Beziehung sowohl zwischen den Crossroadern selbst als auch zwischen ihnen und ihren counterparts und den Dorfbewohnern und brachte sie näher zusammen, was dem Teamleiter zufolge ohne dieses tragische Ereignis wohl nicht stattgefunden hätte.55 Ein weiterer Todesfall ereignete sich sechs Jahre später ebenfalls in Ghana, als sich ein Gruppenleiter infolge schwerer Depressionen das Leben nahm. Der Betroffene war stellvertretender Pfarrer an der Exeter Academy in New Hampshire gewesen und betreute zusammen mit seiner Frau ein Crossroadsteam. Für die Mitglieder der Gruppe war sein Tod ein unbeschreiblicher Schock, mit dem sie nur schwer umgehen konnten.56 Jerome Vogel berichtet außerdem, dass es daraufhin sehr schwierig war, die Einheit der Gruppe wieder herzustellen. Vor allem musste er aber die Ghanaer beruhigen, in deren Kultur es als Sünde gilt, den Freitod zu wählen.57 Wie der Todesfall von 1970 verdeutlicht, hatten Crossroader mitunter mit psychischen Problemen zu kämpfen, die aus der Konfrontation mit dem ungewohnten kulturellen Umfeld resultierten. So wurden einige Fälle psychischer Vgl. ebd. Vgl. JoAnn Tanner zit. in Operation Crossroads Africa Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 52 Vgl. Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 53 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 54 Vgl. Release From Operation Crossroads Africa on the Death of Robert Owaley Beadal, Jr., OCAR Addendum 2010; OCA Report 1965, 16; eine detaillierte Beschreibung seines Krankheitsverlaufes findet sich in: Preston Parr, Crossroads Log Ghana 1964, OCAR Addendum 2010. 55 Vgl. End of Summer Evaluation Ghana, OCAR 77/3; Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 56 Vgl. Brief, James H. Robinson an Paul Feys, 15. Juli 1970, OCAR 20/14; Wenchi Police Probe Death, in: Ghanaian Times, 13. Juli 1970, JHR 20/14. 57 Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 50 51
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Instabilität von der Organisation auch als „Anpassungsproblem“ beschrieben, das sich in psychosomatischen Beschwerden niederschlagen konnte.58 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den im Folgenden beschriebenen Fällen psychischer Erkrankungen um Einzelfälle handelte und es seltene Ausnahmen waren. Betroffen war eine Teilnehmerin an einem Projekt in Niger, die eines Tages kollabierte und ihre Gliedmaßen angeblich nicht mehr fühlen konnte, nachdem sie den gesamten Morgen in der Sonne gearbeitet hatte. Nach diesem Vorfall räumte sie ein, dass sie ähnliche Attacken auch schon zu Hause gehabt hatte und deswegen bereits mehrere Monate im Krankenhaus therapiert worden war – eine Tatsache, die sie der Organisation absichtlich verschwiegen hatte. Als sie erneut kollabierte und der behandelnde Arzt feststellte, dass sie keine organischen Schäden hatte, legte er die Vermutung nahe, dass ihre Anfälle psychisch bedingt waren. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um ein Signal, dass sie mit der Umstellung auf die neue Umgebung nicht umgehen konnte – darauf wies auch hin, dass ihre Symptome von Attacke zu Attacke variierten. Aufgrund dieser Probleme wurde sie schließlich in die USA zurückgeschickt.59 Weitere psychologische Probleme ergaben sich bei einigen Teilnehmern durch einen sehr intensiv wirkenden Kulturschock, der ernsthafte Auswirkungen auf die Psyche haben und körperliche Reaktion auf das ungewohnte Umfeld hervorrufen konnte. Als Kulturschock bezeichnet man die unmittelbare Reaktion auf ein nicht vertrautes Umfeld sowie das Fehlen eines persönlichen Referenzrahmens, mit dessen Hilfe man seine Erfahrungen einordnen und verarbeiten kann. Ausgelöst werden kann ein Kulturschock von bestimmten Faktoren beziehungsweise einer Kombination aus diesen: fremdes Essen, klimatische Extreme, Wahrnehmung der gravierenden Armut der einheimischen Bevölkerung, befremdliche kulturelle Praktiken und Einsamkeit.60 Auch wenn die Crossroadsteilnehmer, wie bereits erläutert, auf diese Möglichkeiten vorbereitet waren und sie regelrecht erwarteten, waren ihre ersten Eindrücke oft sehr intensiv und erschütternd. Trotz aller Vorträge und Lektüre konnte man sich letztendlich keine authentische Vorstellung vom Leben in Afrika machen und die Realität, die sie vorfanden, überstieg oft ihre Erwartungen. Viele erlebten ihren ersten Kontakt mit der Kultur des Gastlandes als Schock und mussten das ungewohnte Umfeld erst akzeptieren lernen. Meistens legte sich dieser anfängliche Schock innerhalb kürzester Zeit. Doch es kam auch vor, dass Teilnehmer ihn nicht überwinden konnten. 1960 mussten drei von 202 FreiwilliVgl. Brief, Jerome Vogel an George C. Daughan (Connecticut College), 6. Oktober 1971, OCAR 73/23; Gordly, The Power of Words, 7. 59 Vgl. Brief, Jerome Vogel an James H. Robinson, 29. Juli 1968, OCAR 79/6. 60 Vgl. Fuchs, Those Peculiar Americans, 126; Cobbs Hoffman, All You Need is Love, 134; Rice, The Bold Experiment, 203. 58
Physische und mentale Gesundheit
gen wegen immensen Kulturschocks die Heimreise nach Amerika antreten.61 Und 1964 bestand einer der Teilnehmer am Trainingsprojekt für somalische Polizisten darauf, die Gruppe zu verlassen, weil er sich nicht an die primitive Unterkunft und das einheimische Essen gewöhnen konnte.62 Bei einem Mädchen wurde im selben Jahr ein besonders schwerer Fall von Kulturschock diagnostiziert, der durch ihre einseitige Liebe für einen anderen Teilnehmer noch verstärkt worden war. Zudem hatte das Mädchen in einer Woche zu viele neue Eindrücke gesammelt, die es nicht so schnell verarbeiten konnte.63 Bei den meisten Volontären äußerte sich der Kulturshock nicht so stark, was aber nicht heißt, dass sie keinen erlitten. Besonders für die Teilnehmer an den spezialisierten Projekten der Organisation gestaltete sich der Kontakt mit der fremden Kultur häufig schwierig, da sie im Regelfall älter als die Studenten der traditionellen Projekte und in manchen Dingen eher unflexibel waren. Für die an dem Fortbildungsprojekt für gambische Lehrkräfte beteiligten Lehrer aus Amerika war es schwieriger als erwartet, sich an die Arbeitsmoral der Gambier zu gewöhnen. Aus einem gut organisierten und durchgeplanten Bildungssystem kommend empfanden sie es als Herausforderung, sich in einer Situation zurecht zu finden, die jeglicher Planung und Organisation entbehrte.64 Das Ärzteteam plagten 1963 in Nigeria ähnliche Probleme: „Our first day at work was a […] real culture shock and deep depression […] We felt inadequate to cope with the situation we found since the working conditions were far from those accustomed to.“65 Crossroads hatte hier jedoch einen entscheidenden Vorteil gegenüber längerdauernden Freiwilligenprogrammen wie dem Peace Corps, dessen Teilnehmer für ganze zwei Jahre in einem fremden Land lebten. Auch wenn Crossroader zumeist einen anfänglichen Kulturschock erlitten, wussten die Teilnehmer doch, dass sie in zwei Monaten wieder in den USA oder Kanada sein würden. Bei Freiwilligen des Peace Corps konnte sich hingegen nach einer gewissen Zeit eine sogenannte Kulturmüdigkeit (engl.: culture fatique) einstellen, deren Überwindung längere Zeit in Anspruch nahm.66 So fragte sich auch Ruth Plimpton in ihrem Buch über Crossroads: I could live comme les Africains for a few days, and the Crossroaders for seven weeks with no real ill effect; but two years? We were all wondering how the Peace Corps was going
Vgl. OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 17. Vgl. Chris G. Chachis, Leader’s Evaluation Somalia 1964, OCAR 81/16. Siehe auch Brief, James H. Robinson an Preston Parr, 5. August 1964, OCAR Addendum 2010. 63 Brief, John Kinard an James H. Robinson, 7. Juli 1964, OCAR 77/22. 64 Brief, Report of Gabonese Teacher Training Project 1962, JHR 47/11. 65 Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1. 66 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 203; Albertson/Rica/Birky, New Frontiers for American Youth, 76. 61 62
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to make out. One could exist, but there was a risk that the enthusiasm, which got us to Africa in the first place, might gradually drain away.67
Zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Afrika
Wie bereits gezeigt begrüßten es die Crossroader, in afrikanischen Dörfern zu leben und gleichzeitig Gelegenheit zu haben Städte zu besichtigen. So konnten sie in Kontakt sowohl mit Dorfbewohnern als auch Regierungsbeamten und Akademikern kommen. Aus den Aufzeichnungen von Teilnehmern, die die Möglichkeit dazu hatten, geht hervor, dass sie den besonders starken Kontrast zwischen Altem und Neuem in der afrikanischen Gesellschaft wahrnahmen.68 Da viele Volontäre noch immer das Bild vom „dunklen Kontinent“ in ihren Köpfen hatten, waren sie umso überraschter von ihren ersten Eindrücken dieser tiefen Gegensätze: „We knew that Africa is in a state of transition from the old to the new […] But still it was surprising to see the old and the new so close together.“69 Auf ihren Reisen sahen die Volontäre traditionelle und moderne Elemente sehr nah beieinander. In Äthiopien besichtigten sie etwa ein koptisches Kloster, eine altertümliche Kirche und die Gebeine ehemaliger Könige, als auch ein modernes College, und bekamen somit einen umfassenden Eindruck vom Entwicklungsstand des Landes sowie seinem Umgang mit der eigenen Vergangenheit: „In Axum, the ancient capital, we viewed obelisks and in Asmara we were treated to the Europeanized Ethiopia. Travelling through at least five of the country’s 14 provinces we were able to experience the diversity of land and people of Ethiopia.“70 Der Kontrast zwischen Alt und Neu zeigte sich für die Volontäre am stärksten beim Vergleich zwischen dem ländlichen und dem urbanen Afrika, zwischen arm und reich.71 In Gabun arbeitende Crossroader berichteten: „Libreville is prosperious looking and civilized, but once out of town, French style houses disappear and thatch huts arise in little villages.“72 Die Städte waren weitaus moderner, als die Teilnehmer erwartet hatten. Obwohl sie auf den teilweise hohen Entwicklungsgrad größerer Städte vorbereitet waren, waren sie dennoch überrascht, amerikanisch anmutende Städte inmitten der umliegenPlimpton, Operation Crossroads Africa, 56. Vgl. Siehe Group Report of Crossroads Team Niger 1964, OCAR 79/6; Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 69 Patricia Griffith, Foundation She Built Was One of Friendship, in: Washington Post, 6. April 1961, D4. 70 Walter E. Purviance, Ethiopia II Report, OCAR 76/9. 71 Vgl. OCA Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11; Preston Parr, General Report of the Crossroads Team Ghana 1964, OCAR 77/5. 72 East Hartford Youth Back From Sojourn in Africa, in: Hartford Courant, 3. September 1961. 67
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den unterentwickelten Dörfer aus dem Boden schießen zu sehen.73 Doch auch innerhalb dieser teilweise fortschrittlichen urbanen Zentren nahmen die Freiwilligen starke Kontraste wahr: Neben einer ultramodernen Schnellspurstraße liefen Frauen, die schwere Bündel auf ihren Köpfen trugen, oder eine Senegalesin, die auf dem Bordstein vor einem Supermarkt saß und ihre Waren feil bot.74 Schockierter waren die Freiwilligen allerdings, wenn ihnen das Gegenteil der modernen Städte in den ländlichen Gebieten des Kontinents begegnete. „The greatest impact on me then was to see people actually living in grassthatched houses and in groups of hundreds of these houses in a small area. I never imagined people living in this way.“75 Das Leben in den Dörfern, so eine andere Teilnehmerin, spiele sich weiterhin ab wie vor hunderten von Jahren, und auch der Bildungsgrad der Bewohner habe sich seitdem nicht merklich verbessert.76 Diese Impressionen verdeutlichten die komplexen Probleme, die afrikanische Länder nach ihrer Unabhängigkeit noch überwinden mussten, und die Fülle an Arbeit, die auf ihre Bewohner wartete. Die Entkolonialisierung, so sahen die amerikanischen Studenten, hatte nicht nur positive Veränderungen bewirkt. Probleme waren allgegenwärtig und auf dörflicher Ebene konzentriert sichtbar.77 Als wichtigste Bedingung für eine erfolgreiche Entwicklung Afrikas betrachteten die Teilnehmer daher Bildung, die den Bewohnern des Kontinents jedoch nur in unzureichendem Maße geboten wurde.78 Ein großes Hindernis für die Durchsetzung progressiver und für eine erfolgreiche Entwicklung nötiger Ansichten stellte ihrer Meinung nach die Landbevölkerung dar, die ihre Gewohnheiten nicht plötzlich ändern könnte und weiterhin nach aus westlicher Sicht veralteten Traditionen und Gesellschaftsbildern leben würde: „Making the typical bush dweller recognize the value of changing what has been the traditions of this people for generations […] is quite another story. […] In the villages we see filfth, inadequate housing, poor farming [and] malnutrition […] which show the effects of ignorance.“79 Dieses Paradoxon schildert auch der afroamerikanische Schriftsteller Richard Wright, der die Gold Coast (Ghana während seines Loslösungsprozesses von Großbritannien) 1954 Vgl. End of Summer Evaluation Tanganyika 1964, OCAR 81/21. Siehe auch End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. 74 Vgl. OCA Guinea Team 1961, Crossroads Guinea. Siehe auch Brief, Russell D. Kroeker an Bradford Abernethy, Abernethy Papers 27/4. 75 Anne Wortham, Operation Participation Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 104, OCAR Addendum 2010. 76 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 77 Vgl. ebd. 78 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13; Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1; Gardner Brown, Operation Crossroads. US Well Represented, in: Christian Science Monitor, 11. Dezember 1961. 79 Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 73
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besuchte. Was er in Westafrika wahrnahm war eine „halfway world“, ein Land, das zwischen alten und neuen Traditionen gefangen war, was er besonders an der parallelen Existenz von Naturreligionen und Christentum in der ghanaischen Gesellschaft festmachte: Then I wondered how a pagan could really surrender all of his paganism when the community in which he lived was still basically pagan […] There were in both religions elements that the people needed in their lives; the only way paganism could really vanish would be for the total pagan environment to be transformed, that was manifestly impossible.80
Besonders intensiv zeigte sich der Übergang von älteren zu moderneren Denkweisen im Umgang mit den Einheimischen. Wegen dem in einigen Regionen Afrikas relativ hohen Modernisierungsgrad überraschte einige Teilnehmer, wie allgegenwärtig der Glaube an schwarze Magie, insbesondere den afrikanischen Hexenglauben Juju, weiterhin war.81 Crossroaders wohnten Juju-Zeremonien bei und erfuhren, dass selbst ihre an Universitäten ausgebildeten counterparts daran glaubten.82 In welch hohem Maße der Glaube an Hexenkunst noch immer ein Teil der Menschen war, verdeutlicht die Geschichte von Bonny, die als Krankenschwester an einem der medizinischen Projekte der Organisation mitwirkte: Most of the natives still believed in juju magic. They would come to the clinic wearing charms to ward off maladies such as malaria, hernia and chronic gonorrhea. Bonnie remembers a woman wearing small Korans […] tied on her thights and waist to cure her sterility. Part of Bonnie’s job was to take off magic charms which medicine men had put on sick children and throw them away in view of their parents. This usually resulted in the adults’ belief not in Western medicine, but in Bonnie’s super brand of magic. Once when she saved a seriously burned child, the grateful parents brought her a live chicken, the same offering that is made to the witch doctors.83
Die Erkenntnis des Peace-Corps-Historikers Fritz Fischer, wonach die besonderen kulturellen Praktiken einiger afrikanischer Ethnien abwertende Kommentare bei den Freiwilligen hervorriefen, scheint nicht auf die Crossroader zuzutreffen. Der negativste Kommentar, der in den Quellen ersichtlich wurde, berichtet über einen „eigenartigen Brauch“.84 Generell waren die Volontäre Wright, Black Power, 167. Vgl. End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. Vgl. Brief, Kathy an William Sloane Coffin, 27. Juni 1961, WSC 24/150. Siehe auch Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 83 Hospital Corridor Leads to Crossroads, in: Washington Post, 11. September 1967, C4. 84 Vgl. Franklin O. Bennett, Jr., Transcription of the Journal of Franklin O. Bennett, Jr., Eastern 80 81 82
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an den Bräuchen ihrer Gastgeber sehr interessiert und akzeptierten diese als Produkt einer andersartigen Umwelt, Geschichte und Kultur. Dies mag wieder der kürzeren Dauer des Programms im Vergleich zum Peace Corps geschuldet sein. Crossroader erhielten schließlich nur einen kurzen Einblick in die Gebräuche, und ihre anfängliche Faszination wandelte sich in der Regel nicht innerhalb der wenigen Wochen in Frustration. Peace-Corps-Teilnehmer verfielen ihr während ihrer zwei Jahre häufiger.85 Ein kultureller Faktor, der eine gewisse Frustration unter den Teilnehmern auslöste, war lediglich das ihrem eigenen vollkommen widersprechende Zeitverständnis der Gastgeber. Für sie war Zeit etwas sehr Relatives, an Uhrzeiten hielten sie sich nicht.86 Traditionelle Wertvorstellungen wichen jedoch vielerorts auch modernen Ansichten, die die Ziele und Erwartungen der seit Kurzem unabhängigen Länder reflektierten. So kontrastieren die Crossroader in ihren Berichten Dorfbewohner, die sich noch immer an den Traditionen ihrer Ethnie orientierten, mit vorwärtsgewandten afrikanischen Entwicklungsarbeitern, die die Vision eines fortschrittlichen Afrika verwirklichen wollten. Und auch einzelne Personen illustrierten für sie diesen Wandel, wie ein Dorfbewohner, dem selbst keine Bildung zuteil geworden war, aber der sich diese für seine Kinder und Enkelkinder wünschte, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Während sich einerseits solche Veränderungen abzeichneten, bemerkte ein Crossroader, bliebe andererseits die Zeit in einigen Orten stehen, wo Frauen Mais stampften und Wasserkrüge auf ihren Köpfen trugen. Von diesen gegensätzlichen Eindrücken überwältigt fragte er sich, ob das neue dem alten Afrika oder das alte dem neuen letztendlich überlegen sein würde.87 Ein halbes Jahrhundert später scheint diese Frage noch immer nicht beantwortet. Crossroader als inoffizielle Botschafter
Die Crossroader bereisten Ende der fünfziger und in den sechziger Jahren Länder kurz vor, mitten in oder unmittelbar nach der Erlangung ihrer politischen Unabhängigkeit. Der politische Wandel brachte für die ehemaligen Kolonien auch rapide ökonomische und gesellschaftliche Neuerungen und stürzte sie in eine soziale Revolution, die das gesamte Bild des Kontinents veränderte. Die Volontäre erlebten Geschichte hautnah mit – nicht nur, indem sie die Unterschiede zwischen den Relikten aus der Kolonialzeit und den Tatsachen der Nigeria Team One, 13. Juni 1960–24. August 1960, 2008, OCAR Addendum 2010. 85 Vgl. Fischer, Making Them Like Us, 162. 86 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II, OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13; Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 87 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13.
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postkolonialen Zeit wahrnahmen, sondern auch, indem sie in Gesprächen mit Regierungschefs und anderen Politikern der neu entstandenen Staaten sowie amerikanischen Diplomaten die Probleme, die die politische Unabhängigkeit mit sich brachte, von verschiedenen Perspektiven beleuchten konnten. Einige Crossroadsgruppen wohnten den Unabhängigkeitsfeiern ihres Gastlandes selbst bei. 1960 besuchten die in Dahomey und in der Elfenbeinküste weilenden Teams die Unabhängigkeitsfeiern dieser Länder.88 Eine Gruppe in Nordrhodesien (heutiges Zambia) bereiste das Nachbarland Malawi und erlebte 1964 die Begeisterung, die die Unabhängigkeit unter der Bevölkerung auslöste, und ließ sich mitreißen. Ihre Mitglieder staunten, dass alle Orte in die Nationalfarben rot, schwarz und grün gekleidet waren und Unmengen an Menschen zu Fuß oder per Fahrrad in die größere Stadt Blantyre unterwegs war, um die Feierlichkeiten mitzuerleben.89 Ungeachtet der positiven Eindrücke von diesen Feierlichkeiten nahmen die Volontäre jedoch auch die Risiken war, die die schnell erlangte Unabhängigkeit in einigen Ländern Afrikas mit sich brachte. Eines war der totalitäre Machtanspruch mancher neuer Machthaber, der sich in der Indoktrination der Bevölkerung widerspiegelte. Auf der Unabhängigkeitsfeier Malawis beobachteten die Crossroader, dass schon die Kinder ideologisch geschult wurden. Dies zeigte sich in den Liedern, die sie auf der Feier sangen, in denen sie ihre unbeugbare Loyalität gegenüber Präsident Banda beschworen und vielmehr ihn als den neuen Staat priesen.90 Der Personenkult um Banda, der sich in Malawi entwickelte, beunruhigte die Crossroader sehr: „It is difficult to determine whether such a cult is necessary to unify a country for development.“91 Eine weitere negative Folge der Beendigung kolonialer Herrschaft waren die Bürgerkriege, die Teile des Kontinents in den sechziger Jahren heimsuchten. Einige Crossroadsteams befanden sich in Nigeria, als dort der Biafrakrieg ausbrach.92 Während des zweiten Putsches seit der Unabhängigkeit wurden Volontäre 1966 Zeugen der Schießereien und Brutalität, die diesen begleiteten. Einige von ihnen arbeiteten zu der Zeit im Osten des Landes mit den Ibo, andere mit den Yoruba im Westen und wiederum andere im Norden mit den Hausa.93 In Ghana wurden Crossroader 1960 Zeugen des Einmarschs von UNO-Soldaten in den Kongo und dem Zustrom von Flüchtlingen aus diesem Gebiet.94 Und eine Gruppe aus Rhodesien berichtete 1961 über ein Gefühl von Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 61. Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 90 Vgl. ebd. 91 Ebd. 92 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 93 Vgl. Crossroaders Explain Nigeria Problem, in: New York Amsterdam News, 10. September 1966, 46. 94 Vgl. OCA Report 1961, 16. 88 89
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Angst, welches das ganze Land infolge des Krieges im Kongo ergriff, als während ihres Aufenthaltes 27 Schulen niedergebrannt und eine Brücke gesprengt wurde.95 Die Gefahr, die von diesen tumultartigen Ereignissen in einigen Teilen des Kontinents ausging, war einer der Gründe, warum Crossroads nicht wollte, dass sich seine Teilnehmer in die einheimische Politik ihrer Gastländer einmischten. Die Organisation wollte ihnen einen multiperspektivischen Einblick in das Gastland ermöglichen und sie davon abhalten, sich auf einer bestimmten Seite zu positionierten – eine Vorgabe, an die sich Volontäre nicht immer hielten. Eine Freiwillige im Kongo engagierte sich etwa in der Opposition gegen die Regierung und musste nach Hause geschickt werden, da die politische Situation im Lande im Zuge der Machtergreifung Mobotos so angespannt war, dass ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte.96 Einen tiefen Einblick in die politische Kultur ihres Gastlandes erhielten die Freiwilligen in Gesprächen mit Staatsoberhäuptern, Politikern und Strategen, die für die Umsetzung der Entwicklungspläne ihres Landes verantwortlich waren. Die Präsidenten Kwame Nkrumah aus Ghana, Sekou Touré aus Guinea, Julius Nyerere aus Tanganyika und Komo Kenyatta aus Kenya begrüßten die Crossroader sogar persönlich in ihrem Land – eine Geste, die bezeugt, dass sie die Crossroader als wichtige Botschafter der USA und Kanadas erachteten. Indem sie mit ihnen über die Probleme und Visionen ihres Landes sprachen, präsentierten sie sich auch indirekt dem amerikanischen Volk, dessen Aufmerksamkeit durch die Crossroader auf Afrika gelenkt werden sollte. Ein weiterer Grund für den Empfang der Crossroader durch ranghohe Regierungsbeamte waren die persönlichen Kontakte Robinsons zu Staatsoberhäuptern wie Nkrumah und Kenyatta, die er während seiner Studienzeit an der Lincoln University kennengelernt hatte und zu denen er noch immer Kontakt hielt.97 Doch auch mit Oberhäuptern afrikanischer Ethnien, die die „alten“ politischen Strukturen Afrikas repräsentierten, traten die Crossroader in Kontakt.98 Bei diesen Zusammentreffen fühlten sich die Volontäre als Beobachter, deren Aufgabe es nicht war, die sich vollziehenden Veränderungen zu beurteilen, sondern konstruktive Lösungen zu finden, um sich mit ihnen zu arrangieren.99 Im Dialog lernten die Volontäre die Perspektive der afrikanischen Politiker und Regierenden auf die Unabhängigkeit ihres Landes kennen. In Somalia trafen sie etwa den Oppositionsführer Siaka Stevens, der sie über die gravierendsVgl. Ed Ainsworth, Young People Assist Africans, in: Los Angeles Times, 1. Oktober 1961, D11. 96 Vgl. LaVerne Brown, Interview der Autorin, New York City, 16. Februar 2012. 97 Siehe Kapitel 2 und Kapitel 4. Siehe auch Plimpton, Operation Crossroads Africa, 38. 98 Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 298. 99 Vgl. Gardner Brown, Operation Crossroads. US Well Represented, in: Christian Science Monitor, 11. Dezember 1961. 95
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ten Probleme des neuen Staates, wie Bildung, den in Veränderung begriffenen Status von Frauen und die Beziehungen zur alten Kolonialmacht aufklärte.100 Auf die Guinea-Gruppe von 1961 machte ein gemeinsames Abendessen mit dem UNO-Botschafter des Landes, Diallo Telli, nachhaltigen Eindruck. Er sprach zu den Crossroadern über die Außenpolitik seines Landes, betonte dessen Blockneutralität und forderte, dass die Welt Guinea das Recht zugestand, sich keinen wirtschaftlichen und politischen Zwängen unterordnen zu müssen, sondern seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Außerdem kritisierte er das Versagen der USA bei der Unterstützung Nigerias in den Auseinandersetzungen mit Frankreich und auf seinem Weg in die Unabhängigkeit. Sie hätten es bisher versäumt, auf die Unabhängigkeit des Landes zu reagieren. Damit rechtfertigte er vor den Crossroadern, dass Guinea seine Hilfslieferungen aus der Sowjetunion und Osteuropa bezog: „You must understand that it will be very, very difficult for a Guinean to forget the U. S. reaction to our independence. In the moment of our most urgent need the U. S. preferred to stand aside.“101 Dessen ungeachtet erhoffte er sich, dass dennoch eine Basis für eine Kooperation mit den USA geschaffen werden könnte. Die Einblicke, die er den Volontären in die außenpolitischen Ziele Guineas gab, beeindruckten sie so sehr, dass Michael Niebling mit der Überzeugung in die Heimat zurückkehrte, dass Guinea eine wahrhaft neutrale Nation wäre.102 Und auch der spätere Dozent am MIT, Willard Johnson, bekannte nach dem Zusammentreffen mit Telli: „I really trust that man. I couldn’t help but feel that I was listening to someone who was going to play a great role in shaping future world politics.“103 In ihrem Gastland wurden die Crossroader jedoch nicht nur mit einheimischen Politikern bekannt gemacht, sondern auch von amerikanischen Diplomaten, Botschaftern, Entwicklungshelfern und USIA-Beamten empfangen.104 Am amerikanischen Nationalfeiertag, dem 4. Juli, waren viele von ihnen zu Empfängen in der regionalen amerikanischen Botschaft eingeladen.105 Der Kontakt zu ihr barg jedoch gewisse Probleme für die Organisation. Einerseits ermunterte sie ihre Teams zwar zum Austausch mit Diplomaten und Wirtschaftsvertretern, da es eines ihrer Ziele war, dass Teilnehmer sich künftig in offizieller Funktion oder in privaten Unternehmen mit Afrika auseinander-
Vgl. Operation Crossroads Sierra Leone II 1964 Report, OCAR 81/11. Diallo Telli zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. Siehe auch Michael Niebling, Tagebuch, Persönliche Dokumente von Michael Niebling; OCA Report 1961, 14. 102 Vgl. College Course Leads Michael Niebling to Guinea, Millburn Shorthills Item, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 103 Willard Johnson zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 104 Vgl. Sierra Leone II Report 1964, OCAR 81/11. 105 Vgl. James Gross, Report Central African Republic, 2. Juni 1966, OCAR 75/9; Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012; Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 72. 100 101
Crossroader als inoffizielle Botschafter
setzten.106 Auf der anderen Seite war die Organisation aber auch darauf bedacht, nicht zu eng mit der amerikanischen Botschaft in Verbindung gebracht zu werden, um nicht als Vertreter der Regierung in Verruf zu geraten und das Vertrauen der einheimischen Bevölkerung einzubüßen.107 Botschaftsangestellten begegneten die Crossroader anfänglich sehr reserviert. Sie waren geprägt vom gängigen Klischee und den negativen Vorurteilen gegenüber amerikanischen Regierungsvertretern im Ausland und deren angeblich kulturimperialistischen Verhalten, das der Roman The Ugly American vermittelt hatte. Michael Seltzer urteilte 1960: „They were exactly what you would think, living in isolated communities with no contact to local people, having cocktail parties.“108 Um sich von dem in dem Roman beschriebenen überheblichen Verhalten amerikanischer Botschaftsmitarbeiter zu distanzieren, identifizierten sich die Mitglieder seiner Gruppe mehr mit den Kamerunern als mit den im Land weilenden Amerikanern.109 Die Crossroader waren zu so vielen Empfängen bei afrikanischen Regierungsbeamten und amerikanischen Diplomaten geladen, dass sie am Ende des Sommers genug von Parties und Empfängen hatten.110 Sie waren zum Beispiel zur offiziellen Unabhängigkeitsfeier Dahomeys eingeladen worden – einem Land, das Einladungen sonst nur an offizielle Würdenträger aussprach.111 Und der Titel einer lokalen nigerianischen Zeitung wandte sich an die 1958 im Land weilenden Crossroader: „Welcome, Worthy Ambassadors“.112 Es ist kein Wunder, dass sich die Crossroader selbst wie Botschafter ihrer Nation vorkamen. Ein Team aus Sierra Leone schrieb: „We considered ourselves unofficial ambassadors whose duty it was to keep open the lines of communication between Crossroads and Guinea.“113 Mit der Selbstbezeichnung als Botschafter verbanden die Crossroader auch eine gewisse Verantwortung, die sie als Repräsentanten der USA und Kanadas hatten, und sie hofften ihr Land würdig zu vertreten: „We thought of the mistakes we must have made, the difficulties we must have created for our Nigerian friends, and wondered what misconceptions about America we might have left in their minds.“114
Vgl. Brief, James H. Robinson an William E. Armantrout (Resident Manager, Volta Aluminium Company, Accra), 23. Mai 1969, OCAR 76/23. 107 Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012. 108 Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 109 Vgl. ebd. 110 Vgl. L.J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22; Operation Crossroads Sierra Leone II 1964 Report, OCAR 81/11. 111 Vgl. OCA Report 1961, 16. 112 OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 30. 113 Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11. Siehe auch David Abernethy, Modern Nigerian, in: The Sunday Home News, 3. August 1959. 114 Ebd. 106
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Neben offiziellen Regierungsvertretern begegneten einige Crossroadsteams auch in Afrika ansässigen Europäern und Amerikanern, denen sie ebenso wie Botschaftsmitarbeitern anfänglich sehr reserviert gegenübertraten. Was sie dabei wahrnahmen, bestätigte vielen das von The Ugly American generierte Stereotyp paternalistischer Auswanderer, wie ein Brief Albert Olivers an James H. Robinson verdeutlicht: „The American community is the most pathetic I have ever seen throughout my travels in Africa. Most live in a compound and know so little of the area of Nigeria in which they work, it defies your imagination.“115 Andere überwanden ihre Vorurteile durch den persönlichen Kontakt mit einzelnen Auswanderern, wenn sie merkten, dass diese den Menschen Afrikas wohlwollend gegenüberstanden.116 Die Arbeit der Freiwilligen
Crossroader arbeiteten in Afrika an verschiedenen Projekten, die einen bestimmten Entwicklungszweck verfolgten. Zahlenmäßig überwogen dabei besonders in den Anfangsjahren die traditionellen Projekte der Organisation, die im Englischen unter dem Schlagwort community development zusammengefasst werden. Historiker haben mitunter Mühe, eine eindeutige Definition für diesen Begriff zu finden, da letztendlich, wie David Hapgood feststellte, „praktisch jede Aktivität als community development beschrieben werden kann“.117 Etwas genauer ist Gerald Rice in seiner Definition, der dem community development all jene Aktivitäten zuordnet, die der Verbesserung der Lebensqualität in einer Gemeinschaft dienen.118 Dazu zählten im Falle von Crossroads der Bau von Schulen, Bewässerungsanlagen, Gemeindezentren und Kliniken. Die Wirkung und der Einfluss dieser Arbeiten konnten nicht nur daran gemessen werden, ob die Projekte zu Ende geführt wurden, sondern schlugen sich vor allem in empirisch nicht messbaren Erfolgen nieder, wie der Beeinflussung der Bereitschaft der mitarbeitenden counterparts zu körperlicher Arbeit und der dadurch geschaffenen Verständigung zwischen den beteiligten Parteien. Crossroads suchte deshalb nach Projekten, die eine intensive Kommunikation mit den Einheimischen anstoßen konnten, um dadurch den größtmöglichen Einfluss auf die beteiligten Afrikaner zu nehmen und sie zu eigenen ähnlichen Projekten zu inspirieren.
Brief, Albert Oliver an James H. Robinson, 1966, OCAR 80/6. Vgl. Norman E. Hodges, Report on Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4. Hapgood, Agents of Change, 125. Siehe auch Jack Vaughn zit. in Hapgood, Agents of Change, 127: „[T]hough you hear a number of theories about the job, no one can tell you what community development is.“ 118 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 184. 115 116 117
Die Arbeit der Freiwilligen
Abb. 8: Bau der Schule in Mamou, Guinea
Neben dem community development führte die Organisation besonders gegen Ende der sechziger Jahre Programme durch, die professionelle Teilnehmer wie Lehrer, Ärzte oder Athleten involvierten, die die afrikanische Bevölkerung mit ihren speziellen Fähigkeiten bei ihrer Entwicklung unterstützen sollten. Die traditionellen, von Studenten ausgeführten community development-Projekte und Programme wie das Lehrerweiterbildungsprogramm sollen im Folgenden nicht separat untersucht werden. Sie werden in den verschiedenen Analysekategorien einander gegenübergestellt, um ihren jeweiligen Beitrag zur Verwirklichung von Crossroads’ Zielen zu profilieren. Dabei werden die Bedeutung der Projekte für die Entwicklung der Gemeinden, Probleme bei deren Durchführung, der Einfluss auf die Arbeitsmoral der teilnehmenden counterparts und ihr Potential für die Anregung zur Kommunikation mit den Dorfbewohnern und counterparts veranschaulicht. Auch wenn es das vordergründige Ziel von Crossroads war, alle Beteiligten zu einem interkulturellen Dialog zu animieren, war es dennoch ein entscheidendes persönliches Anliegen der Teilnehmer selbst, etwas von Nutzen für die Gemeinde zu bewirken und eine Entwicklungslücke in der jeweiligen Region zu schließen. Mit der Errichtung von Schulen und Kliniken taten sie genau dies, denn nach dem Ende der Kolonialherrschaft stieg der Bedarf an Fachkräften und Lehrern, die die neu entstandenen Staaten beim Aufbau einer stabilen Infrastruktur, einer florierenden Wirtschaft und bei der Bildung ihrer Bevölkerung unterstützen sollten. Da Bildung der Schlüssel zu einer erfolgreichen politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit ist, widmete sich
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Crossroads häufig dem Bau von Schulen und trug in Ländern wie Guinea zur Erfüllung des nationalen Entwicklungsplans bei, der Investitionen in den Bau von Schulen, Hospitälern und Straßen vorsah.119
Abb. 9: Bau der Schule in Mamou, Guinea
Vgl. JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea; Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum; Charles Pincus, Summer in Senegal, in: Boy’s Life (August 1961), 25. 119
Die Arbeit der Freiwilligen
Abb. 10: Bau der Schule in Mamou, Guinea
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In den community development-Projekten hingegen fühlten sich die Freiwilligen oftmals überflüssig und sahen keinen wirklichen Sinn in ihrer Arbeit. In vielen Fällen beklagten sie die schlechte Auswahl der Projekte, die ihrer Meinung nach keinen wichtigen Bedarf deckten oder eine Aufgabe übernahmen, die die Dorfbewohner auch ohne die Hilfe der Crossroader problemlos hätten meistern können.120 In Gambia baute ein Team etwa einen Pavillon, der, so empfanden sie, als bloßer Zeitvertreib für sie gedacht war: „I think we could have offered our services for a worthier cause […] The building meant little to our counterparts or the local people, or the country.“121 Das gleiche Gefühl hatte auch eine Gruppe, die an einem Gästehaus in Kenya baute und an dessen Nutzen zweifelte: „One cannot have the same feelings toward a ‚guest house‘ as one would naturally have toward a ‚school‘ in a country where education is so precious, too minimal and quite inaccessible to many deserving youngsters.“122 Die Länge des Arbeitstages der Volontäre richtete sich nach ihrer Aufgabe, dem Wetter, den Arbeitsbedingungen vor Ort und der Versorgung mit Baumaterialien. Die meisten Teams begannen ihre Arbeit früh am Morgen und arbeiteten mit einer einstündigen Unterbrechung bis zwei Uhr nachmittags, als die Hitze langsam unerträglich wurde. Einige Gruppen nahmen ihre Arbeit am späten Nachmittag erneut auf oder nutzten den Nachmittag für andere Projekte wie Englischunterricht oder Mutter-Kind-Kurse.123 Die Arbeit bedeutete für viele Teilnehmer eine physische Herausforderung. Ein Student behauptete etwa: „The hardest work I ever did was carrying cement backs through a sandy field in Senegal, West Africa. I didn’t realize how hard it was until I took my first bag from the truck, started toward the site of the schoolhouse […] and found that my feet would hardly leave the ground.“124 Und auch Michael Seltzer berichtet, dass er durch das häufige Tragen von Zementblöcken in der besten körperlichen Verfassung seines Lebens war.125 Für Crossroader war die Fertigstellung der Projekte das sichtbarste Zeichen des Erfolgs ihrer Präsenz und ihrer Freiwilligenarbeit in Afrika. Auch wenn ihre Arbeit letztendlich einem höheren Zweck diente, nämlich der Inspiration der Afrikaner zur Selbsthilfe, und für die Organisation gegenüber der dadurch generierten Kommunikation mit Afrikanern nur zweitrangig war, waren die zuletzt genannten Aspekte für die Teilnehmer selbst nicht direkt greifSiehe zu dem letzten Punkt Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 69, OCAR Addendum 2010; Oscar McCloud, Newsletter I, 10. Juli 1958, OCAR Addendum 2010. 121 End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. 122 Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4. 123 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team Ghana 1964, OCAR 77/5; Operation Crossroads Africa. Interracial Student Pilgrimage is Hailed as World’s Most Successful Work Camp Experiment, in: Ebony (November 1960), 56. 124 Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis (Mai 1965), 300. 125 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 120
Die Arbeit der Freiwilligen
bar. Sie waren nach Afrika gekommen, um etwas von Nutzen zur Entwicklung des Gastlandes beizutragen. Die Fertigstellung der Projekte hatte daher einen wichtigen psychologischen Wert und zeigte ihnen, dass sie etwas Eigenes geschaffen hatten.126 Eine Verzögerung oder gar Nichtfertigstellung der Projekte wirkte sich deshalb sehr negativ auf die Zufriedenheit der Teilnehmer aus.127 Unvorhersehbare Komplikationen verzögerten die Arbeit zuweilen für Wochen und ließen die Teilnehmer ohne eine klar definierte Aufgabe zurück. Verantwortlich waren dafür meist drei Faktoren: unzureichende Planung, anhaltende Regenfälle oder ausbleibende Materiallieferungen, die entweder einzeln oder in Kombination auftraten. Die letzten beiden Probleme waren so häufig, dass Albert Oliver sie als die „üblichen Probleme“ bezeichnete.128 Die Schuld für die unzureichende Planung der Projekte lag bei zwei Instanzen: OCA selbst und den ausführenden zuständigen Ministerien in Afrika. Für Crossroads waren die Projekte nur Mittel zum Zweck. Sie waren daher nicht immer komplett durchorganisiert und vorstrukturiert. Der Teamleiter Art House forderte die Organisation auf, künftigen Teams genauere Anweisungen über die Durchführung der sie erwartenden Arbeit zu geben. Er selbst hatte New York ohne detaillierte Informationen verlassen und benötigte einige Tage, um die Details des Projektes vor Ort zu organisieren. Zudem wusste er bis kurz vor Beginn der Reise nicht, ob sein Team auch nach Dahomey reisen und wer die Versorgungs- und Transportkosten dafür übernehmen würde.129 Für andere Verzögerungen, wie die Belieferung der workcamps mit Baumaterialien, waren die zuständigen Ministerien in Afrika verantwortlich, die die Crossroadsprojekte aufgrund administrativer Verzögerungen und fehlender finanzieller Zuteilungen verschieben mussten.130 Eine wichtige Kondition für die kontinuierliche Arbeit an den Projekten war das Wetter im Aufenthaltsgebiet. Da Crossroader in den Sommermonaten, also während der Regenzeit reisten, führten heftige Regenfälle in einigen Ländern dazu, dass die Freiwilligen nur für wenige Stunden am Tag arbeiten konnten und ihnen die Fertigstellung der Projekte erschwert wurde.131 Davon betroffen war ein Team in Gambia: „Rain came down in large quantities on
Vgl. John Jackson, Crossroads Report, OCAR Addendum 14/8. Vgl. Siehe auch Roberts, Volunteers in Africa and Asia, 49; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 45. 128 Vgl. Albert G. Oliver, Final Report from Albert G. Oliver, 27. August 1965, OCAR 74/27. 129 Vgl. Art House, Final Report Togo, OCAR 82/11. Siehe auch Report of Gabonese Teacher Training Project 1962, JHR 47/11. 130 Vgl. Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4; Art House, Final Report, OCAR 82/11; Project Report Eastern Nigeria II 1964, OCAR 80/3. 131 Vgl. James Gross, Report Central African Republic, 2. Juni 1966, OCAR 75/9; Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 68, OCAR Addendum 2010. 126 127
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Willkommener Kulturschock: Leben und Arbeiten der Crossroader
days when we really wanted to complete certain sections of the pavilion.“132 Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit machten die Teilnehmer darüber hinaus träge und lähmten ihren Arbeitseifer.133 Aufgrund der einzeln oder geballt auftretenden Faktoren konnten mehrere der Projekte nicht fertiggestellt werden134, was sich wiederum negativ auf die Zufriedenheit der betroffenen Teilnehmer auswirkte.135 Die Nichterfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe (zumindest nahmen dies die Teilnehmer so wahr) war für die Volontäre in Afrika eine große Enttäuschung und gab ihnen vorübergehend das Gefühl versagt zu haben.136 JoAnn Tanner, die als Mitglied der Guinea-Gruppe von 1961 das wochenlange Warten auf ein Arbeitsprojekt miterlebt hatte, bedauerte: „Although our stay in Conakry has been filled with a sense of comradeship with […] Guineans, it has not brought us any farther in achieving our objectives to build a lasting memento to our sympathy with the young people of Guinea and our hopes for the future of their country.“137 Unfertige Projekte dämpften aber nicht nur den Enthusiasmus der Teilnehmer, sondern bedeuteten auch einen Prestigeverlust für die Organisation und die USA in der jeweiligen Region Afrikas. Zu solch einer Problembaustelle entwickelte sich die 1960 in Mamou, Guinea, begonnene Jugendherberge, deren Errichtung vom Fernsehsender CBS gefilmt wurde.138 Obwohl ein weiteres Crossroadsteam 1961 für einige Wochen dort arbeitete, war die Herberge selbst 1964 noch nicht fertig gestellt – ein Prozess, der erst 1966 durch die eindringlichen Ermahnungen von Vertretern der USIA, USAID, dem Peace Corps und dem amerikanischen Botschafter in Guinea beendet werden konnte, die Robinson alle geraten hatten, das Gebäude fertig zu stellen, damit die guten Beziehungen zwischen den Einwohnern des Landes und den dort arbeitenden Amerikanern aufrechterhalten werden konnten. Denn schließlich wurde diese Baustelle als „amerikanisches Projekt“ betrachtet. Zudem befand sie sich innerhalb eines ein-Meilen-Radius einer russischen Konservenfabrik – ein beschämender Vergleich, den die USA so nicht stehen lassen wollten.139 End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. Vgl. Patricia Griffith, Foundation She Built Was One of Friendship, in: Washington Post, 6. April 1961, D4. 134 Vgl. Leader’s Evaluation Report Niger 1964, OCAR 79/6; Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4; William Sloane Coffin, Jr., Report on OCA Guinea, WSC 24/154. 135 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 136 Vgl. Leader’s Evaluation Report Niger 1964, OCAR 79/6; William Sloane Coffin, Report on OCA Guinea, WSC 24/154; OCA, Projects in Botswana, OCAR 75/1; Oscar McCloud, Newsletter, 1. Juli 1958, OCAR Addendum 2010. 137 JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 138 Vgl. Brief, Leo Mannaert an Pablo Eisenberg, 7. Februar 1964, OCAR 77/10; Brief, James Moceria (US Embassy) an James H. Robinson, 26. September 1966, OCAR 77/10. 139 Vgl. Brief, Leo Mannaert an Pablo Eisenberg, 11. Februar 1964, OCAR 77/10. 132 133
Die Arbeit der Freiwilligen
Wegen ausbleibender Arbeit verfügten einige Crossroadsteams über viel Freizeit und suchten sich andere Aufgaben in der Umgebung. Mädchen hatten meist mehr Zeit zur Verfügung, da sie von besonders schweren körperlichen Arbeiten entbunden wurden.140 In der ihnen verbleibenden Freizeit unterrichteten sie beispielsweise an einer Grundschule in Ghana oder halbtags in einer Flüchtlingsschule in Tanganyika, gaben einen Erste-Hilfe-Kurs in Äthiopien, brachten Müttern bei, wie sie das Ernährungsprogramm Meals for Millions in Anspruch nehmen konnten, oder führten eine Mikrostudie über eine Gemeinde in Sierra Leone durch.141 Besonders das Unterrichten, so empfanden einige Freiwillige, verlieh ihrem Aufenthalt eine zusätzliche Tiefe und gab ihnen das Gefühl, nachhaltig Einfluss auf die Bewohner des Dorfes genommen zu haben.142 Über die Reaktionen der afrikanischen Dorfbewohner auf die Crossroadsprojekte teilte die Pan American Broadcasting Company James Robinson 1959 mit, dass Afrikaner schätzten, dass sie nicht als Experten, sondern als ebenbürtige Freunde nach Afrika genommen waren. Außerdem bewunderten sie nicht nur die Arbeitsbereitschaft der amerikanischen Studenten, sondern ließen sich auch durch ihr Vorbild zur Verwirklichung eigener Projekte inspirieren: What amazed the Africans particularly was the way our boys and girls – Negro and white – chipped in on the various projects. They worked hard and long, no job was too menial for them. And rather important, considering that none were experts. These young ones solved a number of local construction and transportation problems handily – some of which have now been adopted as standard operating procedure.143
Wie in diesem Zitat bereits anklingt, waren Afrikaner von dem Arbeitswillen und den Kapazitäten der Crossroader über alle Maßen beeindruckt. Nie zuvor hatten sie weiße, gebildete Leute, insbesondere Frauen, Bauarbeiten verrichten sehen – geschweige denn gemeinsam mit schwarzen Studenten.144 Sie beobachteten die Volontäre anfangs ungläubig beim Arbeiten und verfolgten jeden Schritt der Studenten.145 Der afrikanische Soziologiestudent Godfrey Mortly staunte: „This was the first time that we have ever seen black and white work
Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5; Preston Parr, Crossroads Log Ghana 1964, OCAR Addendum 2010. 141 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 142 Vgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 76, OCAR Addendum 2010; OCA, Projects in Botswana, OCAR 75/1. 143 Brief, American Broadcasting Company an James H. Robinson, Januar 1959, Abernethy Papers 27/3. 144 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 145 Vgl. Oscar McCloud, Newsletter I, 10. Juli 1958, OCAR Addendum 2010; T. Mitsui, Leader’s Evaluation Report Eastern Nigeria I 1964, OCAR 80/2. 140
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– do real work – together.“146 Auch fiel es ihnen schwer zu glauben, dass die Volontäre freiwillig, aus eigenem Antrieb an diesen Projekten teilnahmen, und sie konnten oftmals kaum nachvollziehen, warum sie diese schwere Arbeit auf sich nahmen.147 Besonders überrascht zeigten sich Afrikaner über die Tatsache, Mädchen an der Errichtung von Gebäuden mitwirken zu sehen, da es in ihrer Gesellschaft unüblich war, dass Frauen gemeinsam mit Männern arbeiteten oder schwere körperliche Arbeit verrichteten.148 In den meisten Gemeinden arbeiteten deshalb ausschließlich Männer (sowohl counterparts als auch die Dorfbewohner) mit den Crossroadern.149 Während in den meisten Ortschaften die gemeinsame Arbeit von Frauen und Männern zwar verwundert betrachtet aber toleriert wurde, erregte sie in anderen Ländern den Unmut der Bevölkerung. In der Zentralafrikanischen Republik, in der Frauen traditionell einen niedrigeren Status als Männer hatten, forderten Dorfbewohner 1966, die Mädchen des Teams sollten gemeinsam mit den Frauen des Dorfes kochen und sich von dem Arbeitsprojekt fernhalten.150
Abb. 11: Crossroader unterrichten nach ihrer Arbeit afrikanische Kinder
Interracial Student Pilgrimage is Hailed as World’s Most Successful Work Camp Experiment, in: Ebony (November 1960), 55. 147 Vgl. Franklin O. Bennett, Jr., Transcription of the Journal of Franklin O. Bennett, Jr., Eastern Nigeria One Team, 13. Juni 1960–24. August 1960, 2008, OCAR Addendum 2010. 148 Vgl. ebd. 149 Vgl. Oscar McCloud, Interview der Autorin, New York City, 21. Februar 2012. 150 Vgl. Brief, USIA an James H. Robinson, 6. Juni 1966, OCAR 79/9. Siehe auch Brief, Albert Oliver an James H. Robinson, 17. 146
Die Arbeit der Freiwilligen
Die Einbeziehung großer Teile der Dorfgemeinschaft in die Arbeit begünstigte nach Aussagen der Organisation, dass sich die beteiligten Afrikaner ein Beispiel an der Arbeitsmoral der amerikanischen Studenten nahmen und sich von ihrem Vorbild für weitere Projekte inspirieren ließen. In einigen Dörfern setzte das Crossroadsprojekt eine Kettenreaktion in Gang. Besonders dort, wo zuvor keine Schule oder Klinik gestanden hatte, erreichten die Volontäre viel mehr als die bloße Errichtung eines Gebäudes. Sie gaben den Bewohnern den Antrieb für neue Projekte zur Verbesserung der Lebensqualität in ihrem Dorf. Allein die Tatsache, dass weiße Menschen körperliche Arbeit verrichteten, veranlasste die Afrikaner, Würde in körperlicher Arbeit zu entdecken und weitere Selbsthilfeprojekte in ihrer Gemeinde anzukurbeln.151 Yatuta K. Chisiza aus Malawi unterstrich diesen Aspekt mit den Worten: The value of help and assistance which was given to us of Malawi […] cannot, I believe, be measured only in terms of the amount of work hours which they put into this construction; but also, if not more so, by their example – not only of their industry and all their hard work, but also of their respect for manual labor.152
Diese Zitate veranschaulichen erneut, dass die Crossroader bemüht waren, ihren Aufenthalt mit „konkreten“ und greifbaren Errungenschaften zu rechtfertigen. Zugleich müssen sie mit der nötigen kritischen Distanz gewertet werden, sind sie doch das Ergebnis ehemaliger Teilnehmer, die den „Erfolg“ ihrer Unternehmung und das Erreichen ihres „Zieles“, das in den Augen vieler Teilnehmer die Modernisierung der neuen afrikanischen Staaten war, besonders hervorstellen wollten. Ob die Projekte also tatsächlich so erheblichen Einfluss auf die Arbeitsmoral der afrikanischen counterparts hatten, bleibt demnach fraglich. Ebenso wichtig wie der Anstoß zur Selbsthilfe war für die Crossroader die interkulturelle Toleranz und das gegenseitige Interesse an der Kultur und den Ansichten des Gegenübers. In der Fernsehdokumentation von 1960 betonte James Robinson dies als den wichtigsten Aspekt der Unternehmung: Much of what you’ve been doing has a longer ranged significance than you think it [has]. It seems so small when you look at this pile of rocks. Sometimes you get a little sense of frustration about this. But far beyond what your contribution is in terms of your perspective, […] there is a greater value that you can never imagine with the farthest reach of your imagination. If, for example, you do no more than encourage a lot of young people
Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team Ghana 1964, OCAR 77/5. Yatzta K. Chisiza zit. in Crossroads Communiqué 1.3 (1963), 2. Siehe auch Brief, Dickson K. M. Anyan (Ghana Institute of Language) an Jerome Vogel, 20. November 1971, OCAR 76/30. 151 152
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to wanna be able to communicate with you in English […] to be able to have a very bridge of communication, this will be worthwhile.153
Die Annäherung an die afrikanischen Dorfbewohner und counterparts wurde dadurch erleichtert, dass sie keine Experten sondern Studenten waren, die selbst etwas von der Begegnung und Arbeit lernen konnten und wollten und sich nicht wie über allen Dingen stehende Spezialisten gebärdeten. Israel Mowshowitz betrachtete dies als entscheidenden Grund für den Erfolg der Organisation in Afrika: „Africans appreciated the fact that we came to offer our help as equal partners. We did not come as superiors, or advisers, but as co-workers, sharing together in a challenging venture in international cooperation.“154 Für die ungelernten Studenten war es auch einfacher, im community development mit Afrikanern eine Beziehung auf Augenhöhe aufzubauen und zur interkulturellen Kommunikation anzuregen, denn die gemeinsame Arbeit und die ausgewogene Verteilung der Aufgaben gab den beteiligten Afrikanern die Gewissheit, dass die amerikanischen Studenten sich ihnen gegenüber nicht erhaben fühlten.155 Auch die medizinischen und athletischen Projekte der Organisation ermöglichten den Volontären, mit anderen Menschen in Berührung zu kommen. Freiwillige, die in der Gesundheitsfürsorge tätig waren, erhielten einen tiefen Einblick in die Gebräuche, den Glauben und das Hygieneverständnis der Umsorgten und erfuhren in Gesprächen von ihren Problemen und Sorgen – und wurden zu Vertrauenspersonen.156 Und auch an Sportprojekten teilnehmende Crossroader berichteten, dass ihnen der Kontakt zu den Mitgliedern einer sportbegeisterten Gesellschaft auf beeindruckende Weise eröffnet wurde.157 Dennoch hatten die Projekte, die Fachkräfte involvierten, Nachteile für das Ziel von Crossroads, den Kontakt der Volontäre zu einem möglichst breiten Spektrum der Bevölkerung zu ermöglichen. Besonders dem Lehrerfortbildungsprogramm war eine hierarchische Beziehung implizit, die einen ungezwungenen Austausch erheblich erschwerte.158 Wie Ruth Plimpton richtig feststellte, kannten Afrikaner nur den tonangebenden und überlegenen Lehrer. Sie vermieden daher eine persönliche Annäherung an unterrichtende Freiwillige.159 Hierin liegt meiner Meinung nach auch der Grund, warum die OrganiJames H. Robinson zit. in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. 154 Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 60. 155 Vgl. Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, Abernethy Papers 27/3. Siehe auch Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4. 156 Vgl. Project Report Eastern Nigeria II 1964, OCAR 80/3. 157 Vgl. Art House, Final Report Togo, OCAR 82/11; OCA, A Decade of Achievement. 158 Vgl. Rice, The Bold Experiment, 214; Fischer, Making Them Like Us, 69; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 22. 159 Vgl. ebd. 153
Fazit
sation dieses Programm 1965 einstellte und an die National Education Association übergab: Obwohl Bildung eine der größten Herausforderungen und Probleme Afrikas war, konnten diese Projekte das eigentliche Ziel der Organisation nicht erreichen: die Förderung interkultureller Verständigung. Zwar erleichterte die Unerfahrenheit der Crossroader im community development den Kontakt mit Afrikanern, aber sie komplizierte häufig die Arbeit an den Projekten und stellte die Teams vor Probleme, die durch ihre Unwissenheit im Umgang mit Bauprojekten entstanden.160 Die 1958 in Sierra Leone an einem Bewässerungssystem arbeitende Gruppe war zunächst in der Annahme nach Afrika gereist, dass ihnen ein Experte bei der Arbeit zur Seite stehen würde, was sich jedoch als Trugschluss erwies. Was dafür aber im Überfluss vorhanden war, waren sich widersprechende Ideen darüber, wie die Arbeit zu verrichten sei. Abernethys Bericht nach gab es keine Worte für die immense Frustration der Teammitglieder über die fehlerhaften Pläne und das Fehlen wichtiger Werkzeuge und Ausrüstung. Resigniert gab die Gruppe die Hoffnung auf, ihr Projekt fertigstellen zu können, und freute sich dann schon an den kleinsten Fortschritten und der Entdeckung bisher verborgener persönlicher Fähigkeiten.161 Fazit
Zwischen der allgemeinen Zufriedenheit der Teilnehmer und der Durchführbarkeit sowie der Fertigstellung ihrer Arbeitsprojekte bestand ein direkter kausaler Zusammenhang. Die Crossroader waren mit dem Ziel nach Afrika gereist, ein Projekt von gemeinschaftlichem Nutzen durchzuführen und dabei die Bewohner des jeweiligen afrikanischen Dorfes kennenzulernen. Das Arbeitsprojekt war für sie der einzige sichtbare Beweis, dass sie in Afrika etwas bewegt hatten. Ob es einen wirklichen Nutzen erfüllte und in der kurzen Zeit abgeschlossen werden konnte bestimmte entschieden die Zufriedenheit der Teilnehmer. Weniger entscheidend für die allgemeine Zufriedenheit der Gruppen waren hingegen die jeweiligen Wohnbedingungen, das von allen Seiten kritisierte Essen und gelegentliche Krankheiten und Infektionen – Faktoren, die über das physische Wohlbefinden der Teilnehmer entschieden. Vielmehr scheint es, dass die Crossroader regelrecht enttäuscht waren, wenn ihnen eine dieser Erfahrungen erspart blieb und sie etwa anstatt in vergleichsweise primitiven Häusern in für afrikanische Verhältnisse luxuriösen Unterkünften lebten. Das lag an den Erwartungen der Crossroader an ihre Reise: Sie wollten wie 160 161
Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10. Vgl. Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, Abernethy Papers 27/3.
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„einfache“ Afrikaner leben, ihre Speisen essen (viele kostete dies die größte Überwindungskraft) und sich selbst beweisen, dass sie den Herausforderungen an der afrikanischen frontier gewachsen waren. Der Kulturschock war somit ein wichtiger Bestandteil der Reise und wurde von den Teilnehmern geradezu sehnsüchtig erwartet. Wie ein Crossroader 1964 treffend äußerte: „There was a definite culture shock. But that was expected.“162 Um einen möglichst authentischen Eindruck vom Leben und der Entwicklung in Afrika zu bekommen, eignete sich für die Crossroader das Leben und Arbeiten in kleineren afrikanischen Dörfern am besten. Hier bot sich ihnen die Möglichkeit, einen nachhaltigeren Einfluss auf die Entwicklung des Dorfes zu nehmen als dies in Städten möglich gewesen wäre, sowie eine tiefere Beziehung zu den Einheimischen aufzubauen und ihre interkulturelle Erfahrung zu intensivieren. Das Leben in von der Außenwelt teilweise abgeschirmten Dörfern und auf alle Annehmlichkeiten modernen Lebens verzichtenden Unterkünften erleichterte ihnen außerdem die gegenseitige Annäherung und schweißte die Gruppen enger zusammen. Durch das Leben in einem von der angestrebten Modernisierung der afrikanischen Länder noch größtenteils „verschonten“, traditionellen Dorf und die Kontrastierung ihrer dort gesammelten Eindrücke mit Ausflügen in größere Städte des Aufenthaltslandes gewannen die Crossroader einen umfassenden und facettenreichen Einblick in die politische und gesellschaftliche Realität im Zuge beziehungsweise nach der Entkolonialisierung. Sie nahmen die tiefen Gegensätze wahr, die das postkoloniale Afrika kennzeichneten: Entwicklung und Fortschritt auf der einen und Armut und Aberglaube auf der anderen Seite. Das vorrangige Ziel des Programms, die Kommunikation zwischen den Teilnehmern und mit Afrikanern anzuregen, ließ sich am besten mit dem sogenannten community development, also der Errichtung von Schulen, Kliniken und anderen Bedarfsbauten, verwirklichen. Diese Projekte stellten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Entwicklungsplan der jeweiligen Region dar, sondern ermöglichten allen Beteiligten, gemeinsam an der Vervollständigung eines Projektes zu arbeiten, da sie sich auf Augenhöhe austauschen konnten. Weniger förderlich für den Kommunikationsaspekt des Programms waren hingegen die spezialisierten Projekte der Organisation, da diese ein hierarchisches Gefälle und damit gewisse Kommunikationsbarrieren erzeugten und den Austausch über persönliche Themen und Sorgen erschwerten. William Sloane Coffin beschrieb den Aufenthalt seines Teams 1960 in Guinea trotz des teilweise gewöhnungsbedürftigen Wohnumfeldes und gelegentlicher Erkrankungen der ihm anvertrauten Freiwilligen als äußerst gelungen, da wichtige Bedingungen erfüllt waren, die die Zufriedenheit seiner Teilnehmer garantierten: Sie lebten in einem Dorf, dessen Bewohner neugierig auf die Vo162
Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4.
Fazit
lontäre reagierten und die Errichtung einer Begegnungsstätte selbst wünschten; die Volontäre hatten den ganzen Sommer lang eine Aufgabe, die diese Zeit mit Bedeutung füllte; und sie bekamen die tiefen Kontraste zu sehen, die das postkoloniale Afrika kennzeichneten. Darüber hinaus trugen aber auch ihr Ärger über Frösche und Ratten in ihren Unterkünften sowie kleinere Erkrankungen dazu bei, dass ihnen das Leben in Mamou als positives Erlebnis im Gedächtnis blieb, denn sie machten die „typische“ Crossroadserfahrung und lebten für einige Monate genauso wie ihre Gastgeber. Für die Crossroadsverantwortlichen stellten das Leben in afrikanischen Dörfern und die Arbeit an den Projekten von gemeinschaftlichem Nutzen die Vorbedingungen für das eigentliche Ziel des Programms dar: die Kommunikation der Teilnehmer untereinander und mit Afrikanern. Nachdem dieses Kapitel verdeutlicht hat, welche Faktoren eine positive Gruppenmoral begünstigten, soll das nächste Kapitel die Gruppendynamik selbst beleuchten und illustrieren, wie sich für die Crossroader die Konfrontation mit anderen Amerikanern ihrer Gruppe, mit ihren counterparts und der Dorfgemeinschaft gestaltete.
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9 – „We found people like ourselves“. Der interkulturelle Dialog zwischen Crossroadern, afrikanischen counterparts und Einheimischen You’re not gonna change governments […] You’re not gonna change cultural patterns. That is not your job. Your job is to try […] find ways of relating. – James H. Robinson1 – Working day in and day out with Negroe volunteers and staff members of the Peace Corps […] he began to forget completely about the difference in skin pigmentation […] He began to feel a pride in the Peace Corps for leading him to this new understanding. – Zitat aus The Zinzin Road von Fletcher Knebel2 –
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peration Crossroads war mehr als nur ein Arbeitsprojekt: Es war ein Treffpunkt von Menschen verschiedenster Ethnien, Kulturen und Religionen, die erstmals die Gelegenheit hatten, sich über ihre politischen Ansichten, religiösen Überzeugungen, alltäglichen Probleme und Wünsche auszutauschen. Mit der Strukturierung des Programms als interkulturellem Begegnungsforum zielte die Organisation auch darauf ab, dass die Teilnehmer durch den Austausch über kulturspezifische und politische Themen sowie die Zusammenarbeit an gemeinnützigen Projekten und das gemeinsame Leben auf beengtem Raum Verständigungsgrenzen überwanden. Dieses Kapitel fragt danach, ob die Crossroadsteams dieses Ziel umsetzen konnten, und wie sich der in Afrika stattfindende interkulturelle Dialog sowohl zwischen den teilnehmenden Amerikanern als auch der Amerikaner mit ihren counterparts und den afrikanischen Einheimischen gestaltete. Es handelte sich dabei um einen äußerst komplexen Prozess, der noch dadurch verschärft wurde, dass sowohl weiße als auch schwarze Amerikaner an dem Projekt teilnahmen und mitunter die noch größeren Verständigungsbarrieren überwinden mussten, als es zwischen Amerikanern und Afrikanern der Fall war. Das Zusammenspiel verschiedener Beziehungen in Afrika stellte für James H. Robinson zit. in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. 2 Knebel, The Zinzin Road, 33. 1
Die Beziehung der Crossroader untereinander
alle Beteiligten gleichzeitig aber auch eine große Chance dar. Da sie im Rahmen eines NGO-Programms nach Afrika gereist waren, konnten die Crossroader andere Menschen als Individuen kennenlernen und eine persönliche Bindung zu ihnen aufbauen ohne als Repräsentanten ihres Staates den Argwohn der afrikanischen counterparts und Einheimischen zu erregen. In unterschiedlicher Intensität tauschten sie sich dabei über Politik, kulturspezifische Bräuche, Bildungsmöglichkeiten, Musik und persönliche Erfahrungen aus. Der alltägliche Umgang mit Menschen anderer Hautfarbe und Kultur und das Aufeinandertreffen mit verschiedensten Persönlichkeiten bargen jedoch auch Herausforderungen und führten zu Spannungen, die sich beim Zusammenleben mehrerer Menschen generell meist nicht vermeiden lassen. Doch gerade die äußerst heterogene Zusammenstellung der Gruppen und das sich daraus ergebende Konfliktpotential machen die Teams der Organisation aus geschichtswissenschaftlicher Sicht so interessant. Denn die Auseinandersetzungen innerhalb der einzelnen Teams spiegelten mikrokosmisch die gesellschaftlichen Konflikte in den USA der Sechziger wider. Ebenso wie Kapitel 8 erhebt auch dieser Abschnitt der Arbeit nicht den Anspruch, die Beziehungen aller Crossroader mit den jeweiligen Gruppen zu präsentieren, sondern möchte die Komplexität der wirkenden Prozesse veranschaulichen und Leitgedanken aus der Vielzahl an Interpretationen herausstellen. Die Beziehung der Crossroader untereinander
Wie an anderer Stelle bereits besprochen, war das Zusammenleben und -arbeiten von amerikanischen mit afrikanischen Studenten der nach Jerome Vogel „wahrscheinlich wesentlichste Aspekt des Crossroadsprogramms“.3 Auch die Freiwilligen selbst erkannten die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten zum persönlichen und intellektuellen Austausch als wichtigsten Punkt ihrer Reise an.4 Wie jeder, der einmal an einer Klassenfahrt oder Studienreise teilgenommen hat, bezeugen kann, führt der alltägliche Umgang zwischen jungen unbekannten Menschen auch zu vielfältigen Spannungen. Und besonders wenn die Teilnehmer verschiedene religiöse, ökonomische, soziale, und ethnische Hintergründe haben, steigert sich das vorhandene Konfliktpotential nochmals merklich. Wie der vorliegende Abschnitt verdeutlichen wird, hielt das Aufeinandertreffen eines jungen Querschnitts der amerikanischen Bevölkerung nicht nur Chancen für die Beteiligten bereit, sondern barg auch genügend Stoff für Auseinandersetzungen. Brief, Jerome Vogel an George A. Naifeh, 26. November 1968, OCAR 79/10. Vgl. Dr. Jones Returns From Mission in West Africa, in: Atlanta Daily World, 4. September 1960, 1; JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012; Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012. 3 4
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Der interkulturelle Dialog
Für viele Crossroader stellte das Aufeinandertreffen mit Amerikanern anderer gesellschaftlicher und ethnischer Herkunft eine größere Herausforderung dar als die Begegnung mit den Bewohnern des afrikanischen Kontinents. Einige Angehörige der amerikanischen Mittelschicht waren in ihrer Schule nie zuvor in Kontakt mit wohlhabenden Kindern gekommen und wussten nun nicht, wie sie mit ihnen umgehen sollten.5 Unter gewöhnlichen Umständen wären sich diese verschiedenen Menschen wohl niemals begegnet, in Afrika mussten sie nun aber gemeinsam an einem Projekt arbeiten und ihren Kulturschock verarbeiten. Die Programmstruktur von Crossroads setzte dabei geradezu voraus, dass die Gruppe als Einheit funktionierte. Dennoch gab es Teams, die sich ausgezeichnet verstanden, und andere, die weniger gut miteinander auskamen. Die Gründe hierfür waren vielschichtig und ergaben sich aus dem Konglomerat an unterschiedlichsten Persönlichkeiten, die in Crossroads aufeinandertrafen. Die Stimmung in einigen Teams war schlichtweg fantastisch, weshalb Äußerungen wie die folgende zustande kamen: „Our group […] got along so well that we found it hard to understand just how you managed to put us all in the same group.“6 Aller Unterschiede ungeachtet gelang es diesen Gruppen, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen und als Einheit zu funktionieren.7 Gemeinsam gemeisterte Herausforderungen sowie der persönliche Wunsch eines jeden Teilnehmers nach sozialem Engagement und ihre Bereitschaft zu gegenseitiger Toleranz schweißte sie enger zusammen.8 Auf der anderen Seite zerfielen einige Teams in untereinander zerstrittene Lager. Dies geschah aufgrund von Rassenkonflikten, individualistischen Tendenzen einiger Mitglieder oder der geringen Beteiligung von (besonders weiblichen) Teilnehmern an den Arbeitsprojekten.9 Ein weiterer entscheidender Nachteil für das Zusammenwachsen als Einheit war der teilweise große Altersunterschied zwischen den Teilnehmern. Die Mitglieder eines 1964 in Tanganyika arbeitenden Teams waren zwischen 18 und 33 Jahre alt und konnten aufgrund ihres unterschiedlichen Erfahrungshorizontes keinen gemeinsamen Nenner finden. Die älteren Teilnehmer erwarteten zudem, anders als die mitreisenden Teenager behandelt zu werden, was wiederum zu gruppeninternen Eifersüchteleien führte.10 Die Quellen verdeutlichen, dass mehrere Crossroader die zu starke Betonung der Gruppenerfahrung auf der Orientierungsveranstaltung kritisierten Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. Brief, Jerome Martin an James H. Robinson, 16. September 1964, JHR 6/19. Siehe auch Niger Leader’s Evaluation Report 1964, OCAR 79/6; Bruce Harris, Jr., Leader’s Report Uganda 1964, OCAR 82/16. 7 Vgl. OCA Report 1970, 3. 8 Vgl. OCA Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11. 9 Vgl. zum letzten Punkt: End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 10 Vgl. L.J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22. 5 6
Die Beziehung der Crossroader untereinander
und die Unterordnung des Individuums unter die Gruppe fürchteten, sie bezweifelten auch den tatsächlichen Nutzen dieses Ziels.11 In einigen Gruppen gab es vereinzelte Teilnehmer, die sehr individualistisch veranlagt waren und sich nicht den Wünschen der anderen Gruppenmitglieder beugen wollten – weshalb sie sich von ihnen distanzierten.12 Sie beschwerten sich darüber, dass ihr Team sich zu sehr mit sich selbst beschäftigte und sie sich dadurch von den Einheimischen entfernten, womit ihnen eine wertvolle Erfahrung entginge.13 Die gruppeninternen Beziehungen der Crossroader in den professionellen Projekten unterschieden sich wesentlich von denen jener Teams, die im community development arbeiteten. Erstere waren in der Regel eher homogene Gruppen, die aus Menschen mit ähnlicher Ausbildung und Alter bestanden, weshalb ihnen ihre Begegnung nicht durch Unterschiede in ihrer Herkunft problematisiert wurde. Zudem waren die Teilnehmer meist älter und gingen Konflikte gelassener an. Eine Krankenschwester, die an einem medizinischen Projekt in Nigeria teilnahm, führte das harmonische Verhältnis der Gruppenmitglieder ihres Teams auf die Reife ihrer Kolleginnen zurück und die zahlreichen Gemeinsamkeiten, wie etwa ihre medizinische Ausbildung, weshalb sie auch ein gemeinsames Ziel vor Augen hatten, das sie diesen Sommer mit Crossroads erreichen wollten: „Whatever our problems were, I feel that they were handled maturely, openly and promptly with the purpose in mind of always maintaining the continuity of the group.“14 Die traditionellen Crossroadsgruppen setzten sich zu gleichen Teilen aus Jungen und Mädchen zusammen, was sowohl in Hinsicht auf lokale Sittenkodexe in den Gastländern problematisch war, als auch das Zusammenleben in den Teams zuweilen komplizierte. Es konnten sexuelle Spannungen entstehen, die einzelne Teilnehmer davon ablenkten, sich den Wünschen der Gruppe zu fügen. Damit die Teams nicht wegen verschiedener Liebschaften unter Teilnehmern auseinander drifteten, machte die Organisation ihren Standpunkt gegenüber den Crossroadern und dem Teamleiter von Beginn an unmissverständlich klar: „We are against loose relations between the opposite sexes whether they be American, Canadian or African.“15 Gleichzeitig entschied sich Crossroads dagegen, verheiratete Paare im selben Team reisen zu lassen, da sie selbstverständlich öfter mit sich selbst beschäftigt wären und sich nicht vollständig in die Gruppe eingliederten.16 Einige Teams diskutierten dieses Thema zu Beginn des Sommers und legten für sich Umgangsnormen fest, wie etwa Vgl. OCA, Summary of Participants’ Comments on 1968 Orientation, OCAR 74/8. Über solche Teammitglieder berichten: Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. 13 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; OCA, Summary of Participants’ Comments on 1968 Orientation, OCAR 74/8. 14 Final Report Eastern Nigeria III 1963, OCAR 80/1. 15 OCA, Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010. 16 Vgl. ebd. 11 12
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Der interkulturelle Dialog
eine Gruppe in Sierra Leone, die sich darauf einigte, dass Bruder-Schwester-Beziehungen die beste Lösung für dieses Problem wären und potentielle Konflikte wegen amouröser Gefühle verhindern könnten.17 Aller Vorgaben und Abmachungen ungeachtet bildeten sich dennoch Pärchen in den Crossroadsteams, von denen einige später sogar heirateten. Ein Paar wurde sogar noch in Afrika getraut und wurde, um die Zeremonie vollziehen zu können, von Prinzen der Ashanti adoptiert.18 Es bildeten sich auch gemischtrassische Beziehungen zwischen schwarzen und weißen Crossroadern, die in Amerika in jener Zeit höchstwahrscheinlich nicht zustande gekommen wären.19 In Afrika waren diese Beziehungen weniger verrufen und die Teilnehmer konnten sich ohne Furcht vor verbaler Diskriminierung näherkommen.20
Abb. 12: Die Crossroader 1963 vor ihrer Abreise nach Guinea.
Da in Afrika andere kulturelle Normen bezüglich sexueller Beziehungen galten, riet die Organisation ihren Teilnehmern eindringlich von sexuellen Beziehungen mit Afrikanern ab. Im Handbuch für die Teamleiter bemerkte sie ausdrücklich:
Vgl. Ross Burkhardt, Sierra Leone II Evaluation Report 1964, OCAR 81/11. Vgl. Oscar McCloud, Interview der Autorin, New York City, 21. Februar 2012. Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; Robert Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar, 2012. 20 Vgl. auch Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1025. 17 18 19
Die Beziehung der Crossroader untereinander
Try not to permit the girls in your group to enter into difficult situations either with African male students or with detached American or other non-African males. Remember that sex relationships in Africa are entirely different from our own, and behavior which may be innocent and socially acceptable in the US and Canada may be interpreted in an entirely different manner by an African male.21
Wenn möglich sollten die Jungs deshalb auf die Mädchen ihres Teams aufpassen und gemeinsam etwas unternehmen, um von vornherein zu verhindern, dass weibliche Teilnehmer in die Situation gerieten, allein unter afrikanischen Männern zu sein.22 Wie JoAnn Tanner aus Guinea berichtete, waren amerikanische Mädchen bei den einheimischen Jungs äußerst beliebt – so beliebt, dass ein Mädchen meist gleichzeitig von vier Männern zum Tanz aufgefordert wurde. Die Jungs des Teams hingegen hatten es nicht so einfach mit guineanischen Mädchen ins Gespräch zu kommen, da diese sehr schüchtern und zurückhaltend waren.23 Gerald Rice zufolge traf es tatsächlich zu, dass sich Afrikaner intensiv um westliche Frauen bemühten, da sie als Verkörperung des Frauenbildes galten, das von Hollywood transportiert wurde. Sie wurden als dumm und promiskuitiv wahrgenommen – Attribute, die sie, so Rice, in den Augen ihrer Gastgeber zu „Freiwild“ machten.24 Besonders schwierig war es für alleinstehende Teilnehmerinnen, sich den Annäherungsversuchen von Afrikanern zu widersetzen, da sie in solchen Fällen beschuldigt wurden, mit Vorurteilen gegenüber Afrikanern – und insbesondere afrikanischen Männern – behaftet zu sein. Wenn sie Affären mit Afrikanern ablehnten, wurde ihnen vorgeworfen, aus rassistischen Gründen nicht an einer Beziehung interessiert zu sein. Ein nigerianischer counterpart etwa unterstellte einer Crossroadsteilnehmerin Rassismus, und sagte, dass sie ihn und seine Freunde nur vom Gegenteil überzeugen könnte, wenn sie sich bereit erkläre, seine feste Freundin zu werden.25 In manchen Gruppen bemühten sich die Teamleiter aufgrund solcher Vorkommnisse, Beziehungen zwischen Afrikanern und amerikanischen Crossroadern unbedingt zu verhindern, wie in Äthiopien, wo sich junge Offiziere äußerst interessiert an den Mädchen des Teams zeigten. Der Teamleiter verbot ihnen jedoch, sich mit diesen Männern einzulassen, da er ihre Sicherheit dadurch gefährdet sah. Denn einer der beharrlichsten Offiziere hatte seine Ehefrau in einem Streit erschossen.26 OCA, Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010. Ebd. Vgl. JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. Vgl. Rice, The Bold Experiment, 233. Siehe auch Particia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012. 25 Vgl. Report OCA Lagos Group 1969, OCAR 79/26. 26 Vgl. Evaluation Report Ethiopia III, OCAR 76/9. 21 22 23 24
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Trotz solcher Vorsichtsmaßnahmen begannen sowohl weiße als auch schwarze amerikanische Teilnehmerinnen Affären mit Afrikanern. Während die Beziehung zwischen einer weißen Freiwilligen und einem Afrikaner in einem Team zum Gespött wurde, waren andere Gruppen toleranter gegenüber diesen Verbindungen.27 In Tanzania gab eine Teilnehmerin sogar ihre Verlobung mit einem Soldaten der Armee bekannt, der nach Ansicht der restlichen Teammitglieder gebildet und in seinem Verhalten sehr westlich geprägt war. Obwohl die Verlobung für alle Crossroader überraschend kam, waren sie dennoch überzeugt, dass sie reiflich überlegt wäre.28 Während sich interne Paare, also beide amerikanische Crossroader, meist an die Gruppe hielten und ein Teil davon blieben, grenzten sich afrikanisch-amerikanische Paare oft von der Gruppe ab und trafen sich abseits des Gruppengeschehens.29 Aller genannten Konflikte ungeachtet gelangten die Crossroader am Ende des Sommers zu dem Fazit, dass das erreichte Verständnis füreinander und die Freundschaften zwischen Amerikanern verschiedener Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit und sozialem Status gleichwertig gegenüber den Begegnungen mit den afrikanischen counterparts und Einheimischen waren. Willard Johnson, Teilnehmer 1961 in Guinea, bemerkte: „I think that the experience of each of the Crossroaders in my group with each other was as important, if not more so, than their experience with the host country and its people.“30 Die gruppeninterne Begegnung lehrte die Teilnehmer, dass offensichtliche Unterschiede wie die Hautfarbe eines Menschen und der ökonomische Status seiner Familie nicht darüber hinwegtäuschen können, dass sie letztendlich alle Amerikaner und durch eine gemeinsame Kultur und Interessen miteinander verbunden waren: „We realized that an American is simply an American and we had so much in common compared to other lands.“31 Die Beziehung zwischen schwarzen und weißen Crossroadern
Crossroads bot allen Teilnehmern an seinem Programm die Chance, sich in einer informellen Atmosphäre zu begegnen, ohne den gesellschaftlichen Restriktionen unterworfen zu sein, die schwarzen und weißen Amerikanern in den USA solch einen Austausch erschwerten. Das Zusammensein in Afrika war daher für alle Beteiligten eine Erfahrung, bei der sie die einzelnen Teilnehmer nicht als Vertreter einer bestimmten ethnischen Gruppierung, sondern als einVgl. Gordly, Remembering the Power of Words, 63. Vgl. L.J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22. Vgl. Sierra Leone Group I 1964, OCAR 81/10. Willard Johnson, Quotes from Willard Johnson, 6. März 1967, JHR 47/26. Operation Crossroads Brings Phily Girl Closer to Senegal, in: Afro-American, 9. November 1963, 20; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 63. 27 28 29 30 31
Die Beziehung zwischen schwarzen und weißen Crossroadern
zelne Persönlichkeiten kennenlernten, die ihren eigenen Interessen folgten.32 Während sich schwarze und weiße Volontäre Ende der fünfziger und Anfang bis Mitte der sechziger Jahre ihrer „gemeinsamen Menschlichkeit“ bewusst wurden – ein Begriff, den der Peace-Corps-Historiker Jonathan Zimmerman prägte33 – wurde die Gruppenharmonie in den späten Sechzigern durch Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der Ethnien gestört. Noch in den Anfangsjahren von Crossroads war es für die meisten seiner Teilnehmer das erste Mal, dass sie mit Angehörigen anderer Hautfarbe in Berührung kamen, weshalb sie überwiegend neugierig aufeinander waren. Besonders Weiße aus dem Süden der USA hatten zuvor keinerlei Kontakt zu schwarzen Amerikanern gehabt. Aber auch Amerikaner aus dem Norden, die sich selbst als liberal in Rassenfragen bezeichneten, hatten zuvor keine intensiven Beziehungen zu Afroamerikanern aufgebaut. Nun hatten sie die Gelegenheit, ihre zumeist liberalen Überzeugungen auch in der Praxis unter Beweis zu stellen.34 Im alltäglichen Umgang in den workcamps lernten sie mit- und übereinander. So berichtete Anne Wortham etwa, dass die weißen Mädchen ihres Teams ihr dabei zuschauten, wie sie ihre Haare glättete, was sie nie zuvor gesehen hatten, da sie selbst glattes Haar hatten.35 Der Austausch über persönliche Wünsche, Hoffnungen, Probleme und Erfahrungen überzeugte die Teilnehmer, dass ein Amerikaner ein Amerikaner ist, ob nun schwarz oder weiß – eine Erkenntnis, die junge Menschen laut der Bürgerrechtsaktivistin Casey Hayden nur erlangen konnten, indem sie eine Freundschaft zu Angehörigen anderer Ethnien aufbauten, wie dies Crossroads ermöglichte: „White people never get past racial prejudice by talking to other white people, they start to break out of it by means of a positive relationship with somebody black.“36 Im Laufe des Sommers entwickelten besonders weiße Crossroader, wie Michael Seltzer, eine ‚Farbenblindheit‘ gegenüber ihren Mitmenschen und bezeichneten diese Erfahrung im Nachhinein als „the most raceblind experience in my life“.37 Diese Sichtweise wird auch durch die Auswertung eines Crossroaders von 1970 gestützt, die verdeutlicht, dass diese „rassenblinde Erfahrung“ einige Crossroader zu der Überzeugung leitete, dass die Hautfarbe eines Menschen in einer demokratischen Gesellschaft wie den USA nicht von Belang sein sollte:38 Vgl. zum Beispiel: Gordly, Remembering the Power of Words, 60. Vgl. Zimmerman, Innocents Abroad, 210. 34 Vgl. End of Summer Evaluation Liberia, OCAR 78/16. 35 Vgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 54, OCAR Addendum 2010. 36 Casey Hayden zit. in Schrader Adams, Interracial Alliance of the Poor, 417. 37 Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; Niger Evaluation Report 1964, OCAR 79/6. 38 Jonathan Zimmerman stellte fest, dass diese Aussage auch auf die Volontäre des Peace Corps zutrifft: Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1026. 32 33
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We in fact regarded ourselves as one Crossroads group working as brothers and sisters. This […] is a clear indication that in society the color of the individual should be irrelevant and disregarded. What is important is to know the real ‚man‘ behind the body. This I think we achieved in our group […] Here we see the opportunity for mankind to realize its equality and its relationships as a family: „The family of human beings.“39
Dennoch gab es auch zu Beginn der sechziger Jahre vereinzelte Fälle, in denen sich schwarze Volontäre von weißen Mitgliedern distanzierten oder beide in heftige Konflikte miteinander gerieten. In einem Team behauptete ein afroamerikanischer Teilnehmer zum Beispiel, dass ihn ein anderes Gruppenmitglied in einer nichtigen Auseinandersetzung als „Nigger“ beschimpft hätte, worauf hin er ihm ins Gesicht schlug.40 Und in einer anderen Gruppe äußerten sich die Unstimmigkeiten nicht in Form physischer Angriffe, sondern in der bewussten Abgrenzung einer Teilnehmerin vom Rest des Teams. Sie sympathisierte mit der Black-Muslim-Bewegung und identifizierte sich kaum mit den größtenteils weißen Teammitgliedern, verschwand an den Abenden und kehrte erst spät nachts in die gemeinsame Unterkunft zurück.41 Noch erzielte das gemischtrassische Experiment von Crossroads überwiegend positive Resultate; war dies aber auch in den späten sechziger Jahren noch möglich, als die ethnischen Spannungen in den USA förmlich überkochten und sich immer mehr Afroamerikaner von der Taktik des passiven Widerstands zu distanzieren begannen? Eine Antwort auf diese Frage muss sowohl die Konflikte innerhalb der Crossroadsgruppen berücksichtigen als auch die Reaktionen von Afrikanern darauf. Deutlich erkennbar ist, dass die Volontäre Ende des Jahrzehnts all das mit nach Afrika brachten, was sie persönlich beschäftigte, wie etwa die äußerst angespannten Rassenbeziehungen. In ihnen spiegelte sich all das, was in den USA zur selben Zeit vonstatten ging. 1969/70 dominieren deshalb Berichte über ethnische Konflikte die Quellen. Sie nahmen die Zeit der Crossroadsmitarbeiter erheblich in Anspruch, die bemüht waren, die Wogen zu glätten.42 Viele Gruppen berichteten in dieser Zeit von offener Feindseligkeit schwarzer Teilnehmer gegenüber den weißen und dass sie die Gesellschaft von Afrikanern der eigenen Gruppe vorzogen.43 Im Tanzania-Team von 1969 hetzte ein schwarzer Teilnehmer gegen jeden, der nicht schwarz war oder keine Antipathien gegen Weiße oder Asiaten zeigte.44 Und OCA, Evaluation 1970, OCAR 76/17. Vgl. Brief, A. G. Oliver an James H. Robinson, 14. Juli 1964, OCAR 81/16. Vgl. Leo Mannaert, Area Representative’s Report Summer 1964, OCAR 74/26. Vgl. Gordly, Remembering the Power of Words, 63; Brief, James H. Robinson an Wood, 28. Oktober 1969, OCAR 78/14. 43 Vgl. Brief, William Laast an Jerome Vogel, 27. November 1969, OCAR 76/23; Brief, C. Munanairi (Kenya Voluntary Development Association) an James H. Robinson, 13. November 1970, OCAR 77/30. 44 Vgl. Brief, Joseph A. Sipendi (Bishop of Moshi, Tanzania) an James H. Robinson, 11. August 39
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Die Beziehung zwischen schwarzen und weißen Crossroadern
in Monrovia verweigerten ein von der Organisation als „militant“ bezeichneter Afroamerikaner und sein weibliches Pendant jegliche Kommunikation mit weißen Teilnehmern und traten stattdessen offen für Separatismus ein.45 Solche Alleingänge schwarzer Teilnehmer und die ethnischen Spannungen wirkten sich negativ auf die Gruppenmoral aus. Meist waren nur die US-Amerikaner betroffen, Kanadier und Afrikaner waren eher in einer beobachtenden Position und fungierten als Streitschlichter, die ein harmonisches Gruppengefüge wieder herstellen wollten.46 Die teilweise sehr heftigen Auseinandersetzungen zwischen weißen und schwarzen Crossroadern hinderten die Teams schließlich am Austausch mit Afrikanern und hinterließen einen schlechten Eindruck in ihrer Gastgemeinde.47 Afrikaner wollten nicht in diese Streitereien hineingezogen werden und beschwerten sich bei Crossroads – Beschwerden, die die Organisation ausschließlich in den späten sechziger und Anfang der siebziger Jahre erhielt.48 Der Afrikaner Emmanuel Q. etwa schrieb in diesem Zeitraum an Jerome Vogel: „We feel sick when we are drawn to witness quarrels on race instead of efforts to pull together in developing Africa.“ Seine Entrüstung über ethnische Konflikte innerhalb der Crossroadsgruppen ging so weit, dass er behauptete, er zöge mittlerweile Ausrüstung und Baumaterialien aus den USA vor, um zu vermeiden, dass diese „Arbeitskräfte“ Afrika als Plattform nutzen, um ihre ethnischen Konflikte untereinander auszutragen.49 Andere afrikanische Beteiligte schlossen sich dem an und warnten die Organisation, dass Gruppen, die ihre ethnischen Auseinandersetzungen mit nach Afrika brächten, zukünftig keine Arbeitsprojekte von afrikanischer Seite mehr offeriert bekämen.50 Für Crossroads waren solche Vorfälle äußerst beschämend und schadeten dem Image der Organisation vor Ort erheblich. In Kenya erfuhren die Einwohner in der lokalen Tageszeitung, dass eine Gruppe schwarzer Anhänger der Black-Power-Bewegung aus Protest einen Vortrag verlassen habe, den der kenyanische Bildungsminister vor dem Crossroadsteam hielt – eine Respektlosigkeit, die die Afrikaner als tiefe Beleidigung empfanden.51 1969, OCAR 82/2. 45 Vgl. Brief, Eddie Palmer (USIA) an James H. Robinson, 12. August 1969, OCAR 79/11. Ähnliche Fälle beschreiben: Brief, Jerome Vogel an David Cullings, 5. November 1970, OCAR 72/22; Brief, Ohio Wesleyan Committee an Jerome Vogel, 6. Dezember 1971, OCAR 74/3. 46 Vgl. Brief, B. Kobba an James H. Robinson, 15. Oktober 1969, OCAR 80/2. 47 Vgl. J.D. Ormiston, Memorandum to Chairmen of the Selection Committees on Campus, 29. Oktober 1969, OCAR 72/8. 48 Vgl. Brief, Jerome Vogel an William Laast, 24. Oktober 1969, OCAR 76/23; Brief, J. A. Indome (Regional Administration Bolgatanga) an James H. Robinson, 5. Dezember 1968, OCAR 76/21; Brief, J. C. Mfula (Moíndolo Ecumenical Foundation Kitwe) an James H. Robinson, 19. November 1970, OCAR 82/18. 49 Brief, Emmanuel Q. an Jerome Vogel, 8. Dezember 1970, OCAR 76/27. 50 Vgl. Brief, C. Munanairi (Kenya Voluntary Development Association) an James H. Robinson, 13. November 1970, OCAR 77/30. 51 Vgl. ebd.
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Auch wenn die ethnischen Konflikte einen Imageverlust für die Organisation bedeuteten, gab es Stimmen bei Crossroads, die nicht sonderlich über die Polarisierung der Gruppen besorgt waren, da sie, wie der Gruppenleiter James Wood feststellte, lediglich widerspiegelten, was in Amerika vor sich ging, und Volontäre durch die Konfrontation mit diesen Problemen die Möglichkeit erhielten, sich ihrer gemeinsamen amerikanischen Identität bewusst zu werden.52 James H. Robinson schloss sich dieser Meinung an und gelangte zu dem Fazit, dass, obwohl allseits heftige Beleidigungen gefallen waren, jeder Teilnehmer schlussendlich fühlte, dass der direkte Austausch darüber eine entscheidende Hilfe zu besserem ethnischen Verständnis war.53 Und Jerome Vogel bemerkte ganz pragmatisch, dass dies nun einmal Probleme wären, mit denen man stets rechnen müsste, wenn man mit Studenten und zudem noch gemischtrassischen Gruppen zusammenarbeitete.54 In einem Brief an die kooperierenden Colleges rechtfertigte er seinen Standpunkt: „We are not concerned with giving an image of social harmony that does not exist. Indeed, we tell our participants whatever they believe is true about the racial situation here. Nobody could pretend that it is harmonious.“55 Crossroads reagierte auf die vermehrten Auseinandersetzungen zwischen schwarzen und weißen Teilnehmern, indem es gewissenhafter bei der Auswahl der Teilnehmer vorging und Afroamerikaner von der Teilnahme ausschloss, die Crossroads lediglich benutzen wollten um Afrika zu entdecken, sich aber der Gruppenerfahrung verweigerten.56 Daraufhin nahmen ab 1971 die Konflikte schließlich ab, auch begünstigt durch die Verbesserung der Rassenbeziehungen in den USA. Auch wenn in den Teams immer noch hitzige Diskussionen zwischen schwarzen und weißen Teilnehmern geführt wurden, erreichten diese nicht mehr die Intensität und die polarisierende Kraft vorhergehender Jahre oder hinderten die Teilnehmer daran, Afrika zu erkunden und sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden.57 Die Beziehung zwischen Crossroadern und ihren counterparts
Ebenso wie für schwarze und weiße Amerikaner hatte es für junge Afrikaner und Amerikaner zuvor kaum Gelegenheiten gegeben, sich kennenzulernen – ein wichtiges Bedürfnis, das Crossroads als erste Organisation erkannte. Die Vgl. Brief, James Wood an James H. Robinson, 14. November 1969, OCAR 78/14. Vgl. Brief, James H. Robinson an James Wood, 10. November 1969, OCAR 78/14. Vgl. Brief, Jerome Vogel an Crossroads College Representatives, September 1971, OCAR 73/22. 55 Ebd. 56 Vgl. J.D. Ormiston, Memorandum to Chairmen of the Selection Committees on Campus, 29. Oktober 1969, OCAR 72/8. 57 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Rev. James Leslie, 3. November 1971, OCAR 73/25; Brief, Ann Fletcher an Dough Briggs (Princeton University), 5. November 1971, OCAR 73/25. 52 53 54
Die Beziehung zwischen Crossroadern und ihren counterparts
Organisation ermöglichte ihnen einen Austausch auf persönlicher Ebene, da die Freiwilligen nicht als offizielle Repräsentanten ihrer Staaten nach Afrika reisten oder technische Hilfskräfte waren, die die überlegene westliche Technologie ins „unterentwickelte“ Afrika bringen wollten. Crossroads war schlichtweg ein people-to-people Programm, das jungen Menschen ermöglichte, sich kennenzulernen und dabei stereotype Vorstellungen zu überwinden. Auch wenn es eines der erklärten Ziele der Organisation war, Crossroader in Kontakt mit afrikanischen Studenten zu bringen, indem sie ihnen counterparts zur Seite stellte, arbeiteten einige Gruppen ohne letztere. Blieb die Arbeitserfahrung gemeinsam mit gleichaltrigen Afrikanern aus, bedauerten es die betroffenen Gruppen sehr. Schließlich waren sie mit genauen Vorstellungen nach Afrika gefahren; eine der wichtigsten war, in einen intellektuell stimulierenden Dialog mit afrikanischen counterparts zu treten und deren Kultur kennenzulernen.58 Das Ausbleiben der counterparts führte jedoch dazu, dass die Crossroader mehr Austausch mit den Einheimischen an ihren Einsatzorten hatten.59 Das traf auch auf die professionellen Teams zu, die grundsätzlich keine counterparts hatten und sich stattdessen mit ihren afrikanischen Kollegen anfreundeten.60
Abb. 13: Einige Crossroader fahren mit ihren counterparts zur Baustelle nach Mamou (1963).
Vgl. Brief, Jerome Vogel an Charles H. Pletcher (US Embassy Botswana), 30. Oktober 1968, OCAR 75/1; Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 59 Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012; Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos 1964, OCAR 78/4; OCA, Projects in Botswana, OCAR 75/1. 60 Vgl. zum Beispiel: Brief, Jerome Vogel an George A. Naifeh, 26. November 1968, OCAR 79/10. 58
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Für die Organisation war es oftmals schwierig, counterparts für ihre Teams zu organisieren. Vor allem in Ländern, in denen Crossroads mit der amerikanischen Botschaft enger zusammenarbeitete, so stellte Alec Fisken fest, war es nicht einfach, Studenten dazu zu bewegen, einen Sommer lang gemeinsam mit Crossroadern zu arbeiten. Sie wurden dann nämlich eher als Repräsentanten ihres Staates wahrgenommen und nicht als Individuen, die auf eigene Initiative in Afrika arbeiteten.61 Wie Harold Isaacs in seiner Monographie über den Sommer 1960 ausführte, behinderten außerdem die Überschneidung des Aufenthaltes der Crossroader mit den Schul- beziehungsweise Vorlesungszeiten das Anwerben von counterparts, mitunter hatten die afrikanischen Studenten in ihren Ferien anderweitige Verpflichtungen.62 Ein weiterer, meiner Meinung nach nicht zu unterschätzender Grund ist die Tatsache, dass die counterparts für ihre Arbeit nicht bezahlt wurden, obwohl viele von ihnen auf finanzielle Nebeneinkünfte in den Ferien angewiesen waren – ein Grund, der auch viele Afroamerikaner von einer Teilnahme an Crossroads abhielt. Zudem waren es afrikanische Studenten, wie noch zu zeigen sein wird, nicht gewohnt körperlich zu arbeiten. Sie galten als intellektuelle Elite ihres Landes, wo nur diejenigen mit den Händen arbeiteten, die keine (Aus-)Bildung genossen hatten. In einigen Ländern war es daher auch das erste Mal, dass einheimische Studenten einen Sommer lang körperliche Arbeit verrichteten. Damit trugen sie zu den Plänen ihrer Regierungen bei, Studenten in das ländliche Leben zu integrieren und an der Entwicklung zu beteiligen.63 In den Anfangsjahren der Organisation stammten die jeweiligen counterparts ausschließlich aus dem Gastland, in dem die Crossroader arbeiteten. Gegen Ende der sechziger Jahre bemühte sich Crossroads jedoch darum, afrikanische Studenten aus verschiedenen Ländern in einem Projekt zu vereinigen, um sie auch von afrikanischer Seite internationaler zu gestalten.64 In muslimischen Ländern waren die counterparts ausschließlich männlich, da es Frauen dort verboten war, gemeinsam mit Männern zu arbeiten.65
Vgl. Alec Fisken, Report on Work in West and Central Africa 1968–1969, 2. Dezember 1969, OCAR Addendum. 62 Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 53; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 46. 63 Vgl. OCA Report 1966, 5. 64 Vgl. Brief, Jerome Vogel an Stella Davis (US Embassy), 26. März 1969, OCAR 76/22. 65 Vgl. Charles Pincus, Summer in Senegal, in: Boy’s Life (August 1961), 25; Desta Hagos zit. in Record of African Participants, OCAR 76/7. 61
Die Beziehung zwischen Crossroadern und ihren counterparts
Abb. 14: Beim Bau der Schule in Mamou, Guinea
Die Beziehungen zwischen Crossroadern und counterparts variierten zwischen äußerst engen und harmonischen bis hin zu ausgesprochen schlechten Bindungen. Der Idealfall wurde von einer Gruppe in Uganda beschrieben, die 1964 mit counterparts zusammenarbeitete, die gleichaltrig und überaus kultiviert waren und so gutes Englisch sprachen, dass die Crossroader keinen Grund sahen, die Landessprache zu erlernen.66 Faktoren, die ein Zusammengehörigkeitsgefühl begünstigten, waren der intellektuelle Austausch über alltägliche und politische Ereignisse, das Bedürfnis aller Beteiligten, eine enge Bindung zueinander aufzubauen, sowie das Leben in einer gemeinsamen Unterkunft. Letzteres erleichterte den Teilnehmern nicht nur die Kontaktaufnahme, sondern machte sie auch mit kulturspezifischen Alltagsgewohnheiten ihrer counterparts vertraut, die ihnen wiederum einen tieferen Einblick in die Kultur ihres Gastlandes gewährten. So erging es auch Michael Seltzers Team im Kamerun, das zusammen in einem Schlafsaal übernachtete und bis zum Ende des Sommers zu einer Einheit zusammenwuchs.67 Zudem erwies sich die Partizipation von Afroamerikanern an den Projekten als entscheidender Vorteil, da dies einigen Afrikanern die Befangenheit im Umgang mit den amerikanischen Studenten nahm. So bemerkte ein afrikanischer counterpart, dass sie zunächst voller Sorge gewesen sei, dass sich die Amerikaner den Afrikanern gegenüber erhaben fühlen würden. Doch als sie sah, dass schwarze Amerikaner Teil der Gruppe waren und sogar der Gruppenleiter Afroamerikaner war, fühlte sie sich sehr erleichtert.68 Sehr enge Beziehungen mit den counterparts Vgl. Bruce Harris, Jr., Leader’s Report Uganda 1964, OCAR 82/16. Eine ähnliche Situation beschreibt: OCA Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11. 67 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 68 Vgl. Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, undatiert, Abernethy Papers 27/5. 66
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konnten, wie im Fall der oben beschriebenen Gruppe in Sierra Leone, dazu führen, dass Spannungen innerhalb des amerikanischen Teams abgemildert wurden. Bei einem anderen Fall in Nigeria wurden die Gruppenbeziehungen weniger intensiv, da die Crossroader so sehr mit ihren counterparts beschäftigt waren, dass sie einander darüber vollkommen vergaßen.69 Streitigkeiten zwischen Crossroadern und counterparts entstanden unter anderem aufgrund finanzieller Unklarheiten, die aus der Unwissenheit der counterparts gegenüber dem Konzept von Crossroads resultierten. Einige Gruppen zerbrachen an den monetären Ansprüchen der counterparts, die eine Entschädigung für ihre Mitarbeit an den Projekten einforderten.70 Afrikanische Studenten in Äthiopien verlangten fünf Dollar täglich und drohten das Team zu verlassen. Der Teamleiter verweigerte ihnen diese Summe jedoch, da er erstens nicht über genügend finanzielle Mittel verfügte und zweitens keinen Präzedenzfall schaffen wollte, der solch eine Zahlung auch für zukünftige Crossroader verpflichtend gemacht hätte. Folglich musste das Crossroadsteam sein Projekt ohne counterparts fortsetzen.71 Probleme wie diese ergaben sich wohl, weil die counterparts nicht mit den Zielen und Absichten der Organisation vertraut gemacht und nicht über die Bedeutung von Crossroads unterrichtet worden waren.72 Wie aus den Quellen ersichtlich wird, scheint dies die Mehrheit der counterparts zu betreffen. So beklagten Crossroader in Äthiopien, dass einige counterparts nicht verstünden, warum die Freiwilligen eigentlich in Afrika waren, und beschrieben dies als eines der größten Hindernisse in ihrem Bemühen, eine enge Bindung zu ihnen aufzubauen. Um dieses Szenario in Zukunft zu vermeiden, rieten sie der Organisation, counterpart-Teams in Zukunft stärker mit der Philosophie und dem Zweck der Organisation vertraut zu machen.73 Oftmals schwer hatten es Teams, die bereits als zweite Gruppe der Organisation an einen Einsatzort reisten, beziehungsweise mit counterparts zusammenarbeiteten, die schon zuvor mit Crossroads gearbeitet hatten. So berichtete eine Gruppe aus Gambia, dass die meisten ihrer counterparts mindestens einmal zuvor als solche fungiert hatten. Der Reiz des Neuen war für sie deshalb bereits verflogen und sie betrachteten die Zusammenarbeit mit den Crossroadern nunmehr als Urlaub.74 Die Guinea-Gruppe von 1961 arbeitete nicht nur Vgl. OCA Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11; T. Mitsui, Leader’s Evaluation Report Eastern Nigeria I 1964 Abakaliki Group, OCAR 80/2. 70 Vgl. Lionel Arnold, Ethiopia I Adigrat Leader’s Report 1964, OCAR 76/10. 71 Vgl. Evaluation Report Ethiopia I, OCAR 76/10. Ähnlich schilderten andere Teams aus Äthiopien ihre Erfahrungen mit den counterparts: Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10. 72 Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 73 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 74 Vgl. Rev. Aidan C. McMullen, Gambia Team, OCAR 76/20; End of Summer Evaluation 69
Die Beziehung zwischen Crossroadern und ihren counterparts
mit den counterparts des Vorjahres sondern auch an demselben Projekt. Sie schrieb der Organisation, dass es nicht ratsam wäre, Crossroader zweimal an denselben Einsatzort zu entsenden. So war es nur ein „aufgewärmtes“ Crossroadserlebnis und es war oft nicht einfach, die Fußstapfen auszufüllen, die die Vorgänger hinterlassen hatten. In Mamou, so schrieben die Teammitglieder, verhinderte die mit den Crossroadern des Vorjahres gemachte Erfahrung den Einfluss, die zukünftige Gruppen auf die dortige Gemeinde nehmen könnten.75 Von Nachteil bei der Etablierung positiver Gruppenbeziehungen mit den counterparts waren außerdem zu große Teams. Es erschwerte die Planung von Unternehmungen, wenn alle Beteiligten zustimmen sollten, wie dies auf eine Gruppe von 27 Personen in Tanganyika zutraf.76 Die Quellen verdeutlichen außerdem, dass die amerikanischen Crossroader es in einigen Fällen versäumten, die counterparts in ihr Gruppenleben zu integrieren und sie von Versammlungen und Partys ausschlossen.77 In Ghana waren die counterparts so gekränkt, dass sie nicht auf eine Feier eingeladen wurden, dass sie die Party der Crossroader im Gegenzug boykottieren wollten.78 Die Schaffung einer positiven Gruppenatmosphäre, in der sich die Beteiligten auf Augenhöhe begegnen konnten, hing auch entscheidend von der Persönlichkeit der counterparts ab. Ein Team aus Niger berichtete etwa, dass drei der counterparts die reinste Enttäuschung waren und sich gegen jegliche Art der Kommunikation sperrten. Sie waren angeblich sehr schüchtern, hassten es Französisch zu sprechen, und weigerten sich sogar, gemeinsam mit den Crossroadern zu essen. Die meiste Zeit unterhielten sie sich in Anwesenheit der amerikanischen Freiwilligen in ihrer Sprache Hausa. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, sie dennoch in die Gruppe zu integrieren, gaben die Crossroader schließlich auf und der Organisation den Hinweis, dass Niger ein zu muslimisches Land sei, um weibliche counterparts an den Projekten zu respektieren.79 Zu Auseinandersetzungen führte auch die Tendenz der Afrikaner, körperliche Arbeit zu meiden. Einige Gruppen brauchten etwas Zeit, um die counterparts davon zu überzeugen, mit ihnen an den Projekten zu arbeiten.80 Crossroader beschwerten sich häufig über die Faulheit ihrer Kollegen: „It was Gambia, OCAR 76/19. 75 Vgl. OCA, Report of Evaluation Sessions Guinea Group, 26. August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 76 Vgl. L.J. Alrutz, Tanganyika 1964 Evaluation Report, OCAR 81/22. 77 Vgl. Record of African Participants, OCAR 77/1. 78 Vgl. Preston Parr, Crossroads Log Ghana 1964, OCAR Addendum 2010. 79 Vgl. Niger Evaluation Report 1964, OCAR 79/6. 80 Vgl. East Hartford Youth Back From Sojourn in Africa, in: Hartford Courant, 3. September 1961; When they Get to the Crossroads, They Literally Dig in. A Summer in Africa Draws 300 Students, in: Washington Post, 5. Juli 1954, F15; Gertrude Samuels, A Force of Youth as a Force for Peace, in: New York Times, 5. Februar 1961, SM26.
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impossible to get them to do anything. Well dressed at the work site, they disappeared at the first sprinkle and never returned.“81 In Niger verärgerte diese Situation alle Teammitglieder dermaßen, dass es zu einer handfesten Auseinandersetzung zwischen dem Teamleiter und den counterparts kam. Daraufhin arbeiteten sie etwa eine Woche lang kontinuierlich mit, versäumten dann die Arbeit erneut und schoben angebliche Krankheiten als Ursache vor.82 Tatsächlich kann die Einstellung afrikanischer Studenten zu körperlicher Arbeit jedoch nicht einfach als „Faulheit“ abgetan werden. Vielmehr gab es kulturelle Gründe dafür, die der afroamerikanische Autor Richard Wright in seinem Reisebericht Black Power festhält: „The […] African has never been too strong an advocate of manual labor; and the British stress of ‚education‘ and ‚qualification‘ tended to reinforce in him the feeling that the most humiliating thing that could possibly happen to him was that he would work with his hands for a living.“83 Afrikanische Studenten genossen einen höheren gesellschaftlichen Status und ahmten mit ihrem Verhalten dasjenige ehemaliger weißer Kolonialherren nach. Diese machten sich während ihrer Fremdherrschaft über den afrikanischen Kontinent nie auf ihren Farmen und Plantagen die Hände schmutzig, sondern ließen die körperliche Arbeit von Einheimischen verrichten. Sie selbst widmeten sich der Schreibtischarbeit. Gebildete Afrikaner, die die Chance hatten, einmal in gehobeneren Positionen zu arbeiten, eiferten den Europäern nach und wollten nicht mehr körperlich arbeiten um sich sozial abzuheben.84 Deshalb beteilgten sich die afrikanischen counterparts oftmals erst dann an der Arbeit, als sie sahen, dass auch die Amerikaner zu Spaten und Schaufel griffen und ihnen das Gefühl gaben, arbeiten zu können, ohne sich selbst zu erniedrigen.85 Die Beziehung zwischen den Crossroadern und ihren counterparts war in vielen Fällen eher sozialer als intellektueller Natur. Die Volontäre bemängelten in einigen Fällen die geringen intellektuellen Fähigkeiten ihrer counterparts.86 Wegen des mangelnden Intellekts und/oder mangelnder sprachlicher Fähigkeiten konnten sie keine tiefgründigen Gespräche mit ihnen führen. Doch wie ein Teilnehmer bemerkte, waren diese unerlässlich, um das Verständnis für die andere Kultur zu schärfen. Wie viele andere auch, hatten die counterparts seiner Gruppe Probleme Ideen zu kommunizieren, weshalb Gespräche nie über Fragen wie „Wie heißt du?“ oder „Wo möchtest du später arbeiten?“ hinausginRev. Aiden C. McMullen, Gambia Team Report, OCAR 76/20. Vgl. Niger Evaluation Report 1964, OCAR 79/6. Wright, Black Power, 150. Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 159. Vgl. Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, undatiert, Abernethy Papers 27/5; Crossroader zit. in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. 86 Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. Siehe auch Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10; End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 81 82 83 84 85
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gen.87 Die Enttäuschung der Crossroader über die ausbleibende intellektuelle Stimulierung war auch den Erwartungen geschuldet, die die Orientierungsveranstaltung bei ihnen geweckt hatte. Denn sie hatte, wie eine Teilnehmerin anmerkte, die Volontäre glauben gemacht, dass der gesamte Sommer aus tiefgründigen und intellektuell anspruchsvollen Gesprächen bestehen würde.88 Im Zusammenleben mit ihren counterparts loteten die Crossroader deren kulturelle Empfindlichkeiten aus. Stereotype Vorstellungen voneinander konnten dadurch auf beiden Seiten oftmals überwunden werden, wie ein Crossroader treffend feststellte: „Through them, the spirit of their country, the hopes of its people, the traditions and customs, became known to us. Through us they learned about America, and more important, they grew to know American students who, they found, were in many respects [like] themselves.“89 Die erste Hälfte ihres Aufenthalts in Afrika war dabei meist eine Übergangszeit, in der sich die anfängliche Ignoranz gegenüber der afrikanischen Kultur zu tieferem Verständnis und Wertschätzung wandelte. Mit der Zeit wurden die Crossroader weniger vorsichtig im Austausch mit ihren counterparts.90 Die Beteiligten begrüßten Unterschiede als Chance, um von und übereinander lernen zu können und legten manche stereotype Vorstellungen ab.91 Crossroader animierten ihre counterparts zu Diskussionen über verschiedene alltägliche Dinge, um mehr über sie zu erfahren. Ellen, die mit Crossroads in Sierra Leone war, schrieb: „I soon realized […] that I didnt know what was going on inside these Ghanaian kids, and I wanted to know. I’d ask Becky Grace or Boadecia what she was thinking and the reply would always be ‚Nothing.‘ So I began saying how important it is to tell what’s inside.“92 Der Austausch wurde den counterparts jedoch oft durch ihre kulturellen Konversationsgewohnheiten erschwert, die im Falle der von Ellen erwähnten counterparts von ihrer eigenen Sprache beeinflusst waren, die keine Worte für Abstraktes kannte. Deshalb fiel es ihnen schwer, ihren Gefühlen und Gedanken Ausdruck zu verleihen.93 Um gegenseitige Vorurteile zu überwinden, organisierten viele der Gruppen Diskussionsrunden, die einen intellektuellen Austausch mit afrikanischen Studenten über politische Systeme und die Probleme ihrer Länder, über kulturelle Gebräuche und religiöse Überzeugungen vorsahen. Einige Gruppen gestalteten diese Treffen in Form von Podiumsdiskussionen, bei anderen hielt jeVgl. Brief, Danny Silla an Jerome Vogel, 23. Dezember 1968, OCAR 76/1. Vgl. Brief, Nancy L. Graham an Jerome Vogel, 4. März 1968, OCAR 72/4. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 34. Vgl. Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. Vgl. Brief, B. Kobba an James H. Robinson, 4. November 1968, OCAR 80/25; Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 157. 92 Ellen zit. in Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, undatiert, Abernethy Papers 27/5. 93 Vgl. ebd. 87 88 89 90 91
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der Teilnehmer einen Vortrag über ein kulturspezifisches Thema.94 Manchmal ergaben sich auch spontane Diskussionen bei der Arbeit oder in der Freizeit.95 In Guinea wurden zudem offizielle Treffen, sogenannte „prises de contact“, von der Regierung organisiert, um ihren Mitarbeitern zu ermöglichen, „die Amerikaner zu sehen und von ihnen gesehen zu werden“.96 Die Crossroader bezeichneten die Diskussionsrunden mit ihren counterparts als besonders wertvolle Erfahrung.97 Sie erlaubten einen Meinungsaustausch in informellem Rahmen und gaben ihnen die Gelegenheit, Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit ihren counterparts zu erkunden. Aufgrund ihres jugendlichen Alters waren die Beteiligten zudem generell anderen Perspektiven gegenüber recht aufgeschlossen. In den Diskussionen widerlegten sie Fehleindrücke von Amerika und Afrika und unterzogen vorgefasste Urteile einer Revision.98 Gespräche über das Anbandeln und Partnerschaften fanden zumeist spontan statt und wurden nicht auf Podiumsdiskussionen erörtert. So berichtet Johanna Linebarger, dass eine ihrer afrikanischen Zimmergenossinnen vorsichtig Fragen stellte, die ihr auf den Lippen brannten. „Hast du schon einmal einen Jungen geküsst? Schaut ihr euch gemeinsam die Sterne an? Singt ihr euch gegenseitig Lieder vor? Was bedeutet es, wenn ihr diese Dinge tut?“ Johanna erklärte ihr, wie man das in Amerika machte und Boecedia klärte sie über ghanaische Gewohnheiten auf.99 Zum Teil sorgten Diskussionen über sexuelle Moralvorstellungen auch für heftige Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten, etwa wenn es um die in der afrikanischen Gesellschaft von Männern praktizierte Polygamie ging. Joseph Edwards erinnert sich, dass er dies nicht mit dem Bild in Einklang bringen konnte, das er sich von seinen counterparts gemacht hatte. Es waren seiner Meinung nach aufgeklärte, intelligente junge Menschen; dass sie Polygamie tolerierten und praktizierten, stand für ihn im Widerspruch dazu. Besonders die weiblichen Teilnehmer seiner Gruppe akzeptierten dies nicht. Die counterparts erklärten ihnen jedoch, dass sie mit diesem Konzept aufgewachsen waren und es Teil ihrer Kultur war.100 Vgl. über das Halten von Vorträgen verschiedener Teilnehmer: Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 95 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 96 Vgl. CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961; Goldstein, William Sloane Coffin, Jr., 108. 97 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 98 Vgl. Operation Crossroads Reporting, in: New York Amsterdam News, 9. September 1961, 19. 99 Vgl. ebd. 100 Vgl. Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 94
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Abb. 15: Gruppenfoto der Crossroader und ihre counterparts 1963 in Mamou
Vorrangig diskutierten Crossroader mit ihren counterparts über religiöse Fragen und Politik. Meist entwickelte sich daraus eine Debatte zwischen zwei Parteien, die exakt die Herkunft der Beteiligten widerspiegelten.101 Die Crossroader und counterparts erklärten sich gegenseitig ihre religiösen Überzeugungen, da sie oft zum ersten Mal in Berührung mit der Religion des Gegenübers kamen. Amerikaner klärten Afrikaner über den jüdischen Glauben auf und Letztere machten ihnen wiederum verständlich, dass sich der Islam zu einer wichtigen Religion auf der Nordhälfte des Kontinents entwickelt hatte.102 Zum Teil erörterten sie fundamentale Glaubensfragen und hinterfragten etwa die Existenz Gottes. Anne Wortham hatte solch eine tiefgehende Diskussion mit einem afrikanischen Studenten, der, so stellte sie entsetzt fest, sich weigerte, an etwas zu glauben, für dessen Existenz es keine Beweise gibt. An der Auseinandersetzung mit dieser Frage beteiligten sich schließlich mehrere Personen, die neue Perspektiven beisteuerten und darüber nachdachten, ob Gott die Menschen oder die Menschen Gott erschaffen hätten.103 Wie Anne Wortham schrieb, lernten Crossroader im Austausch mit Menschen anderen Glaubens ebenso wie im Umgang mit anderen Amerikanern, insbesondere Amerikanern Vgl. OCA, Record of African Participants, OCAR 77/1. Vgl. Linebarger, Experiment in International Communication, 258. Siehe auch Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 103 Vgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 78, OCAR Addendum 2010. 101 102
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anderer Hautfarbe, dass Muslime, Juden und Christen dieselben Ziele, Hoffnungen und Glücksgefühle teilten.104 Noch beliebter als Religionsfragen waren Diskussionen über Politik. Zum Teil waren sie so ideologisch gefärbt, dass sich die Amerikaner in die Position von Vertretern ihres Landes gedrängt und dazu gezwungen sahen, die Außenpolitik der USA vor ihren counterparts zu rechtfertigen.105 Beliebte Themen waren dabei die ideologische Auseinandersetzung der USA mit der Sowjetunion, die Beziehungen zwischen Afrika und Amerika, amerikanische Entwicklungspolitik, die Südafrikapolitik der Vereinigten Staaten und die amerikanischen Rassenbeziehungen – ein Diskussionsgegenstand, der im nächsten Kapitel einer detaillierten Analyse unterzogen wird, da er wichtige Hinweise auf die Selbstidentifikation der beteiligten Afroamerikaner enthält.106 Eine weitere häufig gestellte Frage war die nach dem Status der amerikanischen Ureinwohner. Die counterparts sahen Parallelen zwischen deren Situation – aus ihrem Lebensraum vertrieben und in Reservate zurückgedrängt – und derjenigen der schwarzen Südafrikaner. In der Behandlung der Native Americans erblickten sie einen Indikator für den weiteren Umgang des Westens mit Afrika, also mit ihnen selbst.107 In den Gesprächen realisierten die Crossroader, dass der Kalte Krieg sie bis nach Afrika verfolgte. Er war auch in diesem Teil der Welt omnipräsent und beeinflusste Afrika und dessen Einwohner auf verschiedenste Weise. So wurden die meisten Fragen von counterparts laut William Sloane Coffin zum amerikanischen Rassenproblem, die U2-Spionage-Affäre sowie die Beziehungen der USA zu Kuba gestellt. Die größte Schwierigkeit dabei war, dass sich der Kontext, in dem Amerikaner außenpolitische Entscheidungen trafen, erheblich von dem Guineas unterschied. Während alle außenpolitischen Entscheidungen der USA von der Prämisse ausgingen, dass die Sowjetunion eine globale Bedrohung für die Demokratie darstellte, glaubte die Mehrheit der Guineaner dies nicht, da sie selbst keine schlechten Erfahrungen mit Sowjets gemacht hatten. Im Gegenteil war ihre Sicht auf die SU eine durchweg positive: Die Sowjets, die sich in Guinea aufhielten, legten kein rassistisches Verhalten an den Tag und waren in Afrika nie als Kolonialherren aufgetreten. Ihre Anerkennung der neuen afrikanischen Staaten war außerdem unmittelbar und ohne Zögern erfolgt.108 Crossroadern fiel es bei solchen Themen oft schwer, die Position der USA zu rechtfertigen. Michael Niebling schrieb seinen Eltern, dass die amerikaVgl. ebd. Vgl. JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012. Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 24. Vgl. Africans Resist Fate of American Indians, in: New York Amsterdam News, 3. November 1962, 32. 108 Vgl. William Sloane Coffin, Jr., Report on OCA, WSC 24/154. 104 105 106 107
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nische Kubapolitik kaum zu erklären wäre und auch das Ausbleiben einer pro-nationalistischen Kongopolitik jeder Erklärung entbehrte.109 Und JoAnn Tanner vertraute ihrem Tagebuch an, dass die Diskussionen über amerikanische Außenpolitik zum Teil mental ermüdend und nervenaufreibend waren und die Crossroader regelrecht mit kontroversen Fragen bombardiert wurden, wie etwa: Warum hat die USA die provisorische Regierung Algeriens noch nicht anerkannt? Warum können kommunistische US-Bürger keinen Reisepass ausgestellt bekommen? Und was denken amerikanische Studenten über die Invasion Kubas?110 Die Crossroader folgerten aus diesen Diskussionen nicht nur, dass die kommunistische Bedrohung von Seiten ihrer Regierung stark übertrieben wurde111, sondern auch, dass Kommunismus nur bekämpft werden könnte, indem man sich mit ihm auseinandersetzte und sich ihm stellte, anstatt kommunistische Meinungen zu verbieten – was dem demokratischen Grundverständnis der USA schließlich zuwiderlief.112 Wie JoAnn Tanner formulierte: „We accomplished more against communism than people with hate.“113 Den Volontären war es dabei ein Anliegen – gemäß der Vorgaben der Organisation – nicht als Partei des Kalten Krieges und damit als außenpolitisches Instrument der USA wahrgenommen zu werden, weshalb sie ihre Meinungen zu ihnen gestellten Fragen auch frei äußern durften und äußerten. Die afrikanischen Studenten waren von der Ehrlichkeit beeindruckt, mit der die Amerikaner selbst äußerst heikle Fragen beantworteten, und staunten darüber, wie kritisch manche von ihnen der Außenpolitik ihrer Heimat gegenüberstanden.114 Da sie selbst an Diskussionen in eher autoritärem Umfeld gewöhnt waren, erstaunte es sie umso mehr, wie offen und demokratisch Amerikaner bestimmte Probleme angingen und sich dabei auch gegenseitig widersprachen. So berichtete ein Teamleiter: „Quite a few commented on our democratic form […] sitting down together at a meeting for a free and easy exchange of ideas.“115 Zudem, so fügte er hinzu, waren die Afrikaner entsetzt, wenn einige Teilnehmer ihrem Teamleiter widersprachen. Nach einer gewissen Gewöhnungszeit begannen sie jedoch Gefallen an diesem demokratischen Diskussionsstil zu finden.116 Vgl. Brief, Michael Niebling an seine Eltern, Juli 1969, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 110 Vgl. JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 111 Vgl. Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 178. Siehe auch Fischer, Making Them Like Us, 169. 112 Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012; Michael Niebling, Interview der Autorin, Falls Church, VA, 1. März 2012. 113 JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012. 114 Vgl. Record of African Participants, OCAR 76/7; Sierra Leone Group I 1964 Evaluation and Reports, OCAR 81/10. 115 Hard Work, Understanding Make New Friends in Africa, in: Hartford Courant, 8. November 1964. 116 Vgl. ebd. 109
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Die offene Darlegung der persönlichen Meinung war etwas, wozu die Organisation ihre Teilnehmer ermutigte. Im Handbuch für die Teamleiter wies sie darauf hin, dass es eine bedeutende Errungenschaft demokratischer Gesellschaften sei, sich eine freie Meinung zu bilden und diese auch mitteilen zu dürfen: Be prepared for some strong criticism against the US, especially on race relations, the atomic bomb, the Cuban situation etc. You will find that honesty, frankness and fairness pay the largest dividends in the long run. Don’t be hypersensitive toward criticism; stand your ground and express your point of view clearly, tactfully and forcefully. Should you be backed into a corner about what you feel is wrong with the US, admit such weaknesses and problems. As a country, we’re big and mature enough to take criticism, especially where justified, and such a stand will place you in a stronger position.117
Das Team, das 1961 in Guinea weilte, musste hart dafür kämpfen, dass seine Gastgeber diesen Punkt akzeptierten. Der CBS-Film über ihre Vorgänger hatte ihrer Meinung nach eine Verbindung von Crossroads mit den politischen Zielen der USA suggeriert und deshalb einen schlechten Eindruck in Guinea hinterlassen. Crossroads galt danach als einflussreiche Waffe des Kalten Krieges und als Organisation zur Bekämpfung des Kommunismus.118 Ebenso wie die afrikanischen counterparts über die Offenheit der amerikanischen Studenten in Bezug auf beispielsweise die Rassenbeziehungen ihrer Nation staunten, waren auch die amerikanischen Crossroader bisweilen über die Aufrichtigkeit ihrer counterparts und deren liberale Weltsicht erstaunt, die sie so nicht erwartet hatten.119 Andere Gruppen, wie etwa in Ghana, beobachteten im Gegenteil, dass sich ihre counterparts scheuten, offen über politische Fragen zu diskutieren, und ihre Versuche objektive Gespräche über kontroverse Themen zu führen scheiterten. Sie führten deshalb vorwiegend Unterhaltungen über ihr persönliches Leben: wer sie waren, woher sie kamen, was sie studierten und wie sie lebten. Die heiklen Fragen, so sagten sie, mussten warten beziehungsweise ganz gestrichen werden.120 Auch die Fragen, die die Amerikaner ihren counterparts häufig stellten, kreisten um den Kalten Krieg und fragten etwa nach den Hilfslieferungen, die afrikanische Länder von der Sowjetunion erhielten. Wie andere Crossroader auch war William Sloane Coffin über die Omnipräsenz von OstblockprodukOCA, Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010. Siehe auch Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 158. 118 Vgl. Michael Niebling, Operation Crossroads Africa. Report of Evaluation Sessions Guinea Group, 26. August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 119 Vgl. Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. 120 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5; Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. 117
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ten in Westafrika überrascht. Zu den besten Werkzeugen auf der Baustelle seines Teams gehörte ein tschechischer Hammer, das einzige Bier wurde aus Ostdeutschland und der Tschechoslowakei geliefert, die Butter war aus Polen, der Zucker aus der UdSSR und meisten der in Guinea tätigen Lehrer und Entwicklungshelfer kamen ebenfalls aus den Ostblockstaaten. Die gängige Antwort, die Crossroader auf ihre Frage nach den Ursachen dieser Infiltration mit Ostblockprodukten erhielten, war, dass Guineas Staatsoberhaupt Sekou Touré diese Hilfe nicht aus Überzeugung angenommen hatte, sondern die Umstände ihn dazu gezwungen hätten. Da Amerika versäumt hatte, dem postkolonialen Staat beizustehen, hätten die Sowjets selbstverständlich die Gelegenheit ergriffen. Die Guineaner hatten kaum eine Wahl, ihre Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen.121 Trotz der Neugier der amerikanischen Studenten kritisierten einige counterparts, dass sie zu ethnozentrisch wären und lieber über ihr eigenes Land als über Afrika redeten.122 Durch das gemeinsame Leben, Arbeiten und Diskutieren wurden sich die Crossroader und ihre counterparts der vielen Gemeinsamkeiten bewusst, die sie als menschliche Wesen teilten. Die Erkenntnis eines Crossroaders, „We found people like ourselves!“, ist daher auf die Erfahrungen aller Teilnehmer zu verallgemeinern.123 Auf verschiedene Weise versuchten viele von ihnen, dieser Erkenntnis Ausdruck zu verleihen, wie die folgenden Zitate verdeutlichen, die keiner weiteren Erklärung bedürfen: „We got to know each other as human beings, not so much as Africans or Americans“124; „We learned how race and culture impose barriers and how intelligent humans can transcend these barriers“125; „Discovering that in spite of the cultural barriers created by our different backgrounds, we could relate to one another as brothers, gives us all a new perspective on the kind of work this generation must attempt to create.“126 Und auch ihre afrikanischen counterparts teilten diese Meinung offensichtlich: „I was so happy to note during conversations etc. that students everywhere […] shared the same views so far as racial problems and world peace were concerned.“127 Allerdings sind diese Äußerungen mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, da die Crossroader auf ihren Präsentationen nach ihrer Rückkehr – von denen viele dieser Zitate stammen – allgemein bemüht waren, ein positives Bild ihres Afrikaaufenthaltes zu zeichnen, um Werbung für OCA zu machen. Vgl. William Sloane Coffin, Jr., Report on OCA, WSC 24/154; JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 122 Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10. 123 Students Praise Africa, Egypt, in: The Sun, 28. August 1963. 124 Rudy Salinas zit. in Operation Crossroads Reporting, in: New York Amsterdam News, 9. September 1961, 19. 125 OCA Sierra Leone II 1964, OCAR 81/11. 126 OCA Evaluation 1970, OCAR 76/17. 127 Record of African Participants, OCAR 77/1. 121
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Die Qualität der Beziehung mit den Einheimischen ihres Aufenthaltsortes scheint ein weiterer entscheidender Aspekt für das Wohlbefinden der Crossroader in Afrika gewesen zu sein. Ob sie viel Kontakt zu den Einheimischen hatten, hing davon ab, wie intensiv sie miteinander und mit ihren counterparts verkehrten und sich untereinander verstanden. Für einige Gruppen ersetzte der Kontakt zu den Einheimischen das Fehlen von counterparts und wiederum andere hatten gar keinen Kontakt mit Dorfbewohnern, weil sie ihre Zeit ausschließlich mit ihren counterparts verbrachten. Aus den Quellen ist zu entnehmen, dass sich die Reaktion der Einheimischen auf die amerikanischen Freiwilligen zwischen zwei Extremen bewegte; auf der einen Seite war sie von Misstrauen geprägt, auf der anderen Seite wurden die Crossroader aber mit offenen Armen empfangen. Harold Isaacs berichtet in Emergent Americans, dass die Volontäre aufgrund der internationalen Empörung über das amerikanische Rassenproblem geradezu von den Afrikanern erwarteten, ihre Motive zu hinterfragen. Für gewöhnlich seien die Crossroader aber wärmer und freundlicher empfangen worden, als sie erwartet hatten.128 Isaacs lässt jedoch unerwähnt, dass die Crossroader nicht nur Misstrauen erwarteten, sondern dass es ihnen auch vielerorts in der Tat entgegenschlug. Dieser Argwohn hatte seine Wurzeln zum einen im amerikanischen Rassenproblem, das die Afrikaner den demokratischen Charakter der Amerikaner infrage stellen ließ, und zum anderen in ihrem allgemeinen Misstrauen gegenüber Europäern, das die jahrzehntelange Unterdrückung und Fremdbestimmung während des Kolonialismus verursacht hatten. Zudem hatten insbesondere abgeschiedene Dörfer wenig Kontakt zur Außenwelt und waren grundsätzlich gegenüber Fremden äußerst misstrauisch.129 Der entscheidende Grund für den Argwohn vielerorts war jedoch die anfängliche Überzeugung der Einheimischen, dass die Freiwilligen für ihre Regierung arbeiteten beziehungsweise Spione der CIA oder Propagandabeauftragte der USIA waren.130 Diese Fehleinschätzung von Seiten der Afrikaner bezeichneten Crossroader als die größte Hürde, die einer engen Beziehung mit den Einheimischen im Wege stand.131 Nach wiederholten Beteuerungen, dass sie nicht für die amerikanische Regierung arbeiteten, sondern im Gegenteil sogar selbst für ihre Reisekosten aufgekommen waren, legten die Afrikaner zumeist ihre Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 68. Vgl. William Sloane Coffin, Jr. zit. in Edith Kerr, Yale Reports 210, 25. Dezember 1960, WSC 40/29; Clarence W. Hall, Operation Crossroads Gets to the Heart of Africa, in: Reader’s Digest (Juli 1968); Amin, Peace Corps in Cameroon, 141. 130 Vgl. Clarence W. Hall, Operation Crossroads Gets to the Heart of Africa, in: Reader’s Digest (Juli 1968). 131 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; Joan Cook, Youths Back From Africa, Tell of Friends and Work, in: New York Times, 2. September 1960, 16. 128 129
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Vorsicht und Scheu ab – auch wenn dies nicht hieß, dass sie plötzlich nachvollziehen konnten, warum Menschen ohne irgendwelche Hintergedanken dafür bezahlten, arbeiten zu „dürfen“.132 Förderlich war dabei die Teilnahme von kanadischen Studenten an dem Projekt, da sie den Afrikanern vor Augen führte, dass Crossroads nicht aus einem bestimmten Land kam, sondern verschiedene Nationen gleichzeitig repräsentierte.133 Nachdem die anfängliche Skepsis überwunden war, so berichteten viele Gruppen, öffneten sich ihnen die Einheimischen, bewirteten sie in ihren Häusern und luden sie zu diversen Festivitäten ein.134
Abb. 16: In Mamou werden die Crossroader mit Musik willkommen geheißen
Um Vermutungen auszuschließen, bei Crossroadern handelte es sich um imperialistische Amerikaner, die sich gegenüber Afrikanern überlegen fühlten, vermieden die Crossroader jedwede Handlungen, die als solche gedeutet werden konnten und sie gebrandmarkt hätten, wie die von Anne Wortham erzählte Anekdote über ein Basketballspiel zwischen Crossroadern und äthiopischen Jugendlichen verdeutlicht. Zur Freude der Amerikaner wurde es zugunsten der Äthiopier entschieden. Wortham schrieb anschließend in ihr Tagebuch: „I am glad we lost because even in a recreational activity such as this, I did not Ebd.; OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 30, 45. Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. Vgl. Clarence W. Hall, Operation Crossroads Gets to the Heart of Africa, in: Reader’s Digest (Juli 1968); OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 45. 132 133 134
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want us to appear as conquerors. The Ethiopians were glad we lost too and their strong sense of pride was elevated.“135 In ihren Aufenthaltsorten wurden die Crossroader oftmals zu lokalen Berühmtheiten und standen im Mittelpunkt des Interesses. Viele Gruppen erlebten eine enthusiastische Willkommensfeier und wurden überschwänglich mit Musik, Paraden und Tänzen begrüßt. Ein Team in Ghana wurde zum Beispiel von einer lokalen Blechbläserkapelle empfangen und anschließend in Begleitung von lauter Musik durch das Dorf geleitet. Die Menschen versammelten sich auf den Straßen, winkten ihnen zu, sangen und tanzten zum Rhythmus der Musik.136 Auch schenkte man ihnen Früchte, wie es die Teilnehmer in Anfoeta erlebten, was ein Zeichen der Wertschätzung und ein Symbol für Gastfreundlichkeit in Afrika war.137 Einige Gruppen waren offenbar so beliebt bei den Einheimischen, dass ihnen jeden Tag Früchte, Gemüse, Eier und Feuerholz dargeboten wurden. Eier waren dabei ein besonders wertvolles Geschenk, da die meisten Einheimischen selbst keine Eier aßen, sondern sie zur Aufzucht von Hühnern verwendeten. Als Dr. Robinson den kleinen Ort Safo in Niger besuchte, reichte der Häuptling ihm drei Dutzend Eier, zwei Flaschen Scotch und vier Flaschen Limonade – eine Geste, an der man annähernd nachvollziehen kann, welche Wertschätzung seine Organisation in vielen Regionen Afrikas erfuhr.138 Die Beziehung zwischen den Einheimischen und den Crossroadern war zum Teil, und besonders in Gruppen, die ohne counterparts zusammenarbeiteten, sehr eng.139 Teams, die kein besonders gutes Verhältnis zu ihren counterparts hatten, entschädigte der intensive Umgang mit den Dorfbewohnern.140 Im Umkehrschluss bedeutete dies aber auch, dass, wenn die Beziehung der Crossroader zu ihren counterparts sehr intensiv war, ihre Beziehung mit den Einheimischen meist darunter litt.141 Positive Beziehungen mit den Einheimischen schrieben die Crossroader vor allem deren Geselligkeit zu. Einige Gruppen berichteten, dass sie häufig mit den Bewohnern ihres Ortes interagierten, ihre Häuser besuchten, gemeinsam tanzten, sangen und speisten.142 Die manchmal enge Bindung, die sich dabei entwickelte, wird auch dadurch Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 78, OCAR Addendum 2010. 136 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5. 137 Vgl. Gardner Brown, Operation Crossroads. US Well Represented, in: Christian Science Monitor, 11. Dezember 1961. 138 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 22. 139 Vgl. Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012; Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos, OCAR 78/4. 140 Vgl. Evaluation Report Ethiopia III, OCAR 76/9. 141 Vgl. End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. 142 Vgl. Brief, Dickson K. M. Anyan (Ghana Institute of Language) an Jerome Vogel, 20. November 1971, OCAR 76/30; Walter E. Purviance, Ethiopia II Report 1964, OCAR 76/9. 135
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verdeutlicht, dass einige Dorfbewohner, wie etwa ein Fahrer in Enugu, Nigeria, ihre Neugeborenen nach Crossroadern benannten.143 Wie bereits im vorhergehenden Kapitel erwähnt, wurden positive Beziehungen zu Einheimischen begünstigt, wenn das Team an einem community development Projekt in einem abgeschiedenen und kleineren Dorf arbeitete. Einer unprofessionellen Gruppe fiel es zum einen leichter, das Vertrauen der Einheimischen zu gewinnen, und zum anderen die räumliche Nähe die gegenseitige Kontaktaufnahme erleichterte.144 Als hilfreich beschrieben Crossroader außerdem das Einkaufen auf den lokalen Märkten, wobei man leicht mit Frauen ins Gespräch kommen konnte, sowie zusätzliche Arbeit an Schulen oder in Gemeindeorganisationen am Nachmittag.145 In Ländern wie Guinea fiel es den Crossroadern jedoch sehr schwer, sich den Einheimischen auf einer persönlichen Ebene zu nähern, da sich die Nation Anfang der Sechziger zunehmend in den sowjetischen Einflussbereich bewegte und damit ein subtiler Anti-Amerikanismus auch in der Bevölkerung zu spüren war.146 Hier wurde jegliche Interaktion mit den Einheimischen zudem von Parteifunktionären kontrolliert und gesteuert. Die 1961 in Guinea arbeitende Gruppe fühlte sich dadurch in ihrer Freiheit eingeschränkt. Da sie wusste, dass die Parteifunktionäre ihre Gegenwart in Mamou bestenfalls tolerierten, waren die Teilnehmer stets darauf bedacht, sie nicht zu reizen, was sie aber wiederum daran hinderte, ihre Umgebung ungehemmt zu erkunden und mit den lokalen Bewohnern zu interagieren – eine Tatsache, die sie zutiefst enttäuschte. Die Teammitglieder sahen nämlich kein afrikanisches Haus von innen.147 Die Beziehungen mit Afrikanern waren im Regelfall weniger intensiv als die zu den counterparts, da Sprachbarrieren eine gegenseitige Annäherung erschwerten und intellektuellen Austausch fast unmöglich machten. Dass die Crossroader der lokalen Sprache nicht mächtig waren, gab ihnen ständig das Gefühl, dass ihnen viel vom Dorfleben entging und sie letztendlich mehr Beobachter als Partizipierende waren.148 Die Kommunikation mit den Einheimischen spielte sich daher vor allem nonverbal, durch Gesten ab. Bradford Abernethy berichtete etwa: „We always talked to people. If they didn’t speak Vgl. Crossroads Communiqué 3.3 (Oktober 1965). Siehe auch Ed Ainsworth, Young People Assist Africans, in: Los Angeles Times, 1. Oktober 1961, D11. 144 Vgl. Andrew H. Drummond, Leader’s Report Kenya I, August 1964, OCAR 78/4; Lionel Arnold, Ethiopia I Leader’s Report 1964, OCAR 76/10. 145 Vgl. ebd.; Andrew H. Drummond, Leader’s Report Kenya I, August 1964, OCAR 78/4; Final Evaluation Abakiliki, Eastern Region, Nigeria 1964, OCAR 80/2. 146 Vgl. William Sloane Coffin, Jr., Report on Operation Crossroads Africa, WSC 24/154. 147 Vgl. JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea; JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012; Michael Niebling, Interview der Autorin, Falls Church, VA, 1. März 2012; Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012. 148 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 143
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English they would just grin. It wasn’t hard to communicate at all.“149 Aufgrund der sprachlichen Probleme suchten sich die Crossroader andere Ausdrucksmöglichkeiten, wie Abernethy beschrieb. Sie redeten quasi mit Händen und Füßen und unterhielten sich mit Spielen und Aktivitäten, die sie ohne Worte einander näher brachten. Ein Team in Nigeria freundete sich 1958 mit den Einheimischen beispielsweise über das Frisbeespielen an: Often the establishment of genuine friendship did not involve words. One of our students had brought with him a frisb[e] [which] became popular wherever we went. We tossed it back and forth during our visits with young people. When we were with young Africans who spoke no English, one way of indicating our desire to be friends was to start a ‚frisbe‘ game. Soon, a wide circle of Africans and Americans would be formed sharing the delights of this informal game and thus establishing a sense of closeness and friendship.150
Als besonders ausdrucksstarkes Kommunikationsmedium erwiesen sich das Musizieren, Tanzen und Musikhören. Musik war im Zusammentreffen zwischen Freiwilligen und Einheimischen omnipräsent. „We’d sing – we were always singing last summer – sometimes American tunes and sometimes the jazzy tunes of the popular African dance called ‚High Life‘“, schrieb Abernethy über seine Gruppe.151 Musik und Tanz boten die Möglichkeit für effektiven Kulturaustausch zwischen Amerikanern und Afrikanern. Einige Gruppen veranstalteten Shows, in denen sie amerikanische und afrikanische Lieder sangen und Tänze aufführten. Oder sie trafen sich für regelmäßige Tanzveranstaltungen, auf denen sie einander Schritte und Melodien beibrachten.152 Amerikanische Musik, wie der Rock ’n’ Roll, war bei der Jugend Afrikas überaus beliebt, wie etwa eine Gruppe in Nordrhodesien feststellte, die regelmäßige Auftritte im örtlichen Krankenhaus absolvierte und dabei aufgefordert wurde, Twistund Rock ’n’ Roll-Stücke zum Besten zu geben.153 Den Quellen ist zu entnehmen, dass Crossroader im gemeinsamen Musizieren mit ihren counterparts und den Dorfbewohnern ein Gemeinschaftsgefühl entwickelten, das oft das Eis zwischen ihnen zum Schmelzen brachte, wie Anne Wortham zeigte: „There was a sense of unity created through singing and with each clap of my hands, I wished that this unity would not lose itself at the end of the song.“154 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 150 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Project 1958, 27. 151 Vgl. Bradford Abernethy, Young Americans’ Pilgrimage to Africa, undatierte Rede, Abernethy Papers 27/5. 152 Vgl. Ethiopia I Project Report 1964, OCAR 76/10; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 30, 54. 153 Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 154 Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa 149
Zwischen Gastfreundschaft und Skepsis: Begegnungen mit Afrikanern
Abb. 17: Ein Crossroader musiziert auf afrikanischer Trommel
Als Gäste in afrikanischen Dörfern mussten die Crossroader darauf achten, kulturelle Normen nicht zu verletzen. Das Heikle dabei war, dass sie sich bestimmter Normen gar nicht bewusst waren und ganz unabsichtlich ihre Gastgeber verärgerten. Etwa Ende der sechziger Jahre empörten sich Afrikaner über die Tatsache, dass einige Crossroader Marihuana rauchten, und drohten damit, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr als counterparts teilnehmen ließen, falls diese Praktik nicht aufhörte.155 Jerome Vogel entschuldigte das Verhalten Project, 30, OCAR Addendum 2010. 155 Vgl. Brief, Emanual Quarcoo an Jerome Vogel, 8. Dezember 1970, OCAR 76/27.
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der Teilnehmer und rechtfertigte es als weitverbreitetes Ritual unter Collegestudenten, das sich solcher Popularität erfreute, dass es fast unmöglich wäre, eine Gruppe von unter 30-Jährigen zusammenzustellen, von denen nicht mindestens einer Marihuana rauchte. Er bezeichnete es als Bestandteil der „Jugendkultur“ des Landes und als Symbol für deren Befreiung von den starren Gesellschaftskonventionen ihrer Elterngeneration. Etwas ironisch ergänzte er: „But you know how Westerners have always tended to show missionary zeal – and for many people this is a new religion.“156 Besonders die Mädchen liefen Gefahr, kulturelle Sitten zu verletzten, die sich aus dem unterschiedlichen Rollenverständnis der Afrikaner ergaben. Teilnehmerinnen, die von dem gewöhnlichen weiblichen Verhalten der Gastgeber abwichen, gerieten gelegentlich in unangenehme Situationen. In muslimischen Gegenden wurden sie etwa für ihren Kleidungsstil kritisiert, denn den Einheimischen waren ihre Hosen zu kurz und ihre T-Shirts zu eng.157 Und die weiblichen Teilnehmer eines Teams 1961 in Westkamerun verloren den Respekt der Dorfbewohner aufgrund ihrer sexuellen Promiskuität, wie es in einem Brief an die Organisation von Seiten der Einheimischen heißt.158 Promiskuität bedeutete in diesem Fall jedoch nicht, dass die Teilnehmerinnern Beziehungen zu mehreren Männern unterhielten, sondern dass sie ein für diesen Kulturkreis unüblich selbstbestimmtes Verhalten an den Tag legten, das die Einheimischen als Zeichen sexueller Promiskuität werteten.159 Da einige Teile des Kontinents noch sehr tief in alten Traditionen verankert waren, wurden bestimmte angesagte Frisuren oder Kleidung als nicht respektabel betrachtet, insbesondere wenn sie von Studenten getragen wurden. Lange Haare und ein lässiger Kleidungsstil hinterließen in diesen traditionsgebundenen Gesellschaften einen negativen Eindruck.160 Durch den alltäglichen Umgang mit Afrikanern und ihre Reiseerlebnisse in andere Teile ihres Gastlandes und des Kontinents lernten die Crossroader die Unterschiede zwischen den verschiedenen afrikanischen Völkern kennen, und sahen, dass kein Afrikaner dem anderen glich und das Konzept des „Afrikaners“ eine grobe Verallgemeinerung war. Ein Teilnehmer stellte fest, dass, während Kenyaner spontan und extrovertiert wären, Äthiopier eher
Brief, Jerome Vogel an Emanual Quarcoo, 18. Dezember 1970, OCAR 76/27. Vgl. Brief, Jerome Vogel an W. N. Haupt (Principal Saker Baptist College West Cameroon), 13. November 1969, OCAR 75/9; Brief, W. N. Haupt (Principal Saker Baptist College West Cameroon) an Jerome Vogel, 31. Oktober 1969, OCAR 75/9. 158 Vgl. Brief, W. N. Haupt (Principal Saker Baptist College West Cameroon) an Jerome Vogel, 31. Oktober 1969, OCAR 75/9; Brief, Jerome Vogel an W. N. Haupt (Principal Saker Baptist College West Cameroon), 13. November 1969, OCAR 75/9. 159 Vgl. Fuchs, Those Peculiar Americans, 114; Amin, Peace Corps in Cameroon, 149. 160 Vgl. Brief, W. N. Haupt (Principal Saker Baptist College West Cameroon) an Jerome Vogel, 31. Oktober 1969, OCAR 75/9. 156 157
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zurückhaltend seien.161 Aber trotz der diversen charakterlichen Unterschiede zwischen Afrikanern sowie der bereits im vorhergehenden Kapitel beschriebenen kulturellen Unterschiede galt die abschließende Erkenntnis, dass alle Menschen im Grunde gleich sind: „People are very much the same everywhere.“162 Die Teilnehmer, so behaupteten sie nach ihrer Heimkehr, begriffen dank der interkulturellen Erfahrung, dass Menschen auf der ganzen Welt dieselben Hoffnungen teilten und sich ihrer jeweiligen Kultur ebenso verbunden fühlten wie die amerikanischen Crossroader der Ihrigen. Anne Wortham stellte trotz ihrer schockartigen Reaktion auf die gravierende Armut und die Lehmhütten der Afrikaner fest: „I realized that regardless of how people live, they still have a desire for [h]ealth, happiness, and a better way of life.“163 In der CBS-Dokumentation Crossroads Africa: Progenitor of the Peace Corps, teilte Conny, eine afroamerikanische Volontärin aus der Bronx einem nationalen Fernsehpublikum mit: I guess one thing that impresses me most about this whole thing individually is the kind of sameness. For example, the other day, when Pat and I were carrying wood through the high grass, I said: „Guess what Pat, we are in Africa.“ And I mean, as far as it seemed to me I could have just as well been in the Bronx, except in the Bronx there is no high grass like that. But […] I am not talking about differences in terms perhaps of family life, in terms of having four wives or in terms of a political system that is different from ours. I am talking about sameness that’s just the same as human beings. And this, I think, is what makes it seem that I am not far away from home at all. In the workcamp […] we’ve talked, we’ve gotten together somehow, and it hasn’t been the kind of idea „how am I going to approach this person who is from a small town in Guinea.“ We just […] talked […] and we hit each other in the back, and we fell out of trucks and we carried rocks and it’s going well.164
Die offene Zurschaustellung solcher liberaler Ansichten läutete eine neue Phase in der amerikanischen Gesellschaft ein und war der Vorbote einer sich immer stärker entwickelnden Jugendkultur, die auf der Pluralität der amerikanischen Gesellschaft beharrte. Peace-Corps-Historiker wie Jonathan Zimmerman und David Hapgood haben gezeigt, dass auch Peace-Corps-Volontäre solche Empfindungen ausdrückten und zu überzeugten Anhängern der Theorie kultureller Relativität wurden.165 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. Siehe auch Bradford Abernethy, Unbetitelte Rede, undatiert, Abernethy Papers 27/3. 162 End of Summer Evaluation Tanganyika 1964, OCAR 81/21. 163 Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 104, OCAR Addendum 2010. 164 Zit. in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. 165 Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1027; Hapgood/Bennett, Agents of Ch161
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Fazit
In der 1961 ausgestrahlten CBS-Dokumentation über Operation Crossroads zeigt eine Szene eine kleine Gruppe Crossoader dabei, wie sie guineanischen Kindern Englischunterricht erteilen. Dabei bringen sie ihnen ein damals sehr beliebtes Lied bei, dessen erste Strophe lautet: The ink is black, the page is white Together we learn to read and write, to read and write A child is black, a child is white The whole world looks upon the sight, a beautiful sight And now a child can understand That this is the law of all the land, all the land166
Der Liedtext formuliert sinnbildlich die Erkenntnis, dass auch Crossroader eine größere Offenheit und Möglichkeiten des Austauschs und der Kommunikation über Kulturgrenzen hinweg entwickelten. In der Interaktion mit ihren Teammitgliedern, counterparts und den Einwohnern ihres Gastlandes begriffen sie, dass Kulturen und Ethnien keine fixen, separaten Identitäten darstellen, sondern ineinander übergehen. Sie lernten eigenen Angaben zufolge, dass ein Amerikaner, ob schwarz oder weiß, arm oder reich, ein Amerikaner ist, und dass Afrikaner Menschen wie sie sind, die zwar von einer anderen Kultur und Geschichte geprägt sind, aber dennoch dieselben Hoffnungen und Wünsche teilen. Diese Erkenntnisse deckten sich mit den Idealen der Organisation Robinsons, der sie sich verpflichtet hatten, nach ihrer Rückkehr in die USA zahlreiche Vorträge über ihre Erfahrungen in Afrika zu halten und die Botschaft und Philosophie von Crossroads an den Universitäten und öffentlichen Einrichtungen des Landes zu verbreiten. Diese Tatsache zeigt erneut, dass Crossroads großen Wert auf sein öffentliches Image legte und bemüht war, seine camps als durchweg positives und gewinnbringendes Erlebnis für die Teilnehmer darzustellen und dabei gleichzeitig seinen Wunsch nach ethnischer und religiöser Toleranz in der amerikanischen Gesellschaft zu artikulieren.
ange, 214; Amin, Peace Corps in Cameroon, 157; Fuchs, Those Peculiar Americans, xii; Fischer, Making Them Like Us, 182. 166 Der Song wurde 1956 von der Band Three Dogs Night gesungen und seither mehrmals gecovert.
Fazit
Abb. 18: Crossroader spielen mit Kindern
Die Intensität und Qualität der Beziehungen sowohl innerhalb der Gruppe als auch zu den counterparts und den afrikanischen Einheimischen bestimmte in entscheidendem Maße den Gesamteindruck der Crossroader von ihrem Sommer in Afrika. Fehlende Gruppendynamik wirkte sich auf die Arbeitsmoral der Teilnehmer aus und erschwerte ihnen außerdem die Annäherung an ihre
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counterparts und andere Afrikaner, da die Teams in diesen Fällen nicht als Einheit auftraten und auf andere polarisierend wirkten. Eine schlechte Beziehung zu counterparts und Einheimischen beeinträchtigte zwar nicht im selben Maße wie die Beziehung der Crossroader untereinander, aber bestimmte entscheidend die Gesamteinschätzung ihres Aufenthaltes: Nur wenn sie eine gemeinsame Basis mit den afrikanischen counterparts und den Einheimischen fanden und positive Beziehungen zu ihnen aufbauen konnten, entsprach der Sommer ihren Erwartungen.
10 – „What is Africa to me?“ Der Selbstfindungsprozess schwarzer Crossroader
What is Africa to me: Copper sun or scarlet sea, Jungle star or jungle track, Strong bronzed man, or regal black Women from whose loins I sprang When the birds of Eden sang? One three centuries removed From the scenes his fathers loved, Spicy grove, cinnamon tree, What is Africa to me? – Countee Cullen –
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ie Frage, die sich der Dichter Countee Cullen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte, hat Generationen von Afroamerikanern beschäftigt, die erfahren wollten: „What is Africa to me?“ Nicht zuletzt wunderte sich schon W. E. B. Du Bois 1897 in einem Essay: „Am I an American or a Negro? Can I be both?“, wobei er zu dem Fazit gelangte, dass schwarze Amerikaner von einer „double consciousness“ getragen werden, sich also zugleich als Amerikaner und „Schwarzer“ fühlen.1 Diese Identitätskrise von Afroamerikanern hält bis heute an. So behauptete der Journalist Malik Washington 2010 in einem Artikel, dass schwarze Amerikaner tatsächlich nicht wüssten, was sie nun eigentlich waren: „African? American? Both? Or neither?“2 Zwischen 1958 und 1970 ermöglichte Crossroads etwa 200 jungen Afroamerikanern, einer Antwort auf diese Frage durch eine persönliche Konfrontation mit Afrika und Afrikanern näher zu kommen. Für die an Crossroads beteiligten Afroamerikaner lassen sich die Erfahrungen in Afrika daher nicht auf die einschneidende Begegnung mit Amerikanern anderer Hautfarbe und mit Afrikanern beschränken. Afroamerikaner mussten sich zudem einer grundsätzlichen Identitätsfrage stellen: Identifizierten sie sich mehr mit ihrem ameZit. in Dickson D. Bruce, W. E. B. and Double-Consciousness, in: American Literature 64 (Juni 1992), 299. 2 Malik Washington, Embracing the African in African-American, 24. November 2010, http:// www.npr.org/blogs/tellmemore/2010/11/24/131568772/embracing-the-african-in-africanamerican, Zugriff am 20.12.2012. Siehe auch Richburg, Out of Africa. 1
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rikanischen Team oder mit Afrikanern? Ihre Berichte werfen Licht auf Fragen über ethnische Zugehörigkeit, die sich Afroamerikaner in den sechziger Jahren stellten, und darüber welchen Beitrag Crossroads zur Beantwortung dieser Frage leistete. Bevor diese betrachtet werden, wird jedoch zunächst die allgemeine Interessenlage der Afroamerikaner an Afrika bis in die sechziger Jahre geschildert, um Crossroads in einer Zeit des aufkeimenden afroamerikanischen Interesses an Afrika zu situieren. Dabei argumentiere ich, dass vornehmlich zwei Entwicklungen ab Ende der fünziger Jahre dazu führten, dass schwarze Amerikaner ihre Einstellungen gegenüber dem Kontinent ihrer Vorfahren revidierten: die Entkolonialisierung weiter Teile Afrikas, die den Stolz schwarzer Amerikaner in ihre Herkunft weckte, und entscheidende Fortschritte in der Bürgerrechtsbewegung, die ihr Selbstbewusstsein als amerikanische Bürger entschieden stärkten. In der Frage, wie afroamerikanische Crossroader auf Afrika reagierten, spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die in diesem Kapitel untersucht werden sollen: die Fremdwahrnehmung der schwarzen Freiwilligen von Seiten der Afrikaner und deren Umgang mit ihnen sowie ihre Konfrontation mit dem amerikanischen Rassenproblem in Diskussionen mit counterparts und Einheimischen. Denn amerikanische Rassenbeziehungen dominierten ihren Aufenthalt in Afrika nicht nur, wie bereits beschrieben, in der Interaktion zwischen Amerikanern verschiedener Hautfarbe, sondern auch im Aufeinandertreffen von Amerikanern und Afrikanern. Es soll daher danach gefragt werden, wie schwarze Crossroader Afrikanern die Ereignisse in Little Rock oder Montgomery erklärten, und wie sie selbst mit Fragen diesbezüglich umgingen. Auch für dieses Kapitel gilt, dass es keine allgemeingültigen Antworten auf die Frage nach der Reaktion schwarzer Crossroader auf Afrika gibt, denn, wie James Meriwether zeigt, waren und sind Afroamerikaner eine sehr heterogene Bevölkerungsgruppe, die sich durch eine Vielzahl an Meinungen auszeichnet.3 Oder um es mit den Worten des bedeutenden afroamerikanischen Schriftstellers Richard Wright zu sagen: „One does not react to Africa as Africa is, and this is because so few can react to life as life is. One reacts to Africa as one is, as one lives. One’s reaction to Africa is one’s life, one’s ultimate sense of things.“4 Folglich geht es mir nun auch darum, die Perspektivenvielfalt zu veranschaulichen, die sich aus den verschiedenen Reaktionen der Teilnehmer auf die Ereignisse ergab, die sie während des Sommers in Afrika erlebten.
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Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 7. Wright, Black Power, 175.
Die Identifikation von schwarzen Amerikanern mit Afrika im historischen Kontext
Die Identifikation von schwarzen Amerikanern mit Afrika im historischen Kontext
Die Beziehung von Afroamerikanern mit Afrika unterliegt seit jeher ständigem Wandel. Bedingt wurde sie dabei von zwei dominierenden Faktoren. Auf der einen Seite diente schwarzen Amerikanern ihre Hautfarbe als stete Erinnerung an ihre afrikanische Herkunft und auf der anderen Seite war eben diese Herkunft für ihre Marginalisierung in der amerikanischen Gesellschaft verantwortlich.5 Seit nunmehr über zwei Jahrhunderten diente Afrika dabei als ein symbolischer und realer Ort, an dem schwarze Amerikaner nicht nur ihre Beziehung zu ihren Vorfahren überdachten, sondern auch ihr Verhältnis zu den USA.6 Historiker haben in zahlreichen Studien die Beziehung von Afroamerikanern zu Afrika beleuchtet. Doch während es mittlerweile eine erschöpfende Forschung über die Beschäftigung der afroamerikanischen Elite mit Afrika gibt7, mangelt es an Studien, die sich mit der Bedeutung Afrikas für die afroamerikanische Selbstwahrnehmung auseinandersetzen. Bis heute ist die umfangreichste Studie zu diesem Thema Harold Isaacs 1963 veröffentlichtes The New World of Negro Americans, in dem er die Bedeutung Afrikas im Leben schwarzer Amerikaner untersucht. Dieser Frage geht er nach, indem er auf der Grundlage von mehr als einhundert Interviews mit prominenten und weniger prominenten Afroamerikanern, darunter auch Crossroader, die er während des Sommers 1960 begleitete, veranschaulicht, was Afroamerikaner in ihrer Kindheit und Jugend über Afrika lernten und welchen Einfluss dieses Afrikabild auf ihre Selbstwahrnehmung hatte. Dabei erkannte er die Wirkungskraft von Literatur und Medien, die ihre Wahrnehmung von Afrika entschieden prägten.8 Eine neuere Studie über die Sicht von Afroamerikanern auf Afrika und Afrikaner ist Michael McCarthys Dark Continent, in dem er ebenso wie Isaacs auf die Beeinflussung des afroamerikanischen Afrikabildes durch die Medien verweist, aber auch die Rolle betont, die die gesellschaftliche Marginalisierung der schwarzen Amerikaner durch das weiße Amerika in diesem Prozess spielte.9 Aufschlussreiche Erkenntnisse zu diesem Thema liefern außerdem James Meriwethers Studie über die Beschäftigung von Afroamerikanern mit dem afrikanischen Kontinent zwischen 1935 und 1961 sowie Roger Wilkins’ Aufsatz Vgl. Sithole, Black Americans and United States Policy, 326. Vgl. Campbell, Middle Passages, 371. 7 Die bedeutendsten Werke, die das politische Engagement von Afroamerikanern in Afrika verfolgen sind: Horne, Black and Red; Von Eschen, Race Against Empire; Plummer, Rising Wind; Tillery, Between Homeland and Motherland. Diese Standardwerke richten ihren Fokus jedoch auf Politiker, Intellektuelle und prominente afroamerikanische Aktivisten. Zwar beleuchten sie auch die afroamerikanische Reaktion auf weltpolitische Entwicklungen, jedoch nicht, welche Auswirkungen diese auf das Selbstbild des „normalen“ Afroamerikaners hatten. 8 Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans. 9 Vgl. McCarthy, Dark Continent; siehe auch Magubane, Ties That Bind. 5 6
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„What Africa Means to Blacks“, deren Untersuchungszeitraum leider zu Beginn der Sechziger endet.10 Die beste Möglichkeit, um die Bedeutung Afrikas für die afroamerikanische Selbstwahrnehmung in den sechziger Jahren zu beschreiben, ist anhand von Personen, deren Selbstfindung entscheidend durch einen Aufenthalt in Afrika beeinflusst wurde. Dennoch gibt es kaum Studien, die beleuchten wie sich das Afrikabild und die Identität von Afroamerikanern durch den Kontakt mit Afrika(nern) wandelte. Werke wie Campbells Middle Passages veranschaulichen vielmehr die Interessenlage von Afroamerikanern an Afrika und ihre Beweggründe für persönliches Engagement auf dem Kontinent, vernachlässigen aber den Einfluss dieser Begegnung auf die betroffenen Individuen. Das mag zum einen der Tatsache geschuldet sein, dass nur wenige Afroamerikaner (mit Ausnahme prominenter Musiker wie Louis Armstrong und Bürgerrechtler wie Martin Luther King und Malcolm X) Afrika in dieser Zeit bereisten. Die wohl intensivste Begegnung mit Afrika in den sechziger Jahren wurde Volontären des Peace Corps zuteil, weshalb die Studien von Julius A. Amin und Jonathan Zimmerman über schwarze Freiwillige im Friedenscorps den bisher tiefsten Einblick in den Einfluss von Afrikaaufenthalten auf den Identitätsfindungsprozess von Afroamerikanern gewähren.11 Auf den nächsten Seiten ist es nicht meine Absicht, das Engagement von Afroamerikanern in Afrika zu beleuchten, sondern die Bedeutung Afrikas für die Selbstwahrnehmung schwarzer Amerikaner in den sechziger Jahren festzustellen, um die Reaktionen schwarzer Crossroader auf Afrika mentalgeschichtlich einordnen zu können. Afroamerikaner verfolgen seit jeher zwei verschiedene Strategien, um mit ihrer afrikanischen Herkunft umzugehen. Entweder betrachten sie Afrika als ihre wahre Heimat, in die sie eventuell irgendwann zurückkehren werden, oder sie sehen sich primär als Amerikaner und schließen eine „Rückkehr“ auf einen Kontinent aus, zu dem sie keine persönlichen Bindungen haben, was der dominierende Gedanke ist.12 Auch wenn ich mit dieser Ansicht übereinstimme, bin ich dennoch der Meinung, dass sich die Dominanz einer dieser Strategien während bestimmter Zeitabschnitte beobachten lässt. Es wechselten sich Perioden von Abgrenzung mit Perioden des wieder aufkommenden afroamerikanischen Interesses an Afrika ab.13 Beeinflusst werden diese, wie ich zeigen werde, stets von innerstaatlichen und internationalen Entwicklungen. Das Verhältnis der Afroamerikaner zu Afrika war schon immer sehr ambivalent. Sie waren im 16. und 17. Jahrhundert als Sklaven nach Amerika verFür eine Abhandlung über die amerikanischen Beziehungen mit Afrika siehe auch Clendenen/Duignan, Americans in Black Africa up to 1865. 11 Siehe Zimmerman, Beyond Double-Consciousness; Amin, Struggle for African American Equality. 12 Vgl. Sithole, Black Americans and United States Policy, 326 f. 13 Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 6. 10
Die Identifikation von schwarzen Amerikanern mit Afrika im historischen Kontext
schifft worden und ihre Nachfahren kannten Afrika nur noch aus Erzählungen. Ihre Heimat war nun Amerika, weshalb sie im 19. Jahrhundert auch größtenteils eine „Heimkehr“ nach Afrika ablehnten.14 Stattdessen strebten sie die gesellschaftliche Inklusion in den USA an und wollten dort als gleichwertige Bürger anerkannt werden. Gleichzeitig war ihre Hautfarbe jedoch eine ständige Erinnerung daran, dass der „dunkle Kontinent“ der Ort ihrer Herkunft war, weshalb er eine ungeheure Faszination auf sie ausübte.15 Doch anders als den in Amerika lebenden Juden, Iren oder Italienern fiel es ihnen schwer, Afrika als ihre Ursprungsregion anzunehmen und zu glorifizieren, da sie nicht mit Afrikanern eine gemeinsame Sprache teilten, oft nicht einmal wussten, in welchem Teil Afrikas ihre Vorfahren einst gelebt hatten.16 Martin Kilson bezeichnet diese wechselhafte Beziehung treffend als „schizophrenic dialectic of ethnic group identity – between what we were and what we will become“ und wertet sie als eine wichtige Komponente des Amerikanisierungsprozesses.17 Während des 19. Jahrhunderts wurde Afrika in der westlichen Welt als ein Kontinent mit tödlichem Klima, gefährlicher Natur und primitiven Einwohnern dargestellt. Dieses Image hatte in der Tat einen negativen Einfluss auf das Afrikabild von Afroamerikanern, spornte gleichzeitig aber die intellektuelle schwarze Elite dazu an, der schwarzen Bevölkerung Amerikas ein realeres Bild des Kontinents zu vermitteln.18 Um die negative Berichterstattung über Afrika in den Medien und die populärkulturelle Darstellung des Kontinents in Romanen und Zeichnungen zu konterkarieren, begaben sich afroamerikanische Anthropologen, Historiker, Schriftsteller und Künstler wie Carter C. Woodson, W. E. B. Du Bois und Ralph Bunche auf die Suche nach positiven Elementen der afrikanischen Vergangenheit und Gegenwart und trugen so zu einer neuen Wertschätzung des dunklen Kontinents bei. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts beteiligten sich einige Afroamerikaner zudem an von weißen und schwarzen Amerikanern ausgehenden Bemühungen, Afrika zu kolonisieren. Als die Kolonisierung von Seiten der europäischen Mächte einsetzte, nahm die Anhängerschaft dieser Bewegung jedoch rapide ab und Afroamerikaner reisten stattdessen als Missionare nach Afrika, um die dort lebenden Menschen zu christianisieren und im gleichen Zug zu „zivilisieren“.19 Daran lässt sich die Ambivalenz nachvollziehen, mit der Afroamerikaner Afrika begegneten. Denn sie identifizierten sich sowohl mit den Afrikanern als auch den Instanzen, die darum bemüht waren, sie zu „zivilisieren“. Es stellte sich daher die Frage, ob Afrika für diese Missionare eine Flucht vor dem 14 15 16 17 18 19
Vgl. Duignan/Gann, The United States and Africa, 251; Campbell, Middle Passages. Vgl. Duignan/Gann, The United States and Africa, 251. Vgl. ebd. Vgl. Kilson, African Americans and Africa, 361. Vgl. Drake, Negro Americans and the African Interest, 630. Vgl. Campbell, Middle Passages, 326.
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Rassismus in Amerika war oder ein Einsatzort, an dem schwarze Amerikaner ihre Zugehörigkeit zur westlichen Gesellschaft beweisen und Anerkennung als „vollwertige“ Amerikaner finden wollten. Im späten 19. sowie zu Beginn des 20. Jahrhunderts sprachen sowohl die schwarzen Missionare als auch diejenigen, die sich an der Zurückführung auf den „schwarzen Kontinent“ beteiligt hatten, zwar anerkennend über ihre afrikanische Herkunft, zeigten aber wesentlich weniger Achtung für das Afrika der Gegenwart. Das Paradebeispiel für diese Ansicht ist die Auseinandersetzung mit Afrika während der „Harlem Renaissance“, in der Schriftsteller und Künstler eine neoromantische Sicht auf den Kontinent ihrer Vorfahren warfen und ihn als Quelle schwarzen Lebens und schwarzer Energie betrachteten. Der berühmteste Vertreter dieser Epoche, Langston Hughes, fand wie andere Zeitgenossen seine romantischen Vorstellungen von Afrika jedoch enttäuscht, als er den Kontinent erstmals bereiste.20 Bis in die fünfziger Jahre hinein war Afrika für Afroamerikaner nichts weiter als ein beschämender Teil ihrer Vergangenheit, den sie zu verdrängen versuchten: „It was irrelevant except for our need to repress and forget it in our drive for assimilation in America.“21 Diese ablehnende Haltung ergab sich vor allem aus der seit dem 17. Jahrhundert anhaltenden abwertenden Darstellung Afrikas in der westlichen weißen Gesellschaft, die Afrika als geschichtslosen Kontinent darstellte und negierte, dass seine Bewohner etwas Bedeutendes zur Weiterentwicklung der Menschheit beigetragen hatten.22 Der afroamerikanische Schriftsteller James Baldwin erinnerte sich: „At the time I was growing up, Negroes in this country were told to be ashamed of Africa. They were taught it bluntly by being told […] that Africa had never contributed ‚anything‘ to civilization.“23 Hinzu kamen die in Filmen generierten Bilder ungebildeter und nackter, in Ekstase tanzender „Wilder“. Während einer Phase, in der Afroamerikaner ihre Tauglichkeit für gleiche Bürgerrechte unter Beweis stellen mussten, und zwar unter den Bedingungen und den Augen des weißen Amerika, ist es verständlich, warum die Mehrheit der Afroamerikaner zögerte, sich zu einem Kontinent zu bekennen, der gemeinhin als „wild“, „rückständig“ und im akademischen Sinne betrachtet „unterentwickelt“ wahrgenommen wurde.24 Diese Darstellung Afrikas zielte auf genau jene Scham der schwarzen Amerikaner. Denn dass der Kontinent als barbarisch und unzivilisiert gezeichnet Vgl. ebd., 205. Wilkins, What Africa Means to Blacks, 130. Siehe auch Hickey/Whylie, Enchanting Darkness, 287; McCarthy, Dark Continent, 147. 22 McCarthy als auch Issacs führen dies auf die Darstellung Afrikas in den Medien zurück, wo Afrikaner als Barbaren und ihr Kontinent als wild und unzivilisiert gezeigt wurde. Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans, 100; McCarthy, Dark Continent, 148. 23 James Baldwin, Man’s Relation to Man. Africa’s Effect on the US Negro, in: Current (Mai 1961), 6. 24 Vgl. Hickey/Whylie, Enchanting Darkness, 288. 20 21
Die Identifikation von schwarzen Amerikanern mit Afrika im historischen Kontext
wurde, diente als Rechtfertigung, um Amerikanern afrikanischer Herkunft einen gleichberechtigten Platz in der amerikanischen Gesellschaft zu verweigern.25 Afroamerikaner orientierten sich daher weniger an Afrika, sondern wollten sich zunächst ihre Anerkennung in Amerika erkämpfen. Dafür wäre eine zu starke Identifikation mit Afrika vor dem Hintergrund der allgemeinen Wahrnehmung des Kontinents eher hinderlich gewesen. Dennoch gab es auch Stimmen, die die zu starke Fixierung auf das Erreichen der innerstaatlichen Ziele ablehnten und eine internationale Sicht auf das Rassenproblem propagierten – ein Interessenkonflikt, den der Zwist innerhalb der NAACP nach dem zweiten Weltkrieg sehr deutlich veranschaulicht.26 Eine weitere Ursache der allgemein ablehnenden Haltung schwarzer Amerikaner gegenüber Afrika war die Tatsache, dass der tägliche Kampf des durchschnittlichen Afroamerikaners um seine wirtschaftliche Existenz Vorrang gegenüber eher abstrakten Ideen wie pan-afrikanischer Einheit hatte: „There was too much business to be done with the ‚man downtown‘, who hired and fired […], or with the welfare department. There was no time to give even a passing thought to the Department of State.“27 Ende der Fünfziger ließ sich jedoch beobachten, dass Afroamerikaner Stolz auf ihre Herkunft und ein romantisches Bild des Kontinents entwickelten. Unweigerlich stellt sich daher die Frage, warum Afrika innerhalb nur weniger Jahre einen explosionsartigen Anstieg an afroamerikanischem Interesse erlebte. Um das plötzliche Interesse an Afrika erklären zu können, muss man sowohl innerstaatliche als auch internationale Entwicklungen berücksichtigen, die sich in der Nachkriegszeit nicht voneinander trennen ließen. Entwicklungen auf beiden Seiten des Atlantiks führten dazu, dass Afroamerikaner zunehmend mit Stolz auf ihre Herkunft blickten und ihren Willen sich mit Afrika auseinanderzusetzen bekräftigten.28 Einer dieser Faktoren war das Erwachen Afrikas aus der Fremdbestimmung, die allmähliche Entkolonialisierung des Kontinents.29 Die Welle von Unabhängigkeitserklärungen beginnend mit Ghana 1957 veränderte das Afrikabild von Afroamerikanern sehr zum Positiven und führte zur relativen Akzeptanz nicht nur des Afrika der Vergangenheit sondern auch des Afrika der Gegenwart im Leben schwarzer Amerikaner. Anstelle eines Kontinents, der der Missionierung bedurfte, erlebte Afrika nun im Bewusstsein der Afroamerikaner eine Transformation hin zu einem Modell, das es in der Überwindung weißer Vorherrschaft in den USA nachzuahmen galt. Es galt nicht länger als ein Ort, dessen man sich schämen musste, wesVgl. McCarthy, Dark Continent, 146, 148. Siehe Plummer, Rising Wind; Horne, Black and Red; Berg, Ticket to Freedom. Wilkins, What Africa Means to Blacks, 131. Siehe auch Said (Hg.), Ethnicity and U. S. Foreign Policy, 159 f. Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 7; Hickey/Whiley, Enchanting Darkness, 289; Gordon, Black Male in White America, 171; Tillery, Between Homeland and Motherland, 103. 25 26 27 28 29
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halb auch der Afro-American 1957 in einem Leitartikel auf die Unabhängigkeit Ghanas reagierte indem er verkündete: „Proudly we can be Africans!“ „With the increased importance of Africa in the world and the UN“, so hieß es in diesem Artikel, „those of us who are of African descent can take justifiable pride in the continent from which our forebears came.“30 Oder wie Wilkins schreibt: „The lesson became clear. Those weren’t monkeys over there, as we had been taught. They were our brothers.“31 Ab den späten Fünfzigern bemühten sich Afroamerikaner also darum, stärkere Bande mit dem gegenwärtigen Afrika zu knüpfen.32 Diese zeigten sich an gefeierten Besuchen afrikanischer Staatsoberhäupter, der Gründung von Organisationen zur Bewahrung der afrikanischen Kultur in den USA, wie der American Society of African Culture, und interessierten sich für die zunehmenden Kontakte von afroamerikanischen Studenten und Diplomaten mit dem Kontinent. Diese Entwicklung bewegte Afroamerikaner nicht nur zur Revision ihrer Einstellung gegenüber Afrika, sondern führte auch dazu, dass sich eine internationalere Perspektive innerhalb der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung bildete und schwarzen Amerikanern Mut für ihren eigenen Kampf für Selbstbestimmung und Gleichberechtigung machte.33 So stellte auch der Crossroader Willard Johnson fest: „The independence of Africa was important to us […], each step forward in Africa was a step forward to us.“34 Diese Erklärung allein ist jedoch eindimensional und ignoriert innerstaatliche Entwicklungen. Eine entscheidende war die an Intensität gewinnende Bürgerrechtsbewegung. Denn als schwarze Amerikaner mehr Vertrauen in ihren Status als Amerikaner fassten und ihr ethnisches Selbstbewusstsein in der wachsenden Bewegung gestärkt wurde, betrachteten sie Afrika zunehmend als Quelle ihrer Identität, des ethnischen Stolzes und der ethnischen Würde, die ihnen basierend auf ihrer Vergangenheit als Sklaven bisher verweigert worden waren.35 Diese Rückbesinnung auf ihre afrikanische Vergangenheit nahm besonders ab Mitte der Sechziger entscheidend zu, so dass Afroamerikaner nun de facto die gleichen Rechte wie weiße Amerikaner genossen und ihr Interesse an Afrika verfolgen konnten, ohne ihre gesellschaftliche Inklusion in den USA zu gefährden:
Zit. in Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 163. Wilkins, What Africa Means to Blacks, 135. Siehe auch Isaacs, New World of Negro Americans, 288. 32 Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 7. 33 Vgl. ebd., 160; Plummer, Rising Wind; Weißbord, Ebony Kinship, 181 ff.; Esedebe, Pan-Africanism, 76 ff.; Von Eschen, Race Against Empire, 186; Layton, International Politics and Civil Rights; Goldman, Significance of African Freedom. 34 Willard Johnson zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 35 Vgl. Said (Hg.), Ethnicity and U. S. Foreign Policy, 160. Siehe auch Campbell, Middle Passages, 30. 30 31
Wahrnehmung und Behandlung von schwarzen Crossroadern in Afrika
In the civil rights movement, black Americans had learned that there was something better in life than being pawns of white fantasies: we were humans too. Our new-found belief in our own humanity led us away from white values toward our own individual blackness and each other. We took a distance from America’s values and moved toward a pride in our past and a romance with our African homeland.36
Doch wie reagierten diejenigen Afroamerikaner, die den afrikanischen Kontinent in den späten fünfziger und in den sechziger Jahren bereisten? Konnten sie die quasi-romantischen Vorstellungen bestätigen, die sich schwarze Amerikaner zunehmend von Afrika machten? Wahrnehmung und Behandlung von schwarzen Crossroadern in Afrika
Da der Aufenthalt der Crossroader in Afrika eine „Dreiecksbeziehung“ zwischen schwarzen Crossroadern, weißen Crossroadern und Afrikanern war, soll im Folgenden aufgrund konzeptioneller Überlegungen auch das Verhalten von Afrikanern gegenüber den weißen Freiwilligen untersucht werden, um es dem gegenüber schwarzen Amerikanern entgegenstellen zu können.37
Abb. 19: Ghanaische Kinder fassen neugierig das blonde Haar einer Crossroads Volontärin an
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Wilkins, What Africa Means to Blacks, 136. Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 76.
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Der Selbstfindungsprozess schwarzer Crossroader
In Afrika befanden sich die meisten weißen Crossroader zum ersten Mal in ihrem Leben in der Minderheit. Ihre Reaktionen auf die plötzliche Veränderung von weißer hin zu schwarzer Überlegenheit waren äußerst verschieden. Für einige wenige war es eine schockierende Erfahrung; ein Volontär, der deshalb einen heftigen Kulturschock erlitt, musste den Heimflug antreten.38 Den meisten Freiwilligen bereitete diese Situation jedoch kein Unbehagen und die Neugier auf das Zusammenleben mit Menschen anderer Hautfarbe überwog. Der Crossroader Robert Cooper etwa bemerkte: „I have not felt any sensation of living in a different racial environment, there has never been the feeling that everyone around is black and that I can leave even if I wanted to.“39 Pat Turner, die aus dem Süden der USA stammte und 1960 in Guinea war, schloss sich dieser Meinung an: „This is the first chance I’ve had to live with members of another race and to me it has been a very good experience and yet in a way nothing out of the ordinary, nothing unusual has really happened in that respect. And that is something, too.“40
Abb. 20: Crossroader auf einem afrikanischem Markt
Die Einheimischen mussten sich an die Anwesenheit von weißen Crossroadern in Afrika jedoch erst gewöhnen. Einige Afrikaner, mit denen sie in Kontakt kamen, hatten nie zuvor weiße Menschen gesehen, und wenn doch, so Vgl. Operation Crossroads Africa. Interracial Student Pilgrimage is Hailed as World’s Most Successful Work Camp Experience, in: Ebony (November 1960), 56, 55. 39 Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia OCA 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. 40 Pat Turner zit. in CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. 38
Wahrnehmung und Behandlung von schwarzen Crossroadern in Afrika
waren sie von diesen nur eine herablassende und grobe Behandlung gewohnt. Weiße Crossroader berichteten daher, dass die Einheimischen über ihre weiße Haut und ihr helles Haar staunten und es bei jeder Gelegenheit berühren wollten. Besonders schwer fiel den Einheimischen zu glauben, dass die weißen tatsächlich mit den schwarzen Teilnehmern der Crossroadsteams zusammenarbeiteten: „When they saw our group of Negro and white students going about in a spirit of profound friendship and brotherhood, they were willing to accept our explanation that Little Rock was not all of the US, nor was it typical of America.“41 Afroamerikaner schienen jedoch noch mehr Blicke auf sich zu ziehen als weiße Volontäre, da Afrikaner über ihre Identität rätselten und unsicher waren, ob sie nun Amerikaner (die in ihrer Vorstellung alle weiß waren) oder „Schwarze“ und somit aus ihrer Sicht Afrikaner waren. Zwar sahen sie aus wie Afrikaner, bewegten und verhielten sich aber wie Weiße. Auch schwarze Crossroader wurden daher häufig angestarrt und über ihre Identität befragt.42 Bernice Parr berichtete: „Many Africans who never have seen a Negro ask me such questions as ‚Are you Negro or American?‘“43 Und Cathy Cobb erlebte Ähnliches: „It’s confusing for many Africans to see either of our Negro boys, because most of them can’t conceive of black Americans, yet these boys definitely don’t act African.“44 Ethnisch betrachtet waren die schwarzen Crossroader in den Augen ihrer Gastgeber Afrikaner, aus kultureller Sicht jedoch eindeutig Amerikaner. Aufgrund ihrer gemeinsamen Hautfarbe, der gemeinsamen Abstammung und einer gemeinsamen Geschichte von Unterdrückung und Sklaverei fühlten Afrikaner einerseits eine gewisse Verbindung zu den afroamerikanischen Freiwilligen.45 Sie bezeichneten sie als „entfernte Cousins“, begrüßten sie mit „welcome brother, welcome sister“ und forderten sie auf, in ihre „wahre Heimat“ zurückzukehren.46 Schwarze Crossroader berichteten, dass sie wie lang vermisste Verwandte willkommen geheißen wurden und teilweise eine Gastfreundschaft erfuhren, OCA, Africa Study and Workcamp Tour Summer 1958, 27. Siehe auch Haskell Sears Ward, Interview by Chris Matthews, Cross-Section, UCLA Peace Corps 50th Anniversary Panel Discussion, http://www.youtube.com/watch?v=NGTyrhHCaU0, Zugriff am 2. Februar 2012. 42 Vgl. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 57; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 3; Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 13., 20. und 21. März 2012; JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012. 43 Bernice Parr, African Negroes Ask Negro ‚Sister‘ to Return to her ‚Real Home‘, in: Pittsburgh Courier, 19. August 1961. 44 Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 75. 45 Vgl. Linebarger, Experiment in International Communication, 258. 46 Vgl. Franklin O. Bennett, Jr., Transcription of the Journal of Franklin O. Bennett, Jr., Eastern Nigeria One Team, 13. Juni 1960–24. August 1960, 2008, OCAR Addendum 2010. 41
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die ihre Erwartungen weit übertraf.47 Mit diesen Erlebnissen falsifizierten sie Harold Isaacs These, der in einem Artikel behauptet hatte, dass Afrikaner Afroamerikaner nicht mochten und nicht akzeptierten. Auch Virginia Saxtons Erfahrung war dem vollkommen entgegengesetzt: „They wanted me as an American Negro to know there is a bond between us and Africa.“48 Frederic Lewis aus Detroit bemerkte: „I shall never forget the warmth with which the Nigerians received me and the sense of identification they feel with the American Negro and the sincere concern they have for the racial situation in this country.“49 Während der Großteil der schwarzen Crossroader die Aufmerksamkeit der Afrikaner genoss, waren andere über die Tatsache entrüstet, dass sie wie lange verschollene und zurückgekehrte Söhne und Töchter Afrikas behandelt wurden.50 Die meisten Crossroader erkannten jedoch, dass sie lediglich aufgrund ihrer Hautfarbe und nicht aufgrund ihres kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrunds in Afrika akzeptiert wurden. Norman E. Hodges etwa fiel auf, dass obwohl ihre Gastgeber Afroamerikaner als „Brüder“ und „Schwestern“ willkommen hießen, sie sie nicht als gleichwertig erachteten, sondern als „people black like us who have come back to us“.51 Und auch Daisy Targum nahm wahr, dass sich die Identifikation der Afrikaner mit Afroamerikanern lediglich auf deren ethnische Herkunft bezog: This selective warmth on part of the Africans was not because I had more to offer than the other members of the group, but in a vague and obscure way I represented a distant cousin who had gone away and finally returned, changed in dress, manner and ideas. In fact, I was a curiosity. Also I was part of a group called the American Negro, who, according to local papers, was being persecuted, denied, cheated and exploited by white Americans, and who lacked enough pride to fight for themselves.52
Da ihre physischen Merkmale denen von Afrikanern glichen, wurden schwarze Crossroader häufig auf den ersten Blick für Afrikaner gehalten und gefragt, welcher Ethnie sie angehörten.53 So wurde eine Teilnehmerin als Angehörige einer lokalen Ethnie angesehen, da sie ebenso wie deren Frauen sehr dünn und
Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. Ebd. Für den Artikel von Harold Isaacs siehe Harold Isaacs, A Reporter at Large – Back to Africa, in: New Yorker, 13. Mai 1961, 105–142. 49 Operation Crossroads Reporting, in: New York Amsterdam News, 9. September 1961, 19. 50 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 51 Norman E. Hodges, Report on OCA Kenya II Program at Machakos, OCAR 78/4. 52 Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20. 53 Vgl. Helen Gott, Africans Awed by White American Students Who Don’t Order Them Around Like Bosses, in: Washington Post, 10. September 1964, F2. 47 48
Wahrnehmung und Behandlung von schwarzen Crossroadern in Afrika
ihre Hautfarbe ein heller Braunton war.54 Solche Verwechslungen konnten in bestimmten Fällen gefährliche Situationen herbeiführen. Während des Biafrakriegs in Nigeria war die Organisation beispielsweise äußerst besorgt, dass ihre schwarzen Volontäre (es weilten zu diesem Zeitpunkt noch sechs Gruppen im Land) mit Mitgliedern der Ibo verwechselt werden könnten, da diese im Gegensatz zu anderen Ethnien keinerlei Skarifizierungen im Gesicht hatten.55 Und in Nigeria wurde ein afroamerikanischer Crossroader von der Polizei unter Arrest gestellt, weil er verdächtigt wurde, ein illegaler Einwanderer aus dem benachbarten Kamerun zu sein. Der Verdacht der Polizei erhärtete sich, als sie seine Heimatadresse in seinen Papieren lasen: er wohnte in der Cameron Street.56 Afroamerikaner wurden aufgrund ihrer afrikanischen Abstammung zumeist schneller und wärmer als ihre weißen Teammitglieder akzeptiert und dienten ihrem Team häufig als „Eintrittskarten“ in die afrikanische Gesellschaft.57 Daisy Targum, die mit Crossroads in Nordrhodesien war, berichtete: „In Northern and Southern Rhodesia, where there is great political tension and relationships between Europeans and Africans are very strained, I felt much more at ease and could find hospitality without suspicion much easier than the white ‚Crossroaders‘.“58 Und auch die New York Times berichtete: „Operation Crossroads Africa has found that the American Negroes in their group had ‚a head start‘ in the English-speaking areas where their welcome was out of all proportion to that of the white members.“ In den ehemals französischen Gebieten schlage den schwarzen Crossroadern jedoch herbe Kritik entgegen, da deren Bewohner der Meinung waren, dass sie nicht hartnäckig genug für ihre Rechte kämpften.59 Auf die besondere Verbindung zwischen schwarzen Amerikanern und Afrikanern verwies der Häuptling des Dorfes Dzolo in einer Rede an den Besucher James H. Robinson gewandt: One important thing, too, we derive from your presence is that, we are exceedingly glad that you are a ‚black American‘ and when one pauses over it, one can draw a sure conclusion that your great-grand-fathers might have been sent to America from this part of Vgl. Operation Crossroads Brings Phily Girl Closer to Senegal, in: Afro-American, 9. November 1963, 20. 55 Vgl. Jerome Vogel, Interview der Autorin, New York City, 30. Februar 2012. 56 Vgl. OCA Report 1963, 14. 57 Vgl. Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 13. März 2012; Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1014; Alexander/Schoveller, Go to School, You’re a Little Black Boy, 78; Plimpton, Operation Crossroads Africa, 132 f. Siehe auch Isaacs, New World of Negro Americans, 304. 58 Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20; Haskell Ward, Africa’s Emergence. Potential, Challenge, in: Atlanta Daily World, 9. Dezember 1962, A6. 59 Vgl. Top Meet Africa’s Greatest Need: Education, in: New York Times, 20. August 1961, SM33. 54
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the world and hence your association with us. And so […] you are a real Dzoro born and that you are heartily welcome back. It seems significant to us Sir, that your functions in Africa where the traditions of Afro American relations originated have been the source of your inspirations to foster the already existing fraternal friendship and love between the people of African and American descent.60
Das große Interesse von Afrikanern an ihren „verloren geglaubten Brüdern und Schwestern“ lässt sich auch anhand der Bitten nachvollziehen, die sie an Crossroads richteten, die Zahl seiner afroamerikanischen Teilnehmer drastisch zu erhöhen. Ein afrikanischer Student bat Robinson etwa: „Lastly I would like to appeal to you, please increase the number of black Americans in next years’ group, since they are my Soul Brothers and Sisters and I would like to get to know most of them.“61 Die Organisation wusste um die Vorteile, die sich aus der Teilnahme vieler Afroamerikaner ergaben und behauptete gar, Probleme in bestimmten Ländern zu bekommen, sobald kein größerer Anteil an Afroamerikanern in ihren Gruppen vertreten war.62 Denn nicht nur waren Afrikaner neugierig darauf schwarze Amerikaner kennenzulernen, sie begrüßten auch außerordentlich die Tatsache, dass schwarzen Teilnehmern an Crossroads dieselben Rechte wie Weißen zugestanden wurden und sie als Ebenbürtige und Partner nach Afrika reisten – ein Eindruck, der auch ihr Bild von Amerika zum Positiven veränderte: „[This] is something we in Africa notice with much applause and pray that this right be granted to the black Americans in many other US departments at home and abroad.“63 Nach einem anfänglichen Gefühl von Akzeptanz wurde den meisten schwarzen Crossroadern jedoch bewusst, dass sie in Afrika ebenso wie in Amerika nicht dazugehörten, sondern eine Randgruppe bildeten. Wie ein schwarzer Crossroader anschaulich beschrieb: „The transfer from the position of a one-tenth minority to a nine-tenth majority is solely a physical phenomenon.“64 Entgegen ihren Erwartungen wurden die afroamerikanischen Volontäre nicht als Afrikaner akzeptiert – ein Phänomen, das auch die Afrikareisenden Richard Wright und Langston Hughes in den literarischen Auswertungen ihrer Reisen beschrieben.65 Wright, der 1953 an die Goldküste (das sich von Großbritannien loslösende Ghana) reiste, bemerkte etwa: „Being obviously of An Address by the Chief and People of Dzolo at a Durbar on 13th August, 1971 in honour of the visit of James H. Robinson, OCAR 86/18. 61 Brief, Benny Pillar an Jerome Vogel, OCAR 75/2. 62 Vgl. James H. Robinson zit. in U. S. Congress, House Committee on Un-American Activities, Hearings Relating to H. R. 63 Daily Nation, 19. Juni 1970, JHR 20/18. 64 Brief, Anonym an William Sloane Coffin, Jr., WSC 24/150. Siehe auch Isaacs, New World of Negro Americans, 305, 309, 321; Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 65 Vgl. Wright, Black Power, 39, 112. Siehe auch Isaacs, New World of Negro Americans, 310. 60
Konfrontation mit dem amerikanischen Rassenproblem
African descent, I looked like the Africans, but I had only to walk upon a scene and my difference declared itself without a word being spoken.“66 Die afroamerikanischen Volontäre wurden von Afrikanern als „Europäer“ oder „Amerikaner“ bezeichnet und bisweilen gar als „Weiße“.67 Der Begriff „Weißer“ bezog sich in diesem Fall jedoch keineswegs auf die Hautfarbe, sondern auf ihren Habitus – ihre Kleidung, ihre Sprache und ihr Gebärden – der nach Ansicht der Einheimischen dem der Weißen nachempfunden war.68 Ein Crossroader von der Militärakademie Westpoint schilderte: „The blacks went over expecting to be automatically treated like a brother […] But the big-city Africans didn’t look at it this way. Black or white, you were a European tourist, and that distinction, not your color, determined how a stranger would treat you.“69 Und auch Patricia Carey stellte enttäuscht fest, dass obwohl sie überall mit „Sister, Sister“ begrüßt wurde, Afrikaner nach näherem Kennenlernen stets sofort bemerkten, dass sie Amerikanerin war.70 Afrikaner warfen ihren „Blutsbrüdern“ aus Amerika oftmals vor, wie Weiße sein zu wollen. Harold Isaacs schildert in Emergent Americans ein Gespräch zwischen schwarzen Crossroadern und einem senegalesischen Studenten, der von ihnen wissen wollte: „Why do Negroes want to be white?“, worauf die befragten Volontäre antworteten: „But we don’t.“ „Then why do Negroes put grease in their hair? Why do they sell skin bleaching?“, wollte der Afrikaner daraufhin wissen. Isaacs kommentierte diese Szene mit den Worten: „The young Negroes tried to explain – to tell who did this sort of thing and who didn’t, and how it came about – but it was hard; it was hard to explain the whole business of being a Negro in America.“71 Konfrontation mit dem amerikanischen Rassenproblem
Die afrikanischen counterparts und Dorfbewohner zeigten sich überaus interessiert an dem amerikanischen Rassenproblem und der gesellschaftlichen Stellung schwarzer Menschen in den USA. Entgegen den Erwartungen der Freiwilligen waren sie sehr wohl bestens über die Ereignisse in Amerika informiert Ebd., 152. Ed Ainsworth, Young People Assist Africans, in: Los Angeles Times, 1. Oktober 1961, D1; Patricia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012. 68 Vgl. Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20; Isaacs, New World of Negro Americans, 310. 69 Cadet Participation in Operation Crossroads Africa Summer 1973, OCAR Addendum 16/3. Siehe auch Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, Part II, in: New York Amsterdam News, 25. November 1961, 38. 70 Vgl. Patricia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012. 71 Isaacs, New World of Negro Americans, 311. Einen ähnlichen Vorfall beschreibt er auf Seite 322. 66 67
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– trotz aller Bemühungen der USIA jedoch nur über negative Schlagzeilen. Sie waren nicht im Bilde darüber, welche Fortschritte bereits im Hinblick auf die Rassendiskriminierung in Amerika erzielt worden waren. Ihr Amerikabild war demnach teilweise einseitig und die Misshandlung und Entrechtung von Afroamerikanern betrachteten sie als Normalität. William Sloane Coffin und sein Team waren schockiert, als sie herausfanden, dass Little Rock nach New York und Washington die bekannteste Stadt der USA zu sein schien.72 Andere Crossroader bestätigten diese Erkenntnisse: Africans wonder if people are afraid to walk anywhere in the US, […] Africans think that all Negroes in New York City are forced to live in Harlem […] They believe it is impossible for a Negro to marry a white in the US, they believe all US laws are against the Negro, Africans believe that the majority of Americans are Negroes and that the US racial situation is like the apartheid system in South Africa.73
Und in der Washington Post äußerte ein Crossroader: „Africans seemed to think that the country was one big series of Little Rocks.“74 Es war auch das Rassenproblem, nach dem sich Afrikaner am häufigsten in Diskussionen und Gesprächen mit den Freiwilligen erkundigten, da waren sich alle Crossroader einig.75 Besonderes Unverständnis löste bei den afrikanischen Gesprächspartnern die Tatsache aus, dass sich die Regierung in den USA in bestimmten Fragen nicht über die Einzelstaaten hinwegsetzen konnte.76 Während dieses Unverständnis auf alle afrikanischen Länder, in denen Crossroader arbeiteten, zutraf, fand Isaacs heraus, dass Afrikaner, die den USA freundlich gesonnen waren, sich eher weniger über das Rassenproblem echauffierten als Afrikaner in Staaten, die den USA feindlich gegenüber standen. Sie benutzten das Rassenproblem, um ihre Bevölkerung auf die Schwächen des demokratischen Systems hinzuweisen.
Vgl. Goldstein, William Sloane Coffin, Jr., 108. Vgl. OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea; OCA, Report of Evaluation Sessions Guinea Group, August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 74 When they Get to the Crossroads, They Literally Dig in. A Summer in Africa Draws 300 Students, in: Washington Post, 5. Juli 1954, F15. 75 Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans, 77. 76 Vgl. OCA, Report of Evaluation Sessions Guinea Group, August 1961, Persönliche Dokumente von Michael Niebling. 72 73
Konfrontation mit dem amerikanischen Rassenproblem
Abb. 21: Diskussion unter Gruppenmitgliedern
Den Crossroadern zufolge schenkten Afrikaner dem Wort schwarzer Freiwilliger mehr Glauben als dem weißer, wenn es um das amerikanische Rassenproblem ging. Daisy Targum etwa behauptete: „I feel his word is taken more seriously than the white man’s word in discussing the life of the Negro in America and segregational problems. The white, many Africans feel, is a ‚sweet-talker‘, a deluder as many Europeans seem here when discussing the ‚natives‘ and ‚savages‘ in Africa.“77 In Gesprächen und Diskussionen mit Afrikanern lernten die Crossroader, dass die Situation der Afroamerikaner aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann: „We learned that there are […] at least three sides to every racial story, and no definite statements can be made about rights and wrongs.“78 So hatten die Crossroader die Möglichkeit, eine Außenperspektive auf ihre Situation zu hören. Dabei wurden sie des negativen Einflusses gewahr, den die Diskriminierung schwarzer Mitbürger auf das internationale Image der USA hatte. Wie Goldstein in seiner Biographie über William Sloane Coffin richtig feststellt, erzeugte die Reise bei weißen Volontären daher auch ein neues Interesse am amerikanischen Rassenproblem und an amerikanischer Außenpolitik.79 Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, Part II, in: New York Amsterdam News, 25. November 1961, 38. 78 Report of Canadian Committee OCA, 3, OCAR 47/16. 79 Vgl. Goldstein, William Sloane Coffin, Jr., 108. Bestätigt wird diese Ansicht von: William Sloane Coffin, Jr., Report on OCA Guinea, WSC 24/154. 77
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Afroamerikanern fiel dabei die schwierige Aufgabe zu, ihrem Gegenüber zu erklären, wie sie zu den Vorgängen in den USA standen und wie es sich anfühlte, als Schwarzer in dieser Gesellschaft aufzuwachsen – etwas, worüber sie sich selbst oft nicht richtig im Klaren waren. Deshalb lösten einige Fragen Unbehagen in ihnen aus, wie in der CBS-Dokumentation ersichtlich wird, in der eine Afroamerikanerin äußert unsicher wirkt, als das Gespräch auf die Situation der Afroamerikaner kommt. Indem sie Afrikanern die Ursachen und Auswirkungen des amerikanischen Rassenproblems schilderten, erklärten es sich schwarze Volontäre in gewisser Weise auch selbst und erfüllten den kulturdiplomatischen Auftrag von OCA.80 Sie wiesen ihr Gegenüber darauf hin, dass aller Diskriminierung ungeachtet auch Fortschritte in Bezug auf die Rassenbeziehungen zu verzeichnen wären.81 Patricia Griffith äußerte etwa: „We tried to explain that the situation is getting better […] that not all Americans believe in segregation […] that it’s a very complex problem that can’t be solved all at once.“82 Crossroads hatte die Teilnehmer zuvor sorgsam auf dieses Thema vorbereitet und sie dazu aufgefordert, nicht zu leugnen, dass die USA eine rassistische Gesellschaft waren, sondern das Rassenproblem ehrlich einzugestehen. Der Mitbegründer der Organisation, Israel Mowshowitz, erwartete dabei von den Volontären dafür einzutreten, dass man die USA nicht nur auf Basis der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation beurteilen, sondern auch die Maßnahmen berücksichtigen sollte, die bereits getroffen worden waren, um dem Problem in Zukunft zu begegnen: „They made it clear to the Africans that while the present situation in the US left much to be desired, it was moving in the right direction and knew and acknowledged the injustice of the status quo and was determined to change it.“83 In der Konfrontation mit Fragen bezüglich ihrer gesellschaftlichen und bis 1965 auch politischen Diskriminierung sahen sich schwarze Amerikaner oft die Situation in den USA verteidigen – eine Tatsache, die ihre double consciousness ebenso unterstreicht wie die Außenperspektive der Afrikaner auf sie und ihre eigene Identitätskrise, die durch den Aufenthalt in Afrika ausgelöst wurde. Während sie das Rassenproblem in den USA kritisierten und persönlich davon betroffen waren, werteten sie Kritik daran in Afrika als Angriff auf ihre Heimat. Hier offenbart sich ein Paradoxon: „Many a visitor found himself cast in an exasperating role: an alienated Negro American passionately defending segregationist America against the attacks of a national-chauvinistic African.“84 Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans, 84. Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012. Patricia Griffith, Foundation She Built Was One of Friendship, in: Washington Post, 6. April 1960, D4. 83 Mowshowitz, A Rabbi’s Rovings, 158. 84 Isaacs, New World of Negro Americans, 321. 80 81 82
Konfrontation mit dem amerikanischen Rassenproblem
Isaacs beschreibt ein Interview mit einem Volontär, zu dessen counterparts ein marxistischer Afrikaner zählte, der Afroamerikaner anklagte, ihre Unabhängigkeit nicht ebenso vehement einzufordern wie dies Afrikaner bereits erfolgreich getan hatten. Die Ambivalenz der Gefühle, die diese Anschuldigungen und Fragen bei dem schwarzen Volontär auslösten, kommt in dessen Reflexion des Gespräches zum Ausdruck: I found myself defending America, the whole thing, in a way I could never have imagined myself doing. I said yes, there was Little Rock on one side, and a lot of things on the other side […] As I was talking I felt myself pinned against the wall […] I realized I was defending something I wasn’t even sure I wanted to be defending. Here I was defending this thing […] But it was because I knew there were other sides to it. As big a racist as I am […] I could see that they would only hear of Little Rock and New Orleans, and would never hear of the lunch counters integrated in Nashville. They wouldn’t hear it even if you told them about it! I said to myself, All right, but I’m going to see that they hear all sides, hear our side.85
Den selben Interessenkonflikt erlebte auch Daisy Targum, die nach eigenen Angaben ausführliche Gespräche mit counterparts und Einheimischen über die Diskriminierung von Afroamerikanern in den USA führte und bemüht war, diese von den Fortschritten in Kenntnis zu setzen, die auf diesem Gebiet bereits erzielt worden waren, wobei sie bemerkte: „It was strange to find myself defending this country and some of its policies.“86 Andrea Cousins hingegen, die 1961 mit Crossroads nach Guinea reiste, war eine der schwarzen Volontäre, die es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten, ein positives Bild des amerikanischen Rassenproblems zu vermitteln, worauf sie heftige Auseinandersetzungen mit ihren Teammitgliedern erlebte, die sich den Forderungen Crossroads’, beide Seiten des Problems – sowohl die negativen wie die positiven – darzustellen fügten.87 Aus dem Austausch über die Situation der Afroamerikaner gewannen Afrikaner einen generell positiveren und Amerikaner einen generell negativeren Eindruck von den einheimischen Rassenbeziehungen. Es gelang den Crossroadern gar in einigen Fällen, ein allzu positives Bild zu vermitteln.88 Sie hoben durch ihr eigenes positives Beispiel eines gelungenen integrierten Zusammenlebens das überwiegend negative Image der USA auf, so dass es ihnen manchmal schwerfiel, diesen übertrieben positiven Eindruck wieder richtig zu stellen Zit. in ebd., 85, 322. Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20. 87 Vgl. Andrea Cousins, Email-Korrespondenz mit der Autorin, 12. März 2012. 88 Das bestätigt auch: CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for the Peace Corps, 16. März 1961; JoAnn Tanner zit. in OCA Guinea Team 1961, 1961 Crossroads Guinea. 85 86
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und auf Schwachstellen in ihrer demokratischen Gesellschaft hinzuweisen. Wenn auch unbewusst setzten sie die Zielvorgaben der USIA um und rechtfertigten die Existenz von OCA in deren Augen. Die beteiligten Afroamerikaner beobachteten zufrieden, dass den weißen Teammitgliedern in der Konfrontation mit Afrikanern die volle Dimension des amerikanischen Rassenproblems und dessen internationale Auswirkungen bewusst wurden. Gegenüber CBS äußerte ein weißer Volontär: Early in the summer we all presented a much more optimistic view […] of the racial situation. I feel […] much more willing now to criticize a slow rate of progress, if we are really having any progress. Many Americans, I think, have a miopic view that somewhere in the world for everybody there exists a certain picture of America as a land of liberty and freedom. And I found that this doesn’t exist and this is quite frightening for the future, because what, after all, does America have to say?89
Die Crossroader wurden zudem mit Rassismus in der afrikanischen Gesellschaft konfrontiert, der trotz ihres generell starken Nationalismus präsent war und ihrer Ansicht nach im Widerspruch zu den moralischen Vorwürfen von Afrikanern gegen die USA stand. Harold Isaacs gegenüber äußerte eine Volontärin: „When I asked Africans about intermarriage I found out they were against it too. They felt that Africans should remain pure in the same way that the white racists do. Yet they were critical of America on this very score.“90 Und auch Anne Wortham beklagte, dass sie nicht mit den Rassenbeziehungen in Äthiopien zufrieden sei. Als ihre Zimmernachbarin sie über diese aufklärte, bekam sie den Eindruck, dass sich die Äthiopier anderen Afrikanern gegenüber überlegen fühlten und dieses Image bewusst verkörperten, um Respekt einzufordern.91 Eine Anekdote in Plimptons Buch veranschaulicht den Rassismus in der afrikanischen Gesellschaft. Crossroader aus Rhodesien erzählten ihr, dass sie für gewöhnlich abends per Anhalter in die Stadt fuhren. Dabei war ihnen aufgefallen, dass weiße und schwarze nur in kleinen Gruppen getrennt fahren konnten, da Afrikaner nur Afroamerikaner und weiße Siedler nur weiße Crossroader mitnahmen, kein Auto jedoch für eine gemischtrassische Gruppe anhielt.92
Zit. in ebd. Zit. in Isaacs, New World of Negro Americans, 79. Siehe auch Fischer, Making Them Like Us, 175. 91 Vgl. Wortham, Operation Participation, 21, 23. 92 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa, 34. 89 90
Identitätsfindung der afroamerikanischen Crossroader
„Am I an American or am I a Negro? Can I be both?“ Identitätsfindung der afroamerikanischen Crossroader
Für afroamerikanische Crossroader beschränkte sich die gemischtrassische Erfahrung mit Crossroads nicht auf die Konfrontation mit ihren weißen Teammitgliedern und mit Afrikanern, sondern ermöglichte ihnen zudem, ihre eigene Identität als Afroamerikaner zu hinterfragen und sich mit ihrer afrikanischen Abstammung auseinanderzusetzen. Für einige schwarze Teilnehmer war dies auch der entscheidende Grund, an Crossroads teilzunehmen: um eine persönliche Bindung zu Afrika aufzubauen und sich ihrer Herkunft bewusst zu werden. Für Afroamerikaner hatte Afrika eine große Anziehungskraft, da es die Heimat ihrer Vorfahren war. Doch während die Verbindungen zwischen Afroamerikanern und Afrikanern sich zu Beginn der Sechziger intensivierten, waren sie dennoch sehr gering und wurden von Identitätsfindungsproblemen der Afroamerikaner verkompliziert.93 In Deep in Our Hearts behauptet die ehemalige Crossroaderin Emmie Schrader Adams, dass Crossroads, indem es hunderten Afroamerikanern die Reise nach Afrika ermöglichte und seine Teilnehmer verpflichtete, nach ihrer Rückkehr Reden über ihre Erlebnisse zu halten, das Fundament für eine regelrechte kulturelle Revolution legte: für eine intensive Identifikation mit dem afrikanischen Erbe, die mit der Black-Power-Bewegung zu voller Blüte kommen sollte.94 Zu Beginn der sechziger Jahre war die Reflexion der eigenen Identität für Afroamerikaner noch kein Beweggrund sondern vielmehr ein Resultat einer Reise nach Afrika. Gegen Ende des Jahrzehnts dominierte sie die Gründe, die Afroamerikaner zu einer Teilnahme an Crossroads bewegten, da junge Afroamerikaner zu dieser Zeit vermehrt nach der Beantwortung der Fragen nach ihrer afrikanischen Identität suchten. Ihre Enttäuschung war daher umso größer, wenn sie diese Antworten nicht wie erwartet in Afrika fanden.95 Auch wenn der Wunsch sich persönlich mit Afrika auseinanderzusetzen zu Beginn der Dekade durchaus präsent war, reisten die schwarzen Volontäre zu dieser Zeit vielmehr nach Afrika, um sich von den nationalistischen Bewegungen auf dem Kontinent inspirieren zu lassen und daraus Kraft für ihren eigenen Kampf für Gleichberechtigung zu schöpfen. So behauptete Frederic Lewis, ein Student an der Michigan State University, 1961: „I wanted to know what it feels like to live in a country where black men controlled their own affairs.“96 Dagegen erklärten die meisten der sich für Crossroads bewerbenden Afroamerikaner in der Vgl. Hickey, Enchanting Darkness, 169. Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 297; OCA, Decade of Achievement. Siehe für die späten sechziger Jahre: Brief, James Wood an James H. Robinson, 14. November 1969, OCAR 78/14; Brief, James H. Robinson an Mr. Taita Towett, 2. September 1970, OCAR 85/24. 96 Frederic Lewis zit. in Words of the Week, in: Jet, 5. Oktober 1961, 30. 93 94 95
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zweiten Hälfte der Dekade ähnlich wie Gregory S. Peniston: „I had planned for my visit to Africa as the beginning of a long and meaningful contact with my brethren and heritage.“97 Für afroamerikanische Teilnehmer stellte sich in Afrika die Frage, ob sie sich mehr mit ihren amerikanischen Teammitgliedern oder doch mit Afrikanern identifizieren sollten. Wie viele Afroamerikaner dieser Zeit beschäftigten sie sich intensiv mit der Bedeutung des gegenwärtigen Afrika für die eigene Identität und handelten auch unweigerlich ihre Beziehung zur amerikanischen Gesellschaft aus.98 Die Tatsache, dass nur wenige von ihnen in einem Team arbeiteten, erschwerte diesen Konflikt, da sie oftmals niemanden hatten, mit dem sie sich über ihre Gedanken austauschen konnten.99 Diese Erfahrung ermöglichte ihnen jedoch, ihre Identität als schwarze Person und als Amerikaner mehr als jemals zuvor zu hinterfragen.100 Afroamerikanern fiel es äußert schwer, Afrika als Teil ihrer Selbst anzunehmen. Auch Richard Wright fragte sich vor seiner Reise nach Ghana 1953: AFRICA! Being of African descent, would I be able to feel and know something about
Africa on the basis of a common ‚racial‘ heritage? Africa was a vast continent full of ‚my people‘ […] Or had three hundred years imposed a psychological distance between me and the ‚racial stock‘ from which I had sprung?101
Während seine Antwort auf diese Frage bisher stets dahingehend interpretiert wurde, dass er diese Frage nicht zu seiner Zufriedenheit beantworten konnte und er jegliche Hinweise auf seine Verwandtschaft mit Afrikanern als Beweis einer Dominanz seiner schwarzen über seine amerikanische Persönlichkeit abtat, zeigt meine Argumentation in Bezug auf die Crossroader, dass er sich ebenso wie die Volontäre nicht als „Schwarzer“, sondern vielmehr auf kultureller Ebene von Afrika entfremdet fühlte.102 Die verschiedenen Reaktionen, die afroamerikanische Teilnehmer auf Afrika zeigten, veranschaulichen den dynamischen Charakter interkulturellen Austauschs. Während einige eine starke Bindung mit Afrika empfanden, fühlten sich andere ausschließlich als Amerikaner. Die Reaktion der überwiegenden Mehrheit knüpft jedoch an die Erfahrung an, die Wright oder aber auch Langston Hughes gemacht hatten. Er war 1960 nach Afrika gereist und empBrief, Gregory S. Peniston an James H. Robinson, 19. November 1969, OCAR 72/9. Siehe auch Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 98 Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 155 ff. 99 Vgl. Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20. 100 Vgl. Eleanor Holmes Norton zit. in Sheila Rule, A Peace Corps Precursor Observes 20th Anniversary of its Founding, in: New York Times, 4. Dezember 1977, 58. 101 Wright, Black Power, 4. 102 Vgl. Meriwether, Proudly We Can Be Africans, 155. 97
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fand den Kontinent zugleich als erhebend und desillusionierend, weil er der fehlgeschlagenen Kommunikation zwischen Afroamerikanern und den Gastgebern gewahr wurde.103 Auf der einen Seite entwickelten die schwarzen Volontäre eine Affinität zu Afrika, die sich auf gemeinsame kulturelle Praktiken gründete. Denn in Afrika entdeckten sie Überbleibsel einer Kultur, die auch sie als Afroamerikaner praktizierten.104 Dies entdeckte auch Richard Wright, der einem Tanz von einheimischen Frauen beiwohnte und sich an einen Tanz in Amerika erinnert fühlte.105 Während ihres Aufenthaltes in Afrika entdeckten auch die schwarzen Crossroader kulturelle Gemeinsamkeiten mit ihren Gastgebern: bestimmte Speisen, Geschichten und Lieder erinnerten sie an ihre Familie und die afroamerikanische Gemeinschaft zuhause.106 Joseph Edwards bemerkte zudem, dass es Werte gab, die Afroamerikaner und Afrikaner teilten: die starken familiären Bande, das Einnehmen von Speisen in Gemeinschaft, die Liebe zur Musik und das Gefühl für Rhythmus und Zeit.107 Einige schwarze Crossroader fühlten eine besonders starke Verbindung zum Kontinent ihrer Vorfahren und betrachteten Afrikaner fortan als „Blutsbrüder“, wie ein Crossroader in Äthiopien, der behauptete: „This experience has just made me feel more of a kinship to my ancient homeland.“108 Dabei identifizierten sie sich jedoch mehr mit den afrikanischen Vorfahren als mit dem gegenwärtigen Afrika – ebenso wie Countee Cullen einst, für den das historische weit mehr Anziehungskraft als das reale Afrika hatte.109 So steht die Meinung eines Crossroaders in Malawi stellvertretend für viele afroamerikanische Freiwillige: „I feel a part of Africa now, because of my ancestry and more because of my skin.“110 Doch es gab auch Crossroader, die Afrika fortan als ihr „wahres Zuhause“ betrachteten und weit mehr als nur eine Verbindung basierend auf gemeinsamer Herkunft empfanden. Eine Teilnehmerin entschied sich etwa, ihr Leben in Afrika anstatt in den USA zu verbringen, da sie sich zum ersten Mal wegen ihrer Hautfarbe nicht abgewiesen sondern akzeptiert fühlte. Und ein weiterer Teilnehmer fühlte sich so sehr als Afrikaner, dass er auf einer Zeremonie am Ende des Sommers einen afrikanischen Namen annahm.111 Die Geschichte Afrikas, der politische Fortschritt und die Kultiviertheit der Afrikaner ließen schwarze Crossroader einen stärkeren ethnischen Stolz Vgl. Campbell, Middle Passages, 210, 223. Vgl. Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 13. März 2012; Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1023. 105 Vgl. Wright, Black Power, 62. 106 Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1017, 1023. 107 Vgl. Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012. 108 End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 109 Vgl. Sydney Hall, Interview der Autorin, Washington D. C., 4. März 2012. 110 End of Summer Evaluation Malawi 1964, OCAR 78/23. 111 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 103 104
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entwickeln.112 Zudem gewannen sie eine neue Perspektive auf sich selbst als „Schwarze“, da sie dort Teil einer Mehrheit waren. Wie der Anwalt Lincoln Alexander, der 1960 an Crossroads teilnahm, bemerkte: The experience was an eye-opener to me, not only as a lawyer, but also as a human being, because I began to realize what black people could do. I saw that, unlike the Hollywood version, these Africans were men and women of significant talents. I became conscious of my blackness. Now we were in Africa, and I realized we are people of skill and creativity. I was a black man and I was somebody. I started standing tall.113
Und auch der afroamerikanische Kadett Lee T. Watts resümierte seine Freiwilligenarbeit mit Crossroads in Afrika: „Above all, perhaps the most valuable weapon acquired was that of self-identity, self-confidence and self-pride. All of these virtues are indispensable and they are all badly needed by, in particular, the black segment of black America.“114 Die schwarzen Crossroader trugen mit dieser Erkenntnis zu einem erwachenden ethnischen Stolz bei, der eine ganze Generation von Afroamerikanern prägen und begleiten sollte. So bemerkte auch Oumarou Youssoufou, der Geschäftsführer der Botschaft von Niger, in einer Grundsatzdiskussion in der Zeitschrift Peace Corps Volunteer, dass die direkte Konfrontation mit Afrika wichtig für die Identitätsfindung von Afroamerikanern war und ihnen vor Augen führte, dass die Jahrhunderte währende Degradierung des Kontinents ihrer Vorfahren jeglicher Grundlage entbehrte: [The] Negro learns quite a lot about his origin and about his values – what he’s worth. […] It helps to show them that their origin is something they can be proud of, that it is very important, and that these people they left thousands and hundreds of years ago are now developing and coming unto world politics, talking of freedom, and organizing their own affairs.115
Für afroamerikanische Volontäre war es eine wahre Genugtuung zu beobachten, dass schwarze Menschen für die Regierung ihres Landes verantwortlich waren und den Mut aufgebracht hatten, sich gegen ihre kolonialen Unterdrücker zu behaupten. Wie Isaacs zurecht bemerkte, war es ein regelrechter Nervenkitzel, von schwarzen Menschen geführte Nationen dabei zu beobachten, wie sie sich selbst Geltung verschafften, schwarze Menschen zu sehen, die nicht von weißer Herrschaft unterjocht wurden, Machtpositionen inne hatten, Geschichte schrieben und anderen Respekt einflößten.116 Der schwarze Volontär 112 113 114 115 116
Vgl. Lee T. Watts III zit. in OCA, 10th Anniversary Report, JHR 48/4. Alexander, Go to School, You’re a Little Black Boy, 73. Lee T. Watts III zit. in OCA, 10th Anniversary Report, JHR 48/4. Youssoufou zit. in: ebd., 7. Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans.
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Milt Spaulding äußerte: „Being a black American, I can truly say that I really enjoyed being involved in a situation where things are run by Black people.“117 Die Erkenntnis, dass Afrikaner sich aus der Kolonialherrschaft befreit hatten, trug dazu bei, das negativ besetzte Afrikabild von Afroamerikanern zu ändern. Die Umkehrung dieses Bildes schritt so rapide voran, dass C. Payne Lucas, der Leiter des Peace Corps in Afrika, nur ein Jahrzehnt später – 1968 – in einer Rede am Maryland State College verlautbarte: This generation of blacks owes black Africa a hell-of-lot. As we sit here today on the threshold of democracy as we ring down the curtain on the Ku Klux Klan, as we move toward the second stage of translating the emotional phrase ‚black power‘ into ‚black pride‘, economical and political muscle, we must stop and give thanks to the birth of that black continent south of the sahara which gave real impetus to the black man’s struggle for dignity.118
Gleichzeitig trat für schwarze Crossroadsvolontäre neben dem sich während ihres Aufenthaltes in Afrika entwickelnden Gemeinschaftsgefühls mit Afrikanern die kulturelle Entfremdung von Afrika, die schon von Generationen an Schriftstellern wie Hughes, Wright, Ellison, Baldwin, Isaacs119 und auch Countee Cullen geäußert worden war, dessen „African Fragment“ lautet: So long, so far away is Africa120
Besonders anschaulich tritt diese Entfremdung in Richard Wrights Reisetagebuch Black Power zutage. Das Buch verdeutlicht, dass der Schriftsteller, wie sein Biograph es beschrieb, als Abendländer Probleme hatte, sich mit der afrikanischen Weltsicht zu identifizieren.121 Die Berichte von afroamerikanischen Crossroadern spiegeln überwiegend das Empfinden von Wright wieder. Daisy Targum etwa berichtete in der New York Amsterdam News in ähnlichem Wortlaut: „For the first time […] I was part of a majority – yet, in a more real sense, still in a minority. I was a strange intruder in the land that has been called my home, the ‚home‘ of all Negroes.“122 Dieselbe Beobachtung machte auch Harold Isaacs in seiner Abhandlung The Milt Spaulding zit. in Cadet Participation in Operation Crossroads Africa, Summer 1973, OCAR Addendum 16/3. 118 C. Payne Lucas, Unbetitelte Rede, 4. Dezember 1968, JHR 17/10. 119 Vgl. Gaines, American Africans in Ghana, 128. 120 Langston Hughes, Afro-American Fragment. 121 Vgl. Fabre, Unfinished Quest, 401 f. 122 Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20. 117
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New World of Negro Americans, in der er postulierte, dass der amerikanische „Schwarze“ zu allererst Amerikaner wäre, und sich der Kulturschock, den er in Afrika erlebte, nicht groß von dem unterschied, den weiße Amerikaner in Afrika erlitten.123 Die kulturelle Kluft zwischen Amerika und Afrika klaffte für viele schwarze Crossroader zu tief, als dass sie sie hätten überwinden können. Daisy Targum von der Rutgers University: „His logic wouldn’t permit [the American black] to understand ‚juju‘ […] and his conscience wouldn’t permit him to believe in some of the rituals.“124 George Bundy Smith begründete diesen Sachverhalt wie folgt: The Negro came to America as a slave. When he came to America the bonds between the Negroes of America and Africa were systematically cut. It is for this reason that we can today say that the Negro of America is an American more than an African. We can say now that the Negro is very much in sympathy with Africa – that all Negroes of America would really much like to see the total independence of Africa, but we can nevertheless say that the Negro in America is an American.125
Nicht nur schwarze Crossroader fühlten eine stärkere Bindung zu Amerika als jemals zuvor. Peace-Corps-Historiker haben konstatiert, dass dies auch auf die Volontäre des Friedenscorps zutraf, die in der Regel zwei Jahre lang in Afrika arbeiteten. In Afrika wurden sie sich ihrer „grundlegenden americanness“ bewusst.126 Und auch gegenwärtige Reiseliteratur schwarzer Amerikaner betont die stärkere Bindung von nach Afrika reisenden Afroamerikanern zu ihrer amerikanischen Heimat. So resümierte der Journalist Keith Richburg seine Reise nach Afrika: „In short, thank God that I am American.“127 Schwarze Crossroader erlebten dennoch nicht jenes von Gruesser beschriebene „dream-to-nightmare-szenario“, das Peace-Corps-Volontäre erfuhren.128 Diese Bezeichnung scheint mir ein zu starker Begriff, um ihre Erfahrung adäquat zu beschreiben. Vielmehr spürten sie eine tiefe Enttäuschung, dort ebenso wie in Amerika nicht als gleichwertig angenommen, sondern als eine hybride Identität betrachtet zu werden. So bemerkte Patricia Carey im Nachhinein: „We all have particular pictures in our minds of homeland. And
Vgl. Isaacs, New World of Negro Americans, 133. Andere wissenschaftliche Werke, die die kulturelle Kluft zwischen Afroamerikanern und Afrikanern beschreiben, sind: Weißbord, Ebony Kinship; Jenkins, Black Zion; Moikobu, Blood and Flesh. 124 Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, Part II, in: New York Amsterdam News, 25. November 1961, 38. 125 George Bundy Smith in: CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for the Peace Corps, 16. März 1961. 126 Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1001. 127 Richburg, Out of Africa, xviii. 128 Vgl. Zimmerman, Beyond Double-Consciousness, 1002. 123
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I thought I am going home, but that wasn’t the case.“129 Afroamerikanischen Volontären war diese Erkenntnis sehr schmerzlich, bedeutete sie doch, dass sie einsehen mussten, dass sie, ob sie wollten oder nicht, Amerikaner waren.130 Es bedeutete ferner, dass sie weder hierhin noch dorthin gehörten und nirgends als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft akzeptiert wurden. Die Ambiguität, die sie in Amerika erlebten, erlebten sie auch in Afrika, allerdings nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, sondern aufgrund ihrer kulturellen Andersartigkeit. „If you are a European, you seek the shelter of the European community. But an American Negro is an oddity; he has one foot in both worlds.“131 Die schwarzen Crossroader bestätigten also die von Du Bois postulierte Existenz einer double consciousness, die sich in ihrer Auseinandersetzung mit Afrika offenbarte. Die Erkenntnis, die sie dabei erlangten, spiegelt die von Ralph Ellison wider, der sich einst eingestanden hatte: I am a Negro American. It does not mean race, it means something cultural, that I am a man who shares a dual culture. For me, the Negro is a member of an America-bound cultural group with its own idioms, its own psychology, growing out of its preoccupation with certain problems of hundreds of years, out of all its history. The American Negro stock is here, a synthesis of various African cultures, then of slavery, and of all the experience of Negroes since.132
Auch die schwarzen Crossroader wurden sich bewusst, dass ihre ethnische Abstammung sowie ihr Kampf für Gleichberechtigung sie mit Afrika verband, ihre Kultur sie aber zu Amerikanern machte. Somit spürten sie tatsächlich eine Dualität in sich selbst: Sie waren „Schwarze“ und Amerikaner zugleich – „two souls in one body“. Die afroamerikanischen Crossroader reflektierten die Gedanken von Wright und Ellison, und bestätigten die Existenz einer double consicousness, von der die Identität von schwarzen Amerikanern fortwährend geprägt gewesen war. Für Joseph Edwards bewirkte die Reise etwa, dass sie einerseits seinen Stolz auf seine afrikanische Herkunft und andererseits seine americanness verstärkte.133 Und Daisy Targum fühlte sich aus kultureller Sicht zwar mehr als Amerikanerin denn je, steigerte als „Schwarze“ gleichzeitig aber auch ihre Affinität zu Afrika: For one of the few times in my life I felt like I belonged, that I was a part of America; that I was a citizen – first class. […] As a Negro I experienced a greater and more intense affinity for Africa and its peoples that I ever had before. Even though I was, for the most 129 130 131 132 133
Patricia Carey, Interview der Autorin, New York City, 22. Februar 2012. Vgl. Brief, James Wood an James H. Robinson, 14. November 1969, OCAR 78/14. Wright, Black Power, 353. Ralph Ellison zit. in Isaacs, New World of Negro Americans, 267. Vgl. Joseph Edwards, Telefongespräch mit der Autorin, 14. März 2012.
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part, ignorant of these peoples’ culture and customs I felt more toward them, especially in the color bar countries where we face similar problems.134
Diese Einsicht führte schwarze Crossroader außerdem zu der Erkenntnis, die auch weiße Crossroader, wie in Kapitel 9 beschrieben, erlangten: dass Menschen ungeachtet ihrer Hautfarbe und kulturellen Unterschiede dennoch im Grunde gleich sind. Die afroamerikanische Crossroadsvolontärin Ann Wortham schrieb in ihr Tagebuch: The wall of cultural differences stands to separate me from the Africans. […] Although the wall of cultural differences is strong, it is not so strong that it prevents Africans from believing that they possess the same humanity that any other nation of peoples possess. They have invited us to their countries to see for ourselves that they possess the same human characteristics as we do. Although our cultures may separate us, our common creation does not.135
Und Haskell Ward stimmte dem zu: „It was clear to me that the world was shrinking. And it was shrinking into a global community.“136 Es lässt sich also festhalten, dass schwarze Crossroader eine tiefe Verbindung zu Afrikanern basierend auf ihrer gemeinsamen Herkunft entwickelten, sich aber selbst aufgrund ihrer Kultur als Amerikaner fühlten. Weiße Crossroader konnten als überzeugte Befürworter der Bürgerrechtsbewegung gewonnen werden und beide verteidigten nach ihrem Afrikaaufenthalt die grundlegende Gleichheit aller Menschen verschiedener Kultur und Hautfarbe. Fazit
In Afrika wurden die schwarzen Teilnehmer ihrer Identität als Amerikaner mehr gewahr als zuvor – eine Selbstfindung, die sich aus der Perspektive ergab, die sie fernab ihres vertrauten Umfelds gewinnen konnten. Sie stellten sich der Frage, was sie persönlich mit Afrika verband und wie sie zu Afrika standen – eine Herkunftsregion, die für Generationen schwarzer Amerikaner mit negativen Stereotypen behaftet gewesen war. In der Auseinandersetzung mit der eigenen afrikanischen Herkunft setzten sie sich gleichzeitig mit ihrer Identität als Amerikaner auseinander – zwei Prozesse, die untrennbar miteinander verbunden waren. Dabei zeichnete sich eine breite Vielfalt an Reaktionen auf das neue kulturelle Umfeld ab: Während sich manche für eine bestimmte Identität Daisy Targum, An American Negro Views the New Africa, in: New York Amsterdam News, 18. November 1961, 20. 135 Wortham, Operation Participation, 18. 136 Haskell Ward interviewt in Cross Section. 134
Fazit
entschieden und sich mehr als Afrikaner oder Amerikaner fühlten, schufen sich die meisten eine hybride Identität und bestätigten dabei die schon von Du Bois formulierte double conciousness. Kulturell gesehen definierten sich die schwarzen Crossroader am Ende ihrer Freiwilligenarbeit in Afrika vorwiegend als Amerikaner, wurden sich aber zugleich der ethnischen Bande bewusst, die sie mit Afrika verbanden. Zwar spürten sie eine besondere Zusammengehörigkeit mit Afrikanern, besannen sich dabei aber mehr auf ihre ethnischen Wurzeln zurück, als dass sie sich mit dem Afrika der Gegenwart identifizierten. Eine Teilnehmerin brachte dies treffend auf den Punkt mit den Worten: „Although our cultures may separate us, our common creation does not.“137 Die kulturelle Selbstwahrnehmung der schwarzen Crossroader als Amerikaner wurde auch von der Reaktion von Afrikanern auf sie wesentlich beeinflusst. Denn während sie in den USA überwiegend als „Schwarze“ wahrgenommen wurden, betrachteten Afrikaner sie als „Amerikaner“ – ein wichtiges Kriterium, weshalb sie sich ethnisch gesehen als Afrikaner und kulturell gesehen als Amerikaner fühlten. Demnach hielten schwarze Crossroader an der Überlegenheit des westlichen Gedankenguts fest, aber erkannten auch, dass sie sich ihrer afrikanischen Herkunft nicht schämen mussten. Diese Erkenntnis trug zum erwachenden Selbstbewusstsein der Afroamerikaner in den sechziger Jahren bei und überzeugte sie, dass sie keine Menschen zweiter Klasse waren, sondern ebenso viel Würde und Gründe zu ethnischem Stolz besaßen wie andere Menschen auch.138
Wortham, Operation Participation, 18. Wie das 2012 eingestellte Nachrichtenmagazin Newsweek in dem Leitartikel „How Barry Became Barack“ 2008 behauptete, wurde so auch der amtierende Präsident Barack Obama in den achtziger Jahren seinem Selbstfindungsprozess – der so typisch für Afroamerikaner ist – von einem Crossroader beeinflusst. Eric Moore, der gemeinsam mit Obama am Occidental College in Los Angeles studierte, besuchte Kenya, die Heimat von Obamas Vater, 1980 im Rahmen des Freiwilligenprogramms und bezeichnete die Erfahrung Obama gegenüber als „powerful event“, das ihm selbst geholfen habe, seine eigene Identität zu finden: „It helped me find my own identity. I think for an African-American to go back to Africa is a powerful experience. It’s like going to Israel if you’re Jewish.“ Laut Newsweek beeinflusste Moore daraufhin auch Obamas Entscheidung, seinen afrikanischen Vornamen Barack als seinen Rufnamen zu akzeptieren und sich von dem amerikanischen „Barry“ zu lösen, das er bis dahin geführt hatte. Moores Verwendung des Namens Barack anstelle von Barry als einer der ersten Weggefährten Obamas rührte daher, wie der Artikel befindet, dass er als Konsequenz aus seinem Afrikaaufenthalt alles Afrikanische zu respektieren gelernt hatte. Vgl. Richard Wolffe / Jeffrey Bartholet, When Barry Became Barack, zuerst veröffentlicht in Newsweek, 22. März 2008, http://www.thedailybeast.com/newsweek/ 2008/03/22/when-barry-became-barack.html, Zugriff am 3. Januar 2013. 137
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11 – Das Ende der Reise? Die Bedeutung von Crossroads für Afrika, Amerika und die Freiwilligen
You may leave Africa, but Africa will never leave you. – James H. Robinson1 –
N
ach ihrer Rückkehr in die USA erhielten die Crossroader ein Schreiben von James H. Robinson, in dem er ihnen prophezeite: „You have left Africa only in the flesh. It will be a part of your life from now on and you left a part of your love, your service and your faith in the hearts of the people – many of whom could never express theirs to you in words.“2 Robinsons Erachten nach hatte Crossroads also nicht nur einen tiefen Eindruck auf die mit den Freiwilligen zusammenarbeitenden Afrikaner hinterlassen, sondern vor allem auf die amerikanischen Teilnehmer selbst, für die der Sommer in Afrika ein prägendes und richtungsweisendes Erlebnis darstellte. Das erkenntnisleitende Interesse dieses Kapitels ist es daher zu untersuchen, ob sich Robinsons Prognose als wahr erwies und welchen Einfluss Operation Crossroads auf Afrika, die Teilnehmer und auch die USA hatte. Da die Wirkung der Arbeit der Organisation auf Afrika schwer festzustellen ist, sollen hier besonders die Meinungen der Crossroader selbst erörtert und der Frage nachgegangen werden, ob sie ihre Arbeit als wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas betrachteten. Welche Bedeutung die Reise für die Persönlichkeitsentwicklung und Zukunft der Teilnehmer hatte, lässt sich indes anhand von Auswertungsbögen der Organisation und Tagebucheinträgen als auch Zeitungsberichten und persönlichen Briefen der Freiwilligen rekonstruieren. Dabei gilt es zu erkunden, inwiefern ihnen der durch Crossroads James H. Robinson zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 136. Brief, James H. Robinson an 1961 Crossroaders, persönliche Dokumente von Michael Niebling. 1 2
Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
provozierte Perspektivenwechsel eine neue Sicht auf Afrika, die USA und sich selbst ermöglichte. Wie änderte sich ihre Meinung über die Dritte Welt und die amerikanische Gesellschaft? In diesem Zusammenhang spielt auch ihre Einstellung gegenüber der Bürgerrechtsbewegung und anderen Ethnien eine Rolle, also ob und wie sie ihre bisherige Haltung gegenüber Menschen anderer Hautfarbe revidierten. Der Einfluss der Crossroader auf die USA und Kanada nach ihrer Rückkehr aus Afrika lässt sich wiederum anhand ihrer zahlreichen Vorträge, ihrer Berufswahl und ihres sozialen Engagements ablesen. In Reden und Zeitungsartikeln schärften sie das Bewusstsein der Bevölkerung für einen bisher wenig beachteten Kontinent und gewannen damit viele Mitbürger als Fürsprecher und Unterstützer für intensivere Beziehungen zu Afrika. Mit ihren neu erlangten Ansichten über das amerikanische Rassenproblem erweiterten sie die nationale Unterstützerbasis für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, und mit ihrer Berufswahl trug die Mehrzahl von ihnen zur Verständigung über ethnische und nationale Grenzen hinweg bei und führte Crossroads Philosophie auf mehreren Ebenen fort. Neben der Frage nach der Bedeutung des Afrikaaufenthaltes der Crossroader für Afrika, sich selbst und ihr Land soll jedoch auch untersucht werden, ob sie ihre neu gewonnenen Ansichten in den USA in Taten umsetzen konnten, und was für Konflikten sie sich nach ihrer Rückkehr stellen mussten. Bei der Erörterung dieser Fragen sollen die Crossroader auch in diesem Kapitel an vielen Stellen selbst zu Wort kommen, da sie selbst ihre persönlichen Eindrücke am authentischsten wiederzugeben vermögen. Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
In seiner sozio-politischen Abhandlung Politics is About Relationships vertritt der people-to-people Diplomatieexperte Harold Saunders die unter Sozialwissenschaftlern allgemein akzeptierte Erkenntnis, dass die Identität eines Menschen in der Interaktion mit anderen Personen geformt wird. Wenn Menschen miteinander kommunizieren, lernen sie aus den Erfahrungen, die sie im Umgang mit ihrem Umfeld sammeln.3 Aber im Zusammenspiel mit anderen Personen ändert sich auch ihre Wahrnehmung derselben: Stereotype Vorstellungen weichen der Einsicht, dass sich das Gegenüber nicht auf oberflächliche Unterschiede reduzieren lässt, sondern ein Mensch mit individuellen Gefühlen, Ängsten und Interessen ist, die den eigenen in vielerlei Hinsicht ähneln. Zu dieser Erkenntnis gelangt man nur durch die Interaktion mit anderen und
3
Vgl. Saunders, Politics is About Relationship, 66.
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Die Bedeutung von Crossroads für Afrika, Amerika und die Freiwilligen
die Konfrontation mit unterschiedlichen Wertvorstellungen, nicht durch bloße Beobachtungen aus der Ferne.4 Diese aktuellen wissenschaftlichen Thesen lassen sich auch auf die Erfahrungen der Crossroader in Afrika in den sechziger Jahren anwenden. Denn auch sie änderten durch die Interaktion mit Menschen einer fremden Kultur und ethnischen Zugehörigkeit nicht nur ihre Selbstwahrnehmung, sondern auch ihre Sicht auf andere sowie ihre eigene Gesellschaft, und gelangten dabei zu dem Urteil, dass alle Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft und Lebensweise letztendlich mehr eint als trennt. Anhand dieser im Laufe des Sommers in Afrika gewonnenen Erkenntnisse der Teilnehmer lässt sich der Einfluss von Crossroads am besten feststellen. Viele Crossroader erkannten den tatsächlichen Wert ihrer Freiwilligenarbeit erst nach ihrer Rückkehr in die Heimat, als sie die Möglichkeit hatten, ihre Erlebnisse aus der Distanz zu überdenken und sie dadurch zu verarbeiten. Nun konnten sie Erkenntnisse für ihr eigenes Leben und ihre Zukunft sowie ihren Beitrag für die Gesellschaft daraus ziehen.5 Nachvollziehen kann man den im Laufe des Sommers vollzogenen Gesinnungswandel der Teilnehmer anhand der Zeitungsartikel, die von zurückgekehrten Crossroadern verfasst wurden, ihrer Korrespondenz untereinander und mit der Organisation, Oral-History-Interviews mit den Beteiligten sowie der Berichte und Auswertungsbögen der einzelnen Teams.6 Der Einfluss, den die Unternehmung auf die Freiwilligen hatte, so zeigen diese Dokumente, war in vielen Fällen so immens, weil die Crossroader in Afrika einen wichtigen Schritt zum Erwachsenwerden vollzogen und sich in einer sehr prägenden Phase ihres Lebens befanden. Zudem war es für den überwiegenden Teil von ihnen das erste Mal, dass sie mit einer vollkommen andersartigen Kultur in Berührung kamen. Dieser Kulturschock ermöglichte ihnen, die Welt und ihre eigene Gesellschaft aus einer neuen Perspektive zu betrachten und ihre bisherigen Werte und Überzeugungen einer Neubetrachtung zu unterziehen. Den zahlreichen Reflexionen der Crossroader über den Sommer in Afrika ist zu entnehmen, dass sie nach eigener Ansicht mehr persönlichen Nutzen aus dem Projekt zogen, als sie mit ihrer Arbeit an Afrika hatten geben können. Ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents schätzten sie daher als nur minimal und zweitrangig gegenüber den dabei entstandenen Freundschaften und der erreichten Verständigung mit ihren Teammitgliedern und Afrikanern ein. Repräsentativ für den Standpunkt vieler Crossroader antVgl. ebd., 73–75. Vgl. Robert Cooper, Report of Northern Rhodesia II 1964, 26. August 1964, OCAR 80/13. In den letzten Tagen der Reise wurde der Leiter jedes Teams angewiesen, einen Bericht über die Arbeit seiner Gruppe, die gemeinsamen Freizeitaktivitäten, das Verhältnis zu den counterparts und das der Crossroader untereinander zu verfassen. Vgl. OCA, Manual for Leaders, OCAR Addendum 2010. 4 5 6
Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
wortete ein Teilnehmer von 1964 auf die Frage, was mit dem Projekt erreicht worden war: On the technical level we did build something of use and value to the community, which was highly appreciated by the people and gave us a tangible sense of our contributing and doing something for the country we had all come to appreciate. More important than this, the higher aims of Crossroads, to establish an understanding between peoples of different cultures, to broaden our knowledge of the world [and] to form personal friendships between individuals and countries, was firmly established.7
Auf der Basis der von mir konsultierten Quellen, die die Erfahrungsberichte als auch die anonymen Beurteilungen der Crossroader über ihren Aufenthalt in Afrika beinhalten, kann ich Harold Isaacs These nicht bestätigen, der in Emergent Americans behauptete, dass die Mehrheit der an Crossroads partizipierenden Freiwilligen das Gefühl hatte, ihr Projekt habe eine wichtige Bedeutung für Afrika und die davon profitierenden Afrikaner.8 Im Gegenteil betrachteten Crossroader ihre Arbeit als nur geringen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Afrikas.9 Die Projekte waren von ihrer Anzahl her gesehen auch zu gering und nur auf vereinzelte Regionen konzentriert, als dass sie einen bleibenden Einfluss auf die Entwicklung des gesamten jeweiligen Landes hätten nehmen können. Die sichtbare Bedeutung der Crossroader machte sich vielmehr auf lokaler Ebene bemerkbar.10 Die größte Errungenschaft des Sommers, so fühlten die Teilnehmer, lag vielmehr in den freundschaftlichen Beziehungen zu den beteiligten Afrikanern und Amerikanern. Dadurch konnten auf beiden Seiten stereotype Vorstellungen, die sie zuvor voneinander gehabt hatten, revidiert werden.11 Auf den Auswertungsbögen wurde die Frage „What do you feel was accomplished?“ von einer deutlichen Mehrheit der Freiwilligen damit beantwortet, dass eine neue Ebene der Verständigung zwischen Afrikanern und Amerikanern erreicht wurde und eine enge Beziehung und ein tieferes Verständnis zwischen den zwei unterschiedlichen Kulturen geschaffen werden konnte.12 Auch wenn End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 107. Vgl. z.B. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 27. August 1967, OCAR Addendum 2010; End of Summer Evaluations. 10 Vgl. Timothy C. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 11 Auch Peace-Corps-Historiker vertreten die Ansicht, dass der größte Einfluss des Peace Corps die veränderten Einstellungen der Teilnehmer selbst waren. Siehe Rice, The Bold Experiment, 287. 12 Auf alle Teams zutreffende Aussagen wie diese wurden den „End of Summer Evaluations“ der einzelnen Teilnehmer entnommen, die jeweils für ganze Teams und Länder gesammelt wurden. Die in diesem Kapitel formulierten Thesen ergeben sich aus der Summe dieser Berichte und sollen hier nicht im Einzelnen aufgelistet werden. 7
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vereinzelte Stimmen antworteten, dass sie etwas von Nutzen gebaut hätten, bezeichneten sie dies als eine nur geringfügige Errungenschaft und fügten, wie ein Teilnehmer an einem Projekt in Gambia, hinzu: „Most important we have established contact and friendships with people who have as a result learned a little more about America and Americans, and who taught us about Africa.“13 Einige Afrikaner, die Crossroads kannten, waren jedoch skeptisch, ob die freundschaftlichen Beziehungen der Crossroader zu ihren counterparts tatsächlich dazu beitragen könnten, dass ihr Kontinent von amerikanischer Seite stärker beachtet wurde. In einem inoffiziellen Brief an James Robinson verlieh der Afrikaner Danny Silla seinem Gefühl Ausdruck, dass Crossroads nur sehr wenig für seinen Kontinent tun könnte. Er hielt es für äußerst unwahrscheinlich, dass die Freiwilligen ihre Ansichten über Afrika revidierten und Afrika in Zukunft helfen könnten: „How much can the average American college student learn, especially if all he meets are a bunch of counterparts who have not finished their high school yet?“14 Er war sich sicher, dass die Crossroader das Bild von Afrika als dem „dunklen und wilden Kontinent“ in Amerika aufrechterhielten, da sie ja nur abgelegene Gegenden aufgesucht hatten, in denen der Fortschritt noch nicht Einzug gehalten hatte. Die Berichtigung dieses Images wäre für ihn jedoch die wichtigste Aufgabe, die Freiwillige aus dem Ausland erfüllen konnten: „I am really anxious to see people looking at Africa not as a jungle trivested with Cannibals but as something else.“15 Die von Danny Silla geäußerten Bedenken, die Freiwilligen hätten Afrika nur als rückständigen Kontinent wahrgenommen, scheinen jedoch unbegründet. Das Afrikabild der Crossroader änderte sich, wie die Teilnehmerberichte und Evaluationen zeigen, in den meisten Fällen zum Positiven. Sie waren von der Gastfreundlichkeit der Menschen sowie von dem hohen Entwicklungsstand der besuchten Länder beeindruckt, der ihre Erwartungen von einem eher rückständigen Kontinent bei Weitem übertraf.16 Der überraschend positive Eindruck, den die Kultiviertheit der Afrikaner und die rapide Modernisierung ihrer Gesellschaft auf die Teilnehmer hatte, rührte vor allem von ihrem bisherigen Bild Afrikas her. Im Vergleich zu dem in der amerikanischen Gesellschaft gängigen „Tarzan“-Image, das viele Teilnehmer noch vor ihrer Reise als Realität betrachtet hatten, war der tatsächlich hohe Grad der Entwicklung in Afrika überwältigend. Das primitive Bild, das sich Crossroader vor ihrer Abreise in großen Teilen von Afrika gemacht hatten, wird anhand von Kommentaren der Freiwilligen deutlich. Ein Mitglied des Liberia-Teams von 1964 äußerte zum Beispiel: „The image which had been presented to me [before going to Africa] was that of a land which was ‚jungle‘ and a people who 13 14 15 16
End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19. Brief, Danny Silla an Jerome Vogel, 23. Februar 1969, OCAR 76/2. Ebd. Vgl. End of Summer Evaluation Ghana, OCAR 77/3.
Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
were primitive and ‚uncivilized‘ in most all aspects and who were incapable of becoming modern and civilized.“17 Ebenso vielsagend ist der Kommentar eines Freiwilligen in Ghana: „Africa is not the dark continent that I had once thought it to be.“18 Als Konsequenz aus diesen Eindrücken überdachten Crossroader ihr gesamtes Konzept von Entwicklung und Modernisierung. Auch ihre Überzeugung, dass ihr wahrer Beitrag nicht im Bau von Schulen und Kliniken, sondern in der Etablierung persönlicher Beziehungen mit anders gesinnten und kulturell geprägten Menschen lag, spiegelt sich in diesem veränderten Konzept wider. Den mir vorliegenden Quellen nach zu urteilen war der Großteil der Teilnehmer nach ihrer Rückkehr in die USA davon überzeugt, dass der wertvollste Beitrag, den Amerika in den Entwicklungsländern leisten könnte, in der Übertragung von Werten und Einstellungen bestand und nicht so sehr in der Unterstützung in Form von Geld und technischen Hilfskräften.19 Zudem äußerten sie den Gedanken, dass Propaganda in der Dritten Welt durch Organisationen wie die USIA zu stark betont würde und dass es mehr Projekten wie Crossroads bedürfe, die sich an den Ansprüchen und Voraussetzungen der betroffenen Menschen orientierten.20 Entwicklungshilfe, so schienen sich Crossroader nach ihrer Reise einig zu sein, müsse bei den betroffenen Menschen ansetzen. Denn wie Donald Simpson, der Geschäftsführer des kanadischen Crossroads treffend formulierte: „It’s people that count.“21 Ein Teilnehmer an einem Crossroadsprojekt in Gambia pflichtete ihm bei: „Its people behind developing countries – something that is often overlooked in lectures.“22 Ihrer Überlegung nach konnte Entwicklung nicht nachhaltig sein, wenn nicht auch der kulturelle Hintergrund der Menschen in die Entwicklungsstrategie einfloss.23 Diese Art von Entwicklungshilfe konnte keine grundlegenden Veränderungen herbeiführen. Es konnte nur gelingen, wenn die Menschen, deren Leben durch gezielte Entwicklungsmaßnahmen erleichtert werden sollte, mit in die Anstrengungen der Helfer einbezogen wurden. Diesen Standpunkt vertrat auch David Abernethy, der nach seiner Rückkehr aus Afrika The Political DiEnd of Summer Evaluation Liberia 1964, OCAR 78/16. Siehe auch Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012. 18 End of Summer Evaluation Ghana, OCAR 77/3. Für eine sozialwissenschaftliche zeitgenössische Abhandlung über das Afrikabild von Afroamerikanern in den frühen Sechzigern siehe Isaacs, New World of Negro Americans, 162–186. 19 Vgl. Preston Parr, General Report of the Crossroads Team in Ghana 1964, OCAR 77/5; End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 20 Vgl. ebd. 21 Donald Simpson, It’s People that Count, JHR 47/26. 22 End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19; vgl. auch Report of Canadian Committee Operation Crossroads Africa, JHR 47/16. 23 Vgl. Donald Simpson, It’s People that Count, JHR 47/26. 17
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lemma of Popular Education: An African Case veröffentlichte. In diesem setzte er sich dafür ein, dass eine erfolgreiche Entwicklungsstrategie „Herrscher“ und „Beherrschte“ in einem Netzwerk zusammenführen müsste, so dass Ideen und Bedürfnisse von „unten nach oben“ als auch umgekehrt kommuniziert werden könnten.24 Crossroader gewannen während ihres Afrikaaufenthaltes nicht nur eine neue Sicht auf die Entwicklungsherausforderungen des Kontinents, sondern bewirkten nach eigener Ansicht auch eine Imageverbesserung für Amerika. In Harold Isaacs Buch über die Crossroader von 1960 zitiert er einen Teilnehmer, dass das Projekt nicht bewirkt hätte, dass Afrikaner ihr Amerikabild revidierten, sondern dass Afrikaner die Crossroader vielmehr als Ausnahmen betrachteten, die von den gängigen Verhaltensmustern von US-Amerikanern abwichen.25 Die mir vorliegenden Quellen legen dagegen nahe, dass die Freiwilligen der Organisation sehr wohl den Eindruck hatten, während ihres zweimonatigen Aufenthaltes in Afrika stereotype Vorstellungen über Amerika widerlegt und ein positives Bild ihres Landes generiert zu haben.26 So waren Teilnehmer überzeugt, Wohlwollen für Amerika erzeugt zu haben und für „fundamentale Veränderungen in der Haltung gegenüber den USA“ verantwortlich gewesen zu sein.27 Robert Freeman, ein amerikanischer Geschäftsmann, der in Ghana arbeitete, teilte diese Einschätzung: Where our American population is very, very small in terms of overall population […] your students and advisors not only acted as ambassadors of good will, but actively demonstrated to the people an American way of life in a way that has not been done before. […] You have clarified the image of what America truly is.28
Den Ausführungen Timothy Weiskels zufolge, der im Rahmen seines Studiums an der Yale University für die Organisation arbeitete, bestätigten die Reaktionen von Afrikanern auf das Projekt diese Ansicht. In seinem Bericht über den Einfluss und die Nachwirkungen von Crossroads in den unterschiedlichen Regionen Afrikas finden die Projekte an sich kaum Erwähnung. Berichtet wird hingegen, dass sich die von ihm befragten Dorfbewohner an die „energische Arbeit“ der Crossroader erinnerten und viele Geschichten über deren Hilfsbereitschaft, Güte und Humor zu berichten hatten.29 Vgl. Abernethy, The Political Dilemma of Popular Education. Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 110. Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19; End of Summer Evaluation Kenya I, OCAR 78/1. 27 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 28 Robert Freeman zit. in OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 46. 29 Vgl. Timothy C. Weiskel, Survey and Impact Study of the Operation Crossroads Program in West Africa 1966–1967, JHR 47/33. 24 25 26
Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
In einer Rede hatte James Robinson gesagt: „One thing that becomes evident is that student exchange has a profound effect upon the individual.“30 Wie auch Harold Saunders stellte er fest, dass der Kontakt mit einer fremden Kultur einen tiefgehenden Einfluss auf Menschen hatte, da sich Werte und Überzeugungen durch die persönliche Begegnung mit Personen anderer Erziehung und Kultur verändern konnten. Die an Crossroads Beteiligten lernten nicht nur viel über Afrika, dessen Einwohner, Entwicklungsherausforderungen und -probleme, sondern auch über sich selbst.31 William Sloane Coffin ging sogar so weit zu behaupten, dass die an Crossroads beteiligten Amerikaner weit mehr von den Projekten profitierten als Afrikaner – ein Punkt, dem viele Crossroader selbst zustimmten.32 Das Leben in einer anderen Kultur ermöglichte ihnen, sich selbst und ihre eigene Gesellschaft aus einer gewissen Distanz zu betrachten und einer kritischen Reflexion zu unterziehen.33 Wie ein Teilnehmer treffend argumentierte, war es nahezu unmöglich, ohne veränderte Wertvorstellungen aus dieser Erfahrung herauszugehen: „One can hardly come away from such an experience without being moved in some way.“34 Crossroader berichteten, dass sie die Erfahrung unabhängiger gemacht und sie daraus mehr Selbstvertrauen gewonnen hätten.35 Darüber hinaus verbesserten sie auch ihre Kommunikationsfähigkeiten und ihre Bereitschaft anderen zuzuhören: „Talking as we did to thousands of people, each living to a degree in a unique world of opinion and prejudice, we became increasingly able to accept and respect opinion as an important clue to human behavior, ignoring momentarily whether we disagreed with it or not.“36 Aufgrund der mir vorliegenden Quellen kann ich James Robinson nicht zustimmen, der behauptete, dass die Freiwilligen Amerika nach ihrer Rückkehr viel unkritischer betrachteten als vor ihrer Abreise.37 Vielmehr legen die Briefe und Einschätzungen der Teilnehmer nahe, dass sie zumindest einige Aspekte des amerikanischen Lebens und der amerikanischen Politik jetzt viel kritischer betrachteten: „From a foreigner point of view [the US is] not as sweet and innocent as I would like to believe.“38 So äußerten sich viele Teilnehmer plötzlich negativ über den militärischen Einfluss der USA in der Dritten Welt James H. Robinson, Unbetitelte Rede, JHR 9/7. Denselben Punkt vertritt Hapgood, Of What Value is the Peace Corps, 5. 31 Vgl. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964; End of Summer Evaluation Kenya II, OCAR 78/2. 32 Vgl. William Sloane Coffin, Jr., Report on Operation Crossroads Africa, WSC 24/152. Vgl. auch Donald Simpson, It’s People that Count, JHR 47/26. 33 Vgl. Brief, Jerome Martin an James H. Robinson, 16. September 1964, JHR 6/19. 34 OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 37. 35 Vgl. End of Summer Evaluation Rhodesia 1964, OCAR 80/12. 36 OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 38. Siehe auch Albert Oliver, Report from Albert Oliver, 1. Juli 1966, OCAR 80/6. 37 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 7. 38 End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 30
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und fragten sich, ob Amerikaner überhaupt das Recht hätten, anderen Völkern ihre eigenen Wertvorstellungen aufzudrängen.39 Sie empörten sich über das teilweise unwürdige Auftreten ihrer Mitbürger im Ausland und das dadurch schlechte internationale Image der USA: „I have seen the impression created by U. S. tourists and overseas workers and find the image a bit disgusting. I have come to realize how great an effect U. S. actions have on the rest of the world and the envy and sometimes outright hatred with which we are confronted.“40 Außerdem kritisierten sie den Umgang mit Ausländern im eigenen Land und insbesondere die Ignoranz gegenüber den in den USA lebenden afrikanischen Austauschstudenten, die in großem Kontrast zu dem herzlichen Empfang stand, den ihnen afrikanische Studenten bereitet hatten.41 Auch das Desinteresse vieler Amerikaner gegenüber internationaler Politik wurde von den Crossroadern bemängelt: „I see that we have definite problems and are not ‚loved‘ by everybody. We must take a more active interest in government and international affairs as citizens.“42 Die von Crossroadern vorgebrachten Vorwürfe gegenüber ihrem Heimatland bedeuteten jedoch nicht, dass sie während ihrer Freiwilligenarbeit an Patriotismus eingebüßt hatten. Im Gegenteil setzte die von ihnen nach ihrer Rückkehr geäußerte Kritik an den USA in den meisten Fällen sogar einen gesunden Patriotismus voraus. So berichtet Michael Niebling, der nach seiner Freiwilligenarbeit 1961 in Guinea „glücklich war, die amerikanische Flagge wiederzusehen“, dass er gleichzeitig kritischer aber auch patriotischer gegenüber seinem Heimatland geworden war. Die von ihm wahrgenommenen Defizite in der amerikanischen Politik und Gesellschaft weckten in ihm den Wunsch, zu einer Verbesserung der persönlich als mangelhaft empfundenen Zustände beizutragen: „I will fight even harder to improve the U. S.“43 Und auch Oscar McCloud berichtet, dass er im Zuge seines Aufenthaltes in Afrika eine Einstellung entwickelte, die es ihm erlaubte, sein Land offen zu kritisieren – eine Eigenschaft, die er als Pflicht eines jeden loyalen amerikanischen Bürgers betrachtete.44 Ihre wochenlange Abwesenheit aus dem mit Reichtum und Überfluss gesegneten Amerika führte aber auch dazu, dass Teilnehmer bestimmte Aspekte ihrer Heimat mehr zu schätzen lernten. Wie die New York Times treffend formulierte: „The backbreaking labor, the lack of plumbing, electricity and other conveniences and the risk of disease that these people cope with leads many of them to re-examine their values and styles of life.“45 So stimmten viele CrossVgl. End of Summer Evaluation Gambia, OCAR 76/19; End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 40 Ebd. 41 Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 38. 42 End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. 43 Vgl. Michael Niebling, Interview der Autorin, Falls Church, VA, 1. März 2012. 44 Vgl. Oscar McCloud, Frontiers of Friendship, unveröffentlicher Aufsatz, New York 2011. 45 Sheila Rule, A Peace Corps Precursor Observes 20th Anniversary of its Founding, in: New 39
Die Auswirkungen der Reise auf die Teilnehmer
roader mit Bradford Abernethy und seiner Frau überein, die nun dankbarer als jemals zuvor für alltägliche Dinge waren, die sie bisher als selbstverständlich erachtet hatten: Größere Mengen nahrhaften Essens, Trink- und Leitungswasser, intakte Telefone und Kühlschränke.46 Das gemeinsame Leben und Arbeiten mit Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und der Meinungsaustausch mit den mit ihnen arbeitenden Afrikanern über das amerikanische Rassenproblem trugen außerdem dazu bei, dass weiße Teilnehmer Rassendiskriminierung stärker als zuvor ablehnten und sich aktiv in der Bürgerrechtsbewegung zu engagieren begannen. Für viele weiße Amerikaner stellte die Reise mit Crossroads den ersten intensiven Kontakt zu schwarzen Menschen und die Konfrontation mit deren Ansichten über amerikanische Rassendiskriminierung dar – was viele Teilnehmer als den lohnendsten Bestandteil des Programms überhaupt beschrieben.47 Ohne die in den USA existierenden gesellschaftlichen Barrieren konnten sie frei und ungezwungen miteinander umgehen: „This summer was a unique chance to really get to know American as well as African Negroes and to know them on a common ground without the spectre of American ‚ill-feeling‘, discrimination, or whatever you want to call it.“48 Weiße Teilnehmer berichteten, dass sie die Afroamerikaner in ihrem Team nicht nur kennen, sondern auch auf freundschaftlicher Ebene schätzen lernten.49 Anne Wortham bemerkte gar halb ironisch: „We learned that Negroes and whites can live happily together without catching diseases from eating from the same plate and drinking from the same cup.“50 Darüber hinaus stellte sie fest, dass sie als Crossroader die Vorzüge einer integrierten Gesellschaft erlebt hatten und die Gruppe damit etwas erreicht hatte, was sich Amerika erst noch erarbeiten musste. In ihrem Resümee über den Sommer mit Crossroads berichteten viele Teilnehmer, dass sie auf die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung aufmerksam wurden und zu verstehen begannen, welch negative Auswirkungen Diskriminierung auf die betroffenen Menschen hatte.51 So behauptete die Jahrgangssprecherin von 1961:
York Times, 4. Dezember 1977, 58. 46 Vgl. The Abernethys, The Christmas Times 1968, OCAR 72/6. Siehe auch End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4; Evaluation Report Ethiopia III, OCAR 76/9. 47 Vgl. End of Summer Evaluation Kenya I, OCAR 78/1; End of Summer Evaluation Liberia 1964, OCAR 78/16. 48 OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 38. 49 Vgl. End of Summer Evaluation Kenya II, OCAR 78/2. 50 Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 102, OCAR Addendum 2010. 51 Vgl. End of Summer Evaluation Kenya II, OCAR 78/2; End of Summer Evaluation Kenya I, OCAR 78/1; William Sloane Coffin, Jr., Report on OCA Guinea, WSC 24/152; Margaret Kurtz, Operation Crossroads Africa, OCAR Addendum 19/6.
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I’ve become sensitive to the Southern integration problem (something for which a Midwesterner usually has little real feeling), as a result of having 2 Negro friends (the first I have had) in my own group, and also as a result of knowing the feelings of the white Southerner in our group. I watch and listen to news of the Southern problem in a way which is quite different from what I did before.52
Eine neue Sicht auf das amerikanische Rassenproblem gewährte den weißen Teilnehmern neben ihrem gemeinsamen Leben mit Afroamerikanern auch der Austausch mit Afrikanern über dieses Thema. Er ermöglichte ihnen, die Diskriminierung der schwarzen US-amerikanischen Bevölkerung durch die Augen einer außenstehenden Nationalität zu betrachten und die internationalen Implikationen wahrzunehmen, die dieses Thema hatte. So wurde den Teilnehmern bewusst, welch negatives Licht die anhaltende Rassendiskriminierung auf Amerika warf, da Afrikaner sehr genau über Vorkommnisse wie Little Rock und das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten im Süden des Landes informiert waren. Die Crossroader erkannten: „I see the US not really loved but watched with a reserved eye. Africa puts pressure on the US because of its ‚uncivilized‘ way of treating its Negroes.“53 Neben dem großen Interesse von Afrikanern an der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und dem gesellschaftlichen Umgang mit schwarzen Amerikanern warf der in mehreren afrikanischen Ländern äußerst dominante Nationalismus für viele Teilnehmer ein neues Licht auf das Integrationsproblem der USA.54 Während Crossroader tiefen Respekt für den Mut der Afrikaner, für ihre Freiheit einzutreten und diese zu verteidigen, entwickelten, bemerkten sie die Parallelen zum Kampf der in Amerika lebenden schwarzen Menschen und betrachteten auch diesen folglich mit anderen Augen: „I saw how the struggle of the American Negro and the African is closely related – each for freedom, both for a different type of independence.“55 Rückkehr nach Amerika
Aufschluss über den weiteren Weg der Crossroader gibt neben Briefen und Zeitungsartikeln die Zeitschrift Crossroads Communiqué, die in jeder Ausgabe die Aktivitäten der Ehemaligen auflistete und über deren Hochzeiten, Anstellungen und ehrenamtliche Aktivitäten berichtete. Diesen Übersichten ist zu entnehmen, dass Crossroads die Zukunft der Teilnehmer nachhaltig beeinCathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 89. End of Summer Evaluation Ethiopia I 1964, OCAR 76/4. Vgl. OCA, Africa Student Study and Workcamp Tour, 38. Anne Wortham, Operation Participation. Notes on the 1962 Operation Crossroads Africa Project, 103, OCAR Addendum 2010. 52 53 54 55
Rückkehr nach Amerika
flusste und sie ihre Berufswahl und auch ihr persönliches Glück in vielen Fällen ihrem Sommer in Afrika zu verdanken hatten. Aber bevor in dem Kapitel untersucht wird, welchen Einfluss die Freiwilligenarbeit in Afrika auf den längerfristigen Weg der Teilnehmer hatte und wie diese ihre Aufgabe, nach ihrer Rückkehr fünfzig Reden über ihre Erlebnisse zu halten, bewältigten, soll zunächst betrachtet werden, welche Herausforderungen die Heimkehr für sie bereithielt und welche Möglichkeiten die Organisation offerierte, weiterhin mit Crossroads in Kontakt und über Afrika informiert zu bleiben. Bei einer Betrachtung der Nachwirkungen der Reise auf die nach Amerika zurückgekehrten Crossroader muss darauf hingewiesen werden, dass einige, wenn auch nur sehr wenige ihren Aufenthalt in Afrika verlängerten und nicht mit der restlichen Gruppe in die Heimat zurückflogen. Eine der wenigen mir bekannten Fälle ist Emmie Schrader Adams, die in einem autobiographischen Essay berichtet, dass sie und drei weitere Crossroader 1961 beschlossen, ein weiteres Jahr in Kenya zu verweilen.56 In den offiziellen Dokumenten der Organisation finden sich jedoch keinerlei Hinweise auf in Afrika gebliebene Teilnehmer (so konnte ich selbst über Schrader Adams keine Einträge finden), wahrscheinlich weil Crossroads andere Freiwillige nicht auf diese Option aufmerksam machen wollte. Die überwiegende Mehrheit der Crossroader trat nach Beendigung der Freiwilligenarbeit in Afrika die Heimreise an und begann das neue Semester in den USA oder Kanada. Das Amerika, das sie nun vorfanden, war für sie jedoch nicht mehr dasselbe, das sie vor zwei Monaten verlassen hatten. Die Erkenntnis, die der Soziologe David Riesman über die zurückkehrenden Peace-Corps-Freiwilligen gewonnen hatte, traf in ähnlicher Weise – wenn auch in geringerer Intensität – auf die Crossroader zu: The returning Peace Corps Volunteer belongs, as yet, to a relatively small elite. He has had a chance for an unusual form of service abroad, and, as a result, he will often find upon returning that he can scarcely communicate with his old friends, whose lives have not been touched in the same way.57
So spürten auch einige Crossroader aufgrund der persönlichen Entwicklung, die sie in Afrika durchgemacht hatten, eine gewisse Distanz gegenüber ihren Freunden und Verwandten, die sich aus ihren teilweise veränderten ideologischen Überzeugungen und ihrem reiferen Auftreten ergaben. Avel Louise Gordly, die in den siebziger Jahren mit Crossroads nach Afrika reiste, machte eine Erfahrung, die auf viele Crossroader zutraf. Ihren ersten Kulturschock Der faszinierende Aufenthalt von Emmie Schrader Adams mit und nach Crossroads in Afrika findet sich in: Schrader Adams, From Africa to Mississippi. 57 David Riesman zit. in Hapgood/Bennett, Agents of Change, 20. 56
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erlebte sie, als sie das erste Mal ihren Fuß auf den afrikanischen Kontinent setzte, und den zweiten bei ihrer Rückkehr in die USA. Den Gesprächen anderer Amerikaner lauschte sie auf einmal mit anderen Ohren: Alles mutete so unbedeutend und nichtig im Vergleich zu den Problemen an, die sie in Afrika wahrgenommen hatte.58 Besonders schwer gestaltete sich für Crossroader die Konfrontation mit ihrem gewohnten Lebensumfeld. Weiße Studenten aus dem Süden der USA waren davon vor allem betroffen, weil sie mit vergleichsweise progressiven Überzeugungen in eine Gemeinschaft zurückkehrten, die der Rassenintegration noch immer ablehnend gegenüberstand. Pat aus William Sloane Coffins Team in Guinea, die im Look Magazine und auf CBS betrachtet wurde, äußerte nach ihrem gemeinsamen Sommer mit schwarzen Amerikanern skeptisch: „The big question now remains what to do about this experience. It made me wonder having to go back and express the attitude to the other Southerners who sent me here.“59 Und auch Harold Isaacs, der den Kontakt mit vielen Crossroadern auch nach ihrer Rückkehr in die USA hielt, berichtete, dass Teilnehmer, die ihre Freunde und Kommilitonen von der Notwendigkeit der Rassenintegration überzeugen wollten, mit kritischen bis ablehnenden Haltungen konfrontiert und sogar persönlich angegriffen wurden. Er erzählte von einer jungen Frau, deren Verlobter ihre plötzliche Teilnahme an Sit-ins missbilligte und daraufhin die Verlobung auflöste, und von einer Teilnehmerin, die sich aufgrund ideologischer Differenzen mit ihrer Familie zerstritt.60 Während meiner Recherche bin ich jedoch nur auf wenige Geschichten wie diese gestoßen, vermutlich weil es sich dabei um persönliche Probleme handelte, die die Teilnehmer kaum einer Zeitschrift anvertraut oder jemandem berichtet hätten, der ihnen nicht sehr nahe stand. Zudem hätte die öffentliche Bekanntmachung solcher Schicksale kaum als positive Werbung für zukünftige Teilnehmer gewertet werden können. Nach ihrer Rückkehr nach Amerika nahmen einige Teilnehmer an verschiedenen ein- bis dreitägigen Aufbauseminaren teil, die von Crossroads organisiert wurden und an wechselnden Orten stattfanden.61 Durch sie sollten Crossroader weiterhin den Kontakt zueinander halten, und andere Studenten auf die Arbeit der Organisation aufmerksam gemacht werden.62 Des Weiteren boten diese Konferenzen der Organisation selbst die Möglichkeit, die Beziehungen zu den kooperierenden Bildungseinrichtungen aufrecht zu erhalten und eine weitere Zusammenarbeit zu gewährleisten.63 Die Tagungen standen 58 59 60 61 62 63
Vgl. Gordly, Remembering the Power of Words, 64. CBS Reports, Crossroads Africa. Pilot for a Peace Corps, 16. März 1961. Vgl. Isaacs, Emergent Americans, 81. Im Jahre 1964 hielt Crossroads allein neun Konferenzen ab. Vgl. OCA Report 1964, 14. Vgl. Crossroads Communiqué 2.3 (Oktober 1964). Vgl. ebd.
Die Crossroader bringen Afrika nach Amerika
dabei stets unter bestimmten Mottos, wie „Africa’s challenge to American students“ oder „Opportunities for service in Africa“.64 Ihr Programmablauf folgte einem festen Muster und bestand aus drei Teilen: einer Podiumsdiskussion ehemaliger Crossroader, die über ihre Erlebnisse in Afrika berichteten, Vorträgen von Vertretern des Außenministeriums, des Peace Corps, Kirchen, der UNO und privaten Organisationen, die Möglichkeiten für weiteres Engagement und Arbeit in Afrika vorstellten, sowie Vorträgen von Repräsentanten afrikanischer Nationen.65 Gastredner waren dabei unter anderem Ghanas UNO-Botschafter Alex Quainon-Sackey und Martin Kilson, Harvard-Dozent für afrikanische Politik.66 Um weiterhin regelmäßig über die Entwicklung Afrikas und die Arbeit der Organisation informiert zu sein, konnten Ehemalige ab 1967 auch in dem Ehemaligenverein aktiv werden. Dieser war gemeinsam von Sharon Percy Rockefeller und James Herman Robinson ins Leben gerufen worden und setzte sich aus Crossroadern und Mitgliedern des Vorstands zusammen.67 Der Alumniverband koordinierte die Aktivitäten der einzelnen Ehemaligengruppen in ganz Amerika, veranstaltete Basare und Wohltätigkeitsdinner und organisierte unter anderem auch die Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Organisation.68 Im Crossroads Communiqué schaltete er darüber hinaus regelmäßig Spendenaufrufe.69 Nach ihrer Rückkehr in die USA und Kanada feierten viele Paare, die sich über Crossroads kennengelernt hatten, außerdem ihre Verlobung. In jeder Ausgabe des Communiqué wurden Hochzeiten angekündigt beziehungsweise verkündet, bisweilen bis zu fünf in einem Quartal.70 Die Crossroader bringen Afrika nach Amerika
Laut dem Ehemaligen Michael Seltzer hatte Dr. Robinson die Freiwilligen bereits vor Antritt ihrer Reise darauf hingewiesen, dass ihre wichtigste Aufgabe erst beginnen sollte, wenn sie Afrika verlassen hatten.71 Sie hatten sich verpflichtet in mindestens fünfzig Vorträgen über ihre Erlebnisse mit CrossroCrossroads Communiqué 1.2 (März 1963). „Opportunities to serve in Africa“ war das Motto der Konferenz 1961 in Hartford, Connecticut. 65 Vgl. Crossroads Communiqué 1.2 (März 1963). 66 Vgl. Operation Crossroads Africa and Lehigh University Announce an Intercollegiate Conference on America and the Future of Africa, Nov. 15–16, 1963, Abernethy Papers 27/11. 67 Vgl. Sharon Rockefeller, Letter to Ex-Crossroaders who Would be on Crossroads Associated Development Committee, September 1967, OCAR 85/11. 68 Vgl. OCA Report 1968. 69 Vgl. Crossroads Communiqué 1.3 (Juni 1963); Crossroads Communiqué 2.2 (Juni 1964). 70 Vgl. ebd. 71 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 64
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ads zu berichten und andere Amerikaner über den aufstrebenden Kontinent zu informieren. Zu diesem Zweck hielt die Mehrzahl der Teilnehmer Referate vor Stiftungen und Gemeindeorganisationen, die ihre Reise mitfinanziert hatten, in Kirchen und an Universitäten sowie in lokalen Radiosendern.72 Andere schrieben Artikel für lokale und nationale Zeitschriften, teilweise auch schon während ihres Aufenthaltes in Afrika.73 Nicht nur weil es ihre Aufgabe war, sondern auch aus eigenem Antrieb wollten sie dazu beitragen, die Ignoranz ihrer Gesellschaft gegenüber Afrika zu bekämpfen und ihr Bewusstsein für dessen Herausforderungen zu wecken.74 Indem sie vor kleinerem und größerem Publikum über ihre Erfahrungen sprachen und ihre persönlichen Eindrücke von Afrika wiedergaben, konnten sie das Bild, das sich Amerikaner in den sechziger Jahren von dem „dunklen Kontinent“ machten, entscheidend beeinflussen. Der Crossroadsmitarbeiter Edward Greenfield bezeichnete den Einfluss, den die Crossroader auf ihre Gemeinden und ihre Universitäten nahmen, deshalb auch als weitaus bedeutender als ihre Arbeit in Afrika.75 In ihren Erfahrungsberichten widerlegten die Crossroader die stereotype Sicht auf Afrika als einem Kontinent voller unzivilisierter Menschen und dicht wachsender Urwälder – Bilder, die Amerikaner aus den Tarzanfilmen und National Geographic kannten.76 Auch wenn ihre Vorträge dabei nicht immer akademischen Standards entsprachen und Wissenschaftlern vielleicht nicht fundiert genug vorkamen, bekräftigte die Organisation ihre Meinung, dass jeder einzelne Vortrag, der eine positive Sicht auf Afrika eröffnete, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Afrikabildes lieferte. Der Vorsitzende des kanadischen Crossroadskomitees Donald Simpson rechtfertigte dies mit den Worten: I cannot accept the advice of serious academicians that because our stay in Africa was so brief we should refrain from making pronouncements about the people or the country. As Dr. Robinson has said, the darkest thing about Africa is our ignorance about it, whether they have the true facts or not, most North Americans have developed some attitude about Africa. Too often it is a „You Jane – Me Tarzan“ attitude which does not fit the Africa of today. Thus with all the limitations of a short stay and youthful naiveté, I feel Diese Vorträge wurden häufig von lokalen Zeitschriften angekündigt. Vgl. Bennett Students Urged to Heed Call to Africa, in: Afro-American, 26. Oktober 1963, 6; Kathryn D. McMillan to Speak on Africa Sunday, Cleveland Call and Post, 29. Dezember 1962, 3B. 73 Bradford Abernethy und sein Sohn David, die 1958 in Sierra Leone und Nigeria waren schrieben eine Kolumne in New Brunswicks Lokalzeitung, die während ihrer Reise als „Briefe in die Heimat“ veröffentlicht wurden. Vgl. David Abernethy, Nigeria Faces tough Problems while Preparing for Freedom, in: The Sunday Home News, 17. August 1958. 74 Vgl. End of Summer Evaluation Kenya II, OCAR 78/2. 75 Vgl. Brief, Edward L. Grennfield an James Farmer, undatiert, NAACP 17Sup/02/00240. 76 Siehe über das Afrikabild der Amerikaner in den sechziger Jahren Hickey/Whylie, Enchanting Darkness; Noer, New Frontiers and Old Priorities, 254. 72
Die Crossroader bringen Afrika nach Amerika
that Crossroaders should have something worthwhile to say that may help to break down the barriers between North Americans and Africans.77
Crossroader teilten Simpsons Sichtweise und wollten in ihren Berichten ein vollkommen anderes Bild Afrikas zeichnen. Ein Teilnehmer berichtete: „I am anxious to begin telling Americans about the real Africa. This is not ‚Tarzan‘ country, and yet, what else do we know about Africa other than what the ‚jungle‘ movies show?“78 Und eine weitere Freiwillige konnte es kaum erwarten, das „neue Afrika“ in ihren Reden zu präsentieren und Amerikanern zu zeigen, dass Afrikaner nicht auf Bäumen lebten und mit Lianen durch den Urwald schwangen.79 Dabei wiesen Crossroader auch auf die Quellen hin, aus denen sich diese falschen Vorstellungen speisten. Sie zeigten, dass Afrikaner ihrerseits einen auf Stereotypen und Mythen basierenden Eindruck von Amerika hatten: „We find out that they don’t carry spears, and they discover that we’re not all cowboys.“80 Während ihrer Vorträge wurden Crossroader darauf aufmerksam, dass in einigen Bevölkerungskreisen reges Interesse an Afrika bestand, und dass Gelegenheiten geschaffen werden mussten, um eine noch größere Anzahl an Menschen über den Kontinent zu informieren.81 In ihren Vorträgen stellten Crossroader jedoch nicht nur ein modernes und kultiviertes Afrika vor, sondern riefen Amerikaner außerdem dazu auf, sich für verstärkte diplomatische Beziehungen zwischen Amerika und Afrika einzusetzen.82 Dabei machten sie auf die Herausforderungen des Kontinents aufmerksam und vertraten geschlossen den Standpunkt, dass sich Afrika gemäß seiner eigenen Möglichkeiten und Vorstellungen entwickeln müsste, ohne zwangsläufig dem Modell der USA zu folgen.83 Und nicht zuletzt appellierten sie an ihr Publikum, dass es gut ausgebildeter westlicher Fachkräfte und Lehrer bedurfte, die Afrikas Menschen bei ihrem Aufbruch in die Zukunft unterstützten – eine Aufgabe, die sowjetische Hilfsorganisationen bereits in größerem Maße umsetzten.84 Mit ihren Reden inspirierten die Crossroader verschiedene Hilfsprojekte, wie Lehrbuchsammlungen für afrikanische Schulen, Stipendienprogramme Donald Simpson, It’s People that Count, JHR 47/26. Bernice Parr, African Negroes Ask Negro ‚Sister‘ to Return to her ‚Real Home‘, in: Pittsburgh Courier, 19. August 1961. 79 Vgl. Brief, Carol Ann Bryden an James H. Robinson, 14. Juni 1966, JHR 8/11. 80 Crossroader Comes Back, in: Boston Globe, 6. September 1965, 44A. 81 Vgl. ebd. 82 Vgl. Wife of College President Tells of Travels in Africa, in: Chicago Tribune, 31. Januar 1965, A3; Teachers Hear Talk on Africa by HI Student, in: New Journal, 18. März 1961, C6. 83 Vgl. Says Fate of Europe, US Hinges on Africa, in: Chicago Tribune, 14. November 1960. 84 Vgl. Haskell Ward, Africa’s Emergence Potential, Challenge, in: Atlanta Daily World, 9. Dezember 1962, A6; David Abernethy, Nigeria Faces Tough Problems While Preparing for Freedom, in: The Sunday Home News, 17. August 1958. 77 78
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für afrikanische Studenten und Patenschaften für Krankenhäuser und Praxen.85 Außerdem hatten die Freiwilligen das Gefühl, tatsächlich zu einer Revision des gängigen Tarzanimages beigetragen sowie in ihren Gemeinden und Universitäten Interesse für Afrika geweckt zu haben.86 Auch Universitäten und Colleges berichteten, dass sie dank der zurückgekehrten Crossroader mehr über Afrika gelernt hätten. Die Studenten motivierten die Dozenten wie ihre Kommilitonen dazu, einen persönlichen Beitrag zu den internationalen Beziehungen zu leisten und selbst an Hilfsprojekten im Ausland teilzunehmen. Ein Mitarbeiter der Universität in Austin stellte fest: [Crossroaders] stimulated faculty to travel and study abroad partly because students who returned to the campus demonstrated a sophistication which most faculty no longer could withstand, hence were prompted to seek avenues leading to the extension of their horizons and the liberalizations of their education.87
Und das Amherst College in Massachusetts bemerkte, dass sich das Wissen der Crossroader über Afrika im gesamten universitären Leben bemerkbar gemacht hätte. Crossroads hätte unter anderem mitbewirkt, dass Afrikanistik als neues Studienfach an der Universität eingeführt wurde.88 Die öffentlichen Vorträge vor mitunter großem Publikum waren auch von persönlichem Nutzen für die Crossroader und halfen ihnen ihre rhetorischen Fähigkeiten und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Richard Hull musste, bevor er von der Rutgers an die Columbia University wechselte, einen Vortrag vor dem gesamten Schwestercollege von Rutgers, dem Douglas College, halten, dem immerhin 1.500 Studentinnen angehörten. Dabei war dies das erste Mal, dass er überhaupt vor so vielen Menschen sprach. Doch nachdem sich seine anfängliche Nervosität gelegt hatte, konnte er seine Begeisterung für Afrika nicht mehr verbergen. Im Nachhinein bezeichnet er dies als einen Wendepunkt in seinem Leben: „I discovered my voice!“ Nach diesem einschneidenden Erlebnis wurde er sich darüber bewusst, dass er an der Universität über Afrika lehren wollte – noch immer ist er Dozent für afrikanische Geschichte an der New York University.89
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Vgl. James H. Robinson, OCA Plans Three Year Project, ca. 1960, OCAR 86/15. Vgl. Lee T. Watts III zit. in OCA, 10th Anniversary Report, JHR 48/4. Ebd. Vgl. ebd. Vgl. Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012.
Jobs und soziales Engagement nach Crossroads
Jobs und soziales Engagement nach Crossroads
Wie das erste Teilkapitel verdeutlicht hat, zeigten sich viele Crossroader nach ihrer Rückkehr aus Afrika interessierter an internationalen Entwicklungen und Beziehungen, hegten größere Empathie gegenüber sozial benachteiligten Menschen und strebten danach, sich für Belange einzusetzen, die ihnen persönlich am Herzen lagen. Dies spiegelt sich in ihrem ehrenamtlichen Engagement und in ihrer Berufswahl nach ihrem Afrikaaufenthalt mit Crossroads wider. Zum einen setzten sich die Freiwilligen verstärkt für afrikanische Austauschstudenten und für den Austausch zwischen Universitäten ein, die aufgrund ihrer geographischen Lage ideell unterschiedlich geprägt und orientiert waren. Crossroader wollten die Herzlichkeit, mit der sie in Afrika empfangen worden waren, an die afrikanischen Gaststudenten ihrer eigenen Bildungseinrichtungen zurückgeben.90 Dabei waren die Crossroader auch bemüht, den afrikanischen Studenten ein möglichst positives Bild von Amerika zu vermitteln und ihnen eine ebenso reiche Erfahrung zu ermöglichen wie sie selbst dank der Gastfreundschaft der Menschen in Afrika gehabt hatten. Am Hampton Institute in Virginia teilte sich eine liberianische Austauschstudentin ein Zimmer mit einem weiblichen Crossroader, die 1965 in Sierra Leone gewesen war, und fühlte sich deshalb willkommen und heimisch in ihrem neuen Umfeld. Zudem war sie beeindruckt von der Wertschätzung und dem Verständnis, das ihre Zimmergenossin ihr und ihrem Land entgegenbrachte.91 Da viele weiße Crossroader in Afrika zu der Erkenntnis gelangt waren, dass der Kampf der Afroamerikaner gegen Diskriminierung gerechtfertigt war, engagierten sie sich nach dem Sommer verstärkt in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung.92 Ein Beispiel hierfür ist Emmie Schrader Adams, die, nachdem sie zunächst ein weiteres Jahr in Afrika verbracht hatte, nach Mississippi ging und sich dort an der Wählerregistrierungskampagne für Afroamerikaner beteiligte. Sie begründete dies damit, dass sich viele Kenianer nach den Verhältnissen im Süden erkundigt und sie für ihre Unkenntnis der dortigen Zustände gerügt hatten, weshalb sie sich ihr eigenes Bild machen und einen persönlichen Beitrag zur Verbesserung dieser Verhältnisse leisten wollte.93 Andere wiederum verfolgten die Ereignisse im Süden zwar aufmerksamer als zuvor, brachten sich jedoch nicht aktiv in die Bewegung ein, da sie sich zur selben Zeit für Afrika zu engagieren begannen.94 Vgl. Cathy Cobb zit. in Plimpton, Operation Crossroads Africa, 89. Vgl. Brief, Jerome Vogel an James H. Robinson, 29. Dezember 1967, JHR 48/3. Vgl. Brief, James H. Robinson an Roy Wilkins, 13. Juni 1963, NAACP 24/01/00289–90; Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012; JoAnn Tanner, Interview der Autorin, Washington D. C., 3. März 2012. 93 Vgl. Schrader Adams, From Africa to Mississippi, 306. 94 Vgl. Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012. 90 91 92
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Auch schwarze Freiwillige, die schon zuvor an der Bürgerrechtsbewegung beteiligt gewesen waren, intensivierten ihre Bemühungen diesbezüglich.95 Durch Crossroads war ein Netzwerk entstanden, das die Teilnehmer in Kontakt mit Gleichgesinnten brachte und Allianzen entstehen ließ, die an der Basis gemeinsam für ein Ende der Rassendiskriminierung in den USA kämpften. Der weiße Campuspriester an der Yale University, William Sloane Coffin, wollte die von ihm geleitete Gruppe für die „Freedom Rides“ integrieren und wandte sich dafür an George Bundy Smith, ein Mitglied seines Crossroadsteams. Gemeinsam mit anderen Studenten fuhren sie 1961 nach Montgomery, Alabama, um ihren Protest gegen die de facto Rassendiskriminierung in öffentlichen Verkehrsmitteln im Süden zum Ausdruck zu bringen.96 Im selben Jahr wurde der ehemalige Crossroader Donald Harris in Americus, Georgia, festgenommen, weil er sich an einer Kampagne zur Wählerregistrierung beteiligt hatte.97 Um genügend Geld für einen guten Anwalt für Harris zu sammeln, initiierten sein ehemaliger Teamleiter Hugh Nelson und ein weiteres Mitglied seiner Gruppe eine Spendenkampagne für ihn.98 Ehemalige Crossroader wollten einen Gedankenaustausch zwischen weißen und schwarzen Studenten anregen, ähnlich wie sie ihn selbst in Afrika erfahren hatten. Anne Wortham und John Walley, die gemeinsam in Äthiopien gewesen waren, initiierten einen Studentenaustausch zwischen ihren Colleges Tuskegee und Wesleyan, um den Studenten am Wesleyan einen Eindruck von den Lehr- und Lebensbedingungen an einer schwarzen Bildungsinstitution im Süden zu vermitteln und eine beidseitige Kooperation herbeizuführen. Anne Wortham führte Crossroads als ausschlaggebendes Moment dieses Austauschs an: „Crossroads re-emphasized to us that once people get to know each other, an understanding and appreciation for each other is gained.“99 In der Mitte wie auch gegen Ende der sechziger Jahre ließ sich außerdem beobachten, dass sich zurückgekehrte Crossroader an den landesweiten Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam beteiligten. Michael Seltzer, der nach eigenen Worten als „extremer Anti-Kriegs-Aktivist“ zurückkehrte, wurde dazu von seinen kamerunischen counterparts inspiriert, die ihn wiederholt darauf hingewiesen hatten, dass es sich bei diesem Krieg um einen imperialistischen Feldzug gegen ein dunkelhäutiges Volk handelte und die USA kein Recht hätten, sich in Vietnams Angelegenheiten einzumischen.100 Vgl. Thomas Cable, A Line at a Time; Haskell Ward, Telefongespräch mit der Autorin, 20. März 2012. 96 Vgl. Goldstein, William Sloane Coffin, Jr., 114. 97 Vgl. Minutes of the Meeting of the Board of Directors Meeting Held on Thursday, 26. September 1963, WSC 24/152. 98 Vgl. Crossroads Communiqué 2.2 (Juni 1964). 99 Crossroads Communiqué, 1.2 (März 1963). 100 Vgl. Michael Seltzer, Interview der Autorin, New York City, 17. Februar 2012. 95
Jobs und soziales Engagement nach Crossroads
Wie Kapitel 2 geschildert hat, war es von Beginn an eines der erklärten Ziele der Organisation gewesen, einen Kader an vielversprechenden Studenten dazu zu bewegen, sich im privaten und besonders auch im beruflichen Leben mit Afrika zu beschäftigen.101 Und tatsächlich nahm der Sommer in Afrika einen entscheidenden Einfluss auf die berufliche Zukunft der Crossroader. Denn nicht nur weckte er in vielen das Bedürfnis, auf den Kontinent zurückzukehren, sondern stärkte auch ihre Führungsqualitäten – Eigenschaften, die sie in hohe Positionen führten beziehungsweise die nötige Eigeninitiative entwickeln ließen, um eigene Organisationen zu gründen. Auch wenn eindeutig festzustellen ist, dass sich sehr viele Crossroader später beruflich mit Afrika beschäftigten, kann anhand der mir vorliegenden Quellen nicht bestimmt werden, um wie viele es sich dabei genau handelte. Schätzungen der Organisation selbst gingen von 25 bis 30 Prozent der Teilnehmer aus, die Karrieren in den Bereichen Bildung, Medizin, Wirtschaft oder Politik begannen und sich dabei auf Afrika konzentrierten.102 Berücksichtigen muss man dabei auch, dass die Organisation zu vielen Ehemaligen den Kontakt verlor. 1963 berichtete Robinson, dass Crossroads seit 1958 mit mehr als der Hälfte der Teilnehmer nicht mehr korrespondierte.103 Anhand der Alumnikolumne im Crossroads Communiqué lässt sich jedoch ablesen, dass viele Ehemaligen dem Peace Corps beitraten, für das Außenministerium arbeiteten oder sich für ein Afrikanistikstudium entschieden. Die einflussreichen Positionen, in denen sie dann arbeiteten, verdeutlichen abermals die Qualität der Teilnehmer, die in vielerlei Hinsicht die Elite ihrer Jahrgänge bildeten. Als repräsentatives Beispiel soll hier noch einmal William Sloane Coffins Guinea-Team von 1960 dienen, das auch in Amerika miteinander in Kontakt blieb. Zwei Jahre nach Crossroads waren drei von ihnen in Afrika, zwei davon mit dem Peace Corps. Zwei strebten ihren Master in Afrikanistik an, drei engagierten sich in der Bürgerrechtsbewegung und einer arbeitete als Sozialarbeiter in New York City – Karriereentscheidungen, die Coffin alle zu einem gewissen Grad auf ihren Sommer in Afrika zurückführte.104 Die Betätigungsfelder der sich weiterhin mit Afrika beschäftigenden Crossroader waren sehr unterschiedlich. Einige arbeiteten für die amerikanische Regierung, insbesondere für das Außenministerium, und hatten hier mit ihrer Auslandserfahrung und ihrem Wissen über Afrika einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Bewerbern.105 Andere berieten die Regierung bei ihrer Vgl. Brief, James H. Robinson an Odaji, 8. April 1960, Smythe Papers 9/31. Die Schätzung von 25 Prozent ist entnommen aus: LaVerne Brown, James H. Robinson’s Unfinished Task, in: The Crisis, Mai 1973, 159. Von einem Drittel gehen aus: Dick Campbell, Crossroaders of Africa, in: The Crisis, Mai 1965, 324. 103 Vgl. Brief, James H. Robinson an Bradford Abernethy, 20. September 1963, Abernethy Papers 27/9. 104 Vgl. Goldstein, William Sloane Coffin, Jr., 109. 105 Zu entnehmen ist dies den Angaben im Crossroads Communiqué. Siehe z. B. Crossroads 101 102
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Afrikapolitik. So sagten Haskell Ward und Dr. Herschelle Challenor 2007 vor dem Unterausschuss über Afrika und globale Gesundheit des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten aus und wiesen das Komitee auf ihre gemeinsamen Wurzeln bezüglich ihres Engagements für Afrika hin: „[We] both started out in Africa together [and] both went on a program called Operation Crossroads Africa.“106 Wiederum andere entschieden sich dafür, mit dem Peace Corps zwei Jahre Freiwilligenarbeit in der Dritten Welt zu leisten.107 Allein in einem Quartal wurden 1963 neun Crossroader als Teilnehmer zugelassen.108 Manche arbeiteten sogar als Angestellte für den Freiwilligendienst, wie William A. Davis Jr., der 1961 mit Crossroads in Guinea gewesen war und 1979 zum Direktor der Afrikaabteilung des Corps ernannt wurde.109 Und auch Crossroads selbst beschäftigte ab den Sechzigern ehemalige Teilnehmer.110 Eine Vielzahl der Crossroader entschied sich nach ihrer Rückkehr für ein Studium der Afrikanistik oder internationaler Beziehungen.111 1962 waren nach Angaben der Organisation bereits mindestens sechzig Ehemalige in Masterstudiengängen für Afrikanistik an verschiedenen Universitäten des Landes eingeschrieben.112 Im Crossroads Communiqué wurden in jedem Quartal mehrere Freiwillige aufgelistet, die ein Afrikanistikstudium begonnen hatten.113 Mit dem Abschluss arbeiteten sie auf unterschiedlichen Gebieten: Aaron Segal wurde später Herausgeber der renommierten Fachzeitschrift Africa Report, Sylvia Boone Kunsthistorikerin, die sich auf die Kunst der Mende (eines westafrikanischen Volkes) spezialisierte und 1988 die erste Frau war, die eine Anstellung auf Lebenszeit an der elitären Yale University erhielt.114 Richard Hull musste zunächst enttäuscht feststellen, dass seine Universität keine Kurse in afrikanischer Geschichte anbot. In einem Gespräch mit seinem Dekan sagte dieser nur: „Africans? They don’t have a history. They are just a bunch of savages.“ In dem Wissen, dass diese ignorante Meinung nicht der Wahrheit entsprach, Communiqué 2.3 (Oktober 1964). 106 Prospects for Peace in Guinea, Hearing before the Subcommittee on Africa and Global Health of the Committee on Foreign Affairs, 40. 107 Vgl. Plimpton, Operation Crossroads Africa, 90, 141. 108 Vgl. Crossroads Communiqué 1.4 (Oktober 1963). 109 Vgl. Peace Corps, Who’s Who in the Peace Corps Washington, 54; Action Update, 31. Januar 1978, 10. 110 Einige Crossroader kehrten als Gruppenführer für einen Sommer zurück. Siehe z. B. Mc Cloud, Frontiers of Friendship. Adele Smith war 1961 bereits der dritte Crossroader, der für die Organisation zu arbeiten begann. Vgl. Crossroads Communiqué 1.3 (Juni 1963). 111 Vgl. OCA Report 1967, 9; Joseph H. Bradner, 200 Americans to Visit Africa, in: Cleveland Call and Post, 24. Juni 1965, 15B. 112 Vgl. OCA Report 1962, 30. 113 Vgl. z.B. Crossroads Communiqué 1.4 (Oktober 1963). 114 Vgl. Aaron Segal, Academic Africanist, in: Christian Science Monitor, 20. Januar 1971; Campbell, Middle Passages, 322.
Jobs und soziales Engagement nach Crossroads
und fest entschlossen, nachfolgende Generationen von dem Gegenteil zu überzeugen, entschied er sich an diesem Tag, afrikanische Geschichte zu studieren und später zu lehren. Dafür wechselte er an die Columbia University und gehörte dem ersten Jahrgang an, der dort Afrikanistik studierte. Anschließend promovierte er auch an der Columbia und unterrichtete später afrikanische Geschichte an der New York University.115 Des Weiteren arbeiteten ehemalige Crossroaders in verschiedenen internationalen Organisationen. Wie die Zeitschrift Black Enterprise 1988 feststellte, hatten bis dahin etwa fünfzig Teilnehmer der Organisation für die Weltbank gearbeitet.116 Ein eindrucksvolles Beispiel für ein von Crossroads nachhaltig beeinflusstes Leben ist die Geschichte von Avel Louise Gordly, die nach ihrer Freiwilligenarbeit in Afrika dem American Friends Service Committee beitrat und 1984 Direktorin von dessen Südafrikaprogramm wurde. Zudem wurde sie Mitglied der Portlanders Organized for Southern African Freedom (POSAF) und der Black United Front, die sich durch ihre Aktionen gegen Apartheid in Südafrika auszeichneten. Später wurde sie als Dozentin für „Black Studies“ von der Portland University engagiert und anschließend zur ersten schwarzen Kongressabgeordnteten des Bundesstaates Washington gewählt.117 Crossroader gründeten auch eigene Wohltätigkeitsorganisationen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist Marian Wright Edelman, die den Children Defense Fund ins Leben rief. Edelman hatte nach ihrem Crossroadssommer 1964 in Mississippi gearbeitet und die nationale Aufmerksamkeit auf hungernde Kinder gelenkt, als sie Senator Robert Kennedy auf einer Tour durch das Mississippidelta begleitete. Sie gründete anschließend den Verteidigungs- und Bildungsfond der NAACP in Jackson, Mississsippi, den sie 1968 verließ, um 1973 ihre eigene Organisation zu etablieren. Mit dem Children’s Defense Fund wollte sie auf die Bedürfnisse sozial benachteiligter Kinder hinweisen und Krankheiten, Jugendkriminalität und familiärem Missbrauch vorbeugen.118 Viele Crossroader kehrten privat nach Afrika zurück und besuchten dabei ihre ehemaligen Projekte. Richard Hull zeigte seiner Frau auf ihrer Hochzeitsreise „seine Schule“ in Ghana und nahm Jahre später auch seine Söhne dorthin mit. Zu diesem Zeitpunkt war das kleine Schulgebäude von damals bereits Teil eines kleinen Campus, dem eine Bibliothek und viele weitere Gebäude angehörten. Laut Hull hatte dieser Besuch einen enormen Einfluss auf seinen
Vgl. Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012. Vgl. Barbara Johnson zit. in Networking. African-American Cultures Meet at Crossroads, in: Black Enterprise (Oktober 1988), 29. 117 Ihren beeindruckenden Lebensweg schildert Gordly in ihrer Biographie: Gordly, Remembering the Power of Words. 118 Vgl. Waggenspack, Edelman, 111. 115 116
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Sohn: „He gained a respect for me that he didn’t have before, when he saw that schoolhouse we had built.“119 Fazit
Für die Crossroader war die Rückkehr aus Afrika nicht das Ende ihrer Reise, sondern vielmehr der Beginn eines lebenslangen Engagements für Afrika und ethnische Verständigung. Der Afrikaaufenthalt weckte in vielen von ihnen den Wunsch, beruflich oder privat auf den Kontinent zurückzukehren und die dort lebenden Menschen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Den Menschen in Amerika wollten sie deren Kultur näherbringen und zum Ende der Rassendiskriminierung im eigenen Land beitragen. Während ihrer Zeit mit Crossroads lernten die Freiwilligen viel über den afrikanischen Kontinent, ihre eigene Heimat und sich selbst. Das Ergebnis ihrer Arbeit betrachteten sie als zweitrangig gegenüber den freundschaftlichen Beziehungen, die sie in Afrika geknüpft hatten, sowie dem Einfluss, den sie auf das Amerikabild der Afrikaner genommen hatten. Die Arbeit an sich war also, wie von der Organisation intendiert, auch für die Teilnehmer lediglich ein Mittel, das ihnen die Kommunikation untereinander und mit den beteiligten Afrikanern erleichterte. Um auf die Entwicklung Afrikas nachdrücklich einwirken zu können, waren Crossroads’ Projekte zu klein und zahlenmäßig zu gering. Den größten Einfluss hatte Crossroads also nicht auf die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung Afrikas, sondern auf die Einstellung der Teilnehmer gegenüber Afrika und den USA. Sie gelangten während des Sommers mit der Organisation zu der Überzeugung, dass Entwicklungshilfe die Wünsche und den kulturellen Hintergrund der betroffenen Menschen berücksichtigen musste und dass sich Amerikas Vorstellungen von Modernisierung nach dem Vorbild seiner eigenen Entwicklung anderen Ländern nicht aufzwingen ließen. Aus ihren Erfahrungen mit anderen Ethnien in Afrika entwickelten die Teilnehmer außerdem eine neue Sicht auf das amerikanische Rassenproblem. Durch einen Perspektivenwechsel wurden sie auf den negativen Einfluss aufmerksam, den die heimische Rassendiskriminierung auf das internationale Ansehen der USA nahm. Sie begriffen, dass die USA kein Recht hatten, die Politik anderer Staaten zu verurteilen und ihren Kurs zu kritisieren, solange sie ihren moralischen Ansprüchen selbst nicht gerecht wurden. Um ihren neu gewonnenen Ansichten Ausdruck zu verleihen, engagierten sich viele Teilnehmer in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und versuchten andere
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Richard Hull, Interview der Autorin, New York City, 23. Februar 2012.
Fazit
Amerikaner in ihren Reden und Artikeln auf die internationale Dimension des heimischen Rassenproblems aufmerksam zu machen. Auch ihr Wissen über Afrika konnten die Crossroader nach ihrer Rückkehr nach Amerika auf ihr Umfeld transponieren. Mit ihren Erfahrungsberichten in Zeitungen und vor Kirchgemeinden und Schulen trugen sie zur Entmystifizierung des „dunklen Kontinents“ bei und prägten damit das Afrikabild Amerikas in den sechziger Jahren – in einer Zeit, in der wenige Amerikaner schon einmal in Afrika gewesen waren – entscheidend mit. Das Gedicht eines Crossroadsteams für ihre afrikanischen counterparts bringt die in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse in lyrischer Form auf den Punkt. Es verdeutlicht den Entwicklungsprozess, den die Freiwilligen in Afrika durchlebten, und die vorrangige Bedeutung, die menschliche Interaktion und Freundschaften im Vergleich zur Fertigstellung der Arbeitsprojekte für die Beteiligten einnahmen. Die durch das Zusammenleben mit Menschen unterschiedlichster Herkunft entstandene Überzeugung, sich für ein friedliches Zusammenleben zwischen unterschiedlichen Kulturen und Ethnien einzusetzen, wurde für die Crossroaders eine Lebensaufgabe, die gerade erst begonnen hatte. Lennie Whitman Song for Dedication Ceremony Though words cannot express Our humble thankfulness For all the kindness that you’ve shown As we’ve learned, and we’ve grown The friendships that we’ve made Through home will never fade The memories within my heart If you will be, Mpseduazi Although the school is done Our task has just begun To live in harmony and peace And all to share, as we have here120
Wie die fünf Kapitel des zweiten Teils verdeutlicht haben, trafen die Definitionen eines crossroad nicht nur auf die Entwicklung und das Programm von Lennie Whitman, Farewell Song for Dedication Ceremony (Tune: Beyond the Sea), OCAR Addendum 2010. 120
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Operation Crossroads Africa zu. Das Wort ist auch eine nahezu perfekte Metapher, um die Entscheidung der Crossroader für die Reise nach Afrika, ihre Erlebnisse in Afrika und ihre gewonnenen Erfahrungen aus dem Aufenthalt in Afrika zu beschreiben. Rufen wir uns dazu erneut die Definitionen eines crossroad ins Gedächtnis, um anschließend zu überprüfen, inwiefern diese das Abenteuer der Crossroader in Afrika adäquat beschreiben. Ein crossroad wird im Singular als Straße beschrieben, die eine Hauptstraße kreuzt beziehungsweise zwischen zwei anderen Straßen verläuft. Dieses Sinnbild steht dafür, dass die Teilnehmer mit ihrem Aufenthalt in Afrika etwas für die damalige Gesellschaft Untypisches taten und keineswegs den Weg einschlugen, den der Großteil der Bevölkerung, besonders der älteren Generationen, gegangen war. Zu Beginn des Programms waren noch nicht viele Amerikaner in Afrika gewesen, weshalb die Crossroader dort in gewisser Hinsicht Neuland betraten. Zudem mutete es für die damalige Zeit nahezu revolutionär an, dass weiße Studenten gemeinsam mit schwarzen Amerikanern und Afrikanern arbeiteten und lebten und dabei dieselben Vorschriften befolgten. Eine der Bedeutungen, die crossroads im Plural hat, ist die einer Kreuzung. In Crossroads trafen Studenten verschiedener Herkunft aufeinander. Sie hatten unterschiedliche Motive für ihre Teilnahme und lebten zum Teil in zwei verschiedenen Amerikas: dem weißen oder dem schwarzen. In Crossroads kreuzten sich ihre Wege und sie wurden sich dabei ihrer vielen Gemeinsamkeiten bewusst, die sie letztendlich mehr einten als trennten. Des Weiteren bezeichnet crossroads eine Gesellschaft von Menschen, die sich an solch einer Kreuzung befindet. Wie bei allen menschlichen Beziehungen kam es an diesem „central meeting place“ auch bei den Crossroadern zu Konflikten und Auseinandersetzungen über unterschiedliche Wertvorstellungen, politische Gesinnungen und gesellschaftliche Normen. Gleichzeitig profitierten alle Beteiligten aber auch von bereichernden Diskussionen mit den anderen Teilnehmern sowie von zahlreichen positiven gemeinsamen Erlebnissen. Last but not least beschreibt der Name der Organisation einen entscheidenden Wendepunkt, an dem wichtige Entscheidungen gefällt werden müssen. Erneut charakterisiert diese Definition den Aufenthalt der Crossroader in Afrika geradezu perfekt. Denn dieses Erlebnis veränderte in vielen Fällen ihr Leben und sorgte dafür, dass es eine neue Richtung einschlug: Es war in mehrerlei Hinsicht ein kritischer Wendepunkt für die persönliche Entwicklung der Teilnehmer und prägte nicht nur deren Wertvorstellungen, sondern auch ihre Berufswahl.
12 – „At least we can help make the world safe for diversity“ – ein Resümee
The graduates of the middle sixties and their children may one day in the years to come, reflect back upon our trying time and be proud that we met the challenge of our time of crisis with courage, intelligence and success. – James H. Robinson1 –
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um zwanzigjährigen Bestehen von Operation Crossroads Africa äußerte James Herman Robinsons Witwe Gertrude in einem Interview mit der New York Times: „I think 200 years from now, Crossroads will be remembered as the first interracial group of Americans and Canadians who came out of a sincere desire to work and relate to the people of Africa.“2 Bedingt durch das Ausbleiben einer fundierten Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Organisation war Crossroads jedoch bisher sowohl in der amerikanischen Öffentlichkeit als auch unter Historikern kaum bekannt und nur in Verbindung mit dem Peace Corps einigen Wenigen ein Begriff. Es ist daher ein Anliegen dieses Buches, dazu beizutragen, Crossroads im öffentlichen Bewusstsein als diejenige Organisation zu verankern, die auf dem Gebiet der Freiwilligenarbeit in Afrika Pionierarbeit leistete und damit eine Entwicklung vorausnahm, die die sechziger Jahre entscheidend prägte: den Aktivismus zahlreicher Freiwilligenorganisationen in der Dritten Welt. Crossroads war, wie diese Arbeit verdeutlicht hat und auch Gertrude Robinson formulierte, weit mehr als „nur“ ein Modell für das Peace Corps und andere Freiwilligenorganisationen. Es sollte künftig vor allem für seinen Beitrag zur Überwindung ethnischer und kultureller Schranken zwischen verschiedenen Individuen als
James H. Robinson, Second Emancipation, 613. Gertrude Robinson zit. in Sheila Rule, A Peace Corps Precursor Observes 20th Anniversary of its Founding, in: New York Times, 4. Dezember 1977, 58. 1 2
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Ein Resümee
auch insbesondere für seinen Beitrag zur Diskussion über die Gleichberechtigung der Afroamerikaner in den USA Beachtung erfahren. Eine mögliche Ursache für die bisher fehlende Beachtung in der historischen Forschung ist, dass sie vom entwicklungspolitischen Standpunkt aus betrachtet – einem Aspekt, der von enormer außenpolitischer Bedeutung in den sechziger Jahren war – weitgehend unbedeutend ist. Crossroads verstand sich selbst auch nicht als Entwicklungshilfeprogramm und intendierte entgegen dem unter Kennedy ins Leben gerufenen Peace Corps auch nicht, einen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung der ehemaligen afrikanischen Kolonien zu leisten. Sein Erfolg lässt sich folglich auch nicht anhand der von den Freiwilligen geleisteten Arbeit in Afrika, sondern anhand eher abstrakterer Kategorien, wie etwa der Qualität der Beziehungen messen, die Crossroaders mit Afrikanern und untereinander knüpften sowie anhand ihrer Wahrnehmung und anschließenden Darstellung des damals in der Öffentlichkeit oft als „dunkel“ bezeichneten Kontinents Afrika. Anstatt Crossroads als ein entwicklungspolitisches Instrument zu untersuchen, hat die Studie vielmehr zeigen können, dass die Organisation ihre Arbeit in Afrika als Erweiterung ihrer innerstaatlichen Interessen verstand und vermochte, gleichzeitig Interesse für Afrika zu generieren und einen Beitrag zur afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung zu leisten. Damit hat sie eine Korrelation zwischen der Entkolonalisierung des afrikanischen Kontinents, der amerikanischen Kulturdiplomatie im Kalten Krieg und der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung nachgewiesen, die sich auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens des untersuchten Zeitraumes fand. Die Übereinstimmung mit den kulturdiplomatischen Zielsetzungen der amerikanischen Außenpolitik auf dem afrikanischen Kontinent legitimierte Crossroads vor den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit. Dies ermöglichte der Organisation außerdem, das Afrikabild Amerikas und auch das Amerikabild Afrikas während der sechziger Jahre entscheidend mit zu prägen und somit eine wichtige Rolle in der amerikanischen Kulturdiplomatie während dieser Zeit zu spielen. Das Interesse von Crossroads’ Gründer James H. Robinson an amerikanischer Außenpolitik war Teil seiner umfassenden Agenda für Bürgerrechte. Indem er öffentlich vor den negativen Auswirkungen der Rassendiskriminierung auf das Image der USA im Ausland warnte und OCA als eine Gegenmaßnahme dazu anpries, drängte er gleichsam auf Bürgerrechtsreformen im Inland. Sein Verhalten spricht für die These von Glazer und Moynihan, wonach das Eintreten einer ethnischen Gruppierung für außenpolitische Belange untrennbar mit deren innerstaatlichen Zielen verbunden ist. Solange sie ihre Verbindungen mit den USA aufrechterhalten, beinhalten die außenpolitischen Ziele ethnischer Gruppierungen stets die innenpolitische Forderung nach In-
Ein Resümee
klusion und gesellschaftlicher Akzeptanz.3 So verhielt es sich auch mit Robinson, der die Desegregation der amerikanischen Gesellschaft, wie sie im Kleinen in den workcamps von Crossroads praktiziert wurde, als wirksamste Waffe im Kampf gegen den weltweiten Kommunismus darstellte. Laut Robinson sollten die USA, wollten sie ihrer weltweiten Führungsrolle gerecht werden, sowohl international als auch im eigenen Land moralische Grundprinzipien vertreten und nach ihnen handeln, da heimischer Rassismus jeden Aspekt der amerikanischen Außenpolitik tangierte und den guten Ruf und den Einfluss der USA weltweit untergrub.4 Mit seinem Beitrag zur von der USIA betriebenen Imageverbesserung der USA und der Denunziation des Kommunismus als gefährlicher Ideologie hatte sich Crossroads in den Augen des Außenministeriums und der USIA zu einem „akzeptierbaren Aktivisten“5 entwickelt, der sich das Recht erarbeitet hatte, Rassentrennung und -gewalt im Ausland zu kritisieren, da seine Teilnehmer vor Afrikanern gleichzeitig den Fortschritt in den amerikanischen Rassenbeziehungen betonten. Die kulturdiplomatische Bedeutung, die Crossroads beigemessen wurde, zeigte sich an seiner engen Zusammenarbeit mit der USIA, dem Empfang von versteckten Spendengeldern durch die CIA, der Darstellung in den Medien, die Crossroads als kulturdiplomatische Allzweckwaffe feierten, und nicht zuletzt an seiner Vorbildrolle für das staatlich orchestrierte Peace Corps. Crossroads Africa beeinflusste das amerikanische Afrikabild in den späten Fünfzigern und während der sechziger Jahre und machte eine ganze Generation von Studenten auf die Probleme aber auch die kulturelle Bedeutung des afrikanischen Kontinents aufmerksam, womit es ein bis dahin wenig beachtetes Thema ins Licht der Öffentlichkeit rücken konnte. Zur Entstehungszeit der Organisation sahen Amerikaner – sowohl schwarze als auch weiße – in Afrika den „dunken Kontinent“ und schrieben ihm und seinen Bewohnern Attribute wie „unterentwickelt“, „primitiv“, „rückständig“, „unzivilisiert“, „wild“ und „barbarisch“ zu. Bedingt wurde diese Darstellung auch durch die Tatsache, dass für Amerikaner vor der Gründung von OCA keine Möglichkeiten existierten, um Afrika abseits der Touristenpfade kennenzulernen und sich konstruktiv mit dem Kontinent auseinanderzusetzen. Diese Wissenslücke der amerikanischen Gesellschaft füllten die Crossroader ab den späten fünfziger Jahren mit ihren zahlreichen Vorträgen (geht man davon aus, dass jeder Crossroader die obligatorischen 50 Vorträge hielt, so hielten sie zusammen bis Vgl. Kilson, African Americans and Africa, 361, 367; Glazer/Moynihan, Beyond the Melting Pot; Shain, Marketing the American Creed Abroad, 8. 4 Vgl. Robinson, Thirteen States in Africa, in: Christian Advocate, 7. Januar 1960. 5 Duignan/Gann, The United States and Africa, 60: „Akzeptierbare Aktivisten“ waren Afroamerikaner die im Auftrag des Außenministeriums handelten oder dessen außenpolitische Linie mittrugen und international vertraten. 3
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einschließlich 1971 über 145.000) und der Berichterstattung über ihre Erlebnisse im Freundes- und Verwandtenkreis und halfen damit, stereotype Vorstellungen von Afrika und seinen Bewohnern zu hinterfragen. Viele Crossroader schlugen außerdem eine Karriere in der akademischen Forschung ein und beeinflussten und förderten die wissenschaftliche Beschäftigung mit Afrika. Crossroads ebnete somit einen Weg für die öffentliche Beachtung und Wertschätzung des afrikanischen Kontinents, die in den sechziger Jahren insbesondere in der schwarzen Bevölkerung Blüten treiben sollte. Zudem bot die Organisation „normalen“ US-amerikanischen und kanadischen Bürgern die Möglichkeit, mit Bewohnern eines anderen Kontinents zu interagieren und sich aktiv an internationaler Diplomatie zu beteiligen. Die Teilnehmer selbst etablierten später zahlreiche Verbindungen mit Afrika, indem sie eigene Austauschprogramme an ihren Universitäten schufen oder etwa Sammelaktionen für Bücher und Medizin ins Leben riefen. Zudem schmiedete Robinson einen Kader an jungen zukünftigen Führungskräften, die für die Probleme der Dritten Welt sensibilisiert waren und ein für ihre Zeit beachtliches Wissen über und Erfahrung im Umgang mit Afrika hatten. Auch die amerikanische Außenpolitik gegenüber dieser Region konnte vom Wissen und dem Erkenntnisreichtum der Crossroader profitieren, da viele von ihnen später eine diplomatische Laufbahn einschlugen und sich dabei vornehmlich auf Afrika konzentrierten. Crossroads war außerdem Teil einer Bewegung, die bewirkte, dass die amerikanische Außenpolitik im Ganzen fortan mehr Wert auf die Beteiligung „normaler Bürger“ legte und ihnen einen zunehmenden Einfluss in der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen zugestand, indem es die Entstehung des staatlichen Freiwilligendienstes Peace Corps programmatisch beeinflusste. In den sechziger Jahren entstanden außerdem neben dem Peace Corps weitere zahlreiche Freiwilligen- und Austauschorganisationen auf staatlicher und nichtstaatlicher Ebene, die sich an dem Vorbild von Operation Crossroads orientierten. Sie boten der amerikanischen Jugend ein sinnvolles Betätigungsfeld und sensibilisierten eine ganze Generation für die Probleme der Länder der Dritten Welt – eine Generation von US-Amerikanern und Kanadiern, die die Geschicke ihres Landes in absehbarer Zeit lenken würde. Dieses spezifisch auf die sechziger Jahre zutreffende gesellschaftliche Phänomen beschrieb Harris Wofford in seiner Betrachtung der Dekade wie folgt: The sixties were an extraordinary time of invention and constructive politics. An era of unprecedented convergence of popular initiative and public power, the early sixties saw a surge in the spirit of national service, with people in surprising numbers really interested in what they could do for their country.6 6
Wofford, Of Kennedys and Kings, 3.
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Insbesondere kamen die Crossroader ihrem kulturdiplomatischen Auftrag nach, indem sie in Afrika – wenn auch oftmals unbewusst, so dennoch aktiv – dabei halfen, ein positives Bild der USA zu generieren. In vielen Gegenden waren sie die einzigen Amerikaner, die ihr Land repräsentierten und Afrikanern dieses und dessen Bräuche näher zu bringen versuchten – ob sie nun als offizielle Vertreter der USA und Kanadas wahrgenommen wurden oder nicht. Damit unterstützten sie die USIA und das Außenministerium bei deren kulturdiplomatischen Versuchen der Einflussnahme in der Dritten Welt. Nicht nur ihre bloße Präsenz und Tätigkeit der Informationsverbreitung waren den Zielen dieser Behörden dabei dienlich. Die gemischtrassische Zusammensetzung der Gruppen unterstrich eindrucksvoll die Botschaft, die sich die USIA und das Außenministerium zu verbreiten bemühten: dass Afroamerikaner gesellschaftliche und berufliche Aufstiegschancen hatten, dass weiße und schwarze Amerikaner zu einem harmonischen Zusammenleben fähig waren und an der Überwindung von Rassendiskrimierung gemeinsam arbeiteten. Wissenschaftler, Politiker, Institutionen wie die CIA und die USIA, das Außenministerium und die Medien begrüßten Crossroads daher als Gegenmittel zur kommunistischen Einflussnahme in Afrika und betrachteten es vornehmlich als kulturdiplomatische Allzweckwaffe. In diesem Zusammenhang erklärt sich auch, warum Kennedy 1962 in seiner Rede an die Crossroader appellierte: „In going to Africa you represent the best of your country. […] And I think that you will have the feeling of having served this country […] in a very crucial time“, und warum Hubert Humphrey sie dazu aufrief: „[B]ring [the] message of the real America to Africa.“7 Dass Crossroads von der USIA kulturdiplomatischer Einfluss zugestanden wurde, ermöglichte James Robinsons Organisation, die internationale Empörung über das amerikanische Rassenproblem in den Blick zu rücken und die Kooperation von weißen und schwarzen Amerikanern zu forcieren, ohne dabei die für die Zeit des Kalten Krieges typischen Repressalien für Afroamerikaner zu spüren, die die innerstaatlichen Probleme Amerikas im Ausland thematisierten. Der Aufenthalt in Afrika führte den partizipierenden Studenten die Doppelmoral der USA vor Augen, die als „leader of the free world“ Freiheit nicht einmal für alle ihre eigenen Bürger gleich definierten. Die Freiwilligen wurden in Afrika einer Außenperspektive auf das amerikanische Rassenproblem gewahr und somit auch dem negativen Einfluss, den die anhaltende Rassendiskriminierung auf das internationale Ansehen der USA hatte. In der direkten Konfrontation mit Afrikanern und Amerikanern anderer Hautfarbe überwanden die Teilnehmer außerdem stereotype Vorstellungen von anderen Ethnien und nahmen diese Überzeugung mit sich nach Hause – nach Hause in ein Ame7
John F. Kennedy, Remarks to Student Volunteers.
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rika, das zu Beginn der sechziger Jahre noch immer streng segregiert war. Ihre Erfahrung hatte sie gelehrt, dass ihre eigene Gesellschaft einer Veränderung bedurfte und eine ebenso große „Baustelle“ war wie das von ihnen bereiste Afrika. Auch weiße Crossroader konnten somit als Unterstützer und Aktivisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung gewonnen werden. Indem sie ihr Umfeld mit ihren neu gewonnenen Ansichten vertraut machten, Vorträge über ihren Aufenthalt in Afrika hielten und eigene Austauschprogramme zwischen schwarzen und weißen Colleges initiierten, regten sie auch andere Amerikaner dazu an, ihre bisherigen Meinungen über andere Ethnien zu reflektieren und gegebenenfalls zu revidieren. Schwarze Crossroader konnten sich darüber hinaus in Afrika mit ihrer eigenen Identität auseinandersetzen. Es wurde ihnen klar, dass sie sich ihrer afrikanischen Herkunft nicht schämen mussten, und lernten Afrika als einen bedeutenden Teil ihrer selbst zu akzeptieren. Dieser Selbstfindungsprozess hatte auch Auswirkungen auf ihr Umfeld und führte zu einer intensiven Auseinandersetzung von Afroamerikanern mit ihren afrikanischen Wurzeln in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre. Seinen größten Einfluss übte Crossroads jedoch schlussendlich auf seine Teilnehmer aus. Bis einschließlich 1971 hatten 2911 Studenten amerikanischer und kanadischer Herkunft an Crossroads partizipiert. Während des Aufenthaltes in Afrika mit Gleichaltrigen anderer Kulturen und mit Amerikanern anderer ökonomischer Schichten und Hautfarbe lernten sie nicht nur viel über ihr Gastland, sondern auch über ihre eigene Heimat und entwickelten eine kosmopolitischere Weltsicht. So schrieb der Volontär Donald Simpson in seinem Reisebericht, der mit den passenden Worten „It’s People that Count“ betitelt ist: „Meeting with young people of various racial and religious backgrounds from all corners of North America, I began to realize how narrow my world had been and how much I had to learn about my own continent, let alone Africa.“8 Neben den Fakten, die sie über den afrikanischen Kontinent erfuhren und der Toleranz und den sozialen Kompetenzen, die sie im Umgang in ihrer Gruppe und den counterparts lernten, prägte Crossroads die Volontäre auch in ihrem Reifeprozess und der Berufswahl, die viele von ihnen in die Politik, Wissenschaft und den sozialen Bereich führte. Sie lernten darüber hinaus oftmals die übergreifenden Gemeinsamkeiten zu achten, die alle Menschen auf der Welt miteinander verbinden, und oberflächliche Unterschiede wie die Hautfarbe nicht als Hinderungsgrund für eine Zusammenarbeit und ein Kennenlernen auf Augenhöhe zu betrachten. Zudem sollte die Forschung fortan verstärkt berücksichtigen, dass die Mitwirkung an und die Unterstützung von kulturdiplomatischen Zielen Afroamerikanern in den fünfziger und sechziger Jahren trotz der eingeschränkten 8
Donald Simpson, It’s People that Count, JHR 47/26.
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Meinungsfreiheit während des Kalten Krieges durchaus Möglichkeiten eröffnete, ihre innerstaatlichen Ziele von Gleichberechtigung und gesellschaftlicher Partizipation vor einem größeren Publikum zu formulieren und für deren Verwirklichung zu arbeiten. Die Analyse der Freiwilligenorganisation Operation Crossroads Africa hat, wie auch Browns Zitat vor Augen führt, vor allem aufgezeigt, welchen Beitrag people-to-people Programme zur friedlichen Lösung von interkulturellen Konflikten und zur Bekämpfung von Desinteresse und Intoleranz zu leisten vermögen. Crossroads gelang es, Verständnisbrücken zwischen Afrikanern und Amerikanern zu bauen und zu einer differenzierten und geschulten Wahrnehmung des „dunklen Kontinents“ beizutragen. Albert G. Oliver, ein Außenmitarbeiter der Organisation, betrachtete dies als entscheidende Lehre, die zukünftige Projekte aus Crossroads ziehen sollten: „Crossroads legacy will be that it showed there can be understanding between diverse groups […] if they are willing to sit down and exchange ideas while at the same time (working on things) such as the construction of a school or road.“9 In diesem Sinne möchte ich abschließend auf die Worte des Präsidenten verweisen, der mit dem idealistischen Geist der sechziger Jahre in Verbindung gebracht wird wie kein Zweiter. Die Worte John F. Kennedys spiegeln sowohl die Überzeugungen von James H. Robinson, die gewonnenen Erkenntnisse der Crossroaders aus ihrem Aufenthalt in Afrika, den Zeitgeist der Sechziger sowie die Lehren wider, die zukünftige Projekte aus der Geschichte dieses Programms und den Erfahrungsberichten seiner Volontäre gewinnen können und an denen unsere Gesellschaft und die Weltgemeinschaft im Allgemeinen auch in Zukunft weiterhin arbeiten müssen. So let us not be blind to our differences, but let us also direct attention to our common interests and to the means by which those differences can be resolved. And if we cannot end now our differences, at least we can help make the world safe for diversity. For in the final analysis, our most common link is that we all inhabit this small planet. We all breathe the same air. We all cherish our children’s future. And we are all mortal.10
Oliver zit. in Rule, A Peace Corps Precursor Observes 20th Anniversary of its Founding, in: New York Times, 4. Dezember 1977, 58. 10 John F. Kennedy, American University Speech. 9
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Veröffentlichte Interviews
Boy’s Life Chicago Defender Chicago Tribune Christian Science Monitor Cleveland Call and Post Crossroads Communiqué Ebony Hartford Courant Jet Jewish Advocate Los Angeles Sentinel Los Angeles Times New Journal and Guide New York Amsterdam News Philadelphia Tribune Pittsburgh Courier The Crisis The Guardian The New York Times The Peace Corps Volunteer The Sun The Washington Post Time Magazine
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Abbildungsverzeichnis
S. 47, Abb. 1: James H. Robinson (Ruth T. Plimpton, Operation Crossroads Africa, Einband). S. 86, Abb. 2: James und Gertrude Robinson (Ruth T. Plimpton, Operation Crossroads Africa, Einband). S. 119, Abb. 3: Präsident Kennedy empfängt die Crossroader im Weißen Haus (Crossroads Communiqué, 1.1, 1962, S. 1). S. 181, Abb. 4: Werbebroschüre zum 10jährigen Bestehen von Operation Crossroads Africa (Operation Crossroads Africa, Crossroads 10th Anniversary, S. 1). S. 248, Abb. 5: Die Orientierungsveranstaltung 1963 in Washington (privat: Michael Niebling). S. 253, Abb. 6: Die Gruppe von 1963 vor ihrer Abreise nach Afrika (Operation Crossroads Africa, Handbook 1963, S. 2). S. 263, Abb. 7: Eine Volontärin bereitet das Essen für das Team zu (privat: Michael Niebling). S. 279, Abb. 8: Bau der Schule in Mamou, Guinea (privat: Michael Niebling). S. 280, Abb. 9: Bau der Schule in Mamou, Guinea (privat: Michael Niebling). S. 281, Abb. 10: Bau der Schule in Mamou, Guinea (privat: Michael Niebling). S. 286, Abb. 11: Crossroader unterrichten nach ihrer Arbeit afrikanische Kinder (privat: Michael Niebling). S. 296, Abb. 12: Die Crossroader 1963 vor ihrer Abreise nach Guinea (privat: Michael Niebling).
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Abbildungsverzeichnis
S. 303, Abb. 13: Einige Crossroader fahren mit ihren counterparts zur Baustelle nach Mamou (1963) (privat: Michael Niebling). S. 305, Abb. 14: Beim Bau der Schule in Mamou, Guinea (privat: Michael Niebling). S. 311, Abb. 15: Gruppenfoto der Crossroader und ihre counterparts 1963 in Mamou (privat: Michael Niebling). S. 317, Abb. 16: In Mamou werden die Crossroader mit Musik willkommen geheißen (privat: Michael Niebling). S. 321, Abb. 17: Ein Crossroader musiziert auf afrikanischer Trommel (privat: Michael Niebling). S. 325, Abb. 18: Crossroader spielen mit Kindern (privat: Michael Niebling). S. 335, Abb. 19: Ghanaische Kinder fassen neugierig das blonde Haar einer Crossroads Volontärin an (Operation Crossroads Africa, A means toward peaceful change, S. 3: Crossroads-Werbebroschüre, 1962) S. 336, Abb. 20: Crossroader auf einem afrikanischem Markt (privat: Michael Niebling). S. 343, Abb. 21: Diskussion unter Gruppenmitgliedern (privat: Michael Niebling).
Verzeichnis der Diagramme
S. 156, Diagramm 1: Anzahl der „traditionellen“ Crossroads-Projekte und der Projekte, die eine bestimmte Spezialisierung erforderten. Eigene Darstellung. S. 184, Diagramm 2: Anzahl der Crossroads-Projekte und der besuchten Länder von 1958 bis 1972. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 185, Diagramm 3: Teilnehmerzahlen von Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1971. Für 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 204, Diagramm 4: Spenden von Organisationen, Stiftungen und Privatpersonen an OCA von 1958 bis 1972. Für die Jahre 1959, 1960, 1962 und 1963 liegen keine Angaben vor. Die Angaben wurden den Berichten über die Vermögenslage von Crossroads in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Angaben in Tausend. Eigene Darstellung. S. 228, Diagramm 5: Anteil der euro- und afroamerikanischen Teilnehmer und anderen Minderheiten an Operation Crossroads Africa von 1958 bis 1970. Für 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 229, Diagramm 6: Anteil der männlichen und weiblichen Teilnehmer an Operation Crossroads Africa von 1960 bis 1970. Für die Jahre 1958, 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in
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Verzeichnis der Diagramme
den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 230, Diagramm 7: Anteil der Studenten ohne und mit Vordiplom sowie Berufstätiger von 1962 bis 1968. Für die Jahre 1958, 1960, 1961 sowie 1969 bis 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 231, Diagramm 8: Anteil der US-amerikanischen und kanadischen Teilnehmer und Teilnehmer anderer Nationalitäten von 1958 bis 1971. Für 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung. S. 232, Diagramm 9: Die religiöse Zugehörigkeit der Teilnehmer an Operation Crossroads Africa von 1960 bis 1970. Für 1958, 1971 und 1972 liegen keine Angaben vor. Die Angaben sind den Statistiken in den jeweiligen Jahresberichten der Organisation entnommen. Eigene Darstellung.
Personenregister
Abernethy, Bradford S. 24, 80, 88, 209, 264, 267, 289, 319, 320, 365 Abernethy, David 365 Alexander, Lincoln M. 22, 350 Azikiwe, Benjamin 41 Azikiwi, Nyaboryo 79 Banda, Dingis Mayo 274 Baldwin, Roger 44 Ball, E. F. 140 Belafonte, Harry 115, 142 Bernald, Eugene 80 Bolton, Frances 79, 181, 79 Boone, Sylvia 379 Bowles, Chester 80 ff., 101, 106, 112 f. Braden, Tom 191 Brightman, Carol 234 Brown, LaVerne 10, 13, 17, 122, 387 Bunche, Ralph 79, 331 Bundy Smith, George 352, 374 Burgie, Irving 80 Carmichael, Stokely 196, 198 Challenor, Herschelle 376 Childs, Marquis 73, 99, 120 Christie, Lansdell 79 f. Chisiza, Yatuta U. 287 Clement, Rufus 80 Cobb, Cathy 261, 337 Cooper, Robert 234, 336 Cullen, Countee 327, 349, 351
Davis, Benjamin J. 166 Delano, William 140 Dela Pool, Ithiel 80, 95 Douglas, William O. 79 ff., 113, 122, 132, 142 DuBois, W.E.B. 41, 244, 327, 331, 353 f. Dudley, Edward 79 f. Dylan, Bob 176 Eagle, John C. 236 Edwards, Joseph 10, 241, 310, 349, 353 Eisenhower, Dwight D. 17, 191 Farmer, James 152, 170 Ferguson, Vaughn 79 f. Fisken, Alec 127 ff., 186, 188, 207, 210, 304 Fleming, G. James 156, 161 Gandhi, Mahatma 83 Gordly, Avel Louise 22, 367, 377 Greenfield, Edward L. 80, 88, 370 Gross, Mason 85 Hall, Sydney 265 Hansberry, Lorrain 249 Hansberry, William Leo 80 Harris, Donald 374 Hayden, Tom 235 Hayes, Samuel 112, 119 Hesburgh, Theodore M. 80, 84 Hodges, Norman E. 338 House, Arthur M. 283 Houser, George 77
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Personenregister
Hughes, Langston 332, 340, 348 Hull, Richard 10, 233, 372, 376 f. Humphrey, Hubert 16, 82, 112, 114, 116, 118 ff., 124, 144, 151, 180 f., 231, 385 Ironsi, Aguiyi 187 Irwin, John II. 80 Isaacs, Harold 68, 95 ff., 231, 234, 304, 316, 329, 338, 341 f., 345, 350 f., 359, 362, 368 James, William 52 Jeffries, Leonard 186 Johnson, Lyndon B. 142, 146 f. Johnson, Willard 276, 298 Josephson, William 115 Kennedy, John F. 5, 15 f., 20 f., 27, 52, 80, 82, 85, 101, 103 ff, 109 f, 119, 122, 124, 144 ff, 172 ff., 175, 182, 188, 233, 382, 385, 387 Kennedy, Robert 377 Kenya, Peter 200 Kenyatta, Komo 156, 160, 275 King, Martin Luther 48, 62, 170, 175, 178, 196, 330 Kobba, B. M. 213 Logan, Willis 10, 214 Lucas, C. Payne 351 MacNamara, Robert S. 181 Matheson, W. A. 262 Mbadiwe, K. Ozuomba 44, 79 McCloud, Oscar 10, 250, 364 McGee, Glenn 80 McLeod Bethune, Mary 44 McLeod, Georgianne 10 Millikan, Max 95, 114, 119, 122 Mowshowitz, Israel 22, 58, 68, 73, 75 ff., 84, 86, 90, 100, 288, 344 Müller, Hans Peter 91 Murrow, Ed 88, 97 f. Niebling, Michael 10, 235, 262, 276, 312, 364 Nixon, Richard 85, 113, 176, 178 f., 183, 207, 209 Nkrumah, Kwame 46, 48, 156, 190, 198, 275 Noon, John A. 88, 247, 249 Nyerere, Julius 156, 160, 189, 275 Oliver, Albert G. 225, 387 Ormiston, J. D. 207, 211 Palmer, Joseph 79 Parr, Preston 244, 248, 337 Passman, Otto 167 f. Peniston, Gregory S. 198 f., 348 Plimpton, Ruth 21, 66, 122, 130, 233, 269, 288, 346
Reuss, Henry 111 f., 114, 118, 120 ff., 144 Riesman, David 234, 367 Robinson, Gertrude 86 f., 160, 205, 212, 381 Robinson, James H. 10, 13 f., 17, 19, 21 ff., 33 ff., 36 ff., 50 ff., 57 ff., 64 ff., 74 ff., 92 f., 110, 112, 115, 119, 121 f., 125 ff., 130 f., 134, 136, 138 ff., 141 ff., 152, 154, 156 f., 159 f., 166 f., 168 f., 171, 173, 185 ff., 191, 194, 198 ff., 209, 212 ff., 221, 223, 225, 230 f., 236 f., 239 f., 244, 248 f., 266, 275, 278, 284d, 287, 302, 318, 324, 339 f., 356, 360, 363, 369 ff., 375, 381 ff., 387 Rogers, James G. 191 Roosevelt, Eleanor 44, 79, 94 Ross, Emory 46, 79 f, Rostow, Walt 94, 113, Satterthwaite, Joseph 36, 74, 79, 88 f. Saxton, Virginia 338 Schraeder Adams, Emmie 240, 252 Segal, Aaron 376 Selasie, Hailie 160 Seltzer, Michael 10, 227, 238, 251, 277, 282, 299, 305, 369, 374 Shriver, Sargent 110, 114 ff., 119, 125, 136 f., 139 f., 142 f., 167, 181 Silla, Danny 360 Simpson, Donald 77, 238, 252, 361, 370, 386 Sloan, Ruth 252, 261, 370 f., 386, 77, 238 Sloane Coffin, William 24, 60, 84, 98, 122, 140, 230, 238, 257 f., 290, 312, 315, 342 f., 363, 368, 374 f. Smith, Adele 232, 236, Smyke, Raymond J. 79 f. Smythe, Hugh M. 24, 76, 80, 88, 91, 250 Spaulding, Milt 351 Stevenson, Adlai 66, 82, 85, 106, 122 Tanner, JoAnn 10, 264, 284, 297, 313 Targum, Daisy 338 f., 343, 345, 351 f., 353 Telli, Diallo 276 Tobias, Channing 44 Touré, Sekou 275, 315 Trueblood, Elton 80 Tubman, William S. 46, 132 Vogel, Jerome 10, 64, 141, 158, 185, 200 ff., 211, 213 f., 225, 229, 267, 293, 301 f., 321 Walley, John 374 Ward, Harry 41 Ward, Haskell 10, 163, 203, 354, 376 Watt, Donald 50 Watts, Lee T. 350 Weiskel, Timothy 186 ff., 362 White, Lindsay 84, 90, 205
Personenregister
Wilkins, Roy 170, 212, 249, Wofford, Harris 80 ff., 101, 111ff., 121 f., 384 Wortham, Anne 235, 299, 311, 317, 320, 323, 346, 354, 365, 374
Wright Edelman, Marian 377 Wright, Richard 271, 308, 328, 340, 348 ff. Young, Whitney M. 181, 249 Youssoufou, Oumaron 350 X, Malcolm 157, 196 ff., 330
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t r a n s at l a n t i s c h e h i s t o r i s c h e s t u d i e n Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Washington, DC
Herausgegeben von Mischa Honeck, Jan C. Jansen, Simone Lässig und Britta Waldschmidt-Nelson.
Franz Steiner Verlag
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Operation Crossroads Africa (OCA) war in den sechziger Jahren die größte in Afrika tätige private Freiwilligenorganisation. 1957 von dem afroamerikanischen Pfarrer James H. Robinson gegründet und von John F. Kennedy als „Blaupause für das Peace Corps“ bezeichnet, initiierte OCA zahlreiche Hilfsprojekte in verschiedenen Regionen Afrikas. Zugleich diente die Organisation als interkultureller Kontaktraum sowohl für Afrikaner und Nordamerikaner als auch für schwarze und weiße junge Amerikaner. Auf der Grundlage umfangreicher Archivstudien und Zeitzeugeninterviews untersucht Katharina Scheffler die Anfangsjahre der Organisation. Sie beleuchtet ihre Gründung sowie die institutionellen und gesellschaftlichen Hürden, die es anfänglich zu überwinden galt. Dabei stellt sie nicht nur OCAs Einzigartigkeit und Pioniercharakter heraus, sondern zeigt, wie James H. Robinson es verstand, Anliegen der Bürgerrechtsbewegung auf internationaler Bühne zu formulieren, indem er Zielsetzungen der amerikanischen Kulturdiplomatie für sich nutzte. Ein besonderes Augenmerk gilt den Erlebnissen der Freiwilligen selbst und deren Rolle als inoffizielle Botschafter Amerikas auf der einen und als Vorreiter für interkulturelle Verständigung auf der anderen Seite.
ISBN 978-3-515-11285-7
9
7835 1 5 1 1 285 7
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag