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German Pages 321 [322] Year 2017
Markus A. Denzel, Andrea Bonoldi, Anne Montenach, Françoise Vannotti (Hrsg.) Oeconomia Alpium I: Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit
Oeconomia Alpium I: Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit Forschungsaufriss, -konzepte und -perspektiven Herausgegeben von: Markus A. Denzel, Andrea Bonoldi, Anne Montenach, Françoise Vannotti
Kommission Stockalper für die Wirtschaftsgeschichte der Alpen Commission Stockalper pour I’Histoire économique des Alpes Commissione Stockalper per la Storia economica delle Alpi
ISBN 978-3-11-051920-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-052231-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-052231-0 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Walters Art Museum, W.163, fol. 1v, © 2016 Walters Art Museum, CC BY-SA 3.0 Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Vorwort
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Markus A. Denzel „Pour une histoire économique des Alpes!“ Konzeptionelle Überlegungen zu einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit 1 Gabriel Imboden Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit
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Andrea Bonoldi Regole e organizzazioni. Aspetti istituzionali dell’economia alpina in età preindustriale 31 Alessio Fornasin La demografia alpina in età preindustriale. Interpretazioni, problemi, 57 prospettive Christian Rohr Klima und Umwelt als Rahmenbedingungen alpinen Wirtschaftens. Beispiele und Perspektiven 73 Gerhard Siegl Ländliche Gemeingüter im Alpenraum. Überblick und Desiderata Katia Occhi Economie alpine e risorse forestali. La prospettiva storica Reinhold Reith Überlegungen zum alpinen Gewerbe
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Luigi Lorenzetti Migrazioni di mestiere e economie dell’emigrazione nelle Alpi italiane (XVI–XVIII 149 secc.) Louiselle Gally-de Riedmatten Quelle place pour le service étranger dans une histoire économique des Alpes? L’exemple du Valais sous l’Ancien Régime 173
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Inhalt
Cinzia Lorandini Aspetti strutturali e funzionali del commercio in area alpina. Alcune riflessioni a partire dal caso tirolese 199 Mark Häberlein Safran, Kupfer, Textilien. Kommerzielle Aktivitäten süddeutscher Handelshäuser im Alpenraum am Beispiel der Vöhlin und Welser (ca. 1490 – 1530) 215 Anne Montenach Pouvoir, territoire et économie de la frontière. Jalons pour une histoire de la contrebande dans les Alpes à l’époque moderne 233 Philipp R. Rössner Vom Silbererz zur Münze. Das Tiroler Montanrevier um 1500 als 249 Fallbeispiel Mechthild Isenmann Wirtschaftsethik im voralpinen und alpinen Raum am Übergang vom Mittelalter 277 zur Neuzeit Markus A. Denzel On the Way to a Synoptic Economic History of the Alps in Pre-industrial Times. First Results of the Introductory Conference in Hall in Tyrol (March 2015) 301
Vorwort Anlässlich des 11. Internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums, das unter dem Thema „Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum“ stand und im September 2012 am Forschungsinstitut zur Geschichte des Alpenraums in Brig abgehalten wurde, wurde im Kreis der anwesenden Kolleginnen und Kollegen ausführlich diskutiert, eine umfassende Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit in Angriff zu nehmen. Einhellig waren alle Diskutantinnen und Diskutanten der Meinung, dass die Zeit für ein solches – zugegebenermaßen ambitioniertes – Vorhaben reif sei und eine Vielzahl von hervorragenden Vorarbeiten und eine Fülle von Detailstudien vorliege, auf denen nunmehr aufgebaut werden könnte und müsste. Im Gefolge des Briger Symposiums konstituierte sich dann eine Gruppe von sechs Kolleginnen und Kollegen aus der Schweiz, Italien und Deutschland, die nunmehr das weitere Vorgehen planten und vorantrieben. Neben Unterzeichnetem waren dies Andrea Bonoldi (Trient), Gabriel Imboden (Brig), Luigi Lorenzetti (Mendrisio), Marie-Claude Schöpfer (Brig) und Françoise Vannotti (Les Mayens-de-Sion). In einem ersten Schritt wurde am 14. September 2013 ein in der Schweiz eingetragener Verein, „StoAlp – Kommission Stockalper für die Wir tschaftsgeschichte der Alpen / Commission Stockalper pour l’Histoire économique des Alpes / Commissione Stockalper per la Storia economica delle Alpi“, gegründet, der als organisatorische Plattform für die weitere Arbeit dient und dem als koordinierendes Büro das Forschungsinstitut zur Geschichte des Alpenraums in Brig unter seiner Direktorin, Frau Dr. Marie-Claude Schöpfer, zur Verfügung steht (http:// www.stockalperstiftung.ch/stoalp.php). Als erster Schritt zu einer umfassenden „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit“, wie sie konzeptionell im nachfolgenden Beitrag „Pour une histoire économique des Alpes!“ skizziert wird, wurden zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, der Schweiz, Italien, Slowenien, Österreich und Deutschland eingeladen, an dem Projekt mitzuwirken und jeweils ein bestimmtes Themengebiet verantwortlich zu betreuen. Eine erste Zusammenkunft der meisten dieser Mitwirkenden fand vom 19. bis 21. März in Hall in Tirol statt. Diese internationale Tagung unter dem Titel „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit. Forschungsaufriss, -konzepte und -perspektiven“ wurde von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung, Köln, finanziert, wofür ihr an dieser Stelle sehr herzlich sei. Die Stadt Hall in Tirol, vertreten durch Herrn 1. Bürgermeister-Stellvertreter Werner Nuding, stellte der Tagung die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung und unterstützte die Drucklegung des Tagungsbandes. Auch hierfür gilt unser herzlicher Dank. Die organisatorische Vor- und Nachbereitung der Tagung wurde dankenswerterweise von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Leipzig geleistet, allen voran von Frau Katja Wöhner. DOI 10.1515/9783110522310-001
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Vorwort
Allen Referentinnen und Referenten danken die Herausgeber für die zügige Beibringung der erbetenen Tagungsbeiträge, die einen ersten und sehr facettenreichen Einblick in die Herausforderungen bieten, die eine geographisch wie zeitlich breit angelegte „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit“ mit sich bringt. Sie präsentieren unterschiedliche methodische Herangehensweisen ebenso wie inhaltliche Überblicke, zeigen aber vor allem die Chancen auf, die eine derartige, langfristig geplante Synopse unter einer gemeinsam verfolgten Konzeption für ein solch weites Forschungsfeld bieten kann. In einer zweiten internationalen Tagung vom 30. März bis zum 1. April 2017 werden die in Hall in Tirol begonnenen Diskussionen fortgesetzt und auch durch diejenigen mitwirkenden Kolleginnen und Kollegen erweitert, die bei der ersten Tagung noch nicht anwesend sein konnten. Dass die Ergebnisse der Tagung in Hall in Tirol nunmehr in so ansprechender Form präsentiert werden können,verdanken wir – HerausgeberInnen und AutorInnen – dem Verlag De Gruyter Oldenbourg, München, und „unserem“ Projektkoordinator Konstantin Götschel, der sich mit großem Engagement für unser langfristiges Projekt eingesetzt hat und dem wir hierfür sehr herzlich danken. Den ersten ‚Meilenstein‘ auf dem Weg hin zu einer dreibändigen „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit“ dürfen wir nun vorlegen – in der Hoffnung auf viele Anregungen, die dann zu einer Optimierung des Gesamtvorhabens beitragen mögen. Leipzig, 12. Oktober 2016
für die Herausgeber Markus A. Denzel Präsident der StoAlp-Kommission
Markus A. Denzel
„Pour une histoire économique des Alpes!“
Konzeptionelle Überlegungen zu einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit* Abstract: The idea to conceptualize, structure and elaborate an economic history of alpine space, is based upon an understanding of the Alps as a transit space connecting peoples in North and South, which is similar to the Mediterranean space. The idea to write an economic history of alpine space, that is more than a synopsis of research to date, in which a comprehensive analysis is undertaken of all historical dimensions and facets of this remarkable space, in the sense of an histoire totale, and in which the Alps are so to speak personified just like Fernand Braudel had personified the Mediterranean, is not a product of newer research. The idea originates from Braudel himself, who commissioned its execution to his pupil Jean-François Bergier. Following Braudel, three main thematic blocks can be distinguished in the concept presented: First, the space and its people; second, the everyday life; and third, trade, migration and communication. The first part takes off with a treatment of the eco-spatial, settlement, climatic, environmental and geological factors, which had a lasting impact on people’s predominantly agricultural work and life. In the second part, everyday life of alpine peoples is made the subject of a comprehensive discussion in a Braudellian way. For the third part seven core aspects can be distinguished, if trade, communication and migration are taken as the thematic cores of an economic history of the transit space of the Alps: the Transport infrastructure of trade or its market connections; the infrastructure of trade, i. e. the market structures and trade and financial techniques; the organisational form of business enterprises and, directly related, of entrepreneurial types; the structural characteristics and functional mechanisms of trade; peddler‘s and retail trade; economic migrations; communication. In this way, the presented circle, constructed around trade, migration and communication could be closed. The interplay of several, complementary concepts, that may perhaps even be contradictory, could be attractive for the reconfiguration of alpine economic history and may contribute to methodological progress of the subject presented here.
* Dieser Titel ist einer Aufsatzsammlung von Jean-François Bergier nachempfunden, die programmatisch unter dieses Motto gestellt worden ist: Jean-François Bergier, Pour une histoire des Alpes, Moyen Âge et Temps modernes, Aldershot / Brookefield 1997. – Für zahlreiche hilfreiche Kommentare und Ergänzungen danke ich meinen lieben KollegInnen Andrea Bonoldi, Universität Trient, Gabriel Imboden, Brig/Hohtenn, und Mechthild Isenmann, Leipzig. Prof. Dr. Markus A. Denzel, Universität Leipzig, Historisches Seminar, Beethovenstr. 15, D–04107 Leipzig, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-002
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Markus A. Denzel
1 Der Raum Die Alpen haben eine dreidimensionale Geometrie, welche die Gesellschaften und wirtschaftlichen Aktivitäten der verschiedenen Stockwerke miteinander verbindet: Weiler und Dörfer an den oberen Kulturgrenzen, Marktflecken in den tiefen Tälern; bescheidene Städte an den Flußufern – immerhin groß genug, um manchmal über einen ‚Lombardenladen‘ oder ein paar Werkstätten zu verfügen; und schließlich, an der Peripherie, am Rande der Ebenen, wo die Schiffe den Wasserstraßen der Seen und Flüsse folgen, wo ein reger Verkehr die Landschaft belebt, die Städte am Fuße der Berge … Es gibt also einen rein alpinen Verkehr für Menschen, Tiere, Herden und Waren. An diesen Alltagsverkehr knüpft eine andere Art Verkehr an, der sich der gleichen Menschen, der gleichen Mittel bedient: ein Durchgangsverkehr, der das ganze Gebirge durchquert.¹
Mit diesen Worten charakterisierte Fernand Braudel den Alpenraum in seinem richtungsweisenden Standardwerk über das Mittelmeer, die Region also, die er gleichsam ausgrenzt aus seiner Betrachtung, um deren Bedeutung er aber – trotz anderslautender Interpretationen seiner Epigonen – dennoch sehr wohl weiß: Die Alpen erschienen ihm „außergewöhnlich wegen ihrer Ressourcen, der kollektiv bewältigten Aufgaben, die Leistungsfähigkeit der menschlichen Bevölkerung und der zahlreichen großen Straßen“ – „eben ganz außergewöhnliche Berge“.² Für Braudel war das Gebirge gleichsam als Komplementärraum zum Meer zu begreifen, ‚seinem‘ Mittelmeer, möchte man sagen, dem er als Hommage im ersten Band seines Werkes ein Zitat von J. Acosta von 1552 voranstellt: „Bis jetzt hat man in der neuen Welt kein solches Mittelmeer entdeckt, wie es in Europa, Asien und Afrika eines gibt.“³ Doch in gleicher Weise kommt auch den Alpen eine derart einzigartige Bedeutung unter den Gebirgen der Welt zu, stellen sie doch – zusammen mit den etwas niedrigeren Pyrenäen – nicht nur die „Gebirgsmauer“ – so wiederum Braudel – zwischen dem größten Teil Europas und dem Mittelmeerraum dar, sondern vielmehr den zentralen Transitraum zwischen diesen beiden Kultur- und Wirtschaftsräumen. Nicht umsonst verweist Braudel – wie viele vor und nach ihm – auf die zentrale Bedeutung des Durchgangsverkehrs über die Alpen für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung ganz Europas. Dass annähernd alle anderen Hochgebirge der Welt Räume deutlich stärker trennen, als dies die Alpen und mit ihnen die Pyrenäen vermögen, wird nicht zuletzt daran ersichtlich, dass nirgends sonst der Transitverkehr so intensiv war und bis heute ist. Die von Braudel so bezeichnete „Gebirgsmauer“ der Alpen war demnach vergleichsweise durchlässig oder besser: relativ leicht zu überwinden – ein Befund, der spätestens seit der römischen Kaiserzeit gilt. In den vorchristlichen Jahrhunderten bestanden zwar lockere Handels- und damit in gewissem Sinne auch Kommunikationsverbindungen zwischen dem nordalpinen und dem mediterranen Raum, doch
Fernand Braudel, Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II., 1. Bd., Frankfurt/Main 1990 (nach der 4. Aufl. der franz. Ausgabe von 1979, Original 1949), ND. 1994, S. 293, 295. Ebd., S. 44. J. Acosta, Histoire naturelle des Indes, 1552, S. 94.
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waren Alpenüberquerungen größeren Stils – wie die Hannibals (218 v.Chr.)⁴ – spektakuläre Ereignisse, die in der offiziellen Geschichtsschreibung einen prominenten Platz einnahmen. Mit der Eroberung Galliens durch Cäsar (58 – 51/50 v.Chr.) wurde der Transit über die Alpen, die in den Jahrhunderten zuvor in gewissem Sinne tatsächlich eine Schutzmauer für das römische Italien dargestellt hatten, zu einer binnenrömischen Querung, deren Passübergänge zu Straßen ausgebaut wurden.⁵ Diese Infrastrukturmaßnahme der zum Teil nur gut drei Jahrhunderte dauernden römischen Herrschaft stellte wohl den am meisten tiefgreifenden Einschnitt in der Geschichte dieses Raumes zwischen der Neolithischen und der Touristischen Revolution dar⁶ und bildete die Grundlage für die Transitfunktion zwischen dem nordalpinen und dem mediterranen Europa, die die Alpen in den kommenden Jahrhunderten wahrnehmen sollten.⁷ Die frühmittelalterlichen Besiedelungswellen unterschiedlicher Völkerscharen, die sich in der Vielgestaltigkeit der alpinen Sprachen niederschlugen⁸, gingen einher mit einer frühe Christianisierung, die mit den benediktinischen Klostergemeinschaften die Neulanderschließung und die Sicherung der immer gefährdeten Straßenverbindungen nach sich zog. Ab dem 12./13 Jahrhundert – mit der „Entdeckung des Marktes“, wie Bergier formuliert – wurde der Alpenraum dann zunehmend in die Marktstrukturen der ‚Voralpenländer‘ eingebunden, und die Alpenwirtschaft wurde von einer (weitgehend) autarken Ökonomie zu einer auf den Export von Vieh und Holz orientierten Wirtschaft. Die Hochphase des Alpentransits vom 13. bis zum 15. Jahrhundert erscheint geradezu als das „goldene Zeitalter der Alpen“, da der Seeweg um die Iberische Halbinsel herum letztlich nicht hinreichend konkurrenzfähig war. Doch im 16. Jahrhundert wandte sich nicht nur der internationale Handel neuen Routen zu, sondern die Bergbewohner verloren auch die Kontrolle über ihre Ressourcen und ihre Märkte, mussten sich Städten und landfremden Investoren – den Fuggern, Welsern, Vöhlin, um nur einige zu nennen – wirtschaftlich unterordnen. Im Ergebnis büßten die Alpenpässe mit dem Dreißigjährigen Krieg ihre bisherige Bedeutung weitgehend ein: Livius 21, 31– 37; Polybios, 3, 64– 66; Karl Christ, Hannibal, Darmstadt 2003; Pedro Barceló, Hannibal. Stratege und Staatsmann, Stuttgart 2004. Vgl. Jon Mathieu, Die Alpen. Raum – Kultur – Geschichte, Ditzingen 2015. Gerold Walser, Summus Poeninus. Beiträge zur Geschichte des Großen St. Bernhard–Passes in römischer Zeit, Wiesbaden 1984; A. Planta, Zum römischen Weg über den Grossen St. Bernhard, in: Helvetia Archeologica 10, 1979, S. 15 – 30; François Mottas, Milliaires et vestiges des voies romaines du canton de Vaud, in: Archäologie der Schweiz 3/3, 1980, S. 154– 168. Gerold Walser, Studien zur Alpengeschichte in antiker Zeit, Stuttgart 1994; Uwe A. Oster, Wege über die Alpen. Von der Frühzeit bis heute, Darmstadt 2006; Andrea Leonardi / Hans Heiss (Hrsg.), Tourismus und Entwicklung im Alpenraum 18.–20. Jh. / Turismo e sviluppo in area alpina, Secoli XVIII–XX. Beiträge des ständigen Seminars zur Wirtschafts– und Unternehmensgeschichte in den Alpen in Neuzeit und Gegenwart / Atti del Seminario permanente sulla Storia dell’economia e dell’imprenditorialità nelle Alpi in età moderna e contemporanea, Innsbruck u. a. 2003. Diese knappe Überblicksdarstellung folgt: Jean-François Bergier im Gespräch mit Bertrand Müller und Pietro Boschetti, Gelebte Geschichte, Zürich 2007, S. 211– 234. Vgl. Norbert Furrer, Die vierzigsprachige Schweiz. Sprachkontakte und Mehrsprachigkeit in der vorindustriellen Gesellschaft (15.–19. Jahrhundert), Zürich 2002.
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„In der Tat wurden die Alpen ökonomisch marginalisiert,“⁹ wovon sie sich – trotz gewisser regionaler konjunktureller Aufschwünge – bis zur touristischen ‚Inwertsetzung‘ der Berge seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr erholten.¹⁰ Die Alpen als völkerverbindenden Transitraum zwischen Nord und Süd – ähnlich wie dies das Mittelmeer war und ist – zu begreifen, steht hinter der Idee, eine Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums zu konzipieren, zu strukturieren und letztlich auszuarbeiten. Dabei ist schon die Verwendung des Begriffs „Alpenraum“ nicht unproblematisch, denn nach Roger Sablonier ist es nicht akzeptierbar …, damit eine geschichtliche Einheit alpenländischer Entwicklung zu suggerieren, die in erster Linie den dominanten Wirkungen spezifischer naturräumlicher Voraussetzungen zuzuschreiben wäre. Die historische Besonderheit des Alpenraums ist nicht einfach zu postulieren, sondern erst noch zu ermitteln, und die Frage nach dem tatsächlichen relativen Gewicht alpiner Lebensumstände zum Beispiel in der Ausgestaltung sozialer Organisation ist nach Ort und Zeit sehr differenziert und nicht nur im inneralpinen Vergleich zu untersuchen.¹¹
Nichtsdestoweniger muss der Begriff „Alpenraum“ für die Länder der Berge und an den Pässen zwischen Savoyen und dem heutigen Slowenien verwendet werden – schlicht, weil es keinen besseren gibt.
2 Die Forschung Die Idee, eine Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums zu verfassen, die mehr ist als nur eine Synopse der bisherigen Forschung¹², die diesen besonderen Raum in seinen historischen Dimensionen und Facetten ganzheitlich – im Sinne einer Histoire totale – zu erfassen versucht und die Alpen gleichsam personifiziert, wie Braudel das Mittelmeer personifiziert hat, ist kein Produkt der jüngeren Forschung: Sie stammt von Braudel selbst, der ihre Umsetzung seinem Schüler Jean-François Bergier antrug, doch auch dieser große Historiker des Alpenraums vermochte sie trotz aller seiner vielfältigen Arbeiten über die alpinen Wirtschaften nicht (mehr) umzusetzen. Vielleicht sind die Alpen aufgrund ihrer Zersplitterung in eine fast unübersehbare Vielzahl an Mikrokosmen, als welche sich die einzelnen Talschaften letztlich erweisen, ja noch schwieriger zu erfassen und zu durchdringen, als die schier endlose Weite des Meeres? Folgen wir Bergier, so nahm die bisherige Forschung zur Geschichte – nicht nur zur
Bergier im Gespräch …, S. 228. Leonardi / Heiss (Hrsg.), Tourismus und Entwicklung im Alpenraum, passim. Roger Sablonier, Alpenforschung aus Sicht des Historikers, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 1, 1996, S. 57– 60, hier: S. 57 f. Für die Zeit bis zur Mitte der 1990er Jahre findet sich ein guter, regional gegliederter Forschungsüberblick in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 1, 1996.
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Wirtschaftsgeschichte – des Alpenraums ihren Ausgang im Wesentlichen aus drei Richtungen:¹³ Da war zunächst die Geographie, die Erkenntnisse darüber gewinnen wollte, wie Menschen in den Alpen siedelten, wie sich ihre Siedlungen entwickelten, wie sie unter diesen speziellen naturräumlichen Bedingungen lebten und überlebten. Aus der Perspektive der Siedlungs- und Kulturgeographie heraus wurden auch natürliche Ressourcen und Medien der Kommunikation, ja schließlich die Entwicklung des Tourismus erforscht.¹⁴ Der zweite Strang sind die Forschungen auf lokaler Ebene, über einzelne Dörfer oder Talschaften, über Aspekte des Wirtschaftens, einzelne Ereignisse oder Entwicklungen, vielfach ohne Einbettung in größere Zusammenhänge und ohne den Vergleich zwischen verschiedenen Regionen, dafür aber Materialien und Quellen und Teilantworten bereitstellend. Gerade die Fülle an derartigen Lokalstudien zeigt die hohe Differenziertheit alpiner Gesellschaften und Wirtschaften und macht es schwer, von einer genuin alpenländischen Gesellschaft oder Wirtschaft zu sprechen. Drittens ist die Geschichte des Alpenraums ein zentraler Untersuchungsgegenstand der Handelshistoriker, die sich mit dem Transit durch bzw. über die Alpen beschäftigten und dabei das Verbindende dieses Raumes betonten. Der Alpentransit mit seinen zahlreichen, durch unterschiedliche Transport- und Verkehrsmittel genutzten Pässen war (neben dem Flusstransport auf der Rhône) die mit Abstand wichtigste Verbindung zwischen dem Mittelmeerraum und dem nördlicheren Europa – eben dem nordalpinen Europa. Daran hatte sich seit der Antike nicht viel geändert, und obwohl sich im Gefolge der Europäischen Expansion seit dem 15./16. Jahrhundert der Schwerpunkt der europäischen Wirtschaft aus dem Mittelmeerraum an den Atlantik und dort vor allem nach Nordwesteuropa hin verschoben hatte, bildeten die Alpenübergänge auch weiterhin zentrale Verbindungswege zwischen Italien einerseits und dem nordalpinen Heiligen Römischen Reich sowie den angrenzenden Ländern andererseits, und die sogenannten Alpenländer oder die „Länder am Pass“ blieben vom Nord-Süd-Transit und umgekehrt durchaus profitierende Durchgangszonen und durch Regionalhandel mit den Voralpenländern verbunden.¹⁵ Beginnend mit dem Grundlagenwerk von Aloys Schulte über die mittelalterlichen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien¹⁶ war daher nicht unbegründeter Weise die Erforschung des
Vgl. Bergier im Gespräch …, S. 208 f. Paul Guichonnet (Hrsg.), Histoire et Civilisation des Alpes, 2 vols., Toulouse / Lausanne 1980. Andreas Otto Weber, Regionalhandel zwischen Südbayern und Tirol in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Konrad Ackermann / Alois Schmid / Wilhelm Volkert (Hrsg.), Bayern. Vom Stamm zum Staat. Festschrift für Andreas Kraus zum 80. Geburtstag, München 2002, Bd. 1, S. 331– 343; Katia Occhi, Aspekte der Handelsbeziehungen zwischen dem Tiroler Raum und der norditalienischen Ebene, in: Scripta Mercaturae 42/1, 2008, S. 27– 43. Aloys Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, ND. Berlin 1966 (1900).
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Handels und Verkehrs¹⁷ mit ihren wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen (Zollwesen)¹⁸, der Handels- und Umschlagplätze, der beteiligten Akteure¹⁹ und ihrer Interaktion mit den Alpenbewohnern über weite Teile des 20. Jahrhunderts der maßgebliche Forschungsstrang der alpinen Wirtschaftsgeschichte, bis gegen dessen Ende auch andere Themenfelder wie die Landwirtschaft, das Gewerbe oder das Montanwesen – zum Teil wieder – verstärkt in den Fokus rückten.Wenn Bergier daraus folgert, dass „man alles, was in den Alpen vor sich geht, nur durch die Brille der Kaufleute oder der anderen Reisenden sieht“²⁰, so übertreibt er zwar wohl ein wenig, liegt aber sicherlich nicht gänzlich falsch, worauf noch zurückzukommen sein wird.
3 Das Konzept²¹ Gehen wir davon aus, dass auch die Alpen eine Geschichte haben – Quand la montagne aussi a une histoire! ²² – und dass dies keine Binsenweisheit ist, wie Jon Mathieu
U. a. Jean-François Bergier, Le trafic à travers les Alpes et les liaisons transalpines du haut moyen âge au XVIIe siècle, in: Le Alpi e l’Europa, Bd. 3: Economia e transiti, Bari 1975, S. 1– 72; ders. / Gauro Coppola (Hrsg.), Vie di terra e d’acqua. Infrastrutture viarie e sistemi di relazioni in area alpina (secoli XIII–XVI), Bologna 2007; Erzeugung,Verkehr und Handel in der Geschichte der Alpenländer, Innsbruck 1977; Gaston Gaudard, L’organisation du trafic commercial à travers les Alpes occidentales au XVIIe siècle in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kräfte der Wirtschaft. Unternehmergestalten des Alpenraums im 17. Jahrhundert. Vorträge des zweiten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1991), Brig 1992, S. 101– 119; Hermann Kellenbenz, Die europäische Wirtschaft um die Mitte des 17. Jahrhunderts und die Alpenpässe, in: Carlen / Imboden (Hrsg.), Wirtschaft des alpinen Raums im 17. Jahrhundert, S. 15 – 32. Herbert Hassinger, Geschichte des Zollwesens, Handels und Verkehrs in den östlichen Alpenländern vom Spätmittelalter bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, Stuttgart 1987. Exemplarisch für die neuere Forschung v. a. Andrea Bonoldi, La fiera e il dazio: economia e politica commerciale nel Tirolo del secondo Settecento, Trento 1999. Marie-Claude Schöpfer Pfaffen, Verkehrspolitik im Mittelalter. Bernische und Walliser Akteure, Netzwerke und Strategien, Ostfildern 2011. Bergier im Gespräch …, S. 208. Dieser Teil stellt eine umgearbeitete, in Teilen gekürzte und in anderen Bereichen erweiterte Version meines Beitrags auf dem Elften internationalen Symposium zur Geschichte des Alpenraumes in Brig 2012 dar, demgegenüber sich aber einige thematische und konzeptionelle Schwerpunktverlagerungen ergeben haben: Markus A. Denzel, Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Einführung, Forschungsaufriss und konzeptionelle Überlegungen, in: MarieClaude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Vorträge des elften internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2012), Brig 2014, S. 1– 24. So der Titel der für Jean-François Bergier erstellten Festschrift: Martin Körner / François Walter (Hrsg.), Quand la Montagne aussi a une histoire. Mélanges offerts à Jean-François Bergier, Berne / Stuttgart / Vienne 1996.
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nachgewiesen hat²³, so stellt sich die Frage, wie man sich ihrer annähert. Dies erweist sich gerade aus der wirtschaftlichen Perspektive als kein gering zu achtendes Problem, da es letztlich keine Vorbilder für ein derartiges, breit angelegtes Unterfangen gibt.²⁴ Die wenigen, zum Teil auch schon älteren Überblickswerke zur Wirtschaftsgeschichte sind immer regional fokussiert²⁵ oder an den Grenzen der heutigen Staaten ausgerichtet²⁶ – mit einer bemerkenswerten Ausnahme: In ihrer 2012 erschienenen Wiener Dissertation nimmt Katharina Winckler „Die Alpen im Frühmittelalter“ insgesamt und mit überzeugenden Ergebnissen in den Blick.²⁷ Und wenn dies schon für das vergleichsweise quellenarme Frühmittelalter gelingen kann, um wieviel mehr wird es dann erst für die späteren Jahrhunderte möglich sein! Um den bisherigen Regionalismus in der Wirtschaftsgeschichtsschreibung des Alpenraums zu überwinden, werden Strukturen, Institutionen und Wirtschaftszweige zu zentralen Säulen des Konzepts der auf drei Bände angelegten „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraumes“. In diesem Gesamtvorhaben können – durchaus in Anlehnung an Fernand Braudel – drei große Themenblöcke unterschieden werden: 1. Der Raum und seine Menschen 2. Der Alltag 3. Handel, Migration und Kommunikation Der erste Teil behandelt zunächst die naturräumlichen und siedlungsgeographischen, klimatischen, umwelthistorischen und bodenkundlichen Faktoren, die das vorrangig agrokulturell geprägte Arbeiten und Leben der Menschen nachhaltig geprägt haben²⁸ – und hierin liegen auch die entscheidenden Unterschiede etwa zu dem Brau-
Jon Mathieu, „Ihre Geschichte besteht darin, keine zu haben“. Die Alpen der frühen Neuzeit im Spannungsfeld wissenschaftlicher Disziplinen, in: Nada Boskovska Leimgruber (Hrsg.), Die Frühe Neuzeit in der Geschichtswissenschaft, Paderborn 1997, S. 109 – 126. Vgl. Jean-François Bergier, Des Alpes traversées aux Alpes vécues. Pour un projet de coopération internationale et interdisziplinaire en Histoire des Alpes, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 1, 1996, S. 11– 21. Pierre Dubuis, Une économie alpine à la fin du Moyen Age. Orsières, l’Entremont et les régions voisines, 1250 – 1500, Sion 1990; Luca Mocarelli (Hrsg.), Tra Identità e Integrazione. La Lombardia nella macroregione alpine dello sviluppo economico europeo (secoli XVII–XX). Atti del Convegno di Studio, Milano, 10 – 11 dicembre 1999, Milano 2002; Ulrich Pfister (Hrsg.), Regional Development and Commercial Infrastructure in the Alpes. Fifteenth to Eighteenth Centuries, in: Itinera 24, 2002. So etwa für die Schweiz Jean-François Bergier, Die Wirtschaftsgeschichte der Schweiz. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Zürich / Köln 1983; Rudolf Braun, Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz, Aufriss einer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des 18. Jahrhunderts, Göttingen / Zürich 1984; Jon Mathieu, Geschichte der Alpen 1500 – 1900, Wien / Köln / Weimar 1998. Katharina Winckler, Die Alpen im Frühmittelalter. Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800, Wien / Köln / Weimar 2012. François Walter, Les Suisses et l’environnement. Une histoire du rapport à la nature du 18e siècle à nos jours, Carouge / Genève 1990; Christian Pfister, Im Strom der Modernisierung. Bevölkerung, Wirtschaft und Umwelt im Kanton Bern 1700 – 1914 (= Geschichte des Kantons Bern seit 1798, Bd. 4), Bern 1995; Werner Bätzing, Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft,
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delschen Referenzraum Meer.²⁹ Auf dieser Grundlage aufbauend, sind dann die Sozialstruktur und die wesentlichen Entwicklungen der Historischen Demographie zu untersuchen. Zu diesem Teil gehören aber auch der politische Rahmen, die Wirtschaftspolitik und der rechtliche Rahmen, die gleichsam die äußeren Bedingungen des wirtschaftlichen Handelns abstecken. Im zweiten Band wird der „Alltag“ der Alpenbewohner thematisiert, und zwar im umfassenden Braudelschen Sinne: Der erste Band von Braudels Civilisation matérielle, économie et capitalisme mit dem Titel Structures du quotidien trägt in der deutschen Übersetzung bezeichnender Weise die Überschrift „Der Alltag“ und umfaßt in etwa diejenigen Themenbereiche, die für den zweiten Band der „Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums“ vorgesehen sind.³⁰ Diese alltägliche Produktion fand für den weitaus größten Teil aller Menschen in der Landwirtschaft statt, die in den Alpen noch mehr als in anderen Wirtschaftsräumen der vorindustriellen Zeit den bestimmenden Wirtschaftsfaktor darstellte. Die alpine Landwirtschaft wies zugleich zahlreiche besondere Spezifika auf, wie etwa das Alpwesen³¹ und die Herstellung von haltbaren, exportfähigen Nahrungsmitteln (Vieh, Käse, Wein)³², die damit – durchaus verstärkt im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen – eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche Vernetzung mit entsprechenden Exportregionen bildeten. Eng mit der Landwirtschaft verbunden, aber doch ein eigenständiges Forschungsfeld ist der Bereich von Waldwirtschaft und Energie, was für die vorindustrielle Zeit großenteils gleichbedeutend mit Holzwirtschaft ist. Geologisch bedingt, war der Alpenraum bis ins 17. Jahrhundert, partiell auch noch länger eine der wichtigsten Montanregionen Europas; die hier geschürften Erze stellten nicht nur lokal und regional vorhandene Nachfragen – wie etwa im Wallis – zufrieden, sondern vermochten mindestens im Tiroler, Steirer, Salzburger und Kärntner Bergbau auf Silber, Kupfer, Eisen, Blei, Alaun und Gold auch gesamteuropäische Bedeutung zu erlangen. Dieser Umstand zog einen weiten Rayon an Austauschbeziehungen nach sich und trug erheblich zur engen Vernetzung des alpenländischen und der diese Erze bzw. Metalle nachfragenden Wirtschaftsräume nach sich, wobei auch weit entfernte
München 1991; Georg Jäger, Hochweidewirtschaft, Klimaverschlechterung („Kleine Eiszeit“) und Gletschervorstöße in Tirol zwischen 1600 und 1850, in: Tiroler Heimat. Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde 70, 2006, S. 5 – 83. Vgl. Christian Rohr, Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2007. Fernand Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts. Der Alltag, München 1985. Jon Mathieu, Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Alpwesens in der frühen Neuzeit, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Alpe – Alm. Zur Kulturgeschichte des Alpwesens in der Neuzeit. Vorträge des dritten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1993), Brig 1994, S. 89 – 104. Z. B. Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Der Wein in den Alpenländern. Vorträge des vierten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1995), Brig 1997; Nikolaus Grass, Vieh- und Käseexport aus der Schweiz in angrenzende Alpenländer besonders im 16. und 17. Jahrhundert, in: Carlen / Imboden (Hrsg.), Wirtschaft des alpinen Raums im 17. Jahrhundert, S. 113 – 177.
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Bezugs- und Absatzmärkte für die alpine Montanwirtschaft eine gewichtige Bedeutung besitzen konnten.³³ Der Montanwirtschaft in gewissem Sinne zugehörig, aber doch – und gerade im Alpenraum – einen eigenen, ja spezifischen Wirtschaftszweig darstellend, ist Salzproduktion und Salzhandel ein Forschungsfeld, das eine Schnittstelle von der Montangeschichte bis hin zur Rechtsgeschichte und zum Solddienst bildet. Das Gewerbe war mit Ausnahme der Holz- und Bauwirtschaft in den Alpentälern meist eher geringer ausgeprägt und vorrangig auf die lokalen, allenfalls regionalen Märkte ausgerichtet, da – verkehrsgeographisch bedingt – überregionale oder internationale Absatzmärkte entweder fehlten oder nur unter hohen Transaktionskosten zu erreichen waren; gewerbliche Migration war durchaus üblich.³⁴ In den Ebenen und im Alpenvorland war dies freilich anders, und auch in den Gebirgsregionen konnten sich – eher die Ausnahme als die Regel – bestimmte Gewerbe behaupten, so zum einen solche, die hochwertigste, qualitätsvolle, kostbare Waren (so etwa Uhren³⁵, Seide in Rovereto, Metallwaren in einige Tälern der venezianischen Lombardei) herstellten, deren hoher Wert beim Verkauf auf weit entfernten Märkten auch hohe Transaktionskosten rechtfertigte; zum anderen hochspezialisierte, handwerklich-künstlerische Produkte, deren Vertrieb durch saisonal agierende Wanderhändler über weite Teile Europas gewährleistet war. Demgegenüber war der Alpenraum bedürftig nach Waren, an denen es hier mangelte, die aber trotzdem zum (Über)Leben und für die Landwirtschaft unabdingbar erforderlich waren (Salz) oder die zumindest die wohlhabenderen Teile der Bevölkerung gerne haben wollten und nach einer gewissen Gewöhnungsphase nicht mehr missen mochten, so alle Arten von Genussmitteln (Tabak, Kaffee, Zucker) und Luxuswaren (Seidenwaren). Als ein ‚Gewerbe‘ ganz eigener Art – ob spezifisch für den Alpenraum, ist zu klären – kann der Solddienst begriffen werden, der mit mehreren anderen Wirtschaftszweigen zum Teil eng verflochten war.³⁶
Ekkehard Westermann, Zur Versorgung von Bergbaurevieren: Aufgaben künftiger Forschungen, in: Ders. (Hrsg.), Bergbaureviere als Verbrauchszentren im vorindustriellen Europa. Fallstudien zu Beschaffung und Verbrauch von Lebensmitteln sowie Roh- und Hilfsstoffen (13.–18. Jahrhundert), Stuttgart 1997, S. 429 – 442; Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011; Carolin Spranger, Der Metall- und Versorgungshandel der Fugger in Schwaz in Tirol 1560 – 1575 zwischen Krisen und Konflikten, Augsburg 2006; Peter Fischer, Bergbeschau am Falkenstein, 1526. Zum Stellenwert oberdeutscher Handelshäuser, insbesondere der Fugger, bei der Versorgung des Tiroler Montansektors in der frühen Neuzeit, in: Scripta Mercaturae 33/2, 1999, S. 92– 114. Ursus Brunold (Hrsg.), Gewerbliche Migration im Alpenraum / La Migrazione artigianale nelle Alpi. Historikertagung in Davos / Convegno Storico di Davos, 25.–27.IX.1991, Bozen 1994. Béatrice Veyrassat, Sortir des montagnes horlogères. Les faiseurs de globalisation (1750 – années 1830/40), in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, S. 257– 279. Hans Steffen, Die soziale und wirtschaftliche Bedeutung der Stockalperschen Solddienste, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Wirtschaft des alpinen Raums im 17. Jahrhundert. Vorträge eines internationalen Symposiums, Brig 1988, S. 179 – 203; Louiselly Gally de Riedmatten, Du sang contre de l’or: Le service étranger en Valais sous l’Ancien Régime, Diss. Bern 2014.Vgl. auch dies., A qui profitait le service étranger? Une étude de la répartiton des pensions en Valais au XVIe siècle, in: Rudolf Jaun /
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Steht in allen bisher aufgeführten Forschungsbereichen zum „Alltag“ der ländliche Raum mehr oder weniger im Vordergrund, so ist ein Ausgleich dadurch zu schaffen, dass zum einen Urbanisierung und die wirtschaftliche Bedeutung der Städte und zum anderen die wirtschaftliche Funktion von Kirche und Klöstern thematisiert werden. Als essentielle Bestandteile des „Alltags“ werden Geld, Maß und Gewicht begriffen, wobei das Spannungsfeld zwischen Funktionalität für das wirtschaftliche Handeln und materieller Kultur aufgezeigt werden kann. Und dieser Aspekt leitet über zum diesen Komplex abschließenden Bereich der allgemeinen Wirtschaftskultur und Wirtschaftsethik. Für den dritten Band „Handel, Migration und Kommunikation“ – oder sollte man besser formulieren: Les jeux de l’échange? ³⁷ – mag es durchaus angebracht und sinnvoll erscheinen, die von Bergier so bezeichnete „Brille der Kaufleute oder der anderen Reisenden“ (s.o.) wieder aufzusetzen. Denn deren Perspektive betont den Austausch über die Alpen hinweg, aber auch mit und innerhalb des Gebirges, im Ergebnis das Verbindende zwischen den weiten nordalpinen und den mediterranen Wirtschaftsräumen – und dies sollte letztlich der entscheidende Aspekt sein, möchte man die Entwicklung der alpinen Wirtschaften in ihrer Bedeutung für die europäische Geschichte erfassen. Daher werden die folgenden Ausführungen zu diesem Themenblock auch etwas ausführlicher als die bisherigen. Alle drei Formen des Austauschs – Handel, Kommunikation und Migration – konnten dabei freiwillig oder unter gewissen Zwängen geschehen, konnten von außen – aus den jeweiligen ‚Voralpenländern‘ – angestoßen oder von innen – von der alpinen Bevölkerung – ihren Ausgang nehmen. In jedem Fall hatten sie mehr oder minder bedeutende Rückwirkungen auf den Alpenraum selbst wie auch auf diejenigen Regionen, mit denen der Alpenraum in Verbindung stand. Auch wenn der Vergleich hinkt: Es ist ein wenig wie mit der Europäischen Expansion, die ihrer Bedeutung letztlich nur dann verständlich wird, wenn man ihre Rückwirkungen auf Europa besonders in den Blick nimmt. In ähnlicher Weise könnte man sich auch die Erforschung der Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums vorstellen: Zum einen der Blick aus dem Alpenraum auf die Regionen, die er beeinflusste, die er verband und auf die er wirkte, und zum anderen der Blick auf die daraus resultierenden Rückwirkungen auf den Alpenraum selbst, die alpinen Gesellschaften und Wirtschaften und wie sie sich unter diesen Rückwirkungen veränderten. Diese beiden, sich wechselseitig ergänzenden und befruchtenden Perspektiven bieten sich als zentrale Blickachsen der einzelnen thematischen Untersuchungen geradezu an. Nimmt man somit Handel, Kommunikation und Migration als thematische Kerne einer Wirtschaftsgeschichte des Transitraums Alpen, so können folgende Hauptaspekte unterschieden werden: Pierre Streit / Hervé de Weck (Hrsg.), Schweizer Solddienst: Neue Arbeiten, neue Aspekte, Birmensdorf 2010, S. 139 – 170; dies., Le soldat valaisan au service de l’Empereur Napoléon: Un service étranger différent (1806 – 1811), in: Vallesia 59, 2004, S. 21– 197. So der Titel des zweiten Bandes von Braudel, Civilisation matérielle, économie et capitalisme.
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1. die Verkehrsstruktur des Handels oder die Marktanbindungen, d. h. die Einbindung des Handelsgeschehens in den Raum: Märkte und Marktbeziehungen stellten gerade im geographisch kleinteilig strukturierten Alpenraum grundlegende Determinanten des Wirtschaftens dar, oder in eine Frage gewendet: Mit welchen Märkten konnte ein alpiner Produzent oder Kaufmann aufgrund seiner speziellen verkehrsgeographischen Situation überhaupt in Kontakt treten, ohne seinen Ertrag durch zu hohe Transaktionskosten zu minimieren? Ein Paradebeispiel hierfür sind die Fratelli Loscho aus Brig³⁸, deren Handelsrayon in der Regel von Mailand über das Wallis bis zum Genfer See reichte, in Einzelfällen auch bis in die nördliche Schweiz und sogar bis auf die Leipziger Messen, doch scheinen sich letztere Geschäfte eben wegen der zu hohen Transaktionskosten nicht rentiert zu haben, so dass man sich eben auf den Raum zwischen Mailand und Martigny und Lausanne konzentrierte. Dieses Beispiel eines vorrangig inneralpin agierenden Handelshauses ist aber ebenso ‚typisch‘ für den Alpenraum wie weit darüber hinaus agierende Kaufleute, wie die verschiedenen Zweige der Bozner Menz, die ihre Handelsgeschäfte bis Spanien, England und Russland trieben.³⁹ 2. die Infrastruktur des Handels, d. h. die Marktstrukturen und die Handels- und Finanzierungstechniken: Welche Märkte bzw. Städte besaßen denn innerhalb und im Vorfeld der Alpen genügend ‚Zentralität‘, um als Umschlagplätze für den Transit-, den internen Regional-, den Import- und den Exporthandel dienen zu können? Die Alpen besaßen in der gesamten vorindustriellen Zeit nur zwei große internationale Messen, grob gesprochen im Mittelalter Genf ⁴⁰, in der Frühneuzeit Bozen⁴¹, die beide im wesentlichen Nord-Süd-Transfer und umgekehrt vermittelten, und in ihrer Abfolge eine gewisse Ostverschiebung des ökonomischen Schwerpunkts des Transits symbolisieren. Versuche, weitere Messen mit deutlich überregionaler Funktion – wie etwa in Chiavenna – zu gründen, scheiterten oder wurden willentlich vereitelt. Oder waren sie gar nicht nötig? Sind etwa die Messen mit ihrem Großhandel und ihrem internatio-
Gabriel Imboden, Ein Handelshaus zu Zeiten des Umbruchs. Fratelli Loscho in Brig, in: Blätter aus der Walliser Geschichte 31, 1999, S. 125 – 135; Marie-Claude Schöpfer Pfaffen / Gabriel Imboden, The Fratelli Loscho in Brig. Alpine Entrepreneurship in Small Markets during the Napoleonic Era, in: Markus A. Denzel / Jan de Vries / Philipp R. Rössner (Hrsg.), Small is Beautiful? Interlopers in Early Modern World Trade. The Experience of Smaller Trading Nations and Companies in the Mercatilistic Era, Stuttgart 2011, S. 219 – 249. Handelskammer Bozen (Hrsg.), Die Familie Menz und die Stadt Bozen. Katalog, Bozen 2009; Markus A. Denzel, A Merchant in the Crisis: The Wholesale Business of Peter Paul von Menz in Bolzano, 1814/15 – 1824/29, in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel / Andrea Leonardi / Cinzia Lorandini (Hrsg.), Merchants in Times of Crises, 16th to mid–19th Century, Stuttgart 2015; Andrea Bonoldi, Dimensioni spaziali dell’azione mercantile alcune riflessioni sul caso delle fiere di Bolzano, in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, S. 99 – 127. Nach wie vor maßgeblich Jean-François Bergier, Genève et l’économie européenne de la Renaissance, Paris 1963. Andrea Bonoldi, Handel und Kreditwesen zwischen Italien und Deutschland: Die Stadt Bozen und ihre Messen vom 13. bis ins 19. Jahrhundert, in: Scripta Mercaturae 42/1, 2008, S. 9 – 26.
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nalen Zahlungsverkehr geradezu eine Art „Fremdkörper“ im genuin „Alpenländischen Kapitalismus“, der dazu diente, allein den Transithandel schneller abzuwickeln, ohne besondere Bedeutung für die alpenländischen Wirtschaften selbst zu haben? Und wie verhält es sich mit den Jahrmärkten? Dienten sie nur der Versorgung der Alpenländler mit überregional zu erhandelnden Produkten oder waren sie auch Umschlagplätze für den Weiterverkauf en gros wie in einer Art Karawanensystem? Wie ist die Verbindung der Jahr- und Wochenmärkte untereinander? Wenn man davon ausgeht, dass sie wie im Flachland terminlich aufeinander abgestimmt sind, ergäben sich in gleicher Weise Systeme der Distribution – aus der Perspektive der Konsumenten – und des „Handelns und Wanderns“ – aus der der Gros- und Detailhändler –, die freilich auf die speziellen naturräumlichen und witterungsbedingten Gegebenheiten der Alpenländer Rücksicht zu nehmen hätten. Und schließlich: Welche Bedeutung besaßen Märkte – welchen Einzugsbereichs und Zuschnitts auch immer – überhaupt für Wirtschaften und Gesellschaften, die es gewohnt waren, sich in hohem Maße, wenn auch in der Regel nicht ausschließlich selbst zu versorgen? Diese Frage zielt ab auf die Interdependenz zwischen Landwirtschaft und ländlichem Gewerbe einerseits und Handel andererseits, betrifft aus dem Blickwinkel der alpinen Bevölkerung den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten wie etwa Käse genauso wie den Einkauf von Genussmitteln wie beispielsweise Kaffee, Zucker oder Tabak. Gerade die für Gebirgsregionen charakteristische Mischung zwischen Transithandel, Handel zur Versorgung abgelegener Tallandschaften mit Lebensnotwendigem und Luxuriösem und dem Export von regionalen Produkten unterschiedlicher Art und Qualität zu häufig weit entfernten Absatzmärkten machen den Alpenraum zu einer Wirtschaftsregion ganz eigener Art. Damit unmittelbar verbunden ist die Frage, ob sich aus diesen strukturellen Spezifika des Alpenraums auch genuin alpine Handels- und Finanzierungstechniken entwickelten, die klimatisch und/oder verkehrsgeographisch bedingt sich von denen anderer europäischer Wirtschaftsregionen deutlich unterschieden? In den einschlägigen zeitgenössischen Kaufmannshand- und -notizbüchern wird vielfach auf Besonderheiten des Handels im Alpenraum verwiesen,⁴² wobei allerdings die besondere Art des Transports, vor allem das Saumwesen, im Mittelpunkt steht. Darüber hinaus lassen sich beispielsweise aus den Stockalperschen Handels- und Rechnungsbüchern⁴³ eine Vielzahl von eigentümlichen Handels- und Finanzierungstechniken ableiten, die den gehandelten Waren und den besonderen Gegebenheiten des Alpenraums, seinen Chancen und Risiken, Gewinne zu erzielen, bestens entsprachen. Ein Beispiel für derartige kommerzielle Spezifika ist, wie Kleinhandwerker in Tälern der
U. a. Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Stuttgart 2011. Vgl. Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Die Handels- und Rechnungsbücher Kaspar Jodok von Stockalpers. Vorträge des fünften internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1997), Brig 1999.
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östlichen Lombardei durch das Verkaufen und Rückmieten von Parzellen Zugang zum lokalen Kreditmarkt erhielten.⁴⁴ 3. die Organisationsform von Unternehmungen und – damit in unmittelbarem Zusammenhang stehend – die Unternehmertypen: Unterschieden sich die Unternehmensformen im Alpenraum – vor allem von Handelshäusern – merklich von der außerhalb dessen? Machte auch der Alpenraum den Übergang vom Handel in Gesellschaftsform hin zum Einzelunternehmer, der im übrigen Europa vielfach um 1600 ablief, mit? War ein Multi-Unternehmer wie Jakob Fugger⁴⁵ oder Kaspar Stockalper⁴⁶, wenn nicht der Prototyp, so doch der Protagonist eines alpenländischen Unternehmertums und eines alpenländischen „Kapitalismus“ oder sprengte er gleichsam alles Maß, das man an das damalige Unternehmertum anlegte, und wurde letzterer nicht zuletzt deshalb für die zeitgenössischen Eliten im Wallis geradezu „ungeheuer“?⁴⁷ Waren nicht vielmehr klassische Großhandelskaufleute oder Kaufmanns-Bankiers wie Amman aus Schaffhausen⁴⁸, die Stainhuber-Mayr aus Judenburg⁴⁹ oder David Wagner und die verschiedenen Vertreter der Familie Menz aus Bozen⁵⁰ viel typischere Unter Paolo Tedeschi, Marché foncier, crédit et activités manufacturières dans les Alpes. Le cas des vallées de la Lombardie orientale (XVIIIe–XIXe siècles), in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 12, 2007, S. 247– 259. Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367– 1650), Stuttgart 2006 (engl.: The Fuggers of Augsburg. Persuing Wealth and Honor in Renaissance Germany, Charlottesville / London 2012). Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kaspar Jodok von Stockalper und das Wallis. Beiträge zur Geschichte des 17. Jahrhunderts, Brig 1991; Gabriel Imboden, Der grosse Stockalper im Südalpenraum, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 4, 1999, S. 59 – 71; ders., Une économie capitaliste basée sur l’échange sans argent. Exploition minière à l’exemple de Gaspard Stockalper de la Tour (1609 – 1691) de Brigue au pied du Simplon, in: Markus A. Denzel / Sushil Chaudhuri (Hrsg.), Cashless Payment from the Antiquity to 1914, Stuttgart 2008, S. 91– 106; Robert Riemer, Kaspar Stockalper vom Thurm. Unternehmer, Politiker, Mäzen – Eine Karriere in der Republik Wallis im 17. Jahrhundert, Habil. Greifswald 2012; ders., Der „grosse“ Stockalper? Versuch einer Einordnung, in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, S. 217–230. Markus A. Denzel, Kaspar Stockalpers internationaler Handel und Zahlungsverkehr. Versuch einer Synopse, in: Heinrich Bortis / Marie-Claude Schöpfer (Hrsg.), Tradition – Vision – Innovation. Hommage zum 400. Geburtstag von Kaspar Stockalper. Vorträge des zehnten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums, Brig 2009, Brig 2013, S. 81– 101. Markus A. Denzel, Die Geschäftsbeziehungen des Schaffhauser Handels– und Bankhauses Amman 1748 – 1779. Ein mikroökonomisches Fallbeispiel, in: Vierteljahrschrift für Sozial– und Wirtschaftsgeschichte 89, 2002, S. 1– 40. Helfried Valentinitsch, Das Judenburger Handelshaus Stainhuber-Mayr. Ein Beitrag zur steirischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark 80, 1989, S. 213 – 229. Andrea Bonoldi, I signori della fiera: le famiglie mercantili bolzanine del XVIII secolo tra politica ed economica, in: Pascal Ladner / Gabriel Imboden (Hrsg.), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit.Vorträge des siebenten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2003), Brig 2004, S. 23 – 54; Hans Heiss, Bürgerlicher Aufstieg im 17. Jahrhundert. Der Tiroler Kaufmann David Wagner, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kräfte der Wirtschaft. Unternehmergestalten des Alpenraums im 17. Jahrhundert. Vorträge des zweiten internationalen Symposiums zur Geschichte
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nehmer des Alpenraums? Ganz konkret: Gab es überhaupt einen typisch alpenländischen Unternehmertypus, der sich grundlegend von dem außerhalb des Gebirges unterschied, und organisierte er seine Unternehmung anders als seine Konkurrenten von außerhalb? Und welche Rolle spielten familiäre, freundschaftliche, ganz allgemein soziale Netzwerke, wenn es kommerzielle Verbindungen zu knüpfen galt? 4. die Strukturmerkmale und Funktionsmechanismen des Handels oder – vielleicht besser – „les rhythmes du commerce“⁵¹, wie Anne Radeff es ausdrückte: Wie war der Handel im und durch den Alpenraum strukturiert, organisiert, wie funktionierte er?⁵² Inwieweit dependierte er von der ortsansässigen landwirtschaftlichen und gewerblichen Produktion, inwieweit war er von ihr unabhängig und orientierte sich an Faktoren und Märkten außerhalb des engeren Alpenraums? Welche Bedeutung kam den spezifisch alpenländischen Handelszweigen, etwa dem Handel mit ausgewählten landwirtschaftlichen Produkten, mit Salz, mit Montanprodukten, ja mit Menschen (Söldnern) zu? Bildeten diese Handelszweige das Rückgrat des alpenländischen Handels oder waren sie eher Beiwerk zum ‚normalen‘, in ganz Europa verbreiteten Warenhandel? Und welche Rolle nahm der Transithandel von hochwertigen Luxusgütern, wie etwa der Seide, ein?⁵³ Steht bei den bisherigen Themenkreisen der Transit-, der Fern- und der Großhandel im Mittelpunkt, so wäre dies Bild von alpiner Handelstätigkeit unvollständig, berücksichtigte man nicht in gleicher Weise 5. den Wander- und Detailhandel, dem erst in den letzten beiden Jahrzehnten verstärkt Untersuchungen gewidmet wurden:⁵⁴ Dieser Hausier- oder Wanderhandel stand dabei in engem Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion, die etwa die Zeit der Wanderschaft bestimmte, aber auch mit dem ländlichen Gewerbe,
des Alpenraums (Brig 1991), Brig 1992, S. 121– 144; zu den verschiedenen Vertretern der Familie Menz s.o., Anm. 41. Radeff, Du café dans le chaudron, S. 251– 255. Vgl. Othmar Pickl, Zur Organisation des Handels in den habsburgischen Ostalpenländern am Ausgang des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit, in: Pfister (Hrsg.), Regional Development and Commercial Infrastructure, S. 15 – 56; Ulrich Pfister, Regionale Spezialisierung und Handelsinfrastruktur im Alpenraum, 15.–18. Jahrhundert, in: Ebd., S. 153 – 178. Cinzia Lorandini, Famiglia e impresa. I Salvadori di Trento nei secoli XVII e XVIII, Bologna 2006; dies., Die Trentiner Seidenverleger zwischen Norden und Süden: Ein prosopographischer Zugang, in: Scripta Mercaturae 42/1, 2008, S. 45 – 62. Laurence Fontaine, Histoire du colportage en Europe (XVe–XIXe siècle), Paris 1993; Chantal Maistre, Colporteurs et marchands savoyards dans l’Europe des XVIIe et XVIIIe siècle, Annecy 1992; dies. / Gilbert Maitre / Georges Heitz (Hrsg.), Colporteurs et marchands savoyards dans l’Europe des XVIIe et XVIIIe siècle, Annecy 1992; Anne Radeff, De Gênes à Amsterdam: Voyage et consommation à l’époque de la République helvétique, in: Jakob Tanner (Hrsg.), Geschichte der Konsumgesellschaft. Märkte, Kultur und Identität (15.–20. Jahrhundert). Histoire de la société de consommation, Zürich 1998, S. 85 – 100; Anne Montenach, Genre, prohibition et commerce de détail: Les femmes et la circulation des indiennes en Lyonnais et Dauphiné (1686 – 1759), in: Il Commercio al minuto. Domanda e offerta tra economia formale e informale. Secc. XIII–XVIII / Retail Trade. Supply and Demand in the Formal and Informal Economy from the 13th to the 18th Century. Selezione di ricerche, Firenze 2015, S. 113 – 130.
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das – zumindest teilweise als Eigenproduktion der Wandernden – einen Gutteil des reichen Warensortiments der reisenden bzw. „fahrenden“ Händler bereitstellte. Charakteristisch für den Hausier- und Wanderhandel ist der Transport durch den Händler selbst, der schon aus diesem Grund tragbare, nicht zu billige (aufgrund der Transferkosten), aber i. d. R. auch nicht zu teure (Gefährdung der Sicherheit) Waren feilbot. In dieser Funktion waren in der Regel Menschen tätig, denen Landwirtschaft und ländliches Nebengewerbe allein zur Einkommenssicherung nicht mehr ausreichten.⁵⁵ Dieses Schnittstellenthema, dem sich Anne Montenach widmet, weist damit vielfältige Überschneidungen zu den Bereichen der Landwirtschaft und des ländlichen Gewerbes, aber auch zu den wohlhabenderen, aber dennoch wandernden (Fern‐)Händlern, wie etwa Andreas Ryff aus Basel⁵⁶, auf.Vom Hausier- und Wanderhandel ist es nur ein kleiner Schritt zum Forschungsschwerpunkt 6. der Wirtschaftsmigrationen: Befruchtet wurde die alpenländische Wirtschaft und insbesondere ihr Handel und ihr Unternehmertum durch die für diesen Raum typischen Wirtschaftsmigrationen⁵⁷, seien es Ab-, Zu- oder Rückwanderungen⁵⁸, aus welchen besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten auch immer.⁵⁹ Denn Migratio-
Andrea Bonoldi, Small Business? Jewish Merchants in Transalpine Trade: A Case Study, in: Denzel / de Vries / Rössner (Hrsg.), Small is Beautiful?, S. 201– 218; Anton Schindling, Priester und Gelehrte, Baumeister und Kaufleute. Italiener als Elite im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit, in: Matthias Asche / Matthias Stickler / Markus A. Denzel (Hrsg.), Religiöse und konfessionelle Minderheiten als wirtschaftliche und geistige Eliten (Frühe Neuzeit bis frühes 20. Jahrhundert). Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 2006 und 2007, St. Katharinen 2009, S. 161– 176, hier: S. 165 – 167. Albert Hauser, Andreas Ryff (1550 – 1603). Der reisende Unternehmer aus Basel in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kräfte der Wirtschaft. Unternehmergestalten des Alpenraums im 17. Jahrhundert.Vorträge des zweiten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1991), Brig 1992, S. 177– 189. Hierzu überblicksartig Jon Mathieu, Migrationen im mittleren Alpenraum, 15.–19. Jahrhundert: Erträge und Probleme der Forschung, in: Pfister (Hrsg.), Regional Development and Commercial Infrastructure, S. 95 – 110; Franz Mathis, Mobilität in der Geschichte der Alpen. Ergebnisse und Tendenzen der Forschung, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 3, 1998, S. 15 – 23. – Aus der Perspektive des Unternehmertums Marie–Claude Schöpfer, Wirtschaftsmigration als Movens alpinen Unternehmertums. Die italienischsprachige Handelsdiaspora zwischen Mailand und Martigny um 1800, in: Dies. / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, S. 145 – 178; Luigi Lorenzetti, Trafics marchands et mobilités transalpines. Le parcours d’une entreprise de transport dans les bailliages sudalpines, XVIIe–XVIIIe siècles, in: Ebd., S. 79 – 97. Reto Furter / Anne-Lise Head-König / Luigi Lorenzetti (Hrsg.), Les migrations de retour / Rückwanderungen, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 14, 2009; hierin programmatisch Luigi Lorenzetti / Anne-Marie Granet-Abisset, Les migrations de retour. Jalons d’un chapitre méconnu de l’histoire alpine, S. 13 – 24; Anne-Lise Head-König, Les migrations de retour dans l’espace préalpin et alpin suisse. Un essai de typologie des ambivalences (XVIIe siècle – première moitié du XXe siècle), S. 41– 56; Patricia Audendino, Quale ritorno? Tempi, significati e forme del ritorno nelle Alpi italiane dall’Otto al Novecento, S. 57– 73. Hierzu vom theoretischen Ansatz her richtungsweisend und mit umfangreicher weiterführender Literatur Laurence Fontaine, Données implicites dans la construction des modèles migratoires alpins à l’époque moderne, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 3, 1998, S. 25 – 35.
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nen, seien sie saisonal wie die der Schwabenkinder seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert⁶⁰, temporär oder endgültig gewesen, waren – durchaus im Zusammenhang mit Umweltveränderungen⁶¹ – in der Regel wirtschaftlich bedingt⁶², aber nicht unbedingt als Folge einer wachsenden Bevölkerung oder von Armut, sondern eher des Strebens nach höherem Wohlstand.⁶³ Welche kommerziellen und gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen beförderten diese Wirtschaftsmigrationen, und inwieweit trugen sie essentiell – oder etwa nur am Rande? – zur Erschließung neuer Absatzmärkte, zur Kenntnis neuer Produktions-, Handels- und Finanzierungstechniken, zur Organisationsform von Unternehmen etc. bei?⁶⁴ Handel ohne Wandern, Reisen oder Fahren, ohne Bewegung, ohne Migration ist in der vorindustriellen Zeit eben nicht möglich, so dass Handelsgeschichte einerseits und Migrations- und Wanderungsgeschichte andererseits gleichsam wie die zwei Seiten einer Medaille erscheinen. Und schließlich befördert Migration 7. die Kommunikation, wie das Beispiel der temporär wandernden Wiener Rauchfangkehrer belegt⁶⁵, und damit die Möglichkeiten des Technologie- und Innovationstransfers. Neben der Kommunikation unter Anwesenden – sei es innerhalb des Alpenraums oder von Alpenbewohnern außerhalb ihres Herkunftsgebietes – war auch die unter Abwesenden von Bedeutung, die etwa durch Briefe von wirtschaftlich Tätigen, Gutachten etc. hergestellt wurde.⁶⁶ So wurde auf den Bozner Messen durch das
Otto Uhlig, Die Schwabenkinder aus Tirol und Vorarlberg, Innsbruck ³1998; Loretta Seglias, Die Bündner Schwabengänger: Kinderarbeit und saisonale Emigration nach Oberschwaben, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 12, 2007, S. 291– 305. Pier Paolo Viazzo, Upland Communities. Environment, Population and Social Structure in the Alps since the Sixteenth Century, Cambridge u. a. 1989, insbesondere S. 100 – 177. Eine Ausnahme war beispielsweise der sogenannte „Salzburger Handel“: Mack Walker, Der Salzburger Handel: Vertreibung und Errettung der Salzburger Protestanten im 18. Jahrhundert, Göttingen 1997 (engl. Ithaca [NY] u. a. 1992). Laurance Fontaine, Le voyage et la mémoire, Lyon 1984; Pier Paolo Viazzo, Migrazione e mo-bilità in area alpina: Scenari demografici e fattori socio-strutturali, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 3, 1998, S. 37– 48.Vgl. auch ders., L’evoluzione demografica delle Alpi italiane in età moderna: tendenze generali e variazioni locali, in: Pascal Ladner / Gabriel Imboden (Hrsg.), Seelen zählen. Zur Bevölkerungsgeschichte der Alpenländer. Vorträge des sechsten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2000), Brig 2003, S. 1– 27.Vgl. auch Anne-Lise Head-König, Malthus dans les Alpes: La diversité des systèmes de régulation démographique dans l’arc alpin du XVIe au début du XXe siècle, in: Körner / Walter (éds.), Quand la Montagne, S. 361– 370. Hierzu Laurence Fontaine / Chetan Singh, Migration and Trade in Mountain Societies. A Comparative Study of Historical Processes in Upper Dauphine (Alps) and Kulu-Kinnaur (Himalaya), in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 16, 2011, S. 261– 277. Annemarie Steidl, Rege Kommunikation zwischen den Alpen und Wien. Die regionale Mobilität der Wiener Rauchfangkehrer, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 14, 2009, S. 25 – 40. Zum theoretischen Hintergrund vgl. Rudolf Schlögl, Kommunikation und Vergesellschaftung unter Anwesenden. Formen des Sozialen und ihre Transformation in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte und Gesellschaft 24, 2008, S. 155 – 224; ders., Anwesende und Abwesende. Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, Konstanz 2014.
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Claudianische Privileg von 1635 erstmals eine Handelsgerichts- und Wechselordnung aus dem italienischen Sprachraum in den deutschen vermittelt, die damit zum Vorbild aller entsprechenden Ordnungen im Heiligen Römischen Reich nördlich der Alpen – von Frankfurt am Main über Nürnberg und Braunschweig bis nach Leipzig – in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde.⁶⁷ Kann dieser Wissenstransfer von Süd nach Nord als ein Lernprozess von interessierten Kaufleuten bezüglich einer innovativen Institution verstanden werden, so wurde – um ein weiteres Beispiel zu nennen – die Nachricht vom Bankrott des betrügerischen Bozner Wechselmaklers Agostino Tacchi in den ausgehenden 1790er Jahren über weite Teile Mitteleuropas mit gedruckten Flugblättern – eines mit dem bezeichnenden Titel „Notizie per tutta l’Europa“ – verbreitet.⁶⁸ Damit schließt sich der hier aufgezeigte, an Handel, Migration und Kommunikation orientierte Kreis. Der Zusammenhang von „Handeln und Wandern“ verweist auf Anne Radeffs Konzept der économie globale d’Ancien Régime ⁶⁹, denn die Phänomene, die mit dem – arbeitshypothetisch so bezeichneten – „Alpenländischen Kapitalismus“ synoptisch gefasst werden können, verkörpern aus dem Blickwinkel der Migrationsund Wanderungsgeschichte eine vorindustrielle économie globale, eben die économie globale des Alps – wenn man sich auf einen derartigen Begriff denn einlassen möchte.
4 Die Umsetzung Wie kann dieses Konzept umgesetzt werden? Derzeit können nur einige knappe Anregungen gegeben werden, die zudem keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben wollen: Da ist zunächst die Bedeutung von Zentralität bzw. Dezentralität, auf deren spezielle Relevanz innerhalb des Alpenraums Anne Radeff und Georges Nicolas zu Recht hinweisen.⁷⁰ Bedingt durch die naturräumlichen und verkehrsgeographischen Gegebenheiten verschieben sich in einer Gebirgsregion Zentralörtlichkeit und Peripherie nach anderen Parametern als im Flachland oder in einer Küstenregion. Dies ist nicht nur eine Frage des Handels oder der Marktanbindung, sondern auch der Produktion: Montanreviere etwa sind per se Zentren der Metall- oder Salzproduktion, so Markus A. Denzel, Die Bozner Messen und ihr Zahlungsverkehr (1633 – 1850), Bozen 2005. Markus A. Denzel, Das Maklerwesen auf den Bozner Messen im 18. Jahrhundert, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 96, 2009, S. 297– 319. Anne Radeff, Du café dans le chaudron: économie globale d’Ancien Régime (Suisse occidentale, Franche-Comté, Savoie), Lausanne 1996; dies., Über die Grenzen hinweg. Reisen und Wandern im Ancien Régime, in: Scripta Mercaturae 32/1, 1998, S. 24– 43, hier: S. 24– 27.Vgl. dies., Gewürzhandel en détail am Ende des Ancien Régime: Handeln und Wandern, in: Markus A. Denzel (Hrsg.), Gewürze in der Frühen Neuzeit: Produktion, Handel und Konsum. Beiträge zum 2. Ernährungshistorischen Kolloquium im Landkreis Kulmbach 1999, St. Katharinen 1999, S. 187– 204. Anne Radeff / Georges Nicolas, Des Alpes périphériques aux centralités–décentralités alpines, in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, S. 25 – 78.
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abgelegen sie auch sein mögen. Und Schwerpunkte des ländlichen Gewerbes entwickelten sich auch oft dort, wo es den Menschen an anderen Erwerbsmöglichkeiten mangelte, mithin eben nicht in den vermeintlichen Zentralorten der großen Täler. Entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung eines Raumes war dabei die innovative Kraft des Unternehmertums, d. h. einzelne bekannte oder auch unbekannte Unternehmerpersönlichkeiten. Die Bedeutung des Unternehmertums speziell für die alpine Wirtschaft stellt Gabriel Imboden in seinem Konzept des „Alpenländischen Kapitalismus“⁷¹ heraus, das gleichsam um einen im Max Weberschen Sinne fast idealtypischen alpenländischen Multi-Unternehmer, den Großen Stockalper, herumkomponiert ist.⁷² Dieses methodisch inspirierende Konzept schärft unseren Blick für die Spezifika alpenländischen Unternehmertums, für seine Innovationskraft und seine Innovationsfreudigkeit. In seinem Mittelpunkt steht dieser „Unternehmer großen Stils, der nichts aus- und somit alles einschloss. Was immer Gewinn versprach, materiellen und immateriellen, damit ließ er sich ein – alles andere war seine Sache nicht“⁷³ – sei es nun Handel mit allem und jedem, landwirtschaftliche, gewerbliche oder Montanproduktion, Solddienst oder Immobiliengeschäfte: Damit kann Imbodens Konzept vom – etwas zurückhaltender formuliert – „Alpenländischen Unternehmer“ nicht nur für den Bereich des Handels, sondern für alle Sektoren der Wirtschaft Anwendung finden und die von Alain Dubois so bezeichnete économie alpine aus dieser fast schon Schumpeterschen Perspektive näher charakterisieren. Allerdings ist der Unternehmer, so gewichtig seine Bedeutung für das Wirtschaften an sich auch sein mag, nicht isoliert zu betrachten, sondern in seiner Eingebundenheit in sozioökonomische Netzwerke und Regulative. Hintergrund dessen ist das Paradigma des Sozialen Kapitals – so Pierre Bourdieu (1983) –, das durch die Kooperation von Akteuren – hier der wirtschaftlich Handelnden – auf einer Grundlage des Vertrauens entsteht und gegenseitige Unterstützung entwickeln und erwarten lässt. Die aus dieser Reziprozität entstehenden, lokalen und überlokalen Netzwerke und Regulierungssysteme sorgen für geringe oder absinkende Transaktionskosten und bestimmen wesentlich die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens in allen Sektoren⁷⁴ – im
Gabriel Imboden, Kapitalistisches Wirken im häuslichen, regionalen und internationalen Bereich am Beispiel Kaspar Stockalpers vom Thurm, in: Ladner / Imboden (Hrsg.), Alpenländischer Kapitalismus, S. 137– 160; Pascal Ladner / Gabriel Imboden,Vorwort, in: Ebd., S.VII–XVIII, hier: S.VII–X. Die hier vorgenommenen Differenzierungen zum Terminus des „Alpenländischen Kapitalismus“ sind unverzichtbar. Ohne diesen Hintergrund ist das Konzept schlicht nicht verstehbar. – Der Begriff „Alpenländischer Kapitalismus“ geht auf Alain Dubois, Économie alpine et capitaux urbains: Les investissements du Genèvois Hippolyte Rigaud en Valais au début du XVIIe siècle, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 29, 1979, S. 288, zurück. Gabriel Imboden, „Sospes lvcra karpat“, Stockalpers „Geist des Kapitalismus“, in: Carlen / Imboden (Hrsg.), Die Handels- und Rechnungsbücher Kaspar Jodok von Stockalpers, S. 47– 110. Imboden, Die Handels- und Rechnungsbücher, S. 152 f. Aus der Fülle der hierzu erschienenen Literatur seien genannt: Pierre Bourdieu, Ökonomisches Kapital – Kulturelles Kapital – Soziales Kapital, in: Reinhard Krekel (Hrsg.), Soziale Ungleichheiten, Göttingen 1983, S. 183 – 198; Nan Lin, Social Capital. A Theory of Social Structure and Action, New York
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Alpenraum sogar noch mehr als irgendwo anders⁷⁵, weswegen Soziales Kapital von der Forschung als einer der Schlüsselfaktoren des Wohlstands im Alpenraum bezeichnet wird. Dies leitet über zur Bedeutung von Institutionen, d. h. im Sinne der Neuen Institutionenökonomik zu den formalen und informellen Regeln einschließlich der Mechanismen zu ihrer Durchsetzung:⁷⁶ Denn indem sie das Verhalten von Individuen in Transaktionen beschränken, dienen sie der Reduzierung von Unsicherheit und fördern dadurch die Möglichkeit des zwischenmenschlichen Austauschs. Und gerade darum geht es ja, wie oben festgestellt, bei einer Analyse der Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums, dem Austausch zwischen dem Mittelmeerraum und dem nordalpinen Raum. Die Bedingungen dieses Austauschs werden dabei in besonderer Weise durch die vergleichsweise hohen Transaktionskosten der Alpenüberquerung bestimmt, die Frage der Verfügungsrechte (property rights) spielt eine entscheidende Rolle für den – im Vergleich zu zahlreichen Regionen Europas höheren – Wohlstand in den Alpen⁷⁷, und schließlich mag sogar die Prinzipal-Agent-Theorie Anwendung finden, wenn man von einer Informationsasymmetrie zwischen den Wirtschaftsräumen südlich und nördlich der Alpen ausgeht. Die Neue Institutionenökonomik kann also gerade im engen Zusammenhang mit dem Paradigma des Sozialen Kapitals ein theoretisches Fundament für eine komplexe Wirtschaftsgeschichte des Alpenraumes sein. Welche Ergebnisse auch immer unsere Diskussion um das theoretische und methodische Konzeption unseres Vorhabens zeitigen wird, zu der diese knappen Überlegungen allenfalls eine Diskussionsanregung sein wollten, es wird nicht ausreichen, mit einem einzigen konzeptionellen Ansatz diesen Versuch einer ökonomischen Histoire totale des Alpes zu unternehmen. Gerade das Zusammenspiel mehrerer sich ergänzender,vielleicht sogar in Teilen sich widersprechender Konzepte könnte für eine Neuausrichtung der alpenländischen Wirtschaftsgeschichte reizvoll sein und zum methodischen Fortschritt in unserem Fach beitragen. Die Alpen wirtschaftshistorisch gleichsam bezwingen zu wollen, ist in jedem Falle eine enorme inhaltliche wie methodische Aufgabe – vielleicht noch gewaltiger, als sie
2001; Jürgen M. Schechler, Sozialkapital und Netzwerkökonomik, Frankfurt/Main 2002; Heinz Bude / Karsten Fischer / Sebastian Huhnholz,Vertrauen. Die Bedeutung von Vertrauensformen für das soziale Kapital unserer Gesellschaft, Bad Homburg 2010. Vgl. u. a. Sandro Guzzi-Heeb, Parentela e sviluppo economico: un modello alpino? Il Vallese occidentale fra il 1750 e il 1850, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Al-pen 12, 2007, S. 29 – 47; Anne-Lise Head-König, Typologie et fonctionnement des entreprises commerciales dans le monde préalpin: Les spécialisations commerciales glaronais, le rôle des réseaux sociaux et familiaux, du clientélisme et du patronage (XVIe–XVIIIe s.), in: Pfister (Hrsg.), Regional Development and Commercial Infrastructure, S. 73 – 94. In Auswahl: Douglass C. North, Institutions, Institutional Change and Economic Performance, Cambridge 2002; Birger P. Priddat, Strukturierter Individualismus. Institutionen als ökonomische Theorie, Marburg 2004; Clemens Wischermann / Anne Nieberding, Die institutionelle Revolution, Stuttgart 2004. Vgl. Bergier im Gespräch …, S. 223 f.
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sich dem in die Tradition der Alpenbezwinger stellenden Napoleon im Jahre 1800 darbot. Zu seiner Zeit, in der unsere Wirtschaftsgeschichte des Alpenraumes enden wird, waren Alpenüberquerungen nichts Ungewöhnliches oder Einzigartiges mehr⁷⁸, auch wenn er sie spektakulär zu inszenieren vermochte.⁷⁹ Für uns hingegen ist es ein einzigartiges Vorhaben, dem sich in dieser breiten und tiefen Dimension noch keine Forschergruppe, geschweige denn ein wirtschaftshistorischer ‚Einzelkämpfer‘ gestellt hätte. Doch „von nun an hat die Geschichte der Alpen ihren Platz in der wissenschaftlichen Welt. Sie hat einen Status, eine Basis. Und vor allem hat sie ihre Teams aus kompetenten, aufgeschlossenen und motivierten Forschern.“⁸⁰ Diese Worte – zugegebenermaßen etwas aus dem Zusammenhang gerissen – gibt uns kein geringerer als Jean-François Bergier mit auf den Weg – auf unseren Weg „pour une histoire économique des Alpes!“
Schon in den zwei Jahren vor Napoleons Übergang hatten französische Armeen die Alpen passiert um österreichische und russische Truppen in der Schweiz abzufangen; Georges Lefèbvre, Napoleon, hrsg. v. Peter Schöttler, Stuttgart ²2003, S. 89. Siehe das Gemälde Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am großen Sankt Bernhard von JacquesLouis David (1800), das Napoleon in eine Reihe mit den Alpenbezwingern Hannibal und Karl den Großen stellen sollte: In der linken unteren Ecke sind in Versalien die drei Namen in den Fels geritzt: ANNIBAL, KAROLUS MAGNUS IMP und darüber BONAPARTE. Die unteren beiden Namen sind auf den meisten Abbildungen sowohl in den Büchern als auch auf Internetseiten teilweise abgeschnitten oder schlecht lesbar; Rainer Schoch, Das Herrscherbild in der Malerei des 19. Jahrhunderts, München 1975, S. 55. Nach: http://de.wikipedia.org/wiki /Bonaparte_beim_%C3%9Cberschreiten_der_Alpen_am_Gro %C3%9Fen_Sankt_Bernhard (Abruf: 18. 2. 2015, 16h20). Bergier im Gespräch …, S. 248.
Gabriel Imboden
Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit Abstract: The concept of alpine capitalism in pre-industrial times rests upon the consideration that economic activity in the alpine lands would not occur under the cheese cover of fairly worn out „autarkic self-sufficiency“. Rather it would function according to the same rules as the economy of capital concentrations in large centres, albeit often with less significant volumes and in different forms at all levels from the bottoms of valleys to the cols as well as at the borders of the Ökumene. Nevertheless, the followed the rules of exchange and payment, i. e. of Radeff’s „global economy“ of markets, commerce and commercial actors, of „trading and migrating“. Formulated somewhat casually: anywhere, where there are markets, no logistical autarky exists. The economy of the Alps searches the exchange with the potent centres of the foothills and the capital of the centres looks for investment opportunities in the Alps. This is clear in capital-intensive enterprises such as the salt trade, the mining industry, foreign service (Solddienst), transit, cattle drive, the timber sector, the trade with products of primary production and so on. Here as well as there, the entrepreneur plays a decisive role; for the most part, he remains connected to capital-supplying societal structures in the „Upland“ cities, in the Alps he usually works as an individual under the umbrella of oligarchical groups that submissively give governmental toleration, monopolies and protection and thus create opportunities for profit undreamed of. Surely, these economic activities run at different speeds and there is no doubt that the Alps are capable of learning in the adaptation of business forms and financial techniques from the metropolis, in which they had little experience until the early modern period. Probably because for a long time alpine enterprises did not have the experience, the audacity and the capital for engagements in high-risk businesses, which required considerable private funds. Perhaps mistrust towards this type of cross-border business also confused the elite of a society, which had existed for the most part from the revenues of land ownership. In the end, the elite rarely had enough liquidity or credit at its disposal to finance such enterprises. The sources of credit were not only limited in number, but also of hypothecary nature. The successful entrepreneur had to create these conditions first. But, even so, both types of entrepreneurs share the pursuit of the profit-generating power of capital. (Translation by Dr. Werner Scheltjens, Leipzig)
aDir. Dr. Gabriel Imboden, Weri 14, CH–3949 Hohtenn, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-003
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Vorbemerkung Was soll das Thema „Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit“ im Rahmen der Tagung zum Projekt einer Wirtschaftsgeschichte der Alpen? – zumal mit dem ideologiebehafteten, meist negativ konnotierten Begriff „Kapitalismus“ niemand glücklich ist. Das Konzept wurde seinerzeit entworfen für das Verständnis von Unternehmergestalten der Frühen Neuzeit wie des Briger Multiunternehmers Kaspar Stockalper. Diesen Ausgangspunkt kann das Konzept auch heute nicht verleugnen. Markus A. Denzel¹ hat den Ansatz als Perspektive einer alpenländischen Wirtschaftsgeschichte geöffnet: Unter diesem Konzept lässt sich die Vielzahl der vorhandenen lokal- und regionalhistorischen Forschungen ebenso zusammenführen wie die zahlreichen, mehr auf die internationalen Zusammenhänge abzielenden Studien und auch die wenigen Versuche, Aspekte alpenländischer Wirtschaftsgeschichte für einen Raum oder eine Epoche zwischen zwei Buchdeckel zu bekommen. Es ist somit eine Synthese möglich, die auch methodisch neue Perspektiven der Forschung aufzeigen kann.
Am Schluss werden wir auf die Fragestellung zurückkommen.
Ein Konzept² Nicht ohne Hintersinn steht dieser Beitrag unter dem provozierenden Arbeitstitel „Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit“, der gleich in mehrfacher Hinsicht zum Widerspruch reizen muss. Längst hat der Terminus Kapitalismus seine wissenschaftliche und „sozialpolitische Unschuld“³ verloren, und Historiker, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler pflegen ihn, wenn überhaupt, auf Phänomene der Industriellen Revolution und der Zeitgeschichte anzuwenden – man läuft mithin Gefahr der schlimmsten Sünde zu verfallen, dem Anachronismus, wenn man mit der Vokabel Beobachtungen aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit einzugrenzen
Markus A. Denzel, Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Einführung, Forschungsaufriss und konzeptionelle Überlegungen, in: Marie-Claude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Vorträge des elften internationalen Symposium zur Geschichte des Alpenraums, Brig 2012, S. 16. Das Konzept habe ich entwickelt in: Pascal Ladner / Gabriel Imboden (Hrsg.), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit. Vorträge des siebenten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums Brig 2004, Brig 2004, S. VII–XVIII. Marie-Elisabeth Hilger, Kapital, Kapitalist, Kapitalismus, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 3, Stuttgart 1982, S. 399 – 454.
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versucht. Nicht minder ungewohnt scheint die Kopula: Kapitalismus und alpenländisch. Nach Jean-François Bergier erlaubt Kapitalismus weder eine Einordnung vom Typus her noch irgendwelche Definitionen: Der Kapitalismus … lässt sich in kein theoretisches Schema einordnen, weil er aus der Geschichte entstanden ist, sich mit ihr entwickelt hat und eine andere Erklärung als durch den zeitlichen Ablauf der Geschichte weder fordert noch findet.⁴
Bergier unterscheidet zwischen Handels-, Finanz- und Industriekapitalismus. Dies verdeutliche, dass der Kapitalismus – da älter als die sogenannte Industrielle Revolution – diese vorbereitet hat, indem er sich zuerst auf wirtschaftliche Gegebenheiten stützte, die nicht direkt die Art der Produktion oder den Umfang des Konsums beeinflussten, sondern den Markt – primär jenen für Güter, dann auch den Geldmarkt, mit dessen Hilfe man die Güter bezahlte.⁵
In vorindustrieller Zeit erschließt sich die Geschichte des Kapitalismus aus einzelnen Erfahrungen, „meist miteinander verbunden, abhängig voneinander, aber jede geprägt durch eine besondere Klangfarbe“, und Vergleiche verschiedener Situationen führten zu einer Annäherung an das Phänomen.⁶ Solche Annäherungen zwingen auch Fernand Braudel den Terminus Kapitalismus auf. Wenn er schließlich das Wort Kapitalismus in die Debatte geworfen habe zur Epoche 1500 – 1800, in der ihm nicht alle Historiker eine Daseinsberechtigung einräumen, sei dies schlicht darum geschehen, weil ihm ein anderes Wort zur Bezeichnung von Vorgängen gefehlt habe, die der Begriff Marktwirtschaft (économie de marché) nicht abdecke. Mon intention n’était certes pas d’introduire le loup dans la bergerie. Je savais bien – tant les historiens l’ont répété déja et à bon escient – que ce mot de combat est ambigu, terriblement chargé d’actualité et, virtuellement, d’anachronisme. Si, contre toute prudence, je lui ai ouvert la porte, c’est pour de multiples raisons.⁷
Zunächst verlangten gewisse Prozesse zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert – ich meine, das gelte auch für ältere Perioden –, die sich nicht einfach in die reguläre Marktwirtschaft einordnen lassen, eine spezielle Benennung.
Jean François Bergier, Zu den Anfängen des Kapitalismus – Das Beispiel Genf (= Kölner Vorträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Heft 20), Köln 1972, S. 3. Ebd., S. 4. Ebd. Fernand Braudel, La dynamique du capitalisme, Paris 1985, S. 49 f.
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Le mot qui vient alors spontanément à l’esprit est bien celui de capitalisme. Agacé, vous le chassez par la porte, il rentre presque aussitôt par la fenêtre. Car vous ne lui trouvez pas de remplaçant adéquat, et c’est symptomatique.⁸
Man könne das Wort Kapitalismus nicht disziplinieren und in den alleinigen Dienst der historischen Erklärung stellen, außer man rahme es zwischen zwei Vokabeln, die ihm zugrunde liegen und ihm den Sinn geben: Kapital und Kapitalist. Le capital, réalité tangible, masse de moyens aisément identifiables, sans fin à l’œuvre; le capitaliste, l’homme qui préside ou essaie de présider à l’insertion du capital dans l’incessant processus de production à quoi les sociétés sont toutes condamnées; le capitalisme, c’est, en gros (mais en gros seulement), la façon dont est conduit, pour des fins peu altruistes d’ordinaire, ce jeu constant d’insertion.⁹
Zur Marktwirtschaft zählt Braudel den transparenten, loyalen Austausch nach definierten und kontrollierbaren Regeln, die Gewinne verlässlich abschätzbar machen: „Aug’ in Auge, Hand in Hand“. Kapitalismus hingegen fliehe die Transparenz, schalte die Konkurrenz aus, das wesentlichste Merkmal der Marktwirtschaft, schaffe den ungleichen Tausch, indem er die Beziehungen zwischen Produzent und Abnehmer kappt. Der Kapitalist allein kenne die Marktbedingungen an beiden Enden der Kette und sein stärkstes Argument sei das Bargeld, die Zahlungskraft. Je mehr sich die Ketten verlängern, umso mehr entzögen sie sich den gewohnten Regeln und Kontrollen und umso klarer trete der kapitalistische Prozess hervor. In der weiten operationellen Zone wähle der Kapitalist stets rational jene Strategien, die seinen Profit maximieren und in langen Reihen akkumulieren.Weit über die nationalen Grenzen hinaus spreche er sich mit Kollegen ab, habe tausend Möglichkeiten das Spiel zu seinen Gunsten zu fälschen mit der Handhabung des Kredits oder mit dem ertragreichen Spiel der guten Münzen gegen die schlechten. Ils [die Kapitalisten] ont la supériorité de l’information, de l’intelligence, de la culture. Et ils saisissent autour d’eux ce qui est bon à prendre – la terre, les immeubles, les rentes … Qu’ils aient à leur disposition des monopoles ou simplement la puissance nécessaire pour effacer neuf fois sur dix la concurrence, qui en douterai?¹⁰
Schließlich überlasse der kapitalistische Unternehmer die Spezialisierung den Krämern; er sei gleichzeitig in vielen Segmenten tätig, gewiss als Handelsmann, aber auch als Financier und Bankier, als Spediteur, als industrieller Unternehmer oder als Agrarwirtschaftler und Verpächter. Dieser Kapitalismus habe sich an der Spitze der Gesellschaft entwickelt und seine Kraft entfaltet, auf der Höhe der Bardi, Jacques Ebd., S. 50. Ebd., S. 53. Ebd., S. 61. Den gleichen Sachverhalt hat Kaspar Stockalper per negationem auf die simple Gegensatzspannung gebracht: «Qui caret argento, caret argumento»; Gabriel Imboden u. a., Handelsund Rechnungsbücher Kaspar Jodok von Stockalpers, Bd. VIII, Brig 1994, S. 417.
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Cœurs, Jakob Fuggers, John Laws, der Necker – die Reihe lässt sich beliebig und in wachsender Zahl in die Neuzeit verlängern. Die kapitalistische Wirtschaft bedürfe einer Gesellschaft, die Privilegien schützt, brauche eine relativ stabile soziale Ordnung wie auch die Schwäche oder Gefälligkeit des Staates, um die Akkumulation in Schwung zu bringen. Braudels dreistufige Schematisierung der europäischen Wirtschaft zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert, Civilisation matérielle, économie [de marché], capitalisme ¹¹, soll hier beiseite bleiben – zu oft spricht Braudel selbst von Grauzonen der Übergänge, ja hält die Scheidung der drei Ebenen für den anfechtbarsten Punkt seines Werkes, und die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen wird in seinen Analysen ohnehin evident. Zahlreiche Elemente von Braudels Charakterisierung des Kapitalismus’ sind auf allen Stufen am Werk, auch wenn sich dieser „über der riesigen Oberfläche des Marktes“¹² am reinsten abbildet; aber Markt und Kapitalismus scheiden sich nicht wie Öl und Wasser. Beiseite bleiben soll auch der ideologisch-politische Diskurs; marxistische Dogmatik hat zwar den Vorteil exakterer Begrifflichkeit, vermag aber der historischen Betrachtung nicht standzuhalten, oder mit Georges Lefebvre: „Es wäre vergeblich oder gar gefährlich, [die Diskussion] auf abstrakte Weise fortzuführen. Denn wie können wir den Prinzipien … entsprechen, ohne auf die historische Forschung und ihre Regeln zurückzugreifen?“ Theoretiker haben „die Arbeit geleistet, die Probleme zu formulieren. Jetzt ist es Sache der Historiker, sie zu lösen!“¹³ Warum alpenländischer Kapitalismus? Alain Dubois hat die Metapher eingeführt, um Monopolisten vom Zuschnitt eines Kaspar Stockalper oder Michael Mageran von der reinen Wirtschaft des Marktes in den Alpen, dessen Finanzdienstleistungskraft noch wenig entwickelt war, abzuheben.¹⁴ Obwohl man den Kapitalismus vornehmlich in städtischen Zentren erwartet, handhaben auch alpenländische Unternehmer instinktsicher kapitalistische Instrumentarien. In der Funktionsweise unterscheidet sich dieser Kapitalismus grundsätzlich nicht von jenem des Umlandes, wohl aber in den Unternehmerstrategien. Während gewaltige Kapitalströme wie Transmissionsriemen die Wirtschaft in und zwischen den Zentren treiben, wirtschaften kapitalistische Funktionsprinzipien in den Alpen zwangsläufig kleinräumig vom Talgrund bis hin zu den verschiedenen Wirtschaftsformen am Rande der Ökumene, und das Kapitalvolumen der Geschäftsgänge bleibt, mit den großen Ausnahmen der hochkapitalistischen Domänen Salzhandel, Solddienst, Bergbau, Transit, Handel – in regional sehr unterschiedlicher Rangfolge –, viel niedriger. In den genannten Sparten auf oberster Etage bestehen kaum Unterschiede zu den Unternehmerstrategien in den wirt-
Fernand Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Band 1: Der Alltag, Band 2: Der Handel, Band 3: Aufbruch zur Weltwirtschaft, München 1985 – 1986. Ebd., Bd. 1, S. 16. Georges Lefebvre, Einige Bemerkungen, in: Paul Sweezy u. a. (Hrsg.), Der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, Frankfurt/Main 1978, S. 172. Alain Dubois, Économie alpine et capitaux urbains: Les investissements du Genevois Hippolyte Rigaud en Valais au début du XVIIe siècle, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 29, 1979, S. 288.
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schaftlichen Ballungszentren; in der Wirtschaft des Marktes in den Alpen jedoch – nicht generell, aber bei Unternehmern, die sich erheben über die Ebene des fairen Tausches – sind durchaus kapitalistische Wirtschaftsweisen anzutreffen, in Bereichen also, wo man bislang noch selten danach gesucht hat, beispielsweise in landwirtschaftlicher Produktion, in der Bodenspekulation, im Kleinhandel oder im Transportgewerbe u. a. Es versteht sich von selbst, dass gerade die innovativen Unternehmer die Kleinräumigkeit überwinden bzw. verkoppeln mit Geschäften von europäischer Spannweite. Das ist offensichtlich in kapitalintensiven Unternehmungen. Hier wie dort spielt der Unternehmer eine entscheidende Rolle; in den städtischen Wirtschaftszentren bleibt er zumeist eingebunden in den – kapitalgebenden – Gesellschaftsstrukturen; in den Alpenländern wirkt er in der Regel als Einzelfigur mit Kleinkredit und Kreditschöpfung unter dem Schirm oligarchischer Gruppen, die willfährig staatliche Duldung, Monopole und Protektion vermitteln und damit nicht zu unterschätzende Gewinnschöpfung ermöglichen. Gewiss laufen diese Wirtschaften mit ungleichen Geschwindigkeiten, und zweifellos sind die Alpen lernfähig in der Adaptation von Geschäftsformen und Finanztechniken aus den Metropolen, in denen sie bis in die Frühe Neuzeit wenig Übung zu entwickeln vermochten. Wohl darum, weil den alpenländischen Unternehmern lange Zeit die Erfahrung, die Kühnheit und frei verfügbares Kapital mangelten für ein Engagement in Hochrisikogeschäften, die beträchtliche Eigenmittel erforderten. Möglicherweise mag auch Misstrauen gegenüber diesem Typus des weit über die Landesgrenzen hinausreichenden Geschäftes die Elite einer Gesellschaft, die mehrheitlich von Erträgen des Grundbesitzes lebte, kopfscheu gemacht haben. Schließlich verfügte diese Elite selten über genügend Liquidität oder Kredit, um solche Unternehmen zu finanzieren. Die Kreditquellen waren nicht nur wenig zahlreich, sondern auch wenig liquider, hypothekarischer Natur.¹⁵ Der erfolgreiche Unternehmer musste diese Voraussetzungen erst schaffen. Hohe Flexibilität des Unternehmers, freie Dispositionsgewalt, Innovations- und Risikobereitschaft, verbunden mit dem Willen, den größten Teil der Gewinne unverzüglich zu reinvestieren, zeichnen den urbanen wie den alpinen Kapitalismus aus. Schlüsselfigur auch des alpenländischen Kapitalismus’ ist der Unternehmer. Beide Unternehmertypen sind auf das gleiche aus: auf die gewinnschöpfende Kraft des Kapitals und die fortwährende Einschleusung der Mittel in die Akkumulationsprozesse. Der Terminus „vorindustrielle Zeit“ meint schlicht die Zeit vor dem Einsetzen der Industrialisierung, weist mithin regional unterschiedliche Skalen auf der Zeitachse auf.
Alain Dubois, Les fermes du sel de Michel Mageran (1608 – 1648) et de Gaspard Stockalper (1648 – 1678) comme aboutissement d’un processus amorcé vers 1530, in: Ladner / Imboden (Hrsg.), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit, S. 133 f.
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Wenn hier der Braudelschen Konzeption – vielleicht zu – viel Raum gegeben wurde, geschah dies auch darum, weil das Projekt der alpenländischen Wirtschaftsgeschichte bewusst entworfen wurde als Pendant zur Méditerranée. *** Die Grundlagenpapiere zum Projekt einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums stellen das Desiderat, dass vor allem der Vorspann die Kräfte der longue durée ansprechen solle. Das scheint beim alpenländischen Kapitalismus auf verschiedenen Pisten möglich: – Von der Blüte bis zum Zusammenbruch des weströmischen Reiches hatten sich entlang der wichtigen Verbindungen leistungsfähige, durchorganisierte logistische Einrichtungen etabliert, die Truppen mit Nachschub aber auch den Kommerz mit Wein, Getreide, Käse, getrocknetem Fleisch, Rindern, Ziegen und Schafen als Schlachtvieh versorgen sollten. Die Streuung der -acum-Namen zeigt teilweise noch auf heutigen Landkarten die Ausdehnung des römischen Latifundienwesens, das verdiente Soldaten oder Verwaltungsbeamte mit Anwesen belohnte, die hinfort die Durchzüge des Lehensgebers belieferten. Nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches produzierten diese Gebilde weiter; da aber die Nachfrage weitgehend wegfiel, musste sich die Produktion neue Absatzorganisationen – damit auch eine Überführung der Abgaben in eine Geldwirtschaft – schaffen. – Gewiss wird man in diesem Kontext auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der karolingischen Münzreform auf die alpenländische Wirtschaft besehen müssen. – Ferner: Wie hat sich das hochentwickelte Bankwesen der Templer, die nicht unmaßgeblich von den Johannitern beerbt wurden, mit ihren weitverzweigten Komtureien entlang der Achsen ins Heilige Land auf die alpenländische Wirtschaft ausgewirkt; allein im Südgürtel des damaligen Corpus Helveticum unterhielt die Zunge der Auvergne zahlreiche Niederlassungen; bereits 1235 hantierte – kaum als erster – ein Frater Bernardus als Ableger der Komturei Salgesch auf dem Simplon; die Organisation hielt sich immerhin in Relikten bis in die fünfziger Jahre des 17. Jh., hielt bis Kaspar Stockalper mit „päbstlicher bull und dispenz“ den gesamten Besitz aufkaufte. – Ohne Zweifel prägte der Aufschwung der Champagner Messen die alpenländische Wirtschaft für fast ein Jahrhundert nachhaltig. Im Schlepptau führte die Entwicklung Lombarden und Casanae, die frühen Geldwirtschaftler, Kredit- und Wechselstuben; damit hielten neue Wirtschaftsformen Einzug in die überkommenen Produktions-, Absatz- und Zahlungsprozesse; sie hielten sich mindestens in Ansätzen auch nach dem Niedergang der Transitströme und der Verlagerung der Märkte nach Norden, die dann von der See her leichter zugänglich waren als über die Einschnitte der Alpen. – Dem Niedergang folgte eine mächtige Depression in den Alpen; aber gewisse Techniken hielten sich in Schwung, wie etwa die Verbriefung von Hypotheken (mit Schulden zu zahlen), die damit handelbar wurden und als Zahlungsmittelersatz
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bescheidenen Austausch im Land und über die Grenzen ermöglichte, umso mehr als seit dem 16. Jahrhundert Solddienst, Pensions- und Friedgelder bedeutende Mittel in die Wirtschaft spülten. Es bedurfte aber eines neuen Typs der Unternehmer, die in der Frühen Neuzeit die alpenländische Wirtschaft in den europäischen Wirtschafts-, Finanz- und Zahlungssystemen, wenn nicht integrieren konnten so doch einen Zugang dazu zu schaffen vermochten.
Soweit kaum skizzenhaft, einige unvollständige Überlegungen zu möglichen Fragestellungen. Wie vielleicht kein anderes wird das Thema angewiesen sein auf die Ergebnisse der übrigen Forschungen zu einer Wirtschaftsgeschichte der Alpen. Wenn aber der heuristische Ansatz dazu beiträgt, dass das Gesamtwerk die AutarkiePhantasmagorien über Bord wirft, und das Wirtschaften in den Alpen konsequent aus Perspektiven von Unternehmen und Unternehmern analysiert, beurteilt nach den Regeln des Tausch und der Vergütung, des Kommerziellen und der kommerziell Handelnden, des „Handelns und Wanderns“, die auf kapitalistischen Grundmustern agieren, hat das Paradigma sein Ziel schon fast erreicht.
Zusammenfassung Das Konzept eines alpenländischen Kapitalismus’ in vorindustrieller Zeit beruht auf der Überlegung, Wirtschaften in den Alpenländern agiere nicht unter der Käseglocke der bisweilen arg strapazierten „autarken Selbstversorgung“, vielmehr würde dies grundsätzlich nach den gleichen Gesetzen funktionieren wie die Wirtschaft der Kapitalkonzentrationen in den großen Zentren, freilich meist mit unbedeutenderen Volumina und andern Formen auf allen Höhenstufen von den Talsohlen bis zu den Talschlüssen und an die Grenzen der Ökumene: mithin aber nach den Regeln des Tauschs und der Vergütung, also – mit Anne Radeff – der „globalen Ökonomie“ der Märkte, des Kommerziellen und der kommerziell Handelnden, des „Handelns und Wanderns“.Wo es Märkte gibt, gibt es keine logistische Autarkie.Wirtschaft der Alpen sucht den Austausch mit den potenten Zentren des Vorlandes, und das Kapital der Zentren sucht Anlagemöglichkeiten in den Alpen. Das ist offensichtlich in kapitalintensiven Unternehmungen wie Salzhandel, Montanwirtschaft, Solddienst, Transit, Viehtrieb, Holzwirtschaft und andern. Hier wie dort spielt der Unternehmer die entscheidende Rolle; in den Städten des „Uplands“ bleibt er zumeist eingebunden in kapitalgebenden Gesellschaftsstrukturen, in den Alpenländern wirkt er in der Regel mit Kleinkrediten als Einzelfigur unter dem Schirm oligarchischer Gruppen, die willfährig staatliche Duldung, Monopole und Protektion vermitteln und damit erhebliche Gewinnschöpfung ermöglichen. Gewiss laufen diese Wirtschaften mit ungleichen Geschwindigkeiten, und zweifellos sind die Alpen lernfähig in der Adaptation von Geschäftsformen und Finanztechniken aus den Metropolen, in denen sie bis in die Frühe Neuzeit wenig Übung zu entwickeln vermochten. Wohl darum, weil den al-
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penländischen Unternehmern lange Zeit die Erfahrung, die Kühnheit und das Kapital mangelten für ein Engagement in Hochrisikogeschäften, die beträchtliche Eigenmittel erforderten. Möglicherweise mag auch Misstrauen gegenüber diesem Typus des weit über die Landesgrenzen hinausreichenden Geschäftes die Elite einer Gesellschaft, die mehrheitlich von Erträgen des Grundbesitzes lebte, kopfscheu gemacht haben. Schließlich verfügte diese Elite selten über genügend Liquidität oder Kredit, um solche Unternehmen zu finanzieren. Die Kreditquellen waren nicht nur wenig zahlreich, sondern auch wenig liquider, hypothekarischer Natur. Der erfolgreiche Unternehmer musste diese Voraussetzungen erst schaffen. Dennoch sind beide Unternehmertypen auf das Gleiche aus: auf die gewinnschöpfende Kraft des Kapitals.
Andrea Bonoldi
Regole e organizzazioni Aspetti istituzionali dell’economia alpina in età preindustriale* Abstract: In order to trace the economic development in a wide and heterogeneous geographical area in a rather long run, two factors – apparently hardly compatible – are to be considered in depth. First, it is necessary to take into account that the economic system of the region is composed of areas with different features and patterns of change; second, unifying elements are to be singled out in order to overcome a merely descriptive juxtaposition. As for the Alpine region, it may be of particular interest to investigate the rules that govern the economic activities, namely the constraints, both formal and informal, that structure human interaction, according to the research field of the new institutional economics which has developed over the last twenty years. Thus, in order to provide a platform of comparison, it may be useful to focus our research on detecting those institutional forms that define the framework of rules within which production, distribution and exchange take place, and on analysing how such forms change over time. There are many issues at stake, for instance the very different political organization of the Alpine territories: feudal realities, territorial states, ecclesiastical principalities, single autonomous communities; an analysis of the influence of the political sphere on the economic one, which in this period appears to be particularly affected by taxation. The role of the family as an institution deserves particular attention. Family – and kin networks – plays also in the Alpine region a significant role: fundamental unity of production and consumption, centre of capital accumulation, both tangible and intangible, organization of entangled economic activities (as some recent studies on the Alpine mercantile families have demonstrated). Another aspect of the Alpine ancien régime economy that has to be analysed is its organization in collective forms and/or networks; in particular the collective management of resources or the transport organization (Porti, Rodfuhr, Säumergenossenschaften, etc.). Moreover, it can be very useful to examine the nature of property rights, and the presence and content of formal instruments adopted in order to set the rules (statutes, contracts, privileges, agrarian deeds) as well as their actual application – enforcement – in reality. The ultimate aim is to evaluate the reasons and effects of such organizational forms, and their influence on the economic dynamics of the Alpine territories in the long run.
* Ringrazio Andrea Leonardi, Cinzia Lorandini e Luigi Lorenzetti per i preziosi suggerimenti; la responsabilità per errori e omissioni è soltanto mia. Prof. Dr. Andrea Bonoldi, Università degli Studi di Trento, Dipartimento di Economia e Management, Via Inama 5, I–38122 Trento, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-004
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Nell’ambito di un progetto ambizioso come quello presentato in questo volume, che cerca di ricostruire le manifestazioni economiche di un’area geografica ampia e diversificata su di un lungo arco di tempo, occorre tener conto di due necessità di fondo, a prima vista inconciliabili. Chiunque si sia confrontato con i fenomeni economici e sociali delle Alpi nel periodo preindustriale, si è trovato di fronte a modelli e processi di trasformazione differenziati in molti ambiti dall’organizzazione politica alle dinamiche demografiche, dalle pratiche di sfruttamento del territorio al peso delle relazioni di mercato. Nel tentativo di proporre una sintesi occorre pertanto procedere senza forzature, evitando di lasciarsi tentare dall’idea di utilizzare categorie interpretative troppo astratte e generali, in modo da riuscire non soltanto a dar conto di questa varietà, ma anche a individuarne le cause.¹ D’altro lato, pare comunque necessario fare uno sforzo per individuare alcuni elementi unificanti, che consentano di proporre un’interpretazione dell’oggetto di studio che vada al di là della pur necessaria dimensione descrittiva, che negli ultimi decenni è stata alimentata da decine di saggi, molti dei quali di notevole caratura scientifica, dedicati ad aspetti specifici e a singole aree geografiche.² Ciò tenendo anche presente come per alcuni ambiti di indagine e per alcuni periodi non sono mancate opere di sintesi, che costituiscono un riferimento importante. Nel 1998 ad esempio è uscito il lavoro di Jon Mathieu Geschichte der Alpen 1500 – 1900, che ha analizzato in un’ottica complessiva alcuni fenomeni centrali della vicenda storica dell’arco alpino – i movimenti demografici, l’attività agricola e zootecnica, gli aspetti ambientali, il ruolo e la funzione delle città, la dimensione politica – tra la fine del Medioevo e il Novecento, basandosi su di una vasta letteratura e raccogliendo e mettendo a confronto importanti serie di dati³. Ponendosi esplicitamente la questione se le Alpi possano esser considerate non solo uno spazio geografico e ambientale, ma anche una specifica entità storica, Mathieu ha in realtà evidenziato come in alcuni ambiti l’area alpina, oltre a non essere omogenea al
Aspetti di questa riflessione si riscontrano in opere collettanee che hanno segnato tappe importanti della storiografia alpina, come Paul Guichonnet (a cura di), Histoire et civilisations des Alpes, 2 voll., Tolouse 1980, o Gauro Coppola, Pierangelo Schiera (a cura di), Lo spazio alpino: area di civiltà, regione cerniera, Napoli 1991. Cfr. anche le considerazioni proposte in Jean François Bergier, Territorio, economia e società nella storia delle Alpi, in: Edoardo Martinengo (a cura di), Le Alpi per l’Europa. Una proposta politica. Economia, territorio e società. Istituzioni politica e società, Milano 1988. Ci si può fare un’idea di come si siano sviluppati gli interessi di ricerca nell’ambito della storia delle Alpi scorrendo gli indici di riviste come Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen, Revue de géographie alpine e Geschichte und Region / Storia e Regione, oppure navigando all’interno dell’ Historisches Lexikon der Schweiz / Dictionnarie historique de la Suisse / Dizionario storico della Svizzera. Si veda inoltre la bibliografia citata dai saggi contenuti in questo volume, e in particolare il saggio introduttivo di Markus A. Denzel. Jon Mathieu, Geschichte der Alpen 1500 – 1900: Umwelt, Entwicklung, Gesellschaft, Wien / Köln / Weimar 1998.
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proprio interno, non sempre si è distinta nettamente dagli spazi circostanti. Una divergenza significativa nell’andamento demografico ed economico emerge ad esempio soprattutto quando, in particolare a partire dal XVIII secolo, si ha una forte intensificazione delle pratiche agricole nelle aree di pianura, cui la montagna fatica a rispondere in termini di produzione e produttività.⁴ Mathieu inoltre avverte come occorra focalizzare l’analisi anche sui molteplici rapporti – economici, politici, culturali – che le realtà alpine intrattengono con i centri urbani e le pianure confinanti, che sono non di rado determinanti nel definire le notevoli differenze riscontrabili all’interno delle Alpi stesse.⁵ In un ambito più specifico va collocato invece il volume di Dionigi Albera Aux fils de generations, uscito nel 2011, che coronando un lungo percorso di ricerca propone alcune stimolanti chiavi interpretative in merito alle caratteristiche e alla funzione delle famiglie e della trasmissione patrimoniale nella società alpina.⁶ Nel suo lavoro Albera cerca appunto di trovare un equilibrio tra la tendenza a formulare per le Alpi ipotesi interpretative generalizzanti, che assumono comportamenti presunti tipici per tutta l’area, e quelle che essendo attente esclusivamente al singolo, specifico caso, rischiano di sfarinare le realtà del passato in una disordinata molteplicità di esperienze peculiari. Così l’autore individua tre modelli familiari prevalenti, che caratterizzano l’organizzazione sociale ed economica alpina: il modello “Bauer” per l’area nord-orientale, il modello “borghese” per quella nord-occidentale e quello “agnatizio” per il versate meridionale e occidentale delle Alpi. Nel primo caso si ha un’articolazione fortemente gerarchica, incentrata sul ruolo del contadino proprietario di un’azienda di medie-grandi dimensioni, la cui unità è garantita da un regime successorio che prevede l’indivisibilità tra i coeredi. Quali risultano socialmente subordinati, essendo il titolare dell’azienda anche protagonista primario della vita pubblica: in breve, la posizione del soggetto all’interno della comunità finisce per dipendere essenzialmente dal suo status di proprietario. Nel modello che Albera definisce “borghese” (nell’accezione elvetica di bourgeois), diffuso nell’area svizzera, lo status individuale e la partecipazione alla vita pubblica sono legati non tanto alla proprietà della terra, quanto piuttosto all’appartenenza per nascita alla comunità, con i relativi diritti sanciti dalle consuetudini locali. Le forme successorie prevedono
I rischi insiti nel tentativo di definire un modello unificato per la demografia storica delle aree di montagna sono messi bene in luce in Alessio Fornasin /Andrea Zannini, Montagne aperte, popolazioni diverse. Temi e prospettive di demografia storica degli spazi montani, in: Iidem (a cura di), Uomini e comunità delle montagne: paradigmi e specificità del popolamento dello spazio montano (secoli XVI–XX), Udine 2002, pp. 7– 21. I rapporti con le realtà confinanti costituiscono una chiave di lettura irrinunciabile per comprendere le dinamiche dei territori alpini. Si vedano i saggi contenuti in due numeri di Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen, il 5 (2000) e il 17 (2012), le cui parti monografiche sono intitolate rispettivamente Ville et montagne / Stadt und Gebirge e Terres hautes – terres basses: disparités / Hochland – Tiefland: Disparitäten. Dionigi Albera, Au fil des générations. Terre, pouvoir et parenté dans l’Europe alpine (XIVe–XXe siècles), Grenoble 2011.
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sostanzialmente la parità tra i coeredi, le proprietà sono dunque più piccole e diffuse e l’economia è integrata da un ampio uso di risorse collettive. La società risulta pertanto meno gerarchizzata, permettendo così una maggiore circolazione delle élite. L’ultimo modello, quello “agnatizio” diffuso principalmente nelle valli alpine meridionali e occidentali, è meno definito, ma si caratterizza per essere fondamentalmente patrilineare, con forme di gestione comune del patrimonio familiare tra fratelli, e una frequente integrazione del reddito agricolo con attività di emigrazione stagionale. Gli insediamenti sono tendenzialmente concentrati, le proprietà sparse ed esiste una fitta rete di vincoli familiari e di patronage, con una chiara distinzione tra élite dominante e posizioni subalterne, con mobilità sociale piuttosto scarsa. Per quanto ogni tentativo di individuare degli idealtipi che in qualche modo possano costituire un riferimento nell’analisi storica delle realtà alpine sia esposto a possibili critiche, la sfida che emerge da queste opere è appunto quella di conciliare la necessità di un’ottica generale con il rispetto della varietà di situazioni che caratterizza le comunità alpine. Sotto il profilo operativo della ricerca dunque, una volta ammesso che si ritiene opportuno contemperare entrambe le necessità di cui s’è detto, occorre individuare alcuni aspetti da indagare trasversalmente, a prescindere dai temi, dalle aree e dai periodi. Nel caso delle Alpi, un vincolo forte alle attività economiche è chiaramente rappresentato dalle condizioni geografiche, che incidono su molti aspetti, a partire dalla disponibilità e accessibilità delle risorse, in primo luogo la terra coltivabile, per arrivare alle modalità di scambio e comunicazione.⁷ Tuttavia, pur non volendo sottovalutare il ruolo dell’ambiente, i vincoli geografici spiegano solo in parte l’articolazione delle attività economiche, sui quali incidono variabili diverse come quelle demografiche e culturali in senso ampio.⁸ Uno degli ambiti di indagine in grado di promuovere un utile confronto storiografico in area alpina è senz’altro quello, finora poco indagato in chiave comparativa, dei sistemi di regole che ordinano le attività economiche, ovvero i vincoli, di natura formale e informale – leggi e norme di condotta, codificate e non – che governano l’interazione tra i soggetti. Si tratta in sostanza del campo d’analisi proposto da oltre vent’anni dalla nuova economia istituzionale, ma che in realtà costituisce da sempre uno dei terreni di ricerca sul quale si muovono gli storici.⁹
Su questi aspetti si veda, in generale, l’ampia trattazione in Werner Bätzing, Die Alpen – Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, München 2003, in particolare pp. 25 – 43, e Gérard François Dumont / Anselm Zurfluh (a cura di), L’Arc Alpin: histoire et géopolitique d’un espace européen, Paris 1998. Per una sintesi in italiano dello stesso Dumont, cfr. L’arco alpino, uno spazio geografico europeo, in: Andrea Leonardi (a cura di), Aree forti e deboli nello sviluppo della montagna italiana, Trento 2001, pp. 13 – 32. I rischi legati al “determinismo geografico” sono ben messi in luce da Pier Paolo Viazzo, Comunità alpine. Ambiente, popolazione, struttura sociale nelle Alpi dal XVI secolo a oggi, Bologna 1990, in particolare pp. 11– 29. Sotto il profilo dell’analisi economica, le istituzioni sono rilevanti in quanto incidono sui cosiddetti costi di transazione, ovvero in primo luogo i costi legati alla raccolta di informazioni – ad esempio in merito alle caratteristiche di una merce oggetto di scambio o all’affidabilità della controparte – e alla
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Individuare quali siano le forme istituzionali che stabiliscono il quadro di condizionamenti all’interno del quale hanno luogo le attività di produzione, scambio e distribuzione, e ricostruirne la dinamica nel tempo, può costituire in questo senso un’utile base di confronto comune. Il che non significa accettare acriticamente le conclusioni di alcuni neo-istituzionalisti in merito a quali siano i contesti giuridici e politici ideali per sostenere i processi di sviluppo, soprattutto se si tiene conto del fatto che in molte analisi la dimensione della specificità storica dei fenomeni istituzionali risulta spesso colpevolmente ignorata.¹⁰ Occorre in questo senso prestare più che mai attenzione alle seduzioni della teleologia, ovvero all’idea, magari implicita, che le dinamiche che sono individuabili nella storia dei territori alpini vadano lette e considerate soprattutto alla luce degli sbocchi recenti di tali processi. Se si vuole comprendere come si distribuiscono sul territorio e come evolvono nel tempo le istituzioni, è necessario un approccio che tenga adeguatamente conto del fatto che le architetture istituzionali sono frutto dell’incrocio tra dinamiche autonome generate dalle diverse formazioni sociali, e scelte politiche imposte per via gerarchica.¹¹ È pertanto indispensabile considerare il ruolo dell’organizzazione politica dei territori, che si manifesta in forme alquanto differenti nello spazio e nel tempo in area alpina. Si può ad esempio partire dalle svariate declinazioni dell’organizzazione feudale. Il recente dibattito storiografico condotto a nord e sud delle Alpi ha portato a mettere in discussione l’idea che benefici feudali e rapporti vassallatici possano essere letti ovunque come parte di un sistema istituzionale unitario. L’analisi di singoli casi mostra infatti un differenziarsi di strategie – che procedono
tutela dei diritti di proprietà derivanti dai contratti. Il dibattito attorno all’efficacia dell’approccio istituzionalista – peraltro piuttosto diversificato al suo interno – alle discipline storiche è tuttora assai acceso. Sullo stato dell’arte della discussione si veda ora: Deirdre Nansen McCloskey, Max U versus Humanomics: a Critique of Neo-Institutionalism, in: Journal of Institutional Economics, available on CJO 2015 doi:10.1017/S1744137415000 053 e Avner Greif / Joel Mokyr, Institutions and Economic History: a Critique of Professor McCloskey, in: Journal of Institutional Economics, available on CJO 2015 doi:10.1017/S17441 37415000417. Con particolare riferimento alla dimensione storica delle istituzioni nel periodo preindustriale Sheilagh Ogilvie, Institutions and European Trade: Merchant Guilds, 1000 – 1800, Cambridge 2011, e per una più recente ampia sintesi critica eadem / André W. Carus, Institutions and Economic Growth in Historical Perspective, in: Steven Durlauf / Philippe Aghion (a cura di), Handbook of Economic Growth, Amsterdam et al. 2014, pp. 403 – 513. Cfr. ad esempio, a proposito della questione della complessa e non omogenea interazione tra diritti di proprietà e crescita nell’Europa moderna, le riflessioni in Gérard Béaur / Jean-Michel Chevet, Institutional Changes and Agricultural Growth, in: Gérard Béaur / Phillipp R. Schofield / Jean-Michel Chevet / Maria Teresa Pérez Picazo (a cura di), Property Rights, Land Markets and Economic Growth in the European Countryside (13th–20th Centuries), Turnhout 2013, pp. 19 – 68. Una declinazione diversa del problema dei diritti di proprietà è analizzata in Luigi Lorenzetti / Michela Barbot / Luca Mocarelli (a cura di), Property Rights and their Violation. Expropriations and Confiscations, 16th to 20th Century. La propriété violée. Expropriations et confiscations, XVIe–XXe siècles, Bern 2012. La necessità di integrare “private-order institutions” e “public-order institutions” per la comprensione degli assetti istituzionali che influenzano il funzionamento dei mercati è una della tesi centrali di Ogilvie/Carus, Institutions, in particolare pp. 407– 418.
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anche disgiuntamente per quanto riguarda i rapporti economici e le funzioni politico-amministrative – che trova riscontri importanti in area alpina. Lo si è visto in una pubblicazione recente per i principati vescovili di Bressanone e di Trento, per quello del vescovo di Torino e le sue clientele alpine nel XIII secolo, e per i rapporti di vassallaggio e clientela dell’Abbazia di St. Maurice, cuore identitario del regno Borgognone e snodo cruciale del transito per il Gran San Bernardo.¹² Tra medioevo ed età moderna si consolidano entità statuali di medie dimensioni in gran parte interne alle Alpi e con forte connotazione territoriale (la Savoia, il Tirolo), o ancora realtà politiche esterne al mondo alpino che esercitano un controllo più o meno stringente su ampie porzioni di esso (il Ducato di Milano, Venezia, gli Asburgo, la Baviera), casi in cui si passa da una situazione di autonomia a una dipendenza da stati più forti (il Delfinato), vaste aree sotto il controllo ecclesiastico (i Principati vescovili di Trento, Bressanone, Salisburgo, per qualche tempo il Patriarcato di Aquileia, i vescovi di Coira e Sion e altri), e, in particolare nell’area svizzera, forme di unione a base comunitaria connotate da forte autonomia (confederazioni, leghe). Le caratteristiche peculiari dei diversi modelli di organizzazione politica incidono per molti versi sui vincoli cui sono sottoposte le attività economiche. Al di là degli interventi diretti, come la tassazione, le politiche daziarie, la titolarità di risorse del territorio (boschi, miniere etc.), contano in questo senso anche la presenza di forme di rappresentanza degli interessi del territorio più o meno ampie (consigli, diete etc.) effettivamente capaci di orientare in un senso o nell’altro le scelte politiche, e l’organizzazione della giustizia, come funzione deputata a risolvere anche i conflitti di natura economica e patrimoniale, e il cui esercizio può essere più o meno centralizzato. Un’attenzione particolare sembra meritare, come già visto, il ruolo dell’istituzione familiare, che anche in area alpina in questo periodo svolge una funzione cruciale come cellula di produzione e consumo, luogo di accumulazione del capitale tangibile e intangibile, centro di organizzazione di attività economiche ramificate¹³.
Giuseppe Albertoni / Jürgen Dendorfer (a cura di), Das Lehenwesen im Alpenraum / Vassalli e feudi nelle Alpi, in: Geschichte und Region / Storia e regione 22, 2013, p. 1. Cfr. anche Guido Castelnuovo, Societé féodale, in: Historisches Lexikon der Schweiz / Dicitionnarie historique de la Suisse / Dizionario storico della Svizzera, http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/f/F15980.php [10.10. 2015]. Cfr. tra gli altri, oltre al già citato lavoro di Albera, John W. Cole / Eric R. Wolf, La frontiera nascosta. Ecologia ed etnicità fra Trentino e Sudtirolo, San Michele all’Adige 1993, in particolare pp. 181– 214 e 243 – 271; Viazzo, Comunità alpine, pp. 128 – 136 e 289 – 330; Laurence Fontaine, Solidarites familiales et logiques migratoires en pays de montagne à l’epoque moderne, in: Annales E. S. C. 45, 1990, pp. 1433 – 1450; Anne-Lise Head-König, La reproduction familiale et rurale dans les campagnes helvetiques, XVIIIe–XIXe siecle: systèmes extrèmes et modalités d’ajustement, in: Roland Bonnain / Gérard Bouchard / Joseph Goy ( a cura di), Transmettre, hériter, succeder. La reproduction familiale en milieu rural, France-Quebec, XVIIIe–XXe siècles, Lyon 1992, pp. 387– 399; Luigi Lorenzetti / Raul Merzario, Il fuoco acceso. Famiglie e migrazioni alpine nell’Italia d’età moderna, Roma 2005; Luigi Lorenzetti, Des systèmes aux pratiques. Famille, rapports familiaux et organisation do-
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Se in passato numerosi studi hanno messo in luce queste funzioni soprattutto nell’ambito della produzione primaria o in connessione all’integrazione tra i redditi prodotti localmente e quelli derivanti dall’attività migratoria stagionale di membri della famiglia, in tempi relativamente recenti maggior attenzione è stata prestata anche alle realtà mercantili. Le necessità di approvvigionamento di un territorio non autosufficiente, l’esportazione di produzioni locali e le consistenti occasioni offerte dai flussi di traffico che solcavano l’area alpina hanno dato vita a un’articolata attività di intermediazione commerciale condotta da imprese familiari radicate nelle realtà montane.¹⁴ Senza dimenticare l’importante funzione creditizia svolta in molte realtà dalle reti familiari.¹⁵ Se ai due poli delle strutture organizzative alpine ci sono dunque le forme statuali da un lato e quelle familiari dall’altro, le configurazioni intermedie di interazione tra soggetti, sorrette da norme e organizzazioni stabili costituiscono un ulteriore campo d’indagine per comprendere gli equilibri economici di antico regime in area alpina. Fanno parte di questa categoria le organizzazioni in forme collettive e/o di rete, con esperienze peculiari come ad esempio la gestione comunitaria delle risorse, o l’organizzazione dei servizi di trasporto (porti, Rodfuhr, Säumergenossenschaften, etc.).¹⁶
mestique dans les Alpes italiennes (XVIe–XIXe siècles), in: Bernard Derouet / Luigi Lorenzetti / Jon Mathieu (a cura di), Pratiques familiales et sociétés de montagne (XVIe–XXe siècles) (= Itinera 24), Basel 2010, pp. 151– 172. Cfr. ad esempio Cinzia Lorandini, Famiglia e impresa: i Salvadori di Trento nei secoli XVII e XVIII, Bologna 2006; Luigi Lorenzetti, Controllo del mercato, famiglie e forme imprenditoriali tra le élite mercantili sudalpine dalla fine del Cinquecento al Settecento, in: Simonetta Cavaciocchi (a cura di), Il ruolo economico della famiglia, secc. XIII–XVIII. Atti della Quarantesima settimana di Studi, 6 – 10 aprile 2008, Firenze 2009, pp. 517– 526; Francesca Chiesi Ermotti, Percorsi femminili nel casato dei mercanti Pedrazzini di Campo Vallemaggia (XVIII sec.), in: Nelly Valsangiacomo / Luigi Lorenzetti (a cura di), Donne e lavoro. Prospettive per una storia delle montagne europee XVIII–XX secc., Milano 2010, pp. 50 – 67; Marie-Claude Schöpfer, The Fratelli Loscho in Brig: An Alpine Trading House in Times of Transition (c. 1760s–1830s), in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel / Andrea Leonardi / Cinzia Lorandini (a cura di), Merchants in Times of Crisis (16th to mid–19th Century), Stuttgart 2015, pp. 95 – 114. Si veda inoltre Marina Demetz, Hausierhandel, Hausindustrie und Kunstgewerbe im Grödental vom 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert, Innsbruck 1987. Sul mercato del credito in area alpina – e sulle sue strette connessioni con la proprietà della terra – cfr. Laurence Fontaine, Espaces, usages et dynamiques de la dette dans les hautes vallées dauphinoises (XVIIe–XVIIIe siècles), in: Annales. Histoire, Sciences Sociales 49, 1994, pp. 1375 – 1391; Paolo Tedeschi, Marché foncier, crédit et activités manufacturières dans les Alpes: le cas des vallées de la Lombardie orientale (XVIII–XIX siècles), in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 12, 2007, pp. 247– 259; Marco Battistoni, Comportamenti di confine. Cattolici e valdesi nell’età della confessionalizzazione, Alessandria 2012, pp. 67– 77; Marcella Lorenzini, Notarial Credit in Eighteenth-Century Trentino: Dynamics and Trends, DEM Working Papers 2015/1. Per quest’ultima forma, Pio Caroni, Dorfgemeinschaften und Säumergenossenschaften in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Schweiz, in: Les communautés rurales / Rural communities (= Recueils de la Société Jean Bodin pour l’histoire comparative des institutions, XLIV), Cinquième partie, Paris 1987, pp. 191– 222.
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In tutti questi ambiti – che peraltro interagiscono tra di loro – occorre rilevare la presenza e il contenuto di strumenti formali di fissazione delle regole (statuti, contratti, privilegi, patti agrari) nonché, aspetto questo chiaramente più delicato, quella di norme sociali che, quantunque non formalizzate, costituiscono però un vincolo forte all’azione degli individui e dei gruppi.¹⁷ Si tratterà poi di fare un passaggio ulteriore, ossia di verificare, laddove possibile, se e come tali regole siano state effettivamente applicate nella realtà storica, poiché spesso enunciazione e pratica della norma coincidono solo in parte; cruciale, in questo senso, sarà l’analisi delle forme e dei modi per la risoluzione dei conflitti.¹⁸ Si tratta insomma di individuare e descrivere le caratteristiche e le trasformazioni delle forme istituzionali, rilevandone l’influsso sulle dinamiche economiche dei territori alpini sul lungo periodo.
Strutture giuridiche, forme politiche e proprietà della terra La questione di come si manifestano le funzioni della politica e del diritto in area alpina e come cambiano nel tempo riveste un’importanza notevole per comprendere le dinamiche economiche. A prescindere dai provvedimenti con ricadute economiche immediate – ad esempio quelli in materia di fisco, moneta, infrastrutture etc. – le strutture giuridiche e le diverse forme di controllo politico del territorio danno vita a una rete di vincoli e possibilità peculiari che condizionano profondamente le attività di produzione e scambio. Cruciali sotto questo aspetto sono la natura e le caratteristiche dei diritti di proprietà, la posizione giuridica degli individui, le modalità di risoluzione delle controversie, la rappresentanza politica negli organismi decisionali, l’articolazione delle diverse sfere di potere sul territorio. Fenomeni che possono essere rappresentati in due dimensioni principali che caratterizzano le relazioni tra soggetti nelle società rurali dell’epoca: quella verticale, connessa a rapporti gerarchici di dipendenza (ad esempio rispetto al principe territoriale, alla signoria fondiaria, alle istituzioni ecclesiastiche) e quella orizzontale, legata invece alla di-
Si tratta di un ambito sul quale incidono senz’altro i processi di scolarizzazione e alfabetizzazione, nonché la dimensione confessionale, che non vengono trattati in questo contributo. Per una definizione di fondo del concetto di norme sociali si veda Philip Keefer / Stephen Knack, Social Capital, Social Norms and the New Institutional Economics in: Claude Ménard / Mary M. Shirley (a cura di), Handbook of New Institutional Economics, Berlin / Heidelberg 2008, pp. 701– 725. Per una panoramica recente Marco Bellabarba / Hannes Obermair / Hitomi Sato (a cura di), Communities and Conflicts in the Alps from the Late Middle Ages to Early Modernity, Bologna / Berlin 2015.
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mensione comunitaria e parentale e alla gestione di risorse collettive (vicinie, parrocchie, comuni rurali e comunità di valle etc.).¹⁹ Una delle chiavi fondamentali per comprendere l’organizzazione economica e sociale delle aree alpine è quella relativa alle forme di proprietà della terra e ai diritti connessi, un ambito in cui dimensione giuridica e questioni politico-istituzionali si intrecciano strettamente. Per dirlo con Peter Blickle: “Grundherrschaft, Leibherrschaft, Gerichtsherrschaft, Landesherrschaft sind Faktoren, die in entscheidendem Maße die wirtschaftliche, soziale und rechtliche Stellung des Bauers bestimmen.”²⁰ É indubbio che la Grundherrschaft abbia costituito una struttura di base della società preindustriale. Tuttavia tale concetto è spesso stato impiegato in storiografia con connotazioni ambigue, trovando applicazione in riferimento tanto a diritti di tipo strettamente patrimoniale, connessi in primo luogo allo sfruttamento economico della terra, quanto all’esercizio di forme di potere politico legate al dominio territoriale.²¹ A partire dal tardo medioevo queste ultime sono venute gradualmente contraendosi, mentre sono rimasti in essere a lungo, in alcune realtà fino alla metà del XIX secolo, censi e tributi di diversa natura, ossia obblighi di tipo monetario dovuti dal conduttore della terra. Risulta chiaro come l’intensità e la forma di questi rapporti di dipendenza personale e/o patrimoniale della popolazione rurale abbiano importanti ricadute sull’attività economica. Ne risultavano fortemente condizionate infatti le scelte aziendali in termini di investimenti e orientamenti produttivi, nonché le possibilità di accesso al mercato dei prodotti e dei fattori di produzione. Il persistere di vincoli e obblighi si rifletteva nel potere esercitato dai ceti signorili sia nei confronti delle famiglie e delle comunità locali da un lato, che dei principi territoriali dall’altro, strutturando così le gerarchie e definendo in maniera importante spazi e possibilità di intervento politico. Inoltre, la diversa distribuzione nel tempo e nello spazio della signoria rurale in area alpina fu connessa anche alle dinamiche legate al consolidamento degli stati territoriali prima e nazionali poi.²²
Cfr. Tore Iversen, Bauern zwischen Herrschaft und Genossenschaft – Einleitung, in: John Ragnar Myking / Gertrud Thoma / Tore Iversen (a cura di), Bauern zwischen Herrschaft und Genossenschaft / Peasant Relations to Lords and Government. Scandinavia and the Alpine Region 1000 – 1750, Trondheim 2008, pp. 1– 7. Sulla funzione delle istituzioni ecclesiastiche sul territorio si veda ad esempio Emanuele Curzel, Sul ruolo economico delle chiese di villaggio nel tardo medioevo. Notizie da libri di conti dell’area trentina, in: Geschichte und Region / Storia e regione 22/1, 2013, pp. 62– 71. “Le forme di controllo signorile sulla terra, sulle persone, sulla giustizia e sul territorio sono fattori che influenzano in maniera decisiva la posizione economica, sociale e giuridica del contadino”. Peter Blickle, Landschaft im Alten Reich. Die staatliche Funktion des gemeinen Mannes in Oberdeutschland, München 1973, p. 159. Si vedano le considerazioni in Cinzio Violante, La signoria rurale nei secoli X–XII, in: Gerhard Dilcher / Cinzio Violante (a cura di), Strutture e trasformazioni della signoria rurale nei secolo X–XIII, Bologna 2007, pp. 7– 56 e, nello stesso volume alle pp. 83 – 119, Klaus Schreiner, Signoria fondiaria: un concetto moderno per una realtà medievale. In generale si vedano le considerazioni in Pierangelo Schiera, L’autonomia locale nell’area alpina. La prospettiva storica, in: Pierangelo Schiera / Renzo Gubert / Enzo Balboni (a cura di),
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L’intensificazione delle pratiche agricole legate alla pressione demografica o alla crescita della domanda delle realtà perialpine ha contribuito in alcuni casi a promuovere una definizione più stringente dei diritti di proprietà, mentre la cancellazione dei vincoli signorili è spesso stata frutto di dinamiche in primo luogo politiche.²³ Il che non significa però che il venir meno dei vincoli tradizionali si sia necessariamente tradotto in una maggior specializzazione finalizzata alla commercializzazione dei prodotti agricoli: nella viticoltura in Valtellina e in Trentino infatti, la specializzazione e l’orientamento al mercato avevano visto protagoniste proprio le realtà signorili.²⁴ Per comprendere le differenze in termini di capacità produttiva e di periodizzazione nei processi di mutamento economico e sociale delle diverse aree alpine, è pertanto indispensabile provare a delineare quell’insieme di fattori economici, giuridici e politici legati alla proprietà della terra, definibile col termine “ordinamento agrario” (Agrarverfassung, Strucutres agraries).²⁵ Anche in questo caso però, non appena si approfondiscono le indagini storiche su singole realtà, emerge chiaramente come sia difficile individuare modelli generali. Il lavoro di Pierre Dubuis sulle condizioni economiche e sociali nel tardo medioevo della “châtellanie” d’Entremont, nel Vallese sud-occidentale, è la dimostrazione di come andando a guardare da vicino l’organizzazione economica di un’area alpina si possano scoprire pratiche che si discostano in modo evidente dagli stereotipi spesso associati alle realtà rurali di montagna, ovvero il comunitarismo, la chiusura, la dipendenza dalle città e dalle pianure etc.²⁶ Dalla ricerca infatti emerge nell’Entremont una produzione su scala familiare, prevalentemente orientata alla cerealicoltura, segnata da una condizione relativamente autonoma e da gravami di natura feudale limitati, in un gioco in cui il signore – il conte, dal 1416 duca, di Savoia – e chi lavora la terra erano legati dalla necessità, da un lato, di garantire la produzione per la famiglia, e dall’altro di assicurarsi le entrate che potevano derivare solo dal riconoscimento di
L’autonomia e l’amministrazione locale in area alpina, Milano 1988, pp. 3 – 50; Mathieu, Geschichte der Alpen, pp. 149 – 196; Fabrice Mouthon, Les communautés alpines et l’État (milieu XIIIe – début XVIe siècle), in: Montagnes médiévales. Actes des congrès de la Société des historiens médiévistes de l’enseignement supérieur public, 34e congrès, Paris 2004, pp. 151– 178. Mathieu, Geschichte des Alpenraums 148. Sulla disomogeneità di tali dinamiche anche nella seconda metà dell’Ottocento, cfr. Luigi Lorenzetti, Agricultural Specialisation and the Land Market: an Examination of the Dynamics of the Relationship in the Swiss Alps, c.1860 – 1930, in: Continuity and Change 29, 2014, pp 267– 292. Guglielmo Scaramellini, Valtellina e convalli nel “lungo Ottocento”: vocazioni, domande economiche mutamenti. Riflessi di una transazione incompiuta, in: Andrea Leonardi (a cura di), Aree forti e deboli nello sviluppo della montagna alpina, Trento 2001, pp. 43 – 94, in particolare pp. 47– 49; Andrea Leonardi, L’azienda Wolkenstein Trostburg di Trento tra i secoli XVIII e XIX, in: Gauro Coppola (a cura di), Agricoltura e aziende agrarie nell’Italia centro-settentrionale (secoli XVI–XIX), Milano 1983, p. 79 – 132. Mathieu, Geschichte der Alpen, pp. 129s. Pierre Dubuis, Une économie alpine à la fin du Moyen Age: Orsières, l’Entremont et les régions voisines, 1250 – 1500, 2 voll., Sion 1990.
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un fattore scarso, ovvero il lavoro, in mano ai valligiani.²⁷ In particolare, Dubuis segnala come gli obblighi in lavoro fossero ridotti e a volte sostituiti da pagamenti, e i tributi in denaro – quelli in natura erano assai meno frequenti – generalmente non troppo pesanti e prevedibili, mentre le disposizioni successorie in merito ai beni immobili erano piuttosto libere, a fronte dell’autorizzazione del signore e del pagamento di un tributo specifico. La struttura del prelievo invece tendeva a cristallizzare, quando non acuire, le differenze sociali interne alla comunità, che di certo non mancavano.²⁸ In generale però, la presenza signorile non sembra condizionare pesantemente le attività economiche delle famiglie, specie dopo la metà del XIV secolo, quando l’effetto delle epidemie riduce la popolazione e dunque le entrate, mettendo le comunità in una posizione di forza relativa nei confronti del conte di Savoia.²⁹ Dinamiche che sono in parte osservabili anche in un’altra realtà situata più a occidente e anch’essa sotto il controllo sabaudo, ovvero la castellania di Maurienne.³⁰ Più recentemente, Volker Stamm ha affrontato la questione della natura e delle caratteristiche della proprietà della terra in una piccola comunità di fondovalle nel tardo medioevo, Gries presso Bolzano / Bozen.³¹ Anche in questo caso, l’analisi puntuale mette in luce una realtà difficilmente riconducibile a una rigida schematizzazione. La signoria rurale come tale, almeno nel XV secolo, non esisteva più. La proprietà della terra, per quanto piuttosto frammentata, continuava per lo più a fare capo a grandi proprietari, di origine soprattutto ecclesiastica – l’Ospedale dello Spirito Santo, la Parrocchia del Duomo di Bolzano, quella di Gries, i vescovi di Trento, Bressanone e Frisinga, alcuni monasteri bavaresi – ma il ritorno di tipo politico connesso allo status di proprietario tendeva a venir meno. Ciò dipendeva, da un lato, dalla pervasività dell’azione dei signori territoriali – i Tirolo prima e gli Asburgo dal 1363 in poi – attenti a concentrare nelle proprie mani le funzioni ammnistrative e giurisdizionali sottraendole gradualmente agli altri poteri operanti sul territorio. Dall’altro lato incideva invece il consolidarsi di quella che pareva configurarsi come una logica di tipo prevalentemente economico nella gestione della proprietà, che tendeva a concentrarsi sulla rendita monetaria: una dinamica connessa senz’altro alla prossimità dei terreni alla città, alle esigenze in termini di erogazione di servizi specifici da parte di alcuni degli enti proprietari, e anche all’emergere di una proprietà di origine borghese-urbana. Le famiglie contadine si
Ibid., vol. 1, pp. 292– 294. Ibid., pp. 169 – 179. Senza che ciò però abbia portato a una istituzionalizzazione formale del ruolo delle comunità stesse. Mouthon, Les communautés alpines, pp. 166s. Michael H. Gelting, Between Prince and Peasant. The Ambiguous Role of the Parish Community in Fourteenth-Century Maurienne, in: Myking / Thoma / Iversen (a cura di), Bauern zwischen Herrschaft und Genossenschaft, pp. 109 – 131. Volker Stamm, Grundbesitz in einer spätmittelalterlichen Marktgemeinde: Land und Leute in Gries bei Bozen, Stuttgart 2013.
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trovavano dunque sostanzialmente sgravate da un rapporto signorile di tipo tradizionale, sebbene ciò non si fosse necessariamente tradotto in un miglioramento della propria condizione economica.³² Anche al limite orientale delle Alpi infine, nell’area occidentale dell’attuale Slovenia, una combinazione peculiare tra fattori economici, giuridici e politici, aveva fatto sì che in età moderna la signoria fondiaria si fondasse soprattutto sulla riscossione di censi e tributi di natura monetaria, in parte significativa connessi ad attività non agricole, promuovendo consapevolmente l’orientamento al mercato dell’attività della popolazione rurale.³³ Questi esempi dimostrano come sia importante analizzare nella loro specificità le forme in cui si manifesta la proprietà della terra, al fine di cogliere in modo corretto la natura dei rapporti sociali ed economici che ne derivano. Se per l’arco alpino in generale pare riscontrabile tra tardo medioevo ed età moderna un allentamento dei vincoli signorili sulla terra diversi da quelli di natura economico-patrimoniale, le forme aziendali che emergono e si perpetuano fino all’età contemporanea sono tuttavia, per dimensioni, struttura, status giuridico e orientamenti produttivi, decisamente diversificate.³⁴ Per quanto riguarda la posizione giuridica e politica del ceto contadino in senso più ampio invece, nel caso svizzero la stretta connessione tra libertà individuali e forme istituzionali è nota e costituisce un consolidato topos storiografico.³⁵ Ma, come accennato, anche in Tirolo i contadini godevano, a partire dalla fine del medioevo, di prerogative peculiari. Da un lato era andata affermandosi una forma di contratto enfiteutico, la Erbpacht, che, riconosciuta dalle diverse Landesordnungen fin dal XV secolo, definiva in modo chiaro e piuttosto stabile nel tempo i rapporti tra proprietari e conduttori, con precise garanzie per questi ultimi e con un graduale venir meno degli obblighi accessori di natura feudale.³⁶ Il ceto contadino disponeva inoltre di
Ibid., pp. 115 – 118. Aleksander Panjek, Not Demesne but Money: Lord and Peasant Economies in Early Modern Western Slovenia, in: Agricultural History Review 59, 2011, pp. 293 – 311. Jon Mathieu delinea due modelli di ordinamento agrario prevalenti in area alpina nel XIX secolo: quello delle Alpi orientali, caratterizzato dalla prevalenza di aziende di grandi dimensioni e da un sistema di relazioni definito “feudale”, e quello delle Alpi occidentali, in cui domina la piccola proprietà e istituzioni di tipo comunale. Nelle manifestazioni storiche emergono poi forme intermedie tra questi due poli. Cfr. Mathieu, Geschichte der Alpen, pp. 129 – 148. Cfr. ad esempio Jean-François Bergier, Guillaume Tell, Paris 1988. Cfr. Hermann Wopfner, Beiträge zur Geschichte der freien bäuerliche Erbleihe in Deutschtirol im Mittelalter, Breslau 1903, pp. 58 – 60; idem, Bergbauernbuch: Von Arbeit und Leben des Tiroler Bauer, 3 voll., Innsbruck 1995 – 1997, vol. I, pp. 456 – 476; Otto Stolz, Rechtsgeschichte des Bauernstandes und der Landwirtschaft in Tirol und Vorarlberg, Bozen 1949, pp. 224ss. Nella parte più meridionale del Land, tanto nei territori del principato vescovile di Trento, quanto in quelli asburgici, la situazione del ceto contadino era più debole, caratterizzata dal prevalere di dimensioni aziendali molto piccole e forme contrattuali diversificate. Si veda Andrea Leonardi, Rapporti tra proprietà, impresa e mano d’opera nell’area trentina lungo i secoli XVIII e XIX, in: Rapporti tra proprietà, impresa e mano d’opera nell’agricoltura italiana del IX secolo all’Unità, Verona 1984, pp. 402– 422. Sulla questione cfr. ora anche Andrea Bonoldi / Alessio Fornasin, Continuità e cambiamento. Economia e istituzioni
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una specifica rappresentanza nella Dieta provinciale accanto a clero, aristocrazia e città.³⁷ Una situazione dunque almeno formalmente privilegiata rispetto ad altre realtà non solo alpine, che si spiega anche con l’intento perseguito dai conti del Tirolo fin dal XIII secolo, e portato avanti dagli Asburgo, di limitare le prerogative della signoria rurale – casate nobiliari, principi vescovi etc. – allo scopo di affermare la propria egemonia come signori territoriali.³⁸
Staatswerdung ed economia L’influenza esercitata dagli assetti istituzionali sulle economie alpine può senz’altro essere letta nell’ottica del processo di formazione dello stato moderno, iniziato nel medioevo e culminato tra Sette- e Ottocento. Sebbene con significative eccezioni – ancora una volta, il contesto svizzero fa storia a sé – la tendenza di fondo è quella di un generale, per quanto non univoco trasferimento di competenze politiche, giudiziarie e amministrative da una moltitudine di soggetti locali³⁹ – famiglie nobiliari, istituzioni religiose, comunità – a strutture riconducibili a un’organizzazione statuale accentrata in forma gerarchica, che assunse dapprima la forma degli stati regionali, per poi completarsi negli stati nazionali, con centri decisionali posti al di fuori delle Alpi. Non si intende certo qui riproporre un’immagine stereotipata e idealizzata, che a tratti tende a riemergere nella storiografia e nel discorso pubblico, di una società alpina autogestita da comunità formate da soggetti liberi ed eguali, fortemente coese al proprio interno, la cui identità sarebbe stata messa in pericolo dall’avanzare della modernità, anche politica.⁴⁰ In realtà, i conflitti e le forti disuguaglianze non mancavano certo.⁴¹ Quello che sembra realizzarsi in forma compiuta tra Sette- e Ottocento è tuttavia un modello di stato progettato e calato dall’alto e da fuori, che si nello spazio rurale alpino in Friuli e Tirolo, secoli XVI–XIX, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 20, 2015, pp. 149 – 168. Werner Köfler, Geschichte der Tiroler Landtage von den Anfängen bis 1808, Innsbruck 1985, pp. 27– 34. Michael Mitterauer, Ständegliederung und Ländertypen, in: Ernst Brückmüller / Michael Mitterauer / Helmut Stradal, Herrschaftsstruktur und Ständebildung 3: Beiträge zur Typologie der österreichischen Länder aus ihre mittelalterliche Grundlagen, München 1973, pp. 115 – 203, pp. 192s. Per uno studio di ampio respiro sull’evoluzione del sistema normativo tirolese, si veda Martin Schennach, Gesetz und Herrschaft. Die Entstehung des Gesetzgebungsstaates am Beispiel Tirols, Köln / Wien / Weimar 2010. Poteri che trovavano la loro garanzia, formale e ideologica, nel riferimento a due grandi poli di legittimazione esterni, il Papato e l’Impero. Schiera, L’autonomia locale, p. 13. Anselm Zurfluh, Gibt es den “homo alpinus”? III: Einige anthropo-historische Bemerkungen, in: Geschichte und Region / Storia e Regione 6, 1997, pp. 309 – 342. Alquanto convincente su questo punto Luca Mocarelli, Spazi e diritti collettivi nelle aree montane: qualche riflessione su Alpi e Appennini in età moderna, in: Proposte e ricerche 36, 2013, pp. 173 – 202, qui pp. 187– 190.
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fonda su di una logica radicalmente diversa da quella di un complesso di poteri e vincoli normativi sedimentatisi nel corso dei secoli, e che venivano percepiti dalle popolazioni alpine come un realtà quasi naturale. Da qui i diversi tentativi di reazione, spesso poco fortunati, delle comunità alpine alle riforme dello status politico succedutesi in particolare tra XVIII e XIX secolo.⁴² Una chiave di lettura che potrebbe aiutare a inquadrare tale dinamica potrebbe essere quella del dualismo centro-periferia, inteso nella sua plurima accezione politica, economica e culturale.⁴³ Quando i territori alpini sono centro di un sistema, e quando ne sono periferia? Sotto il profilo politico, si tratta di chiedersi, in un contesto di poteri e competenze che si sovrappongono e convivono, fino a quando le decisioni fondamentali della politica territoriale – legislazione, finanza pubblica, amministrazione, giustizia, difesa – restano sotto il controllo di istanze locali, e quando invece prevalgono poteri, interessi e modelli esterni alla realtà alpina.⁴⁴ Non si tratta qui soltanto di mettere in luce la scontata traiettoria verso lo stato moderno, con la sua omogeneizzazione complessiva della macchina di governo guidata da centri lontani (Parigi, Vienna), ma anche di prendere in esame quelle molteplici realtà per cui ampie porzioni della montagna alpina e prealpina in diverse epoche sono state dipendenti, sotto il profilo politico ed economico, da centri di pianura (Verona, Vicenza, Torino etc.).⁴⁵ I processi di riorganizzazione politica in area alpina vedono sul finire del medioevo da un lato il consolidarsi di alcuni stati territoriali – Savoia, Tirolo, Terraferma Veneta, Ducato di Milano – dall’altro l’affermarsi di forme federative basate sul ruolo delle comunità – dal Vallese orientale alla Svizzera centrale, ai Grigioni – definitesi
Riforme che non necessariamente venivano promosse da grandi stati centralisti. Si vedano ad esempio le motivazioni opposte all’epoca da due comunità alpine – la val di Fiemme e la Valtellina – ai tentativi di riforma delle costituzioni tradizionali intentati rispettivamente dal principe vescovo di Trento e dai Grigionesi, in: Cesare Mozzarelli, Forme della politica e ordine della società. Trentino e Valtellina tra XVIII e XIX secolo, in: Idem (a cura di), L’ordine di una società alpina. Tre studi e un documento sull’antico regime nel principato vescovile di Trento, Milano 1988, pp. 143 – 158. Sulla posizione di centralità o marginalità delle Alpi in diverse fasi storiche, si veda Jean-François Bergier, Le cycle médiéval: des sociétés féodal aux états territoriaux, in: Guichonnet (a cura di), Historie et civilistaion des Alpes, I, Destin historique, pp. 163 – 264 e le valutazioni in parte diverse dello stesso Bergier in Territorio, economia e società. Una riflessione critica su come la categoria di centralità sia stata applicata al caso alpino in Anne Radeff / Georges Nicolas, Des Alpes périphériques aux centralités-décentralites alpines, in: Marie-Claude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (a cura di), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum, Brig 2014, pp. 25 – 78. Cfr. Schiera, L’autonomia locale, pp. 40 – 47; Mathieu, Geschichte der Alpen, pp. 149 – 196; Andrea Leonardi, Comunità alpine e capacità di autogoverno, in: Archivio Scialoja–Bolla. Annali di studi sulla proprietà collettiva 2015/2, pp. 1– 18. Per periodi diversi, cfr. Gian Maria Varanini, Le relazioni istituzionali ed economiche fra città e montagna sul versante meridionale delle Alpi orientali nel tardo medioevo: alcuni esempi, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 5, 2000, pp. 125 – 138; Giovanni Levi, Centro e periferia di uno Stato assoluto. Tre saggi su Piemonte e Liguria in età moderna, Torino 1985.
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perlopiù in contrapposizione ai tentativi egemonici dei conti di Savoia a ovest e degli Asburgo a est.⁴⁶ Nella fase di passaggio tra medioevo ed età moderna, le Alpi occidentali videro l’inesorabile rafforzarsi del ruolo del regno di Francia, che gradualmente svuotò le prerogative di autonomia del Delfinato, per poi mettere sotto pressione il ducato di Savoia, che stava a sua volta cercando di irrobustire le strutture statuali.⁴⁷ Sul versante meridionale delle Alpi centrali il ducato di Milano esercitava il suo controllo tra l’Ossola e la Valtellina (passata nel 1512 ai Grigioni)⁴⁸, mentre a nord andava configurandosi la complessa costellazione elvetica. Più a est invece, la politica veneziana di rafforzamento dello stato di terra aveva portato a conquistare Bergamo, Brescia, la Valcamonica, Feltre, Belluno e il Cadore, e con il 1420 il tramonto del Patriarcato di Aquileia portò la Serenissima a estendere il suo controllo anche sulla montagna friulana.⁴⁹ L’area tirolese era divisa tra i principati vescovili di Trento e Bressanone e gli Asburgo, nei cui domini furono col tempo ricomprese anche la Stiria e la Carinzia e, al limite sud-orientale delle Alpi, la contea di Gorizia e la Carniola.⁵⁰ Ma sebbene fosse chiaramente in atto un processo di formazione di stati territoriali, la posizione delle comunità, le franchigie e il ruolo delle strutture signorili nelle diverse realtà restavano piuttosto diversificati.⁵¹
Sul concetto di stato tra basso medioevo ed età moderna, cfr. Jean-Philippe Jenet, État, État moderne, féodalisme d’état: quelques éclaircissements, in: Europa e Italia. Studi in onore di Giorgio Chittolini/Europe and Italy. Studies in honour of Giorgio Chittolini, Firenze 2011, pp. 195 – 205. Rene Favier, Vom alpinen Fürstentum zum Königreich von Frankreich. Der Verlust der Freiheiten der Dauphiné im 16. und 17. Jahrhundert, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 10, 2005, pp. 167– 185; Alessandro Barbero, Il Ducato di Savoia. Amministrazione e corte di uno Stato franco-italiano, Roma / Bari 2002; Davide De Franco, La difesa della libertà. Autonomie alpine nel Delfinato tra continuità e cambiamenti (secoli XVII–XVIII), Milano 2016. Giorgio Chittolini, Principe e comunità alpine in area lombarda alla fine del Medioevo, in: Martinengo (a cura di), Le Alpi per l’Europa, pp. 219 – 235. Gian Maria Varanini, Venezia e l’entroterra (1300 circa – 1420), in: Girolamo Arnaldi / Giorgio Cracco / Alberto Tenenti (a cura di), Storia di Venezia dalle origini alla caduta della Serenissima, III, La formazione dello stato patrizio, Roma 1997, pp. 159 – 236; Michael E. Mallett, La conquista della Terraferma, in: Alberto Tenenti / Ugo Tucci (a cura di), Storia di Venezia dalle origini alla caduta della Serenissima, IV, Il Rinascimento. Politica e cultura, Roma 1996, pp. 181– 244. Jean Berenger, Le Alpi orientali. Gli Asburgo e il pericolo turco, in: Martinengo (a cura di), Le Alpi per l’Europa, pp. 237– 265; Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter (= Österreichische Geschichte 1522– 1699, I), Wien 2003, pp. 30 – 78. Il processo di definizione territoriale che ha avuto luogo nei secoli finali del medioevo nell’area dell’attuale Slovenia è sintetizzato in Peter Štih, Von der Urgeschichte bis zum Ende des Mittelalters, in: Idem / Vasko Simoniti / Peter Vodopivec, Slowenische Geschichte: Gesellschaft – Politik – Kultur, Graz 2008, pp. 14– 118, in particolare pp. 65 – 90. Non si può dunque parlare di un modello unitario di comunità alpina. Mouthon, Les communautés alpines, p. 178; Winkelbauer, Ständefreiheit, pp. 218 – 226; per il caso grigionese Randolph C. Head, Die Bündner Staatsbildung im 16. Jahrhundert: Zwischen Gemeinde und Oligarchie, in Verein für Bündner Kulturforschung (a cura di), Handbuch der Bündner Geschichte, vol. 2: Frühe Neuzeit, Chur 2000, pp. 85 – 112.
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Tra Sette- e Ottocento sarebbero intervenuti due fenomeni strutturali fondamentali a cambiare ulteriormente la condizione delle popolazioni alpine. Da un lato vi fu una generale intensificazione delle pratiche di sfruttamento del territorio, legata alle dinamiche demografiche e a una maggior pervasività dei rapporti di mercato, che avrebbe messo drammaticamente a nudo le debolezze dell’agricoltura di montagna, mentre anche alcune funzioni legate al commercio di transito, fonte di reddito cruciale per diverse vallate alpine, venivano meno.⁵² Dall’altro l’accelerazione nel processo di consolidamento delle competenze dello stato centrale nei territori dell’impero asburgico, in Francia e nei territori sabaudi, mutarono in maniera decisiva il contesto giuridico e fiscale delle economie alpine. L’estendersi del controllo politico-amministrativo dei governi centrali sulle realtà periferiche, accompagnato all’omologazione della codificazione civile e penale e delle pratiche giurisdizionali, portò a una evidente riduzione delle prerogative – in alcune aree ormai solo residuali – della signoria rurale e delle vecchie élite, e alla compressione degli spazi locali di autonomia e autogoverno.⁵³ Anche sotto il profilo fiscale l’accentramento e l’omologazione delle forme di prelievo fu perseguita con tenacia, sia attraverso una più stringente regolazione delle pratiche daziarie⁵⁴, che per mezzo della razionalizzazione dell’imposta fondiaria condotta attraverso i catasti, che paiono anche appresentare la volontà dello stato di esercitare un controllo sempre più capillare sul territorio.⁵⁵ Tra Settecento e metà Ottocento in molte realtà alpine la trasformazione del modello statuale e il processo di omogeneizzazione e codificazione del diritto introdusse così modifiche significative alle basi giuridiche delle forme di proprietà e dei regimi successori.⁵⁶ Un cambiamento che coinvolse anche un ambito di grande
Si prenda ad esempio il tramonto delle fiere di Bolzano: Andrea Bonoldi, The End of the Fair. The Decline of an Alpine Market in the First Half of the Nineteenth Century, in: Idem / Denzel / Leonardi / Lorandini (a cura di), Merchants in Times of Crises, pp. 183 – 203. Decisa e precoce fu, in questo senso, l’azione dello stato sabaudo, che già tra la pace di Utrecht e il 1730 introdusse una serie di riforme che diedero vita a una struttura amministrativa fortemente accentrata. Cfr. Geoffrey Symcox, L’età di Vittorio Amedeo II, in: Pierpaolo Marin / Claudio Rosso / Geoffrey Symcox / Giuseppe Ricuperati, Il Piemonte sabaudo. Stato e territori in età moderna, Torino 1994, pp. 271– 438, in particolare pp. 426 – 429. Per il Tirolo, cfr. Andrea Bonoldi, La fiera e il dazio. Economia e politica commerciale nel Tirolo del secondo Settecento, Trento 1999. Per la Savoia Paul Guichonnet, Le cadastre savoyard de 1738 et son utilisation pour les recherches d’histoire et de géographie sociales, in: Revue de géographie alpine 43, 1955, pp. 255 – 298, mentre per le realtà asburgiche cfr. Werner Drobesch, Bodenerfassung und Bodenbewertung als Teil einer Staatsmodernisierung: Theresianische Steuerrektifikation, Josephinischer Kataster und Franziszeischer Kataster, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 14, 2009, pp. 165 – 183; Marcello Bonazza, Catasto e conoscenza del territorio. Innovazioni tecnologiche e scelte di governo nell’esperienza del teresiano trentino-tirolese, in: Luigi Blanco (a cura di), Le radici dell’autonomia. Conoscenza del territorio e intervento pubblico in Trentino, secc. XVIII–XX, Milano 2005, pp. 25 – 50. Ancora una volta però, l’analisi puntuale mette in luce quanto forte continui a restare la dipendenza dalle pratiche giuridiche affermatesi in precedenza. Cfr. ad esempio Margareth Lanzinger,
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rilevanza per le comunità alpine, come quello relativo alle forme di sfruttamento delle risorse naturali – in primo luogo boschi e pascoli – regolate tradizionalmente da equilibri istituzionali diversificati, con ampi spazi riservati agli usi collettivi⁵⁷. In diverse realtà però, già in precedenza si erano verificati dei mutamenti importanti. Gli studi sulle aree boschive, da cui proveniva una risorsa fondamentale dei flussi commerciali in uscita dalle Alpi, mostrano ad esempio come nel caso tirolese operassero in età moderna imprenditori che dovevano essere in grado di anticipare capitali consistenti per accaparrarsi le concessioni di sfruttamento rilasciate dalla camera arciducale, operando poi su cicli pluriennali, con immobilizzi e spese consistenti.⁵⁸ Una parte importante del patrimonio boschivo tirolese faceva infatti capo al principe territoriale, come conseguenza anche di una precisa azione intrapresa a cavallo del ’500, che aveva portato alla limitazione dei tradizionali diritti di uso che facevano capo alle comunità.⁵⁹ Ciò in primo luogo con l’obiettivo di garantire l’approvvigionamento per le attività minerarie, in particolare per quelle esercitate a Schwaz, Chiusa / Klausen, Rattenberg e Kitzbühel, in forte sviluppo dal Quattrocento, e per l’estrazione del sale a Hall. Erano elementi cardine di questo processo il complesso sistema regolativo, la questione delle competenze e la formazione di società dotate di consistenti capitali per lo sfruttamento del patrimonio minerario, il cui nucleo principale era costituito dalle compagnie di Augsburg, ma che vedeva coinvolti anche personaggi provenienti dalle élite politiche ed economiche locali.⁶⁰
Das gesicherte Erbe. Heirat in lokalen und familialen Kontext. Innichen 1700 – 1900, Wien / Köln / Weimar 2003, in particolare pp. 219 – 258. Il dibattito storiografico sui commons è alquanto vivace, e molti sono i contributi recenti sulla materia. Stimolanti le riflessioni sugli orientamenti generali della ricerca proposte in Angelo Torre, Vittorio Tigrino, Beni e comunità locali: una prospettiva storica, in: Ragion pratica 41, 2013, pp. 333 – 346, nonostante qualche forzatura sull’interpretazione del ruolo dell’analisi neo-istituzionalista. In riferimento a periodi e aree diverse si vedano Mocarelli, Spazi e diritti collettivi; Guido Alfani / Riccardo Rao (a cura di), La gestione delle risorse collettive. Italia settentrionale, secoli XII–XVIII, Milano 2011; Gerhard Siegl, Die Entstehung der Agrargemeinschaften in Tirol unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindegutsagrargemeinschaften. Zur historischen Dimension eines aktuellen Problems, in: Markus Cerman / Erich Landsteiner (a cura di), Zwischen Land und Stadt. Wirtschaftsverflechtungen von ländlichen und städtischen Räumen in Europa 1300 – 1600 (= Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 6/2009), Innsbruck / Wien / Bozen 2010, pp. 218 – 240; Marc Ortolani (a cura di), Propriété individuelle et collective dans les États de Savoie, Nice 2012. Cfr. Katia Occhi, Boschi e mercanti. Traffici di legname tra la contea del Tirolo e la repubblica di Venezia (secoli XVI–XVII), Bologna 2006, nonché la panoramica offerta dalla stessa autrice in questo volume. Klaus Brandstätter / Gerhard Siegl, Waldnutzungskonflikte und nachhaltige Waldbewirtschaftung in Tirol vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 19, 2014, pp. 145 – 162. Ancora assai utile la sintesi proposta in Hermann Kellenbenz, L’area alpina centrale. Aspetti della concentrazione di capitali nell’estrazione di metalli nobili e metalli non ferrosi, in: Martinengo, Le Alpi per l’Europa, pp. 109 – 137.
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In area tirolese le proprietà collettive erano un fenomeno diffuso, testimoniato nella parte meridionale del paese anche dalla produzione di numerose “Carte di Regola”, atti normativi che definivano per le singole comunità limiti e modalità di sfruttamento di tali risorse.⁶¹ Ma a partire dall’età teresiana, passando per il periodo napoleonico⁶² e la restaurazione, l’uniformazione del diritto civile da un lato e il tentativo di aumentare la produttività del suolo dall’altro portarono a una decisa limitazione di tale modello, anche se diverse realtà di gestione comune delle risorse sono sopravvissute, in forme diverse, fino ad oggi.⁶³ Nel caso delle aree che ricadevano sotto il dominio della Serenissima – Lombardia orientale, Veneto, Friuli – emerge come le zone montane abbiano subito meno di altre realtà gli effetti delle alienazioni dei beni comunali promosse per ragioni di finanza pubblica da Venezia tra il 1646 e il 1727. I dati relativi al Feltrino, al Bellunese, alla Carnia e al Bergamasco mostrano infatti un’incidenza sensibilmente minore dei provvedimenti rispetto alle aree di pianura, e anche gli interventi di età napoleonica e della prima metà dell’Ottocento – in particolare quello del 1839 – toccarono in modo meno pesante la montagna.⁶⁴ Nel caso svizzero invece, la permanenza di forme tradizionali di gestione collettiva delle risorse – con significative barriere all’ingesso – è stata garantita anche dopo l’età napoleonica dall’istituzione del dualismo comunale, che introdusse la distinzione tra il comune “patriziale”, che continuava a controllare l’accesso a parti importanti delle risorse in favore dei bourgeois locali, e il comune politico.⁶⁵ Marco Casari, Emergence of Endogenous Legal Institutions: Property Rights and Community Governance in the Italian Alps, in: Journal of Economic History 67, 2007, pp. 191– 226; Marco Casari / Maurizio Lisciandra, L’evoluzione della trasmissione ereditaria delle risorse collettive in Trentino tra i secoli XIII e XIX, in Alfani / Rao (a cura di), La gestione, pp. 17– 31; Mauro Nequirito, La montagna condivisa: l’utilizzo collettivo dei boschi e dei pascoli in Trentino dalle riforme settecentesche al primo novecento (= Archivio Scialoja-Bolla. Annali di studi sulla proprietà collettiva 2010/2), Milano 2010. Il 26 marzo del 1810, il Giudizio distrettuale di Riva del Garda così scriveva alla Commissione amministrativa provvisoria, che per conto del regno italico napoleonico aveva appena assunto il controllo della parte meridionale del Tirolo: “Le molteplici, salutari alienazioni dei beni, ed ispecie delle selve e dei monti comunali, eccitano nel popolo il più pericoloso malcontento generale […] La plebe, che niente ha da perdere comunque sieno per essere le circostanze, e che godeva fin qui gratuitamente li boschi, e monti delle Comuni, va nelle escandescenze contro le alienazioni…”. Thomas Albrich / Stefano Barbacetto / Andrea Bonoldi / Wolfgang Meixner / Gerhard Siegl (a cura di), Stimmungs- und Administrationsberichte aus Tirol 1806 – 1823 / Stati d’animo e situazione amministrativa in Tirolo: relazioni 1806 – 1823, Innsbruck 2012, n. 30, pp. 160s. Bonoldi / Fornasin, Continuità e cambiamento, p. 159. Stefano Barbacetto, “La più gelosa delle pubbliche regalie”. I “beni communali” della repubblica Veneta tra dominio della Signoria e diritti delle comunità (secoli XV–XVIII), Venezia 2008. Ancora valido a proposito Pio Caroni, Le origini del dualismo comunale svizzero: genesi e sviluppo della legislazione sui comuni promulgata dalla Repubblica Elvetica, con speciale riguardo allo sviluppo ticinese, Milano 1964; cfr. anche Louis Carlen, Die Bürgergemeinde in der Schweiz. Gestern – heute – morgen, Freiburg 1988. In generale sul modello delle proprietà collettive in Svizzera, stimolanti e provocatorie le osservazioni contenute in Carlo Lottieri, Property, Common Property and
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Anche in questo caso dunque, per comprendere la rilevanza economica delle proprietà collettive e le conseguenze della loro contrazione, è necessario procedere a verifiche puntuali. Se da un lato la loro incidenza relativa sul totale delle risorse delle comunità era piuttosto eterogenea nelle diverse realtà alpine, dall’altro non bisogna dimenticare come una parte della popolazione restasse comunque esclusa dal loro godimento. Sotto il profilo normativo, un capitolo particolarmente complesso è quello relativo alle attività minerarie e all’estrazione del sale. Al di là della dimensione squisitamente giuridica in merito ai diritti di sfruttamento, il fatto che si trattasse di risorse di grande rilevanza economica ne aveva fatto un ambito privilegiato di intervento dei signori territoriali, che esercitavano la regia delle attività estrattive in proprio, o più spesso mediante appalti.⁶⁶ Anche in questo caso però, le strategie di gestione delle risorse sono piuttosto diversificate, come dimostrano ad esempio le differenti traiettorie seguite dalle miniere di salgemma di Reichenhall, Hallein e Berchtesgaden, che pur assai vicine geograficamente sottostavano a sovranità distinte⁶⁷, o il complesso sistema legato all’estrazione e lavorazione del minerale ferroso nella Lombardia orientale.⁶⁸ In generale, l’accentramento delle competenze nell’apparato statale incide comunque in modo rilevante sui sistemi di regole che condizionano l’interazione sociale ed economica. Fintanto che le norme e le organizzazioni preposte a produrle e a controllarne l’applicazione erano in parte importante espressione della realtà locale, queste riflettevano le sensibilità – e anche i rapporti di forza – presenti sul territorio, venendo percepite in gran parte come proprie dagli attori coinvolti.⁶⁹ Vista la rilevanza che i sistemi normativi e la loro applicazione hanno per i processi economici, risulta pertanto importante rilevare sia le modalità di produzione delle norme, che le forme di amministrazione della giustizia. Anche in questo contesto, in area alpina le pratiche sono numerose e diversificate, e vanno da un ampio ricorso a regole consuetudinarie applicate da assemblee locali espressione diretta della comunità, fino
Institutional Competition: Some Lessons from Switzerland, in: Konrad Hummler / Alberto Mingardi (a cura di), Europe, Switzerland and the Future of Freedom. Essays in Honour of Tito Tettamanti, Torino 2015, pp. 243 – 260. Kellenbenz, L’area alpina centrale; Helfried Valentinitsch, Das landesfürstliche Quecksilberbergwerk Idria 1575 – 1659, Graz 1981. Johannes Lang, Drei Länder – drei Strategien: Ressourcen als Mittel der Konkurrenz in Bayern, Salzburg und Berchtesgaden, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 19, 2014, pp. 179 – 198. Luca Mocarelli, La lavorazione del ferro nel Bresciano tra continuità e mutamento (1750 – 1914), in: Giovanni Luigi Fontana (a cura di), Le vie dell’industrializzazione europea. Sistemi a confronto, Bologna 1997, pp. 721– 760; e, per una panoramica di lungo periodo sull’estrazione del ferro in area alpina, Marie-Christine Bailly-Maître / Alain Ploquin (a cura di), Le fer dans les Alpes du Moyen-Age au XIXe siècle: Actes du colloque international de Saint-Georges-d’Hurtières, 22– 25 octobre 1998, Montagnac 2001. Mozzarelli, Forme della politica; Leonardi, Comunità alpine.
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alle più raffinate forme del diritto romano e canonistico messe in atto da personale giudiziario professionale nominato dal principe territoriale, e alle giurisdizioni speciali di mercanti e corporazioni.⁷⁰ Risulta pertanto importante comprendere quale sia il modello di giustizia applicato in un determinato contesto, e come interagisca con le attività economiche. Nel far ciò però, non ci si può attenere soltanto al contenuto formale delle fonti normative ma bisognerà ricercare, ove possibile, le modalità effettive con cui le norme venivano applicate.⁷¹ L’avanzata dello stato moderno modificò dunque anche nell’area alpina alcuni tratti di fondo delle società locali, cambiando la natura dei diritti di proprietà, le norme di regolazione, la giurisdizione, le forme e i modi della fiscalità, i processi decisionali della politica, con riflessi importanti sulle attività produttive e sugli scambi. Per comprendere i quali, occorrerà anche chiedersi quanto le conseguenze economiche delle decisioni politiche fossero il frutto di un disegno voluto e mirato a favorire determinati sviluppi sul territorio, e quanto invece il risultato non intenzionale di azioni intraprese sotto la pressione contingente di motivazioni di natura essenzialmente fiscale.
La “Alpi aperte”: forme di organizzazione dei trasporti Anche le possibilità di sviluppo degli scambi commerciali a distanza – che hanno costituito un fattore importante per molte realtà dell’arco alpino – sono state condizionate in modo rilevante dalla natura delle istituzioni presenti.⁷² Significativa, sotto questo profilo, l’analisi di Pio Caroni sulla penetrazione del diritto comune di derivazione romanistica in area elvetica, nella quale l’autore evidenzia come il fatto che in età moderna tale processo sia stato piuttosto vischioso dipendeva anche dalla costituzione politica peculiare della Svizzera. L’idea di una dimensione in qualche modo partecipata da parte della comunità anche all’amministrazione della giustizia – come era stata a lungo nelle forme consuetudinarie dell’area alpina – strideva con la pretesa di uniformità, omologazione e professionalizzazione del diritto tipiche della cultura giusromanistica. Pio Caroni, Ius romanum in Helvetia: a che punto siamo?, in: Europa e Italia. Studi in onore di Giorgio Chittolini, pp. 55 – 79. Per utili indicazioni sui modelli di giustizia in area alpina cfr. Nicolas Carrier, Les communautés montagnardes et la justice dans les Alpes nord-occidentales à la fin du Moyen Âge, in: Cahiers de recherches médiévales et humanistes 10, 2003, pp. 89 – 118, e Marco Bellabarba, La giustizia ai confini: il principato vescovile di Trento nella prima età moderna, Bologna 1996. Cfr. Andrea Bonoldi, Mercanti a processo: la risoluzione delle controversie tra operatori alle fiere di Bolzano (secc. XVII–XVIII), in: Idem / Andrea Leonardi / Katia Occhi (a cura di), Interessi e regole: operatori e istituzioni nel commercio transalpino in età moderna (secoli XVI–XIX), Bologna 2012, pp. 29 – 58. Non a caso, una parte importante del dibattito sulle istituzioni è ruotato attorno all’attività mercantile. Si vedano lavori cruciali come Avner Greif, Institutions and the Path to the Modern Economy: Lessons from Medieval Trade, New York 2006, e Sheilagh Ogilvie, Institutions and European Trade.
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Per quanto riguarda i riflessi della politica sull’attività mercantile, in un saggio pubblicato nel 2010, Marie-Claude Schöpfer Pfaffen si chiedeva se fosse possibile parlare per il Medioevo di Verkehrspolitik, ossia di una politica dei trasporti intesa nel senso ampio di circolazione dei beni. Sotto questa accezione l’autrice indicava tutte quelle misure messe in atto da forze politiche ed economiche intese a generare, promuovere, limitare, condizionare o regolamentare la circolazione dei beni in favore di persone o istituzioni specifiche. Tra gli strumenti principali di questa azione vi erano le competenze del sovrano (regalie), da cui derivavano ambiti come quello della politica daziaria, delle condotte e stradale, cui concorrevano anche gli interventi in ambito infrastrutturale e di regolazione di fiere e mercati.⁷³ Una definizione che, oltre a calzare anche per l’età moderna, mette bene in luce quanto ampi e articolati fossero gli ambiti di intervento. Confrontando due casi vicini, ma per molti aspetti diversi, come Berna e il Vallese nel medioevo, l’autrice giunge a concludere che difficilmente si può parlare di una politica organicamente tesa a favorire lo sviluppo dei transiti sul territorio, ma come in ambiti specifici e per particolari categorie di operatori si possano individuare provvedimenti puntuali che comunque hanno sortito effetti di rilievo.⁷⁴ Una tesi che merita di essere verificata anche in altri contesti. Anche nel settore mercantile – in particolare per la parte legata al commercio di transito, così importante per l’area alpina⁷⁵ – le norme che regolavano l’attività e che plasmavano le sue forme organizzative erano frutto della dialettica tra vincoli imposti d’autorità e azione autonoma degli operatori. Ciò in un settore che per funzionare aveva bisogno di una rete integrata di servizi (trasporti, magazzini e locande, sistemi postali, trasferimento di denaro, etc.) e di imprenditori capaci di coglierne le opportunità. Un esempio significativo in questo senso è quello costituito dalle modalità con cui erano organizzati i servizi di trasporto delle merci lungo le principali direttrici di superamento delle Alpi, servizi che garantivano importanti integrazioni di reddito alla popolazione dei territori attraversati. In alcuni studi proposti negli
“Unter Verkehrspolitik des Mittelalters soll die Gesamtheit der Massnahmen verstanden werden, durch welche politische und wirtschaftliche Kräfte im weitesten Sinn den Verkehr und Verkehrselemente in einer bestimmten Personen und Institutionen günstigen Weise zu generieren, fördern, beschränken, lenken oder regeln suchten. Zu den Hauptinstrumenten der Verkehrspolitik gehörten die Verkehrsregalien, aus welchen sich die verkehrspolitischen Subdisziplinen der Zoll-, Geleit-, und Straßenpolitik ableiten lassen, welche wiederum ergänzt werden durch eine Verkehrsinfrastruktur sowie eine Märkte- und, wo vorhanden, Messepolitik.” Marie-Claude Schöpfer Pfaffen, Verkehrspolitik im Mittelalter? Bernische und Walliser Akteure als Gradmesser einer grundsätzlichen Evaluierung, in: Hans-Ulrich Schiedt / Laurent Tissot / Christoph Maria Merki / Rainer C. Schwinges (a cura di), Verkehrsgeschichte / Histoire des transports, Zürich 2010, pp. 71– 81, qui p. 73. Per un’analisi più ampia, cfr. Marie-Claude Schöpfer Pfaffen, Verkehrspolitik im Mittelalter. Bernische und Walliser Akteure, Netzwerke und Strategien, Ostfildern 2011. Thomas Szabó, L’economia dei transiti negli insediamenti alpini, in: Enrico Lusso (a cura di), Attività economiche e sviluppi insediativi nell’Italia dei secoli XI–XV: omaggio a Giuliano Pinto, Cherasco 2014, pp. 29 – 53.
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anni Settanta e Ottanta del secolo scorso da Pio Caroni, veniva messo in rilievo per il caso svizzero il ruolo delle Säumergenossenschaften, le corporazioni di someggiatori, dette anche porti nelle aree di lingua italiana, e si analizzava l’organizzazione del trasporto attraverso i passi alpini e il ruolo delle comunità locali. Gli esempi che Caroni considerava riguardavano il Gottardo (tra Uri e la Leventina), il Vallese e i Grigioni. Segnalando similitudini e differenze tra i sistemi, Caroni giunge a conclusioni convincenti, rifuggendo le posizioni estreme di analisi precedenti. Laddove queste oscillavano tra l’impossibilità per i membri dei porti di rifiutare il trasporto delle merci proposte dai mercanti e la più totale libertà d’azione, Caroni definiva invece un quadro realistico e variegato del funzionamento di queste istituzioni e del loro ancoraggio all’attività agricola.⁷⁶ I problemi di stabilità nel tempo che lo storico del diritto svizzero comunque evidenziava per questo tipo di istituzioni trovano riscontri simili anche in Tirolo, in particolare per quanto riguarda le numerose lamentele dei mercanti in merito alle rigidità imposte dal sistema del Rodfuhrwesen e in generale dai privilegi sui trasporti, compresa la navigazione sull’Adige. Ai mercanti – molti dei quali stranieri – che in età medievale e moderna operavano sulla via del Brennero e sulla piazza bolzanina interessava soprattutto poter disporre di soluzioni pratiche e poco costose. Lo si evince anche dalle osservazioni in merito ad alcuni fantasiosi progetti, come quello, ripreso e abbandonato più volte tra il ’600 e l’800, di collegare per mezzo di un canale navigabile Bolzano con l’Adige.⁷⁷ Garantire il traffico via acqua fino alla città sede di fiera, sarebbe non solo stato comodo di per sé, ma avrebbe anche evitato l’intermediazione del rodolo di Laives, che con i suoi carri faceva la spola con Bronzolo, il capolinea della navigazione sull’Adige. Per contrastare la potenziale opposizione dei carrettieri, i mercanti tentavano, in una missiva inviata a Vienna nel 1743, di metterne in discussione il privilegio, anche facendo riferimento agli equilibri socio-economici del territorio: Tanto più, che sendo la maggior Parte de’ Beni di Leivers, Bronzolo e contorni in dominio de’ Cavalieri, Mercanti, Cittadini ed altri particolari li quali sono anche padroni / S.V./ del Bestiame, sentirebbero con piacere abollito il Rotolo di Leivers; non tornando loro a conto che li contadini, invece di lavorare li terreni, ed ingrassandoli, vadano così spesso conducendo mercanzie per le strade, ove lasciano /S. V./ il lettame, che servir dovrebbe per ingrassare li terreni. Onde, avendo luogo l’idea, ridonderebbe questa in notabile beneficio dell’Agricoltura di quel Paese⁷⁸
Alcuni decenni dopo, nel 1781, un funzionario del dazio calcolava che facessero parte del rodolo di Laives 32 carrettieri, che compivano almeno 36 viaggi annui a testa, ossia in tutto 1152 viaggi, mentre quelli di Bronzolo che erano 16, facevano 20 viaggi Caroni, Dorfgemeinschaften. Cfr. Guido Canali, I trasporti sull’Adige da Bronzolo a Verona e gli spedizionieri di Sacco, in: Archivio per l’Alto Adige 37, 1939, II, pp. 273 – 402, qui pp. 383 – 385. Francesco Giuseppe Rosmini a Corte, 3 novembre 1743. Archivio Provinciale di Bolzano, Archivio del Magistrato Mercantile, 3.7.16, ff. 228 – 249, f. 244 r-v.
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in media all’anno a testa, per totali 320 volte, con un costo totale di 6504 fiorini annui, che sarebbero stati risparmiati in caso di costruzione del canale (che poi, per inciso, non si fece).⁷⁹ Anche qui ci si trova di fronte a un conflitto tra i mercanti, che miravano soprattutto a ridurre i costi di trasporto e a garantire la flessibilità del servizio, e le comunità locali, che non volevano rinunciare a un’integrazione importante dei redditi agricoli. Rispetto al caso svizzero però non soltanto le caratteristiche tecniche del trasporto erano diverse (strade carrozzabili e fiumi in parte navigabili rispetto a itinerari per molto tempo percorribili solo con animali da soma), ma vi era anche il fatto che il principe territoriale esercitava un controllo generale su tutta l’attività di trasporto tirolese, in una situazione dunque meno frammentata rispetto a quanto accadeva nelle realtà elvetiche.⁸⁰ Anche queste forme organizzative, che a lungo garantirono flussi significativi di traffico, erano però legate a una concezione dell’esercizio delle attività economiche in cui giocavano un ruolo importante esenzioni, privilegi e monopoli concessi dal potere a singoli soggetti e organizzazioni. Principi destinati a essere cancellati dalle trasformazioni in atto nel sistema economico e dalla nuova visione dello stato affermatasi tra l’assolutismo illuminato tardo settecentesco, l’età napoleonica e la restaurazione.⁸¹
Famiglia e reti parentali In conclusione, siano consentite ancora alcune considerazioni sul ruolo della famiglia. S’è detto come la dimensione familiare rappresentasse un nodo in cui funzioni riproduttive, patrimoniali, di welfare, divisione del lavoro e formazione del capitale umano si intrecciavano strettamente. Ciò valeva anche, e verrebbe da dire in particolare, per le società alpine. Si tratta dunque di mettere in luce quale sia stato effettivamente il peso relativo delle reti parentali nel definire vincoli e opportunità nell’ambito delle decisioni economiche, o se non abbiano contato di più i condizionamenti esercitati dal gruppo sociale di appartenenza, dalla comunità, o ancora se, nella prospettiva prevalente della scienza economica contemporanea, abbia avuto un qualche rilievo il ruolo dell’individuo che massimizza una sua specifica funzione di utilità.
Archivio Provinciale di Bolzano, Archivio del Magistrato Mercantile, 3.7.31, cc. 1002r–1009v. Otto Stolz, Geschichte des Zollwesens, Verkehrs und Handels in Tirol und Vorarlberg von den Anfängen bis zum XX. Jahrhundert, Innsbruck 1953, pp. 240 – 254. Bonoldi, The End of the Fair. Sul ruolo di fiere e mercati in area alpina Markus A. Denzel, Märkte und Messen im vorindustriellen Alpenraum. Ihre Bedeutung für den trans- und inneralpinen Handelsverkehr, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 21, 2016 (in corso di stampa).
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Come s’è visto, la ricerca storica e antropologica sulla famiglia in area alpina continua a produrre risultati importanti⁸², mentre in anni recenti si sono aggiunte nuove sensibilità, con l’ingresso dell’approccio di genere anche negli studi alpini.⁸³ Diversi di questi lavori mettono in luce la centralità della figura femminile in economie dove la divisione del lavoro su base familiare e la mobilità di alcuni componenti della famiglia assegnava alle donne un ruolo importante anche nei processi decisionali. Per quanto riguarda la possibilità delle famiglie di scegliere tra diverse strategie economiche e patrimoniali, le letture proposte dalla storiografia variano alquanto. Sia Dionigi Albera che, in ambiti diversi, Margareth Lanzinger, tendono ad esempio a inserire la famiglia alpina in una rete di condizionamenti alquanto serrata, che ne delimita in modo evidente le possibilità d’azione.⁸⁴ Piuttosto differente invece l’approccio proposto da Laurence Fontaine, che sulla base di alcuni studi di caso delle Alpi occidentali propende ad assegnare alla famiglia la possibilità di disegnare strategie flessibili e diversificate, a seconda delle esigenze del momento. Così, ad esempio, si può scegliere tra forme di successione assai diverse tra loro.⁸⁵
Conclusioni Dunque le istituzioni contano, anche in area alpina. Da questa incompleta rassegna di possibili applicazioni di un’analisi istituzionale, scaturiscono diversi interrogativi sulle modalità organizzative dell’economia alpina e sui suoi legami con le strutture sociali. Una questione che inevitabilmente si pone è quanto forme relativamente evolute di integrazione di mercato e azione imprenditoriale orientata al profitto e all’accu-
Cfr. la letteratura citata a n. 13. Pionieristici in questo ambito gli studi di Anne-Lise Head-König – tra i tanti Anne-Lise HeadKönig / Liliane Mottu-Weber, Femmes et discriminations en Suisse: le poids de l’histoire, XVe – début XXe siecle (droit, education, economie, justice), Genève 1999. Si segnalano inoltre Sandro Guzzi Heeb, Donne, uomini, parentela. Casati alpini nell’Europa preindustriale (1650 – 1850), Torino 2007; Siglinde Clementi, Zur Ökonomie der Ehre. Heiratsgüter in Tirol um 1600, in: Geschichte und Region / Storia e regione 19, 2010, 1, pp. 109 – 122; i lavori pubblicati nella raccolta Valsangiacomo / Lorenzetti (a cura di), Donne e lavoro; Margareth Lanzinger, Das gesicherte Erbe; eadem, Verwaltete Verwandtschaft. Eheverbote, kirchliche und staatliche Dispenspraxis im 18. und 19. Jahrhundert, Wien / Köln / Weimar, 2015; Anne Montenach, Gender and Luxury in eighteenth-century Grenoble: From Legal Exchanges to Shadow Economy, in: Marjo Kaartinen / Anne Montenach / Deborah Simonton (a cura di), Luxury and Gender in European Towns, 1700 – 1914, New York 2014, pp. 39 – 56. Dionigi Albera, Au fil des générations; Lanzinger, Verwaltete Verwandtschaft Laurence Fontaine, Devoluzione dei beni nelle valli alpine del Delfinato (XVII–XVIII secolo), in: Quaderni Storici 30, 1995, pp. 135 – 154.
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mulazione siano riscontrabili nell’epoca qui considerata in area alpina⁸⁶, e quale peso relativo abbiano avuto rispetto a forme di attività economica altrimenti orientate, caratterizzate da scambi prevalentemente locali, magari interni a reti parentali e di vicinato, elevati tassi di autoproduzione, uso limitato della moneta, risorse collettive etc. Senza peraltro escludere che le due modalità convivessero fianco a fianco in diversi contesti.⁸⁷ Un altro aspetto ancora riguarda il ruolo delle città e dei borghi alpini, così diversi per molti aspetti rispetto al mondo rurale, e capaci in alcuni casi di esercitare funzioni di centralità rispetto ad aree alpine più o meno vaste, definendo modalità significative di organizzazione dello spazio economico. Affrontare un’impresa scientifica come quella che si presenta in questo volume impone la necessità di fare chiarezza in merito ad alcune fondamentali categorie interpretative della storia economica in relazione alla loro applicazione al caso alpino (lo scambio, la moneta, la razionalità economica, il lavoro etc.). Si ritiene che operare adottando anche un approccio di tipo istituzionale che tenga conto, nella loro varietà e mutabilità nel tempo, dei sistemi che regolano l’interazione tra i soggetti nelle società alpine, possa contribuire a trovare dei fili conduttori che uniscano tra loro i diversi temi del lavoro che si intende intraprendere.
Si veda ad esempio Gabriel Imboden, Kapitalistisches Wirtschaften im häuslichen, regionalen und internationalen Bereich am Beispiel Kaspar Stockalpers vom Thurm, in: Pascal Ladner / Gabriel Imboden (a cura di), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit. Vorträge des siebenten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums, Brig 2004, pp. 137– 160, nonché il contributo dello stesso Imboden nel presente volume. Per l’integrazione delle Alpi nei circuiti della grande finanza internazionale, Markus A. Denzel, Die Bozner Messen und ihr Zahlungsverkehr (1633 – 1850), Bozen 2005. La letteratura sui processi di modernizzazione economica e sociale in area alpina è ampia, e gli approcci diversificati. Cfr. Bätzing, Die Alpen, pp. 65 – 78; Mathieu, Geschichte der Alpen; Pier Paolo Viazzo, Transazioni alla modernità in area alpina. Dicotomie, paradossi questioni aperte, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 12, 2007, pp. 13 – 28; Luigi Lorenzetti, Destini periferici. Modernizzazione, risorse e mercati in Ticino, Valtellina e Vallese, 1850 – 1930, Udine 2010, in particolare pp. 21– 38; Andrea Leonardi, L’Arc Alpin et la révolution industrielle, in: Dumont / Zurfluh (a cura di), L’Arc Alpin, pp. 62– 78.
Alessio Fornasin
La demografia alpina in età preindustriale Interpretazioni, problemi, prospettive Abstract: Since the eighties of the twentieth century, on the basis of a series of innovative research, it has become familiar among scholars the so-called Alpine demographic model, whose pivotal point is the low pressure demographic regime. This regime, which describes the characteristics of a large part of the Alps, is characterized by low levels of mortality and fertility. In this paper I intend to make a contribution to the debate on Alpine demography trying to reason precisely on some of these critical issues related to the model. To achieve this goal, I divided the work into two parts. In the first illustrate the main features of Alpine demographic model according to the principal works dealing with the subject. In the second I assess, in the light of some recent contributions, as the model has been enriched over time and through which routes can be developed in the near future.
1 Introduzione L’interesse per la demografia alpina ha conosciuto nel recente passato un vero e proprio florilegio di studi. In una prima fase a interessarsi del tema sono stati gli antropologi, ben presto seguiti da storici e geografi. L’insieme di questi lavori ha conferito alla demografia delle montagne in generale, e delle Alpi in particolare, delle caratteristiche diverse rispetto ad altri contesti geografico-funzionali, ovvero le campagne del piano e gli ambiti urbani. In questo quadro, quindi, le Alpi rappresentano, se non proprio un panorama demografico omogeneo, un quadro distinto dagli altri a cui, tradizionalmente, si sono rivolti gli studi storico-demografici. Questa particolare “letteratura di montagna” ha dato vita, in aperta rottura con le teorie prevalenti fino agli anni ottanta, a quello che è stato definito il modello demografico alpino, il cui punto cardine è dato dal regime demografico a bassa pressione. Questo regime, che descrive le caratteristiche di gran parte delle Alpi, è caratterizzato da bassi livelli di mortalità e natalità. A distanza di qualche decennio da quando ha cominciato a farsi strada questo modello, sono comparsi numerosi altri lavori che lo approfondiscono sotto diversi profili. Il tema si è dimostrato così vitale da continuare ad attrarre nuovi ricercatori. Così, se non altro per tradizione di studi, possiamo parlare oggi di “demografia alpina”. Alcune letture hanno confermato nelle sue linee essenziali questo modello senza metterne in discussione le
Prof. Dr. Alessio Fornasin, Università degli Studi di Udine, Dipartimento di Scienze Economiche e Statistiche, via Tomadini, 30/A, I-33100 Udine, E-Mail: alessio.fornasin@ uniud.it. DOI 10.1515/9783110522310-005
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caratteristiche principali; altre hanno cominciato a rilevare dei punti critici e a rileggere in chiave nuova alcune sue parti. In questo lavoro intendo dare un contributo al dibattito sulla demografia alpina provando a ragionare proprio su alcuni di questi aspetti critici relativi al modello. Per raggiungere questo obiettivo ho suddiviso il lavoro in due parti. Nella prima illustro le principali caratteristiche del modello demografico alpino secondo la formulazione che ne viene data nei principali lavori che trattano il tema. Nella seconda valuto, alla luce di alcuni contributi più recenti, come il modello si sia arricchito nel corso del tempo e attraverso quali percorsi possa svilupparsi nel prossimo futuro.
2 I capisaldi della demografia alpina Fino agli anni ottanta l’opinione corrente degli studiosi era che la demografia alpina avesse molti punti in comune con quella dei paesi in via di sviluppo.¹ Vale a dire che fosse connotata da alti livelli di natalità a cui corrispondevano elevati livelli di mortalità. A partire da questi stessi anni si è venuto invece affermando un modello demografico alpino speculare a questo, in cui invece dominavano livelli di natalità e di mortalità relativamente bassi. Le origini scientifiche di questa rivisitazione, definita “revisionista” da alcuni suoi fautori, sono individuate già alla fine del XVIII secolo. Il punto di partenza della demografia alpina, e riferimento costante per molti degli studiosi che si sono occupati dell’argomento, sono, infatti, i Principles di Malthus.² In termini generali, nella classica visione di Malthus, la crescita della popolazione finiva per scontrarsi, inevitabilmente, con la scarsità delle risorse. Infatti, mentre le popolazioni tendevano a crescere secondo una progressione di tipo geometrico, le risorse, invece, aumentavano secondo una progressione di tipo aritmetico. Inevitabilmente, quindi, si creava uno stato di scarsità che si annullava solamente quando il rapporto popolazione-risorse trovava un suo equilibrio.
La riflessione sull’evoluzione degli studi demografici sulle Alpi è stata sviluppata sulla scorta di ampie ricerche bibliografiche condotte da Pier Paolo Viazzo in diversi contributi. In questa parte del lavoro riprendo e riassumo molte delle sue conclusioni. Cfr. Pier Paolo Viazzo, Upland Communities Environment, Population and Social Structure in the Alps since the Sixteenth Century, Cambridge 1989; idem, Il modello alpino dieci anni dopo, in: Dionigi Albera / Paola Corti (a cura di), La montagna mediterranea: una fabbrica d’uomini? Mobilità e migrazioni in una prospettiva comparata (secoli XV–XX), Cavallermaggiore 2000, p. 31– 46. Si veda anche Alessio Fornasin / Andrea Zannini, Montagne aperte, popolazioni diverse. Temi e prospettive di demografia storica degli spazi montani, in: Iidem (a cura di), Uomini e comunità delle montagne. Paradigmi e specificità del popolamento dello spazio montano (secoli XVI–XX), Udine 2002, p. 7– 21. Thomas R. Malthus, An Essay on the Principle of Population, London 1798. Il contributo specifico dato da Malthus alla questione non si trova nella prima edizione della sua opera ma nella seconda. Tuttavia è l’edizione del 1798 che rappresenta il framework teorico entro il quale i sui ragionamenti si inserivano.
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Per raggiungere questo equilibrio c’erano due alternative: i “freni repressivi” e i “freni preventivi”. I freni repressivi erano di carattere esogeno: le epidemie, le carestie e le guerre. Essi rappresentavano gli elementi di costrizione che caratterizzavano la mortalità nell’antico regime demografico. I freni preventivi, invece, erano il frutto delle scelte, consapevoli o meno, delle popolazioni e delle comunità.³ Nella logica malthusiana, quindi, queste scelte si potevano limitare alla astinenza sessuale, che nella condotta concreta, considerati i codici comportamentali delle società di antico regime, si traduceva nel posticipo dell’età al matrimonio e nel celibato (o nubilato) definitivo. La demografia alpina, secondo Malthus – egli faceva l’esempio di alcune parrocchie alpine del cantone di Vaud – rappresentava uno dei pochi esempi, e forse il più evidente, di utilizzo dei freni preventivi per sfuggire alla cosiddetta trappola in cui inevitabilmente dovevano cadere tutte le popolazioni che erano in crescita. Il lavoro di Malthus è diventato il primo caposaldo della demografia alpina nel momento in cui, in tempi evidentemente molto più recenti, la sua prospettiva è stata inglobata negli studi dedicati alla montagna. Questa operazione è stata aperta da un antropologo: Robert Netting⁴, il quale, in ottica malthusiana, ha affrontato uno studio demografico-antropologico sulla comunità di Törbel, nel Vallese. La popolazione di questo piccolo villaggio aveva messo a punto un insieme di norme, comportamenti e pratiche tese a preservare il fragile equilibrio tra popolazione e risorse e a perpetuarlo nel tempo. Nella visione di Netting, dunque, il villaggio era un vero e proprio ecosistema. Successivamente a questo, il testo che ha in qualche modo sistematizzato la visione “ecologica” o “omeostatica” della demografia alpina è l’influente volume di Pier Paolo Viazzo del 1989.⁵ Nel suo libro, l’autore sviluppa la tematica della teoria omeostatica sostenendo con forza le ragioni della bassa pressione demografica e mostrando come essa fosse diffusa in tutto l’arco alpino.⁶ Alla ricerca dei meccanismi che giustificano il basso numero dei nati, Viazzo sottolinea il ruolo svolto dalla nuzialità come elemento regolatore della popolazione, mettendo in evidenza come nei distinti contesti ambientali si fossero sviluppati, come conseguenza della diversa calibrazione dell’età al matrimonio e del celibato e nubilato definitivo, quattro diversi modelli di fecondità, che caratterizzavano le Alpi italiane, francesi, svizzere e austriache. Dopo i lavori di Netting e Viazzo gli studi sul tema si Mutuo il ragionamento da Massimo Livi Bacci, Storia minima della popolazione del mondo, Bologna 2011, p. 47– 50. Robert M. C. Netting, Balancing on an Alp. Ecological Change and Continuity in a Swiss Mountain Community, Cambridge 1981. Viazzo, Upland Communities. Come è oramai accettato, questo modello, benché prevalente, non è universale e, anzi, conosce importanti eccezioni, come le aree alpine del bellunese. Cfr. Antonio Lazzarini, Movimenti migratori dalle vallate bellunesi fra Settecento e Ottocento, in: Giovanni Luigi Fontana / Andrea Leonardi / Luigi Trezzi (a cura di), Mobilità imprenditoriale e del lavoro nelle Alpi in età moderna e contemporanea, Milano 1998, p. 193 – 208; Andrea Zannini / Daniele Gazzi, Contadini, emigranti, “colonos”. Tra le Prealpi venete e il Brasile meridionale: storia e demografia, 1780 – 1910, Treviso 2003.
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sono moltiplicati, e hanno mostrato, come ha fatto, ad esempio, Anne-Lise Head König in un suo lavoro del 1996, che modelli diversi di nuzialità convivevano anche all’interno di un medesimo contesto territoriale, in questo caso quello svizzero, a testimonianza della tutt’altro che uniforme caratteristica della demografia alpina.⁷ Lo zoccolo duro a cui pervengono queste analisi rimane però il regime a bassa pressione demografica, attestato ormai in gran parte delle regioni alpine, anche se vi si giungeva in modi molto diversi. “Le comunità dell’arco alpino italiano – scrivono Lorenzetti e Merzario – mostrano […] una sorprendente capacità di articolare i vari sistemi di regolazione, cogliendo le diverse peculiarità e opportunità”.⁸ Un secondo caposaldo della demografia alpina deriva dal ruolo che Braudel aveva assegnato a queste montagne di serbatoio inesauribile di emigranti che andavano a popolare le campagne e le città. Questa visione può essere sintetizzata con la sua frase, resa celebre proprio dagli studiosi delle Alpi, per cui le montagne erano “une fabrique d’hommes à l’usage d’autrui”.⁹ Secondo questa visione, dunque, le Alpi, e le montagne in generale, dal punto di vista demografico erano in grado di generare un notevole surplus di popolazione che era il primo responsabile nel generare importanti flussi migratori. Da questo giudizio di Braudel hanno preso spunto molti studiosi, con la conseguenza di generare una mole imponente di studi dedicati proprio all’emigrazione dalla montagna. Il lavoro che ha rinnovato la visione braudeliana, arricchendola anche di nuove interpretazioni, è l’Histoire du colportage di Laurence Fontaine¹⁰, un libro di grande influenza che ha ispirato numerosi autori, in particolare storici economici. L’attenzione dell’autrice è focalizzata sulle migrazioni legate al piccolo commercio ambulante. Attraverso questa chiave di lettura è però affrontato il tema più complessivo delle migrazioni alpine. Posteriormente a questo lavoro la letteratura sull’argomento si è arricchita di numerosi studi legati a singoli contesti territoriali.¹¹ Un limite che accomuna questi studi è però la complessiva rinuncia a tentare una ricostruzione quantitativa dei flussi migratori che non sia costituita solo da stime di larga massima. La lacuna non è certo casuale ed è imputabile al fatto che le fonti a disposizione degli studiosi offrono poche evidenze quantitative e tali evidenze si riferiscono, solitamente, a singole comunità.¹²
Anne-Lise Head-König, Malthus dans les Alpes: La diversité des systèmes de régulation démographique dans l’arc alpin du XVIe au début du XXe siècle, in: Martin Körner / François Walter (a cura di), Quand la Montagne a aussi une histoire. Mélanges offerts à Jean-François Bergier, Berne 1996, p. 361– 370. Luigi Lorenzetti / Raul Merzario, Il fuoco acceso, Roma 2005, p. 142. Fernand Braudel, La Méditerranée et le monde méditerranéen à l’époque de Philippe II, Paris 1966, p. 46. Laurence Fontaine, Histoire du colportage en Europe XVe–XIXe siècle, Paris 1993. Per una rassegna bibliografica rimando a Alessio Fornasin, Ambulanti, artigiani e mercanti. L’emigrazione dalla Carnia in età moderna, Verona 1998. Altri lavori hanno letto l’emigrazione utilizzando degli strumenti statistici più raffinati, sempre nel tentativo di definire qual era la loro influenza nel contenere la crescita della popolazione. Cfr. Francine Van De Walle, Migration and Fertility in Ticino, in: Population Studies 29/3, 1975, p. 447–
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Sebbene questo e numerosi altri lavori correggano il tiro, almeno in chiave economica, riguardo alla visione dei flussi migratori proposta da Braudel, dal punto di vista quantitativo si conferma il giudizio dello storico francese, ovvero che l’emigrazione dalle montagne era imponente. Considerati gli esiti demografici che l’emigrazione avrebbe quindi comportato sulle comunità di partenza, il fenomeno è stato presto incorporato nel modello omeostatico, in quanto elemento regolatore della popolazione.¹³ Il terzo caposaldo della demografia alpina è lo studio di Jon Mathieu dedicato al tema della popolamento.¹⁴ Il nocciolo del lavoro di Mathieu è che le Alpi, tra XVI e XIX secolo, videro quasi triplicare la propria popolazione, che passò da 2,9 a 7,9 milioni di abitanti. La dimensione dell’incremento demografico fu simile, e in qualche caso superiore, a quello delle aree attigue. Sebbene il lavoro di Mathieu non indaghi precisamente i meccanismi grazie ai quali questa crescita fu resa possibile, la dinamica del popolamento delle Alpi si sarebbe realizzata grazie al dispiegarsi del meccanismo boserupiano, per cui la crescita della popolazione era sostenuta da innovazioni in campo agricolo che permettevano una maggior capacità portante del territorio.¹⁵ Secondo questa interpretazione, quindi, la crescita demografica delle Alpi sarebbe stata possibile perché lenta e, quindi, perché aveva permesso un graduale adattamento tra risorse e popolazione. La ricostruzione di Mathieu è importante per almeno tre motivi: la copertura geografica, che fa riferimento al territorio alpino nel suo complesso; la definizione territoriale, che è fornita con dettaglio almeno provinciale¹⁶; l’arco temporale, che si estende per quattro secoli. Per l’insieme di queste ragioni si può dire che, almeno fino ad oggi, questo lavoro non ha conosciuto continuatori, in quanto, sulla base della letteratura esistente, ha fondamentalmente esaurito il terreno di indagine. Tuttavia studi successivi, relativi ad aree sub provinciali che l’analisi di Mathieu
462; Jane Menken, Seasonal Migration and Seasonal Variation in Fecundability: Effects on Birth Rates and Birth, in: Demography 16/1, 1979, p. 103 – 119; Luciana Quaranta, Agency of Change: Fertility and Seasonal Migration in a Nineteenth Century Alpine Community, in: European Journal of Population 27/4, p. 457– 485. Luigi Lorenzetti, Evolution des comportements démographiques face à l’émigration et au dépeuplement: le cas de la Valmaggia (Canton du Tessin) au XIXe siècle, in: Alain Bideau et al. (a cura di), Les systèmes démographiques du passé, Lyon 1996, p. 83 – 102. Jon Mathieu, Storia delle Alpi 1500 – 1900. Ambiente, sviluppo e società, Bellinzona 2000. Sui meccanismi demografici che consentono la crescita cfr. Marco Breschi / Giovanna Gonano / Claudio Lorenzini, Il sistema demografico alpino. La popolazione della Carnia, 1775 – 1881, in: Marco Breschi (a cura di), Vivere in Friuli. Saggi di demografia storica (secc. XVI–XIX), Udine 1999, p. 153 – 192. Per una discussione sulle opposte visioni di Malthus e Boserup rimando a Livi Bacci, Storia minima, p. 109 – 132. Per la Francia i dipartimenti, per la Svizzera i cantoni, per l’Austria i Länder e per l’Italia le province.
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programmaticamente non contemplava, hanno in sostanza confermato le sue conclusioni.¹⁷
3 La coerenza del modello demografico alpino. Alcune implicazioni I tre capisaldi della demografia alpina aprono almeno due serie di questioni relative alla coerenza complessiva del quadro che vi viene delineato. Le prime sono di carattere demografico, le seconde di tipo storico. Dal punto di vista demografico si tratta di rendere tra loro compatibili almeno tre elementi: a) accordare la teoria omeostatica di Netting con la crescita messa in evidenza da Mathieu; b) dimostrare che la crescita della popolazione può conciliarsi con il ruolo di “fabbrica di uomini” attribuito alle Alpi; c) spiegare come possa verificarsi la crescita della popolazione nonostante l’azione dei freni preventivi rappresentati dal matrimonio tardivo e dall’alta quota di nubilato definitivo. Dal punto di vista storico, invece, bisogna fare i conti con il fatto che ancora oggi non sappiamo quando si sono determinate le caratteristiche del modello demografico alpino e come queste caratteristiche si siano evolute nel tempo. In concreto ciò significa che la bassa pressione è implicitamente considerata come un elemento strutturale della demografia alpina. In questa parte del lavoro discuto alcune delle proposte avanzate dagli studiosi per superare questi limiti.
3.1 Aspetti demografici. Alcune integrazioni Dal punto di vista demografico, il modello alpino postula tre ostacoli che frenano la crescita della popolazione: il limite delle risorse (omeostasi), l’emigrazione (temporanea e definitiva), i freni preventivi (matrimonio tardivo e nubilato definitivo). Tuttavia, come ho osservato, a fronte di questi freni si osserva una crescita importante della popolazione. Non è ancora chiaro perché, nonostante tutto, questa crescita si sia potuta realizzare. Il dato è ancora più difficile da giustificare se consideriamo che nel corso dell’età moderna la popolazione rurale, che non conosceva misure di contenimento della fecondità analoghe a quelle delle popolazioni alpine e che, anzi, poteva in parte beneficiare di flussi migratori provenienti dalle catene montuose, cresceva ad un ritmo solo di poco più sostenuto. C’erano sì dei flussi migratori che dalle campagne avevano come destinazione i centri urbani, ma anche questi si sviluppavano in stretta analogia con quelli montani e, almeno in teoria, non potevano avere un effetto tanto diverso rispetto a questi ultimi. A questo punto, dunque, bisogna verificare come i “capisaldi” della de-
Fornasin, Ambulanti, artigiani e mercanti.
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mografia alpina reggono a questa semplice evidenza o se, invece, qualcuno di essi debba essere messo in discussione. Nel tempo, con l’intento di risolvere alcune apparenti contraddizioni del modello, alcuni degli studiosi che più si sono dedicati all’argomento hanno proposto delle letture della demografia alpina articolate diversamente. Per quanto riguarda la possibile incoerenza data dal coesistere della visone ecologica della demografia alpina con l’aumento della popolazione, Viazzo, in un articolo del 2005¹⁸, ha evidenziato che l’omeostasi non è incompatibile con la crescita, come nella tradizione malthusiana, ma, al contrario, è invece un elemento plastico, che permette di modulare lo sviluppo della popolazione piuttosto che di impedirlo. In questo stesso lavoro, poi, l’autore torna sul tema del ruolo regolatore della nuzialità. Reinterpretando il modello alpino sulla base delle numerose pubblicazioni comparse tra la fine degli anni novanta e i primi anni del decennio successivo, giunge alla conclusione che il quadro tende a complicarsi sempre più, tanto che si possono addirittura individuare degli “enigmi locali”. Infatti, oltre a mettere nuovamente in evidenza sia le grandi diversità in termini di età al matrimonio e di quota di celibato definitivo all’interno dell’area alpina, osserva come questa diversità si produca anche tra comunità geograficamente assai vicine e apparentemente contraddistinte da molti tratti in comune, sia economici che culturali. Per quanto concerne, invece, il ruolo regolatore dell’emigrazione sulla popolazione Jon Mathieu, in un articolo del 2000, ha sostenuto che: “La peculiarità dell’emigrazione alpina risiede più nella sua visibilità che non nella sua entità”.¹⁹ Dal punto di vista teorico, quindi, egli rivede sia la prospettiva braudeliana che quella malthusiana. Nel primo caso l’autore ribalta la visione tradizionale che vede nel surplus demografico l’espulsione degli emigranti (push factors), e afferma che “la fabbrica d’uomini diventa storicamente più sensata se la si interpreta dal lato della domanda” (pull factors).²⁰ In questa ottica, dunque, sarebbe stata la crescita urbana a determinare la dinamica dei flussi migratori, cosa che, in effetti, si produceva non solo dalla montagna, ma anche dalle pianure circostanti. L’emigrazione montana non sarebbe stata più importante, dal punto di vista quantitativo, dell’altra, ma solo più visibile, in quanto i montanari erano nei contesti urbani maggiormente distinguibili, e quindi “diversi”, perché provenivano da più lontano. Nel secondo caso, considerando la crescita della popolazione dal 1500 al 1900, afferma che non si capisce per quale motivo la scarsità di risorse del 1500 avrebbe dovuto essere il fattore principale a scatenare l’emigrazione, considerando che la popolazione era ben maggiore nei secoli successivi, quando, in contesto montano, l’agricoltura continuava a svolgere ancora un ruolo assai importante. Pier Paolo Viazzo, Riesame di un caso critico: il ruolo regoltore della nuzialità nella regione alpina, in: Popolazione e storia 2, 2005, p. 13 – 31, qui p. 16. Jon Mathieu, Densità demografica, densità urbana e migrazione: la “fabbrica d’uomini” rivisitata, in: Albera / Corti (a cura di), La montagna mediterranea, p. 47– 53, qui p. 47. Ibid., p. 51.
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3.2 L’evoluzione storica del modello alpino. Una traccia di ricerca Come abbiamo visto, l’approccio ecologico alla demografia alpina, in origine, non ha adottato una prospettiva di carattere propriamente storico. Da questo punto di vista, quindi, non è chiaro se il modello a bassa pressione sia una caratteristica strutturale della demografia alpina o se, invece, sia il frutto di una evoluzione nei comportamenti delle popolazioni montane. L’attenzione su questi temi si è sviluppata solo in seguito. A tal proposito, allora, alcuni autori hanno messo in evidenza che gli studi di demografia storica delle Alpi, quelli almeno su cui si fondano gran parte delle elaborazioni del modello alpino, si arrestano alla fine dell’Ottocento o agli inizi del Novecento e solo di rado fanno risalire le loro analisi a periodi anteriori alla metà del Settecento.²¹ I secoli precedenti sono assai poco esplorati, quindi non è possibile determinare se il regime demografico a bassa pressione, che poi si sarebbe completamente dispiegato nel corso dei decenni che più sono stati studiati, abbia avuto origini nei periodi immediatamente precedenti. Se però il modello demografico alpino si fonda su evidenze riferite ad un periodo di tempo di circa un secolo e mezzo, la dinamica del popolamento, invece, grazie allo studio di Mathieu, è nota nelle sue linee generali, oltre che per scansioni territoriali intermedie, già a decorrere dall’inizio del XVI secolo. Proverò a fare alcune considerazioni proprio a partire da questi dati. Nella tabella 1 sono sintetizzati l’evoluzione della popolazione delle Alpi con la differenze assolute nel numero di abitanti tra un secolo e l’altro e i tassi di incremento. Tab. 1: La popolazione delle Alpi (1500 – 1900) Anno
Abitanti (milioni)
Differenza (milioni)
r (per mille)
, , , , ,
, , , ,
, , , ,
Fonte: Mathieu, Storia delle Alpi, p. 39. – Nota: r = tasso d’incremento composto continuamente calcolato come [log (tP/0P)]/t, dove 0P è la popolazione di partenza, tP la popolazione di arrivo e t il tempo.
Dalla tabella si può chiaramente evincere che, almeno per larghe scansioni temporali, la regolazione della popolazione non sempre è stata in azione o, almeno, non ha portato ad una situazione di equilibrio. In particolare, stando a questa ricostru Luigi Lorenzetti, Transizione della mortalità e regolazione demografica nelle Alpi svizzere, 1880 – 1910, in: Popolazione e Storia 2, 2002, p. 17– 33, qui p. 17.
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zione, possiamo individuare periodi di crescita piuttosto intensa, contrapposti ad altri caratterizzati da ritmi molto più blandi. Naturalmente questo non dovrebbe nascondere i confronti con le realtà circostanti, dove la dinamica della popolazione può essere stata molto più importante. Se si sposa comunque l’idea omeostatica dovremmo concludere che l’equilibrio tra popolazione e risorse dovesse essere più precario nei secoli XVI e XIX di quanto non lo fosse nel XVII e XVII, oppure che nei primi due casi le condizioni ambientali fossero più favorevoli. Possiamo però pensare che, in una prospettiva boserupiana, fossero state introdotte delle innovazioni che consentivano una maggiore capacità portante delle Alpi. Il tema deve essere ancora adeguatamente esplorato, anche perché l’agricoltura, in molti contesti montani, era ben lungi dall’avere la centralità che aveva nelle pianure. Mi pare anche importante trasferire l’attenzione dalla velocità della crescita ai numeri assoluti dell’aumento della popolazione. In questa ottica non si può non rilevare come nel corso degli ultimi cento anni considerati nella tabella si aggiunsero più abitanti che nei tre secoli precedenti. Siamo nel secolo in cui prese avvio la transizione demografica, ma questo aumento della popolazione si verificò principalmente in quello che nell’ottica degli studi ad esso dedicati può essere definito il “periodo classico” del modello ecologico, vale a dire in quel periodo in cui era impiegato al massimo della sua capacità il vasto armamentario delle scelte demografiche a disposizione delle comunità alpine per contenere la propria crescita. Resta allora da capire, in particolare nell’ultimo dei secoli considerati, ma non solamente in questo, come gli effetti congiunti dei freni preventivi e dell’emigrazione abbiano avuto così poco successo. Una risposta, in effetti, è già stata elaborata. Infatti, secondo alcuni autori la crescita della popolazione alpina si realizzò principalmente grazie ad una mortalità più contenuta. La mortalità generale sarebbe stata inferiore in montagna rispetto alle campagne e ancora di più rispetto ai centri urbani, perché ad essere particolarmente bassa era la mortalità infantile.²² L’opinione che si è fatta largamente strada tra gli studiosi, inoltre, è che sulle Alpi, e sulle montagne in generale, le crisi di mortalità fossero meno gravi che altrove.²³ Tuttavia anche questa lettura della demografia delle Alpi è controversa e comunque non generalizzabile, in particolare per quel che riguarda il periodo medievale. Ci sono infatti alcuni studi sul XIV secolo che evidenziano come gli effetti della peste nera sulle popolazioni alpine sarebbero stati altrettanto catastrofici di quelli che si ebbero in pianura.²⁴ Per i periodi successivi, all’opposto, molti studi convergono nel giudizio che la mortalità in quota fosse più
Una rassegna degli studi in Pier Paolo Viazzo, Una transizione ritardata. Il declino della mortalità in area alpina tra XIX e XX secolo, in: Marco Breschi / Lucia Pozzi (a cura di), Salute, Malattia e sopravvivenza in Italia fra ‘800 e ‘900, Udine 2007, p. 221– 241. Head König, Malthus dans les Alpes. Pierre Dubuis, Le jeu de la vie et de la mort. La population du Valais (XIVe–XVIe s.), Lausanne 1994; Rinaldo Comba, Il rilevamento demografico: prima e dopo la peste nera, in: La peste nera: dati di una realtà ed elementi di una interpretazione, Spoleto 1994.
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bassa che nel piano. Non sempre, però, gli studi esistenti permettono il confronto tra ambienti diversi. Tra le eccezioni si può annoverare un recente lavoro di Guido Alfani in cui si tratta l’evoluzione demografica di un numero rilevante di comunità dell’Italia settentrionale.²⁵ Il periodo preso in considerazione da questo autore comprende i circa sessanta anni a cavallo della grande crisi del 1590 – 1593. Con attenzione alle risposte demografiche dei diversi contesti territoriali, il meccanismo attraverso il quale si realizzò la crescita sulle Alpi non sarebbe stato il differenziale “standard” tra natalità e mortalità, che non differisce molto tra i regimi a bassa e alta pressione, quanto, piuttosto, la più bassa incidenza delle crisi di mortalità, favorita dalla minor densità abitativa e dal fatto che rispetto alla pianura il rifornimento alimentare dei montanari dipendeva meno dai cereali.²⁶ Bisogna però puntualizzare che i fattori repressivi, responsabili delle crisi di mortalità, a fronte di effetti assai simili non agivano con le stesse modalità. Gli effetti delle epidemie, a seconda della loro natura, potevano essere diversi in relazione alle circostanze climatiche, ambientali e alla densità abitativa, oppure, al contrario, potevano avere gli stessi effetti in ambienti diversi, come può essere stato il caso della peste trecentesca. Le carestie avevano una forte matrice territoriale, e in genere i loro effetti erano maggiori dove minore era la varietà della produzione e le alternative di approvvigionamento. Per quanto riguarda le guerre, infine, è difficile valutarne gli effetti in chiave comparativa, in quanto il computo delle vittime è particolarmente complicato e, comunque, territori contigui potevano subirne in maniera assai diversificata gli effetti. Può essere interessante, sebbene certo non generalizzabile, osservare l’andamento della mortalità in contesti diversi, ma nell’ambito in un medesimo territorio, relativamente ad un fenomeno epidemico e ad una carestia. L’opportunità di effettuare una comparazione di questo tipo non è molto comune. I dati che presento nella figura 1 sono riferiti al Friuli nel periodo che va dal 1605 al 1645. Vi sono considerati tre diversi contesti: la montagna, la pianura e la città di Udine, l’unico centro urbano di un certo peso demografico della regione, e due crisi di mortalità: la prima, del 1616, attribuibile a una epidemia, e la seconda, del 1629, dovuta ad una carestia. Entrambe queste crisi interessarono tutti e tre gli ambiti considerati. L’ambito urbano fu quello che le subì tutte e due in forma grave. La pianura e la montagna patirono in maniera evidente solo la carestia, ma tra queste la montagna la soffrì in misura notevolmente minore. Utilizzando la scala proposta da Del Panta e Livi Bacci²⁷ entrambe queste crisi possono essere definite, con riferimento alla montagna, come “piccole”, mentre la seconda è una “grande” crisi di mortalità sia per la città che per la campagna. Possiamo quindi concludere che, almeno in questo esempio, Guido Alfani, Population and Environment in Northern Italy during the XVIth Century, in: Population 62/4, 2007, p. 559 – 595. Ibid., p. 580. Lorenzo Del Panta / Massimo Livi Bacci, Chronologie, intensité et diffusion des crises de mortalité en Italie: 1600 – 1850, in: Population 32/HS, 1977, p. 401– 446.
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Fig. 1: Intensità delle crisi di mortalità in alcuni contesti del Friuli (1605 – 1645) Nota: media 1605 – 1645 = 100.
nel contesto alpino la popolazione affrontò meglio entrambe le crisi piuttosto che negli altri due. Risultati analoghi, sempre riferiti al Friuli (mancano qui, però, i dati relativi a Udine), si ottengono anche con riferimento alla crisi del 1817, l’ultima grande carestia dell’età moderna, che colpì queste aree in maniera particolarmente forte. In questo caso vi furono alcuni territori montani del Friuli che addirittura conobbero livelli di mortalità inferiori rispetto alle annate normali.²⁸
4 Discussione e conclusioni Come è stato osservato da diversi autori che si occupano di storia e di demografia delle Alpi, con il proliferare delle ricerche su singole comunità sono emersi una molteplicità di comportamenti demografici, i cui meccanismi sono anche molto diversi tra loro. Questi comportamenti possono essere difformi anche in realtà tra loro vicine sia geograficamente che economicamente e culturalmente. Il moltiplicarsi dei casi di studio, quindi, piuttosto che fornire più risposte ha, in un certo senso, generato più domande, in particolare per quanto riguarda i meccanismi sottesi alla Alessio Fornasin / Marco Breschi / Matteo Manfredini, Prime esplorazioni sugli aspetti meteorologici, economici e demografici del 1817 in Friuli, in: Manuel Vaquero Piñeiro / Maria Luisa Ferrari (a cura di), “Moia la carestia”. Le conseguenze socio-economiche e demografiche della scarsità in età preindustriale, Bologna 2015, p. 215 – 235.
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nuzialità e alla fecondità. Discorso diverso va fatto per la mortalità, aspetto per cui sembra che nell’arco alpino ci fosse una maggiore omogeneità di comportamenti. Se, come molti lavori indicano, la minore magnitudine delle crisi di mortalità dovesse effettivamente essere un elemento caratteristico della demografia alpina, andrebbero esplorate alcune sue implicazioni. In primo luogo, una mortalità strutturalmente inferiore, non fungendo da freno repressivo, in un’ottica ecologica per essere contrastata aveva bisogno di forti freni preventivi. In secondo luogo, crisi di mortalità più contenute e bassa mortalità infantile avrebbero dovuto conferire alla popolazione una struttura per età più vecchia. Si tratta di un tema ancora da indagare, ma che può offrire interessanti prospettive di ricerca. Non si può però tacere che una minore magnitudo delle crisi di mortalità in montagna può essere provocata anche da questioni legate alle fonti e, pertanto, ad una semplice sottovalutazione contabile dei morti. Questa sottovalutazione, ad esempio, può essere dovuta al fatto che i decessi di parte della popolazione alpina, in particolare quella impegnata nella attività legate alle migrazioni, erano registrati fuori dalla zona di residenza.²⁹ Una bassa mortalità strutturale è però compatibile con i risultati del modello ecologico, in quanto la modulazione della popolazione non potrebbe che realizzarsi con la leva matrimoniale, cha abbiamo visto essere assai diversificata, e con le migrazioni, sia temporanee che definitive. A differenza della mortalità, leva matrimoniale ed emigrazione potevano agire sia nel breve che nel lungo periodo. La modulazione dell’età al matrimonio e i livelli di nubilato, infatti, sebbene nel lungo periodo si modifichino gradualmente, in certi casi possono avere anche una valenza congiunturale. In una fase economicamente poco favorevole, ad esempio, la decisione di un numero consistente di coppie di rimandare le nozze ad un momento più propizio comporta, nel breve periodo, delle conseguenze sulle fecondità.³⁰ L’emigrazione è, da questo punto di vista, un fenomeno ancora più complesso. Possiamo parlare di emigrazione definitiva e emigrazione temporanea. L’emigrazione, definitiva o temporanea che fosse, cambiava le condizioni di popolamento e di fecondità, ma mentre la prima svolgeva un ruolo di regolatore strutturale, la seconda poteva assumere una funzione di regolatore congiunturale. Infatti, gli emigranti temporanei, che sulle Alpi erano particolarmente numerosi, sulla base dell’andamento economico presente e delle previsioni future potevano decidere di anticipare o posticipare le partenze o gli arrivi, trascorrendo così un periodo maggiore di tempo nel contesto territoriale per loro più vantaggioso.³¹
Per una discussione più approfondita riguardo a questo argomento rimando all’appendice. Marco Breschi / Alessio Fornasin / Giovanna Gonano, Dinamica dei prezzi e dinamica demografica in Friuli nel Settecento, in: Marco Breschi / Paolo Malanima (a cura di), Prezzi, redditi, popolazioni in Italia: 600 anni (dal secolo XIV al secolo XX), Udine 2002, p. 61– 72. Ibid., p. 68s.
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Al di là di questi aspetti, comunque, un limite all’analisi è dato dal fatto che gli studi di lungo periodo, quelli cioè che fanno risalire le ricerche sulle trasformazioni della nuzialità (o della fecondità) e della migratorietà abbastanza indietro nel tempo non sono molto numerosi. Giunto alla fine di queste riflessioni non posso che rilevare come, riguardo alla demografia alpina, le domande che rimangono aperte sono molto più numerose delle risposte che, nel tempo, la ricerca è riuscita a dare. Tuttavia, almeno per quel che possiamo vedere nel periodo che corrisponde alla fine dell’età moderna e agli inizi dell’età contemporanea, la demografia alpina trova un suo tratto comune negli esiti piuttosto che sui meccanismi. Infatti, indipendentemente dalle caratteristiche demografiche e dall’intensità dei flussi migratori, osserviamo una crescita della popolazione. In conseguenza di questo aumento, però, il quadro demografico alpino è ancora alla ricerca della sua coerenza. Tuttavia, se è vero che le domande senza risposta sono numerose, bisogna anche dire che la mole di studi sulle Alpi è notevole, ed è enorme la quantità di dati demografici che, negli ultimi decenni, si è resa disponibile. Questo fa guardare con ottimismo al futuro della ricerca.
Appendice. La critica delle fonti L’analisi demografica poggia essenzialmente su rapporti tra grandezze di flusso, gli eventi demografici, e le grandezze di stato, la popolazione. Una società molto mobile sul territorio, come quella alpina, è incline a produrre fonti demografiche meno precise di quelle delle società poco mobili, e quindi il loro utilizzo può provocare distorsioni piuttosto notevoli sul piano interpretativo. In questa breve appendice voglio solo richiamare alcuni di questi aspetti legati alla documentazione di base e le possibili implicazioni sull’analisi.³² Dati di stato: Le problematiche legate alle fonti di stato in età preindustriale sono ben note. Ragionando sull’ambito alpino dobbiamo tenere in particolare considerazione quelle connesse alla mobilità della popolazione. In particolare si tratta di stabilire se nelle fonti prestatistiche la popolazione censita riguardava la popolazione presente o quella residente. In linea di principio sono dell’idea che in generale fosse quest’ultima ad essere oggetto di osservazione. Le finalità fiscali delle enumerazioni di età prestatistica, infatti, erano più inclini ad far aumentare la base imponibile piuttosto che a farla diminuire, a questo bisogna aggiungere che l’emigrazione temporanea non riguardava famiglie intere, ma solo parte di esse, quasi solamente i maschi in età da lavoro. In tal modo i “rilevatori”: parroci, capicomune, funzionari locali, credo ritenessero più logico conteggiare tutti i componenti di una Su questi temi rimando a: Lorenzo Del Panta / Rosella Rettaroli, Introduzione alla demografia storica, Roma / Bari 1994; Giovanna Da Molin / Angela Carbone, Gli uomini, il tempo e la polvere. Fonti e documenti per una storia demografica italiana (secc. XV–XXI), Bari 2010; Fiorenzo Rossi, Le fonti della Demografia storica, Padova 2013.
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famiglia, anche quelli assenti, considerando anche il fatto che le rilevazioni individuali non necessariamente avvenivano come esito di una visita presso l’abitazione delle famiglie, ma si basavano verosimilmente su dichiarazioni degli interessati o per conoscenza diretta dei rilevatori. Avrebbe anche avuto poco senso conteggiare i presenti in quanto il numero di questi poteva variare anche di molto nel giro di poco tempo, mentre le finalità delle rilevazioni, poco frequenti perché molto onerose, dovevano avere valore per periodi più o meno lunghi. A sostegno di queste ipotesi, si osserva che nelle rilevazioni montane c’è un disequilibrio di genere a vantaggio delle femmine molto più basso di quello che ci dovremmo aspettare in un contesto dove l’emigrazione era prevalentemente se non esclusivamente maschile. Dati di flusso: Anche nel caso dei dati di flusso, ai consueti problemi legati alla compilazione dei registri parrocchiali vanno aggiunti anche i problemi specifici connessi ai flussi migratori, ancora più gravi rispetto a quelli che si incontrano nei dati di stato. Diciamo che, in linea di principio, gli eventi riportati sui registri parrocchiali sono riferiti alla popolazione presente piuttosto che a quella residente. La questione incide particolarmente sul computo dei decessi, in quanto molta parte degli eventi avvenuti fuori dalle giurisdizioni parrocchiali è attribuibile a emigranti maschi. Tuttavia non sono poche le serie in cui vengono considerati anche eventi avvenuti fuori dalla parrocchia. Per tale ragione, può darsi che risultino conteggiati come decessi relativi alla popolazione residente quelli di individui emigrati definitivamente. A parte questi casi, che però rappresentano una minoranza, i decessi fuori dalla parrocchia, anche laddove registrati, sono molto lacunosi, per l’ovvia difficoltà nel reperire informazioni su persone assenti anche da diversi anni. Sebbene i problemi riguardino prevalentemente la serie dei decessi, non mancano le incertezze anche su battesimi e matrimoni. Su questi ultimi, in particolare, la consolidata tradizione di celebrare il matrimonio nella parrocchia della sposa potrebbe comportare una sistematica sottoregistrazione degli eventi in quanto un certo numero di emigranti maschi sposavano donne di fuori, mentre quasi sempre le donne locali sposavano maschi locali. Anche per quanto riguarda i battesimi frutto di matrimoni esogamici dei maschi, è possibile una certa sottoregistrazione. Bisogna però dire che matrimonio fuori dall’ambiente alpino e figli nati anch’essi fuori dalle aree di origine prefiguravano frequentemente una emigrazione di tipo definitivo. Tirando le fila di tutto questo discorso possiamo dire che in un ambiente, come quello montano, connotato da forti flussi migratori di carattere temporaneo, quando ci apprestiamo a calcolare dei tassi demografici le cose possono andare più o meno in questo modo: 1) un numeratore costruito sui presenti è tendenzialmente più piccolo di quello costruito sulla popolazione residente, perché molti eventi, in particolare decessi, si verificano fuori dai confini parrocchiali; 2) un denominatore costruito sui residenti è tendenzialmente più grande rispetto alla reale consistenza della popolazione misurata in termini di anni persona, perché una quota consistente di individui trascorre una parte importante di tempo fuori dalla popolazione di riferimento;
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3) un rapporto in cui il numeratore è sottodimensionato e il denominatore è sovradimensionato porta ad ottenere dei tassi inferiori al vero: bassi tassi demografici sono per l’appunto la caratteristica del regime demografico a bassa pressione tipico delle Alpi.
Christian Rohr
Klima und Umwelt als Rahmenbedingungen alpinen Wirtschaftens Beispiele und Perspektiven Abstract: Daily weather, seasonal weather conditions and anomalies, long-term climate change, and natural disasters have had an outstanding influence on pre-modern Alpine economies. This paper intends to highlight some – but definitely not all – possible aspects, how climatic and environmental factors played a role for the development of Alpine economic structures. The impact of the High Medieval Climate Optimum (1000 – 1300) and Little Ice Age (1300 – 1850) on Alpine economies: The relatively warm climate during the High Middle Ages favored a tremendous increase of population both in the plains and in the mountainous regions. This over-population became a contributing factor for moving higher up in the Alps, as the so-called Walser did since the 13th and 14th centuries onwards by cutting forests and enlarging Alpine pastures. However, the permanent settlement in areas higher than 1500 meters above sea level also brought a higher risk of avalanches. Avalanches also became a risk for high Alpine mining districts, in particular in the 15th and 16th centuries, obviously not only because of the high altitude of the mines themselves, but also because of the ongoing deforestation. Another group threatened by avalanches and floods had been the merchants crossing the Alpine passes also in winter. Numerous reports, mostly from the 15th century onwards, testify how convoys of merchants were hit by avalanches or how transport across the Alpine pass routes with mules (the so-called „Saumhandel“) had to cope with high amounts of snow and the continuous risk of avalanches. The rivers had been the most important routes for trade in pre-modern times, both for ships and flows, and for rafting timber. Too much water, most frequently in spring, or too little water, like in autumn or winter, could terminate any transport activities on the river. In addition, an extraordinary water level had a fatal impact on different types of mills. Long or short winters also influenced the date, when the cows and sheep could be brought up to the spring meadows („Maiensäss“) and to the highest pastures. Also the number of livestock being allowed for grazing depended on those seasonal weather conditions.
Prof. Dr. Christian Rohr, Historisches Institut, Abteilung für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte und Oeschger Centre for Climate Change Research, Universität Bern, Länggassstrasse 49, CH–3012 Bern, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-006
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1 Einleitung Das tägliche Wetter, die mittelfristige Witterung und langfristige Klimaverläufe haben das Leben der Menschen im Alpenraum – und damit auch ihr Wirtschaften – schon immer maßgeblich geprägt. Ebenso haben die natürlichen Rahmenbedingungen der Landschaft wie Gebirgsketten, Täler, Flüsse, Seen oder Moorlandschaften einen wesentlichen Einfluss darauf, wo die Menschen siedelten, in welcher Weise sie das ihnen zustehende Land nutzen konnten oder welchen Naturgefahren sie ausgesetzt waren. Der folgende Beitrag soll einen Überblick und Einblick geben, welchen Potenzialen und Problemen sich die historische Umwelt- und Klimageschichtsforschung stellen muss, wenn sie eine Rekonstruktion von witterungs- und klimabezogenen Rahmenbedingungen für den Alpenraum im Auge hat, insbesondere,wenn diese in die vorindustrielle Zeit, namentlich ins Mittelalter und in die Frühe Neuzeit, zurückreicht. Dafür sollen der Forschungsstand sowie einige Forschungslücken skizziert werden. Aus historischer Sicht sind es aber insbesondere die Auswirkungen von Witterung, Klima, extremen Naturereignissen und landschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Alltag und das Wirtschaftsleben, die im Zentrum des Interesses stehen. Welche Anpassungsstrategien an diese Umweltfaktoren wurden von den historischen Gesellschaften im Alpenraum entwickelt, um das Risiko zu minimieren? Welche Organisationsformen kamen dabei zum Tragen? Welche Veränderungen und Kontinuitäten sind dabei im Sinne einer longue durée vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert zu erkennen? Es würde den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen, hier auch nur ansatzweise alle möglichen Aspekte des Einflusses von Witterung, Klima und Umwelt auf das alpine Wirtschaftsleben abzuhandeln. Einige ausgewählte Beispiele sollen daher genügen, um die Potenziale dieses Zugangs für Themen wie die Handels- und Verkehrswege, die Saisonalität vormodernen Wirtschaftslebens in Landwirtschaft, Gewerbe und Handel, die Resilienz von alpinen Wirtschaftsstrukturen gegenüber Naturgefahren oder das Ressourcenmanagement und damit verbundenen Konflikte um Güter wie Wasser oder Holz aufzeigen sollen. Damit werden auch die Vernetzungsmöglichkeiten innerhalb einer umfassenden Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums deutlich.
2 Wetter, Witterung und Klima als Forschungsthemen im Rahmen einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums Zunächst erscheint es notwendig, die Begriffe Wetter, Witterung und Klima klar voneinander zu unterscheiden, zumal sie gerade in der aktuellen Diskussion um extreme Witterung und Klimawandel häufig vermischt werden. Dies spielt insbesondere für die
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Frage eine Rolle, ob man Klimawandel spüren könne und folglich aufgrund dieser Wahrnehmung sein Verhalten anpasse. Wetter meint den spürbaren, kurzfristigen Zustand der Atmosphäre (auch: messbaren Zustand der Troposphäre) an einem bestimmten Ort der Erdoberfläche, der unter anderem als Sonnenschein, Bewölkung, Regen, Wind, Hitze oder Kälte in Erscheinung tritt. Dies umfasst einen Zeitraum von wenigen Stunden bis allerhöchstens wenigen Wochen. Wetterverhältnisse wie Starkregen über mehrere Tage oder auch kurze, heftige Gewitter sind in der Regel die Grundlage für extreme Naturereignisse, die vom Menschen in vielen Fällen als Katastrophe wahrgenommen werden. Witterung ist das Wetter bzw. sind die Wetterverhältnisse in einem bestimmten Zeitabschnitt auf ein bestimmtes Gebiet bezogen. Sie bildet die regionale Auswirkung von aktuellem Wetter und lokalem Klima, insbesondere in Bezug auf die fühlbaren Wetterelemente wie Niederschlag, Temperatur, Wind, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. Diese mittelfristige Kategorie bezieht sich auf mindestens mehrere Tage bis zu einer Jahreszeit. Ein „kühler, feuchter Sommer“ oder „ein milder Januar“ sind somit Witterungs- und nicht mehr Wetterbeschreibungen. Solche Witterungsverhältnisse sind wiederum für die Landwirtschaft maßgeblich, indem sie frühe oder späte, reichliche oder karge Ernten hervorbringen oder auch für einen frühen oder späten Alpauf- und -abtrieb verantwortlich sind. Im Sinne einer geografischen Klimatologie wird Klima wie folgt definiert: „Das geographische Klima ist die für einen Ort, eine Landschaft oder einen größeren Raum typische Zusammenfassung der erdnahen und die Erdoberfläche beeinflussenden Zustände und Witterungsvorgänge während eines längeren Zeitraumes in charakteristischer Häufigkeitsverteilung.“¹ Noch weiter geht die Definition des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Climate in a narrow sense is usually defined as the ‘average weather’, or more rigorously, as the statistical description in terms of the mean and variability of relevant quantities over a period of time ranging from months to thousands or millions of years. The classical period is 30 years, as defined by the World Meteorological Organization (WMO). These quantities are most often surface variables such as temperature, precipitation, and wind. Climate in a wider sense is the state, including a statistical description, of the climate system.²
Betrachtet man die zeitliche Dimension von Klima(wandel), so wird deutlich, dass dieser durch den Menschen nur bedingt wahrnehmbar ist. Subjektive Wahrneh-
Joachim Blüthgen / Wolfgang Weischet, Allgemeine Klimageographie, Berlin / New York ³1980, S. 5. Für einen Überblick über die Bandbreite der Klimadefinitionen vgl. ebd., S. 1– 8 sowie Peter Hupfer (Hrsg.), Das Klimasystem der Erde. Diagnose und Modellierung, Schwankungen und Wirkungen, Berlin 1991, S. 37 f. Thomas Stocker / Dahe Qin / Gian-Kasper Plattner / Melinda M.B. Tignor / Simon K. Allen / Judith Boschung / Alexander Nauels / Yu Xia / Vincent Bex / Pauline M. Midgley (Hrsg.), Climate Change 2013. Working Group I Contribution to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge 2013, S. 1450.
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mungen, „dass es früher generell wärmer oder kälter gewesen sei“, sind für wissenschaftliche Zwecke weitgehend wertlos. Heutige Möglichkeiten der Visualisierung von Klimawandel, etwa der Vergleich von Fotografien zum Zustand der Gletscher in den letzten 150 Jahren, standen früheren Generationen nicht zur Verfügung. Markante Veränderungen, etwa bei der Dauer der Schneebedeckung, konnten hingegen von den Menschen in vorindustrieller Zeit sehr wohl beobachtet werden, ebenso wie kurzfristigere Klimaveränderungen aufgrund von Vulkanausbrüchen, auch wenn die Ursachen dafür nicht bekannt waren. Einzelne Dekaden mit überdurchschnittlich warmen oder kalten Temperaturen, wie es sie in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat, machen die Wahrnehmung von Klimawandel noch komplexer.³ Dazu kommt insbesondere in den Alpen noch die räumliche Dimension von Klima zum Tragen. Zahlreiche alpine Regionen, etwa Täler, Beckenlagen oder Seengebiete, weisen ein sehr spezifisches Mikroklima auf, das mitunter sogar gegenläufig zum allgemeinen Trend sein kann. Somit müssen für Fragen des Einflusses von Klima (wandel) auf alpine Gesellschaften stets die Ebenen Mikro-, Meso- und Makroklima betrachtet werden. Für den hier in den Fokus genommenen Zeitabschnitt spielen in erster Linie der Einfluss des hochmittelalterlichen Klimaoptimums bzw. der hochmittelalterlichen Klimaanomalie (900/1000 – 1250/1300) sowie der so genannten Kleinen Eiszeit (1300 – 1850) auf das alpine Wirtschaftsleben eine Rolle. Das relativ milde Klima im Hochmittelalter begünstigte das starke Bevölkerungswachstum sowohl im Flachland als auch in den gebirgigen Regionen. Die Überbevölkerung wurde zu einem der mitbestimmenden Faktoren, dass die Menschen ihre Siedlungen in höhere Lagen verlegten, so wie es auch die Walser im 13. und 14. Jahrhundert taten und dabei hochalpine Wälder rodeten, um die Flächen für die Almwirtschaft zu vergrößern; damit erhöhte sich aber auch das Lawinenrisiko signifikant. Die Kleine Eiszeit wiederum war für zahlreiche sehr kalte Winter und kühle, feuchte Sommer verantwortlich; die Gletscher wuchsen in diesem Zeitraum weitgehend kontinuierlich an und erreichten um die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Höchststand. Naturwissenschaftliche Ansätze in der historischen Klimatologie haben vornehmlich die Rekonstruktion von langfristigen Klimaverläufen im Auge, v. a. seit der letzten Eiszeit. „Archive der Natur“ wie Eisbohrkerne, Baumringe, Seesedimente, Stalaktiten und Stalagmiten dienen dabei als Quellen. Für die Zeit vor dem Hochmittelalter stehen allein diese für Klimarekonstruktionen zur Verfügung. Sie erlauben zwar in der Regel nur eine jährliche und keine saisonale Auflösung, sind aber zumeist über einen langen Zeitraum homogen. Kulturwissenschaftliche Ansätze sind zum einen ebenfalls auf die Rekonstruktion von Klimaverläufen und Witterungsextremen gerichtet, bauen aber dafür in erster Linie auf anthropogenen Dokumentendaten sowie Messdaten auf, die seit der zweiten
Zu Klimaverläufen in den letzten 300 Jahren vgl. zuletzt im Überblick Stefan Brönnimann, Climatic Changes since 1700, Cham / Heidelberg / New York / Dordrecht / London 2015.
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Hälfte des 18. Jahrhundert in größerem Umfang vorhanden sind. Zum anderen stehen aber sozioökonomische und kulturelle Auswirkungen von Klimawandel und Klimaextremen im Fokus. Eine rein rekonstruktive „Klimageschichte ohne Menschen“, wie sie zunächst noch Emmanuel Le Roy Ladurie, einer der Pioniere der historischen Klimageschichtsforschung, 1967 postuliert hat,⁴ ist heute nicht mehr aktuell, zumal bei allen Dokumentendaten und auch bei instrumentellen Messdaten die Rolle des Menschen nicht außer Acht gelassen werden kann. Menschen bestimmten, ob und wo Witterungsbeobachtungen vorgenommen wurden, was gemessen wurde, wie diese Ergebnisse aufgezeichnet und archiviert wurden. In diesem Zusammenhang muss auch vor klimadeterministischen Ansätzen gewarnt werden, die historische Einzelereignisse oder auch gesellschaftliche Phänomene rein oder vornehmlich über Witterungsereignisse oder Klimawandel erklären wollen. Dies betrifft sowohl naturwissenschaftliche als auch kulturwissenschaftliche Ansätze.⁵ In der Regel sind Witterung und Klima durchaus mitbeeinflussende Faktoren, doch in einem Bündel mit sonstigen politischen, sozioökonomischen und religiösen Rahmenbedingungen zu sehen. Es kann daher nicht seriös sein, die Menschheitsgeschichte in Europa bzw. im Mittelmeerraum für die letzten 2500 auf wenigen Seiten als weitgehend alleiniges Resultat langfristiger Klimaverläufe, die auf der Basis von vornehmlich dendrochronologischen Befunden rekonstruiert wurden, zu erklären.⁶ Die Rekonstruktion langfristiger Klimaverläufe auf der Basis von historischen Dokumentendaten ist für den Alpenraum bisher sehr unterschiedlich gut vorhanden:
Emmanuel Le Roy Ladurie, L’histoire du climat depuis l’an mil, Paris 1967. Le Roy Ladurie hat in seinen späteren klimageschichtlichen Werken diese Position zunächst abgeschwächt und dann weitgehend aufgegeben.Vgl. zuletzt ders. / Daniel Rousseau / Anouchka Vasak, Les fluctuations du climat. De l’an mil à aujourd’hui, Paris 2011. Über ein enges Fachpublikum hinaus wurde vor allem die These des Saarbrückener Historikers Wolfgang Behringer bekannt (und sehr kontrovers diskutiert), wonach ein direkter Zusammenhang zwischen dem Aufkommen von Hexenverfolgungen und der Abkühlung im Rahmen der so genannten Kleinen Eiszeit bestehe. Eine zeitliche Koinzidenz ist nicht von der Hand zu weisen, doch vernachlässigt eine monokausale Argumentation viele weitere für die Hexenverfolgungen verantwortliche Faktoren wie eine allgemeine Krisenstimmung insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert (etwa durch Kriege oder die konfessionelle Spaltung Europas), das verstärkte Vordringen obrigkeitlicher Reglementierung oder regional große Unterschiede in der Intensität der Verfolgungen. Zudem bildeten Anschuldigungen bezüglich Wetterzaubers nur einen kleinen Teil im Rahmen des Anklagekatalogs. Behringer hat seine ursprüngliche These – vgl. etwa in Wolfgang Behringer, Climatic Change and Witch-Hunting. The Impact of the Little Ice Age on Mentalitites, in: Christian Pfister / Rudolf Brázdil / Rüdiger Glaser (Hrsg.), Climatic Variability in Sixteenth Century Europe and Its Social Dimension, Dordrecht 1999, S. 335 – 351– in jüngeren Publikationen deutlich abgeschwächt bzw. differenziert. Vgl. in diesem verkürzenden Sinn etwa Ulf Büntgen / Willy Tegel / Kurt Nicolussi / Michael McCormick / David Frank / Valerie Trouet, / Jed O. Kaplan / Franz Herzig / Karl-Uwe Heussner / Heinz Wanner / Jürg Luterbacher / Jan Esper, 2500 Years of European Climate Variability and Human Susceptibility, in: Science 331 (6017), 2001, S. 578 – 582.
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Für die Schweiz hat Christian Pfister mehrere Monografien⁷ und zahlreiche Einzelartikel vorgelegt, durch welche die Klimaverläufe zumindest ab etwa 1500 bis ins Detail nachvollzogen werden können, auch wenn die verschiedenen Naturräume der Schweiz je nach Quellenlage besser oder schlechter fassbar sind. Mit der klimahistorischen Datenbank Euro-Climhist⁸ liegt nun ein webbasiertes Abfragesystem vor, das seit 2015 öffentlich zugänglich ist und laufend erweitert wird. Zudem existieren für die Schweiz auch mehrere Spezialstudien mit Beispielcharakter, etwa die von Gregor Zenhäusern zur Quellengattung der Alprechnungsbücher, die für das Oberwallis Auskunft geben, in welcher Weise die jährlichen Witterungsverhältnisse, etwa der Zeitpunkt des Ausaperns, Auswirkungen darauf hatte, wann das Vieh auf die Maiensäss bzw. auf die Sommeralp hochgetrieben wurde und wie viele Tiere aufgrund des Graswuchs aufgetrieben werden durften.⁹ Auch viele der frühneuzeitlichen Witterungstagebücher und Chroniken mit regelmäßigen Witterungsbeschreibungen wurden in den letzten Jahrzehnten ausgewertet.¹⁰ Inwiefern sich hohe und niedrige Wasserstände auf den alpinen Flüssen auf die Schifffahrt auswirkten, wurde bislang nur für die Salzschifffahrt an der Salzach und am unteren Inn aufgearbeitet.¹¹
Christian Pfister, Agrarkonjunktur und Witterungsverlauf im westlichen Schweizer Mittelland zur Zeit der Ökonomischen Patrioten 1755 – 1797, Liebefeld / Bern 1975; ders, Klimageschichte der Schweiz 1525 – 1860. Das Klima der Schweiz von 1525 – 1860 und seine Bedeutung in der Geschichte von Bevölkerung und Landwirtschaft, Bern / Stuttgart 31988; ders., Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen (1496 – 1995), Bern / Stuttgart / Wien 1999. Christian Pfister / Christian Rohr (Hrsg.), Euro-Climhist. Informationssystem zur Witterungs- und Klimageschichte, http://www.euroclimhist.unibe.ch, 25.05. 2016, DOI: 10.7892/boris. 73059. Gregor Zenhäusern,Witterung und Klima eines Walliser Alpentals nach Aufzeichnungen (1770 – 1812) des Weibels Johann Ignaz Inderschmitten von Binn, in: Blätter aus der Walliser Geschichte 40, 2008, S. 141– 328; Max Burri / Gregor Zenhäusern, Sommertemperaturen im Spiegel von Ernte– und Schneebeobachtungen aus Bern und Wallis 1766 – 1812, in: Blätter aus der Walliser Geschichte 41, 2009, S. 189 – 206; Gregor Zenhäusern, Der Beitrag der Schriftquellen für eine Klimageschichte der Alpen unter besonderer Berücksichtigung des Wallis, in:Vallesia. Revue annuelle des Archives de l’Etat, de la Médiathèk Valais des Musées cantonaux, des Monuments et de l’Archéologie du canton du Valais 67, 2012, S. 193 – 218. Der Großteil der Witterungstagebücher stammt aus den urbanen Zentren am Alpenrand, etwa aus Genf, Luzern und Zürich. Vgl. Fritz Klemm, Die Entwicklung der meteorologischen Beobachtungen in der Schweiz bis zum Jahre 1700, in:Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 119, 1974, S. 405 – 454; Christian Pfister, Zum Klima des Raumes Zürich im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 122, 1977, S. 447– 471; Gabriela Schwarz-Zanetti / Christian Pfister / Felix Müller, „Der schne den pferden bis an bauch gienge“. Schneebedeckung und Spätfröste im zentralen Schweizer Mittelland in den Jahren 1730 – 1760 anhand der Witterungsnotizen des Schlossherrn Johann Bernhard Effinger von Wildegg, in: Argovia 107, 1995, S. 99 – 128; Christian Pfister, Renward Cysat – ein „interdisziplinärer“ Pionier der Klimaforschung im Alpenraum, in: Der Geschichtsfreund 166, 2013, S. 188 – 208. Fritz Koller, Die Salzachschiffahrt bis zum 16. Jahrhundert, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 123, 1983, S. 1– 126, hier: S. 21– 23 mit Tabelle 2: Die Erbausfergenrechnungen sind für die Jahre 1544 bis 1576 vollständig erhalten (Salzburg, Salzburger Landesarchiv, Erbausfergenarchiv III, 6); darin werden die Durchfahrten durch die gefährliche Salzachschlinge bei Laufen
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Eine derart gute Aufarbeitung der Klimageschichte alpiner Räume ist ansonsten nirgendwo gegeben, weder für Italien noch für Frankreich, Österreich, den süddeutschen Alpenraum oder Slowenien. Genauere Klimareihen für den gesamten Alpenraum beginnen erst ab etwa 1800, d. h. seit dem Einsetzen instrumenteller Messungen,¹² für Österreich schon ab etwa 1760.¹³ Zu Slowenien hat kürzlich Žiga Zwitter einige klimahistorische Studien vorgelegt, die sich vornehmlich auf die Frühe Neuzeit beziehen.¹⁴ Umfangreichere klimahistorische Studien zum Alpenraum im Mittelalter fehlen noch gänzlich. Deutlich besser sind hingegen extreme Naturereignisse im Alpenraum erforscht, wobei hier die Studien zum Ostalpenraum denen für die Schweiz nicht nachstehen. Während einzelne Monographien und Sammelbände bewusst vergleichend angelegt sind und unterschiedliche Typen von extremen Naturereignissen behandeln,¹⁵ ist ein größerer Teil der Studien Einzelereignissen oder der Wiederkehr ebensolcher gewidmet. Dabei stehen sowohl die Rekonstruktion der Intensität und Wiederkehrwahrscheinlichkeit der Ereignisse im Vordergrund wie die Untersuchung der sozioökonomischen Auswirkungen sowie der daraus resultierenden Anpassungsstrategien. Schriftliche Quellen wie Chroniken und Zeitungen kommen dabei ebenso zur Auswertungen wie alte Landschaftspläne, Zeichnungen von Flussprofilen,¹⁶ Veduten oder
wiedergegeben. Demnach passierten die Stelle 1553 Schiffe im Hochwasserjahr 1572, aber 3327 Schiffe im Jahr 1575, was bei einer durchschnittlichen Schifffahrtssaison von 180 Tagen pro Jahr (April bis Dezember) zwischen 9 und 18 Salzschiffen pro Tag entspricht. Ingeborg Auer / Reinhard Böhm / Anita Jurković / Alexander Orlik / Roland Potzmann / Wolfgang Schöner / Markus Ungersböck / Michele Brunetti / Teresa Nanni / Maurizio Maugeri / Keith Briffa / Phil Jones / Dimitrios Efthymiadis / Olivier Mestre / Jean-Marc Moisselin / Michael Begert / Rudolf Brázdil / Oliver Bochnicek / Tanja Cegnar / Marjana Gajić-Čapka / Ksenija Zaninović / Željko Majstorović / Sándor Szalai / Tamás Szentimrey / Luca Mercalli, A New Instrumental Precipitation Dataset for the Greater Alpine Region for the Period 1800 – 2002, in: International Journal of Climatology 25, 2005, 139 – 166. Vgl. Ingeborg Auer / Reinhard Böhm / Wolfgang Schöner, Austrian Long-Term Climate 1767– 2000. Multiple Instrumental Climate Time Series from Central Europe, Wien 2001. Vgl. v. a. Žiga Zwitter, Vremenska in klimatska zgodovina v koledarjih in podložniških dnevnikih ljubljanskega škofa Tomaža Hrena (1597– 1630) [History of Weather and Climate in Calendars and Manorial Minutes of Tomaž Hren, Bishop of Ljubljana (1597– 1630)], in: Zgodovinski časopis 67/3 – 4, 2013, S. 306 – 389. Für die Schweiz vgl. v. a. den Sammelband Christian Pfister (Hrsg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500 – 2000, Bern 2002; für den Ostalpenraum im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit vgl. ders., Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2007. Einzelne Beispiele von extremen Naturereignissen in den französischen Alpen im Mittelalter finden sich bei Jacques Berlioz, Catastrophes naturelles et calamités au Moyen Age, Turnhout 1998. Vgl. Oliver Wetter / Christian Pfister / Rolf Weingartner / Jürg Luterbacher / Tom Reist / Jürg Trösch, The Largest Floods in the High Rhine Basin since 1268 Assessed from Documentary and Instrumental Evidence, in: Hydrological Sciences Journal 56/5, 2011, S. 733 – 758 mit einer Rekonstruktion basierend auf schriftlichen und bildlichen Quellen sowie Planzeichnungen und Flussprofilen.
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Fotografien¹⁷. Neben eher naturwissenschaftlichen Zugängen dominieren in der Forschung aber immer mehr auch kulturwissenschaftliche Fragestellungen, die Aspekte wie die (Katastrophen‐)Wahrnehmung, Deutung, Bewältigung und Erinnerung von Extremereignissen in den Mittelpunkt rücken. Die wichtigsten und häufigsten extremen Naturereignisse im Alpenraum sind die witterungsbezogenen, insbesondere hydrometeorologische Extreme wie Überschwemmungen,¹⁸ extremes Niedrigwasser und langanhaltende Trockenheit,¹⁹ Lawinen,²⁰ Hagel und Gewitter²¹. Diese hatten gerade in der vorindustriellen Zeit einen maßgeblichen Einfluss auf das Wirtschaftsleben, zumal die Flüsse damals die wichtigsten Handelswege waren, sowohl für Schiffe als auch für Flöße und zur Holztrift. Zu viel Wasser, wie zur Zeit der Schneeschmelze, oder zu wenig Wasser, wie meist im Herbst, konnten die Transporte am Fluss zum Erliegen bringen. Außerdem war auch
Zum iconic turn in der historischen Naturkatastrophenforschung vgl. zuletzt exemplarisch über Überschwemmungen auf frühen Fotographien Christian Rohr, Das Risiko im Bild. Frühe Naturkatastrophenfotografie als Quelle der Stadt- und Umweltgeschichte – die Beispiele Salzburg und Luzern, in: traverse. Zeitschrift für Geschichte / Revue d’histoire 21/3, 2014, S. 73 – 82. Die Literatur über historische Überschwemmungen im Alpenraum sowie in den voralpinen Regionen, deren Flüsse in den Alpen entspringen, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Sie widmet sich aus naturwissenschaftlicher und/oder kulturhistorischer Sicht den großen Flusssystemen, aber auch, in einer mikrohistorischen Betrachtungsweise, kleinen Flüssen, deren Zerstörungskraft, wenn auch regional beschränkt, enorm sein kann. Vgl. exemplarisch Stephanie Summermatter, Die Überschwemmungen von 1868 in der Schweiz. Unmittelbare Reaktion und längerfristige Prävention mit näherer Betrachtung des Kantons Wallis, Nordhausen 2005; Christian Rohr, Measuring the Frequency and Intensity of Floods of the Traun River (Upper Austria), 1441– 1574, in: Hydrological Sciences Journal 51/5, 2006, S. 834– 847; Petra Schmocker-Fackel / Felix Naef, Changes in Flood Frequencies in Switzerland since 1500, in: Hydrology and Earth System Sciences 14, 2010, S. 1581– 1594; Wetter et al., Largest Floods; Melanie Salvisberg, Der Hochwasserschutz an der Gürbe – eine Herausforderung für Generationen. Ein Beispiel für die Umsetzung von Hochwasserschutzkonzepten vor Ort (1855 – 2010), Basel 2017 (im Druck). Bemerkenswert ist etwa das in weiten Teilen Europas extrem trockene und heiße Jahr 1540, das von einem umfangreichen Autorenteam kürzlich aufgearbeitet wurde; viele bemerkenswerte Quellen dazu stammen aus dem Alpenraum: Oliver Wetter / Christian Pfister / Johannes P. Werner / Eduardo Zorita / Sebastian Wagner / Sonia I. Seneviratne / Jürgen Herget / Uwe Grünewald / Jürg Luterbacher / MariaJoão Alcoforado / Mariano Barriendos / Ursula Bieber / Rudolf Brázdil / Karl H. Burmeister / Chantal Camenisch / Antonio Contino / Petr Dobrovolný / Rüdiger Glaser / Iso Himmelsbach / Andrea Kiss / Oldřich Kotyza / Thomas Labbé / Danuta Limanówka / Laurent Litzenburger / Øyvind Nordli / Kathleen Pribyl / Dag Retsö / Dirk Riemann / Christian Rohr / Werner Siegfried / Johan Söderberg / Jean-Laurent Spring, The Year-Long Unprecedented European Heat and Drought of 1540 – a Worst Case, in: Climatic Change 125/3 – 4, 2014, S. 349 – 363. Zu den wichtigsten Lawinenabgängen im Alpenraum vgl. Martin Laternser / Christian Pfister, Avalanches in Switzerland 1500 – 1990, in: John A. Matthews / Denys Brundsden / Burkhard Frenzel / Birgit Gläser / Mirjam M. Weiss (Hrsg.), Rapid Mass Movement as a Source of Climatic Evidence for the Holocene, Stuttgart / Jena / Lübeck / Ulm 1997, S. 241– 266 (überblicksmäßig zur Schweiz); Rohr, Naturereignisse, S. 399 – 420 (Ostalpenraum bis 1600). Die Auswirkungen von Gewittern sind nur für die Schweiz in größerem Stil aufgearbeitet. Vgl. Gerhard Röthlisberger, Chronik der Unwetterschäden in der Schweiz, Birmensdorf 1991.
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die Arbeit der Mühlen durch Hoch- oder Niedrigwasser massiv beeinträchtigt. Die Überschwemmungen des frühen 19. Jahrhunderts führten innerhalb der aufkommenden Forstwissenschaft zum Aufkommen der – aus heutigen Sicht stark vereinfachenden – Erklärung, dass Abholzungen im Gebirge für Überschwemmungen in der Ebene verantwortlich seien.²² Neben diesen hydrometeorologischen Witterungsextremen waren auch Starkwinde, etwa Winterstürme bei Westwetterlagen²³ oder Föhnstürme in vielen Alpentälern, wirtschaftsgeschichtlich relevante Naturgefahren, wobei das Sturmereignis nicht nur große Schäden an Gebäuden und Wäldern anrichten konnte, sondern in der Folge auch Brände zu einem mitunter katastrophalen Ausmaß ausdehnen ließ.²⁴ Eine Sonderkategorie bilden zum Teil mehrjährige Klimaveränderungen aufgrund vulkanischer Eruptionen. So führte der Ausbruch des Tambora im April 1815 auf der Insel Sumbawa (Indonesien) zu einem „Jahr ohne Sommer“ 1816, das in mehreren Regionen der Erde besonders stark zu spüren war, unter anderem in der Schweiz, wo es für die letzte schwerwiegende Subsistenzkrise verantwortlich war; Daniel Krämer hat die Auswirkungen aus die Schweiz kürzlich in umfassender Form aufgearbeitet und dabei insbesondere die ökonomischen und demographischen Auswirkungen betont.²⁵ Die (vorwiegend) geotektonischen Naturereignisse spielen für den Alpenraum naturgemäß ebenfalls eine wichtige Rolle, sind aber doch insgesamt singuläre Ereignisse, die aber die Landschaft so sehr verändern können, dass diese auch für das Wirtschaftsleben einer ganzen Region von Bedeutung sein können. Das Erdbeben vom 25. Januar 1348 und der daraus resultierende Bergsturz am Dobratsch westlich von Villach (Kärnten) veränderten das Wirtschaftsleben in Kärnten und Friaul nachhaltig,
Vgl. zur Geschichte dieses so genannten Abholzungsparadigmas Christian Pfister / Daniel Brändli, Rodungen im Gebirge – Überschwemmungen im Vorland: Ein Deutungsmuster macht Karriere, in: Rolf Peter Sieferle / Helga Breuninger (Hrsg.), Natur-Bilder. Wahrnehmungen von Natur und Umwelt in der Geschichte, Frankfurt am Main / New York 1999, S. 297– 323. Zu den Winterstürmen des 18. Jahrhunderts im Westalpenraum vgl. Daniel Krämer, Als die Buchen und Tannen „wie Vögelein“ flogen. Die Winterstürme „Marcellus“ und „Prisca“ am 16. und 18. Januar 1739 und ihre Auswirkungen in der Zentralschweiz, in: Der Geschichtsfreund 162, 2009, S. 143 – 176; Christian Pfister / Emmanuel Garnier / Maria-João Alcoforado / Dennis Wheeler / Jürg Luterbacher / Maria Fatima Nuñes / João Paulo Taborda, The Meteorological Framework and the Cultural Memory of Three Severe Winter-Storms in Early Eighteenth-Century Europe, in: Climatic Change 101/1, 2010, S. 281– 310. Als Beispiele dafür können etwa der verheerende Waldbrand im Raum von Reichenhall (Oberbayern) im Jahr 1453 oder die Ortsbrände in Glarus (Kanton Glarus) im Jahr 1861 sowie Meiringen (Kanton Bern) in den Jahren 1879 und 1891 dienen, wobei letztere besonders durch den starken Föhn, der vom Grimselpass ins Aaretal hinunter wehte, verheerend wurden.Vgl. zum Ereignis in Reichenhall Rohr, Naturereignisse, S. 438 f.; zu Glarus vgl. Walter Hauser, Stadt in Flammen. Der Brand von Glarus im Jahr 1861, Zürich 2011; zu Meiringen vgl. Ursula Maurer, Der Brand von Meiringen 1891 und der Wiederaufbau des Dorfes, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 61/1, 1999, S. 3 – 44. Daniel Krämer, „Menschen grasten nun mit dem Vieh“. Die letzte grosse Hungerkrise der Schweiz 1816/17. Mit einer theoretischen und methodischen Einführung in die historische Hungerforschung, Basel 2015.
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zumal unmittelbar danach auch die Pest zu einem massiven Bevölkerungsverlust führte.²⁶ Ebenso wurde der Naturraum um Goldau (Kanton Schwyz) nach dem gewaltigen Bergsturz von 1806 völlig verändert. Mit der hohen Opferzahl veränderten sich auch die Besitzverhältnisse einschneidend.²⁷ Einen stark anthropogenen Anteil aufgrund extensiven Bergbaus haben die verheerenden Bergstürze von 1618, als das pulsierende Handelsstädtchen Plurs (Piuro) im Bergell (Lombardei) völlig verschüttet wurde,²⁸ und von 1881, als in Elm (Kanton Glarus) weite Flächen des Talbodens unter den Gesteins- und Erdmassen begraben wurden.²⁹ Vermurungen, Hangrutschungen und andere kleinere Massenbewegungen führten häufig zur Aufgabe von landwirtschaftlichen Gütern; mitunter zogen sie auch zerstörerische Überschwemmungen mit sich, weil sie Flussläufe aufstauten. Schließlich waren auch Tierplagen und Tierseuchen ein wesentlicher Faktor für die alpine Landwirtschaft; sie sind zumindest teilweise auch durch klimatische Rahmenbedingungen hervorgerufen. Invasionen von Heuschrecken konnten insbesondere in inneralpinen Tal- und Beckenlagen große Getreidefelder und Weiden zerstören. Auf derartige Heuschreckenplagen wird exemplarisch in Abschnitt 4 näher eingegangen. Dazu kamen Einlagerungsverluste durch das Eindringen von Nagetieren. Während die Heuschreckenplagen in den letzten Jahren sehr gut aufgearbeitet wurden,³⁰ steht dies für Tierseuchen bei Großvieh noch weitgehend aus. Breiten Raum in der historischen Forschung nahmen in den letzten Jahren Anpassungsstrategien an Umweltfaktoren im Alpenraum ein. Die Untersuchung derartiger Risikokulturen in vorindustrieller Zeit umfasst etwa Fragen, wie Städte an Flüssen die häufigen Überschwemmungen in ihr Wirtschaftsleben integrierten oder wie schützende Bannwälder wie in Andermatt (Kanton Uri) seit dem Spätmittelalter das
Die Auswirkungen des Erdbebens und des Bergsturzes auf das Kloster Arnoldstein (Kärnten) sowie die Stadt Villach wurden von Wilhelm Neumann in mehreren lokalhistorischen Studien aufgearbeitet. Vgl. dazu zusammenfassend Rohr, Naturereignisse, S. 189 – 192. Vgl. Markus Hürlimann, Der Goldauer Bergsturz 1806. Geschichte der Naturkatastrophe und Betrachtungen 200 Jahre danach, Schwyz 2006; Oliver Landolt (Hrsg.), Naturkatastrophen in der Zentralschweiz. Beiträge der Arbeitstagung des Historischen Vereins der Fünf Orte vom 10. Juni 2006: 200 Jahre Bergsturz von Goldau – „Katastrophenlandschaft Innerschweiz“, in: Der Geschichtsfreund 159, 2006, S. 5 – 80. Vgl. dazu umfassend Guido Scaramellini / Günther Kahl / Gian Primo Falappi, La frana di Piuro del 1618. Storia e immagini di una rovina, Piuro 1988. Vgl. Hans-Peter Bläuer, Der Bergsturz vom Elm am 11. September 1881. Ursache und gesellschaftliche Bewältigung einer menschgemachten Naturkatastrophe, in: Christian Pfister (Hrsg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500 – 2000, Bern 2002, S. 113 – 130. Vgl. Rohr, Naturereignisse, S. 463 – 492; ders., Sie seind krochen wie ain kriegsordnung. Heuschreckenplagen im Land Tirol im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Tiroler Heimatblätter 84/1, 2009, S. 20 – 25; ders., „Animali inattesi“ nell’arco alpino: Le invasioni di cavallette e i loro effetti sulle società alpine dal Medioevo fino al Settecento, in: Histoire des Alps – Storia delle Alpi – Geschichte der Alpen 15, 2010, S. 151– 164.
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Lawinenrisiko mindern sollten.³¹ Auch die bauliche Anpassung an Naturgefahren wurde thematisiert, etwa die Errichtung bzw. Verlegung von Siedlungen an möglichst überschwemmungs- bzw. lawinensichere Orte.³² Freilich erfolgte die Wahl neuer Siedlungsplätze mitunter nach dem trial and error-Prinzip. Gerade die im Spätmittelalter entstandenen Walsersiedlungen im hochalpinen Gelände und deren hohe Exponiertheit gegenüber Lawinen zeigen, dass man offenbar erst Erfahrungswissen erwerben musste. Neue Haustypen wie die Ebenhöch-Häuser entstanden am Beginn der Neuzeit im alpinen Bereich, um noch besser gegenüber Lawinenabgängen geschützt zu sein; Spaltkeile und Natursteinmauern verfolgten ein ähnliches Ziel.³³ Auch was die Baumaterialien betrifft, wurden etwa Häuser am Fluss gezielt an das Überschwemmungsrisiko angepasst. Eng verbunden mit klimageschichtlichen Zugängen sind aber auch Fragen der Ressourcenökonomie, etwa im Sinne der schon oben angedeuteten Verbindung von Erklärungen zur Entstehung von Hochwassern mit Abholzungsdiskursen. Auf die alpine Agrar- und Forstgeschichte soll hier nicht näher eingegangen werden, doch haben sich auch hier Ansätze durchgesetzt, die Aspekte wie Witterungseinflüsse und Klimaveränderungen gebührend miteinbeziehen.³⁴ Während sich also die historische Naturkatastrophenforschung zu einem boomenden Feld innerhalb der Umweltgeschichte entwickelt hat, sind andere Aspekte der Wechselwirkung zwischen Mensch, Witterung und Klima deutlich weniger gut erschlossen; dies gilt vor allem für die Zeit vor 1500 und insgesamt für die alpinen Räume außerhalb der Schweiz. Allgemein müssten im Rahmen der Klimafolgenforschung wirtschaftshistorische Aspekte in Zukunft noch stärker herausgearbeitet werden, etwa zu Fragen der Saisonalität alpinen Wirtschaftslebens. Auch Waldbrände sind bis heute fast nicht aufgearbeitet.³⁵ Vgl.Veronika Stöckli, Der Bannwald. Lebensgrundlage und Kultobjekt, in: Christian Pfister (Hrsg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500 – 2000, Bern 2002, S. 101– 112. Vgl. etwa den Sammelband Reto Furter / Anne-Lise Head-König / Luigi Lorenzetti (Hrsg.), Die Erfindung der alpinen Architektur, Zürich 2011; weiter als Spezialstudie Philippe Schoeneich / MaryClaude Busset-Henchoz, Les Ormonans et les Leysenouds face aux risques naturels. Représentation des risques naturels et stratégies d’occupation du territoire dans la Vallée des Ormonts (Préalpes vaudoises), Zürich 1998. Zum Wissen um historische und zeitgenössische Lawinenabgänge sowie daraus resultierende Bewältigungsstrategien bis hin zum Lösungsvorschlag, völlig neue inneralpine Planstädte zu errichten, vgl. am Beispiel von Placidus Spescha (1752– 1833) aus Disentis (Kanton Graubünden) zuletzt Christian Rohr, Placidus Spescha und seine Bedeutung für die historische Lawinenforschung, in: Annalas da la societad retorumantscha 127, 2014, S. 161– 185. Philippe Schoeneich / Denyse Raymond / Mary-Claude Busset-Henchoz, Spaltkeil und Ebenhöch. Traditionelle Lawinen-Schutzbauten in den Waadtländer Voralpen, in: Christian Pfister (Hrsg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500 – 2000, Bern 2002, S. 147– 152. Vgl. zuletzt Jon Mathieu, Die Alpen. Raum – Kultur – Geschichte, Stuttgart 2015, S. 84– 86. Für einen Kurzüberblick zum Forschungsstand vgl. Christian Rohr, Waldbrand, in: Enzyklopädie der Neuzeit 14, Stuttgart / Weimar 2011, Sp. 573 – 575.
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3 Transalpiner Handel und Verkehr und seine Beeinflussung durch Naturgefahren Schon 1974 wies der deutsche Kulturhistoriker Arno Borst darauf hin, dass sich erzählende Quellen des Mittelalters über die Beschwerlichkeit des Reisens durch die Alpen fast völlig ausschweigen.³⁶ Dies ist umso bemerkenswerter, als die Alpen stets in die eine oder andere Richtung durchschritten wurden, ob von Königen auf dem Zug zur Kaiserkrönung, Händlern oder Pilgern. Es scheint fast so, dass man über die Beschwerlichkeiten, die jeder Alpenüberschreitung innewohnten, nicht gerne berichten wollte.³⁷ Neben der allgemeinen Beschwerlichkeit des Weges kamen aber auch zahlreiche witterungsbedingte Faktoren dazu, welche die Überquerung der Alpenpässe zu furchteinflößenden Erlebnissen machten: Wetterumstürze, Flussläufe, die bei Hochwasser nicht oder nur unter großer Gefahr passiert werden konnten, Hangrutschungen, hoher Schnee und Lawinenabgänge. Im Folgenden sollen an einigen ausgewählten Beispielen aus dem 12. bis 16. Jahrhundert nicht nur die Reisenden selbst vorgestellt werden, sondern auch die Bevölkerung, die im Gebirge ansässig war und die Händler und Pilger professionell über die Pässe geleitete. Dabei wird deutlich, dass alpenüberquerender Transit auch – und zum Teil besonders – in den Wintermonaten stattfand, als die Lawinengefahr am größten war. Mehrere Berichte, insbesondere seit dem 15. Jahrhundert, bezeugen, dass mitunter ganze Konvois von Händlern unter Lawinen verschüttet wurden oder wie schwierig der Saumhandel über die Alpen im Winter war, wenn hoher Schnee lag und Lawinen den Weg versperrten.
Bergführer am Großen St. Bernhard und die Lawinengefahr Die Gesta abbatum Trudonensium (Taten der Äbte von Saint-Trond) aus Saint-Trond (Sint-Truiden) im heutigen Belgien enthalten eine der ältesten detaillierten Schilderungen zu einer Alpenüberquerung überhaupt.³⁸ Mitten im Winter 1128/1129 hatte Abt
Arno Borst, Alpine Mentalität und europäischer Horizont im Mittelalter, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees 92, 1974, S. 1– 46, wiederabgedruckt in: Ders., Barbaren, Ketzer und Artisten. Welten des Mittelalters, München / Zürich 1988, S. 471– 527, hier: S. 471 mit der Bemerkung, dass die Alpen etwa in der umfassenden Weltchronik Ottos von Freising insgesamt nur zwölf Mal erwähnt werden, davon neun Mal im Zusammenhang mit Alpenüberquerungen (von Hannibal bis zum 12. Jahrhundert). Stets beschränken sich die Berichte zu den Überquerungen selbst auf wenige Worte. Rohr, Naturereignisse, S. 401 Anm. 8; ders., Langsam, beschwerlich, gefürchtet, verschwiegen: Alpenüberquerungen im Hoch- und Spätmittelalter, in: Wege und Geschichte 2012/2, 2012, S. 19 – 23, hier: S. 20. Gesta abbatum Trudonensium, Continuatio prima a. 1107– 1136 (hrsg.v. Rudolf Koepke, Monumenta Germaniae Historica, Scriptores 10), Hannover 1852, Nachdruck Stuttgart / New York 1963, S. 272– 317,
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Rudolf von Saint-Trond auf dem Weg zurück aus Rom den Großen St. Bernhard (mons Iovis) überqueren müssen. Auf ihrer Rückkehr [aus Rom] … kamen sie, als die winterlichen Gefahren schon zunahmen, durch die Stadt Aosta und erreichten unter Todesgefahr das Dorf Restopolis [Etroubles] am Fuße des Großen St. Bernhard. Wegen der überaus großen Schneemassen war es ihnen dort weder möglich vorwärts zu gehen noch umzukehren. Sie verbrachten dort die Oktav des Weihnachtsfests [1. Januar]; nach einigen Tagen zeigten ihnen die marones als Führer einen sehr beschwerlichen Weg – marones werden die wegekundigen Bergführer nämlich genannt –, auf dem sie nach zwei deutschen Meilen zum Dorf Saint-Rhémy am Großen St. Bernhard gelangten. An diesem Ort blieben sie, gleichsam in einem Todesschlund zusammengepfercht, eine Nacht und einen Tag unter Todesgefahr. Die Enge des Dorfes wurde durch die Menge der Pilger noch gesteigert. Von den überaus hohen und felsigen Hängen brachen häufig Lawinen herunter, die durch nichts aufzuhalten waren und zwar so, dass die Lawinen sie völlig verschütteten, als sich die einen schon zu Tisch gesetzt hatten, die anderen noch dem Mahl fernblieben und sich in der Nähe der Häuser aufhielten. Man fand einige in den Lawinen erstickt, einige trugen schwere, bleibende Verletzungen davon. Unter diesem Todesjoch verbrachten sie mehrere Tage in jenem Unglück bringenden Dorf.³⁹
Bemerkenswert ist die erstmalige explizite Erwähnung einheimischer Bergführer, mar (r)ones genannt. Diese brachten Abt Rudolf und seine Begleiter zunächst auf der Südseite des Passes von Etroubles nach Saint-Rhémy, wo alle Reisenden aufgrund der großen Lawinentätigkeit mehrere Tage warten mussten. Die Bemerkung, dass der Ort von Fremden überfüllt war, zeigt auch, dass wohl zahlreiche Menschen selbst im Winter die beschwerliche Alpenreise auf sich nehmen mussten. Die zen-trale Rolle der marones als professionell arbeitende Bergführer wird in der Folge noch näher ausgeführt: Da boten sich freiwillig marones den Pilgern als Bergführer an, verlangten aber von ihnen einen hohen Lohn, dass sie den eingeschlagenen Weg freimachen. Die Pilger sollten ihnen zu Fuß folgen, hinter ihnen dann die Pferde, und so würde der Weg für die Herren ausgetreten, die zu sehr geschwächt umkehren sollten. Wegen der allzu großen Kälte des Schnees trugen die marones am Kopf Tücher aus Filz, an den Händen Wollhandschuhe, an den Füßen hohe Stiefel, die unten an der Sohle mit Eisennägeln wegen der Glätte des Eises versehen waren; zusätzlich trugen sie in ihren Händen lange Lanzen, um unter dem hohen Schnee den Weg zu ertasten. So beschritten sie mutig den gewohnten Weg.
Man wird daher davon ausgehen können, dass die einheimischen Führer bestens an die extremen Bedingungen angepasst waren und schon relativ genau über Lawinengefahren Bescheid wussten. Im Gegensatz dazu überwog bei den Reisenden Todesangst, zumal auch die marones von den Bedrohungen direkt betroffen waren:
hier: 12, 6 ad a. 1129, S. 306 f. Zur Stelle vgl. im Detail Borst, Mentalität, S. 497 f.; Rohr, Naturereignisse, S. 401 f. Erstübersetzung dieses Abschnitts und der Folgeabschnitte: Christian Rohr.
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Es war der letzte Morgen und die Pilger feierten unter höchster Angst und unter Zittern die heilige Messe und empfingen die Kommunion; so bereiteten sie sich auf den bevorstehenden Tod vor. Sie stritten, wer von ihnen zuerst dem Priester seine Beichte ablegen könne, und als ob eine Beichte nicht genüge, bekannten sie sich in der Kirche ohne Unterschied gegenseitig ihre Sünden. Als sie das in äußerster Demut in der Kirche taten, erhob sich auf der Straße traurigstes Wehklagen. Denn nachdem die marones in einer Reihe das Dorf verlassen hatten, verschüttete plötzlich eine dichte Schneekugel [Lawine], die so groß wie ein Berg vom Hang herunter glitt, zehn Bergführer und schien sie bis zur Unterwelt mit sich gerissen zu haben. Die dieses unglückliche Schauspiel gerade mitbekamen, stürzten schnellstens in raschem Lauf zu diesem tödlichen Ort und bargen die verschütteten marones: die einen fanden sie schon leblos an ihren langen Stangen, die anderen halb am Leben; wieder andere mit gebrochenen Knochen zogen sie an den Händen weg. Die eine beklagte den Verlust des Ehemanns, die andere den Bruder, dieser und jener den einen oder anderen. Aufgrund dieses so schrecklichen Zwischenfalls verließen die Pilger verunsichert die Kirche und zögerten noch ein wenig in der Angst, dass ihnen dasselbe bevorstehen würde, flohen aber dann rasch nach Etroubles. Über die Beschwerlichkeit des Weges gab es keine Klagen mehr wie früher, er erschien ihnen flach, um der Todesgefahr zu entrinnen. In Etroubles verbrachten sie das Fest der Epiphanie des Herrn [6. Januar]. Dann kam das erhoffte klare Wetter und sie brachen unter der Führung der marones wieder zum todbringenden Dorf auf. Die Todesangst beschleunigte ihre Schritte, sodass sie an jenem Tag schließlich mit großer Mühe bis zur Passhöhe kamen, teils am Boden kriechend, teils rutschend.
Die marones am Großen St. Bernhard dürften, wie die Gesta abbatum Trudonensium und einige spätere Quellen mit kürzeren Berichten nahelegen, genossenschaftlich organisiert gewesen sein. Sie waren mit Sicherheit gut auf ihre Arbeit in der Gruppe eingestellt, mit spezieller Bekleidung ausgerüstet und wurden offensichtlich auch von der lokalen Obrigkeit nicht nur gebilligt, sondern auch für ihre Dienste autorisiert.⁴⁰ Das Ausmaß ihrer Dienste hing wohl in erster Linie von der Höhe der Bezahlung ab. Das Beispiel aus dem 12. Jahrhundert zeigt jedenfalls, dass die Bewohner im Bereich von lawinengefährdeten Passrouten schon früh spezielle Fähigkeiten bei der Begleitung von Reisenden sowie der Bergung von Verschütteten nach Lawinenabgängen entwickelten. Die Institution der Bergführer entlang der wichtigsten Alpenpässe bildete die Grundlage für die Entstehung der Passhospize. Um 1050 gründete der Heilige Bernhard, ein Archidiakon und Wanderprediger aus Aosta, das Hospiz auf dem nach ihm benannten Großen St. Bernhard. 1125 ist schließlich ein Hospiz St. Nikolaus auf dem Großen St. Bernhard auch urkundlich bezeugt. Es wurde von regulierten Chorherren sowie Laien geführt und war für Jahrhunderte der wohl höchstgelegene, durchgehend bewohnte Platz Europas. Allgemein erachtete man dieses und andere Passhospize als Orte täglich gelebter caritas an den Pilgern und sonstigen Reisenden. Auch an vielen anderen Alpenpässen entstanden in der Folge ähnliche Hospize, etwa am Kleinen St. Bernhard, am Mont Cenis, am Septimerpass, am Gotthardpass sowie in den Ostalpen
Die Organisationsstruktur des mittelalterlichen Bergführerwesens an den wichtigsten Alpenpässen und dabei insbesondere am Großen St. Bernhard wurde bis jetzt in der Forschung noch nicht genauer untersucht und stellt ein prioritäres Forschungsdesiderat dar.
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am Semmering (Spital am Semmering), am Pyhrnpass (Spital am Pyhrn) oder in den Hohen Tauern.
Saumhandel über die Hohen Tauern Der Handel zwischen dem Nordosten Italiens, also der Metropole Venedig sowie der Weinbaugebiete im Friaul, einerseits und dem südostdeutsch-österreichischen Raum andererseits hatte seit der vorrömischen Zeit Tradition. Während Eisen und Salz den Weg in Richtung Italien nahmen, wurden Stoffe, Wein und Fernhandelsgüter über die Tauernpässe nach Norden gebracht. Nach dem Ende der Römerzeit nahm dieser Handel zwar offensichtlich deutlich ab, er lebte aber vor allem im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit wieder auf, besonders auch, als der Gold- und Silberbergbau in den Hohen Tauern seinen Höhepunkt erreichte. Die direkteste Handelsroute führte von Udine über den Plöckenpass zunächst nach Kärnten. Der Ortsname Mauthen im Gailtal am Ausgang der Plöckenpassroute gibt bis heute noch ein beredtes Zeugnis davon ab, dass sich an dieser Stelle einst eine wichtige Mautstelle befand. Von dort konnte man auf kürzestem Weg nach Oberdrauburg im oberen Drautal gelangen, dem man flussaufwärts bis ins Gebiet der Grafen von Görz, d. h. über die heutige Landesgrenze nach Osttirol folgte, um danach über den Iselsberg das obere Mölltal zu erreichen. Dort musste man in Winklern/ Reintal nochmals Maut bezahlen. Nach der Überwindung des Alpenhauptkammes über den Heiligenbluter Tauern (Hochtor) teilte sich der Handelsweg in eine westliche Route über das Fuscher Tal und das Saalachtal nach Reichenhall und eine östliche über das Rauriser Tal und das Salzachtal.⁴¹ Die ältere Route dürfte die über das Fuscher Tal gewesen sein, da dort eine landesfürstliche Getreideprovision für die Schwaige Ferleiten schon um 1350 nachweisbar ist und dieses damit von seiner Funktion her eindeutig zu einem Tauernhaus deklariert. Gemäß der Urbarbeschreibung der Propstei Fusch aus dem Jahr 1563 erhielten die Fuscher Tauernhäuser pro Jahr je 8 Metzen Roggen und 20 Metzen Hafer als Deputat aus dem erzbischöflichen Kasten in Zell am See. Somit wird auch an diesem Beispiel deutlich, dass die Infrastruktur auf dieser Route gezielt von den lokalen Obrigkeiten gefördert wurde. Im Gegenzug waren die Tauernhäuser gemäß einem Urbar von 1606 für die Instandhaltung des Wegs bis zum Mitter-Therl in Richtung Fuscher Tauern und bis Wölflern talauswärts verantwortlich; zudem sollten sie den Leuten, die Summers
Zur Route und ihrer wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung vgl. im Detail Herbert Klein, Der Saumhandel über die Tauern, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 90, 1950, S. 37– 114, hier: S. 46 – 49; Herbert Hassinger, Zollwesen und Verkehr in den österreichischen Alpenländern bis um 1300, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 73, 1965, S. 292– 361, hier: S. 311– 314; Christian Rohr, Der Handel über die Hochtorroute in Mittelalter und Neuzeit, in: Ortolf Harl (Hrsg.), Hochtor und Glocknerroute. Ein hochalpines Passheiligtum und 2000 Jahre Kulturtransfer zwischen Mittelmeer und Mitteleuropa, Salzburg 2014, S. 213 – 222.
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Zeiten, so hin und wider über den taurn ziehen unndt offtmals nit Zerung haben, vil anlauffens, dennselben ohne bezallung mit Herberg, narung unnd in ander weeg hilflich sein.⁴² Das Tauernhaus unterhalb des Rauriser Tauerns wurde hingegen erst 1491 errichtet. Der Tauernhausbesitzer Urban erhielt damals von Erzbischof Friedrich V. von Salzburg für seine neue Taverne das Zapfen- und Schankrecht, also eine Gasthauskonzession.⁴³ Nimmt man die Deputate als Richtwert, so dürfte das Rauriser Tauernhaus freilich ein eher kleiner Betrieb geblieben sein. Auch die Entlohnung des Wirtes und seiner Knechte war von Amtswegen gering, obwohl diesen auch die Aufgabe oblag, den Weg zum Tauern im Winter auszuschaufeln.⁴⁴ Die Glocknerroute war allerdings bei weitem nicht der einzige Handelsweg über die Hohen Tauern: Westlich davon führten (weniger frequentierte) Saumwege über den Felbertauern und den Kalser Tauern, östlich davon Routen über den Korntauern und den Mallnitzer Tauern. Die große Römerstraße hingegen nahm ihren Weg von Salzburg über den Radstädter Tauern, den Lungau und den Katschberg nach Villach bzw. über das Lurnfeld nach Oberdrauburg, wo sie sich mit der Glocknerroute südwärts vereinigte. Während die Route über den Radstädter Tauern und den Katschberg in der Römerzeit als befestigte Straße auch für schwere Handelswagen geeignet war, wurden die übrigen Tauernpässe, darunter auch der Heiligenbluter (Rauriser, Fuscher) Tauern, sowie der Plöckenpass und der Iselsberg auf Saumwegen überwunden. Dazu musste die Ladung von Wagen auf Maultiere umgeladen werden, die bis zu 150 Kilogramm an Waren transportieren konnten. Wein, Salz, Käse und Eisenwaren wurden dabei den Pferden beidseitig in Truhen, Fässern oder Bündeln aufgeladen.⁴⁵ Die Säumer und Tiere waren mit Steigeisen ausgestattet, wie archäologische Funde von transalpinen Passrouten beweisen, die bis in die Römerzeit zurückreichen.⁴⁶ Der Saumhandel über Hubert Schopf, Die Salzburger Tauernhäuser, in: Fritz Koller (Hrsg.), Das Rauriser Tauernhaus 1491– 1991, Salzburg 1991, S. 15 – 36, hier: S. 25 f. Urbar Erzbischof Friedrichs V. von Salzburg (Salzburger Landesarchiv Salzburg, Urbar 7), fol. 185v: Item Urbanus Waldner de Taberna nova Zapfenrecht et Schenkhrecht sub Turone Rauris situs in der Tawraw penes tawrpach anno 1491 institutus. denr. ß. VIII. Johannes Waldner per resignationem. Zur Stelle vgl. im Detail Christiane Gärtner, Das Rauriser Tauernhaus, in: Fritz Koller (Hrsg.), Das Rauriser Tauernhaus 1491– 1991, Salzburg 1991, S. 37– 52, hier: S. 39 (mit einer Abbildung der Passage im Urbar). Harald Schueller, Die „Tauern“,Verkehrswege über Zeiten. Die Übergänge in den Hohen Tauern, in: Harald Waitzbauer (Hrsg.), Das Krimmler Tauernhaus. Die alte Taferne in der Achen. Festschrift zum Jubiläum 600 Jahre Krimmler Tauernhaus, Salzburg 1989, S. 79 – 99, hier: S. 95 (allerdings ohne nähere Quellenangaben). Klein, Saumhandel, S. 52– 54 (zum Saumhandel) und S. 63 – 82 (zu den Handelswaren). Vgl. Helga Sedlmayer, Säumer oder Fuhrleute? Zum Warentransport im hochalpinen Noricum aus dem Blickwinkel der Fundbearbeitung, in: Ortolf Harl (Hrsg.), Hochtor und Glocknerroute. Ein hochalpines Passheiligtum und 2000 Jahre Kulturtransfer zwischen Mittelmeer und Mitteleuropa, Salzburg 2014, S. 293 – 300, hier: S. 294– 297. Am Hochtor wurde etwa der Riemenbeschlag eines Pferdes oder Maultiers gefunden. Römische Hufschuhe wurden etwa an der Via Claudia über den Fernpass zwischen Strad und Nassereith (Tirol) oder bei Untergrimming (Steiermark) gefunden.
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das Hochtor lag zu einem überwiegenden Teil in den Händen der Heiligenbluter (Bluter, Kirchhamer, Großkirchhamer) Säumer, die von der Südseite der Passroute aus auch den Transport weiter durch den Pinzgau kontrollierten.⁴⁷ Auch aus dem Raum Mauthen im Gailtal sind immer wieder Säumer belegt, die auf der „oberen Straße“ über das Hochtor in die Rauris und weiter nach Salzburg tätig waren.⁴⁸ Die Säumer entstammten durchwegs dem Bauernstand. Erst mit der erneuten Fahrbarmachung des Radstädter Tauerns um 1519⁴⁹ änderte sich das Verkehrsaufkommen über die Hohen Tauern grundlegend, da es deutlich ökonomischer war, mit großen Handelswagen durchgehend die Ostalpen zu überqueren. Der Niedergang der Glocknerroute im 17. Jahrhundert ist aber wohl nicht allein auf diesen Umstand zurückzuführen, denn Anfang des Jahrhunderts wurden auch viele der Gold- und Silberbergbaureviere im Rauriser und Gasteiner Tal stillgelegt, die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wichtige Abnehmer der Waren aus dem Süden gewesen waren. Noch in den Inventaren aus den Jahren 1603 und 1612 tauchen mehrfach Stoffe und Weine aus Italien auf, die mit einiger Sicherheit über das Hochtor angeliefert worden waren.⁵⁰ Die allgemeinen umweltgeschichtlich relevanten Rahmenbedingungen, etwa die Witterung oder die Beschwerlichkeit des Weges, erschließen sich am besten über erzählende Quellen, von denen der Reisebericht von Heinrich von Zedlitz aus dem Jahr 1493 wohl der anschaulichste ist.⁵¹ Auch wenn es sich dabei um die Rückkehr von einer Jerusalem-Pilgerfahrt handelt, so ist die Route dennoch mit der von Händlern verwendeten identisch. Zunächst fällt es der Reisegruppe schwer, im Gewirr von Flussarmen zwischen Venzone und dem Plöckenpass passende Furten zu finden, eventuell aufgrund eines hohen Wasserstandes des Tagliamento bzw. des Torrente But: Item am Dornstage [10. Oktober] sindt wir von Klamaun [Gemona] gerithen durch Peyzildorff [Venzone/Beuscheldorf] vnnd haben den wegk gen Villach auf die rechte hand gelossen vnd
Klein, Saumhandel, S. 56 f. mit Anm. 13 konnte anhand der erhaltenen Ungeldrechnungen Lichtenberg 1656 – 1658 exemplarisch die Namen von insgesamt 23 Personen rekonstruieren, die als „Sämer beim Hl. Bluet“ tätig waren und zu einem Großteil mit Heiligenbluter Orts- und Hofnamen in Verbindung gesetzt werden können. Klein, Saumhandel, S. 57 f. mit Anm. 16 f. Demnach werden allein im Weglohnregister „in die Rauris“ der Maut zu Hirschfurt (Lend) zu den Jahren 1500/01 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Hs. Blau 767) sechs Säumer genannt, die als Herkunftsnamen an der Mawt anstelle eines Familiennamens tragen. Herbert Klein, Brenner und Radstädter Tauern, in: Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Tirols. Festschrift zu Ehren Hermann Wopfners, Innsbruck 1947, Bd. 1, S. 141– 155, hier: S. 145. Christian Rohr, Zur Ernährung der Bergleute im Spiegel der Gasteiner Inventare. Pfennwert-Abrechnungen aus dem frühen 17. Jahrhundert als Quelle der Alltagskultur, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 141, 2001, S. 141– 156, hier: S. 149 f. Reinhold Röhricht, Die Jerusalemfahrt des Heinrich von Zedlitz (1493), in: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 17, 1894, S. 98 – 114, 185 – 200, 277– 301, hier: S. 296 f. Der schwer erreichbare Text ist auch in eingescannter Form online unter http://resikom.adw-goettingen. gwdg.de/berichte/PDF/ Roehricht_1894_Zedlitz.pdf (zuletzt abgerufen am 25.05. 2016) zugänglich.
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sinndt nach der lincken hand geriethen […] vnnd do kwomen wir den tagk an ein gros wasser, das do gar schnelle flus vnnd gienng in dreyen stremen, wir wusten alle keynen fort, also hat ich das sterckiste pferdt, vnd suchte den furtt, also kwam ich durch den eynen strom, List [ein Begleiter] mir noch vnd die zwehn Gornfelder [zwei weitere Begleiter], die andern bruder rithen am wasser hinauff vnnd wolden nicht hindurch, also kwam ich an den andern strom, der was gar schnelle vnd gros, also woldt ich den furt vorsuchen vnnd reit das wasser hinoff vnnd List hinder mir, also kwam das wasser also starck und nam Listen vnd mich vnd furt vns beyde mit pferden mit al dohin, die Gornfelder kerten wieder vmb,wir ruffenn beyde den Allmechtigen Got an, das vnns Got beyden helff an das enden vber das wasser, idoch halff vnns Got hinaus. Wir rithen an das wasser hinvffe, vnd do kwam ein pauer, dem gab ich geldt vnnd leg im meyn pferdt, das er hindurch rait vnd wust eynen guten fort, domite die andern brüder auch hinvber kwomen, also riethen wir den tag gen Peyschilwange [Timau/Tischlbong, am südlichen Abhang des Plöckenpasses] in ein tabernoe, leit vndrem Creuzberge [Plöckenpass].
Erst die Hilfe eines einheimischen Bauern, der vielleicht auch als Säumer tätig war und daher die Furten gut kannte, konnte somit der Reisegruppe den Weg zum Plöckenpass ermöglichen. Der Bericht legt nahe, dass auch von Venzone über Tolmezzo bis zum Fuß des Plöckenpasses am Ende des 15. Jahrhunderts keine befestigte Straße führte, sondern eher von einem Saumweg entlang des Flusses auszugehen ist. Über den Plöckenpass erreichte Heinrich von Zedlitz am nächsten Tag das Gailtal und das Drautal: Item am Fraittage [11. Oktober] sind wir geriethen vber den Creuzbergk, welches ein hoher steinichter bergk ist, vnd keine wogen vber geht, den die pferde an etlichen enden vff vnnd nieder steigen musten als die treppen vnd kwomen den tag gen Trapurck [Oberdrauburg], ein stadt ist des Keissers, leit an der Trage [Drau], do das wasser die brücke hat hinwegk gefurtt, also haten sie die brücke nicht gar gemacht, doch legten sie vns brete vber das joch, das wir die pferde hinvber zogen, also riethen wir noch bis vnder den Eselbergk [Iselsberg] vnd blieben vber nacht in eyner taberna in des Groffen von Görz lande.
Deutlich betont der Autor, dass der Weg über den Plöckenpass (Kreuzberg) nicht für Fuhrwerke geeignet sei. Von der ersten Mautstelle nördlich des Passes in Mauthen nimmt dann Zedlitz ebenso wenig Notiz wie vom Gailberg-Sattel, der Verbindung vom Gailtal ins Drautal. Hingegen berichtet er von den Schwierigkeiten die Drau zu überqueren, da die Brücke nach einem Hochwasser noch nicht wieder instandgesetzt war. Es ist anzunehmen, dass es sich bei dem Ereignis um dasselbe gehandelt hat, das im Sommer 1493 im Gasteiner Tal schwere Zerstörungen angerichtet hatte.⁵² Der Hinweis auf eine größere Überschwemmung verstärkt auch die Vermutung, dass die Probleme südlich des Plöckenpasses ebenfalls durch ein Hochwasser begründet waren. Die nächsten beiden Tage überschritten die Pilger den Iselsberg und in der Folge den Heiligenbluter (Rauriser) Tauern. Vielleicht aufgrund der starken Niederschläge,
Zu den Überschwemmungen von 1493 vgl. Rohr, Naturereignisse, S. 235 mit Anm. 97.
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die im Tal zu den Überschwemmungen geführt hatten, lag in der Höhe schon sehr viel Schnee: Item am Sonnobende [12. Oktober] rithen wir vber den Eselbergk vnnd rithen den tagk gen Kirchheim [Großkirchheim] in eyne taberna, die lait hoch am Rarisser tawern. Item am Sontage [13. Oktober] sinndt wir den tagk vber den Rarisser tauern geriethen, welchs also ein hoher bergk ist, das es iii meylen hinvber ist, vnnd ist gar sticklicht vnd hoch, das der schnee doruffe lag, das die pferde in dem steige gingen bis an die knie, vnnd wen eynes aus dem steige trat, so viel es ein bis am bauch, das wir auch leuthe mit vns nehmen musten, die den schnee mit schauffeln aus dem steige schorten, das wir die pferde dorinnen gefuren konden, wenn der windt allewege also gros auff dem berge ist, das der steigk also bald verweet wirdt, es stehn auch holzer einegepackt neben dem steige, das man weis, wo der wigk geeht, es vorgehn sich auch offte leuth auf dem berge, es ist auch ein solcher boser wegk dorzu raiten, das ich keynen roten will, die wege zu raiten, also blieben wir die nacht in einer taberna heist „In der Raueres“, wen es vnder dem berge lait; in alle den tabernen haben wir neuen Restil [Reifal] genungk zu trüncken gehapt. Item am Montage [14. Oktober] sinndt wir geriethen gar steynichten gebirchten bosen weg vnd kwomen gen Borbin [Werfen].
Klar geht aus diesem Bericht hervor, dass Mitte Oktober die Überquerung des Hochtors mit Pferden schon erhebliche Schwierigkeiten bereiten konnte. Was für die Pilger aus Schlesien ein schauerliches Erlebnis darstellte, war für die Säumer am Heiligenbluter Tauern vermutlich der harte Alltag. Lange Schneestangen wiesen den Weg, da der Säumersteig durch hohen Schnee, besonders aber durch Schneeverwehungen, oft monatelang nicht auszumachen war. Auch der Weg durch das Seidelwinkeltal, das Rauriser Tal und das Salzachtal nach Werfen wird als steinig und gebirgig beschrieben; der Ausbau der Strecke für Fuhrwerke von Rauris über Embach nach Lend erfolgte erst wenige Jahre später um 1500.⁵³ Interessant ist schließlich die Bemerkung, dass in allen Tavernen am Weg die Versorgung mit Wein aus Friaul gut war. Der Reisebericht des Heinrich von Zedlitz macht deutlich, dass eine Untersuchung alpiner Handelsrouten auch Witterung und Klima mit einbeziehen muss. Schon im Oktober waren Passrouten mitunter durch Schneeverwehungen erschwert passierbar. So ist zu fragen, in welcher Weise der Saumhandel über die Alpenpässe von den einzelnen Jahreszeiten geprägt war. Viele Passrouten, sowohl in den Westalpen als auch in den Ostalpen,wurden aber dennoch von November bis Mai begangen.Trotz der großen Höhe der Hochtorroute – der Scheitel liegt mit 2575 Metern noch höher als der Große St. Bernhard – konnten Säumer kontinuierlich den Übertritt vom oberen Mölltal ins Rauriser Tal wagen, vermutlich aber nicht ins Fuscher Tal, weil dort die Lawinengefahr offenbar zu groß war. Neben der „unteren Straße“ über den Katschberg und den Radstädter Tauern war die Route über das Hochtor ins Rauriser Tal oft für Monate
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die einzige Möglichkeit, den Alpenhauptkamm im Bereich der Hohen Tauern zu überwinden.⁵⁴ Kurzzeitig wird aber auch diese Route immer wieder unpassierbar gewesen sein. 1662 verschüttete eine Lawine das Rauriser Tauernhaus und zerstörte mehrere Nebengebäude. Das Tauernhaus selbst war so sehr von Schnee bedeckt, dass 14 Tage kein Licht in die Zimmer drang und man nur durch ein Fenster hinein- und hinausgelangen konnte.⁵⁵ Die Eintragungen in den Rauriser Pfarrmatriken berichten fast jährlich von Erfrorenen, die von Schneestürmen im Frühling und sogar im Sommer überrascht worden waren. Dies betraf nicht nur Pilger, die vermutlich auch über ungenügende Ortskenntnis verfügten, sondern auch Säumer, wie etwa vier Heiligenbluter Bauern, die am 9. März 1768 bei der Salzsäumerei umkamen.⁵⁶ Auf den ersten Blick würde man davon ausgehen, dass der Saumhandel vor allem in der warmen Jahreszeit von Juni bis Oktober vonstattenging. Die Quellen zum Saumhandel aus dem 17. und 18. Jahrhundert legen aber genau das Gegenteil nahe. Dass der Saumhandel eher eine im Winter durchgeführte Tätigkeit war, hatte mehrere Gründe: Erstens stellte der Saumhandel einen wichtigen Nebenerwerbszweig der ansässigen Bauern dar, die während der Sommermonate in der Land- und Almwirtschaft aber unentbehrlich waren. Die Säumersaison begann daher meist nach Michaelis (29. September) und erreichte bei den im Winter begehbaren Tauernpässen im November und Dezember ihren Höhepunkt, um dann bis Mai nur leicht wieder abzunehmen. Zweitens konnte im Spätherbst und Winter bei ausreichender Schneelage die Talfahrt mittels Schlitten und Sackzügen erfolgen, was eine deutlich bequemere Transportmethode darstellte als der beschwerliche Abstieg mit den Saumtieren. Drittens war auch die Haltbarkeit von verderblichen Waren wie Wein im Spätherbst weit eher gegeben, zumal der Wein im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit nur einige Monate haltbar war und daher bald nach der Weinlese und dem Abfüllen in Fässer exportiert wurde.⁵⁷ Man kann somit davon ausgehen, dass der Saumhandel über das Hochtor von September bis Juni durchgehend betrieben wurde, während in den Sommermonaten von einer weitgehenden Ruhezeit auszugehen ist, die aber vermutlich von anderen Reisenden wie Pilgern bevorzugt für die Alpenüberquerung gewählt wurde. Schließlich bleibt noch die Frage, ob der Niedergang der Hochtorroute im Zusammenhang mit dem Vorrücken der Kleinen Eiszeit gestanden haben könnte. Diese ist m. E. eher zu verneinen, da die Blütezeit dieser Route im ausgehenden Mittelalter und im 16. Jahrhundert genau in die Zeit fällt, die eigentlich schon von einem Tem-
Klein, Saumhandel, S. 47 f.; Fritz Koller, Säumer, Pilger, Übertäurer, in: Ders. (Hrsg.), Das Rauriser Tauernhaus 1491– 1991, Salzburg 1991, S. 53 – 76, hier: S. 63. Gärtner, Tauernhaus, S. 45 f. mit der Wiedergabe des Schadensberichts (Salzburger Landesarchiv Salzburg, Hofkammer, 1679/80 G). Koller, Säumer, S. 72. Ebd., S. 60.
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peraturabschwung geprägt war. Noch dazu waren kalte, schneereiche Winter für den Saumhandel durchaus passende Rahmenbedingungen, sofern nicht die Lawinengefahr eine Begehung der Saumwege verhinderte. Für den winterlichen Saumhandel konnten daher extrem schneearme Winter, wie sie für die 1520er- und 1530er-Jahre im Bereich der Hohen Tauern belegt sind,⁵⁸ fast eher ein Problem darstellen als schneereiche Winter. Der Abstieg der Hochtorroute in die weitgehende Bedeutungslosigkeit ab dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts ist vielmehr vor dem Hintergrund der allgemeinen Verlagerung des Handelsverkehrs auf die für Fuhrwerke ausgebaute Katschberg-Radstädter Tauern-Route zu sehen.
4 Heuschreckenplagen und ihr Einfluss auf die alpine Wirtschaft Tierplagen haben das Leben der Menschen zu allen Zeiten wohl ebenso beeinflusst wie elementare Naturereignisse und extreme Wetterverhältnisse, nicht zuletzt deshalb, weil sie die Nahrungskette des Menschen massiv bedrohten.⁵⁹ Sie fallen daher in einem weiteren Sinne unter die Naturereignisse, die in vielen Fällen von den Menschen als Katastrophen erlebt wurden. Zudem sind für ihre Ausbreitung sowie die konkreten Auswirkungen auf sozioökonomische Systeme des Alpenraums auch zum Teil witterungsgeschichtliche Faktoren von Wichtigkeit,wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Wanderheuschrecken treten vor allem in warmen und trockenen Klimaten auf. Die Europäische Wanderheuschrecke (locusta migratoria) erreicht im Normalfall eine Größe von 2– 6 cm. Ihre Fluggeschwindigkeit beträgt etwa 12– 18 km/h, die Flughöhe bis zu 200 Meter. Sie ernährt sich von allen Pflanzenteilen, also auch von Rinden und holzigen Zweigen, und kann pro Tag bis zum Doppelten ihres Eigengewichts an Nahrung aufnehmen. Zu unterscheiden sind zwei Erscheinungsformen im Lebensrhythmus der Tiere, die jeweils hormonell gesteuert sind: In der Solitärphase leben die Wanderheuschrecken oft über Jahre hindurch allein und stellen damit keine Bedro Rohr, Naturereignisse, S. 417 mit Anm. 53 unter Berufung auf die Gasteinerische Chronica zu den Jahren 1516– 1540. Vgl. zu diesem Themenkomplex, insbesondere zur Wahrnehmung, Deutung und Bewältigung von Tierplagen im Alpenraum ausführlich Rohr, Naturereignisse, S. 453 – 516; ders., Zum Umgang mit Tierplagen im Alpenraum in der Frühen Neuzeit, in: Katharina Engelken / Dominik Hünniger / Steffi Windelen (Hrsg.), Beten, Impfen, Sammeln. Zur Schädlings- und Viehseuchenbekämpfung in der Frühen Neuzeit, Göttingen 2007, S. 99 – 133; ders., Zur Wahrnehmung, Deutung und Bewältigung von Heuschreckenplagen in Mitteleuropa im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Thoralf Klein / Reiner Prass / Susanne Rau / Lars Schladitz (Hrsg.), Umweltgeschichte in globaler Perspektive. Vortragsreihe des Historischen Seminars der Universität Erfurt im Sommersemester 2010. Erfurt 2011, http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-23892/Rohr_Heuschreckenplagen. pdf, 25.05. 2016. Speziell zu den Heuschreckenplagen in Tirol vgl. ders., Sie seind krochen wie ain kriegsordnung. Heuschreckenplagen im Land Tirol im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Tiroler Heimatblätter 84/1, 2009, S. 20 – 25.
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hung dar. In der Gregärphase hingegen steigt zunächst die Zahl der Wanderheuschrecken sprunghaft an.⁶⁰ Sie schließen sich danach zu großen Schwärmen (bis zu zwei Milliarden Tiere) zusammen, die bis zu 12 km² groß werden können. Bei der Fortbewegung bilden die jüngeren Tiere die Hüpferschwärme, die älteren, geflügelten Tiere die Luftschwärme. Die Richtung der Heuschreckenschwärme wird zu einem maßgeblichen Anteil von den Winden beeinflusst. Bei heißem und nicht zu feuchtem Wetter legen die Heuschrecken ihre Eier im Boden ab; aus den Larven schlüpfen im Folgejahr wieder Heuschrecken und verlängern somit die Plage. Starker Regen und Kälte hingegen führten rasch zu einem weitgehenden Verschwinden der Heuschreckenschwärme.⁶¹ Gefährlich für die Vegetation werden freilich nur die Heuschrecken, die sich am Boden kriechend fortbewegen. Trockene Witterung, verbunden mit Ost- oder Südostwinden, scheinen die Ausbreitung von Heuschreckenzügen in Mitteleuropa im 5., im 9. sowie vom 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts begünstigt zu haben.⁶² Eine hohe Frequenz an Invasionen ist für das 14. Jahrhundert belegt, etwa 1310, 1338 – 1341, 1364 und 1366. Eine zweite Invasionswelle betraf zwischen 1477 und 1480 v. a. den Ostalpenraum, während die Welle nach dem „Jahrtausendsommer“ 1540 weite Teile Mitteleuropas bis hinauf nach Schlesien erfasste und bis 1547 anhielt. Allgemein liegt der Verdacht nahe, dass extrem trocken-heiße Sommer wie 1473 und 1540 ein gregäres Auftreten von Heuschrecken in den Folgejahren hervorgebracht oder zumindest begünstigt haben. Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts verschwanden die Heuschrecken in Mitteleuropa für rund 150 Jahre fast völlig und kamen praktisch nur mehr im Mittelmeerraum vor. Erst zwischen 1690 und 1694 zogen wieder nennenswerte Schwärme von Ungarn ostwärts und erreichten 1693 vor allem Mitteldeutschland, Schlesien, Böhmen und Mähren. Eine letzte Welle an Heuschreckenschwärmen betraf den Ostalpenraum sowie die Gebiete des österreichischen Alpenvorlandes in den Jahren 1748 und 1749, erreichte aber bei weitem nicht mehr die Dimensionen der Einfälle des 14. bis 16. Jahrhunderts. Ein Großteil der Heuschreckenzüge traf in Mitteleuropa zur Zeit der Ernte im Juli oder danach im August ein. Die Verbreitungswege lassen sich auf einige Grundmuster verallgemeinern. Im Normalfall gingen die Heuschreckenplagen von der Großen Ungarischen Tiefebene oder der Schwarzmeerregion aus. Viele Schwärme verließen diese Räume nicht, doch
Vgl. Robert Delort, Der Bär, die Biene und der heilige Wolf. Die wahre Geschichte der Tiere, München, Wien 1987, S. 187 f. Vgl. etwa Stanley Baron, Die achte Plage. Die Wüstenheuschrecke – der Welt größter Schädling, Hamburg / Berlin 1975, S. 11– 16, 34, 103 f. Der Einfluss bestimmter Witterungsverhältnisse auf die Ausbreitung von Heuschreckenplagen ist erst in Ansätzen untersucht worden. Kürzlich haben Rudolf Brázdil / Ladislava Řezníčková / Hubert Valášek / Andrea Kiss / Oldřich Kotyza, Past Locust Outbreaks in the Czech Lands: Do They Indicate Particular Climatic Patterns?, in: Theoretical and Applied Climatology 116, 2014, S. 343 – 357, hier besonders S. 346 – 348 festgestellt, dass die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Heuschreckenplagen auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik und bestimmten saisonalen Witterungsverhältnissen wenig signifikant sind. Allerdings standen nur Daten zu Temperatur und Niederschlag des 17. und 18. Jahrhunderts zur Verfügung, nicht aber Angaben zur Windrichtung.
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bei trockenem Wetter und Ostwinden erreichten sie zunächst Westungarn. Von dort führte eine erste Wanderroute nördlich der Alpen entweder durch Nieder- und Oberösterreich bis nach Bayern und mitunter bis an den Rhein oder über Mähren nach Böhmen, nach Schlesien, Sachsen und Meißen. Eine zweite Route verlief inneralpin durch die Steiermark, Kärnten und Krain nach Nord- und Südtirol und ins Trentino. Eine dritte Route, die auch noch während der Klimaverschlechterung im 16. und 17. Jahrhundert wichtig blieb, brachte die Heuschrecken über die slawonische Tiefebene und die nördliche Adria nach Norditalien, wo in der Poebene die meisten Schäden zu beklagen waren; mitunter erreichten die Tiere von Süden kommend auch über das Etschtal das Trentino und Südtirol. Die Heuschrecken machten somit nicht vor Herrschafts- bzw. Ländergrenzen Halt und waren demnach ein transregionales Problem, wenn auch jede Form von überregionalen Bewältigungsstrategien für den Untersuchungszeitraum zwischen dem 14. und dem späten 17. Jahrhundert fehlt. Einer der ausführlichsten Berichte über eine Heuschreckenplage im inneralpinen Raum, konkret in Nordtirol, ist in der „Haller Chronik“ Franz Schweygers enthalten, die zwischen 1556 und 1572 entstand. Die Nachrichten zu 1547 sind daher als Zeitzeugenberichte zu klassifizieren. Sie geben nicht nur über die Ausbreitung der Heuschrecken im Großraum Innsbruck genau Bescheid, sondern auch über die Bewältigungsstrategien in Hall in Tirol: Am 26. May [1547] und ander nachvolgete täg seind durch Hall grosse kreützgeng geschehen von wegen der grausamen plag der heuschreckhen. Die von Hetting, Ampass, Artzl, Thaur seind durch Hall gen Milss gangen, die von Fump auf das Sefelt, dann die heuschreckhen haben sich angefangen zu kriechen, ain mechtige, grausame grosse schar, von der langen wisn pis gen Hetting, ain tail auff Insprugg, der inpruggen zue, die man mit gwalt in den Inn hat miessn treiben, aber der merer tail sent krochen, haben gesehen wie die gar grossn amassn, seind kumen pis gen Thaur und in die au darneben. Sie seind krochen wie ain kriegsordnung, derhalben die von Hall haben ordnung geben, am Freitag nach Corporis Christi [10. Juni], das ain yetliches hauss in der stat und purgfridt ain perschon hat miessn schicken, wans an in ist kumen nach dem viertlregister. Die hat man praucht in der obpemelten au zur errettung der heuschreckhen. Man hat grosse plahen und leillacher ausgespant, damit sy nit in das Haller felt kriechn, man hat auch wassergrabn gmacht und darein getriben, und vil grueben, darein man die todten und erschlagne heuschreckhen hat vergrabn. Sy haben mechtigen grossen schaden gethan, das traidt auff dem feldt pis auff den poden abgfrezt und andre frücht. Umb Visitationis Mariae [2. Juli] haben diese heuschreckhen anfahen zu fliegen, derhalben man sy mit klopfen der pöckh und schellen und mit wecktreiben aus dem Haller feldt den merern tail (mit gotzhilff) vertriben hat. Sy haben zur letzt etliche kornäcker im Haller feldt abgefrezt.⁶³
Der Kampf gegen die Heuschrecken wird von Schweyger regelrecht zur Schlacht einer Tierarmee gegen eine Menschenarmee hochstilisiert: In Innsbruck wurde die InnBrücke gegen die Heuschrecken verteidigt, damit die noch kriechenden Tiere nicht auf die andere Seite des Flusses vordringen konnten. In Hall wurde jedes Haus ver Franz Schweyger, Chronik der Stadt Hall zum Jahr 1547 (hrsg. v. David Schönherr, Tirolische Geschichtsquellen 1), Innsbruck 1867, S. 112.
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pflichtet, eine Person für den Kampf gegen die Heuschrecken zu stellen. Auch die Verwüstung der Felder durch den Feind könnte in konventionellen „Kriegsberichten“ ähnlich geschildert sein. Der Kampf gegen die Heuschrecken wird somit fast zu einem „Tiroler Freiheitskampf“, den die Haller und Innsbrucker Bürger schließlich mit Gottes Hilfe gewinnen. Eine dauerhafte Memoria an das Ereignis hat sich aber offensichtlich nicht entwickelt, zumal die Heuschreckenplage der 1540er Jahre vorerst die letzte in dieser Region war.⁶⁴ Die Berichte über die Heuschreckeneinfälle des ausgehenden Mittelalters und der Frühen Neuzeit sind zwar durchaus zahlreich, doch in vielen Fällen in ihrer Wahrnehmung, Deutung und schriftlichen Verarbeitung stark durch die biblischen Konnotationen geprägt.⁶⁵ Wie schwer die Verwüstungen und die wirtschaftlichen Schäden durch die Heuschreckeneinfälle tatsächlich gewesen sind, lässt sich daher nur „zwischen den Zeilen“ rekonstruieren. Offensichtlich war der „symbolische Schaden“ aber in vielen Fällen deutlich höher als der materielle. In keiner mittelalterlichen Quelle aus dem österreichischen Raum ist im Zusammenhang mit Heuschreckenplagen von einer Preissteigerung beim Getreide die Rede!⁶⁶ Dies fällt umso mehr auf, als sich einige Quellen, wie die Mattseer Annalen⁶⁷ oder die 1428 entstandene „Kleine Klosterneuburger Chronik“, ausgesprochen interessiert an Preissteigerungen zeigen; diese traten im 14. und 15. Jahrhundert allerdings nicht aufgrund von Heuschrecken – und auch nicht aufgrund von Überschwemmungen – auf, sondern zumeist in sehr heißen, trockenen oder völlig verregneten Sommern, in denen der Weizen und andere Getreidesorten klein blieben.⁶⁸
Vgl. zu der Stelle allgemein sowie konkret zur Kriegsmetaphorik Rohr, Sie seind krochen, S. 21 f.; ders., Ein ungleicher Kampf? Sieg und Niederlage gegen Naturgewalten im Mittelalter und am Beginn der Neuzeit, in: Michaela Fahlenbock / Lukas Madersbacher / Ingo Schneider (Hrsg.), Inszenierung des Sieges – Sieg der Inszenierung, Innsbruck / Wien / Bozen 2011, S. 91– 99, hier: S. 97 f. Zu den biblischen Konnotationen im Zusammenhang mit Heuschreckenplagen vgl. im Detail Rohr, Naturereignisse, S. 456 – 463. Vgl. in diesem Sinne schon Eveline Pautsch, Elementarereignisse in den erzählenden österreichischen Geschichtsquellen des 14. und 15. Jahrhunderts (ungedr. phil. Dissertation Wien), Wien 1953, S.43, die auch darauf hinwies, dass zum Zeitpunkt der meisten Heuschreckeninvasionen rund um Maria Himmelfahrt (15. August) ein Großteil der Ernte schon eingebracht worden sein dürfte. Annales Matseenses ad a. 1343 (hrsg. v. Wilhelm Wattenbach, Monumenta Germaniae Historica, Scriptores 9), Hannover 1851, Nachdruck 1963, S. 823 – 835, hier: S. 829. Die Preissteigerungen stehen nicht im Zusammenhang mit der Heuschreckeninvasion von 1338, sondern wohl mit nicht näher genannten anderen Faktoren. Vermutlich spielt für die Preiserhöhungen die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage nach der Serie von extremen Hochwassern in den Jahren 1342 und 1343 im westlichen Mitteleuropa die Hauptrolle. Vgl. etwa die Kleine Klosterneuburger Chronik zu den Jahren 1405, 1406, 1416, 1426 und 1427 (hrsg.v. Hermann Maschek, Deutsche Chroniken, Deutsche Literatur, Reihe Realistik des Spätmittelalters 5), Leipzig 1936, Nachdruck Darmstadt 1964, S. 286 – 316, hier: S. 296 f., 303, 313 f.: Das Jahr 1405 war verregnet, so dass der Wein sauer und das Getreide teuer war; es musste sogar aus Böhmen importiert werden. Ein Metzen Weizen wurde um 80 – 90 Pfennig, ein Metzen Hafer um 40 Pfennig gehandelt. 1406 war ebenfalls ein Jahr mit wenig Getreideertrag und auch wenig Wein, so dass es erneut zu einer
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Erst im Zuge der Heuschreckenplage in Niederösterreich in den 1540er Jahren sah sich der Landesfürst, Ferdinand I., gezwungen, durch einen Generalerlass die Teuerung von Getreide zu unterbinden – nach derzeitigem Wissensstand der erste Beleg überhaupt, dass es im Zuge von Heuschreckenschwärmen zu einem Preisanstieg beim Getreide gekommen sei. Auch in Krain entwickelte sich im Zuge der Heuschreckenplage 1543 eine große Hungersnot, die vielen Menschen das Leben kostete. Der aus dem oberösterreichischen Steyr stammende Chronist Valentin Preuenhueber berichtet, freilich erst im frühen 17. Jahrhundert, auch von Gesandten aus Krain, die am Augsburger Reichstag von 1547/48 ihre Not mit den Heuschrecken schilderten.⁶⁹ Die Heuschreckenplage wurde somit sogar zur Reichssache, zumal Krain damals eines der strategisch wichtigsten Gebiete des Heiligen Römischen Reiches in der Auseinandersetzung mit den Osmanen war. Die Beantwortung der Frage nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Heuschreckenschwärme muss über mehrere Aspekte erfolgen: Zum einen sind drei Erscheinungsformen der Heuschrecken deutlich zu unterscheiden. Fliegende Wanderheuschrecken verursachten bei den Menschen des ausgehenden Mittelalters und der Frühen Neuzeit zwar apokalyptische Assoziationen, nicht zuletzt, da die Schwärme oft als so dicht beschrieben wurden, dass sich die Sonne verdunkelte. Im Flug selbst richten die Heuschrecken aber keinen Schaden am Getreide und an den Wiesen an,⁷⁰ und auch keine Vergiftung von Mensch und Vieh kann im Flug erfolgen, wie dies in einigen Quellen berichtet wird. Erst wenn sich die Heuschrecken am Boden niederließen, begann der eigentliche Schadensbefall. Die Tiere fraßen das Getreide von der Wurzel weg ab und auch die Wiesen dürften häufig schwer in Mitleidenschaft gezogen worden sein.⁷¹ Die Heuschrecken scheinen aber die Wiesen nicht völlig ver-
Teuerung kam. 1416 betraf die Teuerung beim Getreide zunächst Bayern, in der Folge aber auch Österreich. 1426 war ein derart heißer, dürrer und trockener Sommer, dass der Weizen kurz und teuer war; die Preise für Mehl stiegen vor allem auch dadurch an, dass die Bachmühlen zwanzig Wochen lang wegen des Niedrigwassers nicht mahlen konnten. Im darauffolgenden strengen Winter 1427 konnten erneut die Mühlen für mehrere Wochen nicht mahlen; die Preise für einen Metzen Weizen stiegen wieder auf 50 – 60 Pfennig, die für einen Metzen Hafer auf 28 – 32 Pfennig. Valentin Preuenhueber, Annales Styrenses samt dessen übrigen Historisch= und Genealogischen Schrifften, Zur nöthigen Erläuterung der Oesterreichischen, Steyermärckischen und Steyerischen Geschichten. Aus der Stadt Steyer uralten Archiv und andern glaubwürdigen Urkunden, Actis Publicis und bewährten Fontibus mit besondern Fleiß verfasset, Nürnberg 1740, S. 266 (verfasst zwischen 1626 und 1630). Vgl. Rohr, Naturereignisse, S. 478 f. mit Anm. 84 mit Belegen zum späten 15. Jahrhundert. Vgl. dazu die Bemerkung bei Johann von Viktring, Liber certarum historiarum 6, 7 ad a. 1338 (ed. Fedor Schneider, Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 36, 1– 2), Hannover / Leipzig 1909/10, Bd. 2, S. 208: Semen in sulcis terre et cespitibus reliquerunt, sed non disparuerunt donec brumalis temporis strictitudinem persenserunt. Demnach hätten die Heuschrecken das Getreide und die Grasnarbe nicht so weit abgefressen, dass es auch für die Zukunft zerstört worden wäre.
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nichtet haben, sondern sie einfach wie das Weidevieh gründlich „abgegrast“ haben.⁷² Dadurch entstand vor allem ein zeitlich begrenzter Nahrungsausfall für das Weidevieh. Dieser konnte allerdings noch deutlich erhöht werden, wenn die Heuschrecken auch die Heuschober kahlfraßen. Als dritte Erscheinungsform sind die jungen Heuschreckenlarven erwähnt, die zum Teil den Haustieren sogar als Futter dienten.⁷³ Da die Larven nicht fliegen konnten, versuchten die Menschen den Heuschrecken in diesem Zustand zu begegnen, indem die Larven in großen Behältern gesammelt und danach verbrannt oder vergraben wurden. Zudem machten Nässe und Kälte den Heuschreckenschwärmen oft ein rasches Ende. Somit zeigt sich, dass allein die Gegenden wirklich großen wirtschaftlichen Schaden erlitten, in denen sich die Heuschrecken tatsächlich zu Boden ließen und mit dem Fressen begannen. Einen weiteren wichtigen Aspekt bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen bilden die topographischen Gegebenheiten. Es entsteht in den Quellen der Eindruck, dass die Heuschrecken im Flachland, etwa im nieder- und oberösterreichischen sowie im bayerischen Alpenvorland, im Normalfall eine Schneise der Verwüstung durch die Landschaft zogen, die vermutlich eine Breite von einigen Kilometern aufwies.⁷⁴ Die Gebiete abseits dieser Schneise dürften offensichtlich weitgehend unversehrt geblieben sein. In inneralpinen Tal- und Beckenlandschaften wie in der Steiermark, in Kärnten, in Krain sowie in Nord- und Südtirol konnten sich die Heuschrecken hingegen nur in den vorgegebenen Tälern ausbreiten. Dies lässt sich beispielhaft an den Schilderungen von Jakob Unrest zur Heuschreckenplage 1477 nachvollziehen: Über das Mur- und das Drautal drangen die Heuschrecken aus der pannonischen Tiefebene in die inneralpinen Regionen vor und befielen danach ein Tal Kärntens und Südtirols nach dem anderen: das Lavanttal, die Wörtherseeregion, das Rosental, das Gailtal, das Kanaltal, das Pustertal und schließlich das Eisacktal.⁷⁵ Vgl. etwa in diesem Sinne Anonymus, Anmerkungen zu Naturkatastrophen 1348 – 1356 (München, Bayerische Staatsbibliothek clm 903, fol. 9) (hrsg. v. Georg Leidinger, Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte, N. S. 1), München 1903, Nachdruck Aalen 1971, S. LXV–LXVII, hier: S. LXVII (zum Jahr 1350): Und wo es sich auf dy wis legt, daz fras ez ab, daz man want, es hiet das viech abgefressen … Vgl. Anton Rurscheyt, Wahrhaftige und erschröckliche Newe Zeytung in Schlesien geschehen in disem 42. jar am tag der Hymelfart Marie. Von unerhörten Hewschrecken Wie vil der gewesen und was sie schaden gethan haben, [Augsburg] 1542, S. [9 f.]. Die autobiographische Vita Caroli Quarti (hrsg.v. Eugen Hillenbrand), Stuttgart 1979, S. 142 berichtet etwa zum August 1338, dass der Schwarm sieben Meilen lang und in der Breite nicht überschaubar war: … ubi finis earum erat per septem miliaria in longitudine; latitudinem vero earum minime potuimus considerare. Jakob Unrest, Österreichische Chronik 10, 84 zum Jahr 1477 (hrsg. v. Karl Großmann, Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum, N. S. 11), Weimar 1957, Nachdruck München 1982, S. 84: Anno Domini 1477 des nagsten tag vor Vnnser Frawen Schidung [15. August] kamen die haberschreckh gen Kernndten von Ungern durch die Steyrmarckh nach der Muer und nach der Tra und kamen in das Lauental, zwm Werdtsee, Reyffnitz und in [das] Rostal; do haben sy hyerss und hayden und hew vast verderbt. Sy kamen auch an die Geyl, in das Kanall, auf gegen Luentz und gar auf geyn Stertzing,
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Diese Täler und Becken wiederum waren genau die für den Getreideanbau hauptsächlich genutzten Gebiete, so dass in diesen Regionen von einem deutlich höheren Prozentsatz an vernichteten Kulturflächen ausgegangen werden muss. Es ist bezeichnend, dass die Gottesplagenbilder, in denen neben Krieg und Seuchen auch die Heuschreckenplagen thematisiert wurden, jeweils in Tal- und Beckenlandschaften entstanden, also in Gebieten, die in den 1470er Jahren bzw. in den 1540er Jahren ganz besonders stark von den Heuschreckenschwärmen betroffen waren.⁷⁶ Auch der Zeitraum, in dem die Heuschreckenschwärme auftraten, deutet eher darauf hin, dass die Schäden nicht die gesamte Ernte betrafen. Die meisten Heuschreckenzüge fielen in die zweite Augusthälfte: sehr häufig ist von Datierungen ab Laurentius (10. August), ab Maria Himmelfahrt (15. August) oder ab Bartholomäus (24. August) zu lesen. Die Heuschreckeninvasion 1340 in Südtirol fand überhaupt erst im September statt.⁷⁷ Die Erntezeit wiederum ist mit Ende Juli bzw. Anfang August anzusetzen; manche Berichte über Heuschreckenplagen in der Mitte des Augusts sind mit dem Vermerk tempore messis versehen.⁷⁸ Es war daher für die Menschen wichtig, die Ernte noch vor dem Eintreffen der Heuschrecken abzuschließen, um den Schaden in Grenzen zu halten. Problematisch wurde es dann, wenn die Heuschrecken schon sehr früh einfielen, wie beispielsweise 1341 in Südtirol schon im Juni⁷⁹ oder 1547 im mittleren Inntal gar schon ab 26. Mai.⁸⁰ Dadurch kam es nicht nur zu Versorgungsengpässen bei Getreide in den jeweiligen Jahren, sondern die Not wurde auch in das darauffolgende Jahr prolongiert, da etwa ein Viertel des Ertrags in Normaljahren für die Aussaat benötigt wurde.
Potzen und gar an den Gardtsee. Mann hat sich auch uber Venedig fliegen sehen. Sy belyben auch an etlichen enndten untz auf den wintter, das sich vor kelten muesten sterben. Sy haben auch an vill enndten den gesetzten wintterrockhen aus der erden geessen. Sy flugen an vill enndten so dickh, als wie grosser rauch und, wo sy niderviellen, do verderbten sy alle frucht. Zu den Gottesplagenbildern des 15. bis 18. Jahrhunderts aus dem Ostalpenraum vgl. im Detail Rohr, Naturereignisse, S. 484– 488 mit Farbtafel 2, 3 und 13. Bozner Chronik zum Jahr 1340 (hrsg. v. Sigune Masser-Vuketich, Die Bozner Chronik. Regionalgeschehen und Weltereignis in lokaler Wahrnehmung. Textausgabe und Kommentar, ungedr. phil. Diss. Innsbruck), Innsbruck 2004, S. 77– 110, hier: S. 85: Item das die hewschrecken kamen in das Pussterstal, huncz gein Prixen da kerth sy wider hindersich hyncz geen Praunekhn vnnd geen Sterczing vnnd komen nit gein Poczen vnnd das geschach vnnder der zal 1340 jar ze eingenndem september vnd doch hernach XXII tag in demselben monat kamen sy gein Poczen vnd flugen XXI tag aneinander vnd bey dem wasser ab vnnd zerkewtten frawen mentl vnnd reckh, da korn auflag an der derre vnnd wussten allerlay kraut vnnd sat in dem lannde vberall vnnd assen seydin strauchen derkel [durchlöcherten die seidenen Ärmel]. Vgl. zu dieser Beobachtung schon Pautsch, Elementarereignisse, S. 43. Bozner Chronik zum Jahr 1341, S. 94 f.: Neben dem raschen Abmähen der Felder und Weiden versuchte man mit Lärmschlagen die Heuschrecken zu vertreiben. Interessant ist auch, dass hier meines Wissens das einzige Mal sechs verschiedene Getreidesorten angeführt sind, die von den Heuschreckenplagen betroffen waren, und auch die materiellen Verluste mit vielen Tausend Mark angegeben werden. Schweyger, Chronik der Stadt Hall zum Jahr 1547, S. 112.
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Schließlich ist noch der klimageschichtliche Aspekt bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Schäden bzw. bei der Frage nach der Verwundbarkeit der damaligen Gesellschaft zu beachten. Im 14. Jahrhundert setzte die Abkühlung hin zur Kleinen Eiszeit zwar schon ein, doch brachten die Anbauflächen für Getreide in Normaljahren immer noch einen gewissen Überschuss, so dass die Ausfälle in den von den Heuschreckeninvasionen betroffenen Gebieten ohne deutliche Preissteigerungen wettgemacht werden konnten. Es ist anzunehmen, dass gerade die regional begrenzten Schäden durch Heuschreckenbefall insgesamt nicht mehr Einbußen bei der Getreideernte brachten als Zerstörungen durch Starkregen und Hagel. Im Vergleich dazu fiel die Heuschreckenplage der 1540er Jahre schon in eine Zeit permanenter Versorgungsengpässe, da die Winter tendenziell länger dauerten und die Sommer feuchter und kühler wurden. Dazu kam für den Ostalpenraum noch die ständige Bedrohung durch die Einfälle der Osmanen, die bei ihren Kriegszügen – wie damals allgemein im Krieg üblich – wohl auch durch Plünderungen die Versorgung ihres Heeres sicherstellten. Die großen Versorgungskrisen im Zuge der Heuschreckenplagen in den 1540er Jahren und die daraus resultierende „Politisierung“ des Problems sind daher in erster Linie vor dem Hintergrund der allgemein schlechter werdenden Getreideversorgung – und damit stark schwankender Getreidepreise – sowie der Kriegssituation zu sehen. Der Erlass Ferdinands I. und das Vorsprechen der Krainer Gesandten auf dem Augsburger Reichstag von 1547/48 hatten daher viele Ursachen; die wirtschaftlichen Schäden durch die Heuschrecken waren nur eine davon.
5 Fazit: Mensch-Umwelt-Beziehungen als integrativer Bestandteil einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums Anhand des Forschungsüberblicks sowie der ausgewählten Beispiele sollte aufgezeigt werden, in welch mannigfacher Weise Aspekte der (saisonalen) Witterung, des Klimas und allgemein der umweltbezogenen Rahmenbedingungen das alpine Wirtschaftsleben beeinflussen. Umwelt- und klimageschichtliche Zugänge haben somit ein hohes Integrations- und Vernetzungspotenzial. Dies betrifft Fragestellungen zu Verkehrsund Handelswegen, zur Saisonalität vormodernen Wirtschaftslebens in Landwirtschaft, Gewerbe und Handel, aber auch zur Resilienz von alpinen Wirtschaftsstrukturen gegenüber Naturgefahren oder zum Ressourcenmanagement bzw. Ressourcenkonflikten, etwa um die Nutzung von Wasser und Holz. Klima und Umwelt sind zwar entscheidende Faktoren alpinen Wirtschaftens, müssen aber im auch im Kontext mit anderen Parametern gesehen werden. Das Beispiel der Gefährdung der Passroute über den Großen St. Bernhard durch Lawinen zeigte aber auch eines von vielen Forschungsdesideraten, konkret die Organisation des mittelalterlichen Bergführerwesens und deren Billigung bzw. Förderung durch lokale Autoritäten. Aber auch sonst ließe sich die Liste der noch unge-
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nügend bearbeiteten Fragestellungen zum alpinen Wirtschaftsleben aus umwelt- und klimageschichtlicher Perspektive in vielerlei Richtung erweitern: Wichtig wären etwa Studien zur Vulnerabilität des hochalpinen Montanwesens durch Lawinenabgänge. Dies wäre auch insofern interessant, als diese Lawinengefahr durch die Abholzungen in den Bergbaurevieren hausgemacht war. Ebenso fehlen noch vergleichende Studien zur Siedlungstätigkeit der Walser seit dem Spätmittelalter, die durch ihre Rodungen das Lawinenrisiko noch erhöhten. Es ist bezeichnend, dass ein Großteil der historischen Lawinenabgänge in der Ostschweiz und in Vorarlberg Walsersiedlungen betraf. Allgemein ist der Umgang alpiner Gesellschaften mit extremen Naturereignissen nur für die Schweiz sowie für Österreich bis 1600 umfassend aufgearbeitet, in Ansätzen aber erst für Italien, Frankreich, den Alpenrand in Deutschland und für Slowenien. Auch wären noch mehr klimageschichtliche Studien zur Alpwirtschaft, wie diese schon für das Binntal im Oberwallis existieren, wünschenswert, insbesondere inwiefern die jeweilige Schneelage bzw. kühle oder warme Frühlingswitterung den Zeitpunkt von Auftrieb und Abtrieb beeinflussten. Ebenso ist nach der Saisonalität des vorindustriellen Schiffsverkehrs auf den alpinen Flüssen bzw. dessen Abhängigkeit von Hoch- und Niedrigwasser zu fragen; dies ist bislang nur für die Salzschifffahrt auf der Salzach und am unteren Inn geschehen. Dasselbe gilt für den Betrieb von Mühlen aller Art, denn auch sie konnten bei Hoch- bzw. Niedrigwasser nicht arbeiten und waren bei Hochwasser zudem stark von Schäden bedroht.
Gerhard Siegl
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Überblick und Desiderata¹ Abstract: Rural commons are natural resources exploited for agrarian purposes by organised social collectives in accordance with rules of use. As for the area concerned, this refers primarily to woods, pastures and waters, but in part also to meadows and arable land. This paper tries to shed light on the historiography of rural commons in the Alps and is organised in three sections: it provides a brief introduction into conceptual history (1), it shows past research approaches and current research initiatives (2) and it wants to outline possible perspectives for future research (3). Using land communally is one of the oldest forms of land cultivation and land management. Apart from smaller plots of individually used (arable) land, access to common land added to the survival capability of mountain farms and completed the economic system of subsistence farming. Since the late Middle Ages the pressure on common land rose not only because of the increase in population but also because the sovereigns/seigneurs in many cases claimed common land for own economic purposes. Becoming a scarce resource its value increased and as a consequence conflicts emerged. By the end of the Early Modern Age and especially during the 19th century in many European regions rural commons were dissolved. This happened under the veil of the mercantilist and liberal economic paradigm and in the belief that individually owned land would be more productive than common land. Nevertheless, many rural commons survived especially in the Alpine space and exist until today. Research on rural commons has a long history itself and exists for almost as long as history as a modern scientific discipline. In some regions it started with investigations of public administration officers who needed information on common land to gather arguments pro or contra privatisation or to clear questions of ownership respectively. In the 19th century legal historians seemed to be the first scholars to be interested in commons research. Soon the topic was picked up by historians and folklorists, but it mostly remained a local or regional issue, embedded in legal history, agricultural history and folklore studies. This traditional approach was confronted with research from cultural and ecological anthropologists coming from the United States. In the 1960s and 1970s scholars of these fields visited Alpine communities to conduct anthropological studies (Eric R. Wolf, Phillip S. Katz, Martha C. Ward, John W. Cole, Robert McC. Netting, John Friedl). Dieser Beitrag wurde aus Mitteln des vom Land Tirol eingerichteten Wissenschaftsfonds gefördert (GZ: UNI-0404/1591). Dr. Gerhard Siegl, Universität Innsbruck, Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie, Innrain 52d, A–6020 Innsbruck, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-007
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The published results very often included insights into the history of rural commons, but in the Alpine countries where these studies have been carried out, for a long time they were perceived as somehow out of place or exotic. The latest change of paradigm in the research of rural commons was triggered by the theory of institutional economics in the 1990s (Douglass C. North, Elinor Ostrom). Evolving from this theoretical approach, research on institutions for collective action started, comprising rural commons (Elinor Ostrom, Tine De Moor). The goal of this current approach is to study the long-term development of institutions for collective action (e. g. rural commons) to gain a better understanding of the mechanisms underlying. By applying historical methods to the theory of institutional economics a wide field for future research opens up. However, there are several possibilities to carry out research on rural commons, be it diachronic or synchronic, local or global, in quantitative or qualitative analysis, with special thematic foci or under the umbrella of alternative theories. Regarding the Alpine space it seems appropriate to ask for the national states of research in the first place to identify different approaches, levels and extents. Based upon such an investigation, further decisions could be made. One could discuss, for example, in what way intra-Alpine comparisons of rural commons are possible and sensible or – if they exist at all – what are the specific circumstances in the Alps in contrast to lowland regions that so many rural commons survived there.
Die Gemeingüter des alpinen Raumes sind in jeder Hinsicht überaus vielfältig. Das Gebiet der Alpenkonvention umfasst annähernd 6.000 Gemeinden in mehreren Ländern und Sprachräumen,² dabei weisen allein die 279 Gemeinden Tirols mehr als 3.300 Gemeingüterinstitutionen³ auf. Ein Forscherleben allein würde wohl kaum ausreichen, um die mannigfaltigen Ausprägungen, Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten in der Geschichte der alpinen ländlichen Gemeingüter zu untersuchen. Deshalb kann dieser Beitrag, der in keiner Weise Vollständigkeit für sich beansprucht, nur ein weiterer Mosaikstein auf diesem Weg sein.
Ulrike Tappeiner / Axel Borsdorf / Erich Tasser (Hrsg.), Alpenatlas. Atlas des Alpes. Atlante delle Alpi. Atlas Alp. Mapping the Alps. Society – Economy – Environment, Heidelberg 2008, S. 87. Bestandsaufnahme über das Gemeindegut und die gemeinschaftlich genutzten Flächen in Tirol auf Basis des Grundbuchs (2015), siehe http://www.gemeindeverband-tirol.at/php/agrargemeinschaften,3199.html, abgerufen am 22.11. 2015.
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Der deutsche „Allmende“-Begriff und das alternative Konzept der „ländlichen Gemeingüter“ im Kontext eines alpenweiten Forschungsansatzes Sprach- wie auch geschichtswissenschaftliche Lexika stimmen darin überein, dass mit „Allmende“ jene landwirtschaftlichen Liegenschaften gemeint waren, die einem gemeinschaftlichen Nutzungsregime unterlagen. Der Begriff ist seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen, dürfte aber älter sein, da er dem Althochdeutschen zugeordnet wird. Es wird vermutet, dass Teile der Flur bereits in vorfränkischer Zeit gemeinschaftlich genutzt wurden.⁴ Zu den sprachlichen Wurzeln gibt es mehrere Erklärungen. Im Grimm’schen Wörterbuch von 1854 wurde noch auf den „alamannischen Volksnamen selbst“ verwiesen. Die „alamannida“ oder „alagimannida“ sei die „Gemeinschaft freier Männer, die sich in Wald und Weide zulängst erhielt“, gewesen. Der Begriff „Allmende“ habe sich deshalb im Schwäbisch-Allemannischen am längsten gehalten.⁵ Kluges etymologisches Wörterbuch nennt als Wurzel das althochdeutsche „(ala‐) gimeinida“ und weist vergleichbare Ursprünge aus dem Altfriesischen und Altnordischen nach. Daraus habe sich das mittelhochdeutsche „almende“ bzw. „al(ge)meinde“ gebildet.⁶ Als Wortbedeutung gilt von Anfang an die Bezeichnung der Grundstücke, die einer Dorfgemeinschaft gehören, als wahrscheinlich. Im Altnordischen wird der Begriff „almenning“ auch in Verbindung mit „Mann“ gebracht. Der „Allmende“-Begriff steht jedoch nicht im gesamten deutschen Sprachraum als Terminus für Gemeinschaftsland in Verwendung. Der Eindruck, dass „Allmende“ ein Sammel- oder Überbegriff für ländliche Gemeingüter sei oder besondere Relevanz für die Alpen habe, ist irreführend. Es herrscht vielmehr eine auf regionalen (Rechts‐) Traditionen und Dialekten basierende sprachliche Vielfalt, die sich in Begriffen wie „Mark“, „Markgenossenschaft“, „Gemeinheit“ oder „Gemain“ (u. a.) äußert, die neben dem Begriff „Allmende“ und nicht darunter angesiedelt sind. Implizit wurde das auch 2004 von Uwe Meiners und Werner Rösener herausgegebenen Sammelband „Allmenden und Marken vom Mittelalter bis zur Neuzeit“ so gehandhabt. Hier wurden die Begriffe „Allmende“, „Mark“, „Markgenossenschaft“ und „Gemeinheit“ ohne tiefer gehende Einzeldefinitionen synonym verwendet. Aus den Beiträgen wie auch aus anderen Publikationen geht jedoch hervor, dass die jeweiligen Begriffe spezifischen Regionen zuordenbar sind. Trotz regionaler Unterschiede in der Bezeichnung ländlicher Gemeingüter hat sich „Allmende“ als Sammelbegriff abgesetzt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon liegt in der irreführenden Übersetzung von Elinor Ostroms Werk „Governing the
Louis Carlen, Art. „Allmende“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, Sp. 439 f. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. I, 1854, Sp. 237 f. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearb. v. Elmar Seebold, Berlin / New York 231995, S. 28.
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Commons“ (1990), das im Deutschen „Die Verfassung der Allmende“ heißt, wodurch fälschlich eine Gleichwertigkeit der Begriffe „commons“ und „Allmende“ suggeriert wird.⁷ Ein anderer liegt im Beginn der geschichtswissenschaftlichen Gemeingüterforschung im 19. Jahrhundert in einer nationalstaatlich ausgerichteten Epoche, die den „germanischen“ Charakter der Gemeingüter auch begrifflich hervorzuheben versuchte. Außerdem handelt es sich um einen Begriff, der auch in der Quellensprache fassbar ist („Allmendregal“), wenngleich im übergeordneten Schriftgut und weniger in regionalen Kontexten. Was die Alpen betrifft, dürfte „Allmende“ überhaupt nur im deutschen Südwesten (deutschsprachige Schweiz, Westösterreich, Südwestdeutschland) sowie in der Verwaltungssprache in Verwendung gestanden haben. Um den semantischen Reichtum der gemeinschaftlich bewirtschafteten natürlichen Ressourcen für den ganzen Alpenbogen besser abbilden zu können, scheint daher der Ausdruck „ländliche Gemeingüter“ als neuer Dachbegriff brauchbarer, der zudem ein Pendant auf gleicher Augenhöhe zum englischen Ausdruck „rural commons“ darstellt. Der Terminus „Gemeingüter“ bietet im Gegensatz zu „Allmende“ auch eine begriffliche Annäherung des Deutschen an die alpinen Sprachen Italienisch („beni collettivi“) und Französisch („propriétés col-lectives“). Eine gemeinsame sprachliche Ebene ist für weiterführende gesamtalpine Analysen zur Gemeingüterthematik von Bedeutung, denn dadurch wird die Voraussetzung für ein gegenseitiges sprachliches Verständnis geschaffen, das übrigens durch ein umfangreiches, alle alpinen Sprachen umfassendes Gemeingüter-Glossar weiter voranzutreiben wäre.
Ältere Forschungsansätze Die Beschäftigung mit der Geschichte ländlicher Gemeingüter hat eine lange Tradition. In vielen europäischen Regionen waren es Verwaltungsbeamte, die in Reaktion auf den politischen Willen zur Auflösung von Gemeingütern ab dem 18. Jahrhundert ausreichend Informationen zu Quantitäten, Rechten, Traditionen und der Praxis von Gemeingüterinstitutionen auszuheben bzw. neu zu erstellen hatten, um die Privatisierung einleiten oder gegen die Auflösung einschreiten zu können. Über diese verwaltungstechnischen Notwendigkeiten erreichte das Sujet der ländlichen Gemeingüter im 19. Jahrhundert Rechtsgelehrte⁸, Nationalökonomen,Volkskundler und auch die noch junge Geschichtswissenschaft. Der Agrarhistoriker Stefan Brakensiek sah in
Niels Grüne / Jonas Hübner / Gerhard Siegl, Institutionen und Praktiken kollektiver Ressourcennutzung in der europäischen Agrarwirtschaft. Vergleichende Betrachtungen und Forschungsperspektiven, in: Dies. (Hrsg.), Ländliche Gemeingüter. Kollektive Ressourcennutzung in der europäischen Agrarwirtschaft / Rural Commons. Collective Use of Resources in the European Agrarian Economy, Innsbruck / Wien / Bozen 2016, S. 272– 294, hier: S. 273. Vgl. etwa die Werke von August von Miaskowski zur Schweiz oder von Otto von Gierke für Deutschland.
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Gemeinheitsteilungen ein „klassische[s] Thema der europäischen Agrargeschichte“.⁹ Nach einem ersten Höhepunkt im 19. Jahrhundert flaute das Interesse an ländlichen Gemeingütern allerdings ab. Während sich in dieser Zeit, wie Werner Rösener 2004 bemerkte, noch „erstaunlich viele“ Wissenschafter damit auseinandergesetzt hatten, sei die Gemeingüterforschung in der Folge „völlig vernachlässigt“ worden.¹⁰ Unerwartet kamen aus einer anderen Weltgegend neue Impulse für die alpine Gemeingüterforschung: Amerikanische Kulturanthropologen wie Eric R. Wolf, Phillip S. Katz, Martha C. Ward, John W. Cole, Robert McC. Netting oder John Friedl führten in zumeist weit abgelegenen Alpendörfern in den 1960er und 1970er Jahren Feldforschungen durch.¹¹ Die publizierten Ergebnisse lieferten zwar interessante Einblicke in die Geschichte und Gegenwart ländlicher Gemeingüter, wurden in den untersuchten Regionen jedoch kaum wissenschaftlich rezipiert und fristeten zumeist ein Schattendasein als lokale Exotica. So konstatierte Rösener erst nach der Veröffentlichung von Elinor Ostroms „Governing the Commons“ im Jahr 1990, basierend auf den Politik- und Wirtschaftswissenschaften, einen internationalen Aufschwung der historischen Gemeingüterforschung.¹²
Jüngste Forschungszugänge Die Erforschung von Gemeingütern aller Art („commons“) hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten, spätestens nach der Verleihung des Nobelpreises an Elinor Ostrom im Jahr 2009,¹³ als international anerkannter, interdisziplinärer Forschungszweig etabliert. Die Gemeingüterforschung umfasst ein breites Themenspektrum, das beispielsweise von der Befischung der Weltmeere, der Nutzung digitaler Gemeingüter (z. B. Wikipedia, soziale Netzwerke) bis zu „urban commons“ wie Parkanlagen oder Gehsteigen reicht. Einen vollständigen Überblick über die weitverzweigte For-
Stefan Brakensiek, Gemeinheitsteilungen in Europa. Neue Forschungsergebnisse und Deutungsangebote der europäischen Geschichtsschreibung, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 41/2, 2000, S. 9 – 15, hier: S. 9. Werner Rösener, Zur Erforschung der Marken und Allmenden, in: Uwe Meiners / Werner Rösener (Hrsg.), Allmenden und Marken vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Beiträge des Kolloquiums vom 18. bis 20. September 2002 im Museumsdorf Cloppenburg, Cloppenburg 2004, S. 9 – 16, hier: S. 9. Siehe dazu beispielhaft den Bericht von Phillip S. Katz,Vom Knecht zum Arbeiter. Ergebnisse einer anthropologischen Studie im Stuls der frühen 1970er-Jahre, in: Südtiroler Erbhöfe. Menschen und Geschichten, hrsg. v. der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, Amt für bäuerliches Eigentum, Bozen 2013, S. 37– 51. Rösener, Marken und Allmenden, S. 11 f. Die Politikwissenschafterin Elinor Ostrom erhielt 2009 zusammen mit Oliver E. Williamson den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für ihre Erfolge in der Gemeingüterforschung.
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schungslandschaft und die Themen der Gemeingüterforschung gibt die Homepage der International Association for the Study of the Commons.¹⁴ Der Aufschwung der Gemeingüterforschung beruhte auf den Werken von Os-trom und Douglass C. North¹⁵ zur neuen Institutionenökonomie. Vor allem Ostrom beschäftigte sich in ihrem 1990 erschienenen Hauptwerk¹⁶ mit ländlichen Gemeingütern. Sie beschrieb acht Bauprinzipien („design principles“), deren Vorhandensein auf die Langlebigkeit und Robustheit von Gemeingütern hinweisen und bezog in ihre Überlegungen auch geschichtswissenschaftlich untersuchte langlebige Gemeingüter mit ein. Auf den Grundlagen von North und Ostrom versuchten Historiker seither, die Annahmen der neuen Institutionenökonomie und vor allem Ostroms „design principles“ an der historischen Realität zur prüfen und ggf. zu adaptieren oder zu differenzieren. Auch die Erforschung ländlicher Gemeingüter hat innerhalb dieses Wissenschaftsfelds einen festen Platz eingenommen.¹⁷ Ihre steigende Bedeutung wird u. a. durch die schwerpunktmäßige Berücksichtigung ländlicher Gemeingüter auf internationalen Konferenzen der Commons-Forschung sowie der Agrargeschichtsforschung unterstrichen. Der Bestand an einschlägiger wissenschaftlicher Literatur hat sich in den letzten Jahren ebenfalls stark verbreitert. Die jüngsten Aktivitäten zur Erforschung ländlicher Gemeingüter gingen allerdings vom europäischen Nordwesten (Niederlande, Belgien, Nordfrankreich, NordWest-Deutschland, Großbritannien, Skandinavien) und Süden (Spanien, Italien) aus, während der Alpenraum zuletzt – von Ausnahmen abgesehen – weniger Beachtung fand.
Siehe http://www.iasc-commons.org/. Der Wirtschaftshistoriker Douglass C. North erhielt 1993 zusammen mit Robert W. Fogel den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Wichtigste Werke: Institutions, Institutional Change and Economic Performance (Cambridge 1990); Structure and Change in Economic History (New York 1981); Understanding the Process of Economic Change (Princeton 2005). Elinor Ostrom, Governing the Commons. The Evolution of Insitutions for Collective Action, New York 1990; dt.: Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt, Tübingen 1999. Vgl. neben anderen die Werke von Nadine Vivier, Propriété collective et identité communale. Les biens communaux en France de 1750 à 1914, Paris 1998; Stefan Brakensiek (Hrsg.), Gemeinheitsteilungen in Europa. Die Privatisierung der kollektiven Nutzung des Bodens im 18. und 19. Jahrhundert (= Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2/2000); ders.: The Management of Common Land in North-western Germany, in: Martina De Moor / Leigh Shaw-Taylor / Paul Warde (Hrsg.), The Management of Common Land in North West Europe, 1500 – 1850, Turnhout 2002, S. 225 – 245; Niels Grüne, Transformation of the Commons in Rural South-West Germany (18th–19th Centuries), in: Historia Agraria 55, 2011, S. 47– 74.
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Erforschung alpiner ländlicher Gemeingüter am Beispiel Westösterreichs In den letzten Jahrzehnten fand die Agrargeschichte Westösterreichs und mit ihr die Behandlung ländlicher Gemeingüter in der Forschung wenig Beachtung.¹⁸ Ältere Werke aus der Mitte des 20. Jahrhunderts waren derart wirkmächtig, dass jüngere Historikergenerationen eine Beschäftigung mit diesen Themen vermieden. Diese ältere Literatur, vorwiegend von den Doyens der regionalen Agrargeschichtsschreibung Otto Stolz und Hermann Wopfner verfasst, behandelte die „Allmende“ oder „Gemain“ zwar gelegentlich, legte das Hauptaugenmerk jedoch auf rechtsgeschichtliche und ethnologische Aspekte der „Bauerntumsforschung“. Wopfner schrieb sein wichtigstes Werk zur Gemeingüterthematik „Das Almendregal des Tiroler Landesfürsten“ im Jahr 1906. In seinem Spätwerk „Bergbauernbuch“ (in den letzten drei Jahrzehnten vor seinem Tod 1963 verfasst, z.T. erst 1995 bis 1997 publiziert) näherte er sich den Gemeingütern aus volkskundlicher Sicht an. Stolz berücksichtigte dieses Thema in seiner 1949 publizierten „Rechtsgeschichte des Bauernstandes“, etwas später trug auch Nikolaus Grass mit Werken zum Almwesen zur Gemeingüterforschung bei.¹⁹ Trotz dieser beachtlichen Leistungen entspricht die geschichtswissenschaftliche Erforschung der ländlichen Gemeingüter in Westösterreich nicht dem internationalen Stand. Das liegt zunächst am Alter der genannten Werke und den anders gelagerten Forschungsinteressen ihrer Entstehungszeit: Weder die Gründe für die außergewöhnliche Langlebigkeit ländlicher Gemeingüter noch die Qualität ihrer Institutionen oder die sozialen Aushandlungsprozesse innerhalb der Nutzergemeinschaften, aber auch zwischen Nutzergemeinschaften und anderen Bevölkerungsteilen wurden ausreichend untersucht. Weiters trug auch die qualitative und quantitative Wirkmächtigkeit der Werke der Historikergeneration um Wopfner und Stolz zum Rückstand der Agrargeschichte und damit auch der Geschichte ländlicher Gemeingüter bei. Erfolgversprechende Konzepte und Impulse aus anderen Wissenschaftsdisziplinen (z. B. Institutionenökonomie, sozialwissenschaftliche Theorien), die von Historikern auf dem Feld der Erforschung ländlicher Gemeingüter durchaus gewinnbringend zur Anwendung gebracht worden sind, wurden deshalb in den letzten Jahrzehnten nicht rezipiert. Die westösterreichi Der Befund einer mit Ausnahme von Stolz und Wopfner weitgehenden Absenz der Tiroler Agrargeschichte wird in einer Studie zur österreichischen Agrargeschichtsschreibung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterstützt, siehe Ernst Langthaler, Gerahmte Landbilder. Agrargeschichtsschreibung in Österreich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Ernst Bruckmüller / Ernst Langthaler / Josef Redl (Hrsg.), Agrargeschichte schreiben. Traditionen und Innovationen im internationalen Vergleich, Innsbruck / Wien / Bozen / München 2004, S. 30 – 62. Hermann Wopfner, Bergbauernbuch, 3 Bde., Innsbruck 1995 – 1997; ders., Das Almendregal des Tiroler Landesfürsten, Innsbruck 1906; Otto Stolz, Rechtsgeschichte des Bauernstandes und der Landwirtschaft in Tirol und Vorarlberg, Bozen 1949; Nikolaus Grass, Alm und Wein. Aufsätze aus Rechts- und Wirtschaftsgeschichte, Hildesheim 1990; ders., Die Almwirtschaft in der Urzeit und im Mittelalter, Göttingen 1980.
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sche Gemeingüterforschung geriet so nicht nur in einen theoretischen, sondern auch in einen methodischen Rückstand. Es ist zu vermuten, dass in anderen alpinen Regionen – von Ausnahmen abgesehen – der Forschungsstand mit dem westösterreichischen vergleichbar ist,²⁰ und der Alpenraum daher noch eine Reihe von sprichwörtlich „weißen Flecken“ auf der Forschungslandkarte der modernen Gemeingüterforschung aufweist. Lediglich für die Zeit ab Mitte des 19. Jahrhunderts und für den Bereich der aus ehemaligem Gemeindegut entstandenen Agrargemeinschaften existiert in Westös-terreich jüngere Literatur zu ländlichen Gemeingütern. Sie ist vor dem Hintergrund des 2005 offen zutage getretenen Konflikts um die sogenannten „Gemeindeguts-agrargemeinschaften“ in Tirol entstanden. Der Fokus dieser Schriften liegt auf der Aufarbeitung der Vorgänge zur Mitte des 20. Jahrhunderts (mit Rückgriffen auf das 19. Jahrhundert), als durch Eigentumsübertragungen von Gemeindegut an Agrargemeinschaften den Gemeinden langfristig Vermögen entzogen worden ist. Interessensvertreter und Anwälte der Streitparteien²¹ haben wiederholt historische Argumentationslinien für die Durchsetzung des von ihnen als „richtig“ empfundenen Geschichtsbildes in Anspruch genommen. Bei allen Diskussionen wurde jedoch kaum einmal der Blick über den eigenen Tellerrand gerichtet, geschweige denn auf den breiten Wissensstand der internationalen historischen Gemeingüterforschung rekurriert. Auch die neuere wissenschaftliche Literatur zu ländlichen Gemeingütern in Westösterreich war aufgrund der jüngsten Entwicklungen anlassbezogen und auf eng zugeschnittene rechts- und sozialgeschichtliche Fragen ausgerichtet.²² Nach wie vor unterblieb eine Auseinandersetzung mit den Schwerpunkten und Zielen der internationalen Gemeingüterforschung, die durch die Kombination wirtschaftswissen-
Mit Blick etwa auf den kaum greifbaren Forschungsstand in den alpinen Regionen Deutschlands, siehe „Bibliographische Hinweise“. Für die Gemeinden: http://www.ra-brugger.at/; für die Agrargemeinschaften: http://www.plattform-agrar.at/. Parteiisch auch die beiden Bände von Gerald Kohl / Bernd Oberhofer / Peter Pernthaler (Hrsg.), Die Agrargemeinschaften in Tirol. Beiträge zur Geschichte und Dogmatik, Wien 2010; Gerald Kohl / Bernd Oberhofer / Peter Pernthaler / Fritz Raber (Hrsg.), Die Agrargemeinschaften in Westösterreich. Gemeinschaftsgut und Einzeleigentum, Wien 2012. Martin P. Schennach, „Unendliche Streitigkeiten“? Zu Konflikten um das Gemeindegut im Mitteleuropa des 19. Jahrhunderts, in: Tiroler Gemeindezeitung, Sonderpublikation Dezember 2013; ders., Das Provisorische Gemeindegesetz 1849 und das Reichsgemeindegesetz 1862 als Zäsur? Reflexionen zum österreichischen Gemeindebegriff im 19. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung 120/2, 2012, S. 369 – 390; ders., Zwischen Partizipation und Exklusion? Rechtliche Nutzungsregime am Gemeinschaftsgut im Alpenraum aus rechtshistorischer Perspektive, in: Hubertus Schumacher / Wigbert Zimmermann (Hrsg.), 90 Jahre Fürstlicher Oberster Gerichtshof. Festschrift für Gert Delle Karth, Wien 2013, S. 795 – 827; Gerhard Siegl, Die Entstehung der Agrargemeinschaften in Tirol unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindegutsagrargemeinschaften. Zur historischen Dimension eines aktuellen Problems, in: Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 2009, S. 218 – 240; ders. / Markus Schermer, Societal and Political Problems of Agricultural Associations in Tyrol/Austria: User Rights vs. Ownership, in: Digital Library of the Commons (http://dlc.dlib.indiana.edu/dlc/bitstream/handle/10535/1477/Siegl_208801.pdf?sequence=1).
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schaftlicher Theorien mit geschichtswissenschaftlicher Quellenarbeit eine fruchtbare Symbiose einging.
Persistenz als Alleinstellungsmerkmal? Unter dem Begriff „ländliche Gemeingüter“ werden räumlich abgegrenzte natürliche Ressourcen verstanden (in den Alpen primär Wald, Weide und Gewässer), deren Nutzung von Personenverbänden nach formellen oder informellen Regelwerken organisiert wird. Ihre Relevanz für die Wirtschaftsführung vormoderner lokaler Agrargesellschaften kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Vor den agrarischen Intensivierungs- und Reformschüben des 18. und 19. Jahrhunderts waren Gemeingüter in weiten Teilen Europas ein Kernelement ländlicher Ökonomien.²³ Seitdem durchliefen sie jedoch unterschiedliche Entwicklungen: Das Spektrum reicht von ihrer Auflösung (Individualisierung, Privatisierung) bis zu ihrer erfolgreichen Integration in gegenwärtige Wirtschafts- und Verfassungsstrukturen. In weiten Teilen Europas, vor allem in Flachlandregionen, wurden ländliche Gemeingüter im 18. und 19. Jahrhundert mehrheitlich aufgelöst und die Flächen in Privateigentum überführt.²⁴ In den Alpen hingegen sind sie vielfach noch allgegenwärtig. Für die Ursachen ihrer Persistenz in Berggebieten gibt es mehrere Erklärungsansätze. Anne-Lise Head-König nennt beispielsweise die Entlegenheit der Gemeingüter, das Vorhandensein nicht-agrarischer Erwerbsmöglichkeiten, Restriktionen beim Zugang zu Ressourcen oder den Einfluss des Staates als entscheidend für das Weiterbestehen oder die Auflösung ländlicher Gemeingüter in der Schweiz.²⁵ Eine weitere Hypothese nennt den Tourismus als wichtigen Faktor für das Überleben ländlicher Gemeingüter, denn die Erwerbskombination gibt vielen Nebenerwerbsbauern die notwendige wirtschaftliche Sicherheit für die Aufrechterhaltung der Landwirtschaft und damit auch der ländlichen Gemeingüter.²⁶ Weiters wird das Argument ins Feld geführt, dass fragile Gemeingüterressourcen im Vergleich zu anderen Flächen häufig mit erheblich
Tine De Moor / Leigh Shaw-Taylor / Paul Warde, Comparing the Historical Commons of North West Europe. An Introduction, in: Dies. (Hrsg.), The Management of Common Land in North West Europe, 1500 – 1850, Turnhout 2002, S. 15 – 31, hier: S. 17. Marie-Danielle Démelas / Nadine Vivier, Les propriétés collectives face aux attaques libérales (1750 – 1914). Europe occidentale et Amérique latine, Rennes 2003; siehe auch Tine De Moor, What Do We Have in Common? A Comparative Framework for Old and New Literature on the Commons, in: International Review of Social History 57, 2012, S. 269 – 290, hier: S. 277: „Since the middle of the nineteenth century, common land vanished almost completely from the western European landscape and from the collective memory of the Europeans.“ Anne-Lise Head-König, Common Land and Collective Property in pre-Alpine and Alpine Switzerland. Tensions Regarding Access to Resources and their Allocation (Middle Ages – Twentieth Century), in: Grüne / Hübner / Siegl (Hrsg.), Ländliche Gemeingüter, S. 230 – 241, hier: S. 230. Hein A.Van Gils / Gerhard Siegl / Rohan Mark Bennett, The Living Commons of West-Tyrol, Austria: Lessons for Land Policy and Land Administration, in: Land Use Policy 38, 2014, S. 16 – 25.
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größerem Aufwand bewirtschaftet und weitergeführt werden, weshalb die Aneigner besser und stärker kooperieren und so die Persistenz der Gemeingüter, nicht zuletzt durch die Abschließung des Nutzerkreises nach außen, gewährleisten.²⁷ Alle Hypothesen liefern jedoch nur Einzelfallerklärungen, eine überregionale Gültigkeit konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Sie lassen zudem außer Acht, dass die Persistenz ländlicher Gemeingüter einem klassischen Erklärungsansatz für die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums ab dem 18. Jahrhundert widerspricht, nämlich der Umwandlung von Kollektiveigentum in Privateigentum. Die volkswirtschaftlichen Neuerungen des Merkantilismus (bzw. Kameralismus) und der aufgeklärten Sozialreformer gingen davon aus, dass in Einzelnutzung stehendes Land ertragreicher und nachhaltiger genutzt würde als gemeinschaftliches,²⁸ weshalb die Individualisierung von Nutzung und Eigentum von politischer und ökonomischer Seite gefördert wurde. Wie und weshalb ländliche Gemeingüter im Alpenraum dem Auflösungsdruck von oben widerstehen konnten bzw. ob es diesen Druck hier überhaupt flächendeckend gab, ist derzeit noch unzureichend untersucht. Die Persistenz ländlicher Gemeingüter widerspricht aber auch der Annahme in Garrett Hardins berühmt gewordenem Beitrag „The Tragedy of the Commons“.²⁹ Hardin war der Meinung, dass die Existenz von Gemeingütern nur bei niedriger Bevölkerungsdichte gerechtfertigt wäre und sie wegen der Maximierung des Eigennutzes der Aneigner bei steigender Bevölkerungszahl (ökologisch durch Übernutzung) ruiniert würden. In den Alpen stieg jedoch – wie in anderen Teilen Europas auch – die Bevölkerung seit dem 18. Jahrhundert massiv an, ohne dass dies zur Auflösung der Gemeingüter geführt hätte. Auch die angeblich „rationale“³⁰ Profitmaximierung der einzelnen Nutzungsberechtigten hat die Gemeingüter nicht ruiniert. Die von Hardin prognostizierte „Tragödie“ trat nicht ein, seine Fehleinschätzung beruhte u. a. auf der Unkenntnis historischer Kontexte wie etwa alpiner Agrarsysteme. Dennoch waren ländliche Gemeingüter auch in den Alpen immer wieder existentiell bedroht, sei es durch Konflikte um die Ressource Wald in Hochphasen des Bergbaus, sei es durch von oben verordnete politische und ökonomische Ideologien oder durch die von Industrialisierung und Globalisierung ausgelöste Bedrängnis der Landwirtschaft seit dem späten 19. Jahrhundert. Ostrom merkte an, dass Gemeingüterressourcen in ihrer Existenz gefährdet sein können, wenn ihr Marktwert sich plötzlich verändert, die Bevölkerung rasch steigt oder die gemeinschaftliche Ressourcenverwaltung politisch nicht anerkannt wird.³¹ Auch wenn alpine Gemeingüter
Antal Szántay, Rural commons in eighteenth-century Hungary, in: Grüne / Hübner / Siegl (Hrsg.), Ländliche Gemeingüter, S. 91– 102, hier: S. 94. Miguel Laborda Pemán / Tine De Moor, A Tale of Two Commons. Some Preliminary Hypotheses on the Long-term Development of the Commons in Western and Eastern Europe, 11th–19th Centuries, in: International Journal of the Commons 7/1, 2013, S. 7– 33, hier: S. 8 f. Garrett Hardin, The Tragedy of the Commons, in: Science 162, 1968, S. 1243 – 1248. Ebd. Ostrom, Governing the Commons, S. 220, Fußnote 21.
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nach Ostroms Klassifizierung mehrheitlich wohl als „robust“ gelten dürfen, bleiben die Reaktionen der Aneigner auf verschiedenste exogene Einflüsse im Einzelfall zu untersuchen und es stellt sich zudem die Frage, welche Bedeutung und Ausprägungen Ostroms Bauprinzipien („design principles“³²) für alpine Gemeingüter haben. Ostroms Vorreiterschaft in der Theoriebildung zu ländlichen Gemeingütern wurde von der Geschichtswissenschaft rezipiert und ggf. adaptiert oder ergänzt, blieb jedoch nicht unumstritten oder unwidersprochen. So wurden ihre Bauprinzipien zwar als mögliche Voraussetzung für die Langlebigkeit alpiner Gemeingüter akzeptiert, allerdings als alleinige Erklärung für deren Persistenz abgelehnt.³³ Generell wurde der institutionenökonomische Forschungsansatz als teleologisch kritisiert, da er zu sehr auf rechtliche und staatliche Institutionen fokussiere, während die wirtschafts- und sozialgeschichtliche Einbettung ländlicher Gemeingüter in die sie umgebenden Gesellschaften über lange Zeiträume hinweg zu kurz käme.³⁴ Trotz aller Kritik können die Ansätze Ostroms und ihrer Epigonen bei der Untersuchung der Gründe für die Langlebigkeit alpiner Gemeingüter nutzbar gemacht werden, denn auf den ersten Blick scheinen Erklärungen, die auf die topographischen Besonderheiten in Berggebieten (nicht nur in den Alpen) abstellen, zwar griffig und leicht zur Hand, jedoch nicht immer überzeugend zu sein. Denn auch dort, wo die ländlichen Gemeingüter vielfach aus alpinen Hochweiden und mehr oder weniger steilen Bergwäldern bestanden, deren Privatisierung im Gegensatz zum Flachland nicht rentabel war, gab es – als These formuliert – neben ökonomischen noch weitere triftige Gründe für die Aufrechterhaltung der Nutzergemeinschaften, beispielsweise die Erhaltung der Kulturlandschaft zur Prävention von Naturgefahren oder für touristische Zwecke.
Aufgaben künftiger Forschungen Thematische Verbreiterung Der bislang enge überwiegend auf rechtsgeschichtliche, agrarhistorische und anthropologische Fragestellungen fokussierte Zugang zur Erforschung ländlicher Gemeingüter im Alpenraum könnte angesichts jüngerer Forschungsparadigmen auf Ebd., S. 90. Van Gils / Siegl / Bennett, Living Commons. Rosa Congost / Rui Santos, From Formal Institutions to the Social Contexts of Property, in: Dies. (Hrsg.), Contexts of Property in Europe. The Social Embeddedness of Property Rights in Land in Historical Perspective, Turnhout 2010, S. 15 – 38, hier: S. 15; ähnlich auch Tine De Moor / Leigh ShawTaylor / Paul Warde, Preliminary Conclusions. The Commons of North West Europe, in: Dies. (Hrsg.), Management of Common Land, S. 247– 259, hier: S. 259, und Bas van Bavel / Erik Thoen, Rural History and the Environment. A Survey of the Relationship between Property Rights, Social Structures and Sustainability of Land Use, in: Dies. (Hrsg.), Rural Societies and Environments at Risk. Ecology, Property Rights and Social Organisation in Fragile Areas (Middle Ages – Twentieth Century), Turnhout 2013, S. 15 – 42, hier: S. 17.
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andere Wissensbereiche ausgedehnt werden. Die Umweltgeschichte würde dafür lohnenswerte Anknüpfungspunkte bieten, indem z. B. auf ressourcenorienterte Aspekte eingegangen wird: Mussten natürliche Ressourcen vor dem unkontrollierten Zugriff der Bevölkerung durch gesetzliche Regelungen wie Waldordnungen etc. geschützt werden? Wurden die Gemeingüter ohne Rücksichtnahme auf ihre Nachhaltigkeit bzw. Langlebigkeit ökologisch ausgebeutet, was unweigerlich zu ihrer Auflösung geführt hätte („Tragedy of the Commons“), oder waren sich die Aneigner dieser Problematik bewusst? Welche Arrangements wurden getroffen, um die Ressource in ihrem Bestand zu bewahren? Dabei müsste nicht nur das nachhaltige Wirtschaften über lange Zeiträume im Fokus stehen, sondern es wäre auch möglich und wünschenswert, auf Teilbereiche der Umweltgeschichte wie etwa die Energiegeschichte einzugehen. Insbesondere wäre die Frage von Interesse, welche Rolle ländliche Gemeingüter bei der Versorgung lokaler Gesellschaften mit Energie spielten. Im Sinne einer Landschaftsgeschichte könnte weiters gefragt werden, wie sich die kollektive Nutzung von Landflächen im Gegensatz zu individueller oder landesfürstlicher/ staatlicher Nutzung auf die Landschaft auswirkte. Im deutschsprachigen Raum wurde die Forderung laut, neben der vergleichsweise gut untersuchten rechtsgeschichtlichen Dimension auch wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte verstärkt in die Deutung einfließen zu lassen.³⁵ Hartmut Zückert identifizierte 2003 eine Reihe von Themen der Gemeingüterforschung,³⁶ die unter zwei größere Fragenbündel subsumiert werden können: (1) Wie entwickelte sich die Sichtweise auf die kollektive Nutzung von Gemeingütern? Wer trieb aufgrund welcher Motive den Individualisierungsprozess voran und wo setzte er sich durch bzw. wo aus welchen Gründen nicht? Daran anschließend stellt sich die Frage nach der rechtlichen Qualität kollektiver Nutzungs- und Eigentumsrechte sowie deren praktischen Durchsetzungsmöglichkeiten beim Zugriff auf Ressourcen. (2) Welche Bevölkerungsteile wurden aus welchen Gründen von der Nutzung der Gemeingüter ausgeschlossen bzw. wie entwickelten sich die Nutzerkreise im chronologischen Verlauf (Inklusion/ Exklusion)? Neben der Frage nach der außergewöhnlichen Persistenz alpiner ländlicher Gemeingüter ist für die Wirtschaftsgeschichte vor allem die Frage nach ihrer Bedeutung für ökonomische Prosperität von Interesse. Dass ländliche Gemeingüter – wie die vorherrschende Meinung des 18. und 19. Jahrhunderts suggeriert – Bremsklötze für die Wirtschaftsentwicklung eines Landes gewesen sein sollen, muss für den alpinen Raum erst untersucht und ggf. differenziert werden. Die Meistererzählung von der ökonomisch sinnvollen Privatisierung der Gemeingüter beherrschte jedenfalls lange Zeit den wissenschaftlichen Diskurs und wurde erst von Ostrom nachhaltig gekippt.
Werner Rösener, Zur Erforschung der Allmenden und Marken, in: Meiners / Rösener (Hrsg.), Allmenden und Marken, S. 8 – 16, hier: S. 11. Hartmut Zückert, Allmende und Allmendaufhebung.Vergleichende Studien zum Spätmittelalter bis zu den Agrarreformen des 18./19. Jahrhunderts, Stuttgart 2003, S. 10.
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Methodisch-theoretische Verbreiterung Neben der im 19. Jahrhundert entwickelten sog. „historischen Methode“ mit dem klassischen Dreischritt Heuristik – Kritik – Interpretation hat die Geschichtswissenschaft zusehends neue Methoden erdacht und bestehende vertieft, oder auf den Methodenpool der Nachbardisziplinen zurückgegriffen, sodass sich in jüngerer Zeit eine erfreuliche Vielfalt herausgebildet hat. Ähnliches gilt für theoretische Ansätze. Freilich hat sich die Methodenwahl an der Fragestellung auszurichten, und es bieten sich für die Erforschung ländlicher Gemeingüter zahlreiche höchst unterschiedliche Herangehensweisen an. (1) Institutionenökonomie: Wie funktionieren alpine ländliche Gemeingüterinstitutionen? Welche Ressourcen wurden von wem auf Basis welcher Regeln genutzt? Wer hat die Regeln ausverhandelt, wer hat ihre Einhaltung überwacht? Welche Sanktionen gab es bei Regelverstößen,wer hat sanktioniert? Welche Möglichkeiten gab es zur Konfliktlösung? Welches Erklärungspotential haben Ostroms Bauprinzipien und deren Adaptionen und Ergänzungen durch andere Wissenschafter für langlebige alpine ländliche Gemeingüterinstitutionen, vor allem in der „Auflösungsperiode“ ab ca. 1750? (2) Mikrogeschichtliche Einbettung in die sozioökonomische Umgebung: Welche ökonomischen und sozialen Implikationen hatten ländliche Gemeingüter für die Gesellschaften, in die sie eingebettet waren, welche endogenen oder exogenen Faktoren führten Änderungen herbei? Welche neuen Konfliktlinien ergaben sich dadurch zwischen welchen Parteien (z. B. innerhalb der Gruppe der Nutzungsberechtigten, oder zwischen den Nutzungsberechtigten und anderen Einwohnern)? Der mikrogeschichtliche Ansatz zur Beforschung langlebiger ländlicher Gemeingüter wurde von der scientific community mehrfach gefordert und soll zu einem tieferen Verständnis für das Beziehungsgeflecht zwischen den Akteuren führen.³⁷ (3) Historische Komparatistik: Worin liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede alpiner ländlicher Gemeingüter? Welche Unterschiede lassen sich innerhalb der Alpen festmachen, welche treten im Vergleich mit Gemeingütern in Flachlandregionen auf? Inwiefern trugen Besonderheiten in Topographie, Eigentümerstruktur oder andere Parameter wie die Einbettung in verschiedene Herrschaftsräume zu Unterschieden bei? Wie beeinflusste die zunehmende Durchstaatlichung die Regelwerke und tägliche Praxis der Gemeingüter (und umgekehrt)? Um den genannten und vielen weiteren Fragestellungen näher zu kommen, wären freilich noch die in diesem Themenfeld bereits von Tine de Moor erprobte quantitative Methode zu nennen und weitere theoretische Ansätze wie die Regionalgeschichte, die transnationale Geschichte oder die Verflechtungsgeschichte (histoire croisée, entangled history).
Website Collective Action (http://www.collective-action.info/introduction).
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Eine der ersten Aufgaben einer modernen Gemeingüterforschung läge in der Prüfung der Persistenz- und Auflösungshypothesen bzw. einer eingehenden Untersuchung der damit verbundenen Fragen: Trifft die Hypothese einer generellen Persistenz alpiner ländlicher Gemeingüter zu? Welche Erklärungen gibt es dafür? Gab es auch in den Alpen eine schrittweise Privatisierung des Bodens und ab ca. 1750 einen ähnlichen ideologisch motivierten ökonomischen und politischen Druck zur Auflösung ländlicher Gemeingüter wie in anderen europäischen Regionen?³⁸ Wenn ja, weshalb konnten sie diesem Auflösungsdruck widerstehen? Gab es nur Druck von oben oder vielleicht, wie für Vorarlberg nachweisbar, auch von unten, beispielsweise durch die Forderung ländlicher Unterschichten zur Aufteilung der Gemeingüter?³⁹ War diese Forderung ein regionalspezifisches Phänomen oder auch für andere alpine Gegenden nachweisbar? Für eine Geschichte ländlicher Gemeingüter in den Alpen wäre es freilich wünschenswert, neben empirischen Fall- und Regionalstudien auch raumübergreifende Synthesen auf einem vertretbaren Abstraktionsniveau zu erreichen, um alpenweit gültige Aussagen treffen zu können.
Großräumige Synthesen durch großräumige Forschungsprojekte? Im alpinen Raum sind großräumige Synthesen und Vergleiche, die für eine Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit anzustreben wären, bislang ausgeblieben. Zur Beseitigung dieses Desiderats dürfte es zweckmäßig sein, zunächst den jeweiligen Forschungsstand der Alpenländer zu erheben. So ließen sich nicht nur verschiedene Wissensniveaus und thematische Vertiefungen identifizieren, sondern auch unterschiedliche methodische Zugänge. Aber was tun mit diesem Wissen? Eine alpenweite Angleichung dürfte aufgrund verschiedener Forschungstraditionen und Förderlogiken utopisch sein. Beim Versuch, eine Zusammenschau der Geschichte alpiner ländlicher Gemeingüter zu erstellen, kommt erschwerend hinzu, dass auf diesem Gebiet im Gegensatz zu anderen wirtschaftshistorischen Themen je nach Region häufig nur auf ältere, thematisch wie inhaltlich überholte oder sehr wenig Sekundärliteratur zurückgegriffen werden kann. Dies ist angesichts der existentiellen Bedeutung ländlicher Gemeingüter für die Landbevölkerung der Vormoderne umso erstaunlicher. Durch das Ankurbeln regionen- und staatenübergreifender Drittmittelprojekte könnte diesem Dilemma entgegengewirkt werden. Diese Spielart hätte jedoch zur Voraussetzung, dass sich die Projektpartner vorab über Fragen der Sprache
Zu dieser Frage siehe Richard Hoyle, Conclusion: Reflections on Power and Property over the Last Millenium, in: Bas van Bavel / Richard Hoyle (Hrsg.), Rural Economy and Society in North-western Europe, 500 – 2000. Social Relations: Property and Power, Turnhout 2010, S. 349 – 375. Hubert Weitensfelder, Allmendteilungen in Vorarlberg im 18. und 19. Jahrhundert, in: Montfort 49, 1997, S. 342– 346. Die Frage, wie reformbereit der Staat bzw. die Bürger waren, wurde auch von Werner Rösener aufgeworfen, siehe Rösener, Zur Erforschung der Allmenden und Marken, S. 14.
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(nvielfalt) und den analytischen Rahmen einig werden, um eine alpenweite Synthese möglich zu machen.
Bibliographische Hinweise Die folgenden Literaturangaben beinhalten Werke, die sich – nach Ländern geordnet – alpinen ländlichen Gemeingütern aus geschichtswissenschaftlicher Sicht annähern. Vollständigkeit ist weder angestrebt noch möglich, die Angaben sollen lediglich einen Einstieg in die Thematik bieten. Trotz des groben Zuschnitts wird erkennbar, dass die Erforschung ländlicher Gemeingüter in Deutschland und Frankreich zwar recht stark ausgeprägt, allerdings überwiegend auf Flachlandregionen ausgerichtet ist. Die Alpen sind besonders in Deutschland eine geographische Randregion und dementsprechend in der Forschungslandschaft unterrepräsentiert. Für Hinweise zur slowenischen Literatur danke ich Aleksander Panjek (Univerze na Primorskem, Koper). Deutschland Stefan Breit, Die ganze Welt in der Gemain. Ein paradigmatischer Fall aus Bayern, in: Stefan von Below / Stefan Breit, Wald – von der Gottesgabe zum Privateigentum. Gerichtliche Konflikte zwischen Landesherren und Untertanen um den Wald in der frühen Neuzeit, Stuttgart 1998, S. 57 – 236. Friederike Hausmann, Die Agrarpolitik der Regierung Montgelas. Untersuchungen zum gesellschaftlichen Strukturwandel Bayerns um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, Bern 1975. Uwe Meiners / Werner Rösener (Hg.), Allmenden und Marken vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Beiträge des Kolloquiums vom 18. bis 20. September 2002 im Museumsdorf Cloppenburg (Kataloge und Schriften des Museumsdorfs Cloppenburg 14), Cloppenburg 2004. Dietmar Willoweit, Die öffentlich-rechtlichen Gemeindenutzungsrechte in Bayern. Historische Genese und dogmatische Konsequenzen eines juristischen Interpretationsmodells, Würzburg 1994. Hartmut Zückert, Allmende und Allmendaufhebung. Vergleichende Studien zum Spätmittelalter bis zu den Agrarreformen des 18./19. Jahrhunderts, Stuttgart 2003. Frankreich Gérard Béaur, Über eine mehrdeutige Diskussion. Gemeinheitsteilungen, Eigentumsfrage und agrar-ökonomischer Fortschritt (Frankreich im 18. und 19. Jahrhundert), in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2000/2, S. 33 – 43. Marie-Danielle Demélas / Nadine Vivier (Hg.), Les propriétés collectives face aux attaques libérales (1750 – 1914). Europe occidentale et Amérique latine, Rennes 2003. A. Follain, Les communautés rurales en France, XVe–XIXe siècle, in: Histoire et Sociétés rurales 12 (1999), S. 11 – 62. J-L. Rosenthal, Property rights, litigation and French agriculture, 1700 – 1860, Cambridge 1992. Hélène Viallet, Les alpages et la vie d’une communauté montagnarde, in: Beaufort du Moyen Âge au XVIIIe siècle, Mémoires et documents publiés par l’Académie salésienne, Documents d’ethnologie régionale, n° 15, 1993. Nadine Vivier, Propriété communale et identité collective. Les biens communaux en France, 1750 – 1914, Paris 1998.
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Katia Occhi
Economie alpine e risorse forestali La prospettiva storica Abstract: The paper is divided into three sections. The first part provides an overview of the studies dedicated to the “wood economies” in the ancient regime. The second focuses on a case-study related to the trade between the eastern Alps and the markets of the Republic of Venice and the third part presents some archival collections (Tiroler Landesarchiv) and other documents (notarial deeds) that can be used for research on the past Alpine economies, on the diverse forms of management and exploitation of the resources and on the inclusion of the mountain areas in the trading routes of the towns in the plains. In particular the second part shows that during the course of the late Middle Ages and for all of the Modern period, the enormous natural assets of the eastern Alps exercised a strong attraction on the cities in the Italian plains, with exchanges of raw materials already being documented in the 13th century, although the documentation becomes more numerous only from the early 16th century onwards. The main markets were to be found in the Republic of Venice, especially in Verona, Padua and in the city of Venice, the last of these being one of the largest European city in terms of population. In the capital, the vicinity of the mountain catchment areas for strategic supplies of raw materials, such as iron and timber, favoured the development of the shipbuilding business and made it possible for the Venetian fleet to impose itself on the eastern Mediterranean, which led to it becoming both a maritime and commercial power. In the 15th century, the control over the trading routes between the Alps and the sea, both by river and overland, represented a determining factor in the expansion towards the Pre-Alpine and Alpine territories. The inclusion of the mountains in the city’s commercial circuits was carried out by means of the reorganisation of the complex water system of the Republic of Venice for the transport of timber and other goods, the progressive penetration of the leading city traders into the Alpine valleys, and the creation and maintenance of a complex network of relationships with the communities and owners of the rights for use of the forests. Among the catchment areas which supplied timber, the southern and eastern parts of Tyrol and the ecclesiastical principalities of Bressanone (Brixen) and Trento were of particular importance. The grid of Alpine rivers and streams which crossed these regions all flow into the principal rivers of the Italian plains (Piave, Brenta, Adige), with the exception of the Drava, which flows into the Danube. In the pre-industrial period, the territories which depended on such river ways, both those under the jurisdictions of Trento and Tyrol and those on the other side of the border under the sovereignty of Venice, constituted an ecological Dr. Katia Occhi, Istituto storico italo-germanico – Fondazione Bruno Kessler, Via S. Croce 77, I– 38122 Trento, E-Mail: [email protected].
DOI 10.1515/9783110522310-008
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Katia Occhi
model in which the use of resources took place within a macro-economic structure which presented supra-regional forms of division of labour, and the interchange between the Alps, the cities and the districts in the plains was carried out by means of the exchange of natural resources, agricultural produce and manufactured goods.
1 Economie del legno: prima rassegna di studi A partire dalla seconda metà del Novecento il problema della produzione e del consumo di legname valica i confini delle scienze forestali per interessare la storiografia. Si deve all’opera di F. Braudel e al richiamo all’onnipresenza del legno nelle economie preindustriali una fase di nuovo interesse. Proprio il suo lavoro sulla “decadenza” del Mediterraneo moderno che egli riconduceva anche al rapido depauperamento del patrimonio boschivo, che aveva compromesso le principali attività produttive e manifatturiere e contribuito fortemente alla crisi dei primi decenni del Seicento, conduce a nuovi studi, inerenti soprattutto alla storia istituzionale e in particolare ai sistemi di gestione e di controllo del patrimonio forestale utile agli interessi dello stato.¹ A queste riflessioni si legano anche le ricerche sull’importanza strategica di questa materia prima per l’industria estrattiva² e quelle di storia della cantieristica navale. Tra gli anni Sessanta e Settanta fu pubblicata una serie di lavori sull’approvvigionamento di legname per gli Arsenali di Venezia, di Genova e del Baltico, tema che nell’ultimo decennio ha riscontrato un nuovo interesse, soprattutto in ambito veneto.³
Tra gli studi nati nell’ambito della letteratura specialistica segnalo Adolfo Di Bérenger, Dell’antica storia e giurisprudenza forestale in Italia, Treviso / Venezia 1859 – 1863; idem, Saggio storico sulla legislazione veneta forestale dal sec. 7. al 19., Venezia 1873. Fernand Braudel, La Mediterranée et le monde mèditerranèen à l’époque de Philippe II, Paris, 1949. Sulla Francia Michel Devèze, La vie de la forêt française au XVI siècle, Paris 1961. Sulla regione alpina del Tirolo cfr. Heinrich Oberrauch, Tirol Wald und Waidwerk. Ein Beitrag zur Forst- und Jagdgeschichte, Innsbruck 1952. Sullo sfruttamento del bosco per le miniere cfr. Franz Huter, Die Haller Saline und ihre Bedeutung für Forstwirtschaft und Holznutzung des Landes Tirol, in: Forstwissenschaftliches Centralblatt 73, 1954, p. 152– 157, ora in: Idem, Ausgewählte Aufsätze zur Geschichte Tirols, Innsbruck 1997, p. 132– 137; Heinrich Rubner, Les forêts communales du Tyrol et l’alimentation en bois de la saline tyrolienne à la fin du XIIIème siècle, in: Revue forestière française 6, 1962, p. 467– 478. Marian Małowist, L’approvisionnement des ports de la Baltique en produits forestiers pour les constructions navales aux XVe et XVIe siècles, in: Michel Mollat (a cura di), Le navire et l’économie maritime du Nord de l’Europe du Moyen-Age au XVIIIe siècle, Paris 1960, p. 25 – 44; Frederic C. Lane, Navires et constructeurs à Venise pendent la Renaissance, Paris 1965; Manlio Calegari, Legnami e costruzioni navali nel Cinquecento, in: Guerra e commercio nell’evoluzione della marina genovese tra XV e XVII secolo, II, Genova 1970, p. 79 – 148. Più recentemente cfr. Raffaello Vergani, Legname per l’Arsenale: i boschi “banditi” nella repubblica di Venezia, secoli XV–XVII, in Simonetta Cavaciocchi (a cura di), Ricchezza del mare, ricchezza dal mare, Atti della 37a Settimana di studi dell’Istituto internazionale “F. Datini”, Firenze 2006, p. 401– 414; Antonio Lazzarini, Boschi e remi (secoli XVII– XVIII), in: Giovanni Caniato (a cura di), L’arte dei remèri. I 700 anni dello statuto dei costruttori di
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A partire dalla metà degli anni Settanta e Ottanta escono alcuni lavori nell’ambito della geografia umana, della storia agraria, forestale e del paesaggio dedicati in special modo alle pratiche silvo-pastorali, alle tecniche e alle infrastrutture per il trasporto di legname, che denotano una nuova sensibilità ambientale e storiografica⁴. Si può rilevare come questo interesse coinvolga anche la storiografia economica tanto che a metà degli anni Novanta l’Istituto internazionale di Storia economica “F. Datini” organizza una settimana di studi che sposta l’attenzione dalla storia dei prodotti, delle attività, delle strutture e delle istituzioni proprie dell’economia, di cui si era occupato sino a quel momento, per toccare una tematica di tipo ambientale: L’uomo e la foresta: secc. XIII–XVIII. È l’occasione per mettere al centro della discussione una relazione che suscita una rinnovata attenzione legata alla questione ecologica e al relativo dibattito nello spazio pubblico. Ne nasce un confronto scientifico rivolto alle forme di proprietà, di gestione e di controllo del bosco, alla nascita della legislazione forestale, all’impatto dell’insediamento umano e delle attività economiche interne ed esterne al bosco e ancora allo sfruttamento dei boschi per la siderurgia, la produzione di carbone e il commercio di legname nelle diverse aree del continente europeo⁵. Nel volume due contributi sono dedicati alle Alpi: uno in chiave di storia della mentalità concentrato sul rapporto uomo-bosco e un secondo relativo alla storia della tecnica dei trasporti⁶.
remi, Verona 2007, p. 127– 137; idem, L’Arsenale di Venezia. Problematiche della produzione e del trasporto del legno, in: Martino Ferrari Bravo / Stefano Tosato (a cura di), Gli Arsenali oltremarini della Serenissima. Approvvigionamenti e strutture cantieristiche per la flotta veneziana (secoli XVI– XVII), Milano 2010, p. 47– 56; idem, Remi per le galere. Dai boschi della Carnia all’Arsenale di Venezia, in: Alessio Fornasin / Claudio Povolo (a cura di), Per Furio. Studi in onore di Furio Bianco, Udine 2014, p. 29 – 38. Si vedano anche Alberto Secco, Relazioni veneto – ottomane e politica delle costruzioni navali nell’Arsenale di Venezia dalla pace di Passarowitz a quella di Aquisgrana (1718 – 1749), in: Navis 3, 2006, p. 89 – 112; Guido Candiani, I vascelli della Serenissima. Guerra, politica e costruzioni navali a Venezia in età moderna, 1650 – 1720, Venezia 2009; i saggi nel volume Ferrari Bravo / Tosato (a cura di), Gli Arsenali oltremarini della Serenissima. Bruno Vecchio, Il bosco negli scrittori italiani del Settecento e dell’età napoleonica, Torino 1974; Diego Moreno / Pietro Piussi / Oliver Rackham (a cura di), Boschi. Storia e archeologia, in: Quaderni Storici 49, 1982, p. 7– 164; Diego Moreno (a cura di), Boschi. Storia e archeologia, 2, in: Quaderni storici 62, 1986, p. 435 – 536. Simonetta Cavaciocchi (a cura di), L’uomo e la foresta: secc. XIII–XVIII. Atti della Ventisettesima Settimana di Studi dell’Istituto Internazionale di storia economica “F. Datini”, Prato, 8 – 13 maggio 1995, Firenze 1996. Il volume raccoglie i saggi dei maggiori studiosi sul tema, tra cui segnalo Mauro Agnoletti, Andrée Corvol, Siegfried Epperlein, Maurizio Gangemi, Pietro Piussi, David Woronoff, Luigi Zanzi. Vito Fumagalli, Società e foreste al Nord e Sud delle Alpi tra alto e basso Medioevo, in: Cavaciocchi (a cura di), L’uomo e la foresta, p. 1159 – 1163; Mauro Agnoletti, Aspetti tecnici ed economici del commercio del legname in Cadore (XIV–XVI secolo), in: Ibid., p. 1025 – 1040.
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Negli stessi anni appaiono anche autorevoli studi di storia delle Alpi, dove si può osservare però l’assenza di indagini sul ruolo e il rilievo delle risorse forestali per le società e le economie montane⁷. Anche nei più noti lavori che hanno segnato il dibattito scientifico queste problematiche sono rimaste ai margini. È pur vero che nel volume di Pier Paolo Viazzo Comunità Alpine del 1990 (edizione originale 1989) gli aspetti economici e sociali che si sono sviluppati attorno ai boschi si intravedono a tratti, ma non sono stati tuttavia esplicitati. Brevi cenni sul fenomeno di lunga durata dello sfruttamento e del commercio delle risorse boschive sul versante settentrionale e meridionale delle Alpi appaiono in Storia delle Alpi di Jon Mathieu del 2000 (edizione originale 1998) che si sofferma in particolare sulla fluitazione praticata sugli affluenti di destra del Danubio e sui traffici di materia prima tra il bacino superiore del Ticino e i mercati lombardi⁸. Si tratta di assenze imputabili alla mancanza di ricerche puntuali sul fenomeno, cui si è cercato di supplire negli ultimi quindici anni. Grazie all’interesse mantenuto vivace anche dal confronto con la storia alpina, a partire dalla fine degli anni Ottanta del secolo scorso una serie di studi è stata dedicata alle aree alpine sudorientali, specialmente per le sue interrelazione e interdipendenze con Venezia e con i mercati di sbocco della pianura veneta. A partire da un noto saggio di Philippe Braunstein del 1988 che ricostruiva il sistema di approvvigionamento di materie prime delle vallate dolomitiche al porto di Venezia⁹, si sono moltiplicati gli studi sulla centralità dei boschi e sul controllo delle vie d’acqua, soprattutto per i suoi riflessi sulla laguna e sulla Terraferma, che abbracciano i secoli compresi tra la fine del Medioevo e l’Ottocento. Questi lavori, dovuti principalmente a F. Bianco¹⁰ e ad A. Lazzarini¹¹, spaziano dalla precoce politica forestale della Repubblica di Venezia alla formazione del
Per un contributo aggiornato sulla bibliografia alpina cfr. Markus A. Denzel, “Pour une histoire économique des Alpes”. Konzeptionelle Überlegungen zu einer Wirtschaftsgeschichte des Alpenraums in vorindustrieller Zeit, in questo volume. Pier Paolo Viazzo, Comunità alpine. Ambiente, popolazione, struttura sociale nelle Alpi dal XVI secolo a oggi, Bologna 1990 (orig. Environment, Population and Social Structure in the Alps since the Sixteenth Century, New York 1989); Jon Mathieu, Storia delle Alpi 1500 – 1900. Ambiente, sviluppo e società, Bellinzona 2000, p. 127– 129; 144 (orig. Geschichte der Alpen 1500 – 1900. Umwelt, Entwicklung, Gesellschaft, Wien 1998). Philippe Braunstein, De la montagne à Venise. Les réseaux du bois au XVe siècle, in: Melanges del’École française de Rome 100, 1988, S. 761– 799. Furio Bianco, Le terre del Friuli. La formazione dei paesaggi agrari in Friuli tra il XV e il XIX secolo, Verona 1994, p. 103 – 116; idem, Nel bosco. Comunità alpine e risorse forestali nel Friuli in età moderna (secoli XV–XX), Udine 2001; idem, Comunità e risorse forestali nella montagna friulana di antico regime, in: Antonio Lazzarini (a cura di), Disboscamento montano e politiche territoriali. Alpi e Appenini dal ‘700 al 2000, Milano 2002, p. 98 – 123; idem / Antonio Lazzarini, Forestali, mercanti di legname e boschi pubblici. Candido Morassi e i progetti di riforma boschiva nelle Alpi Carniche tra Settecento e Ottocento, Udine 2003; idem, Strutture comunitarie, boschi e confini nella montagna friulana, in: Mauro Ambrosoli / Furio Bianco (a cura di), Comunità e questioni di confini in Italia settentrionale (XVI–XIX secc.), Milano 2007, p. 169 – 180; idem, La tragedia dei comunali. Le foreste
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personale impegnato nell’amministrazione pubblica, dalla ricostruzione del sistema di approvvigionamento di materie prime per l’Arsenale, al commercio di legname in Carnia. A P. Braunstein prima e soprattutto a R. Vergani più recentemente si devono invece numerose ricerche sulle attività minerarie e sulle risorse forestali impiegate nell’industria estrattiva nelle Alpi e nelle Prealpi venete¹².
comunali in Carnia e nel Friuli agli inizi dell’Ottocento, in: Idem / Albergo Burgos / Giorgio Ferigo, Aplis. Una storia dell’economia alpina in Carnia, Tolmezzo 2008, p. 83 – 158. Si veda inoltre Karl Appuhn, A Forest on the Sea. Environmental Expertise in Renaissance Venice, Baltimore 2009. Antonio Lazzarini, Un progetto fallito. Il bosco del Cansiglio dopo la riforma veneziana del 1792, in: Ricerche di storia sociale e religiosa 26/52, 1997, p. 75 – 106; idem, Boschi e legname. Una riforma veneziana e i suoi esiti, in: Archivio Veneto, serie V, 150, 1998, p. 93 – 124; idem, Uomini, tecniche, organizzazione: il trasporto del legname dal bosco del Cansiglio a Venezia fra XVIII e XIX secolo, in: Archivio Storico di Belluno Feltre e Cadore 70/306, 1999, p. 16 – 29; idem (a cura di), Disboscamento montano e politiche territoriali; idem, La trasformazione di un bosco. Il Cansiglio, Venezia e i nuovi usi del legno (secoli XVIII–XIX), Belluno 2006; idem, Le vie del legno per Venezia: mercato, territorio, confini, in: Ambrosoli / Bianco (a cura di), Comunità e questioni di confini, p. 97– 110; idem, Palificate di fondazione a Venezia. La chiesa della Salute, in: Archivio Veneto, serie V, 71, 2008, p. 33 – 60; idem, Boschi e politiche forestali. Venezia e il Veneto fra Sette e Ottocento, Venezia 2009. Philippe Braunstein, Les entreprises minières en Vénétie au XVe siècle, in: Mélanges d’archéologie et d’histoire de l’École française de Rome 77, 1965, p. 529 – 607. Raffaello Vergani, Una comunità mineraria di montagna: Riva d’Agordo, in: Storia d’Italia. Economia naturale, economia monetaria, Annali 6, Torino 1983, p. 613 – 648; idem, L’argento veneto: mito e realtà, in: Ricerche storiche 14/1, 1984, p. 143 – 161; idem, Arbeit und Arbeiter im venetischen Bergbau des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Karl Heinz Ludwig / Peter Sika (a cura di), Bergbau und Arbeitsrecht. Die Arbeitsverfassung im europäischen Bergbau des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Wien 1989, p. 223 – 244; idem, Progressi e ritardi nelle tecniche venete: l’estrazione mineraria e la metallurgia dal XV al XVIII secolo, in: Atti dell’Istituto Veneto di Scienze Lettere e Arti 149, 1990/91, p. 209 – 237; idem, Miniere e metalli dell’alto vicentino, in: Franco Barbieri / Paolo Preto (a cura di), Storia di Vicenza. L’età della Repubblica veneta 1404– 1797, III/1, Vicenza 1989, p. 301– 317; idem, Le materie prime, in: Alberto Tenenti / Ugo Tucci (a cura di), Storia di Venezia. Il Mare, XII, Roma 1991, p. 285 – 312; idem, Tecnologia e organizzazione del lavoro nell’industria veneta del rame (secoli XVI–XVII), in: Anna Guarducci (a cura di), Forme ed evoluzione del lavoro in Europa: XIII–XVIII secc., Atti della Tredicesima Settimana di Studio dell’Istituto internazionale di Storia economica “F. Datini”, 2– 7 maggio 1981, Firenze 1991, p. 615 – 632; idem, Miniere e società nella montagna del passato. Alpi venete, secoli XIII–XIX, Verona 2003; idem, Boschi, miniere e metallurgia nell’area veneta: norme, istituzioni, conflitti (secoli XIII–XVIII), in: Agnese Visconti (a cura di), Il legno brucia: l’energia del fuoco nel mondo naturale e nella storia civile, in: Natura 98/I, 2008, p. 147– 158; idem, Venezia e la terraferma: acque, boschi, ambiente, in: Giuseppe Del Torre / Alfredo Viaggiano (a cura di), 1509 – 2009. L’ombra di Agnadello: Venezia e la terraferma. Atti del Convegno, Venezia, 14– 16 maggio 2009, Ateneo Veneto, 197, terza serie 9/I, 2010, p. 173 – 193; idem, Minerali e metalli della Terraferma, in: Ferrari Bravo / Tosato (a cura di), Gli Arsenali oltremarini della Serenissima, p. 57– 62. Per la bibliografia completa di Vergani si veda ora Loris Santomaso / Bepi Pellegrinon (a cura di), Raffaello Vergani. Dal terreno all‘archivio e ritorno. Scritti 1966 – 2014, Treviso 2014. Uno studio di sintesi è offerto da Andrea Zannini, Sur la mer, près des montagnes. Venise et le circuit de production et vente du bois (XVIe-XIXe siècle), in: Alain Cabantous / Jean-Luc Chappey / Renaud Morieux / Nathalie Richard / François Walter (a cura di), Mer et montagne dans la culture européenne (XVIe-XIXe siècle), Rennes 2011, p. 43 – 55.
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Le indagini si sono estese anche all’integrazione delle risorse forestali nei circuiti urbani della pianura veneta tra il basso Medioevo e la prima età moderna, soprattutto in riferimento ai mercati di Padova e di Venezia. È stato indagato il ruolo delle élite locali nello sfruttamento del patrimonio boschivo e nel commercio di legname da costruzione e di combustibile, la presenza dell’imprenditoria urbana e del capitale patrizio nella montagna trentino-tirolese, veneta e friulana, il rilievo del commercio e delle esportazioni per le entrate finanziarie della Camera arciducale dell’Alta Austria¹³. Le riflessioni da parte della storiografia sono procedute accanto a quelle dell’etnografia, cui si devono alcuni saggi dedicati ai sistemi e all’organizzazione dei trasporti fluviali lungo i principali fiumi e torrenti delle Alpi orientali¹⁴ e a quella
Gian Maria Varanini, Richter tirolese, mercante di legname, patrizio veronese. L’affermazione socio-economica di Nicola Saibante da Egna, in: Geschichte und Region / Storia e Regione III, 1995, p. 191– 219; Gigi Corazzol, Cineografo di banditi su sfondo di monti. Feltre 1634– 1642, Milano 1997; idem, Brevi da Fonzaso (con repertorio) 1619 – 1656 di Giovanni Airale. Postilla di Ranieri Dugazio Koepfchen, in: Rivista Feltrina. el Campanón 33/5, nuova serie, giugno 2000, p. 34– 58; idem, Carbone e livelli francabili nella Pieve di Lavazzo (1619 – 1640), in: Andrea Gardi / Michael Knapton / Flavio Rurale (a cura di), Montagna e pianura. Scambi e interazione nell’area padana in età moderna, Udine 2001, p. 39 – 48; Morena Vignaga, I Petricelli. Una famiglia di mercanti di legname seguita sulle carte dei notai. Fonzaso 1580 – 1660, tesi di laurea, Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università degli studi di Venezia, a.a. 1998 – 1999, rel. Gianluigi Corazzol; Bianca Simonato Zasio, Taglie, bóre doppie, tre quarti. Il commercio del legname dalla valle di Primiero a Fonzaso tra Seicento e Settecento, Rasai di Seren del Grappa 2000; Antonio Petiziol, Mercanti e traffici del porto di Latisana tra 1560 e 1630. Evidenze notarili, tesi di laurea, Università degli Studi di Venezia, Facoltà di Lettere e Filosofia, a.a. 2001/02, rel. Gianluigi Corazzol; Claudio Lorenzini, Scambi di frontiere. Comunità di villaggio, mercanti e risorse forestali nell’alta valle del Tagliamento fra la seconda metà del Sei e la fine del Settecento, tesi di dottorato, università degli studi di Udine, a.a. 2003/04; Katia Occhi, Boschi e mercanti. Traffici di legname tra la contea di Tirolo e la repubblica di Venezia (secoli XVI–XVII), Bologna 2006; Giuseppina Bernardin, Un territorio di frontiera tra la contea del Tirolo e la Repubblica di Venezia. Storie di uomini e comunità nella valle di Primiero nel Quattrocento, tesi di dottorato in storia, università degli studi di Udine, a.a. 2009/10; Anna Pozzan, Istituzioni, società, economia in un territorio di frontiera. Il caso del Cadore (seconda metà del XVI secolo), Udine 2013, in particolare p. 89 – 164. Lucio Peressi, La “Menada” in Val Cellina, in: Ce fastu?, 55, 1979, p. 177– 200; Giuseppe Šebesta, La via del legno, San Michele all’Adige 1983; idem, Struttura – evoluzione della zattera, in: Giovanni Caniato (a cura di), La via del fiume dalle Dolomiti a Venezia, Sommacampagna 1993, p. 183 – 207; idem, Struttura – evoluzione della zattera, in: Daniela Perco (ed), Zattere, zattieri e menadas. La fluitazione del legname lungo il Piave, Castellavazzo 1988, p. 177– 215; Giovanni Caniato / Michela Dal Borgo (a cura di), Dai monti alla laguna. Produzione artigianale e artistica del Bellunese per la cantieristica veneziana, Venezia 1988; Caniato (a cura di), La via del fiume dalle Dolomiti a Venezia; Gianfranco Bettega / Ugo Pistoia, Un fiume di legno. La fluitazione del legname dal Vanoi e Primiero a Venezia, Tonadico 1994, Ivrea 2010²; Marco Casanova Borca (a cura di), Il lavoro nei boschi. La tradizione ladina dell’alto bellunese, San Vito di Cadore 2000.
Economie alpine e risorse forestali
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delle scienze forestali, che ha promosso indagini sulla tipologia e la distribuzione degli impianti per la lavorazione del legno in epoca preindustriale¹⁵. Come detto, è grazie anche agli stimoli della storia ambientale che le indagini su “storia e risorse forestali” sono state affrontate con un approccio interdisciplinare, in cui trovano spazio la storia forestale, la storia economica e la storia alpina¹⁶.
2 Economie del legno: Il caso delle alpi orientali nella prima età moderna Le indagini sulla Alpi orientali richiamate sopra per ora non hanno conosciuto un simile approfondimento nelle altre aree delle Alpi italiane, sulle quali il numero degli studi è più contenuto¹⁷. Per le future linee di ricerca nell’ambito della storia
Mauro Agnoletti, Segherie e foreste nel Trentino dal Medioevo ai giorni nostri, San Michele all’Adige 1998 e relativa bibliografia. Idem (a cura di), Storia e risorse forestali, Firenze 2001; in particolare idem, Fra storia e tecnica: sviluppi e tendenze della storia forestale, in: Ibid., p. 1– 35; Guido Alfani / Matteo di Tullio / Luca Mocarelli (a cura di), Storia economica e ambiente italiano (ca. 1400 – 1850), Milano 2012; si veda la II parte dedicata a “L’area alpina: la valorizzazione dell’incolto”, in: Guido Alfani / Riccardo Rao, Le gestione delle risorse collettive. Italia settentrionale, secc. XII–XVIII, Milano 2012², p. 77– 138; Les ressources naturelles. Durabilité sociale et environnementale / Natürliche Ressourcen. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 19, 2014; sulle foreste si vedano nello stesso numero i saggi di Klaus Brandstätter / Gerhard Siegl, Waldnutzungskonflikte und nachhaltige Waldbewirtschaftung in Tirol vom Mittelalter bis in das 21. Jahrhundert, in: Ibid., p. 145 – 162; Giulia Beltrametti, Storia conflittuale di tre boschi montani. Appenino ligure, Alpi marittime, Alpi lepontine,in: Ibid., p. 163 – 178. Per l’area lombarda si vedano: Enrico Roveda, I boschi nella pianura lombarda del Quattrocento, in: Studi storici 30, 1989, p. 1013 – 1030; Enrico Rizzi, Breve storia di una foresta alpina. La val Grande, in: Agnese Visconti (a cura di), Il territorio lombardo: prospettive di ricerca storico-naturalistica dal medioevo all’età contemporanea, n: Natura 87/2, 1996, p. 109 – 116; Agnese Visconti, Risorse energetiche e amministrazione del territorio nella Lombardia dell’assolutismo asburgico, in: Livio Antonielli / Carlo Capra / Mario Infelise (a cura di), Per Marino Berengo. Studi degli allievi, Milano 2000, p. 605 – 618; eadem, Questioni di organizzazione del territorio in Lombardia: il caso dei boschi di montagna tra intervento dello Stato e gestione privata, in: Lazzarini (a cura di), Disboscamento montano, p. 135 – 153; Mami Azuma, L’edilizia rurale in Valtellina nell’Ottocento. Utilizzazione del legno e selvicoltura, in: Eadem / Agnese Visconti (a cura di), Legno e modernità, in: Natura 95/1, 2005, p. 99 – 106; Laura Mauri Vigevani / Donatella Rossi Melini, Uso del legno nella costruzione degli strumenti musicali, in: Ibid., p. 107– 118; Patrik Krebs, Prime testimonianze della protoindustria del carbone di legna nelle vallate alpine a settentrione di Milano, in: Agnese Visconti (a cura di), Il legno brucia. L’energia del fuoco nel mondo naturale e nella storia civile, Milano 2008, p. 109 – 122; Mario Sulli, L’impiego del combustibile vegetale per la panificazione e la cottura del cibo nell’Altopiano milanese durante la seconda metà dell’Ottocento, in: Ibid., p. 197– 214; Luca Pozzati, Città, regione e approvvigionamento energetico: ci fu mai una crisi del legno a Milano fra XVI e XVIII secolo?, in:
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alpina sarebbe importante approfondire se e in che misura queste dinamiche siano rilevabili nei distretti delle Alpi centro-occidentali. Al momento pertanto il caso di studio delle Alpi orientali si rivela particolarmente significativo perché ben evidenzia la profonda trasformazione territoriale, sociale, economica delle valli alpine che gravitavano sulla pianura, che espresse per secoli un’elevata richiesta di legname, soprattutto quello da costruzione, che rappresentava la voce principale sotto il profilo economico. Nell’area alpina compresa tra i bacini fluviali dell’Adige e del Tagliamento gli scambi di materie prime con la pianura sono attestati già nel XIII secolo, anche se la presenza si fa via via più imponente solo a partire dagli inizi del Cinquecento quando ha inizio quella che è stata definita la conquista dell’Alpe ¹⁸. Gli sbocchi principali erano quelli della repubblica veneta: Verona, Padova e Venezia, quest’ultima una delle città più popolate del continente europeo. Nella capitale, la vicinanza dei bacini montani di approvvigionamento di materie prime strategiche, quali ferro e legname, aveva favorito lo sviluppo dei cantieri navali e consentito alla flotta veneziana di imporsi nel Mediterraneo orientale permettendo la sua affermazione come potenza marittima e commerciale. Nel Quattrocento il controllo delle vie di scambio tra le Alpi e il mare, sia fluviali che terrestri, rappresentò un fattore determinante nell’espansione verso i territori prealpini e alpini. L’integrazione della montagna nei circuiti commerciali delle città fu attuata attraverso la riorganizzazione del complesso sistema idrografico della repubblica veneta in funzione del trasporto del legno e di altre merci, la progressiva penetrazione delle élite mercantili urbane nelle valli alpine, la creazione e il mantenimento di una complessa rete di rapporti con le comunità e con i titolari dei diritti di sfruttamento dei boschi (signori ecclesiastici, feudali e territoriali). L’ingente patrimonio forestale della montagna veneta, che la repubblica aveva messo sotto il suo diretto controllo entro il 1420, fu gestito soprattutto attraverso una precoce politica forestale e un’articolata legislazione risalente alla metà del Quattrocento. Per far fronte all’incipiente penuria di legno e garantire le forniture di essenze pregiate all’Arsenale, il governo provvide alla demanializzazione di una serie di boschi, sottratti alle comunità locali, cui furono imposte pesanti limitazioni all’utilizzo. A fronte di misure di tutela a favore dei boschi di montagna riservati per Alfani / di Tullio / Mocarelli (a cura di), Storia economica e ambiente italiano, p. 207– 220; Beltrametti, Storia conflittuale. Per le pagine seguenti mi permetto di rimandare ai seguenti saggi e alla relativa bibliografia: Occhi, Boschi e mercanti; eadem, Aspekte der Handelsbeziehungen zwischen dem Tiroler Raum und der norditalienischen Ebene, in: Scripta Mercaturae 42, 2008, p. 27– 43; eadem, Ai confini dell’Impero. Attività produttive e reti commerciali tra continuità e mutamento (secoli XVI–XVIII), in Paolo Pombeni / Heinz Gerhard Haupt (a cura di), La transizione come problema storiografico. Le fasi critiche dello sviluppo della modernità (1494– 1973), Bologna 2013, p. 77– 100; eadem, Ressources, Mercantile Networks and Communities in the Southeastern Alps in the Early Modern Period, in: Marco Bellabarba / Hannes Obermair / Hitomi Sato (a cura di), Communities and Conflicts in the Alps from the Late Middle Ages to Early Modernity, Bologna / Berlin 2015, p. 165 – 178.
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il cantiere di stato, nei confronti dei boschi di pianura si attuò invece una politica contraddittoria senza porre freni al disboscamento di interi bacini e delle pinete litoranee. L’area di prelievo non si limitava alla Terraferma veneta, ma si estendeva a est e a nord, e comprendeva anche la costa adriatica. Tra i bacini di approvvigionamento, la parte meridionale e orientale della contea del Tirolo e i principati ecclesiastici di Bressanone e Trento occuparono un posto di particolare rilievo. Il reticolo di fiumi e di torrenti alpini che li attraversavano si immettevano tutti nei principali fiumi della pianura italiana (Piave, Brenta, Adige), ad eccezione della Drava, immissaria del Danubio. In epoca preindustriale, i territori che insistevano sul tali vie fluviali, tanto le giurisdizioni trentino-tirolesi, quanto quelle oltreconfine sottoposte alla sovranità veneziana, costituivano un modello ecologico nel quale lo sfruttamento delle risorse avveniva all’interno di una struttura che presentava forme sovraregionali di divisione del lavoro e l’integrazione tra le Alpi, le città e i distretti di pianura si attuava attraverso gli scambi di risorse naturali, di derrate agricole e di prodotti manufatti. Questi traffici si estendevano oltre gli sbocchi veneti e interessavano in misura minore anche i mercati di Ferrara e di Mantova. Fino a circa la metà del Settecento, anche il legname proveniente dai boschi della Carinzia gravitanti sugli affluenti dell’Isonzo e del Tagliamento fu oggetto di questi scambi quando gli interventi del governo asburgico volti a favorire lo sviluppo dei porti di Trieste e di Fiume, contrastarono la presenza dei mercanti provenienti da oltreconfine attraverso pesanti misure protezionistiche, introdotte soprattutto a danno di Venezia. Al contrario, per le risorse forestali delle aree trentine-tirolesi il mercato veneziano continuò a costituire pressoché l’unico sbocco, tanto che nel 1801 la vendita del solo legname da opera (escluso quello da ardere e il carbone di legna) costituiva il 19 % delle esportazioni, che raggiungevano anche l’Egitto e la Turchia. Nel principato ecclesiastico di Trento la maggior parte della superficie boschiva era di appartenenza comunitaria, ad eccezione della val di Fiemme i cui boschi erano sottoposti a una pluralità di soggetti (principe-vescovo, regole, Magnifica Comunità di Fiemme) e di alcune porzioni in mano ai privati. Lo sfruttamento e la vendita interessava soprattutto i boschi della val di Fiemme e alcune comunità lungo il fiume Chiese, il cui legname era destinato al mercato di Brescia. Nelle giurisdizioni della contea del Tirolo il patrimonio forestale fu precocemente subordinato agli interessi delle autorità centrali. Nella parte settentrionale, nella seconda metà del XIII secolo lo sviluppo dell’attività estrattiva nelle saline di Hall e l’espansione dei centri minerari e metallurgici nel XV e nel XVI secolo provocò un aumento della domanda di legname e una crescita dei prezzi che le autorità governative contrastarono attraverso una serie di misure restrittive a danno delle comunità. Dalla seconda metà del XV secolo i boschi comunali (Almende) della Inntal e delle valli contermini furono riservati agli interessi dell’amministrazione principesca e le quantità di legna da abbattere furono autorizzate solo in luoghi preventivamente fissati dalle autorità forestali nel corso di commissioni tenute annualmente (Waldbereitungkommissionen). Sul finire del secolo le innovazioni tec-
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nologiche nell’estrazione dei metalli favorirono l’apertura di nuovi giacimenti minerari sul versante settentrionale e meridionale della catena alpina, che portarono ad ulteriori limitazioni a danno delle comunità. Sia a nord quanto a sud della catena alpina i boschi erano subordinati agli interessi dei centri estrattivi: la salina di Hall e gli importanti centri argentiferi di Vipiteno/Sterzing, Gossensass/Colle Isarco e Pergine (oggi in Trentino); le miniere di argento, piombo e ferro dei dintorni di Chiusa/Klausen, quelle di rame di Campo Tures/Taufers in val Pusteria e le miniere di rame, piombo e ferro di Primiero (oggi in Trentino). Tra tutte spiccava Schwaz nella Bassa valle d’Inn (Unterinntal), che nel 1490 produceva l’85 % dell’argento europeo¹⁹. Nel Sudtirolo invece e nel territorio trentino sottoposto all’autorità dei conti del Tirolo (Primiero, Valsugana, Rovereto e alcuni villaggi della val di Fiemme e della val di Non), l’interesse per il bacino forestale era legato alla commercializzazione delle essenze, soprattutto conifere e faggio, destinate ai mercati italiani e attraverso il porto di Venezia, ad alcuni empori del Mediterraneo (regno di Napoli, Malta, Egitto, Turchia)²⁰. Negli anni centrali del Cinquecento i boschi, soprattutto quelli sudtirolesi posti al confine con la repubblica di Venezia, furono oggetto di importanti misure che limitarono ulteriormente i diritti d’uso delle comunità. L’intervento istituzionale si prefiggeva di disciplinarne lo sfruttamento e massimizzare i profitti ricavati dalla vendita di legna da opera e da ardere, che registra un notevole slancio agli inizi dell’epoca moderna. Nel contempo furono introdotte nuove tariffe e istituiti una decina di nuove dogane, definite uffici del legname (Holzzölle) subordinate a un ufficio centrale posto a Lavis, alle dipendenze dirette della Camera arciducale. Nove luoghi di prelievo erano situati lungo le vie fluviali sul confine veneto-tirolese: Leifers/Branzoll, Egna/Neumarkt, Fiemme, Nevis/Lavis, Sacco, Rovereto sul fiume Adige, sul quale era fluitato il legname destinato al mercato di Verona; Fiera di Primiero e Grigno, sul Cismon-Brenta dove era fluitato quello inviato a Padova e Corvara/Toblach, sotto la cui giurisdizione erano posti i boschi della val Pusteria e della val Badia, il cui legname era trasportato via terra fino agli affluenti del Piave nel primo caso e fino al torrente Cordevole nel secondo, per essere fluitato fino a Venezia. Tra il XVI e il XVIII secolo la forte domanda di materia prima e i prezzi in continua crescita contribuirono a consolidare ed estendere l’interesse degli imprenditori della pianura per le risorse forestali alpine, cui ebbero accesso grazie alla
Su queste tematiche si vedano Hermann Wopfner, Almendregal des Tiroler Landesfürsten, Innsbruck 1906; Rudolf Palme, Frühe Neuzeit (1490 – 1665), in: Josef Fontana (a cura di), Geschichte des Landes Tirol, II, Bozen / Innsbruck / Wien 1986, p. 3 – 287. Katia Occhi, Commercial Networks from the Alpine Valleys to the Mediterranean: the Timber Trade between Venice and Malta (16th–17th Centuries). First Researches, in: Studi Veneziani 67, 2013, p. 107– 122.
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mediazione di notabili e mercanti locali e grazie al credito reperibile sulla piazza veneziana²¹. Il credito aveva un ruolo cruciale nelle attività di impresa legate ai commerci di materia prima, sia per l’uso che ne veniva fatto al momento della stipula delle locazioni dei boschi con le comunità locali, i cui affitti erano erogati in anticipo, spesso per molte annualità, sia per l’impiego negli investimenti in capitale fisso (impianti di trasformazione del legno, canali, palificate, rogge, sbarramenti sui torrenti alpini) e ancora negli anticipi verso la Camera fiscale del Tirolo, che rilasciava le licenze di taglio in cambio dell’erogazione di prestiti. Un’altra questione pare altrettanto decisiva. La compresenza di molteplici società interessate a sfruttare ampie porzioni di boschi per il commercio del legname e spesso anche del carbone di legna e di imprese minerarie fu segnata sicuramente da una certa conflittualità, che meriterebbe di essere approfondita per evidenziarne la competitività e la complementarietಲ. L’ampia disponibilità di materia prima e i traffici lungo le vie fluviali furono d’impulso alla nascita di alcuni distretti proto-industriali in determinati punti strategici delle Alpi e delle Prealpi, in cui sussistevano delle precondizioni ambientali: la concentrazione di boschi atti allo sfruttamento commerciale, vie di transito competitive per il trasporto delle materia prima e l’energia idraulica che azionava gli impianti di lavorazione. Già nel Medioevo lungo l’Adige, il Brenta e il Piave era sorti porti di attracco per le zattere, magazzini e segherie. Le fonti documentano la presenza di gruppi di professionisti esperti del settore (notai) e manodopera specializzata insediati nei villaggi di confine tra la contea del Tirolo e le podesterie di confine della repubblica veneta, dove offrivano competenze legali, tecniche e linguistiche a un ceto imprenditoriale, organizzato spesso attraverso un sistema di reti familiari transnazionali veneto-tirolese o veneto-trentine²³. I dati ricavabili dalle fonti evidenziano che, a eccezione di Lavis a nord di Trento, i principali centri di lavorazione attualmente noti si trovavano all’esterno dei confini trentino-tirolesi, precisamente in due distretti. Uno situato lungo il Brenta a un’ottantina di chilometri a nord di Padova, dove la proprietà degli impianti, che ri-
Eadem, Da Venezia a Bolzano. Le reti d’affari di Tomaso di Vettor Tasca, magistrato di fiera (1624– 1649), in: Andrea Bonoldi / Andrea Leonardi / Katia Occhi (a cura di), Interessi e regole. Operatori e istituzioni nel commercio transalpino in età moderna (secoli XVI–XIX), Bologna 2012, p. 171– 205. Mi riferisco ad esempio all’area studiata da Hermann Kellenbenz, Le miniere di Primiero e le relazioni dei Fugger con Venezia nel Quattrocento, in: Atti dell’Accademia Roveretana degli Agiati, 238/VI/28 A, 1990, p. 365 – 385; idem, Le strutture dell’industria mineraria nel settore dei minerali non ferrosi e dei metalli nobili in territorio alpino, in: Gauro Coppola / Pierangelo Schiera (a cura di), Lo spazio alpino: area di civiltà, regione cerniera, Napoli 1991, p. 179 – 202. Katia Occhi, Affari di famiglie: rapporti mercantili lungo il confine veneto-tirolese (secoli XVI– XVII), in: Laura Casella / Anna Bellavitis / Dorit Raines (a cura di), in: Mélanges de l’École française de Rome. Italie et Méditerranée 125, 2013/1, online http://mefrim.revues.org/1281.
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chiedevano importanti investimenti in capitale fisso, era suddivisa tra i piccoli imprenditori locali associati a mercanti padovani, alcuni patrizi veneziani (la cui presenza crebbe dopo il 1630 e la crisi dell’economia veneziana) e mercanti originari delle giurisdizioni tirolesi che avevano spostato la propria sede operativa nella repubblica veneta. Il secondo era situato lungo il Piave, a 120 chilometri da Venezia, dove si concentrava l’80 % degli impianti per la trasformazione del legname posti lungo il fiume e dove i dati di primo Ottocento indicano che 1/10 del legname lavorato in loco proveniva dal Tirolo. Questi flussi testimoniano che la geografia economica non corrispondeva sempre a quella fisica. Nonostante gli elevati costi di allestimento delle infrastrutture, della manodopera e dei trasporti, questi percorsi consentivano di far giungere più rapidamente il prodotto al mercato principale che rimaneva quello veneziano, dove la domanda continuò a mantenersi elevata per tutta l’età moderna. La presenza di un ceto di mercanti immigrati dalla città e da altre valli alpine che del commercio delle risorse del territorio fece la propria attività principale segna la fisionomia di questi distretti, in cui l’emigrazione pare avere dimensioni contenute rispetto ad altre vallate trentine (le valli Giudicarie ad esempio), bergamasche, bresciane, comasche dove il bosco non offriva la possibilità di essere utilizzato competitivamente²⁴. Infatti non sempre l’ampia estensione del patrimonio forestale si tradusse in fasi di dinamismo e di sviluppo come si riscontra in quelle trentinovenete tra Cinque- e Settecento. E proprio in questi contesti andrebbe approfondito quanto l’espansione dei volumi dei traffici abbia inciso sulla struttura demografica e in che misura essi siano state interessati da migrazioni permanenti o temporanee di manodopera legata al comparto, talvolta non cattolica. Certo è che fino a quando le risorse alpine furono valorizzate nel sistema mercantile metropolitano l’economia di alcuni distretti trentino-tirolesi, friulani e veneti fu particolarmente vivace. L’affermarsi dell’economia del carbone, del vapore e della ferrovia alla fine della cosiddetta prima fase dell’evoluzione economica alpina, collocata attorno al 1850, li trasformò in luoghi periferici, del tutto avulsi dal processo di sviluppo che avrebbe coinvolto i territori di pianura, in maniera diversa l’uno dall’altro, nelle varie aree italiane a partire dalla seconda metà dell’Ottocento.
3 Economia del legno. Nota alle fonti La ricostruzione di questi dati è basata su documenti amministrativi e processuali della contea del Tirolo, che presenta un caso di conservazione particolarmente felice. Essi permettono di delineare la politica forestale delle autorità governative e gli Si veda ad esempio il confronto tra vallate orientali e occidentali dell’odierno Trentino in: Katia Occhi, Materiali per una storia della mobilità alpina nella diocesi di Trento e di Feltre (1582– 1690), in: Donatella Bartolini / Tiziana Conte (a cura di), Via Mezzaterra, 35. Studi di storia e arte per monsignor Mario Cecchin, Belluno 2010, p. 111– 119.
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introiti derivati da questi traffici attraverso i libri dei conti della Camera arciducale (Raitbücher), le ispezioni dei funzionari forestali, le inchieste giudiziarie per contrabbando. La documentazione si trova conservata nelle serie dei libri copiali della Camera (Oberösterreichische Kammerkopialbücher) e del Reggimento (Oberösterreichische Regierungkopialbücher) già a partire dal secondo Quattrocento e in maniera sempre più capillare a partire dagli anni ’40 del Cinquecento²⁵. La conflittualità tra diverse soggetti emerge dai numerosi processi discussi davanti al Consiglio aulico (Hofrat) dal 1564 e al Consiglio segreto dell’Alta Austria (Geheimer Rat) dal 1602, sia tra sudditi arciducali, sia tra sudditi arciducali e forestieri. Altri fondi possono essere utili per ricerche in questo ambito, si pensi agli Alte Forstakten (1550 – 1850); alla Forst-und Domänendirektion für Tirol (1873 – 1940), al Sammelbestand Forst- und Waldämter (1724– 1923) e al Sammelbestand Montanistika (1470 – 1960) per le questione inerenti all’industria mineraria nelle diverse giurisdizioni del Tirolo settentrionale e meridionale²⁶. Per il Trentino la ricerca è molto più complessa. Ciò è imputabile alla vicenda archivistica dell’archivio dell’ex principato ecclesiastico soppresso nel 1803 e smembrato in tre blocchi documentari già nel 1805, conservati nel corso del XIX secolo e in parte fino al 1919 in tre distinti istituti di conservazione a Innsbruck, a Vienna e a Trento. Come è intuibile, ne è conseguita una dispersione degli atti per cui oggi le attività economiche del territorio sottoposto all’autorità vescovile sono ricostruibili solo in modo rapsodico, mentre per i territori soggetti alla contea tirolese molti materiali sono conservati al Tiroler Landesarchiv di Innsbruck. Per la ricerca nel territorio sotto sovranità ecclesiastica bisogna affidarsi piuttosto agli archivi delle comunità locali, come ad esempio quello della Magnifica Comunità di Fiemme²⁷. Per l’Italia settentrionale e in specifico per l’area soggetta ai territori della repubblica veneta diventano ineludibili le fonti notarili, vista la mancanza di archivi di imprese impegnate in questo comparto, che dove si sono conservati raccolgono corrispondenze e libri dei conti. Il notarile offre in compenso una varietà di atti inerenti l’utilizzo, lo sfruttamento, la commercializzazione delle diverse essenze che comprende contratti di affitto tra le comunità e i mercanti, contratti societari, procure ad agenti e soci, rarissimi contratti per il reclutamento della manodopera e dei fattori, atti di compravendita di strutture per la fluitazione e ancora delibere comunitarie sui turni di trasporto e le vie di transito del legname così come regolamenti di associazioni e confraternite impegnate nel trasporto fluviale. Pertanto questo tipo di documentazione, sulla quale si basano molti studi richiamati in questo contri-
Wilfried Beimrohr, Das Tiroler Landesarchiv und seine Bestände, Innsbruck 2002, p. 68 – 75, 78 – 83, 87– 91, 100 – 102. Ibid., p. 55, 236, 249. Sull’archivio principesco-vescovile di Trento rimando a Katia Occhi (a cura di), Per una storia degli archivi di Trento, Bressanone e Innsbruck. Ricerche e fonti (XIV–XIX secolo), Bologna 2015; per l’archivio di Fiemme cfr. Marcello Bonazza / Rodolfo Taiani (a cura di), Magnifica Comunità di Fiemme. Inventario dell’archivio (1234– 1945), Trento 1999.
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buto, potrà offrire utili indicazioni per ampliare le nostre conoscenze sui mercati di sbocco di Verona, Brescia, Mantova e l’Adriatico orientale, nonché sul rilievo e sulla pressione di questi traffici nei villaggi alpini di antico regime.²⁸
Per il notarile veneziano si veda Maria Pia Pedani Fabris, Veneta auctoritate notarius. Storia del notariato veneziano (1514– 1797), Milano 1996; per i fondi notarili degli altri archivi si rimanda ai rispettivi inventari consultabili sul sito della Direzione Generale Archivi del Ministero dei beni e delle attività culturali e del turismo all’indirizzo http://www.archivi.beniculturali.it/index.php/archivi-nelweb/guida-generale-degli-archivi-di-stato.
Reinhold Reith
Überlegungen zum alpinen Gewerbe
Abstract: A survey of the historiography of manufacturing makes clear, that manufacturing regions or landscapes as well as cities and even agricultural landscapes were characterised by the specific structure and stock of their manufacturing businesses. Depending on the types of cities, be it ports, residences, mining or university cities, they also contain occupational groups that are bound to the specific functions of these cities. For example, mining cities or settlements were supplied by bigger manufacturing cities at first, but the requirements of replacements and repairs rapidly led to the establishment or development of a local manufacturing sector. Even in phases of declining yields, specific follow-up industries developed, which had already emerged on the basis of seasonal labour requirements and available raw materials. Migration research has pointed out the large labour migratory movements from the areas north and south of the Alps. The older research has explained these migratory movements essentially as the result of population pressure on these alpine areas. Recent research has criticised these findings and has raised the question of different motives (which might also touch upon the question of alpine business ethics). These motives will be explored on the basis of the example of the construction sector: Tyrolean construction workers were the best-known and largest group of seasonal migratory workers in the construction sector until the twentieth century. Besides reduced labour opportunities in their home region (Western Tyrol), the demand at large ecclesiastical and mundane building sites will also be considered, especially after the Thirty Years’ War. Finally, on this basis, the question will also be raised if construction workers constituted a specific alpine sector and to what extent the (supplied and) demanded skills were of a typical alpine nature.
Während das frühneuzeitliche Gewerbe in den letzten Jahrzehnten immer wieder das Interesse der Forschung gefunden hat,¹ so ist das alpine Gewerbe nur am Rande berührt worden. Studien zu einzelnen Standorten und Gewerben liegen zwar vor, doch eine systematische Annäherung an das alpine Gewerbe ist bisher nicht unternommen worden. Jon Mathieu hat betont, dass, obgleich die Alpen nie eine politische Einheit gekannt haben, Lebensweisen und Tätigkeiten ihrer Bevölkerung Eigenschaften von
Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hrsg.), Vorindustrielles Gewerbe: Handwerkliche Produktion und Arbeitsbeziehungen in Mittelalter und früher Neuzeit, Konstanz 2004. Prof. Dr. Reinhold Reith, Paris-Lodron-Universität Salzburg – Fachbereich Geschichte, Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte, Rudolfskai 42, A-5020 Salzburg, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-009
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auffälliger Ähnlichkeit erkennen lassen.² So liegt die Frage nahe: Was ist eigentlich das alpine Gewerbe? Dazu zunächst zwei Vorbemerkungen: Überblicken wir die gängigen Definitionen von Gewerbe bzw. produzierendem Gewerbe,³ so gibt es gute, auch pragmatische Gründe, Bergbau und Hüttenwesen dem primären Sektor zuzuordnen, wenngleich Überschneidungen zwischen Bergbau, Hüttenwesen und Gewerbe durchaus gegeben sind.⁴ Als Gewerbe wird daher im Anschluss an Karl Heinrich Kaufhold jegliche produzierende Tätigkeit mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft, der Jagd und Fischerei sowie der nicht-landwirtschaftlichen Rohstoffproduktion (also besonders des Bergbaus) verstanden.⁵ Im Gewerbe erfolgte die Weiterverarbeitung der im primären Sektor gewonnenen Rohstoffe, daher ist auch die sektorale Gliederung nach Gewerbezweigen und Berufen auf der Basis von Stoffgruppen sinnvoll.⁶ Ein zweiter Aspekt: Die Gewerbegeschichte stützt sich wo immer möglich auf die Gewerbestatistik. Quantitative Erfassungen lassen die Strukturen besser erkennen, und für die wirtschaftshistorische Analyse sind sie unverzichtbar. Doch selbst für das – meist gut dokumentierte – städtische Gewerbe stehen wir vor dem Problem, dass Berufe bzw. „unterhaltsstiftende Tätigkeiten“⁷ nicht immer klar zu fassen sind. Hier kommen u. a. Doppelberufe sowie auch zusätzliche Beschäftigungen in Betracht,⁸ und nicht jede Gewerbebefugnis bzw. „Gerechtigkeit“ wurde auch tatsächlich ausgeübt. Hier ist auch an den weiten Bereich der Überschneidungen zu denken, die sich z. B. bei gewerblicher sowie land- und forstwirtschaftlicher Arbeit ergaben, an Überschneidungen zwischen Bergarbeit und (haus‐)gewerblicher Tätigkeit sowie an Überschneidungen zwischen Hausarbeit und gewerblicher Tätigkeit. Weite Bereiche der Frauenarbeit und damit der Wertschöpfung sind über die Kategorie Beruf eben nur unzureichend zu fassen.⁹ Wir sollten hinsichtlich der „unterhaltsstiftenden Tätigkeiten“ jedenfalls festhalten, dass mit starken Überschneidungen zu rechnen ist, insbesondere dann, wenn Jon Mathieu, Geschichte der Alpen 1500 – 1900. Umwelt, Entwicklung, Gesellschaft, Wien u. a. 1998, S. 13. Karl Heinrich Kaufhold, Das Gewerbe in Preußen um 1800. Eine wirtschaftsgeschichtliche Studie, Göttingen 1978; Wilfried Reininghaus, Gewerbe in der Frühen Neuzeit, München 1990; Markus A. Denzel, Die Professionen und Professionisten. Die Dachsbergsche Volksbeschreibung im Kurfürstentum Baiern (1771– 1781), Stuttgart 1998. Rudolf Holbach, Frühformen von Verlag und Großbetrieb in der gewerblichen Produktion, 13.– 16. Jahrhundert, Stuttgart 1994. Kaufhold, Gewerbe, S. 1. Ebd. Zum Begriff: Ludolf Kuchenbuch / Thomas Sokoll,Vom Brauch-Werk zum Tauschwert: Überlegungen zur Arbeit im vorindustriellen Europa, in: Helmut König / Bodo von Greiff / Helmut Schauer (Hrsg.), Sozialphilosophie der industriellen Arbeit, Opladen 1990, S. 26 – 50. Zahlreiche Hinweise z. B. bei Valentin Groebner, Ökonomie ohne Haus. Zum Wirtschaften armer Leute in Nürnberg am Ende des 15. Jahrhunderts, Göttingen 1993, S. 138 – 141. Christine Werkstetter, Frauen im Augsburger Zunfthandwerk. Arbeit, Arbeitsbeziehungen und Geschlechterverhältnisse im 18. Jahrhundert, Berlin 2001.
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man diese im Lebenszyklus betrachtet. Der Handel mit Sensen blieb z. B. in KirchdorfMicheldorf auf ältere und zur Arbeit untaugliche „Knechte“ beschränkt, „in Erwögung[,] daß thails aus hochen Alter, thails umb Blödigkait des Gesichts [Sehschwäche] und thails aus nit habender Arbeit mit dem Austragen und Verkhauffen der Sengsenwahr sich und die ihrigen zu ernöhren und vor dem Petlstab zueretten, das einzige Mitl haben“. 1724 besaßen 36 Sensenschmiedeknechte das Recht zum Sensenhandel; davon trieben 19 Handel im Land und 17 handelten außer Landes, besonders „ins Reich“, nach Leipzig, Böhmen sowie nach Krems und „ins Österreich“.¹⁰ Auf die Überschneidungen zwischen Wanderhandel und Saisonarbeit ist in der Forschung mehrfach hingewiesen worden. Fokussieren wir die „Saison“, so müssen die spezifischen voralpinen und alpinen Bedingungen berücksichtigt werden. Jon Mathieu nennt als wichtigsten Faktor, der das agrarische Potential im Gebirge beschränkte, die mit steigender Höhe kürzer werdende Vegetationszeit.¹¹ Auch im gewerblichen Bereich dürfte die kürzere Vegetationszeit oder Saison die Aktivitäten außer Haus begrenzt haben: Sie dürfte z. B. im Baugewerbe noch deutlicher zum Tragen gekommen sein.¹² Klimatische Bedingungen sind in der Gewerbegeschichte bisher kaum berücksichtigt worden. Auch hier ist das Klima meist als Konstante gehandelt worden, wenngleich die Abhängigkeit von der Witterung die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und auch von Rohstoffen begrenzte. Die Schwankungen der Kaufkraft der Löhne wurden in erster Linie auf Ernteerträge und Getreidepreise zurückgeführt. Für den Reallohn bzw. für die Lebenshaltung kommt allerdings auch die Beschäftigung in Betracht. Zum einen wurde zwischen einem (höheren) Sommer- und einem (niedereren) Winterlohn unterschieden, da die Anzahl der möglichen Arbeitsstunden im Jahreslauf differierte. Zum anderen kommt die Anzahl der möglichen Arbeitstage in Betracht, während der im Laufe der Bausaison überhaupt gearbeitet bzw. ein Lohn bezogen werden konnte.¹³ Überblicken wir die frühe Neuzeit, so haben neuere Forschungen zur Klimageschichte zwei Ungunstphasen von 1560 bis 1630 sowie Ende des 17. Jahrhunderts (Maunder Minimum) rekonstruiert,¹⁴ die auch für die gewerbliche Entwicklung zu berücksichtigen sind, da sie die Verfügbarkeit naturaler Ressourcen einschränkten, und – folgen wir dem „Labrousse-Zyklus“ – die Reduktion der Kauf-
Franz Fischer, Die blauen Sensen. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Sensenschmiedezunft zu Kirchdorf-Micheldorf bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, Linz 1966, S. 163 f. Mathieu, Alpen, S. 53. Vgl. die Überlegungen bei Christian Pfister, Das Klima der Schweiz von 1525 – 1860 und seine Bedeutung in der Geschichte von Bevölkerung und Landwirtschaft, Bd. II, Bern / Stuttgart ²1985. Reinhold Reith, Lohn und Leistung. Lohnformen im Gewerbe 1450 – 1900, Stuttgart 1999, S. 90 – 121. Christian Pfister, Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen (1496 – 1995), Bern 1999; Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas. 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, Darmstadt 2001.
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kraft im landwirtschaftlichen Bereich und auch den Absatz gewerblicher Produkte begrenzte.¹⁵ Ein Blick in die gewerbegeschichtliche Forschung lässt erkennen, dass Gewerberegionen bzw. Gewerbelandschaften sowie Städte – und selbst Agrarlandschaften – durch eine spezifische Gewerbestruktur bzw. einen spezifischen Gewerbebesatz gekennzeichnet sind.¹⁶ Abhängig von den Stadttypen – seien es Hafen-, Residenz-, Bergbau- oder Universitätsstädte – weisen sie entsprechend ihrer Funktion bestimmte Berufsgruppen und eine spezifische Gewerbestruktur aus, die mit spezifischen Funktionen verbunden sind. Bergbaustädte bzw. Bergbausiedlungen sind ein gutes Beispiel, besonders wenn man den Fokus nicht auf den Bergbau oder das Hüttenwesen selbst richtet.¹⁷ Der Blick auf „Bergbaureviere als Verbrauchszentren im vorindustriellen Europa“, den Ekkehard Westermann angeregt hat, führt durch Fallstudien zu Beschaffung und Verbrauch von Lebensmitteln sowie Roh- und Hilfsstoffen auch in Richtung Gewerbegeschichte.¹⁸ Woher kommen Holzkohle, Bauholz, Leder, Bausteine, Tongefäße, Retorten (Eisenblech, Gusseisen), Unschlitt (Rindertalg) und Lebensmittel? Wie funktioniert die Versorgung? Bergbaustädte oder -siedlungen wurden zunächst über größere Gewerbestädte versorgt, doch Ersatz- und Reparaturbedarf führten bald zur Niederlassung bzw. Ausprägung eines lokalen Gewerbes. Dieser Zusammenhang zwischen Bergbau und Gewerbe ist bisher kaum berührt worden, wenngleich der „Bergsegen“ auch in dieser Hinsicht eine starke Anziehungskraft gehabt haben dürfte. So bestand z. B. in den Bergbaugebieten ein hoher Bedarf an Seilerwaren. Natürlich war der Bezug über Messen möglich und üblich, doch aufgrund von Verschleiß und Reparatur bestand auch Bedarf unmittelbar vor Ort. Bergstädte hatten daher immer einen höheren Besatz an Seilern.¹⁹ Auf die bisher übersehene Bedeutung der Bergschmiede, die vor allem für die nächste Schicht die Eisen zu schärfen und zu härten hatten, hat Akǒs Paulinyi
Wilhelm Abel, Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa.Versuch einer Synopsis, Hamburg / Berlin 1974. Karl Heinrich Kaufhold, Gewerbelandschaften in der Frühen Neuzeit (1650 – 1800), in: Hans Pohl (Hrsg.), Gewerbe- und Industrielandschaften vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Stuttgart 1986, S. 112– 202; Gérard Gayot, Das Gewerberevier – ein nützliches Konzept für die regionale Wirtschaftsgeschichte?, in: Stefan Brakensiek / Axel Flügel (Hrsg.), Regionalgeschichte in Europa. Methoden und Erträge der Forschung vom 16. bis 19. Jahrhundert, Paderborn 2000, S. 17– 23. Herwig Ebner, Österreichische Bergbaustädte und Bergmärkte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 16/I, 1989, S. 57– 72. Vgl. auch die Beiträge von Angelika Westermann und Franz-Heinz v. Hye in: Karl Heinrich Kaufhold / Wilfried Reininghaus (Hrsg.), Stadt und Bergbau, Köln / Weimar / Wien 2004. Ekkehard Westermann (Hrsg.), Bergbaureviere als Verbrauchszentren im vorindustriellen Europa. Fallstudien zu Beschaffung und Verbrauch von Lebensmitteln sowie Roh- und Hilfsstoffen (13.–18. Jh.), Stuttgart 1997. Heinz-Peter Mielke, Seiler und Reepschläger, in: Reinhold Reith (Hrsg.), Das alte Handwerk. Von Bader bis Zinngießer, München 2008, S. 188 – 193, hier: S. 188.
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hingewiesen.²⁰ Aber auch in anderen Bereichen übte der Bergbau eine starke Nachfrage auf das Gewerbe aus, nicht zuletzt auf die Lederproduktion, die Leder z. B. für Bulgen und andere Verwendungen bereitstellte. Georgius Agricola z. B. vermerkte in „Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen“, dass „die Bergleute und andere Arbeiter auf dem Leder, das um ihre Lenden herabhängt, sitzend in die Grube [fahren]“. Was Agricola hier vornehm beschreibt, heißt in der Sprache des Bergmannes schlicht das „Arschleder“.²¹ Kommen wir noch einmal zurück zur Versorgung der Bergstädte: Schuhe wurden im Tiroler Bergrevier zunächst über weite Strecken importiert. Dieser Sachverhalt konfligiert zunächst einmal mit der Vorstellung eines klassischen städtischen Versorgungshandwerks, das auf Bestellung arbeitet und den lokalen Markt versorgt: In Augsburg hatte man 1478 festgelegt, dass jeder Meister nur zwei Knechte oder einen Knecht und einen Lehrjungen beschäftigen darf, „er mach ins birg oder nit“. Damit war gemeint, dass die Betriebsgröße unabhängig davon war, ob der Meister für den Export ins Gebirge produziere oder nicht.²² Meister, die Schuhe in den Alpenraum lieferten, nannte man „bürgschuster“. Zwischenzeitlich beschäftigten einzelne Meister sechs, acht oder zehn Knechte. 1499 wurde ein Kompromiss getroffen: Wer in das „gebürg“ liefere, dürfe in Augsburg keinen offenen Laden haben (bzw. „auf Kauf“ arbeiten). Solange er ins Gebirge liefere, dürfe er vier Knechte haben. Wenn er mit dem „birgfaren“ aufhöre, dürfe er das Handwerk wieder in Augsburg mit offenem Laden treiben.²³ Offenbar bestand eine starke Nachfrage, auf die man flexibel reagierte. Rolf Kießling bringt das ausgeprägte lederverarbeitende Gewerbe in Zentren wie Ausgburg mit dem Aufschwung der Tiroler Montanwirtschaft und ihrem Bedarf für Leder in Verbindung.²⁴ „Die Absatzmärkte wurden zumindest partiell von den Bergregionen bestimmt; sie zogen einen Teil der Massenproduktion von Leder, aber auch Fertigwaren wie Schuhe auf sich und trugen so zur Verflechtung mit den städtischen Zentren bei.“²⁵ Umgekehrt könnte man fragen, ob diese Wirtschaftsbeziehungen mittelfristig nicht auch zur Niederlassung von Produzenten in den größeren Siedlungen der Bergreviere geführt haben, zumal die Arbeit der Handwerker ja nicht nur in der Neuproduktion bestand, sondern auch in der Reparatur vor Ort. Es wäre auch zu fragen, ob die Herausbildung entsprechender Handwerke nicht auch zum Bedeu-
Akos Paulinyi, Der Bergschmied, in: Ferrum 77, 2005, S. 88 – 98. Reinhold Reith, Lederproduktion und Lederhandel im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit, in: Werner Kroker (Hrsg.),Vom Leder zum Chemiewerkstoff, Bochum 2000, S. 9 – 30; Rolf Kießling, Aspekte der Lederbeschaffung und des Lederabsatzes in Oberdeutschland im 15. und 16. Jahrhundert, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 205 – 223. Claus-Peter Clasen, Gerber und Schuhmacher in Augsburgs Vergangenheit 1500 – 1800, Augsburg 2003, S. 278 f. Ebd., S. 279. Kießling, Aspekte der Lederbeschaffung und des Lederabsatzes, S. 219 f. Kießling, Aspekte der Lederbeschaffung und des Lederabsatzes, S. 222. Ebd., S. 223.
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tungsverlust der großen Gewerbestädte im Sinne einer Standortausweitung der Warenproduktion beigetragen hat.²⁶ Der nachlassende „Bergsegen“ bzw. die krisenhafte Entwicklung, die ab Mitte des 16. Jahrhunderts (nicht nur) im Tiroler Revier einsetzte,²⁷ war begleitet von einem Rückgang der Beschäftigung und begrenzte auch die Nachfrage nach gewerblichen Produkten. In Phasen des nachlassenden Bergsegens entwickelten sich in den Bergrevieren meist spezifische Folgegewerbe, die sich ansatzweise meist schon auf der Basis eines saisonal wechselhaften Arbeitskräftebedarfs und verfügbarer Rohstoffe entwickelt hatten, und in der Folge, wenn der Bergbau kaum mehr Beschäftigung bot, größere Bedeutung erlangten. Dazu zählen Tätigkeiten wie das Bandweben, Spitzenklöppeln, die Herstellung von Spielzeug, Pfeifen, Schachteln etc., die über den Wander- bzw. Hausierhandel vertrieben wurden.²⁸ Überblicken wir die Migrationsströme, so können wir festhalten, dass viele Bergreviere – und besonders das Tiroler Bergrevier – bis ins 16. Jahrhundert eine große Anziehungskraft gehabt haben. Seit dem 17. Jahrhundert dürften die Migrationsströme in die umgekehrte Richtung gegangen sein.²⁹ Besonders im alpinen Bereich können wir davon ausgehen, dass zahlreiche Produkte und Dienstleistungen eben nicht an jedem Standort verfügbar waren. Zahlreiche gewerbliche Produkte und Dienstleistungen wurden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ambulant angeboten, d. h., die Produzenten kamen zu den Kunden. In ländlichen Gegenden, in den Mittelgebirgen oder in den Alpen gab es Handwerker, die „auf die Stör“ gingen und meist im Winter bis ins Frühjahr ihre Dienstleistungen auf den Höfen verrichteten: Bis in die 1950er Jahre waren sie ein integraler Bestandteil der
Eckart Schremmer, Standortausweitung der Warenproduktion im langfristigen Wirtschaftswachstum. Zur Stadt-Land-Arbeitsteilung im Gewerbe des 18. Jahrhunderts, in: Vierteljahrschrift für Sozialund Wirtschaftsgeschichte 59, 1972, S. 1– 40. Andreas Bingener / Christoph Bartels / Michael Fessner, Die große Zeit des Silbers. Bergbau von der Mitte des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, in: Christoph Bartels / Rainer Slotta (Hrsg.), Der alteuropäische Bergbau. Von den Anfängen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, Münster 2012, S. 399 ff. Vgl. z. B. am Beispiel des östlichen Erzgebirges Karl-Ewald Fritzsch, Vom Bergmann zum Spielzeugmacher, in: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 1956, S. 179 – 211. In den alpenländischen Spielzeuggebieten wurden die Figuren meist geschnitzt und nicht wie im Erzgebirge gedrechselt. Als Herkunftsgebiete von „Nürnberger Tand“ im Durchzugsgebiet nach Venedig galten z. B. der Ammergau und Berchtesgaden. Karl Ewald Fritzsch / Manfred Bachmann, Deutsches Spielzeug, Hamburg 1965, S. 19 – 26. Auf die Kunstfertigkeit der Handwerker wird z. B. 1520 verwiesen: Die Oberammergauer könnten das Leiden Christi so fein und klein schnitzen, dass es in einer Nussschale Platz habe. Holbach, Frühformen, S. 533 f. Marina Demetz, Hausierhandel, Hausindustrie und Kunstgewerbe im Grödental. Vom 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert, Innsbruck 1987; Gertraud Liesenfeld, Viechtauer Ware. Studien zum Strukturwandel einer Hausindustrie in Oberösterreich, Wien 1987. Karl-Heinz Ludwig / Raffaello Vergani, Mobilität und Migrationen der Bergleute vom 13. bis zum 17. Jahrhundert – Mobilita e migrazioni dei Minatori (XIII–XVII secolo), in: Simonetta Cavaciocchi (Hrsg.), Le migrazioni in Europa, secc. XIII–XVIII, Florenz 1994, S. 593 – 622. Georg Stöger, Die Migration europäischer Bergleute in der Frühen Neuzeit, in: Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau 58/4– 5, 2006, S. 170 – 186.
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Wirtschaft der Bergbauern im ostalpinen Raum, deren Alltag Roland Girtler in „Aschenlauge“ festgehalten hat.³⁰ Ansonsten ist die Stör bisher noch wenig erforscht; eine zusammenfassende Darstellung gibt es nicht. Sie wäre auch deshalb wichtig, weil es sich bei der Stör eben nicht nur um eine spezifische Form der Arbeitsmigration handelt, sondern auch um ein kulturelles Phänomen, das die regionalen und interregionalen Verflechtungen erkennen lässt. Während die Stör auf Dienstleistungen ausgerichtet war, vermittelte der Hausier- bzw. Wanderhandel Produkte. Doch auch hier gab es – wie z. B. bei den Zinngießern – durchaus Überschneidungen, wenn sowohl Produkte als auch Reparaturen angeboten wurden.³¹ Der Hausier- bzw. Wanderhandel soll hier nur als Ausgangspunkt weiterer Überlegungen aufgegriffen werden. Laurence Fontaine und Josef Ehmer haben bezweifelt, dass man allgemeine Motive zur Migration finden könne: Dahinter verberge sich häufig die irrige Annahme, dass die Menschen normalerweise sesshaft und immobil gewesen seien – und die Bereitschaft zur Migration erst geweckt werden müsse.³² Mit dem Hinweis auf „Überbevölkerung“ habe man den Wanderhandel (bzw. auch die Auswanderung) als Reaktion auf demografischen „Überschuss“ und Armut interpretiert. Laurence Fontaine hat darauf hingewiesen, dass die Gebirgsregionen eine geringe Bevölkerungsdichte gehabt hätten.³³ Der Absatz in prosperierenden Regionen sei offenbar lukrativ gewesen, und man habe diese Chancen ergriffen. Es geht also offenbar mehr um Anreize als um Zwänge. Ein gut dokumentiertes Beispiel dafür bieten die Tiroler Bauarbeiter: Tiroler Bauhandwerker wanderten seit dem 16. Jahrhundert, besonders jedoch nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieg 1648 nach Norden und suchten Arbeit auf den Baustellen im deutschsprachigen Mitteleuropa. Zunächst waren es einzelne Bauhandwerker, dann – im Zuge der Rekonstruktion nach dem Dreißigjährigen Krieg – auch große Gruppen, die sich von Westtirol aus, besonders aus dem „Außerfern“, in der Bausaison zur Arbeitsaufnahme auf den Weg machten. Die „Tiroler“ waren wahrscheinlich die bekannteste Gruppe unter den saisonalen Arbeitswanderern im Baugewerbe; doch auch aus dem Oberallgäu, aus Graubünden und Vorarlberg, wie überhaupt aus den Mittelgebirgen (Vogtland, Böhmen etc.) kamen bis ins 20. Jahrhundert Arbeitskräfte zur Bausaison in die Städte und auf die größeren Baustellen; sie
Roland Girtler, Die Stör-Arbeit, in: Ders., Aschenlauge. Bergbauernleben im Wandel, Linz 1988, S. 194– 202. Markus Walz, Region – Profession – Migration. Italienische Zinngießer in Rheinland-Westfalen 1700 – 1900, Osnabrück 2002; Adolf Mais, Die „Katzelmacher“. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte einer handwerksgebundenen Volksgruppe, in: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 87, 1957, S. 37– 52; Karoline Kraut (Bearb.), Bella Forma. Zinn und Edelstahl aus Piemont. Peltro e acciaio del Piemonto, Hagen 1997. Laurence Fontaine, History of Pedlars in Europe, 1994, S. 95; Josef Ehmer, Migration und Bevölkerung. Zur Kritik eines Erklärungsmodells, in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 27, 1998, S. 1– 25, hier: S. 14. Vgl. den Überblick bei Mathieu, Alpen, S. 35 – 41. Vgl. dazu den Beitrag von Alessio Fornasin in diesem Band.
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arbeiteten als Maurer, Steinmetzen, Stukkateure, Steinhauer und Zimmerleute, aber auch als Teichgräber und -reiniger.³⁴ Aus dem Lechtal, dem Stanzertal und dem Paznauntal zogen jährlich Hunderte von Bauhandwerkern nach Norden; sie machten sich im März in großen Gruppen auf den Weg und kehrten im Herbst wieder zurück. An der Saisonwanderung nahmen Lehrjungen im Alter von 14 Jahren ebenso teil wie alte Handwerker von 70 Jahren, so dass in den ärmeren Gegenden und Gemeinden Tirols während der Saison nahezu jeder arbeitsfähige männliche Bewohner unterwegs war.³⁵ Wanderungsziele waren vor allem die katholischen Länder des Reiches, zuerst die nahegelegenen Bistümer. Im 18. Jahrhundert wurden auch weiter entfernte Gebiete (Westfalen, Niedersachsen) berührt; einzelne Gesellen wanderten bis Wien, Prag und Ungarn, und auch die Schweiz, Luxemburg und die Niederlande zogen Tiroler Bauhandwerker an. Die Rückkehr nach dem Ende der Saison war zwar die Regel, doch ein bedeutender Prozentsatz wanderte für immer ab. Ungeachtet der Religionsmandate ließen sich Bauhandwerker auch in protestantischen Regionen (Pfalz, Zweibrücken) nieder. In vielen Territorien bewirkten die Bauvorhaben der geistlichen und weltlichen Fürsten – der Teufelsbauwurm³⁶ – eine Nachfrage nach Arbeitskräften, die nicht aus dem Umland gedeckt werden konnte. Da die Tiroler meist nur eine kleine Landwirtschaft betreiben konnten, übten sie in aller Regel einen Zweitberuf aus, und viele beherrschten die Technik des Mauer- und Gewölbebaues. Dabei hatten sie zunächst meist keine formelle Ausbildung. Mitunter waren auch Mädchen und Frauen – möglicherweise als Handlangerinnen – an der Saisonwanderung beteiligt. Die Nachfrage nach Arbeitskräften aus Tirol war hoch: Zum Bau des Schlosses in Zweibrücken 1720/30 wurde eine große Anzahl renommierter Tiroler Steinmetze ver-
Reinhold Reith, Arbeitsmigration und Gruppenkultur deutscher Handwerksgesellen im 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: Scripta Mercaturae 23, 1989, S. 1– 35; ders., Wanderungsbewegungen zwischen Schwaben und Tirol im 18. Jahrhundert: Tiroler Gesellen in Augsburg, in: Wolfram Baer / Pankraz Fried (Hrsg.), Schwaben – Tirol. Historische Beziehungen zwischen Schwaben und Tirol von der Römerzeit bis zur Gegenwart, Bd. 2, Rosenheim 1989, S. 315 – 321; ders., Tiroler Bauhandwerker in Mitteleuropa vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, in: Klaus J. Bade / Pieter C. Emmer / Leo Lucassen / Jochen Oltmer (Hrsg.), Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Paderborn u. a. 2007, S. 1034– 1036. Maria Pieper-Lippe / Othmar Aschauer, Oberdeutsche Bauhandwerker in Westfalen. Untersuchungen zur gewerblichen Wanderbewegung, besonders vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, unter Einbeziehung des Wanderhandels, in: Westfälische Forschungen 20, 1967, S. 119 – 193; Othmar Aschauer, Das Bauhandwerk im Außerfern. Eine historische Untersuchung, Phil. Diss. (masch.) Universität Innsbruck 1962; Helmut Lahrkamp, Wanderbewegungen im 18. Jahrhundert. Tiroler Maurer, skandinavische Hutmacher, reisende Buchdrucker, böhmische Glashändler und italienische Kaminfeger in Münster, in: Westfälische Forschungen 26, 1974, S. 123 – 132. Markwart Herzog / Rolf Kießling / Bernd Roeck (Hrsg.), Himmel auf Erden oder Teufelsbauwurm? Wirtschaftliche und soziale Grundlagen des süddeutschen Klosterbarock, Konstanz 2002.
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pflichtet.³⁷ Seit 1740 betätigten sich viele Maurer aus dem Tannheimertal als Stukkateure und fanden bis zum Ersten Weltkrieg in ganz Europa Arbeit.³⁸ Auch in Augsburg waren die Tiroler geschätzte Arbeitskräfte, die in größerer Zahl beschäftigt wurden: In den 1790er Jahren gab es hier jeweils in der Saison nahezu hundert Tiroler Maurergesellen. Die einheimischen Gesellen sahen in den Tirolern unliebsame Konkurrenten, zumal die Meister (einige Tiroler hatten es zum Hof-, Stifts- oder Stadtmaurermeister gebracht) sie bevorzugten. Den Augsburger Gesellen wurde bedeutet, dass man die auswärtigen Gesellen, die schon 30 bis 40 Jahre nach Augsburg kämen, darunter die „Tyroller“, nicht als Fremde betrachten könne: Vielmehr sollten auch die Augsburger sich „ebenso fleißig, ebenso ohnverdroßen, ebenso ordentlich verhalten“.³⁹ Die Bereitschaft der Tiroler, alle anfallenden Arbeiten zu übernehmen, ihr Fleiß und ihre besonderen Qualifikationen werden in den Quellen häufig vermerkt: Als die Maurer des Fürstentums Hersfeld 1667 klagten, weil „ausländischen Tirolern“ eine umfangreiche Brückenarbeit in der Fulda übertragen worden war, entgegneten Bürgermeister und Rat, „es sei landtkündig, daß die hiesige Meister derogleichen Arbeit nit wohl verstehen“. Sie sollten mit den Fremden zusammenarbeiten, so dass sie „der Tiroler art“ so „innen werden“. Maurer- und Bauarbeit (wahrscheinlich Gewölbe- oder Putzarbeit) wurde im Hessischen bald als „Tirolerarbeit“ bezeichnet, die auch in den Abrechnungen als solche aufscheint.⁴⁰ In der Westpfalz wurden Tiroler Maurermeister häufig mit der „Beaugenscheinung“ (Abnahme) von Neubauten beauftragt.⁴¹ Im Zuge der Saisonwanderung intensivierte sich in den Heimatgemeinden einerseits die Geldwirtschaft durch die zurückkehrenden Handwerker, andererseits ließen sich auch Handwerker in der Fremde nieder. Dabei bevorzugten die Tiroler die Ansiedlung in den Dörfern in der Nähe der Residenzen und der Amtsorte, um nebenbei ihre kleinen Landwirtschaften betreiben zu können. Arno Borst hat in seinem richtungsweisenden Beitrag zur alpinen Mentalität auf einige Vorurteile hinsichtlich des „Zwang(s) der Gerbirgsnatur“ aufmerksam gemacht.⁴² Pierre Gabert und Paul Guichonnet haben die „Originalität alpinen Lebens“ noch 1960 folgendermaßen resümiert: „Mit der Natur verhandeln […], sich ihr anpassen bis zur äussersten Grenze, um den Preis altväterischer Gewohnheit, vergeudeter Arbeit und großer Genügsamkeit. Das war die alte Lösung einer Wirtschaft aus Ernst Drumm, Die Einwanderung Tiroler Bauhandwerker in das linke Rheingebiet 1660 – 1730, Zweibrücken 1950. Anton Anranter, Die Bau- und Stukkateurkunst im Tannheimertal, in: Tiroler Heimatblätter 12, 1935, S. 428 – 433. Reinhold Reith, Arbeits- und Lebensweise im städtischen Handwerk. Zur Sozialgeschichte Augsburger Handwerksgesellen im 18. Jahrhundert (1700 – 1806), Göttingen 1988, S. 229. Alfred Höck, Tiroler Bauhandwerker in Hessen nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Hessische Blätter für Volks- und Kulturraumforschung, 23; 1988, S. 12– 28. Drumm, Einwanderung, passim. Arno Borst, Alpine Mentalität und europäischer Horizont im Mittelalter, in: Zeitschrift für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 92, 1974, S. 1– 46.
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Erbitterung und Notwendigkeit, die von Anfang an durch Isolierung und Überbevölkerung vorgeschrieben war.“⁴³ Zur „Überbevölkerung“ und zum „Milieu alpiner Abgeschiedenheit“ liegen neuere Forschungsergebnisse aus der historischen Demographie und der historischen Migrationsforschung vor, die zur Vorsicht mahnen.Von einer generellen Abgeschiedenheit wird man kaum ausgehen können. Andererseits sind auch die „Ursprünglichkeit“ und „Rückständigkeit“ hervorgehoben worden – und stehen zur Diskussion. Auch hier mahnen durchaus prominente Fehleinschätzungen zur Vorsicht. Die Bedeutung der Wasserkraft im vorindustriellen Gewerbe steht außer Frage.⁴⁴ Bis in die Hochindustrialisierung hinein nutzten zahlreiche Gewerbe die Wasserkraft anhand von Mühlen, von der Müllerei bis zu den Metallgewerben zum Hämmern, Schmieden und Schleifen. In den Alpentälern und im Alpenvorland wurde dazu meist die Vertikalwassermühle mit oberschlächtigem Wasserrad genutzt,⁴⁵ so z. B. in der Werkzeugindustrie im Stubaital (Huf-, Sensen- und Messerschmiede) und in den Hammer-, Sensen- und Nagelschmieden im alten Bergwerksgebiet, die seit dem späten 17. Jahrhundert eine starke Exportproduktion entfalteten,⁴⁶ oder im Umland von Brescia, einem Zentrum der Waffenproduktion, wo die Klingen in den Tälern an den Wasserläufen der Umgebung hergestellt wurden, in Nave und Caino sowie in Lumezzane, Gardone oder Inzino.⁴⁷ Marc Bloch hatte 1935 in seinem Aufsatz „Avènement et Conquête du Moulin à Eau“ die Bedeutung der Wasserkraft und der (vertikalen) Mühle unterstrichen. Im (vor‐)alpinen Bereich nutzte man jedoch auch das Gefälle kleiner und mittlerer Bäche durch die einfachere Horizontal- oder Turbinenmühle, auch Löffelrad, Stockmühle, Flodermühle, Bauernmühle oder Gerbirgsmühle genannt.⁴⁸ Sie war wesentlich kleiner dimensioniert und einfach zu bauen, da sie kein Getriebe benötigte; sie galt zwar als mechanisch ineffizient aber effektiv. Bloch fragte in seinem 1977 in deutscher Übersetzung wieder abgedruckten Aufsatz, „ob sich hierin nicht ganz einfach ein technischer Rückschritt ausdrückt, wie er bei Bevölkerungen auftritt, die an recht grobe
Pierre Gabert / Paul Guichonnet, Les Alpes et les états alpins; Paris 1965; S. 59 f., hier zit. nach Borst, Alpine Mentalität, S. 2 f. Günter Bayerl, Wind- und Wasserkraft. Die Nutzung regenerierbarer Energiequellen in der Geschichte, Düsseldorf 1989. Ders., Technik in Mittelalter und Früher Neuzeit, Stuttgart 2013, S. 130 f. Erich Egg / Wolfgang Pfaundler / Meinrad Pizzinini, Von allerley Werkleuten und Gewerben. Eine Bildgeschichte der Tiroler Wirtschaft, Innsbruck / Wien / München 1976, S. 72 f. Carlo Marco Belfanti, A Chain of Skills: the Production Cycle of Firearms Manufacture in the Brescia Area from the Sixteenth to the Eighteenth Centuries, in: Alberto Guenzi / Paola Massa / Fausto Piola Caselli, Guilds, Markets and Work Regulations in Italy, 16th–19th Centuries, Aldershot 1998, S. 266 – 283; Holbach, Frühformen, S. 274. Ralf Kreiner, Die vorindustrielle Turbinenmühle: Eine angepaßte und ressourcenschonende Technik, in: Reinhold Reith / Dorothea Schmidt (Hrsg.), Kleine Betriebe – angepaßte Technologie? Hoffnungen, Erfahrungen und Ernüchterungen aus sozial- und technikhistorischer Sicht, Münster 2002, S. 17– 40.
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Lebensformen gewöhnt waren.“⁴⁹ Technikhistoriker wie Hermann Gleisberg nahmen diese Einschätzung auf und sahen die „primitive Technik“ der Horizontalmühle als typisch für abgelegene Gebirgsregionen bzw. in „Kulturrückzugsgebieten verbreitet.⁵⁰ Dieter Hägermann sowie auch Karl-Heinz Ludwig betonten dagegen, „daß solche Mühlen mehr als nur eine temporäre, gar regressive Erscheinung und ein primitiver Vorläufer der ‚eigentlichen‘ Wassermühle gewesen sind.“ Bis in die neueste Zeit seien sie eine ernst zu nehmende Alternative gewesen: „Dieser Mühlentyp war weiter verbreitet und leistungsfähiger, als man bislang angenommen hat.“⁵¹ Was als „primitive Technik“ erschien, lässt sich in sozial- und technikhistorischer Hinsicht auch als dezentrale, „angepasste“ Technologie interpretieren. Man wird daher den Verweis von Jon Mathieu auf die starke Kontextabhängigkeit der Technologie ernst nehmen müssen.⁵² Kommen wir abschließend zur Einschätzung, ob wir von einem Wirtschaften ausgehen können, das durch „große Genügsamkeit“ gekennzeichnet war? Über „Genügsamkeit“ bzw. „Auskömmlichkeit“ ist in der Gewerbegeschichte lange diskutiert worden. Die Vorstellung der „Idee der Nahrung“, die der vorkapitalistischen Wirtschaft ihr Gepräge verliehen habe, geht auf die Historische Schule der Nationalökonomie zurück. Besonders Werner Sombart hat in seinem „Modernen Kapitalismus“ postuliert, dass „die Idee der Nahrung“ auch die gewerbliche Produktion beherrscht habe.⁵³ Er ging von einer natürlichen Faulheit, Trägheit und Indolenz der großen Masse aus, so daß man nicht weiter arbeite, wenn man genug habe. Diese „natürliche“ vorkapitalistische Gesinnung halte sich auch dann noch, wenn der Wille zum Kapitalismus längst eine Oberschicht beseelt habe.Wenn der „natürliche Mensch im Lohnverhältnis einen bestimmten Betrag erreicht habe, um in gewohnter Weise leben zu können, so denke er nicht daran, weiter zu arbeiten, sondern er höre einfach zu arbeiten auf. Vertreter der Historischen Schule der Nationalökonomie stimmten darin überein, dass die kleinen gewerblichen Produzenten Leistungsanreizen unzugänglich gewesen seien. Luijo Brentano sprach von der „Herrschaft der Bedürfnislosigkeit“, Gustav Schmoller nannte es „fehlender Erwerbstrieb“, und Werner Sombart verstand es als
Marc Bloch, Antritt und Siegeszug der Wassermühle, in: Marc Bloch / Fernand Braudel / Lucien Febvre u. a., Schrift und Materie in der Geschichte. Vorschläge zur Aneignung historischer Prozesse, hrsg. v. Claudia Honegger, Frankfurt/M. 1977, S. 171– 197, hier: S. 177. Hermann Gleisberg, Technikgeschichte der Getreidemühle, München 1956, S. 32. Dieter Hägermann, Technik im frühen Mittelalter, in: Propyläen Technikgeschichte, Bd. 1: Landbau und Handwerk 750 v.Chr. bis 1000 n.Chr., Berlin 1991, S. 317– 505, hier: S. 351 f. Mathieu, Alpen, S. 70. Vgl. zur Historischen Schule allgemein: Friedrich Lenger (Hrsg.), Handwerk, Hausindustrie und die historische Schule der Nationalökonomie. Wissenschafts- und gewerbegeschichtliche Perspektiven, Bielefeld 1998. Überblick bei Reinhold Reith, Abschied vom „Prinzip der Nahrung“? Wissenschaftshistorische Reflexionen zur Anthropologie des Marktes, in: Robert Brandt / Thomas Buchner (Hrsg.), Nahrung, Markt und Gemeinnutz. Werner Sombart und das vorindustrielle Handwerk, Bielefeld 2004, S. 37– 66.
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„Nahrungsprinzip“.⁵⁴ Die Diskussion soll hier nicht im Einzelnen nachvollzogen werden,⁵⁵ doch der Hinweis ist wichtig, dass die Theoriefragmente des „Nahrungsprinzips“ z. B. im Forschungskonzept „Proto-Industrialisierung“ wieder aufgenommen worden sind: Die ländliche Hausindustrie und das städtisch-zünftische Gewerbe seien durch die „labour-consumer-balance“ reguliert worden. Die Familie arbeite nur so lange bis der Unterhalt gesichert sei, dann gebe sie dem Hang zur Muße nach.⁵⁶ Diese „Mußepräferenz“ wird schließlich auch in der ökonomischen Anthropologie als bekannte Tatsache gehandelt und geradezu als Kennzeichen der „embedded economies“ bzw. von Subsistenzökonomien gesehen.⁵⁷ Den Haushalt leite also nicht das Streben nach Gewinn, sondern nach „Auskömmlichkeit“. Neuere Forschungen haben eher die Anreize als die Zwänge betont: So hat z. B. Ulrich Pfister mit einer „nutzenmaximierenden Konzeption“ der protoindustriellen Familienökonomie, die von einer Verbindung verschiedener Tätigkeiten in der Familienwirtschaft ausgeht, eine Kritik am Medickschen Ansatz vorgelegt.⁵⁸ Vielfach haben die älteren Positionen keinen Ansatzpunkt zu einer historischen Analyse der Beziehung zwischen Lohn und Leistung gegeben. Die Verbreitung des Leistungslohnes, den die Historische Schule der Nationalökonomie erst als Errungenschaft der Moderne vermutete, lässt sich in einer langen historischen Linie nachvollziehen: In der Frühen Neuzeit wurde jedenfalls kaum ein Lohn ohne Bezug zur Arbeitsleistung bezahlt.⁵⁹ Es scheint daher sinnvoll, sich von der dichotomischen Betrachtung zu verabschieden und auch hier stärker den Kontext in den Blick zu nehmen. Ob „Selbstgenügsamkeit“, „Auskömmlichkeit“ oder „Nahrung“ geeignete Kategorien einer gewerbegeschichtlichen Annäherung im alpinen Raum bilden, steht jedenfalls zur Diskussion.Voraussetzen sollten wir sie jedenfalls nicht, denn ansonsten bestünde die Gefahr, die aktiven Kräfte neben Verlegern und Unternehmern zu übersehen.
Reith, Lohn und Leistung, S. 38 – 46. Vgl. den kurzen Überblick bei ders., Abschied, S. 45 – 56. Peter Kriedte / Hans Medick / Jürgen Schlumbohm, Industrialisierung vor der Industrialisierung. Gewerbliche Warenproduktion auf dem Land in der Formationsperiode des Kapitalismus, Göttingen 1977. Dieter Groh, Strategien, Zeit und Ressourcen. Risikominimierung, Unterproduktivität und Mußepräferenz – die zentralen Kategorien von Subsistenzökonomien, in: Ders., Anthropologische Dimensionen der Geschichte, Frankfurt/Main 1992, S. 54– 113. Ulrich Pfister, Die Zürcher Fabriques. Protoindustrielles Wachstum vom 16. zum 18. Jahrhundert, Zürich 1992, S. 264– 280. Reith, Lohn und Leistung, S. 386 – 399.
Luigi Lorenzetti
Migrazioni di mestiere e economie dell’emigrazione nelle Alpi italiane (XVI–XVIII secc.) Abstract: The article examines the numerous economic implications relating to the labour migrations that occurred in the Italian Alps during the modern age. In particular, it tries to reconstruct the economic and financial relations linking the communities of the valleys to the cities and the alpine migrants’ ports of call. The various witness accounts and historical analyses show that, far from being a mere bundle of one-way flows, these relations reflected in their complexity the interdependence of the economic systems proper to the two contexts. The migratory movements from the Italian Alps were neither a rent economy based on the remittance of its migrants, nor the simple expression of individual preferences. The choice of a labour market often reflects political influences and control over economic areas subject to corporatist and monopolist systems. Likewise, the monetary flows can move towards domains and sectors more intent on defending advantageous positions by managing transaction costs than on optimizing the distribution of resources. The economics of migration seems therefore to be grounded in a model designed to assure and promote access to working spaces “wedged” in political systems as well as social and personal networks, linking the valleys to the working centres of the flat land.
Introduzione Gio. Matteo Paravicini è un notaio attivo a Poschiavo (Grigioni) sul finire del XVI secolo. Tra le centinaia di atti e di contratti che roga durante la sua carriera, molti riguardano gli affari dei migranti poschiavini dimoranti all’estero. Da uno di essi risulta che Pierino di Bernardo fu Pedrotto di Fomasio tessitore promette a ser Giovanni fu ser Antonio di Zanino de Matossio quale messo di ser Antonio di Fanchino di Bono d’Anna assente, di pagare alla festa di S. Martino dell’anno 1590 la somma di lire 50 imperiali da consegnarsi a Poschiavo col fitto di una quarta di bono fieno consegnato annualmente sul monte di Somdoss nella masone del detto Pierino; quale somma è tenuto a sborsare al creditore a causa dei soldi che egli
Prof. Dr. Luigi Lorenzetti, Università della Svizzera italiana – Accademia di architettura, Laboratorio di Storia delle Alpi, Villa Argentina, largo Bernasconi 2, CH–6850 Mendrisio, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-010
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stesso ha ricevuto nella città di Ferrara come le parti confermano in presenza del notaio. [Poschiavo, 17.7.1587]¹
Alcuni mesi dopo, lo stesso notaio roga un altro atto in cui si precisache Zanotto fu Tonio di Meo de Cavazino che a nome del fratello Romerio accusano ricevuta da parte di ser Bernardo fu ser Vincenzo de Zanolo quale procuratore di Pedrotto fu Zanotto di Leone del Gallo di Poschiavo ma abitante a Brescia di lire 100 di capitale e di lire 13 di fitto per il bestiame a questi fornito. La somma ricevuta viene ceduta per estinguere il debito verso ser Bernardo fu ser Antonio de Menginis. [Poschiavo, 11.12.1587]²
E la primavera successiva, in un altro rogito viene sancito che Mastro Giacomo fu Tognino di Fedrigotto della Costa di Poschiavo abitante a Ferrara dichiara di essere stato tacitato e soddisfatto da suo fratello Giovanni in merito a quanto è stato amministrato in comune nel tempo passato, sia per quanto riguarda i fondi prativi e campivi che erano stati venduti o ipotecati da Giacomo a diverse persone ed in seguito riacquistati o riscattati da Giovanni, sia per tutti gli altri affari loro in comune e di tutto quello che Giacomo potrebbe pretendere nei confronti del fratello Giovanni per qualunque motivo. [Poschiavo, 7.5. 1588]³
Questi stralci di vita mostrano in chiaro-scuro le innumerevoli sfaccettature della migrazione in uso in una comunità alpina dell’epoca moderna e le sue molteplici implicazioni sulla sua vita economica e sociale. La sovrapposizione dei circuiti migratori e degli scambi commerciali, i rapporti economici e finanziari tra luoghi di partenza e luoghi di destinazione, gli effetti sulle relazioni familiari, sono solo alcuni dei numerosi aspetti che traspaiono da queste testimonianze e che lasciano intravedere la complessità di un fenomeno che, attraverso traiettorie individuali e familiari, modella identità e costruzioni sociali ed economiche collettive. Non è d’altronde un caso se è proprio attorno al tema delle mobilità e delle migrazioni che, a partire dagli anni ‘80 del secolo scorso, si è sviluppato l’ampio rinnovamento storiografico riguardante le società e le economie alpine.⁴ Ed è attorno alle migrazioni che sono emersi alcuni nodi riguardanti i diversi modelli di sviluppo regionale presenti all’interno delle Alpi. Le analisi sulle mobilità del lavoro e le migrazioni di mestiere hanno infatti portato a considerare criticamente la teoria dei vantaggi comparati su cui poggia la lettura neoclassica della differenziazione spa-
Cfr. Arno Lanfranchi, Testimonianze precoci di emigrazione poschiavina, in: Bollettino della Società Storica Val Poschiavo, a. 10, 2006, maggio, p. 3 – 11, qui p. 4. Ibid., p. 7. Ibid., p. 6. Cfr. in particolare Pier Paolo Viazzo, Comunità alpine. Ambiente, popolazione, struttura sociale nelle Alpi dal XVI secolo a oggi, Bologna 1990 (ed. originale, Cambridge 1989).
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ziale delle attività economiche.⁵ In primo luogo è stato osservato che grazie alle migrazioni di mestiere, è stato possibile diminuire l’intensità del lavoro nel primario e, nel contempo, sostenere elevati livelli di crescita e di densità demografica che in taluni casi giungono a superare quelli delle pianure. In secondo luogo, da diverse indagini risulta che le rimesse dei migranti abbiano garantito alle comunità alpine cospicue disponibilità finanziarie⁶ che hanno attenuato le differenze tra città e montagne, senza peraltro innescare in queste ultime forme diffuse di sviluppo industriale. Infine, si è constatato che il perdurare nel tempo di aree di emigrazione specializzata sia il riflesso di economie di scala e del “controllo” dei costi di transazione ottenuti dai migranti attraverso le competenze tecnico-professionali e la conoscenza approfondita dei mercati lavorativi e della domanda. Da ciò l’esistenza di path dependencies in grado di autoalimentare i flussi anche quando la loro redditività non è ottimale.⁷ In breve, questi elementi suggeriscono in modo assai manifesto il ruolo delle mobilità e delle emigrazioni alpine sulla strutturazione degli spazi economici entro cui si svolgono e la loro doppia valenza quali canali di integrazione economica e strumenti attraverso cui i centri del potere strutturano i loro ambiti territoriali. Le pagine che seguono non intendono ricostruire questo ampio dibattito storiografico e i molteplici risvolti sociali e culturali che ne fanno da corollario. Attraverso l’ormai copiosa produzione storiografica è tuttavia possibile completarne alcuni aspetti, in particolare quelli riguardanti le relazioni economiche e i circuiti dello scambio che collegano le comunità di valle – da cui prendono avvio le migrazioni di mestiere – alle città che, assieme alle pianure, rappresentano i principali approdi per i loro protagonisti (artigiani, maestranze, mercanti, imprenditori, uomini di fatica, ecc.). Ciò consentirà di mostrare che tali relazioni non si riducono a un fascio di flussi “unidirezionali” (gli uomini che dalle Alpi si dirigono verso le città; i risparmi e le liquidità che dalle città risalgono verso le Alpi) ma si articolano in forme più complesse che riflettono la stretta interdipendenza tra i sistemi economici espressi dai due contesti.
Migrazioni alpine e economie urbane Nelle pagine che aprono la sua celebre opera sul Mediterraneo all’epoca di Filippo II, F. Braudel fa ampio cenno alle schiere di individui “rudi, goffi, ottusi, avari”, che
Ulrich Pfister, La Lombardia, la mesoregione alpina e le economie regionali, in: Luca Mocarelli (a cura di), Tra identità e integrazione. La Lombardia nella macroregione alpina dello sviluppo economico europeo (secoli XVII–XX), Milano 2002, p. 13 – 25, qui p. 21. Cfr. la felice espressione di R. Merzario che designa le montagne alpine come “i forzieri delle pianure e delle città”. Cfr. Luigi Lorenzetti / Raul Merzario, Il fuoco acceso. Famiglia, terra e economia della migrazione nelle Alpi italiane, 1700 – 1850, Roma 2005, p. X. Pfister, La Lombardia, p. 23.
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dalle montagne si riversavano ininterrottamente nelle città del mondo mediterraneo⁸; migranti spinti dalla “fame montanara” che E. Le Roy Ladurie riconduce al miglior tenore di vita delle pianure rispetto alle montagne.⁹ Queste immagini – in ampia misura riflessi di una visione stereotipata delle società di montagna – erano invero già state messe in questione da Lucien Febvre per il quale era opportuno riconsiderare la presunta arretratezza degli abitanti della montagna rispetto a quelli di pianura e se essi fossero veramente “attaccati al suolo, privi d’orizzonti e consuetudinari questi emigranti senza posa dispersi sulle grandi strade del mondo[?]”. È, aggiunge Febrvre, se spinti dalla misera, questa non potrebbe essere solo “il prestanome dell’ambiente montano?”¹⁰ Le critiche di Febvre riemergono nel corso degli anni ‘80 del secolo scorso proprio sulla scia delle nuove analisi sulla natura e le forme delle migrazioni alpine. Oltre a denunciare il perdurare di cliché formulati e perpetuati dalla cultura urbana nei riguardi della montagna e dei montanari e a evidenziare i malintesi fomentati dallo stesso Braudel¹¹, esse mettono in causa una visione schematica e semplificatrice delle migrazioni che amalgama i movimenti temporanei o periodici a quelli definitivi e che li appiattisce su una temporalità che non lascia spazio alle fluttuazioni congiunturali o ai mutamenti degli assetti politici e economici regionali e internazionali.¹² Ma se la lettura della montagna fatta da Braudel (e da Le Roy Ladurie) appare oggi poco condivisibile, la valutazione complessiva che egli dà al fenomeno migratorio dalle montagne verso le pianure e le città merita senz’altro attenzione. Per Braudel infatti, “non c’è invero, regione mediterranea nella quale non pullulino questi montanari indispensabili alla vita delle città e delle pianure.”¹³ In altre parole, se da una parte Braudel resta prigioniero di uno sguardo intriso di etnicismo verso i montanari che giungono nelle città, egli è lungi dal misconoscerne il ruolo e l’apporto a favore delle economie urbane e delle pianure, e – possiamo aggiungere – non solo per quelle del mondo mediterraneo. L’osservazione, per certi versi scontata, Fernand Braudel, Civiltà e imperi del Mediterraneo nell’età di Filippo II, Torino 1986 (ed. or., Paris 1949), p. 31. Emmanuel Le Roy Ladurie, I contadini di Linguadoca, Bari 1970 (ed. or. 1966), p. 97. Cfr. Lucien Fèbvre, La terra e l’evoluzione umana. Introduzione geografica alla storia, Torino 1980 (ed. or. 1922), p. 233. Le osservazioni di Braudel sulle migrazioni montanare riguardano infatti le montagne pirenaiche, ma, in modo poco coerente, egli estende le sue considerazioni anche alle montagne alpine attraverso svariate esemplificazioni riguardanti le valli delle Alpi italiane. Cfr. Dionigi Albera / Paola Corti, Movimenti migratori nell’arco alpino e nella montagna mediterranea. Questioni e prospettive per un’analisi comparata, in: Iidem (a cura di), La montagna mediterranea: una fabbrica di uomini? Mobilità e migrazioni in una prospettiva comparata (secoli XV–XX), Cavalermaggiore 2000, p. 7– 27, qui p. 9. Cfr. Pier Paolo Viazzo, Le mobilità nelle frontiere alpine, in: Paola Corti / Matteo Sanfilippo (a cura di), Storia d’Italia. Annali 24. Migrazioni, Torino 2009, p. 91– 105, qui p. 91 f. Braudel, Civiltà e imperi, p. 30. Il corsivo è mio. Allargando lo sguardo oltre il mondo mediterraneo, Braudel conferma tale proposito anche nel successivo, Civilisation matérielle, Économie et Capitalisme XVe–XVIIIe siècles, Tome I. Les structures du quotidien, Paris 1979, p. 431 f.
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merita di essere approfondita nella molteplicità delle sue implicazioni, da quelli demografici a quelli più strettamente economici. Difatti, se molti aspetti concernenti le tipologie migratorie e il loro funzionamento rispetto agli ambiti sociali di partenza e di arrivo sono ormai ben noti, diversi interrogativi rimangono aperti a riguardo dei fattori che influenzano gli intrecci dei flussi (di manodopera, capitali e merci) che collegano le Alpi alle città e alle pianure.
Migrazioni alpine e demografia urbana Le analisi storiche offrono un quadro assai completo del panorama delle migrazioni di mestiere dalle Alpi italiane, con le loro molteplici forme, cadenze e destinazioni. Ciò nonostante, nessuna cifra è ipotizzabile circa i loro volumi che variano a seconda dei periodi e delle congiunture politiche e economiche. In riferimento all’area alpina e prealpina lombarda, Domenico Sella stima che verso la metà del XVII secolo circa un terzo della popolazione maschile in età adulta sia interessata dal fenomeno migratorio.¹⁴ Più recentemente, Jan Lucassen ipotizza che nel XVIII secolo la pianura padana – attorno a cui gravita una parte rilevante delle mobilità riguardanti la parte centrale delle Alpi italiane – attiri annualmente circa 50.000 lavoratori stagionali di entrambi i sessi.¹⁵ Oltre che verso le grandi proprietà e le risaie della pianura, queste mobilità, di tipo temporaneo, si orientano verso i mercati lavorativi cittadini – da Torino a Milano, da Bologna a Venezia¹⁶ – dove si concentrano i grandi cantieri dei lavori pubblici e le innumerevoli opportunità dei servizi e dei mestieri dell’artigianato. Alla cifra proposta da Lucassen (riferita, ricordiamolo, al sistema delle mobilità stagionali dell’area padana) vanno poi aggiunte le migliaia di migranti che oltrepassano l’area padana: coloro che gravitano sulle città della parte orientale delle Alpi italiane (ad iniziare da Venezia), coloro che si orientano verso la parte centromeridionale della penisola, e infine coloro per cui le mete e i mercati lavorativi si situano a nord delle Alpi: in Germania, Francia, Austria, e nelle città dell’Europa centro-orientale (compresa la Russia). Sulla scorta delle percentuali di assenti rilevate in diverse aree dello spazio alpino italiano nel corso del XVIII secolo – situabili tra il 4 % e il 8 % della popolazione residente – si potrebbe azzardare un numero di 30/60.000 individui che ogni anno risultano assenti dalle loro comunità, ma si tratta verosimilmente di una stima per difetto in quanto a questi vanno aggiunti gli emigranti che hanno lasciato da molti anni le loro terre e che generalmente non vengono più inclusi nei conteggi civili o religiosi locali.
Domenico Sella, Au dossier des migrations montagnardes: l’exemple de la Lombardie au XVIIe siècle, in: Histoire économique du monde méditerranéen 1450 – 1650. Mélanges en l’honneur de Fernand Braudel, Toulouse 1973, vol. I, p. 547– 554, qui p. 550. Jan Lucassen, Migrant labour in Europe 1600 – 1900, London et al. 1987, p. 110. Klaus J. Bade, L’Europa in movimento. Le migrazioni dal Settecento a oggi, Roma / Bari 2000 (ed. or. 2000), p. 27.
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A lungo si è ravvisato nelle presenze nelle città europee, di numerosi immigrati provenienti dalle aree alpine la prova del ruolo delle montagne quali “fabbriche di uomini ad uso altrui”. Le analisi storiche hanno altresì più volte dimostrato come i flussi di immigrazione siano determinanti per assicurare il rinnovamento delle popolazioni urbane di antico regime, sovente soggette a una sovramortalità endemica e a ricorrenti crisi epidemiche, e come, dopo gravi crisi di mortalità, le autorità urbane favoriscono la concessione della cittadinanza per colmare i vuoti demografici venutisi a creare.¹⁷ Compensando i frequenti saldi naturali negativi o alimentando il mercato matrimoniale urbano, i flussi dalle zone rurali assicurano i meccanismi di compensazione demografica a favore delle città. Così, già alla fine del XV secolo, il cronista e storico Bernardino Corio osserva che “la città di Milano […] si può dire essere stata il capo di tutte le genti per la grassezza dei campi e la propinquità delle Alpi, dalle quali esendone grandissimo numero d’huomini ancor ch’ella habbia patito gravi roine, di continuo s’è ristorata”.¹⁸ Sebbene non suffragata da dati numerici, la testimonianza avvalora l’ipotesi circa il ruolo delle migrazioni per la vita della capitale lombarda; una situazione che sembra ripetersi anche durante il secolo seguente quando i vuoti demografici provocati dalle epidemie che colpiscono ripetutamente i centri urbani dell’Italia settentrionale favoriscono l’afflusso di individui provenienti dagli spazi rurali regionali¹⁹; e poiché una parte del bacino di reclutamento della manodopera urbana si estende anche alle valli alpine, è probabile che queste ultime svolgano un ruolo significativo nel recupero demografico delle città dopo le crisi epidemiche cinquecentesche. L’apporto delle popolazioni alpine alla demografia cittadina trova un’ulteriore dimostrazione nel caso della città di Trento. Negli anni in cui ospita il Concilio, la città conosce un forte flusso di persone attratte dalle prospettive economiche e commerciali derivanti dalla presenza di centinaia di prelati, ma anche di individui senza risorse allettati dalla speranza di assicurarsi le elemosine e le elargizioni del Cfr. ad esempio il caso di Venezia dove, dopo la peste del 1630 – 1631, il doge Alvise Zorzi stabilisce che “li stranieri e forestieri, che si disponessero venir ad abitare ne’ luoghi di questo Serenissimo Dominio, saranno ben veduti ed oltre gli altri comodi, che godono i sudditi di Sua Serenità, averanno per dieci anni continui esenzione reale e personale di qualsiasi sorte”. Cit. da Leonida Tedoldi, Tra immigrazione e integrazione sociale. La cittadinanza “creata” a Brescia in età veneta (secoli XVI–XVIII), in: Società e Storia 93, 2001, p. 439 – 462, qui p. 451. Cfr. anche Giorgio Fedalto, Stranieri a Venezia e a Padova 1550 – 1700, in: Girolamo Arnaldi / Manlio Pastore Stocchi (a cura di), Storia della cultura veneta, 4 II, Il Seicento, Vicenza 1983, p. 251– 279, qui p. 253 f. Bernardino Corio, Historia di Milano, Venezia 1554, p. 1v; citato da: Vittorio Beonio Brocchieri, Le montagne dello Stato di Milano: specializzazioni economiche e forme di integrazione spaziale (1550 – 1650), in: Pfister (a cura di), Regional development, p. 111– 137, qui p. 112. Guido Alfani, Il Grand Tour dei Cavalieri dell’Apocalisse. L’Italia del “lungo Cinquecento” (1494– 1628), Venezia 2010, p. 173. La tendenza presenta tuttavia delle eccezioni. A Mantova, ad esempio, negli anni immediatamente successivi la peste del 1629 – 1630 il flusso di migranti trentini subisce un forte calo. Il vuoto demografico creato dall’epidemia non si traduce quindi in un incentivo all’immigrazione verso la città. Cfr. Marco Belfanti, Mestieri e forestieri. Economia urbana ed immigrazione a Mantova tra Sei e Settecento, Brescia 1990.
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clero e degli abitanti della città. Sulla base di un documento risalente alla metà del XVI secolo si può stimare che su una popolazione di circa 8/10.000 abitanti, circa la metà è costituita da immigrati più o meno recenti di cui una parte consistente provenienti dalle valli alpine prossime e dal Tirolo.²⁰ Anche gli esempi di Torino²¹ e di Mantova²² suggeriscono la rilevanza degli apporti migratori delle valli alpine piemontesi e, rispettivamente, trentine; apporti perlopiù di natura temporanea ma che offrono un significativo contributo alla vita urbana. Secondo vari storici, non bisognerebbe sopravalutare l’apporto demografico delle Alpi alle città e alle pianure. In epoca moderna il bacino di reclutamento della popolazione delle città è relativamente ridotto e raramente supera i 50 km, per cui è raro che le migrazioni alpine abbiano un effetto significativo sull’andamento demografico delle città da esse toccate.²³ Va però altresì osservato che sul versante meridionale dell’area alpina tale ruolo è probabilmente attenuato dall’elevata densità urbana. Nel XVIII secolo, si contano non meno di una quindicina di città di più di 10.000 abitanti poste a meno di 100 km dai contrafforti alpini. I flussi di migranti provenienti dalle montagne sono quindi “diluiti” tra i vari centri, confondendosi con i movimenti migratori delle aree rurali di pianura e smorzandone così gli effetti demografici.
I mercati lavorativi urbani e del piano, tra assetti geopolitici e privilegi Lungi dall’essere dei movimenti spontanei, quasi fisiologici e che rispondono a puri meccanismi di autoregolazione demografica o economica, le mobilità alpine che investono le città e le pianure si inquadrano all’interno di sistemi economici macroregionali e in assetti geopolitici che ne condizionano le direttrici. Così, l’annessione del bergamasco alla Repubblica veneta nel 1428 comporta l’attribuzione a questi nuovi sudditi del titolo di cittadinanza “de intus” già riconosciuto ai sudditi delle altre provincie dello Stato veneto. Tale attribuzione consente
Serena Luzzi, Tedeschi a Trento in età moderna, in: Marco Bellabarba / Giuseppe Olmi (a cura di), Storia del Trentino, IV: L’età moderna, Bologna 2002, p. 397– 420, qui p. 400. Cfr. Giovanni Levi, Mobilità della popolazione e immigrazione a Torino nella prima metà del Settecento, in: Quaderni Storici 6/2, 1971, p. 510 – 554. A metà del XVII secolo, i trentini della Valle Rendena rappresentano il secondo gruppo per importanza tra gli immigrati presenti a Mantova. Cfr. Marco Belfanti, Immigrazione e mestieri: i Trentini a Mantova (secoli XVII e XVIII), in: Bollettino di demografia storica 12, 1990, p. 103 – 115. Cfr. Jon Mathieu, Storia delle Alpi 1500 – 1900. Ambiente, sviluppo e società, Bellinzona/Casagrande 2000, p. 134 f. Nella stessa prospettiva, cfr. Jean-Pierre Poussou, De l’intérêt de l’étude historique des mouvements migratoires européens du milieu du Moyen Age à la fin du XIXe siècle, in: Simonetta Cavaciocchi (a cura di), Le migrazioni in Europa, secc. XIII–XVIII, Firenze 1994, p. 21– 43, qui p. 42.
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ai bergamaschi di essere equiparati ai nativi della Serenissima sia nelle attività commerciali cittadine sia nella possibilità di accedere alle varie Arti; privilegi che contribuiscono ad accrescere i flussi di manodopera bergamasca verso la città dei Dogi dove, nel corso del tempo, questa presenza si consolida.²⁴ Anche i trattati di alleanza che a partire dal XVII secolo legano le Tre Leghe alla Serenissima favoriscono lo sviluppo di una folta “colonia” di grigionesi nella città lagunare. A dire il vero, l’emigrazione grigionese a Venezia affonda le sue origini nel sistema di scambi economici sviluppatisi a partire dall’inizio del XVI secolo a seguito della conquista da parte grigione della Valtellina e della Valchiavenna. Queste ultime diventano presto il passaggio naturale attraverso cui transitano le merci (soprattutto bestiame e formaggi) alla volta dei territori soggetti alla Serenissima. Questo spazio economico trova però un ulteriore consolidamento grazie a una serie di accordi politico-militari tra il governo delle Tre Leghe e Venezia. Tra questi un trattato di alleanza sottoscritto nel 1603 grazie al quale i sudditi delle Tre Leghe ottengono da Venezia il privilegio di poter praticare il commercio ed esercitare una professione nonostante la loro confessione riformata. Verso la metà del XVIII secolo, quando i flussi verso Venezia raggiungono il loro apice, secondo il cronista retico Nicolaus Sererhard, nella città lagunare si contano non meno di 3000 grigionesi (engadinesi, poschiavini, bregagliotti), una cifra che lascia intuire l’ampiezza dei legami allacciati dai Grigioni con la Serenissima. Legami peraltro testimoniati dalla presenza verso la metà del Settecento, di ben 194 botteghe di grigionesi che danno lavoro a oltre 500 persone. Tra di esse, 86 sono legate all’arte dei Calegheri (calzolai), 51 a quella dell’Acquavita (distillatori e venditori di grappa) e 35 a quella degli Scaleteri (pasticcieri).²⁵ Venezia accoglie poi anche numerosi valtellinesi i quali, in quanto sudditi delle Tre Leghe, godono di privilegi analoghi a quelli dei grigionesi. Da una cronaca anonima del XVII secolo risulta che […] almeno de quelli de Grosio vi saranno Huomini più de 200 senza le donne e i figliolo. Vi sono in Venetia mercanti de conto, ricchi […] tutti li fachini della stadera a S. Giovanni e Polo et molti altri artegiani, che li veddo il core che voriano che la Valtelllina fosse di S. Marco et lo so io perché lo tacio per degni rispetti.²⁶
Un’alleanza politica – risalente al 1560 e sottoscritta dai cantoni cattolici confederati – è pure all’origine della presenza di numerosi Svizzeri nel ducato di Savoia. A questa alleanza fa seguito, nel 1620, l’ottenimento, da parte dei migranti della regione di Lugano di una serie di privilegi riguardanti l’esercizio della loro arte e favori Andrea Zannini, Flussi d’emigrazione e strutture sociali urbane. Il caso dei bergamaschi a Venezia, in: Bollettino di Demografia Storica 19, 1993, p. 213 – 215. Cfr. Martin Bundi, I primi rapporti tra i Grigioni e Venezia nel secolo XV e XVI, Chiavenna, Centro di Studi Storici Valchiavennaschi 1996; Silvio Honegger, Gli svizzeri di Bergamo: storia della comunità svizzera di Bergamo dal Cinquecento e l’inizio del Novecento, Bergamo 1997. Sandro Massera, Paesi e paesani di Valtellina nella descrizione di un anonimo del Seicento, in: Rassegna economica della provincia di Sondrio 29/4, 1976, p. 13 – 19.
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di natura fiscale quali l’esenzione dalle tasse per il militare (oltre che dall’obbligo di alloggiare le truppe), dalle imposte sul grano macinato e sul vino, dalle patenti per l’esercizio dell’arte e da altre imposte quali il cottizzo e il fogaggio.²⁷ Riuniti nella “Compagnia dei signori architetti, capimastri da muro, scalpellini, stuccatori e fornaciai luganesi” (nota anche come la “Compagnia di S. Anna dei Luganesi”), i luganesi sono altresì esclusi dalla norma che consente alle autorità piemontesi di incamerare i beni degli stranieri deceduti senza legittimi eredi nel ducato di Savoia²⁸; una norma non irrilevante se si considera che per la maggior parte delle maestranze luganesi attive nel ducato il progetto migratorio prevede il rientro in patria. D’altra parte – in via teorica – grazie a tale privilegio i luganesi non sono scoraggiati dall’investire in territorio piemontese dal momento in cui gli investimenti (mobiliari o immobiliari) non corrono il rischio di essere confiscati dalle autorità torinesi. Questi privilegi sono ripetutamente rinnovati e rafforzati²⁹ fino agli anni ‘30 del XVIII secolo e consentono ai migranti luganesi di occupare un’ampia parte del mercato edile torinese. Come molte altre compagnie di migranti, anche la “Compagnia di Sant’Anna” svolge principalmente delle funzioni devozionali, assistenziali e di inserimento professionale. In definitiva, la reiterazione della catena migratoria che porta le maestranze luganesi in Piemonte e la difesa delle loro posizioni sul mercato lavorativo torinese è il frutto di una doppia strategia: quella di tipo corporativo, attraverso il rinnovo delle prerogative ottenute dalla “Compagnia di S. Anna”, e quella di tipo politico, attraverso il richiamo all’alleanza sabauda con i cantoni cattolici confederati. Assieme, esse assicurano ai luganesi uno statuto “privilegiato” all’interno del ducato.³⁰
Sulla “Compagnia di S. Anna dei Luganesi”, cfr. Dante Severin, Per la storia della emigrazione artistica della Svizzera italiana. Privilegi Sabaudi agli architetti e mastri da muro luganesi (XVII sec.), in: Bollettino Storico della Svizzera italiana 8, 1933, p. 76 – 88; Antonio Gili, Le famiglie d’arte di “Nazione Luganese” a Torino e in Piemonte dal Seicento all’Ottocento, in: Vera Comoli Mandracci (a cura di), Luganesium artistarum universitas. L’archivio e i luoghi della Compagnia di S. Anna tra Lugano e Torino, Lugano 1992, p. 49 – 57; Nicoletta Rolla, La compagnia di Sant’Anna e i cantieri edili di Torino nel Settecento, in: Percorsi di Ricerca. Working Papers del LabiSAlp 6, 2014, p. 64– 73. Simona Cerutti, Étrangers. Étude d’une condition d’incertitude dans une société d’Ancien Régime, Montrouge 2012; eadem, À qui appartiennent les biens qui n’appartiennent à personne? Citoyenneté et droit d’aubaine à l’époque moderne, in: Annales H.S.S. 2, 2007, p. 355 – 383. Nel XVIII secolo, la Compagnia riesce a difendere e consolidare il suo spazio professionale escludendo dai lavori di riparazione dei tetti la concorrente “università” torinese dei capimastri e falegnami. Cfr. Raffaello Ceschi, Artigiani migranti della Svizzera italiana (secoli XVI–XVIII), in: Itinera 14, 1993, p. 21– 31, qui p. 28. Marco Schnyder, La Suisse faite par l’étranger. Les migrants suisses et la défense de leurs intérêts dans les Etats savoyards et dans la République de Venise (XVIIe–XVIIIe siècles), in: Brigitte Studer et al. (a cura di), Die Schweiz anderswo. AuslandschweizerInnen – SchweizerInnen im Ausland / La Suisse ailleurs. Les Suisses ailleurs. Les Suisses de l’étranger – Les Suisses à l’étranger (Schweizerisches Jahrbuch für Wirtschafts- und Sozialgeschichte / Annuaire Suisse d’histoire économique et sociale), Zürich 2015, p. 83 – 102, qui p. 90.
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Se le alleanze politiche e i sistemi monopolistici offrono ai migranti gli spazi economici entro cui imbastire il sistema di circolazione della manodopera, dei servizi e dei capitali alla base delle loro attività, essi li espongono anche a ritorsioni allorquando conflitti e cambiamenti negli equilibri politici internazionali ne mettono in discussione la validità. È ben noto il caso dei grigionesi che nel 1766, a seguito del mancato rinnovo del trattato che lega Venezia alle Tre leghe, sono costretti a lasciare il territorio veneto.³¹ Ma anche le fratture confessionali aprono delle fasi di incertezza per i migranti alpini provenienti dalle aree riformate che vedono messo a repentaglio l’accesso ai mercati lavorativi delle città italiane. Nella seconda metà del XVI secolo, i privilegi di cui godono gli Svizzeri (e i Grigioni) nello Stato di Milano – che consentono loro di stabilirvisi e condurre le loro attività commerciali – sono messi in discussione dalla nuova configurazione confessionale all’interno della Confederazione. Per l’Inquisizione milanese appare necessario “chiudere quelle strade donde potesse penetrare (il) mortal veleno [dell’eresia] in questo cattolico Stato”. Per questo motivo, ai mercanti “heretici” viene proibito di “venire pratticare e conversare anche sotto spetie di commercio o mercantia in questa città e Stato di Milano”.³² Le misure di controllo toccano anche i mercanti milanesi cui viene vietato di commerciare con gli eretici ad eccezione dei mercanti svizzeri e grigionesi. A questi viene concesso di “conversare e commerciare alle sole mercantie, secondo che permettono le Capitolazioni”. Nonostante una serie di limitazioni³³, svizzeri e grigionesi riescono quindi a salvaguardare i loro interessi nella capitale lombarda e a mantenere aperto un corridoio commerciale (e migratorio) tra il nord e il sud delle Alpi³⁴, non senza sottostare però a un rigido controllo da parte delle autorità milanesi. Anche sul versante protestante le autorità si mostrano piuttosto tolleranti verso i mercanti cattolici che animano i commerci delle loro città. A Norimberga, ad
Cfr. Dolf Kaiser, Pasticcieri grigionesi negli Stati confinanti, dal tardo medioevo al XX secolo, in: Ursus Brunold (a cura di), La migrazione artigianale nelle Alpi. Convegno storico di Davos, 25 – 27 IX 1991, Bolzano 1994, p. 527– 545, qui p. 528 – 530. Il decreto di espulsione tocca circa un migliaio di grigionesi. Molti altri riescono a sottrarsi alla misura rivendicando la loro appartenenza ai cantoni di Zurigo e Berna con i quali la Serenissima mantiene rapporti di alleanza. Carlo Paganini, Stato di Milano: emigrazione e immigrazione artigianale-imprenditoriale, in: Ibid., p. 169 – 193, qui p. 174. Le disposizioni del Sant’Uffizio stabiliscono che “quando alcun Grissone o Svizzero verrà nello Stato di Milano, se sara heretico non possa alloggiare salvo che all’hostaria, o in casa ciascun del suo … agente”, il quale è tenuto ad informare il tutore dell’ortodossia nel tempo di permanenza dell’ospite. Cfr. ibid. Tali concessioni si spiegano forse con gli interessi reciproci dei cantoni svizzeri (che in anni normali, importavano ingenti quantità di grani e altri prodotti agricoli dalla Lombardia) e di Milano per la quale era vitale mantenere l’accesso ai mercati settentrionali attraverso il San Gottardo. L’importanza politica delle importazioni dalla Lombardia è sottolineata da un ambasciatore veneziano in Spagna che nel 1602 osserva che gli Svizzeri mantengono buoni rapporti con Milano per “il bisogno che tengono di cavare da esso formenti, Sali ed ogni altra cosa per sostentarsi”. Citato da Domenico Sella, L’economia lombarda durante la dominazione spagnola, Bologna 1982 (ed. or. Cambridge 1979), p. 31 (n. 43).
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esempio, alla fine del XVI secolo si contano decine di ditte italiane dedite al commercio di cui gran parte gestite da migranti carnici.³⁵ Affatto propensi a richiedere lo status di “cittadini” (Bürger) – che avrebbe imposto loro di abbracciare la confessione evangelico-luterana e di versare una tassa di aggregazione pari al 10 % del loro patrimonio –, la loro attività viene comunque tollerata e tutelata da un permesso di dimora (Schutzverwandten) che consente loro di mantenere la ciclicità degli spostamenti tra la loro patria e la città tedesca.
Apporti economici e finanziari L’osservazione di Braudel circa l’importanza dei montanari per la vita delle città e delle pianure trova numerosi riscontri nelle analisi storiche. Oltre ad alimentare le attività commerciali e mercantili, gli immigrati provenienti dalle valli alpine concorrono a vivacizzare il mercato del lavoro, stimolano le attività industriali e finanziarie, innestano competenze imprenditoriali e nutrono la domanda urbana nei vari ambiti economici, da quella riguardante il settore edile e dell’alloggio a quello concernente i beni di consumo corrente. Gli indotti assicurati dai migranti (compresi quelli dell’area alpina) alle città di loro destinazione sono assai cospicui sul piano economico e commerciale. Lo dimostrano le agevolazioni fiscali adottate da diverse città per attirare manodopera e attività economiche di varia natura. A Trento, ad esempio, gli statuti locali garantiscono l’esenzione fiscale per tre anni a quanti vogliono risiedere in città assieme alla loro famiglia. Inoltre, essi concedono la cittadinanza e il diritto di esercitare attività commerciali a chi investe 100 ducati sul mercato immobiliare nel corso del primo anno di presenza in città.³⁶ In pratica, fino al XVII secolo Trento adotta una politica immigratoria volta a favorire l’inurbamento e l’insediamento di nuclei familiari di provenienza varia, tra cui numerosi artigiani e commercianti provenienti dalle valli del Veneto, del Bresciano, del Bergamasco e della Valtellina.³⁷ Scelte simili sono attuate anche da altre città o sistemi statuali. In Germania, alla fine della guerra dei Trent’anni, diverse città cercano di risollevare la loro economia incoraggiando l’immigrazione e l’installazione di mercanti, imprenditori e manodopera di cui una parte proviene dalle valli alpine meridionali.³⁸ In Sicilia, i lombardi “fruivano dell’asilo di non poter essere molestati per 10 o 50 o altro numero di anni, pei debiti che avevano contratto nella stessa patria o in altre
Giorgio Ferigo / Pier Mario Flora, I debiti e i peccati. Estate 1608: i cràmari dell’alto But, in: In Alto, s. IV, vol. LXXVII, 1995, CXIII, p. 19 – 32. Luzzi, Tedeschi a Trento in età moderna, p. 416. Ibid., p. 410 f. Cfr. gli esempi in Johannes Augel, Italienische Einwanderung und Wirtschaftstätigkeit in rheinischen Städten des 17. und 18. Jahrhunderts, Bonn 1971.
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terre”.³⁹ E a Milano, le autorità locali rifiutano di dar seguito alle richieste volte a sottoporre i facchini a una tassa mensile di due lire poiché “quando li Fachini saranno astretti à tal gabella, essi ancora voranno maggior mercede in riguardo della gabella”.⁴⁰ La politica liberale di alcune città nei confronti dei migranti (tra cui quelli provenienti dalle valli alpine) ha tuttavia il rovescio della medaglia. A Venezia, ad esempio, la possibilità per i migranti di contrarre dei matrimoni misti, di essere membri di una confraternita e di svolgervi i propri commerci, va di pari passo con l’obbligo di assumere la cittadinanza veneziana, di rinnovare il privilegio ogni cinque anni e di possedervi una casa.⁴¹ In altre parole, l’immigrazione a Venezia presuppone una progressiva integrazione voluta dalle autorità per evitare che i redditi degli immigrati vadano unicamente a profitto delle loro comunità di origine. Tale argomento, di chiara impronta mercantilista, appare a più riprese nelle città dove si conta la presenza di numerosi lavoratori immigrati di tipo temporaneo. Così, a Brescia, agli zerlotti⁴² – in buona parte originari della Valcamonica – il permesso di esercitare la loro attività viene loro concesso solo se hanno abitato lungamente in città e dimostrano di possedere la cittadinanza.⁴³ A Milano invece, durante la seconda metà del XVIII secolo, tra le argomentazioni sollevate dai fruttivendoli per chiedere alle autorità cittadine di limitare l’attività commerciale dei marronai delle valli “ticinesi” – accusati di fare loro una indebita concorrenza – vi è il fatto che “quantunque alcuni degli Svizzeri abbino casa fissa in questa città, non ostante avendo però le rispettive famiglie in Patria, ogni dato tempo succedendo gli uni agli altri concordamente uniti trasportano da questa città alla loro Patria gli utili, che ricavano dalla vendita di que’ frutti”.⁴⁴ Oltre la sleale concorrenza, ai marronai bleniesi e leventinesi viene quindi rimproverato di sottrarre a Milano i proventi derivanti dal loro commercio e, di riflesso, di non contribuire alla prosperità della città. È forse anche per questa ragione che un’ampia parte delle attività economiche presenti nelle città di antico regime sono disciplinate da regimi monopolistici soggetti a contratti di appalto o a sistemi corporativi che, se da una parte segmentano il
Citato da Olimpia Aureggi, Problemi giuridici connessi con la immigrazione e la emigrazione nell’Alta Lombardia. La capacità giuridica di immigrati nelle comunità rurali lombarde, in: Archivio Storico Lombardo 88, 1961, p. 168 – 192, qui p. 189. Cfr. Chiara Orelli, L’emigrazione di mestiere dalla Svizzera italiana verso l’Italia tra XVI e XIX secolo, vista dalla prospettiva dei luoghi di lavoro, s.l. (Lugano 2000), dattil., p. 109. Cfr. Donatella Calabi, Gli stranieri nella capitale della repubblica Veneta nella prima età moderna, in: Mélanges de l’École française de Rome. Italie et Méditerranée 111/2, 1999, p. 721– 732, qui p. 721. Si tratta di coloro che provvedono al trasporto del vino in città. Leonida Tedoldi, Servizio pubblico e cittadinanza: il caso degli zerlotti bresciani dal seicento al settecento, in: Marco Meriggi / Alessandro Pastore (a cura di), Le regole dei mestieri, Milano 2000, p. 75 – 89. Cit. da Chiara Orelli, I migranti nelle città d’Italia, in: Raffaello Ceschi (a cura di), Storia della Svizzera italiana. Dal Cinquecento al Settecento, Bellinzona 2000, p. 257– 288, qui p. 268.
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mercato in più spazi commerciali socialmente diversi e sviano la domanda e l’offerta dai rapporti di mercato⁴⁵, dall’altra assicurano alle casse pubbliche degli introiti regolari e non soggetti alle incertezze delle fluttuazioni congiunturali. Gli svizzeri dei baliaggi sudalpini che nel 1631 acquisiscono l’appalto del facchinaggio a Livorno a scapito dei valtellinesi e dei bergamaschi, versano annualmente alle casse della città la somma di 1750 ducati a cui si aggiungono 60 ducati per la città di Pisa.⁴⁶ E a Milano, i bergamaschi ottengono una privativa analoga per una somma di 21.300 lire.⁴⁷ Agli introiti degli appalti pubblici si aggiungono poi quelli versati dai migranti per i vari dazi e tributi connessi all’esercizio delle loro attività. A Venezia, ad esempio, tra il 1693 e il 1701 i migranti grigionesi versano alle casse pubbliche la somma di 300.000 lire derivanti dal dazio sull’acquavite⁴⁸ a riprova dell’importante giro d’affari che essi generano ma anche dei notevoli benefici fiscali e budgetari per lo Stato. Oltre che dispositivi fiscali, i regimi di monopolio e corporativi rappresentano, per le autorità cittadine, uno strumento di disciplinamento delle attività economiche che vengono così normate e codificate secondo le loro specifiche finalità politiche, sociali ed economiche. I monopoli acquisiti dai migranti delle zone alpine presuppongono la possibilità per le comunità di migranti di “mobilitare” un’ampia manodopera in grado di svolgere in modo appropriato i vari servizi ottenuti in appalto. In tal senso, si può affermare che l’intelaiatura amministrativa dei luoghi di approdo (le città) contribuisce a delimitare i margini entro cui si incanalano e si muovono i migranti che animano le economie urbane e delle pianure.⁴⁹ Ne abbiamo un esempio emblematico nelle vicende che consentono ai migranti di diverse comunità dei baliaggi italiani in Svizzera di assicurarsi il monopolio del facchinaggio in alcune città della penisola. Questa attività è presente in tutti i principali centri della penisola ed è generalmente svolta da migranti provenienti da aree montane. Lo conferma Tommaso Garzoni secondo cui i protagonisti del facchinaggio “sono primieramente quasi tutti montanari”.⁵⁰ A Venezia esso è svolto da migranti della Val Camonica, del Bergamasco e del Trentino, a Mantova da migranti provenienti dalla Val Rendena e a
Cfr. Giovanni Muto, Monopoli e regime vincolistico nelle economie di Antico Regime, in: Mélanges de l’École Français de Rome – Moyen Âge 126/1, 2014, (vers. on-line: URL: http:// mefrm.revues.org/1581). Orelli, L’emigrazione di mestiere, p. 94. Raffaello Ceschi, Bleniesi milanesi. Note sull’emigrazione di mestieri dalla Svizzera italiana, in: Col bastone e la bisaccia per le strade d’Europa. Migrazioni stagionali di mestiere dall’arco alpino nei secoli XVI–XVIII, Bellinzona 1991, p. 49 – 72, qui p. 66. Kaiser, Pasticcieri grigionesi negli Stati confinanti, p. 527– 545, qui p. 528. Nel contempo però, sono proprio i debordamenti da questi margini che alimentano gli stereotipi negativi di cui sono oggetto i migranti. Non integrati in corporazioni di mestiere, talvolta esercitanti in modo illegale mansioni e attività soggette a privative, o ancora esenti (in modo più o meno consensuale con le autorità cittadine) da contributi e doveri fiscali, i migranti delle valli alpine suscitano diffidenza se non addirittura ostilità da parte della società urbana. Tommaso Garzoni, La piazza universale di tutti i mestieri del mondo, Venezia 1589.
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Milano è condiviso da bergamaschi e leventinesi che si spartiscono le zone di attività nella città. Pure a Genova il facchinaggio è per lungo tempo assicurato dai bergamaschi, a cui si affiancano i migranti provenienti dai baliaggi italiani in Svizzera, pure presenti a Livorno e a Firenze.⁵¹ Nel 1576, i facchini svizzeri a Genova vengono esclusi dalla Compagnia maggiore (che rimane privativa dei bergamaschi). Essi mantengono solo l’accesso alla compagnia dei facchini da olio che assicura loro il monopolio del trasporto di questa importante derrata. Il privilegio viene mantenuto fino al 1840 (anno della soppressione delle Compagnie privilegiate dei facchini genovesi) alimentando un costante flusso di migranti provenienti dalle Centovalli, dalla Valle Maggia e dalle comunità svizzere che attorniano il Lago Maggiore.⁵² Gli indotti della presenza di migranti delle regioni alpine a favore delle città toccano anche aspetti più direttamente legati alla vita economica e produttiva urbana. Svariate attività imprenditoriali promosse da migranti delle aree alpine trovano sviluppo nelle città, approfittando della domanda locale e di vantaggi sul piano produttivo e della distribuzione. Così, durante la seconda metà del XVI secolo alcuni migranti valtellinesi si insediano a Palermo dove, forti dell’esperienza e delle competenze maturate in valle⁵³, contribuiscono allo sviluppo del settore serico installando dei filatoi e una tintoria.⁵⁴ Nella seconda metà del XVIII secolo, invece, diversi imprenditori carnici, approfittando probabilmente delle reti commerciali dei Cramars, aprono diverse fabbriche tessili in Carinzia. Grazie alle loro iniziative, la regione di Klagenfurt diventa “un polo trainante dell’industria tessile austriaca”.⁵⁵ Ancora più rilevante è il caso dei migranti svizzeri (tra cui una buona parte provenienti dai Grigioni) che nel corso degli anni ‘70 del Settecento si insediano a Bergamo. In questa città essi danno un impulso decisivo all’espansione dell’industria serica, un settore peraltro già in via di sviluppo nei decenni precedenti, come testimonia una nota dell’amministrazione veneziana del 1737 secondo cui,
Cfr. Chiara Orelli, Facchini ticinesi nelle dogane di Livorno, Firenze e Genova, in: Laura Damiani Cabrini, Seicento ritrovato, Milano 1996, p. 25 – 53. Ibid. In altri casi l’esito delle contese sulle privative è diverso. A Livorno, ad esempio, nel 1631 gli svizzeri sostituiscono i bergamaschi e i valtellinesi che fino ad allora avevano goduto del monopolio del facchinaggio. A Firenze, invece tale monopolio fu suddiviso tra svizzeri e migranti provenienti da Norcia. Lo sviluppo dell’attività serica in Valtellina è attestato da Battista Leoni, Note sull’arte della seta a Chiavenna nel XVI secolo, in: Clavenna. Bollettino del Centro di Studi Storici Valchiavennaschi 24, 1985, p. 123 – 139; Mariuccia Belloni Zecchinelli, Le seterie lombarde tra il Rinascimento e l’Ottocento, in: Artigianato lombardo, 3. L’opera tessile, Milano 1979, p. 38 – 53. Cfr. Gaetano Nicastro, L’emigrazione alla rovescia: tra Valchiavenna e Sicilia, in: Mediterranea. Ricerche Storiche 5/18, 2010, p. 111– 138, qui p. 123. Paolo Moro, Cominciare da cramari e finire imprenditori. Ascesa socio-economica della famiglia Moro di Ligosullo, dal XVIII al XX secolo, in: Giorgio Ferigo / Alessio Fornasin (a cura di), Cramars. Atti del convegno internazionale di studi “Cramars. Emigrazione, mobilità, mestieri ambulanti dalla Carnia in Età Moderna, Tolmezzo, 8, 9 e 10 novembre 1996”, Tovagnacco (Udine) 1997, p. 321– 330, qui p. 322.
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Molto fruttuoso al commercio si conosce evidente il soggiorno degli Svizzeri in Bergamo i quali impiegando ragguardevoli capitali a provvedimenti di seta greggia nel Milanese fanno ridurla a filatoi bergamaschi.⁵⁶
Nei secoli precedenti, dalle valli bergamasche aveva d’altronde preso avvio un’emigrazione specializzata composta da lavoratori del settore metallurgico (fabbri, fucinieri, maestri carbonai, …). Grazie alla messa a punto di innovative tecniche di fusione dei metalli ferrosi, a partire dagli anni ‘60 del XVI secolo, i bergamaschi della valle Brembana si rendono protagonisti di un processo di transfert tecnologico che li porta a migrare dapprima nel Granducato di Toscana, poi verso la Sicilia, la Calabria, lo Stato Pontificio, e infine verso la Savoia, sul confine con il Delfinato dove danno luogo a un’intensa attività metallurgica che si prolunga fino alla fine del XIX secolo.⁵⁷ Il contributo dei bergamaschi allo sviluppo dell’industria metallurgica savoiarda non si limita tuttavia alla dimensione tecnica. Essi svolgono anche un ruolo più diretto sul piano imprenditoriale, ad esempio affittando quote degli impianti produttivi, oppure fornendo alle società metallurgiche dei capitali, spesso presi a prestito.⁵⁸ Le mobilità alpine sono anche degli importanti supporti nell’ambito della distribuzione. In numerose città tedesche, negozianti, mercanti, bottegai delle valli alpine italiane controllano parti cospicue della distribuzione di generi alimentari, spezie, frutta e merci di varia natura.⁵⁹ Le reti commerciali entro le quali essi si collocano e che si estendono su buona parte del continente sono un elemento cruciale per il successo di importanti iniziative industriali e imprenditoriali. Uno dei casi più emblematici è senz’altro quello dei mercanti ambulanti del Tesino (Trentino) che, a partire dalla metà del XVII secolo, contribuiscono in modo decisivo alla costruzione della rete distributiva della produzione editoriale dei Remondini di Bassano. Difatti, fino alla fine del XVIII secolo i kromeri tesini offrono la loro esperienza commerciale agli industriali bassanesi, fungendo da mediatori tra questi ultimi e le aree di smercio della produzione di stampe e “libri da risma” che si diffonde in
Cfr. Mauro Gelfi, Gli svizzeri della prima ondata. Il tessile a Bergamo dal XVIII secolo, in: Arte e Storia. Svizzeri a Bergamo nella storia, nell’arte, nella cultura, nell’economia X/44, 2009, p. 152– 157, qui p. 152. Jean-François Belhoste, Le migrazioni dei fabbri bergamaschi in Delfinato, in: Giovanni Luigi Fontana / Andrea Leonardi / Luigi Trezzi (a cura di), Mobilità imprenditoriale e del lavoro nelle Alpi in età moderna e contemporanea, Milano 1998, p. 47– 54. Ibid., p. 50 f. Augel, Italienische Einwanderung; Rainer Beck, Lemonihändler. Welsche Händler und die Ausbreitung der Zitrusfrüchte im frühneuzeitlichen Deutschland, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2004/2, p. 97– 123; Adolf Birkenmaier, Die fremden Krämer zu Freiburg im Breisgau und Zürich im Mittelalter bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts, Freiburg i.B. 1913, p. 93 – 110; Francesca Chiesi Ermotti, Le Alpi in movimento. Percorsi imprenditoriali di un casato alpino: i Pedrazzini di Campo Vallemaggia (XVIII sec.), Tesi di dottorato dattil., Università di Ginevra – Ecole des Hautes Etudes en Sciences sociales, Ginevra 2014, p. 310 – 348.
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buona parte del continente.⁶⁰ Oltre alla distribuzione, essi informano i Remondini dei gusti e delle esigenze della clientela, contribuendo ad accrescere la loro penetrazione nei vari mercati europei. D’altra parte, nel corso del XVIII secolo una parte cospicua dei kromeri tesini abbandona la pratica itinerante e, come attesta un parroco della zona, si sono stabiliti et hanno aperto bottega di tali generi, da qualche anno, nelle principali città di Spagna, Fiandra, Olanda, Germania, Italia e la maggior parte poi trascorrono continuamente Città per Città e villa per Villa, i detti paesi e l’Ungheria, Polonia e gran parte dell’Impero Russo, fino alle Siberie e in Astracan, ritornando ogni tre o quattro anni al più a far le nuove provviste.⁶¹
Sebbene si tratti di esempi piuttosto circoscritti e lungi dal delineare una tendenza di fondo, essi confortano le osservazioni di S. Pollard secondo cui l’area alpina (così come molte altre “aree marginali” del continente) è strettamente integrata nei sistemi economici nazionali e sovranazionali ai quali è in grado di offrire notevoli contributi in termini di imprenditorialità e di innovazione.⁶²
Migrazioni e economie alpine – Solo un’economia delle rimesse? Le migrazioni alpine dell’epoca moderna sono state generalmente lette come una strategia volta a ridurre il numero di bocche all’interno dei nuclei domestici. Nel contempo però, esse comportano anche effetti negativi in termini di impoverimento delle risorse umane più vitali sul piano dell’intraprendenza e della duttilità.⁶³ In tal senso, le migrazioni alpine esprimono una continua e latente conflittualità tra le esigenze della stanzialità e quelle della migrazione. Per un’economia esposta a una produzione cerealicola cronicamente deficitaria, l’assenza per vari mesi all’anno di una parte della popolazione può alleviare la domanda e – come più volte osservato – può accrescere le disponibilità alimentari per chi resta. Anche alla luce delle innumerevoli testimonianze coeve circa le cause delle migrazioni dalle valli alpine⁶⁴ e dei
Renzo M. Grosselli, I kromeri trentini. Forme e trasformazioni del lavoro alpino, in: SM Annali di San Michele 8, 1995, p. 207– 264, qui p. 209. Cit. da Elda Fietta Ielen, Con la casella in spalla: gli ambulanti di Tesino, Ivrea 1987, p. 22. Cfr. Sidney Pollard, Marginal Europe. The Contribution of Marginal Lands since the Middle Ages, Oxford 1997, p. 128 – 141. Cfr. Luigi Zanzi, I movimenti migratori nell’Europa alpina dal Medioevo all’inizio dell’età moderna, in: Cavaciocchi (a cura di), Le migrazioni in Europa, p. 135 – 173, qui p. 159. Buona parte delle testimonianze giunte a noi tendono infatti a sottolineare i fattori push dell’emigrazione alpina: sovrappopolazione, povertà, mancanza di risorse, sterilità della terra, ecc.
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regolari rientri in valle⁶⁵, tale ipotesi ha a lungo guidato le indagini⁶⁶ le quali tuttavia hanno a lungo trascurato di valutare gli utili e gli indotti della stessa per le economie locali. Sul piano macro, gli effetti delle rimesse sono generalmente valutati in termini di domanda aggregata (aumento dei consumi) e di effetti indotti (monetizzazione dell’economia, rafforzamento della piccola proprietà contadina, aumento degli investimenti e della produttività, diminuzione dell’usura, …) ma le informazioni attualmente disponibili non consentono alcuna valutazione di ordine generale su questi aspetti. A dire il vero, alcuni studi hanno fornito indicazioni assai dettagliate attraverso l’analisi del mercato fondiario e immobiliare e del mercato del credito. A più riprese si è così potuto evidenziare una relazione assai stretta tra l’ampiezza della pratica migratoria, l’intensità della circolazione fondiaria e immobiliare⁶⁷, le attività del credito informale.⁶⁸ Questi risultati sembrano designare la migrazione alpina come un’economia delle rimesse. In tale schema, i redditi assicurati dall’emigrazione entrano nel circuito dell’economia alpina sotto forma di crediti integrativi – gestiti dal settore informale o da enti caritativi per coprire debiti e disavanzi finanziari individuali o comunitari – e di liquidità che si riversa principalmente sul mercato immobiliare la cui ampiezza e intensità è puntualmente registrata dalla documentazione notarile.⁶⁹ D’altronde, proprio il mercato fondiario e immobiliare riverbera l’economia delle rimesse attraverso i notevoli scarti esistenti tra una domanda robusta e un’offerta cronicamente manchevole, fatta di terre povere e poco redditizie. Scarti che sono responsabili degli elevati prezzi fondiari e che, sollecitando il ricorso al credito, non di rado inducono un indebitamento cronico tra i ceti meno abbienti. Nonostante questi aspetti, sarebbe tuttavia inesatto assimilare l’economia della migrazione alpina a una mera economia delle rimesse. In primo luogo poiché una parte delle migrazioni di mestiere assume una forma definitiva che tende a interrompere i flussi monetari verso la comunità e la famiglia di origine. Inoltre, come nel
Cfr. ad esempio la testimonianza di un funzionario della città di Mantova secondo il quale i migranti trentini “in primavera o verso l’estate se ne ritornano […] al paese portandovi […] parzialmente il gruppo o gruppetto di denari qui ammassato per comprare ogni anno qualche campetto. Cit. da Belfanti, Immigrazione e mestieri, p. 110. Cfr. ad esempio Pietro Merli Brandini, Movimenti migratori fra i paesi alpini e perialpini, in: Le Alpi e l’Europa, vol. II. Uomini e territorio, Bari 1975, p. 221– 254, qui p. 227, e le testimonianze in Dionigi Albera / Manuela Dossetti / Sergio Ottonelli, Società ed emigrazioni nell’alta valle Varaita in età moderna, in: Bollettino Storico Bibliografico Subalpino 1, 1988, p. 117– 169, qui p. 121– 123. Lorenzetti / Merzario, Il fuoco acceso, p. 85 – 120; Alessio Fornasin, Ambulanti, artigiani e mercanti. L’emigrazione della Carnia in età moderna, Verona 1998, p. 45 – 61; Manuela Dossetti, Emigrazioni temporanee e proprietà in una comunità piemontese tra ‘700 ed ‘800, in: Bollettino di Demografia Storica 19, 1993, p. 135– 143. Cfr. Fornasin, Ambulanti, artigiani e mercanti, p. 63 – 81. A ciò vanno poi aggiunti gli innumerevoli segni materiali legati alla devozione popolare (statue, dipinti, arredi e paramenti sacri, …) e sovente contrassegnati da un elevato valore economico.
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caso del poschiavino Giacomo Fedrigotto menzionato in apertura, tale scelta spinge molti migranti a vendere i propri beni immobili posti nelle comunità di origine a parenti o conterranei, dando così luogo a flussi di liquidità in uscita dalle economie di valle che accrescono l’indebitamento dei piccoli proprietari di valle. In secondo luogo, i redditi delle migrazioni di mestiere non sono integralmente “dirottati” verso le comunità di valle. Una parte di essi rimane infatti all’interno delle economie urbane o di pianura, attraverso gli investimenti immobiliari o finanziari operati dai migranti stessi. A Brescia ad esempio, vari migranti della Valtrompia e di Livigno consolidano la loro presenza in città acquistandovi delle abitazioni.⁷⁰ Le analisi archivistiche hanno inoltre mostrato che è proprio quando i proventi dell’emigrazione sono particolarmente lauti e tali da permettere investimenti di una certa portata che l’attenzione dei migranti di rivolge maggiormente verso le ricche e redditizie terre delle pianure⁷¹, o verso le superfici boschive il cui sfruttamento è in grado di garantire elevati profitti.⁷² Altre, hanno dimostrato che non di rado le maestranze edili lombarde intervengono con regolarità sui mercati immobiliari cittadini. A Roma ad esempio, sul finire del XVI secolo i mastri “svizzeri” attuano un’attività di compravendita basata sulla differenza tra il prezzo delle parcelle edificabili e quelle edificate, ottenendo così notevoli guadagni.⁷³ Molti di loro figurano poi quali proprietari di immobili abitativi o di spazi lavorativi (botteghe, empori, magazzini). I mastri della valle di Muggio attivi a Genova tra il XVII e il XVIII secolo, ad esempio, acquistano svariati immobili per vivervi durante i loro soggiorni e incamerare le rendite degli affitti.⁷⁴ Altri, investono parte dei loro redditi in titoli di credito i cui interessi sono utilizzati per le spese correnti o di natura straordinaria. Le stesse Confraternite e Compagnie di migranti acquistano locali, botteghe e appartamenti da reddito o titoli di credito che fruttano loro degli interessi da usare per assicurare i loro compiti devozionali e assistenziali⁷⁵, denotando in tal modo come l’integrazione nel tessuto economico urbano oltrepassi la stretta dimensione lavorativa.
Tedoldi, Tra immigrazione e integrazione sociale, p. 458 f. Patrizia Audenino, La mobilità come fattore di integrazione nella macroregione alpina: un bilancio storiografico, in: Mocarelli (a cura di), Tra identità e integrazione, p. 71– 88, qui p. 85. Alla metà del XVII secolo, le esigenze di cassa durante la guerra di Candia, spinge la Repubblica di Venezia a mettere all’incanto vaste superfici di terre comunali (oltre che di titoli nobiliari) poste nelle terre friulane. In svariati casi, esse sono acquisite da migranti di origine lombarda (perlopiù bergamaschi) che negli anni e nei decenni precedenti erano giunti nel Friuli promuovendo floride attività commerciali. Cfr. Alessio Fornasin, Mercanti lombardi in Friuli tra Cinquecento e Seicento, in: Ibid., p. 235 – 250, qui p. 249. Luigi Lorenzetti, La manodopera dell’industria edile. Migrazione, strutture professionali e mercati (secc. XVI–XIX), in: Mélanges de l’École française de Rome. Italie et Méditerranée, L’économie de la construction dans l’Italie moderne 119/2, 2007, p. 275 – 283, qui p. 280. Stefania Bianchi, I cantieri dei Cantoni. Relazioni, opere, vicissitudini di una famiglia della Svizzera italiana in Liguria (secoli XV–XVIII), Genova 2013, p. 76. Orelli, I migranti nelle città d’Italia, p. 287.
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In terzo luogo va ricordato che l’acquisizione di rendite di situazione proprie delle privative e dei privilegi risultano generalmente dal controllo delle posizioni di vertice in seno alle corporazioni di mestiere. Gli spazzacamini mesolcinesi attivi a Vienna e nella Bassa Austria nel XVIII secolo giungono ad esercitare una posizione quasi monopolistica nella pulitura e manutenzione dei camini e delle canne fumarie grazie al loro controllo sulle corporazioni che ne detengono la privativa.⁷⁶ Lo stesso vale a proposito delle posizioni di spicco occupate dai mastri svizzeri (principalmente del Luganese e del Mendrisiotto) all’interno della corporazione dell’Università de’ Muratori di Roma. Tali posizioni – che si riverberano sulle comunità di partenza nella forma di catene migratorie ad alta densità di legami famigliari e di parentela – presuppongono però la capacità di queste ultime di far capo a cospicui capitali che, dopo aver risalito le valli, defluiscono nuovamente verso le città. Infine, le strategie allocative delle rimesse sono lungi dal tradursi sistematicamente in soluzioni votate alla rendita. La diffusa immissione di capitali provenienti dalla migrazione nel credito informale non è solo il riflesso di un atteggiamento da rentier; essa rivela anche delle scelte imprenditoriali volte a perpetuare l’economia migratoria. Non di rado, i migranti più agiati sono a loro volta direttamente coinvolti nel finanziamento dell’emigrazione. Posti a capo di ampie reti finanziarie, essi assicurano la liquidità necessaria a coloro che intendono lanciarsi nel commercio ambulante o promuovere i loro negozi nelle città da loro scelte.⁷⁷ Anche le donazioni a enti devozionali o assistenziali (cappellanie, confraternite, …) hanno sovente quale finalità quella di garantire la continuità della catena migratoria, ad esempio assicurando ai giovani delle comunità i rudimenti del leggere e del far di conto necessari per intraprendere la via della migrazione⁷⁸, oppure agendo quali piccoli istituti di credito per i migranti confrontati a momentanee difficoltà economiche.⁷⁹ Infine non vanno sottovalutate le ricadute delle rimesse sulla domanda locale. L’edilizia alpina beneficia dell’arricchimento di molti migranti che investono parte dei loro profitti nell’edificazione di dimore signorili da cui traggono profitto imprenditori edili e maestranze locali.⁸⁰ Non meno importanti sono le valutazioni che possono essere fatte sul piano “micro”. Se le osservazioni fatte a riguardo dell’emigrazione stagionale dalle valli piemontesi suggeriscono che l’emigrazione stagionale “non offre mai un migliora-
Cfr. Else Spiesberger-Reketzki, Die “Schwarze Zunft” im Wandel der Zeiten – Die Geschichte des Rauchfangkehrergewerbes in Niederösterreich, Wien 1974; Giuseppe Mondada, Tra i nostri emigranti: gli spazzacamini, in: Bollettino storico della Svizzera italiana 1983/1, p. 9 – 21; Cesare Santi, Emigrazione degli spazzacamini mesolcinesi, in: Ibid. 2002/2, p. 325 – 355. Cfr. Fornasin, Ambulanti, artigiani e mercanti; idem, Terra, credito ed emigrazione commerciale, p. 153 – 180. Cfr. gli esempi forniti da Ceschi, Artigiani migranti, p. 26 f. Ibid. Cfr. ad esempio Chiesi Ermotti, Le Alpi in movimento, p. 48 – 56; Raffaello Ceschi, La “città” nelle montagne, in: Histoire des Alpes – Storia delle Alpi – Geschichte der Alpen 5, 2000, p. 189 – 204.
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mento del reddito familiare e ad essa si ricorre solo come attività integrativa e non alternativa al lavoro contadino”⁸¹, la contabilità degli emigranti – invero non molto frequente – offre degli spaccati interessanti sulla redditività dei loro affari e sulle scelte di investimento nelle loro comunità di origine⁸², ma anche sull’entità delle rimesse a favore dei parenti rimasti a casa. La contabilità dell’architetto Giovanni Domenico Barbieri di Roveredo (Grigioni), attivo in Baviera tra il 1720 e il 1764, documenta con precisione le entrate e le uscite tra cui quelle riguardanti le somme annualmente inviate a casa quale contributo all’economia domestica⁸³ e quelle per saldare i debiti della famiglia. D’altra parte, gli esempi inizialmente menzionati⁸⁴ dimostrano che l’attività di credito connessa alle rimesse non è disgiunta da quella agricola, e talvolta allaccia con essa rapporti molto diretti che esulano da un comportamento economico strettamente fondato sulla rendita.
Emigrazione e protoindustria: due economie incompatibili? Uno dei principali nodi della storiografia alpina riguarda il rapporto tra emigrazione e sviluppo (proto)industriale. Sul piano micro, queste attività sono generalmente considerate incompatibili a causa dei vincoli posti dalla divisione del lavoro all’interno dei gruppi domestici. Difatti, nelle Alpi italiane, la pluriattività si articola principalmente attorno a una divisione sessuale del lavoro in cui agli uomini è affidata la monetizzazione dei redditi (attraverso l’emigrazione o il lavoro proto-industriale) e alle donne l’incombenza dei lavori agricoli⁸⁵, restringendo quindi la possibilità di allargare la quota di “lavoro monetizzato”. Tale osservazione trova un parziale riscontro nella geografia delle mobilità: le aree a forte propensione migratoria registrano, non di rado, uno scarso sviluppo delle attività (proto)industriali e, di converso, le aree che dispongono di attività
Cfr. Silvana Olmo, Emigrazione e comunità in Val Cervo nella prima metà del Settecento, in: Bollettino storico-bibliografico subalpino 75, 1977, p. 239 – 263, qui p. 262. Cfr. Luigi Lorenzetti, Controllo del mercato, famiglie e forme imprenditoriali tra le élite mercantili sudalpine dalla fine del Cinquecento al Settecento, in: Simonetta Cavaciocchi (a cura di), Il ruolo economico della famiglia. Secc. XIII–XVIII, Atti della Quarantesima settimana di Studi, 6 – 10 aprile 2008, Firenze 2009, p. 517– 526. Negli anni in cui suo padre è in vita, le rimesse inviate a casa ammontano al 10 – 12 % del totale delle spese. Cfr. Silvio Margadant (a cura di), Giovanni Domenco Barbieri (1704– 1764) “Lista sia Giornale nel qualle si contengono Debiti e Crediti, con altro Dispendio fatto sollo dell mio proprio guadagno” dal 1720 al 1764, in: Quaderni grigionitaliani 65/4, 1996, p. 387– 393. Ci riferiamo al contratto tra Pierino Fornasio e Antonio d’Anna e quello tra i fratelli Cavazino e Pedrotto Gallo (cfr. p. 1). Raul Merzario, Adamocrazia. Famiglie di emigranti in una regione alpina (Svizzera italiana, XVIII secolo), Bologna 2000.
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(proto)industriali registrano tassi di emigrazione piuttosto contenuti.⁸⁶ Il diverso compatibilità tra le due attività è peraltro attestata da vari esempi. Nelle valli bresciane del XVII e del XVIII secolo, la presenza di ampie risorse minerarie e boschive atte ad alimentare forni e fucine ha permesso la formazione di un vero e proprio polo siderurgico che oltre a dare occupazione a gran parte della popolazione, ha quasi totalmente inibito l’emigrazione.⁸⁷ Tale modello è tuttavia lungi dall’essere rigidamente valido nell’insieme dell’area alpina italiana. Nelle aree metallurgiche piemontesi, ad esempio l’emigrazione non è attenuata dalle opportunità lavorative nell’estrazione dei minerali o nella lavorazione dei metalli che, difatti sono in gran parte svolte da manodopera immigrata.⁸⁸ All’interno degli spazi regionali le pratiche migratorie possono quindi talvolta coesistere con le attività proto-industriali a cui si collegano in vario modo: nel quadro di reti di commercializzazione e di distribuzione, nell’ambito di sistemi clientelari di accesso al credito, o ancora nel quadro delle strategie familiari. La Valsassina, ad esempio, è uno dei principali centri dell’industria metallurgica della Lombardia. Grazie alle miniere metallifere presenti sul suo territorio, la valle è il cuore della produzione di armi e munizioni per lo Stato milanese. E se da una parte le occasioni di lavoro offerte dal settore metallurgico contribuiscono a contenere l’emigrazione, le competenze che esse esprimono creano i presupposti per una mobilità di mestiere composta da ferrari e magnani ambulanti che commercializzano i prodotti della metallurgia locale nelle città di Venezia e Firenze.⁸⁹ Analogamente a quella dal Bergamasco, l’emigrazione della Valsassina si nutre quindi direttamente della “vocazione” metallurgica locale, rafforzando la sua integrazione nelle economie urbane e delle pianure che a loro volta assicurano il suo fabbisogno cerealicolo. Una dinamica in parte simile sembra potersi cogliere anche sul versante dell’industria tessile e dell’abbigliamento. Da varie aree della Carnia meridionale (in particolare nella valle del But, nella conca tolmezzina, nella val del Lago, e nella val Degano) partono annualmente centinaia di artigiani (tessitori, cardatori, sarti, cappellai), diretti verso la pianura friulana, l’Istria e Venezia.⁹⁰ Ma allorquando, verso il 1730, Jacopo Linussio introduce la protoindustria tessile, dando lavoro a migliaia di
Cfr. gli esempi forniti da Raul Merzario, Il Capitalismo nelle montagne. Strategie familiari nella prima fase di industrializzazione nel Comasco, Bologna 1989. Cfr. Giancarlo Marchesi, quei laboriosi valligiani. Economia e società nella montagna bresciana tra il tardo Settecento e gli anni postunitari, Brescia 2003, p. 30 f. Tra le poche eccezioni, vi è l’alta Valcamonica che registra una significativa emigrazione stagionale maschile verso i borghi delle pianure. Cfr. Tedoldi, Tra immigrazione e integrazione sociale, p. 454, 462. Cfr. gli esempi di Alagna (Viazzo, Comunità alpine, p. 203 – 233) e Macugnaga (Riccardo Cerri, Alessandro Zanni, L’oro del Rosa. Le miniere aurifere tra Ossola e Valsesia nel Settecento, Magenta 2008, p. 521– 545). Beonio Brocchieri, Le montagne dello Stato di Milano, p. 124 f. Giorgio Ferigo, “La natura de cingari”. Il sistema migratorio dalla Carnia durante l’età moderna, in: Histoire des Alpes – Storia delle Alpi – Geschichte der Alpen 3, 1998, p. 227– 245.
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filatrici e centinaia di tessitori⁹¹ (verso il 1760 di parla di circa 2000 addetti che lavorano in Carnia per l’imprenditore friulano), l’emigrazione legata alle attività tessili registra un certo calo. In altre parole, in quest’area la formazione di un mercato lavorativo interno attenua (parzialmente) la necessità di trovare delle risorse al di fuori della valle, riconfigurando nel contempo le forme della pluriattività all’interno dei gruppi domestici. L’emigrazione dei tessitori carnici è tuttavia lungi dallo scomparire. Per gran parte dei lavoratori, la scelta della partenza o meno è dettata soprattutto dalla durata e dalla sicurezza dell’impiego. Numerosi di loro preferiscono affrontare l’emigrazione e lavorare in modo stabile in terra straniera piuttosto che in forma saltuaria presso le manifatture carniche dei Linussio che sono in grado di dar lavoro alle loro maestranze solo per pochi mesi all’anno.⁹² Ciò spiega la presenza di tessitori carnici in Istria e nelle sue tessiture; un fatto che solleva d’altronde non poche polemiche poiché con essi emigrano competenze e conoscenze tecniche messe al servizio dei concorrenti esteri.⁹³
Conclusione A più riprese, si è autorevolmente sottolineata la necessità di superare l’immagine braudeliana di un capitalismo estraneo alla montagna e inscritto in uno spazio gerarchizzato composto da centri (le città) e periferie (tra cui gli spazi alpini).⁹⁴ Pur se in larga misura condivisibile, questa osservazione non deve celare il fatto che fin dall’epoca moderna le economie alpine si costruiscono anche in funzione delle trasformazioni delle economie urbane. D’altronde, già prima del XIX secolo diversi ambiti delle economie alpine sono soggetti a rapporti asimmetrici con le economie urbane. E le migrazioni sono talvolta i volani di queste asimmetrie. Nel Tesino, ad esempio, se da una parte il commercio ambulante è fonte di redditi per i migranti che lasciano periodicamente le loro famiglie e i loro villaggi, dall’altra li espone all’indebitamento per poter acquisire le mercanzie da essi vendute. Nel corso del XVIII
Cfr. Mario Banelli, L’organizzazione del lavoro nell’industria tessile Linussio di Tolmezzo, in: Metodi e ricerche 3/I, 1984, p. 5 – 30. Cfr. Luciana Morassi, L’impresa Linussio tra maestranze in fuga e concorrenza, in: Metodi e ricerche X, 1991, p. 39 – 50. Sulla questione, Pietro Linussio osserva: “Costume degli artieri di questa provincia [la Carnia] è di girare il mondo onde procurarsi lavoro e guadagno, e passano dall’uno all’altro stato senza timore di cometter delitto, così anco gli artieri delle nostre fabriche cred’io che, passati in Canale senza questo timore, molti di essi ritornano di tratto in tratto a visitare le loro famiglie e poscia o ritornano a quelli lavori o si trattengono in provincia […]. Il peggio però è che essendo concorse queste persone colà possono insegnare agli austriaci il mestiere e così ampliarsi i lavori”. Cit. da Morassi, L’impresa Linussio, p. 44. Cfr. Pollard, Marginal Europe; Merzario, Il Capitalismo nelle montagne; Laurence Fontaine, Montagnes et migrations de travail. Un essai de comparaison globale (XVe–XXe siècle), in: Revue d’histoire moderne et contemporaine 52/2, 2005, p. 26 – 48.
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secolo, gli atti notarili e giudiziari documentano difatti un aumento di debiti, garanzie e esecuzioni giudiziarie che sfociano nell’acquisizione da parte dei Remondini – gli impresari-editori che finanziano la loro emigrazione – di ampie porzioni di superfici fondiarie e immobiliari quali rimborsi per i debiti inevasi.⁹⁵ Delle asimmetrie analoghe si delineano anche nei rapporti tra gli emigranti e gli enti caritatevoli e assistenziali chiamati a sostenerli. Nel 1667, ad esempio, Bernardo Mottini deve cedere alla “Scola della compagnia di Palermo” – la compagnia di artigiani edili di Gordona (Valtellina) attiva nella città siciliana – un ronco vignato per un valore di oltre 700 lire quale pagamento per un credito non rimborsato. Lo stesso deve fare, alcuni anni dopo, Giovanni Antonio delli Agostini che è costretto a cedere alla stessa “Scola di Palermo” tre appezzamenti di terra quale risarcimento per un credito precedentemente contratto di 246 lire e solo parzialmente restituito.⁹⁶ In entrambi i casi, è la migrazione stessa che induce un indebitamento responsabile della precarizzazione economica dei due migranti. Se da un lato le migrazioni delle Alpi italiane non sono riconducibili a mere economie della rendita fondate sulle rimesse dei suoi migranti, esse non sono nemmeno l’espressione di rapporti di mercato fondati sulla razionalità delle scelte individuali. La scelta dei mercati lavorativi riflette sovente logiche e condizionamenti politici e il controllo di spazi economici soggetti a ordinamenti monopolistici e corporativisti che esulano dalla massimizzazione dell’utilità individuale. Analogamente, i flussi monetari possono orientarsi verso ambiti e settori che non puntano all’ottimizzazione dell’allocazione delle risorse ma alla difesa di rendite di posizione attraverso il controllo dei costi di transazione. Colta sul piano macro, l’economia della migrazione appare quindi radicata su un modello volto a promuovere ed assicurare l’accesso a spazi lavorativi “incuneati” all’interno di reti sociali e personali⁹⁷. Essa convive però con gli spazi del micro in cui si esprimono forme diverse di imprenditorialità capitalista per le quali la mobilità diventa uno strumento di gerarchizzazione spaziale e sociale.
Grosselli, I kromeri trentini, p. 210. Nicastro, L’emigrazione alla rovescia, p. 137 f. Riprendiamo qui il concetto di Marc Granovetter, Le marché autrement, Paris 2000.
Louiselle Gally-de Riedmatten
Quelle place pour le service étranger dans une histoire économique des Alpes? L’exemple du Valais sous l’Ancien Régime Abstract: This paper aims to define the exact place of the service étranger in an economic history of the Alps through the study of a concrete case, that is to say the service étranger in Valais under the Ancien Régime. During the Ancien Régime, and even later, the Swiss cantons and their allies had for use to rent their troops to foreign kings. This practice, called in French service étranger and in German Fremdendienst, was sealed between both concerned States by a contract, or military capitulation, which detailed the modalities of transfer of the Swiss troops. Valais is an alpine territory situated in the southwest of Switzerland, limited to the North by the Bernese Alps and to the South by the Alps of Valais. It recovers the Rhône basin, from its spring to its mouth in the Lake Léman. During the Ancien Régime, Valais was an allied country of the Confederates which divides in seven sovereign district or communes called dizains in French or Zenden in German: Conches, Brigue, Viège, Rarogne, Loèche, Sierre and Sion – on which depend subject territories as Lötschen and Gesteln and the Bas-Valais. Valais became the 20th canton of the Swiss Confederation in 1815. The service étranger begins in Valais in the XVIth century by the signature of the perpetual Peace of 1516 and the military capitulation of 1521 with François Ier, king of France. At first, Valais saw in the service étranger an effective way to establish good and sustainable relations with two powerful neighbours: France and Savoy. Accordingly, during the Ancien Régime, Valais raised troops mainly and almost exclusively for these two kingdoms. The service of France began in Valais after the signature of the treaties of 1516 and 1521 and came to an end about three centuries later, September 10th 1792, when the Valliser regiment, known as regiment de Courten, was dismissed in Valenciennes. The service of Savoie began later in 1569, with the signature of the treaty of Thonon. It ended on December 4th 1798 when the regiment Belmont, where the companies of Valais were serving, was given up with the other confederated contingents in France. This article studies the economic effects from the service of France because these latter were more important and paid with more regularity than those of Savoy during the Ancien Régime. The economic effects from the service of France took, at this time, three different forms: the supply in salt, the payment of pensions and the organization of the companies for the king’s service. Valais always lacked of salt, essential product for his economy based mainly on the breeding. The country was thus completely dependent on foreign salt. Yet, the treaties of 1516 and 1521 signed with France granted to the inhabDr. Louiselle Gally-de Riedmatten, 25 rue Pigeon Litan, F–50350 Donville les Bains, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-011
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itants of Valais of the French sea salt, called also salt of Peccais, at a very attractive price, in exchange for troops. This French salt due to the service étranger, called also “privileged” salt or “subsidized” salt, represented during the Ancien Régime a major economic stake for Valais. The pensions were sums of money, which France gave to the territories which took part to the service étranger. This money pursued a political purpose, intended to facilitate the relations with the Swiss and their allies. There were several sorts of pensions: the pension of peace and alliance, which rose at 3,000 livres tournois, the pupil’s pension, grant of 200 livres a year attributed to several students of Valais, and finally the private pensions, which amount varied a lot during the Ancien Régime. These pensions were attributed to the powerful men of the country. When we add all the pensions paid by France to the Inhabitants of Valais, the final amount can seem very important. However, you should not forget that these sums were not regularly paid. Their economic impact in the country remains difficult to assess precisely. Finally, to raise one or several companies for a foreign sovereign implied, concretely, to recruit men, to equip them, to lead them up to the gathering place, to assure their subsistence and their training once there, to watch over their good behaviour in the battle field, and once the campaign ended, to assure their return in the country. All these stages caused expenses which were taken care of by the sovereign who asked for the companies. On the paper, thus, the service étranger appeared a lucrative business for the Inhabitants of Valais which could drain an important capital. We should not forget, however, that in reality, the service étranger was a risky business: the high price of soldiers, the equipment and the food, the hazards of the war, the diseases, the desertions, all this unforeseen could melt as snow in the sun the dreams of fortune of the captains, not to mention the whims of kings who often dismissed overnight a hardly recruited company without it had time to generate the slightest profit. Nevertheless, in the 18th century, the organization of the service of France knew a radical change, because the Swiss troops were organized in permanent regiments. It meant that they remained in wartime as in peacetime in the service of the king of France, their employer. For the first time, the sword of Damocles of the bare and definitive disbandment withdrew. The service étranger became a stable activity where it was finally possible to make a career, to live on the income of the companies, even to grow rich by climbing up the ladder of the military hierarchy. In the end, it seems that the economic effects of the service of France in Valais are marked by a very strong dependence towards the subsidized salt of France and by a certain detachment towards the French pensions. In the 18th century, the service of France is source of wealth for Valais and its inhabitants thanks to the stability of the supply in salt, to the regularity of the payments of the pensions and to the durability of the companies in the service of the king. The study of the economic effects of the service of France in Valais under the Ancien Régime demonstrates that the service étranger has all its place in an economic history of the Alps because it promotes the traffic of consumer goods, because it sets up systems of exchange between the Alps and the nearby countries and because it generates of the wealth in the territories which practise it. However, this sub-
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ject remains difficult because the service étranger presents not one, but several economic systems. In other words, the example of Valais detailed in these pages stays a particular case and not a model applicable to all the cantons having organized the service étranger during the Ancien Régime.
Avant-propos Faire une histoire économique des Alpes est un sujet incontestablement ambitieux, voire même un peu fou, parce qu’il se situe à la croisée de pays, d’hommes, d’usages et d’intérêts très différents. Dans ce contexte, aborder l’histoire économique des Alpes par le biais du service étranger a quelque chose de rassurant puisque ce phénomène ne concerne que les cantons suisses : voilà qui réduit déjà considérablement l’aire géographique du sujet. Il ne faudrait toutefois pas se réjouir trop vite car le service étranger présente, lui aussi, un visage à multiples facettes qui varie selon les cantons qui le pratiquent. A la lumière de cette considération, l’on pourrait avec raison se demander si le service étranger a vraiment sa place dans une histoire économique des Alpes. À quoi bon ajouter de la complexité à la complexité et pourquoi s’attarder sur ce qui apparaît, à l’échelle des Alpes, comme un épiphénomène ? Ne serait-ce pas plus simple, à la réflexion, de passer sous silence cette coutume spécifique aux Helvètes ? Ces quelques pages se proposent d’apporter des éléments de réponse à l’aide d’un cas concret, celui du Valais. Il s’agit de comprendre pourquoi et comment ce pays, allié des cantons suisses sous l’Ancien Régime, s’est lancé dans le service étranger, quels avantages il a ainsi obtenus pour, à la lumière de ces réflexions, parvenir à évaluer la place du service étranger dans une histoire économique des Alpes.¹
1 Le service étranger : une définition Le service étranger, Fremdendienst en allemand, est une particularité propre aux Suisses que les dictionnaires se gardent bien d’expliciter. Quant aux historiens, ils proposent généralement plusieurs définitions dont les subtilités ne sont pas toujours faciles à saisir. Pour faire simple, nous pouvons dire que le service étranger est une forme de mercenariat qui se pratique au niveau des États. Expliquons-nous. Dès le XIIIe siècle, l’enrôlement pour le service d’un prince étranger apparut comme une pratique courante dans certains cantons suisses.² Sous l’effet de la demande toujours croissante de mercenaires et de la réputation de bravoure des Les résultats présentés ici ont fait l’objet d’une thèse soutenue à l’université de Berne en février 2014 et intitulée : « Du sang contre de l’or : le service étranger en Valais sous l’Ancien Régime ». Wolfgang Friedrich von Mülinen, Geschichte der Schweizer-Söldner bis zur Errichtung der ersten stehenden Garde (1497), Bern 1887, p. 1– 16.
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Confédérés, ce mouvement ne cessa de s’amplifier au point de devenir, au XVe siècle, un véritable phénomène de masse. L’émigration militaire suisse de cette époque est unanimement qualifiée d’activité mercenaire par les historiens ; les hommes qui s’engageaient alors étaient des professionnels de la guerre, rapidement mobilisables, motivés par des intérêts personnels et qui partaient généralement pour un laps de temps assez court, le temps de la campagne.³ Les engagements mercenaires prenaient la forme d’un contrat privé passé entre l’employeur et les hommes qui proposaient leurs services.⁴ Toutefois, et à la différence du soldat, le mercenaire ne servait d’autre cause que la sienne et n’était soumis à aucune autorité supérieure : en d’autres termes, il échappait à tout contrôle étatique.⁵ Les guerres de Bourgogne et d’Italie fourmillent d’exemples de mercenaires, qui, bravant l’interdiction de leurs cantons, s’engagèrent au secours d’un prince étranger ; une fois sur place ces hommes, au nom de leur seul intérêt, provoquèrent des catastrophes, militaires et politiques, laissant un sentiment de confusion générale et de grande dangerosité. Pour faire face à ce chaos, les cantons cherchèrent à transformer le mercenariat, activité improductive, voire dangereuse pour la Confédération « en un instrument politique présumé utile à l’ensemble de la communauté »⁶. Dès le XVIe siècle, des traités furent conclus entre l’État qui offrait ses troupes et l’État qui les employait. Ces conventions militaires – appelées également capitulations, terme issu sans doute de capitulum, qui signifie chapitre en latin – détaillaient la manière dont les troupes cédées devaient être recrutées, équipées, rémunérées et traitées.⁷ L’implication de l’État dans le processus d’organisation et de recrutement des levées changea radicalement le visage du mercenariat : l’État devint désormais le principal, voire l’unique pourvoyeur d’hommes. Les troupes envoyées à un prince étranger dans le cadre d’une capitulation militaire étaient rémunérées par lui et avaient le devoir de le servir fidèlement sans cesser, jamais, d’appartenir à leur État d’origine : elles conservaient leur justice⁸, ainsi que la liberté de culte, marchaient sous leurs propres bannières et avec leurs propres officiers. Parce que les régiments suisses représentaient leur Souverain partout où ils combattaient, leur employeur ne
Dictionnaire historique de la Suisse (= DHS), t. 8, 2009, p. 436; t. 11, 2012, p. 581. La France de la Renaissance histoire et dictionnaire, Paris 2001, p. 957 ; Olivier Bangerter, La pensée militaire de Zwingli, dans : Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte 21, 2003, p. 36s. Sarah Percy, Mercenaries. The History of a Norm in International Relations, New York 2007, p. 58. DHS, t. 8, 2009, p. 436. Dominic Pedrazzini, Les Capitulations militaires dans les traités d’alliance des anciens États confédérés au regard des théories d’Emer de Vattel (XVIe–XVIIIe siècle), dans : Revue militaire Suisse 11, 1985, p. 504– 510, ici p. 505. Sur ce sujet, voir aussi Alain-Jacques Czouz-Tornare, Vaudois et Confédérés au service de France, 1789 – 1798, Yens s. / Morges 1998, p. 14 ; Pierre Carles, Le Recrutement avoué; une des clefs de la politique militaire franco-suisse sous l’Ancien-Régime, dans : Histoire et défense, les Cahiers de Montpellier 26/II, 1992, p. 73 – 81, ici p. 75. Goughas Salerian-Saugy, La Justice militaire des troupes suisses en France sous l’Ancien Régime, d’après les documents conservés aux archives de Berne et de Paris, Paris 1927.
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pouvait les utiliser à sa convenance. Les troupes helvétiques passaient donc du statut de troupes mercenaires à celui de troupes auxiliaires cédées à un État allié pour le soutenir dans ses guerres, sans perdre leur identité ni amoindrir le lien les unissant à leur Souverain.⁹ Cette situation fit dire à certains historiens qu’il s’agissait d’une « armée dans l’armée »¹⁰. Le contrôle de l’État sur l’engagement militaire suisse à l’étranger – qui se manifeste par les premières capitulations – explique la mue du mercenariat en service étranger.¹¹ Le mercenariat prit, tout au long des siècles, des formes et des visages différents, et le service étranger fut l’un de ces multiples visages. Plus précisément, l’on pourrait définir le service étranger comme un avatar du mercenariat, dans le sens premier de ce mot, qui veut dire la transformation, la métamorphose. Le service étranger fut la transformation ultime du mercenariat, sa forme la plus organisée et la plus structurée, en un mot, la plus aboutie.
2 Le Valais sous l’Ancien Régime Le Valais est un territoire alpin situé au sud-ouest de la Suisse, borné au nord par les Alpes bernoises et au sud par les Alpes valaisannes. Ce territoire recouvre le bassin du Rhône, de sa source à son embouchure dans le lac Léman. En 999, Rodolphe III, dernier roi de Bourgogne, fit don à Hugues, évêque de Sion, du comté du Valais avec l’ensemble des droits régaliens qui y étaient attachés.¹² Cette donation fit de l’évêque de Sion le chef temporel de ce territoire alpin situé en amont du lac Léman et qui s’étendait alors de la source du Rhône à la Croix d’Ottans, en dessous de Martigny.¹³ Peu après la mort de Rodolphe III, en 1032, le Valais passa sous l’autorité du Saint Empire romain germanique et l’évêque de Sion devint vassal de l’empereur.¹⁴ Cependant, la protection de l’Empire à l’autorité lointaine n’était
Jean Steinauer, Patriciens, fromagers, mercenaires. L’émigration fribourgeoise sous l’Ancien Régime, Lausanne, 2000, p. 190 ; Percy, Mercenaries, p. 91. André Corvisier, Une Armée dans l’armée : les Suisses au service de France, dans : Cinq siècles de relations franco-suisses. Hommage à Louis-Edouard Roulet, Neuchâtel 1984, p. 87– 98, ici p. 91. DHS, t. 8, 2009, p. 437 ; t. 11, 2012, p. 581. Précisons qu’après la dislocation de l’empire carolingien, le Valais avait été inclus dans le second royaume de Bourgogne fondé par Rodolphe, comte d’Auxerre, et proclamé en 888 à Saint-Maurice. Victor van Berchem, Guichard Tavel, évêque de Sion, 1342– 1375 : étude sur le Valais au XIVe siècle, dans : Jahrbuch für Schweizerische Geschichte 24, 1899, p. 29 – 395, ici p. 33 – 36. Jean Graven, Essai sur l’évolution du droit pénal valaisan jusqu’à l’invasion de 1798, Lausanne 1927, p. 20, 15s. L’évêque du Valais relevait directement de l’empereur qui lui conférait l’investiture temporelle. L’immédiateté impériale fut réaffirmée en 1189 par Henri VI. Grégoire Ghika, Un troisième centenaire : L’indépendance du Valais à l’égard du Saint-Empire a-t-elle été reconnue par les traités de Westphalie, en 1648, en même temps que celle de la Confédération suisse?, dans : Archives valaisannes, fonds conservé aux Archives de l’État du Valais, Sion, 2e sér., 1948, p. 389 – 448, ici p. 390s.
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d’aucun secours face à la puissante maison de Savoie qui voulait prendre le contrôle de la vallée du Rhône et de ses cols alpins. Pour lutter contre cet encombrant voisin, l’évêque fit alors appel aux forces vives du pays, la noblesse et les communes qui, en contrepartie, demandèrent à s’émanciper de la tutelle féodale.¹⁵
2.1 Les sept dizains Lorsque le mercenariat, puis le service étranger apparurent en Valais, aux XVe et XVIe siècles, la libération des communes avait alors donné naissance à une forme d’État corporatif ¹⁶ qui instaurait le partage du pouvoir du prince. À sa tête se trouvait toujours l’évêque de Sion, prince temporel et spirituel qui, depuis le XIVe siècle, portait le titre de comte et préfet du Valais.¹⁷ Sa souveraineté, cependant, était entravée par les sept dizains et la Diète, présidée par le grand bailli, avides des prérogatives temporelles du prince. Les communes les plus importantes du pays s’étaient, au fil des siècles et des victoires contre la Savoie et la noblesse valaisanne, émancipées de la tutelle du prince et regroupées en sept dizains, à savoir Sion, Sierre, Loèche, Rarogne, Viège, Brigue et Conches. L’origine du mot dizain, Zenden en allemand, est incertaine : ce mot viendrait peut-être du latin desenus, terme qui désignait les dix anciennes terres composant le patrimoine de l’Église de Sion. Dès le XVe siècle, la division administrative du pays fut définitivement arrêtée à sept dizains.¹⁸ Les dizains jouissaient d’une grande liberté politique : ils formaient de petites républiques autonomes, chacune possédant son sceau et sa bannière, ses particularités juridiques, envoyant ses propres députés siéger à la Diète et pouvant même conclure des traités et des alliances avec des puissances voisines.¹⁹ À l’intérieur de chaque dizain, l’organisation politique était la suivante : l’autorité suprême appartenait à l’assemblée du dizain, par laquelle les communes toutes rassemblées édictaient les lois et décidaient des traités et alliances. Venait ensuite le conseil du dizain, composé des députés des communes et dont la fonction était d’administrer
Graven, Essai sur l’évolution du droit pénal valaisan, p. 23s ; Grégoire Ghika, La Fin de l’état corporatif en Valais et l’établissement de la souveraineté des dizains au XVIIe siècle, Sion 1947, p. 21. D’après E. Lousse, L’État corporatif se définit de la sorte : « Une forme de la communauté politique dans laquelle la suprême puissance, qui appartient en théorie au prince, est limitée par les privilèges concédés à un certain nombre d’ordres ou d’états ». Cité par Ghika, La Fin de l’état corporatif en Valais, p. 15. Wolfgang-Amédée Liebeskind, L’État valaisan. Esquisse d’une histoire politique des origines au milieu du XIXe siècle, dans : Archives valaisannes, 2e sér., 1971, p. 1– 80, ici p. 26s. D’après cet auteur, le titre de préfet, dans la titulature du Bas-Empire, réaffirmait l’immédiateté impériale de l’évêque de Sion. Au sujet des diverses thèses quant à l’origine du mot dizain, voir également Graven, Essai sur l’évolution du droit pénal valaisan, p. 26 note 4. Bernard Truffer, Das Walliser Archivwesen im 16. Jahrhundert, dans : Vallesia 27, 1973, p. 213 – 244, ici p. 215.
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les affaires du dizain. Dans les faits, cet organe n’était pas habilité à prendre de décisions. Mais si une affaire ne figurant pas à l’ordre du jour réclamait d’être traitée immédiatement, les députés étaient autorisés à sortir de leur réserve, à condition d’en référer ensuite à leur commune : ce mécanisme, appelé prendre une décision ad referendum ou à recès, rappelait que le pouvoir n’appartenait pas au dizain mais bien aux communes qui le composaient. Avec le temps, cependant, le conseil de dizain acquit toujours plus de pouvoir, au détriment des communes. Au XIVe siècle, au moment du déclin de la noblesse valaisanne, le terme de « Patriotes » apparut qui désignait tout individu en lutte contre le pouvoir temporel des évêques.²⁰ Mais lorsque ce combat prit fin, avec l’abolition de la Caroline²¹ par l’évêque Hildebrand Jost, le 9 janvier 1634, le sens du mot évolua : être Patriote signifia alors faire partie de l’élite de la commune et du dizain et donc participer à la vie politique du pays. Ajoutons que seuls les Haut-Valaisans étaient des Patriotes, puisque les territoires du Bas-Valais étaient, comme nous l’évoquerons plus loin, sujets des dizains sous l’Ancien Régime.
2.2 La Diète valaisanne À l’image des cantons suisses, les dizains valaisans formaient une confédération et se réunissaient régulièrement en Diète pour discuter des affaires du pays à l’origine, cette institution était un lieu de dialogue et de consultation entre l’évêque et ses sujets.²² Les diètes ordinaires avaient lieu deux fois l’an, en mai et en décembre à Sion, au château de la Majorie, résidence épiscopale jusqu’à l’incendie de 1788. Les diètes extraordinaires, ou diétines, se tenaient dans des bourgs importants du pays. Au sommet de l’édifice étatique se trouvait l’évêque ; lui seul avait le pouvoir de convoquer et de présider la Diète. Pour le seconder dans ses tâches, il créa, dès le XIIIe siècle, une charge nouvelle sur le modèle de l’administration savoyarde : le bailli, qui devint plus tard le grand bailli ou Landeshauptmann. Il s’agissait d’un officier désigné par le prince, son alter ego temporel en quelque sorte, qui pouvait convoquer et présider la Diète en son absence et dont les attributions étaient à la fois judiciaires, administratives et militaires.²³ Vers le XVIe siècle, le grand bailli
Ghika, La Fin de l’état corporatif en Valais, p. 37. On entend par Caroline l’acte selon lequel Charlemagne (d’où le nom de Caroline) aurait donné à l’évêque saint Théodule le pouvoir temporel sur le comté du Valais. Cette donation, jamais retrouvée et fortement contestée – Charlemagne et saint Théodule n’étaient pas contemporains –, fut malgré tout confirmée par l’empereur Charles Quint à Mathieu Schiner, en 1521, et par l’empereur Ferdinand II à Hildebrand Jost en 1627. Le Chapitre confirma la renonciation de la Caroline le 29 avril 1637. Sur ce sujet, voir entre autres Liebeskind, L’État valaisan, p. 44s. Idem, Das Referendum der Landschaft Wallis, p. 46. La charge de grand bailli fit son apparition en 1275. Graven, Essai sur l’évolution du droit pénal valaisan, p. 59s., 110.
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s’émancipa de la tutelle de l’évêque et devint son plus farouche opposant, usurpant bon nombre de ses pouvoirs temporels. Face à l’évêque, la Diète représentait un bloc compact et soudé, communes et Patriotes poursuivant alors un seul et même but : dépouiller le prince de sa puissance temporelle. En revanche, vis-à-vis des dizains, cette institution était de peu de poids. Ces derniers, en effet, lui refusaient catégoriquement tout droit d’immixtion dans leurs affaires. Les liens qui unissaient les dizains entre eux étaient donc extrêmement lâches. Seules les communes étaient souveraines, pouvant sceller des alliances avec certaines puissances étrangères sans l’accord du pays dans son ensemble et approuver ou rejeter toute décision de la Diète.²⁴ Il ne nous appartient pas de détailler ici les différentes étapes de la lutte acharnée des communes contre le prince et ses prérogatives temporelles. Notons, toutefois, qu’en matière de service étranger, l’évêque perdit dès la mort de Mathieu Schiner, en 1522, tout pouvoir en la matière ; bien qu’il fût toujours consulté sur les capitulations passées avec l’étranger et sur les levées, son avis, en réalité, comptait peu. En 1634 Hildebrand Jost, après une longue lutte contre les Patriotes, renonçait définitivement au pouvoir temporel. Dès lors, les dizains n’eurent de cesse de faire reconnaître et accepter par tous leurs alliés la « République du Valais » : les cantons catholiques s’inclinèrent en 1680 et la France fit insérer ce terme en 1697, dans la paix de Ryswick.²⁵
2.3 L’organisation territoriale Sous l’Ancien Régime, le territoire valaisan comprenait d’un côté les sept dizains, s’étendant le long du Rhône jusqu’à la Morge de Conthey²⁶, et de l’autre les territoires sujets, tels Lötschen et Gesteln (ou Niedergesteln), sujets des cinq dizains supérieurs (soit Conches, Brigue, Viège, Rarogne et Loèche), et le Bas-Valais, sujet des sept dizains. La conquête du Bas-Valais s’effectua en deux temps. Tout d’abord, de novembre 1475 à juillet 1476, les Valaisans, aidés des Bernois, arrachèrent à la Savoie les territoires situés entre Massongex et la Morge de Conthey. En décembre 1476, la Diète proclama que tout le territoire conquis jusqu’au défilé de Saint-Maurice serait dé-
Ibid., p. 60s. Ghika, Un troisième centenaire, p. 439, 443. Les traités de Ryswick, ou Rijswijk, furent conclus entre la France, la Grande Bretagne, l’Espagne et les États généraux de Hollande le 20 septembre 1697 et avec l’empereur le 30 octobre 1697. Ils mettaient fin à la guerre de la Ligue d’Augsbourg. Lucien Bély, Les relations internationales en Europe, XVIIe–XVIIIe siècle, Paris 2001, p. 371s. La Morge de Conthey est un affluent du Rhône qui marque la limite entre les sept dizains souverains du Haut-Valais et les territoires sujets du Bas-Valais.
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Fig. 1: Réalisée à partir d’Arthur Fibicher, Walliser Geschichte, vol. 3.1, Sion 1993, p. 10, 31.
sormais incorporé à perpétuité au pays²⁷ : dès 1488, un gouverneur, choisi à tour de rôle dans les dizains et agréé par l’évêque, fut désigné par la Diète pour administrer ces terres. Ensuite, en 1536, les Valaisans envahirent la rive gauche du Léman jusqu’à la Dranse de Thonon et, malgré les protestations du duc de Savoie, gardèrent ces territoires qu’ils partagèrent en trois gouvernements : Évian, Monthey et Aulps. La Diète nomma des gouverneurs pour administrer ces territoires qui, en même temps que le gouverneur de Saint-Maurice, étaient renouvelés tous les deux ans.²⁸ Au final, les territoires sujets du Valais furent donc divisés en quatre gouvernements durant 30 ans, jusqu’au traité de Thonon (4 mars 1569) par lequel le pays accepta de rétrocéder à la Savoie les gouvernements d’Évian et du val d’Aulps, et conserva celui de Monthey et donc un accès au Lac Léman.²⁹ Dès lors, les frontières du pays furent définitives. Pour terminer cet aperçu, ajoutons que le Valais fut durant tout l’Ancien Régime un pays allié des Confédérés. Ce n’est qu’en 1815 qu’il devint le 20e canton de la Confédération helvétique.
Arthur Fibicher, Walliser Geschichte, vol. 2 : Hoch und Spätmittelalter, Sitten 1987, p. 56 – 59, Frédéric de Gingins-La-Sarra, Développement de l’indépendance du Haut-Vallais et conquête du BasVallais. Étude rétrospective, dans : Archiv für Schweizerische Geschichte 2, 1844, p. 1– 26 et 201– 248. Graven, Essai sur l’évolution du droit pénal valaisan, p. 156s. Bernhard Truffer / Anton Gattlen, Die Walliser Landrats-Abschiede seit dem Jahre 1500, vol. 5 (1565 – 1575), Brig 1980, p. 113 – 142 ; Jean-Marc Biner, État des gouverneurs du Bas-Valais (1488 – 1798), dans : Vallesia 18, 1963, p. 177– 215, ici p. 178.
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2.4 L’économie valaisanne Le Valais était un pays essentiellement agricole qui produisait la plus grande partie des denrées dont il avait besoin, tout en entretenant un important réseau d’échanges avec ses voisins. La production de céréales, de légumes et de fruits couvrait les besoins des dizains et l’excédent, principalement céréalier, était vendu aux régions voisines, telles l’Oberland bernois, Uri et la vallée d’Aoste.³⁰ Quant à l’élevage, il occupait une place de choix en Valais, particulièrement dans la haute vallée du Rhône, où les dizains de Brigue, Mörel et Conches se spécialisaient dans l’élevage des bovins³¹, tandis que les vallées de l’Entremont, Bagnes, Matter, Saas, et le dizain de Rarogne, se consacraient à celui des moutons. Là encore, l’importance du cheptel permettait d’exporter chaque année un grand nombre de bêtes vers les pays voisins et tout spécialement vers l’Italie : ce commerce apportait aux dizains concernés de substantiels revenus.³² L’abondance des troupeaux faisait du Valais un grand producteur et exportateur de produits laitiers, principalement de beurre et de fromages, qu’il revendait surtout en Lombardie et, dans une moindre mesure, dans le Pays de Vaud et à Genève.³³ Outre ces biens de première nécessité, le Valais produisait également du vin³⁴, des draps, du cuir, des métaux (grâce aux mines d’or de Gondo, de fer de Ganter et de plomb situées dans le Val de Bagnes, à Mörel et dans le Lötschental³⁵), de l’agaric (champignon permettant de produire de l’amadou, utilisé en médecine et comme allume-feu), de la térébenthine, à partir de la résine des mélèzes, des plantes médicinales, des escargots, des châtaignes, etc. Si le vin valaisan suffisait aux besoins du pays, et se vendait même jusqu’à Berne et Uri, certains dizains, tels Viège, Brigue et Conches, préféraient en importer de la vallée d’Aoste pour des raisons de prix. Quant aux draps, ils étaient vendus à Villeneuve et en Italie. Il en allait de même
La production céréalière se situait essentiellement entre Martigny et Loèche. DHS, t. 12, 2013, p. 873. Une certaine augmentation des troupeaux de bovins est constatée en Valais dès la fin du XIVe siècle : l’élevage dépasse alors la simple consommation familiale pour s’orienter vers une activité commerciale. Pierre Dubuis, Fin du Moyen Age, XIVe–XVe siècles, in : Histoire du Valais, t. 2, p. 236 – 335, ici p. 250. Voir également du même auteur Une économie alpine à la fin du Moyen Age. Orsières, l’Entremont et les régions voisines, 1250 – 1500, Sion 1990, t. 1, p. 269 – 277. Alain Dubois, Die Salzversorgung des Wallis, 1500 – 1610 : Wirtschaft und Politik, Winterthur 1965, p. 17– 20, 30. Jules-Bernard Bertrand, Notes sur le commerce, l’industrie et l’artisanat en Valais avant le XIXe siècle, dans : Archives valaisannes, 2e sér., 1942, p. 517– 558, ici p. 519. Histoire de la Vigne et du Vin en Valais des origines à nos jours, 2010. Christine Payot, L’exploitation minière en Valais au Moyen Age et à l’Époque Moderne. Quelques réflexions à propos et à partir des documents d’archives, dans : Werner Bellwald / Sandro Guzzi-Heeb (dir.), Un peuple réfractaire à l’industrie ? Fabriques et ouvriers dans les montagnes valaisannes, Lausanne 2006, p. 61– 93.
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pour le plomb exporté en Italie, en Savoie et à Genève en temps de guerre. Le pays, en revanche, importait du fer de Bourgogne et de Carinthie, au sud de l’Autriche.³⁶ Le Valais, cependant, manquait d’une denrée indispensable pour l’époque : le sel. Cet aliment, essentiel pour l’équilibre de l’organisme humain comme pour celui du bétail, était également le seul moyen de conservation connu.³⁷ Or le pays, parce qu’il était un producteur important de viande et de produits laitiers, avait de grands besoins en sel. Par conséquent, son approvisionnement représentait un enjeu économique absolument vital pour les dizains, ainsi qu’un enjeu politique de taille, puisque cette denrée provenait entièrement de l’étranger. Le Valais importait du sel principalement de l’Empire, de France et d’Italie. Le sel impérial, – issu des mines du Salzkammergut, en Autriche, et de Hall, au Tyrol –, était destiné à une petite partie du Haut-Valais : principalement au dizain de Conches, au tiers de Mörel et à une partie du dizain de Brigue. En général, ce sel s’échangeait contre des produits du pays : son commerce, au XVIe et début du XVIIe siècle, était libre, peu réglementé par les autorités et jouissait d’une fiscalité particulièrement légère. Le sel impérial joua un rôle mineur dans le pays, aussi bien sur le plan politique qu’économique, sauf à Conches qui, grâce à la sécurité qu’il lui apporta, put afficher une certaine indépendance et un vrai désintérêt vis-à-vis des sels français et italiens.³⁸ Ainsi, et pour une raison qui demeure encore difficilement explicable de nos jours, les Conchards préféraient-ils le sel gemme – sel fossile extrait de mines continentales – au reste des Valaisans qui ne juraient que par le sel de mer.³⁹ Le sel de France, quant à lui, provenait de mines situées en Méditerranée, dans les actuels départements du Gard et des Bouches du Rhône, et plus spécifiquement des salins de Peccais, aux alentours d’Aigues-Mortes.⁴⁰ Ce sel de mer gris, peu apprécié des cantons suisses, car jugé inférieur au sel gemme, était consommé en
Dubois, Die Salzversorgung, p. 21– 30. L’homme a besoin de quatre à six grammes de sel par jour au minimum et de 15 à 20 grammes au maximum. La quantité de sel nécessaire à une vache, en revanche, peut aller jusqu’à 90 grammes par jour. Le sel était également utilisé pour certaines productions artisanales, telles que la tannerie. DHS, t. 11, 2012, p. 531. Dubois, Die Salzversorgung, p. 38 – 40, 54– 56, 61– 63, 73, 77. Alain Dubois, Les fermes du sel de Michel Mageran (1608 – 1648) et de Gaspard Stockalper (1648 – 1678) comme aboutissement d’un processus amorcé vers 1530, dans : Pascal Ladner / Gabriel Imboden (dir.), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit. Vorträge des siebenten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2003), Brig 2004, p. 121– 136, ici p. 121s. D’après cet auteur, l’utilisation du sel comme « fret de retour », ou la possibilité d’obtenir « cette précieuse denrée » sans bourse délier, en la troquant contre des produits indigènes, tels que le vin, peuvent expliquer ce choix. Henri Hauser, Le Sel dans l’histoire, in : Les origines historiques des problèmes économiques actuels, Paris 1930, p. 53 – 69, ici p. 60. Aigues-Mortes, dans le département du Gard, se trouve à 30 kilomètres de Montpellier et à 35 kilomètres de Nîmes.
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grande quantité à Genève et en Valais⁴¹ ; acheminé en bateau jusqu’à Valence, il remontait le Rhône ou l’Isère (selon l’itinéraire choisi) jusqu’à Seyssel, puis il était transporté par la route à Genève et traversait le lac Léman pour arriver à Villeneuve ou au Bouveret.⁴² Enfin, le sel italien consommé en Valais était principalement du sel de mer extrait des marais salants de Barletta (situés dans les Pouilles) et de Trapani (en Sicile insulaire), appelé également sel gris. Acheminé en bateau jusqu’à Venise, puis Pavie, dépôt le plus important de Lombardie pour l’approvisionnement du Valais, le sel italien passait ensuite par le lac Majeur, Domodossola, le Simplon et Brigue. Mais il pouvait aussi emprunter d’autres chemins.⁴³ Au regard de la situation économique valaisanne, telle que nous l’avons brièvement esquissée ici, deux points importants méritent d’être soulignés : la dépendance économique des dizains du Haut-Valais, Conches, Mörel et Brigue, par rapport à l’Italie voisine – débouché essentiel pour leurs exportations de troupeaux, de produits laitiers, de draps et de cuir, ainsi que source de leur approvisionnement en vin et en blé –, et la totale dépendance de l’ensemble du pays vis-à-vis de l’extérieur quant à son approvisionnement en sel. Ces deux particularités de l’économie valaisanne allaient avoir un impact considérable sur les relations entre les dizains euxmêmes, mais aussi et surtout sur la politique extérieure du pays et, par voie de conséquence, sur le développement du service étranger.
3 Le service étranger valaisan Après avoir été courtisé à plusieurs reprises par la France à l’aube du XVIe siècle, le pays céda finalement aux avances diplomatiques de François Ier et signa, aux côtés des cantons, la Paix Perpétuelle du 29 novembre 1516⁴⁴ et la capitulation militaire du
Alain Dubois, Le sel de Peccais dans les pays voisins de la France : problèmes anciens, aspects nouveaux, in : Colloque franco-suisse d’histoire économique, Genève, 5 – 6 mai 1967, publications de la faculté des sciences économiques et sociales de l’Université de Genève 20, 1969, p. 19 – 25, ici p. 24. Le sel de Peccais pouvait en effet suivre deux itinéraires distincts : le premier remontait le Rhône jusqu’à Lyon et Saint-Genix-d’Aoste (actuel Saint-Genis-sur-Guiers). C’était le chemin le plus long, environ 520 kilomètres jusqu’au Bouveret ou à Villeneuve, et le moins usité. Le second itinéraire remontait l’Isère jusque dans la région de Tullins-Moirans, pour continuer par voie terrestre jusque à Saint-Genix-d’Aoste, soit 460 kilomètres pour arriver à la frontière valaisanne. Dubois, Die Salzversorgung, p. 40 – 43. Au sujet de l’importance du sel de Peccais en Valais, voir également Philippe Gern, Aspects des relations franco-suisses au temps de Louis XVI. Diplomatie, économie, finances, Neuchâtel 1970, p. 194s. Les distances entre Barletta et Martigny ou Trapani et Martigny pouvaient alors varier entre 1,300 et 2,300 kilomètres suivant l’itinéraire choisi. Dubois, Die Salzversorgung, p. 43 – 47. Cette alliance est publiée dans plusieurs ouvrages. Voir, entre autres, Beat-Fidel de Zurlauben, Histoire militaire des Suisses au service de la France, t. 4, Paris 1751, p. 489 – 528, preuve IV : Texte français et latin.
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2 mai 1521.⁴⁵ Par ces traités, les Valaisans autorisaient le roi de France à recruter des hommes sur leur territoire pour la défense de son royaume. En contrepartie, le monarque s’engageait à fournir à ses alliés un secours militaire ou des avantages financiers et économiques, selon les besoins. La Paix Perpétuelle de 1516 et l’alliance militaire de 1521 sont « la pierre angulaire »⁴⁶ sur laquelle repose tout l’édifice du service étranger valaisan. Désormais, tous les traités politiques et militaires relatifs au service étranger allaient s’inspirer de ces deux alliances passées avec la France, et ce, jusqu’à la fin de l’Ancien Régime.
3.1 Un bref aperçu de l’organisation du service étranger valaisan durant l’Ancien Régime Les Valaisans choisirent de se lancer dans le service étranger parce qu’ils voyaient dans cette entreprise un moyen très efficace d’établir des relations politiques stables avec leurs voisins directs, la France et la Savoie. À titre d’exemple, considérons que le Valais amorça un rapprochement diplomatique avec Louis XII dès 1500, une fois que ce dernier eut conquis le Milanais et qu’il fut devenu un inquiétant et puissant voisin pour les dizains. Cette motivation politique primait sur les considérations économiques et financières. Durant tout l’Ancien Régime, le Valais ne signa de capitulations militaires qu’avec la France et la Savoie. S’il est vrai, toutefois, que des levées pour le compte de l’Espagne ou de Venise eurent effectivement lieu, notons que ces dernières furent ponctuelles et n’engagèrent jamais la responsabilité du pays tout entier. Le service de France débuta en Valais après la signature des traités de 1516 et 1521 et prit fin près de trois siècles plus tard, le 10 septembre 1792, lors du licenciement du régiment valaisan de Courten à Valenciennes.⁴⁷ Tout au long de l’Ancien Régime, et en dépit des fortes tensions diplomatiques qui surgirent entre les deux alliés, les Valaisans participèrent à tous les renouvellements de l’alliance française, sans exception aucune.⁴⁸
L’alliance militaire de 1521 est publiée dans Jean Dumont, Corps universel diplomatique du droit des gens, t. IV partie I, p. 333 – 335. Il s’agit d’une copie tirée des manuscrits de la Bibliothèque royale de Berlin. Texte latin. Il en existe plusieurs versions, en allemand et en français, dans différents fonds d’archives. Notons que le canton de Zurich, influencé par les violentes diatribes du réformateur Ulrich Zwingli (1484– 1531) contre le mercenariat, refusa d’adhérer à l’alliance militaire avec la France de 1521. Sur ce sujet, voir Olivier Bangerter, La pensée militaire de Zwingli, dans : Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte 21, 2003, p. 36 – 64. Livet, Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France, t. 1 : Les XIII cantons, p. XIII. Eugène et Joseph de Courten, Famille de Courten. Généalogie et services militaires, Metz 1885, p. 122. Au cours de l’Ancien Régime, le Valais participa aux huit renouvellements de l’alliance française : en 1549, 1564, 1582, 1602, 1657, 1663, 1715 et 1777.
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L’organisation du service de France revêtit, au cours des siècles, différentes forme. Au commencement, le roi de France levait quelques compagnies valaisannes qui, incorporées à des régiments suisses, étaient licenciées au terme de la campagne militaire. En 1624, Louis XIII accepta pour la première fois de rassembler toutes les compagnies valaisannes dans un même corps. Ce premier régiment valaisan, plus connu sous le nom de régiment de Preux, connut un destin tragique durant la campagne de la Valteline : décimé par les désertions et la maladie, il fut licencié en 1627 sans avoir obtenu la totalité de ses arriérés de solde. En 1641, un autre régiment valaisan vit le jour, le régiment Ambuel, dont le sort, tout aussi malheureux, provoqua son congé définitif trois ans plus tard, en 1644. Pour finir, Louis XIV, à l’aube du XVIIIe siècle, proposa aux Valaisans la mise sur pied d’un nouveau régiment tout en s’engageant à le conserver à son service de manière permanente. Ce contingent, appelé « régiment de Courten », fut levé en 1690 et servit durant plus d’un siècle, jusqu’à son licenciement définitif en 1792. Si dans le domaine du service étranger la France fut sans conteste l’allié historique du Valais – un allié à n’en pas douter très influent – cette réalité ne doit néanmoins pas masquer la place du service de Savoie dans les dizains. Ce service eut pour fondement la signature, en 1569, du traité de Thonon⁴⁹, traité politique assorti d’une capitulation militaire qui autorisait le duc à recruter des hommes dans les dizains pour la sauvegarde et la défense de son territoire. Le traité de Thonon fut renouvelé le 16 décembre 1590, puis confirmé en 1600 et 1606. Bien que nous n’ayons pas eu connaissance d’autres renouvellements, l’alliance entre le duc et les Valaisans demeura néanmoins active tout au long de l’Ancien Régime. En Valais, le service de Savoie démarra tardivement puisque ce ne fut qu’en 1603, soit 34 ans après la signature du traité de Thonon, que les dizains autorisèrent pour la première fois le duc de Savoie à recruter sur leurs terres. Ce recrutement, à peine accordé, fut immédiatement annulé ! Nous reviendrons sur cette affaire mais ces atermoiements s’expliquent en partie par la volonté de ménager la France et d’imposer, en douceur, un nouveau service étranger dans le pays. En 1610, le service de Savoie prit beaucoup d’ampleur dans le pays avec la formation du premier régiment valaisan au service du duc. Ce contingent, licencié vers 1655 après de nombreux déboires, ne fut jamais reconstitué. Dès lors, les Valaisans levèrent des compagnies isolées, plus ou moins nombreuses selon les époques, qui furent incorporées, aux côtés de compagnies confédérées, dans des régiments mixtes, appelés par l’administration sarde régiments « suisses-valaisans ». Au XVIIIe siècle, par un tour de passe-passe que l’histoire affectionne, le service de Savoie devint le service de Piémont-Sardaigne.⁵⁰ Ce service prit fin le 4 décembre 1798 lorsque, en Bernhard Truffer / Anton Gattlen, Die Walliser Landrats-Abschiede seit dem Jahre 1500 (= WLA), vol. 5 (1565 – 1575), Brig 1980, p. 113 – 142. En 1713, le traité d’Utrecht fit de Victor-Amédée II – jusqu’alors duc de Savoie et prince de Piémont – le roi de Sicile insulaire. Conformément au traité de Londres du 2 août 1718, ce dernier céda ce territoire à l’empereur Charles VI en échange de la Sardaigne. Le traité de La Haye du 20 février
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vertu de l’accord passé entre la République helvétique et la République française, le régiment Belmont où servaient les compagnies valaisannes fut cédé avec les autres contingents confédérés à la France.⁵¹ Ces éléments mettent en lumière que les services de France et de Savoie suivirent, en Valais, des parcours politiques et militaires très différents, ce qui ne les empêcha nullement de coexister tout au long de l’Ancien Régime, plus ou moins harmonieusement selon les époques. En Valais, le service étranger fut toujours l’affaire des puissants du moment. Privilège du prince-évêque au XVe et début du XVIe siècle, puis des Patriotes valaisans à la mort de l’évêque Mathieu Schiner, cette entreprise passa dans les premières décennies du XVIIe siècle entre les mains d’entrepreneurs habiles, tels Michel Mageran⁵² et Gaspard Stockalper⁵³ pour devenir, à la chute de ce dernier, une affaire de famille, apanage de deux grandes maisons valaisannes, les Courten et les Kalbermatten.
3.2 Les retombées économiques du service étranger en Valais Il est temps d’entrer dans le vif du sujet et de passer en revue les conséquences économiques du service étranger en Valais. Dans le cadre de cet article, seules les retombées économiques du service de France seront étudiées car ces dernières furent plus importantes et versées avec plus de régularité que celles du duc de Savoie. Durant l’Ancien Régime, les retombées économiques du service de France prirent trois formes différentes : le sel, les pensions et les compagnies.
1720 confirma cette transaction et la Sardaigne fut érigée en royaume avec, pour capitale, Turin, d’où son nom de royaume de Piémont-Sardaigne. Geoffrey Symcox, Victor-Amédée II, l’absolutisme dans l’État savoyard 1675 – 1730, Saint-Just-la-Pendue 2008, p. 246 – 251. Bruno Pauvert, Les Légions helvétiques en Italie 1798 – 1799. L’éphémère intégration des cinq régiments suisses au service de Piémont dans l’armée française d’Italie, dans : Publications de la Bibliothèque militaire fédérale et du Service historique 47, août 2012, p. 15 – 17. Michel Mageran (vers 1575 – 1638), de Loèche, secrétaire d’État dès 1625 et grand bailli du Valais de 1631 à 1638 fut également un homme d’affaires avisé en charge du commerce du sel et du service étranger. Il fut nommé colonel du régiment valaisan au service de Savoie (1626 – 1629). Henri Rossi, Michael Mageran der « Stockalper » von Leuk, Naters-Brig 1946. Gaspard Stockalper (1609 – 1691), de Brigue, fut une très grande figure politique du Valais. A la tête du pays en qualité de secrétaire d’État (1652– 1670), puis de grand bailli (1670 – 1678), il monopolisa toutes les affaires lucratives du pays, dont le transit des marchandises, le commerce du sel et la levée de compagnies pour le service étranger. DHS, t. 12, 2013, p. 188.
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Le sel Nous l’avons brièvement mentionné plus haut mais redisons-le ici : le Valais manquait de sel, produit incontournable au bon fonctionnement d’une économie basée principalement sur l’élevage. Le pays était donc entièrement dépendant du sel étranger et cette dépendance représentait un enjeu économique de taille au regard de la cherté de cette denrée due, principalement, aux coûts de transport nécessaires à son acheminement. A cela s’ajoutait une particularité : les Valaisans préféraient le sel de mer, en particulier le sel marin issu des salins de Peccais situés aux alentours d’Aigues-Mortes. Le contexte ainsi posé, revenons aux traités de 1516 et 1521 et aux avantages économiques qu’ils offraient. L’article 9 de la Paix Perpétuelle de 1516 autorisait les marchands confédérés à s’approvisionner librement en France et s’engageait à ne pas grever leur négoce de nouveaux impôts ni droits de douane. Quant à l’article 8 de la capitulation de 1521, il accordait aux Suisses et à leurs alliés le droit de se pourvoir en sel dans le royaume de France s’ils venaient à rencontrer d’importantes difficultés d’approvisionnement.⁵⁴ Le système d’alliances proposé par François Ier se révélait donc très avantageux pour les Valaisans puisque ces derniers recevaient, en échange de troupes, du sel de Peccais à un prix défiant toute concurrence. En outre, les privilèges promis étaient ouvertement inscrits dans les traités et jouissaient donc d’une reconnaissance diplomatique officielle. Au fil des siècles, d’autres concessions vinrent s’ajouter à cette base contractuelle permettant aux Valaisans d’acheter toujours plus de sel à moindre prix et d’en revendre le surplus en Savoie, dans la Confédération, et même en France, avec d’intéressants profits à la clé !⁵⁵ Ce sel français issu du service étranger, appelé aussi sel « privilégié » ou sel « subventionné », représenta durant l’Ancien Régime un enjeu économique majeur pour le Valais qui batailla avec âpreté pour conserver les privilèges promis : le sel de Peccais, ses variations de prix, ainsi que ses difficultés de transport, jouèrent un rôle important dans le pays, dépassant le simple cadre commercial, influençant profondément les relations politiques avec la France et s’immisçant aussi dans la sphère du service étranger.
Dubois, Les fermes du sel de Michel Mageran (1608 – 1648) et de Gaspard Stockalper (1648 – 1678), p. 125. Alain Dubois Ämter, Salz und Söldner. Landeshauptmann Michael Mageran oder ein halbes Jahrhundert Walliser Geschichte. p. 40s. (Biographie de Michel Mageran inachevée, consultable aux Archives de l’État du Valais). A titre d’exemple, le zurichois Jean Henri Lochmann, en tant que fournisseur de sel pour la Suisse et le Valais, payait, en 1574, le sel de Peccais 30 % moins cher que les autres fournisseurs, soit 120 livres au lieu de 171 livres par minot. Joseph Billioud, Le sel du Rhône. La ferme du tirage de l’Empire au XVIe siècle, dans : Ministère de l’Education nationale, Bulletin philologique et historique année 1958, Paris 1959, p. 211– 226, ici p. 225.
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Les pensions On entend ici par « pensions » les sommes d’argent que la France versait à ses alliés suisses participant au service étranger. Or, aussi étonnant que cela puisse paraître, cet argent n’était pas dévolu à l’organisation même du service étranger, c’est-à-dire qu’il n’était pas employé pour payer la solde et les équipements des hommes qui s’engageaient au service du roi ; il s’agissait plutôt d’un argent poursuivant des visées politiques, destiné à faciliter les relations avec les Suisses et leurs alliés. Sous l’Ancien Régime, le Valais reçut de la France trois pensions différentes : la pension de paix et d’alliance, les pensions d’écoliers et les pensions privées. La pension de paix et d’alliance – appelée aussi pension générale ou Friedgeld – était une somme d’argent officiellement prévue par les traités politiques et militaires passés entre la France et ses alliés confédérés. En, 1516, l’article 10 de la Paix perpétuelle stipulait que le pays recevrait désormais de la France un montant de 2000 francs, versé tous les ans à la Chandeleur en la ville de Lyon.⁵⁶ Relevons que, dans ce contexte, le Valais recevait la même somme qu’un canton suisse (ce qu’il n’était pas, rappelons-le), alors que certains alliés des cantons, tels l’abbé et la ville de Saint-Gall, étaient gratifiés respectivement de 600 et 400 francs par an.⁵⁷ Quant à la pension d’alliance, la capitulation du 5 mai 1521 en fixa le montant, pour le Valais, à 1000 francs. Au total, les pensions de paix et d’alliance s’élevaient à 3000 francs. Si l’on considère que les pensions de paix et d’alliance distribuées aux cantons fluctuaient entre 3000 et 2500 francs, on constate que le Valais se situait dans la moyenne supérieure des montants distribués⁵⁸. Le pays était donc plutôt bien loti pour un simple allié des Confédérés. Ajoutons encore que le trésor français ne dissociait pas ces deux pensions et les versait ensemble. Une fois cet argent acheminé dans le pays, il n’était pas thésaurisé mais au contraire immédiatement distribué. Cette somme servait à payer les éventuelles dettes de l’État et à réaliser quelques investissements utiles au pays, tels que la réfection d’une route ou d’un pont, l’achat de munitions et de fusils, etc. Le reste de l’argent était ensuite partagé à part égale entre les dizains. En sus de la pension de paix et d’alliance, la France versait aux Confédérés une pension appelée pension d’écolier. Cette gratification permettait à de jeunes Suisses, issus de l’élite et destinés au service étranger, de se rendre à Paris pour y étudier et
Archives des Affaires Etrangères (= A. E.), Mémoires et Documents, Suisse, t. 40, n°1 , fol. 9. – Ces archives sont aujourd’hui localisées à La Courneuve (France). Livet, Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France, t. 1, p. LXIV. Sur ce sujet, voir également Sarah Simonet, Un exemple d’utilisation du Fonds Rott: l’étude des pensions d’alliance versées par la France à la Suisse du XVIe au XVIIIe siècle, dans : Edouard Rott (1854– 1924) Un diplomate neuchâtelois au service de l’histoire des relations franco-suisses, Neuchâtel 2011, p. 81– 99, p. 88s. Martin Körner, Solidarités financières suisses au XVIe siècle : contribution à l’histoire monétaire, bancaire et financière des cantons suisses et des États voisins, Lausanne 1980, p. 411.
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de se familiariser ainsi avec les « usages » de la nation française.⁵⁹ En agissant de la sorte, la couronne espérait se constituer une clientèle et favoriser l’implantation de la langue et de la culture françaises au sein des cantons et de leurs alliés.⁶⁰ En 1530, les recès de la Diète valaisanne mentionnèrent pour la première fois l’attribution d’une bourse d’étude de deux ans à deux jeunes Valaisans, « um Kunst und Weisheit zu erlernen »⁶¹. Au cours du XVIIe siècle, cette gratification connut de nombreuses variations, passant, selon les années, à quatre, puis huit places d’étudiants, pour décliner et risquer d’être supprimée à la fin du siècle. Finalement, le nombre de boursiers valaisans se stabilisa à sept au XVIIIe siècle. À l’échelle de la Confédération, ce chiffre représentait un véritable record puisque les cantons catholiques de Lucerne, Uri, Schwyz, Fribourg, Soleure et Zoug, ne recevaient du roi de France que deux places de boursiers par an !⁶² Le montant de la pension d’écolier s’élevait à 200 livres par an et par étudiant.⁶³ Les fils des Patriotes valaisans étaient les principaux bénéficiaires de cette libéralité attribuée, nous l’avons dit, à l’élite du pays. Toutefois, il est difficile d’affirmer avec certitude que tous les Valaisans boursiers se rendirent en France pour y effectuer leurs études : il existait, en effet, un certain nombre de fraudes dans ce domaine, les jeunes élus préférant rester au pays et revendre leur bourse. Il demeure donc difficile de mesurer l’effet réel de la pension d’écolier française sur l’élite valaisanne, même si, au XVIIIe siècle, nous constatons que cette élite était majoritairement acquise à la France. Hormis la pension de paix et d’alliance et la pension d’écolier, la France distribuait encore d’autres gratifications dans le but de s’attacher les bonnes grâces des Confédérés. Pensées, à l’origine, comme un instrument politique souple et efficace entre les mains de la diplomatie française pour récompenser et fidéliser les autorités d’un canton ou d’un pays allié, les pensions privées – motivées par le seul bon vouloir du roi et qu’aucun traité ne codifiait – n’étaient, en théorie du moins, ni obligatoires, ni automatiques : elles pouvaient être distribuées à certains cantons et pas à d’autres, varier d’une année à l’autre et ne devaient en aucun cas être systématiquement accordées aux mêmes personnes. En pratique, cependant, cet argent fut rapidement considéré par les Suisses comme un droit et devint, dans certains cantons, la propriété de l’État qui s’en arrogea la distribution.⁶⁴ Les pensions privées versées par la France formaient un édifice hétéroclite où s’accumulaient diverses gratifications, dont les noms – pensions par rôle, pensions particulières et à volonté,
A. E., Mémoires et Documents, Suisse, t. 40, n° 1, fol. 17 ; Gern, Aspects des relations francosuisses au temps de Louis XVI, p. 165. Fayard Duchêne, Du val d’Anniviers à Sion. La famille de Torrenté des origines à nos jours, p. 37. Bernhard Truffer/Anton Gattlen, Die Walliser Landrats-Abschiede seit dem Jahre 1500, vol. 3 (1529 – 1547), Brig 1973, p. 177/j. A. E., Mémoires et Documents, Suisse, t. 40, n° 1, fol. 120 – 122 et t. 57, fol. 261. A. E., Correspondance politique, Suisse, t. 26, fol. 226s. A. E., Mémoires et Documents, Suisse, t. 40, n° 1, fol. 24.
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ou encore pensions secrètes –, les montants et les règles de distribution différaient au fil des ans, mais jamais le but final poursuivi : s’attacher plus étroitement les Suisses. Connaître le montant exact des gratifications privées se révèle, en Valais du moins, une entreprise particulièrement délicate car ces sommes, souvent versées séparément et de manière irrégulière, ne cessèrent de fluctuer tout au long de l’Ancien Régime. Au XVIIIe siècle, cependant, les pensions privées distribuées aux Valaisans s’élevaient à 10 188 livres tournois.⁶⁵ Les principaux bénéficiaires de cet argent étaient l’évêque, le Chapitre, les dizains – celui de Sion étant particulièrement bien loti – et tous les Patriotes influents. Les montants étaient généralement peu importants, rarement plus de 120 livres tournois par personne, mais un même Patriote pouvait cumuler les gratifications et donc bénéficier de plusieurs versements. Les sommes les plus élevées étaient accordées, l’on s’en doute, aux personnages les plus influents du dizain. Au final, la distribution des pensions privées ressemblait à « arrosage automatique » et systématique de l’élite valaisanne. Quant à la question de savoir si les capitaines du service étranger jouissaient d’une place privilégiée dans le partage des pensions privées, en raison, justement, d’une certaine proximité avec la France, la réponse est clairement non. Si plusieurs officiers au service étranger figuraient effectivement dans les listes de distribution, il n’en demeure pas moins que le seul critère pour l’obtention de ces gratifications était l’appartenance à l’élite politique du dizain. Les pensions privées étaient clairement désolidarisées du service étranger. Cet aperçu met en exergue l’importance de l’argent français dans les dizains sans répondre, toutefois, à quelques questions très simples et néanmoins importantes : combien d’argent représentaient toutes ces pensions une fois additionnées ? Était-ce beaucoup ou peu et le Valais était-il dépendant de cet afflux de liquidités ? Afin de se faire une idée plus précise de cet argent, nous avons tenté, lorsque les sources le permettaient, de comparer les sommes reçues avec celles d’autres cantons. En 1634, par exemple, la France versa aux Valaisans, toutes pensions confondues, la somme de 10 900 livres tournois, tandis que la même année, le canton de Soleure recevait du roi 13 560 livres tournois et celui de Glaris 15 525 livres tournois.⁶⁶ En 1658, le Valais se voyait crédité, toutes pensions confondues, de la somme de 12 778 livres tournois, contre 20 000 livres, la même année, pour le canton de Fribourg.⁶⁷ Si cet exercice montre que les sommes obtenues par Soleure, Glaris ou Fribourg étaient plus importantes que celles distribuées en Valais, en raison de leur statut de cantons, il apparaît néanmoins que le pays était plutôt bien loti en la matière et ce, en dépit de sa faible représentation politique et de son peu d’influence dans les affaires de la Confédération. Comment expliquer une telle générosité à l’égard d’un si petit pays ? Les documents diplomatiques livrent la réponse sans détours : l’importance des Ce chiffre est tiré de la thèse de doctorat de Louiselle Gally-de Riedmatten, Du sang contre de l’or : le service étranger en Valais sous l’Ancien Régime, t. 2, partie 7.1.c. A. E., Mémoires et Documents, Suisse, t. 50, fol. 181. Ibid, fol. 211s.
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passages valaisans vers le Piémont et le Milanais.⁶⁸ La couronne française, consciente de l’importance géostratégique du pays, était prête à payer pour conserver les faveurs des dizains et, par extension, l’ouverture de leurs cols. Du point de vue des Valaisans, l’argent français n’était pas considéré comme une manne financière, au début du moins. Il faut dire que les pensions furent, au cours des XVIe et XVIIe siècles, versées de manière très irrégulière et qu’elles connurent de longues interruptions. Songeons, par exemple, que la pension de paix et d’alliance ne fut pas acquittée entre 1645 et 1688, soit durant 32 ans ! Ces défauts de paiement s’expliquaient par l’instabilité politique, les difficultés financières du trésor royal ou encore les tensions entre la France et le Valais. Au XVIIIe siècle, les choses changèrent radicalement. En matière de libéralités royales, ce siècle fut sans conteste celui de l’abondance : non seulement les pensions furent acquittées avec une régularité jamais observée jusqu’alors, mais leurs montants furent même réévalués. À cette époque, la France versait tous les ans, ou presque, 14 588 livres de bon argent au Valais, somme à laquelle il fallait encore ajouter plusieurs gratifications dont les montants variaient d’une année à l’autre. En 1759, par exemple, les pensions françaises, toutes gratifications confondues, se montaient à 17 058⁶⁹ livres tournois, soit une augmentation de de 4280 livres par rapport aux sommes de l’année 1658 ! Hausse des montants et régularité des paiements : jamais le pays n’avait jusqu’ici osé imaginer scénario aussi idéal ! Il reste malgré tout difficile, voire impossible, de mesurer l’effet véritable des pensions étrangères sur l’économie valaisanne de l’époque, même si l’on se doute qu’un tel apport de liquidités dans un pays si pauvre en la matière devait être très apprécié. Pourtant, c’est avec un certain détachement que la Diète réglait les questions relatives à l’argent français. Ainsi, les réclamations et autres fâcheries sur ce sujet occupèrent une place tout à fait infime dans les recès de la Diète du XVIIe siècle, donnant l’étrange sentiment que le Valais s’accommodait finalement assez bien des retards incessants des versements. L’étude des versements des pensions françaises au cours l’Ancien Régime montre que si les sommes versées étaient certes importantes, le pays ne dépendait pas de cet argent pour autant.
Les compagnies valaisannes au service étranger Lever une ou plusieurs compagnies pour le compte d’un souverain étranger impliquait, concrètement, de recruter un certain nombre d’hommes, de les équiper (habit et armement), de les conduire jusqu’au dépôt situé en France ou en Savoie, d’assurer leur subsistance et leur formation une fois sur place, de veiller à leur bonne tenue au combat, et, une fois la campagne achevée, d’assurer leur retour au pays. Toutes ces
A. E., Correspondance politique, Suisse, t. 14, fol. 510. A. E., Mémoires et Documents, Suisse, t. 51, fol. 73.
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étapes occasionnaient des frais qui étaient pris en charge par le commanditaire, à savoir le souverain à l’origine de la levée. D’après plusieurs sources, une compagnie de 300 hommes coûtait au roi de France, au XVIe siècle, environ 1450 écus.⁷⁰ Les textes, malheureusement, ne disent rien du profit qu’une telle troupe rapportait au capitaine à la tête de l’entreprise, mais il devait être intéressant car le Valais ne manqua jamais d’hommes désireux de se lancer dans l’aventure et d’investir dans le service étranger. Sur le papier, donc, le service étranger paraissait une affaire lucrative pour les Valaisans, une entreprise qui drainait d’importants capitaux. Dans les faits, toutefois, le service étranger était une entreprise risquée : la cherté des hommes, des équipements et des denrées, les aléas de la guerre, les maladies, les désertions, tous ces imprévus pouvaient faire fondre comme neige au soleil les rêves de fortune des capitaines, sans parler des caprices des rois qui licenciaient souvent du jour au lendemain une compagnie à peine recrutée sans que cette dernière ait eu le temps de générer le moindre petit profit. À ce sujet, les sources valaisannes conservent pléthore de témoignages qui détaillent les plaintes de capitaines ruinés par le service étranger. Arrêtons-nous brièvement sur deux exemples. Le premier concerne les compagnies valaisannes au service de France levées en 1589, incorporées au régiment soleurois d’Arregger et licenciées en 1591 pour cause de faillite du trésor royal. Dans ce difficile contexte, les capitaines congédiés rencontrèrent d’immenses difficultés pour se faire payer les 12 392 écus correspondant aux appointements des deux derniers mois de service.⁷¹ En 1595, ce contentieux n’avait toujours pas trouvé de solution satisfaisante, plongeant ces officiers dans une situation économique de plus en plus critique⁷², les contraignant même à se réengager dans l’espoir de se refaire une santé financière rapidement. Au début du XVIIe siècle, les héritiers des capitaines valaisans du régiment Arregger réclamaient encore et toujours à la France les soldes impayées de leurs pères.⁷³ Difficile dans ce cas précis de croire que les hommes pouvaient s’enrichir au service étranger. Le second exemple concerne le service de Savoie. En 1603, après bien des hésitations, la Diète valaisanne accepta enfin de lever deux compagnies pour le service du duc avant de se dédire brusquement pour des raisons politiques.⁷⁴ Ce revirement
Voir par exemple la capitulation de la compagnie Zurlauben, passée avec le roi de France le 9 juillet 1567. Zurlauben, Histoire militaire des Suisses, t. 4, p. 540 – 543, preuve IX : Capitulation de la compagnie de Zurlauben et de Schoen au régiment suisse de Pfiffer, arrêtée à Soleure le 9 juillet 1567 par l’Ambassadeur de France. Archives de l’État du Valais, Sion (= AEV), ABS 74/20 : Reconnaissance par la France de la somme de 7712 écus dus aux capitaines des compagnies valaisannes, Chartres, 4 octobre 1592. Hans-Robert Ammann / Bernhard Truffer, Die Walliser Landrats-Abschiede seit dem Jahre 1500, vol. 7 (1586 – 1595), Brig 1988, p. 426/e. Au sujet des compagnies valaisannes au sein du régiment Arregger et des soldes impayées, voir Gally-de Riedmatten, Du sang contre de l’or : le service étranger en Valais sous l’Ancien Régime, t. 1, parties 3.4. et 3.6. Hans-Robert Ammann / Bernhard Truffer, Die Walliser Landrats-Abschiede seit dem Jahre 1500, vol. 8 (1596 – 1604), Brig, 1992, p. 295 – 296/b et 298 – 299/a.
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provoqua, l’on s’en doute, la colère de Charles-Emmanuel de Savoie⁷⁵ qui, pour marquer son mécontentement, ordonna de licencier sur le champ les hommes tout juste engagés⁷⁶ et exigea le remboursement immédiat des sommes avancées aux capitaines valaisans pour ce recrutement.⁷⁷ Or ces derniers avaient non seulement employé tout l’argent du duc, mais s’étaient de surcroît lourdement endettés pour lever et équiper les compagnies promises. Aux abois, les capitaines valaisans se virent contraints d’implorer le secours de deux capucins savoyards – les pères Agostino Pelleta d’Asti et Sébastien de Maurienne – qui prêchaient sur le territoire valaisan. Ce procédé rencontra le succès escompté puisque le duc de Savoie finalement se radoucit et accepta de remettre la dette des capitaines.⁷⁸ Dans ce cas précis, le recrutement et l’équipement des hommes avaient suffi à endetter les capitaines valaisans avant même le commencement de la guerre, ce qui prouve à quel point le service étranger pouvait être une entreprise instable et difficile financièrement parlant. Ces deux exemples permettent-ils d’affirmer que l’organisation de compagnies pour le service étranger précipitait systématiquement tous les capitaines dans un gouffre financier inextricable ? Certainement pas, mais ils démontrent que l’entreprise était risquée et que les capitaines jouaient gros dans l’affaire. À vrai dire, pour que cette activité rapportât de l’argent il convenait de se conformer à quelques règles. Premièrement, l’entrepreneur militaire devait être suffisamment riche pour pouvoir avancer l’argent des compagnies au roi sans y laisser toute sa fortune. Ensuite, il devait bénéficier d’un réseau important avec des contacts en Valais comme à l’étranger, et posséder suffisamment d’influence politique pour dénouer rapidement des situations diplomatiques difficiles. En revanche, nul besoin qu’il fût un homme d’armes, versé dans le négoce de la guerre : au contraire, pour limiter les risques financiers, il était préférable qu’il demeurât au pays pour superviser les affaires de la compagnie, au lieu de la commander sur les champs de bataille et peut-être y laisser sa vie. Enfin, pour réussir, il lui fallait diversifier les risques, et donc multiplier le nombre de ses compagnies au service étranger. Cette leçon fut mise en pratique avec le succès que l’on connaît par Gaspard Stockalper, homme d’État et grand entrepreneur valaisan du XVIIe, qui parvint à faire du service étranger une entreprise sinon lucrative, du moins attractive. Charles-Emmanuel Ier de Savoie (château de Rivoli 1562–Savigliano 1630), duc de Savoie et prince de Piémont de 1580 à 1630, était le fils du duc Emmanuel-Philibert et de Marguerite de France. Enciclopedia italiana di Scienze, Lettere ed Arti, Roma 1951, t. IX, p. 63s. AEV, fonds Xavier de Riedmatten, P 80 a) : Copie d’une lettre de Charles-Emmanuel de Savoie, 17 mai 1603 et P. 80 b) : Copie d’une lettre du ministre Roncas à l’agent Girard André, 18 mai 1603. AEV, Archives valaisannes livres, fonds conservé aux Archives de l’État du Valais, Sion 30/67, fol. 95 : Lettre de Girard André, 25 mai 1603. Voir également Pierre-Antoine Grenat, Histoire moderne du Valais de 1536 – 1815, Genève 1904, p. 116, 148. Les Trophées Sacrés ou missions des capucins en Savoie, dans l’Ain, la Suisse romande et la vallée d’Aoste, à la fin du XVIe et au XVIIe siècle, du père Charles de Genève, publié par Félix Tisserand, 3 vol., Lausanne 1976, t. 2, p. 95s.
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Au XVIIIe siècle, l’organisation du service de France connut un changement radical, puisque les troupes suisses et valaisannes furent organisées en régiments permanents. Ces derniers demeuraient en temps de guerre comme en temps de paix au service du roi, leur employeur. Pour la première fois, l’épée de Damoclès du licenciement sec et définitif s’éloignait. Le service étranger devenait une entreprise stable où il était enfin possible de faire carrière, de vivre des revenus de sa compagnie, voire même de s’enrichir en gravissant les échelons de la hiérarchie. Le seul et unique régiment valaisan permanent au service étranger fut levé pour le compte de Louis XIV en 1690. Confié à la famille de Courten⁷⁹, de Sierre, il fut licencié plus d’un siècle plus tard, en 1792. Durant cette longue période de service actif, le contingent connut quelques aménagements qui se limitèrent à des réductions ou à des augmentations d’effectifs, selon les besoins du roi. Le service de France devenait enfin une carrière très attractive, parce que stable. Cela dit, ne soyons pas dupes : la bonne volonté, la valeur au combat et l’expérience ne suffisaient pas pour réussir un parcours sans faute au service étranger. Il fallait d’autres atouts, plus difficile à acquérir, comme par exemple : être issu d’un milieu aisé, posséder un solide réseau au sein du régiment et des appuis très efficaces auprès du roi, hériter d’une compagnie plutôt que de devoir s’endetter pour l’acquérir, ajouter à ses gages fixes des gains annexes, tels que des gratifications occasionnelles ou des décorations, et, enfin, rester suffisamment longtemps à la tête de sa compagnie pour en amortir l’investissement et en tirer de substantiels bénéfices. En d’autres termes, les hommes avaient tout à gagner à être nommés jeunes au grade de capitaine propriétaire. Il s’ensuivit une course et une compétition effrénées entre les officiers valaisans pour accéder à ces places lucratives généralement monopolisées par les Courten, famille puissante et tentaculaire. L’attractivité du service de France finit par lui nuire et la fin du siècle fut marquée par des luttes intestines et fratricides au sein même du régiment valaisan. À l’approche de la Révolution française, le népotisme exacerbé des Courten devint inacceptable et insupportable pour certains officiers, notamment ceux du Bas-Valais, cantonnés dans d’éternels rôles subalternes et sommés de toujours s’effacer devant les Courten, véritable « famille régnante » du service de France.
3.3 Les spécificités des retombées économiques du service étranger en Valais Trois particularités marquent les retombées économiques du service de France en Valais durant l’Ancien Régime.
Ce contingent fut, tout au long de son existence, commandé par des colonels de la famille de Courten, six au total. C’est pourquoi le régiment valaisan au service de France est également appelé régiment de Courten.
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La première consiste en une très forte dépendance à l’égard du sel de France subventionné. Nous pouvons, sans crainte d’erreur, affirmer que cette dépendance influença profondément l’implication du Valais et des Valaisans dans le service étranger. Le sel fut un enjeu non seulement économique, mais aussi et surtout politique, absolument majeur dans les négociations pour le service étranger. A plusieurs reprises au cours des siècles, la Diète valaisanne insista sur le fait que seuls les privilèges liés au commerce du sel justifiaient, pour le pays, la conclusion d’une alliance avec la France. En comparaison, les pensions ne constituaient qu’un très faible avantage pour le peuple valaisan.⁸⁰ Ces déclarations mettent l’accent sur la seconde particularité des retombées économiques du service de France en Valais, à savoir son indépendance à l’égard des pensions. C’est avec étonnement que nous avons pu constater que, lorsque l’argent promis n’arrivait pas, la Diète valaisanne faisait montre d’un certain détachement, teinté, parfois, de résignation à l’égard de ces retards répétés. Certes, elle envoyait une ambassade au roi pour réclamer son dû, mais acceptait avec patience les excuses et autres atermoiements de la diplomatie française. Rien à voir avec les alarmes et les angoisses dans lesquelles la plongeaient le manque de sel ! Cette attitude à l’égard de l’argent français s’explique par le fait que l’économie du pays n’était pas dépendante des pensions, et en particulier de la pension de paix et d’alliance ; le Valais n’avait engagé aucune grosse dépense qui ne pouvait être financée que par cette seule entrée d’argent. En bref, la Diète distribuait l’argent quand il y en avait et quand il venait à manquer, elle attendait patiemment le bon vouloir de la France : selon toute vraisemblance, les dizains pouvaient facilement se passer du confort qu’apportaient ces sommes. Or, cette position n’était pas la plus courante dans la Confédération. Certains cantons, en particulier les cantons catholiques spécialisés dans une « quasi ‘monoculture’ du service étranger »⁸¹, réagissaient très différemment aux retards des pensions, cherchant frénétiquement des solutions politiques pour pallier le manque d’argent étranger. À titre d’exemple, rappelons que le Valais refusa catégoriquement d’adhérer à l’alliance espagnole de 1588, au contraire des cantons catholiques qui acceptèrent avec empressement cette offre pour remplacer les versements des pensions françaises momentanément taris⁸².
Ammann, Truffer, WLA, 8, p. 219/d : « Die Obrigkeit will nicht verheimlichen, dass sich die Landschaft vor langer Zeit mehrheitlich wegen des Salzzugs an der Vereinung mit der Krone von Frankreich beteiligt hat und dass sie nicht wegen der Pensionen, die gering sind und für so viel Volk nur wenig bringen, sonder hauptsächlich wegen der Salzprivilegien in der Vereinung geblieben ist. » Voir aussi Dubois, Die Salzversorgung, p. 497. Körner, Solidarités financières suisses p. 413. Ibid., p. 112, 413s. ; Jean-Louis Hanselmann, L’alliance hispano-suisse de 1587. Contribution à l’histoire des rapports entre Philippe II et la Confédération, dans : Archivio Storico Ticinese 41– 42, 1970, p. 1– 168, ici p. 144s.
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Il ne faudrait pas, cependant, minimiser l’impact en Valais de l’argent de France qui représentait une arrivée d’argent liquide immédiatement utilisable, relativement régulière et non négligeable « dans un pays où la circulation de la monnaie était faible »⁸³. Nous pouvons donc affirmer que l’argent français permit au Valais de s’enrichir, même si cet enrichissement demeure difficilement mesurable aux XVIe et XVIIe siècles. Au XVIIIe siècle, et c’est là la troisième particularité du système valaisan, les retombées économiques du service de France apportèrent la richesse au pays, grâce notamment à la stabilité de l’approvisionnement en sel, la régularité des versements des pensions et la permanence des compagnies au service du roi. À cette époque, les pensions se transformèrent en une rente versée à toute la caste politique valaisanne. Le service étranger valaisan devint alors le grand mécène de la classe dirigeante du pays, qui s’enrichit grâce au sang versé.
Pour conclure : Quelle place pour le service étranger dans une histoire économique des Alpes ? L’étude des retombées économiques du service de France en Valais sous l’Ancien Régime démontre que le service étranger a toute sa place dans une histoire économique des Alpes parce qu’il favorise la circulation de biens de consommation, qu’il met en place des systèmes d’échange entre les Alpes et les pays voisins et qu’il engendre de la richesse dans les territoires qui le pratiquent. Il n’en demeure pas moins que ce sujet reste un sujet difficile car, comme il n’existe pas un mais bien des services étrangers propres à chaque canton et pays allié de la Confédération, il n’existe pas non plus un système économique unique du service étranger. En d’autres termes, l’exemple du Valais développé dans ces pages reste un cas particulier et non pas un modèle applicable à tous les cantons ayant participé à cette entreprise. À cette complexité inhérente au sujet vient s’ajouter le fait que l’étude des retombées économiques du service étranger implique inévitablement de se pencher sur les problèmes monétaires de l’Ancien Régime, de s’intéresser à la provenance des monnaies, à la production du métal, aux taux de change et aux crises financières qui secouèrent l’Europe à certaines époques. Problèmes passionnants, certes, mais souvent délicats. L’étude des retombées économiques du service étranger peut se résumer en trois questions, en apparence plutôt simples, à savoir : combien de biens, de sacs de sel,
Janine Fayard Duchêne, Du val d’Anniviers à Sion. La famille de Torrenté des origines à nos jours, dans : Vallesia 61, 2006, p. 1– 299, ici p. 108.
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d’argent transitaient dans les territoires alpins grâce au service étranger ? Qu’est-ce que cela représentait réellement, était-ce beaucoup, assez, ou peu ? Et enfin, à qui cette richesse profitait-elle véritablement ? Pour y répondre, il faut s’appuyer sur des sources économiques solides, ce qui n’est pas toujours le cas concernant l’Ancien Régime. Afin d’emmagasiner le plus d’informations, les sources économiques ne doivent pas provenir uniquement du canton ou pays allié étudié, mais aussi du pays commanditaire, la France, la Savoie, l’Espagne, dont l’administration, parfois, donne d’autres données chiffrées, d’autres explications et d’autres versions des faits économiques que celles proposées par les seules sources suisses.
Cinzia Lorandini
Aspetti strutturali e funzionali del commercio in area alpina Alcune riflessioni a partire dal caso tirolese Abstract: In the last decades, a large literature has investigated the history of commerce in the Alpine space, thus providing substantial information on the nature and direction of commercial flows from, towards and across the Alps. By combining evidence from a few general studies over the Alpine trade in the medieval and early modern periods, and a large amount of research on specific areas or passes, we can try to offer a synthetic view of this phenomenon. After providing a brief state of the art, this essay attempts to develop an analytical approach to investigating the Alpine trade during the pre-industrial age by highlighting its structural and functional aspects. To this end, the research will focus on the commercial relationships between the Alpine space and the pre-Alpine areas as well as the more distant regions, by exploring two major issues. First, the size of trade flows and their variations across time and space; second, the composition of flows, namely the types of goods, their origins and destination and the transport routes. The proposal is to distinguish three different types of flows: the inflow of goods, particularly cereals, necessary to meet the needs of the Alpine population; the outflow of products deriving from the exploitation of the resources of the Alps; and the transit trade generated by the interplay between demand and supply outside of the Alps. A first application to the Tyrolean case raises some key points and highlights some relevant factors, such as the demographic trend, and the location of the land at different altitudes, with the ensuing consequences on the types of crops and availability of resources typical of the mountains (timber, mineral ores). Moreover, the analysis must take account of the role of the urban centers at the foot of the Alps as receivers of raw materials and providers of manufacturing goods. With regard to the transit trade, particularly important are the complementarities and specializations between different regions outside of the Alps, and the differences between the Alpine passes in terms of accessibility, and of availability of material and immaterial infrastructures that contributed to reducing transportation and transaction costs. Finally, special attention must be devoted to the impact of trade on a multitude of economic actors (merchants, shipping houses, carriers, etc.) who earned their income, or part of it, from the Alpine commerce.
Prof. Dr. Cinzia Lorandini, Università degli Studi di Trento, Dipartimento di Economia e Management, Via Inama 5, I–38122 Trento, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-012
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1 Il commercio in area alpina: note sullo stato dell’arte Negli ultimi decenni la storiografia sul commercio in area alpina si è arricchita di numerosi studi che offrono un quadro assai articolato della natura e direzione dei flussi commerciali che interessarono l’arco alpino in antico regime. Ciò è stato consentito dalla disponibilità e dalla valorizzazione di fonti diverse, da quelle di natura istituzionale – di tipo politico-amministrativo, daziario e giurisdizionale – agli archivi privati di mercanti e famiglie mercantili protagonisti dei traffici alpini e transalpini. Partendo dagli studi di sintesi condotti sull’intero arco alpino o su porzioni consistenti di esso, e integrandoli con gli esiti delle ricerche relative ad aspetti o aree più circoscritte, è dunque possibile tentare di fornire una chiave di lettura complessiva delle caratteristiche strutturali e delle dinamiche del commercio nelle Alpi in età preindustriale, per quanto un simile compito si scontri inevitabilmente con le difficoltà legate alle marcate differenziazioni riscontrabili all’interno dello spazio alpino. Per qualunque storico che intenda accostarsi a questo ambito d’indagine, e ricostruire dunque i caratteri di fondo dei traffici mercantili nella regione alpina, le opere di Werner Bätzing e Jon Mathieu, seppure non dedicate specificatamente agli aspetti commerciali, costituiscono due punti di riferimento imprescindibili, fornendo le principali coordinate per inquadrare la struttura e le dinamiche dell’economia alpina in un arco temporale di lungo respiro.¹ Per quanto riguarda invece la letteratura specificamente dedicata alla storia dei traffici alpini e transalpini, un’utile base di partenza per delineare lo stato dell’arte è costituita da due importanti bilanci, il primo stilato a metà anni settanta da Jean-François Bergier, e il secondo, più recentemente, da Reto Furter.² Rispetto a quarant’anni fa, quando lo storico svizzero lamentava lo stato ancora palesemente insufficiente delle conoscenze sul tema, soprattutto per i secoli relativi all’età moderna, si sono compiuti indubbiamente dei progressi significativi. Alla fine degli anni settanta uscì la sintesi di Herbert Hassinger, che ebbe il pregio di cogliere gli aspetti sia qualitativi che quantitativi relativi Jon Mathieu, Storia delle Alpi 1500 – 1900. Ambiente, sviluppo e società, Bellinzona 2000; Werner Bätzing, Le Alpi: una regione unica al centro dell’Europa, Torino 2005, in particolare pp. 78 – 154. Si vedano inoltre Gérard-François Dumont / Anselm Zurfluh (a cura di), L’Arc Alpin. Histoire et Géopolitique d’un Espace Européen, Paris / Zürich, e Gauro Coppola, Equilibri economici e trasformazioni nell’area alpina in età moderna: scarsità di risorse ed economia integrata, in: Gauro Coppola / Pierangelo Schiera (a cura di), Lo spazio alpino: area di civiltà, regione cerniera, Napoli 1991, pp. 203 – 222, le cui considerazioni sono però limitate al versante italiano delle Alpi centro-orientali. Jean-François Bergier, Le trafic à travers les Alpes et les liaisons transalpines du haut Moyen Age au XVII siècle, in: Le Alpi e l’Europa, III. Economia e transiti, Bari 1975, pp. 1– 72; Reto Furter, Traffico di transito nell’area alpina tra XIV e XIX secolo, in: Jean-François Bergier / Gauro Coppola (a cura di), Vie di terra e d’acqua. Infrastrutture viarie e sistemi di relazioni in area alpina (secoli XIII–XVI), Bologna 2007, pp. 83 – 122.
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all’utilizzo dei passi alpini dal basso medioevo alla fine dell’ancien régime,³ mentre dieci anni più tardi Hermann Kellenbenz fornì ulteriori dati quantitativi sui volumi in transito nel Seicento per i passi alpini, ponendoli in relazione con le trasformazioni dell’economia europea.⁴ Ma ben più ampia sotto il profilo quantitativo è la storiografia che si è focalizzata su porzioni limitate dell’arco alpino o singole vie di transito⁵. Per quanto concerne le Alpi centro-occidentali, a cui si era interessato lo stesso Bergier in un saggio sulla concorrenza tra Sempione e Moncenisio a inizio Seicento,⁶ sono stati realizzati recentemente alcuni lavori di un certo interesse, come il volume curato da Angelo Torre sui traffici terrestri di merci nell’area compresa tra Liguria, Piemonte, Lombardia e cantoni svizzeri, o ancora il lavoro di Donatella Balani sul commercio ai confini sabaudi nel Settecento.⁷ Relativamente ai traffici tra Svizzera centrale e Italia settentrionale, vanno segnalati lo studio di Fritz Glauser sui transiti attraverso il Gottardo nel Cinque-Seicento,⁸ e il contributo di Kellenbenz sui passi dei Grigioni tra la fine del medioevo e la prima età moderna,⁹ mentre altri studiosi si sono occupati della “via dei Grigioni” nei secoli immediatamente successivi.¹⁰
Herbert Hassinger, Zur Verkehrsgeschichte der Alpenpässe in der vorindustriellen Zeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 66, 1979, pp. 441– 465. Hermann Kellenbenz, Die europäische Wirtschaft um die Mitte des 17. Jahrhunderts und die Alpenpässe, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (a cura di), Wirtschaft des alpinen Raums im 17. Jahrhundert. Vorträge eines internationalen Symposiums, Brig 1988, pp. 15 – 32. In questa sede si farà riferimento alla storiografia che interessa l’età moderna, tralasciando le ricerche circoscritte al periodo medioevale, che tuttavia saranno prese in esame nel contributo finale per la “Storia economica delle Alpi”. Jean-François Bergier, Simplon ou Mont-Cenis? Deux mémoires sur la concurrence des voies transalpines vers 1600, in: Franz Huter / Georg Zwanowetz (a cura di), Erzeugung, Verkehr und Handel in der Geschichte der Alpenländer. Festschrift für Herbert Hassinger, Innsbruck 1977, pp. 39 – 49. Angelo Torre (a cura di), Per vie di terra. Movimenti di uomini e di cose nelle società di antico regime, Milano 2007, e Donatella Balani, Per terra e per mare. Traffici leciti e illeciti ai confini occidentali dei domini sabaudi (XVIII secolo), Torino 2012; meno significativi, per il periodo considerato e il taglio adottato, i contributi in Paolo Sibilla (a cura di), Scambi e trasferimenti fra commercio e cultura nell’arco alpino occidentale, Gressoney 1993, di cui si segnalano i saggi di Enrico Rizzi, Per una storia della via commerciale tra Milano e Berna attraverso il passo del Gries, pp. 1– 23, e Bernard Bonnin, Echanges et transferts entre le Dauphine et l’Etat de Savoie sous l’Ancien Régime: quelches elements pour une etude, pp. 24– 42. Fritz Glauser, Der Gotthardtransit von 1500 bis 1660. Seine Stellung im Alpentransit, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 29, 1979, pp. 16 – 52. Hermann Kellenbenz, Die Graubündner Pässe im Rahmen der Verkehrsbeziehungen zwischen Oberdeutschland und Italien (Ende Mittelalter – frühe Neuzeit), in: Uta Lindgren (a cura di), Alpenübergänge vor 1850. Landkarten – Strassen – Verkehr, Stuttgart 1987, pp. 27– 46. Marino Berengo, “La via dei Grigioni” e la politica riformatrice austriaca, in: Archivio Storico Lombardo 8, 1958, pp. 1– 109; Francesco Morabito, Flussi di traffico e passaggi alpini tra ’700 e ’800: le vie grigione, in: Pietro Cafaro / Guglielmo Scaramellini (a cura di), Mondo alpino. Identità locali e forme d’integrazione nello sviluppo economico (secoli XVIII–XX), Milano 2003, pp. 285 – 295; Andrea
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Nell’ambito della storiografia sul commercio nella dorsale alpina orientale, costituisce un punto di riferimento fondamentale l’opera di Otto Stolz, che negli anni cinquanta effettuò un’ampia ricostruzione dei traffici attraverso le Alpi tirolesi sulla base dei dati daziari;¹¹ un lavoro peraltro criticato da Hassinger quindici anni più tardi in un saggio sui traffici attraverso il Brennero e il Resia tra basso medioevo e secondo Settecento.¹² Il tema del commercio di transito attraverso il Tirolo fu poi ripreso, con riferimento alla seconda metà del secolo XVIII, da Angelo Moioli.¹³ Dello studio dei transiti nell’area alpina più orientale, attraverso i Tauri austriaci da e per Salisburgo, si occupò invece Herbert Klein per il periodo relativo al basso medioevo e alla prima età moderna.¹⁴ Più tardi, Hassinger realizzò uno studio approfondito su dazi e transiti nelle regioni della Carinzia occidentale e del Salisburghese, inteso quale parte di un’opera più ampia relativa ai traffici nelle Alpi orientali, rimasta incompiuta.¹⁵ Più recentemente, le ricerche sul commercio nell’area alpina orientale si sono arricchite di ulteriori preziosi contributi¹⁶. Alla luce degli studi condotti,
Locatelli, Un porto nel cuore delle Alpi. I “somieri” di S. Giacomo e Mesocco, in: Cafaro / Scaramellini (a cura di), Mondo alpino, pp. 253 – 270. Inoltre, sebbene non limitato agli aspetti commerciali, si veda Max Hilfiker, Artigianato e industria, traffico e commercio, in: Storia dei Grigioni, II, L’età moderna, Coira / Bellinzona 2000. Sui traffici che coinvolgevano la Valtellina e il Chiavennasco, si rinvia a Guglielmo Scaramellini, Una valle alpina nell’età preindustriale. La Valtellina tra il XVIII e il XIX secolo: ricerca di geografia storica, Torino 1978, e idem, Le strade chiavennasche ed il problema dei transiti internazionali durante l’età napoleonica, in: Clavenna 31, 1992, pp. 193 – 233. Otto Stolz, Geschichte des Zollwesens, Verkehrs und Handels in Tirol und Vorarlberg von den Anfängen bis ins XX. Jahrhundert, Innsbruck 1953; idem, Quellen zur Geschichte des Zollwesens und Handelsverkehrs in Tirol und Vorarlberg vom 13. bis 18. Jahrhundert, Wiesbaden 1955. Herbert Hassinger, Der Verkehr über Brenner und Reschen vom Ende des 13. bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Ernest Troger / Georg Zwanowetz (a cura di), Neue Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde Tirols. Festschrift für Univ.-Prof. Dr. Franz Huter anlässlich der Vollendung des 70. Lebensjahres, Innsbruck / München 1969, pp. 137– 194. Angelo Moioli, Aspetti del commercio di transito nel Tirolo della seconda metà del Settecento, in: Cesare Mozzarelli / Giuseppe Olmi (a cura di), Il Trentino nel Settecento tra Sacro Romano Impero e antichi stati italiani, Bologna 1985, pp. 805 – 899. Sull’evoluzione dei traffici attraverso i passi tirolesi nel lungo periodo si veda invece Franz Mathis, Les transports dans l’Arc Alpin, in: Dumont / Zurfluh (a cura di), L’Arc Alpin, pp. 29 – 34. Si vedano alcuni dei contributi raccolti in Herbert Klein, Beiträge zur Siedlungs-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte von Salzburg. Festschrift zum 65. Geburtstag von Herbert Klein, Salzburg 1965, e idem, Die Salzburger Alpenstrassen und ihre Bedeutung für den mittelalterlichen und neuzeitlichen Verkehr, in: Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine 14, 1960, pp. 20 – 35. Herbert Hassinger, Geschichte des Zollwesens, Handels und Verkehrs in den Östlichen Alpenländern vom Spätmittelalter bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, Bd. 1, Stuttgart 1987. Ad esempio, Othmar Pickl, Zur Organisation des Handels in den habsburgischen Ostalpenländern am Ausgang des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit, in: Ulrich Pfister (a cura di), Regional Development and Commercial Infrastructure in the Alps. Fifteenth to Eighteenth Centuries, Basel 2002, pp. 15 – 56; Aleksander Panjek, Terra di confine. Agricolture e traffici tra le Alpi e l’Adriatico: la Contea di Gorizia nel Seicento, Monfalcone 2002; e i saggi raccolti in Andrea Bonoldi / Andrea
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emerge chiaramente come la ricostruzione delle dinamiche dei flussi commerciali alpini e transalpini e delle logiche sottostanti richieda la combinazione di fonti di diversa natura, ossia di tipo daziario notarile,¹⁷ processuale,¹⁸ relative all’attività di organismi che svolgevano funzioni giurisdizionali e di rappresentanza degli interessi come il Magistrato mercantile di Bolzano,¹⁹ e anche, quando disponibili, archivi privati di mercanti e famiglie di mercanti che parteciparono attivamente ai traffici transalpini,²⁰ o di aziende agrarie impegnate nella commercializzazione transalpina di prodotti agricoli.²¹ Il confronto con un panorama diversificato di fonti locali d’archivio ha comportato inevitabilmente una marcata frammentazione delle conoscenze. Del resto, come affermava Bergier, il tema dei traffici alpini resta “un sujet qui ne peut être approché qu’au niveau de la micro-histoire, sur de trés petits espaces, des tronçons de routes”, un tema rispetto al quale “les perspectives plus globales restent difficiles, souvent inaccessibles.”²² Ciò non significa peraltro che non si possa tentare di fornire una chiave interpretativa del commercio alpino in antico regime, come si intende fare in questo breve contributo, sollevando alcune considerazioni a partire dal caso tirolese, nella prospettiva di applicare lo schema analitico proposto all’area alpina
Leonardi / Katia Occhi (a cura di), Interessi e regole. Operatori e istituzioni nel commercio transalpino in età moderna (secoli XVI–XIX), Bologna 2012. Katia Occhi, Boschi e mercanti. Traffici di legname tra la Contea di Tirolo e la Repubblica di Venezia (secoli XVI–XVII), Bologna 2006. Ad esempio, Claudio Lorenzini, Between both Sides of the Bridge. Famiglie e reti commerciali attorno a Pontebba fra Cinque e Seicento, in: Mélanges de l’École française de Rome – Italie et Méditerranée modernes et contemporaines 125, 2013, n. 1. Andrea Bonoldi, La fiera e il dazio. Economia e politica commerciale nel Tirolo del secondo Settecento, Trento 1999; idem, I signori della fiera: le famiglie mercantili bolzanine del XVIII secolo tra politica ed economia, in: Pascal Ladner / Gabriel Imboden (a cura di), Alpenländischer Kapitalismus in vorindustrieller Zeit. Vorträge des siebenten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2004), Brig 2004, pp. 23 – 54; idem, Small business? Jewish merchants in transalpine trade: a case study, in: Markus A. Denzel / Jan de Vries / Philipp R. Rössner (a cura di), Small is Beautiful – Interlopers in Early Modern World Trade. The Experience of Smaller Trading Nations and Companies in the Pre-Industrial Period, Stuttgart 2011, pp. 201– 218. È il caso della ditta Salvadori, la cui attività è documentata dal XVII al XIX secolo: Cinzia Lorandini, Famiglia e impresa. I Salvadori di Trento nei secoli XVII e XVIII, Bologna 2006; eadem, Looking beyond the Buddenbrooks syndrome: The Salvadori Firm of Trento, 1660s–1880s, in: Business History 57/7, 2015, pp. 1005 – 1019. Si prospetta inoltre la possibilità di interessanti comparazioni grazie al completamento del riordino e dell’inventariazione di altri archivi di imprese trentine di antico regime: Cinzia Lorandini, Imprese e archivi in Trentino (secoli XV–XX): bilancio di una giornata di studi, in: Studi Trentini. Storia 95, 2016, pp. 367– 372. Rilevante documentazione a questo riguardo è conservata nell’archivio Wolkenstein Trostburg: Andrea Leonardi, L’azienda Wolkenstein Trostburg di Trento tra i secoli XVIII e XIX, in: Gauro Coppola (a cura di), Agricoltura e aziende agrarie nell’Italia centro-settentrionale (secoli XVI–XIX), Milano 1983, pp. 79 – 132. Bergier, Le trafic, p. 8.
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nel suo insieme in vista della predisposizione del contributo finale per la “Storia economica delle Alpi”.
2 Alcune coordinate per inquadrare il tema A titolo di premessa, vanno fatte alcune precisazioni in merito agli obiettivi della ricerca che si intende svolgere, e che portano a circoscrivere il campo di indagine. In primo luogo, l’analisi sarà limitata al traffico di merci, trascurando i fenomeni migratori e le varie forme di mobilità imprenditoriale, per quanto queste ultime si legassero talora strettamente ai flussi commerciali.²³ Inoltre, rispetto al complesso degli scambi mercantili, si tralascerà di considerare il commercio intra-alpino – ossia i flussi commerciali tra i centri rurali e/o urbani di una medesima vallata o tra vallate diverse dell’area alpina – per focalizzarsi sui traffici tra le Alpi e i territori extraalpini. Pur riconoscendo la rilevanza degli scambi interni all’area alpina, si prediligerà dunque l’analisi di quella tipologia di rapporti che consente di restituire un’immagine del grado di integrazione della regione alpina con le aree contermini e, più in generale, delle modalità di inserimento dell’economia alpina nel più ampio spazio europeo. La prospettiva adottata ha naturalmente alcune implicazioni dirette, in particolare per quanto riguarda le vie di transito considerate, essendo i traffici in questione caratterizzati da una sostanziale bidirezionalità – la stessa disposizione fisica delle Alpi imponeva tipicamente una direttrice nord-sud ai trasferimenti sulle lunghe distanze – a differenza della multidirezionalità assunta dalla circolazione locale delle merci, che percorreva anche le valli laterali.²⁴ Infine, l’attenzione sarà posta non tanto sulle oscillazioni di breve periodo nei traffici commerciali, quanto piuttosto sulle loro caratteristiche strutturali e sulle dinamiche di lungo periodo.²⁵ Richiamando ancora le preziose intuizioni di Bergier, lo studio dell’evoluzione dei traffici nel lungo periodo assume particolare rilievo in quanto “l’évolution du trafic à long terme peut révéler les mutations des grands marchés européens de part
Si pensi in particolare al fenomeno del commercio ambulante e a quelle famiglie mercantili originarie delle Alpi e Prealpi che, mantenendo un forte legame con il territorio di origine, si insediarono in vari centri transalpini dove si occuparono della vendita al dettaglio di merci “italiane”. Si vedano, ad esempio, Laurence Fontaine, Les Alpes dans le commerce européen (XVIe–XVIIIe siècles), in: Jean-François Bergier / Sandro Guzzi (a cura di), La découverte des Alpes / La scoperta delle Alpi / Die Entdeckung der Alpen, Basel 1992, pp. 130 – 152, e Christof Jeggle, Coping with the Crisis. Italian Merchants in Seventeenth-century Nuremberg, in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel / Andrea Leonardi / Cinzia Lorandini (a cura di), Merchants in Times of Crises (16th to mid-19th Century), Stuttgart 2015, pp. 51– 78. Si veda a questo proposito Gérard-François Dumont, L’arco alpino, uno spazio geografico europeo, in: Andrea Leonardi (a cura di), Aree forti e deboli nello sviluppo della montagna alpina, Trento 2001, pp. 13 – 32, qui pp. 18s. Costituisce un’utile base di partenza, a questo riguardo, l’analisi di Gérard-François Dumont / Anselm Zurfluh, La Géopolitique à travers l’histoire, in: iidem (a cura di), L’Arc Alpin, pp. 35 – 61.
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et d’autre des Alpes, et souvent à une grande distance. Elle contribue à mettre en lumière les structures dominantes de la vie économique en Europe et de ses équilibres, qui se déplacent eux aussi.”²⁶ A questo scopo, i principali aspetti che interessa rilevare sono, da un lato, la dimensione dei flussi di traffico, nella misura in cui ciò è consentito dallo stato delle fonti, e la loro variazione nel tempo e nello spazio; dall’altro, la composizione qualitativa dei flussi, ossia la natura delle merci trasportate, la loro origine e destinazione, e le scelte adottate dai mercanti relativamente agli itinerari da percorrere. Rispetto alla classificazione tipologica dei traffici proposta da Bergier si intende suggerire tuttavia uno schema alternativo. Assumendo che l’analisi della struttura dei traffici non potesse che fondarsi sulla funzione svolta dagli stessi in seno alle varie economie – delle regioni alpine e prealpine o dell’economia europea in generale – Bergier distingueva quattro tipologie di scambi: i rapporti commerciali intra-alpini (che come anticipato non saranno presi in esame, per quanto il loro peso economico non possa certo considerarsi insignificante); i rapporti tra la zona alpina e le zone prealpine, in cui a partire dalla fine del Quattrocento avrebbero assunto un ruolo dominante le esigenze delle città prealpine; i rapporti tra le zone prealpine collocate su versanti opposti delle Alpi; e i legami transalpini Italia-Occidente o, meglio, tra il mondo mediterraneo e l’Europa centrale e occidentale.²⁷ Erano questi ultimi, osservava lo storico svizzero, ad assumere maggiore rilievo nel lungo periodo, data l’ampiezza delle regioni coinvolte e il valore dei traffici. All’interno di questa tassonomia, proposta per l’analisi dei traffici in area alpina tra l’Alto Medioevo e il Seicento e legata essenzialmente alla portata geografica degli scambi, non sembra peraltro trovare spazio una particolare tipologia di scambi che assunse rilevanza crescente nella tarda età moderna, finendo per costituire uno degli aspetti di maggiore dinamismo dell’economia alpina, ovvero i rapporti commerciali tra le regioni alpine e i territori che si collocavano ben oltre la fascia prealpina. Si pensi soltanto alla seta greggia e ritorta prodotta sul versante alpino italiano alle fasce altimetriche inferiori, dove le condizioni climatiche consentivano di praticare la gelsibachicoltura, e al flusso di esportazioni che alimentava verso i principali centri tessili europei.²⁸ La classificazione alternativa che si intende proporre adotta una prospettiva per certi versi più tradizionale. Pur partendo sempre dalla funzione svolta dai traffici ossia dalla logica sottostante alla loro attivazione, ci si propone di guardare al ruolo assunto dagli stessi rispetto alle regioni alpine, a prescindere dal raggio degli scambi. Ciò conduce a individuare tre tipologie di traffico, la cui attivazione risulta
Bergier, Le trafic, p. 11. Ibidem, pp. 13 – 25. Angelo Moioli, Aspetti della produzione e del commercio della seta nello Stato di Milano durante la seconda metà del Settecento, in: Aldo De Maddalena / Ettore Rotelli / Gennaro Barbarisi (a cura di), Economia, istituzioni, cultura in Lombardia nell’età di Maria Teresa, I: Economia e società, Bologna 1982, pp. 151– 173; Andrea Leonardi, Riflessi della politica economica teresiano-giuseppina sul setificio degli Erbländer austriaci, in: Mozzarelli / Olmi (a cura di), Il Trentino, pp. 109 – 199.
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legata a doppio filo ai punti di forza e di debolezza dell’economia alpina, ossia al sistema di vincoli e di opportunità che la caratterizzava: i flussi di merci in entrata volti a soddisfare i bisogni della popolazione alpina che non trovavano soddisfazione nella produzione locale; i flussi in uscita, determinati dalla valorizzazione delle risorse alpine ossia dal “vantaggio comparato” che esse presentavano nella produzione di alcune tipologie di beni in grado di rispondere alla domanda dei mercati extra-alpini (sia prealpini che a più lungo raggio); e i flussi di transito, legati a dinamiche di domanda e offerta del tutto estranee all’area alpina, che veniva ad esserne coinvolta in virtù della particolare posizione geografica che ne faceva una “regione cerniera” tra mondo mediterraneo e continente europeo.²⁹ Va da sé che tali flussi, generati dalla necessità di superare alcuni vincoli tipici della montagna alpina e dall’opportunità di valorizzarne i punti di forza, sia in termini di risorse che di posizionamento strategico, poggiavano sull’attività imprenditoriale e sui servizi prestati da una molteplicità di operatori che traevano dalla loro partecipazione in varia forma ai traffici mercantili la fonte di reddito principale o un’importante integrazione ai redditi del primario. È dunque importante cercare di cogliere anche il significato economico del commercio alpino e transalpino per l’attività dei diversi attori che vi erano coinvolti in qualità di trasportatori, commercianti o spedizionieri,³⁰ e in particolare il suo contributo alla produzione di reddito e alla promozione di varie forme di imprenditorialità.
3 Il caso tirolese: alcuni spunti di riflessione L’applicazione di questo approccio al Tirolo storico può servire a fornire alcuni utili spunti di riflessione, in vista dell’obiettivo finale di una sua estensione all’area alpina nel suo insieme.³¹ Un primo dato da rilevare è la presenza di marcate differenziazioni all’intero del territorio regionale, il quale, benché collocato interamente entro lo spazio alpino, presentava diverse articolazioni produttive. Si pensi, ad
Va tenuto conto che a tale classificazione dei traffici non corrisponde una altrettanto netta differenziazione delle merci scambiate, poiché un certo tipo di prodotto poteva transitare attraverso la regione alpina per essere destinato ad altri mercati, ma costituire al tempo stesso, in parte, oggetto di importazione. Si vedano a questo proposito Luigi Lorenzetti, Trafics marchands et mobilités transalpines. Le parcours d’une entreprise de transport dans les baillages sudalpins, XVIIe‒XVIIIe siècles, in: MarieClaude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (a cura di), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum, 11. Internationales Symposium zur Geschichte des Alpenraums, Brig 2014, pp. 79 – 98; e Marie-Claude Schöpfer, The Fratelli Loscho in Brig: An Alpine Trading House in Times of Transition (c. 1760s–1830s), in: Bonoldi et al. (a cura di), Merchants, pp. 97– 116. Si farà riferimento dunque alla regio oeconomica tirolese così come individuata in Andrea Leonardi, L’economia di una regione alpina. Le trasformazioni economiche degli ultimi due secoli nell’area trentino-tirolese, Trento 1996, pp. 9 – 14.
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esempio, ai limiti altimetrici di coltivazioni come la vite o il gelso, ma anche alle diverse conformazioni assunte dal settore primario in relazione all’assetto istituzionale: nella parte di lingua tedesca, un’agricoltura di tipo germanico fondata sul ruolo predominante dell’allevamento e sulla prevalenza del maso chiuso quale unità produttiva condotta da una famiglia di contadini e trasmessa a un unico erede, e caratterizzata da un’importante componente boschiva e pascoliva; nella parte di lingua italiana, un’agricoltura di tipo latino, caratterizzata da un’incidenza maggiore della coltivazione dei campi, condotta su piccoli appezzamenti nei dintorni del centro abitato, e da un allevamento esercitato su proprietà collettive alle quote più elevate e destinato soprattutto alla produzione lattiero-casearia.³² Si tratta di aspetti che si riproducono, e di cui bisogna tener conto, a livello di spazio alpino nel suo insieme, e che incidono sulle modalità di sfruttamento del territorio e di inserimento nei circuiti commerciali. Né si possono trascurare le dinamiche demografiche, e la questione fondamentale del loro rapporto con le risorse, che si ripercuoteva direttamente sul traffico di merci in entrata e in particolare sulle importazioni cerealicole. Il completo soddisfacimento del fabbisogno alimentare era ostacolato da un ambiente poco favorevole a certe destinazioni colturali per condizioni geo-morfologiche e condizionamenti climatici, determinando un persistente squilibrio tra popolazione e risorse, tipico del Tirolo come di molte altre aree della montagna alpina. ³³ Ne conseguiva la necessità di frequenti interscambi con le regioni limitrofe di pianura per gli approvvigionamenti cerealicoli destinati ad alimentare una popolazione in crescita, seppure a tasso più moderato rispetto alle economie europee più dinamiche. Tale tipologia di flussi si inscriveva all’interno di un sistema di relazioni a corto-medio raggio, tra mondo alpino e prealpino. Così, l’area tirolese ricorreva a continue importazioni cerealicole dalla Pianura padana, e in particolare dal Mantovano, dal Bergamasco, dal Bresciano e dall’area veneta, per la parte meridionale della regione, mentre le produzioni cerealicole dell’Europa centrale, soprattutto della Baviera, ma anche di Svevia, Carinzia ed eccezionalmente Ungheria, affluivano al Tirolo settentrionale³⁴. Eventuali variazioni rispetto a questo schema di relazioni si legavano a periodi di particolare scarsità. Ad esempio, nel 1591, l’arciduca Ferdinando concesse ai ceti e alle città della parte meridionale del Tirolo i “passaporti” per l’acquisto di
Sulla distinzione tra agricoltura di montagna di tipo germanico e di tipo romanzo o latino, e i connessi modelli di insediamento, si veda Bätzing, Le Alpi, pp. 81– 92. Relativamente alla situazione tirolese si rinvia a Leonardi, L’economia, pp. 15 – 24. Ad esempio, sull’importazione di granaglie nella Svizzera italiana, si veda Marco Dubini, Importazioni, esportazioni, prodotti strategici, in: Raffaello Ceschi (a cura di), Storia della Svizzera italiana: dal Cinquecento al Settecento, Bellinzona 2000, pp. 195 – 222. Andrea Bonoldi, Le incertezze dello sviluppo: alcune considerazioni sull’economia tirolese tra Sette e Ottocento, in: Leonardi (a cura di), Aree forti e deboli, pp. 171– 190, qui: p. 175. Si veda anche Giovanni Zalin, Approvvigionamento e commercio dei cereali nella regione gardesana durante l’età moderna, Salò 1968.
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cereali dalla Germania prealpina.³⁵ Ed è interessante osservare che, se la città di Rovereto si aggiudicò 1.000 stari, Paul e Hans Fuerleger ne ottennero 2.000 per il sostentamento dei lavoratori occupati nella manifattura serica che avevano eretto nella stessa città. Naturalmente il fabbisogno di importazioni cerealicole aumentava laddove vi era un maggiore impiego della forza lavoro in attività extra-agricole, come era il caso del setificio roveretano, ma anche delle zone di sfruttamento minerario. Così, nel Tirolo del Quattrocento, in concomitanza con la forte espansione dell’industria mineraria e la conseguente immigrazione di manodopera, crebbe considerevolmente l’interesse per il problema dell’approvvigionamento cerealicolo. La spiegazione della dinamica delle importazioni cerealicole nel lungo periodo non può dunque andare disgiunta dalla considerazione del movimento sia naturale che sociale della popolazione e dei mutamenti, per quanto limitati, nella struttura occupazionale. Sebbene i cereali costituissero la voce di importazione più significativa, anche altre derrate alimentari gravavano sul lato passivo della bilancia commerciale tirolese, così come diversi prodotti manifatturieri, in primis del tessile (esclusi i filati di seta e i velluti).³⁶ Ciò costituiva un segno inequivocabile della debolezza delle attività manifatturiere locali, con le significative eccezioni del cotonificio di Imst tra Settecento e primo Ottocento e del setificio roveretano.³⁷ In particolare, l’ascesa tra Sei- e Settecento della realtà protoindustriale roveretana grazie alla combinazione di un insieme di condizioni ambientali favorevoli e dei privilegi fiscali garantiti alla città,³⁸ introdusse un significativo elemento di novità per l’economia regionale, che vide aggiungersi all’esportazione dei tradizionali prodotti del primario, tipici della montagna, un semilavorato destinato al mercato internazionale. Prendendo in esame quindi i flussi in uscita legati alla valorizzazione di quelle che, mutuando il lessico aziendalistico, costituivano le “competenze distintive” dell’ambiente alpino, non si può non tener conto della diversificazione delle attività produttive, in particolare del primario, in funzione delle altimetrie. In una regione
Josef Fischer, Tirols Getreidepolitik von 1527 bis 1601, Innsbruck 1919, qui p. 106 e nota 3. In caso di fallanze dei raccolti sui tradizionali mercati di approvvigionamento della Germania meridionale o dell’Italia settentrionale, i cereali potevano trasformarsi da beni di importazione in merce in transito da un’area prealpina all’altra; ma questi casi riguardano più la sfera delle variazioni congiunturali che gli aspetti strutturali che qui interessano. Bonoldi, Le incertezze, p. 181. La gamma dei prodotti importati per essere destinati al consumo locale era molto articolata e, come emerge chiaramente dagli inventari di bottega, comprendeva anche olio, riso, mandorle, uva passa, caffè, thè, zucchero, cioccolato, spezie e materie tintorie. Si veda l’inventario della bottega di Pergine dei Salvadori in Lorandini, Famiglia e impresa, p. 152. Leonardi, L’economia, pp. 29 – 42. Sin dai tempi della dominazione veneziana Rovereto godette dell’esenzione dal dazio di consumo, che fu in seguito confermata dall’imperatore Massimiliano all’inizio del Cinquecento, e si protrasse fino a Settecento inoltrato. Andrea Leonardi, Il setificio roveretano: un’occasione perduta di sviluppo industriale, in: Nicolò Cristani de Rallo, Breve descrizione della Pretura di Rovereto (1766), a cura di Andrea Leonardi, Rovereto (Trento) 1988, pp. 5 – 25.
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alpina come quella tirolese, la principale voce dell’economia agricola per cui si registrava un surplus rispetto al fabbisogno era costituita da una produzione del fondovalle, quella vitivinicola, destinata sin dalla prima età moderna all’esportazione.³⁹ Il Quattro-Cinquecento coincise infatti con un salto dimensionale nella vitivinicoltura trentino-tirolese, che conobbe il passaggio da una produzione destinata essenzialmente al consumo locale all’affermazione di un commercio di esportazione. Data peraltro l’incapacità di competere sotto il profilo qualitativo con le vicine regioni italiane, la produzione era rivolta oltralpe, soprattutto ai mercati tedeschi, spingendosi sino in Polonia.⁴⁰ Questo processo può essere visto come l’esito di una nuova dialettica tra domanda e offerta: da un lato, il mutamento del gusto, con una crescente predilezione per i vini forti, la conservazione e il trasporto dei quali erano favoriti dal superiore tasso alcolico; dall’altro, la comparsa di nuovi vitigni come il Lagrein e il Marzemino, la cui fama internazionale si sarebbe accresciuta in seguito al Concilio.⁴¹ A questo proposito, può risultare interessante un confronto con altre aree alpine a vocazione viticola allo scopo di mettere in luce i tempi di transizione a una viticoltura commerciale e i mercati di destinazione.⁴² Un posto di primario tra le colture della fascia altimetrica inferiore fu inoltre occupato in età moderna dalla coltivazione del gelso, finalizzata alla produzione di foglie per il nutrimento dei bachi da seta. L’espansione della gelsibachicoltura, che trovò terreno fertile nel Tirolo meridionale italiano a partire dal Cinquecento e ancora più nel Sei-Settecento, alimentò lo sviluppo della manifattura serica, concentrata nel polo roveretano⁴³ con alcune propaggini nel vicino principato vescovile di Trento. La seta, greggia e ritorta, finì così per costituire nel XVIII secolo il prodotto che maggiormente contribuiva all’attivo della bilancia commerciale tirolese e l’unico in grado di raggiungere, sullo scorcio del secolo, mercati distanti come quello in-
Bruno Andreolli, Produzione e commercio del vino trentino tra Medioevo ed Età Moderna, in: Quaderni della rivista di storia dell’agricoltura, 1987/1, pp. 91– 107. Ibidem, pp. 93, 103; Bruno Andreolli, Dal Medioevo al Concilio di Trento ed oltre, in: Antonio Calò / Liana Bertoldi Lenoci / Michele Pontalti / Attilio Scienza (a cura di), Storia regionale della vite e del vino in Italia. Trentino, San Michele all’Adige (Tn) 2012, pp. 177– 200. In particolare, sui limiti qualitativi del prodotto enologico locale, Andrea Leonardi, Intervento pubblico ed iniziative collettive nella trasformazione del sistema agricolo tirolese tra Settecento e Novecento, Trento 1991, e idem, L’età moderna e contemporanea, in: Calò et al. (a cura di), Storia regionale, pp. 201– 227. Andreolli, Produzione, pp. 97s. Nello stesso torno di tempo si colloca l’affermazione della viticoltura commerciale nel Valtellinese, dove il prodotto era perlopiù prelevato dai contadini mediante i canoni livellari e immesso nei circuiti commerciali dalla proprietà fondiaria: Guglielmo Scaramellini, Valtellina e convalli nel “lungo Ottocento”: vocazioni, domande economiche, mutamenti. Riflessi di una transizione incompiuta, in: Leonardi (a cura di), Aree forti e deboli, pp. 43 – 94, qui pp. 46 – 49. Si veda anche Aleksander Panjek, Politiche e pratiche commerciali tra Gorizia e Carinzia: gli insuccessi della diplomazia del vino nel Seicento, in: Bonoldi et al. (a cura di), Interessi e regole, pp. 259 – 288. Leonardi, Il setificio.
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glese.⁴⁴ I mercanti-imprenditori che si resero protagonisti del coordinamento del processo produttivo e del collocamento del semilavorato sui mercati europei conobbero un rapido consolidamento della loro posizione economica con la conquista di posizioni di vertice nell’economia regionale, cui si accompagnò l’elevazione del loro status e l’accesso ai ranghi del patriziato.⁴⁵ Anche in questo ambito non mancano le possibilità di comparazione con le esportazioni seriche alimentate da altre regioni del versante alpino italiano, come quelle piemontesi, lombarde e venete, che si prestavano alle attività gelsibachicole. L’analisi dovrà tenere conto, nel delineare le varie geometrie degli scambi, del ruolo giocato dalla prossimità geografica, così come dalle specifiche caratteristiche della domanda dei centri tessili d’Oltralpe e dal diverso profilo qualitativo della produzione. Un’altra coltivazione che si diffuse, soprattutto tra Sei- e Settecento, alle basse altitudini fu quella del tabacco. Esportato in forma di tabacco da fiuto, si affermò grazie ai mutamenti intervenuti nelle abitudini di consumo, promuovendo le fortune di alcune famiglie mercantili che ne monopolizzarono il commercio. La documentazione lasciata dalla ditta Salvadori di Trento, attiva nel business da fine Seicento alla seconda metà del Settecento, evidenzia i molteplici risvolti sui traffici mercantili a lungo raggio, dall’importazione di foglie da mercati distanti come le isole greche o l’Ungheria per integrare le foglie di produzione locale, o di sostanze per “odorare” il tabacco da Amsterdam o Roma, all’esportazione del tabacco sino a Lipsia e Praga.⁴⁶ Salendo alle fasce altimetriche superiori, si incontravano i prodotti più “tipici” della montagna alpina ossia quelli derivanti dallo sfruttamento delle risorse minerarie e boschivo-pascolive. Le esportazioni dei prodotti minerari seguirono un andamento diseguale nel corso dei secoli: raggiunta la fase di massima espansione a cavallo tra basso Medioevo e inizio dell’età moderna, conobbero una crisi generale provocata dall’esaurimento dei filoni superficiali e dall’incapacità di competere con la concorrenza internazionale, in mancanza dei capitali e dell’imprenditorialità necessari all’applicazione di tecniche di estrazione più sofisticate. Solo alcune produzioni di derivazione mineraria mantennero un certo rilievo fino al Sei-Settecento, come il sale (Hall), l’ottone (Achenrain) e il rame (Predoi/Prettau).⁴⁷ Dal confronto con altre aree di estrazione mineraria presenti nelle Alpi potranno emergere similitudini o differenze nella dinamica delle esportazioni, in relazione ai tempi di esau Cinzia Lorandini, “Ci furono dinotate per case solide e di onesto caratere”: sete trentine a Londra in età napoleonica, in: Pietro Cafaro / Giuseppe De Luca / Andrea Leonardi / Luca Mocarelli / Mario Taccolini (a cura di), La storia economica come impegno: saggi in onore di Angelo Moioli, Milano 2015, pp. 129 – 137. Cinzia Lorandini, Die Trentiner Seidenverleger zwischen Norden und Süden. Ein prosopographischer Zugang, in: Scripta Mercaturae 42/1, 2008, pp. 45 – 62. Lorandini, Famiglia e impresa, pp. 134– 147. Bonoldi, Le incertezze, p. 172. Si vedano anche Silber, Erz und weisses Gold: Bergbau in Tirol – Tiroler Landesausstellung, Innsbruck 1990, e Hermann Kellenbenz, Le strutture dell’industria mineraria nel settore dei minerali non ferrosi e dei metalli nobili in territorio alpino, in: Coppola / Schiera (a cura di), Lo spazio alpino, pp. 179 – 202.
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rimento dei filoni superficiali e alla domanda dei grandi centri urbani prealpini e di pianura. La presenza di Venezia, ad esempio, anche se in misura variabile nel corso dei secoli, incise indubbiamente sull’andamento dei traffici nell’arco alpino orientale attraverso la sua incessante domanda di materie prime.⁴⁸ Ciò vale per il ferro, fornito dalle miniere carinziane e stiriane, ma considerazioni analoghe valgono per il legname, che nel Quattro-Cinquecento costituiva per il Tirolo il primo prodotto di esportazione per importanza tra quelli destinati alla pianura veneta, soprattutto dalle zone favorite per la presenza di vie idonee alla fluitazione del legname, offrendo significative opportunità di arricchimento per le compagnie mercantili che seppero accaparrarsi i diritti di taglio dalla Camera arciducale.⁴⁹ Quanto ai prodotti della zootecnia, bestiame e formaggio assumevano rilievo diverso a seconda delle zone: l’esportazione di bestiame manifestava un’importanza primaria soprattutto in alcune vallate del Tirolo settentrionale, mentre l’esportazione dei formaggi aveva una rilevanza di gran lunga minore dal punto di vista quantitativo e del valore. Nel complesso, è stato osservato come nonostante l’intensità e la frequenza degli scambi con le regioni limitrofe, per tutta l’età moderna non sia possibile individuare nel settore primario, se non in ambiti del tutto circoscritti, un processo di specializzazione tale da consentire lo sviluppo di scambi complementari tra montagna e pianura.⁵⁰ Non è dato dunque riscontrare nulla di simile alla trasformazione avvenuta nel caso svizzero, dove si affermò con successo la specializzazione nell’allevamento del bestiame e nella produzione casearia in funzione dello scambio con la pianura.⁵¹ Posto che la produzione tirolese restava prevalentemente destinata all’autoconsumo, non sorprende che la parte preponderante dei traffici fosse costituita dal commercio di transito, che svolgeva un importante ruolo di compensazione a fronte di una bilancia commerciale complessivamente deficitaria.⁵² L’area tirolese traeva vantaggio, da questo punto di vista, dalla sua collocazione al crocevia delle principali vie di transito che collegavano Venezia e l’entroterra veneto alla Germania meridionale. Verona e Augsburg costituivano i due principali poli di attrazione dei traffici che percorrevano il Tirolo. Le relazioni commerciali tra le aree poste sui due versanti dell’arco alpino orientale erano favorite dalla presenza di una via fluviale, l’Adige, navigabile fino a poco sotto Bolzano, nonché dalla maggiore agibilità dei Paola Lanaro (a cura di), At the Centre of the Old World. Trade and Manufacturing in Venice and the Venetian Mainland, 1400 – 1800, Toronto 2006. Tommaso Fanfani, L’Adige come arteria principale del traffico tra Nord Europa ed emporio realtino, in: Una città e il suo fiume, Verona e l’Adige, Verona, 1977, pp. 571– 629, qui pp. 588 – 590. Sul commercio del legname si vedano Occhi, Boschi e mercanti, e Andrea Zannini, Sur la mer, près des montagnes. Venise et le circuit de production et vente du bois (XVIe–XIXe siècle), in: Alain Cabantous / Jean-Luc Chappey / Renaud Morieux / Nathalie Richard / François Walter (a cura di), Mer et montagne dans la culture européenne (XVIe–XIXe siècle), Rennes 2010, pp. 43 – 55. Bonoldi, Le incertezze, p. 180. Ibidem, p. 178. Leonardi, L’economia, pp. 44– 46.
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passi del Resia e soprattutto del Brennero, principale asse di transito. Ciò concorreva a ridurre i costi di trasporto, mentre la presenza delle fiere di Bolzano con il loro Magistrato mercantile e i servizi prestati dalle case di commercio e spedizione bolzanine, mettevano a disposizione un’infrastruttura immateriale di primo rilievo per i traffici transalpini, riducendo i costi di transazione. Per il Tirolo transitavano così materie prime destinate alle attività manifatturiere svizzere, austriache e tedesche, e il prodotto della loro trasformazione attraversava poi nuovamente il Tirolo per dirigersi ai mercati italiani.⁵³ Ma a prendere la via dei mercati tedeschi erano anche beni manufatti, come i filati e tessuti serici di produzione veneta,⁵⁴ e generi alimentari come olio, olive e frutta, mentre dal nord scendevano stoccafisso e prodotti coloniali come thè e caffè.⁵⁵ Volume e composizione delle merci in transito dipendevano quindi, da un lato, dalle caratteristiche di complementarietà di regioni appartenenti a zone climatiche diverse e, dall’altro, dalle specializzazioni manifatturiere espresse dai principali centri urbani collocati a nord e a sud dell’arco alpino. Una variabile decisiva era inoltre rappresentata dalla convenienza della via di transito utilizzata rispetto a percorsi alternativi, che discendeva non solo da fattori di natura geografica, ma anche dalle forme di organizzazione e dall’efficienza dei trasporti, spesso in mano a compagnie privilegiate, la cui attività faceva parte dell’ampio indotto generato dal commercio di transito.
4 Per un contributo alla “Storia economica delle Alpi” Dalle considerazioni fatte emergono alcuni spunti utili a definire l’organizzazione del contributo finale per la “Storia economica delle Alpi in età preindustriale” che dovrà dare conto delle caratteristiche strutturali e funzionali del commercio alpino. L’analisi, riferita all’intero spazio alpino, si articolerà sulla base delle tre fondamentali componenti dei traffici, ponendo attenzione, di volta in volta, alle principali determinanti. A tale scopo, la letteratura relativa alla storia dei traffici alpini e transalpini, in gran parte citata all’inizio di questo contributo, dovrà essere opportunamente integrata con la storiografia più generale relativa all’economia delle diverse regioni alpine allo scopo di cogliere le logiche alla base degli scambi. L’interazione tra geografia, demografia, economia e istituzioni è un dato che va tenuto costantemente presente. Nell’analizzare le importazioni nell’area alpina, as-
Bonoldi, Le incertezze, p. 184. Edoardo Demo, L’anima della città. L’industria tessile a Verona e Vicenza. 1400 – 1550, Milano 2001; Francesco Vianello, Seta fine e panni grossi. Manifatture e commerci nel Vicentino. 1570 – 1700, Milano 2004. Come evidenziato dalle registrazioni relative alle entrate dei colli e alle spedizioni della ditta Salvadori: Lorandini, Famiglia e impresa, pp. 122– 134.
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sumono particolare peso le dinamiche demografiche e le varie forme di integrazione con le economie di pianura per l’approvvigionamento cerealicolo. Le esportazioni alimentate dalle singole regioni vanno invece esaminate alla luce delle diverse possibilità di sfruttamento delle risorse legate all’articolazione del territorio tra piano, collina e montagna, riscontrabile, non senza forti differenziazioni, nell’intero arco alpino. A questo riguardo, si possono mettere a confronto aree omogenee per fascia altimetrica e destinazione del suolo, allo scopo di valutarne le capacità di esportazione di prodotti “tipici” della montagna in funzione della domanda espressa dai vicini centri urbani prealpini o da mercati più distanti. Ricostruendo i principali flussi di import-export, si può rilevare se gli interessi economici fossero rivolti prevalentemente a nord o a sud, o se si riscontrassero orientamenti diversi nelle varie aree dell’arco alpino e nel corso del tempo. Fondamentale è la valutazione del ruolo dei grandi empori di riferimento al di qua e al di là delle Alpi, ma anche dei centri manifatturieri di minori dimensioni, attraverso la domanda di materie prime e la produzione di manufatti, destinati ad alimentare soprattutto, ma non solo, il commercio transalpino. Rispetto al commercio di transito, vanno messi a confronto i principali assi di traffico in relazione alla diversa agibilità dei valichi alpini e alla posizione rispetto alle economie più dinamiche. A questo proposito è importante valutare gli effetti prodotti dal mutamento degli equilibri economici a livello europeo, con particolare riferimento allo spostamento del baricentro verso l’economia atlantica e alla “crisi secentesca” dell’economia italiana. Ma è necessario tenere conto parimenti dell’evoluzione nella dotazione di infrastrutture materiali e immateriali in grado di incidere sui costi di trasporto e di transazione nell’area alpina, e quindi sui percorsi scelti dagli operatori.⁵⁶ In merito alla quantificazione dei flussi commerciali, si presentano serie difficoltà legate allo stato di conservazione dei registri daziari, che peraltro non sono in grado di cogliere il fenomeno nella sua interezza, data la diffusione ampiamente documentata del contrabbando.⁵⁷ Anche per una realtà come quella tirolese, per la quale il lavoro dello Stolz offre importanti indicazioni sullo spessore dei traffici, i dati risentono della lacunosità delle fonti poiché, relativamente al periodo che va dal XV al XVII secolo, si conservano alcuni registri isolati, mentre solo a partire dal Settecento il panorama documentario si amplia.⁵⁸ Pur fornendo alcuni dati sintetici sul volume dei traffici, quando disponibili, il contributo mirerà dunque a metterne in evidenza soprattutto la composizione – in termini di tipologie merceologiche, mer-
Dumont / Zurfluh, La Géopolitique. Si vedano ad esempio Balani, Per terra e per mare; Stolz, Geschichte, pp. 105 – 107; Furio Bianco, Contadini, sbirri e contrabbandieri nel Friuli del Settecento. La comunità di villaggio tra conservazione e rivolta (Valcellina e Valcolvera), Pordenone 1990; idem, La frontiera come risorsa. Il contrabbando di tabacco nella Repubblica di Venezia in età moderna, in: Histoire des Alpes. Storia delle Alpi. Geschichte der Alpen 3, 1998, pp. 213 – 225. Hassinger, Geschichte, p. xiii.
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Cinzia Lorandini
cati di origine o destinazione – e l’importanza relativa delle diverse vie di transito, cercando di ricostruire i mutamenti intervenuti nel lungo periodo al di là delle variazioni di carattere congiunturale, e i riflessi di tali mutamenti sulle possibilità imprenditoriali e occupazionali degli operatori attivi all’interno delle Alpi.
Mark Häberlein
Safran, Kupfer, Textilien Kommerzielle Aktivitäten süddeutscher Handelshäuser im Alpenraum am Beispiel der Vöhlin und Welser (ca. 1490 – 1530) Abstract: Research on the commercial activities of south German merchant companies in the Alpine region has mostly focused on trade with Venice and on investments in the production and marketing of Tyrolean copper. New work on surviving internal business documents of the Welser Company of Augsburg, which is considered the second largest firm in sixteenth-century central Europe after the Fugger Company, suggests a more complex picture: The Welsers and the closely associated Vöhlin of Memmingen traded in a wide range of commercial goods and established a network of offices and agencies both north and south of the Alps. Case studies of three products – Italian saffron, Tyrolean copper and textiles from Fribourg and Como – show that the company developed distinct transport routes and marketing strategies for each of these goods. The Welsers obtained saffron from both Casalmaggiore and L’Aquila and hired carters to transport the valuable spice either via Como and Lindau or via Venice and Innsbruck to Nuremberg, the major saffron market in southern Germany. While the Welsers – in contrast to the Fuggers and several other Augsburg companies – did not become major distributors and producers or Tyrolean copper, they purchased copper in Innsbruck for their commercial ventures in Western Europe. Their involvement in the distribution of cloth from the Swiss town of Fribourg dates back to the early 1490s, when the Vöhlin Company of Memmingen agreed to market the town’s entire cloth production. The Welsers continued this activity until the early 1520s, although documents in the Fribourg state archives indicate mounting economic difficulties in this sector and growing tensions between the Swiss commune and the Augsburg merchant company. In Como, the Welsers began to invest in the production of stametto, a fabric made of linen and wool, in the years around 1500 and marketed a wide range of brightly colored fabrics in Nuremberg and at the Frankfurt fairs. To sustain these commercial activities, the Welsers and their associates developed a network of business contacts and correspondence partners that contributed to the commercial integration of the Alpine region at the dawn of the modern era.
Prof. Dr. Mark Häberlein, Lehrstuhl für Neuere Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Fischstraße 5/7, D-96045 Bamberg, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-013
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Mark Häberlein
Einleitung Zwei Perspektiven bestimmen bislang die Literatur zu den Aktivitäten süddeutscher Handelshäuser im Alpenraum im 15. und 16. Jahrhundert. Zum einen haben sich zahlreiche ältere wie neuere Forschungen mit dem transalpinen Handelsverkehr zwischen Venedig, Augsburg und Nürnberg befasst, der bereits im Spätmittelalter das Rückgrat des reichsstädtischen Fernhandels bildete und bis in die Anfangsjahre des Dreißigjährigen Krieges hinein große Bedeutung behielt. Den räumlichen Fokus dieses transalpinen Handels bildete der Fondaco dei Tedeschi, das Haus der deutschen Kaufleute in Venedig, wo die nordalpinen Händler zwar diversen rechtlichen Restriktionen und einer strengen Aufsicht der venezianischen Obrigkeit unterlagen, aber an einem der Knotenpunkte des europäischen Handels, welcher transalpine und mediterrane Handelsrouten miteinander verband,¹ breit gefächerte und lukrative geschäftliche Möglichkeiten vorfanden. Auch nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch die Portugiesen blieb Venedig ein wichtiger Bezugsort für asiatische Gewürze, andere orientalische Waren, hochwertige Gewerbeerzeugnisse und die für das schwäbische Barchentgewerbe essentielle levantinische Baumwolle.² Trotz kriegsund konjunkturbedingter Krisen des oberdeutsch-venezianischen Fernhandels und der zunehmenden Verlagerung der Fernhandelswege vom Mittelmeerraum zum At-
Vgl. beispielsweise Hermann Kellenbenz, Venedig als internationales Zentrum und die Expansion des Handels im 15. und 16. Jahrhundert, in: Hans-Georg Beck / Manoussos Manuoussacas / Agostino Pertusi (Hrsg.),Venezia centro di mediazione ta Oriente e Occidente (secoli XV–XVI). Aspetti e problemi, Bd. 1, Firenze 1977, S. 281– 305; Fernand Braudel, Aufbruch zur Weltwirtschaft (Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Bd. 3), München 1986, S. 122 – 147; Benjamin Arbel, Venice’s Maritime Empire in the Early Modern Period, in: Eric R. Dursteler (Hrsg.), A Companion to Venetian History, 1400 – 1797, Leiden 2013, S. 125 – 253; Luciano Pezzolo, The Venetian Ecomony, in: Ebd., S. 255 – 289. Die klassische Studie zu diesem Thema ist Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen, 2 Bde., Stuttgart 1887. An neueren Arbeiten vgl. Philippe Braunstein, Venezia e la Germania nel medioevo, in: Susanna Biadene (Hrsg.), Venezia e la Germania. Arte, Politica, commercio, due civiltà a confronto, Milano 1986, S. 35 – 50; ders., Erscheinungsformen einer Kollektividentität. Die Bewohner des Fondaco dei Tedeschi (12.–17. Jahrhundert), in: Uwe Bestmann / Franz Irsigler / Jürgen Schneider (Hrsg.), Hochfinanz, Wirtschaftsräume, Innovationen. Festschrift für Wolfgang von Stromer, 3 Bde., Trier 1987, Bd. 1, S. 411– 420; Cecilie Hollberg, Deutsche in Venedig im späten Mittelalter. Eine Untersuchung von Testamenten aus dem 15. Jahrhundert, Göttingen 2005; Mark Häberlein, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und der Italienhandel oberdeutscher Kaufleute (ca. 1450 – 1650), in: Hans-Michael Körner / Florian Schuller (Hrsg.), Bayern und Italien. Kontinuität und Wandel ihrer traditionellen Beziehungen, Lindenberg im Allgäu 2010, S. 124– 139; Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Stuttgart 2011, bes. S. 45 – 61, 298 – 318. Wesentliche Erkenntnisse zu den oberdeutschen Kaufleuten in Venedig sind von den im Druck befindlichen Dissertationen von Bettina Pfotenhauer (LMU München) und Sibylle Backmann (Universität Zürich) zu erwarten.
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lantik besteht in der Forschung Konsens darüber, dass das Volumen dieses transalpinen Handels bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts anstieg.³ Zum anderen hat das Vordringen süddeutscher, insbesondere Augsburger Handelshäuser in den Tiroler und Salzburger Bergbau und Montanhandel seit dem späten 15. Jahrhundert starkes Interesse gefunden. Die einschlägigen Forschungen haben gezeigt, dass die Konjunktur der alpenländischen Montanproduktion im langen 16. Jahrhundert auf das Engste mit den Aktivitäten der reichsstädtischen Handelsgesellschaften verbunden war. Seit den 1480er Jahren sicherten sich die Fugger und andere Augsburger Handelsgesellschaften – die Baumgartner, Höchstetter, Bimmel (seit 1531 Haug-Langnauer-Linck), Herwart und Manlich – durch Kredite an die Landesherren einen Großteil des alpenländischen Silber- und Kupfervertriebs und stiegen seit dem frühen 16. Jahrhundert durch die Übernahme von Bergwerksanteilen und die Erweiterung bzw. Neuerrichtung von Schmelzhütten auch verstärkt in den Produktionssektor ein. Auf den Rückgang der alpinen Montanproduktion seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts reagierten die Augsburger Gesellschaften teilweise mit dem Rückzug aus diesem Geschäftsfeld, teilweise mit Konsolidierungsmaßnahmen und Fusionen.⁴
Hermann Kellenbenz, Wirtschaftsleben der Blütezeit, in: Gunther Gottlieb u. a. (Hrsg.), Geschichte der Stadt Augsburg. 2000 Jahre von der Römerzeit bis zur Gegenwart, Stuttgart 21985, S. 258 – 301, hier: S. 271; Reinhard Hildebrandt, Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oberdeutschland und Venedig um 1600. Konturen eines Gesamtbildes, in: Bernd Roeck / Klaus Bergdolt / Andrew John Martin (Hrsg.), Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und Wirtschaft, Sigmaringen 1993, S. 277– 288. Für Überblicke vgl. Reinhard Hildebrandt, Augsburger und Nürnberger Kupferhandel 1500 – 1619. Produktion, Marktanteile und Finanzierung im Vergleich zweier Städte und ihrer wirtschaftlichen Führungsschicht, in: Hermann Kellenbenz (Hrsg.), Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa 1500 – 1650, Köln / Wien 1977, S. 190 – 224; Hermann Kellenbenz, Kapitalverflechtung im mittleren Alpenraum. Das Beispiel des Bunt- und Edelmetallbergbaus vom fünfzehnten bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 51, 1988, S. 13 – 50; ders., Schwäbische Kaufherren im Tiroler Bergbau (1400 – 1650), in: Wolfram Baer / Pankraz Fried (Hrsg.), Schwaben – Tirol. Bd. 2: Beiträge, Rosenheim 1989, S. 208 – 218. – Studien zu einzelnen Handelsgesellschaften: Ludwig Scheuermann, Die Fugger als Montanindustrielle in Tirol und Kärnten. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, München / Leipzig 1929; Eike Eberhard Unger, Die Fugger in Hall in Tirol, Tübingen 1967; Carolin Spranger, Der Metall- und Versorgungshandel der Fugger in Schwaz in Tirol 1560 – 1575 zwischen Krisen und Konflikten, Augsburg 2006; Ekkehard Westermann, The Brass-works of the Höchstetter at Pflach near Reutte in the Tirol, 1509 – 1529, in: Ian Blanchard u. a. (Hrsg.), Industry and Finance in Early Modern History. Essays Presented to George Hammersley to the Occasion of his 74th Birthday, Stuttgart 1992, S. 161– 186; Gerhard Seibold, Die Manlich. Geschichte einer Augsburger Kaufmannsfamilie, Sigmaringen 1995. – Aus der Perspektive der alpenländischen Montanreviere siehe Karl Heinz Ludwig / Fritz Gruber, Gold- und Silberbergbau im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Das Salzburger Revier von Gastein und Rauris, Köln / Wien 1987; Wolfgang Ingenhaeff / Johann Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum? Verschwenderische Habsburger in Abhängigkeit vom oberdeutschen Kapital an der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit, Innsbruck 2003.
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Mark Häberlein
Auch zu anderen Aspekten des Transalpenhandels im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit liegen einschlägige Arbeiten vor. Exemplarisch seien die Pionierarbeit von Aloys Schulte zu den italienisch-deutschen Handelskontakten,⁵ Werner Schnyders Studie zu den Bündner Pässen,⁶ Überblicke von Hermann Kellenbenz zu den Beziehungen zwischen Oberdeutschland und Mailand um 1500⁷ sowie von Philippe Braunstein und Rainer Gömmel zu den Nürnberger Italienbeziehungen⁸ und Uwe Israels primär migrations- und kulturgeschichtlich orientierte, aber auch Aspekte des Handels berücksichtigende Monographie zu Deutschen im spätmittelalterlichen Italien⁹ genannt. In einem instruktiven Aufsatz hat Rolf Kießling die schwäbisch-tirolischen Wirtschaftsbeziehungen sowohl aus der Perspektive der ökonomischen Verflechtung zweier benachbarter Regionen als auch aus dem Blickwinkel des Transithandels und der Kapitalinvestitionen schwäbischer Kaufleute im Alpenraum betrachtet.¹⁰ Trotz der beachtlichen Zahl einschlägiger Arbeiten scheinen mir die transalpinen Verbindungen reichsstädtischer Handelshäuser in ihrer Komplexität noch nicht hinreichend erfasst und ausgelotet zu sein. Dies gilt insbesondere für die Polyzentralität des oberdeutsch-italienischen Handels, der neben den herausragenden Handelszentren Venedig, Genua und Mailand auch Städte wie Bergamo, Bologna, Brescia, Mantua und Verona umfasste,¹¹ sowie für die Verbindungen oberdeutscher Kaufleute in den
Aloys Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluss von Venedig, 2 Bde., Leipzig 1900. Werner Schnyder, Handel und Verkehr über Bündner Pässe im Mittelalter zwischen Deutschland, der Schweiz und Oberitalien. Darstellung und Dokumente, 2 Bde., Zürich 1973/75. Hermann Kellenbenz, Oberdeutschland und Mailand zur Zeit der Sforza, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli stati italiani ed europei (1450 – 1535). Convegno internazionale Milano, 18 – 21 maggio 1981, Milano 1982, S. 193 – 225; ders., Nürnberg und Mailand in der Zeit von Ludovico il Moro, in: Convegno Internazionale „Milano nell’età di Ludovico il Moro“, Milano 1983, S. 67– 78. Philippe Braunstein,Wirtschaftliche Beziehungen zwischen Nürnberg und Italien im Spätmittelalter, in: Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. 1, Nürnberg 1967, S. 377– 406; Rainer Gömmel, Die Vermittlerrolle Nürnbergs zwischen Italien und Deutschland vom Spätmittelalter bis zum 18. Jahrhundert aus wirtschaftshistorischer Sicht, in: Volker Kapp / FrankRutger Hausmann (Hrsg.), Nürnberg und Italien. Begegnungen, Einflüsse und Ideen, Tübingen 1991, S. 39 – 48. Uwe Israel, Fremde aus dem Norden. Transalpine Zuwanderer im spätmittelalterlichen Italien, Tübingen 2005. Rolf Kießling, Schwäbisch-tirolische Wirtschaftsbeziehungen 1350 – 1650, in: Wolfram Baer / Pankraz Fried (Hrsg.), Schwaben – Tirol. Bd. 2: Beiträge, Rosenheim 1989, S. 182– 201. Zahlreiche Hinweise auf diese Handelsbeziehungen geben beispielsweise die Register des Augsburger Notars Johannes Spreng aus den Jahren 1567 bis 1600. Sie wurden erfasst in Wolfgang Reinhard (Hrsg.), Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500 – 1620, Berlin 1996. Vgl. zu dieser Quelle auch Christoph Becker, Die Akten des Augsburger Notars Johann Spreng (1524– 1601). Ein Einblick in das Rechtsleben eines frühneuzeitlichen europäischen Wirtschaftszentrums, in: Hans Georg Hermann u. a. (Hrsg.), Von den Leges Barbarorum bis zum ius barbarum des Nationalsozialismus. Festschrift für Hermann Nehlsen zum
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Westalpenraum. Bei einem Projekt, das mich in den letzten Jahren intensiv beschäftigt hat – der Edition von Handelsdokumenten der Augsburger Welser-Gesellschaft zwischen 1496 und 1551¹² – zeigte sich jedenfalls, dass der Transalpenhandel dieser süddeutschen Großfirma sowohl von einem außerordentlich breiten Warensortiment als auch von einer großen Vielfalt an Handelsrouten und kommerziellen Verbindungen geprägt war. Der facettenreiche, netzwerkartige Charakter des Handels der Augsburger Welser und der mit ihnen aufs engste verbundenen Memminger Vöhlin soll im Folgenden anhand von drei Handelszweigen aufgezeigt werden: erstens der Distribution von italienischem Safran in Mitteleuropa; zweitens dem Bezug von Tiroler Kupfer für den europäischen Handel der Welser; drittens dem Vertrieb von Textilien aus dem westlichen Alpenraum, insbesondere aus Freiburg im Uechtland und Como. Einige knappe einführende Bemerkungen zu den Handelsgesellschaften der Welser und Vöhlin sowie zu den Quellen, auf denen dieser Beitrag basiert. Neueren Forschungen zufolge gab es keine direkte Kontinuität zwischen der „alten“ Augsburger Welser-Gesellschaft des 15. Jahrhunderts, die nach dem Tod des Firmenleiters Lucas Welser um die Jahreswende 1494/95 aufgelöst wurde, und der im Herbst 1496 gegründeten Handelsgesellschaft „Anton Welser, Konrad Vöhlin und Mitverwandte“. Vielmehr ist Letztere als rechtliche und organisatorische Nachfolgerin des Memminger Handelshauses „Hans Vöhlin und Mitverwandte“ anzusehen, in das Anton Welser 1479 eingeheiratet und in dem er bereits in den 1480er Jahren Leitungsfunktionen übernommen hatte.¹³ Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft arbeitete zunächst mit zwei Firmenzentralen in Augsburg und Memmingen; spätestens mit dem Tod Konrad Vöhlins 1511 verlagerte sich die Geschäftszentrale aber endgültig nach Augsburg. Nach dem Tod Anton Welsers im Jahre 1518 übernahm dessen Sohn Bartholomäus die Firmenleitung und behielt diese bis 1551. Unter ihm wurde der Teilhaberkreis, der 1508 nicht weniger als 18 Gesellschafter umfasst hatte, erheblich reduziert, das Faktoreinetz umgebaut und das Finanzgeschäft mit der spanischen Krone stark ausgeweitet. Von 1528 bis 1537 waren die Welser an der Pacht der Ländereien der spanischen Ritterorden (Maestrazgos) beteiligt, von 1528 bis 1546 hatten sie die Verwaltung der südamerikanischen Provinz Venezuela inne.¹⁴
70. Geburtstag, Köln / Weimar / Wien 2008, S. 477– 491. Weitere einschlägige Hinweise finden sich in Christel Warnemünde, Augsburger Handel in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und dem beginnenden 17. Jahrhundert, phil. Diss. Freiburg i. Br. 1956; Hermann Kellenbenz, Der Konkurs der Kraffter in Augsburg, in: Die alte Stadt 16, 1989, S. 392– 402; Mark Häberlein, Familiäre Beziehungen und geschäftliche Interessen: Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 87, 1994, S. 39 – 58. Peter Geffcken / Mark Häberlein (Hrsg.), Rechnungsfragmente der Augsburger Welser-Gesellschaft 1496 – 1551. Oberdeutscher Fernhandel am Beginn der neuzeitlichen Weltwirtschaft, Stuttgart 2014. Peter Geffcken, Die Welser und ihr Handel 1246 – 1496, in: Mark Häberlein / Johannes Burkhardt (Hrsg.), Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses, Berlin 2002, S. 27– 167, bes. S. 145 – 156. Vgl. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIV–LIII (dort weitere Literaturangaben).
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Mark Häberlein
Der transalpine Handel bildete während dieses gesamten Zeitraums eine zentrale Achse im kommerziellen Netzwerk der Welser-Gesellschaft. In Venedig, wo bereits die Memminger Vöhlin mit eigenen Repräsentanten vertreten waren,¹⁵ hatten „Anton Welser, Konrad Vöhlin und Mitverwandte“ 1508 eine Kammer im Fondaco dei Tedeschi gemietet.¹⁶ Während des Kriegs Kaiser Maximilians I. gegen die Serenissima in den Jahren 1508 bis 1517 setzte sich der mit den Welsern verschwägerte Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger energisch dafür ein, dass der Handel mit Venedig für seine Verwandten und andere Augsburger Kaufleute offen blieb.¹⁷ In Mailand, wo die Memminger Vöhlin-Gesellschaft spätestens seit den 1480er Jahren präsent war und um 1490 Geschäfte mit der herzoglichen Münze machte,¹⁸ ist seit 1498 auch ein Faktor der Welser-Vöhlin belegt; die Gesellschaft verkaufte hier 1513 Zinn an Filippo und Bartolomeo Doria.¹⁹ Während die spanischen und überseeischen Handelsaktivitäten der Welser gut erforscht sind, war die Kenntnis ihres europäischen Handelsnetzes bislang ausgesprochen lückenhaft, da das Firmenarchiv nach dem Bankrott der Welser-Gesellschaft im Jahre 1614 aufgelöst und makuliert worden war. Informationen über den Italienhandel der Firma wurden weitgehend aus Notariatsakten und Quellen obrigkeitlicher Provenienz wie Geleitbriefen, Gerichts- und Missivbüchern gewonnen. Bei Restaurierungsarbeiten in verschiedenen süddeutschen Bibliotheken und Archiven kam seit den 1920er Jahren jedoch eine Reihe von Fragmenten Welserscher Geschäftsbücher wieder zum Vorschein, die von Augsburger und Ulmer Buchbindern zur Verstärkung von Bucheinbänden recycelt worden waren. Die von Peter Geffcken und mir edierten Rechnungsbuchfragmente umfassen 530 Textseiten aus 39 verschiedenen Geschäftsbüchern und gewähren detaillierte Einblicke in Strukturen, Personalbestand und Geschäftsfelder einer der größten süddeutschen Handelsgesellschaften zwischen 1496 und 1551.²⁰ Zum konnte in über zwanzig deutschen, österreichischen und schweizerischen Archiven Quellenmaterial obrigkeitlicher Provenienz zum Handel der Welser und Vöhlin erschlossen werden. Dieses Quellenkorpus wird im Folgenden auf
Raimund Eirich, Memmingens Wirtschaft und Patriziat von 1347 bis 1551. Eine wirtschafts- und sozialgeschichtliche Untersuchung über das Memminger Patriziat während der Zunftverfassung, Weißenhorn 1971, S. 129 f.; Mark Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Fernhandel, Familienbeziehungen und sozialer Status an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in:Wolfgang Jahn u. a. (Hrsg.), Geld und Glaube. Leben in evangelischen Reichsstädten. Katalog zur Ausstellung im Antonierhaus, Memmingen 12. Mai bis 4. Oktober 1998, München 1998, S. 17– 37, hier: S. 20. Simonsfeld, Fondaco dei Tedeschi, Bd. 1, S. 360 (Nr. 653), 364 (Nr. 658); Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 135; Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 24. Heinrich Lutz, Conrad Peutinger. Beiträge zu einer politischen Biographie, Augsburg 1958, S. 77– 96. Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 130 f. Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs, S. 94 (Nr. 174), 96 f. (Nr. 179); Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 24 f. Zur Fundgeschichte und zur Beschreibung des Quellenkorpus siehe Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XV–XXXII.
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seinen Aussagewert zu den Aktivitäten einer großen süddeutschen Handelsgesellschaft im Alpenraum hin befragt.
1 Italienischer Safran Einkauf und Vermarktung des in höfischen, adeligen und patrizischen Kreisen höchst begehrten Gewürzes Safran bildeten eines der zentralen Geschäftsfelder der WelserVöhlin, die in allen wichtigen Einkaufsgebieten – in Apulien, den Abruzzen, der Toskana, dem Albigeois, der Provence, dem Languedoc, Katalonien und Aragon²¹ – aktiv waren und eigens für diesen Handelszweig zeitweilig Niederlassungen in L’Aquila, Bari, Toulouse und Saragossa unterhielten.²² Ein päpstlicher Geleitbrief dokumentiert die Präsenz der Welser-Vöhlin-Gesellschaft auf dem Safranmarkt von L’Aquila bereits für das Jahr 1499. 1510 reiste der Teilhaber Hans Pfister für die Augsburg-Memminger Handelsgesellschaft in die Abruzzen, und ein Jahr zuvor kaufte sie gemeinsam mit der Augsburger Grander-Gesellschaft auch apulischen Safran ein.²³ Kurt Weissen hat vor kurzem auf der Basis italienischer Quellen auf die dominante Stellung der Augsburger Welser im Handel mit italienischem Safran in den 1520er und 30er Jahren hingewiesen,²⁴ und die Rechnungsbuchfragmente erlauben es, seine Ergebnisse aus der Perspektive des transalpinen Handels zu ergänzen. Im Januar 1499 registrierte die Nürnberger Faktorei der Welser-Vöhlin den Empfang von zwei Ballen sog. tuschgan saffran ²⁵, die aus Memmingen mit dem Fuhrmann Jos Staber an die Pegnitz gesandt worden waren. Der Buchungseintrag ermöglicht die Rekonstruktion der gesamten Lieferkette: Demnach war der Safran mit einem Nettogewicht von 456 Pfund für rund 1.855 Lire in Casalmaggiore²⁶ erworben worden. Als
Die Bedeutung dieser Produktionsgebiete für den oberdeutschen Fernhandel erschließt sich aus zeitgenössischen Kaufmannshandbüchern: Vgl. die einschlägigen Passagen in Karl Otto Müller, Welthandelsbräuche (1480 – 1540), Stuttgart 1934 (ND Wiesbaden 1962), S. 44– 47, 52 f., 65 f., 73 – 76 u. ö.; Hermann Kellenbenz (Hrsg.), Das Medersche Handelsbuch und die Welserschen Nachträge. Handelsbräuche des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1974, S. 21 f., 41 f., 49 f., 114 f., 169 – 172, 214 f., 228 – 230. Siehe auch ders., Briefe Nürnberger Safranhändler in Spanien, in: Ders. (Hrsg.), Fremde Kaufleute auf der Iberischen Halbinsel, Köln / Wien 1970, S. 197– 225. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXVII, XLII, XLVII. Karl Rossmann, Vom Handel der Welser an der Wende zum 16. Jahrhundert. Rekonstruktion aus Bruchstücken von Handelsbüchern, Diss. München 1933, S. 20, 35; Müller, Welthandelsbräuche, S. 44, 52, 246, 256; Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 135; Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 24. Kurt Weissen, Safran für Deutschland. Kontinuität und Diskontinuität mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Warenbeschaffungsstrukturen, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 61– 78, bes. S. 72– 75. Laut Kellenbenz, Das Medersche Handelsbuch, S. 42, bezeichnete dieser Begriff Safran, der in der Lombardei, insbesondere in Parma, eingekauft wurde. Zu Casalmaggiore als Einkaufsort für Safran vgl. Kellenbenz, Das Medersche Handelsbuch, S. 42, 214 f..
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Einkäufer fungierte eine Firma Steffani, die von den Welser-Vöhlin dafür 22 Lire Provision empfing. Vom Einkaufsort war der Safran zunächst nach Como gebracht worden, wo der Faktor und Teilhaber Anton Lauginger den Fuhrmann Christian Burgauer mit dem Weitertransport nach Lindau beauftragte. Außerdem gab der Welserdiener Jörg Lang dem Fuhrmann eine Partie Goldfäden (sog. Unzgold) aus Mailand mit auf den Weg. In Lindau nahm der Faktor Hans Oeler die Sendung entgegen und sorgte für den Weitertransport nach Memmingen und Nürnberg.²⁷ Einige Monate später, im April und Mai 1499, verbuchte die Augsburger Firmenzentrale mehrere Lieferungen sogenannten Zima-Safrans aus L’Aquila von Venedig nach Nürnberg. Auch in diesen Fällen bediente sich die Welser-Vöhlin-Gesellschaft lokaler Einkäufer, namentlich der Firma Gasparo de Simoni e fratelli. Drei Ballen Safran, die im April aus Venedig in Innsbruck eintrafen, wurden von Hans Suiter, einem Kommissionär der Welser-Vöhlin, in Empfang genommen und nach Nürnberg weiterversandt.²⁸ Im Februar 1507 erhielt die Augsburger Niederlassung sowohl ZimaSafran aus Aquila als auch tuschgan-Safran von Venedig aus zugesandt.²⁹ Safrantransporte aus L’Aquila über Venedig nach Nürnberg sind auch für das Jahr 1514 belegt,³⁰ und im Oktober 1525 verkaufte die Welser-Faktorei in Antwerpen apulischen Safran an den Augsburger Kaufmann Leonhard Weyer. Die Niederlassung an der Schelde hatte die Ware von der Frankfurter Herbstmesse erhalten.³¹ Im Frühjahr 1528 verbuchte die Augsburger Firmenzentrale erneut den Empfang von Zima-Safran aus Venedig sowie den Versand von apulischem Safran aus dem Hafen von Bari nach Venedig, der wahrscheinlich für den Weitertransport über die Alpen bestimmt war.³² In einer Zeit, in der die Welser indischen Pfeffer und andere asiatische Spezereien vorwiegend über Lissabon und Antwerpen bezogen,³³ stellte der Bezug großer Mengen italienischen Safrans für die Handelsgesellschaft also einen wesentlichen Grund dar, auch die traditionelle transalpine Handelsroute nach Venedig weiterhin aufrecht zu erhalten.³⁴
Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 14. Ebd., S. 24, 33 f. Ebd., S. 55. Ebd., S. 62, 164. Ebd., S. 246. Ebd., S. 128, 139. Vgl. dazu Mark Häberlein, Asiatische Gewürze auf europäischen Märkten: Das Beispiel der Augsburger Welser-Gesellschaft von 1498 bis 1580, in: Jahrbuch für europäische Überseegeschichte 14, 2014, S. 41– 62. Als die asiatischen Gewürzimporte über die Levanteroute und Venedig um die Mitte des 16. Jahrhunderts wieder zunahmen, importierten auch die Welser einen Teil der Spezereien, die sie auf mitteleuropäische Märkte brachten, wieder über Venedig; vgl. ebd., S. 59 – 61.
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2 Tiroler Kupfer Im Gegensatz zu anderen Augsburger Gesellschaften wie den Fugger, Baumgartner, Höchstetter, Bimmel, Manlich und Herwart schlossen die Welser nach unserem Kenntnisstand keine regelmäßigen Silber- und Kupferkäufe mit der Tiroler Regierung ab. Sie finden sich weder in den Reihen der alpenländischen Montanproduzenten,³⁵ noch unterhielten sie eine eigene Niederlassung in Innsbruck oder einer anderen Stadt im Tiroler Montanrevier.³⁶ Frühe Silberkäufe der Memminger Vöhlin-Gesellschaft in den Jahren um 1490, auf die bereits Richard Ehrenberg hingewiesen hat, wurden von der Nachfolgerfirma „Anton Welser, Konrad Vöhlin und Mitverwandte“ offenbar nicht fortgesetzt.³⁷ Da die Welser-Vöhlin gleichwohl Kupfer für ihre europäischen und interkontinentalen Geschäfte benötigten,³⁸ erwarben sie dieses von den Produzenten oder von Zwischenhändlern. Auch hierzu gewähren die Handelsbuchfragmente aufschlussreiche Einblicke. Im März 1499 registrierte das Journal der Augsburger Firmenzentrale den Versand von vier Fässern Schwazer Rauhkupfer, welche die Welser-Vöhlin-Gesellschaft für 450 Gulden von Hans Rimelin in Innsbruck erworben hatte, nach Lindau. Einen Monat später zahlte der Tiroler Münzschreiber Sigmund Iseregger demselben Hans Rimelin 200 Gulden,welche die Welser-Vöhlin ihm für Kupfer schuldeten.³⁹ 1514 wurden erneut Kupferbarren nach Lindau spediert. Auch das Rauhkupfer, das im selben Jahr in den Beständen der Faktorei Lyon inventarisiert wurde, dürfte aus Tirol gekommen sein.⁴⁰ Eine größere Partie Kupfer, die 1518 im Rahmen eines Kompaniegeschäfts der Welser mit der Florentiner Salviati-Gesellschaft von Lyon aus auf drei Schiffen nach Rouen transportiert wurde, wird in den Büchern der Welser hingegen als ungarisches Kupfer identifiziert.⁴¹ In den 1520er Jahren stieg die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft dann in größerem Umfang in den Vertrieb böhmischen und sächsischen Kupfers und Zinns
Vgl. Ekkehard Westermann (Hrsg.), Die Listen der Brandsilberproduktion des Falkenstein bei Schwaz von 1470 bis 1623, Wien 1988. Eine Niederlassung in Bozen ist bislang lediglich für das Jahr 1515 belegt, als sie aus Augsburg eine Sendung Lübecker Leinwand empfing, die der Innsbrucker Ratsherr und Fuggervertreter Wendel Iphofer nach Südtirol weiterleite: Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 73. Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital und Creditverkehr im 16. Jahrhundert, 2 Bde., Jena 1896, Bd. 1, S. 194. Die Bedeutung der oberdeutschen Silber- und Kupferexporte für den interkontinentalen Handel der Portugiesen hat jüngst Philipp R. Rössner nochmals eindrücklich unterstrichen: Philipp Robinson Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion. Geld im Zeitalter der Reformation, Stuttgart 2012, S. 251– 310. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 17, 26. Ebd., S. 70, 163. Ebd., S. 85.
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ein, wodurch Montanprodukte aus dem Alpenraum offenbar stark an Bedeutung für sie verloren.⁴²
3 Tuche aus Freiburg im Uechtland und Como Im Jahre 1491 vereinbarte die von Hans Vöhlin geleitete Memminger Handelsgesellschaft mit dem Rat der eidgenössischen Stadt Freiburg im Uechtland, in den nächsten beiden Jahren sämtliche weißen Tücher, die in der Stadt gefertigt wurden, zu einem Festpreis abzunehmen. Diese Vereinbarung wurde in der Folgezeit regelmäßig erneuert. Nach dem Tod Hans Vöhlins 1496 führten sein Schwiegersohn Anton Welser und sein Sohn Konrad Vöhlin die Geschäftsbeziehung mit Freiburg weiter. Erst 1524 verzichtete Bartholomäus Welser auf eine Verlängerung dieser Verträge. Hans-Conrad Peyer hat die Entscheidung Freiburgs, die gesamte Tuchproduktion einem Monopolaufkäufer zu übertragen, mit dem Niedergang des städtischen Textilsektors in Verbindung gebracht, der im 15. Jahrhundert seine Blütezeit erlebt hatte. Demnach sollten die Verträge mit den Welser-Vöhlin primär den Tuchabsatz und die Preise stabilisieren.⁴³ Für die Handelsgesellschaft, die um 1500 stark nach Südwesten expandierte, stellte Freiburg im Uechtland ein wichtiges Bindeglied innerhalb ihres überregionalen Handelsnetzes dar. Die in Freiburg produzierten Tücher wurden vor allem nach Venedig exportiert und von dort aus in die Levante verschifft.⁴⁴
Jakob Strieder, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen. Monopole, Kartelle und Aktiengesellschaften im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, New York 1971, S. 237– 242; Friedrich Lütge, Der Handel Nürnbergs nach Osten im 15./16. Jahrhundert, in: Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. 1, Nürnberg 1967, S. 318 – 376, hier: S. 355 – 358; Richard Klier, Zur Genealogie der Bergunternehmerfamilie Schütz in Nürnberg und Mitteldeutschland, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 55, 1967/68, S. 185 – 213, bes. S. 189 f., 201– 203; Mark Häberlein, Nürnberg im Handelsnetz der Augsburger Welser-Gesellschaft (1496 – 1551), in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 101, 2014, S. 77– 114. Hans Conrad Peyer, Wollgewerbe, Viehzucht, Solddienst und Bevölkerungsentwicklung in Stadt und Landschaft Freiburg im Uechtland vom 14. bis 16. Jahrhundert, in: Hermann Kellenbenz (Hrsg.), Agrarisches Nebengewerbe und Formen der Reagrarisierung im Spätmittelalter und im 19./20. Jahrhundert. Bericht über die 5. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Stuttgart 1975, S. 79 – 95; Rudolf Holbach, Frühformen von Verlag und Großbetrieb in der gewerblichen Produktion (13.–16. Jahrhundert), Stuttgart 1994, S. 140 – 142. – Zum wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund vgl. Hektor Ammann, Freiburg als Wirtschaftsplatz im Mittelalter, in: Fribourg – Freiburg 1157– 1481. Ouvrage édité par la Société d’Histoire du Canton de Fribourg à l’occasion du huitième centenaire de la fondation de Fribourg, Freiburg i. Ue. 1957, S. 184– 229; Nicolas Morard, Eine kurze Blütezeit. Die Freiburger Wirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert, in: Geschichte des Kantons Freiburg, Bd. 1, Freiburg i. Ue. 1981, S. 227– 274. Simonsfeld, Fondaco dei Tedeschi, Bd. 1, S. 386 (Nr. 676); Rossmann, Handel der Welser, S. 21 f.; Ammann, Freiburg, S. 210 f.; Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 131 f.; Holbach, Frühformen, S. 142; Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 26.
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Eine Reihe von Dokumenten im Freiburger Staatsarchiv, die eine wichtige Ergänzung zur firmeninternen Überlieferung der Welser darstellen, erlaubt die detaillierte Rekonstruktion der Geschäftsbeziehungen zwischen der eidgenössischen Kommune und der oberdeutschen Handelsgesellschaft. Sie geben Einblick in Rahmenbedingungen und Funktionsweise eines regulierten Markts für städtische Gewerbeprodukte im westlichen Alpenraum und dokumentieren darüber hinaus mehrere Konflikte, welche die Dynamik der Beziehungen zwischen den Vertragspartnern und ihre jeweiligen Interessen reflektieren. Im August 1493 vereinbarten die Kommune Freiburg und die Handelsgesellschaft der Vöhlin, dass die Memminger Firma die gesamte Freiburger Tuchproduktion von Weihnachten 1493 an über einen Zeitraum von drei Jahren abnehmen sollte. Bürger der Stadt Freiburg, die die Genfer Messen besuchten, durften dort weiße Tücher in einer bescheidnen zal absetzen, so dass dem Exportgeschäft der Vöhlin nach Venedig und anderen Mittelmeerhäfen keine Konkurrenz entstand. Erwiesen sich die Tücher auf den Genfer Messen als unverkäuflich, sollten die Vöhlin sie ebenfalls übernehmen. Der Preis pro Tuch, für dessen Qualität sich die Gemeinde verbürgte, wurde auf sechs Pfund Genfer Währung fixiert.⁴⁵ In einem Folgevertrag, der von Weihnachten 1496 bis Weihnachten 1498 lief, handelten die neuen Firmenleiter Anton Welser und Konrad Vöhlin einen Preisnachlass um drei Grossi pro Tuch heraus, der mit dem wolveillen kouff der wulle[n] und dem guott[e]n wille[n] der Handelsgesellschaft begründet wurde.⁴⁶ Als 1498 über einen neuen Vertrag verhandelt wurde, stellte die Welser-VöhlinGesellschaft wiederum Bedingungen. Durch ihren Vertreter in Freiburg, den Ratsherrn Hans Techtermann,⁴⁷ ließ sie der Gemeinde übermitteln, dass sie künftig nur noch zur Abnahme einer begrenzten Stückzahl bereit sei. Diese Forderung, die nach Ansicht von Rat und Gemeinde wider ir hergebrachte übung, also gegen Tradition und Herkommen verstieß, rief beträchtliche Unruhe hervor, doch fanden sich die Tuchmacher nach vil gebruchter guotter wortenn schließlich bereit, eine Begrenzung auf 4.000 Tücher pro Jahr zu akzeptieren. Nachdrücklich bat der Rat die Firma, den willen zuo bedenncken, so vnnser gemeind gegen vch tragt. Zur Förderung des Handels sagte die schwäbische Firma zu, für den Fall, dass mehr Tücher hergestellt würden als die vereinbarte Abnahmemenge, bis zu 300 Stück zusätzlich abzunehmen. Diese durften allerdings nur in Gegenwart des örtlichen Firmenvertreters gesiegelt werden, um Betrug zu vermeiden.⁴⁸ Aufgrund langwieriger Auseinandersetzungen um den Vertragstext konnte der neue Kontrakt allerdings erst nach längerer Verzögerung in Kraft gesetzt werden. Die Gesellschaft bot an, die in der Zwischenzeit produzierten Tücher ebenfalls abzuneh-
Archives d’Etat Fribourg [künftig: AEF], Ratserkanntnusbuch 1 (1493 – 1497), fol. 11v–12v; Ratsmanual 10 (1491– 1493), fol. 128v. AEF, Ratserkanntnusbuch 1 (1493 – 1497), fol. 87v. Er hatte zum Zeitpunkt seines Todes im Jahre 1499 auch 2.000 Gulden als Depositum in die WelserVöhlin-Gesellschaft eingelegt: AEF, Registres des Notaires, No. 100, fol. 192v. AEF, Missivenbuch 4, pag. 113.
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men, und schloss dafür zwei Verträge mit kurzer Laufzeit ab. In dieser Übergangsphase nahm die Stadt auch Silber von der Handelsgesellschaft zu einem Festpreis ab.⁴⁹ Zu den Produktionsschwierigkeiten des Freiburger Gewerbes kamen exogene politische und ökonomische Störfaktoren hinzu. Bereits 1493 bot die Stadt Freiburg Hans Vöhlin und seiner Gesellschaft ihre Vermittlung bei der Stadt Zürich an, da der Handelsverkehr durch einen Streit zwischen Memmingen und Zürich um die Rechte von Hintersassen beider Städte beeinträchtigt zu werden drohte.⁵⁰ Drei Jahre später wurde der Tuchexport der Welser-Vöhlin durch einen neuen venezianischen Zoll von zwei Dukaten pro hundert Tücher belastet. Die Stadt Freiburg schickte auf Ersuchen der Firma Hans Techtermann an den Rialto, wo sich dieser um eine Aufhebung der Abgabe bemühen sollte.⁵¹ Im Sommer 1502 informierten die Welser-Vöhlin die Stadt, dass mehrere hundert gefälschte Tücher, die den Freiburger Erzeugnissen hinsichtlich Form und Qualität glichen und mit nachgemachten Bleisiegeln versehen waren, in Venedig angekommen und von einem dortigen Kaufmann erworben worden seien, gegen den die schwäbische Handelsgesellschaft einen Prozess wegen Handels mit verbotener Ware angestrengt habe. Die Freiburger Ratsherren sollten unverzüglich Maßnahmen einleiten, die Inen vnd ainer gantzen gemaind zuo Eren vnd nutz dienen würden. Die Kommune entsandte daraufhin einen Vertreter nach Venedig, der dort gemeinsam mit den Welser-Vöhlin auf eine Bestrafung der Täter hinwirken sollte.⁵² Schließlich sorgte auch die gewinnorientierte, dem Gemeinen Nutzen der Stadt angeblich abträgliche Geschäftspraxis der Firma für wachsende Spannungen. Im Jahre 1506 beriet der Freiburger Rat darüber, was schadens vnnd mercklich vnuerstenntnüß in der statt Fryburg ist diß jars gewest als von des tuch kouffs wegenn. Die Welser-Vöhlin würden die mittel- und westeuropäischen Märkte förmlich mit Textilien und Leder überschwemmen, wodurch der Absatz Freiburger Tücher auf den Zurzacher Märkten zum Erliegen zu kommen drohe. Die Stadtväter sollten vor Abschluss eines neuen Vertrags mit Jakob Helbling, der die Vertretung der Welser-Vöhlin von dem verstorbenen Hans Techtermann übernommen hatte, sprechen und ihn auffordern, diesen Missstand abzustellen.⁵³ Der im September 1506 geschlossene Vertrag zwischen der Stadt Freiburg und der Handelsgesellschaft über die Abnahme von 4.000 weißen Tüchern in den Jahren 1507 und 1508, der ansonsten den vorherigen Vereinbarungen weitgehend glich, sah eine Befreiung der Welser-Vöhlin vom Ausfuhrzoll für Tuche und Leder nur noch für den Fall vor, dass die Gesellschaft kein auswärtiges Leder auf den Zurzacher Märkten absetzte.⁵⁴ Als Jakob Helbling der Stadt im Herbst 1511 den Entwurf eines neuen Tuchkontrakts mit zweijähriger Laufzeit vorlegte, rief der vorgeschlagene Kaufpreis
AEF, Ratserkanntnusbuch 2 (1497– 1507), fol. 24r–25v, 26r, 43v–45r; Missivenbuch 5, pag. 7 f. AEF, Missivenbuch 4, pag. 13. Ebd., pag. 100. AEF, Traités et Contrats, No. 341; vgl. auch Missivenbuch 5, pag. 24. AEF, Législation 54, Projektbuch, fol. 33r. Vgl. Peyer, Wollgewerbe, S. 83 f. AEF, Traités et Contrats, No. 341; Ratserkanntnusbuch 2 (1497– 1507), fol. 63v–65r.
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heftige Beschwerden der Bürgerschaft hervor. Auf Vermittlung des Rates hin willigten die Bürger schließlich ein, sich mit einer Nachbesserung um fünf Schillinge gegenüber dem Entwurf zufrieden zu geben – im Vertrauen darauf, dass sich die derzeit ungünstige wirtschaftliche und politische Lage zum Besseren wenden werde.⁵⁵ Eine solche Besserung trat allerdings nicht mehr ein. Stattdessen wurde zwei Jahre später im Freiburger Rat über die schädlichen Auswirkungen des Lederhandels der WelserVöhlin auf das Gerbergewerbe der Stadt beraten: Es ist betrachtet, das die geselschafft der Wellser das ersam handtwerck der gerwer gar nider wirfft, vnd so schädlich sei, das die notdurfft wil ervordern, den schaden der mänge zuo betrachten vnd also dem bi zitt für zuo komen, wird nitt bessers erfunden, die wyl vnd doch vermeldte geselschafft mitt kauffen des läd[e]rs hierseit der gebirg nitt halltet, was ir brieff wyse, vnd mer dann ein gerbhüser hie in der statt bestellt haben, wellen ir läder zuo gärwen, dann das man inen ir gewärb nach vßgang der zitt des tuoch kauffs in diser statt abslach, vnd luter sag sich des gerwens zuo mässigen, dann wo das nitt beschicht, so wirdt den vnß[er]n der zurzacher marckt mitt den vß schützlingen gar nütz nützen, dann das die frömbden von andern das läd[e]r doselbs kaffen, vnd die vnß[er]n ir kunnden vnd glouben verlieren werden.⁵⁶
Im Juli 1521 schloss Bartholomäus Welser, der Ende 1518 die Firmenleitung übernommen hatte, letztmalig mit der Stadt Freiburg einen Abnahmevertrag über 6.000 Tücher in einem Zeitraum von drei Jahren.⁵⁷ Die Beziehungen zwischen der Stadt Freiburg im Uechtland und der WelserVöhlin-Gesellschaft zeigen, wie grundlegende Normen der vorindustriellen Wirtschaft und der ständischen Gesellschaft – der immer wieder beschworene gute Wille, das wechselseitige Vertrauen zwischen den Vertragspartnern und der „Gemeine Nutzen“ der Bürgerschaft⁵⁸ –, handfeste wirtschaftliche Interessen und konjunkturelle Entwicklungen auf dem schrumpfenden Markt des Freiburger Exportgewerbes in der Zeit um 1500 zusammenwirkten. Obwohl die Grundstruktur des Vertragsverhältnisses über einen Zeitraum von gut drei Jahrzehnten hinweg unverändert blieb – der Export der Freiburger Tuchproduktion erfolgte über einen Monopolisten, der eine Liefergarantie erhielt und im Gegenzug eine Abnahmegarantie abgab – wurden die Bedingungen im Detail immer wieder zugunsten des Abnehmers modifiziert. Mengenbegrenzungen, Preissenkungen, Beschränkungen des lokalen Absatzes und die Ergänzung des Tuchhandels der Welser-Vöhlin um den Lederhandel liefen mittelfristig auf eine
AEF, Missivenbuch 5, pag. 234 f.; Ratserkanntnusbuch 3 (1508 – 1514), fol. 61r–61v. AEF, Législation 54, Projektbuch, fol. 55v. Vgl. Peyer, Wollgewerbe, S. 86. AEF, Ratserkanntnusbuch 4 (1514– 1524), fol. 54r–56v; Traités et Contrats, No. 341. Vgl. Winfried Schulze, Vom Gemeinnutz zum Eigennutz. Über den Normenwandel in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Historische Zeitschrift 243, 1986, S. 591– 626; Mark Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts, Berlin 1998, S. 274– 287, sowie den Beitrag von Mechthild Isenmann in diesem Band.
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Schmälerung des Einkommens – der „Nahrung“ – der städtischen Gewerbetreibenden hinaus und beschworen wachsenden Protest herauf.⁵⁹ Neben ihrem Engagement in Freiburg im Uechtland investierten die Welser seit etwa 1500 intensiv in Produktion und Handel von Stammet, einem Mischgewebe mit einer Kette aus Leinen- oder Hanfgarn und einem Schuss aus Wolle.⁶⁰ In Como, wo sie eine eigene Faktorei unterhielten, organisierten die Welser-Vöhlin die Stammetweberei im Verlagssystem.⁶¹ Im Herbst 1506 ist in den Rechnungsfragmenten der Gesellschaft die Spedition einer größeren Partie Stammet aus Como über Ulm nach Frankfurt am Main belegt, und Anfang 1507 schickte die Augsburger Firmenzentrale Stammet nach München, der vermutlich für den Weitertransport nach Wien bestimmt war.⁶² Der Chronist Francesco Muralto berichtet, dass die Kriegsvorbereitungen Kaiser Maximilians I., der sich auf dem Konstanzer Reichstag von 1507 um ein Bündnis mit den Eidgenossen gegen Frankreich bemühte, zu einem Rückzug deutscher Kaufleute geführt hätten, was insbesondere im Fall der Welser-Vöhlin erhebliche Nachteile für den Comasker Handel mit sich gebracht habe: Quidam Germanus Michael nomine factor societas Felchin, qui in domo Bernardini Galli pannorum tinctoris habitabat, et qui magna commercia Comi agebat, timore Gallorum Comi aufugens periit, quae mors maximum attulit dolorem mercatoribus, quum haberet fidem irrevocabilem, liberalis et mercatoribus placidus esset.⁶³
Bereits im September 1508 verbuchte die Ulmer Niederlassung der Welser-Vöhlin indessen erneut den Empfang einer größeren Partie Stammet aus Como.⁶⁴ Angesichts des Widerstands lokaler Produzenten und der militärischen Konflikte zwischen den Häusern Habsburg und Valois in Norditalien wurde die Produktion einige Jahre später von Como nach Lugano verlagert, wo die Bartholomäus-WelserGesellschaft Anfang der 1520er Jahre ein Tuchhaus mit eigener Färberei errichtete und die Wolltuchherstellung als „Mischform von Eigenbetrieb und Verlag“ weiterführte.⁶⁵ In den Rechnungsfragmenten der Welser sind 1519 und 1525 Stammetlieferungen über Nürnberg nach Frankfurt am Main dokumentiert.⁶⁶ Auffällig ist dabei die Vielfalt der in
Vgl. auch Mark Häberlein, Frühneuzeitliche Handelsgesellschaften zwischen Markt und Recht, in: Thomas M. J. Möllers (Hrsg.), Vielfalt und Einheit. Wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen der Standardbildung, Baden-Baden 2008, S. 127– 147. Vgl. Aloys Schulte, Geschichte der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380 – 1530, Stuttgart 1923, Bd. 2, S. 102 f. Ders., Handel und Verkehr, Bd. 1, S. 582 f.; Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 135. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LVIII, 52, 55. Zitiert nach Israel, Fremde aus dem Norden, S. 85 Anm. 114. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LIX, 58. Walter Bodmer, Die Entwicklung der schweizerischen Textilwirtschaft im Rahmen der übrigen Industrien und Wirtschaftszweige, Zürich 1960, S. 83 f.; Holbach, Frühformen, S. 143 f.; Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 25. Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 95 f., 107.
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den Rechnungen genannten Stofffarben: 1525 lagerte in Ulm nicht nur schwarzer, brauner und weißer Stammet, sondern auch Stoffe verschiedener Sortenbezeichnungen in leuchtenden Farben wie rot, gelb, himelblau, rechtplau, sittichgrien und grasgrien sowie Ware, die als leibfarb und leberfarb bezeichnet wurde.⁶⁷ In den folgenden Jahren zog sich die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft aus Produktion und Vertrieb von Stammet im Piemont und im Tessin zurück, ohne dass die genauen Ursachen bislang bekannt wären.
Fazit und Ausblick Betrachten wir die Transportrouten für die hier exemplarisch behandelten Güter Safran, Kupfer und Textilien im Überblick, so zeichnet sich eine netzwerkartige Struktur ab, welche die Niederlassungen der Welser-Vöhlin im Alpen- und Voralpenraum miteinander verband. Der Absatz dieser Güter folgte jeweils spezifischen Routen und Marktgegebenheiten, die sich jedoch wechselseitig ergänzten. Ein Geflecht von Kommissionären und Korrespondenzpartnern, zu denen neben Hans Techtermann und Jacob Helbling in Freiburg etwa auch Bartholomäus May und seine Familie in Bern gehörten,⁶⁸ diente der geschäftlichen und diplomatischen Kontaktpflege, und reisende Angestellte der Welser-Vöhlin wie der durch seine autobiographischen Aufzeichnungen bekannt gewordene Lucas Rem kümmerten sich um die Angelegenheiten der Firma vor Ort.⁶⁹ Derartige Netzwerkstrukturen leisteten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur wirtschaftlichen Integration des Alpenraums. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigte sich allerdings, dass der Unterhalt eines europaweiten Netzwerks dauerhafter Niederlassungen selbst für die größten süddeutschen Handelsgesellschaften auf die Dauer zu kostspielig war: Die Welser reduzierten ebenso wie die Fugger die Zahl ihrer Faktoreien drastisch und gingen zu einem System flexibler Vertretungsformen durch Agenten und Kommissionäre über.⁷⁰
Ebd., S. 113. – Zur Wahrnehmung und Bedeutung von Kleiderfarben im 15. und 16. Jahrhundert vgl. Stephan Selzer, Blau. Ökonomie einer Farbe im spätmittelalterlichen Reich, Stuttgart 2010; Ulinka Rublack, Dressing Up: Cultural Identity in Renaissance Europe, Oxford 2010, passim. Er vertrat von Bern aus die Interessen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft insbesondere in Frankreich und im Herzogtum Mailand.Vgl. Schulte, Handel und Verkehr, Bd. 1, S. 641; Bd. 2, S. 197 f. (Nr. 308 – 311); Lutz, Peutinger, S. 100; Eirich, Memmingens Wirtschaft, S. 132 f.; Häberlein,Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 25. Rem hielt sich 1498 in der Mailänder Faktorei auf und besuchte im frühen 16. Jahrhundert mehrfach die Stützpunkte und Kommissionäre der Handelsgesellschaft in der Schweiz. In Freiburg i.Ue. half er 1511 bei der Erstellung der Schlussrechnung, darin Si gar verwirt wassen. 1509 ist außerdem eine Reise Rems von Augsburg über Bozen nach Venedig dokumentiert. Benedikt Greiff (Hrsg.), Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494– 1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, Augsburg 1861, S. 5 – 16 (Zitat S. 16). Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LIIf.; vgl. Erich Landsteiner, Kein Zeitalter der Fugger. Zentraleuropa 1450 – 1620, in: Friedrich Edelmayer u. a. (Hrsg.), Globalgeschichte 1450 – 1620.
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Während die Welser sich nun zunehmend auf den Venedig-Handel konzentrierten,⁷¹ knüpften andere Familienhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute ein dichtes Netz von Verbindungen im oberitalienischen Raum. Stellvertretend für Dutzende weiterer Kaufleute und Firmen seien dafür abschließend lediglich drei Beispiele genannt. Für die wohlhabende Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin bildete über fast ein Jahrhundert hinweg der Handel mit Oberitalien das Rückgrat ihres Warenhandels. Pankraz Böcklin besaß bereits 1543 ein Haus in Bozen, das bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges hinein in Familienbesitz blieb. Der langjährige Firmenleiter Christoph Böcklin (gest. 1590) stellte in den 1580er Jahren Vertretungsvollmachten für Venedig,Verona und Mantua aus, und sein Sohn Daniel führte im folgenden Jahrzehnt die Geschäftsbeziehungen in Verona und Mantua fort.⁷² Zwei Gesundheitszeugnisse (Fedi di Sanità) aus den Jahren 1619/20 belegen, dass die Böcklin in großem Umfang mitteleuropäische Textilien nach Süden exportierten: Eine Partie sächsische Schafwolle, die in Augsburg bearbeitet worden war, ging 1619 nach Cremona, eine Ladung mit Osnabrücker, sächsischer und bayerischer Leinwand, schlesischen Schleiern, sächsischer Wolle und rheinischem Zwilch im folgenden Jahr nach Verona.⁷³ Auch die im späten 16. Jahrhundert sehr vermögenden Buroner waren in erster Linie im Italienhandel aktiv: Aus den Jahren 1581 bis 1599 datieren Vollmachten ihrer Familienhandelsgesellschaft für Bozen, Verona,Venedig, Brescia, Mantua, Genua und Bologna.⁷⁴ Nachdem der Augsburger Patrizier Friedrich Endorfer 1598 in die Familie Buroner eingeheiratet hatte, bereiste er einige Jahre lang für sie die Bozener Märkte.⁷⁵ Für David Gauger schließlich, einen „mittelständischen“ Einzelkaufmann in Augsburg, dokumentieren ein Schuldbuch und ein Journal aus den Jahren 1588 bis 1591 ein spezifisches Geschäftsmodell im transalpinen Handel. Gauger handelte vor allem mit Wolle, die er auf mitteldeutschen Märkten – unter anderem in Braunschweig, Halberstadt, Erfurt und Eisenach – ein- und über die Bozner Messen als Rohmaterial für die Textilproduktion nach Bergamo verkaufte. Die Verkaufserlöse wurden mittels
Anfänge und Perspektiven, Wien 2002, S. 95 – 123, hier S. 98; Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367– 1650), Stuttgart 2006, S. 104 f. Für die 1550er Jahre ist die Bedeutung Venedigs für die mittlerweile von Bartholomäus Welsers Sohn Christoph geleitete Handelsgesellschaft deutlich ablesbar in Sven Schmidt, Das ‚Gewerbebuch‘ der Augsburger Christoph-Welser-Gesellschaft (1554– 1560). Edition und Kommentar, Augsburg 2015. Gerhard Bückling, Die Bozener Märkte bis zum Dreißigjährigen Kriege, Leipzig 1907, S. 72; Reinhard, Augsburger Eliten, S. 55 – 59 (Nr. 96, 98), 63 (Nr. 106); Häberlein, Familiäre Beziehungen, S. 42, 50 f., 56. Friedrich Blendinger, Augsburger Handel im Dreißigjährigen Krieg nach Konzepten von Fedi di Sanità, Politen, Attesten u. ä., in: Jürgen Schneider (Hrsg.), Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege. Festschrift für Hermann Kellenbenz, Bd. 2, Stuttgart 1978, S. 287– 323, hier S. 293; Kießling, Wirtschaftsbeziehungen, S. 192; Häberlein, Familiäre Beziehungen, S. 55. Warnemünde, Augsburger Handel, S. 52; Reinhard, Augsburger Eliten, S. 80 – 82 (Nr. 139); Häberlein, Familiäre Beziehungen, S. 50 f. Mark Häberlein / Hans-Jörg Künast / Irmgard Schwanke (Hrsg.), Korrespondenz der Augsburger Patrizierfamilie Endorfer 1620 – 1627. Briefe aus Italien und Frankreich im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, Augsburg 2010, S. 17– 20.
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Wechseltransaktionen mit oberdeutschen und venezianischen Firmen nach Augsburg remittiert. Umsätze in Höhe von mehreren zehntausend Gulden weisen darauf hin, dass Gauger trotz einer relativ schmalen Eigenkapitalbasis in beträchtlichem Umfang Zugang zu Kredit hatte. Offenbar gelang es ihm, intensive kommerzielle Beziehungen auf mitteldeutschen und norditalienischen Märkten aufzubauen und sich in die Netzwerke des Transalpenhandels zu integrieren.⁷⁶ Die detaillierte Rekonstruktion der Geschäftsfelder, -praktiken und -strategien derartiger Familienhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute im transalpinen Handel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und im beginnenden 17. Jahrhunderts stellt ein Desiderat der Forschung dar. Neben der eingehenden Analyse von zwar grundsätzlich bekannten, aber noch nicht im Einzelnen ausgewerteten Handelsbüchern und ergänzenden Quellen (Rats- und Gerichtsbücher, Reichskammergerichtsakten) in süddeutschen Archiven wäre dabei auch die reichhaltige Überlieferung in oberitalienischen Staats- und Kommunalarchiven einzubeziehen. Erst auf der Basis einer Reihe solcher Einzelstudien wird die Netzwerkstruktur des transalpinen Handels in ihrer ganzen Komplexität sichtbar.
Stadtarchiv Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Nr. 22 und 23. Vgl. Bückling, Bozener Märkte S. 91– 93, 100 – 102; Balduin Penndorf, Geschichte der Buchhaltung in Deutschland, ND Berlin 1966, S. 76 f., 81– 87; Warnemünde, Augsburger Handel, S. 49 f., 65 – 69; Reinhard, Augsburger Eliten, S. 177– 179 (Nr. 266).
Anne Montenach
Pouvoir, territoire et économie de la frontière
Jalons pour une histoire de la contrebande dans les Alpes à l’époque moderne Abstract: The purpose of this article is to look at the economic history of the Alps through the prism of illicit exchange and to discuss some preliminary questions on this topic. Building on recent research on border economies, it will explore the social, economic and territorial dimensions of smuggling in the Alpine context. The ways in which the boundary functioned both as an impediment and as a zone of opportunity for local people, the variety of economic and social reasons for committing illicit trafficking, the construction of power relations at the border will be scrutinised. The article contributes to the discussion with an exploration of the border economy in early modern French Southern Alpine villages. Thanks to its geographical location and special custom status, the Dauphiné was a hub for a number of smuggling networks linking Geneva, the Piedmont, the Savoy and Lyon. Smuggling of salt and calicos was a well-developed business in the late seventeenthand eighteenth-century border zone. A wide range of source materials – from official correspondence or memoirs to criminal accounts – provides insight into the involvement of border people in these illegal circuits and the resources available to them by the mountain environment. It also allows us to explore, at various scales, the complex relationships between the illegal and the legal side of the Alpine economy.
Les montagnards ont été un peuple de passeurs et la contrebande est une activité complexe, qui possède des dimensions à la fois économiques, sociales, spatiales et politiques.¹ L’objectif de cet article est, sans prétendre à une quelconque exhaustivité, de poser les premiers jalons d’une synthèse future et de proposer des pistes de réflexion dans la perspective d’une histoire de la contrebande à l’échelle des Alpes. Les exemples seront pris essentiellement, à ce stade, dans le secteur du Dauphiné et de la Savoie à l’époque moderne. Les travaux des historiens et des anthropologues ont, depuis vingt à trente ans, fortement remis en question le modèle braudélien de sociétés montagnardes immobiles et sans histoire, situées « en marge […] des grands
Christian Desplat, Les caractères originaux de la contrebande dans les Pyrénées occidentales à l’époque moderne, dans : Idem (dir.), Frontières : actes du 125e congrès national des Sociétés historiques et scientifiques (Lille, 2000), Paris 2002, p. 201– 218. Prof. Dr. Anne Montenach, Maison Méditerranéenne des Sciences de l’Homme (UMR 7303 TELEMME), CNRS-Aix-Marseille-Université, 5 rue du Château de l’Horloge, F–13094 Aix-en-Provence, E-Mail: [email protected], montenach.anne@ wanadoo.fr. DOI 10.1515/9783110522310-014
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courants civilisateurs »². Les hautes vallées alpines, comme celles des Pyrénées, ne peuvent plus aujourd’hui être considérées comme des espaces périphériques dominés situés, pour reprendre là encore une expression de Fernand Braudel, « hors du temps du monde ». Elles sont au contraire bien intégrées dans de vastes réseaux commerciaux et participent de la sorte d’une « économie globale d’Ancien Régime »³, qu’elle soit licite ou illicite. Sur le plan méthodologique, le sujet présente des difficultés spécifiques : comment, en effet, cerner un phénomène fondé sur l’invisibilité et le secret et par ailleurs caractérisé par sa grande plasticité ? La démarche ne peut être ici que qualitative, toute tentative de quantification des flux relevant de la contrebande étant en grande partie illusoire (d’autant plus pour des périodes anciennes). Deuxièmement, comme le souligne Patrice Poujade à propos des Pyrénées, il semble au premier abord difficile de se livrer à une étude rigoureuse du commerce interlope avant le XVIIIe siècle, moment où le contrôle de la frontière se renforce, où les rapports se font plus nombreux, où les mémoires et récits divers y font, quasi systématiquement, allusion.⁴ La question reste évidemment à creuser pour les différentes régions ou pays de l’arc alpin. Une troisième contrainte, liée aux précédentes, tient à la nature des sources disponibles : dans de nombreux cas, elles ne rendent possible l’observation du phénomène qu’au travers du regard porté sur lui par les acteurs de la répression ; ce filtre nécessite par conséquent un travail de déconstruction et d’analyse des discours, qui nous en disent autant sur la perception de la fraude que sur sa réalité. Seule une approche dynamique, partant des mobilités, des échanges, des pratiques économiques et sociales ordinaires, permettra d’appréhender, à plusieurs échelles, l’expérience que les acteurs font de la (ou des) frontière(s) et la complexité des configurations territoriales dessinées par la contrebande et sa répression. Si, comme l’écrivait Lucien Febvre, l’histoire des frontières est intrinsèquement liée à celle de l’État, celle de la contrebande nécessite de jouer sur les variations d’échelle afin de prendre en compte à la fois les préoccupations de ce dernier et le terrain local, la
Fernand Braudel, La Méditerranée et le monde méditerranéen, Paris 1966, p. 30. Voir en particulier les travaux de Laurence Fontaine, Pouvoir, identités et migrations dans les hautes vallées des Alpes occidentales (XVIIe–XVIIIe siècles), Grenoble 2003 ; Anne-Marie Granet-Abisset, La route réinventée. Les migrations des Queyrassiens aux XIXe et XXe siècles, Grenoble 1994 ; Dionigi Albera, Au fil des générations. Terre, pouvoir et parenté dans l’Europe alpine (XIVe–XXe siècles), Grenoble 2011 ; Harriet Rosenberg, Un monde négocié. Trois siècles de transformations dans une communauté alpine du Queyras, Grenoble 2014. Laurence Fontaine, Histoire du colportage en Europe, XVIe–XVIIIe siècle, Paris 1993 ; Patrice Poujade, Le voisin et le migrant. Hommes et circulations dans les Pyrénées modernes (XVIe–XIXe siècle), Rennes 2011 ; Anne Radeff, Du café dans le chaudron : économie globale d’Ancien Régime (Suisse occidentale, Franche-Comté et Savoie), Lausanne 1996 ; eadem, Montagnes, plat pays et ‘remues d’hommes’, dans : Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 3, 1998, p. 247– 266. Patrice Poujade, Le voisin et le migrant. Hommes et circulations dans les Pyrénées modernes (XVIe–XIXe siècle), Rennes 2011, p. 305.
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situation à la frontière.⁵ Le recours, enfin, aux outils conceptuels de différentes disciplines des sciences humaines et sociales – géographie, sociologie, anthropologie, sciences politiques, économie … –, en particulier dans le cadre de travaux portant sur d’autres aires géographiques que les Alpes (zones de montagne et/ou de frontières), constitue un apport heuristique indéniable. Par l’étude des mécanismes de la contrebande, il s’agit en premier lieu d’appréhender une forme originale d’économie de la frontière, celle-ci étant envisagée à travers ses acteurs, ses usages, ses lieux de production, ses effets sur les activités économiques. Un deuxième axe de recherche vise à interroger les rapports entre contrebande et territoire, ce qui suppose de lire ces jeux d’échanges illicites en termes de dynamique territoriale, de conflictualité, mais aussi d’aménagement et de gestion de l’espace. Une dernière piste, qui découle des précédentes, concerne l’économie politique de la frontière et pose la question du pouvoir et du rapport à l’État dans des territoires montagnards de confins.
1 Une économie de la frontière Lieu paradoxal, à la fois obstacle et zone de passage, la frontière constitue, par les différentiels qu’elle instaure, un espace-ressource, poreux, un lieu privilégié d’affirmation des pouvoirs politiques en même temps que de mise en place de stratégies de contournement relevant de la débrouille ou de la clandestinité. Le Dauphiné, province frontalière avec la Savoie et le Piémont, offre un terrain particulièrement propice au déploiement, à différentes échelles, d’échanges illicites, pour trois raisons essentielles. Il est d’abord irrigué, du fait de sa position géographique, par des mouvements de circulation constants. Il s’agit ensuite d’une province « réputée étrangère », ce qui a des répercussions sur les modalités de perception des différents droits de douane – des droits de traites se perçoivent à l’entrée et à la sortie des marchandises qui viennent des autres provinces ou y passent. Le Dauphiné lui-même forme enfin à l’époque moderne une entité hétérogène, en particulier en matière fiscale : la province fait partie des pays de petites gabelles, mais les hautes vallées (ou escartons) du Briançonnais et du Queyras, ainsi que la vallée voisine de l’Ubaye rattachée à la Provence par le traité d’Utrecht (1713), bénéficient d’un tarif privilégié sur le sel. Comme partout ailleurs, cette fragmentation de l’espace fiscal constitue une puissante incitation à la fraude. Ce premier tour d’horizon permet de mieux comprendre pourquoi la contrebande constitue un phénomène récurrent en Daup-
Lucien Febvre, Frontière : le mot et la notion, dans : Revue de synthèse historique, 1928, p. 31– 44, ici p. 17s. : « Ce n’est pas en partant d’elle-même, c’est en partant de l’État qu’il convient d’analyser la frontière. Tel type d’État, telle limite et, quand il y a lieu, telle frontière au sens militaire et politique du mot » ; Daniel Nordman, Frontières de France. De l’espace au territoire XVIe–XIXe siècle, Paris 1998, p. 349 ; Peter Sahlins, Frontières et identités nationales. La France et l’Espagne dans les Pyréenées depuis le XVIIe siècle, Paris 1996.
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hiné au cours de la période étudiée. Celle-ci porte sur toutes sortes de produits : sel, tabac, laine, draps, soieries, indiennes, fontes et fers, pièces d’or, livres prohibés, etc. Selon la qualité des acteurs, leur rayon d’action, le type et les quantités de marchandises transportées, les enjeux des trafics, cette « économie de la frontière » peut être envisagée à au moins trois niveaux, même s’ils sont parfois imbriqués. Pratiquée à petite échelle, comme c’est par exemple le cas du faux-saunage qui s’exerce entre le Briançonnais et l’Oisans, ou entre le Queyras et l’Embrunais, la contrebande constitue une réponse à la pauvreté, réelle ou prétendue – les discours que les communautés des hautes vallées tiennent sur elles-mêmes, parfois relayés par les intendants, sont ici à relativiser. Loin d’être exclusivement le fait des plus démunis et de se réduire à une sorte d’illégalité de la misère, le faux-saunage apparaît au contraire comme une composante parmi d’autres de stratégies pluriactives et comme une manière originale, pour les habitants des hautes vallées, de s’insérer dans le marché, en jouant sur les fragmentations de l’espace fiscal et en utilisant comme une ressource les frontières intérieures dessinées par le régime de la gabelle. La parfaite connaissance que ces individus ont du terrain leur permet de se déplacer en toute saison à des altitudes élevées et d’échapper bien souvent aux brigades des fermes. Les femmes tiennent dans cette économie illicite une place importante, dans des régions marquées par d’importants flux migratoires et par l’absence saisonnière des hommes. Elles savent exploiter la relative immunité que leur infériorité juridique leur assure a priori face à la justice pour assurer au jour le jour une partie au moins des ressources familiales. C’est, en somme, par le biais de l’économie parallèle qu’elles font l’expérience du marché, en prenant part, même de façon infime, aux réseaux et aux mécanismes de l’échange qui irriguent les hautes vallées du Dauphiné. Les notables locaux jouent enfin ici un rôle essentiel, à la fois comme médiateurs auprès de l’État royal et comme protecteurs et patrons des villageois, couvrant – quand ils ne l’encouragent pas – la fraude, tout en menant un combat de longue haleine pour le maintien des privilèges relatifs au prix du sel.⁶ Dans un deuxième cas de figure, la contrebande peut être suscitée par de grands marchands (grenoblois, lyonnais ou genevois) avec le soutien des élites parlementaires dauphinoises, qui n’hésitent pas à jouer les bailleurs de fonds ou à donner refuge aux contrebandiers dans leurs châteaux. En 1728, l’inspecteur des manufactures Boutillier constate ainsi l’existence de sociétés impliquant des magistrats du parlement de Grenoble et exclusivement formées en vue de la contrebande des indiennes, ces cotonnades imprimées prohibées en France entre 1686 et 1759. Fabriquées en Suisse ou importées depuis Lorient, Londres ou Amsterdam, elles sont introduites clandestinement dans le royaume par les marchands de Genève ou de Grenoble : le marchand grenoblois Falque réalise ainsi une fortune de 200 000 livres Harriet Rosenberg a bien mis en lumière ce rôle de middlemen joué par les consuls, notaires et marchands du village d’Abriès, comparable à celui des mafiosi siciliens du XIXe siècle étudiés par Anton Blok, The Mafia of a Sicilian Village, 1860 – 1960: A Study of Violent Peasant Entrepreneurs, Oxford 1974.
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et poursuit ses opérations pendant de nombreuses années en dépit des condamnations et des saisies.⁷ La contrebande vient ici compléter des activités légales et s’intègre dans des stratégies commerciales plus vastes. Elle est effectuée sur le terrain par des bandes organisées armées et à cheval, stipendiées par ces marchands ou agissant de leur propre fait, qui débitent leurs marchandises le long des routes et dans les villages de France, de Suisse et de Piémont. La plus célèbre de ces bandes est au milieu du XVIIIe siècle celle de Louis Mandrin, arrêté et condamné à mort en 1755 par la Commission de Valence. En Savoie, en Piémont, en Milanais ou dans les états vénitiens, cette contrebande fait vivre une population nombreuse de trafiquants, receleurs et revendeurs d’occasion. Le tabac est ainsi cultivé en grand, malgré les interdictions, dans les vallées alpines de Lombardie et traité dans les villes rhénanes qui offrent des règlementations plus souples.⁸ On peut ajouter ici, à ce niveau intermédiaire, le cas des métiers qui, comme celui des colporteurs de livres briançonnais étudiés par Laurence Fontaine, « se développent sur la possibilité de faire fructifier l’illégal en utilisant des hommes en nombre et la confiance qui structure le groupe ». « Il ne s’agit plus alors, explique-t-elle, de fraudes aux marges du système, de l’addition de multiples irrégularités individuelles, fruits du hasard et de connivences plus ou moins temporaires, même si tout le monde s’y livre », mais d’un mélange habile, chez ces marchands migrants, de contrebande et de commerce légal, la non-spécialisation des affaires à l’intérieur des familles facilitant le trafic illicite.⁹ Les grands marchands qui tirent les ficelles ne sont pas présents à la frontière, ni même parfois dans les Alpes, ce qui nécessite pour l’historien un changement d’échelle d’observation. Ces grands marchands prennent toujours soin, en outre, de demeurer à couvert, à l’abri des saisies et des éventuelles poursuites, même s’ils sont sans doute moins réticents qu’on l’a longtemps cru à conserver des traces de leurs activités illicites : la correspondance de la maison Touche, à Sisteron, témoigne ainsi de rapports suivis avec des marchands genevois pourvoyeurs d’indiennes « par voye de Grenoble et de Voiron »¹⁰. Mais le montage le plus ingénieux est sans doute celui
Pierre Léon, Le Dauphiné et la Suisse au XVIIIe siècle. Un problème de relations économiques (1685 – 1785), dans : Mélanges d’histoire économique et sociale en hommage au professeur Antony Babel, t. 2, Genève 1963, p. 9 – 37; René Favier, Une province face à la contrebande dans la première moitié du XVIIIe siècle, dans : Mandrin. Malfaiteur ou bandit au grand cœur ?, Grenoble 2005, p. 11– 22. Laurence Fontaine, Formation des États et pouvoirs des diasporas alpines, dans : Eadem, Pouvoir, identités et migrations, p. 210s. ; Bruno Caizzi, Industria e commercio della repubblica veneta nel XVIII secolo, Milano 1965, p. 13 – 15, 160 – 170. Laurence Fontaine, Le rôle de la fraude dans l’enrichissement des réseaux de migrants montagnards à l’époque moderne, dans : Gérard Béaur / Hubert Bonin / Claire Lemercier (dir.), Fraude, contrefaçon et contrebande de l’Antiquité à nos jours, Genève, Droz 2006, p. 125 – 143. Louis Dermigny, Cargaisons indiennes. Solliers & Cie, 1781– 1793, Paris 1960, t. 1, p. 221 ; Michael Kwass, Contraband. Louis Mandrin and the Making of a Global Underground, Harvard 2014, p. 106 ;
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mis en place, à la fin des années 1740, par le marchand dauphinois Jean-Baptiste Carny, spécialisé dans les toiles, étoffes et denrées alimentaires et qui est l’une des personnalités les plus en vue du monde des affaires grenoblois au milieu du XVIIIe siècle. Sa correspondance atteste qu’en 1749 il achète à Lorient, aux ventes de la Compagnie des Indes, des toiles et mousselines prohibées. Il les fait ensuite acheminer à Grenoble non par voie de terre – ce qui aurait constitué une fraude manifeste – mais par la mer, via Amsterdam puis Genève, d’où elles sont réexpédiées en France par l’intermédiaire de contrebandiers. Ce détour par la Hollande permet ainsi d’éviter que les soupçons s’orientent, en cas de saisie, dans sa direction. Dans d’autres cas, les tissus sont achetés en Suisse au printemps, puis acheminés par des voituriers jusqu’à la foire de Beaucaire où un responsable de la firme les récupère à l’automne.¹¹ Il existe enfin une forme de contrebande qu’on peut qualifier d’« étatique », relevant de la guerre commerciale et utilisée comme une arme dans les rivalités économiques et politiques qui opposent au XVIIIe siècle le Dauphiné au royaume de Piémont-Sardaigne. Les lendemains du traité d’Utrecht sont ainsi marqués par la fermeture progressive et à peu près totale du marché piémontais aux drapiers dauphinois. Le Piémont se lance en effet, dès les premières années du XVIIIe siècle mais surtout après 1715, dans une grande politique manufacturière destinée à le rendre indépendant du marché français tout en entravant le développement industriel du Dauphiné. Comme l’a analysé Pierre Léon, cette politique repose à la fois sur la création en Piémont d’une industrie de la soie et de la laine susceptible de concurrencer les industries lyonnaise et dauphinoise et, à partir de 1725, sur une offensive douanière visant à priver la draperie dauphinoise de son principal débouché ; parallèlement, et en dépit de solides barrières tarifaires côté français, une active contrebande permet d’inonder le Dauphiné en fontes et fers étrangers.¹² La riposte ne se fait pas attendre et l’intendant Fontanieu préconise très rapidement l’interdiction de sortie des laines françaises vers le Piémont, tout en menant en parallèle une politique de redressement économique en Dauphiné.¹³ Mais en dépit de cette inter-
Evan T. Jones, Inside the Illicit Economy. Reconstructing the Smugglers’ Trade of Sixteenth Century Bristol, Aldershot 2012, p. 14. Yves Eveno, Une maison de commerce à Grenoble au milieu du XVIIIe siècle (1739 – 1768), la maison Carny, dans : Histoire des entreprises 11, 1963, p. 36 – 51, ici p. 40, 43 – 44 ; Gilles Bertrand, Marchands en voyage dans l’Europe du second XVIIIe siècle. Étude de quelques carnets de route, récits et correspondances de marchands du Sud-Est de la France, dans : Albrecht Burkardt (dir.), Commerce, voyage et expérience religieuse XVIe–XVIIIe siècles, Rennes 2007, p. 161– 179, ici p. 174. Archives départementales de l’Isère (A.D.I.), II E 262 (1) : Titres féodaux ou familiaux. Sociétés Carny et Réal, de Grenoble (f° 22 et 25). Bibliothèque Nationale de France (B.N.F.), Ms. français 8468 ; Ms. français 8383, f° 13v° (lettre du 15 juillet 1725). B.N.F., Ms. français 8383, f° 13v° (lettre du 15 juillet 1725) ; Archives Nationales (A.N.), F/12, 72 (9 août 1725) ; Pierre Léon, Économie et diplomatie : les relations commerciales delphino-piémontaises au début du XVIIIe siècle (1700 – 1730), dans : Cahiers d’Histoire, 1960, p. 277– 304.
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diction les fuites demeurent considérables, comme le déplore Fontanieu qui en détaille les itinéraires.¹⁴ Les laines du Bas-Dauphiné empruntent la route maritime, via Beaucaire puis Martigues ou Marseille d’où elles rejoignent Monaco, Villefranche ou Nice, pénétrant ensuite en Piémont par le col de Tende. Alors que Fontanieu réclame une surveillance très attentive des frontières, son collègue de Provence, l’intendant Le Bret, met en avant les franchises du port de Marseille et agite le spectre de la concurrence génoise et livournaise. D’autres laines, moins nombreuses, empruntent « le Montgenevre, les montagnes du Briançonnois et celles de la vallée du Queyras » mais, précise Fontanieu, « la contrebande est plus rare de ce coté parce quelle est plus difficile et moins a portée des manufactures de Piedmont »¹⁵. C’est en réalité par la vallée de Barcelonnette que s’effectue l’essentiel de ces circulations illicites. Rattachée en décembre 1714 à la Provence – et non au Dauphiné, qui la réclamait – en compensation de la perte des vallées d’outre-monts, l’Ubaye fonde depuis plusieurs siècles l’essentiel de sa richesse sur l’élevage ovin, nourrissant plus de 80 000 bêtes par an.¹⁶ Or « il a esté facile au Roy de Sardaigne et aux habitans de ses frontieres, écrit Fontanieu, d’y conserver des correspondances » propices au passage clandestin, via le col de Larche, des laines voire des moutons eux-mêmes, qui reviennent du Piémont débarrassés de leurs toisons.¹⁷ Si les intérêts locaux poussent ici à la fraude et entrent par conséquent nettement en contradiction avec ceux du Dauphiné voisin, la contrebande peut aussi être utilisée comme une arme étatique dans la guerre commerciale opposant alors la France et le Piémont : lorsque le gouvernement sarde réagit aux mesures de rétorsion françaises en établissant, par l’arrêt du 23 juillet 1730, de nouveaux droits sur les draperies du royaume, c’est cette fois Fontanieu qui fonde son espoir sur la contrebande des draperies françaises vers le Piémont.¹⁸ Dans un sens comme dans l’autre, ces pratiques font partie de l’arsenal de la guerre économique entre États.¹⁹ La frontière, envisagée dans ses aspects à la fois idéels et matériels, apparaît bien en définitive comme un espace social autant que comme un fait spatial. Lieu de rapports de force et de tensions, elle est aussi celui du risque et de l’instable, qui pèsent en particulier sur toutes les formes d’échange, licites ou illicites.
B.N.F., Ms. français, 8471, f° 231– 250. B.N.F., Ms. français 8410 (extrait d’une lettre écrite à M. de Fontanieu par son correspondant en Piémont, 18 décembre 1728) ; Ms. français 8386 (lettre écrite de Piémont à Fontanieu, 25 juin 1728) ; Ms. français 8388 (7 octobre 1730) ; Ms. français 8464 (Lettre adressée au Contrôleur général, 26 septembre 1737). Léon, Économie et diplomatie. Laurent Surmely, Le traité d’Utrecht et ses conséquences en Ubaye, dans : Histoire d’une frontière. 150ème anniversaire de l’annexion du Comté de Nice à la France, Puget-Rostang 2010, p. 82– 107. B.N.F., Ms. français 8471, f° 235r° (Mémoire concernant la sortie des laines de Languedoc, Provence et Dauphiné, fin 1727). B.N.F., Ms. français 8388 (lettre de Fontanieu au contrôleur général, 7 octobre 1730). Léon, Économie et diplomatie, p. 299. Wolfgang Kaiser, Penser la frontière. Notions et approches, dans : Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 3, 1998, p. 63 – 74, ici p. 69.
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2 Une économie du risque Les acteurs de la frontière évoluent dans un environnement général fait d’aléas et d’incertitude, qu’ils soient d’origine naturelle ou humaine. Dans les territoires de haute altitude, les risques naturels liés au milieu montagnard – crues rompant les chemins et les ponts, chutes de blocs, glissements de terrain, avalanches, orages, tempêtes de neige, brouillard… – constituent une entrave à la circulation des hommes et des marchandises. La « petite route » de Grenoble à Briançon, qui passe par la vallée de la Romanche et le col du Lautaret, est ainsi particulièrement dangereuse. Mais il existe une culture locale du risque qui peut être un atout pour les fraudeurs, capables d’exploiter judicieusement, pour leurs trafics, ces contraintes naturelles. La vallée de la Maurienne constitue ainsi une voie de passage permettant de reverser en Oisans le sel de Savoie. De nombreux cols y sont pratiqués, au moins à pied, par les faux-sauniers, et ce y compris à de très hautes altitudes, avant cette « impitoyable sélection des cols » qui se produit au XIXe siècle, lors de la fixation des grandes routes alpestres.²⁰ Le marquis de Paulmy, qui emprunte en juillet 1752 la petite route de Grenoble à Briançon dans le cadre de son voyage d’inspection de la frontière des Alpes, note à propos des limites entre Maurienne et Dauphiné que l’ « on trouve presque partout des cols ou des sentiers frayés tant pour le commerce des habitants d’un lieu à l’autre que pour le pâturage des animaux, mais la plupart si serrés, si tortueux, si rapides et si courts dans la même direction qu’ils ne peuvent servir qu’à des chasseurs »²¹. En septembre 1756, trois hommes de la brigade d’Ornon, près de Bourg d’Oisans, sont postés par leur capitaine « sur les chemins les plus suspects qui aboutissent de Savoye au Villard darenes pour prendre garde et veiller qu’aucune marchandise prohibée n’entra dans le susdit lieu »²². Dans un secteur différent, celui du massif du Pelvoux, les mémoires et les cartes de l’ingénieur du roi La Blottière, qui fait entre 1709 et 1712 une série de reconnaissances dans les Alpes, montrent que l’on se rend alors de Vallouise (Briançonnais) à La Bérarde (Oisans) par le Pré de madame Carle, le glacier Noir et le col d’Ailefroide, situé à 3 336 mètres.²³ Le fauxsaunage paraît ici limité à la belle saison, compte tenu de l’altitude élevée de ces différentes voies de passage.²⁴ Mais l’intendant Fontanieu, qui connaît bien sa
Numa Broc, Les montagnes vues par les géographes et les naturalistes de langue française au XVIIIe siècle, Paris 1969, p. 243 ; B.N.F., département Arsenal, Ms 6447 (351) : Pierre-Joseph de Bourcet, Communications de la vallée de la Maurienne avec la petite route de Grenoble à Briançon et avec les vallées du Briançonois (1752). Voyage d’inspection de la frontière des Alpes en 1752 par le Marquis de Paulmy, présenté et publié par Henry Duhamel, Grenoble 1902, p. 41. Archives départementales des Hautes-Alpes (A.D.H.A.), B 333: Bailliage de Briançon. Traites et gabelles, Faux-saunage. Procédures (21 septembre 1756). Paul Guillemin, Les voies anciennes des glaciers du Pelvoux, dans : Annuaire du Club alpin français 1886, p. 3 – 41. Corinne Townley, La véritable histoire de Mandrin, Montmélian 2005, p. 34.
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province, n’est pas dupe et considère qu’ « on ne parviendra jamais à éteindre » la contrebande en Dauphiné : « la nature, écrit-il, la favorise trop dans un pays aussi montueux »²⁵. Dans sa correspondance et ses nombreux mémoires, il revient à de nombreuses reprises sur ces contraintes liées au milieu naturel, qui favorisent plus qu’elles n’arrêtent l’action des bandes armées : il n’est pas possible, écrit-il dès 1725, d’espérer « detruire entierement » les contrebandiers « dans un pays aussy montueux et si difficile »²⁶. Les montagnes, « impraticables pendant l’hyver » pour les troupes, sont toutes, en été, « des chemins » connus des seuls « gens du pays » et « il faudroit une armée entiere pour sassurer de tous les cols et defilés »²⁷. L’analogie, voire l’homologie, entre la sauvagerie des montagnes – « la nature du pays qui ne peut pas se garder » – et l’identité de leurs habitants, longtemps associés dans le regard des citadins (administrateurs ou érudits) à la violence et à la remise en cause de l’ordre social, sont ici sous-jacentes : « que ferions nous », écrit l’intendant, « avec quelques compagnies de grenadiers detachées, dont les gens du pays se mocqueroient en grimpant sur leurs rochers » ?²⁸ Il s’agira par conséquent d’interroger la relation quotidienne des habitants à leur espace de vie, loin des représentations plus ou moins fantasmées des savants, des voyageurs ou des ingénieurs militaires. Dans une province qui est, aux XVIIe et XVIIIe siècles, la base arrière de toutes les opérations militaires italiennes, la guerre et la présence des armées engendrent d’autres types de risques, pesant sur la sûreté des déplacements, la géographie des échanges et l’économie des hautes vallées (perte de débouchés, charges écrasantes pour les populations), tout en facilitant la contrebande qui est parfois le fait des militaires eux-mêmes. À cela s’ajoute l’incertitude inhérente au contexte politique et aux aléas de la diplomatie. La fermeture des frontières peut ainsi être utilisée comme une arme économique, ce qui favorise des formes variées de contrebande, comme nous l’avons évoqué à propos des relations économiques tendues entre la France et le Piémont dans les premières décennies du XVIIIe siècle. À l’inverse, les deux États voisins s’accordent parfois pour lutter conjointement contre la fraude, comme c’est le cas après le premier traité de Turin (1760). Facilement franchissable grâce à une vingtaine de gués naturels, le Guiers forme depuis le Moyen Âge une frontière contestée de 25 kilomètres entre le Dauphiné et la Savoie, avant de se jeter dans le Rhône. La limite entre les deux territoires suit en théorie le cours du Guiers et du Rhône, mais se modifie sur le terrain au gré des hautes et basses eaux. Le Guiers
Georges Dubois, Une enquête de l’intendant dauphinois Fontanieu : « Mémoires généraux sur les productions et le commerce du Dauphiné », Grenoble 1932, p. 183s. B.N.F., Ms fr. 8383, lettre à Dodun (30 octobre 1725, f° 141v°). B.N.F., Ms fr. 8381, lettre à Fagon (7 décembre 1724, f° 132r°) ; Ms fr. 8387, lettre à Le Peletier des Forts (13 octobre 1729, f° 141v° et 142r°) ; Ms fr. 8389, lettre à Orry (27 mars 1732, f° 290v°) ; Ms fr. 8423, lettre de d’Angervilliers (28 août 1732, f° 168r°). B.N.F., Ms fr. 8387, lettre à Le Peletier des Forts (13 octobre 1729, f° 141r°). François Walter, Les figures paysagères de la nation. Territoire et paysage en Europe (16e–20e siècle), Paris 2004, p. 214, 242– 245 ; Fontaine, Pouvoir, p. 127s.
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change fréquemment de lit et son cours, comme celui du Rhône, est encombré d’îlots provisoires, les lônes, dont personne ne sait si elles sont françaises ou savoyardes.²⁹ Chacun des deux États revendique par ailleurs l’intégralité du lit de la rivière. Aux termes du traité de Pignerol qui met fin en 1696 à la guerre entre le roi de France et le duc de Savoie, la princesse Adélaïde, fille de Victor-Amédée, destinée à épouser le jeune duc de Bourgogne, se rend de Turin à Versailles en passant par Le Pont-deBeauvoisin. Saint-Simon, qui relate l’affaire, indique que c’est à l’entrée du Pont, « qui tout entier est de France », qu’elle fut reçue par sa nouvelle maison.³⁰ Enfin, comme l’explique Fontanieu, cette riviere « a deux sources qui sortent toutes deux des montagnes de Dauphiné et forment deux ruisseaux qui se rassemblent ensuite au dessus des Echelles »³¹ : le Guiers-Vif prend sa source en Savoie près de SaintMesme, le Guiers-Mort en Dauphiné au pied du petit Som dans le massif de la Chartreuse ; les deux se rejoignent dans la localité d’Entre-Deux-Guiers. Cette région de l’Entre-deux-Guiers constitue, selon les termes de Fontanieu, « la matiere de grandes contestations avec les comtes et les ducs de Savoye qui ont pretendu quil leur appartenoit et que la ligne de frontiere devoit etre reculée sur le Guyers mort ». La question n’est définitivement tranchée qu’au traité de Turin qui, adoptant des repères hydrographiques ou orographiques facilement identifiables, fixe le 24 mars 1760 la frontière entre la France et le Piémont sur le milieu du cours du Rhône et du Guiers, jusqu’à la source du Guiers vif – la Savoie renonçant par là à ses prétentions sur la Grande Chartreuse.³² Ces méandres de la géographie physique expliquent la fréquence des incidents de frontière, dans une zone de contact floue et sous haute surveillance. Le plus fameux de ces « incidents » de frontière est celui qui, dans la nuit du 10 au 11 mai 1755, conduit à l’arrestation, par 500 hommes du régiment de La Morlière, de Mandrin, réfugié au château de Rochefort-en-Novalaise, à une lieue de la frontière en territoire savoyard.³³ Le roi de Sardaigne exige des réparations ; Louis XV, son neveu, lui envoie des excuses de sa main, précisant que la capture a été faite non par des troupes, mais par les employés des fermes, ce qui n’est qu’en partie
Townley, La véritable histoire, p. 33 ; Bernard Bonnin, Échanges et transferts entre le Dauphiné et l’État de Savoie sous l’Ancien Régime : quelques éléments pour une étude, dans : Paolo Sibilla (dir.), Scambi e trasferimenti fra commercio e cultura nell’arco alpino occidentale, Gressoney 1993, p. 24– 42. Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon, Mémoires, 1829, t. 1, p. 424, cité par Louis Jacob, Essai historique sur la formation des limites entre le Dauphiné et la Savoie, dans : Bulletin de la Société d’Étude des Hautes-Alpes 1906, p. 147– 188. B.N.F., Ms fr. 8476 : Memoire sur la riviere du Guiers servant de limite entre la Savoye et le Dauphiné (f° 179r° et sq). René Favier, Histoire : XVIIe au XXIe siècle, dans : Encyclopédie des Alpes, Grenoble 2006, p. 179 – 183, ici p. 181. Archives départementales de Savoie (A.D.S.), 2 B 12148 (1755) ; Archivio di Stato di Torino (A.S.T.), Paesi, Savoie, Incidenti con la Francia, Mazzo 1, n° 9 (1754– 1756). Voir aussi d’autres incidents dans A.S.T., Paesi, Savoie, Incidenti con la Francia, Mazzo 2, n° 6 (1769) et Confini con la Francia, Mazzo 12, n° 11 (mai–juin 1741) et n° 12 (juillet–août 1741).
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vrai.³⁴ Plusieurs affaires du même ordre peuvent encore être relevées après la signature du traité de Turin, signe que la fixation des frontières sur le papier ne met pas un terme aux tensions ou aux provocations sur le terrain. D’autres formes de risques relèvent, enfin, plus globalement, de l’incertitude propre à l’économie d’Ancien Régime, surtout dans le cadre de transactions secrètes et illégales propres à favoriser les comportements opportunistes.³⁵ Mais là encore, l’économie illicite sait tirer parti des aléas plus ou moins favorables de la conjoncture, qu’ils tiennent au contexte économique global, à des décisions de nature politique ou encore à des facteurs socioculturels. Ainsi, la contrebande des espèces du royaume de France vers Genève s’effectue surtout entre 1679 et 1726, qui est une période de profonde instabilité monétaire. Elle est aux mains de marchands de Grenoble ou de Chambéry, de banquiers lyonnais, mais aussi de receveurs et contrôleurs des fermes.³⁶ Dans le sens inverse, la contrebande des indiennes de Genève vers le Dauphiné et le Lyonnais bénéficie à la fois, entre 1686 et 1759, des mesures de prohibition et de l’engouement que ces étoffes suscitent dans toutes les couches de la société au XVIIIe siècle.³⁷ Tandis que les lettres patentes du 5 septembre 1759 accordent la liberté d’imprimer sur toiles et cotonnades, l’arrêt du 28 octobre suivant frappe les indiennes et les toiles blanches importées de l’étranger de droits élevés – respectivement 25 % et 15 % –, ce qui est destiné à encourager la création et le développement de manufactures dans le royaume, mais contribue à entretenir la contrebande le temps que ces dernières puissent être en mesure de répondre à la demande. Autant de facteurs qui invitent à prendre en compte non seulement les espaces, mais aussi les rythmes de la fraude. Plus largement, il s’agit d’interroger les stratégies déployées par les acteurs de la frontière pour se protéger de ces différents aléas, mais aussi pour en tirer parti, que ce soit par la mobilisation de leur « capital relationnel » ou par la diversification de leurs activités.³⁸ Dans tous les cas, ces entrepreneurs de la frontière que sont les contrebandiers, occasionnels ou « de profession », mettent en œuvre une connaissance concrète du terrain – cols et passages qui se prêtent aux circulations clandestines, circuits permettant d’éviter douanes et péages – en même temps qu’une capacité à jouer de l’enchevêtrement des frontières et des réglementations. Ils savent tourner en avantages les contraintes géographiques et géopolitiques, comme le montre par exemple l’évolution des itinéraires de la fraude en fonction du tracé des frontières ou des moyens déployés par la répression. En 1730, l’intendant Fontanieu observe ainsi un redéploiement vers le Comtat Venaissin des réseaux qui faisaient transiter le tabac de
Jacob, Essai historique, p. 161 ; Kwass, Contraband, chapitre 8. Pierre Kopp, L’analyse économique des organisations criminelles, in : Communications 62, 1996, p. 155 – 166, ici p. 163. Léon, Le Dauphiné et la Suisse. Favier, Une province, p. 22. Karine Bennafla, Le commerce frontalier en Afrique centrale. Acteurs, espaces, pratiques, Paris 2002.
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Genève par la Savoie jusqu’en Dauphiné puis en Vivarais pour des débouchés vers le Languedoc ou l’Auvergne, en raison d’un renforcement de la surveillance côté dauphinois et savoyard. L’étude de ces pratiques concrètes de l’espace appelle en conséquence une réflexion sur la perception que les acteurs – de la contrebande comme de sa répression – se font de la frontière, à l’échelle locale des brigades chargées de la surveillance ou des petits contrebandiers « à porte-col » comme à celle, plus lointaine, de la monarchie.
3 Des territoires imbriqués Travailler sur les rapports entre contrebande et territoire permet de questionner les définitions multiples que ce dernier terme a pu recouvrir dans les sciences sociales, en particulier autour des notions d’appropriation, de construction et de figuration. La démarche nécessite de prendre en compte la pluralité des échelles territoriales – en même temps que le jeu complexe de leurs relations – et des régimes de temporalité, afin de mieux appréhender les jeux de pouvoir dans et sur l’espace³⁹, ainsi que la conflictualité inhérente à l’appropriation et au contrôle de ces territoires. Les « territoires de la fraude » sont difficiles à saisir par l’historien car ils se veulent invisibles et sont affectés en permanence par des processus de recomposition : fluides et mouvants, construits par la mobilité – que les circulations illicites se greffent ou non sur des circuits marchands légaux –, ils évoluent au gré de la conjoncture et des rapports de force. Comme l’écrit Daniel Nordman, la contrebande dessine moins, de la sorte, « un territoire stable qu’une imbrication d’espaces multiples, défaits et refaits par la circulation des marchandises et des hommes »⁴⁰. Mais on peut aussi considérer que ces espaces composent, à leur manière, des territoires à la fois matériels et symboliques, intégrés par le bas, susceptibles de fonctionner en réseau et combinant « une pluralité de ressources et de modes de mobilisation de celles-ci »⁴¹. Dans l’objectif de reconstituer les territoires économiques construits par les pratiques et les réseaux des acteurs de la contrebande, il s’agit par conséquent de rechercher des « échelles d’observation adéquates pour l’étude de la porosité frontalière »⁴². Cette dernière esquisse une architecture territoriale complexe, articulant plusieurs niveaux entre lesquels les acteurs du trafic peuvent à l’occasion circuler.
Frédéric Giraut, Conceptualiser le territoire, dans : Historiens & Géographes 403, 2008, p. 57– 68, ici p. 60. Daniel Nordman, Frontières de France. De l’espace au territoire XVIe-XIXe siècle, Paris 1998, p. 351. Bernard Debarbieux, Territoire, dans : Jacques Lévy / Michel Lussault (dir.), Dictionnaire de la géographie et de l’espace des sociétés, Paris 2003, p. 910 – 912. Natividad Planas, La frontière franchissable. Normes et pratiques dans les échanges entre le royaume de Majorque et les terres d’Islam au XVIIe siècle, dans : Revue d’histoire moderne et contemporaine 48, 2001, p. 123 – 147, p. 124 ; Jacques Revel, Micro-analyse et construction du social, dans : Jeux d’échelles. La micro-analyse à l’expérience, Paris 1996, p. 15 – 36.
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L’échelle d’analyse peut être celle des interstices urbains, quand la ville abrite des dépôts clandestins de marchandises prohibées : dans les années 1750, la brigade des fermes de Grenoble saisit ainsi chez différents particuliers de la ville des coupons d’indienne mais aussi des moules « servant à peindre des toiles », des patrons, des planches « gravées de différents dessins », des pots « à mettre des couleurs », des pinceaux, autant d’indices signalant la présence de petits ateliers clandestins où l’on teint et peint les étoffes. Cette échelle micro englobe aussi les communautés du Briançonnais et du Queyras, déjà évoquées, qui profitent de leur statut privilégié pour pratiquer la contrebande du sel avec les vallées voisines – le « limitrophe du privilège » [sic] coupant parfois certains villages en deux. Ici, ce sont les embuscades tendues par les membres des brigades des fermes qui permettent de reconstituer, à partir des archives du grenier à sel de Briançon, la géographie des parcours des fraudeurs et de mettre en lumière les points de passage les plus délicats. Un dernier exemple, encore plus frappant, est celui du village de Pont-de-Beauvoisin⁴³, frontalier entre le Dauphiné et la Savoie, où sévit une contrebande endémique malgré la présence d’une brigade armée d’agents de la Ferme générale et d’un receveur des traites. Traversé par le Guiers, il sert de refuge, dans sa partie savoyarde, à des marchands impliqués dans la contrebande. Un Mémoire de Boutillier, inspecteur des manufactures de Dauphiné, indique ainsi en mars 1729 : « Le Pont-Beauvoisin du costé de Savoye est fort marchand, surtout de toiles peintes, mousselines, tabac et autres marchandises de contrebande ». Nombre de « draperies etrangeres » s’y debitent « en fraude a cause de la facilité qu’il y a de les tirer de la partie de Savoye ». En effet, « cette ville n’a aucunes fermetures ni porte du costé de France. Le Pont est fermé par deux barrieres l’une du costé de Savoye et l’autre du costé de France, qui est gardée par une compagnie d’invalides »⁴⁴. Au Pont-de-Beauvoisin, le marchand Berlioz a en 1734 deux boutiques, l’une en Savoie, l’autre du côté français, et sa servante passe des tissus d’indienne de l’une à l’autre au profit de clientes séjournant en France au logis du Lion d’Or.⁴⁵ Le traité de 1760 est loin de mettre un terme aux trafics. Dans la nuit du 17 au 18 août 1768 sont encore saisies chez le sieur Boissieu, marchand au Pont-de-Beauvoisin soupçonné de faire « introduire plusieurs especes de marchandises dans le royaume depuis nombre d’année », neuf balles de coton filé « qu’on avoit frauduleusement fait passer de Savoie en France au moïen d’une corde tendue d’un a l’autre bord du Guiers ». La corde « est plus elevée du côté
On parle du Pont-de-Beauvoisin « part de France » pour la rive gauche et de Pont-de-Beauvoisin « part de Savoie » pour la rive droite (Townley, La véritable histoire, p. 55). A.D.I., 2 C 100 : Intendance du Dauphiné. Manufactures. Rapports de l’inspecteur Boutillier, rédigés à la suite d’inspections des manufactures dans les élections de Grenoble, Gap et Vienne (1729). Jean Descotes-Genon, Les douanes françaises et la contrebande sur le Guiers en Chartreuse et à Miribel-les-Échelles des origines à 1860, Neuilly-sur-Seine, Association pour l’histoire de l’administration des douanes françaises, 1994, p. 20.
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de Savoye que de celui de France, ce qui précipite à la descente les ballots et marchandises que le sieur Boissieu continue de faire penetrer en France »⁴⁶. À un niveau beaucoup plus vaste, le rayon d’action des bandes armées de contrebandiers à cheval comme celle de Mandrin dans les années 1754– 1755, englobe la Savoie, Genève, la Franche-Comté, le Lyonnais, la Provence et au-delà, ce qui dépasse largement les limites de la province et les insère, à leur manière, dans l’espace marchand européen. Inscrits sur les marges géographiques du royaume, ces territoires ne sont donc pas pour autant marginaux. Ils possèdent leur temporalité propre, parfois indifférente aux aléas du politique qui transforment en contrebande des circulations « traditionnelles », jusque-là licites : ainsi, ni le traité d’Utrecht (1713), ni la disparition du système des escartons à la Révolution ne mettent un terme aux échanges séculaires entre les communautés du Briançonnais ou du Queyras et celles du Piémont.⁴⁷ La pratique des territoires entre ici en décalage avec leur construction politique et administrative, et ce d’autant plus que les intérêts locaux se trouvent parfois en contradiction avec ceux de la province ou du royaume : ainsi, dans les années 1725 – 1730, les habitants de la vallée de Barcelonnette envoient leurs moutons se faire tondre en Piémont, au mépris de l’interdiction de faire sortir les laines du royaume. Ces brouillages sont d’autant plus porteurs de sens que l’on se trouve dans un double contexte de développement de l’État – classiquement associé à un processus de construction du territoire « national » et de rationalisation des frontières dont Vauban et Colbert seraient parmi les principaux initiateurs⁴⁸ – et de prise en main, par le pouvoir monarchique, d’une province frontière dotée d’un fort sentiment de particularisme. Un certain nombre de mesures, qui concernent en particulier le contrôle des échanges, concourent ainsi à renforcer la présence et l’autorité de l’État en Dauphiné : tandis que les prérogatives du parlement de Grenoble – fer de lance du particularisme provincial – sont progressivement remises en cause par la création successive d’une juridiction des gabelles (sous Richelieu), de tribunaux des traites (1691) et enfin de la fameuse Commission de Valence (1733), bureaux de douane, greniers à sel et brigades ambulantes matérialisent, dans le paysage quotidien des habitants, la double présence de l’État et de la frontière économique et douanière. Ces manifestations de souveraineté, qui renvoient à la définition traditionnelle que les historiens se font du territoire comme « effet du pouvoir », « agencé par la volonté du prince »⁴⁹, trouvent néanmoins leurs limites dans la rivalité des juridictions – qui
A.D.S., C 663 : Intendance générale de Savoie. Justice et police. Affaires et correspondances générales. Lettres, mémoires et rapports adressés au comte Capris de Castellamont, intendant général à Chambéry, qui était aussi intendant de justice et police du duché de Savoie (18 août 1768). Granet-Abisset, La route, p. 38. Michèle Virol, Vauban. De la gloire du roi au service de l’État, Seyssel 2003 ; David Bitterling, L’invention du pré carré. Construction de l’espace français sous l’Ancien Régime, Paris 2009. André Burguière / Jacques Revel (dir.), Histoire de la France, vol. 1 : L’espace français, Paris 2000, p. 41.
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profite aux contrebandiers – ou dans la complicité dont certains employés ou receveurs des fermes peuvent faire preuve à l’égard de la fraude : l’intendant Fontanieu accuse ainsi le Parlement de Grenoble de clémence à l’égard des contrebandiers – il adoucit les peines en appel –, au nom de l’argument fallacieux de la liberté du commerce. Mais l’intendant lui-même, personnage clé de cette prise en main des provinces par le pouvoir monarchique, joue dans certains cas un rôle plus nuancé, n’hésitant pas à se faire le porte-parole, contre les décisions de Versailles, des intérêts économiques du Dauphiné, quitte à utiliser la contrebande comme un instrument dans ces jeux de pouvoir. À l’évidence, les territoires de la fraude transgressent ceux du politique. Pour autant, la contrebande ne doit pas être interprétée uniquement en termes de « résistance » à l’État et à sa construction territoriale. D’abord parce que ce processus de contrôle accru, s’il suscite des oppositions, n’exclut pas la négociation. Les communautés des hautes vallées pratiquent ainsi un lobbying actif dans les différents lieux du pouvoir pour obtenir ou conserver des avantages en matière de commerce du sel. De la même façon, les populations locales cherchent, avec les grands marchands lyonnais ou dauphinois, à peser, auprès de l’intendant ou du contrôleur général, sur le choix des lieux d’entrepôts ou de bureaux de douane. Il existe également des formes de tolérance des autorités à l’égard de la petite contrebande qui permet à des populations déshéritées de survivre. En témoigne par exemple la relative clémence des juges à l’égard des femmes des hautes vallées arrêtées pour contrebande de sel. Plus largement – et l’on suit ici l’interprétation foucaldienne selon laquelle les illégalismes constituent un élément indispensable au fonctionnement du pouvoir –, « la subversion commerciale de la frontière participe à sa production et à sa légitimation »⁵⁰. Loin d’être une source de « déterritorialisation »⁵¹ ou la simple « expression des limites du dispositif de contrôle »⁵², la contrebande participe au contraire, à sa manière, au processus d’intégration territoriale, dans la mesure où elle contribue précisément à raffermir la présence de l’État dans les zones de confins. Une dernière piste de recherche qui pourrait être explorée concerne la place que tiennent la contrebande et sa répression dans le patrimoine mémoriel des communautés alpines, à un moment où d’anciennes frontières et d’anciens territoires, dotés comme ceux des escartons d’une forte tradition d’autonomie, sont remis au goût du jour à travers des projets culturels ou patrimoniaux. Si la figure de Mandrin, qui a donné lieu à une véritable légende populaire, invite à une réflexion sur la fabrication
Jean-François Bayart, compte rendu de Paul Nugent, Smugglers, Secessionists and loyal Citizens on the Ghana-Togo Frontier, Athens (Ohio) 2002, dans : Critique internationale 19/2, 2003, p. 89 ; voir aussi Peter Sahlins, Frontières et identités nationales. La France et l’Espagne dans les Pyrénées depuis le XVIIe siècle, Paris 1996. Bennafla, Le commerce frontalier. Cédric Parizot, En attendant le mur. Gestion israélienne des mobilités palestiniennes pendant la seconde Intifada (2000 – 2006), dans : Migrations société 107, 2006, p. 15 – 39.
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et les usages des mythes et des héros provinciaux, il s’agit aussi d’appréhender la place plus diffuse de la fraude – qui se pratiquait encore au milieu du siècle dernier – dans la mémoire individuelle ou collective, à travers ses manifestations savantes – par exemple dans les travaux de l’Académie delphinale – ou plus « populaires » – mémoire des lieux de passage dans les hautes vallées, ex-voto(s), etc. Cette démarche pourrait ainsi contribuer à la réflexion collective sur la représentation – ou l’autoreprésentation – des sociétés alpines. L’approche territoriale, nécessairement pluridisciplinaire et attentive aux jeux d’échelles et de temporalités, paraît finalement riche de perspectives heuristiques⁵³ pour mieux saisir la dynamique des échanges et l’articulation des espaces dans ce laboratoire que constituent les espaces montagnards et frontaliers. Art du mouvement autant que de la dissimulation, la contrebande offre ici un point d’entrée original pour qui cherche à analyser le rapport des sociétés alpines du passé avec leur environnement, dans ses aspects matériels comme dans ses composantes imaginaires et symboliques. Le territoire apparaît bien en définitive, à travers ses différentes déclinaisons, comme une production sociale inscrite dans l’espace autant que dans l’histoire.
Martin Vanier (dir.), Territoires, territorialité, territorialisation. Controverses et perspectives, Rennes 2009, p. 13.
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Vom Silbererz zur Münze Das Tiroler Montanrevier um 1500 als Fallbeispiel Abstract: The chapter focuses on mining regions as marginal regions (Pollard) at the turn of the middle ages. Far from being peripheral, backward and underdeveloped, it can be shown that mining regions in many ways were highly dynamic regions that triggered processes of innovation, transformation, growth and productivity increases. Commencing with a conceptual introduction (I) and discussion of the available literature and state of research (II) a dynamic model of a mining region at the eve of the modern age will be discussed with regard to the Saxon-Bohemian Erzgebirge around c. 1500 A.D. (III). This model will then be placed in the context of the late medieval mining region of Tyrol, focusing on certain problems and unsolved questions regarding the main commodity produced in this area: silver (IV). It is suggested that we must study silver – production as well as trade – in its entirety or ‘total’ social phenomenon, including its social, cultural, geographical, legal, technical ramifications – on top of silver and this region’s ‘economic’ history. This can be demonstrated by using monetary policy as a focus of analysis (V). A conclusion concludes (VI).
I Montanregionen sind nach Sydney Pollard als Marginalregionen im englischen Wortsinne (marginal regions) einzustufen. Nicht nur physio-geographisch und wirtschaftsgeographisch liegen sie oft an der ‚Peripherie‘, häufig im Hochland (Erzgebirge, Alpen). Sie fallen auch hinsichtlich ihrer Erwerbs- und Beschäftigungsstruktur bisweilen deutlich aus dem Rahmen, der von der mittelbaren Geographie und soziökonomischen Strukturen größerer Wirtschafts- und Sozialregionen¹ oder politischer Territorien vorgegeben wird. Um nur ein Beispiel zu geben: Während die von den Wettinern politisch dominierte Region Mitteldeutschland um 1500 wie fast alle anderen Regionen des Reiches agrarisch geprägt gewesen ist, fällt die sächsisch-böhmische Montanregion vollkommen aus dem Rahmen. Hier kam es seit dem spätmittelalterlichen Boom in der Montanproduktion (Silber, Kupfererz, Zinn) ab 1470 zu einem zahlenmäßig beachtlichen Wachstum nicht-agrarischer Tätigkeiten, deren
Zu letzteren z. B. Angelika Westermann, Die vorderösterreichischen Montanregionen in der Frühen Neuzeit, Stuttgart 2009; dies. (Hrsg.), Montanregion als Sozialregion: Zur gesellschaftlichen Dimension von „Region“ in der Montanwirtschaft, Husum 2012. Privatdozent Dr. Philipp R. Rössner, Lecturer in Early Modern History, University of Manchester, Oxford Road, Manchester M13 9PL, England, E-Mail: philipp.roessner@ manchester.ac.uk. DOI 10.1515/9783110522310-015
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Anteil an Wertschöpfung und Einkommen in dieser ‚Mikroregion‘ den durch die umliegenden Wirtschaftslandschaften vorgegeben Erwartungswert weit überstiegen.² Von solchen Marginalregionen gingen oft zentrale Impulse hinsichtlich produktionstechnischer Innovation und ökonomischem Wandel aus, auch – und gerade! – in der vorindustriellen Zeit.³ Ihre Sonderstellung insbesondere in ökonomischer Hinsicht, also bezüglich ihres Grades der Arbeitsteilung und der verkehrswirtschaftlichen Verflechtung, aber auch durch ihre weit über dem Durchschnitt liegenden Urbanisierungsquotienten und deren Wachstumsraten machten sie zu einer ungewöhnlichen ökonomischen und gesellschaftlichen Figuration in einem weitgehend vom Agrarsektor dominierten Lebensumfeld.⁴ Damit erfüllt das Pollardsche Konzept eines der wichtigsten Forschungsdesiderate, welche bereits von Jean-François Bergier aufgerissen worden waren, nämlich alpine Räume und Bergmassive nicht nur als geographische Barrieren oder periphere Regionen, sondern im Gegenteil als eigenständige Wirtschafts- und Sozialräume sui generis zu betrachten; v. a. als Handels- und Informationskanäle, durch die Passstraßen, welche häufig durch sie liefen und die räumliche Verdichtung von Informations- und Handelsflüssen, vergleichbar der Schnelligkeit einer Strömung, die dort ansteigt, wo ein Fluss oder Kanal sich verengt.⁵ Interessant, aber überhaupt nicht paradox, ist in diesem Zusammenhang, „dass die Alpen in dieser Zeit ein städtearmer Raum sind und dass die Alpenstädte kleiner sind als viele vergleichbare Städte im Alpenvorland.“⁶ Seit Giovanni Boteros Delle cause della grandezza delle città (1588) gilt der alpine Raum als nicht verstädtert, hinterwäldlerisch und kaum der Diskussion würdig. Doch lieferte Botero in seinem
Zu Wirtschaftsregionen: Wolfgang von Stromer, Gewerbereviere und Protoindustrien in Spätmittelalter und Frühneuzeit, in: Hans Pohl (Hrsg.), Gewerbe- und Industrielandschaften vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, Stuttgart 1986, S. 39 – 111; Karl Heinrich Kaufhold, Gewerbelandschaften in der frühen Neuzeit (1650 – 1800), in: Ebd., S. 112– 202; Tom Scott, Economic Landscapes, in: Bob Scribner (Hrsg.), Germany, A New Economic and Social History, Bd. 1: 1450 – 1630, London u. a. 1996, S. 1– 31; ders., Defining an Economic Region: The Southern Upper Rhine, 1450 – 1600, in: Peter Ainsworth / Tom Scott (Hrsg.), Regions and Landscapes. Reality and Imagination in Late Medieval and Early Modern Europe, Oxford u. a. 2000, S. 155 – 176; ders., Society and Economy in Germany 1300 – 1600, Basingstoke / New York 2002. Zum Erzgebirge zuletzt Philipp Robinson Rössner, Die (proto)globalen Spannungsfelder und Verflechtungen mittel-deutscher Münz- und Währungspolitik um 1500. Das Beispiel der sächsischen Talerprägung, in: Martina Schattkowsky (Hrsg.), Das Erzgebirge im 16. Jahrhundert: Gestaltwandel einer Kulturlandschaft im Reformationszeitalter, Leipzig 2013, S. 103 – 158. Sidney Pollard, Marginal Europe: The Contribution of Marginal Lands since the Middle Ages, Oxford 1997. Am Beispiel der mitteldeutsch-sächsisch-thüringischen Montanregion Philipp Robinson Rössner, Martin Luther on Commerce and Usury, London / New York 2015, Kap. 2. Zum Alpenraum Werner Bätzing, Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, München ³2005, S. 71– 76. Jean-François Bergier, Die Auswirkungen des Verkehrs auf die Bergbevölkerung im Mittelalter, in: Alpenübergänge vor 1850: Landkarten, Strassen,Verkehr,wieder abgedruckt in: Ders., Pour une histoire des Alpes, Moyen Âge et Temps modernes, Aldershot / Brookfield 1997. Bätzing, Alpen, S. 75.
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Hauptwerk Delle cause della grandezza delle città (Rom, Martinelli, 1588), übernommen in das 1589 erschienene Buch über die Staatsräson (Ragion di Stato) eine der Schlüsseleinsichten hinsichtlich der Begründung positiver wachstumsorientierter ökonomischer Entwicklung. Städte waren in Boteros Modell nachgerade zentral (in englischer Übersetzung): Nothing is of greater importance for increasing the power of a state and gaining for it more inhabitants and wealth of every kind than the industry of its people and the number of crafts they exercise. Some of these are essential or useful for civilised living, others are required for pomp and ornament and others for luxuries and for the enjoyment of leisure. These crafts cause a conflux of money and of people, some of whom work, some trade in the finished products, some provide raw materials and others buy, sell and transport from one place to another the fruits of man’s ingenuity and skill. (…) Since art is the rival of nature I must consider which is of more importance to make a state great and populous, the fertility of the soil or the industry of man. Without hesitation I shall say industry. Firstly, the products of the manual skill of man are more in number and of greater worth than the produce of nature, for nature provides the material and the object but the infinite variations of form are the result of the ingenuity and skill of man. (…) Moreover a far greater number of people live by industry than by rents, as the many cities of Italy bear witness—in particular Venice, Florence, Genoa and Milan, whose greatness and magnificence are manifest, and almost two-thirds of whose inhabitants live by the silk and woollen industries. (…) But this becomes obvious with each raw material we consider. The revenues derived from iron mines are not very large, but the processing of iron and trade in that metal support an infinite number of persons, some engaged in excavating, refining or casting it, some selling it wholesale or retail, making of it engines of war, defensive and offensive weapons, innumerable instruments for agriculture, architecture and every other art, and for the everyday necessities of life, for which iron is as essential as bread. So that comparing the gain which the owners derive from the iron-mines with the profit which craftsmen and merchants make from the iron industry and the wealth which accrues also to the ruler by way of taxes, it is clear that industry is far in advance of nature. (…) And how many people depend for their livelihood upon their skills rather than directly upon nature. Such is the power of industry that no mine of silver or gold in New Spain or in Peru can compare with it, and the duties from the merchandise of Milan are worth more to the Catholic King than the mines of Zacatecas or Jalisco. Italy is a country in which, as I have mentioned above, there is no important gold or silver mine, and so is France: yet both countries are rich in money and treasure thanks to industry. Flanders too has no metals, but so long as the country was at peace such were the many various and wonderful works of art and ingenuity which were produced there that she had no cause to regard with envy the mineral wealth of Hungary and Transylvania. (…) A prince, therefore, who wishes to make his cities populous must introduce every kind of industry and craft by attracting good workmen from other countries and providing them with accommodation and everything convenient for their craft, by encouraging new techniques and singular and rare works, and rewarding perfection and excellence. But above all he must not permit raw materials, wool, silk, timber, metals and so on, to leave his state, for with the materials will go the craftsmen. Trade in goods made from these materials will provide a livelihood for a far larger number of people than will the raw materials; and the export of the finished manufactured article will provide the ruler with greater revenues than will the material alone.⁷
Giovanni Botero, The Reason of State / Della ragione di stato, transl. by P. J. and D. P. Waley, with an introduction by D. P. Waley & The Greatness of Cities, translated by Robert Peterson 1606, New Haven
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In Städten sind die Lebenshaltungskosten höher als im Umland, was u. a. mit den Transportkosten für Getreide und andere Lebensmittel zusammenhängt.⁸ In Städten kann sich das Prinzip der Arbeitsteilung und den daraus resultierenden Produktivitätssteigerungen Bahn brechen, ein Zusammenhang der bekanntermaßen im ersten Kapitel von Adam Smiths Wohlstand der Nationen (1776) eine umfassende Würdigung erhalten hat. Smiths ganzes Werk beruhte auf dieser Axiomatik, die bereits von Johann Heinrich Gottlob Justi analytisch und ausführlich begründet wurde, in ihren Ansatzpunkten aber bis auf Boteros Ragion di Stato zurückzuführen ist. Die ökonomischen Autoren Europas der frühen Neuzeit haben fast ausnahmslos von Botero abgeschrieben.⁹ Manufaktorielle bzw. gewerbliche Produktion erzeugt einen höheren Mehrwert als Primärproduktion; sie erfordert Training, know-how und oft jahrelange Ausbildung (zünftiges Handwerk). Die Wertschöpfungsketten sind länger und geben daher einer größeren Anzahl von Erwerbspersonen Brot und Nahrung. Schließlich – und dies ist eine wichtige Einsicht der modernen Entwicklungstheorie (growth and development) – kann empirisch belegt werden, dass die Einkommenselastizität der Nachfrage nach gewerblichen Produkten höher als nach Nahrungsmitteln und anderen Gütern der Primärproduktion ist: Marktchancen und die Möglichkeit der Expansion sind bei Gewerbeprodukten stets höher und dynamischer als bei Primärgütern. Da es auf dem platten Land aber weder eine ausreichende Nachfrage nach Gewerbeprodukten noch ausreichend Angebot an qualifizierten Arbeitskräften gibt, so verlagert sich das Gewerbe häufig in die Städte. Dort sind die Sterberaten zwar höher als auf dem platten Land (auch dies kann empirisch für die Frühneuzeit belegt werden; Städte hatten in der Regel einen positiven Saldo in der Sterberate und waren dadurch auf konstante In-Migration aus dem Umland angewiesen¹⁰), aber auch die Reallöhne. Die Wirtschaftskraft von Städten ist also, so Botero, höher als im agrarischen Umfeld, und gesamtwirtschaftlich gesehen tragen Städte ungleich mehr zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Landschaft (später Staaten) bei. Bei allen nötigen Modifikationen – nicht zuletzt der Expansion des Verlagswesens, des ländlichen Gewerbes und der „Protoindustrialisierung“ während der Frühen Neuzeit¹¹ – gibt uns das Modell Boteros jedoch anschaulich Aufschluss auch über den Rang und die wirtschaftliche Bedeutung von Montanregionen. Denn man muss den
1956, S. 150 – 153. Vgl. Philipp Robinson Rössner, Manufacturing Matters: From Giovanni Botero (c.1544– 1617) to Friedrich List (1789 – 1846), or: The History of an Old Idea, in: Harald Hagemann / Stephan Seiter / E. Wendler (Hrsg.), Through Wealth to Freedom, Milton Park / New York 2016. Hierauf basiert u. a. auch das wirtschaftsgeographische Modell Johann Heinrich von Thünens. Erik S. Reinert / Philipp Robinson Rössner, German Economics as Development Economics: From the Thirty Years War to World War II, in: Erik S. Reinert / Jayati Ghosh / Rainer Kattel (Hrsg.), Elgar Handbook of Alternative Theories of Economic Development, Cheltenham / Northampton 2016. E. A. Wrigley, A Simple Model of London’s Importance in Changing English Society and Economy 1650 – 1750, in: Past & Present 7, 1967, S. 44– 70. Hierzu ist die Literatur breit und voller Kontroversen; ein gelungener Überblick findet sich in Markus Cerman (Hrsg.), Proto-Industrialisierung in Europa. Industrielle Produktion vor dem Fabrikzeitalter, Wien 1994.
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obigen Bemerkungen noch hinzufügen, oder eher entgegensetzen, dass keine der gewachsenen traditionellen größeren Städte des Flachlandes in Nord- und Mitteleuropa, also Innsbruck, oder im mitteldeutschen Raum Messe- oder Residenzstädte wie Leipzig oder Dresden, ebenso schnell gewachsen sind und damit ähnlich spektakuläre Urbanisierungsraten (definiert als Wachstum des Urbanisierungsgrades, d. h. des Anteils der Bevölkerung eines Landes, die in einer Stadt leben – mit wechselnder Definitionsmöglichkeiten und Schwellenwerten¹²) aufweisen wie die neuen Bergstädte der Zeit, etwa Annaberg oder Schwaz am Falkenstein, welche im intertemporalen und sogar internationalen Vergleich während der Frühen Neuzeit teilweise ähnlich dynamisch oder gar schneller wuchsen als die kommerziell wichtigsten Handels- und Großstädte am Atlantik, die gemeinhin als treibende Kraft für das Wirtschaftswunder Europa in der Frühen Neuzeit gelten.¹³ Schwaz zählte zum Beginn des Berggeschreys um 1420 nur wenige Hundert Einwohner, war aber um 1500 auf stattliche 25.000 angewachsen¹⁴, konnte sich zwar nicht mit den größten Städten des Reiches messen (damals Nürnberg mit knapp 36.000, gefolgt von Köln mit etwa 30.000 Einwohnern), wohl aber mit den unmittelbar folgenden größeren Städten wie Breslau (25.000) Lübeck (24.000), Augsburg (20.000), Danzig und Wien (je etwa 20.000 Einwohner), oder Hansestädten wie Bremen, Braunschweig und Magdeburg (je 18.000 Einwohner).¹⁵ Freiberg im sächsischen Erzgebirge zählte damals 15.000 Einwohner, ähnlich wie St. Annaberg. Diese Art von Transformation stellt im Urbanisierungsmuster Westeuropas seit dem Mittelalter durchaus etwas Ungewöhnliches dar. Veränderungsraten sagen also viel mehr über Struktur und Dynamik der vormodernen Gesellschaften aus als die absoluten Zahlen suggerieren, und diese waren nun einmal in den Montanregionen um 1500 beachtlich. Innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit, manchmal nur einem Jahrzehnt, wuchsen die Bergstädte von wenigen hundert auf mehrere zehntausend an – eine Entwicklung, für welche die „alten“ Städte Jahrhunderte, wenn nicht Jahr-
Das Standardwerk ist nach wie vor Jan de Vries, European Urbanization 1500 – 1800, London 1985. Je nach Region und Landschaft sind niedrigere Schwellenwerte für den Urbanisierungsgrad vorgeschlagen worden, vgl. etwa I. D. Whyte, The Function and Social Structure of Scottish Burghs of Barony in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, in: A. Mączak / (T.) C. Smout (Hrsg.), Gründung und Bedeutung kleinerer Städte im nördlichen Europa der frühen Neuzeit, Wiesbaden 1991, S. 11– 30. Jon Mathieu, Urbanisierung in den Alpen von 1500 bis 1800. Fakten und Thesen, in: Martin Körner / François Walter (Hrsg.), Quand la montagne aussi a une histoire: mélanges offerts à Jean-François Bergier, Bern / Stuttgart / Wien 1996, S. 337– 361, hier: S. 341. Auch ders., Geschichte der Berge: Die Alpen und die Anden in langfristiger Perspektive, in: Helmut Alexander / Elisabeth Dietrich-Daum / Wolfgang Meixner (Hrsg.), Menschen – Regionen – Unternehmen. Festschrift für Franz Mathis zum 60. Geburtstag, Innsbruck 2006, S. 141– 156. Heinz Moser / Helmut Rizzolli / Heinz Tursky, Tiroler Münzbuch: Die Geschichte des Geldes aus den Prägestätten des alttirolischen Raumes, v. a. S. 62– 83. Erich Egg, Aufstieg, Glanz und Ende des Gewerkengeschlechts der Tänzl, in: Tiroler Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 1 (= Schlernschriften 77), Innsbruck 1951, S. 31– 52, hier: S. 42. Hamburg zählte damals erst etwa 14.000 Einwohner.Vgl. die Zahlen in Heinz Schilling, Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 2004, S. 11 f., Tab. 5. Franz Mathis, Die deutsche Wirtschaft im 16. Jahrhundert, München 1992, S. 8.
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tausende gebraucht hatten, und die mit gewaltigen organisatorischen Herausforderungen für Politik, Recht, Gesellschaft und Ökonomie verbunden war. Daher möchte ich im Folgenden kurz den Forschungsstand zu Montanregionen an der Wende vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit umreißen (II), anschließend kurz ein dynamisches Modell einer Montanregion in Mitteldeutschland um 1500 skizzieren (III), um dann anhand der Reviere um den Falkenstein in Tirol einige grundsätzliche Fragestellungen und ungelöste Probleme hinsichtlich der Zugriffe auf das Hauptmetall Silber und die Kanäle, durch die es floss, zu diskutieren (IV). Zwar waren Eisen, Buntmetalle¹⁶ und andere Gewerbe ebenfalls wichtig für diese Montanregion. Das Silber war aber nachgerade zentral, und zwar auf mehreren Ebenen. Es gilt daher, die geradezu charakteristische Dynamik und die Verquickungen juristischer, herrschaftlicher, technischer, ökonomischer und sozialer Faktoren zu beleuchten, denen sich zukünftige Forschungen zu den Montanregionen unbedingt tiefer widmen sollten. Dies möchte ich anhand der Diskussion des Geldwesens und der Münzprägung kurz näher behandeln (V). Es folgt ein Schluss (VI).
II Ekkehard Westermann hat in vielen Schriften auf die Notwendigkeit einer tiefschürfenden (um bei einer montanwirtschaftlichen Metapher zu bleiben) Verwaltungsgeschichte des Tiroler Bergbaus hingewiesen. Ohne die detaillierte Kenntnis aller den Silbererzbau betreffenden Verwaltungs- und Kontrollgänge, also gewissermaßen einer histoire totale den Bergbau betreffend, in welcher es gewissermaßen um das Spannungsfeld zwischen privatwirtschaftlichem Erwerbsstreben und dem obrigkeitlichen Macht- und Gestaltungsanspruch des Landesherren ging, könne man die Dynamiken, Funktionen und Abläufe innerhalb der Montanregion Tirol als Wirtschaftsregion schwerlich verstehen.¹⁷ Bestehende Versuche der Aufarbeitung, etwa durch Angela
Z. B. Friedrich Blendinger, Zur Geschichte der Messinghütte am Stainenberg bei Pflach bzw. Reutte, in: Franz Huter / Georg Zwanowetz / Franz Mathis (Hrsg.), Erzeugung, Verkehr und Handel in der Geschichte der Alpenländer: Festschrift für Univ.-Prof. Dr. Herbert Hassinger anlässlich der Vollendung des 65. Lebensjahres, Innsbruck 1977, S. 53 – 66; Fritz Steinegger, Der Kupferbergbau in Schwaz und der Kupferzoll in Tirol im 16. Jahrhundert, in: Wolfgang Ingenhaeff / Johann Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum? Verschwenderische Habsburger in Abhängigkeit vom oberdeutschen Kapital an der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit, Schwaz 2003, S. 199 – 207; Wolfgang von Stromer, Die Struktur und Verteilung von Bunt- und Edelmetallen an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit und ihre bestimmenden Faktoren, in: Hermann Kellenbenz (Hrsg.), Precious Metals in the Age of Expansion (Papers of the XIVth International Congress of the Historical Sciences), Bamberg 1981, S. 13 – 26. Etwa Ekkehard Westermann, Zur Brandsilber- und Kupferproduktion des Falkensteins bei Schwaz 1470 bis 1623. Eine Kritik bisheriger Ermittlungen von Produktionsziffern, in: Tiroler Heimat 50, 1986, S. 109 – 125; ders. (Hrsg.), Quantifizierungsprobleme bei der Erforschung der europäischen Montanwirtschaft des 15. bis 18. Jahrhunderts, St. Katharinen 1988; ders., Über Beobachtungen und Erfahrungen bei der Vorbereitung der Edition einer vorindustriellen Produktionsstatistik. Zur Brandsilber-
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Wiesfleckers Dissertation über die Oberösterreichischen Kammerraitbücher (1987), kamen über quellenkritische Analysen und einige vertiefende Anmerkungen über die landesherrliche Verwaltungsstruktur kaum hinaus.¹⁸ Angelika Westermann hat dieses Desiderat vor kurzem aufgenommen; allerdings nicht am Beispiel Tirols, sondern der Vorderösterreichischen Montanregionen im Sundgau und Lebertal. Sie hat das Konzept der „Montanregion als Sozialregion“ vorgeschlagen.¹⁹ Montanregionen werden als Sozial- Kultur- und Rechtsräume neu definiert. Sie sind ökonomische Leitregionen – in historischer wie auch historiographischer Perspektive. Gekennzeichnet waren sie stets durch eine besondere soziale Dynamik und einen hohen ökonomischen Entwicklungsstand, technischen Fortschritt, Innovationsprozesse und auch verdichtete staatliche Zugriffs- und Regulierungsbestrebungen, die in vielerlei Hinsicht Charakteristika und Vorformen des ‚modernen‘ Staates und ‚moderner‘ Ökonomien aufweisen. Montanreviere waren rechtliche, soziale wie auch ökonomische und kulturelle Sonderbereiche. Hier verdichtete sich gewissermaßen die frühmoderne Schriftlichkeit: Dies macht sich v. a. in der vergleichsweise guten quantitativen Quellenlage hinsichtlich grundlegender soziologischer und ökonomischer Daten (Bevölkerung, Einkommen, Löhne, Preise, Silber- und Metallproduktion, Marktverflechtungen etc.) deutlich.²⁰ Westermann entwickelt aus der doppelten Raumbeziehung menschlichen Handelns als ökonomisch begründete, aber sich innerhalb der jeweiligen sozialen Netzwerke der Akteure und ihrer Sinnstrukturen entfaltenden Aktivität ein Alternativkonzept der Montanregion als „Sozialregion“. Letztere ist ein Konzept, welches weder – wie in der traditionellen Forschung üblich – entweder eng geologisch-geographisch oder rechtshistorisch eingefasst ist, oder sich auf wirtschaftsgeographische Parameter beschränkt; sondern vielmehr über diese Rahmenbedingungen hinaus den sozialen und kulturellen Koordinaten menschlichen Interagierens gleichwertigen Rang in der Konfiguration solcher frühneuzeitlicher Montanregionen einräumt. Ihre rechtliche Sonderstellung begründet sich insbesondere durch die Absenz feudalrechtlicher Herrschaftsund Wirtschaftsbeziehungen; durch Zollbefreiung und Privilegien subventionierte und dennoch vergleichsweise „freie“ Markt- und Austauschwirtschaften, die man anderswo und in dieser Form schwerlich findet.²¹ Charakteristisch ist ferner die Dominanz urbaner Lebensformen um die ertragreichen Silbergruben herum.
produktion des Falkenstein bei Schwaz/Tirol von 1470 – 1623, in: Ebd., S. 27– 42; ders. (Hrsg.), Die Listen der Brandsilberproduktion des Falkenstein bei Schwaz von 1470 bis 1623, Wien 1988, S. 45 – 50. Angelika Wiesflecker, Die „oberösterreichischen“ Kammerraitbücher zu Innsbruck 1493 – 1519. Ein Beitrag zur Wirtschafts-, Finanz- und Kulturgeschichte der oberösterreichischen Ländergruppe, Graz 1987. A. Westermann, Die vorderösterreichischen Montanregionen. Für das Erzgebirge, Rössner, Die (proto)globalen Spannungsfelder. Vgl. Markus Cerman, Villagers and Lords in Eastern Europe, 1300 – 1800, Houndmills / New York 2012, für eine sehr differenzierte Sicht.
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Ökonomische Faktoren sind somit stets ausschlaggebend für Entstehung, Wachstum und Mutationen bzw. Variationen von Montanregionen gewesen. Die anderen Faktoren (Recht, Kultur, soziale Netzwerke etc.) sind demgegenüber analytisch nachgeordnet, nicht jedoch zweitrangig gewesen. Montanregionen konnten schließlich nur dort überhaupt entstehen, wo es rentabel zu erschließende Erzvorkommen gab, darüber hinaus kostengünstige Roh-, Hilfs- und Brennstoffe (v. a. Holz), sowie eine entsprechende Transportinfrastruktur (Straßen, Flüsse). War dies der Fall, entstand in den Montanregionen eine sehr spezifische und eigentümliche gesellschaftliche Dynamik, welche man als „Antipoden von Sesshaftigkeit und Mobilität“ (Angelika Westermann) bezeichnen könnte, also im Prinzip die Antagonismen einer urbanen Dynamik und eines arbeitsteiligen Mikrokosmos innerhalb eines vom eher statisch-sesshaften Element gekennzeichneten produktionstechnischen Makrokosmos der umliegenden und in aller Regel grundherrschaftlich oder gar erbuntertänig organisierten Agrarwirtschaften.²² Migration, Mobilität, aber auch religiöse Konflikte sowie die immer schärfere Ausformung des landesherrlichen Regals auf die Schätze der Berge stehen im Zentrum der Formierung und konstanten Rekonfiguration der vorderösterreichischen Montanregionen, gewissermaßen als „Fremdkörper in der Agrargesellschaft“.²³ Die Rechtsetzung der Berggemeinden und ihrer Vorsteher, der Bergrichter durch die Landesherrschaft mit dem Zweck der Schaffung eines einheitlichen und nach Maßgabe konfliktfreien Rechtsraums, der durch eine hohe soziale und kulturelle (Herkunft und Konfession) Inhomogenität und damit auch Individualität der Bergleute gekennzeichnet gewesen ist, stellen eine weitere Eigentümlichkeit vorindustrieller Montanregionen dar.²⁴ Ein inter-spatialer und intertemporärer Vergleich mehrerer Bergordnungen erlaubt es, verschiedene Aspekte zu konturieren, die für die Konfiguration einer Montanregion charakteristisch bis essenziell waren (Dienste, Abgaben, Mindestlöhne; aber auch Sicherung der Rohstoffzufuhr wie Holz und Nahrungsmittel für die Bergleute, Unschlitt und weitere Betriebsstoffe etc.; Organisation der Arbeit und Produktion im Bergbau; Anlage und technische Ausstattung der Gruben; Anlage von Häusern und Siedlungen für die Bergleute, Marktordnungen usw.). Die Versorgung mit Betriebs- und Hilfsmitteln, Holz und Wasser, vor allem aber auch mit Zahlungsmitteln stellten eine große Herausforderung für die Landesherrschaften und sich bereits um 1500 herausbildenden „Staaten“, unter deren Jurisdiktion die Montanregionen fielen, dar.²⁵ Münzsorten verschiedener Art für die Löhne der Häuer und Bergleute mussten
Das Standardwerk und die Typographie von Friedrich Lütge, Geschichte der deutschen Agrarverfassung vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 1967 gelten als veraltet; den neuesten Forschungsstand bietet, in komparativer (europäischer Perspektive) Markus Cerman, Villagers and Lords in Eastern Europe, 1300 – 1800, Houndmills / New York 2012. A. Westermann, Montanregionen, S. 122. Ebd., Kap. III. Philipp Robinson Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion. Geld im Zeitalter der Reformation, Stuttgart 2012.
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bereitgestellt werden.Wechsel und andere Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wurden für größere Summen benötigt, wie sie etwa zur Finanzierung der Saigerhütten am Thüringer Wald über die Leipziger und Naumburger Großen Jahrmärkte („Messen“) aufgenommen wurden.²⁶ Hier gingen die quartalsmäßig anfallenden Verpflichtungen der Saigerhändler und in die Finanzierung der Kupferhämmer und Schmelzhütten involvierten Kaufleute Leipzigs und Nürnbergs in die Hunderttausende Gulden. Des Weiteren waren die immateriellen Güter von großer Bedeutung, wie Rechtsordnung, Institutionen, aber auch religiöse bzw. seelsorgerische Versorgung durch Pflege des Kirchen- und Pfarreiwesens – alles Aspekte, welche im beginnenden Konfessionellen Zeitalter eine immer größere Bedeutung einnahmen. Konflikte entstanden immer wieder durch das Überhandnehmen schlechter, fremder Kleinmünze – ein Problem, welches neuere Forschungen als zentral innerhalb der Ressourcenkonflikte und Beschwerdefelder der frühneuzeitlichen Ständegesellschaft identifiziert haben.²⁷ Die Organisation des Schmelzwesens stellte wiederum eine größere logistische Aufgabe dar, galt es hier doch unterschiedliche Produktionsformen und Typen in eine der größeren Wertschöpfungsketten zu integrieren.²⁸ Neben den Silbergruben, welche häufig zubußpflichtig waren, d. h. für sich gesehen ökonomisch unrentabel, standen die Schmelzhütten im nachgelagerten Produktionsprozess: Hauptgut und Fokus der Erzeugung war stets das Silber (obgleich Eisen und Buntmetalle eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielten). Oft waren diese Produktionsbereiche vertikal integriert, d. h. standen unter der Kontrolle einzelner „Firmen“, d. h. Partnerschaften oder Gesellschaften von Kaufleuten²⁹ und Syndikate. Die Landesherrschaft trat oft selber als Unternehmer in Erscheinung, wie etwa im Mansfelder Revier, wo seit der Mitte der 1530er Jahre eine zunehmende Anzahl von Kupferhämmern und Hüttenfeuern in den Besitz und die Eigenregie der Mansfelder Grafen überführt wurden. Martin Luther stand als Gutachter hier mehrfach in der Mitte dieser „Verstaatlichungsprozesse“.³⁰ Hier lässt sich zwischen landesherrlichen Eigenbetrieben, verpachteten (Abgabe einer fixierten Pachtgebühr) und von den Gewerken selber betriebenen Gruben (gegen Abgabe eines fixierten Prozentbetrags, dem Silberzehnt) verliehene Eigenbetriebe scheiden. Interessant (doch nicht unbedingt überraschend) ist, dass die landesherrlichen Betriebe oft grundsätzliche Innovationsprozesse und ein gewisses „streamli-
Einschlägig ist Ekkehard Westermann, Silberproduktion und -handel. Mittel- und oberdeutsche Verflechtungen im 15./16. Jahrhundert, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte 68, 1997/98, S. 47– 65. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion. Mustergültig für das Mansfelder Revier untersucht von Ekkehard Westermann, Das Eislebener Garkupfer und seine Bedeutung für den europäischen Kupfermarkt, 1460 – 1560, Köln 1971; ders., Die Bedeutung des Thüringer Saigerhandels für den mitteleuropäischen Handel an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 21, 1972, S. 67– 92. Hierzu neuerdings die abgeschlossene Habilitationsschrift von Mechthild Isenmann. Ekkehard Westermann, Der wirtschaftliche Konzentrationsprozeß im Mansfelder Revier und seine Auswirkungen auf Martin Luther, seine Verwandte und Freunde, in: Rosemarie Knape (Hrsg.), Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land. Aufsätze, Lutherstadt Eisleben 2000, S. 63 – 92.
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ning“ der Produktion eher vorantrieben als die dezentral und in Eigenregie betriebenen Hütten der Gewerken.³¹ Dieser Befund ist insbesondere im Angesicht neuer und auf die aktuelle Weltwirtschaft bezogenen ökonomischen Studien des entrepreneurial state ³² von Interesse. Oft sind die „temporalen Autoritäten“ bzw. Staaten selbst der Frühneuzeit, ausschlaggebende Akteure im Wirtschaftsprozess gewesen, ohne die sich langfristig-nachhaltig weder Innovation noch Wachstum hinreichend erklären lassen.³³ Vielmehr hat der „Staat“ als Unternehmer, hier in Gestalt der von den Habsburgern selber betriebenen Hütten und Schmelzwerke, durch seine spill-over-Effekte usw. stets als Katalysator für Entwicklung und Innovation im gesamten Montanwesen (Silberbergbau) fungiert. Die primär ökonomische Funktion von Montanregionen (Silber, Eisen, Buntmetalle³⁴) begründete eine ganz eigentümliche rechtliche Sonderstellung, normiert durch das Bergrecht als Codex; die Privilegierung durch den Landesherrn; weitgehend „freie“ und marktwirtschaftlich gefasste Austauschverhältnisse innerhalb der Montanregionen als „Sonderwirtschaftszonen“, und damit einhergehend auch die Ausformung einer speziellen sozialen und kulturellen Figuration, die sich in zentralen juristischen, soziologischen und kulturellen Parametern von den umliegenden vorindustriellen Agrarökonomien deutlich unterschied. Die faktische Ausgestaltung menschlicher (Inter)Aktionen innerhalb dieser normierenden Rahmenbedingungen fand in einem prozessualen Raum statt, als Kräftespiel, das steten Variationen und immer wieder neu beginnenden Aushandlungsprozessen der Akteure untereinander unterworfen gewesen ist. Die zahlreichen und wiederkehrenden soziale Unruhen, die für alle Montanreviere der Frühen Neuzeit dicht und gut belegt sind, sprechen eine deutliche Sprache.³⁵ Nicht zuletzt war der Alpenraum auch gekennzeichnet durch
A. Westermann, Montanregionen. Mariana Mazzucato, The Entrepreneurial State: Debunking Public vs. Private Sector Myths, London / New York 2014. Erik S. Reinert, The Role of the State in Economic Growth, in: Journal of Economic Studies 26/4– 5, 1999, S. 268 – 326; ders., How Rich Countries Got Rich – And Why Poor Countries Stay Poor, New York 2007; ders. / Philipp Robinson Rössner, German Economics as Development Economics: From the Thirty Years War to World War II, in: Erik S. Reinert / Jayati Ghosh / Rainer Kattel (Hrsg.), Elgar Handbook of Alternative Theories of Economic Development, Cheltenham / Northampton 2016; Peer Vries, Governing Growth: A Comparative Analysis of the Role of the State in the Rise of the West, in: Journal of World History 13/1, 2002, S. 67– 138; ders., State, Economy and the Great Divergence: Great Britain and China, 1680s–1850s, London 2015. Hermann Kellenbenz, Sächsisches und böhmisches Zinn, in: Ders. / Hans Pohl (Hrsg.), Historia Socialis et Oeconomica (= Festschrift für Wolfgang Zorn zum 65. Geburtstag), Stuttgart 1987; ders., Kapitalverflechtung im mittleren Alpenraum. Das Beispiel des Bunt- und Edelmetallbergbaus vom fünfzehnten bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 51/1, 1988, S. 13 – 50. Adolf Laube, Der Aufstand der Schwazer Bergarbeiter 1525 und ihre Haltung im Tiroler Bauernkrieg. Mit einem Quellenanhang, in: Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus 1978/II, S. 224– 258; ders., Zur Rolle sozialökonomischer Fragen in frühreformatorischen Flugschriften, in: Hans-Joachim Köhler (Hrsg.), Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit. Beiträge zum Tübinger Symposion
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seine „Ballungsräume“: sowohl Agrarökonomie (fruchtbare und mit positiven Grenzerträgen versehene Böden) und Gewerbe, als auch der Verkehr und auch die Besiedelung konzentrierten sich aus Gründen der Geographie zumeist schlauchartig auf Täler; hier zogen oftmals auch wichtige Fern- und Passstraßen hindurch (etwa Inntal / Tirol), welche den oberdeutschen mit dem italienischen Handelsraum; den südeuropäischen mit dem Atlantischen Handelsraum verbanden. Es verdichteten sich in diesen Schläuchen gewissermaßen der Kultur- und Wissenstransfer, das Knowhow, ebenso wie der Warenverkehr und die gewerbliche Produktion.³⁶ Und auch in technisch-betriebswirtschaftlicher Hinsicht waren Montanregionen stets von Schumpeterianischen Innovationszyklen gezeichnet. Auf dem Vortrieb in immer ungängigere Erzlagen lösten neue Produktionsverfahren alte ab; manchmal sogar kostenintensiver (wenn der Marktpreis des Endprodukts sich entsprechend erhöhte und diese kostspieligeren Verfahren ermöglichte); in jedem Fall waren Montanregionen immer auch Quellen technischer und ökonomischer Innovation.³⁷
III Ich habe an einem anderen Ort beispielhaft ein Modell für den Strukturwandel im sächsisch-böhmischen Erzgebirge um 1500 entwickelt.³⁸ Diese Überlegungen lassen sich, ähnlich wie Angelika Westermanns Forschungen zu Vorderösterreich, mit einigen offensichtlichen Modifikationen auch auf die Montanregion Tirol anwenden. Wird im Folgenden bisweilen die Bezeichnung ‚modern‘ verwendet, so nicht teleologisch, sondern als ausschließlich relationale Beschreibungskategorie. ‚Modern‘ soll also nichts Anderes bezeichnen als aus seiner Zeit fallend und signifikante Überschneidungen mit für spätere Transformationsprozesse charakterlichen Umständen aufweisend. Im sächsisch-böhmischen Erzgebirge fand um 1500 ein Modernisierungsschub 1980, Stuttgart 1981, S. 205 – 224; und die Beiträge in Angelika Westermann / Ekkehard Westermann (Hrsg.), Streik im Revier. Unruhe, Protest und Ausstand vom 8. bis 20. Jahrhundert, St. Katharinen 2007. Franz Mathis, Handelsgüter und Handelsströme durch Tirol, in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel (Hrsg.), Bozen im Messenetz Europas (17.–19. Jahrhundert) / Bolzano nel sistema fieristico europeo (secc. XVII–XIX), Bozen 2007, S. 123 – 134; Otto Stolz, Zollwesen und Handelsverkehr in Tirol in alter Zeit, in: Tiroler Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 1, S. 53 – 77, insb. S. 64 f. Zur Versorgung der Bergwerke grundlegend die Beiträge in Ekkehard Westermann (Hrsg.), Bergbaureviere als Verbrauchszentren im vorindustriellen Europa. Fallstudien zu Beschaffung und Verbrauch von Lebensmitteln sowie Roh- und Hilfsstoffen (13.–18. Jahrhundert), Stuttgart 1997, sowie Peter Fischer, Bergbeschau am Falkenstein, 1526: Zum Stellenwert oberdeutscher Handelshäuser, insbesondere der Fugger, bei der Versorgung des Tiroler Montansektors in der frühen Neuzeit, in: Scripta Mercaturae 33/2, 1999, S. 92– 114. Lothar Suhling, Rattenberger und Schwazer Schmelzen auf Silber und Kupfer vor und um 1500, in: Wolfgang Ingenhaeff / Johann Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum? Verschwenderische Habsburger in Abhängigkeit vom oberdeutschen Kapital an der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit, Schwaz 2003, S. 209 – 224. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. 3.
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statt, dessen Grundpfeiler folgende Faktoren umfassten: (1) eine zunehmende arbeitsteilige Ausdifferenzierung der Gesellschaft und (ökonomischer) Strukturwandel; (2) zunehmend (proto)globale Züge annehmende, bzw. in jene Frühglobalen Strukturen hereinreichende bzw. in jene eingebundene Handels- und Kapitalverflechtungen; (3) modernere Unternehmungsformen; (4) eine moderner anmutende Umweltbilanz; (5) zunehmend modernere Arbeitsverhältnisse; (6) modernere Formen, Felder und Ziele „staatlichen“ Handelns; (7) modernere Auffassungen bzgl. Geld- und Währungspolitik; (8) und die damit einhergehenden klassischen kulturellen Dissonanzen, besonders aber (9) ein den gewandelten Bedingungen der Zeit angepasstes religiöses Paradigma. Hier sollen nur die wichtigsten ökonomischen Parameter diskutiert werden; zum Problem gesellschaftlichen, ökonomischen und religiösen Wandels habe ich mich an anderer Stelle geäußert.³⁹ Zwischen 1470 und 1530 kam es – wie an den meisten anderen Orten im Reich, wo wir Quellen diesbezüglich haben – auch in Mitteldeutschland zu einem Wachstum der Bevölkerung, zu einer Intensivierung und schubartigen arbeitsteiligen Ausdifferenzierung des Produktionsprozesses. Ein wichtiges Indiz ist hier das Städtewachstum, welches sich um 1500 beschleunigte.Viele der verfügbaren Indizes, insbesondere der kommerziellen Aktivität, d. h. im Fallbeispiel Sachsen um 1500 der Bergbau, der überregionale und Fernhandel, sowie das Finanzvolumen auf dem mitteldeutschen Geld- und Kreditmarkt, deuten zumindest in absoluten Zahlen auf eine signifikante kommerzielle und wirtschaftliche Expansion hin.⁴⁰ Der Anteil der gewerblichen Produktion am Gesamtergebnis der Wirtschaft, insbesondere des Bergbaus und der Textilweberei auf dem Land (Verlagswesen) und des tertiären Sektors, also der Finanzierung insbesondere von Staatsschulden der Wettiner, von Verkehr und Warenaustausch, hinsichtlich des Transaktionsvolumens auf den Leipziger und Naumburger Großen Jahrmärkten („Messen“) usw., wuchs zweifelsohne schneller als die landwirtschaftliche Produktion. Gewerblicher und kommerzieller Sektor vergrößerten ihren Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Leistung Sachsens zwischen 1450 und 1550 also deutlich. Bricht man die qualitative Beschreibung auf die quantitative Ebene herunter, so kann man den skizzierten Prozess für einige Regionen gut und relativ verlässlich fassen. Es gab Regionen, in welchen dieser Wandel viel deutlicher und eindrucksvoller ausfiel – nämlich eben jenen Montanregionen, um die es hier geht. Insgesamt stieg die Bevölkerung Sachsens zwischen 1300 und 1550 von etwa 360.000 auf 511.00 Menschen (41 %), die Stadtbevölkerung aber von knapp 77.000 auf knapp 171.000 Menschen an
Philipp Robinson Rössner, Martin Luther on Commerce and Usury, London / New York 2015; ders., Burying Money? The Monetary Origins of Luther’s Reformation, History of Political Economy 2016 (im Druck); ders., Luther – Ein tüchtiger Ökonom? Über die monetären Ursprünge der Deutschen Reformation, Zeitschrift für Historische Forschung 42/1, 2015, S. 37– 74; ders., The Crisis of the Reformation (1517): Monetary and Economic Dimensions of a Change in Paradigm, in: Financial Crises, 1300 – 1800 / Le crisi financiarie, 1300 – 1800. Selezione di ricerche, Firenze 2016, S. 259 – 287. Genaue Zahlenangaben und weiterführende Literatur in ders., Deflation – Devaluation – Revolution, S. 408 – 435.
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(120 %). Der Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung wuchs zwischen 1300 und 1550 von 20 % auf 30 % an. Damit schlug das Städtewachstum – sofern man aufgrund der spekulativen Natur allen hier angeführten Zahlenmaterials hier überhaupt weitergehende Schlüsse ziehen darf – von seiner Geschwindigkeit her das Bevölkerungswachstum drastisch, nämlich um das Dreifache (120 % im Vergleich mit 41 %); allerdings über einen sehr langen Zeitraum (1300 – 1550). Doch fiel der Großteil des Zuwachses zeitlich in die Boomphase des zentraleuropäischen und auch des erzgebirgischen Silberbergbaus seit 1470 und ist auch geographisch vor allem dem Wachstum der Bergstädte (Annaberg, Marienberg, im Böhmischen: Joachimsthal) zuzubuchen – weniger aber den Residenz- (Dresden, Torgau, Wittenberg) bzw. Handelsstädten (Leipzig). Übernimmt man die durchaus mit Vorsicht zu gebrauchende Logik einiger moderner Ökonomen⁴¹, könnte die positive Differenz in den Wachstumsraten der Städte und der Gesamtbevölkerung, hier: von 0,18 % p. a. zwischen 1300 und 1550 auf ein (wenn auch sehr geringes) positives Wirtschaftswachstum in Sachsen hindeuten (definiert als Zunahme der pro Kopf der Bevölkerung verfügbaren materiellen Ressourcen, ausgedrückt und gemessen in Geld: für die frühe Neuzeit eine nicht ganz unproblematische Heuristik; ein Wirtschaftswachstum, welches sich aber um 1500 in dieser Region deutlich ausgeprägt und kurzfristig beschleunigt haben wird. Einige Städte, etwa Annaberg, schossen im Zuge des Silberbooms buchstäblich wie Pilze aus dem Boden. Manche hatten bis dato nicht oder nur als Dörfer und Weiler existiert. Sie erreichten aber innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit Einwohnerzahlen, welche den alten, etablierten Städten durchaus vergleichbar waren. Damit stellten sie eine dynamische Figuration sui generis dar. Innerhalb von nur elf Jahren nach Gründung (1497– 1508) wuchs die Einwohnerzahl Annabergs auf das Niveau Leipzigs (ca. 8.000 EW) oder mehr an, einer Stadt, welche seit 1015 quellenmäßig gesichert ist. Leipzig hingegen vergrößerte seine Einwohnerzahl zwischen 1481 und 1506 von „nur“ etwa 7.700 auf 8.600 (d. h. wuchs um nur 11 %) und zwischen 1506 und 1529 von 8.600 auf 9.200 (jeweils gerundete Werte), also nochmals um 7 %. Insgesamt ergab dies einen Zuwachs von 20 % (1470 – 1529). Auch Dresden nahm sich vergleichsweise bescheiden aus. Residenzstädte wie Torgau und Wittenberg blieben dementsprechend noch viel kleiner und unbedeutender. Leipzig und seine Messen aber, so hieß es bereits um 1485 (kurz nach dem Höhepunkt des ersten Silberbooms des Spätmittelalters) „schwämmen“ regelrecht im Geld. Das Wachstum fand also vor allem in den Handels- und Bergbaustädten statt. Hier entstand gleichsam aus dem Nichts eine vergleichsweise hochurbanisierte Gesellschaft, deren Verstädterungsrate – also der Anteil der in einer Stadt lebenden Bevölkerung im Vergleich zum Umland – weit über dem üblichen mitteleuropäischen Durchschnitt (um 1500 bei weit unter 10 %) lag. Das Erzgebirge machte zwischen 1470 und 1500 in kürzester Zeit eine Fundamentaltransition von einer Z. B. L. A. Craig / D. Fisher, The European Macroeconomy. Growth, Integration and Cycles 1500 – 1913, Cheltenham / Northampton 2000; Daron Acemoglu / Simon Johnson / James A. Robinson, The Rise of Europe: Atlantic Trade, Institutional Change, and Economic Growth, in: American Economic Review 95/3, 2005, S. 546 – 579.
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reinen Agrar- zur Gewerbelandschaft durch, deren Geschwindigkeit die Rhythmen eines vom Agrarsektor geprägten Lebens komplett umkrempelte und etwas völlig Neues – und in dieser Gesellschaft durchaus wie ein Fremdkörper anmutendes – schuf: eine vergleichsweise weit entwickelte, ausdifferenzierte und stark auf marktwirtschaftliche Verflechtung ausgerichtete Wirtschaftsregion. In den Bergbaugebieten im sächsischen Erzgebirge verdoppelte sich die Bevölkerung teilweise, während sie in anderen Gebieten, etwa Leipzig, Borna und Grimma, nur unwesentlich wuchs. In ganz Sachsen fluktuierten zudem etwa ein Elftel der Bevölkerung zwischen den Regionen hin und her und sorgte für einen Bevölkerungsausgleich zwischen den vom Bergsegen beglückten, vormals kargen und menschenarmen Bergregionen des Erzgebirges auf der einen, und den Gebieten mit einem Negativsaldo auf der anderen Seite (etwa Wüstungen). Die erzgebirgischen Bergbaureviere wuchsen damit zu beachtlichen Verbrauchszentren großer Mengen an Agrarprodukten heran. Die Durchfuhren von Getreide und anderen Grundnahrungsmitteln auf sächsischen Geleitstraßen in Richtung der Bergbaureviere waren beachtlich und erreichten allein in den sechs Monaten von Mai bis November 1525 bis zu 6.500 t Getreide durch die Geleite Borna, Altenburg und Gerstenberg allein (1525 war aufgrund des Bauernkriegs ein Krisenjahr; in guten Jahren dürften die Zahlen deutlich höher gewesen sein). Dies wird in etwa dem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 30.000 Menschen entsprochen haben.⁴² Allein die Vielfalt der in den Geleitsrechnungen von Erfurt und anderen sächsischen Geleitstellen aufgeführten Waren, allen voran Salz, Kupfer, Getreide und Metallwaren, sowie eine gewisse Regelmäßigkeit über das Jahr (keine extremen saisonalen Varianzen) zeugen von einem hohen Grad der Arbeitsteilung. Im Erzgebirge begannen solche Produktions- und Arbeitsverhältnisse zu dominieren, welche sich nicht mehr in die engen Fesseln mittelalterlicher ständischer Jurisdiktion und Sozialformen pressen ließen, sondern hinsichtlich ihrer Aushandelbarkeit, ihrer Instabilität und ihres stark marktwirtschaftlich (Arbeitsmarkt) und monetär (Geldlohn) gefassten Rahmens als (proto)kapitalistisch⁴³ identifizieren lassen.Von diesem Kommerzialisierungsprozess zeugt nicht zuletzt das wissenschaftlichdiskursive Schriftgut der Zeit. Während das Iudicium Iovis oder Das Gericht der Götter über den Bergbau des Paulus Niavis (um 1495) noch die mystisch-spekulative Natur der Montankonjunktur betont, nimmt sich das knapp 60 Jahre später entstandene magnum opus des Georgius Agricola (De Re Metallica) fast schon als wissenschaftlicher Gesamtaufriss der Mineralogie, Geologie, Physiogeographie und Soziologie einer arbeitsteilig nahezu ausdifferenzierten Montanregion aus. Viel klarer, sauberer, ja fast schon im aufklärerischen Sinne modern (ungeachtet aller seiner irrationalen Kom-
Rössner, Martin Luther on Commerce and Usury, Kap. 2. Die Zahlen beruhen auf Angaben in 2015. Zahlen nach Manfred Straube, Geleitwesen und Warenverkehr im thüringisch-sächsischen Raum zu Beginn der Frühen Neuzeit, Köln 2015. Ganz im Sinne der neoliberalen Definition von Kapitalismus, wie sie zuletzt in Larry Neal / J. Williamson (Hrsg.), The Cambridge History of Capitalism, Vol. I: The Rise of Capitalism: From Ancient Origins to 1848, Cambridge 2015, ausgeführt wird.
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ponenten) reflektiert das Werk die technischen Erfahrungen und das Wissen, welches man in den Jahren der Montankonjunktur in den 1470er (Schneeberg) und 1540er (Marienberg) gesammelt hatte. Diese Montankonjunktur war nun in größere, protoglobale Prozesse und Strukturen fest eingebunden. Das Erzgebirge und am Thüringer Wald, wo die silberhaltigen Kupfererze des Mansfelder Reviers in aufwändigen chemischen Produktionsprozessen vom Kupfer abgeschieden wurden, war integraler Bestandteil einer sich wandelnden und zunehmend mit dem Rest der Welt verflochtenen Region. Eine seit den 1440er Jahren spürbare Silberknappheit⁴⁴ hatte in ganz Europa den Silberpreis in die Höhe getrieben und damit zunehmend marginale oder grundsätzlich neue Silbervorkommen in Wert gesetzt, deren Ausbeutung unter den gesellschaftlichen und makroökonomischen Parametern niedrig-moderater Silberpreise nicht rentabel gewesen waren. Charakteristisch hierfür ist die seit den 1460er Jahren sprunghaft zunehmende Zahl der Saigerhütten – ein neues und überaus kapitalintensives Produktionsverfahren für die Zeit.⁴⁵ Ihre betriebswirtschaftliche Existenzberechtigung bezogen sie aus einem hohen Silberpreis, welcher wiederum teilweise einem hohen Abfluss (Export) von Edelmetallen aus Europa nach Asien geschuldet war.⁴⁶ Finanziert und gesteuert wurden diese „Proto-Fabriken“ von auswärtigem Kapital, zumeist Nürnberger oder Augsburger Kaufleuten, welche wiederum global agierten, indem sie sich in die ökonomische Erschließung asiatischer Räume über die Kaproute durch die portugiesische Krone und ihre logistischen Zentren Lissabon (Asienfahrten) und Antwerpen (Finanz- und Absatzmarkt für asiatische Importe) einschleusten. Saigerhütten waren für die damalige Zeit recht fremdartige Exoten. Mit Belegschaften von mehreren hunderten Arbeitern, der Zahlung von Geldlöhnen, der Abwesenheit feudaler Zugriffsrechte auf Personen und ihre Arbeitszeit, mit einem überdurchschnittlich hohen Kapitalkoeffizienten der Produktion – Gebäude, Hämmer, Walzwerke, Hüttenwerke, Hochöfen – nahmen sich diese Betriebe gegenüber allen anderen vorindustriellen Unternehmensformen und Produktionsstätten weitgehend fremdartig aus. Finanzierungsmethoden und Zahlungsusancen waren hier in überregionale Finanzierungsrhythmen und proto-globale Wirtschaftskreisläufe integriert. Zahlungen an die Hüttenmeister im Mansfelder Revier wurden über die Leipziger und Naumburger Großen Jahrmärkte abgewickelt. Ein Großteil der hier erzeugten Silbermengen wurde nach Übersee (Lissabon, Antwerpen, Indien) exportiert, wo das Silber aufgrund seines natürlichen Fehlens eine doppelt so hohe Wertschätzung wie in Europa genoss und die beteiligten Kaufleute und Silber-
Ausführlich thematisiert, auch mit den ökonomischen Konsequenzen für den deutschen Raum, in: Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. II (Silberknappheit) und III (Münzpolitik und ökonomische Entwicklung). Vgl. die Grundlagenstudien von Westermann, Garkupfer, sowie Ian Blanchard, International Lead Production and Trade in the „Age of the Saigerprozess“, Stuttgart 1995; ders., Mining, Minting and Metallurgy in the Middle Ages, 3 Bde., Stuttgart 2001– 2005; ders., The International Economy in the „Age of the Discoveries“, 1470 – 1570. Antwerp and the English Merchants’ World, Stuttgart 2009. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. II.
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exporteure durch die Silberausfuhr erhebliche Arbitrage- und Spekulationsgewinne einfahren konnten.⁴⁷ Trotzdem: Es darf als erwiesen gelten, dass in Sachsen – im Vergleich zu den anderen Silberrevieren des Reiches in Tirol, Mansfeld, den Vogesen und dem Harz – besonders viel Silber auf den freien Markt und in die Zirkulation gelangt ist. Hier war der Bergbau nicht im selben Maße vom Fremdkapital und der Verschuldung der habsburgischen Herrscher gekennzeichnet wie etwa in Tirol. Das Silber Tirols floss nach den 1480er Jahren zumeist direkt in die Hände der Kapitalgeber des Kaisers, der großen oberdeutschen Handelshäuser der Fugger, Welser, Imhof u. a., welche das Silber sofort exportierten – aber nur in kleinen Mengen in die regionale Geldzirkulation des Reiches ein.⁴⁸ Alleine während des ersten Drittels des 16. Jahrhunderts dürften an die 180 Tonnen Reinsilber im Erzgebirge gefördert worden sein, und die Strukturwandlungsprozesse, Multiplikatoren und Stimulantien eines solchen Angebotsschocks an Silber dürften sich weit in den realen Sektor der Wirtschaft verästelt und übertragen haben. Manfred Straube hat aufgrund der vorliegenden und erhaltenen sächsischen Geleitsrechnungen⁴⁹ für die Zeit um 1500/25 beachtliche Getreidemengen berechnet,welche über viele Kilometer hinweg quer durch Sachsen in die Bergstädte des Erzgebirges versandt wurden.⁵⁰ Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es irgendwo in Sachsen bereits um 1500 Agrarregionen gegeben haben muss, welche beachtliche Überschüsse für den Markt zu produzieren in der Lage waren, d. h. wahrscheinlich eine im regionalen und überregionalen Vergleich deutlich erhöhte landwirtschaftliche Produktivität aufgewiesen haben müssen. Die Verteilung der Überschüsse ermöglichte die oben geschilderten Prozesse des arbeitsteiligen Strukturwandels. Auf der anderen Seite ist die Leitfunktion des Silbers als Key-Input und ursächliches Stimulans sehr deutlich zu sehen. Das Silber setzte alle anderen nachgeordneten Dynamiken und Entwicklungen im realwirtschaftlichen Sektor der Wirtschaft erst in Gang. Der Silberbergbau im Erzgebirge war das zentrale dynamische Element, welches über vielfältige Koppe Dennis O. Flynn / Arturo Giráldez, Arbitrage, China and World Trade in the Early Modern Period, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 38, 1995, S. 429 – 428; Dennis O. Flynn, The Microeconomics of Silver and East-West-Trade in the Early Modern Period, in: Wolfram Fischer / R. Marvin McInnis / Jürgen Schneider (Hrsg.), The Emergence of a World Economy, Part I: 1500 – 1850, Stuttgart 1986, S. 37– 60; Dennis O. Flynn / Arturo Giráldez, Born with a ‘Silver Spoon’: the Origin of World Trade in 1571, in: Journal of World History 6, 1995, S. 201– 221; dies., Conceptualizing Global Economic History: The Role of Silver, in: Rainer Gömmel / Markus A. Denzel (Hrsg.),Weltwirtschaft und Wirtschaftsordnung. Festschrift für Jürgen Schneider zum 65. Geburtstag, Stuttgart 2002, S. 101– 114. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, S. 301– 310. Straube, Geleitwesen. Manfred Straube, Nahrungsmittelbedarf, Nahrungsmittelproduktion und Nahrungsmittelhandel im Thüringisch-Sächsischen Raum zu Beginn des 16. Jahrhunderts, in: Herwig Ebner u. a. (Hrsg.), Festschrift Othmar Pickl zum 60. Geburtstag, Graz / Wien 1987, S. 579 – 588, hier: S. 582; ders., Notwendigkeiten, Umfang und Herkunft von Nahrungsmittellieferungen in das sächsische Erzgebirge zu Beginn des 16. Jahrhunderts, in: Ekkehard Westermann (Hrsg.), Bergbaureviere als Verbrauchszentren im vorindustriellen Europa. Fallstudien zu Beschaffung und Verbrauch von Lebensmitteln sowie Rohund Hilfsstoffen (13.–18. Jahrhundert), Stuttgart 1997, S. 203 – 221, hier: S. 203 f., 208 f.
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lungs- und Multiplikatorwirkungen sich mit den anderen dynamischen Sektoren der Gesellschaft (Kultur, Religion etc.) vernetzte.
IV Damit ergibt sich eine deutliche Erweiterung und Verbesserung traditioneller Modelle und „Sehepunkte“ am Fallbeispiel der Edelmetalle (Silber) als Haupterzeugnis auch der tirolischen Montanregionen. Gleichermaßen verschiebt sich der Fokus des Forscher auch auf eine „neue“ Sichtweise auf die Gesellschaftsgeschichte⁵¹ der vorindustriellen Zeit, insbesondere durch die enge Verkoppelung von Geld- und Montanwesen mit allgemeineren Tendenzen in Politik und Religion (etwa: Reformation und Konfessionalisierung; gesellschaftliche Konflikte). Anhand der Warenkette Silber (Erzabbau → Verhüttung → Feinsilber → Fernhandel und/oder Münzproduktion) sollen diese Überlegungen am Fallbeispiel des Tiroler Silberbergbaus um 1500 kurz konturiert werden.⁵² In Tirol wurde seit der Antike nach dem kupfer- und silberhaltigen Fahlerz geschürft.⁵³ Tirol war vom Bergbau regelrecht dominiert. Um 1520 könnten etwa 50.000 Menschen direkt im Bergbau involviert gewesen sein, davon allein in Schwaz etwa 20.000.⁵⁴ Allerdings erzeugten neue Funde seit der Mitte der 1470er Jahre, also ungefähr zeitgleich zum ‚Berggeschrei‘ im Sächsischen Erzgebirge (Schneeberg) ein rapides Wachstum in der Silberproduktion, welche schlussendlich den Erzherzog zur Prägung des Silberguldens verleitet haben dürfte (1486/88), ebenso wie 1500 die
Ich definiere Gesellschaftsgeschichte hier im Sinne Altenas und van Lentes, d. h. eine umfassende Geschichte des Menschen im Rahmen seiner drei hauptsächlichen kontextualen Einflussgrößen, welche sein Agieren und Interagieren maßgeblich bestimmen: Kultur, Ökonomie und Politik. Erstere bezieht soziale Beziehungen und relationale Strukturen, innerhalb deren sich die Akteure verorten (etwa Netzwerke, Klassen, Schichten usw.) mit ein. Bert Altena / Dick van Lente, Gesellschaftsgeschichte der Neuzeit, Stuttgart 2009. Im Detail Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. II, mit teils enger wörtlicher Anlehnung in den folgenden Abschnitten. Zum Silberbergbau in Tirol, speziell am Falkenstein und Rattenberg, siehe Max Reichsritter von Wolfstrigl-Wolfskron, Der Tiroler Erzbergbaue 1301– 1665, Innsbruck 1903; Erich Egg, Das Wirtschaftswunder im silbernen Schwaz – Der Silber-Fahlerzbergbau Falkenstein im 15. und 16. Jahrhundert. (= Leobener Grüne Hefte, Heft 31), Wien 1958; Georg Mutschlechner, Erzbergbau und Bergwesen im Berggericht Rattenberg, Alpbach u. a. 1984; Manfred Rupert, Zur Geschichte des Berg- und Hüttenwesens in der Grafschaft Kitzbühel bis zum 17. Jahrhundert, Diss. Innsbruck 1985; Ekkehard Westermann, Der Tiroler Bergbau der Firma Fugger im Bild (1490 – 1550), in: Der Anschnitt 65/2– 3, 2011, S. 88 – 110. Louis C. Morsak, Die Bedeutung des Schwazer Silbers für die Habsburger an der Wende des Spätmittelalters, in: Ingenhaeff / Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum?, S. 157– 168, hier: S. 161. Vgl. Lothar Suhling, Rattenberger und Schwazer Schmelzen auf Silber und Kupfer vor und um 1500, in: Ebd., S. 209 – 224, hier: S. 214. Morsak, Die Bedeutung, S. 162 f.
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sächsischen Fürsten.⁵⁵ Die Division der Produktionsmengen am Falkenstein, dem wichtigsten Silberrevier Tirols, durch die Anzahl der beteiligten Gewerken ergibt in Annäherung den Kapitalkoeffizienten der Produktion. Dieser stieg seit 1470 fast kontinuierlich und führte etwas zeitversetzt zu einer stetig steigenden Silberausbeute.⁵⁶ Diese Strukturverschiebungen innerhalb der Silberproduktion machten es für die Mehrzahl der Unternehmer, geschweige denn die Inhaber des Bergregals, zunehmend unmöglich, die Produktion in eigener Regie, d. h. ohne externe Finanzierung durchzuführen. Immer mehr Augsburger Großkaufleute und Konsortien unter der Führung von Hans und Ambrosius Höchstetter oder Jakob Fugger stiegen in den Silberbergbau ein.⁵⁷ Die wachsende Verschuldung des Kaisers als Regalinhaber erzeugte eine immer höhere Abhängigkeit von Kaufmannskonsortien als Finanziers, allen voran die Fugger, Welser und Höchstetter, welche im Gegenzug für die Vergabe wachsender Darlehenssummen direkte Zugriffsmöglichkeiten auf einen wachsenden Anteil insbesondere der Tiroler bzw. österreichischen Silberproduktion, aber auch auf große Anteile der Kupferproduktion dortselbst erhielten.⁵⁸ Recht früh sind diese Verbindungen zwischen Schwazer Silbergruben und oberdeutschen Kaufleuten nachweisbar. Bereits für 1431 sind Käufe Schwazer Silbers durch die Augsburger Herwart belegt.⁵⁹ Die Koppelung von Darlehensverträgen an die Erträge der Silberbergwerke als Sicherheit bzw. Tilgung des Darlehens ist ebenfalls ein frühes Phänomen. Bereits 1456 liehen die Augsburger Meuting Erzherzog Sigmund
Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. III. Hier – d. h. in der Betrachtung des Kapitalkoeffizienten – ist kein Umbruch durch die Einführung des Tiefbauverfahrens um 1500 ersichtlich, welches den spektakulären Aufwärtszyklus zwischen 1506 und 1517 gezeitigt haben soll, vgl. Schwazer Bergbuch, Bd. III, S. 724 f. Suhling, Rattenberger und Schwazer Schmelzen, S. 218 f., 223 f.; Helmut Rizzolli, Schwazer und Gossensasser Silber als Münzmetall und landesfürstliche Kreditsicherung, in: Ingenhaeff / Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum?, S. 169 – 180, hier: S. 174– 177; Karl-Heinz Ludwig, Bergbau zwischen ökonomischem Interesse und politischer Macht, in: Ders. / Volker Schmidtchen (Hrsg.), Metalle und Macht bis 1600 (= Propyläen Technikgeschichte, Bd. 2), Berlin 1992, S. 37– 75; Rudolf Palme, Überblick über den Stand der Forschungen zur Bergbaugeschichte Tirols unter besonderer Berücksichtigung der Krisen und Konjunkturen, in: Bartels / Denzel (Hrsg.), Konjunkturen im Europäischen Bergbau, S. 23 – 36, hier: S. 33 f. Vgl. auch ders., Rechtliche und soziale Probleme im Tiroler Erzbergbau vom 12. bis zum 16. Jahrhundert, in: Kroker / Westermann (Hrsg.), Montanwirtschaft Mitteleuropas, S. 111– 117, hier: S. 114. Rudolf Tasser, Die Lieferung von Tauferer Kupfer in den Nordtiroler Raum vor 1530, in: Ingenhaeff / Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum?, S. 225 – 240, hier: S. 232– 238. Blanchard, Age of the Discoveries, Kap. 1. Helmut Rizzolli, Münzgeschichte des alttirolischen Raumes im Mittelalter und Corpus nummorum Tirolensium mediaevalium, Bd. 2: Die Meraner Münzstätte unter den Habsburgern bis 1477 und die Görzische Prägestätte Lienz/Toblach, Bozen 2006, S. 117. Erich Egg, Schwaz ist aller Bergwerke Mutter, in: Ausstellungskatalog: Tiroler Landesausstellung 1990. Silber, Erz und weisses Gold. Bergbau in Tirol, Schwaz 1990, S. 37– 46, hier: S. 38.
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35.000 Gulden im ‚Silberkauf‘.⁶⁰ 1482 lieh Hans Fugger einem Rat Erzherzog Sigismunds 8.000 Gulden rheinisch und erhielt im Gegenzug eine Anweisung auf Tiroler Silber.⁶¹ 1485 findet sich eine silbergesicherte Anleihe der Gesellschaft Ulrich Fugger an Erzherzog Sigmund, vermutlich die erste nachweisbare Silberverpfändung, deren Beispiel für die nächsten 40 Jahre Schule machen sollte. 1487 ist eine Anleihe der Gesellschaft „Ulrich Fugger und Gebrüder“ unter der Regie Jakobs II. mit dem Erzherzog über 23.627 Gulden rheinisch belegt.⁶² Das Raitbuch – der ‚Staatshaushalt‘ der Erzherzöge – von 1487 vermerkt u. a. unter Innemen Jacob Fugkers gesellschafft / Hab ich emphangen an Freitag mathei so er meinem gnedigisten hern darleiht auf silber die Christian Tenzl machet iii m fl ⁶³: eine nunmehr gängige Praxis, Teile der Schwazer Gewerkensilbererzeugung als Sicherheit für Darlehen zu verpfänden. Im Raitbuch von 1491 findet sich dann der berühmte Terminus Vertrag für diese Art der Transaktion bzw. Kreditgewährung.⁶⁴ 1488 gewährten die Fugger von der Lilie dem Kaiser eine Anleihe von 150.000 Gulden rheinisch zu einem Zinssatz von 25 %; die Rückzahlung von 200.000 Gulden rheinisch erfolgte abermals in Silberlieferungen.⁶⁵ 1491 erhielt Maximilian einen Vorschuss von den Fuggern in Höhe von 120.000 Gulden. „Weitere Geschäfte folgten in der Form von Tiroler Edelmetallkäufen. So erwarben die Fugger 1492 für nahezu eine halbe Million Gulden Tiroler Silber, das zum guten Teil wieder ins Ausland ging.“⁶⁶ 1496 verliehen die Fugger an Kaiser Maximilian 121.600 und 23.000 Gulden rheinisch gegen die Erträge des Tiroler Silberbergbaus; 1499 erklärten sie sich zu einem weiteren Vorschuss auf Tiroler Kupfer bereit.⁶⁷ Bis um 1500 waren die Fugger praktisch die alleinigen Kreditgeber des Kaisers, „mit jährlichen Gesamtsummen von über 100 000 fl.“⁶⁸ Weitere, durch Kupfer- und Silberlieferungen gedeckte Anleihen sind für 1508, 1514 und 1515 belegt; die Kupfer- und Silbererträge der kaiserlichen Berge in Tirol waren jeweils auf vier bis sieben Jahre hinaus verpfändet.⁶⁹
Hermann Kellenbenz, Kapitalverflechtung im mittleren Alpenraum. Das Beispiel des Bunt- und Edelmetallbergbaus vom fünfzehnten bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 51/1, 1988, S. 13 – 50, hier: S. 19 f. Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367– 1650), Stuttgart 2006, S. 22. Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital und Creditverkehr im 16. Jahrhundert, Bd. 1: Die Geldmächte des 16. Jahrhunderts, Jena 1896, S. 89; Franz A. Karg, Fugger in Tirol, in: Ingenhaeff / Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum?, S. 103 – 116, hier: S. 103. TLA Innsbruck, OÖKRB, 1487, Bd. 2, f. 19’. TLA Innsbruck, OÖKRB, 1491, f. 12. Ainnam der vertrag gegn den Fuggern auf die Silber so durch hauscamrer vnd m prnner gemacht werdn. Jacob Fugger hatt mir am Sambstag nach Egidi […] auff die obgemelten Silber durch ainen hauscamrer auch in prenner gemacht werden. Kellenbenz, Kapitalverflechtung im mittleren Alpenraum, S. 19 – 25; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 90. Hermann Kellenbenz, Die Fugger in Spanien und Portugal bis 1560: Ein Großunternehmen des 16. Jahrhunderts, Teil I, München 1990, Bd. 1, S. 12. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 91. Westermann, Zum Umfang der Silber- und Kupferproduktion, S. 277 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 93, 95.
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Ab 1500 traten die Paumgartner, Gossembrot und Höchstetter hinzu. Bis um 1514 drängten sie die Fugger zurück, deren Darlehen oder Kupfer- und Silberkäufe sich erst ab 1515 wieder auf Werte deutlich über 100.000 Gulden rheinisch im Jahr erhöhten.⁷⁰ Aber bereits 1506 sicherten sich die Fugger die gesamte Silberausbeute aller Tiroler Reviere; 1514 übernahm Jakob Fugger in Kooperation mit den Höchstettern „für eine Anleihe von 300 000 Gulden alles Tiroler Silber auf acht Jahre und die Kupferausbeute auf fünf Jahre.“⁷¹ 1508 hatte sich Jakob Fugger zur Abnahme von 30.000 Mark Silber aus der Haller Münze im Gegenzug für 300.000 Gulden rheinisch bereit erklärt.⁷² 1515 wurde die Ausbeute des Rattenbergs (Ringwechsel)⁷³ für sechs Jahre im Gegenzug für ein Darlehen in Höhe von 54.000 Gulden rheinisch an die Fugger verpachtet oder verpfändet.⁷⁴ Von den insgesamt 1519/20 vorgeschossenen knapp 600.000 Gulden für den späteren Kaiser Karl V. wurden 400.000 Gulden in Schwazer Silber fällig. 1522 stieg Jakob Fugger dann direkt als Anteilseigner an den Bergwerken in Schwaz, Rattenberg und Lienz ein⁷⁵; möglicherweise ein Wendepunkt in der Unternehmensstrategie dieser großen Firma.⁷⁶ Diese Faktenlage gibt Anlass zu einer Reihe weiterführender Fragen, deren historische Relevanz weit über die Montanregion Alpenraum-Tirol hinausreicht. Obgleich nominell die Erzherzöge (und Kaiser des Reiches) als Regalinhaber direkte Zugriffsmöglichkeit (Vorzugsrecht) auf die Silbererträge der Tiroler Erzgruben besaß, waren die Erträge – die sich aus der Differenz des Vorkaufs- und Marktpreises für Silber in Höhe von etwa 3 Gulden rheinisch pro Silbermark ergaben – fast konstant und auf lange Sicht in die Zukunft verpfändet, für zukünftige Zinszahlungen und Tilgungen eingeplant, oder dienten als Sicherung von Anleihen. Zunächst ist nach der Struktur und Länge des Produktionsprozesses zu Fragen (commodity chains). Wer übernimmt an welcher Stelle der Warenkette das Steuer?⁷⁷ Kennzeichnend ist etwa, dass trotz der relativ starken Zugriffsposition der Tiroler Erzherzöge als Regalinhaber und Landesfürsten relativ wenig Silber (im Vergleich zu den ermittelten Gesamtproduktionsziffern) Wiesflecker, Kammerraitbücher, S. 40 und Anhang, Abb. 8, 9, Tabelle 14. Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 14, 67 f., 123 – 141 (Rückzahlung der Darlehen). Häberlein, Fugger, S. 42. Eine etwas kleinere Gewinnspanne, vgl. Georg Mutschlechner, Bergbau auf Silber, Kupfer und Blei, in: Ausstellungskatalog: Tiroler Landesausstellung 1990. Silber, Erz und weisses Gold. Bergbau in Tirol, Schwaz 1990, S. 231– 266, hier: S. 246 f. Wiesflecker, Kammerraitbücher, S. 39. Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 14. Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Stuttgart 2011. Wichtig – zusätzlich zu der in den voraufgegangenen Anmerkungen referierten Literatur: Eike E. Unger, Die Fugger in Hall i. T., Tübingen 1967; Ludwig Scheuermann, Die Fugger als Montanindustrielle in Tirol und Kärnten. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, München / Leipzig 1929; Rudolf Palme, Historiographische und rezeptionsgeschichtliche Aspekte der Tätigkeit der Fugger in Tirol, in: Johannes Burkhardt (Hrsg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils, Berlin 1996, S. 297– 307, alle referiert nach Reinhard Hildebrandt, Tiroler im Dienste der Fugger, in: Ingenhaeff / Staudinger / Ebert (Hrsg.), Festschrift Rudolf Palme, S. 267– 280.
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in die Münzstätten Tirols und damit in die unmittelbare bzw. regionale Geldzirkulation geflossen ist. Um nur ein Beispiel zu geben: Es ist wohlbekannt, dass seit den späten 1480er Jahren immer mehr, und nach 1500 praktisch alles neu erzeugte Silber am Falkenstein direkt in die Kasse derjenigen Oberdeutschen Handelsgesellschaften floss, die auch als Gewerken direkt am Erzabbau und der Silberschmelze am Falkenstein beteiligt waren. Die Erzherzöge als Landesherren und in ihrer Doppelfunktion als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches hatten umfangreiche Kredite bei ebenjenen Gesellschaften aufgenommen, deren komplette Rückzahlung immer weniger wahrscheinlich wurde, je mehr Vorschüsse aus den Kassen der Augsburger und Nürnberger flossen. Im Gegenzug erhielten die Handelsgesellschaften das Bergsilber direkt und zum Vorzugspreis von 5 Gulden rheinisch⁷⁸ je Mark ein Vorkaufsrecht, welches sich aus den Regalansprüchen der Erzherzöge herleitete und bei den gängigen Marktpreisen für Silber, die um und nach 1500 stets bei mindestens 8 Gulden rheinisch und mehr lagen, einen Preisvorteil in Höhe von mindestens 3 Gulden rheinisch (ca. 40 %) gegenüber dem Marktpreis darstellte. Die Handelsgesellschaften nutzten dieses Silber für ihre umfangreichen Warenkäufe in Lissabon, Antwerpen und an den Küsten des Indischen Ozeans; insbesondere da Silber im Verhältnis zum Gold dort teilweise doppelt so wertvoll war wie in Mitteleuropa. Dies ermöglichte den Handelsgesellschaften die Erzielung eines Arbitragegewinns von 100 %. Da die Tiroler Reviere insgesamt um 1500 gut und gerne ein Drittel, manchmal mehr, der europäischen Silberproduktion stellten, und die europäische Silberproduktion damals noch der wichtigste Erzeuger war – die
Zur Geldgeschichte vgl. Michael North, Das Geld und seine Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 1994; ders., Kleine Geschichte des Geldes. Vom Mittelalter bis heute, München 2009; Bernd Sprenger, Das Geld der Deutschen. Geldgeschichte Deutschlands von den Anfängen bis zur Gegenwart, Paderborn / München / Wien / Zürich ³1991, Herbert Rittmann, Deutsche Geldgeschichte 1484– 1914, München 1975; Arthur Suhle, Deutsche Münz- und Geldgeschichte von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert, Berlin 81975; Hans-Jürgen Gerhard, Neuere deutsche Forschungen zur Geld- und Währungsgeschichte der Frühen Neuzeit. Fragen – Ansätze – Erkenntnisse, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 83, 1996, S. 216 – 230; ders., Ein schöner Garten ohne Zaun. Die währungspolitische Situation des Deutschen Reiches um 1600, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 81, 1994, S. 156 – 177; ders., Ursachen und Folgen der Wandlungen im Währungssystem des Deutschen Reiches 1500 – 1625. Eine Studie zu den Hintergründen der sogenannten Preisrevolution, in: Eckart Schremmer (Hrsg.), Geld und Währung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Stuttgart 1993, S. 69 – 84; Ferdinand Friedensburg, Münzkunde und Geldgeschichte der Einzelstaaten des Mittelalters und der Neueren Zeit, München / Berlin 1926; A. Luschin v. Ebengreuth, Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der Neueren Zeit, München / Berlin ²1926, Friedrich Freiherr von Schrötter, Das Münzwesen des Deutschen Reichs von 1500 bis 1566, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft 35, 1911; 36, 1912, wieder abgedruckt in: Friedrich von Schrötter, Aufsätze zur deutschen Münz- und Geldgeschichte des 16. bis 19. Jahrhunderts (1902– 1938), hrsg. v. Bernd Kluge, Leipzig 1991, S. 3 – 76.
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amerikanischen Minen erfuhren erst nach 1550 ihren spektakulären Aufschwung⁷⁹ – floss ein signifikanter Teil des Jahr für Jahr neu aus dem Berg kommenden Silbers zunächst gar nicht auf den mitteleuropäischen oder gar deutschen Metall- und Geldmarkt, sondern aus Europa hinweg. Diejenige Region also – Ober- und Mitteldeutschland mit dem Alpenraum, die von ihrer geologischen Ressourcenausstattung eigentlich zu den silberreichsten Regionen der Welt zählte, erfuhr aufgrund der ökonomischen Verflechtungen, der Kaufleutenetzwerke und der Kapitalmarktverflechtungen der Zeit eine immer spürbarere Silberknappheit – ein Paradox? Man kann dies beispielhaft anhand des Falkensteins diskutieren. Seit dem Aufschwung und Berggeschrei am Falkenstein in den 1470er und 1480er Jahren gab es immer wieder die Auflagen, dass Mindestbeträge an Brandsilber in die Haller Münze – ab 1477 die Tiroler Münzstätte schlechthin – verbracht werden und dort in Tiroler Geld, Pfennige, Kreuzer und Gulden, nach dem Währungsstandard der Erblande ausgeprägt werden müsse.⁸⁰ Dies galt allerdings i. d. R. nicht für diejenigen Silbermengen, die als Tilgung der Darlehnsverpflichtungen direkt in die Kassen der oberdeutschen Handelsgesellschaften flossen, wie etwa im Falle des ersten für 1488 belegten Silberkaufs, an welchem die Fugger maßgeblich beteiligt waren.⁸¹ Hier gibt es eine Handschrift aus der Feder des Münzmeisters Bernhard Behaim zwischen 1488 und 1510, welche diese tatsächlich erfolgen Silberlieferungen und die ausgeprägten Mengen in Tiroler Geld dokumentiert.⁸² Der Münzmeister in Hall war wie der Bergrichter in Schwaz eine der Schlüsselfiguren und wichtigsten Amtsträger der Montanregion als Sozial- und Rechtsregion; beide standen in ständiger Korrespondenz miteinander über die
Zahlen und Diskussion in John Munro, The Monetary Origins of the ‘Price Revolution’, in: Dennis O. Flynn / Arturo Giráldez / Richard von Glahn (Hrsg.), Global Connections and Monetary History, 1470 – 1800, Aldershot / Burlington 2003, S. 1– 34. Zur Quellenlage: Heinz Moser, Das Archiv der Haller Münzstätte 1477– 1809 und seine Bedeutung für die Tiroler Wirtschaftsgeschichte, in: Franz Huter / Georg Zwanowetz / Franz Mathis (Hrsg.), Erzeugung,Verkehr und Handel in der Geschichte der Alpenländer: Festschrift für Univ.-Prof. Dr. Herbert Hassinger anlässlich der Vollendung des 65. Lebensjahres, Innsbruck 1977, S. 283 – 288. Ferner Karl Moeser / Fritz Dworschak, Die große Münzreform unter Erzherzog Sigmund von Tirol, Österreichisches Münz- und Geldwesen im Mittelalter, Bd. VII, Wien 1936; Karl Moeser, Die Münzstätte Hall und ihre Bedeutung für das gesamte deutsche Münzwesen, in: Haller Buch / Festschrift zur 650-jährigen Feier der Stadterhebung, Innsbruck 1953, S. 470 – 489. Moser / Rizzolli / Tursky, Tiroler Münzbuch, S. 62– 83. Zur Vorgeschichte der Münzprägung in Meran, siehe Rizzolli, Münzgeschichte des alttirolischen Raumes, Bd. 2. Ernst H. Berninger, Marginalien zum Tiroler Bergbau. Das Exemplar des Schwazer Bergbuchs in der Bibliothek des Deutschen Museums, in: Körner / Walter (Hrsg.), Quand la montagne, S. 123 – 142, hier: S. 126. Ekkehard Westermann, Zur Auswertung der „Rechnung der Kaufsilber“ des Haller Münzmeisters Bernhard Beheim von 1488 bis 1510, in: Wolfgang Ingenhaeff / Roland Staudinger / Kurt Ebert (Hrsg.), Festschrift Rudolf Palme zum 60. Geburtstag, Innsbruck 2002, S. 579 – 595.
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wichtigsten das Revier belangenden Fragen (Ressourcenmanagement).⁸³ Paumgartners Gesellschaft haben zu Kreutzern vermünzen lassen am 11. Aprilis 1502. Jar wie hernach volgt, schreibt die Quelle. Allein 1502 belief sich das für die Paumgartner eingelieferte und in Tiroler Kleinmünze ausgeprägte Silber auf mehr als 3.500 Gulden rheinisch im Gesamtwert. Dies waren „Rückkäufe“ der herrschaftlichen Münze, von Silber zu einem näher am Marktpreis liegenden Wert, deutlich über dem Vorzugspreis aus dem Regal in Höhe von 5 Gulden rheinisch; häufig tauchen die Fugger, Tänzl⁸⁴ und andere einschlägig bekannte Gewerken als Lieferanten auf. Diese Silbermengen wurden requiriert, um überhaupt den Betrieb der Münze in Hall sicherzustellen. Es gab in der Haller Münze in den beiden Jahrzehnten nach 1500 nämlich immer wieder längere Stillstände, in denen weder Silber geliefert noch Geld geprägt wurde, nämlich nach 1506 und 1516.⁸⁵ Das kann mehrere Gründe haben: Entweder war der Münzfuß zu hoch, so dass eine Einlieferung unattraktiv gewesen wäre, oder aber es herrschte eine generelle Knappheit an Silber in Tirol – u. a. weil die am Bergbau hauptsächlich Beteiligten Gewerken dieses Silber gar nicht dem Tiroler und der Erblanden Wirtschaftskreislauf zukommen ließen. Man müsste also detailliert nicht nur die Prägemengen der Haller und anderer Münzen der Erblande, sowie begleitende Aufzeichnungen über ihre Verwendung kennen, sondern darüber hinaus die Münzfüße und Rahmendaten der Münzpolitik, um die Konstellationen auf dem Metallmarkt mit den Kapitalverflechtungen und Kaufleutenetzwerken derjenigen zu vergleichen, die das Silber aus dem Berg holten, und mit deren Rationalität und Unternehmensstrategien. Dies muss zusätzlich zu der oben geforderten grundsätzlichen und in weiten Teilen bereits geleisteten „neuen“ Geschichte der Montanregion Tirol als Rechts-, Sozial- und Kulturregion sui generis geschehen. Von den Tänzl ist überliefert, dass sie zwischen 1488 und 1495 200.000 Mark Silber aus dem Berg zum Vorzugspreis von 5 Gulden rheinisch bekamen, dieses aber um 10 bis 12 Gulden rheinisch je Mark weiterverkauften.⁸⁶ Nach neuen Berechnungen wurden zwischen 1490 und 1520 mindestens 70 % der jährlichen Neuförderungen von Silber jeweils aus dem Revier direkt und aus dem Reich exportiert, um 1510 besonders nach Antwerpen in Flandern und Lissabon in Portugal.⁸⁷ Hier diente das Silber aus den zentraleuropäischen Bergwerken der Finanzierung des im Aufbau begriffenen Kolonialreiches der Portugiesen in Indien. Und die Crème de la Crème der oberdeutschen Kaufmannschaft aus Augsburg und Nürnberg gaben sich in Lissabon die Klinke in die Hand, wenn es darum ging, Silber in die portugiesische Münzstätte,
Robert Büchner, Balthasar Schrenck (†1583), Ratsherr zu Rattenberg und München, Faktor der Gewerken „Virgil Hofers Erben“ und eigenständiger Bergherr in Tirol, in: Der Anschnitt 2011/2– 3, S. 54– 87, hier: S. 65. Erich Egg, Aufstieg, Glanz und Ende des Gewerkengeschlechts der Tänzl, in: Tiroler Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 1, S. 31– 52. Moser / Rizzolli / Tursky, Tiroler Münzbuch, S. 74 f. Egg, Aufstieg, Glanz und Ende des Gewerkengeschlechts der Tänzl, S. 40. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. II.
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der Casa da Moeda in Lissabon zu liefern.⁸⁸ Wir finden in den ab 1517 für eine Handvoll Jahre überlieferten Listen der königlichen portugiesischen Münzstätte in Lissabon, der heute noch existierenden Casa da Moeda, Namen wie Jorge Em Curia – Georg oder Jörg Imhof; diejenigen großen Kaufherren selber, meistens wohl aber ihre jüngeren Neffen oder Vettern, welche sich nach 1500 im Auftrag der großen Augsburger Regierer für einige Jahre als Faktoren in Lissabon niedergelassen hatten, bis das big business sich nach 1517 zunehmend nach Antwerpen verlagerte. Alle maßgeblichen Augsburger Handelsherren und Firmen des späten 15./frühen 16. Jh. waren, das kann man nach einem entsprechenden Abgleich mit den Raitbüchern der Innsbrucker Hofkammer sagen, als Gewerken direkt in den Tiroler Silberbergbau engagiert, d. h. zogen über die Silberkaufverträge und das von den Erzherzögen übernommene Vorkaufsrecht oftmals alle neu geförderten Erze direkt aus dem Berg an sich.
V Warum sind diese Aspekte so wichtig? Dieser Silberexport erzeugte beachtenswerte soziale und politische Ungleichgewichte, die über die unmittelbare Montanregion Tirol weit hinausreichten. Anhand eines Fokus auf dem Medium und der Ressource Geld möchte ich dies exemplarisch und gewissermaßen als Ausblick für weitere Forschungen diskutieren. Um nur ein Beispiel zu geben: 1512 beschwert sich Jakob Fugger, die Schwazer Schmelzer würden Silber, das ihm zustände, zurückhalten; jene aber begründeten dies damit, dass sie im Gegenzug mit schlechter Münze bezahlt würden und das Silber daher solange zurückzuhalten trachteten, bis hochwertiges Geld floss.⁸⁹ Auch in den vorderösterreichischen Revieren waren Münzkonflikte um 1500 an der Tagesordnung. Wie ich anderswo nachgewiesen habe, stellen Münzkonflikte eine der zentralen Tatbestände und Ursachen für Unruhen und Spannungen in der ständischen Gesellschaft im Zeitalter der Reformation dar.⁹⁰ Abseits der Tatsache, dass landesherrliche Betriebe oft als Innovationsmotor und Katalysator für die Wirtschaft agierten⁹¹, ist Silber als gesamtwirtschaftliche, monetäre, aber auch politische, soziale, kulturelle und sogar religiöse Ressource einzustufen.⁹² Es nahm eine Dop-
Hierzu kurz: Rolf Walter, Das Silbergeschäft der Oberdeutschen in der Zeit Karls V. unter besonderer Berücksichtigung Lateinamerikas, in: Ingenhaeff / Bair (Hrsg.), Schwazer Silber – vergeudeter Reichtum?, S. 241– 256, hier: S. 241– 243; weiterhin die prosopographische Studie von Jürgen Pohle, Deutschland und die überseeische Expansion Portugals im 15. und 16. Jahrhundert, Münster / Hamburg / London 2000, und die Synthese in Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. II. Büchner, Balthasar Schrenck, S. 70 f. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. IV. A. Westermann, Die vorderösterreichischen Montanregionen. Zuletzt Philipp Robinson Rössner, Monetary Instability, Lack of Integration and the Curse of a Commodity Money Standard. The German Lands, c.1400 – 1900 A.D., in: Credit and Capital Markets 47/ 2, 2014, S. 297– 340; ders., Luther – Ein tüchtiger Ökonom? Über die monetären Ursprünge der Deutschen Reformation, in: Zeitschrift für Historische Forschung 2015/1, S. 1– 38; ders., Money Matters: Das
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pelfunktion als gesellschaftliche Ressource und monetärem Grundstock bzw. Zahlungsmittel ein. Alle Klein- und Mittelmünzen (Beiwähr) basierten hinsichtlich ihrer Kaufkraft auf Silber. Nur grobe Münze bzw. Oberwähr, also Goldgulden nach Rheinischem Standard basierten auf Gold,waren aber erstens einem verschwindend geringen Teilnehmerkreis vorbehalten und zweitens wurden sie seit der Mitte des 15. Jahrhunderts quantitativ von den Silberwährungen verdrängt. Hieraus ergaben sich charakteristische Spannungsfelder bzw. Ressourcenkonflikte.⁹³ Münzstätten als Abnehmer des Silbers hatten die Grundfunktion, die regionalen Marktwirtschaften außerhalb des Subsistenz- und Redistributionssektors (Grundherrschaft und Erbuntertänigkeit) mit Zahlungsmitteln zu versorgen. Münzprägung war aber als landesherrliches Regal mit der Erzielung von Schlagschatz (Seigniorage) verbunden. Hier reflektierte sich das fiskalische aber auch das (privat‐)ökonomische Interesse des Landesherrn (beide sind aber nicht immer scharf zu trennen). Münzpolitik konnte aber auch – wenn sie weise konzipiert und nahe an der ökonomischen Realität der Zeit war (dies war meist leider nicht der Fall) – als gesellschaftliche und ökonomische Stabilitätspolitik dienen und somit die Transaktionskosten senken und die property rights verbessern.⁹⁴ Wir finden, etwa in Vorderösterreich, aber auch in Tirol, die nahezu endlosen Wiederholungsschleifen der Gebote und Erlasse an die Gewerken und Eigentümer des Silbers (meist: oberdeutsche Handelsgesellschaften und Konsortien), doch bitte Mindestbeträge aus dem Bergbau in die Haller Münze zu schleusen (in Vorderösterreich die Münzstätten des Rappenmünzbundes; in Sachsen/Erzgebirge: das silber gehort in die munze zu Freyberg usw.). Dies sollte ein kritisches Minimum an Geldversorgung für die unmittelbare Region gewährleisten: Kleingeldmangel konnte durchaus Quelle von Verschiebungen im Sozialgefüge, Verschlechterung der Marktlage des Gemeinen Mannes und somit sozialer Unruhen werden. Bei Silberknappheit und einem übermäßigen Anstieg im Silberpreis (Angebot-Nachfrage) bestand für die Münzherren und Betreiber der Münzstätten geradezu ein Zwang zur Abwertung durch Reduktion im Silberfeingehalt (Anpassung des Münzfußes an geänderte Silbermarktkonstellationen), da sonst eine Demonetisierung der nunmehr überbewerteten alten Münzen die Konsequenz gewesen wäre – mithin ein Verschwinden des guten, werthaltigen Kleingelds aus dem Geldumlauf. Übermäßige Verschlechterung fand insbesondere bei Klein- und MittelGeld im Spannungsfeld zwischen Verteilungskämpfen und Ressourcenknappheit (1450 – 1550), in: Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft 27, 2015, S. 37– 69. Detailliert diskutiert in Rössner, Deflation – Devaluation – Revolution, insb. Kap. III (Politik des Geldes; Geld als politische Ressource), IV (Geld und Geldpolitik als Quelle sozialer Asymmetrien und Unruhen); verkürzt in: ders., Money Matters, und ders., Martin Luther on Commerce and Usury, S. 1– 160, zur kulturellen und religiösen Wandel und den Zusammenhängen mit dem Geldwesen und Geldsystem. Zusätzlich zur bereits aufgeführten Literatur Philipp Robinson Rössner, Bad Money, Evil Coins? Coin Debasement and Devaluation as Instruments of Monetary Policy on the Eve of the „Price Revolution“, in: Ders. (Hrsg.), Cities – Coins – Commerce. Essays in Honour of Ian Blanchard on the Occasion of his Seventieth Birthday, Stuttgart 2012, S. 89 – 120; ders., Die (proto)globalen Spannungsfelder.
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münzen (Pfennige, Kreuzer, aber auch Batzen) statt; auf der einen Seite den hohen prozentualen Prägekosten geschuldet (diese lagen bei Pfennigen um ein Vielfaches über den Kosten der Prägung guter Silbertaler oder Goldgulden); auf der anderen Seite bisweilen den Bereicherungsversuchen der Fürsten als Regalinhaber, die oft eine Koalition gegen das Publikum mit ihren Münzmeistern als rational agierende Unternehmer eingingen.⁹⁵
VI Resümierend lässt sich festhalten: Beim Problem des Silberbergbaus handelt es sich also gewissermaßen um eine „totale“ Tatsache (im Sinne von M. Mauss); zumindest sollte man Silberbergbau und Montanregionen in Mittelalter und Frühneuzeit als solche behandeln. Mit dem Produkt Silber und seiner vielfältigen Transformationsmöglichkeiten, den sich abzeichnenden Unternehmerinteressen und globalen Kapitalflüssen und Kapitalverflechtungen vom alpinen Buntmetallbau bis an die Küsten Indiens und Chinas wird die gewissermaßen ‚weltwirtschaftliche‘ Einbettung und Konditionierung der Montanregion Tirol deutlich.⁹⁶ Aber auch bedeutende gesamtgesellschaftliche Nach- und Rückwirkungen gab es. Es ist kein Zufall, dass die Causa Lutheri auf den Reichstagen von Augsburg und Nürnberg in den frühen 1520er Jahren gemeinhin im selben time slot wie die Fragen der Reichsmünzreform, aber auch der parallel verlaufenden Monopoldebatte abgehandelt wurden⁹⁷, bei der es um die marktbeherrschende Stellung der oberdeutschen Handelshäuser ging. Debatten über übermäßige Preisaufschläge beim Pfeffer und den asiatischen Gewürzen bestimmten nicht nur die Reichstagsdebatten, sondern zirkulierten auch in den Diskursen der Bauernheere während des Bauernkriegs 1524– 1526. Die Frage nach einer gerechteren Wirtschaftsordnung und einer guten Reichsmünzwährung bestimmte die großen gesellschaftlichen Utopien wie Michael Gaismayrs Landesordnung für Tirol 1526 oder die Heilbronner Reichsreform. Die aufständischen Bauern im Südharz waren während des Bauernkrieges, wie Jakob Fugger d.Ä. höchst selbst in einem Schreiben an Graf Albrecht von Mansfeld (3. Mai 1525) betonte, willens […], die saigerhutten zu Hochkyrchen, Arnstatt und unser nui erpaute hutten zu plundern und in grund zu zerreissen. ⁹⁸ War es nicht die Symbolkraft dieser Hütten, welche die allgemeine Zerstörungswut der Bauern hier zusätzlich befeuerte? Die Bauern wussten um die größeren ökonomischen und monetären Zusammenhänge, den Silberexport und das Fehlen „guter Münze“, was im
Für das Mittelalter: Nathan Sussman, Debasements, Royal Revenues, and Inflation in France During the Hundred Years’ War, 1415 – 1422, in: The Journal of Economic History 53/1, 1993, S. 44– 70. Kellenbenz, Kapitalverflechtungen. Rössner, Deflation – Devaluation – Rebellion, Kap. IV. Zitiert nach: Walther Peter Fuchs (Hrsg.), Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland, Bd. II, Jena 1942, Nr. 1293 (S. 182).
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Mansfelder Bergbau bis in die späteren 1530er Jahre immer wieder für Reibereien und soziale Unruhen bei den Bergknappen sorgte. Beispielhaft wurde hier der Weg des Silbers – vom Erz aus dem Berg bis hin in die Münze und den internationalen Waren- und Zahlungsverkehr diskutiert, um so einerseits die besondere Rolle und Rechtsstellung von Montanregionen als „Fremdkörper“ (Angelika Westermann) im überregionalen Wirtschaftssystem der Zeit zu konturieren, insbesondere hinsichtlich ihrer Funktion als Wachstumsraum und Innovationsmotor; auf der anderen Seite aber auch die sozialen und politischen Spannungs- und Konfliktfelder um die gesellschaftliche Ressource Silber offenzulegen. Damit ergeben sich potenziell völlig neue Wege nicht nur der Montan- und speziell Geldgeschichte als allgemeine Kultur-, Sozial- und Gesellschaftsgeschichte, sondern durchaus auch geänderte Perspektiven auf das Medium Geld und neue Möglichkeiten, Geldgeschichte als Sozialgeschichte neu aufzureißen. Dies ist allerdings ein anderes Thema.
Mechthild Isenmann
Wirtschaftsethik im voralpinen und alpinen Raum am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit* Abstract: Businessmen of the fifteenth and sixteenth centuries usually saw economic success, stability and ideas of continuity in connection with ethical-normative ideals of honour (sincerity), trust, reliability, loyalty and peace-safeguarding, which also were apparent in the mentality of merchants and entrepreneurs. It was generally perceived that no sustainable commercial success was possible without these values and principles. Indeed, as the Swabian industrialist Robert Bosch (1861– 1942) expressed three hundred years later: “I prefer to lose money rather than trust. The inviolability of my promises, the belief in the value of my goods and my word have always ranked higher than a short-term profit”. Moral and ethical questions were asked by the actors themselves, but could also be brought up from the side. The merchant-banker and entrepreneur often experienced a dilemma between commercial success and profits, on one hand, and the Christian ethos of the honest merchant, for which the sole pursuit of profit was a reprehensible act, on the other. Often normative ideals and their ethical principles conflicted with reality. Ever again merchants were reproached for usury and monopoly or confronted with the suspicion of fraud and they were accused of being members of a profession that opposed the “pretium iustum”. It will be asked to what extent ideal and reality, ethical behaviour and commercial profit aspirations played a connecting or separating role in prealpine and alpine space. Did issues of honour, trust and loyalty constitute an element paramount to all commercial and entrepreneurial differences throughout alpine space? Furthermore it will be discussed to what extent alpine space served as a region of transfer for the distribution of business-ethical questions from the South (Italy) to the North.
1 Einleitung Ökonomischer Erfolg, Stabilität und Kontinuitätsdenken waren für den Kaufmann des 15. und 16. Jahrhunderts eng verbunden mit ethisch-normativen Idealen von Ehre
* Für die kritische Durchsicht des Beitrages danke ich Prof. Dr. Markus A. Denzel, Lehrstuhl für Sozialund Wirtschaftsgeschichte an der Universität Leipzig. Privatdozentin Dr. Mechthild Isenmann, Universität Leipzig, Historisches Seminar, Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beethovenstr. 15, D‐04107 Leipzig, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-016
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Mechthild Isenmann
(Ehrlichkeit), Vertrauen, Zuverlässigkeit, Treue und Friedenswahrung, dies spiegelte gleichsam die Mentalität der Kaufleute und Unternehmer wider.¹ Nach allgemeiner Auffassung war ohne diese Werte und Grundsätze kein auf Dauer angelegter Geschäftserfolg zu erzielen. Ganz wie es der schwäbische Industrielle Robert Bosch (1861– 1942) noch 300 Jahre später ausdrückte: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn“.² So suchten auch die frühen Handelsherren diese Prinzipien zur Basis ihres Geschäfts zu machen,³ wie Erich Maschke in seinem grundlegenden Beitrag zum Berufsbewusstsein des mittelalterlichen Kaufmanns betonte, dass nämlich „Redlichkeit, Ehre im Sinne von Ansehen, Ehrbarkeit […] im Bewußtsein der mittelalterlichen Kaufleute eine beträchtliche Rolle [spielten]“.⁴ Fragen nach Ethik und Moral wurden von den Akteuren selbst gestellt, aber genauso auch von außen an sie herangetragen.⁵ Denn der Kaufmann-Bankier und Unternehmer stand immer wieder im Zwiespalt einerseits des geschäftlichen Erfolgs, des Profits – und andererseits des christlich geprägten Ethos eines ehrlichen und redlichen Mechthild Isenmann, Vom Nutzen und Schaden des Reichtums. Junge Nachfolger in oberdeutschen Familiengesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Petra Schulte / Peter Hesse (Hrsg.), Reichtum im späteren Mittelalter. Politische Theorie – ethische Handlungsnormen – soziale Akzeptanz, Stuttgart 2015, S. 167– 187, hier S. 168 ff. Martin Fiedler, Vertrauen ist gut, Kontrolle teuer: Vertrauen als Schlüsselkategorie wirtschaftlichen Handelns, in: Geschichte und Gesellschaft 27, 2001, S. 576 – 592, hier S. 584. Wie aktuell auch heute das Ideal wirtschaftsethischer Grundsätze ist, zeigen Forschungsvorhaben, die seit einiger Zeit seitens der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und einer Reihe von selbstständigen Institutionen durchgeführt werden. Neben Stiftungen wie die EQUA-Stiftung, die „zum Ziel hat, Anteilseigner von Familienunternehmen darin zu unterstützen, ihre Unternehmen verantwortungsvoll und professionell zu leiten, um diese langfristig und nachhaltig zu sichern“, mag als Beispiel aus der Vielzahl der universitären Forschungen die Initiative www.der-ehrbare-kaufmann.de unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Schwalbachs vom Institut für Management an der Humboldt-Universität in Berlin stehen. Diese exemplarischen Verweise dürfen auch als Beleg dafür verstanden werden, dass Fragen nach der Verbindung von ethischem und ökonomischen Denken und Verhalten keine anachronistische Fragen sind, sondern in ähnlicher Weise sowohl in der vormodernen Epoche als auch der Gegenwart gestellt werden und wurden. Erich Maschke, Das Berufsbewußtsein des mittelalterlichen Fernkaufmanns in: Ders. (Hrsg.), Städte und Menschen. Beiträge zur Geschichte der Stadt, der Wirtschaft und Gesellschaft 1959 – 1977, Wiesbaden 1980 (1964), S. 380 – 419, hier S. 413. Rita Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle. Standeskritischer Diskurs, mittelalterliche Handelspraxis und Johannes Geiler von Kaysersberg (1445 – 1510), in: Dietrich Ebeling / Volker Henn / Rudolf Holbach / Winfried Reichert / Wolfgang Schmid (Hrsg.), Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft. Festgabe für Franz Irsigler zum 60. Geburtstag, Trier 2001, S. 401– 446, hier S. 402, fasst diese Zweiseitigkeit als Innen- und Außenbespiegelung zusammen. Die Innenspiegelung bildet den Schwerpunkt in den Forschungen Erich Maschkes (u. a. durch seine Analyse von Selbstzeugnissen, Rechnungsbüchern oder auch Kaufmannsbriefen). Die Außensicht hingegen untersuchte z. B. Jaques LeGoff, Wucherzins und Höllenqualen. Ökonomie und Religion im Mittelalter, Stuttgart 1988. Irsigler hingegen verband in seinen Forschungen,Voltmer zufolge (ebd.), die Innen- und Außenspiegelungen in seiner Untersuchung zur Kaufmannsmentalität im Mittelalter.
Wirtschaftsethik im voralpinen und alpinen Raum
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Kaufmanns, für den alleiniges Gewinnstreben ein verwerfliches Handeln darstellte. Das führte dazu, dass den normativen Idealvorstellungen mit ihren ethischen Prinzipien häufig die Realität im Widerspruch gegenüberstand. Irsigler beschrieb diesen Zwiespalt treffend als: „Kontrast zwischen Norm und Wirklichkeit, die Gratwanderung zwischen schlechtem Gewissen und Streben nach wirtschaftlichem Erfolg, zwischen kaufmännischer Unmoral und gesellschaftlich anerkanntem Reichtum.“⁶ Insbesondere sah sich der Kaufmann-Bankier immer wieder Wucher- und Monopolvorwürfen ausgesetzt⁷ sowie mit einem potentiellen Betrugsverdacht konfrontiert und wurde beschuldigt, Vertreter eines Berufstandes zu sein, der dem „pretium iustum“, dem gerechten Preis entgegenwirkte. Zu fragen wird sein, wieweit Ideal und Realität, wieweit ethisches Handeln und ökonomisches Gewinnstreben im voralpinen und im alpinen Raum verbindende oder eher trennende Momente darstellten. Insbesondere für den Alpenraum gilt hierbei, dass seine Stärke als zentrale europäische Transitregion für den Transfer und auch das Angebot von Handelsgütern feststeht.⁸ Eine sicher lohnende und noch ausstehende Forschungsfrage ist hingegen, wieweit die Alpenregion auch hinsichtlich wirtschaftsethischer Ideen und Idealen eine Transferregion darstellte. Immerhin gilt die Alpenregion über seine zahlreichen Pässe⁹ und den Wasserweg über die Rhône als exzellentes Transitland für Waren aller Art auf den Verkehrsachsen Nord-Süd und Ost-West. Zusammengefasst kann gefragt werden, ob die Alpenregion mit ihren Handelsplätzen zugleich auch einen Transferraum für Ideen und Ideale bildete, wieweit also die Verbreitung wirtschaftsethischer Ideale durch den Alpenraum von Süden (Italien) nach Norden – möglicherweise auch umgekehrt – vonstattenging. Ideen und Ideale, die aus dem ökonomisch und sozial hochentwickelten Italien, mit seiner langandauernden Tradition einer Diskussionskultur zu ethischen und speziell wirtschafts-
Franz Irsigler, Kaufmannsmentalität im Mittelalter, in: Cord Meckseper / Elisabeth Schraut, (Hrsg.), Mentalität und Alltag im Spätmittelalter, Göttingen 1985, S. 53 – 75, hier S. 55, ähnlich sah es auch Maschke, Berufsbewußtsein, S. 414: „Redlichkeit des Kaufmanns war zwar im Bewußtsein, aber eben auch eine Norm, die der Wirklichkeit nicht immer entsprach“. Friedrich Lütge, Deutsche Wirtschafts-und Sozialgeschichte, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1952, S. 216 ff.; Die umfangreiche Forschung zu Wucher ist verarbeitet bei Eberhard Isenmann, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1150 – 1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft,Wien/Köln/Weimar 2014, S. 960 ff., und zuletzt Markus A. Denzel, Hochfinanz, Kreditwesen und internationaler Zahlungsverkehr im Zeitalter der Reformation, in: Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft 27, 2015, S. 14– 36, hier S. 16 ff. und S. 28 ff. Einen aktuellen Forschungsüberblick über die historische und speziell wirtschaftshistorische Forschung Erforschung des gesamten Alpenraumes bietet Markus A. Denzel in seinem Aufsatz: Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum, Einführung, Forschungsaufriss und konzeptionelle Überlegungen, in: Marie-Claude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Vorträge des elften internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2012), Brig 2014, S. 1– 24. Etwa der im Winter oftmals schneefrei und daher teils ganzjährig nutzbare Brenner, oder auch der der Julier-, Splügen-, Simplon- und der Große Sankt Bernhard-Pass, um nur einige bedeutende zu nennen.
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und kaufmannsethischen Fragen in den Norden Europas gelangten.¹⁰ Ob also ethische Faktoren wie Ehre, Vertrauen, Treue und Ehrbarkeit eine, über die Grenzen des Alpenund Voralpenraumes und über alle ökonomischen und unternehmensstrukturellen Unterschiedlichkeiten hinweg übergeordnete Basis allen ökonomischen Handelns bildeten?¹¹ Für den nördlichen voralpinen Raum werden an dieser Stelle aufgrund der guten Quellenlage zu wirtschaftsethischen Fagen vor allem die großen Handelszentren Nürnberg und Augsburg herangezogen. Sie standen außerdem in engem ökonomischem, sozialen, rechtlichen und kulturellen Austausch mit dem voralpinen italienischen Raum. Da die Alpenregion hierbei eine Scharnier- und Schlüsselfunktion in diesem Austausch spielte, ist es naheliegend, den Alpenraum auch als Transferraum für wirtschaftsethische Ideen zu betrachten.
2 Monopol und Fürkauf Fragen nach Ehre, Vertrauen, Treue und Friedenswahrung fanden schon im Hochmittelalter vor allem in der theologisch-philosophischen Traktat- und Predigtliteratur¹² ihren Niederschlag. Ihre Urteile gegen kaufmännisches Gewinnstreben um seiner selbst willen, gegen Profit und Wucher fielen deutlich ablehnend aus. So waren nach dem Straßburger Münsterprediger Johannes Geiler von Kaysersberg (†1510), aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und Beobachtungen der Straßburger Kaufleute, diese „Kaufleute, die Geld und Gut gegen Zinsen verleihen“ ohnehin zur Verdammnis verurteilt und „konnten niemals von der Sündenschuld losgesprochen werden“,¹³ Monopole und Preisabsprachen verdammte er gar als Todsünde.¹⁴
Die Alpenregion als Transitland mit umfangreicher Literatur zuletzt Denzel, Unternehmen, Handelshäuser, S. 6 ff. Bislang lag der Schwerpunkt der Untersuchungen zu einzelnen Unternehmen und Unternehmern der Alpenregion vor allem im Bereich politischer, kultureller, ökonomischer und weniger wirtschaftsethischer Fragen, vgl. etwa Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kräfte der Wirtschaft. Unternehmergestalten des Alpenraums im 17. Jahrhundert. Vorträge des zweiten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums, Brig 1992. Diese Quellengruppe erfuhr im 12. und 13. Jahrhundert einen „Wandel […], in der grundlegenden Neubestimmung ihrer Funktion und Form […], ein Wandel, dessen Bedeutung für das Selbstverständnis und Anliegen der Kirche im 12. und 13. Jahrhundert nicht überschätzt werden kann.“ Dieser Wandel lag vor allem darin, die Intention der Predigt in der Belehrung sowie der Stärkung von Moral und Glaube für die Laien zu betrachten: Jörg Oberste, Bonus negotiator Christus – malus negotiator dyabolus. Kaufmann und Kommerz in der Bildersprache hochmittelalterlicher Prediger, in: Gert Melville (Hrsg.), Institutionalität und Symbolisierung. Verstetigungen kultureller Ordnungsmuster in Vergangenheit und Gegenwart, Köln 2001, S. 425 – 449, hier S. 426. Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 434. Ebd., S. 441. Ebd., S. 444 vermutet mit guten Gründen, dass sich auch Luther bei seiner Kritik an Preiskartellen, Monopolen und insgesamt den großen Handelsgesellschaften von den Predigten Geilers (gehalten 1509, gedruckt 1517) hat „inspirieren“ lassen.
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Noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts standen vor allem die mittlerweile entstandenen großen Handelsgesellschaften im Fokus der Kritik. Auf Reichsebene – erstmals in der 1439 auf dem Basler Konzil vorgestellten, allerdings nicht verwirklichten Reformatio Sigismundi – wurden diese Zusammenschlüsse von Kaufleuten und Bürgern zu großen Gesellschaften kritisiert und deren Auflösung gefordert.¹⁵ Zudem wandte sich der unbekannte Verfasser der Reformatio gegen die Praxis des sog. Fürkaufs. Unter Fürkauf verstanden die Reichsreformer, dass die Kaufleute und Gewerbetreibende auf den (regionalen) Märkten die Waren des täglichen Gebrauchs aufkauften (In einem lande gereet es etwan bas dann in einem anderennn: so findt man manchen, der darauff sicht und fürkaufft. ¹⁶), diese dann zurückhielten und dadurch eine Verknappung und schließlich eine Teuerung bewirkten. Sodann böten sie die Waren zu einem höheren Preis an und erzielten so große Gewinne zulasten der (armen) Bevölkerung (und wan es im allerfuglichs ist, so slahentz sy auff und veruntrewen dye wlt mit dem verkauffen, mit unzimlichen gewynnen und tringen arm leut. ¹⁷). Nach der Reformatio Sigismundi verstieß diese Praxis des Fürkaufs gegen das Gemeinwohl, war moralisch verwerflich und zählte sogar zu den Todsünden (wann wir ine nun verkeuffen, unnsernn nechsten veruntrewenn, so pricht man, das got geboten hat und ist ein tötsunde. ¹⁸) Dieses Urteil wurde Anfang des 16. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der aufkommenden Monopoldebatte erneut aufgegriffen.¹⁹ Zwar hatten sich die Akteure, das Warenangebot und die Wirtschaftsräume an der Wende vom 15. und zum
MGH, Staatsschriften des späteren Mittelalters, Bd. VI, hrsg. von Heinrich Koller, Stuttgart 1964, S. 274: Item es sein auch auffgestanden groß geselschafft, dye züsammenspannent und treyben kauffmanschatz; es gee in wol oder ubel, sye schibentz ye darnach, das sye nit verlirent; sye verliren nichts nit; sye treiben allerley alefantz, das stetten und lendern ubel kombt. Man sol da wider sein, daz nirgennt sollich geselschafft funden […] wo sie aber funden werden, sye oder ir boten, so gebieten wir bey des Reiches hülden und genem erlaubunge menglichen, sye nyder zü werffen und sye zu berauben mit gantzem urlaube, in zü nehmen das yren, wes man ergreyffen mag, bys sye züstort werden. Ebd., S. 313 f.; eingeleitet wird der Abschnitt folgendermaßen: Es sol och menglich wyssen, das nottürfftig ist der gemeinen stat in der cristenheit mit köffen und verköffen, es sye win, korn, saltz, smatz und alles fleisch und was man notturfftig ist zü nyessen. Ebd., S. 314. Ebd. Fritz Blaich, Die Reichsmonopolgesetzgebung im Zeitalter Karls V. Ihre ordnungspolitische Problematik, Stuttgart 1967. Bernd Mertens, Im Kampf gegen die Monopole. Reichstagsverhandlungen und Monopolprozesse im frühen 16. Jahrhundert, Tübingen 1996, S. 11, war der Ansicht, die Reformatio Sigismundi habe keinen Bezug zur späteren Monopoldebatte gehabt, da es hier einzig um den Fürkauf auf dem regionalen Markt von Waren des täglichen Bedarfs ging. Allerdings wird in der Reformatio, S. 314, dezidiert von einem Mangel der notwendigen Güter in einem Land im Gegensatz zu einem anderen Land gesprochen und insofern kann m. E. nicht mehr von einem regionalen Markt die Rede sein. Die Reformatio lege aber, nach Mertens (ebd.), wenigstens den argumentativen Grundstock für die Monopoldebatte, indem die Argumente gegen den Fürkauf zugleich gegen die Monopolisten angewandt wurden. Es sei „eine unausgesprochene Rezeption […] durchaus möglich, denn die Ref. Sig. wurde häufig nachgedruckt.“
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16. Jahrhundert erheblich verändert und erweitert, aber die Argumentationskette gegen Monopole blieb analog zur Fürkaufsdebatte ein Jahrhundert zuvor. In den Reichtagsabschieden von Trier und Köln aus dem Jahr 1512 und dann von Worms im Jahr 1521 wurde zunächst grundsätzlich der Monopoltatbestand konstatiert.²⁰ Demnach gab es große Kaufmannsgesellschaften die allerley waar und kaufmannsgütern als specerey, erz, wöllen-tuch und dergleichen 1. in ihre alleinige Hand brächten und 2. Fürkauf trieben.²¹ Dieses füge dem Reich und den Ständen Schaden zu und sei wider alle Ehrbarkeit. Um den Gemeinen Nutzen des Reiches und aufgrund der nottorft dürfe diese schädliche handthirung niemand betreiben.²² 1523 wurde daraus eine Klage des Reichsfiskals auf dem Nürnberger Reichstag gegen die großen Fernhandelsgesellschaften in Nürnberg und Augsburg, wie die Gesellschaften Peter Imhoff d.Ä. und Gebrüder,²³ die Hirschvogel, Jakob Fugger, Endres Grander, Christof Herwart, Ambrosius Höchstetter, Bartholomäus Welser, Gebrüder Lukas und Endres Rem, mit dem letztlichen Ziel ihrer Abschaffung. Ihnen wurde der Monopoltatbestand mit Preisfestlegungen „nach ihrem Gefallen“²⁴ vorgeworfen, der eine Teuerung zur Folge gehabt habe. Auf dem Nürnberger Reichstag kam man nach der Diskussion, ob diese großen Handelsgesellschaften ganz abgeschafft werden sollten, zu dem Ergebnis, dass neben Eingriffen in die Unternehmensstruktur vor allem das Geschäft wieder nach dem rechten Maß („ein Maß zu geben“²⁵) zu erfolgen habe. Letztlich wurde die Monopolfrage aber, nach den Untersuchungen Bernd Mertens, nicht wirklich beendet, sondern 1530 durch einen Befehl Karls V. lediglich abgebrochen. Das kaiserliche Gebot verstetigte sich jedoch, so dass faktisch von einem Ende
Ebd., S. 16, Mertens zitiert, da die Akten des Köln/Trierer Reichstages noch nicht ediert sind, die: „Neue und vollständigere Sammlung der Reichs-Abschiede,Welche von den Zeiten Kayser Conrads des II. bis jetzo, auf den Teutschen Reichs-Tägen abgefasset worden, Franckfurt am Mayn, 1747“ Bd. II, S. 144. Eine „fast wörtliche Wiedergabe [steht] in Art. 23 des Wormser Abschieds“ von 1521 (Reichtagsakten (RTA), Jüngere Reihe, Bd. II, S. 351 f. Mertens, Monopole, S. 20 führt weitere Monopol-Tatbestände im Detail auf: 1. „Ineinehandbringen“ von Kaufmannsgütern 2. Verbot von Ausschließlichkeitsverträgen, durch die die Handelsgesellschaften versuchten, Konkurrenten vom Markt fernzuhalten 3. Verbot von Preisbindungsverträgen. Ebd., S. 16 f. Zur Monopoldiskussion und -gesetzgebung siehe künftig Eberhard Isenmann, Legal, Moral-theological and Genuinely Economic Opinions on Questions of Trade and Economy in 15th and Early 16th Century Germany, in: Heikki Pihlajamäki, u. a. (Hrsg.), Historiography and Sources of Commercial Law (Conference Helsiniki September 1st–3rd 2014), Leiden / Boston (in Vorbereitung). Mertens, Monopole, S. 16 f. und § 16 RTA, Jüngere Reihe, Bd. II, 1521, S. 351 f. Allerdings standen die Nürnberger Handelshäuser anders als die Augsburger weniger im Fokus. Nach Peter Fleischmann, Peter, Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, 4 Bde., Nürnberg 2008, Bd. 2, S. 609, sei das auch der Grund gewesen, warum der Nürnberger Magistrat nach der Klage des Reichsfiskals es nicht für nötig befunden hatte, den Rat der bekannten Nürnberger Handelsherrn Vater und Sohn Hans V. oder Endres I. Imhoffs einzuholen. Mertens, Monopole, S. 120 – 148. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 974.
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der Klage des Reichsfiskals gegen die oberdeutschen Handelshäuser gesprochen werden kann. Der Grund lag darin, dass der Erhalt der Finanzkraft der großen Handelsgesellschaften für den stets unter Geldknappheit leidenden Habsburger viel zu wichtig war, als das er tatsächlich darauf verzichten konnten. Insofern hatte Karl V. ein grundlegendes Interesse am ungestörten Handel und Bestand der Gesellschaften. In der Folgezeit kam es regelmäßig immer wieder zu konkreten Monopolvorwürfen und -prozessen, wie beispielweise der Fall des Augsburger Konrad Rott, der um 1580 mit dem Versuch den überseeischen Pfefferimport als Monopolist in seine Hand zu bekommen, spektakulär und vor allem unehrenhaft scheiterte.²⁶ Er pachtete zunächst auf fünf Jahr zwei entscheidende Pfefferkontrakte²⁷ von der portugiesischen Krone, über deren Hafen in Lissabon die Pfefferlieferungen abgewickelt wurden. Diese ermöglichten es ihm, den Einkauf, die Lieferung und den Verkauf allein durchzuführen. Das war ihm gelungen, da er nach Häbler, in Lissabon „großes Ansehen und außerordentliches Vertrauen genoß“²⁸. Rott konnte das Pfeffermonopol auf Dauer allerdings nicht allein halten, denn das dafür notwendige, aufzubringende Kapital war zu umfangreich für einen einzelnen Investor. Da außerdem die Schiffslieferungen mit dem Pfeffer unzuverlässig waren und zusätzlich Preisrückgänge auf dem nordeuropäischen Markt häufig auftraten, fiel die Relation zwischen Investition und Ertrag für Rott zusehends ungünstig aus.²⁹ Auch die Verlagerung seiner Geschäfte nach Sachsen unter anfänglicher Unterstützung des Kurfürsten von Sachsen half ihm nicht aus den zunehmend finanziellen Schwierigkeiten heraus. Er versuchte den im Laufe des Jahres 1580 drohenden Bankrott noch „wie ein leichtfertiger Spieler durch die schwindelhaftesten Geschäfte“, allerdings vergeblich aufzuhalten.³⁰ Sein Bankrott stellte sich als ein betrügerischer Bankrott heraus, dessen Folgen sich Konrad Rott durch unehrenhafte Flucht, ja sogar mit Vortäuschen seines Todes zu entziehen versuchte.³¹
Konrad Häbler, Konrad Rott und die Thüringische Gesellschaft, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 16, 1895, S. 177– 218. Reinhardt Hildebrandt, Wirtschaftsentwicklung und Konzentration im 16. Jahrhundert. Konrad Roth und die Finanzierungsprobleme seines interkontinentalen Handels, in: Scripta Mercaturae 1970/1, S. 25 – 50, hier S. 27 ff., ergänzt noch, dass Rott zudem versucht hatte, den alleinigen Kupferimport nach Spanien zu erlangen. Die spanische Krone lehnte das jedoch ab, mit dem Hinweis, es handele sich dabei doch wohl um ein Monopol und sich niemand mehr „über Monopole irgendwelcher Art aufregen würde, als gerade die ‚teutsche nation‘“ (Zitat ebd., S. 30 Anm. 27: Fuggerarchiv Dillingen, 2.5.13, fol. 89 – 106) Siehe auch Maximilian Kalus, Beschaffung und Vertrieb von Pfeffer und Gewürzen in Oberdeutschland im 16. Jahrhundert, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 79 – 111, hier S. 85. Häbler, Konrad Rott, S. 180. Ebd., S. 184. Kalus, Beschaffung und Vertrieb, S. 85 ff. Häbler, Konrad Rott, S. 199. Ebd., S. 213.
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Hierbei zeigt sich sein zugleich ökonomischer als auch politischer Rigorismus, denn Konrad Rott verschuldete sich, um an Kapital für seine Pfeffergeschäfte zu kommen, vor allem bei Nürnberger und Augsburger Handelsherren. Wie sich später herausstellte, hatte er hierbei von Anfang an nie vor, seine Verbindlichkeiten zurückzuzahlen.³² Seine Überschuldung führte 1581 dazu, dass die Gläubiger Rotts eine „neue Gesellschaft zur Fortführung des Pfefferkontraktes“ mit der portugiesischen Krone gründeten. Aufgrund seines „schlechten Rufs, den er um seines Geizes und seiner beständigen Geldnot willen genoß“, musste sich Konrad Rott allerdings grundsätzlich aus den Pfeffergeschäften zurückziehen.³³ Trotz seines bedenklichen Rufs erhielt Konrad Rott bis zu seinem (tatsächlichen) Lebensende im Jahr 1605 bei der spanischen Krone unter Philipp II. ein Amt als „oberster Fischmeister“, und es wurde ihm „weiterhin das Konsulat für die Deutschen in Lissabon übertragen“. Er hatte den König wohl davon überzeugen können, dass seine Flucht darin begründet gelegen habe, er solle gegen seinen Willen der „revolutionären Regierung in Lissabon Waffen gegen Philipp II. [hätte] liefern“³⁴. Damit empfahl er sich, offensichtlich erfolgreich als loyaler Kaufmann gegenüber dem spanischen König. Das Beispiel Konrad Rott zeigt, dass einerseits durch Unzuverlässigkeiten und Unehrlichkeit gepaart mit einem gewissen Maß an Rücksichtslosigkeit und Risikobereitschaft, die an Leichtsinn grenzte, einerseits die Gefahr des wirtschaftlichen Abstiegs groß war, andererseits durch die Fähigkeit, Kontakte geschickt einzusetzen, es mit einer Überzeugungskraft gelingen konnte, an anderem Ort wieder verantwortliche Aufgaben zu übernehmen. Der vollkommene soziale und ökonomische Niedergang war demnach trotz bedenklichem Rufs nicht immer zwingend. Im Alpenraum konnte der ‚große‘ Kaspar Stockalper aus Brig (1609 – 1691) Gabriel Imboden zufolge im 17. Jahrhundert „den Salzhandel und den Warentransit durch das Wallis monopolisieren“³⁵ und ferner den Markt durch „Ausbeutung des Soldwesens“,
Ebd., S. 212, der auf eine dementsprechende Aussage Konrad Rotts in dessen Korrespondenz verweist. Ebd., S. 215. Ebd. Gabriel Imboden, Kaspar Jodok von Stockalper 1609 – 1691. Ansätze zu einer neuen Sicht, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kaspar Jodok von Stockalper und das Wallis. Beiträge zur Geschichte des 17. Jahrhunderts, Brig 1991, S. 11– 46, hier S. 11; ebenso Robert Riemer, Der „grosse“ Stockalper? Versuch einer Einordnung, in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (Hrsg.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum, S. 217– 230, hier S. 219 mit FN 21. Kaspar Stockalper war zunächst Subunternehmer Michael Magerans (um 1575 – 1638), bevor er diesen ökonomisch überflügeln sollte; ebd., S. 220. Nach Marie-Claude Schöpfer, Kaspar Stockalpers Verkehrspolitik, in: Heinrich Bortis / Marie-Claude Schöpfer (Hrsg.), Tradition – Vision – Innovation. Hommage zum 400. Geburtsag von Kaspar Stockalper. Vorträge des zehnten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2009), Brig 2013, S. 103 – 140, hier S. 128, wurde ihm am 10. Mai 1634 vom Mailänder Hof auch noch das Postmonopol zwischen Mailand und Brüssel zugesprochen.
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„Geld- und Finanzdienstleistungen“, „kapitalintensive Unternehmenszweigen“ monopolistisch beherrschen³⁶. Dies machte Stockalper zum „Schlüssel […] seines ‚Wirtschaftsimperium‘“ und führte ihn zum ökonomischen und politischen Erfolg.³⁷ Kaspar Stockalper hatte seine monopolistische Wirtschaftsführung dazu verwendet „bei den Armen ohne Hemmung Notlagen aus[zu]nutzten [und] Wucher“³⁸ zu treiben. Auch aufgrund dessen wurde 1677 gegen Stockalper eine Klageschrift vor Gericht eingereicht. Eine künftig sicher lohnenswerte Forschungsfrage dürfte sein, diese Monopolklage auf die Frage hin zu untersuchen, wieweit die Argumentation der Kläger auf der Grundlage ökonomischer und hier insbesondere wirtschaftsethischer Verstöße – etwa gegen die Ehre und vor allem gegen den gemeinen Nutzen zu handeln – geführt wurde. Oder andererseits, ob diese Sachverhalte im Monopolprozess keine Rolle gespielt haben und infolgedessen die gerichtliche Auseinandersetzung gegen Stockalper von anderen derartigen Prozessen unterschieden werden muss.³⁹ Hans Steffen wies bereits diesen Weg: „Unter anderem muss die Frage aufgeworfen werden, ob man den Sturz Stockalpers nicht auch verstehen kann als mangelnde soziale Kompetenz zum guten, erfolgreichen Patron, oder eben als Unfähigkeit, seine Gefolgschaft so gut an sich zu binden, dass sie bedingungslos zu ihm stand. Treue und Loyalität lassen sich möglicherweise weder erkaufen noch durch Druck erzwingen, sondern müssen aufgebaut und gepflegt werden. Dies gilt auch für Stockalper“.⁴⁰
3 Traktate, Chroniken und Predigtliteratur Der Kaufmann in seiner eigenen Bewertung und im Urteil von Außen pendelte jedenfalls in Anbetracht zahlreicher Beispiele beständig zwischen zwei gegensätzlichen Polen, er konnte einerseits als „Prototyp eines klugen, rechtschaffenen Kaufmanns, der seine Gewinnchancen abwägt und seinen Vorteil zu wahren weiß“,⁴¹ agieren,
Michael North / Robert Riemer, Stockalpers Agropastorale und Montan-Produktion, in: Ebd., S. 63 – 79, hier S. 63. Markus A. Denzel, Kaspar Stockalpers internationaler Handel und Zahlungsverkehr. Versuch einer Synopse, in: Ebd., S. 81– 101, hier S. 89. Gabriel Imboden, „Sospes lvcra karpat“, Stockalpers „Geist des Kapitalismus“, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Die Handels- und Rechnungsbücher Kaspar Jodok von Stockalpers. Vorträge des fünften Internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1998), Brig 1999, S. 47– 110, hier S. 101. Mein herzlicher Dank gilt hierbei Marie-Claude Schöpfer, die wertvolle Hinweise auf einschlägige Archivunterlagen gab, die künftig Aufschlüsse über eine mögliche wirtschaftsethische Argumentationslinie im Rahmen des Monopolprozesses gegen den Großen Stockalper geben könnten. Hans Steffen, Wirtschaft und Politik im Wallis des 17. Jahrhunderts. Der Einfluss des Geldes auf die Politik, in: Carlen / Imboden (Hrsg.), Die Handels- und Rechnungsbücher Kaspar Jodok von Stockalpers, S. 119 – 134, hier S. 134. Ursula Peters, Literatur in der Stadt. Studien zu den sozialen Voraussetzungen und kulturellen Organisationsformen städtischer Literatur im 13. und 14. Jahrhundert, Tübingen 1983, S. 45.
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andererseits erschien er, wie es 1515 der Humanist und Theologe Erasmus von Rotterdam (†1536) abwertend in seinem „Lob der Torheit“ beschrieb: „Die törichtsten und schmutzigsten Menschen sind die Kaufleute, weil sie jedes schmutzige Geschäft abschließen und auf die schmutzigste Weise abwickeln; sie lügen, betrügen, stehlen, täuschen und schwindeln, so oft sie nur können, halten sich aber gleichzeitig für die am höchsten gestellte Gesellschaftsschicht, weil sie die Finger voll goldener Ringe tragen.“⁴² Geiler von Kaysersberg fasste diese Ambivalenz aus eigener Anschauung in seinem posthum veröffentlichten Werk „Das Schiff der Pönitenz“, Augsburg 1511, zusammen. Demzufolge diente der Kaufmann als Sinnbild für Christus: „der Teufel [trat] oft als vagierender Hausierer [auf], Christus hingegen als tüchtiger Fernkaufmann, der ehrbar seine Geschäfte betrieb“⁴³ – Fleiß und Ehrbarkeit gehörten demnach eng zusammen. Andererseits charakterisierte Geiler den Kaufmann als einen Betrüger, Lügner und sogar Gottlosen mit folgenden Worten: Das ist so ein mensch mit kouffmanschaft oder gewerb umbgodt. Denn dz gewerb fasset den menschen dz er nitt kan an gott gedencken […] Dozu ist in solchem gewerb gemeynlichen betrüglicheit, leckery, beschissz und falscheit und grossz gerühel dz do gar wyt ist von dem gebett. ⁴⁴ Die beiden Theologen, Prediger und Humanisten Geiler von Kaysersberg und Erasmus von Rotterdam urteilten deutlich und bildeten die allgemein üblichen, ausgeprägt ambivalenten Ansichten der Zeitgenossen über den Kaufmann ab. Das Bild des Kaufmanns changierte demnach stets zwischen einer achtbaren, erfolgreichen und einer verwerflich, sündhaften Position. Diese Einschätzungen wurden schon früh mit konkreten Beispielen belegt. So warnte im 13. Jahrhundert der bekannte Prediger und Franziskanermönch Berthold von Regensburg (um 1210 – 1272) den Kaufmann, bei seinem Warenhandel auf das rechte Maß und die richtigen Gewichte zu achten und niemandem etwas anderes vorzugaukeln. Wenn er sich nicht daran hielte, sei er ein Betrüger. Er solle getreu sein und sich aus den ehrlich erworbenen Gewinnen ernähren.⁴⁵ Ein Betrug beim Kauf und Verkauf wegen der Menge oder der Qualität würden ihn am ehrenhaften Handeln hindern, daher, so ermunterte Berthold den Kaufmann, solle dieser die ethischen Regeln einhalten, dann sei auch seine Ehre gesichert.
Erasmus von Rotterdam, Das Lob der Torheit, übersetzt und hrsg. v. U. Schulz, Frankfurt/M. 1979, S. 84 f. Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 423 f.: Geiler von Kaysersberg „Das Schiff der Pönitenz“, Augsburg 1514, fol. 57r. Ebd., S. 417, FN 91: aus Doctor Keiserspergs Postill, Straßburg 1522, Teil 1, fol. 80v. daz er weder wäge noch mäze noch simmerin niht bedarf noch eln, so soltü nieman niht anders dran geheizen danne daz dar an ist und daz du dar an weist. Tuost du iht anders, so bist du ein trügener. Dü solt gote getrüwon daz er dich mit getriuwen gewinnen iemer wol ernere. Berthold von Regensburg, Vollständige Ausgabe seiner Predigten, Anmerkungen und Wörterbuch, hrsg. v. Franz Pfeiffer 1862, S. 148. Zur Kaufmannskritik in den Predigten Berthold von Regenburg Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 406 f.; Oberste, Kaufmann und Kommerz, S. 445 f.
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Obgleich Berthold in der Regel den Kaufmann ermahnte und auch kritisierte, so diente sein Standpunkt, dass ein Zins bei dargeliehenem Geld im Sinne von ‚interesse‘ erlaubt war, da es sich um eine Entschädigung des Kaufmanns für entgangenen Gewinn handelte, aufgrund des nicht verfügbaren, weil verliehenen Geldes, zugleich dreihundert Jahre später als Grundlage für die Vertragslehre des Tübinger Theologen und Juristen Konrad Summenhardt (†1502). Dieser rechtfertigte nämlich das interesse (Zinsgewinn) als Kompensation aufgrund entgangener Geschäfte, die der Gläubiger ansonsten mit dem Geldbetrag hätte machen können.⁴⁶ Das entspricht auch dem Befund der Forschungen Markus A. Denzels, dass im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts mit Zunahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des – auch von der Kirche zunehmend akzeptierten – Wechsels, der moraltheologisch-ethische Vorwurf hinsichtlich Wucher, Zins und Kredit, verbunden mit einer Debatte über den Wucher als Todsünde, zu einem Ende kamen.⁴⁷ Neben Fragen zur Kaufmannsehre und zugleich seiner Ehrlichkeit existierten also auch Überlegungen zum erlaubten bzw. dem unerlaubten, verwerflichen Gewinn. Dieser wurde als Wucher (usura), verstanden als übermäßig hoch angesetzte Verzinsung, als Darlehen, welches einen unzulässigen Gewinn bedeutete gebrandmarkt und spielte im Zusammenhang mit ethischen Vorstellungen des Kaufmanns selbst und über den Kaufmann in der Außenbetrachtung eine große Rolle. Häufig wurde die Wucherfrage mit Fragen nach dem gerechten Preis, dem iustum pretium verbunden, und war unter Theologen, Juristen und Bürgern der Stadt ein lebhaft diskutiertes Thema. Grundsätzlich befanden die mittelalterlichen Legisten, dass der gerechte Preis sowohl durch den Marktpreis bestimmt, als auch durch die „Obrigkeit festgesetzt“ werden sollte.⁴⁸ Schon bei Geiler von Keysersberg spiegelte der gerechte Preis auch den gerechten Gewinn wider, „wenn nämlich der gerechte Warenpreis auch dem tatsächlichen Wert des Kaufguts entsprach“ und außerdem der erzielte Gewinn richtig genutzt, d. h. „seine [des Kaufmanns] Nahrung [zu] gewinnen und seiner Familie ein standesgemäßes Auskommen“ sichern zu können.⁴⁹ Aus dieser Position heraus durfte nach Geilers Ansicht der Kaufmann bei Geschäften Gewinne erzielen, entscheidend war dabei die Intention: nicht „Geiz oder Habsucht“ dürften ihn dabei leiten, sondern die Entschädigung für seine „Mühsal und Arbeit“ und die „Reisen mit Gefahren und Unbequemlichkeiten“ durch einen (dadurch) gerechten Preis.⁵⁰
Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 963. Denzel, Hochfinanz, Kreditwesen, S. 16 ff. Wilhelm Trusen, Handel und Reichtum: Humanistische Auffassungen auf dem Hintergrund vorangehender Lehren in Recht und Ethik, in: Heinrich Lutz (Hrsg.), Humanismus und Ökonomie, Weinheim 1983, S. 87– 103, hier S. 90. Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 428 f.: aus Doctor Keiserspergs Postill, Teil 3, fol. 92r. Ebd., S. 428: aus Doctor Keiserspergs Postill, Teil 3, fol. 64v.
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Eine umfangreiche Aussage lieferte ferner Konrad Summenhard, der „nicht weniger als sechzehn preisbildende Faktoren benennen“⁵¹ konnte. Nach Summenhart war für den Kaufmann dabei wesentlich, dass „Mühe, Arbeit, Sorgfalt, Kosten und Risiko“ stets als vergütungsfähig galten. Hinsichtlich der Rechtfertigung eines erhobenen Zinses aufgrund der Vergütung eines möglichen Risikos⁵² befürwortete Konrad Summenhardt und eine Reihe weiterer Theologen und Juristen,⁵³ die sich auch als Gutachter mit der Zinsnahme und mit der Zinshöhe befassten, den Zins vor allem auch deshalb, da ihnen die Diskrepanz zwischen Zinsverbot und Wirtschaftspraxis deutlich vor Augen stand – und, wie Kuske formulierte: hierbei ein „Abgrund zwischen Ideal und Wirklichkeit“⁵⁴ entstanden war. Zumal das kanonische Zinsverbot, das wie ein „Damoklesschwert“⁵⁵ über den Kaufleute-Bankiers hing, in dieser Zeit schon nicht mehr die Bedeutung hatte, wie noch im 13. und 14. Jahrhundert. Neben den Theologen und Humanisten äußerten sich auch die städtischen Chronisten der frühen Neuzeit vielfältig zu ethischen Normen des Kaufmannstands. Sie hoben allerdings eher die negativen Exempla unehrlicher, betrügerischer und gieriger Kaufleute als Warnung hervor, die letzten Endes oft ihrem gerechten Schicksal, also dem Bankrott entgegengingen. Eine solche Zustandsbeschreibung findet sich etwa in der Augsburger Chronik des Wilhelm Rem (†1529), der die Verhältnisse in Augsburg Anfang des 16. Jahrhundert in bitteren Worten beschrieb: Ihm zufolge gab es eine große Zahl sehr reicher Bürger, die kaufleut waren, diese hatten sich zu großen wohlhabenden Gesellschaften verbunden. Aber sie waren untereinander untreu, oder, wie es Rem mit drastischen Worten sagt: sie beschissend ainander umb vil tausent guldin. Rem verfolgte mit dieser Schilderung den Zweck, die allgemeinen Zustände in der reichen Stadt Augsburg kritisch zu beleuchten und eine Mahnung und Warnung für alle Kaufleute als Repräsentanten der Handelsstadt zu entwerfen.⁵⁶
Wilhelm Trusen, Äquivalenzprinzip und gerechter Preis im Spätmittelalter, in: Franz Mayer (Hrsg.), Staat und Gesellschaft. Festschrift für Günther Küchenhoff, Göttingen 1967, S. 247– 263, hier S. 259 ff., benennt diese 16 Preisbildungsfaktoren, siehe auch Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 959. Zu Konrad Summenhard Hugo Ott, Zur Wirtschaftsethik des Konrad Summenhard (*ca. 1455 – 1502), in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 53, 1966, S. 1– 27. Johann Peter Wurm, Johannes Eck und der oberdeutsche Zinsstreit, 1513 – 1515, Münster 1997, S. 39. Exemplarisch können an dieser Stelle nur der den Fuggern nahestehende Dr. theol. Johannes Eck, (†1543) oder auch der mit der Welser-Familie verschwägerte Augsburger Jurist und Humanist Konrad Peutinger (†1547) genannt werden; Wurm, Zinsstreit, passim. Bruno Kuske, Die Entstehung der Kreditwirtschaft und des Kapitalverkehrs, Leipzig 1927, S. 3. Zuletzt Denzel, Hochfinanz, Kreditwesen, S. 28 ff. Mark Häberlein, „Die Tag und Nacht auff Fürkauff trachten“: Augsburger Großkaufleute des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts in der Beurteilung ihrer Zeitgenossen und Mitbürger, in: Johannes Burkhardt / Thomas Nieding / Christine Werkstetter (Hrsg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils, Berlin 1996, S. 46 – 68, hier S. 52, kann zeigen, dass Wilhelm Rem einen Normenwandel in der immer reicher werdenden Stadt Augsburg konstatierte und dies als Begründung für die Falschmünzerei, den Wucher und – als Folge – den Bankrott der Kaufleute ansah.
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Sein Chronistenkollege Clemens Sender (†1537) beschrieb dann für die Jahre 1525 – 1529 mit einem der zeitweise reichsten Unternehmer Augsburgs Ambrosius Höchstetter d. Ä. ein konkretes Beispiel für diese Zustände. Dieser sei ein berühmter Kaufmann im gantzen Europa, und doch habe er mit seinem Kaufmannsgeschäft dem gemeinen Nutzen geschadet und den armen Mann ausgepresst. Konkret machte Sender Höchstetter zum Vorwurf, dass er die Gewohnheit hatte, Güter (Sender nennt Quecksilber) in großen Mengen günstig aufzukaufen, diese dann zurückzuhalten, bis ein Mangel am Markt auftrat, um sie dann zu hohen Preisen wieder zu verkaufen. Darüber hinaus hätte er versucht, die Schürfrechte aller europäischen Quecksilbervorkommen in seine Hand zu bekommen.⁵⁷ Damit handelte Höchstetter nach Ansicht der Zeitgenossen als verwerflicher Monopolist und Fürkäufer. Tatsächlich weist die Vorgehensweise Höchstetters nach den Untersuchungen Thomas Max Safleys auch nach heutigen Kriterien monopolartige Züge auf.⁵⁸ Ambrosius Höchstetter d. Ä. sollte mit seinen Quecksilbervorhaben bekanntlich jedoch keine glückliche Hand haben. In Spanien befanden sich in Almadén ausgedehnte Quecksilbervorkommen, die er nicht übernehmen konnte. Diese Tatsache und weitere fehlgeschlagene finanzielle Transaktionen verbunden mit dem Fehlverhalten seines Sohns und seines Schwiegersohns, die beide große Spielschulden angehäuft hatten,⁵⁹ führten zum vollständigen Bankrott der Gesellschaft. Der Gesellschaftsgründer und Regierer Ambrosius d. Ä. verstarb 1534 in Augsburger Schuldhaft.
4 Der Kaufmanns-Bankier und wirtschaftsethische Ideale Die Einhaltung ethischer Kaufmannsnormen wurde also von außen durch Theologen, Chronisten, aber auch durch den städtischen Rat und die Bürger eingefordert, beobachtet und bewertet, ebenso versuchten die Kaufleute selbst, diese anzustreben, wie eine Reihe von Beispielen aus Nürnberg und Augsburg zeigt. In diesen städtischen Zentren bildeten in der Frühmoderne als ökonomische Organisationsform familiengeprägte Unternehmen eine „zentrale Grundkonstante“.⁶⁰ Der Familienbegriff ist hierbei sehr weit, variabel und
Bekanntlich wurde Quecksilber im Rahmen der Goldveredelung genutzt, denn in Verbindung mit Goldstaub legiert es zu Goldamalgam. Wird dieses erhitzt, so verdampft das Quecksilber und lässt das Gold in reinstem Zustand zurück. Damit im Zusammenhang und nicht zu unterschätzen ist auch die Verwendung von Quecksilber in der im 16. Jahrhundert sehr populären Alchimie und schließlich auch die Nutzung in der Heilkunde. Thomas Max Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern. Der Bankrott der Handelsgesellschaft Ambrosius und Hans, Gebrüder Höchstetter, und Mitverwandte im Jahr 1529, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 19/3, 2008, S. 36 – 53, hier S. 36 f. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden des Reichtums, S. 182 f. Grundlegend dazu: Markus A. Denzel, The Merchant Family in the „Oberdeutsche Hochfinanz“ from the Middle-Ages up to the Eighteenth Century, in: Simonetta Cavaciocchi (Hrsg.), La Famiglia
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dynamisch aufgefasst, da sich eine Familie aus eng oder entfernt verwandten Angehörigen, aus angeheirateten und in einigen Fällen aus freundschaftlich liierten Mitgliedern rekrutierte und dadurch stetig veränderte, ergänzte und reduzierte. Die oberdeutschen und alpenländischen Gesellschaften solcher „Verwandtschaftsfamilien“⁶¹ bildeten zudem nach Hans Kobelt, „eine auf Vertrag beruhende Vereinigung mehrerer Personen zu wirtschaftlicher Erwerbstätigkeit“⁶², deren Selbstverständnis vor allem auf Langlebigkeit, Kontinuität und Vertrauen angelegt war⁶³ und die mithilfe von flexiblen Netzwerken und Klientelstrukturen⁶⁴ im Waren- und Kredithandel europaweit und seit dem 16. Jahrhundert auch darüber hinaus tätig waren. Die Familienunternehmen bestanden im Kern aus einer Familie, die auch den oder die führenden Regierer (Geschäftsführer) stellte. Mitgesellschafter, mit einer Kapitaleinlage an dem Unternehmen Beteiligte, waren als potentielle Nachfolger oder Faktoren und Handelsdiener vorgesehen. Außerdem kamen durch Heirat die Schwiegersöhne oder Schwäger als weitere Gesellschafter hinzu. Schließlich war es auch den weiblichen Familienmitgliedern möglich, zwar nicht aktiv, aber mit einer Kapitaleinlage am Geschäft Anteil zu haben.⁶⁵ Aufgrund der guten Quellenlage lässt sich aus dem oberdeutschen Raum eine Reihe von Beispielen familiengestützer Unternehmen anführen, deren ökonomisches Handeln in einem steten Wechselspiel zwischen einem ethischem vorbildlichen Ideal und einer meist nicht so vorbildlichen Realität standen. Vor allem das Streben nach
nell’economia europea secc. XIII–XVIII / The Economic Role of the Family in the European Economy from the 13th to the 18th Centuries. Atti della „Quarantesima Settimana di Studi“, 6 – 10 aprile 2008, Firenze 2009, S. 365 – 388. Gerhard Fouquet, ‚Freundschaft‘ und ‚Feindschaft‘: Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien in deutschen Städten des Spätmittelalters, in: Karl-Heinz Spieß (Hrsg.), Die Familie in der Gesellschaft des Mittelalters, Ostfildern 2009, S. 107– 135, hier S. 111. Hans Kobelt, Die Entwicklung der Handelsgesellschaften und ihres Rechts in der Schweiz insbesondere in St. Gallen bis Ende 18. Jahrhunderts, Diss. jur. Bern 1916, S. 31. Reinhard Hildebrandt, Quellen und Regesten zu den Augsburger Handelshäusern der Paler und Rehlinger 1539 – 1642. Wirtschaft und Politik im 16./17. Jahrhundert, Stuttgart 1996, S. 21. Zu Handelsnetzwerken grundlegend und ausführlich s. den Sammelband von Gerhard Fouquet / Hans-Jörg Gilomen (Hrsg.), Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters, Sigmaringen 2010, hier besonders Gerhard Fouquet, Netzwerke im internationalen Handel des Mittelalters – eine Einleitung, in: Ebd., S. 9 – 17, und Stephan Selzer / Ulf Christian Ewert, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters. Konzepte – Anwendungen – Fragestellungen, in: Ebd., S. 21– 47 sowie Hans-Jörg Gilomen, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters – Versuch einer Bilanz, ebd., S. 341– 364. Ferner Mark Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts, Berlin 1998, sowie ders., Netzwerkanalyse und historische Elitenforschung Probleme, Erfahrungen und Ergebnisse am Beispiel der Reichsstadt Augsburg, in: Regina Dauser (Hrsg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin 2008, S. 315 – 328. Mechthild Isenmann, Before Bankruptcy: Conflict Solution Strategies of Upper German Trading Companies in the 15th and ‘long’ 16th Centuries, in: Margrit Schulte-Beerbühl / Albrecht Cordes (Hrsg.), Dealing with Economic Failures: Extrajudicial and Judicial Conflict Regulations, Frankfurt/M. 2016, S. 27– 52, hier S. 28, mit weiterer Literatur.
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Profit, das Ausschalten von Konkurrenz, die Beherrschung von Markt, Preis und Warenhandel sowie schließlich die „Gewinnmaximierung“ in Finanz- und Darlehensgeschäften durch Ausschöpfen des größtmöglichen Zins⁶⁶ ließ die Balance zwischen Ideal und Wirklichkeit chancenlos erscheinen. Und dennoch zeigen einige Beispiele, dass sich die Akteure der Diskrepanz durchaus bewusst waren und versuchten, diese zu überbrücken oder gar zu vermeiden. Kaum ein besseres Beispiel für diesen Zwiespalt bieten die Fugger aus Augsburg, besonders der in vielfacher Hinsicht von der Forschung untersuchte Jakob II. Fugger, der „Reiche“. Er steht wie kaum ein Zweiter exemplarisch für das Streben nach dem maximalen Gewinn, der steten Suche nach den profitabelsten Geschäften, dem Versuch, Konkurrenz, wenn nicht auszuschalten, so doch möglichst gering zu halten, genauso wie für den Willen, ethischen Prinzipien zu folgen. Die Fugger waren mit Montanunternehmungen, Immobilien- und vor allem Darlehns- und Kreditgeschäften höchst erfolgreich geworden⁶⁷ und engagierten sich zugleich in Projekten, die durchaus eine (wirtschafts‐)ethische Gesinnung veranschaulichten. Es handelt sich dabei um Stiftungen vor allem zugunsten der (katholischen) Augsburger Kirchen und Klöster, wie z. B. ihre Grabkapelle der Augsburger St. Annakirche oder einer Prädikantenstelle an der ehemaligen Stiftskirche St. Moritz oder verschiedene Stiftungen der nachfolgenden Fugger zugunsten der Augsburger Jesuiten.⁶⁸ Für die Frage nach einer ethisch-moralischen Denkweise bei Unternehmern steht außerdem ganz besonders die Fuggerei, mit der „Jakob Fugger gleichermaßen architektonisch und karitative Akzente setzte“⁶⁹. Dabei handelt es sich bekanntermaßen um ein Areal mit Häusern, das unschuldig in Armut gekommene Augsburger Handwerkern
Ein Beispiel für die Ambivalenz Wirtschaftsethik und Geschäftspraxis anhand der Fuggerschen Geschäftspraktiken findet sich bei Fritz Blaich, Zur Wirtschaftsgesinnung des frühkapitalistischen Unternehmers in Oberdeutschland, in: Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie, 15, 1970, S. 273 – 281, hier S. 276 ff., und vor allem in der konzisen Überblicksdarstellung Mark Häberleins, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367– 1650), Stuttgart 2006, besonders S. 36 – 96. Für die vorliegende Darstellung kann hier nur exemplarisch darauf eingegangen werden, etwa mit dem Beispiel der ambivalenten Wirtschaftsgesinnung Jakob Fuggers: 1498 bildete er zunächst zusammen mit den Augsburger Unternehmen Paumgartner, Gossembrot, Herwart und Knoll ein Kupfersyndikat, zwar ein Oligopol, aber immerhin mit einer Reihe weiterer Gesellschaften. Diese waren allerdings zugleich in anderen Geschäftsbereichen Konkurrenten für Fugger. Jakob Fugger ließ sie dann auch kurz darauf „auffliegen“ (Blaich, Wirtschaftsgesinnung, S. 274) und zeigte damit gegenüber seinen Geschäftskollegen Kennzeichen einer illoyalen Haltung. Tatsächlich verfolgte Jakob Fugger eigene Interessen, und aufgrund dessen war die Monopolisierung des Kupferhandels allein in seiner Hand der für ihn lukrativere Weg. Er handelte damit eigentlich nur nach einer allseits erkennbarer Methode: wie die Höchstetter beim Quecksilber-, Konrad Rott beim Pfeffer- und die Imhoff und Welser beim Safranhandel. Über das weitgespannte Handelsnetzwerk, die „Regionen, Produkte und Handelsplätze“ der Fugger, zuletzt Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Stuttgart 2011, S. 45 – 216. Häberlein, Fugger, S. 146 ff., 170, 182 ff. Ebd., S. 143; vgl. Blaich, Wirtschaftsgesinnung, S. 178.
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und Tagelöhnern vorbehalten war und bis heute als „älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt“ tituliert wird.⁷⁰ Die Fuggerei war zudem durch die Erträge eines im Jahr 1511 angelegten Kontos „für wohltätige Zwecke“⁷¹ finanziell grundgelegt und abgesichert. Die Motivation der Fugger für alle ihre Stiftungen verknüpft in geradezu idealer Weise eine ethische Handlungsmaxime, ein Repräsentationsbedürfnis eines erfolgreichen Familienunternehmens mit dem Wunsch nach dauerhafter Memoria der Familie in ihrer Stadt.⁷² Ethisches Handeln und ökonomischer Erfolg mussten (und müssen sich bis heute) also keineswegs ausschließen. Wirtschaftsethik umfasste, wie oben im Zusammenhang mit der Predigt- und Traktatliteratur ausgeführt, in ganz besondere Weise auch Fragen von Ehre, Ehrbarkeit und Ehrlichkeit. Einige Beispiele des 15. und 16. Jahrhundert aus Augsburg und Nürnberg erhärten diesen Befund. Mitte des 15. Jahrhunderts befand sich etwa die Nürnberger Arzt-Gesellschaft in einem tiefen Zerwürfnis.⁷³ Die Brüder und Schwager standen 1449 kurz davor, sich von ihrem ältesten Bruder und Geschäftsführer in Nürnberg aufgrund von finanziellen Ungereimtheiten, Unterschlagungen und betrügerischer Buchhaltung zu trennen. Dennoch entschieden sie sich in dem Jahr noch einmal eine gemeinsame Gesellschaftshandlung einzugehen. Für den erneuten Zusammenschluss nannten die Gesellschafter in einer Klageschrift vor dem Nürnberger Rat zwei Gründe: Sie hätten sich deshalb mit ihrem Bruder Hans Arzt vertragen und erneut verbunden, um seiner und ihrer Ehre willen und um (öffentliches) Geschrei und Gerüchte zu vermeiden (das sie aber bejeinander also in gesellschaft beliben sint, das teten sie allein von sein und iren eren willen, das das geschray nit zu groß auch das nit rede daruß ⁷⁴). Die entscheidende Motivation zum gemeinschaftlichen Handel lag demnach in dem Willen der Gesellschafter, die Kaufmannsehre zu erhalten und die Konflikte intern zu halten, um Gerede und Gerüchte, die die Kreditwürdigkeit und den guten Glauben in Frage stellten zu vermeiden. Insofern war die Haltung der Gesellschafter verständlich, es sei besser weiter zusammenzubleiben, als Ehre und Vertrauen zu verlieren. Auch der Nürnberger Paulus Behaim argumentierte 1556 mit dem drohenden Verlust seiner Ehre. Es ging darum, dass seine Regierer, die Imhoff-Gesellschafter, seine weitere Teilnahme an der Gesellschaft, die bis dahin schon zwanzig Jahre währte, mit einer höheren Arbeitsverpflichtung bei geringerer Entlohung und Honorierung verlangten. Behaim lehnte den Vorschlag der Imhoff ab und leitete die Ablehnung mit der Begründung ein, er müsse an seinen Nutzen, seine Ehre und Wohl-
Ebd., S. 278; Häberlein, Fugger, S. 148 ff. Ebd., S. 150. Ebd., S. 204. Zu dem zunächst innerfamiliären Konflikt seit Neuestem ausführlich Mechthild Isenmann / Eberhard Isenmann, Das Innenverhältnis einer spätmittelalterlichen Handelsgesellschaft und die Ausweitung interner Konflikte – Hans Arzt und Gesellschaft, Anton Paumgartner und die Reichsstadt Nürnberg (1447– 1471), in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 101, 2014, S. 432– 487. Staatsarchiv Nürnberg, Reichstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet, Akten, Nr. 168, fol. 9r.
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fahrt denken (Ich west mich aber auff irem furschlag dismal mit inen nitt einzulassen, dan ich auch bedenckhen must, was mein nuz, eer und wolfart werdt ⁷⁵). In diesem Fall wurde die Ehre eng verknüpft mit der langjährigen Arbeit innerhalb der Gesellschaft und der Bewertung dieser Arbeit und zugleich der Person des Mitarbeiters selbst. Der Verlust der Ehre wurde als ernsthafter Makel empfunden, wie es während eines anderen, insgesamt zehn Jahre währenden Konflikts Wolf Imhoff, Leiter der Imhoff-Niederlassungen in Neapel und später in L’Aquila 1547 ausdrückte. Er schrieb in einem Brief zur Rechtfertigung, warum er ohne die Erlaubnis der Regierer nach einer konfliktreichen Rechnungslegung die Geschäftszentrale in Nürnberg kurzerhand heimlich verlassen hatte und nach Italien zurückgereist war: sie hätten ihn ansonsten aufgehalten und er wäre in Nürnberg der Ehre verlustig gegangen, ja mehr noch verachtet denn ein hundt. ⁷⁶ Er wüsste außerdem genau, dann ob ich schon ein armer gesell pin, lest sich das gelt gewinnen, aber er [Ehre] lest sich nimmer mer erhollen. ⁷⁷ Mit dieser Aussage traf Wolf den Kern und zeigte, warum die Handelsherrn die Ehre idealerweise für wesentlich und unbedingt einzuhalten erachteten. Ehre – und man kann auch ergänzen ‚Vertrauen‘ – ließen sich schnell zerstören, aber nur mühselig, wenn überhaupt wieder aufbauen. Auch das Beispiel des Mitte des 15. Jahrhundert aus Nürnberg entflohenen Bankrotteurs Anton Paumgartner zeigt, dass, wie Mark Häberlein es formulierte, Vertrauen im Geschäftsleben eng mit Ehre verbunden war, denn aus ihnen resultierten das persönliche und geschäftliche Prestige und begründeten die Kreditwürdigkeit des Kaufmanns.⁷⁸ 1465 versuchte der Nürnberger Bürger und Bankrotteur Anton Paumgartner in seiner Korrespondenz mit dem Nürnberger Rat seinen guten Namen und seine Ehre zu retten, indem er die Schuld an seiner desolaten finanziellen, Lage und vor allem auch seiner verlorenen Kreditwürdigkeit, seinen Gläubigern anlastete.⁷⁹ Nach seiner Ansicht waren diese mit ihrem Geschrei und den Verleumdungen an dem Verlust seiner Ehre, seines Rufes und dem daraus folgenden Schaden für seinen Handel und überhaupt an seinem ganzen verderben schuldig: das sie mir unverschuldt nach lieb, eren und gut gestannden sind und soliche einfal, geschrey und ungelauben gemacht und zu unruwe bracht haben, das mir und meiner gesellschaft gein unnsern geltern [Gläubigern] zu verderblicher verhinderung an bezalung und allem unserm hanndel kumpt ⁸⁰. Der Fall
Stadtarchiv Nürnberg [StadtAN], E11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 38r. Nürnberg (N.), Germanisches Nationalmuseum (GNM), Historisches Archiv (HA), Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8 g (24a): an [ohne] ewer erlaubtnus nit zu verrucken, wann ich woll gewyst, das ir mich jar und tag auffgehaltenn wurdt habenn, pis ich nach ewrem willen handelnn het mussen. NGNM, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8 g (24a). Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 275. Allgemein zur Paumgartner-Familie: Wilhelm Krag, Die Paumgartner von Nürnberg und Augsburg. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, München / Leipzig 1919. Im Hinblick auf soziale und ökonomische Konflikte der Paumgartner und der mit ihnen verschwägerten Arzt-Familie: Isenmann / Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 450 ff. StaatsN, RN, D-Laden Akten, Nr. 1807, p. 61: S. dazu Mechthild Isenmann, Die Paumgartner, eine Familiengesellschaft des 15. und 16. Jahrhundert im Spiegel von Selbst- und Fremdzeugnissen, in:
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des Paumgartner zeigt zudem, dass der Verlust von Vertrauen und Ehre durch einen Konkurs und die Schuldnerflucht des Anton Paumgartners vor den Gläubigern und der städtischen Justiz noch die Nachkommen treffen konnte. Seine Söhne mussten Nürnberg verlassen, da auch sie für ihre soziale und ökonomische Zukunft keine Kreditwürdigkeit in ihrer Heimatsstadt besaßen. Sie fanden in Augsburg Aufnahme und erlebten dort allerdings dann den Beginn eines beispiellosen ökonomischen und sozialen Aufstiegs.⁸¹
5 Wirtschaftsethik in Italien Um die Verletzung der ethischen Kaufmannsnormen gar nicht erst aufkommen zu lassen, boten Kaufmannslehrbücher, aber auch Familienchroniken und Tagebücher zahlreiche Verhaltensregeln, wie Ehre (Ehrlichkeit), Vertrauen, Zuverlässigkeit, Bescheidenheit und vieles weitere, mehr eingehalten werden konnten. So schrieb der Florentiner Kaufmann, Tuchmacher und Politiker Giovanni di Pagnolo Morelli (1371– 1444) in seinen ‚Ricordi‘,die seiner Familie, insbesondere seinen Söhnen, gewidmet war: Macht keine Geschäfte mit jemandem, der die Arbeit, die Partner oder die Meister gewechselt hat. Und seid misstrauisch, euer Geld oder eure Geschäfte einem Mann anzuvertrauen, der spielt, der ausschweifend lebt, der sich zu aufwendig kleidet, der feiert, kurz, einem Mann ohne Hirn. ⁸² Zuverlässigkeit, Treue und Disziplin in der Lebensführung erscheinen hier als die Ideale eines Kaufmanns. Ganz ähnlich äußerte sich Benedetto Cotrugli (1416 – 1469) aus Ragusa, der vor allem in Neapel als Geschäftsmann tätig war.⁸³ In seinem Werk „Il libro dell’arte di mercatura“ aus dem Jahr 1458 befasste er sich in einem eigenen Kapitel Della Qualità della persona del mercatante ⁸⁴ ausführlich mit den sog. conditioni ⁸⁵, also der mentalen Verfasstheit des Kaufmanns. Er stellte, gleichwohl als Praktiker, den idealen Kaufmann Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Individualbewusstsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld. Oberdeutsche im Zeitalter der Welser und Fugger. III. Neunhofer Dialog, Lauf a. d.P. 2012, S. 181– 209, hier S. 190. Außerdem stellte Paumgartner in dieser Situation noch einen Zusammenhang zwischen einer vom Nürnberger Rat 1453 angeblich von ihm erzwungenen Zahlung als Grund für seine Überschuldung und seinen finanziellen Ruin her, im Einzelnen auch dazu: Isenmann / Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 450. Isenmann, Paumgartner, S. 187 ff. Neben vielen weiteren Beispielen passt auch der Fall des Bankrotteurs Weyer aus Augsburg. Dessen Lebensstil nach Aussage seinen Gläubigern von „Eigennutz“, „Pracht“ und „Hoffart“ geprägt war.Weyer hatte demnach normative Kaufmannsgrundsätze wie: „Treue, Fleiß, gute Haushaltung“ nicht eingehalten, nach Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger S. 273 ff. Zitat des Giovanni di Pagolo Morelli, Ricordi, bei Jean Favier, Gold und Gewürze – Der Aufstieg des Kaufmanns im Mittelalter, Hamburg 1992, S. 360 f. Benedetto Cotrugli, Il libro dell’arte di mercatura, a cura di Ugo Tucci, Venedig 1990, Introduzione, S. 26 – 39. Ebd., S. 142. Ebd., S. 143.
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als Modell in einer ebenso idealen Welt dar. Dieser „Kniff“ diente dazu, seinen Lesern als vermutlich angehenden Kaufleuten, die Aufgaben, Pflichten und conditioni eines Kaufmanns in Form einer erzieherischen Belehrung und Mahnung nahezubringen.⁸⁶ Um der Würde des Kaufmanns gerecht zu werden, so Cotrugli, sollten die Kaufleute nicht „die brutalen Manieren der groben Soldaten haben, und nicht die liebedienerischen Manieren der Possenreisser und Komödianten, vielmehr muß sich in ihrer Sprache, ihrem Tun und in ihrer gesamten Handlungsweise ihre Ernsthaftigkeit widerspiegeln.“⁸⁷ Ein Kaufmann müsse, so Cotrugli weiter, die Ehre und das Maßhalten erstreben. Er benennt quasi als Handreichung, um diesem Ideal eines ehrenhaften und maßvollen Kaufmanns zu entsprechen, im Kapitel 18 insgesamt zehn Gebote und Verbote. Sie reichen vom Verbot etwa des Glückspiels, des maßlosen Essens und Trinkens und der Habgier, bis hin zur Beschreibung der Kunstfertigkeit eines erfolgreichen Handels durch Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und Ruhe des Kaufmanns.⁸⁸ Auch die vermutlich an seine Söhne und Nachfolger gerichtete Schrift eines anonymen Florentiner Kaufmanns aus dem 14. Jahrhundert gab mit Empfehlungen einer guten Lebensführung als Garant für einen erfolgreichen Kaufmann eine eindrucksvolle, keineswegs allein normative, sondern aus seiner eigenen empirischen Lebenswelt entstandene Mahnung. Neben zahlreichen Ratschlägen sei der folgende herausgegriffen: Der Autor empfahl seinen Söhnen, ihren Kredit (credito) und ihren guten Ruf (fama) nicht auf Zurschaustellung und Ruhmsucht zu gründen, sondern auf reifer und fester Führung ihres Lebens und ihres Geschäftes.⁸⁹ Luca Pacioli, ein in Italien Ende des 14. Jahrhundert maßgeblicher Autor für allgemeine Kaufmannsschriften und besondere der Darstellung der Doppik (doppelte Buchführung), befasste sich ebenfalls mit der Thema der ‚Kaufmannsehre‘. Er leitete sein Werk Summa de Arithmetica schon im ersten Kapitel mit folgenden Worten ein: „Es gilt nichts höher als das Wort des guten Kaufmanns und so bekräftigen sie ihre Eide,
Der Herausgeber Ugo Tucci, Cotrugli. Il libro dell’arte di mercatura, Introduzione, S. 78, stellt diese Methode in seiner Einleitung als typisches Verfahren der italienischen Lehr- und politischen Literatur dar und betont, dass Cotrugli bewußt ein Idealbild eines Kaufmanns in einer idealen Welt zeichnete. Wobei Tucci bei Cotrugli durchaus eine Höherbewertung moralisch-ethischer Tugenden gegenüber einer professionellen Befähigung (Gabe) des Kaufmanns sieht: L’intento didascalico conduce inevitabilmente all’idealizzazione, e qui il ritratto del mercante modello si delinea abbastanza nitidamente attraverso il così largo richiamo di precetti morali e l’individuazione delle ‘virtùʼ, che gli appartengono, virtù morali, vogliamo ricordarlo, alle quali si attribuisce forse maggiore importanza che alle doti professionali. Zitat bei LeGoff, Wucherzins und Höllenqualen, S. 82 f. Cotrugli, Il libro dell’arte di mercatura, S. 178 – 181. Non si vuole disiderare d’avere credito o fama per suo dimostrarsi o per suo vantarsi, ma per suo maturo e sodo ghoverno. Gino Corti, Consigli sulla mercatura di un anonimo trecentista, in: Archivio storico italiano 109/110, 1951/52, S. 114– 119, hier S. 117. Maschke, Berufsbewußtsein, S. 384 sah in der Schrift des Anonymus einen „kleinen Kaufmannsspiegel“, in dem dieser eigene konkrete Erfahrungen verarbeitet hatte.
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indem sie sagen: Bei der Ehre des wahren Kaufmanns (per fidem bonae et fidelis mercatoris).“⁹⁰
6 Wirtschaftsethik in Oberdeutschland In ganz ähnlicher Weise wie ihre italienischen Kollegen äußerten sich auch die oberdeutschen Kaufleute in ihren Denkschriften, Briefen und Tagebüchern. Anschauliche Beispiele bildeten etwa die Ratschläge des Nürnberger Kaufmanns Christoph I. Scheurl an seinen jungen Neffen Hieronymus Haller aus dem Jahr 1488 in seinem sog. „Regiment“⁹¹. So riet er seinem Neffen Hieronymus, der sich zu der Zeit in Venedig zur Ausbildung aufhielt: Sei wahrhaftig in all deinem Handeln; laß liegen, was nicht dein ist; meide leichtfertige Leute, Frauen, Spiel und andere Laster. Darum wirst du von dem Allmächtigen Lohn, und Lob von den Leuten erlangen; es wird auch die Hand deines Vaters desto milder gegen dich erscheinen, dazu ich, so fern du dich recht anläßt und hälst, dir ein guter Förderer zu sein verhoffe. ⁹² An erster Stelle standen also für Scheurl Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit, als Grundtugenden des Kaufmanns. Der weitere Rat, dass der junge Nachfolger liegen lassen sollte, was nicht sein sei, hatte die doppelte Bedeutung als Warnung vor Diebstahl und als Mahnung, nur mit dem zu handeln, was man hat und was man auch zahlen kann. Es ist ein indirekter Hinweis auf eine weitere grundlegende ethische Kaufmannsnorm, auf die Kreditwürdigkeit, die als „guter Glaube“ in den Quellen bezeichnet wird. Schließlich dachte Scheurls auch an das jugendliche Alter Hallers, der noch unter zwanzig Jahren war, und mahnte ihn vor dem leichtfertigen Leben, das gerade in Venedig die jungen Nachfolger lockte. Auch Ludwig II. Diesbach aus der Baseler Diesbach-Watt-Gesellschaft betonte 1518 in seiner Autobiographie das Ideal der Ehre: Item so wurde alles [ich: das verdiente Geld] verbraucht, aber in aller Ehrbarkeit und mit Ehrenmännern und nie im Glückspiel. Des Weiteren riet er seinen Nachkommen: Es ist deshalb mein Rat und meine ernsthafte Bitte an meine Erben und Nachkommen, dass sie sich auch so verhalten solle; denn Gutes hat Gutes zur Folge und Böses bringt Böses hervor. ⁹³
Balduin Penndorf (Hrsg.), Luca Pacioli. Abhandlung über die Buchhaltung 1494. Nach dem italienischen Original von 1494 ins Deutsche übersetzt und mit einer Einleitung über die italienische Buchhaltung im 14. und 15. Jahrhundert und Paciolis Leben und Werk, Stuttgart 1933, S. 88 f. Aus dem ‚Regiment‘ Christoph Scheurls, Abdruck: Albrecht Freiherr v. Scheurl, Dr. Christoph Scheurls Vater, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 5, 1884, S. 13 – 46, hier S. 16 f. Ebd. Urs Martin Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs. Studien zur spätmittelalterlichen Selbstdarstellung im oberdeutschen und schweizerischen Raume, Bern 1986, S. 51: Doch so ward eß als ffertzertt; unn doch mitt eren unn erenlutten unn mitt ckeym spyell ney. […] Unn is myn ratt unn ernschlych bytt an myn erben unn nachkumen, daß sy semlychss ouch wellen tthun; den ein guczbyrtt daß ander unn ein böss daß ander.
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Ethische Vorstellungen von Ehre,Vertrauen, Ehrlichkeit und Ehrbarkeit als ideale Grundlage der Familiengesellschaft wurden noch ergänzt durch den Willen nach Friedenswahrung untereinander. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür stellt z. B. das Ehrenbuch der Familie Link in Augsburg dar. Dieses Ehrenbuch, verfasst von Ulrich Link (1495 – 1560) in der Mitte des 16. Jahrhundert, war vor allem als Gedenk- und Mahnbuch für seine Nachkommen und Nachfolger in der Familiengesellschaft der Haug-Langnauer-Link gedacht. Die Gesellschaft war durch Verschwägerung verbunden und bildete seit 1532 eine gemeinsame Familiengesellschaft.⁹⁴ Link schrieb in seinem in das Ehrenbuch aufgenommene Testament die Mahnung, dass die Nachkommen mit friedlichem (freundlichen) Willen und nicht in Zwietracht und Zerrüttung gemeinsam handeln, d. h. die Geschäfte führen sollten (auch gar kain zerrittung noch zwitrachtigkait hie tzwieschen furgangen sei).⁹⁵ Diese Normen spielten auch in den Gesellschaftsverträgen eine wesentliche Rolle. Die Verträge veranschaulichten die durch Eid verbundene Gemeinschaft der Gesellschafter, die sich verpflichtete, in Frieden und um der Ehre willen, zum Besten der Gemeinschaft, die Geschäft zu führen. In diesen Punkten spiegelten die Verträge zugleich auch die städtische Gesetzgebung dieser Zeit wider. Die Grundbedingung eines jeden erfolgreichen Zusammenlebens, sowohl der städtischen als auch der ökonomischen Gesellschaft, bildete die Friedenswahrung. Äußere und innere Konflikte waren nicht nur eine große Gefahr für die Entwicklung der Städte, sondern auch für die Handelsgesellschaften. Zumindest den Konflikten im Innern konnte der Kaufmann mit dem im Vertrag geäußerten Friedenswillen entgegentreten und in dieser Form der Willenserklärung die Grundlage für die Durchsetzung der ethischen Normen legen. Dadurch, dass diese Willenserklärung vertraglich festgelegt wurde, hoben sie die Gesellschafter zudem in eine rechtlich Sphäre, ohne die die Gesellschaft nicht existieren konnte. Schon einer der frühesten erhaltenen Verträge, der Vertrag der Meuting-Gesellschaft aus Augsburg aus dem Jahr 1436, kannte diese Verpflichtung.⁹⁶ Die Gesell-
Friedrich Haßler, Der Ausgang der Augsburger Handelsgesellschaft David Haug, Hans Langnauer und Mitverwandte (1574– 1606), Augsburg 1928, S. 12; Jakob Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus, Leipzig 1904 (²1935), S. 201 f.; Joachim Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts. Eine vergleichende Darstellung ihres Eigenkapitals und ihrer Verfassung, Bergisch Gladbach 1987, S. 152 ff.; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger S. 172. Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 2o Cod. Aug. 489, fol. 25v: auff das alle nachkommen des gantzen linckschen geschlechts inn kunfftug zeit wissen mogen, wie alle ding mit guettem fraintlichen willen angenomen auch gar kain zerrittung noch zwitrachtigkait hie tzwieschen furgangen sei, wellichs alles allein aus gnaden des allmechtigen beschehenn, dem sei ewig lob und eer von ewigkait zu ewigkait amen. Staatsarchiv Augsburg, Rst. Augsburg, Akten 213. Abgedruckt bei Strieder, Genesis, (nur in ²1935), S. 220 – 223, Elmar Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften in der Zeit der Fugger, 2 Bde., Tübingen 1976, Bd. 2, S. 1’–4’, hier S. 1’–2’, Z 24– 27; Gisela Möncke, Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte mittel- und oberdeutscher Städte im Spätmittelalter, Darmstadt 1962, S. 292– 295, hier S. 292.
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schafter beschworen in dem Vertrag mittels Eid den Friedenswillen der Gesellschafter untereinander und versprachen ferner, jeden Konflikt vermeiden zu wollen. Dann erst folgten die einzelnen Artikel, die das Unternehmen und die Geschäfte selbst betrafen.⁹⁷ Ähnlich hieß es im Augsburger Höchstetter-Vertrag von 1515. Hier wurde zudem noch die Begründung für die Einhaltung der Normen genannt. Die Ehrbarkeit und die friedliche Einigkeit waren zum Besten der Gesellschaft einzuhalten und um jeden Nachteil für sie zu vermeiden: mit gutter erberkajt und fridsamer ainigkajt dester pesser unterhalten, auch dester minder zertrent, desgleichen auch der geselschaft nachtajll zum pesten verhütt werden. ⁹⁸ Dabei wurden die Begriffe wie Ehre, Frieden und Vertrauen nicht nur auf den einzelnen Gesellschafter konzentriert, sondern grundsätzlich auch auf die Gesamtgesellschaft bezogen, ganz im Sinne des in dieser Zeit häufig reflektierten Gemeinwohl-Gedankens. Abschließend zeigt noch ein weiteres zeitgenössisches Beispiel die ethisch begründete Motivation zur Gründung einer Gesellschaft, die der Augsburger Kaufmann Lukas Rem (1481– 1541) in seinem ‚Tagebuch‘ Anfang des 16. Jahrhunderts propagierte. Er führte diese Gesellschaft zusammen mit seinen Brüdern Endris (Andreas) und Hans Rem sowie Ulrich Hanold bzw. Honold seit dem Jahr 1518. Lukas Rem schrieb, dass diese Gesellschaft unter Verwandten nicht für den Eigennutz oder die persönliche Ehre, sondern für den gemeinen Nutzen und die Ehre des Namens Rem gegründet worden war: daz ich mein aigen Eer minder, Nutz noch fuog nie betrachten noch bedenken hab wollen […] alain unsser brieder [Brüder] gemain Nutz und frommen, der Remen Namen Eer betrachtt. ⁹⁹ Beurteilt man etwas allgemeiner die Motivation des Lukas Rem, so möchte er einem Idealbild eines Kaufmanns entsprechen, der zur Ehre der Familie und des Familiennamens das Kaufmannsgeschäft tätigte oder wie es zusammenfassend Mark Häberlein formulierte: „Begriffe wie Ordnung und Ehre haben bei Lukas quasi leitmotivischen Charakter.“¹⁰⁰ Wirtschaftliches Handeln bedeutete neben dem ökonomischen Erfolgsstreben in der Regel auch das Bemühen, Idealvorstellungen von Ehre, Vertrauen, Frieden und Freundschaft mit den Realitäten in Übereinstimmung zu bringen, ja drohende Kollisionen von Ideal und Realität zu entschärfen, auszugleichen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. In der Regel versuchten dies die Zeitgenossen, indem sie eine Art pragmatische Wirtschaftsethik verfolgten, d. h. sie verfolgten die ethischen Ideale und Handelspraktiken, soweit sie dem ökonomischen Streben und der gesellschaftlichen Position dienlich waren, oder wie Gabriel Imboden konstatierte: auf der einen Seite die
Lutz, Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 1’–2’, Z 24– 27, Möncke, Quellen, S. 292. Hans Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter von 1515, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 76, 1982, S. 76 – 91, hier S. 86. Benedikt Greiff (Hrsg.), Das Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494– 1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, Augsburg 1861, S. 32. Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 50.
Wirtschaftsethik im voralpinen und alpinen Raum
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Theorie einer Wirtschaftsethik und auf der anderen Seite deren „praktische Umsetzung, die individuelle Ausformung unternehmerischen Gewinnstrebens.“¹⁰¹ Idealerweise sollten beide bestehenden Seiten in Übereinstimmung gebracht werden. Besonders deutlich zeigt sich das bei einem Ehrbegriff, der durchaus rational, um nicht zu sagen berechnend eingesetzt wurde oder auch bei dem steten Betonen des Vertrauens, mit dem immerhin die Kreditwürdigkeit eng verknüpft war.
7 Fazit Wirtschaftsethische Ideale und ökonomische Realität standen oft in einem Gegensatz und schienen sich sogar auszuschließen. Zu sehr konnten Fragen nach Ehre, Ehrlichkeit, Treue, Zuverlässigkeit und Mäßigung mit gewinnorientierter Geschäftstätigkeit eines Kaufmann-Bankiers kollidieren und nicht Übereinstimmung gebracht werden. Dennoch ist zumindest ein Problembewußtsein und das Bemühen um Übereinstimmung von ethischem Wollen und ökonomischem Handeln zu konstatieren, sei es etwa durch einschlägige vertragliche Klauseln in den Gesellschaftsverträgen oder durch Forderungen und Mahnungen innergesellschaftlicher Korrespondenz und anderen Schriften. Sie hatten häufig ihr theoretisches Fundament in externen Ratschlägen und mahnenden Traktaten der Theologen, Humanisten und Juristen ihrer Zeit. Künftig könnte hinsichtlich des Verhältnisses von Ethik und Ökonomie insbesondere die Untersuchung von Gerichtsverfahren bei Monopol- und Wucherprozessen im Alpen- und Voralpenraum Aufschlüsse ergeben. Aufgrund der Gerichtsakten wären demnach Ergebnisse zum Verhältnis von Wirtschaftsethik, erfolgreichem ökonomischem Handeln verbunden mit akzeptiertem Gewinnstreben auf der einen Seite und monopolistischem Streben, Wucher und sog. Fürkauf auf der anderen Seite zu erwarten. Um nochmals auf den Anfang zurückzukommen: Ökonomischer Erfolg für den Unternehmer des 15. und 16. Jahrhunderts verbunden mit ethisch-normativen Idealen waren vielleicht am besten zu verwirklichen, wenn er allem Handeln das rechte Maß zugrunde legte. Ein rechtes Maß an gewinnorientiertem ökonomischem Handeln, ein rechtes Maß an Pragmatismus und Rationalität und ein rechtes Maß an ethisch verantwortungsvollem Handeln, oder wie es im 14. Jahrhundert der Florentiner Kaufmann und Schriftssteller Paolo de Certaldo († ca. 1370) in seinem ‚Libro di buoni costumi‘ für den ehrenhaften Status des Kaufmanns forderte, dieser solle am besten immer den mittleren Weg wählen, also nel troppo nel poco ¹⁰² handeln.
Imboden, „Sospes lvcra karpat“, S. 47. Nach Tucci, Introduzione, Cotrugli, Il libro dell’arte, S. 75.
Markus A. Denzel
On the Way to a Synoptic Economic History of the Alps in Pre-industrial Times First Results of the Introductory Conference in Hall in Tyrol (March 2015)*
1 On the desideratum of a comprehensive synopsis of alpine economic history The erudite attempts of Jean-François Bergiers in the early 1990s to regard the Alps as a counterpart of the Mediterranean, depicted by his academic teacher Fernand Braudel, and give it independent weight in historical research resulted in the foundation of the International Society for Alpine History (AISA) in 1995 and provided historical research of alpine space with a novel impulse.¹ The publication of the journal “Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen”, which had started about twenty years ago and has become internationally renowned for its thematic issues, reflects this development well. New methods, questions and thematic emphases have occupied alpine historians ever since, not only in the realm of economic history but in all historical disciplines. However, even in this journal, one searches * I am grateful to Dr. Werner Scheltjens, Assistant Professor at my Chair at the University of Leipzig for the translation. Again, my dear colleagues Andrea Bonoldi, University of Trento, and Mechthild Isenmann, University of Leipzig, have supported me with numerous comments and additions. Jean-François Bergier, Des Alpes traversées aux Alpes vécues. Pour un projet de coopération internationale et interdisziplinaire en Histoire des Alpes, in: Histoire des Alpes / Storia delle Alpi / Geschichte der Alpen 1, 1996, pp. 11– 21; idem, Pour une histoire des Alpes, Moyen Âge et Temps modernes, Aldershot / Brookefield 1997; Jean-François Bergier im Gespräch mit Bertrand Müller und Pietro Boschetti, Gelebte Geschichte, Zürich 2007, pp. 204– 249. Cf. also Michele Cassandro, JeanFrançois Bergier e la storia delle Alpi, in: Martin Körner / François Walter (eds.), Quand la Montagne aussi a une histoire. Mélanges offerts à Jean-François Bergier, Berne / Stuttgart / Vienne 1996, pp. 27– 36; Luigi Zanzi, Ripensare la montagna in chiave di storia ambientale: un excursus critico storiografico da Fernand Braudel a Jean-François Bergier, in: Ibid., pp. 37– 56. Zur Bedeutung Bergiers für die historische Alpenforschung zusammenfassend Markus A. Denzel, Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Einführung, Forschungsaufriß und konzeptionelle Überlegungen, in: Marie-Claude Schöpfer / Markus Stoffel / Françoise Vannotti (eds.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration im neuzeitlichen Alpenraum. Vorträge des elften internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 2012), Brig 2014, pp. 1– 24, esp. pp. 1 f. Prof. Dr. Markus A. Denzel, University of Leipzig, Department of History, Beethovenstr. 15, D-04107 Leipzig, E-Mail: [email protected]. DOI 10.1515/9783110522310-017
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mostly in vain for overall assessments of the occurrence of particular phenomena across the entire alpine space. The clear predominance of regional and even local research², which has been noted on several occasions and becomes apparent as well in the descriptions of the state of the art in the contributions to this volume, seem to be a general characteristic of alpine historical research.³ Besides the surmounting of a predominantly national historiography in the nineteenth century, this might not at the least be attributed to the multilingualism of this mountain range and its related mechanisms of dissociation.⁴ In this context, the economic, logistical and political origins of the relevant historical spaces should not be underestimated. In particular, thematically and methodically innovative research of the last two or three decades often was limited to the regional or national level, as in the case of the Martin Körner and his research group’s standard work on monetary and currency history⁵ or the new economic history of Switzerland in the twentieth century⁶, to name but two examples. In these and other cases an international perspective including neighbouring spaces would have suggested itself, whether for money, which flows across borders and spaces, or for international trade, which moves beyond the domestic economy per se. In recent times such innovative approaches have been pursued by Katharina Winckler in her broad study on the early medieval Alps⁷, Helmut Rizzolli and Federico Pigozzo in their study of the Veronese monetary space⁸ as well as Dionigi Albera in his volume “Au fil des Générations”.⁹
The new urban history of Brig substantiates that local research may very well stimulate pan-alpine research; Stadtgemeinde Brig-Glis (ed.), 800 Jahre Brig, bearb. v. Forschungsinstitut zur Geschichte des Alpenraums unter der Leitung von Marie-Claude Schöpfer, Visp 2015. Notable exceptions are Paul Guichonnet (ed.), Histoire et Civilisations des Alpes, 2 vols., Lausanne 1980; Jon Mathieu, Geschichte der Alpen. Umwelt, Entwicklung, Gesellschaft, Wien / Köln / Weimar 1998. Cf. Norbert Furrer, Die vierzigsprachige Schweiz. Sprachkontakte und Mehrsprachigkeit in der vorindustriellen Gesellschaft (15.–19. Jahrhundert), Zürich 2002. Martin Körner / Norbert Furrer / Niklaus Bartlome unter Mitarbeit von Thomas Meier / Erika Flückiger, Währungen und Sortenkurse in der Schweiz / Systèmes monétaires et cours des espèces en Suisse / Sistemi monetari e corsi delle specie in Svizzera 1600 – 1799, Lausanne 2001. Patrick Halbeisen / Margrit Müller / Béatrice Veyrassat (eds.), Wirtschaftsgeschichte der Schweiz im 20. Jahrhundert, Basel 2012. Katharina Winckler, Die Alpen im Frühmittelalter. Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800, Wien / Köln / Weimar 2012. Helmut Rizzolli / Federico Pigozzo, Der Veroneser Wähungsraum. Verona und Tirol vom Beginn des 10. Jahrhunderts bis 1516 und Corpus Nummorum veronensium (CNV) – Die Prägungen von Verona – Corpus Nummorum Tirolensium Medievalieum (CNTM) – Die Prägungen von Trient und Meran sowie die Nachprägungen (Beischläge) der Meraner Münzen, Bozen 2015. Dionigi Albera, Au fil des générations. Terre, pouvoir et parenté dans l’Europe alpine (XIVe–XXe siècles), Grenoble 2011.
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“Across the borders” was the title of one of Anne Radeff’s programmatic papers¹⁰, and this motto could indeed be put on top of all of her research, which focuses on cross-border exchange, the connections between spaces and the relations between trade, migration and communication. Similarly, a research perspective moving “across the borders” results naturally from the thematic relations between the projects on commercial history of the Brig research institute for the history of alpine space, which was led by Gabriel Imboden and then by Marie-Claude Schöpfer. This can be substantiated in the analyses of the seventeenth-century trade and accountancy books of the Great Stockalper¹¹ as well as in the company books of the Fratelli Loscho, a smaller company, which was nevertheless active inter-regionally during the transition from the eighteenth to the nineteenth centuries.¹² Further examples might be added, which would all have a broad thematic focus on commercial historical research in common. Just like for economic history in general, it becomes strikingly clear for the alpine area that research into the service economy tends to have a stronger international orientation than research into the primary and secondary sectors, which are often executed within narrower spatial boundaries. Precisely because this finding is so obvious for the alpine area, it seems reasonable to put forward a comprehensive understanding of trade as the ‘leading sector’ of its economic history, but not without including the behaviour of its actors in an equally comprehensive way, i. e. taking into account all forms of migration and communication. Accentuating the exchange of people, goods, money and information effectively means transcending the borders of the area under survey. As a result, the work is laid out ‘internationally’, just as Fernand Braudel had modelled it in his ground-breaking work on the Mediterranean and just as was appealed to in the introductory contribution “Pour une histoire économique des Alpes!”. But a perspective that goes beyond the borders of the alpine area not only has to take into account the differences between long-distance trade relations in distinct periods and under specific transport-geographical conditions, but also and most impor-
Anne Radeff, Über die Grenzen hinweg. Reisen und Wandern im Ancien Régime, in: Scripta Mercaturae 32/1, 1998, pp. 24– 43. Kaspar Jodok von Stockalper, Handels- und Rechnungsbücher, bearb. v. Gabriel Imboden u. a., Bde. I–XI (III verschollen), Brig 1987– 1997. Zu dieser Quelle ausführlich Gabriel Imboden, Die Handels- und Rechnungsbücher Kaspar Stockalpers vom Thurm 1609 – 1691, in: Markus A. Denzel / Jean Claude Hocquet / Harald Witthöft (eds.), Kaufmannsbücher und Handelspraktiken vom Spätmittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert / Merchant’s Books and Mercantile Pratiche from the Late Middle Ages to the Beginning of the 20th Century, Stuttgart 2002, pp. 153 – 172. Gabriel Imboden, Ein Handelshaus zu Zeiten des Umbruchs. Fratelli Loscho in Brig, in: Blätter aus der Walliser Geschichte 31, 1999, pp. 125 – 135; Marie-Claude Schöpfer Pfaffen / Gabriel Imboden, The Fratelli Loscho in Brig. Alpine Entrepreneurship in Small Markets during the Napoleonic Era, in: Markus A. Denzel / Jan de Vries / Philipp R. Rössner (eds.), Small is Beautiful – Interlopers in Early Modern World Trade. The Experience of Smaller Trading Nations and Companies in the Mercantilistic Era, Stuttgart 2011, pp. 219 – 249.
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tantly the pre-alpine areas to the North and South of the Alps. Several contributions to this volume, as well as the literature cited, will make clear the outstanding role of Southern Germany and Northern Italy for the economic development of the Alps – and vice versa. This can be recognised in Mark Häberlein’s analysis of transalpine trade in goods and Katia Occhis survey of Northern Italian markets for raw materials from the alpine woods as well as in Mechtild Isenmanns considerations about (commercial) business ethics, which – according to the preliminary results – did not differ fundamentally between alpine and pre-alpine regions. Cinzia Lorandini stresses the significance of the large industrial production of North-Italian urban centres at the foot of the Alps for inner- and trans-alpine trade. In short: without the pre-alpine hinterland in the North and South, it would be impossible to understand the alpine area – a remarkable agreement with the braudellian Mediterranean! But was does “pre-alpine” mean and which regions must be included in such concept? According to the present research results, this pivotal question can be answered in different ways depending on the thematic perspective. For the mining industry and long-distance trade the notion “pre-alpine” certainly has a broader meaning than for the trade with agricultural produce like cheese or bacon. For manufactured goods it must be taken into account whether they were distributed over long distances in the pedlars’ trade – sometimes across all of Europe – or brought only to the nearest pre-alpine market.
2 Results of the contributions in this volume Looking at the different contributions to this volume from the perspective of the proposed plan for an economic history of the Alps, both the deficits of research to date as well as the opportunities of an overall assessment of a spatial and temporal kind become apparent. It may be seen as an early important result of the conference in Hall (Tyrol) that the opportunities are clearly bigger than the numerous research desiderata that have to be overcome to achieve this goal. Almost all contributions make this clear. Conceptual considerations are central to the first three articles of this volume. Following Jean-François Bergier’s suggestion, the introductory contribution “Pour une histoire économique des Alpes!” sketches the idea of a systematic and synoptic economic history of the Alps from late Roman times – from about the fifth century onwards – until the Europe’s ‘reconfiguration’ at the Congress of Vienna (1815), which covers the area from Savoy to Slovenia in its entirety. Similar to Fernand Braudel’s Mediterranean, the alpine area is understood in this context as an economic area sui generis, which should be observed in the true sense of histoire totale and examined for its economic developments and specific characteristics. Bearing this in mind and adhering to Braudel’s Civilisation matérielle, économie et capitalisme a division of the contents of the overall project into three parts or volumes is sketched, of which the first should cover the area and its people, the second everyday life and the
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third trade, migration and communication. Here, the very broad understanding of trade, i. e. including in the broadest sense all the agents’ activities related to commercium, plays a pivotal role; all other sectors of the economy are connected through it. Therefore, the different aspects of trade are presented more extensively than the other sectors. Gabriel Imboden presents his concept of “alpine capitalism” in preindustrial times, which no longer focuses on “autarkical self-sufficiency”, but starts from the premise that the alpine economy functioned according to the same rules as non-alpine regions and their centres, albeit mostly with more insignificant volumes and applying different forms. The economy of the Alps looked for exchange with the potent centres of the foothills and the capital of the centres for investment opportunities in the Alps. Imboden stresses the central role of alpine entrepreneurs, who – in contrast with many non-alpine regions – often worked as individuals under the umbrella of oligarchic groups; imparting economic benefits and protection, these groups make large profits possible. Imbodens concept gets its bearings nolens volens from the outstanding figure of the multi-entrepreneur and politician Kaspar Stockalper of Wallis. But it remains to be established whether Stockalper represents a typical alpine entrepreneur or rather an exorbitant and extraordinary personality in the alpine economy of the seventeenth century.¹³ Andrea Bonoldi presents a concept for the long-term analysis of the economic development of alpine space, which is inspired by institutional economics. In this concept, “it is necessary to take into account that the economic system of the region is composed of areas with different features and patterns of change”, and “unifying elements are to be singled out in order to overcome a merely descriptive juxtaposition.” According to Bonoldi, the following formal and informal institutions, which functioned for the most part as determining factors in the economic development and human interaction in alpine space, but were endogenous to change at the same time, should be taken into account: the very different political organization of the Alpine territories and the resulting impact of the political sphere on the economic one; the role of the family and kinship networks as fundamental unities of production and consumption, centres of capital accumulation and organizers of entangled economic activities; the collective management of resources and logistic organization and the networks resulting from it; the nature of property rights and the presence and content of formal instruments adopted in order to set the rules as well as their effectiveness (p. ). In this way, Bonoldi says, the meaning of such institutional impact factors on the economic development of alpine space and its dynamics can
Cf. Markus A. Denzel, Kaspar Stockalpers internationaler Handel und Zahlungsverkehr. Versuch einer Synopse, in: Heinrich Bortis / Marie-Claude Schöpfer (eds.), Tradition – Vision – Innovation. Hommage zum 400. Geburtstag von Kaspar Stockalper. Vorträge des zehnten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums, Brig 2009, Brig 2013, pp. 81– 101; Robert Riemer, Der “grosse” Stockalper? Versuch einer Einordnung, in: Schöpfer / Stoffel / Vannotti (eds.), Unternehmen, Handelshäuser und Wirtschaftsmigration, pp. 217– 230.
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be carved out in a long-term perspective. – These three conceptual approaches do not contradict, but rather have the capability to complement each other. In particular, Bonoldi’s observations about the meaning of institutional economics could become a central methodical and structural parameter in Denzel’s overall concept. Prior to moving on to the different sectors of the economy, it is necessary to focus on three central underlying conditions: demographic development, the law and climate. An innovative approach to the investigation of the demographic development of alpine space is presented by Alessio Fornasin, who attempts to overcome previous explanatory models, which were informed by Robert Malthus, Fernand Braudel and Jon Mathieu. Fornasin hypothesizes “that ‘Alpine demography’ is better definable when one takes the outcomes or a balanced growth into account, rather than by the uniformity of the mechanisms of renewal and extinction of the population” (p. ). According to Fornasin, demographic change, and population growth in particular, results from the interrelation of economic, social and demographic factors. Embedded in different institutional contexts, specific models of family organisation, the changing age of marriage and the introduction of agricultural crops in farming created a balance between the population and the resources at its disposal. Vladimir Simič (Ljubliana) dealt with the legal history of alpine space; since he did not deliver an elaborated version of his presentation, his main findings are cited from his abstract:¹⁴ The main source of law prior to the second half of 18th century, with some exceptions of course, was custom. Customary law was in most cases not written and one can only identify it through written documents and most often from the sources which are even not of legal nature. Custom seems to be changing slowly but it does change and it changes most often through the practice of the courts. The constitutional and administrative law will not be the main object however it is essential to say who rules and who has the power because those are the real authorities in decisions on law and what is the law. As far as family law is concerned most of it deals with the property of the family members and sometimes it gives an insight into the behaviour of individual also as the person who makes decisions of economic nature. The relations between the living members of the family rule the relations after the death of the owner so it has an important role in the law of inheritance. The property law in the Alpine region is to greater extent than in other parts of Europe characterised by the greater role of land in common exploitation. This meant greater role of village community and in some cases also a better legal status of the members of a community. The contracts gained importance with increase of exchange of goods and growth of urban settlements. With this the common law gained importance, which was not the first source of law and the role of learned lawyers was greater in the field of administration, where they were replacing the leading nobles in the councils of the monarchs. The already men-
It should be noted that no summarizing account of the legal history of alpine space exists to date. Relevant publications merely cover different alpine regions: Francisca Naef, Rechtsgeschichte der Alpen im Goms und in östlich Raron, Brig 1985; Marco Bellabarba, La giustizia ai confini: il principato vescovile di Trento nella prima età moderna, Bologna 1996; Nicolas Carrier, Les communautés montagnardes et la justice dans les Alpes nord-occidentales à la fin du Moyen Âge, in: Cahiers de recherches médiévales et humanistes 10, 2003, pp. 89 – 118; Martin Schennach, Gesetz und Herrschaft. Die Entstehung des Gesetzgebungsstaates am Beispiel Tirols, Köln / Wien / Weimar 2010.
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tioned law Merchant was new custom and ever more important with the growth of commerce. The urban settlements used the opportunity since they were on some of the most important commercial routes in Europe. Much of the inner economy of the cities was regulated by the law of guilds. This law was of the utmost importance in regulation of competition and labour.
Christian Rohr examines climatic and environmental factors on the development of alpine economic structures and – based on selected examples such as weather and climate – examines their impact on the socio-economic structure, risk management, trade and transport in alpine space. Firstly, he establishes the relationship between the climatic optimum of the high middle ages (900/1000 – 1300) and rapid population growth, which was responsible for the people’s movement to higher locations and for clearing high alpine woods, so as to increase the surface of mountain pasturing. But climatic and environmental factors were of decisive importance not only for demographic development, but also for agriculture, trade and transport. Deforestation caused avalanches and floods, which threatened traffic across alpine passes in a similar way as the low tide of rivers jeopardizes wood rafting. Just like hail, draught and related plagues of locusts were factors that disturbed agriculture and could lead to rising grain prices. Moreover, the duration and severity of the winter season had a decisive impact on the date and amount of cattle driven up to spring and high alpine pastures. Rohr shows the close and direct interdependence of economic and demographic factors, on one hand, and developments of weather and climate, on the other. Once more, he substantiates the outstanding impact of climatic and environmental influences on short- and long-term economic development, in particular in agriculture and livestock production. About this sector of Alpine space, which employed – just like in most regions of pre-industrial Europe – many more people than manufacturing and trade, several fundamental monographs have been published during the last years¹⁵. In his contribution, Gerhard Siegl focuses on the characteristic complex of agrarian commons, which has regained the interest of researchers under the impact of institutional economics. The common properties were natural resources – in the Alps mostly woods, meadows and waters. Their use was organised by associations of persons according to formal and informal regulations. In this way, this theme fits perfectly into Bonoldi’s concept. The significance of common land use cannot be overrated in the management of pre-modern local agrarian communities, because access to commons often was of existential importance for mining economies as complement to the subsistence economy. Since the late eighteenth and before all during the nineteenth century agrarian commons were abolished in many parts of Europe, because in the eyes
Jon Mathieu, Eine Agrargeschichte der inneren Alpen. Graubünden, Tessin, Wallis 1500 – 1800, Zürich 1992; Anne-Lise Head-König, L’exploitation agricole en Europe centrale (Allemagne, Autriche, Suisse). Fonctionnement, besoins de main-d’oeuvre et transmission du patrimoine (XVIIe-XXe siècle), 1998; Nicolas Carrier / Fabrice Mouthon, Paysans des Alpes. Les communautés montagnardes au Moyen Âge, Rennes 2010.
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of mercantilist and liberal economic policy they appeared to be less productive and ran by individuals. In the Alps, however, they were often maintained, even though a certain conflict potential was inherent to them due to increasing population pressure and sovereign interference. Siegl’s focus on the long-term decline of timber supplies from agrarian commons leads to the observations of Katia Occhi about alpine forestry and its resources. They were an essential commercial product of Northern Italy, before all on the markets of the Republic of Venice, where timber, pitch and iron from the Alps constituted an important basis for its shipbuilding and commercial power. The necessary trade and transport logistics on roads and inland waterways led to an increasingly close connection between the regions of origin of timber products in the Alps and Venice’s urban centres, not at the least because of a complex network of relations between the supplying towns and the owners of the forests’ property rights. In particular, the supplies of raw materials from alpine space to the coast provoked the increasing connection and integration of the mountain regions in the transport infrastructure of the plain, leading to the emergence of macroeconomic structures of supraregional division of labour and of the exchange of raw materials and agrarian trades. For the alpine trades, Reinhold Reith makes clear that, in contrast with the general trend in economic history, they have not been investigated systematically during the last decades. As a result, novel research perspectives, such as the inclusion of climatic factors in historical research, have hardly been adopted in research on the history of the alpine trades. Based on Jon Mathieu’s research, Reith points out that the ways of living and the occupations of alpine peoples were in many ways remarkably similar, despite different political adherence, large geographical distances and even seclusion of these peoples from each other. These findings have not been systematically reappraised; in particular, the significance of climatic factors for the alpine trades – if at all they could be defined as such – has not been taken into account. Moreover, the supply of mining cities, the establishment of industrial production in the sense of locational expansion, seasonal migration, ambulant production and services are touched upon. In this way, a close mutual relation between the industries, on one hand, and trade, migration and the mining industry, on the other, is made clear. In this context, migrant labour constitutes a particular issue, which earlier research has interpreted as a reaction to demographic surplus, whereas more recent analyses focus on the incentives for such labour. As a result, the current thesis, in which it is assumed that economic activity in alpine space was defined by “sufficiency’ and “modesty”, is under discussion. Luigi Lorenzetti analyses industrial migration and the resulting migration economy in the early modern Italian alpine space. Migrant labour did not lead to the emergence of unilateral economic relations between the communities in the valleys, from where the migrating labourers started, and the cities and villages, where they worked; rather, they led to the establishment of a complex web of relations, which was marked by the mutual dependence between both economic systems. In the choice of labour markets, the migrant labourers of the Italian alpine space often
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adapted themselves to the (economic‐)political relations to which they were subjected during their seasonal work. Moreover, the resulting monetary flows did not only aim at optimized resource allocation, but also had to protect locational advantages by controlling transaction costs. In this way, Lorenzetti develops a model of a migration economy that pursued to guarantee and support access to labour markets, in which the latter were closely connected to political systems as well as social and personal networks between alpine and pre-alpine space. A very special form of ‘migrant labour’ is presented by Louiselle Gally-de Riedmatten in her contribution on the service étranger or Fremdendienst of the Swiss Cantons in the Ancien Régime: the example of the foreign service (Solddienst) of Wallis. This service was produced for France between 1516/21 and 1792 and for Savoy from 1569 until 1798. At first, it served to the political pacification of the relations between neighbours, but it increasingly had economic repercussions on Wallis itself. In particular, foreign services for France brought the land the supply of cheap salt, the payment of pensions and the organization of the companies. Whereas the salt was an indispensable necessity for the agrarian production and the feeding of the saltless Wallis, the significant pensions that were paid – even though the payments were irregular – were reserved for the powerful of the land. In Wallis, the erection of foreign services-companies, their equipment and maintenance was by all means a lucrative but, because of the frequent desertions, also a risky economic factor sui generis. In her contribution, Gally-de Riedmatten stresses the economic exchange between alpine space and its neighbouring countries and focuses on the resulting prosperity, even if the chosen example represents a special case in alpine space, which can only be generalised to a limited extent. In her fundamental report about the structure and function of alpine trade – to get to the tertiary sector in the stricter sense – Cinzia Lorandini emphasizes that the synthesis, which previous research has made possible, also represents a necessity. At the same time, she presents an analytical approach to the entire commercial sector. In the centre of her observations one finds the commercial relations between alpine space in the stricter sense and pre-alpine as well as more distant regions, which fostered trade with alpine space. The central objects of her research are the size of trade flows and their variations across time and space and the composition of these flows, especially the types of goods, their origins and destination and the transport routes. Lorandini proposes to differentiate between three different kinds of trade flows: the importation of goods, which the alpine peoples needed, in particular foodstuffs; the exportation of alpine raw materials and their derivate; and finally, the transit across the Alps, which was generated by non-alpine demand or supply. Based on the example of Tyrolean space, it becomes clear that such analysis needs to maintain a particularly strong focus on the natural resources, the urban centres of transfer and production on the borders of the Alps, the necessary logistic efforts, the transaction costs (resulting from the logistics and trade itself) and the actors that benefited from this trade.
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The diversity of forms that such transalpine trade could take are hard to put into fixed schemes, as Mark Häberlein explains based on the sixteenth-century examples of the Welser of Augsburg and their close relations, the Vöhlin of Memmingen. They did not maintain an exclusive focus on the trade with Venice and – in the wake of their engagements in Tyrolean mining – on the copper trade, as the elder literature has pointed out for southern German merchants active in alpine space. Three case studies of Italian saffron, Tyrolean copper and textiles from Freiburg im Uechtland and Como provide evidence of a broad personal and logistics network in alpine space and in the northern and southern alpine regions. Of course, depending on the goods traded, this network had to fulfil different demands and market conditions. In the North, it reached as far as the fairs of Frankfurt am Main as the main Central European transfer point for the West-East trade of that time. Häberlein righteously stresses, that the networks of business and correspondence partners, which have been presented only as case studies so far, contributed significantly to the ongoing commercial integration of alpine space. Anne Montenach, who deals with illicit cross-border exchange shows that trade was not only settled in a ‘regular’ way. In the villages of the border zones smuggling was a relevant business sector. The Dauphiné, for example, served as a ‘hub’ for different smuggling networks thanks to its geographical location and its particular customs regulations and linked Geneva, the Piedmont, the Savoy and Lyons. In her profoundly source-based contribution, Montenach clarifies the participation of the population of border villages in smuggling. At the same time, she shows how fluent the distinction between legal and illegal commodity exchange at the internal borders of alpine space actually was. Light is thrown by Philipp R. Rössner upon the particular meaning of the Alps as location of several mining fields of European significance¹⁶. Following Sydney Pollard’s concept of marginal regions, Rössner regards the alpine mining regions with their comparative geographical “remoteness”, their exceptional labour market structure and their specific socioeconomic structures as centres and catalysts of economic growth. Among the different mining products, Rössner emphasizes the central role of silver for alpine mining as a whole and for Tyrol in particular. Through the combination of legal, political, technical, economic and social factors silver mining evoked a characteristic dynamic that needs to be addressed further. Finally, Mechthild Isenmann dedicates her contribution to the ethical-moral side of pre-industrial economic activity in alpine space: among pre-industrial landlords and entrepreneurs economic success, stability and continuity were usually linked with the ethical-normative ideals of honour (sincerity), trust, reliability, loyalty and peace-safeguarding. It was generally perceived that no sustainable commercial
Cf. Rudolf Tasser / Ekkehard Westermann (eds.), Der Tiroler Bergbau und die Depression der europäischen Montanwirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert. Akten der internationalen bergbaugeschichtlichen Tagung Steinhaus, Innsbruck / Wien / München / Bozen 2004.
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success was possible without these values and principles. Ethical and moral questions were asked by the actors themselves, but they could also be brought up from the outside. Using several examples from the late fifteenth until the seventeenth century, this contribution shows that the merchant-banker and entrepreneur in pre-alpine and alpine space often experienced a dilemma between commercial success and profits, on one hand, and the Christian ethos of the sincere and honest merchant, to whom the sole pursuit of profit was a reprehensible act, on the other. Isenmann asks to what extent ethical behaviour and commercial profit aspirations played a connecting or separating role in the entire pre-alpine and alpine space, i. e. as an element paramount to all commercial and entrepreneurial differences. In relation with the central transit function of the Alps for commercial knowledge and interests pursuant to commercial law from Italy to the northern alpine space¹⁷ Isenmann discusses a question that has not been sufficiently answered in previous research: to what extent did alpine space serve as a region of transfer for the distribution of business-ethical ideals from the South to the North?
3 Consequences for further research Which conclusions can be drawn for further research based on this large number of individual and often overlapping results? 1. Several contributors (in particular Andrea Bonoldi, Mark Häberlein, Anne Montenach, Katia Occhi) emphasize the significance of the network structures that crossed alpine space and linked it with pre-alpine regions. Taken together, these different personal and structural networks substantiate the strong integration of the alpine regions in pan-European economic processes, also and even especially so since the late sixteenth century, a time which has been pinpointed in previous research as a time of decline of the alpine economy. The present diversity of such networks can and should significantly be enlarged¹⁸, not at the least because from such networks results 2. The close connection between economic developments and processes within the Alps and the northern and southern pre-alpine regions (and their urban centres in particular). These connections force to include pre-alpine spaces in the concept of an economic history of alpine space and substantiate the high relevance of the alpine regions for pan-European economic development, as becomes evident from the significance of the alpine transit of people, goods, money and information, which has been emphasized on several occasions. The mere fact that the question of the extent of pre-alpine spaces cannot be answered unambigu Cf. Markus A. Denzel, Die Bozner Messen und ihr Zahlungsverkehr (1633 – 1850), Bozen 2005. Further commercial networks, just to mention a few, could be reconstructed for the Bündner trading houses of the seventeenth and eighteenth centuries or for the bills of exchange traders of Bolzano (on the basis of documented protested bills of exchange).
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ously, but rather depends on the subject that is dealt with, shows the great variety of these connections in their geographical extent as well – across large parts of Europe and in some cases even beyond. If at all such comparison is possible, this is one of the elements in which alpine space is similar to Braudel’s Mediterranean. Precisely the return to braudellian concepts requires the integral inclusion and application of novel research on climate and environment, demography and settlement geography, natural and cultural spaces¹⁹ as well as legal and political systems. The considerations from climatic history and historical demography that have been presented here have stressed the immense influence of these – simply formulated – ‘underlying conditions’ on different economic sectors, their mutual connections and their actors. Said differently: without taking into account these ‘underlying conditions’, the planned synthesis of the economic history of the Alps would not (or: no longer) make sense. It becomes clear that the insights of the elder literature of an alpine subsistence economy in the agrarian sector and of the “sufficiency” or “modesty” in the trades must be reviewed fundamentally (Gabriel Imboden, Reinhold Reith). They are replaced with production that was not only domestic, but was also oriented towards nearby and distant markets, and such production was connected with a striving for monetary gains, i. e. a more “capitalist” mode of production, if one would like to use this term. It may be hypothesized that this market orientation can be pursued back into the High Middle Ages. Not at the least, the fact that people were not as “modest” as had been assumed in previous decades can be substantiated with the insight that they started to migrate as soon as – for whatever reason – their “sufficiency” was no longer found at home. Therefore, Migration and all its different forms – emigration, immigration and return migration – deserves to be given particular attention in the systematic investigation and account of the economic history of the Alps. Migration strengthened network structures and created new ones; at the same time it constituted the human counterpart of commodity and money trade, which were significantly strengthened – not at the least in a logistical sense – by the act of migrating itself and by the related transport services; finally, it constituted a central basis for communication and the flow of information and innovations (Luigi Lorenzetti, Louiselle Gally-de Riedmatten). Anne Radeff’s concept of the inseparable “trading and migrating” is of fundamental importance for an economic history of the Alps. Understanding alpine mining regions as centres and catalysts of economic growth, as Philipp R. Rössner proposed, points towards a research perspective which may be highly significant for mining fields and innovative industrial regions alike, and in a certain sense even for the entire alpine space. Indeed, at-
About this topic, see the overview of Werner Bätzing, Die Alpen. Entstehung und Gefährdung einer europäischen Kulturlandschaft, München 1991.
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tention should be paid to economic growth – which was of course modest in preindustrial Europe – during the different periods of the alpine economic history in order to overcome the persisting, static factors of alpine economic development that were emphasized in elder research. 7. The institutional-economic approach, which is emphasized by Andrea Bonoldi, offers the ideal basis for the overall concept of an economic history of alpine space in pre-industrial times, which has been outlined in the introductory chapter. Because it allows to connect all theoretical and methodical considerations, institutional economics may in fact become the backbone of the entire project, which – in different degrees of intensity – occurs throughout all contributions and constitutes the theoretical and methodical connection between them. 8. A further aspect, which needs to be taken into account for an interpretation of the alpine economy, can be found in the political developments leading towards the consolidation of territorial and nation-states. The rise of modern states distressed the fundaments of local society in the Alps as well, among other things because of changes in the essence of property rights, norms and procedures for conflict solution, but also because of changes in taxation, customs and political decision-making processes. It is clear that these changes had a significant impact on production and trade.²⁰ Finally, it remains to be asked whether genuinely alpine characteristics of the economy can be identified at the present stage of this joint research. In particular, the socalled Alpwesen ²¹ deserves to be mentioned here, which was a firmly alpine form of the agricultural use of scarce land with increasing population. Moreover, joint economic activity seems to have had a particular meaning in the Alps, be it in agriculture in the form of agrarian commons, in the collective management of resources or in transport organization (Gerhard Siegl, Andrea Bonoldi). Precisely the agrarian commons survived much longer in the Alps than in non-alpine regions, which points towards their strong anchorage in and significance for alpine economic activities. Whether or not a genuinely “alpine capitalism” existed, as Gabriel Imboden postulates, must remain an open question. Nevertheless, Imboden’s concept encourages to think about the differences between the economy of alpine space and non-alpine regions, if one sets aside the characteristics that emerged from the typical environmental conditions of the Alps. Or asked differently: Was the alpine economy at all different compared to Europe as a whole? And if it was, to what extent? These questions, however, if at all, can only be answered at the end of a systematic and synoptic economic history of alpine space. I am indebted to Andrea Bonoldi, Trento, for this remark. Jon Mathieu, Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Alpwesens in der frühen Neuzeit, in: Louis Carlen / Gabriel Imboden (eds.), Alpe – Alm. Zur Kulturgeschichte des Alpwesens in der Neuzeit. Vorträge des dritten internationalen Symposiums zur Geschichte des Alpenraums (Brig 1993), Brig 1994, pp. 89 – 104.