Nominale Wortbildung des älteren Irischen: Stammbildung und Derivation [Reprint 2011 ed.] 9783110931556, 9783484429154

This is part of the first systematic study of the formation of non-compound nouns and adjectives in Old and Middle Irish

187 80 23MB

German Pages 786 [788] Year 2000

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Forschungsstand
Methodische Grundlage
Art der Ergebnisse
Einleitung
Zum Gegenstand
1. Wsen und Leistung der Wortbildung
2. Nominale Wortbildung
3. Strategien der Wortbildung
Zum Korpus
Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge
Zum Aufbau der Untersuchung
Teil I: Primäre Stammbildungen
A. Wurzelnomina
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
B. o-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
C. ā-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
D. i-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
D.α. ῑ-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
E. u-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
F. n-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
G. r-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
H. Heteroklitika
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
I. s-Stämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
J. Dentalstämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus der reinen Dentalstämme
K. Gutturalstämme
i) Zu Flexion und Struktur
ii) Zum Lexemkorpus
Teil II: Derivation durch Suffigierung
Allgemeines
A. Die Suffixe des älteren Irischen
1. Die vorhistorisch identifizierbaren Suffixe nach dem ERSTEN zugrundeliegenden Konsonanten gruppiert
2. Die deskriptiv identifizierbaren Suffixe nach ihrer Stammbildung gruppiert
3. Das Suffix -as, -es für Nomina essendi als Untersuchungsmuster
4. Die Suffixe mit morphologischer Funktion
5. Die Suffixe mit anlautendem Vokal
B. Suffixoide
C. Mehrfachderivative
D. Interfixe
Teil III: Andere Mittel der Ableitung
Allgemeines
A.1. Reduplizierung
A.2. Geminierung
A.3. Dehnung
A.4. Stammbildungswechsel einschließlich Calandscher Alternanzen
A.5. Innere Ableitung
B.1. Suffixersatz
B.2. Rückbildungen
C. Femininmovierung durch Präfigierung
Bibliographie
Register
1. Wörter
2. Suffixe und suffixale Elemente
Recommend Papers

Nominale Wortbildung des älteren Irischen: Stammbildung und Derivation [Reprint 2011 ed.]
 9783110931556, 9783484429154

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

B U C H R E I H E DER Z E I T S C H R I F T FÜR CELTISCHE P H I L O L O G I E H E R A U S G E G E B E N V O N KARL HORST SCHMIDT

Band 15

PATRIZIA DE BERNARDO STEMPEL

NOMINALE WORTBILDUNG DES ÄLTEREN IRISCHEN Stammbildung und Derivation

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Bernardo Stempel, Patrizia /de: Nominale Wortbildung des älteren Irischen : Stammbildung und Derivation / Patrizia de Bernardo Stempel. - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Buchreihe der Zeitschrift für celtische Philologie ; Bd. 15) Zugl.: Bonn, Univ., Habil.-Schr. 1998 u.d.T.: Bernardo Stempel, Patrizia de: Sprachhistorische Grundlagen der nominalen Wortbildung im älteren Irischen ISBN 3-484-42915-1 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gesamtherstellung: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt

Inhalt

Vorwort Forschungsstand Methodische Grundlage Art der Ergebnisse

XI XI XI XIII

Einleitung 1 Zum Gegenstand 1 1. Wesen und Leistung der Wortbildung 1 2. Nominale Wortbildung 2 3. Strategien der Wortbildung: 3.1 Simplicia, ihre Bestandteile (3.1.1) und Ableitungstypen (3.1.2.0-3.1.2.1.2.1); 3.2. Komposita . . 2 Zum Korpus 11 Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge 13 Zum Aufbau der Untersuchung 16

Teil I: Primäre Stammbildungen

19

A. Wurzelnomina i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus Β. ο-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus C. ä-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus D. i-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus D.a. ϊ-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus

21 21 33 38 38 43 48 48 58 61 61 71 75 75 85

VI

Inhalt

Ε. «-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus F. η-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus G. r-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus H. Heteroklitika i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus I. s-Stämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus J. Dentalstämme i) Zu Hexion und Struktur: α. reine Dentalstämme ß. stimmhafte Dentalstämme γ. nasalhaltige Dentalstämme ii) Zum Lexemkorpus der reinen Dentalstämme K. Gutturalstämme i) Zu Flexion und Struktur ii) Zum Lexemkorpus

87 87 91 99 99 116 121 121 126 130 130 137 140 140 148 155 155 155 168 170 171 177 177 181

Teil II: Derivation durch Sufßgierung

185

Allgemeines

187

A. Die Suffixe des älteren Irischen: 1. Die v o r h i s t o r i s c h i d e n t i f i z i e r b a r e n Suffixe nach dem ERSTEN zugrundeliegenden Konsonanten gruppiert: . . . . 1. Mit Halbvokal 1.1. mit *-y1.2. mit *-w2. Mit Liquida 2.1. mit *-/2.2. mit *-r-

201 201 201 212 222 222 228

Inhalt 3. Mit Nasal 3.1. mit *-m3.2. mit *-n4. Mit Sibilant 4.1. mit *-s- + Vokal 4.2. mit *-s- + Halbvokal 4.3. mit *-s- + Liquida 4.4. mit *-s- + Nasal 4.5. mit *-s- + stimmlosem Dental 4.6. mit *-s-> -z- + stimmhaftem Dental 4.7. mit *-s- + Velar 5. Mit Labial 6. Mit Dental 6.1. mit *-t6.2. mit *-d6.3. mit Dental + Liquida 7. Mit Guttural 7.1. mit *-k7.2. mit *-g7.3. mit Labiovelar? 2. Die d e s k r i p t i v identifizierbaren nach ihrer Stammbildung gruppiert: 1. o- und ä-stämmige Suffixe 1.1. o-stämmig A) -ar/-er B) -in vs. -en\ -άη\ -όη C) -if1 en, -Pan 1.2. o-Zä-stämmig Α)-ach,-ech Β) Velarsuffixe mit Deminutivfunktion 1.3. ä-stämmig A) -ad B) -achtAecht c) -\s in Adjektivabstrakta D)-e s E) -(n/th)at/et 2. yo- und .yä-stämmige Suffixe 2.1. ^o-stämmig A) -aige

VII 241 241 249 260 260 263 264 265 268 273 275 280 283 283 295 298 311 311 314 314 Suffixe 316 316 316 316 321 326 327 327 330 333 333 334 336 337 341 344 345 345

Vm

Inhalt Β) Nomina actoris mit -aire 347 C) -ene und -ine 351 2.2. j>0-/3>ä-stämmig 352 Α) sekundäres -e 352 Β)-(i)de 357 c) -ne einschließlich -(s)ine 361 2.3. ^ä-stämmig: -e einschließlich -aige 370 3. i'-stämmige Suffixe 375 3.1. konsequent i-stämmig 375 A )-id{-thid) 375 Β) -dir vs. -(a)toir 380 3.2. überwiegend i-stämmig 383 Α)-ä(i)l 383 Β) -oit 386 4. «-stämmige Suffixe 387 a ) -\d zur Bildung von Verbalnomina 387 B) -(i)us/-es für Adjektivabstrakta 389 5. η-stämmige Suffixe 391 5.1. in maskulinen Ableitungen: -em (Gen.Sing. -emon) . . . . 391 5.2. in femininen Ableitungen: -t(i)u (Gen.Sing. -ten) 393 6. Dentalstämmige Suffixe 396 6.1. reine Dentalstämme: -etu, -atu 396 6.2. nasalhaltige Dentalstämme: -et {-at, -it) 399 3. Das Suffix -as, -es für Nomina essendi als Untersuchungsmuster . . 401 Morphem 402 Flexion .402 Genus .402 Funktion .403 Bildungen 403 Etymologie 419 4. Die Suffixe mit morphologischer Funktion 423 4.1. Im Steigerungssystem 423 ([A] *-yös, -is, [Β] *-(t)ero-; [c] *-(t)amo-; [D] *-(i)samo-) 4.2. Im Partizipialsystem 431 ([A] *-nt-\ [Β] *-m(V)no-·, [C] *-wos/t-\ [D] *-to-/-tä, [E] *-tyo-/-tyä\ [F] *-towei) 5. Die Suffixe mit anlautendem Vokal 447 (§ 6.Α *-önä; § 6.Β *-en-; § 6.C *-ari-s; § 6.D *-eto-; § 6.E *-alo-, § 6.F *-isiä\ § 8.2 *-fno-/-fnä)

Inhalt

IX

Β. Suffixoide (§ 4.1 -mar, § 4.2 -(*s)amail, -email-, § 4.3 -fedach, -fadach; § 4.4 -car; § 5.1 -red, -rad [ntr.]; § 5.2.1 -gar und -gal·, § 5.2.2 -rad [fem.]; § 5.2.3 -caill; -tan?; -saine, -sine·, § 5.3 -bad; § 5.4 -(*s)aige; § 6 -denmaid)

.461

C. Mehrfachderivative

478

D. Interfixe

.486

Teil III: Andere Mittel der Ableitung

495

Allgemeines

.497

A.l. Reduplizierung

.499

A.2. A.3. A.4. A.5.

.508 522 529 545

Geminierung Dehnung StammbildungsWechsel einschließlich Calandscher Alternanzen . . . . Innere Ableitung

B.l. Suffixersatz B.2. Rückbildungen

.557 566

C. Femininmovierung durch Präfigierung

583

Bibliographie

587

Register 1. Wörter 2. Suffixe und suffixale Elemente

645 645 760

Vorwort

Obwohl die morphonologische, syntaktische und semantische Aspekte in sich vereinigende Wortbildung einen zentralen Bereich der Sprachwissenschaft darstellt, gehört sie zu den am wenigsten erforschten Sachgebieten des Keltischen. Der von vielen Autoren wiederholt bemängelte, dürftige FORSCHUNGSSTAND bildet einen geradezu verblüffenden Kontrast zu der Fülle der für die klassischen wie auch andere Sprachen seit langem vorliegenden Untersuchungen, und keltisches Sprachmaterial wird, wenn überhaupt, meistens nur sehr begrenzt in den Wortbildungsarbeiten zur übrigen Indogermania berücksichtigt. Dies ist nicht zuletzt den den keltischen Sprachen inhärenten Schwierigkeiten zuzuschreiben: Der trümmerhaften Überlieferung des Festlandkeltischen stehen im Inselkeltischen weitgehende Reduktionen des Lautkörpers der einzelnen Lexeme gegenüber, die die Durchsichtigkeit der ursprünglichen Bildungen stark beeinträchtigen und auch den - bisweilen über das Lautliche hinausgehenden - Zusammenfall unterschiedlicher etymologischer Gebilde bedingen. Infolgedessen konnte die hier vorgelegte Studie - außer auf Pedersens Abriß der keltischen Wortbildung (VGKS: H S . 1-71) - in den seltensten Fällen auf Detailuntersuchungen zurückgreifen, um sie mit den neuesten Erkenntnissen zu konfrontieren und kritisch zusammenzufassen. Um über die bisher vorliegenden und größtenteils eher summarischen Darstellungen hinauszukommen, mußten deshalb zum einen die etymologischen Ansätze einer Vielzahl von Wörtern überprüft beziehungsweise, in Anbetracht der oben erwähnten synchronischen Mehrdeutigkeit vieler irischer Bildungen, gegeneinander abgewogen werden, wobei nur die Berücksichtigung indogermanischer Gegebenheiten, und zwar zusätzlich zu den innerkeltischen, eine zuverlässige METHODISCHE GRUNDLAGE liefern konnte. Beim innerkeltischen Sprachvergleich wurde die konsequente Einbeziehung der durch Neufunde und Verfeinerung alter Interpretationen stetig an Bedeutung zunehmenden festlandkeltischen Evidenz angestrebt.

χπ

Vorwort

Gelegentlich konnte auch die Befragung der jüngeren goidelischen Sprachschichten zur Verbesserung der Einblicke in die etymologischen Verhältnisse einiger Lexeme beitragen. Gleichzeitig wurde hier der Versuch unternommen, auch z.T. jüngere, komplexere Wortbildungsprozesse als die bloße suffixale Derivation erstmalig mit der notwendigen Konsequenz geschlossen für sich zu diskutieren, da sie gelegentlich bisher unbeschrittene etymologische Wege eröffnen: Dies erforderte u.a. eine gezielte Sichtung der inneririschen Zusammenhänge innerhalb möglichst zahlreicher Wortfamilien, denn, wie Hermann Paul bereits vor hundert Jahren bemerkte, „sind wir in der Wortbildung zu einer sehr individualisierenden Behandlungsweise genötigt" (1896 = Lipka/Günther: S. 23). Somit hofft die vorgelegte Monographie, wenn auch ihr Akzent primär auf der Erschließung des sprachlichen Materials liegt, u.a. durch ihr Bestreben, sowohl der eher synchronen alt- und mittelirischen Perspektive als auch der diachronen innerkeltischen und indogermanischen Achse Rechnung zu tragen, neue methodische Wege aufzuzeigen: Dies erschien um so nötiger, als selbst eine rezente Detailstudie wie Russell 1990 unter anderem durch die ausgebliebene diachrone Aufbereitung der ausführlichen Wortlisten in ihrem Nutzen gemindert ist. Eine bewußte Vernachlässigung historischer Hintergründe fällt bei Doyle 1992 auf, der bei seiner Auswahl u.a. obsolete Suffixe ausschließt, „since [...] there is little that can be done with it [scil. them] apart from listing it [scil. them] in a catalogue of suffixes" (NDMI: S. 10). Andererseits neigte die frühere diachronisch orientierte Forschung zur unmittelbaren Rückprojizierung irischer Bildungen ins Indogermanische, und zwar allzu oft, ohne die jeweilige innersprachliche Wortgeschichte gebührend zu beachten. Schließlich sollte man festhalten, daß der Charakter des Alt- und Mittelirischen als einer Korpussprache zwar einige wortbildungstheoretische Fragen irrelevant werden läßt (es sei hier nur die Problematik 'potentieller Wortbildungen' und derer Akzeptanz erwähnt), daß aber selbst bei der Untersuchung älterer Sprachschichten nur dann bessere Resultate erzielt werden, wenn man die Ergebnisse einbezieht, die aus der Beobachtung der Wortbildung lebender Sprachen hervorgehen.

Vorwort

xm

Was die ART DER ERGEBNISSE angeht, die im Verlauf dieser sozusagen zweigleisigen Untersuchung erzielt wurden, so lassen sich darunter nicht nur verschiedene verbesserte und teilweise neue etymologische Ansätze anführen, sondern auch die inhaltliche Bestimmung einiger Bildungstypen und sogar Stammbildungen, in denen z.T. sogenannte 'Wort-' bzw. 'semantische' oder 'Bedeutungsnischen' erkannt werden konnten, aus der sich in einigen Fällen das Motiv für den inneririschen Übergang semantisch verwandter Lexeme in die betreffende Flexionsklasse ergibt. Wortbildungsgruppen oder 'Wortstände', d.h. ,,Gruppe[n] semantisch zusammengehöriger motivierter Bildungen mit formal unterschiedlicher Ausstattung" (Lewandowski 5 LW 3 s.v.), traten ebenfalls zutage. In anderen Fällen war es möglich, lautlich zusammengefallene Bildungen anhand ihrer Semantik zu trennen und ihre ursprüngliche Struktur aufzudecken. Ferner konnten für einige Ableitungstypen die Ausgangsform, die Etappen ihrer Herausbildung oder eventuell ihre fremde Herkunft präzisiert werden. In diesem Zusammenhang wurde konstatiert, daß deskriptiv abtrennbare Suffixe meist aus mehreren Quellen entstanden sind, wobei die Produktivität im Einklang mit dem Wiedererkennungswert eines Derivationsmorphems steht; produktive Morpheme konnten dadurch sehr häufig zur Neubestimmung uneindeutig gewordener Derivate eingesetzt werden. Da die Untersuchung sich als Beitrag nicht nur zur Rekonstruktion des goidelischen Keltischen, sondern auch des Indogermanischen begreift, war selbst die Feststellung von Verlusten und Substitutionen auf dem Hintergrund der indogermanischen Erbmasse von Bedeutung, zumal gerade diese tiefergehende Einsichten zur Stellung des Keltischen im Kreis der Indogermania ermöglichen können. Ebenso hat sich der konsequente, wenn auch knappe Vergleich zwischen den üblichen für die keltischen Flexionstypen angesetzten Rekonstrukten und dem heutigen Modell der indogermanischen Grundsprache in den zwölf Kapiteln von Teil I als aufschlußreich erwiesen. Schließlich ist auf verschiedene Lautgesetze hinzuweisen, die sich aus der systematischen Beobachtung ähnlicher lautlicher Folgen an der Morphemfuge ergaben und somit neu- bzw. auch erstmalig formuliert werden konnten.

XIV

Vorwort

Trotz der scheinbaren Länge wurde eine gewisse Kürze - und Benutzerfreundlichkeit des Werkes angestrebt; einzelne Etymologien werden nur dann aufgeschlüsselt, wenn die bisherige Erklärung umstritten ist oder für nicht befriedigend gehalten wurde, und vorhandene Entsprechungen in anderen - selbst keltischen - Sprachen wurden nur äußerst sparsam erwähnt; auch die häufigen Verweise auf eigene Schriften mögen in diesem Sinne verstanden werden. Die englischen Bedeutungen der irischen Beispiele, aus den betreffenden Lemmata im Wörterbuch der Royal Irish Academy (DIL) extrahiert, wurden - ggfs. in etymologischer Reihenfolge arrangiert - beibehalten, um Eindeutigkeit und Einheitlichkeit zu gewährleisten.

„Die Geduldsprobe, [...] noch mehr [...] zu lesen, hätte ich freilich fortsetzen können, allein es lohnte sich zuletzt wenig, und endlich muss man solchen Arbeiten irgendwo eine willkürliche Grenze setzen, da sie keinen bestimmten Abschluss in sich tragen. Auch was ich gesammelt hatte, ist nicht alles verarbeitet; sehr viel Worte, die mir nicht recht sicher schienen [...], habe ich bei Seite geworfen." August Leskien, aus dem Vorwort zu Die Bildung der Nomina im 1891 (Nachdruck 1975, S. 7f.)

Litauischen,

Die Materialsammlung - auch in diesem Falle weit umfangreicher als die im einzelnen als gesichert oder plausibel selektierten Etyma - wurde für die ersten beiden Jahre (1992-1993) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit einem Habilitandenstipendium gefördert. Daß sie in der ursprünglichen umfangreichen Form abgeschlossen werden konnte, ist nicht zuletzt dem Romanischen Seminar der Universität Mainz zu verdanken, und in Sonderheit Herrn Professor Klaus Ley, der mich im April 1995 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin anstellte und immer viel Verständnis für meine Forschungen gezeigt hat. Eine fast identische Vorfassung der Monographie wurde im Oktober 1997 mit dem Titel „Sprachhistorische Grundlagen der nominalen Wortbildung im älteren Irischen. Stammbildung und Derivation" der Bonner Philosophischen Fakultät vorgelegt und am 28. Januar 1998 als

Vorwort

XV

Habilitationschrift anerkannt (die Venia legendi in Vergleichender Indogermanischen Sprachwissenschaft wurde am 22. April 1998 erteilt). Daher wurde seit 1997 erschienene Literatur nur selektiv in die bereits bestehende Studie einbezogen. Unter den Gutachtern der Bonner Fakultät verdanke ich insbesondere den Professoren H. Keipert, J. Knobloch, H J . Wolf und St. Zimmer verschiedene Korrekturen. Dank gebührt aber vor allem meinem Lehrer, Herrn Professor Karl Horst Schmidt, für die langjährige Ausbildung und stetige Unterstützung, derer ich mich erfreuen konnte. Er ist auch Herausgeber dieser Buchreihe, in der nun meine „sudate carte" unter der sachkundigen Betreuung des Verlagshauses Niemeyer das Licht der wissenschaftlichen Welt erblicken dürfen.

Bonn, im August 1999

Patrizia de Bernardo Stempel

Einleitung

Zum Gegenstand:

1. Wesen und Leistung der Wortbildung; 2. Nominale Wortbildung; 3. Strategien der Wortbildung: 3.1 Simplicia, ihre Bestandteile (3.1.1) und Ableitungstypen (3.1.2.0 - 3.1.2.1.2.1); 3.2 Komposita.

Zum Korpus Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge Zum Aufbau der Untersuchung

Zum Gegenstand: 1.0. WORTBILDUNG läßt sich als eine Reihe schöpferischer Verfahren im Bereich des Wortschatzes einer Sprache verstehen, die die jeweiligen Lexeme ergreifen können, um daraus neue zu erzeugen, für die bisweilen ebenfalls der Terminus 'WortbildungEN' konkret gebraucht wird1. 1.1. Daher ist die wissenschaftliche WORTBILDUNGSLEHRE, deren Anfänge in der Neuzeit gerne auf J. Grimm zurückgeführt werden , ein eminent diachronischer Teil der Sprachbetrachtung, denn nur die jeweilige Sprachgeschichte läßt uns die Relationen zwischen alten und neugebildeten Wörtern erkennen und „ausmachen, welche Bildungsweisen in einer

2

Τ

So begreift z.B. Brekle „Wortbildungen als Ergebnisse von in einem jeweiligen synchronisch verstandenen Sprachsystem wirksamen produktiven sprachlichen Prozessen" (1975/5, Fachtagung: S. 26). So u.a. Paul 1896 in Lipka/Günther: S. 17 und Barz 1985IKratylos 29: S. 153 Anm. 4. Zur jüngeren Entwicklung vgl. Bauer 1993/EWF: S. 2ff. mit Literatur, zu Wortbildungsuntersuchungen in der Indogermanistik Risch 1984/Benveniste II. Denn „Durch sekundäre Bedeutungsentwickelung der Ableitung oder des Grundwortes kann die Beziehung zwischen beiden verdunkelt und schliesslich ganz aufgehoben werden." „Endlich können durch Untergang des Grundwortes Ableitungen ganz isoliert werden, so dass sie sich nur noch historisch in das Wortbildungssystem einreihen lassen." (Paul 1896 = Lipka/

2

Einleitung

bestimmten Epoche noch lebendig sind [...], und innerhalb welcher Grenzen" 4 . 1.2. Der Bedarf, neue Benennungen zu prägen, wird in wortbildungsrelevanten Sprachen von der Wortbildung auf zweifache Weise gedeckt: Durch die Anwendung bestimmter - im folgenden beschriebener - Prozeduren kann die Funktion eines Lexems in seiner Wortart oder in seinem semantischen Gehalt verändert werden, wobei der dafür häufig gebrauchte Terminus 'Transkategorisierung' 5 nur auf den ersten der beiden VERÄNDERUNGSTYPEN anwendbar ist, der also Verba aus Substantiven f\

7

bzw. Adjektiven erzeugt , Substantiva aus Verben bzw. Adjektiven und schließlich Adjektiva aus Verben bzw. Substantiven8. In den übrigen drei Fällen erfolgt der Wandel der Funktion (z.B. bei einem aus einem Nomen actionis entstandenen Nomen agentis) innerhalb der ursprünglichen Wortart, und so hat man deverbale Verba, deadjektivische Adjektiva und desubstantivische Substantiva. Innerhalb derselben Wortart bewegt sich - neben der zweiten Gruppe der soeben beschriebenen FUNKTIONSVERÄNDERUNG - auch die ALTERA-

TION, ein Wandel rein semantischer Natur, bei dem eine Eigenschaft des 'Signifie' in ihrem Grad modifiziert, bzw. ggfs. das Designat mit einer Konnotation versehen wird. 2. Unter NOMINALEr WORTBILDUNG versteht man demnach jene funktionalen Veränderungen und semantischen Alterationen des Wortschatzes einer Sprache, aus denen Nomina, d.h. Substantiva und Adjektiva hervorgehen. Gegenstand der Untersuchung sind daher die Transformationen V(erb) - S(ubstantiv) bzw. A(djektiv), S - Α und A - S, wie auch A Α und S - S. Günther: S. 23). Paul 1896 = Lipka/Günther: S. 24. Z.B. von Dardano 1988/LRL 4: S. 55. Vieldeutiger ist die Verwendung des Terminus 'Konversion', vgl. u.a. Bußmann 1990 2 /LS: S. 423f., West 1994/ PGG 5: S. 26. Desubstantivische bzw. deadjektivische Verba. Deverbale bzw. deadjektivische Substantiva. Deverbale bzw. desubstantivische Adjektiva.

Zum

Gegenstand

3

3.1.0. Enthält ein beliebiges Nomen ein einziges Lexem (d.h. ein auch

selbständig auftretendes, bedeutungstragendes Morphem), so haben wir es je nach der STRUKTUR DES SIMPLEX bzw. nach den sonstigen Bestandteilen des betreffenden Substantivs oder Adjektivs mit einem einfachen Grundwort oder mit einer Ableitung zu tun. 3.1.1.0. Was hier GRUNDWORT genannt wird oder auch - von manchen

Autoren - 'Primitivum', ist ein Lexem, aus dem andere durch Anwendung bestimmter Regeln sekundär entstehen können und vielfach auch entstanden sind, das sich aber seinerseits auf kein anderes in der Sprache selbständig existierendes Wort zurückführen läßt9. Ein ererbtes Grundwort ist demnach entweder die unmittelbare Fortsetzung eines für das Indogermanische rekonstruierbaren Lexems oder direkt aus einer indogermanischen Wurzel durch bloße Anfügung eines stammbildenden 10 Morphems gebildet. 3.1.1.1. Als stammbildende Morpheme können bei den ererbten Grund-

wörtern - im Bereich der Nomina - vokalische Elemente fungieren, wie in den sogenannten vokalischen STAMMBILDUNGEN (hier o-, ä-, Ϊ- und uStämme), Verbindungen von Vokal und Konsonant wie in den sogenannten konsonantischen Stammbildungen (hier rt-, r-, s-, Dental- und Gutturalstämme) 11 , oder auch Null wie in den sogenannten Wurzelnomina. 3.1.2.0. Die ABLEITUNGEN, die zwar grundsätzlich auch von Komposita gebildet werden können, hier aber - wie auch sonst in dieser Untersu-

10

11

Für den in dieser Studie gemachten Unterschied zwischen 'Grundwort' und 'Ableitungsbasis' sei hier auf Anm. 17 verwiesen. Zum Verständnis von 'STAMM' vgl. Hockett 1958/CML: „ When all inflectional affixes are stripped from the words of a language, what is left is a stock of stems" (S. 240), daher: „Das allen Flexionsformen gemeinsame Element bei Nomen und Verbum ist der Wortstamm als Träger der Wortbedeutung." (Leumann/Hofmann/Szantyr: I S. 259). Beide Typen stammbildender Morpheme werden von W.P. Lehmann 1993/ ThBIEL: S. 147 als „derivational affixes" bezeichnet, die er von den komplexeren und am ehesten eine erkennbare Funktion (bzw. „Kernfunktion", Leumann 1944 = 1973 : S. 134) aufweisenden „additional" bzw. „new derivational affixes" unterscheidet.

4

Einleitung

chung 12 - nur in Bezug auf Simplizia behandelt werden, lassen sich per definitionem (d.h. im Gegensatz zu den Grundwörtern) auf die soeben beschriebenen lexikalischen Primitiva zurückführen: Aus ihnen sind sie nach dem bisher Gesagten durch Anwendung eines wortbildenden Regel1^

systems im Laufe der Zeit entstanden . Ableitungen können außerdem selbst auf der Grundlage von bereits bestehenden Ableitungen gebildet werden, wobei man dann von 'Mehrfachderivativen' 14 spricht. 3.1.2.1.0. Die ENTSTEHUNG EINES ABGELEITETEN WORTES geschieht in

den allermeisten Fällen in den indogermanischen Sprachen durch Hinzufügung eines 'lexikalischen' Morphems, eines sogenannten Affixes 15 , weswegen gelegentlich die Ableitung durch Affigierung als Ableitung schlechthin angesehen wird 16 . 3.1.2.1.1. Andere Strategien, die - alleine oder in Verbindung mit der Affigierung - ebenfalls zur Bildung neuer, abgeleiteter Wörter führen und denen Teil DI gewidmet ist, sind aber auch (a) die W i e d e r h o LUNG der sog. Ableitungsbasis17, wie sie bei der REDUPLIZIERUNG stattfindet, oder zumindest einiger ihrer charakteristischen Bestandteile, 19 S. weiter unten «Zum Korpus» § 3. Bei diesem Verfahren „L'element nouveau qu'elle [seil, la derivation] apporte s'introduit au sein meme du mot primitif. [...] Cette modification ou ce changement du mot peut frapper le noyau seul ou la classe seule ou bien les deux en meme temps" (Br0ndal 1943/ELG (14): S. 124). 14 Hier in II.C behandelt. 15 „The very label 'affixation' suggests an increase in size; it implies the attachment to the primitive of a segment carrying the relevant grammatical message." (Malkiel 1978/UHL 3: S. 129). 16 Dazu West 1994/PGG 5: S. 18f. ιη Im Unterschied zum 'GRUNDWORT', das in der vorliegenden Untersuchimg dasjenige Wort bezeichnet, das am absoluten Anfang eines Ableitungsprozesses steht, wird als 'ABLEITUNGSBASIS' die unmittelbare Grundlage des jeweils einzelnen abgeleiteten Wortes angesehen (der ersten also der beiden von Fruyt 1984IKZ 97: S. 247 für den Terminus angegebenen Bedeutungen entsprechend, i.e. als „le premier element d'un derive"). Demnach ist z.B. air. lgarb 'rough; rude' das Grundwort und garbän die Ableitungsbasis von air. garbänach 'id.' 13

5

Zum Gegenstand

wie sie bei der GEMINIERUNG und in gewissem Sinne auch bei der DEHNUNG erfolgt; (b) die V a r i a t i ο η der Stammbildung beim STAMMBILDUNGSWECHSEL oder des gesamten Ausganges bei dem SUFFIXER10

SATZ; (c) der U b e r g a η g o h n e Veränderung des 19 20 Wortkörpers zu einer anderen 'Qualitas' , einer anderen Funktion oder gar zu einem anderen Redeteil 21 wie bei der 'Null-' bzw. iNNEREn A B LEITUNG; (d) schließlich die M i n d e r u n g des Wortkörpers selbst, so daß die durch Subtraktion eines vermeintlichen affixalen Morphems aus dem Grundwort entstehende Ableitung synchron das Aussehen eines mutmaßlichen Primitivums erhält, wie bei der RÜCKBILDUNG22. 3.1.2.1.2.0. Auch die hier in § 3.1.2.1.0 definierte ABLEITUNG DURCH AFFIGIERUNG läßt sich in vier HAUPTTYPEN unterteilen, und zwar ausgehend von der Stelle, an der das Affix antritt , denn Präfixe werden der Ableitungsbasis vorangestellt, Suffixe angehängt, Infixe in die eigentliche Wurzel eingeschoben 24 und Zirkumfixe gleichzeitig vor und hinter die 18

Oder gar Vermehrung, weswegen man in solchen Fällen von 'impliziten' Ableitungen spricht. Die Einfuhrung dieses Terminus als Oberbegriff für Eigenschaften, nach denen in den Sprachen der Welt Substantiva klassifiziert werden (z.B. Belebtheit, Ähnlichkeit mit dem Menschen, Form, Grad der Abstraktheit, Konsistenz oder auch natürliches Geschlecht selbst) bei DB St 1995/GS Kurytowicz: Anm. 2. 20 S. oben § 1.2. 99 I.e. Pars orationis. So z.B. im Falle von dt. Sorgfalt aus dem semantisch durchsichtigen sorgfältig, vgl. West 1994/PGG 5: S. 18f. bzw. 26: „In this case, the secondary form actually has less morphological material than the form from which it is supposed to be derived". 23 „Depending on the locus where the insert is being made, analysts invoke prefixes, infixes, suffixes, and occasionally ambifixes and interfixes." (Malkiel 1978/UHL 3: S. 129f.). 24 Im Unterschied zu den von Malkiel - I.e. in Anm. 23 - erwähnten INTERFIXEn, die, nur z.T. als Reste früherer Stammbildungen oder verlorengegangener Zwischenderivate, vor die eigentlichen Suffixe treten, weshalb sie ζ. B. von Prati 19AHItalia dialettale 18: S. 81ff. „antisuffissi" (im Sinne von „presuffissi", „avansuffissi", so Merlo ibid.: S. 75) genannt werden.

6

Einleitung

Ableitungsbasis angefügt. Die Infigierung ist aber äußerst selten in den indogermanischen Sprachen, die sie nur als Mittel der v e r b a l e n Wortbildung kennen; ebenfalls sind Zirkumfixe der Grundsprache unbekannt und haben sich gelegentlich auf einzelsprachlicher Ebene entwickelt. Somit treten als wesentliche Typen der Ableitung durch Affigierung die PRÄFIGIERUNG und die SUFFIGIERUNG25 hervor.

Da mit Ausnahme der Präfigierung alle anderen bisher erwähnten Strategien in den verschiedenen Teilen der vorliegenden Studie in Hinblick auf das Irische gesondert untersucht werden, seien an dieser Stelle einige Grundbemerkungen gemacht, die auf Präfixe zutreffen. 3.1.2.1.2.1.0. Richtet man das Augenmerk besonders auf das ältere Irische, so läßt sich sagen, daß die WIRKUNG DER PRÄFIGIERUNG, obwohl die damit neugeprägten Wörter in vielen Fällen einer anderen Wortart als ihre Ableitungsbasis angehören, nicht diejenige der Funktionsveränderung ist, was schon für das Indogermanische zutraf 26 ; in einem dem Goidelischen eigentümlichen Fall kann jedoch die Präfigierung ausnahmsweise das Geschlecht eines Substantivs verändern27. 3.1.2.1.2.1.1. Zählt man zu den PRÄFIXEn - wie im folgenden - nicht nur die wenigen eigentlichen28, die in der indogermanischen Grundsprache an Nomina antraten29, sondern auch ererbte Präpositionen 30 bzw. Adverbien wie auch aus Kompositionsgliedern sekundär entstandene Prä-

26

2Q 30

Dazu II, «Allgemeines». Vgl. u.a. Fleischer/Barz: S. 25f.; ferner Dardano 1988/LRL 4: S.58 und Bauer 1993/EWF: S. 31 (zum Italienischen bzw. Englischen). Darüber im einzelnen in III.C. Der Terminus Präfix bezieht sich auf vorausgehende, reihenbildende Wortbildungselemente, die ausschließlich i n g e b u n d e n e r F o r m auftreten. Darunter z.B. *n- privativum. Im Unterschied zu den Präfixen können die Präpositionen bekannterweise auch - häufig sogar in derselben Gestalt - als freie Formen vorkommen, vgl. u.a. air. air- 'before' vs. negatives an-.

Zum

Gegenstand

7

fixoide31, so ergeben sich mancherlei strukturelle Überschneidungen zwischen Präfigierung und Komposition 32 , und überhaupt „Frequentiora ceteris omnibus sunt composita cum particulis"33. Grundlegend ist die UNTERSCHEIDUNG DER AN NOMINA ANTRETENDEN PRÄFIXE NACH IHRER BEDEUTUNG: I. temporal/lokal; Π . intensivierend, d.h. den Grad einer im zugrundeliegenden Adjektiv oder Substantiv enthaltenen Eigenschaft ausdrückend; ΙΠ. verneinend, wobei auch exozentrische Bildungen entstehen können 34 . 3.1.2.1.2.1.2.

3.2.0. Enthält dagegen ein Nomen mehr als ein einziges Lexem, haben wir also mit der engeren Verbindung zu tun, die mindestens zwei selbständige Lexeme miteinander eingegangen sind, so handelt es sich entweder um ein KOMPOSITUM oder um eine ZUSAMMENRÜCKUNG: Ein Kompositum liegt vor, wenn das als erstes auftretende Lexem in seiner Stammform erscheint. Man spricht dagegen von Zusammenrückungen, or wenn die Kasusformen der involvierten Lexeme - oder ggfs. sogar andere Redeteile wie der Artikel oder eine Präposition 36 - bei dem Vorgang der Zusammensetzung erstarrt erhalten geblieben sind. 3.2.1.0. Die Möglichkeiten, Komposita zu definieren und zu klassifizieren, sind vielfältig, wobei DAS SYNTAKTISCHE VERHÄLTNIS DER 37 BESTANDTEILE untereinander maßgeblich ist . 31

32 33 34

35 36 37

Affixe also, die „reihenbildend auftreten und mit einem frei vorkommenden Element form-, aber nicht bedeutungsidentisch sind" (Bußmann 2 1990/LS: S. 599). Zu den Etappen ihrer Entstehung s. III.C. § 2 mit Anm. 7. Die verschiedenen Typen der letzteren unten sub § 3.2.1.1 (1- 6). GC: S. 859. Vgl. Dardano 1988/LRL 4: S. 58 § 4.2.1. Einige an Adjektiva tretende Präfixe behandelt jetzt zusammenhängend Wodtko 1995/SaAiGl. Vgl. aber Pedersen und Fleuriot bei DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 162. So z.B. in air. innocht 'tonight'. So fordert Marchand (bei Günther/Lipka in Lipka/Günther: S. 9) für eine adäquate Beschreibung von Komposita die Berücksichtigung von „morphologic shape, morphologic structure, grammatical deep structure (syntactic relations in the underlying kernel sentence and type of reference), semantic

8

Einleitung 1 0

Insbesondere spielt die Feststellung der Reihenfolge von Determinatum [ D ™ ] und Determinans [D ANS J innerhalb der Keltologie eine ausnehmend aussagekräftige Rolle, da bekanntlich die inselkeltischen Sprachen die ursprüngliche indogermanische und noch für das Gemeinkeltische erwiesene Subjekt-Objekt-Verb-Syntax [SOV] mit dem D t o m in Endposition weitgehend zur VSO-Reihenfolge der Konstituenten umgestellt haben. 3.2.1.1.0. Hier sei nun in knapper Form die EINTEILUNG DER KOMPOSITA geschildert, auf die im Laufe der vorliegenden Untersuchung der nominalen Stammbildung und Derivation bei Bedarf zurückgegriffen wird: Es handelt sich dabei um ein an der altindischen Wortbildungslehre orientiertes Klassifizierungsraster, das Verf. - unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur - zur Erfassung nominaler Bildungen in ihrem „Rückläufigen Wörterbuch des älteren Irischen" 40 entwickelte und sechs Hauptgruppen einfacher nominaler Komposita 41 unterscheidet.

38

-IQ

40 41

content". Der Hinweis auf die Tiefenstruktur des zugrundeliegenden Satzes ist im Sinne von Brekle 1975/5. Fachtagung: S. 38f. aufzufassen, nämlich „daß Komposita nicht aus vollständigen Sätzen, sondern aus Satzbegriffstrukturen abzuleiten sind" (S. 36). Grundsätzliches darüber bei W.P. Lehmann 1969/ALH 12; K.H. Schmidt 1974/11ICL; Ahlqvist 1985/HSHWF. Für das Altbretonische und das Altkornische ist von Fleuriot: S. 365 bzw. DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 162 „Passoluta prevalenza di composti con il determinante al primo posto" festgestellt worden. Zur relativen Chronologie im Altirischen vgl. die Beobachtungen von DBSt 1995/GS Kurytowicz: § 3.3.2.8. S. diesbezüglich unten «Zum Korpus» § 3. Zum Projekt ausführlich DBSt 1992/ZCP 45 (hierzu bes. S. 147). Als komplexere Typen wären die Ableitungen von Komposita zu nennen, darunter v.a. die mit verdeutlichendem Suffix erweiterten SUFFIGIERTEN BAHUVRLHIS (zu dem Grundtyp im folgenden § 3.2.1.1.5), die sogenannten ABLEITUNGSKOMPOSITA (auch Hypostasen genannt, bei denen „es sich um Adjektivierung (selten Substantivierung) von zweigliedrigen adverbiellen Ausdrücken" handelt, vgl. Risch 21974/WHS: § 69.a; ferner Krahe/Meid: III § 37. Ein altirisches Beispiel dafür ist das i-stämmige Maskulinum allmar, allmuir 'one from overseas', vergleichbar gebildet wie frz. outremer und zu

Zum Gegenstand

9

3.2.1.1.1. Bei der Hauptgruppe der KOPULATIVKOMPOSITA (aind. dvandva- n. 'Paar'), deren der gleichen Wortart angehörende Glieder asyndetisch einander koordiniert sind, ist es notwendig - den keltischen Gegebenheiten entsprechend -, zwischen DVANDVAS AUS SUBSTANTIVEN ( α ) und DVANDVAS AUS ADJEKTIVEN (ß) z u unterscheiden 4 2 .

3.2.1.1.2. Gleichrangige Glieder zeigt auch die Hauptgruppe der WLEDERHOLUNGSKOMPOSITA (aind. ämredita- 'wiederholt'), bei denen die Wiederholung auf der Ebene des Signifiant oder des Signifie zum Ausdruck kommen kann: Es ist also angebracht, je nachdem von ÄMREDITAS ΜΓΓ LEXIKALISCHER WIEDERHOLUNG (α) und den weit zahlreicheren ÄMREDITAS MIT SEM ANTISCHER WIEDERHOLUNG (ß) zu sprechen 43 . Beide Typen werden dann nach ihrer Wortart bzw. der Wortart der Konstituenten genauer unterschieden. 3.2.1.1.3. Unterordnung des D T O M S zu dem in alter Zeit vorangehenden qANS - st d EM G E G EN Ü5 ER für die als tatpurusa44 bekannten SUBORDINIE-

allmarach 'foreign' und allmarda 'strange' erweitert) und nicht zuletzt die ABLEITUNGEN ZUSAMMENGESETZTER VERBA. 42

43

44

Vgl. DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 160f. mit Literatur und zusätzlichem Material (nicht zitiert von Uhlich 1993/MKoPnAi: S. 88f.). So klassifiziert schon in DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 161 mit verschiedenen altirischen Beispielen des zweiten Typus, den Sjoestedt 1927/FS Loth weniger treffend „composes pleonastiques" nannte. Die Auffassung dieser Gruppe durch Krahe/Meid: III § 30 (wohl unter Übernahme von Sjoestedts Benennung: „tautologische Komposita") als „Grenzfälle determinativer Komposition, in denen die bestimmende Kraft des mit dem Hinterglied synonymen oder nahezu synonymen Vordergliedes sehr gering ist", ist zwar theoretisch möglich, vermag aber deren Motivation nicht zu erklären. Da wir es dabei mit der „pleonastische Charakterisierung eines einzelnen Begriffes" zu tun haben, weswegen es sich eben nicht um Dvandvas handeln kann (Krahe/Meid ibid.), ist diese vielmehr in der rhetorischen Figur des Hendiadyoin zu suchen, die sich auch außerhalb der Komposition in der mittelalterlichen inselkeltischen Literatur großer Beliebtheit erfreute. Beide Ansätze werden von Uhlich 1993/MKoPnAi a.a.O. nicht berücksichtigt. Für aind. tasya purusah 'dessen Diener'.

10

Einleitung

charakteristisch. Während das D ^ 8 meist aus einem Substantiv besteht, richtet sich die grundlegende Unterscheidung nach der Wortart des D ™ 1 ^ , das - in der Regel als Schlußglied - durch ein impliziertes Kasusverhältnis näher bestimmt wird 45 . Eine dritte Untergruppe machen die 'umgekehrten Tatpurusas' 46 aus, in denen also das D A N S die zweite Stelle im Worte einnimmt. RENDEn D e t e r m i n Α T i v k o m p o s i t Α

3.2.1.1.4. Wegen der ausbleibenden syntaktisch-kasuellen Unterordnung der Konstituenten sind die endozentrischen47 ATTRIBUTIVKOMPOSITA vom letzteren Typ zu trennen, da bei ihnen das D ^ 8 im selben Kasus wie das von ihm bestimmte D T U M zu verstehen ist. Davon lassen sich nicht weniger als sieben Untergruppen aufzeigen, und zwar je nachdem, ob ein Substantiv durch ein Possessiv, Partizip, Adjektiv, Zahlwort, Adverb oder ein zweites Substantiv bestimmt wird, bzw. ob es sich um eine Verbindung zweier Adjektiva handelt 48 . 3.2.1.1.5. Exozentrisch 49 sind demgegenüber die P o s s e s s i v k o m p o s i t a (aind. bahuvrlhi- 'viel Reis (habend)'), bei denen dem grundsätzlich substantivischen D t u m ein bestimmendes Adjektiv, Substantiv, Zahlwort

45

46 47

48

49

Folglich werden die Strukturen {Substantiv + Substantiv} wie in aind. räjaputra- 'Königssohn > Prinz' und {Substantiv + Adjektiv} unterschieden. Letztere Struktur weisen insbesondere die auch unter dem altindischen Terminus karmadhäraya bekannten VERGLEICHUNGSKOMPOSITA vom Typ dt. schneeweiß auf, wie z.B. air. uanfind 'foam-white'; darüber mit Literatur sowie zur auch im Altkornischen sehr gut vertretenen Hauptgruppe der Tatpurusas - DB St 1991/GS Evangelisti: S. 160ff. bzw. 168ff. Auch im Altkornischen vertreten, vgl. DB St 1991/GS Evangelisti: S. 171. Der gelegentlich vorkommende, synonyme Terminus dt. esozentrisch sollte auf internationaler Ebene doch gemieden werden, da italien. esocentrico dem dt. exozentrisch entspricht. Literatur und Beispiele für die zahlreichen „COMPOSTI DETERMINATIVI DESCRrrnvi" bietet DB St 1991/GS Evangelisti: S. 163ff. Denn sie drücken „nicht einfach die aus dem Schlußglied sich ergebende Funktion , sondern [...] daß die durch den Komplex bedingte Bedeutung Attribut eines Gegenstandes oder einer Person ist" (Thumb/Hauschild: II S. 397).

Zum Korpus

11

oder Adverb vorangeht, vorausgesetzt, daß es sich nicht um die als besondere Untergruppe anzusehenden sogenannten UMGEKEHRTEn B A H U 50 VRIHIS mit D ™ an erster Stelle handelt . 3.2.1.1.6. VERBALE REKTIONSKOMPOSITA, in denen ein verbales Element ein in der Regel vorangehendes nominales oder adverbiales Glied regiert, weisen schließlich signifikante Unterschiede in der Struktur des zweiten Glieds auf, je nachdem, ob darin die bloße oder die um ein Stammbildungssuffix erweiterte Verbalwurzel vorliegt51.

Zum Korpus: 1. Das für die Untersuchung ausgewertete Korpus beinhaltet zunächst einmal sämtliche im IEW und in den bisher vorliegenden Bänden des LEIA (A, B, C, D, M-N-O-P, R-S, T-U) erfaßten alt- und mittelirischen52 Bildungen, die durch die Standardhandbücher sowie ggfs. durch spezielle etymologische Einzelbeiträge ergänzt wurden. Außerdem wurde eine repräsentative und, sofern erforderlich, gelegentlich sogar exhaustive Selektion der Einträge im DIL vorgenommen. Dieser Umstand wie auch die Tatsache, daß für die jeweiligen hier besprochenen irischen Lexeme grundsätzlich die Form der betreffenden Lemmata im DIL übernommen wurde, darf jedoch nicht über die dürftige lexikographische Qualität des Akademie-Wörterbuchs53 - und das im europäischen Vergleich noch weit zurückbleibende Niveau irischer bzw. keltischer Lexikographie überhaupt54 - hinwegtäuschen. Aus der Auswertung des DIL,

50

51

53

54

Über das begrenzte Vorkommen des Kompositionstypus überhaupt im altkomischen Korpus vgl. DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 163. „Der ererbte Typus der WURZELKOMPOSITA [...] hängt mit dem der einfachen Wurzelnomina zusammen." „Während aber die Simplizia meist Nomina actionis oder rei actae sind [...], hat das verbale Hinterglied die Bedeutung eines Partizipiums [bzw. eines Nomen agentis]." „Dabei ist aktive und passive Bedeutung möglich" (Risch 2 1974/WHS: S. 194 § 72). Hier der Einfachheit halber als „älteres Irisch" zusammengefaßt. Im einzelnen von DBSt 1992JZCP 45: S. 134ff. auch anhand sämtlicher zum Wörterbuch erschienenen Besprechungen herausgearbeitet. Zum jeweiligen Stand vgl. K.H. Schmidt 1991/Wörterbücher: III.220 bzw. Ternes 1991/Wörterbücher: III.221.

12

Einleitung

dessen Korpus „from the sixth to the seventeenth centuries" reicht 55 , resultiert die gelegentliche Verwendung von Illustrationsmaterial, das bereits in die Zeit des Frühneuirisehen fällt. Belege dieser Art werden jedoch nur dann angeführt, wenn adäquate ältere Beispiele fehlen oder wenn das ältere Material bereits gänzlich in den Standardgrammatiken verwendet wurde. 2. Um eine trotz des umfangreichen Korpus überschaubare Dimension der Studie nicht zu sprengen, wurde darauf geachtet, Wiederholungen soweit wie möglich zu vermeiden, und zwar nicht nur innerhalb der Monographie selbst, sondern auch hinsichtlich der Materialien und Aussagen, die bereits in Pedersens VGKS (bes. Π: S. 1-71) oder in sonstiger Literatur zu finden sind und folglich nicht in extenso wiedergegeben zu werden brauchten. Einzelne Etymologien werden nur dann diskutiert, wenn die bisherige Erklärung unbefriedigend ist. Auch konnten, vor allem bei produktiven Bildungen, die zusammengetragenen Materialien nicht in ihrer Vollständigkeit aufgelistet, sondern nur anhand relevanter Beispiele diskutiert werden, und zwar obwohl das ältere Irische zu den Korpussprachen zu zählen ist. Eine Ausnahme dazu bildet das hier als «Muster» intendierte Kapitel Π.Α.3. 3. Eine Besonderheit des in der vorliegenden Studie besprochenen Lexemkorpus, auf die ausdrücklich hingewiesen werden muß, besteht darin, daß in der Regel, anders als bei vergleichbaren Untersuchungen sonst üblich, keine sekundären Ableitungen von präfigierten oder sonst zusammengesetzten Bildungen Berücksichtigung finden 56 : Diese Maßnahme wurde vor allem ergriffen, um die Klarheit der erzielten Ergebnisse zu gewährleisten, zumal die Unterscheidung zwischen Ableitungen von Komposita und Komposita von Ableitungen nicht immer eindeutig zu leisten ist.

55 56

Dillon bei DBSt 1992IZCP 45: S. 135. Vgl. u.a. Leumann/Hofmann/Szantyr: I § 256 zu den dort so genannten „Kompositionssuffixe [n]".

Zum Korpus

13

4. Grundsätzlich soll hier schließlich an die beträchtlichen Schwierigkeiten erinnert werden, die dem älteren irischen Material gerade in Hinblick auf die zur Untersuchung von Stammbildung und Derivation erforderliche Segmentierung und Interpretation des Wortausganges anhaften: Sie sind zwar hauptsächlich durch die End- und Mittelsilben bis zum Schwund oder zur Unkenntlichkeit reduzierenden Lautwandelprozesse bedingt57, nicht zuletzt aber auch durch die mittelalterlichen Schreibgewohnheiten und den zeitlichen Abstand zwischen Abfassung und Überlieferung der literarischen Texte . CO

Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge: In dem gerade angesprochenen Zusammenhang 59 erscheint es nicht überflüssig, die Möglichkeiten der Verwechslung und der daraus resultierenden gegenseitigen Beeinflussung der irischen Stammklassen durch eine synoptische Tabelle zu illustrieren. Darin sind die üblichen Kasusendungen der verschiedenen Deklinationen nach der Lautgestalt ihrer Ausgänge gruppiert. Man sollte jedoch darüber hinaus bedenken, daß in dieser Tabelle lediglich die regelmäßigen, synchron altirischen Ausgänge berücksichtigt wurden, während die tatsächlichen mittelirischen Schreibgewohnheiten einen noch viel breiteren Zusammenfall möglich machen konnten.

57

58

59

Dazu zählen nicht nur Apokope und Synkope, sondern auch konsonantische und selbst vokalische Assimilationen, die bei etymologisch unterschiedlichen Bildungen vielfach zum gleichen äußerlichen Ergebnis führen können. Dazu u.a. Jackson 1983/6thICCS: S. 7ff. Ferner DBSt 1992IZCP 45: § 1.2 u. 1.3.5. «Zum Korpus» § 4.

14

Einleitung

Singular

Ausgang Kasus dieu) nimmt Hamp 1975/EC 14 (2): S. 474ff. als Ausweg an: Angesichts der im Nominativ Plural feststellbaren Entwicklung ist allerΛ

dings unwahrscheinlich, daß ein Gen.Sing. **diyowos zu dem belegten 18

die geführt haben könnte . Wenn ferner der Nominativ die einem Nom. Sing. 2 *diyows zugeschrieben werden darf, so liegt darin gleichzeitig ein Argument gegen die Rückführung des Dat.Sing. de < **diyow; stattdessen müßte er dann als Übernahme des Akkusativs erachtet werden, für den Hamp I.e. *diyan19 als geneuerte Form ansetzt. Der n-haltige Stamm ist im Irischen in dem Femininum noinden 'neuvaine bewahrt, außerdem in der «-stämmigen maskulinen Weiterbildung denus 'the space of a day' und ihren Komposita. Λ Λ

14 15 16

17

|

Λ 1

*dy-en-s, *di-n-es, für die sich Ködderitzsch 1977/FS Dickenmann: S. 204ff. ausspricht. Vgl. LEIA-D-64f. IEW: S. 185; Meid 1970yTBF: S. 194f. (Z. 252 u. 254). Wenn man von ~diu absieht. Der Akkusativ de wird von Pedersen VGKS: II § 439.1 auf die Enklise zurückgeführt, ohne daß er jedoch auf die Gründe für die ausgebliebene Reduktion bei dem gerade enklitisch gebrauchten -diu eingeht; überhaupt wird dieses Wort recht häufig proklitisch gebraucht.

Man ist versucht, zumindest dafür an eine j>o-Zugehörigkeitsableitung zu denken. Keine Hilfe bietet Bader 1993/FS Szemerenyi II (3). 18 S. daher den Vorschlag in der vorausgehenden Anm. 17. 19 Wohl < *diyo-m. 20 Vgl. das oben in Anm. 13 angeführte heteroklitische Rekonstrukt von Ködderitzsch 1977. Eine ganz andere Analyse nimmt Hamp 1975/EC 14 (2): S. 474 vor, der in beiden folgenden Lexemen „an old participle in -no- formed on the verb 'to dawn, become day' which survives in Albanian" sieht. 21 LEIA-N-21.

Α. Wurzelnomina

25

- lbi pix zu idg. *gwTw- 'Harz' 22 ; - cnu, end 'nut' (Fem.) noch aus einem alten *knüs, *knuw-os, während z.B. lat. nux eine jüngere Gutturalerweiterung zeigt 23 ; - cru (Ntr.) 'gore, blood', mit Gen. cräu, cro und einem dem Akkusativ gleichen Dativ, zu idg. *krü(s), *kruw-os 'Blut' 24 ; - „auch air. glö 'Ballen' (unsicher) wird herangezogen" , für das die Möglichkeit eines unmittelbaren Vergleichs mit ved. glauh (Mask.) 'Ballen, kropfartiger Auswuchs' bestünde, zumal das DIL s.v. glo 'ball' (?) keine widersprechenden Flexionsformen verzeichnet.

22

23

24

IS

So schon Brugmann Grdr.2: II/l S. 141. LEIA-B-45f. Wohl aus *gwTw-s. Pokornys Ansatz eines ϊ-Stammes *gwTwi (IEW: S. 482) folgt Thurneysen 1937/FS Pedersen= 1991: S. 290, der sich auf spätere, bereits neuirische Evidenz stützte, denn „Das Geschlecht ist in den altirischen Belegstellen nicht ersichtlich und ein Genitiv dort nicht bezeugt". LEIA-C-132. GOI: S. 197 zählt es deskriptiv zu den «-Stämmen; vgl. ibid. auch § 314 S. 199. Lohmann 1933/ZCP 19: S. 62ff. Was die etymologische Rückführung angeht, so stellt es IEW: S. 558f. zu einer erweiterten Basis *kneu- der Bedeutung 'zusammendrücken, kneifen', Strunk dagegen zu „einem abstufungslosen - möglicherweise ursprünglich onomatopoetischen Element *knü" (1993/FS Rix: S. 435). Der Ansatz mit stimmhaftem Dental - zuletzt bei Griepentrog 1995/WuGeV: S. 473 implizierte eine unnötige Trennung vom Britannischen zusammen mit einer auch relativchronologisch unwahrscheinlichen „Reinterpretation des Nominativ Singular" nach der (unproduktiven!) Kategorie der „Wurzelnomina auf -ü- < -uH-" (a.a.O. Anm. 10 S. 260). IEW: S. 621f.; Lohmann 1933/ZC7> 19: S. 62ff.; Nussbaum 1976/CLCS: S. 25. LEIA-C-248f. s.v. 'er«. Der dort nach Hamp angeführte Ansatz *kru(H)os für den Genitiv Singular ist als indogermanische Vorstufe der unmittelbaren Vorform *kruwos (über *krwwHos) zu verstehen und hat folglich keine Bedeutung für die Ermittlung der älteren Genitivform (anders Greene 1983/Celtica 15: S. 6f.). So Euler 1979/IIGGN: S. 165 ohne Angabe seiner Quellen und ohne Einstufung des irischen Etymons als bewahrtes Wurzelnomen. Mayrhofer EWA: I S. 511. Chantraine DELG: S. 228 s.v. γλουτός.

Teil I: Primäre Stammbildungen

26

1.2. Keinen Diphthong läßt dagegen die im dichterischen Kontext -Λ

9 ft

be-

wahrte Fortsetzung ά 'mouth' des ererbten Neutrums *öus 'Mund, Mündung, Rand' 2 7 erkennen: Vielmehr lassen sich Nom.Sing. (in) ά und Gen. Sing, ά auf *ös bzw. *ösos zurückführen. 1.3. Unterschiedlich sind die Fortsetzungen von idg. *bhreu-, Gen. *bhrü-0s 'Augenbraue' vel sim. 28 : Ein Überbleibsel des echten, nicht abgeleiteten Wurzelnomens stellt air. 3brü 'brink, border' dar, das sich am besten aus dem erstarrten Lokativ Singular (von idg. 2*bhrü- mit 9Q

Schwundstufe?) erklärt . In der Bedeutung 'Augenbraue' als schwundstufiger Akk.Plur. ~bru noch in Komposition erhalten, ansonsten weitgehend zum - für Körperteilbezeichnungen überwiegenden - Femininum brä '(eye)brow' umgestaltet .

27

28

29

Wenn auch erst mittelirisch belegt, vgl. LEIA-A-4 und DIL-A-8. IEW: S. 784f.; ferner Ernout/Meillet: S. 469f. s.v. lat. ös, oris, Kellens 1974/NRA: S. 339ff. und Tischler(/Neumann) HEG 1/1: S. 6ff. s.v. heth. ais/iss- 'Mund'. IEW: S. 172 s.v. xbhrü- 'Augenbraue'. Tischler 1976/MSS 35: S. 122 mit Anm. 21 S. 129f. Massons Deutung der makedonischen Entsprechung als dentallos (1995IBSL 90,1) erschwert Greenes Etymologisierung von air. brothad· momentum (1969/Eriu 21). Das von Brugmann Grdr.2: II/l S. 137 und einigen späteren Autoren (wie Tischler 1916/MSS 35: S. 129) dazugestellte gall, briva 'Brücke' (Fem., vgl. Dottin LG: S. 237; abgeleitet in RIG-L-3), wohl aus *bhrewa, wird dagegen von Pokomy getrennt und zu einem idg. 2*bhrü-, bhreu- 'Balken, Prügel' (IEW: S. 173) zurückgeführt: Es wird sich jedenfalls ursprünglich um den eigentlichen Nominativ Plural eines einfach thematisierten Neutrums *b rew-o-m gehandelt haben. Außerdem könnte sich die Bedeutung von idg. l*bh ru- u.U. aus 2*bhrü- durch Metaphorik erklären. S. in der vorangehenden Anm. 28 und VGKS: I S. 62. LEIA-B-100 s.v. •2

30

brü: „on ne le connait qu'au dat.sg.". Damit stimmt auch die hiatushaltige Ableitung bruäch margo überein. LEIA-B-75. Vgl. auch den ni-Stamm labra 'eyelashes)' (Mask., LEIA-A8) und den als Dentalstamm flektierenden Plural bzw. Dual bräi, bröi 'eyebrow(s)' (DIL s.v. xbrä\ GOI: §§ 310 u. 314).

Α. Wurzelnomina

27

1.4. Nur oberflächlich dieselbe Struktur der indogermanischen Diο ι phthongstämme zeigt idg. *näw-s 'Schiff , denn es wird seinerseits auf eine Vorform *neh2-u-s zurückgeführt . Die altirische Entsprechung nau 'boat' (Fem., DIL s.v. 2ηό) bildet einige Kasus nach den «-Stämmen 33 . 1.5. Ein Interpretationsproblem stellt die Grundlage von ir. bro 'multitude, crowd' dar, d.h. wenn das Wort als unabhängiges Etymon und nicht als semantische Entwicklung der metaphorischen Bedeutung 'dense mass' des nasalstämmigen bro 'quern, grindstone' anzusehen ist 34 . Zugunsten der Trennung spricht u.a. ky. bryw 'strong, powerful', das sich mit Vendryes auf kelt. *bruwo- zurückführen läßt : Man kann im übrigen die Frage aufwerfen, ob dem irischen Substantiv nicht eventuell eine Silbenstruktur *braws ( dissolution, extinction, death' 8 und seg (DIL s.v. 1sed, seg) 'strength, vigour' 9 . 1.1.2. Die Dehnstufe der Wurzel zeugt häufig vom zweitrangigen Charakter der fraglichen Bildung, sowohl auf der Ebene der Grundsprache (so in idg. *sömo- > air. säm, sdim 'calm, peaceful, easy' vs. idg. 'gleich' 10 ) wie auch in gemeinkeit. *wälo-s < *wolo-s (in air. 1 Ο fdl 'fence, hedge, enclosure' : ky. gwawl 'murus, vallum') vs. idg. *wolo-s 'rund' 11 . 2.0. Die Flexion weist, trotz der für das Keltische üblichen Neuerungen, doch noch archaische Züge auf. 2.1.1. Im Singular sind Reste des Ablativs auf -u (< idg. *-öd) aus der archaischen Sprachstufe überliefert (moc(c)u^ „vom Sohne her", 12 corcuPJ „vom Samen her") , die sich ebenfalls als Fortsetzung des altindogermanisch m.E. noch undifferenzierten Genitiv/Ablativ Singular auf *-öd der o-Stämme deuten lassen 13 .

7

Q

Λ hierfür en 'water * (IEW: S. 807) und zbase 'necklet, neckband' (IEW: S. I l l ; LEIA-B-21f. s.v. xbasc) genügen. Vergleichbar ist der griechische Befund: „Un grand nombre de mots echappent ä l'analyse et ne peuvent etre consideres comme des derives", denn „Le type thematique a accueilli un grand nombre de mots d'origine obscure" (Chantraine FNGA: S.6). DBSt 1987/Son: S. 95.

LEIA-C-59 und LEIA-C-98f. zu eil 'biassed, criminal' als dessen mutmaßlicher Genitiv Singular „adjective dans l'emploi predicatif" (zu anderen Fällen dieser Art s. u.a. I.D in (i) § 4.2.2.1). 9 IEW: S. 888f„ LEIA-S-68; die s-Stämmigkeit der indoiranischen Entsprechungen erklärt den für eine thematische Bildung rezenteren e-Vokalismus. Krahe/Meid: III S. 58 stellen ebenfalls fest, daß im Germanischen „alle Ablautstufen vertreten sein können"; allerdings „Altertümlich vom idg. Standpunkt ist dabei die Bildung mit o-Abtönung". 10 1 1 Vgl. LEIA-S-20 und IEW: S. 902ff.; ferner Darms 1978/S&SH&H: S. 365. IEW: S. 1140ff. Zur Dehnung im Zusammenhang s. Teil III, Kap. A.3. 12 Mit den Varianten mac(c)u^ ^ und og. MACU bzw. corco, corca: vgl. die Deutungen von DBSt 1991 /HS 104 bzw. 1993/l.SDK: S. 49 mit Anm. 43. 13 Ausführlich zu diesem hier nur am Rande erwähnten Modell der indogermanischen Nominaldeklination DBSt in Actes Clermont und Proceedings

40

Teil I: Primäre

Stammbildungen

Der eigentliche Genitiv ist dagegen im Irischen mittels des i-Morphems 14 geneuert worden, das - wie wir heute wissen - sich nicht gesamtkeltisch hat behaupten können. 2.1.2. Auch im Falle der altirischen Dativendung (mit bloßer «-Qualität und nachfolgender Lenierung) haben wir nur bedingt mit Neuerung zu tun: Liegt hier nicht die von Villar postulierte, bereits indogermanische, archaischere Endung *-ö vor, so dürfte es sich um den Instrumental handeln, der zur Erklärung der gallischen Dativendungen unerläßlich ist 15 ; lautlich weniger wahrscheinlich erscheint es dagegen, daß sich dahinter die Fortsetzung des thematischen indogermanischen Dativ Singular *-öi verbirgt, der im Keltiberischen und Lepontischen fortgesetzt wird. 2.2.1. Im Plural der thematischen Deklination ist im goidelischen Zweig die gemeinkeltisch ererbte Endung zwar durch pronominales *-oi bereits ersetzt worden, jedoch nicht ohne eine deutliche Spur im Vokativ Plural -ü < *-ös zu hinterlassen. Die im Keltischen beobachtete Kontamination des ursprünglichen Dativs h h *-b os mit dem Instrumental *-b i hat im irischen Plural zum Dativ auf *-bis geführt, wie die ausbleibende Lenierung nach dem altirischen Ausgang -ib zeigt 16 . Auf einer Verallgemeinerung der kurzvokalischen Endung der - im Irischen augenfällig produktiveren - konsonantischen Stämme dürfte der Genitiv Plural auf *-om beruhen, falls er nicht unmittelbar auf die wegen des Slavischen für die Grundsprache angesetzte kurzvokalische Variante zurückgeht 17 . Für die erste Hypothese würde u.a. die Bewahrung der

14 15

16

17

XIth ICCS. Vgl. die zusammenfassende Diskussion bei Stempel 1994/FS Schmidt. Vgl. die ausführliche Diskussion von Literatur und Belegen bei DBSt 1991 /HS 104: S. 207ff. § 2.2. - Möglicherweise war der betreffende Ersatz lediglich die Folge der Verschmelzung von Dativ und Instrumental, die im Plural stattgefunden hatte (dazu im anschließenden § 2.2.1). Vgl. Campanile 1983/Atti Udine: S. 217 und Gorrochategui 1991/GS Mitxelena: S. 19. So noch DBSt 1991/tfS 104: S. 209 mit Literatur. - Das Rekonstrukt von Kortlandt \91%lLingua 45: S. 290f. sieht von der restlichen keltischen Evidenz völlig ab.

Β. o-Stämme

41

langvokalischen Endung im Subsystem des altirischen Artikels18 sprechen; die Endung *-öm, die nicht zuletzt das Keltiberische fortsetzt 19 , ist schließlich aus einer Verallgemeinerung in umgekehrter Richtung hervorgegangen. 2.2.2. Im Plural des Neutrums liegt neben der alten Kollektivendung idg. *-ä, die im Irischen zu einem Ausgang -C"·0^ führt 20 , eine längere Variante -a vor, die als zählbar interpretiert werden darf, da sie - wohl aus Gründen der Sprachökonomie - nicht in Verbindung mit Zahlwörtern erscheint und sich auf eine Erweiterung der ererbten Nom./Akk.-Endung 91 99 nach dem Muster geschlechtiger Vokalstämme zurückführen läßt . 2.3. Dieselbe geneuerte Endung -a des nicht-kollektiven neutrischen Plurals ist die einzige, die thematische Adjektive - sofern sie nicht substantiviert sind - aufweisen, was an ähnliche Neuerungen bei der Flexion istämmiger Adjektive erinnert . Gelegentlich findet sich hier -a auch als Ausgang des Akkusativ Plural Maskulinum24. 3.1. Bezüglich der Struktur der altirischen thematischen Adjektive läßt sich feststellen, daß die Ableitungsbasis am häufigsten die Normalstufe 9S 9 der Wurzel - möglicherweise mit e-Vokalismus - aufweist: vgl. cerb 18

19

20

21

on

23 24 25

Dazu DBSt 1993/1 .SDK: S. 42 mit Anm. 21. Die langvokalische Endung hätte beim Substantiv nach der Apokope eine uFärbung hinterlassen müssen, die womöglich als störend empfunden wurde. Vgl. DBSt 1991 /HS 104: S. 210f. (dort S. 210 auch zu den gallischen Belegen) und 1993/1.SDK. Zwar bezweifelt GOI: § 286 S. 181, daß die ursprüngliche Vokalquantität noch feststellbar sei (also *-a#), aber die im folgenden besprochene erweiterte Endung des Altirischen läßt sich viel besser durch die Annahme eines - überhaupt bei thematischen Stämmen zu erwartenden - langen *-ä# begründen. I.e. Nom./Akk.Plur.Ntr.*-a# - *-ä+s > -a. Zu Parallelen im Italischen und Germanischen vgl. die von DBSt 1994/ZCP 46: S. 227 mit Anm. 46 angeführte Literatur. S. I.D in (i) § 2.2.2. Die Gründe für diese Analogie erläutert GOI: § 351 (2) S. 223f. Ähnlich im Griechischen, vgl. Chantraine FNGA: S. 12 § 10.

42

Teil I: Primäre Stammbildungen

'keen, sharp, cutting' 26 , lmer 'demented; crazy' 27 , seng 'thin, slender' 28 1 00 und auch liach 'pitiful, wretched' 3.2. Die Dehnung ist bei diesen Adjektiven selten vertreten, wie es nicht zuletzt aus dem Kurzvokal in om 'raw, crude; rude' hervorgeht . Ererbte Vokallänge weisen '/ir verus3i und lnar 'noble, magnanimous' > 'modest (faultless in behaviour)' auf, im zweiten Fall möglicherweise begünstigt durch die Tatsache, daß die e-Stufe bei diesem Etymon bereits ausgeschöpft worden war . 3.3. Eine abweichende Ablautstufe in der Ableitungsbasis drückt gelegentlich einen nicht-aktiven Gebrauch der Wurzel aus, wie u.a. in 2car 'brittle' 33 . Oft 97

28

31

32

33

Auch substantivisch als Maskulinum 'act of cutting' gebraucht; LEIA-C-71, IEW: S. 943. ' Gegenüber gr. μώρος 'ramolli; stupide, fou' (Chantraine DELG: S. 731) mit Abtönung und Dehstufe, vgl. LEIA-M-39; die von Mayrhofer angeregte Trennung indoiranischer Belege mit ü-Vokalismus (KEWA: II S. 664, EWA: II S. 367) vereinfacht den etymologischen Vergleich (IEW: S. 750). LEIA-S-85f.; die Ursprünglichkeit der e-Stufe resultiert aus dem festlandkeltischen ON Singidunum, das ebenso die ursprüngliche Semantik ('biegen', IEW: S. 1047f.) bewahrt haben könnte (zur akzentbedingten Schliessung vgl. DBSt 1995/FS Evans: S. 21). IEW: S. 667; der Ausgang könnte ggfs. auch an die äußerst produktive Gruppe der Adjektive mit Velarsuffix angepaßt worden sein. D.h. im Unterschied zum Langvokal des Altindischen, Griechischen und Armenischen, vgl. LEIA-O-21 und IEW: S. 777. IEW: S. 1165f. S. hier unten Abschnitt (ii) § 1.1.1 zu ner 'boar'. Dies setzt allerdings voraus, daß man Pokomys Etymologie (*nöro- 'männlich, kräftig', IEW: S. 765) folgt, die den Belegen in DIL-N-13f. u. 10 gerecht wird, wenn sie auch bei Vendryes - wohl wegen der von ihm gewählten, umgekehrten semantischen Perspektive - unerwähnt bleibt; stattdessen wird LEIA-N-3 einem nicht unproblematischen hethitischen Vergleich (mit *nahsar'Furcht, Ehrfurcht', vgl. Pedersen 1940/FS Mac Neill: S. 141 und auch Tischler HEG II/7: S. 251 f.) der Vorzug gegeben. Aus *kp-o- zu IEW: S. 578 oder 938ff., vgl. LEIA-C-36. Zu lfinn 'Candidus; fair' als *'sichtbar' s. unter (ii) § 3.

Β. o-Stämme

43

3.4. Demgegenüber ist o-stufiges borr 'swollen, thick', *'Hervorstehender' 34 , wie auch das oben in (i) § 1.1.0 erwähnte 2gor 'pious, dutiful, filial', aus einem ursprünglichen Nomen agentis hervorgegangen.

ii) ZUM LEXEMKORPUS

1.1.1. Unübersehbar ist die Beliebtheit dieser Stammbildung, sofern es um T i e r n a m e n geht. Einfache o-Stämme innerhalb dieser semantischen Gruppe sind nämlich nicht nur bewahrte Erbwörter wie art 'bear' 35 , ech 'horse' 36 , iasc 'fish' 37 und der zum Adjektiv gewordene olc 'evil (doer), bad (man)' 38 , und zwar zusammen mit solchen, die erst nachträglich in diese Kategorie überführt wurden wie los(s) 'a bovine animal of any kind' 39 und ner 'boar' 40 , sondern auch noch jüngere Bildungen: Neben einer germanisch-keltischen lexikalischen Isoglosse wie marc 'horse' 41 gibt es auch durchsichtige Derivate von Verbalwurzeln 42 , etwa dam 'ox' 4 3 und möglicherweise cru 'corvus' 4 4 und tore 'boar' 45 .

34

35 36 γι

38 39 40

41 42

43

44 45

LEI Α-B-73: < *bhors-o-s (IEW: S. 109) mit derselben i-Erweiterung der Wurzel wie im schwundstufigen barr 'top, tip, end' (DBSt 1987/Son: S.82). Darüber DBSt 1987/Son: S. 78f. IEW: S. 301 f. IEW: S. 796. Dessen Ersatz durch ein lateinisches Lehnwort im Britannischen begründet tentativ DBSt 1991/GS Evangelisti: S. 174 Anm. 159. DBSt 1987/Son: S. 134f. s.v. DIL s.v., LEIA-O-34 und schon Thumeysen 1924/FS Streitberg=1995: S.95. Auch als männlicher Personenname, „Sans doute specialisation d'un ancien nom du 'male'": LEIA-N-10; IEW: S. 765. IEW: S. 700. Auch im Germanischen „sind nicht wenige Tierbezeichnungen [...] aus ursprünglichen Nomina agentis erwachsen" (Krahe/Meid: III S. 59). Aus *dmH-o-s zur Verbalwurzel idg. *dom- 'zähmen, bändigen', vgl. DBSt 1987/Son: S. 103f., nicht diskutiert von LEIA-D-19f., wo statt dessen ein Deverbati vum angesetzt wird. LEIA-C-249 s.v.3cr«, IEW: S.570 bzw.567ff„ Greene 1983/Celtica 15: S.l. Als *tworlc-0-s, i.e. *'cutter, hacker' zu IEW: S. 1102, nach McCone 1993/ FS Szemerenyi II/3: S. 291f. (dazu K.H. Schmidt 1995/ZCP 47: S. 263); vgl. aber auch LEIA-T-115 und v.a. den vom ersteren nicht zitierten Ansatz

44

Teil I: Primäre Stammbildungen

Selbst Homonyme wie lorc 'young pig' vs. 2orc 'salmon' 46 und auch Überbegriffe wie 3 m e n n 'kid, young animal' 47 und lmtt 'animal' „used in wide sense of all the lower creatures"48 sind neben bech• apes49 und 1 gabor• capet-50 in dieser großen Gruppe zu finden. 1.1.2. Demgegenüber sind z.B. Pflanzennamen in weit begrenzterem Maße repräsentiert coll 'hazel-tree', froich bzw. 1 f r n e c h 'heather', ibar 'yew, yew-wood' 5 1 ). 1.1.3. Unter den wenigen Personenbezeichnungen finden sich kaum Nomina agentis 52 (eine griechisch-keltische Isoglosse ist 2arg 'prominent ro

person, champion, hero ), wohl aber Termini aus dem Grundwortschatz (z.B. / e r · vi sekundäre ο-Stämme (etwa 2dia 'God' als 'exozentrische Ableitung' 55 zu einem nicht-thematischen Grundwort56), vorhistorisch

46

47 48 49 50

*turko-s bei Hamp 1989/ZCP 43: S. 193, der an IEW: S. 1083 u. 1010 denken läßt. Beide verbinden u.a. Gamkrelidze/Ivanov 1995: S. 508f.; vgl. aber auch LEIA-O-28 und IEW: S. 841 bzw. 820f. IEW: S. 729; LEIA-M-38. DIL-M-135; LEIA-M-51, IEW: S. 724. LEIA-B-24f. und IEW: S. 116. Es handelt sich dabei - wie bei den Varianten gabar und gabur - lediglich sy

51 52

53

54 55 56

um ein Maskulinum; es ist nur das ebenfalls o-stämmige gabor 'horse (esp. a white one), mare', das die Kongruenz eines Femininums beim Pronomen verlangt, DIL-G-6. Die anlautende Media kann - wie etwa bei gec 'branch'? (dazu DBSt 1987/Son: S. 116) - aus der Assimilation an den im Inlaut entstandenen stimmhaften Konsonanten hervorgegangen sein. Daher wäre IEW: S. 529 in beiden Punkten zu revidieren. Vgl. LEIA-C-157f. und IEW: S. 616 bzw. 1154ff. und 334. In diesem Sinne schon Brugmann Grdr.2: II/l S. 149 und - zum Germanischen - Krahe/Meid: III S. 59. Mit dem bereits homerischen άρχός 'chef' (Chantraine DELG: S. 120) zu vergleichen, LEIA-A-87: Das gut belegte irische Wort ist aber im Keltischen keineswegs isoliert, vgl. Schmidt KGPN: S.134 u.178 zu gall. Com-argus. IEW: S. 1177f. Dazu Krahe/Meid: III S.62. Vgl. auch Chantraine FNGA: S.13. LEIA-D-64. Meid TBF: S.194 (zu Z. 252), IEW: S. 185.

Β. ο-Stämme wie auch historisch substantivierte Adjektive (vgl. resp. oech CO und clam, 'leper' < 'leprous; mangy' ).

45 'enemy'

57

1.2.1. Reste der alten o-stufigen Nomina agentis liegen in Nomina instrumenti wie 1 m o l 'the shaft of a mill-wheel > an axle or rotating shaft' 5 9 vor, ferner in einigen Termini aus dem Wagenbau wie lcul 'chariot' 6 0 , 2 droch 'wheel; circlet' 6 1 , roth 'wheel; disc' 6 2 . 1.2.2.1. Folgende Derivate sind demgegenüber als Fortsetzer der dazugehörigen wurzelbetonten Verbalabstrakta deutlich erkennbar: lcor 'act of putting, placing; setting up; twist; contract' 6 3 , scor 'act of unyoking, unharnessing' 6 4 und 'act of desisting, ceasing', 1 tor 'sorrow' 6 5 . 1.2.2.2. In Konkreta übergegangen sind die ursprünglichen Verbalabstrakta in lbolg 'bag, satchel; belly; bubble; blister' 6 6 und slog, sluag 'host, army; throng, crowd .

57

58 59 60

61

62 63 64

65

66

67

Zum indogermanischen Adjektiv *poiko- 'feindselig gestimmt' (IEW: S. 795, ohne Erwähnung des Irischen), LEIA-O-IO. Zu idg. *klem- 'schlaff, matt, siech', IEW: S. 602f.; LEIA-C-112. Aus *mol-o-s, vgl. LEIA-M-32 u. 61, IEW: S. 716ff. Aus idg. *kwol-o-s 'Rad', i.e. '(sich) Dreh(end)er', vgl. DBSt 1998/GS Bökönyi: § 3 Anm. 70. - Entgegen IEW: S. 948f. ist corb, coirb für „Wagen" eine Entlehnung aus lat. corbis, vgl. LEIA-C-207. Maskulinum nach DIL-D-402, daher < *dhrogh-o-s, *'Läufer' (so inzwischen auch LEIA-D-199, wo die hyperkorrekte Stimmlosigkeit des velaren Reibelauts aus dem mit lset 'path, way' komponierten drochet• pons hergeleitet wird). Zu revidieren daher IEW: S. 273. LEIA-R- 45f. und IEW: S. 866 (*rot-o-s •'Läufer'). LEIA-C-204f.; auch als Äquivalent von lat. stipulatiö. Auch als VN von scuirid und mit verschiedenen Bedeutungsentwicklungen ('herd of horses, enclosure for horses' u.a.m.), LEIA-S-57f., IEW: S. 939. LEIA-T-111 (dort auch zu 3 tor 'host, multitude'): als *tor-o-s 'Reibung' bzw. tribulatiö zu IEW: S. 1071ff. Aus *bh0lgh-o-s 'Schwellung', vgl. LEIA-B-66f. und IEW: S. 125f.; im Keltischen ebenfalls vertreten ist der o-stufige ä-Stamm, vgl. auch Bergin mi/Eriu 11 (2). Sofern *sloug-o-s „das Helfen, Dienen" bedeutete, vgl. IEW: S. 965 und LEIA-S-136f.

46

Teil I: Primäre Stammbildungen

1.3. Zu den Kollektive, die unter den thematischen Neutra, wie u.a. im zro

Griechischen, „ont joue un certain role" , können im Altirischen earn 'heap, pile, cairn' 69 und die später qua Landschaftsbezeichnungen als sStämme flektierten all ' c l11 i f f 7 0 und V 'a) act of ploughing; b) the land ploughed, cultivated land gerechnet werden; ferner, als ursprüngliches l Neutrum, lorc 'trace, mark; track, trail; troop; progeny' 72 .

2.1. Im Kreise der zahlreichen Adjektive hebt sich neben Eigenschaftswörtern aus dem Grundwortschatz wie lsen 'old, ancient' u.a. eine klare Gruppe von F a r b b e z e i c h n u n g e n ab: vgl. die Synonyme ruad 'red' und derg , tent 'dark' und dem , gel 'fair, white, shining' 7 6 und das der Form nach wohl ursprünglich deverbative find bzw. l finn 'Candidus; fair' 77 sowie das aus derselben Verbalwurzel (idg. *leuk- 'leuchten, licht' 78 ) hervorgegangene Antonympaar 2luach bzw. 68 69

70

71

72

74 75 76

77 78

Chantraine FNGA: S. 16. Dazu Hamp zuletzt 1990/BBCS 37 (S. 111: „The British feminine carnL must derive from the neuter 'plural' collective [...] *karnä, which would have required the same verbal concord as *karnon"). Dazu DBSt 1987/Son: S. 71 s.v.; die gelegentliche s-Flexion (Stokes 1888/KZ 29: S. 379) läßt sich mit IEW: S. 807 analogisch nach sliab 'mountain' erklären und überhaupt auf die grundsätzliche Produktivität der s-Stämme für Landschaftsbezeichnungen zurückführen, s. I.I in (ii) § 3ff. Vgl. DIL-A-370, IEW: S. 62 und LEIA-A-81; die Übernahme der «-stämmigen Deklination müßte dann nach dem semantischen Übergang von (a) zu (b) stattgefunden haben, s. aber auch I.I in (ii) § 3ff. IEW: S. 679. Mit den semantischen Erweiterungen 'strong, formidable' bzw. 'sanguinary'; vgl. LEIA-R-47 (für die Rekonstruktion der Grundform nicht uninteressant ist die Erwähnung eines Stammes der Reudigni in Tacitus' Germania bei Holder: II Sp. 1180) bzw. IEW: S. 25lf. und LEIA-D-57f. DIL s.v. teim, LEIA-T-48. DIL-D-8 s.v. xdeim mit Literatur und IEW: S. 247f. LEIA-D-42. IEW: S. 429ff. Von Hirunuma 1990/StCeltJap 3: S. 64 als „nasalized form of the zerograde *wid- of IE *weid- 'to see'" beschrieben, vgl. IEW: S. 1125. IEW: S. 687ff.

Β. ο-Stämme

47

2

loch 'bright' und 2loch 'black, dark' (letzteres κατ'άντίφρασιν 7 9 aus der schwundstufigen Variante entstanden). 2.2. Auf schwundstufige, passivische Adjektive zu Verbalwurzeln weisen - außer dem hier oben § 1.1.1 angeführten dam 'ox' - die substantivierten clad 'hole dug in the ground' 80 und drong 'band, crowd' 81 .

3.1. Schließlich sind unter den älteren irischen o-Stämmen verschiedene grundsprachliche Wurzelnomina anzutreffen 82 , vgl. die Substantive ldor 'door, gate' 83 , 2ed 'space, interval' 84 , sarn 'summer' 85 , ser 'Stern' 86 und das bereits erwähnte, strukturell analoge ner 'boar' 87 . QO

3.2. Uberhaupt eignete sich diese einfachste Art der Ableitung nicht zuletzt für jüngere, sekundäre Derivate 89 , darunter auch Rückbildungen 90 .

79

Zum keltischen Etymon etwas anders Pokorny, IEW: S. 688; auch Meid hat es in seinem Panorama über den „GEGENSINN" im Keltischen ( 1 9 7 9 - 8 0 / StCelt 1 4 - 1 5 ) nicht berücksichtigt. 80 Vgl. DBSt 1987/Son: S. 97. 81 IEW: S. 1093 und D.E. Evans \m/BBCS 29 (2): S. 243 mit Anm. 8. Vgl. außerdem LEIA-D-201. So vielfach auch im Germanischen, „ohne daß ein fühlbarer Bedeutungsunterschied damit verbunden gewesen wäre" (vgl. Krahe/Meid: III S. 61, die weitgehend von Neutra sprechen). 83 Näheres darüber I.A in (i) § 4.2. 84 Wegen des e-Vokalismus am ehesten denominal (daher zu revidieren Krähe/ Meid: III S. 62 § 68); s. auch I.A in (i) § 4.2. 85 Vgl. DBSt 1987/Son: S. 138. 86 IEW: S. 1027f„ LEIA-S-90. 87 ÜO Dazu hier oben (ii) § 1.1.1. Zu deren Vorzügen zählt Chantraine FNGA: S. 14 § 12 „leur grand nombre OQ et Γ indetermination de leur röle". Chantraine FNGA: S. 6f. macht auf thematische Bildungen mit Reduplizierung und mit Geminierung aufmerksam (Beispiele hier in III.A.l bzw. III.A.2). 90 Darüber im Zusammenhang III.B.2.

I. C. α-Stämme

I) Z u FLEXION UND STRUKTUR

0. Das stammbildende ä-Morphem ist bekanntlich im Indogermanischen zunächst zur flexioneilen adjektivischen, endozentrischen1 Femininmotion eingesetzt worden; es ging aus idg. *-eh2 hervor, enthielt also jenes Element *-h2, das unbelebte Wesen als Kollektiva charakterisierte bzw. den Plural der Neutra bildete2, so daß „dem neu entstandenen Genus femininum nicht nur weibliche Lebewesen, sondern auch Abstraktbildungen u. dgl. zugeordnet werden." „Insbesondere gelten Bildungen auf *-eH2, die man als singularische Abstrakta, nicht als Konkreta auffaßt, nunmehr als feminine Singulare, und damit werden die mit diesen kongruierenden Adjektive auf *-eH2 zwangsläufig auch als solche interpretiert, so daß dieses Formans quasi mechanisch zum femininen Singular o-stämmiger Adjektive wird." 3 1.0. Daraus folgt, daß - von alters her - eine große Gruppe von Abstrakta dazu gezählt wird, und zwar solche, die aus Verbalwurzeln abgeleitet sind, wie lat. fuga, gr. τομή u.a.m. Allerdings ist „der ursprüngliche Sinn als Verbalabstraktum [...] öfters verändert"4, wie u.a. lat. toga zeigt. 1.1. Dabei gilt die o-farbige Normalstufe der Wurzel „als der von uridg. Zeit her normale" Vokalismus. Dieser findet sich jedoch nicht allzu häufig im Irischen: vgl. toi 'will; desire' 5 und das zum Nomen instrumenti gewordene colg 'anything pointed, piercing instrument; sword' 6 . 1 2 3 4 5

6

Die Opposition unterscheidet Stempel 1994/FS Schmidt: S. 204. U.a. der thematischen, s. I.B in (i) § 2.2.2. Stempel 1994/FS Schmidt: S.207 (mit Literatur zur gesamten Frage). Brugmann Grdr.2: II/l S. 149. LEIA-T-101 und IEW: S. 1061. - Nur sekundär ist dagegen die ä-Stämmigkeit von 2tolg 'strength, force' (DIL s.v., LEIA-102, IEW: S. 1019ff.). Dazu DB St 1987/Son: S. 99 und - zum PN Calgacos - 1995/FS Evans: S. 26 mit Anm. 37. Fraglich ist dagegen die Analyse von 1 scoth 'flower, blossom', da es sich

C. Ά-Stämme

49

1.2. Die Norm scheint im älteren Irischen dagegen für die Verbalabstrak7 ι ta die e-Stufe der Wurzel darzustellen : Beispiele wie selg 'act of hunting, a hunt' 8 , sere 'love' 9 , celg 'deceit, treachery' 10 , fere bzw. lferg 'i'ra' 11 , lriag 'punishment, torture; patibulum12 und - als Konkreta tantum - med 'a balance for weighing; a weight, measure' 13 , men- farina14, 4 gen 'sword' 15 lassen sich beinahe beliebig vermehren 16 . Gerade ein Beleg wie das soeben erwähnte 4gen vs. air. gonaid 'pierces, wounds' und die Tatsache, daß in historischer Zeit diesen Bildungen nach den mir vorhegenden Daten meist keine Verba zur Seite stehen, zeugen von deren nicht allzu jungem Entstehungsalter. 1.3. Mit den selten belegten Verbalabstrakten, die Schwundstufe der Ver17 18 balwurzel zeigen , scheint zumeist passive Bedeutung einherzuge19 ,2() 21 hen : vgl. fet 'sibilus , tan 'time' , sieg 'javelin, spear, lance' (vs. l selg hier in § 1.2) 22 .

lautlich sowohl um o-stufiges *skot-a wie um schwundstufiges *sku-ta handeln kann (nicht ganz einwandfrei die weiteren Anschlüsse bei LEIA-S-51). Π Für die Ableitungsbasis der Adjektive liegen demgegenüber keine besonderen Bildungsregeln vor, da der ä-Stamm, wie gesagt, lediglich der flexionellen, also paradigmatischen Motion thematischer Adjektive entspricht. 8 LEIA-S-80f„ IEW: S. 900. 9 LEIA-S-91, IEW: S. 1032. 10 LEIA-C-60, IEW: S. 554. 11 IEW: S. 1169. 12 LEIA-R-26, IEW: S. 862. 13 LEIA-M-27. 14 LEIA-M-36, IEW: S. 726; bemerkenswert die passive Bedeutung wie auch in liag bzw. 2liach 'ladle, spoon' (IEW: S. 668). 15 DIL-G-66; fehlt in IEW s.v. 1gwhen-(9)- 'schlagen' (S. 491ff.). 16 S. auch unten in Abschnitt (ii) § 3. 17 0 Beispiele aus anderen Sprachen bei Brugmann Grdr. : II/l S. 154f. 18 2 Nicht jedoch bei scoth 'point, edge' (dazu IEW: S. 954 und LEIA-S-52). 19 Die aber auch bei e-Stufigkeit vorkommen kann, s. hier oben zu men farina mit Anm. 14. 20 IEW: S. 1040f. 21 DBSt 1987/Son s.v. air. tanae 'thin, slender'. 22 LEIA-S-129, IEW: S. 900.

50

Teil I: Primäre Stammbildungen

1.4. Dehnstufige Bildungen, die laut Brugmann Grdr.2: Π/l S. 153f. besonders im Germanischen, Baltischen und Slavischen zu finden sind, kommen nur ausnahmsweise vor 23 , so - im Zusammenhang mit der Abtönung - in bäg 'fight, contest; boast, threat' 24 . 2.0. Die vielfach debattierte Frage, ob die goidelischen (und keltischen) ä-Stämme ausschließlich Feminina seien 25 , läßt sich nach erneuter Prüfung ein weiteres Mal bejahen. Λ/Τ

2.1. Gegen den Ansatz etwaiger Maskulina innerhalb dieser Stammklasse sprechen: a) das feminine Genus ä-stämmiger Bezeichnungen Daher könnte für air. därn 'the retinue accompagning a chief going on a visitation' u.U. die traditionelle Interpretation als idg. *dä-mä (d.h. statt als *döm-ä) vorzuziehen sein, s. jedenfalls die Diskussion in III.A.3 § 1.1. 24 LEIA-IMf., IEW: S. 115. D.h. im Unterschied zu den, wenn auch im indogermanischen Vergleich jüngeren (Brugmann Grdr.2: II/l S. 211 § 133), doch vielfach repräsentierten Maskulina (dazu Szemerenyi 41990/EVS: S. 201 § 7.2. mit Literatur, Chantraine FNGA: bes. S. 30ff. § 26f., Leumann/Hofmann/Szantyr: I § 268 S. 279ff., Krahe/Meid: III S. 65). Oft Der festlandkeltische Gebrauch männlicher PNN wie Cervesa 'Bier' (der Typ Va-caca gehört offensichtlich in den Bereich der verbalen Komposition und hat ein Gegenstück in Italien. Caca-sotto) findet eine unmittelbare Parallele in dem bekannten lateinischen onomastischen Typ Caligula, zu dem sowohl Galba ('Holzwurm') wie auch Vacca, Porcina ('Schweinefleisch'), Acerra ('Weihrauchkästchen'), Sagitta u.a.m. gehören (Leumann/ Hofmann/ Szantyr: I S. 279f.; vgl. auch Klingenschmitt 1992/LatIdg: S. 89). Den Unterschied zwischen metaphorischen und nicht metaphorischen Maskulina bei den ä-Stämmen übersieht Schrijver 1997ICMCS 34: S. 107. - Bei dem von Hamp 1990/EC 27: S. 182f. als grammatikalisches Maskulinum - bzw. als dessen nichtgeneuerter Gen.Sing. - interpretierten gall. Bristas handelte es sich ohnehin bloß um eine metaphorische Benennung, und zwar genauso wie bei seiner Entsprechung air. 1bres 'fight, blow' (ä-)-Stamm erweitert wurde: *blid-an-ih2+ä > *blidaniyä > *blidniyä > blynedd. 3.2. Zu nennen sind dann Bildungen, die, weil von Nomina agentis auf idg. *-ter- abgeleitet, von der meist verschwiegenen Existenz dieses Suffixes im Keltischen zeugen, und zwar zu einer Zeit, die dessen Thematisierung offensichtlich vorausgeht. Dazu zählt das später an die Gutturalflexion angeschlossene nathir· anguis, das mit ky. neidr ebenso auf *na-tr-i zurückgeht wie das gleichfalls erweiterte lat. na-tr-i-x24. 3.3. Von der relativen Produktivität dieses Motionstypus während einer eher jüngeren Entwicklungsstufe zeugt sein Antritt an sekundäre Derivative, die mit den verbreiteten, thematischen Velarsuffixen gewonnen sind . Zu diesem Typ, der im Britannischen durch ky. gwraig 'woman;

22

23 24

Suffixerweiterung vgl. auch DBSt/FS Meid: § 3.1. DBSt, Son: S. 49. Allerdings liefert die hier im folgenden vorgestellte, leicht abgewandelte Deutung eine lückenlosere Erklärung der innerkeltischen Wortgeschichte und ist daher meiner früheren vorzuziehen, die - auf Hamp aufbauend - von der alleinigen kymrischen Fortsetzung einer versteinerten Genitivform ausging. Dazu H.A. 1.6 sub 3 §§ 2.1 und 2.3. Dazu I.K in (i) § 3.3.1.1. Ferner VGKS: II S. 45 und Leumann/ Hofmann/Szantyr § 329; vorsichtiger Ernout/Meillet: S. 431 und IEW: S. 767 u. 971f.; Graves 1962/OCV: S. 263. Zu einer ähnlichen Produktivität im Altindischen vgl. Debrunner JWAindGr.: II/2 § 250(f.a).

80

Teil I: Primäre

Stammbildungen

wife' 2 6 vertreten ist, gehört im Altirischen setig 'wife' aus *sent-ik-T27. Das geneuerte und etymologisch umstrittene Lexem für 'Nacht', l adaig1%, auf dessen ursprünglich adjektivische Verwendung bereits Thurneysen hinwies 29 , scheint ein damit vergleichbares Muster zu repräsentieren. In Anbetracht der von Lujän Martinez 199%/Emerita 66 endgültig herausgearbeiteten Verwandtschaft mit der hispanokeltischen Göttin Ataecina tritt die von Pedersen 1933/StBalt 3 aufgestellte „etymologie balto-celtique , die unter Berücksichtigung der Einwände von Thurneysen 1936IZCP 20: S. 357 auf ein Rekonstrukt *yado-k-l 'die Schwarze (seil. Nacht)' hinauslaufen würde 31 , wegen lautlicher Schwierigkeiten in den Hintergrund. Da die von Lujän Martinez vorgeschlagene Segmentierung als Präverb *ad- plus Wurzel *ak- ,,'agudo, afilado' y tambien 'piedra'" 3 2 nicht ganz im Einklang mit der Semantik/Wortbildung dieser Wortfamilie im Keltischen steht, ist die alte Interpretation 1

von adaig im Sinne von adaig, d.h. als *at-ak-i durch Paradigm split aus dem Femininum athach (später auch athaig) 'interval, space' entstanden 33 , m.E. immer noch vorzuziehen 34 , zumal sich hispanokelt. Ataecina als *atakinä (über *Ata'kina) daraus ableiten läßt 35 . Λ/Τ

27

28 29 30 31

Uber *gwürägf < *wir-ak-i, 'die zum Manne Gehörige', nach DBSt 1997/ FS Deila Casa: § 4.5.2.2 mit Anmm. 80-85; anscheinend in diesem Sinne auch Vendryes LEIA-M-2. Vergleichbar mit dt. Gefährt-in zu Ge-fähr-te, da zum Maskulinum *sent-ik-o-s aus *sen-tu- ('path; way' in air. set : ky. hynt : gall, sentu-) gebildet. Vgl. die Diskussion bei DBSt 1996/GS Kurylowicz: § 3.2.1.1 mit Anm. 44 und ead. 1997/FS Deila Casa: Anm. 79 zu § 4.5.2.2. Vgl. LEIA-A-14. 1936IZCP 20: S. 363. Mit der Erklärung von Hamp 1970/CLS 6RM: S. 484f. Bei dem der Ansatz mit *-ö- ggfs. - anders als bei Thurneysen - im Sinne einer vorsuffixalen Dehnung zu verstehen wäre (darüber im Zusammenhang III.A.3).

32

π

A.a.O.: S. 302f.

Vgl. die petrifizierte Adverbialform air. ND-aDaig 'des nachts', Thurneysen 1936IZCP 20: S. 291f. 34 Dazu in III.B.2 sub § 10.2. IC Aus einer Nebenform *at-ik-a scheint demgegenüber ky. adeg „'suitable time, season; wane of the moon'" (Hamp \91HKZ 91: S. 240) hervorge-

D.a. ί-Stämme

81

3.4.1. Anderer Art als das in §§ 3.1.0-3.1.2 besprochene ist jenes vorsuffixale -n-, das wir in ί-Ableitungen aus no-Verbaladjektiven vorfinden. Als Beispiel aus dieser Untergruppe läßt sich problemlos emuin 'a [female] twin' einordnen; es handelt sich um das feminine Gegenstück zum Λ/· Maskulinum emon 'a twin' mit einer unmittelbaren Vorform *emno>1H zur Wurzel *yem- '(zusammen)halten, paaren , und beide werden auch in der Bedeutung 'twins; a pair' verwendet . Air. caill 'wood, forest', das sich innergoidelisch als *kalni 'die zum Baum (*kl-no- '*Geschlagenes > Stamm') gehörige Entität' auffassen OQ läßt , muß wegen des erhaltenen -i in den britannischen Äquivalenten ky. celli, ako. kelli· nemus aus einem ursprünglichen Plural auf -eyes40 hervorgegangen sein 41 . 3.4.1.1. Daran läßt sich im übrigen die Vermutung knüpfen, daß die Existenz zweier Strukturmuster von Wörtern, die deskriptiv auf -'n# ausgingen und von Anfang an als ί-Stämme flektierten, verschiedene andere nominale Lexeme auf - l n# analogisch in diese Deklinationsklasse hinüber-

gangen zu sein. - Hinsichtlich der indogermanischen Etymologie hat Hamp I.e. eine Anknüpfung an lat. annus vorgenommen, „which has well known Italic and Germanic equivalents [IEW: S. 69 s.v. at- 'gehen, Jahr']. Such an identification seems much preferable to Pedersen's patere or Thurneysen's ate", vgl. LEIA-A-99. Λ/

37

39 40 41

Aus ursprünglichem *im-no-l Das indoiranische Lexem für 'Zwilling' geht allerdings auf ein Rekonstrukt *yemo- (Mask.): *yeml (Fem.) aus derselben Wurzel zurück, vgl. Debrunner JW-AindGr.: II/2 § 245(b.a) S. 374. Marstrander 1911/En« 5: S. 160 möchte - aufgrund von lat. geminus - eine gemeinsame italisch-keltische Rekonstruktion mit bindevokalischem Nasalsuffix vornehmen, die aber nicht benötigt wird, um die irische Lenierung des -m- (hier nach GOI: § 119.b) zu erklären. IEW: S. 505. Insbesondere kommt die Femininform in dieser Bedeutung in dem endozentrischen Attributivkompositum (zum Terminus s. Einleitung, «Zum Gegenstand» § 3.2.1.1.4) Ιάη-amaiti 'married [c'full'] couple' vor, DIL-L-49f. Vgl. in diesem Sinne DB St 1987/Son: S. 92 und LEIA-C-13. Vgl. zu diesem Typ u.a. Fleuriot: S. 229 § 88.1 mit weiterer Literatur. Etwa *klneyes 'Stämme' > 'Wald'.

82

Teil I: Primäre Stammbildungen

zog. Fälle dieser Art sind der ursprüngliche i-Stamm moin 'bog or peat moss; turf, peat' 42 und möglicherweise auch ιάΐη 'rushes, reeds' 43 . 3.4.2.0. Die meisten ί-Ableitungen aus Partizipien sind, wie zu erwarten, zu den (konsonantenstämmigen) nt-Verbaladjektiven44 belegt, wie aus dem Flexionsfemininum des aktiven Partizips Präsens u.a. 45 im Indoiranischen und Griechischen bekannt. Neben unbelebten Entitäten wie meit 'size, greatness' (aus *mHj-nt-l nach Joseph 1982 46 ), binit 'rennet, curds' 47 , cingit 'cup, goblet , scinnit „noyau"49, srithit 'stream of milk/ blood' 5 0 finden sich in dieser - zunächst von Thurneysen 1933/ZCP 19 zusammengestellten - Gruppe v.a. belebte Feminina: Außer dem Theonym Brigir1 (und eventuell genit 'female mythical being of malevolent powers' 52 ) sind verschiedene Tiernamen belegt (birit 'sow' 53 , frigit 'some kind of vermin' 54 ).

42

43 44 45

46

47

48 49 50 51 52

53 54

Später auch - wegen des auslautenden palatalen Konsonanten? - als Dentalstamm flektiert. Vgl. resp. LEIA-M-60 und LEIA-A-35. Darüber im Zusammenhang II.A.4 sub 2 § 2. Vgl. die germanischen, baltischen und slavischen Beispiele bei Szemerenyi 4 1990/EVS: S. 202. Vgl. DB St 1987/Son: S. 129 s.v. zur Etymologie und S. 42 zur kurzvokalischen Entwicklung des langen Sonanten vor Doppelkonsonant. Anscheinend mit Vollstufe der Wurzel (wie auch die im folgenden angeführte birit 'sow'), wenn mit LEIA-B-51 zu idg. *bhen- 'schlagen' (IEW: S. 126; willkürlich dagegen IEW: S. 118). Wenn das (komponierte) epit 'axe' ein echtes Partizip darstellt (wie u.a. DIL-E-87 erwogen), ist es demgegenüber am ehesten mit Vendryes 1954/FS Sommer: S. 232 zur Wurzel idg. *bhei(9)- 'schlagen' (IEW: S. 117f.) zu stellen (kaum zutreffend dagegen Pokorny, IEW: S. 126). Dazu DBSt 1997IZCP 49-50: § 5 S. lOOf. LEIA-S-45. DIL-S-95 verzeichnet es als Plurale tantum scinniti. DBSt 1987/Son: S. 142. DBSt 1987/Son: S. 90f. LEIA-B-52; Vendryes 1954/FS Sommer: S. 232f.; vielleicht auf idg. *ghan'gähnen, klaffen' (IEW: S. 411) zurückzuführen? DBSt 1987/Son: S. 85. DIL s.v. frige als „-nt (stem), f."; Vendryes 1954/FS Sommer: S. 232.

D.a. ι-Stämme

83

3.4.2.1. Der aus dem Morphemkonglutinat *-nt-l im Irischen hervorgegangene Ausgang -it wurde dadurch deskriptiv als selbständiges Suffix empfunden und auch - wie von Vendryes 1954/FS Sommer 55 und Pokorny 1959/MSS 15 5 6 herausgearbeitet - zur nachträglichen Umgestaltung heterogener, jedoch semantisch naher Bildungen angewandt. Z.B. wird air. elit, ailit 'doe, hind' seit Pokorny a.a.O. als eine lediglich durch Suffixersatz entstandene Form erklärt, d.h. mit Ersatz durch dieses bei weiblichen Tiernamen häufige -it anstelle von **-ain < *-3til wie im si mky. elain .

55

56

Bes. S. 233: „le suffixe -it a pris une certaine extension, comme suffixe de derivation ou de classification, sans rapport avec son origine." Außerdem „Les diminutifs en -nat ont parfois le nominatif en -nait f...]. Thurneysen [...] suppose que c'est un emploi du datif en fonction de nominatif [...]. Ce fait en tout cas a dü contribuer ä l'extension du suffixe -it dans des mots qui n'etaient pas des diminutifs en -nat. II est remarquable par exemple que le suffixe -it ait servi ä former des noms de rivieres feminins en partant d'adjectifs ou de substantifs d'usage courant." (I.e. S. 234). Zum Suffix -nat s. ILA.2.1 sub 3 [Ε]. Dort S. 11: „Besonders wichtig ist die Beobachtung, dass das ir. Suffix -it (aus -ntf) sich weit über seine ursprüngliche Funktion ausgebreitet hat, nachdem es jede Verbindung mit dem Konjugationssystem verloren hatte. [...] Deshalb ist es nicht nötig, in jedem einzelnen jungen Falle auf die ursprüngliche Bedeutung des Suffixes zurückzugreifen." Und nach der Besprechung geeigneter Beispiele auf S. 12f.: „Ein denominales ni-Suffix bezeichnet ursprünglich die Zugehörigkeit [...] Damit hängt auch die Verwendung als Deminutivssuffix, sowie zur Bildung von Koseformen, bzw. Kurzformen zusammen." (I.e. S. 15).

C T

Vgl. die Diskussion der verschiedenen Thesen bei DBSt 1987/Son: S. 163. Man bemerke auch bei diesem Etymon die bindevokalische Variante -andes Nasalsuffixes, und zwar obschon die vorausgehende Wurzelsilbe leicht ist. Womöglich ist auch gelit „sangsue" (Vendryes 1954/FS Sommer: S. 232) wegen der britannischen Evidenz nicht primär, vgl. aber IEW: S. 365 und LEIA-B-52; kein selbständiger Eintrag im DIL (G-61 bzw. 69). Zu air. selige• testudo (DIL s.v. seilche 'a snail') vgl. außer IEW: S. 900 auch LEIA-S-81f.

84

Teil I: Primäre Stammbildungen

3.4.2.2. Seltener sind als Grundwörter i-movierter Bildungen Partizipia belegt, die statt des noch gemeinkeltischen schwundstufigen Allomorphs -nt- die vollstufige Abtönung -ont- aufweisen 58 : vgl. ethait 'bird, fowl; a winged creature' aus *pet-ont-i59 für die Tiernamen, canait „Sängerin" 60 für die Menschenbezeichnungen, und den zum i-Stamm gewordenen Körperteilnamen slias(s)ait 'the thigh, fernen; side' (wohl zunächst als 'die Beine spreizende Entität' entstanden 61 ). 3.4.3. In Anbetracht des etwas jüngeren morphologischen Typs des toPartizips ist es vielleicht nicht verwunderlich, daß sich als Beispiel für eine Motion mit klarer Etymologie nur ein Kompositum 62 wie inailt 'handmaid, bondmaid' als *eni-al-t-ieigentlich 'die darin (seil, in der 64 Familie) Aufgezogene' anführen läßt. 58

59

60

61

ff)

63 64

Vgl. meine Bemerkungen 1995/GS Kurylowicz: § 3.2.1.2 und 1991/ZCP 49-50: § 6 S. 103. IEW: S. 826; Debrunner JW-AindGr.: II/2 § 256(d) S. 418. S. aber II.A.4 sub 2 § 2 zu dessen Verhältnis zu aind. pätanti 'fliegend'. Vgl. Thurneysen 1933IZCP 19: S. 189f.: Die dort (und LEIA-C-32; irrig Reichler-B eguelin 19%3/TravNeuchLing 5: S.15) vorgenommene Rekonstruktion *kan-ont-T stellt uns allerdings vor Probleme bei der lautgesetzlichen Erklärung des Nominativ Singular Maskulinum 1 cana (/cano) 'singer', s. II.A.4 sub 2 § 2. Vgl. LEIA-S-131f. vs. IEW: S. 1000 sowie die Diskussion beider Ansätze bei DBSt 1987/Son: S. 141. Obwohl Komposita aus prinzipiellen Gründen außerhalb dieser Untersuchung gelassen werden (dazu s. Einleitung, «Zum Korpus» § 3), sollte hier an das u.a. nicht im IEW erfaßte ί-stämmige inis 'island' erinnert werden (< *eni-sth2-l 'die darin (seil, im Wasser) stehende Entität', vgl. Hamp 1974/EC 14: S. 192). IEW: S. 27; Stokes mi/KZ 28: S. 290. Demnach dürfte diese Bildung zu einem Zeitpunkt entstanden sein, als das ererbte Lexem für 'Tochter' im Goidelischen noch in seiner appellativischen Funktion existierte (dazu jetzt auch DBSt 1997IZCP 49-50: § 1 S. 92ff.; s. hier I.G in (ii) § 2.1) und noch nicht durch das ä-stämmige und daher wohl ursprünglich attributive ingen (< *eni-gen-ä 'die hinein [seil, in die Familie] Geborene', gewissermaßen als Gegenbegriff zu inailt) ersetzt worden war.

O.a. ι -Stämme

85

ii) ZUM LEXEMKORPUS

1.0. Wie oben in Abschnitt (i) § 0 ausgeführt, drücken die i-stämmigen Bildungen zum größten Teil geschlechtige Feminina aus. 1.1. Dazu gehören zum einen T i e r b e z e i c h n u n g e n , die sich im Keltischen ausschließlich in der Femininform durchgesetzt haben: vgl. - wenn auch mit unterschiedlichen Strukturen - die bereits diskutierten l geis 'swan', heirp capra; nathir• anguis·, birit 'sow', frigit 'some kind of vermin'; ethait 'bird, fowl; a winged creature'. 1.2. Nicht bloß belebte, sondern auch m e n s c h l i c h e geschlechtige F e m i n i n a sind die - je nach Ableitungsbasis - der Reihe nach besprochenen 1necht· neptis\ rigain 'queen'; setig 'wife'; emuin 'a [female] twin'; Brigit (GN), genit 'female mythical being [...]'; canait „Sängerin"; inailt 'handmaid, bondmaid'. 2.1.0. Es gibt ferner eine Gruppe, deren Bildungen heute nicht mehr ohne weiteres in ihrer Entstehung motiviert erscheinen und die weder menschliche noch überhaupt belebte Entitäten umfaßt: Nur z.T. handelt es sich um regelrechte Abstrakta 65 , darunter meit 'size, greatness', oder auch eine Zeitspanne wie das ebenfalls bereits diskutierte air. bliadain 'year'. 2.1.1. Als Konkretum dieser Gruppe - und daher nach altem Muster gebildet - muß das unter (i) analysierte caill 'wood, forest' klassifiziert werden. 2.2.0. Ein anderer und jüngerer Typ nicht-belebter i-Bildungen besteht aus Bezeichnungen, deren feminines Genus allem Anschein nach aus ihrer u r s p r ü n g l i c h e n a t t r i b u t i v e n Verwendung herrührt 66 : Eine solche ist, wie oben gezeigt, die geneuerte Bezeichnung der 'Nacht', 1 adaig, und vielleicht auch cingit 'cup, goblet'.

65

66

Dazu Reichler-BSguelin 1983ITravNeuchLing 5: S. 15; Stempel 1994/FS Schmidt: S. 207. Vgl. Stempel 1994/FS Schmidt: S. 206f.

86

Teil I: Primäre

Stammbildungen

Unsere heutigen Kenntnisse reichen allerdings nicht aus, um festzustellen, ob die im vorausgehenden illustrierten Konkreta binit 'rennet, curds', srithit 'stream of milk/blood' und auch inis 'island' und scinnit „noyau" zu dieser Kategorie oder eher zu der gerade § 2.1.1 genannten gehören. 2.2.1. Schließlich ist auf eine inzwischen paradigmatisch gewordene Konstante hinzuweisen, nämlich daß substantivierte i-stämmige Adjektive im _ 6Π Femininum eindeutig den Genitiv der ι-Stämme zeigen (GOI: § 357) .

fH Zur Durchsetzung von ί-Bildungen auf dem Umwege substantivierter Adjektive vgl. u.a. Reichler-Beguelin 1983/TravNeuchLing 5: S. 12ff.

I. E . Μ - S t ä m m e

i) Z u FLEXION UND STRUKTUR

0. Sieht man von einzelsprachlichen Analogien nach der Flexion numerisch stärker vertretener Stammklassen ab, so weist die irische a-Stammbildung - im indogermanischen Vergleich - einen bemerkenswert archaischen Zustand auf, nicht zuletzt weil die mit α-gebildeten Adjektiva unverändert bewahrt sind 1 . 1. Sowohl im System der Substantive wie auch der Adjektive dieser Deklination sind alle drei Genera vertreten, wenn auch die Feminina, die im substantivischen System nicht gerade zahlreich sind , außerhalb des Nominativ Singular umgestaltet wurden 3 . 2.0. Die numerisch stärker vertretenen Stammbildungen, die schon zu Beginn der Überlieferung einen deutlichen Einfluß auf die α-Stämme ausgeübt hatten, sind die o-, yo-, ä- und i-Stämme. 2.1. Letztere, die ihrerseits von den u-Stämmen den Genitiv Singular übernommen hatten, übertrugen dafür den u-Stämmen ihre Endung des Genitiv Plural4. Über die Motivation für diesen Austausch, der - anders als sonst üblich - gerade zwischen zwei Deklinationen stattfand, die deskriptiv durchgehend verschieden waren 5 - kann man nur spekulieren 6 .

2

Anders als z.B. im Lateinischen, vgl. Leumann/Hofmann/Szantyr: I § 317. Stokes, der diese Kategorie 1870 nachgewiesen hatte, zählte 1887/ΛΓΖ 28: S. 291 kaum mehr, als sechs Lexeme.

•3

4 5 6

Darüber im folgenden § 2.2. S. I.D in (i) § 1.0 bzw. GOI: § 312 S. 198; ferner GOI: § 303 S. 192. S. Einleitung, «Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge». Könnte die semantische Nähe zwischen ti- und ία-Verbalabstrakten die entscheidende Rolle gespielt und zu einer zweckmäßigen Diversifizierung der Kasus beigetragen haben? Eine derartige Arbeitshypothese würde die eigentümliche Verteilung {[Gen.Sing. aus den u-Stämmen] vs. [Gen.Plur. aus den i-Stämmen]} darauf zurückführen, daß im Irischen «-stämmige Abstrakta

88

Teil I: Primäre

Stammbildungen

Jedenfalls ist es in diesem Lichte leicht nachvollziehbar, daß - nach der soeben genannten Übernahme - zumindest beim Plural der Substantive gelegentlich auch der Nominativ nach den i-Stämmen gebildet werden η konnte . In anderen Fällen ist die Abgrenzung gegenüber den vom Plural ο der .yo-Stämme ausgehenden Analogien kaum möglich. 2.2. Die Feminina, und zwar sowohl substantivische wie auch adjektivische, richteten sich in ihrer ganzen Flexion - mit Ausnahme allein des Nominativ Singular - nach den Feminina 'par excellence', nämlich nach den ä-Stämmen 9 . 2.3. Die häufigen o-Stämme (Maskulina und Neutra), von deren Ausgängen die «-Stämme deskriptiv in mehr als einem Kasus nicht zu unterscheiden waren 10 , verursachten nicht nur sporadische Analogien bei Substantiven, sondern lieferten auch das Muster für den Genitiv Singular «stämmiger Adjektive 11 (sicherlich nachdem die entsprechende Kasusendung der femininen «-stämmigen Adjektive sich - mit den restlichen Feminina - nach den ä-Stämmen gerichtet hatte). 3.1.0. Was von der ererbten Flexion der «-Stämme im Altirischen erhalten gebheben ist, setzt den „Haupttypus", d.h. den Typus mit Ablaut des stammbildenden Morphems fort 12 . 3.1.1. Daß der „Nebentypus" mit starrem «-Morphem nicht (weiter-?) entwickelt wurde, dürfte sich dadurch erklären, daß die bei vokalisch

7 8

9 10 11 12

mit ursprünglichem Dentalsuffix sehr oft im Singular vorkamen, während für die i-stämmigen der Plural nicht unüblich war (zu den jeweiligen Suffixen s. - außer H.A. 1.6 sub 1 - auch II.A.2.4 und II.A.3 bzw. II.A.2.3 sub 1[A]). GOI: § 312 S. 198. Dazu Thumeysen 1918/ÄTZ48: S. 59f. und GOI: § 358 S. 227 u. § 312 S. 198. GOI: §§ 308 u. 358, S. 195 bzw. 227. S. Einleitung, «Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge». GOI: § 309 bzw. 358. Szemerenyi 4 1990/EVS: S. 185ff.

89

Ε. u-Stämme

anlautenden Endungen eintretende Lautfolge -wV- in Verbindung mit der 1

bei diesem Typus üblichen kurzen Wurzelsilbe im Irischen in der Mehrzahl der Kontexte zur Entstehung des Konsonanten -b- führte 14 , der dann den Zusammenhalt des Paradigmas gesprengt hätte. 3.2. Keine Aussage läßt sich dagegen in Hinblick auf die ursprüngliche Abtönungsvariante des Stammbildungsmorphems machen, da der Übergang *eu > ou bereits gemeinkeltisch ist. 3.3.0. Sieht man von den oben sub §§ 2.0-2.3 angeführten analogischen Umgestaltungen nach anderen Stammklassen ab, so ergibt sich aus dem Vergleich mit dem indogermanischen Rekonstrukt, daß die Endung des Dativs sowohl im Singular wie auch im Plural geneuert ist. Als Quelle scheint beide Male der Instrumental fungiert zu haben. 3.3.1. Für den Dativ Plural auf -(fib erwägt Thurneysen 15 eine Rekonstruktion mit analogischer Übernahme des -o(w)- des Nominativ Plural, h h und zwar entweder als *-o-b is (- *u-b is nach der Metanalyse von *-ow-es als *-o-wes16) oder - mit gleichzeitiger Einführung des thematischen -o- wie bei den konsonantischen Stammbildungen - aus *-ow-o-bhis.

13 14

15 16

Szemerenyi 41990/EVS: S. 189. Ferner Martinez Garcia 1996/Veleia 13. Vgl. u.a. das zu *deru, daur 'oak' (dazu ILA. 1.2 sub 2 § 4) gebildete Adjektiv derb 'sure, fixed' < *derwos\ DBSt 1990/FS Hamp: S. 31ff. (die Bedeutung 'Eiche' wird dort fälschlich dem altirischen Adjektiv zugeschrieben). Zur Verteilung hinter leichter vs. schwerer Silbe s. auch II.A. 1.1 sub 2 § 3. LEIA-D-54f. Von seinem ursprünglichen Ansatz femininer «-Stämme, die u.a. durch Anschluß an die ä-Deklination im Genitiv auf **-be ausgelautet hätten (so noch CCCG: S. 169 § 292), distanzierte sich Thurneysen selbst (vgl. 1887/ KZ 28: S. 147 vs. 1927/ZCP 16: S. 277f. und GOI: S. 195 § 308; ablehnend schon Stokes 1887/KZ 28: S. 191). GOI: S. 198f. Man bemerke, daß der Akkusativ Plural -u ( bronn12, 2) bereits ursprünglich geminiertes *-nn- wie in *gob-ann-os > 1^ gobann , sowie 3) die Liquiden und Nasale, die überhaupt bei folgen-

Ο

9

10

11 12

13

Zu thematisierten und anderen suffixalen Weiterbildungen s. ILA. 1.3 sub 2, II.Α. 1.4 sub 4 und II.A.5. Zu cu 'dog', du 'place, spot' und der neutrischen Variante zu air. ben 'woman' s. in Teil I, Kapitel A. Gebrauch nach Pedersen, s. I.H in Anm. 2. Zum indogermanischen Rekonstrukt vgl. Szemerenyi 41990/EVS: S. 179 mit Literatur. Zum Armenischen Stempel 1990//F 95: S. 44-59; zum Germanischen Jasanoff 1980/Fs Beeler. Zur unterschiedlichen Herkunft der Opposition leniert vs. unleniert bei den Sonanten im Gegensatz zu den Verschlußlauten DB St 1990/FS Hamp: S. 27f. u. 38 mit Literatur. GOI: § 327. Gen.Sing. von ^bru 'abdomen; entrails; womb' < *bhrus-ö über *brusü, vgl. LEIA-B-99f. und IEW: S. 170f. s.v. 1 ,bhreu-s- 'schwellen'. Gen.Sing. eines der Wörter für „Schmied" mit Nom.Sing.® gobae ('smith'), das in air. Goibniu (< ,*Gobanniö, 'le grand forgeron'": Lambert 1994/LG: S. 30) wiederkehrt. Zum sich hier von GOI: § 327 unterscheidenden (Genitiv-)Ansatz des fraglichen Wortes vgl. DBSt 1998/GS Bökönyi: § 2 und 1995/FS Evans: S. 17 mit Anm. 5. Eine Entsprechung in der Cisalpina verzeichnet ead. 1996/FS Wolf: S. 112 § 3.3.3. ι

101

F. η-Stämme

dem η (u.a.) jene partielle (Kontakt-)Dissimilation verursachen, die unter dem Namen 'Mac Neills Gesetz bekannt ist 14 . 2.2. Morphologisch kommt dieser altirischen Differenzierung in LENIERTE und NICHT LENIERTE NASALSTÄMME insofern eine besondere Relevanz zu, als sie die Neutra mit ihrem durchgehend delenierten -nn(-) i 5 noch deutlicher als sonst in der Indogermania üblich von der Gruppe der belebten Bildungen abhebt. 3.1.1. Auch die ererbte, im Keltischen weitgehend beibehaltene Alternanz des stammbildenden Morphems 16 wird im Altirischen dazu verwendet, die Neutra zu differenzieren. Neben der dort angestammten Schwundstufe *-n# (> *-en#) im Nomina17 tiv und Akkusativ Singular finden wir nämlich das normalstufige Genitivallomorph *-en-+s 1 8 : vgl. imb 'butter' *-f (> *-ϊ# > -0). Auf kurz *-I (*-/# > -0).

107

F. η-Stämme

3.2.3.2. Wenig innovativ ist auch die Flexion des belebten Plurals mit auslautendem (Nom.: *-n+es#) bzw. -na# (Gen.: *-n+om#) und -na# (Akk.: *-näs# < *-n+ns#). Die Gegenüberstellung von fiad-n-a und talm-an-a, beide mit Synkope der ererbten zweiten Silbe 50 , zeigt allerdings, daß wie in den Gen.Plur. auch in den Akk.Plur. weitgehend die Vollstufe des stammbildenden Morphems eingefühlt worden war 51 . 3.2.4.1. Nach der Betrachtung der übrigen Kasusausgänge im Deklinationsparadigma können wir jetzt zu der nicht immer einhelligen Rekonstruktion der verschiedenen für den belebten Nominativ Singular belegten Endungstypen übergehen. Deskriptiv betrachtet, weisen die reinen Nasalstämme mindestens drei Typen von Ausgängen im Nominativ Singular auf, wenn man den Nom. μ

Sing. „With neutral quality in the final consonant" der Nomina agentis mit komplexem Suffix -em beiseite läßt . Neben (α) einer kleineren Gruppe mit Nom.Sing. „With «-quality in the final consonant"54 finden wir (ß) verschiedene Bildungen mit Nom.Sing. -«# bzw. -IM*55 und (γ) einige auf -(a)eΦ 6 . 3.2.4.2. Es liegt - trotz Campanile 1995IZCP 47: S. 255f. 57 - auf der Hand, daß die Gruppe (α) diejenige ist, die Älteres bewahrt; sie weist auf einen im Keltischen zu -ü übergegangenen, ursprünglich nasallosen Nom. Sing. *-ö# hin, wie er auch für andere Zweige der Indogermania rekonstruiert werden muß und womöglich in der Grundsprache selber ur-

50

ι Resp. zu air. ffadu (ffada) 'a witness, testis' und talam 'earth' (DBSt 1987/Son s.v.). 51 Zum indogermanischen Rekonstrukt Szemerenyi 4 1990/EVS: S. 179. 52 53 GOI: S. 211 § 329 sub l.B. Das ja aus ursprünglich thematischem *-i-samo-s hergeleitet werden sollte, s. II.A.2.5 sub 1. 54 GOI: S. 211 § 329 sub I.A. 55 GOI: § 330. 56 GOI: § 331. 57 Gegen DBSt 1993/1 .SDK: S. 42f. u. 45.

108

Teil I: Primäre Stammbildungen

sprünglich war 58 . Ein nasalloser Ansatz wird für das Keltische durch die festlandkeltisch belegten Nominative nasalstämmiger Namen, die sämtlich -uff zeigen 59 , zumindest bekräftigt 60 . Zu demselben Rekonstrukt *-ö# führen jene Nasalstämme, die - qua Einsilbler - auslautendes -uff bewahren 61 , mit dem Lenierung verursachen1 f ff) den cu 'dog als prominentestem Vertreter . 3.2.4.3.0. Eindeutig geneuert ist die dritte Gruppe (γ), zu der keine grundsprachlichen η-Stämme gehören. Thurneysens Interpretation der fraglichen Bildungen 64 als Nominative mit starrem *-en- 65 plus aus dem Nominativ vokalischer Stämme bekanntem *-s - und somit in doppelter Hinsicht geneuert - läßt sich kaum mit Parallelen erhärten. Ferner spricht nicht zuletzt die zunehmende Eingrenzung von -en- auf Neutra 66 dagegen. 58

59

60

61 62

63 64 65

66

Vgl. Szemerenyi 41990/EVS: S. 178 bzw. Schmalstieg 1976/FS Hill: S. 220; Leumann/Hofmann/Szantyr: I § 151 S. 144. Beispiele u.a. bei Dottin LG: S. 115 u. 119, Lambert 1990/LG: S. 61 bzw. Tovar 1986/GKK: S. 92, Eska 1989A1HCIB: S. 162. Zum Lepontischen jetzt unverzichtbar de Hoz 1990/GS ToMi. Ebenfalls in diese Richtung könnte das frühgoidelische onomastische Material bei Ptolemäus Geogr. II Kap.2 weisen, das aber erst nach einer systematischen Untersuchung verwertet werden darf (so könnten Hydronyme wie Λιβνίου u.U. auf *Libn-yöff zurückzuführen sein, vgl. auch Ίέρνου und Λούρου neben Δούρ). S. auch oben Anm. 40. Und somit eine Teilmenge von (ß) ausmachen. Um die bei einem nasalstämmigen Maskulinum einzigartige Lenierung wegzudiskutieren, versuchte Campanile 1995/ZCP 47: S. 256 Anm. 1 „die Hypothese auf(zu)werfen, daß auch cu einmal ein Femininum war", so daß „der berühmte Held kein 'Hund' sondern eine 'Hündin von Cauland' wäre." Wenig plausibel, wie mir scheint, und auch - vom indogermanischen Rekonstrukt her - keineswegs erforderlich. Vgl. auch das zusammengesetzte Femininum retlu, air. retglu 'star'. GOl: S. 212 § 331. D.h. mit nicht ablautendem Stammbildungsmorphem in den Genitiven auf *-en-os usw. Oben § 3.1.1.

109

F. η-Stämme

Als mögliche Alternative bleibt statt dessen - wie von Thurneysen selbst fn ebenfalls in Erwägung gezogen -, darin _yo-/-_ya-Stämme bzw. yo-l-yastämmige Nominative zu sehen, die, wenn auch bereits vorhistorisch, doch erst sekundär in die Nasalstämme eingingen. Eine derartige Möglichkeit findet zumindest im Falle von agentivem gobae 'smith' und barae 'anger, hostility, vehemence, excitement' eine festlandkeltische Stütze, nämlich im ursprünglich dentalstämmigen gall. *g ο (h) -et-b i, b

/ro

also gobedbi 'den Schmieden , bzw. ggfs. im jO-stämmigen Ethnikon gall. AmbiBARU69. Eine ^«-Weiterbildung kann ebenfalls einen eindeutig späten Loanblend wiebranch' caitice erklären 'strain 7of 0 . music, melody; some kind of song-bird; (?) bough, 3.2.4.3.1. Einen Sonderfall stellt innerhalb dieser Gruppe das Maskulinum air. menmae, i.e. menma 'mind; thought' dar: Dessen Geschlecht und Flexionsparadigma, darunter der Gen.Sing. menmann < *menmEN-OS wie nicht zuletzt das delenierte -n(-) im Stammauslaut zeigen nämlich einigermaßen eindeutig, daß wir hier mit keinem ursprünglichen Nomen actionis auf *-mji#, sondern mit reduplizierender Wortbildung zu tun haben 71 .

67

fiR ®

70

71

GOI: S. 212 § 331. Zur Rekonstruktion im einzelnen s. oben Anm. 13 und I.J in (i) § α. 1.1.7 mit Von Literatur. DBSt 1987/Son: S. 80 im Zusammenhang mit dem Femininum barae

h

(s.v.) diskutiert, für das ein Anschluß an die Verbalwurzel *b erH- 'aufwallen; sich heftig bewegen' vorgeschlagen wird (allerdings noch unter Übernahme der traditionellen Rekonstruktion eines Nom. *-en-s mit Gen. -en-os, wie sie u.a. bei Stüber 1997/Eriu 48: S. 230 anzutreffen ist). Dazu DIL-C-34 und LEIA-C-16. Wie III.A.l im Zusammenhang dargestellt (bes. § 2.4.3). Wie der Nom.Sing. dieser reduplizierten Nominalbildung *men-men (: aind. manman(-), Ntr.), die wegen der nasalauslautenden Wurzel als «-Stamm flektierte, im einzelnen zu verstehen sei (d.h. ob mit *-s des Maskulinums erweitert oder gar mit Pedersen VGKS: II S. 112 als *men-m-yo-s)y bleibe dahingestellt.

Teil I: Primäre Stammbildungen

110

3.2.4.4.0. Zumindest dreifach ist die Herkunft der zweiten Gruppe (ß) mit bewahrtem «-Vokal im Auslaut des belebten Nom.Sing. 79

Neben den bereits erwähnten, unproblematischen Einsilblern und den wenigen Etyma, in denen -o# ein früheres *-w- widerspiegelt , gibt es eine weit größere Untergruppe, in der das auslautende -«# durch ein vor dem grundsprachlichen *-ö stehendes *-y- der Apokope 'entzogen' wurde 74 . Es handelt sich um mittels des nasalstämmigen Suffixes *-yö(n) abgeleiteten Derivate , wobei - wegen der im älteren Irischen geltenden Schreibregeln - je nach bloßes 1 f\ Kontext oder auch vielfach 77 im Auslaut erscheint : vgl. aillsiu 'sore, tumour, abscess' und littiu 'porridge vs. lüabu 'cheese or porridge'. Der Genitiv Singular dieser sehr zahlreichen Gruppe zeigt in den Fällen, 7Q in denen die Mouillierung bestehen bleibt und auch geschrieben wird , einen Ausgang -en bzw. -enn, bei dem aber der Vokal -e- nicht ursprünglich, sondern aus unbetontem *-yo- hervorgegangen ist, vgl. leithrenn zu leithriu 'part of a sling; p. of a horse's fetter or spancel; p. of a harp'. η ε

3.2.4.4.1.0. Eine im einzelnen nicht leicht zu bestimmende Restmenge der Gruppe (ß) scheint schließlich ebenfalls auslautendes -u# im Nom.

72

η-ϊ Sub § 3.2.4.2. Außer brao 'quern, grindstone' (oben § 3.2.1 mit Anm. 38) ist u.U. auch cano in der Bedeutung 'cub, whelp' (also die erste s.v. lcana in DIL-C-65) dazu zu rechnen (in diesem Sinne IEW: S. 564 mit 633 und LEIA-C-31f.), dessen schwankende Rexion allerdings ebenfalls auf einen reinen Dentalstamm hinweisen könnte. 74 Eindeutig zu dieser - von Pedersen (VGKS: II S. 109f. § 454) „-y'ew-Stämme" genannten - Gruppe gehört das von Campanile 1995/ZCP 47: S. 256 polemisch ins Feld geführte noidiu 'child' (aus *ne-wid-yö zusammengesetzt; dazu auch GOI: S. 21 lf.). S. im folgenden § 4 zum Suffix im einzelnen. 76 Vgl. VGKS: I S. 341f. u. 349ff. (§§ 239, 241.3. u. 242.2.) zur Bezeichnung der Mouillierung und zu den mit dieser verbundenen Lautgesetzen im Iri77 schen. Dazu LEIA-A-34 mit weiterführender Literatur. 78 Dazu DBSt 1987/Son: S. 126f. s.v. 70 Vgl. die in Anm. 76 angeführten Paragraphen bei Pedersen. HC

F. η-Stämme

111

Sing, bewahrt zu haben, ohne daß man allerdings die scheinbare Bewahrung des Vokals der Existenz eines vorangehenden **-y- plausibel zuschreiben kann. Theoretisch ließen sich für diesen Typ drei Erklärungen gegeneinander abwägen: a) Es handelt sich um rezentere Bildungen, die das gemeinsprachliche *-ö# des Nom.Sing. nach dem Muster der Obliqui zu **-ön# erweitert haben; vergebens sucht man aber nach einem gemeinsamen Nenner, der die fragliche Erweiterung der betreffenden Bildungen wenn nicht systematisch motiviert so doch zumindest begünstigt haben könnte. Auch mangelt es an Parallelen aus anderen keltischen Zweigen. b) Es handelt sich um rezentere Bildungen, die das -s# des vokalstämmigen Nominativs an das ererbte *-o# zusätzlich angefügt haben . Es gelten aber auch in diesem Falle beide zu (a) eingewandten Schwie^

Q1

rigkeiten; auch ist aind. ksas „die Erde' aufgrund seiner Struktur keine echte Parallele für die erwogene Neubestimmung des Nominativs. Daher handelt es sich vielleicht c) bloß um einige 'zerstreute' Etyma, die sekundär mit einem inneririschen Nominativ Singular® auf -u nach dem Muster der -jöf/ij-Ableitungen versehen worden sind. Sekundär sind nach Ansicht der Etymologen ohnehin Nominative wie l ordu 'thumb or great toe' (zum älteren, belegten Nom. 1 orrf 83 ) und Crüachu 'Rathcroghan, royal residence of Connacht' (nachträglich aus dem pluralischen Stammesnamen Cruachain, mit Gen. Crüachan, gewonnener ON 84 ) 'acorn'

85

gewesen, und spätere Umgestaltungen wie und vielleicht latru selbst 86 sind ebenfalls bekannt.

dercu

80 81 82

83 84 85 ozr

Dann wäre -u# < -us < **-o+-s hervorgegangen. Bei Szemerenyi 41990: S. 178 unter den n-Stämmen behandelt. Es ist nämlich kein eigentlicher Nasalstamm, sondern ein Wurzelnomen, das zudem idg. *-m- aufwies: vgl. Mayrhofer EWA: I S. 424f. mit Literatur zum geneuerten Nom.Sing. In DIL s.v. 3ord(d)\ vgl. LEIA-0-29f. DIL-C-555; LEIA-C-250 (u. 249f. s.v. crunch). Zu derucc, vgl. (i) § 7. Denn es ist eher die Variante latar, die lat. latro, latrönis in der lautlich erwarteten Form wiedergibt (s. auch § 5.0).

112

Teil I: Primäre Stammbildungen

In diesem Sinne urteilt auch Pedersen, der VGKS: H S . 110 § 455 die beobachtete Umgestaltung einleuchtend auf den Umstand zurückführt, daß „Die -jen-Stämme87 mit verlorener Mouillierung [...] nur im Nom. Sing. [...] von den -n-Stämmen ab(wichen), wodurch sich „die Tendenz" bemerkbar machte, „diesen Kasus immer zweisilbig sein zu lassen . OQ

3.2.4.4.1.1. Im großen und ganzen unabhängig von der für die obige 'Restmenge' der Gruppe (ß) gegebenen Erklärung läßt sich die Frage nach der Etymologie von air. fiadu, Gen. fiadan, d.h. 2ßada 'a witness, testis' betrachten, das von Pedersen gerade unter die Etyma der besagten Restmenge eingeordnet wird, in denen also „den lautgesetzlichen einsilbigen Nominativformen der zweisilbigen -n-Stämme [...] ein -u angehängt (wird)" 89 Statt dessen glaubte Thurneysen, den Erhalt des -u (i.e. trotz nicht vorhandenem vorangehenden *-y-) durch Rückführung auf ein als Kategorie verlorengegangenes Partizip Perfekt Aktiv (idg. *weitwös 'gesehen habender') rechtfertigen zu können 90 . Eine endgültige Entscheidung kann kaum gefällt werden, man muß aber folgendes anmerken: α) Dies ist zwar der einzige Fall, bei dem ein Partizip Perfekt Aktiv im Keltischen rekonstruiert werden kann 91 , doch bieten die außerkeltischen Vergleichsformen annehmbare Gleichungen, im Gotischen sogar mit demselben semantischen Wandel. ß) Bei einem Terminus aus der Rechtssprache rechnet man zwar übli87 OQ

89 90

91

Der Terminus wird von ihm in erweitertem Sinne angewendet. Das in Pedersens Schema nicht passende aradu 'preparation, arrangement, treatment; rein(s)' wirft bereits durch die ausgebliebene Synkopierung „des problemes difficiles ä resoudre" auf (LEIA-A-83). VGKS: II S. 110 § 455; vgl. auch Brugmann Grdr.2: II/l § 214. GOI: S. 212 § 330. Schwerwiegende Bedenken hinsichtlich des grundsprachlichen Alters des Dentals im Suffix des Partizip Perfekt Aktiv sind aus indogermanischer Sicht vorgebracht worden, vgl. Szemerenyi 1967/ SMEA 2. - Es läßt sich darüber hinaus keineswegs mit Sicherheit sagen, daß idg. *-w- im Goidelischen auch hinter einer schweren Silbe dieser Art geschwunden wäre (s. dazu die Regel in ILA. 1.1 sub 2 § 5). Zu den traditionell mitdiskutierten Belegen s. I.J in (i) § a.5.1 und II.A.4 sub 2 § 4; vgl. außerdem DB St 1997/ZCP 49-50: § 2 S. 94f.

113

F. η-Stämme

cherweise ungern mit einer Neuerung, eine Neuerung wird aber von beiden Erklärungen angesetzt: Bei derjenigen von Pedersen betrifft die postulierte Neuerung einen einzigen Kasus (nämlich den Nom.Sing. 2 fiadu - Nom.Sing. ffad), bei der von Thurneysen dagegen die gesamte Flexion, die wider Erwarten nicht dental-, sondern ausschließlich nasalstämmig ist 09

(ebenso nach der Evidenz aller, auch altbelegter Derivate ), und zwar ohne daß man irgend einen Grund für den Deklinationsübergang nennen könnte 93 . γ) Pedersens ursprüngliches *fiad, fiadan dürfte als individualisierende ö(n)-Ableitung94 des Grundworts *fiad 'Anwesenheit'(: ky. lgwydd 'presence') 95 aufgefaßt werden, was im Einklang mit der meist denominalen Herkunft der Nasalstämme stünde und gleichzeitig eine zusätzliche, unmittelbare Motivation für die angenommene Umgestaltung des Nom.Sing. lieferte. δ) Aus dem Keltiberischen läßt sich als thematisches Gegenstück u.e.i.s.o.s anführen 96 , das schon von verschiedenen Gelehrten als „testigo" gedeutet wurde und inzwischen mit Villar 1995/ECTP als /weizos/ interpretiert werden97kann, was wiederum m.E. am besten auf *weid-yo-s zurückzuführen ist . 4. Wegen des geringen Unterschieds in Gebrauch und Verwendung des ererbten Suffixes *-yö(n) im Vergleich zu bloßem *-ö(n)9^ sollen die da92 93

94 95

96

97

98

Bereits in Würzburg ist fiadnaise 'witness, testimony' belegt. Im Gegenteil nimmt die 'traditionelle' Erklärung sogar den Widerspruch in Kauf, daß bibdu 'one who is guilty, liable; culprit' die Dentalflexion des Partizip Perfekt Aktiv beibehalten haben sollte, der „Zeuge" sie aber aufgegeben. Darüber in (ii) § 0. Vgl. auch ky. ynG^YDD 'coram' und air. fiad 'in the presence οΓ (Präp.), GPC: S.1752f. und GOI: § 836. Aus der Tessera Arecoraticensis und - im Dativ - aus der Bronze von Luzaga wie auch ggfs. mit noch bewahrtem Dental aus der von Cortono. Vgl. dort S. 41f. mit früherer Literatur, 53f., 59 u. 101. Überhaupt ist *-dynach DBSt/Akten Clermont eine der drei Quellen (d.h. mit * VW und *-δδ-) von kib. 5 /z/. Vgl. auch Gaide 1988/SML(i>: S. 274 u. 279f.

114

Teil I: Primäre

Stammbildungen

mit erzeugten Bildungen ebenfalls an dieser Stelle - und nicht wie sonst unter Π. A. 1.1 sub 1 - besprochen werden. Die meisten dieser Derivate, wenn sie auch längst nicht so zahlreich und klar segmentierbar sind wie in den klassischen Sprachen", zumal das -inicht immer an der Oberfläche sichtbar wird 100 , lassen sich eindeutig auf ein Substantiv oder Adjektiv zurückführen 101 : vgl. insbesondere PNN wie Colg(g)u, Gen. Colgion 1 Π'ί

und Gleru, j e w e i l s zu colg ' s w o r d ' 1 0 2 bzw.

gier, gleir 'choice, excellent; abundant'; das Grundwort ist nicht unbedingt in historischer Zeit erhalten, so u.a. im Falle von iriu, Gen. irenn 'land, earth, soil' *piwer- 'Fett') 104 . 5.0. Sehr viele unter den Nasalstämmen entwickeln im Laufe der irischen Sprachgeschichte einen geneuerten Nominativ Singular: Während die eine Gruppe wie im Falle anderer Stammklassen den Dativ oder Akkusativ zum Nom.Sing. erhebt, gewinnt ihn die andere aus dem Genitiv, vgl. 2

broinn

vs. latrann

zu den hier o b e n 1 0 5 diskutierten lbru

bzw.

latar/

latru (< lat. latro)\ aus dem Genitiv gewonnen ist auch der geneuerte Nominativ Manann von 2Mana, 'the Isle of Man' 106 .

99

Dazu Leumann/Hofmann/Szantyr: I 364f.; Gaide 1988/SML(i>; Risch 1974AVHS: S. 57; Chantraine FNGA: S. 165. S. hier oben § 3.2.4.4.0 mit Literatur. Ungerechtfertigt daher Neumann (1993/FS Rix: S. 342): „Mit einem von Haus aus k e l t i s c h e n Suffix -iön- [sie] möchte ich hier nicht rechnen, dies ist eher schwach bezeugt". Es ist offensichtlich, daß im gallischen PN Vlati-on-icn-om (Larzac lb4) einer der Kontexte vorliegt, von denen aus das betreffende Suffix - nämlich idg. *-yö, -yon-, das dann altirisch in der Verbindung *-ti-+yö(n) produktiv wurde (dazu II.A.2.5 sub 2) - überhaupt seinen Ursprung genommen hat. 2

100 101

102

Dazu GOI: S. 212 § 330 und DB St 1987/Son: S. 99 s.v. co/g; eine vergleichbare Semantik liegt dem dort zitierten PN Calgacus zugrunde (mit gallobritannischer vortoniger Assimilation an das *-ä- des Suffixes). 10 ^ Als o-/-ä- bzw. /-Stamm. 104 IEW: S. 793f. 105 §§ 2.1 bzw. 3.2.4.4.1.0. 106 DIL-M- 53f.

F. η-Stämme

115

5.1. Beide Formen haben sich im Falle des nicht mehr als Nasalstamm verstandenen 1trog 'parturition, offspring' (maskuliner o-Stamm) zum Nominativ entwickelt und - durch semantischen Wandel - zugleich verselbständigt, nämlich der ehemalige Gen. trogan 'earth' 107 und der Dat./ Akk. trogain 'sunrise, daybreak'.

6. Die im vorangehenden § 5 geschilderte Entwicklung hat wiederum zur Folge, daß auf -Vn(n)# auslautende, ursprünglich vokalstämmige Nominativformen als geneuerte n-stämmige Nominative interpretiert werden konnten, zu denen dann die Sprecher hyperkorrekt die betreffenden nasal1HR

stämmigen Kasusformen bildeten : vgl. den hysterogenen Nominativ gighra (Fem.) aus dem maskulinen o-Stamm gigren, gi(u)grann 'a wild

7. Zu den sekundären Nasalstämmen zählen bisweilen nach GOI: S. 175 § 273 die (femininen) Deminutiva auf -nat110. Die Motivation wird nach Ausweis des ebenfalls nasalstämmigen deruccglans (Gen. dercon < *der-u-kko-(o)n-os), das aus ererbtem *deru'Baum' bzw. 'Eiche' 111 mit einem ursprünglich o-stämmigen Verkleine110 rungssuffix mit geminiertem Velar gebildet ist und nir. zunächst 107

108

109

110 111 112

Zum semantischen Ubergang „*fruits, production de la terre" - „terre" wie auch zur Etymologie im ganzen vgl. LEIA-T-147. Dasselbe Phänomen findet sich auch im Armenischen, vgl. Stempel 1990/IF 95: S. 5lf. u. 53 sub 4. Zum Etymon s. III.A.l § 2.2.2. Dieselbe Entwicklung möchte Pokorny - trotz fehlender Nebenformen - im Falle des η-Stammes xidu 'pain, pang' („Especially 'the pangs of childbirth'": DIL-I-54) annehmen (als ursprüngliches *pidunä bei IEW: S. 830 zu *pid- 'gebären'): Der Grund für seine Annahme bleibt allerdings unklar, vielmehr könnten wir auch mit *pid-yö(n) zu tun haben, mit derselben Struktur wie lat. rebellio, oblivio. Hier unter II.A.2.1 sub 3 [Ε], Zur Flexion s. H.A. 1.2 sub 2 § 4. S. auch H.A. 1.7 sub 1 und III.A.2.

116

Teil I: Primäre Stammbildungen

dearca (mit Gen. dearcan) dann dearcdn heißt, in dem deminutivischen Charakter der Bildungen liegen 113 .

ii) ZUM LEXEMKORPUS

0. Sieht man „von einigen Nomina ohne klare etymologische Grundlage" ab, so unterscheiden sich die belebten grundsprachlichen Nasalstämme aufgrund sowohl ihrer Ableitungsbasis wie auch ihres semantischen Gehaltes nach solchen, die ein Adjektiv oder ein Substantiv als Ableitungsbasis haben, und solchen, denen eine Verbalwurzel zu Grunde liegt 114 . Zur ersten Gruppe gehört zum einen der häufige Typ der auch als „individualisierende(n) Denominativa" bezeichneten Derivate wie gr. Στράβων, -ωνος zu dem Adjektiv στραβός 'schielend' 115 , lat. Catö zu catus usw., zum anderen - mit eher als possessivisch zu beschreibendender Bedeutung - Frontö zu dem Substantiv frons. Die 'possessivischen' Derivate dieser Untergruppe konnten eine agentivische Bedeutung entwickeln, die u.a. in lat. müliö 'muletier' 116 zutage tritt 117 . Diese charakterisiert ebenfalls die Bildungen aus Verbalwurzeln (vgl. gr. ι ι ο

τεκτων, -ονος 'Zimmermann, Handwerker ), einen Typ, der nicht nur im Indoiranischen und Griechischen nicht allzu häufig belegt ist 119 , 113

114 115 116

117 118 119

Vgl. Gaide 1988/SML(i>: S. 189ff. zur deminutivischen Verwendung von -(i)ö(n) im Lateinischen. - Morphologisch nicht nachvollziehbar, aber v.a. lautlich unhaltbar ist demgegenüber Pedersen VGKS: II S. 25 (ihm folgt Lühr 19851Sprachwissenschaft 10: S. 314f.). Die typologisch nicht unübliche Anhäufung zweier Verkleinerungsmorpheme wird LEIA-D-56 s.v. dercu nicht erkannt („le suffixe en est peu clair"). Euler 1979/IIGGN: S. 181. Vgl. u.a. Euler 1979/IIGGN: S. 181 u. 105 mit Literatur. Darüber Gaide 1988/SML(i>: S. 109f. Gaide 1988/SML(i)o: S. 21 u. 137 („Le suffixe se charge d'un seme agentif). Dazu Euler 1979/IIGGN: S. 184f. Wie von Euler 1979/IIGGN: S. 181 festgestellt; zum überhaupt beschränkten Gebrauch dieser Stämme im Altindischen vgl. Thumb/Hauschild: II § 313 und Debrunner JW-AindGr.: II/2 § 80 S. 175ff.

F. η-Stämme

117

1 ΛΛ sondern u.a. auch im Lateinischen eine Minderheit darstellt : Grund dafür dürfte die eher späte Übertragung aus den desubstantivischen 121 Bildungen mit agentivischer Bedeutung ι gewesen sein , worauf auch das Irische selbst hinzuweisen scheint . syy

1. Als irisches Gegenstück für die soeben genannten Gruppen läßt sich mit adjektivischer Grundlage lbro 'quern, grindstone' anführen 123 , mit substantivischer Grundlage lab 'river' ( , * H 2 a p - H o n - [...] '(that) having running water'" 124 ) oder, mit identifizierender statt possessivischer Be1 deutung, lurgu d.h. lurga 'shin-bone, shank . 10ft Das bemerkenswerte feminine air. altru 'foster-father' ι mit dem daraus durch Präfigierung movierten BANaltra 'foster-mother' darf als desubstantivische ö(n)-Ableitung mit agentiver Bedeutung des noch in Komposition belegten und sonst zu altram weitergebildeten air. -altar (Mask.) 'act of nurturing, fostering' 128 gedeutet werden. 190 In den jöfnj-Derivaten tritt die Ableitungsbasis deutlicher hervor . 120

Dort macht der Typ comedo bloß 18,5 % der Derivate aus, vgl. Gaide 1988/SMLfi>: S. 137ff. 121 Diese Perspektive bei Gaide 1988/SMLfijo: S. 143. Als Verlust statt dessen von Euler angesehen: „im Ar. und Gr. nicht mehr lebendig" (a.a.O. S. 181). 122 W i e a u s £ j e m jjj er anschließenden § 1 implizit hervorgeht, mangelt es nämlich dort an eindeutigen deverbativen Bildungen dieses Typus. Nicht zuletzt aus diesen strukturellen Gründen ist McCones jüngste Rekonstruktion (1998lEriu 49: S. 10) des urindogermanischen Wortes für 'König' als „*(H)reg-ö [...] rather than alles andere als überzeugend. 123 S. oben in (i) § 3.2.1 mit Anm. 38. 124 So Hamp 1912/MSS 30: „our noun *H2apXö H2apXon- would then be a feminine nominalization [...] of this possessive derivative" (S. 37). DIL s.v. mit Literatur; IEW: S. 691 f.; das Grundwort idg. *lorgä, lorgi„Stock, Knüttel" ist auch durch ä-stämmiges air. 2lorg 'staff, stick; rod; 19 ft club; membrum virile' fortgesetzt. DIL s.v. altra. Zum Genus s. hier oben in (i) § 3.2.1. 197 S. Teil III, Kapitel C zu Bildungen dieses Typus. 128 LEIA-A-57, GOI: S. 452 § 731. Ι ΛΛ Beispiele oben in (i) §§ 3.2.4.4.0 und 4 sowie zu dem onomastischen Material im folgenden § 2.3.

118

Teil I: Primäre Stammbildungen

2.1.1. Semantisch betrachtet bezeichnen verschiedene nicht nur der ältesten π-Stämme P f l a n z e n und F r ü c h t e (vgl. uinnius• fraxinus13°, das im folgenden § 3.2 erläuterte ubull 'apple' und womöglich das scheinbar entlehnte 2mer 'name of a berry (blackberry?) 131 ) wie auch T i e r e (u.a. lachu 'duck, female duck', iaru 'stoat, squirrel' 132 und das ebenfalls reduplizierte gigfra 'a wild goose' 1 3 3 ). 2.1.2. Besonders häufig sind K ö r p e r t e i l e 1 3 4 : neben lbru 'abdoΙ Λ ί

1 Λ/Τ

ι

men; entrails; womb auch dru 'kidney , guala 'shoulder', gulba 137 'beak, mouth, jaw', imbliu 'navel' , leccu/lecco bzw. lecca maxilla138, 139 140 lurga 'shin-bone, shank' , lutu 'the little finger; podex' , orca 'the calf of the leg' 1 4 1 und das eindeutig sekundäre dernu 'palm of the hand, paw' zu dorn 'fist, hand' 142 . 130 131 132

134

135 136 137

1

139 140

141 142

LEIA-U-20. LEIA-M-40 s.v. mer. IEW: S. 1166. Dazu oben in (i) § 6. Auch im Armenischen bilden sie die deutlichste semantische Nische innerhalb der reinen suffixlosen Nasalstämme, vgl. Stempel 1990HF 95: S. 53f. Dazu oben in (i) § 2.1. LEIA-A-92, IEW: S. 773. DBSt 1987/Son: S. 122 s.v. Die Form Lecco ist auch in PNN belegt, DIL-L-68f. Abgesehen von den mit der These *kn > **kk verbundenen lautlichen Schwierigkeiten (dazu in III.A.2), ist der von Pedersen VGKS: II S. 110 § 455 diesbezüglich vorgeschlagene Ansatz mit zweifacher Nasalstammbildung - etwa **lec-N-V(N) - auch typologisch nicht plausibel. Bemerkenswert ist Cormacs Etymologisierung der Form als Kompositum (YBL 800 und, wenn auch mit anderer Interpretation, 843), auf die Thurneysen 1918IKZ 48: S. 67 hinweist. Das erst mittelirisch belegte Wort erfährt keine Behandlung bei Lühr 1985. S. hier oben § 1. Eines der seltenen Maskulina, womöglich wegen der besonderen Verwendung. „Wahrscheinlich liegt ein η-Stamm vorurkelt. *lüdon- (mit individualisierendem η-Suffix) 'der Kleine' zugrunde." „Bei einem Wort für 'klein' kann nun, wie gr. μικκός zeigt, eine expressive Kosonantendoppelung auftreten." (Lühr \9%5!Sprachwissenschaft 10: S. 319). LEIA-O-28. LEIA-D-59 bzw. -D-178.

F. η-Stämme

119

2.2. N o m i n a a g e n t i s - außer den komplexeren auf -em 1 4 3 sind altru 'foster-father', fiadu (2ßada) 'a witness, testis' und gobae 'smith' sowie lbru unter den Körperteilnamen 144 und das bereits mehrfach erwähnte, zum Nomen instrumenti gewordene lbro 'quern, grindstone'. 2.3. Schließlich ist die Kategorie der Z u g e h ö r i g k e i t s s u b s t a n t i v e auf *-(y)ö(n) zu erwähnen, unter die viele nasalstämmige Nomina fallen: Albu „Orig. the whole island of Britain" 145 , Personennamen wie Colg(g)u und Gleru und der Ortsname Cruachu146, Eriu selbst 147 , Mumu 'the province of Munster' u.a.m. 2.4. Zu der Affinität dieser Stammbildung mit den D e m i n u t i v a vgl. das oben in (i) § 6 Gesagte. Ob eine Bildung wie murduchu 'mermaid' als Kürzung eines alten Kompositums *'Meerestochter' interpretiert werden darf 148 , wie es gelegentlich paraphrasiert wird 149 , so daß -u hier dem „emploi abreviatif du suffixe en nasale" entsprechen mag, das im Griechischen, Germanischen, gelegentlich im Latein und nicht zuletzt im Festlandkeltischen belegt ist 150 , bleibe dahingestellt.

143 144 145 146 147

148

149

150

Dazu in II.A.2.5 sub 1. Oben resp. in (ii) § 1, in (i) § 3.2.4.4.1.1, (i) § 2.1.1 und (i) § 2.1. DIL s.v., IEW: S. 30 und insbes. Meid 1991/AGKRZS: S.46ff. S. in (i) §§ 4 bzw. § 3.2.4.4.1.0. Dazu Meid 1970/TBF: S. 75 mit Literatur. Etwa *mu(i)r-duch(tir), s. I.G in (ii) § 2.1. Vgl. air. muirmoru• siren „avec -moru consideri comme emprunte au brittonique [...], gall(ois) morwyn 'jeune fille', cf. le comp, mor-forwyn 'sirene'" (LEIA-D-214; vgl. auch LEIA-M-74 s.v.). DIL-M-206 s.v. murduchu. Nur flüchtig in LEIA-M-74 s.v. muirmoru erfaßt, wird jetzt LEIA-D-213f. allerdings als Kompositum des erst spät und z.T. in Glossaren belegten ir. duchann 'melody; singing' („flex(ion) incertaine", „sans etymologie") aufgefaßt. Vgl. Gaide 1988/SML(i>: S. 34 u. 201f.

120

Teil I: Primäre Stammbildungen

3.1. Sehr wenige Neutra haben ohne (s)men-Erweiterung in dieser Deklinationsklasse überlebt, darunter die oben erwähnten ursprünglichen Nomina actionis imb 'butter' 151 und lgein 'birth' 152 . 3.2. Das in historischer Zeit als neutrischer o-Stamm in Erscheinung tretende ubull 'apple' 1 5 3 weist allerdings die Züge eines 'belebten' nStammes auf: Der Name der Frucht führt auf *ablü zurück, aus dem ehemals nasalstämmigen Nom.Sing *ablö\ die zu dem ursprünglichen Nasalstamm *abl-on- gehörige Kollektivbildung *abl-n-a ergab dann die Bezeichnung des (mehrere Äpfel darbietenden) Baumes, nämlich das in historischer Zeit als ä-stämmiges Femininum flektierende aball 'apple-tree' (über lautgesetzliches *abalna)154.

151 1

Μ

153

154

Sub (i) § 2.2.1: zu *ongw- 'salben' (IEW: S. 779). Weitere Überbleibsel wie auch sekundär entwickelte Neutra dieser Stammklasse bei GOI: S. 210f. u. 214. Grundsätzliches zum Etymon bei IEW: S. If., LEIA-A-6, LEIA-U-12f. Ferner Hamp 1979/ZCP 37 und Blalek 1995/SFFBU 44. Die Herkunft des „Apfelbaumes" aus dem Kollektivum tritt im Britannischen durch die Weiterbildung mittels Singulativ (aky. aball-en, nky. afall-en) besonders deutlich zutage.

I. G. r-Stämme

i) Z u FLEXION UND STRUKTUR

0. Zu den Lautgesetzen, die eine adäquate Interpretation der goidelischen r-Stämme ermöglichen, zählen die Bewahrung der Gruppe *-tr-1 sowie von auslautendem *- τΦ. 1. Die altirischen r-Stämme spiegeln getreu das ererbte indogermanische Rekonstrukt wider, wie es aus dem konsequent durchgeführten Vergleich hervorgeht3: Der einzige Fall mit scheinbarem Ersatz einer Kasusendung nach den i- oder jo-Stämmen, nämlich der Genitiv Plural (z.B. athr(a)e 'der Väter'), beruht nach Ausweis des Gallischen (Gen. Plur. ματρον : Istres, R.I.G.-G-5194) auf einer erst einzelsprachlichen inneririschen f\ 7 Neuerung , deren Motivation auf der Hand liegt .

2

4 5

6 7

Die durch einen Sproßvokal erleichtert wird, und zwar im Unterschied u.a. zu den Gruppen von Velar+r, s. insbes. die Aufstellungen in ILA. 1.2 sub 2 § 1.5 bzw. sub 1 § 5. CCCG: § 89; § 62, S. 46f. u. § 158. GOI: § 90. Die hier angewandte Methode akzeptiert zunächst als ererbt alles, was mit dem grundsprachlichen Rekonstrukt übereinstimmt, und sucht, davon ausgehend, nach einer plausiblen Erklärung für die sich daraus ergebenden Neuerungen; sie unterscheidet sich somit von den nicht systematischen Rekonstruktionsansätzen bei Air.Gr.: § 118 S. 44f„ GOI: §§ 334-336 S. 214f., VGKS: II § 449f. S. 104ff. und McCone 1994/GS Pedersen, die alle nicht konsequent vom ererbten System ausgehen. Darüber u.a. Hamp 1990/EC 27: S. 181f. Wie auch der belegte und sich lautgesetzlich aus idg. *pst-r-om > gemeinkeit. *atrom ergebende Gen.Plur. ir. athar zeigen könnte, obschon er nach Thurneysen (GOI: S. 215) erst „In later Mss" vorkommen soll. Als solche bei McCone 1994/GS Pedersen nicht herausgearbeitet. Wie aus Anm. 5 hervorgeht, fiel der zu erwartende Genitiv Plural mit dem des Singulars zusammen, was nach einer disambiguierenden Neuerung verlangte. Die auch sonst im Irischen zutage tretende Affinität, die auf -r# ausgehende Nomina mit den i- und mit den Velarstämmen zeigen (zu letz-

122

Teil I: Primäre

Stammbildungen

Auch die Abstufung des stammbildenden Suffixes innerhalb der einzelο nen Kasus ist nach indogermanischem Muster bewahrt . 2. In den Typen siur 'sister' und mäthir 'mother' (< *swesör9 bzw. *mäter) liegt die Fortsetzung der langvokalischen Endung des Nominativ Singular 10 vor 11 , wie sie auch in gall, matir12 dokumentiert ist.

8

^ 10 11

teren I.K (i) §§ 3.3.2.0f.), zusammen mit der bereits von Pedersen und Thurneysen (VGKS: II S. 106 bzw. GOI: S. 215) erkannten Mehrdeutigkeit des ererbten Dat.Plur. aithrib (darüber im folgenden § 4) waren für die Art der Neuerung ausschlaggebend, wobei sich im Unterschied dazu bei der Entstehung des Gen.Plur. sethrach (DIL-S-255) 'der Schwestern' die Affinität zu den Velarstämmen niederschlug. Vgl. das Rekonstrukt bei Szemerenyi 41990/EVS: S. 181, das sich - bis auf den dort angesetzten Akkusativ Plural - mit der Verteilung zwischen starken und schwachen Kasus (ibid. S. 170; Kurylowicz IdgGr.: II § 39ff., S. 26ff.; Thumb/Hauschild: II § 223 S. 5f.) deckt. Das kurze -o- bei LEIA-S-123 ist ein evidenter Druckfehler. Zum unterschiedlichen Nominativ der Nasalstämme s. I.F in (i) §§ 3.2.4.1ff. Dabei läßt sich die in jüngerer Zeit angezeigte Nichtpalatalität des dentalen Spiranten (i.e. in oder für älteres , 'frater') mit früheren Forschern dem Einfluß sowohl des ererbten Genitiv Singular wie auch der sogenannten Kompositionsform (dazu in § 4) zuschreiben, zumal sich durch die Opposition [+ palatal] eine deutlichere Unterscheidung der Numeri Singular vs. Plural ergab (s. auch im folgenden § 3 mit Anm. 18). Man könnte zusätzlich die Frage aufwerfen, ob der bei den betreffenden Lexemen häufige Vokativ auf -tha'r - u.a. a Dhe athar (DIL-D-53) < *ather < *p3t-er# - den besagten Einfluß verstärkt haben könnte. McCones Postulat eines speziellen Lautgesetzes VCV i,e > VCVe (1994/GS Pedersen: S. 281), um unter den singularischen Nominativformen diejenigen auf -Nthair (also mäthair und bräthair, während für athair weiterhin eine Analogie zu bemühen wäre) als ursprünglich ansehen zu können, ist nicht nur philologisch „noch unbewiesen" (vgl. K.H. Schmidt 1996IKratylos 41: S. 100), sondern auch unnötig kompliziert, da es zu verschiedenen, verzichtbaren Zusatzannahmen führt.

11

Aus Larzac und möglicherweise aus Trier (hierzu Whatmough DAG: S. 686). Demgegenüber dürfte das in lateinischem Kontext belegte und bisher in die Diskussion nicht einbezogene gall, gutuater, zu dem Kasusformen der lateinischen thematischen Deklination belegt sind (Dottin LG: S. 261;

G. τ-Stämme

123

3. Die kurzvokalische Stammabstufung in den restlichen starken Kasus wird unmißverständlich vom Nominativ Plural a(i)thir 'Väter' (aus *p9t-er-es > *ateris13 > athirff) fortgesetzt 14 . U.a. aus diesem 15 breitete sich die palatale Qualität des -th- als Zeichen des Plurals analogisch aus, was zur Entstehung eines Gen.Plur. wie aithre führte ; der Plural differenzierte sich dabei vom Singular, der die neutrale Qualität des inlauten17 1Ä den Konsonanten durchführte . Ferner enthalten *-er- die gleichlautenden Dativ und Akkusativ Singular athir, d.h. ath(a)ir nach Übertragung des neutralen -th- des Singulars: Ersterer erklärt sich zwanglos aus dem Lokativ Sing. *pzt-er-ii9·, dazu muß angemerkt werden, daß die prinzipielle Möglichkeit der Herleitung des goidelischen Dativ Singular der Konsonantenstämme aus dem indoHolder: I Sp. 2045f.; Schmidt KGPN: S. 221; Lambert 1994/LG: S. 96), als Latinisierung des gall. **-tir anzusehen sein, d.h. falls der kurzvokalische Vokativ keinen Einfluß ausgeübt hat. 13 Zur Entwicklung von idg. *s hinter *e im Keltischen vgl. Hamp 1986IEC 23: S. 47 („It seems that early in Celtic, in position before *s between vocoids, *e was raised to *i as a regular Lautgesetz") und davor Holmer 1947 /Language 23 sowie - mit romanischen Parallelen - id. 1958/Ce/iica 4. 14 Sprachvergleichend kaum plausibel und auch lautlich nicht zwingend ist McCones Rückführung des Nom.Plur. athir auf **(p)at-r-es mit schwundstufigem Stammbildungsmorphem (1994/GS Pedersen: S. 279 u. 282). Zur Entwicklung derartiger konsonantischer Nexus s. im übrigen H.A. 1.6 sub 3 §§ 2.2f., sowie H.A. 1.2 sub 2 § 1.5 und vgl. GOI: § 112. 15 Wie auch aus dem Dativ Plural in § 4. 1 f\ ο Aus dem in § 1 erklärten Gen.Plur. athrae, das im übrigen als Typ erwartungsgemäß früher belegt ist (vgl. u.a. LEIA-A-100 und LEIA-B-80f.). 1Π Zu dem Vorbild für die Analogie s. oben Anm. 12. 18 Man kann also in diesem Punkt McCone zustimmen, daß die „altirischen rStämme [...] zu einem gut motivierten Gegensatz zwischen durchgehend nichtpalatalem -th- im Singular und durchgehend palatalem -th- im Plural [neigten]" (1994/GS Pedersen: S. 282). Es sei außerdem daran erinnert, daß die Merkmale [ - Palatal] für den Singular vs. [+ Palatal] für den Plural im Nominativ der thematischen Stämme wiederkehren und im Britannischen sich zu einer der Hauptstrategien der Pluralbildung entwickelt haben. ^ Das unkommentierte Rekonstrukt schon bei Air.Gr.: S. 44.

124

Teil I: Primäre

Stammbildungen 90

germanischen Lokativ schon längst erwogen wurde und daß sich daraus ohnehin der gallische Dativ der Konsonantenstämme im engeren Sinne 91 zu rekrutieren scheint , so daß die Vermutung einer Übernahme des Dativs aus dem Akkusativ 22 überflüssig wird. Umgekehrt könnte jener ggfs. die Entstehung von athir auch als Akkusativ, d.h. aus *pzt-er-m über *ater-em23 begünstigt haben, die auch hinter Langvokal anzutreffen ist 24 ; der Akk.Sing. siair < *swe-sor-em weist jedenfalls dieselbe Palatalisierung auf. Weniger eindeutig ist die Vorform des Akkusativ Plural, wo aithr(e)a neben athra steht. Da die Motivation für die Einführung der Schwundstufe des stammbildenden Suffixes im Altindischen sich aus den dieser Sprache eigenen Lautentwicklungen ergibt, während das Griechische die bei dem Akkusativ Plural als starkem Kasus zu erwartende Vollstufe 25 des Suffixes bezeugt, wird Oft man für das Altirische am ehesten von *p3t-er-ns ausgehen wollen , das sich zu *paterans > *pateräs > aithr(e)a entwickelt; athra, für das an sich vom lautgesetzlichen Standpunkt aus ein schwundstufiges Rekonstrukt 27 genauso möglich wäre, müßte sich dann entweder als orthographische Variante oder analogisch nach nichtpalatalisierten Pluralformen 29 erklären.

20

Ί1

22

23

24

25 26

27 28

90

Darüber GOI: § 315, S. 200; K.H. Schmidt 1974IBBCS 25: S. 404. D.h. der Verschlußlautstämme, vgl. Gorrochategui 1991/GS Mitxelena: S. 23. U.a. bei Pedersen, VGKS: II S. 105. Für die Erklärungsmöglichkeiten des Ausganges -em statt **-am aus *-m# des mutmaßlichen gallischen Akkusativ Singular [m?]aterem sei auf DBSt 1987/Son: S. 39 verwiesen. Vgl. u.a. bräthir als singularischen Dativ und Akkusativ in ein und derselben Glosse (Wb. 10cl3). D.h. im Gegensatz zu dem Rekonstrukt bei Szemerenyi 41990/EVS: S. 181. So VGKS: II S. 106; GOI: S. 215; Air.Gr.: S. 45; anders dagegen McCone 1994/GS Pedersen: S. 282. D.h. mit der von Szemerenyi I.e. angesetzten Schwundstufe des Suffixes. In diesem Sinne Pedersen I.e. 9

9

D.h. nach dem Gen.Plur. athrae und dem Dat.Plur. athraib (dazu in diesem Abschnitt §§ 1 bzw. 4).

G. τ-Stämme

125

4. Bloßes -r- erscheint erwartungsgemäß im Genitiv Singular 30 athar und im Dativ Plural aithrib. Das erste leitet sich regelmäßig aus idg. *pst-r-os ab, was durch sethar 'der Schwester' 31 ' zusätzlich bestätigt wird 32 und zu dem auch die Kompositionsform *p9tro- paßt 33 . Das zweite ist nicht zuletzt wegen gall, atrebo34 am ehesten auf

30 31

33

Zum andersstämmigen Genitiv Plural s. hier oben in § 1. Vgl. VGKS: II § 450 S. 105. Aus *swe-sr-os > *swisros > *swefrros, wofür dann der Nexus -thr- der anderen Verwandtschaftsbezeichnungen eingesetzt wurde. Von der lautlich so umgestalteten Genitivform wurde dann die Ableitungsbasis seth- extrahiert, woraus schließlich der i r i s c h e Plural gebildet wird. Eine Petitio principii ist McCones Zuordnung des genannten Stammes zum „Inselkeltischen" (1994/GS Pedersen: S. 283) trotz des eindeutigen *swe-sor-es > mky. chwioryd. Beides spricht wiederum gegen die ohnehin unmotivierte Alternativhypothese bei McCone 1994/GS Pedersen: S. 278f. Das Gallische scheint zunächst sowohl Ableitungsformen mit -r- wie auch mit -er- zu kennen (Lejeune R.I.G.: II/l S. 96; Hamp 1990/EC 27: S. 182): Einer Zuordnung **-r-+-ö(n)· vs. **-er-+-ono-/-ä steht die sich abzeichnende Verteilung der Belege entgegen (zu den Suffixen im einzelnen s. II.A.5 § 6 [A]). Könnte das Gallische zunächst die Vollstufe -er- durchgeführt haben (Ateronius), den Vokal in vortoniger Stellung jedoch sekundär ausgestoßen haben? Dann wären Brätronos und Mätrona aus *Brateronios bzw. *Materona entstanden - nach der Wirkung der von mir zuletzt 1995/ FS Evans: S. 19 § 1.2.3 dargelegten Reduktionen. Oder soll Ateronius etymologisch doch von 'Vater' getrennt und etwa zum Typ *Ate-ratos (Schmidt KGPN: S. 140) gestellt werden? Eine andere Anknüpfung bei Untermann 1991IBNF N.F. 26/2: S. 216. In die Diskussion müßten wohl auch gall. Ματεριας (R.I.G.-G-245, mit Verweis auf verwandte Bildungen) und maternia („Neutrum Plural", „die weiblichen Genitalien" nach Meid 1980/GOL?: S. 25) - bzw. Maternia (Vok.Sing.) ? - einbezogen werden. - Zu trennen ist /argantokomaterekos/ aus Vercelli (R.I.G.-*E-2, mit revidierter Interpretation bei DB St 1997/ZCP 49-50: Nr. 4), das wegen des ersten Bestandteils am ehesten ein Nomen agentis des hier in (ii) § 4 angesprochenen Typus darstellt und daher mit apers. fra-mä-tar 'giver of judicial decisions' zu vergleichen ist (dazu ILA. 1.6 sub 3 § 2.3).

126

Teil I: Primäre

Stammbildungen

*pat-r-bhi > *atribi+s zurückzuführen 35 , während sich die Variante athr(a)ib - wie überhaupt bei sonstigen altirischen Konsonantenstämmen geschehen - an die thematischen Stämme anlehnt 36 .

ii) Z U M LEXEMKORPUS

1. Haben die r-Stämme in formaler Hinsicht die ursprünglichen Ablautverhältnisse beibehalten und bezeugen somit u.a. einen sprachlichen Zustand, der in diesem Falle an den Neuerungen des Indoiranischen und des Griechischen keinen Anteil genommen hat , so liegt lediglich eine Handvoll geschlechtiger Appellativa vor, die im Altirischen dieser Fle-ί ο xion noch folgt . 34

36

37 38

Aus *p9t-r-bhos, sowie gall, ματρεβο < *mät-r-bhos, und zwar mit Abzug des -s in Analogie zu dem sich später als Dativ Plural durchsetzenden Instrumental auf *-bhr, die umgekehrte Neuerung zeigt das goidel. *-bi+s, vgl. Campanile 1983/Atti Udine: S. 217; Gorrochategui 1991/GS Mitxelena: S. 19. Unmotiviert folglich die Annahme eines schon protokeltischen *-bis, u.a. bei Eska 1991-92/SiCe// 26-27: S. 24. Ein Druckfehler ist die Angabe „Gen." in der Tabelle von McCone 1994/GS Pedersen: S. 280. So schon - trotz anderen Erwägungen in den gängigen Handbüchern DBSt 1987/Son: S. 70f. mit Literatur (nicht zitiert von McCone 1994/GS Pedersen: S. 276). Dazu paßt auch die im Plural um sich greifende Palatalität, die sich z.T. daraus erklären läßt (s. hier oben § 3). Die Neuerung von gall, suiorebe, i.e. /swloreba/ 'den Schwestern' (vgl. Verf. 1994/ZCP 46: S. 29 mit Literatur), besteht stattdessen in einer Kreuzung mit dem Nom.Plur. *swT(s)oris des - in anderer Richtung als im Goidelischen zu 'erleichternden' - Dat. *swisrebi. McCones Rekonstruktion, die zwar die schwundstufige Form als die ursprüngliche annimmt (a.a.O. S. 276), sie aber „regelmäßig" in athraib (< „*atr-i-bis"\: S. 282) und gar sethraib (< ,*swetr-ibis"\: S. 283) wiederfinden will, muß dafür - selbst unter Voraussetzung der Gültigkeit seines Ad hoc-Lautgesetzes (dazu oben Anm. 11) - eigens eine zusätzliche Analogie zu 'den Müttern/Brüdern' postulieren. Vgl. Szemerenyi 41990/EVS: S. 180ff. Zum indogermanischen Bestand vgl. Starke 1990/USKLN: S. 346ff. Die Heteroklitika mit -r werden hier in I.H behandelt.

G. τ-Stämme

127

2. Es handelt sich vornehmlich um den alten Kern der V e r w a n d t schaftsbezeichnungen, wie sie aus den Beispielen in Abschnitt (i) hervorgehen. 2.1. Selbst das ererbte indogermanische 39 und gemeinkeltische 40 Lexem für „Tochter", das später als Appellativ im Irischen (durch Einfluß des fosterage? 41 ) ersetzt wurde, konnte inzwischen in seiner vollen, d.h. unverkürzten Form in dem PN Dechtir42 aufgezeigt werden 43 . Neben dieser anthroponymischen Verwendung mit ihrer zu erwartenden Fortsetzung des lang vokalische η Ausgangs des Nominativs der r-Stämme und dem

39

40

41 42

43

Das indogermanische Rekonstrukt hat in jüngster Zeit eine ausführliche Diskussion durch Pärvulescu 1993HF 98 erfahren; der Anschluß an eine „IE. root *dheugh- 'to work'" (ibid. S. 89) entspricht Schmeja 1976/ WobiD-S: S. 23 (unerwähnt bei LEIA-D-53), der die Tochter als „diejenige, 'die (den Eltern bzw. ihrer Sippe) reichen Ertrag bringt'" paraphrasiert. Bemerkenswert ist Schmejas Interpretation der Formen „mit angeblichem Schwa (Laryngal) in der Mittelsilbe" als „sekundäre Umbildungen, die dadurch entstanden, daß das nach Bartholomaes Gesetz in einigen ost-idg. Sprachen entstandene -dher durch das geläufige Suffix -ter ersetzt wurde, wobei [...] ein [...] Svarabhaktivokal auftrat". Neben dem erwähnten gall, duxtir ist eine Interpretation in diesem Sinne auch für kib. Tu.a.Te.r.o.s als Genitiv in Botorrita III (Sp. III, Z. 24) versucht worden, vgl. Villar 1995/NICGr: S. 22 und Untermann 1996/Belträn et al.: S. 119 sowie - mit berechtigter Skepsis - Beiträn und de Hoz ibid.: S. 60f.; außer den dort angesprochenen semantisch-syntaktischen Schwierigkeiten der betreffenden Deutung bleiben der ohne Parallelen vor α spurlos geschwundene Velar, der Vokal -a- selbst und nicht zuletzt der Vokal -e- problematisch. Daher ist - trotz Hamps Versuch (1996/Veleia 13), einige der Probleme zu lösen - jetzt Lambert 1997/GS 0 Cleirigh: S. 250f. vorzuziehen, der darin ,*twan-ter- nom d'agent, 'pretendant'" (mit britannischen Entsprechungen) sieht: „dans ce cas TuaTeres designerait les allies, beaux-freres, belles-soeurs etc." Vgl. DBSt 1995/GS Kurylowicz: S. 431 mit Anm. 35. Mit der deminutivisch weitergebildeten Nebenform Deichtine. Zum Suffix s. ILA.2.2 sub 1 bzw. 2 [c], DBSt 1997IZCP 49-50: § 1 S. 92-94, in LElA-D-39f. noch nicht erfaßt.

128

Teil I: Primäre

Stammbildungen

„Gutes verheißende(n) Anschluß an den Superlativ deck 'best'" 44 (der ursprüngliche Wurzelvokal -u- scheint noch im verkürzten Kompositum murduchu 'mermaid' erhalten zu sein45), steht die schon lange von O'Brien 1956 und Hamp 1975 identifizierte „Allegro-Form air. Ter, Der, Dar, die in der Personennamengebung vor Namen im Genitiv zur Bezeichnung von Frauen erscheint und in ihrer Entstehung eine Parallele im italienischen Titel sor für bzw. aus signor finden kann"46. 2.2. Die einzige jüngere scheinbar r-stämmige Bildung ist eine nur im Nominativ Singular belegte Bezeichnung für den Bruder der Mutter: amnair 'avunculus; bräthair mäthar^. Man kann sich fragen, ob neben ammait 'woman with supernatural powers; vieille femme' 48 eine Form *am(m)-nait exisitert haben könnte, der man durch bloßen Ersatz des geläufigen Ausganges49 „a donne une flexion de nom de parente"50: In einem solchen Falle hätte eine einzige Basis genügt, um sowohl '*altes 44

45 46

47

48

49

50

DBSt 1997/ZCP 49-50: S. 94. Denkbar ist außerdem eine analogische Umgestaltung des Vokalismus nach ldecht 'pure' (o-/-ä-Stamm, LEIA-D-34). Dazu I.F in (ii) § 2.4. DBSt 1997/ZCP 49-50: S. 92f. mit Literatur. Dort Anm. 6 auch zu ä-stämmigem der, femder und Dercu mit Diskussion der bisherigen Deutungen. Dazu GOI: S.214, § 335 und LEIA-A-67. - Ein weiteres neues keltisches Wort für „Onkel" ist ky. ewythr : bret. eontr 'avunculus', das am wahrscheinlichsten auf eine Ableitungsbasis *awon-tTr zurückzuführen ist. Nicht plausibel ist aber die Verbindung dieses Lexems - von McCone bei seiner verkürzten Diskussion von ky. brawt und abret. brotr außer Acht gelassen (1994/GS Pedersen: S. 276; ausführlicher zum Problem Schrijver 1995/StBCHPh: S. 365ff.) mit air. amnair, die McCone 1994/MSS 53: S. 104f. herstellen will: Angesichts der vielen Beispiele von Vwn > Vn genügt es nicht, „to posit a Proto-Celtic sound change w > b before η". Keine Besprechung des Ausganges bei LEIA-A-67, während WKS: S. 16 trotz des nominalen Grundwortes unmittelbar von einem *ammanti-s ausgeht. Eine gänzlich andere, wenn auch nicht zuletzt lautlich problematische Rekonstruktion unterbreitet dafür T.F. O'Rahilly 1942/Eriu 13: S. 151. Zum Vorgang s. III.B.l. Eine Endung -ii (vgl. auch die Variante aimmit) war den Sprechern auch aus den ehemaligen ni-Partizipialbildungen auf -f bekannt. Zum Deminutivsuffix s. I.D.α in (i) § 3.4.2.1. Vendryes, LEIA s.v. amnair.

G. τ-Stämme

129

Mütterchen Magierin' wie auch den '*(an) Mutters (Stelle tretenden) Verwandten —ν Oheim' davon abzuleiten 51 . 3. Der Ansatz eines r-stämmigen PN, der in dem einmal, und zwar an der Stelle eines Genitivs, vorkommenden og. AKERAS vertreten sein soll 5 2 und mit o-/-ä-stämmigem (!) und wahrscheinlich auf lat. acer zurückgehenden aicher 'sharp, keen, fierce' zu verbinden sei, erscheint nicht zuletzt wegen der fehlenden Stammabstufung höchst fraglich. 4. Schließlich muß Pedersens Feststellung, daß „Das Suffix -ter-, -tor-, das in anderen idg. Sprachen eine sehr gewöhnliche Endung der nomina agentis ist, im Keltischen verschollen" sei 5 3 , relativiert werden. Das vorwiegend zur Bildung deverbaler Nomina agentis auf *-ter und *-'-tor dienende Suffix *-tr-54 ist nämlich im Keltischen - ähnlich wie im Hethitischen 55 - lediglich thematisiert worden und somit nur schwer von den sonstigen iro-Suffixen zu unterscheiden, zumal der (mittel)irische Rückgang des Neutrums letztere nicht länger unterscheidbar machte: s. darüber Π.Α.1.6 sub 3 §§ 2.Iff.

51

52

53

54

55

Eine semantische Parallele liegt in gr. μήτρως 'oncle maternel' (Benveniste VIE: 1 S. 230f.) vor. IEW: S. 19ff. GOI: S. 215 § 335. LEIA-A-11. McManus 1991/GO: S. 116 mit Anm. 65 S. 180; unkritische Übernahme bei Ziegler 1994/SAiOI: S. 122. VGKS: II S. 44f. Vgl. aber ibid. S. 45 zu ir. altru (DIL s.v. altra 'fosterfather'), das hier I.F in (ii) § 1 behandelt wird. Vgl. Debrunner JW-AindGr.: II/2 § 498. Nach Benveniste NANAIE: S. 9ff. (insbes. S. 62) und Tichy 1992/8. Fachtagung sowie ead. 1995/NA/arV ist darüber v.a. der von letzterer nicht berücksichtigte Lazzeroni 1992/SSL 32 einzusehen („i baritoni e gli ossitoni sono rispettivamente i significanti dell'opposizione fra individuazione e non individuazione del referente", S. 242; „L'opposizione dell'accento nei nomi d'agente risponde alio stesso principio" [della] „legge degli appellativi", S. 243; „In una fase indoeuropea arcaica [...], probabilmente, [...] Ia variazione apofonica del suffisso e la variazione posizionale dell'accento appartenevano a un medesimo paradigma", ibid.). Dort allerdings von der Vollstufe des stammbildenden Suffixes aus, vgl. Kronasser EHS: I S. 175f. u. 187. Ferner Neu 1982-83/FS Ivänescu: S.126f.

I. Η. Heteroklitika

i) Z u FLEXION UND STRUKTUR

0.1. Unter dieser Bezeichnung versteht man solche indogermanischen Neutra, die sich gleich zweier stammbildender Morpheme bedienen, und 1 9 zwar größtenteils der nicht lateralen Liquida in den Casus recti und des „II faut distinguer de cette classe les autres types de neutres heteroclites, qui presentent bien -(C)en- aux cas faibles, mais dont les cas fort sont formes sans suffixe ou au moyen des suffixes -el ou -ey" (Schindler 1975/BSL 70: S. 1). „Man kann feststellen, daß im Nom.-Akk.Sg. idg. Heteroklitika immer das vokalische Allophon des nichtnasalen Sonanten (also *r, */, *i) auftritt und daß der Nasal *n des obliquen Stammes stets konsonantisch ist" (Ködderitzsch 1977/FS Dickenmann: S. 203; etwas anders Älvarez-Pedrosa 1991 /Emerita 59: bes. S. 349). Die genannten Typen spielen selbst im goidelischen Keltischen keine Rolle mehr: Der oblique Nasalstamm des indogermanischen Rekonstruktes für „Salz" (mit „Nom. sal, sal-d, sal-i, sal-u" nach IEW: S. 878) ist m.E. noch in dem thematisch gewordenen Maskulinum air. salann· sal erhalten, während das synonyme salar auch nach Ausweis der Beleglage (DIL-S-41) durch späte Wucherung der Kollektivendung -ar (s. II.A.2.1 sub 1 [Α]) entstand; einen Rest des i-stämmigen Nominativs - der im Britannischen wiederum weitergebildet wurde (vgl. u.a. Elsie 1979/ PB: S. 125) - verzeichnet Vendryes (LEIA-S-18) innerhalb der altirischen Komposition. Dazu gehört ferner das ä-stämmige Derivativ sali 'salted meat, bacon' (< *sal-n-ä\ LEIA-S-14 s.v. saill). Vielleicht ist auch das als ä-Stamm flektierende air. lgal 'warlike ardour, fury, valour; steam' mit dem Genitiv galann 'valour, warlike deeds; hero' („n(ominative )s(ingular) not found", DIL-G-36f.) am ehesten zu diesem Typus zu stellen; dagegen wird man galar 'sickness, disease, physical pain; damage' aus semantischen Gründen trotz der Glosse gal Λ. galar (LloydJones 1947/FS Ua Donnchadha: S. 83) trennen müssen (so auch IEW: S. 351 bzw. 411; anders Lambert 1978/FS Lejeune: S. 116); die seit Pedersen angenommene Wahrscheinlichkeit einer genetischen Verwandtschaft des air. galar mit dem ebenfalls thematischen Neutrum heth. kallar 'Unheil, Ungunst' würde allerdings - nach Starke 1990/USKLN: § 226 durch die

Η. Heteroklitika

131

dentalen Nasals in den Obliqui. „Diese Neutra gehören in der Regel der primitiven Lebenssphäre an und scheinen keinen Plural gehabt zu haben"3. 0.2. Über ihre Entstehung ist viel spekuliert worden, denn „Wie diese formen auf r dazu kamen, sich mit n-stammformen zu einem paradigma zu verbinden, ist nicht mehr ersichtlich"4. Lehmann 1993/ThBIEL: S. 245f. § 11.5 schreibt dem η eine einschränkende, individualisierende Funktion zu, die daher in den Obliqui zur Geltung kommt, während das r der Casus recti die Totalität der Materie impliziert5, eine Annahme, die sich aus den sonstigen keltischen Begebenheiten 6 zumindest nachvollzie"7 hen läßt . Stärker spekulativ ist seine Überlegung, daß darüberhinaus die charakteristische Flexion der Heteroklitika „partly on the grounds of dif-

2

3 4

5

6 7

Existenz eines keilschrift-luwischen kallar- geschwächt, falls dies „genuin" sein sollte (I.e. S. 359). Vgl. schließlich zum ererbten Lexem für „Sonne" DBSt 1987/Son: S. 33 u. Anm. I I I S . 61f. mit Literatur, ferner Wächter 1997/HS 110, der (ohne keltisches Material zu erfassen) die Existenz von l/n-Heteroklitika grundsätzlich anzweifelt; zum Wort für „Knochen" u.a. Ködderitzsch I.e. S. 210 Anm. 22. Hier und im folgenden gilt mit Pedersen 1893/KZ 32: S. 267 § 32 „casus recti als den acc(usativ) mitumfassend". So Kronasser 1966-1987/EHS: I § 158 S. 278. Brugmann nach Pedersen 1893/ΛΓΖ 32: S.262; ibid. S.262ff. zur frühen Wissenschaftsgeschichte. Weitere Literatur bei Szemerenyi 41990/EVS: S.183. „I assume that -η- was selected for its limiting sense as in the Germanic weak nominal inflection; in contrast with the descriptive force of adjectives in the strong declension, the n-stem or weak inflection indicates specific nouns. If we apply the contrast to the heteroclitic inflection in its development, we may assume that when they were used in the nominative/accusative, the r-forms imply the substance in general [...]. When, however, used in the genitive or the locative, a specific, individual representation of that substance is singled out, e.g. 'of the water, on the horn'" (I.e. S. 246). S. resp. I.F, II.A.2.2 sub 2 [C] und II.A.2.5 sub If. bzw. II.A.2.1 sub 1 [A]. Bereits Pedersen 1893/KZ 32: S. 267 § 32 hatte - wenn auch mit anderer Schlußfolgerung - „behaupte(t)", „dass das r und das η unserer Wörter eine suffixale bedeutung haben müssen".

132

Teil I: Primäre

Stammbildungen

fering chronological layers" bestehe: Die Rekonstruktion des Indogermanischen wird nämlich von Lehmann bis zur Postulierung einer ersten Phase zurückverfolgt, während der derartige, eine unbelebte Materie bezeichnende Neutra bloß die Casus recti besaßen8. 0.3. Auch über das mehr oder minder hohe Alter dieses Deklinationsmusters ist viel diskutiert worden. Wenn es auch archaisch anmutet, so ist eine verhältnismäßig hohe Zahl danach flektierender Lexeme allein kein Beweis für die Altertümlichkeit eines Sprachzweiges. Außer an die Möglichkeit nachträglicher Produktivität9 soll hier einleitend auch an die strukturellen Umgestaltungen erinnert werden, die bisweilen einzelsprachlich vorgenommen worden sind, wie die Erweiterung durch t im Griechischen oder die Vereinigung von η + r oder auch r + η in den Obliqui (Typ lat. iecinoris bzw. arm. jmem, Gen. jmzran 'Winter' und garan, Gen. garnan 'Frühling') 10 .

9

10

L.c. S. 246: „we assume that only the r-forms were found at the active state of the language." „Relationships between such nouns and others in the sentence would have been expressed through the use of particles rather than through oblique case forms." In diesem Sinne auch Adrados 1991 /Emerita 59 („La flexion heteroclitica se habrfa creado a partir de un estadio no flexional", S. 5). Kronasser spricht z.B. von einer „Intensivierung" im Hethitischen im Vergleich zum „Abbau" des restlichen Anatolischen (1966-1987/EHS: I § 166 S. 321; mit den Corrigenda von Neu EHS: II S. 401). „Aber auch das K(eilschrift)-Luw(ische) besitzt eine größere Anzahl von Nomina, bei denen r- und η-Stamm innerhalb desselben Paradigmas abwechseln. Neben einigen ererbten Substantiven [...] lassen sich hier insbesondere Verbalabstrakta auf -ttar Attn- [...] und Verbalsubstantive auf -war /-un- [...] benennen" (Starke 1990/USKLN: S. 433 § 262). Zum Problem in jüngerer Zeit auch ÄlvarezPedrosa 1990/Emerita 58 und Carruba 1994/GS Pedersen. Ein Interpretationsversuch bei Lehmann 1993/ThBIEL: S. 246. Vgl. die bei Szemer6nyi 41990: S. 183 angeführte Literatur bzw. zum Armenischen Stempel 1990//F 95: S. 58f. (u. 50f. zu ariwn 'Blut'). Dementsprechend erwägt Hamp 1967/REArm N.S. 4: S. 17 die Interpretation von air. lie, d.h. llia 'stone' (dazu I.K in (i) § 3.0), als Weiterbildung des obliquen Stammes eines in arm. leam „mountain" noch bewahrten r/nHeteroklitikons.

Η.

133

Heteroklitika

1.0. Im Altirischen scheint sich die heteroklitische Flexion ausschließlich bei dem deskriptiv als nasalstämmiges Neutrum geltenden arbor 'grain, corn' intakt erhalten zu haben 11 . 1.1. Es handelt sich um eines der „Thames ä suffixe complexe de forme -Cer/n : -wer/n"12. Die im Irischen belegte Flexion läßt sich im Genitiv ι ο

Singular arbe als *Hr(H)-w-en-s rekonstruieren , und im dazugehörigen Nominativ/Akkusativ als *ar-w-ar 14 aus *H2er(H)-w-r15. Sie spiegelt demnach den 'proterokinetischen' Typ 1 6 wider, wie er nach Schindlers Hypothese für die Heteroklitika mit komplexen Suffixen überhaupt zu erwarten 17 ist. 1.2. Der Dativ Singular auf -im(m) läßt sich ohne Probleme auf das archaische Instrumentalmorphem idg. *-bhi zurückführen 18 , d.h. air. arbaimm < *ar-wen-bhi (mit ererbtem *-nb- > *-mb- > -mm(-))19. Außer 11

11

Vgl. die Diskussion bei DBSt 1987/Son: S. 29f. und (s.v.) S. 76 mit Literatur. Nur mit dem laryngalistischen Ansatz der Wurzel befaßt sich Hamp 1995/EC 31.

Und somit wohl jünger als die „Themes ä suffixe simple -er/n qui s'attache directement ä la racine", vgl. Schindler 1975/J9SL 70: S. 2 bzw. 1. ι% Mit dem Ausgang *-en-s, der den Nasalstämmen neutrius generis eigen ist und sie von den restlichen Genera (auf *-(o)n-os) unterscheidet, s. I.F in (i) § 3.1.1. 14 Mit regelmäßiger Entwicklung von *-r# zu -ar#, vgl. DBSt 1987/Son: S. 25 u. 29f. (zu korrigieren daher Szemeränyi 1991/ZCP 44: S. 301 § 1.5). 15 Weniger wahrscheinlich ist das lautlich ebenso mögliche Rekonstrukt *Hr(H)-w-r mit Schwundstufe der Wurzel, vgl. Schindler 1975/BSL 70: u.a. S. 7 u. 9f." 16 Mit Normalstufe der Wurzel + -r (Nom./Akk.) vs. Schwundstufe " " + -en-s (Gen.Sing.). ιπ „Nous pouvons done avancer l'hypothüse que la flexion proterokinetique a ete particuliere aux themes ä suffixes complexes en -r/n" (Schindler 1975/ BSL 70: S. 10). 18 Wie u.a. bei dem Instrumental Singular altarmenischer Nasalstämme (etwa garamb zu garn 'Widder, Lamb'). 19 Andere Möglichkeiten erwägt Lambert 1978/FS Lejeune: S. 115; s. jedoch die ausführliche Diskussion in I.F (i) § 3.1.2.

134

Teil I: Primäre

Stammbildungen

den lautlichen Gegebenheiten spricht dafür die Tatsache, daß dieser Kasus auch bei anderen Flexionstypen aus dem Instrumental gewonnen wurde. Während das pluralisierte *-b i-s generell im goidelischen Dativ Plural Verwendung findet, kann sich die Bewahrung der s-losen Form aus dem Umstand erklären, daß die heteroklitischen Neutra ursprünglich nur einen Numerus aufwiesen . Auf diesem Wege konnte dann derselbe Ausgang in die Deklination der nasalstämmigen Neutra (GOI: S. 213 § 332) eindringen 21 . 1.3. Der schwache Stamm *ar-wen- ist - außer bei den Obliqui des Grundworts selbst - auch im Derivat airmnech 'rich in corn' enthalten 22 .

2.0. Für die anderen Lexeme, die sich u.U. auf alte Heteroklitika zurückführen lassen, hat Lambert, dem wir für das Irische eine erste Zusammenstellung und Evaluation verdanken (1978/FS Lejeune), den Terminus „homo-clitiques" 23 geprägt. Denn wenn überhaupt beide Stämme zusammen im älteren Irischen - oder zumindest in verschiedenen keltischen Zweigen - in Erscheinung treten, sind sie einem Paradigm split unterzogen worden und haben sich dadurch auch semantisch meist dermaßen differenziert, daß ihre Herkunft als Heteroklitika alles andere als ersichtlich ist. 2.1. Spuren beider Stämme werden in fast nur relativ chronologisch jüngeren Bildungen gesehen, wie in den synonymen air. fem(m)ar, fembur 'some kind of edible sea-weed or water-weed' vs. fem(m)ain, oder in tochar, wobei aber der Übergang zu -chur schwieriger zu erklären ist. 31 Aus dem idg. Etymon für „Leber", IEW: S. 504; Lambert 1978/FS Lejeune: S. 115. Anzusetzen ist aber *yeic-r +-f, hier in Übereinstimmung mit dem Grundrekonstrukt von Schindler \915IBSL 70: S. 6. Weitere Literatur bei γ) DBSt 1987/Son: S. 61 Anm. 102. LEIA-C-51f:; IEW: S. 544; DIL s.v. cechar 'quagmire, slough, bog'; auch in diesem Falle spiegelt das sich am ehesten ergebende Rekonstrukt *£ekw-or nicht das von Schindler 1975 postulierte Schema wider.

136

Teil l: Primäre

Stammbildungen

•ίο -1Λ rechnen würde : vgl. das thematisierte odur saurus sowie - mit naIC -lfl salhaltigen Suffixen - eorna 'barley und iarnn 'iron .

4.0. Besondere Erwähnung verdient die systematische Verwertung heteroklitischer Stämme, die es im Irischen gegeben zu haben scheint und auf die Lambert 1978/FS Lejeune: §§ 5 ff. aufmerksam macht. Für die Gesamtrekonstruktion des Keltischen innerhalb der Indogermania ist die fragliche Verwertung insofern wichtig, als sie die Existenz einer unmittelbar vorhistorischen - Phase offenbart, in der Heteroklitika auf -r verhältnismäßig häufig und durchsichtig gewesen sein müssen. 4.1. Insbesondere handelt es sich um die Existenz des produktiven SuffiOH xes -ar für Kollektiva , das - wenn auch in thematisierter Form - aus semantischen Gründen größtenteils ->o von dem starken Stamm der Casus recti auf *-r# gewonnen wurde .

33

Eine derartige Weiterbildung des Nasalstammes stellt nach Hamp (1969/ Eriu 21: S. 87 und 1991 /Eriu 42: S. 143) air. uisce 'water' dar, das er auf *udn-sk-yo- zurückführt: Als Zwischenstufen ergäben sich *udanskyos > *udanske > *udeske (vgl. DBSt 1987/Son: S. 94) > *udske. 34 DIL-0-98f. s.v. odor und LEIA-O-9 s.v. odar, < *udar-o-s mit *ud-r „Wasser" als Ableitungsbasis, IEW: S. 79. - Als Ableitung desselben Etymons mittels Nasalsuffix wird fodorne (Gen.Sing.) „Wasser-" gedeutet (DIL-F217 in der Folge von Thurneysen [1923]; IEW: S. 79). 35 Aus *esor-n-yä zu idg. *„es-en-, os-en-, -er- 'Erntezeit, Sommer'" nach IEW: S. 343. Für das Verhältnis von Wurzel zu stammbildendem Morphem s. oben Anm. 16 und § 2.1. 36 Ursprünglich *es-r+-no- 'blutig' bzw. 'blutrot' (Cowgill [1986] bei DBSt 1987/Son: S. 120f° und 1992JZCP 45: S. 93f.). Hier in ILA. 1.3 sub 2 § 4.4. Ύ1 Zum altirischen Suffix ausführlich II.A.2.1 sub § 1 [a], -3Q Der Typ mit Schwundstufe des stammbildenden Morphems muß also der häufigst vertretene gewesen sein, während das von Schindler 1975IBSL 70: S. 3f. rekonstruierte „collectif holokinetique" auf *-ör einen Ausgang **-ur ergeben hätte (wie beim Deponens, vgl. DBSt 1991 /HS 104: S. 214f.). Für die kollektivische Verwendung auch anderer Typen vgl. Neu 1992/PUGI: S. 199 mit Anm. 6 S. 209.

Η. Heteroklitika

137

4.2. Das zweite altirische Kollektivsuffix, zu dessen Entstehung nach Lambert 1978/FS Lejeune: S. 118 § 5 die Heteroklitika auf -r# beigetragen haben, ist das Neutra bildende -red/-rad39. Die dafür zu rekonstruierende Vorform *-ar-eto(m)/-ato(m)40 läßt sich nämlich am einfachsten als Suffixkonglutinat interpretieren: womöglich von Fällen ausgehend, in denen aussterbende heteroklitische Lexeme auf -ar redeterminiert bzw. verdeutlicht wurden 41 , denn „On ne peut pas dire que tous les noms suffixes en -rad, -red neutres continuent des collectifs neutres en -ar: mais certains peuvent garder la trace de noms en -ar par ailleurs non conserves." 42 4.3. Weniger zwingend ist die Verbindung, die Lambert 1978/FS Lejeune: S. 12 lf. § 10 zwischen der Entstehung von singulativischem -ne 4 3 und den Heteroklitika bzw. deren obliquem, n-haltigem Stamm zieht: Daß aus ein und demselben Grundwort sowohl (r-haltige) Kollektiva wie auch (n-haltige) Singulativa gebildet werden konnten, ist an sich kein ausreichender Beweis für das ursprüngliche Nebeneinander beider Morpheme innerhalb eines einzigen Paradigmas, zumal die wohlbekannte individualisierende Funktion des -n- 4 4 auch bei gewöhnlichen Nasalstämmen auftritt, weswegen sie nicht notwendigerweise den heteroklitischen Obliqui zuzuschreiben ist.

ii) ZUM LEXEMKORPUS

1. Obwohl die heteroklitische Flexion mit -r/-n- im Irischen in historischer Zeit regressiv war, hat es den Anschein, daß es vor ihrem Aussterben nicht an relativ-chronologisch jüngeren Bildungen gefehlt hat. 39 40

41 42 43 44

Das nach einhelliger Meinung der Forschung von femininem -rad für belebte Wesen zu trennen ist, s. II.B § 5.1 vs. II.B § 5.2.2. Die Länge ergibt sich auch in diesem Falle aus den britannischen Belegen, vgl. Lambert 1978/FS Lejeune: S. 118 Anm. 4. Vergleichbare Verfahren werden sub II.C erläutert. Lambert a.a.O. S. darüber II.A.2.2 sub 2 [c], Vgl. u.a. zum Armenischen Stempel 1990//F 95: S. 53.

138

Teil l: Primäre

Stammbildungen

Bei deren Rekonstruktion ist jedoch große Vorsicht geboten, falls sie sich allein auf goidelischen Sprachbefund stützt45.

2.0. Die im Irischen als Homoklitika belegten, ehemals heteroklitischen Lexeme sind eine kleine Teilmenge der von Pedersen 1893IKZ 32: S. 261 aufgezählten „bedeutungskategorien": „Wir finden dann neben Wörtern, welche sehr wohl jüngeren ursprungs sein können, eine menge von Wörtern, welche nach ihrer bedeutung zu den ältesten der spräche zu gehören scheinen. Schon S a u s s u r e hat auf die vielen bezeichnungen von körpertheilen aufmerksam gemacht: haupt (horn) [...] leber [...] blut, mist [...]. Ferner: bezeichnungen der wichtigsten naturerscheinungen: feuer, wasser, sonne [...] frühling, winter; [...] die namen vieler pflanzen [-]". 2.1. Im Zusammenhang mit Körperteilen sind letzten Endes sowohl cechor• palus wie i(u)chair 'roe of fish' und selbst iarnn 'iron' zu sehen, die aus den ererbten Lexemen für „Mist", „Leber", ,31ut" entwickelt wurden 46 . 2.2. Unter die Gruppe der Naturerscheinungen fallen - bzw. stehen damit in Verbindung - 1errach 'the season of spring', das Derivativ eorna 'barley', ιύτ· teine, odur• saurus und uisce 'water', llia 'stone' 47 . 2.3. Die wenn auch nicht zahlreichen N a t u r p r o d u k t e schließlich verdienen nicht nur wegen des noch heteroklitisch flektierenden arbor 'grain, corn' spezielle Erwähnung, sondern weil wir darin auch 45

46

47

Zumal wenn, wie bei einigen der von Lambert 1978/FS Lejeune: S. 117 diskutierten Lexeme, auch die lautliche Form problematisch ist (worauf Lambert selbst aufmerksam macht). Vgl. auch die Warnungen von Schindler 1975IBSL 70: §§ 1.4 u. 1.5 S. 2f. Wie hier oben in Abschnitt (i) §§ 3.1 f. gesehen. Die letzten beiden gehören darüber hinaus zu den „only three [heteroclitic lexemes] that are attested in three of the early dialects" (Lehmann 1993/ThBIEL: S. 246 in der Folge von Petersson). Alle hier oben in Abschnitt (i) §§ 3.1f. und in Anm. 10 besprochen.

Η. Heteroklitika

139

eine Neuerung wie fem(m)ar, fembur 'some kind of edible sea-weed or water-weed'48 vorfinden.

48

S. oben (i) §§ Iff. bzw. 2.1. Es ist also nicht zuletzt die Semantik - zusammen mit der gesamtkeltischen Verbreitung der nasalhaltigen Variante - , die die von T.F. O'Rahilly 1942/Eriu 13: S. 163 in bezug a u f f e m ( m ) a r ausgedrückten Zweifel zu zerstreuen hilft; umgekehrt könnte zur Entstehung des erst mittelirisch belegten femm mit seiner zweifachen Bedeutung ('seaweed; mentula') auch die leichte Segmentierbarkeit des Morphems -ar in fem(m)ar selber beigetragen haben (s. III.B.2 für diesen Typ von retrograden Ableitungen). - Zu derselben Gruppe wäre auch air. salann• sal in Anm. 1 zu rechnen.

I. I. s-Stämme

i) Z u FLEXION UND STRUKTUR

1.1. Das Irische hat - sieht man von dem üblichen Kasussynkretismus ab, der lediglich Funktionen beeinträchtigt - die Flexion dieser Stammklasse in ihrer ererbten Form1 bewahrt: Davon zeugt nicht zuletzt die im Unterschied zu den o-stämmigen Neutra 2 noch nicht geneuerte Endung des Nominativ/Akkusativ Plural der altirischen s-Stämme neutrius generis. 1.2. Der neutrale Auslaut des Nominativ und Akkusativ Singular weist, wie schon von Thurneysen GOI: § 339 bemerkt, auf die Bewahrung des alten indogermanischen Ausgangs *-os hin. Von der altirisch noch erhaltenen, ererbten indogermanischen Alternanz -os (Nom./Akk.Sing.) vs. -es(-) der Obliqui zeugt auch der GOI: § 78.1 u. 3 3 8 festgestellte V o k a l w e c h s e l des T y p u s melg : nim4

: milge

, nent : nime

o d e r teg : tig : tige5.

Bei α-Vokalismus der Wurzel zeigt sich in den Obliqui erwartungsgemäß

1

2

Dazu Szemerenyi 4 1990/EVS: S. 184f.; Brugmann Grdr.2: II/l S. 514ff. Zur weitergehenden Rekonstruktion vgl. Schindler 1975/5. Fachtagung, der sich für den „Ansatz eines proterokinetischen Paradigmas als Vorstufe des Standardparadigmas der neutrischen s-Stämme als die derzeit wahrscheinlichste Hypothese" ausspricht (S. 266). Zu ihrem Fortleben im Germanischen vgl. Schlerath 1995/FS Strunk. S. darüber I.B in (i) §§ 2.2.2f.

•"2

4

^

Nom./Akk. bzw. Gen.Sing., aus *melg-os bzw. *melg-es-os; zur Etymologie s. im folgenden § 2.1. Nom./Akk. bzw. Gen. bzw. Dat.Sing., aus *nem-os bzw. *nem-es-os bzw. *nem-es; zur Etymologie s. ebenfalls hier unten § 2.1. Nom./Akk. bzw. Dat.Sing. bzw. Nom./Akk.Plur., aus *teg-os bzw. *teg-es bzw. *teg-es-a\ dazu ebenfalls hier in § 2.1.

I. s-Stämme

Palatalisierung statt Umlaut, vgl. mag : maig (/muig)6, 7 8 sehe Flexionsformen wie taige, taig zu feg rühren .

141 woher analogi-

2.1. Die Mehrheit der altirischen s-Stämme zeigt Normalstufe der Wurzel mit e-Vokalismus. Zu diesem Typus gehören: - das nicht flektierbare deck, nir. deach 'best', das als Superlativ zu maith 'good' fungiert und lat. decus entspricht ( *gneses. 107 *gen(a)-, gm-, gnö-, IEW: S. 373ff. 108 jg^r (s 783f.): „'das zum Vogel gehörige', schwache Form *9wm". Vgl. ausführlich Schindler 1969/Sprache 15: S. 148ff., der an „eine substantivierte präpositionale Hypostase mit der ungefähren Bedeutung 'das beim Vogel Befindliche"' glaubt, die er als *ö-huy-0m analysiert (S. 166f.). 109 So MacBain EDGL: S. 385 s.v. ubh. Zum Keltischen nur spekulativ und ohne eigene Ansätze Schindler 1969/Sprache 15: S. 162. 110 Demgegenüber wird das von Thurneysen 1910HF Anz. 26: S. 26 angesetzte *ugos-, uges- im Vokalismus nicht begründet. 111 Elsie 1979/PB: S. 92. Ky. wy demnach < *ogesl 112 IEW: S. 784; Stokes 1887/ÄTZ28: S. 293; VGKS: I S. 66; LEIA-O-13; weitere Literatur dazu bei Schindler 1969/Sprache 15: S. 162f. 106

154

Teil I: Primäre

Stammbildungen

erscheint, gehen ag, derc, gne, mi zu den Feminina über, und zwar derc zu den ä-Stämmen; glun ist sowohl als maskuliner o-Stamm wie auch als Femininum überliefert. Die mit *-yos/-is gebildeten Komparative werden nur noch prädikativ gebraucht.

113

Brugmann Grdr.2: II/l S. 547 § 423; s. im Zusammenhang II.A.4 sub 1 § 2.

I. J. Dentalstämme1

i) Z u FLEXION UND STRUKTUR

α.0. Die Einordnung der REINEN DENTALSTÄMME unter die eigentlichen Stammbildungen ergibt sich aus dem Vergleich mit anderen indogermanisehen konsonantischen Stammklassen , wie den r- oder den s-Stämmen . Wenn sie auch jeweils in einem Deklinationsmuster durchgeführt erscheinen, sind die verschiedenen apophonischen Varianten -et- bzw. -ot- und auch -t-, wie sie sich aus den Paradigmata altirischer /-Stämme gewinnen lassen, als solche symmetrisch zu den Ablautformen des stammbildenden Morphems, die bei den ebengenannten Flexionsklassen - meist in Verbindung mit bestimmten Kasus - anzutreffen sind. Es ist nicht unvorstellbar, daß eine auch für die ί-Stämme ursprünglich kasusbedingte komplementäre Distribution der Ablautvarianten des charakteristischen Morphems aufgegeben wurde, und zwar zugunsten einer Verselbständigung der jeweiligen Abstufungen bzw. Abtönungen mit der daraus resultierenden - historisch belegten - starren Flexion .

Der Terminus „Dentalstämme" muß für das ältere Irische weiter unterschieden werden in: α) reine Dentalstämme; ß) stimmhafte Dentalstämme; γ) nasalhaltige Dentalstämme. Diese Einteilungen werden daher in den folgenden Abschnitten erläutert und als Ordnungsprinzip beibehalten. Demgegenüber spricht z.B. Risch WHS: S. 18 diesbezüglich von „deverbativen Suffixen", und Szemerenyi 41990/EVS widmet ihnen keine übergreifende Behandlung. S. I.G und I.I zu ihren irischen Fortsetzern. Vgl. auch Reichler-B6guelin 1986/typemeni: „Le type en *-e/ot- se caracterise par une perte du systeme des alternances anciennes, puisqu'il admet le cumul de deux degres pleins" (S. 64). Etwa hundert Jahre zuvor vertrat diese Ansicht Bartholomae 1888/ΛΓΖ 29: 584f. Vgl. ferner Leukart 1994/ FgN-(t)äs: Anm. 28 S. 137.

156

Teil I: Primäre

Stammbildungen

α.1.1. Auf der Suche nach der innerkeltischen historischen Perspektive der fraglichen Bildungen stellt man leicht fest, daß die Morphemvariante *-et- im Festlandkeltischen mehrmals belegt ist: vgl. den Stammesnamen Ο


'strafen, büßen') stellt, mit einer t-Ableitung des griechisch und arisch belegten nasalhaltigen Verbalstammes *kwi-nu-t-s gerechnet 20 . Hierzu wäre auch das irische Femininum lde 'smoke; steam' mit Gen. Sing, diäd zur indogermanischen Verbalwurzel 4 * Α φ ) - 'stieben, wir91 99 beln zu zählen , für das man allem Anschein nach von der Basis 1 *7 18 19

20

S. I.A zum ganzen Fragenkomplex. So nach Campanile 1989IZCP 43: S. 177. Vgl. auch präverbhaltige Deverbative wie das Femininum comla 'valve of a door' (LEIA-C-175). - Ein ähnlicher, wenn auch nicht so überzeugender, Vorschlag für coma 'something given in return for a favour' bei LEIA-C161. Zu der Nominativendung s. im folgenden sub § α.6. LEIA-C-101. Chantraine DELG: S. 1120f. s.v. τίνω. IEW: S. 636f. s.v. l w k ei-(t-). Auf die Literatur zu der neuen Wertung derartiger geographischer Korrespondenzen innerhalb der Indogermania wird II.A.3 Anm. 117 hingewiesen.

J. Dentalstämme

159

*(^w-iy- auszugehen hat, aus der dann mit -Vi- das Substantiv gebildet wurde 23 . a.3.4. Gelegentliche ^-Erweiterungen bestehender nominaler Bildungen machen schließlich die letzte historische Schicht aus. Außer den hier unter § α. 6 besprochenen tengae und cuma lassen sich in diesem Sinne auch die Feminina see 'a thorn bush, whitethorn' und 1 seiche, sec he 'the hide of an animal; the human skin' interpretieren: Für ersteres wird man eine mit dem u.a. im archaischen Dat.Sing. sei" noch erhaltenen _yä-Stamm alternierende Weiterbildung *skwiyä-t- rekonstruieren24, und letzteres erklärt sich ebenfalls am ehesten als dentale Erweiterung *sek-yä-t- des (germanisch und auch bisweilen irisch belegten) jä-Stammes zur Wurzel idg. 2*sek- 'schneiden' 25 . O.4.I. Insbesondere ist die Mehrheit der eigentlichen, historischen f-Stämme durch Anfügung von *-et- an eine Verbalwurzel entstanden. Da diese Gestalt des Stammbildungsmorphems zu palatalem Konsonant als Ausgang des Nom.Sing. führt, fällt dieser Strukturtyp unter den Deklina-

21

99

23

Nach IEW: S. 261ff. „bes. von Staub, Rauch, Dampf"; DIL-D-165-167. Unsicher bleibt dagegen der Erbwortcharakter von slinn, air. slind 'flat stone; imbrex' (LEIA-S-134f.; Meid TBF: S. 128f.; IEW: S. 1000). Vgl. u.a. gr. θύω und lat. suf-fiö, Chantraine DELG: S. 448f.; Ernout/Meillet: S. 663. Hamp 1975/EC 14: S. 475. Lautlich ließe sich sogar eine Alternanz -ot- (Nom.) : -et- rekonstruieren. In diesem Sinne jetzt auch LEIA-D28.

24

25

26

Das -a- muß allerdings im voreinzelsprachlichen Britannischen kurz gewesen sein. Vgl. IEW: S. 958 (s.v. *skwi(y)- 'Nadel oder Dorn von Pflanzen') und LEIA-S-37 mit der dort angeführten baltischen und slavischen Evidenz. Ferner DIL-S-78f. und GOI § 230 S. 204. Zwar vertritt LEIA-S-70f. eine vorsichtigere Meinung als IEW: S. 895f., aber Hamp 1985/Eriu 36: S. 183 weist darauf hin, daß „the dental forms pl. sechida and dat.pl. sechedaib are unsyncopated", was die Dentalstammbildung als rezenter erweist. „However, we still require an explanation of why affection did not produce *siche [seil. < *sek-yä\". Oben sub § α.3.2.

160

Teil I: Primäre

Stammbildungen

tionstyp ^ Stellvertretend sei hier lcing, Gen. cinged 'warrior, champion' < *king-et-s bzw. *king-et-os (mit Dissimilation zur Verbalwurzel idg. *ghengh- 'schreiten' 2 7 ) als Beispiel angeführt 2 8 .

a.4.2. Eine anscheinend jüngere, aber auch seltenere Gruppe zeichnet sich durch den gelängten Vokal im Morphem *-et- aus: Dieses, zu -itgeworden 2 9 , führt den für den Flexionstyp b charakteristischen Nominativ Singular auf -i# herbei, wie im Falle von fili, Gen. filed 'seer, diviner' < *wel-et-s bzw. *wel-et-os (zur indogermanischen Verbalwurzel l wel- 'sehen') 3 0 f. a.4.3. Die fehlende Palatalisierung des stammbildenden Konsonanten, wie sie im Nominativ Singular des deskriptiven Flexionstypus a, vorkommt, -Ii

1

weist auf qualitativen Ablaut des Kurzvokals hin ; folglich ist *-ot- im Gen.Sing. lochad 'der Maus' < *luk-ot-os anzusetzen 32 . Problematisch sind jedoch bei diesem Etymon der dunkle Vokal und auslautende Konsonant des Nom.Sing. luch\ Pedersen rekonstruiert wegen des kymrisehen Singulars llyg 'shrewmouse, (field-)mouse auch für das Goidelische einen Ausgang *-öts des Nominativ Singular, der „nach eingetretener Hebung" durch die kurzvokalische Endung *-ot-s verdrängt wor-

27 28 29

30 31

33

IEW: S. 438f.; Brugmann Grdr.2: II/l § 313 S. 425; LEIA-C-102 u. 102f. Weitere folgen in Abschnitt (ii). Noch deutlich sichtbar im ogamischen Genitiv Singular VEL-IT-AS zum im Text angeführten fili; vgl. McManus 1991/GO: S. 52 § 4.6. Die dort S. 171 Anm. 21 vorgebrachte 'difficulty' erscheint gegenstandslos in Anbetracht dessen, was unten in § a.7.2 zur ausbleibenden Synkope angemerkt wird. Denselben Typ belegt im Britannischen *kerb-et-o- 'der Schneiläufer', vgl. DBSt 1998/GS Bökönyi: S. 609 zu den Wagenbenennungen abret. cerpit und ky. cerbyd. IEW: S. 1136. Zu diesem Typ s. auch Abschnitt (ii) § 1.1. Vgl. u.a. Leukart 1994/FgN-(i)äj: S. 169. Die o-Stufe ist für dieses Lexem außer im Britannischen auch in der gallischen Onomastik gut belegt, vgl. die Beispiele bei Evans GPN: S. 218. Aus *lugTs < *pluköts, LHEB: S. 301 § 14; vgl. auch GPC s.w. llyg und llygod 'mice'.

161

J. Dentalstämme

den sei 34 ; möglicherweise wurde einfach der aus *-öts entstandene Ausgang **-w# bei diesem Tiernamen wegen fehlender semantischer Motivierung vor dem Hintergrund der sonstigen altirischen /-Stämme analogisch ausgestoßen35. Auf eine Vorform mit Abtönung des stammbildenden Morphems wird von Pedersen auch gleo 'fight, combat' zurückgeführt, während Thurneysen die Dentalformen des vielgestaltigen Paradigmas als „sicher sekundär" ansieht und auch für das britannische Adjektiv 'courageous, clever', ky. glew, ein ursprüngliches *gliwä rekonstruiert . ft

a.4.4. Es gibt schließlich eine zahlenmäßig geringe, älter anmutende Gruppe von f-Stämmen, bei denen bloßes *-/- an die Verbalwurzel gefügt wurde: So bildete man aus der Wurzel idg. *nei(9)- 'führen' das Nomen 1

37

agentis nia 'warrior' (Mask., archir. ne) mit Gen.Sing. NETA, NET(T)A-, Neth, ttiad < *nei-t-s bzw. *nei-t-os (Gen.) 38 . Durch den Sprachvergleich gesichert ist das Alter von lcli, Gen.Sing. **cleth 'house-post, support' < *£li-t-s, *üli-t-o,r'9, und Hamp 1990/EC 27: S. 183f. hat eine vergleichbare Rekonstruktion für einen weiteren femininen Terminus aus dem Hausbau vorgenommen: bi, Gen.Sing. bäh 'threshold' 40 läßt sich nämlich als *bhiH2-t-s bzw. *bhiH2-t-os auf dieselbe Wurzel zurückführen, die in benaid 'strikes; cuts down, off vorliegt41.

34

35 36

37 38 39

40 41

VGKS: II S.101. Vgl. auch GOI: S. 206 und CCCG: S. 175 § 306.1. Es sei am Rande bemerkt, daß ein im Nominativ ohnehin nicht zu erwartendes -etzwar die ausgebliebene Senkung, nicht jedoch die dunkle Färbung des auslautenden Konsonanten (nir. luch) zu erklären vermag. Ein ähnlich gelagerter Fall daher in (ii) § 2? VGKS: II S. 102 bzw. Thurneysen 1936/ZCP 20 (hier S. 366). Letzterem folgt GPC: S. 1407. Resp. Ogamirisch (/neta/), archaisches Irisch, Altirisch. Pokorny IEW: S. 760 und 1915IZCP 10: S. 405ff.; LEIA-N-15f. LEIA-C-117f. (nach C. Watkins 1978/EWk 29) zur Verbalwurzel idg. *ldei'neigen, lehnen' (IEW: S. 600ff). „Name of some part(s) of a door or entrance", DIL s.v. LEIA-B-32ff. und B-46.

162

Teil I: Primäre

Stammbildungen

α.4.4.1. Auch jene mit Dental ERWEITERTEN WURZELNOMINA, die zumeist als Untergruppe der Wurzelnomina behandelt werden, lassen sich - zumindest von der äußeren Struktur her betrachtet - zu der soeben genannten Untergruppe rechnen und werden daher im Interesse besserer Vergleichbarkeit unmittelbar anschließend besprochen 42 . Zwar ist in beiden Ableitungsmustern das charakteristische Stammbildungsmorphem ein bloßes -t- ohne vokalisches Vorstück, sozusagen das Dentalmorphem in seiner Schwundstufe, aber bei den 'erweiterten Wurzelnomina' liegt keine unmittelbare semantische Motivation vor 4 3 , während die im vorangehenden § a.4.4. genannten eigentlichen f-Stämme eindeutig deverbal und agentiv sind. Vermutlich deswegen ziehen es einige Forscher vor, von einem 'Wurzeldeterminativ -f' zu sprechen 4 4 . Beispiele dieser Art sind das im Irischen nur noch in i-n-nocht 'tonight' 4 5 erhaltene Femininabstraktum *nokw-t- 'Nacht' oder das im istämmigen Adjektiv mlicht 'milch, in milk' weitergebildete *mlg-t'Milch' 4 6 a.5.0. Vielfältig ist auch die Herkunft des synchronen Flexionstyps d mit Nominativ Singular auf -u#, was nicht zuletzt der Tatsache entspricht,

42 43

44

45

46

Zu den 'einfachen' Wurzelnomina s. I.A. Stattdessen scheint der Grund für die Erweiterung gelegentlich formaler Natur gewesen zu sein: vgl. Kellens 1991 /Kratylos 36: S. 17, der für das Avestische als „regle generale" aufstellt, derartige erweiterte Wurzelnomina seien auf der Schwundstufe von anit-Wurzeln gebildet, die auf -r, -i, -u ausgehen, oder auch auf der Vollstufe von Wurzeln auf -ä\ vgl im einzelnen auch idem 1974/NRA: S. 112ff., 115ff„ 127ff. u. 243ff. Eine ähnliche Verteilung für die Grundsprache (u.a. Kurylowicz 1935/EI: 1/4 S. 134) läßt sich jedenfalls durch die irische Evidenz kaum erhärten. Schindlers Begründung 1967/tfZ 81: S. 297 („Das *-/- hat mit dem idg. Suffix *-et-/-ot/-t- zunächst nichts zu tun, da wir keine Formen mit vorhergehendem Vokal finden") ist jedenfalls wegen der eingangs erwähnten, bei /-Stämmen üblichen Durchführung e i n e r Stammvariante nicht ausreichend. In I.A (ii) § 1.2 besprochen; dazu auch Brugmann Grdr.2: II/l § 314 und Krahe/Meid: III S. 140. DBSt 1987/Son: S. 131.

J.

Dentalstämme

163

daß die lautliche Grundlage eines solchen altirischen Ausganges sowohl ein *-öC# wie auch ein -üC# sein kann. Aufgrund der hier für die reinen Dentalstämme gegebenen Interpretation erwarten wir zunächst einmal eine Endung mit Morphem *-öt-\ Diese kann tatsächlich für eine mögliche primäre Bildung wie die maskuline, bereits alt überlieferte Personenbezeichnung bri(u)gu 'landowner, hospitaller' rekonstruiert werden. Als *bhrgh-öt-s analysierbar47, bildete es außerdem ein Gegenstück 48 zu dem keltiberisch und britannisch überlieferten *bhrgh-nt-mo-s49. O.5.I. Eine ähnliche Struktur weisen zwei weitere maskuline Personenbezeichnungen auf 50 , die vielfach als Überbleibsel eines indogermanischen aktiven Partizips des Perfekts auf *-wos/t- angesehen worden sind, eine Interpretation, die aber weder zwingend noch unumstritten ist 51 und auf die nicht zuletzt das im obigen § a.5.0 analysierte bri(u)gu 'landowner, 47

48

49

50

51

Vgl. DB St 1997/ZCP 49-50: § 2 in Abwandlung eines in demselben Band erschienenen etymologischen Ansatzes von G. Mac Eoin. Zwar mit einer anderen Stammbildung, jedoch mit derselben Semantik, s. auch in Abschnitt (ii) § 0 sowie hier in (i) zu § γ. Belege und Literatur dazu bei DBSt 1987/Son: S. 91. - Der bri(u)gu nämlich „is given the same honour-price as the king of a tiiath" (Binchy 1970/ CrG: S. 79; vgl. auch Kelly 1988/GEIL: S. 36ff. u. 305), und Mac Eoin 1992/9eCIEC unterstreicht, daß „The function of briugu was clearly archaic, if not obsolete, at the time the texts were written, for the information about it is always couched in almost identical formulae." Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der altenglische maskuline «-Stamm bregu, breogo 'Herrscher' (IEW: S. 141), der üblicherweise über *ßriyuz auf h h *b reg -u-s zurückgeführt wird (freundlicher Hinweis von Dr. Rolf Ködderitzsch). Aus allen diesen Gründen erscheint Mottas Anknüpfung an air. brigaid 'shows; declares' (1995[96]//L 18: S. 144 ,,'colui che ha dichiarato'?") inhaltlich und formal weniger gut. Wegen seiner zumindest deskriptiv ausschließlichen Zugehörigkeit zur reinen Nasalflexion ist demgegenüber fiadu, Gen.Sing. fiadan 'a witness, testis' (d.h. 2ffada, wiederum im Unterschied zum dentalhaltigen Nasalstamm 1 fiada 'knower; lord, master' in II.A.4 sub 2 § 2) eingehend in I.F (i) § 3.2.4.4.1.1 behandelt worden. Dazu im Zusammenhang II.A.4 sub 2 § 4.

164

Teil I: Primäre

Stammbildungen

hospitaller' selbst neues Licht wirft. Es handelt sich um bibdu 'one who is guilty, liable; culprit; defendant; enemy' und das mit Präverb gebildete coimdiu 'lord, master': Die für sie üblicherweise vorgenommene und von einer Vorform mit der Struktur * Redupi. (bzw. Präverb)+CVT+wöt+s ausgehende Rekonstruktion trifft bei beiden auf lautliche, bei ersterem auf sprachvergleichende, bei letzterem auf semantische Einwände; diese lassen sich alle durch eine Analyse der fraglichen Lexeme als einfache Dentalstammbildungen auf *-öt-s zerstreuen, die also den Ausüber der (durch die Wurzel bzw. durch den Verbaistamm ausgedrückten) Tätigkeit präsentisch bezeichnen. Dann braucht nämlich der ausgebliebene Übergang idg. *-w- > air. -b- hinter einfachem Konsonant bzw. kurzer Silbe nicht länger ad hoc erklärt zu werden 53 ; außerdem kann dem gesamtbritannisch rekonstruierbaren yostämmigen Gegenstück von air. bibdu die verdiente Aufmerksamkeit entgegengebracht werden 54 ; schließlich ist eine präsentische Interpretation diejenige, die man für coimdiu semantisch erwartete 55 . a.5.2. Die große Masse mit Nominativ Singular auf -u besteht aber aus den jüngeren, sekundären Ableitungen mit komplexem Suffix *-tüt-56, in denen das *-tu- der Verbalnomina und das ebenfalls grundsprachliche

52 53

54

55

56

S. oben § a.3.3. GOI: S. 124 § 203. Dazu DBSt 1990/FS Hamp: S. 30ff. (insbes. zu den Stellungen Α und C, wenn auch S. 36 unkritisch das zur Zirkularität führende Beispiel fiadu 'witness' übernehmend); eine verfeinerte Analyse der unterschiedlichen lautlichen Kontexte im Irischen hier in II.A. 1.1 sub 2 §§ 5.1.1 ff. Zu den beiden im Text diskutierten Lexemen s. auch ausführlich II.A.4 sub 2 § 4. S. II.A.4 sub 2 § 4 mit einem konkreten Vorschlag. Für ein gemeinkeltisches Rekonstrukt hatte sich auch H. Zimmer 1890/ÄTZ 30: S. 48 ausgesprochen. - Im übrigen fände die zur Erklärung von bibdu angesetzte Reduplizierung außerhalb des Perfekstammes eine Parallele u.a. in heol 'theft' (dazu III.A.l § 2.4.3). Und in der Tat ist ein Partizip des Präsens, *weid-ont-s, in einem anderen Wort für 'Herr', nämlich lfiada 'knower; lord, master' (s. den Querverweis hier oben in Anm. 50), bekannterweise erhalten. Darüber in II.A.2.6 sub 1.

165

J. Dentalstämme

-(W)t- für Verbalabstrakta57 zu einem Suffixkonglutinat verschmolzen sind. a.6. Auf inneririscher Neuerung beruht der Nominativ Singular auf -e# (< *-}Ό-)58, das wichtigste Unterscheidungsmerkmal des dritten deskriptiven Flexionstypus59. Hierbei haben wir es also mit keinem wirklich eigenständigen Deklinationsmuster zu tun, sondern mit einigen wenigen Lexemen, die schon in vorhistorischer Zeit ihren ursprünglichen Nom.Sing. ersetzt haben und ansonsten vielfach eine charakteristische neutrale Färbung der Endungen aufweisen60. Dies trifft evidentermaßen zu auf tengae, air. tenge 'tongue' h

(Fem.) aus dem keltisch mit Dental ertweiterten *tngwä-t(-) ; ferner 62 u.a. auf cora 'stone fence, palisade' < *kor-et-s ) und auf das Maskulinum lteine, tene 'fire' aus einem ursprüglicheren, neben dem alten neutrischen s-Stamm63 gebildeten Dentalstamm *tep-n-et-s64. 57

fo

59 60

61

62 63 64

Hierzu unten in (ii) §§ 0 und 1.3. Diese Feststellung, die sich schon bei Pokorny Air.Gr.: S. 42 findet, ergibt sich aus den obigen §§ α.3.2 bzw. a.4 und a.5. S. die Aufstellung sub § a.2. Es handelt sich um die oben § a.3.4 beschriebene Schicht. Zur Motivation der Umgestaltung s. § γ. Zu idg. *dnghwä 'Zunge', IEW: S. 223. Dazu DBSt 1987/Son: S. 146f. mit Literatur und v.a. 1990/FS Hamp: S. 35f. In neuerer Zeit Hamp 1996/Eriu 47: S. 211 und Widmer 1997/HS 110, der allerdings S. 123f. für die Vorstufe einen indogermanischen ä-stämmigen Nom.Sing. auf -s# rekonstruieren möchte und sich ansonsten nicht mit den verschiedenen Schichten der altirischen ί-Stämme befaßt. - Die IEW I.e. erwähnte Nebenform teng hat laut DIL-T-147f. ihren Ausgang vom (kürzeren!) Dat.Sing. genommen. LEIA-C-206; zu IEW: S. 935 **(s)ker- 'drehen, biegen'. Dazu I.I in (i) § 3.1. LEIA-T-49f. mit Diskussion der früheren Literatur, zu der jetzt Hamp 1996/Eriu 47: S. 210 und Widmer 1997/HS 110: S. 124ff. hinzuzufügen sind: Während Widmer a.a.O.: S. 126 als Zwischenstufe einen s-stämmigen Nom.Sing. **te(p)nes ad hoch rekonstruiert, geht Hamp von einem ursprünglichen Dentalstamm aus, dessen „'short' dat. teiti, ten" (aus dem „loc. sg. [...] *tenet"), verbunden mit „the intermediate *tene(s)" des von ihm rekonstruierten „ancient nom.sg. *tenet-s", zu einer Umdeutung als s-Stamm

166

Teil I: Primäre

Stammbildungen

Wie schon diese wenigen Beispiele illustrieren, lassen sich die eigentlichen etymologischen Vorformen, soweit man sie überhaupt mit einiger Zuverlässigkeit rekonstruieren kann, keineswegs auf einen gemeinsamen Nenner bringen 65 . In diesem Zusammenhang sei auch auf das Femininum cuma 'grief, sorrow' zur Verbalwurzel idg. 4*lcem(a)- 'sich abmühen, müde werden' verwiesen: Aufgrund gallischer und britannischer Evidenz geht der übliche Ansatz von der Schwundstufe einer set-Wurzel in antevokalischer Stellung ( * ü m H - u - ) aus und sieht die altirische Form am ehesten als Dentalableitung *kam-u-t-s der gemeinkeltischen α-Bildung an 66 . Zur fraglichen Gruppe mit geneuertem Nom.Sing. auf muß im übrigen selbst das ursprüngliche Wurzelnomen niae 'sister's son, nephew' (mit Gen.Sing. NIOTTA (og.), niath, nieth, n i a d f 1 gezählt werden: Da es mit seinen britannischen Entsprechungen auf idg. *nepöt-s zurückgeht, ZTQ

„Vermutlich als 'Unmündiger, Unselbständiger' zu ne- und potis ' sonst der ursprüngliche Nom.Sing. auf **-«# gelautet.

, hätte

a.6.1. Eine im ganzen jüngere Bildung dürfte demgegenüber in dem Maskulinum 3gnia 'worker, servant' vorliegen, und zwar trotz seiner äußeren Gestalt, die an l nia 'warrior' 69 erinnert: Die Zugehörigkeit zur

65

66 67 68

69

geführt haben sollte. Abgesehen von den lautlichen Problemen vernachlässigt aber Hamps Rekonstruktion den wortbildenden und auch semantischen Aspekt der Frage: 1) Man hat innerhalb desselben Ableitungsparadigmas Formen, die auf hohes Alter der s-Stammbildung hinweisen; 2) die agentive Semantik der ί-Stämme liefert eine Motivation die im umgekehrten Falle fehlen würde - für die entsprechende Umgestaltung eines ursprünglich sstämmigen Wortes für 'Feuer'. Etwas Ähnliches dürfte sogar im Falle des hier unten β besprochenen arae stattgefunden haben. D.h. wenn nicht ein älteres *kam-öt-s vorliegt: LEIA-C-285; IEW: S. 557. In DIL s.v. 2nia. Pokorny IEW: S. 764 und 1915/ZCP 10: S. 406f. Vgl. auch LEIA-N-15 und LHEB: S. 301, 357, 637; ferner IEW: S. 842. Brugmann, Grdr.2: II/l S. 423. GOI: S. 207. Dazu oben § a.4.4.

J.

Dentalstämme

167

Wurzel idg. l*gen(9)- 'erzeugen' 70 bzw. möglicherweise bereits zum A371

Verb gnttd 'does führte nämlich zu einem **gm(ss) mit Gen.Sing. **gmth(os), das im Interesse größerer Eindeutigkeit umgestaltet wurde. l Später führte die semantische Nähe zu nia 'warrior', v.a. in einem Kom79 positum wie fergnia 'man-at-arms' , zu der Entstehung eines dentalstämmigen gnia 'warrior, champion' ; letzteres rief schließlich die Existenz eines ebenfalls ί-stämmigen lgnfa 'sister's son, nephew' hervor, symmetrisch zu dem synonymen 2 nia 74 . a.7.0. Über die Frage des in §§ α.4-α.6 behandelten Nominativ Singular der /-Stämme hinaus muß zu der Flexion im einzelnen noch dreierlei angemerkt werden: a.7.1.1. Zum Ausdruck des Dativ Singular konkurrieren eine längere und eine kürzere Form miteinander, die sich aus den entsprechenden Endungen des indogermanischen Lokativ Singular erklären lassen; so beispielweise tra(i)gid neben traig als Dat.Sing. von ltraig 'foot'. Zwar wird gerade die längere Form gelegentlich auch mit dem indogermanischen Dativ Singular in Verbindung gebracht 75 , jedoch sprechen für die Lokativhypothese: a) die Parallelität zu der entsprechenden Kasusform sowohl der r-Stämme wie auch der gallischen Verschlußlautstäm7 ft me ; b) die Gegebenheiten bei dem Flexionstyp mit Nominativ Singular 77 70 auf -/# ; c) die damit alternierende, kürzere Form selbst . 70

IEW: S. 373ff.

71

Ableitungen aus einer bestehenden Verbalbasis wurden oben in § α.3.3 behandelt. 72 Ι'λ DIL-F-91f. und G-120. 1 Kalygins sozusagen umgekehrte Annahme einer Entstehung von nia 'warrior' - 2gnia 'id.' (1993/LPIA: S. 99) läßt die altindische und die OgamEvidenz außer Acht, die beide für die Form mit #«-Anlaut als die ursprüngliche sprechen. 74 Λ Hier oben in § 1a.6 besprochen. - D.h. alsoΛnach der formalenι Proportion von 'Warrior' ( nia : gnia) zu 'Nephew' ( nia : X), mit X = gnia. 75 GOI: §315 S. 200. 76 S. I.G in (i) mit Anm. 21. 77 Dazu im hier anschließenden § a.7.1.2.

168

Teil I: Primäre

Stammbildungen

α.7.1.2. Zum verhältnismäßig jüngeren Alter des Flexionstyps mit Nom. Sing, auf -i# (also mit Durchführung des Langvokals im stammbildenden Morphem *-et-) paßt die Tatsache, daß dieser Typ für den Dativ Singular lediglich die längere Form kennt, die ebenfalls die jüngere sein dürfte (d.h. falls sie - wie es scheint - auf den nicht-endungslosen Lokativ Singular der Grundsprache zurückgeht). Die Endung dieses letzten Kasus nämlich, die für das Indogermanische mit kurzvokalischer Abstufung *-et- des Stammbildungsmorphems anzusetzen wäre, ergab grundsätzlich -id, wie es bei dem längeren Dat.Sing. aller Dentalstämme belegt ist, und könnte zudem die Durchführung des -i- im Paradigma der fraglichen Untergruppe ohne weiteres begünstigt haben. a.7.2. Bemerkenswert ist schließlich die Tatsache, daß die in den umfangreicheren Kasusformen des Plurals eintretende, lautgesetzliche Synkope nicht nur bei Komposita fehlt, sondern gerade in dem Flexionstyp mit langvokalischem Stammbildungsmorphem *-et- ausgeblieben zu sein 79 scheint: vgl. stellvertretend den Akk.Plur. fileda zu fili 'seer, diviner' .

β. STIMMHAFTE DENTALSTÄMME, und zwar auch jenseits von einzelnen Wurzelnomina aus Basen, die mit -d- auslauten (wie arae 'charioteer' 8 0 , οι

das Campanile als „deijenige, derbleibt" interpretiert , oder die Komposita von *(-)wid- 'wissend' 8 2 ), sollten auch für das Gemeinkeltische rekonstruiert werden. Wenn auch gelegentlich als „etym(ologisch) nicht durchsichtig" erachtet , werden Stämme auf grundsprachlich stimmhaften Dental für das In78

79

80

Ol

82 83

Dazu u.a. IEW: S. 1175, LEIA-U-28 s.v. und und Neu 1980/,.Lokativ": § 3.2. Möglicherweise mit Vokalkürzung anstatt der Synkopierung (und regelmäßiger Senkung)? LEIA-A-84, DIL-A-372f. s.v. 3 ara. 1989fZCP 43: S. 177, und zwar unter Verweis auf ar-sissedar 'stays, remains' und ar-said 'id.' gegen die alte Analyse von O'Brien als *are-sed-s. Vgl. LEIA-S-199 s.v. sui 'savant'. Euler 1979/IIGGN: S.176f. Vgl. auch Beekes 1975/5. Fachtagung: S.9f. und Brugmann Grdr2: II/l §§ 358-361. Ferner Starke 1990/USKLN: S.225f.

J.

169

Dentalstämme

dogermanische rekonstruiert, wobei sie insbesondere im Griechischen eine bedeutende Rolle spielen84. Das Stammbildungsmorphem, wie es sich für diese Stämme aus dem Keltischen rekonstruieren läßt, weist auf ein suffixähnliches Element *-»d-, das auch semantisch am ehesten im Griechischen einen Vergleich findet. In unerweiterter Form ist das kollektivische kelt. -ad- noch in den Genitiven des Singulars air. (Fer) Diad PN, '(the warrior) of the pair' und o c

Ο £.

gall, andernados 'de la troupe ci-dessous' (Larzac la9) erhalten, zu dem Meid (1996/Akten Innsbruck: S. 42) ebenfalls adsaxs[o]nados „Verfolger(innen)schar" (Larzac 2b9) stellt, wogegen der Kontext bei gall. ueronadas (Larzac lb7) 87 und der Vokalismus bei gall, luytodos (La Graufesenque 4) 88 eine Interpretation in diesem Sinne erschweren. Außerdem vermag die Existenz stimmhafter Dentalstämme einige Rätsel der altirischen Wortbildung zu lösen, wie bereits von Lambert 1985 im Ansatz erkannt worden ist . Darunter fallen zunächst einmal die maskulinen α-stämmigen Abstrakta auf -as, ein schon von Thurneysen auf *-ad-tu- zurückgeführtes, sich später großer Produktivität erfreuendes Suffixkonglutinat, in dem das *-tu- der Verbalabstrakta zur Verdeutlichung an Derivate mit kollektivischem *-ad- angetreten war 90 . Ferner können einige der Feminina auf -as 91 sowie der Derivate auf -arf 92 ebenfalls Erweiterungen desselben Stammbildungstypus darstellen. QQ

84 85

86 87

Vgl. Debrunner JW-AindGr.: II/2 S. 175 § 78; s. II.A.3 «Etymologie». Nach Hamp 1982/Eriu 33 (jetzt auch bei LEIA-D-66 s.v. 3diad), Näheres dazu in II.A.3 «Etymologie». Lambert 1985/EC 22: S. 166; s. auch hierzu II.A.3 «Etymologie». Als „adj. ueronado- tire du collectif en -ad- forme sur la preposition uer- < *uper" bei Lambert 1985/EC 22: S. 169.

QO

OQ

90 Qt

92

Neben luytos (La Graufesenque 1 u. 8) belegt, wird im Sinne von furnus one[ratu]s in No. 66 verstanden, vgl. Marichal 1988/LGLG: S. 99f. , EC 22: S. 166, wenn auch nicht in allen Punkten in dieser Form haltbar. Darüber ausführlich II.A.3. Λ Wie nicht zuletzt das von Hamp in diesem Sinne analysierte dfas 'pair, couple', dazu in II.A.3 «Etymologie». S. ferner ILA.1.4 sub 5 § 3.2. S. dazu II.B § 5.3 und II.A.2.1 sub 3 [A],

170

Teil I: Primäre

Stammbildungen

γ. Als NASALHALTIGE DENTALSTÄMME können die sogenannten 'unlenierten Dentalstämme präziser beschrieben werden, denn ihr Stammbildungsmorphem geht auf jenes *-(V)nt- zurück, das im Indogermanischen Partizipia ableitete. Dementsprechend wird dieser Typ, wenngleich er im Altirischen lediglich im nominalen Bereich überlebte, in Π.Α.4 sub 2 behandelt. Die Flexion weicht von deqenigen der reinen Dentalstämmen nicht ab, wenn man von der Endung des Nominativ Singular absieht, die bei den Maskulina auf dreifache Weise geneuert worden ist 94 : Dabei weist die gelegentlich eingeführte Endung -{a)e# auf einen offensichtlich semantisch motivierten Suffixverband hin 95 , zu dem die betreffenden, ehemals präsentischen Partizipialbildungen zusammen mit den unter J.a besprochenen, partizipähnlichen reinen Dentalstämmen und den Nomina agentis auf *-yo- gehört haben, die als produktive Kategorie ihre eindeutigere Nominativ-Singular-Endung weitergaben.

93 94

95

GOI: S. 207ff. Zu allen Typen und ihrer jeweiligen Rekonstruktion s. im einzelnen II.A.4 sub 2 § 2. Die im Text angesprochenen parallelen Ableitungsmuster ergeben schon in alter Zeit einen Wortstand bzw. eine Wortbildungsgruppe (i.e. formal unterschiedliche Ableitungen mit gleichem semantischen Gehalt, s. auch III.A.4 § 2) primärer Nomina agentis: vgl. z.B. ni-stämmiges air. lochet 'flash, lightning' vs. den reinen ί-Stamm wie noch im GN gall. Leucetius / Loucetius enthalten, und offensichtlich auch im Britannischen (Graves 1964/OCV: S. 192f„ anders IEW: S. 688; zum Irischen DBSt 1987/Son: S. 127 mit Literatur); oder die zwischen dem reinen ί-Stamm air. bri(u)gu (oben in § a.5.0 diskutiert) und den keltiberischen und britannischen Fortsetztern eines *brig-ant-ino-s festgestellte Korrespondenz (DBSt 1997/ZCP 49-50: § 2). Vielleicht ist in dieser Perspektive auch die Spur eines tStammes in gall, ορβωτιος (PN, R.I.G.-G-502 bei Lejeune 1988/£C 25: S. 84f.) zu sehen, d.h. gegenüber _yo-stämmigem air. orb(b)ae 'heritage' (DIL s.v. orb(b)a).

J. Dentalstämme

171

ii) ZUM LEXEMKORPUS der reinen Dentalstämme

0. In der Indogermania wird das einfache Dentalmorphem als „vorzugsweise in verbalen Adjektiva und in fem(ininen) Abstrakt a" auftretend beschrieben 96 . Im Griechischen, das die konsequente Durchführung des Langvokals des stammbildenden Morphems -et- kennt (vgl. κέλης, 07

κέλητ- 'cheval de course ), wie sie sich im Keltischen gelegentlich feststellen läßt 98 , wird die dentale Stammbildung „surtout en composition et dans des mots qui a v a i e n t une valeur voisine d e c e l l e d u p a r t i c i p e" 9 9 eingesetzt. Dem entspricht in etwa die semantische Einteilung, die sich in groben Zügen anhand des irischen Materials vornehmen läßt.

1.1. Am deutlichsten tritt die Gruppe der N o m i n a persona1 i a hervor 100 , mit den oben besprochenen 101 bibdu, bri(u)gu, lcing, coimdiu, eirr, fili, l'2'3gnta, l'2nia wie auch 2cli 'the third highest in rank of the ^//-grades', einer Nullableitung mit Genuswechsel aus l cli 1 0 2 . Zu der wohl spezialisierten Untergruppe der Maskulina mit gelängtem

96

97

98 99

Brugmann Grdr.2: II/l §§ 312- 317; ferner idem 1905-06//F 18: S. 71 (,,-riund -t- wechselten seit urindogermanischer Zeit als Stammauslaut bei den femininischen Abstrakta"). Vgl. auch Leumann/Hofmann/Szantyr: I § 327; Krahe/Meid: III § 117 S. 139f.; Debrunner JW-AindGr.: II/2 § 69a S. 159f. und § 420 S. 550. Meillet 1916/MSL 19: S. 57; Reichler-B eguelin 1986/ typemens: S. 61-64. Kronasser EHS: I S. 254f.; Laroche 1975/FS Benveniste: S. 339ff.; Neu 1980/„Lokativ": S. 15-19; Starke USKLN: S. 145ff. Euler 1979/IIGGN: S. 174ff. Chantraine FNGA: S. 267 § 211 bzw. DELG s.v. κέλλω. S. oben in Abschnitt (i) §§ a.1.2 und a.4.2 wie auch hier unten § 1.1. Chantraine FNGA: S. 265; Sperrung von mir. Vgl. auch Leukart 1994/

FgN-(t)äs: S. 169f. 100

Leukart 1994/FGN-fijäj: S. 170 spricht von „kelt.-german. Ableitungen aus dem kriegerischen und politischen Bereich". 101 Alle in Abschnitt (i) sub α, resp. §§5.1; 5.0; 1.1 und 4.1; 5.1; 3.1; 4.2; 6.1; 4.4 bzw. 6.0. 1 Q9 Zu letzterem s. in (i) § a.4.4.

172

Teil I: Primäre

Stammbildungen

-ei- 103 gehört auch oigi, air. oegi 'stranger, visitor', das in Verbindung u.a. mit gr. οϊχομαι als *oi-gh-et-s zu rekonstruieren wäre 104 . 1.2. Auffällig ist die Herausbildung einer Gruppe von Körpert e i 1 η a m e n, die in der Regel Feminina sind oder es zumindest im Laufe der Überlieferung werden. Außer den oben 105 diskutierten 1seiche 'conum; skin' und tengae 'tongue' betrifft diese Entwicklung eine Reihe 1

Π ή

von ei-Bildungen wieseir 'heel, ankle; shank' (< idg. *sper-et-s zu eil ner Verbalwurzel *sper(d)- 'zucken, mit dem Fuße wegstoßen' 107 ), lrig 'the forearm' (< *rigets, vermutlich aus schwundstufigem *rg-et-s zur Wurzel i*reg- 'lenken, recken, strecken' 108 ), und das ursprünglich maskuline ltraig,

Gen. traiged

'foot' (< *trag-et-s

bzw. *trag-et-os

von der

Verbalwurzel *trägh- 'ziehen, am Boden schleppen' 109 ). Aus diesem Grunde wird u.a. das - wenn auch etymologisch unklare sicne 'the peritoneum' 110 die Dentalflexion sekundär angenommen haben. 1.3. Zu der sich weniger scharf abzeichnenden Gruppe dentalstämmiger S a c h s u b s t a n t i v a gehören die in Abschnitt i.a besprochenen und insgesamt jüngeren Maskulina ein 'guilt, fault', lteine 'fire' und die Feminina lde 'smoke; steam', see 'thorn bush', cuma 'grief. Dazu zu zählen sind auch die Feminina 2ai 'poetic inspiration' 111 und lcai, air.

103 104 105 106 107

Dazu in (i) §§ a.4.2 wie auch α. 1.2 und in (ii) § 0. LEIA-O-IO; Chantraine DELG: S. 788f.; IEW: S. 296. Resp. (i) §§ a.3.4 und a.6. Dazu in (i) § a.4.1. IEW: S. 992f. LEIA-S-73.

1 QO

109 110 111

Zwar trifft LEIA-R-29f. keine Entscheidung zwischen der im Text angegebenen Wurzel (IEW: S. 854ff.) und *(reig-), reig- 'recken, ausstrecken' (IEW: S. 862), jedoch spricht die Semantik der keltischen Fortsetzer beider Wurzeln für die hier vorgenommene Zuschreibung. LEIA-T-122f. IEW: S. 1089. Mask., LEIA-S-105. Ursprünglich Mask.; einsilbig air. aui. Vgl. GOI: S. 206; LEIA-A-19; Greene 1976fEriu 27: S. 31. IEW: S. 82.

J. Dentalstämme

173

coi 'act of weeping; wailing . l Das ebenfalls feminine cre, Gen. criad 'clay, earth' kennt zwar britannische Entsprechungen (die auf einen ursprünglichen anlautenden Labiovelar hinweisen), läßt sich aber wegen der unklaren Etymologie kaum einem der für diese Stämme ermittelten Prototypen zuordnen, zumal ein wie auch immer gearteter Zusammenhang mit dem etymologisch eben110 falls dunklen lat. creta nicht ausgeschlossen werden kann . Man muß ferner nach dem Verhältnis zweier femininer Bildungen zueinander fragen, nämlich ob sich hinter lgeir 'animal fat, tallow, suet' und ά-stämmigem gert 'any of the by-products of cattle except their young' 1 1 4 , das Pokorny auf ein „nur ar(isch) und kelt(isch)" belegtes ,*gherto'Milch, Butter'" zurückführt 1 1 5 , resp. *gher-et-(s) und h *g er-t-(ä) verbergen können. 2. Daß den reinen Dentalstämmen eine agentive Bedeutung anhaftete, bezeugt nicht nur die partielle nachträgliche Einführung der Nominativ Singular-Endung der .yo-Stämme 116 , sondern auch das sozusagen 'umgekehrte' Phänomen wie z.B. beim Namen des Honigs. Aus dem Vergleich von i-stämmigem air. mil (Fem.) mit dem (ebenfalls »-stämmigen) dazugehörigen Adjektiv tnilis 'sweet' (o-/ya-Suffix 91 wie im Indogermanischen auch im älteren Irischen: α) primäre Adjektiva zu indogermanischen Verbal wurzeln; ß) Nomina agentis; γ) Verbalnomina. Bedenkt man, daß alle drei Genera des Suffixes im Irischen -e ergaben 2 2 , daß die Bildung des Nominativs, Genitivs und Dativs des Plurals der yoStämme jeweils mit der der _ya-Stämme übereinstimmte , und daß das Neutrum im Rückgang begriffen war, so wird es offensichtlich, daß je nach Art und Alter der tatsächlichen Belege bisweilen keine genauere bzw. zuverlässige Genuszuordnung vorgenommen werden kann. 5.2.1. Zur zahlreichen Gruppe primärer yo-lyä-Adjektive gehören 2 4 cle 'left' 2 5 , cüae bzw. lcua 'hollow' 2 6 sowie vermutlich auch maige 'great, mighty' 2 7 und 2toe 'silent' 2 8 . 21

23 24

25

26

27

Vgl. u.a. Krahe/Meid: III S. 70 § 74 (1). D.h. nach Konsonant, während bei Ableitungsbasen auf Vokal die Durchsichtigkeit etwas eingeschränkt war, vgl. - aus der Tabelle hier unten in § 6 - u.a. cU 'left' (< *fd(e)i-yos, LEIA-C-114f.; ky. 2cledd u. Verw. muß dagegen nach Ausweis des -e- auf das bei diesem Lexem häufig vorkommenden Femininum *idi-yä 'left hand, left side' zurückgehen, GPC s.v.). S. in der Einleitung die «Synoptische Tabelle der Deklinationsausgänge». Unklar sind die Gründe, die LEIA-D-133 s.v. ^doe dazu bewegen, doe· tardus als pejorative Präfixbildung anzusehen, d.h. statt es auf *ctlowsyo'dösig' mit IEW: S. 269 (vgl. auch Kluge/Seebold: S. 152) zurückzuführen, oder evtl. auch als sekundäre Thematisierung eines im Calandschen Verband mit *dweh2-ro- 'long' (u.a. in gr. δηρός: Chantraine DELG s.v. δήν) stehenden *dwoh2-i- zu interpretieren (so Nussbaum 1976/CLCS: S. 13, ausgelassen von LEIA I.e.). Darüber oben Anm. 22. Die ursprüngliche Bedeutung scheint „angelehnt" gewesen zu sein, vgl. IEW: S. 601f. Vgl. LEIA-C-258, IEW: S. 592ff., DIL-C-567. Dieses und seine Dublette maigne .i. mor „se rattachent certainement ä la racine *mag- 'augmenter, accroitre'" (LEIA-M-10), die in „air. mogaid, moigid [...] commun dans les Lois" (LEIA-M-8f.) zu sehen ist, so daß als Grundbedeutung '*vergrößert' vermutet werden kann. Vgl. auch Schmidt KGPN: S. 234 und IEW: S. 708f.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

205

Ihre tendenziell passivische Bedeutung 29 spricht im Falle von air. u(i)le 'totus; omnis' zugunsten der von Pokorny vorgeschlagene Rückführung auf *pol-yo- zur Verbalwurzel *pel(s)- 'füllen' 30 . 5.2.2. Viele der so entstandenen Adjektiva sind erst in substantivierter Form belegt, so vermutlich auch büe, buae „'native' hence 'person with legal connections'" 31 zur Verbalwurzel *bhew(9)-32 mit der Bedeutung 'wohnen' 33 . In vielen von ihnen läßt sich die ursprüngliche passivische Bedeutung noch erahnen, vgl. die Maskuli na buinne 'circlet, (arm-)ring, bracelet' 34 ,

9o

29

32

Denn es ist mehr als selten, daß ein Substantiv (in diesem Falle das Femininum ^toe- silentium) durch Nullableitung ein identisches Adjektivum erzeugt, s. III.A.5 § 4.2. Auch deswegen wird man mit LEIA-T-90f. eher glauben, daß „le subst(antif) n'est peut-etre qu'un emploi particulier de l'adj(ectif) (feminin, substantive) lequel remonterait ä *tausyo-, en face de *taus- du brittonique" (hier -T-91); die ursprüngliche Bedeutung des Adjektivs könnte auch '*beruhigt' gewesen sein, vgl. IEW: S. 1056f. s.v. taus'still, schweigend, zufrieden'. Vgl. auch Brugmann Grdr.2: II/l S. 183f. § 111 zur Indogermania. IEW: S. 800. In diesem Sinne - wenn auch aufgrund anderer Argumente LEIA-U-18; DIL-U-60ff. DIL-B-231f., vgl. auch -A-303 zu negiertem ambuae 'foreigner, person from outside the tüath\ IEW: S. 146ff. Ahnlich LEIA-B-112. Semantisch gewiß nicht vorzuziehen - und morphologisch nicht zwingend - ist die Annahme einer sekundären Ableitung zum Wort für 'Kuh' durch McCone 1991 /Eriu 42: S. 41; im übrigen sollte dort hinsichtlich des vor *-y- ausbleibenden Laryngals die unten in Anm. 97 angegebene Literatur ergänzt werden. Demgegenüber sind bei roe 'level piece of ground; battle field' die Indizien stärker, die für ein denominales Derivat sprechen: Außer dem italisch und indo-iranisch belegten s-Stamm könnte nämlich auch die Dublette roi auf eine unmittelbare Vorform *rowisyä < *rewes-yä hinweisen („*rowesiä-" bei LEIA-R-38f.), wogegen sich die von Pokorny IEW: S. 874 zugrunde gelegten Belege mit -a- in der Wurzelsilbe auch als jüngere Varianten erklären lassen.

206

Teil II: Derivation durch Suffigierung Λ

Ο/Τ

Λ

doe bzw. doe 'rampart , grinde 'a faggot, bundle; crowd , meile 'horse, ge/τά/ι' 37 und - mit Dehnstufe in der Ableitungsbasis - lbdire 'course, progress; victory'38. Als Feminina so zu interpretieren sind 2fe 'a fence' 39 , und ursprünglich auch lse(i)che, seithe 'the hide of an animal; the human skin' 40 und slige 'road, way, path; course'41.

34

35

36

-χη

DIL-B-237f. sub (c); vgl. auch (d): „Of building structure, [...] wickerwork". Aus *bhondh -yo- zur Verbalwurzel idg. *bhendh- 'binden': Das feminine Rekonstrukt bei IEW: S. 127 und bei LEIA-B-115 steht im Gegensatz zu dem von Vendryes selber und im DIL I.e. angesetzten ^o-Stamm. Eigentlich '*Aufgeschüttetes', vgl. IEW: S. 263, wo aber das dafür angegebene Rekonstrukt lautlich unhaltbar ist und - wie hier geschehen - durch das von LEIA-D-133 ersetzt werden sollte. Der Ansatz eines vorsuffixalen *-n- bei IEW: S. 385ff. bzw. 386 ist eigentlich überflüssig.

„M. D. Binchy suggere comme sens d'origine 'chätre' (rac. *mel-), comme pour gerran 'cheval', litt6ralement 'chatre', de gerraid 'il coupe', d'oü les aeeeptions pejoratives de meile" (LEIA-M-29). 38 Aus *bhör-yo- „sur la rac(ine) verbale *bher- 'porter'" (LEIA-B-8). Für die IQ Semantik vgl. dt. Fahrt. Wenn es zu idg. *wei(z)- 'drehen, biegen' zu stellen ist, muß in IEW: S. 1121 sowohl die Bedeutung (d.h. eben 'Zaun' statt 'Rute') wie auch das unmittelbare Rekonstrukt in *wi-yä korrigiert werden (s. hier in § 6 die Tabelle der lautlichen Ergebnisse). 40 Denn „C'est le precede bien connu qui consiste ä tirer le nom de la peau et du cuir de verbes signifiant 'couper, fendre, etc.'" (Vendryes, LEIA-S-70f., hier 71). Wieder einmal ermöglicht uns im Laufe dieser Untersuchung die Semantik, die Wahl zwischen zwei schon früh parallel belegten Stammklassen eines Lexems zu treffen, hier zwischen der Dentalflexion, „solidement 6tablie ä date ancienne" (LEIA I.e.), und der _yä-Stämmigkeit, die mit der passiven Bedeutung besser im Einklang steht: Das richtige Rekonstrukt ist folglich *sek-yä, wie Pokorny es IEW: S. 895f. s.v. 2sek- 'schneiden' auch vornimmt, ohne allerdings auf die historischen altirischen Begebenheiten einzugehen. Weiteres zu diesem Wort in I.J (i) § a.3.4 und (ii) § 1.2. 41 Dazu ausführlich I.J in (ii) sub § 3.2.2, wobei aber die Verwendung von slige als '(via) strata' von derjenigen als VN 'smiting, slaughter' morphologisch zu trennen sein dürfte. Zum Motiv der getroffenen Entscheidung vgl. auch das in der vorausgehenden Anm. 40 Gesagte.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

207

5.3. Die Nomina agentis auf *-yo-s erscheinen nicht ausschließlich in verbalen Rektionskomposita, worauf schon Pedersen hingewiesen hatte 42 . Einige Simplicia sind in Tierbezeichnungen zu finden, vgl. die Maskulina reithe 'ram; battering ram' 43 und das als PN belegte, dehnstufige Däire ^Bespringer' 44 Im Falle von *log-yo-s (zu der auch in air. lingid bezeugten Verbalwurzel idg. *legwh- 'sich leicht, flink bewegen' 4 5 ), das noch in dem irischen FN Λογία 4 6 erhalten ist, wie auch in ako. loch ΔΠ

'

vitulus und in ky. llo, wurde die von T.F. O'Rahilly 1942lEriu 13: S. 154f. beschriebene Umstellung zu *loigos > air. löig bzw. loeg 'vitulus' sicherlich durch die Produktivität der ο-Stämme für Tierbezeichnungen 48

42

VGKS: II §§ 357 u. bes. 364.3(e). Vgl. auch Lambert 1995IEC 31: S. 302, der gall. Labrios (PN, Argenton-sur-Creuse) als ,410m d'agent" interpretiert und es in die Nähe des isofunktionalen PN air. Labraid (= labraid 'speaker') „du verbe labraid 'il parle"' stellt. Die Aufmerksamkeit auf diese Verwendung des Suffixes wurde in jüngerer Zeit von L. Breatnach 1983/Eri'w 34 gelenkt, der allerdings seine Beispiele nur aus den Komposita und aus den sekundären denominalen Ableitungen (so auch Russell 19&9/BBCS 36: S. 37f. für das Kymrische) rekrutiert. Irrig daher - und wegen des in diesem Paragraph vorgestellten Materials McCone 1995lEriu 46: „whereas in Old Irish agentive -e < *-(i)yos was confined to the second element of compounds" (S. 5). Unkomponierte Beispiele v.a. aus dem Nordgermanischen bieten Krähe/ Meid: III S. 70.

43

Zu „reth- 'courir'" bzw. idg. *ret- 'laufen, rollen', vgl. Lane bei LEIA-R18. Veraltet IEW: S. 326. Also *dhör-yo-s, vgl. IEW: S. 256. Nicht erfaßt dagegen von LEIA-D-13 s.v. dairid „il s'accouple (ä propos d'un taureau)". DIL-D-34f. IEW: S. 660. Man bemerke die regelmäßige Entwicklung des inlautenden idg. *gwlt > g in sämtlichen Beispielen. Mögliche, jedoch leider nicht ganz eindeutige Anknüpfungen bietet Holder: II Sp. 279f. (zu Logius vgl. jetzt aber auch Abascal Palazon 1994/NPILH: S. 49). Bei Ptolemäus, Geographia 11,2,8 = Ptol.(Nobbe): S. 66. „successivamente rideterminato in ambito cornico per mezzo della terminazione -ch, caratteristica di nomi di animali piü ο meno domestici" (vgl. die Diskussion bei DB St 1991/GS Evangelisti: S. 158). S. I.B in (ii) § 1.1.1.

44

45

46 47

48

208

Teil II: Derivation durch Suffigierung

bedingt 49 . Weitere Beispiele für primäre jo-Agensableitungen außerhalb der Komposition sind die schwundstufigen Maskulina gaile 'stomach' 50 und 1 caile 'maid, serving girl' (DBSt 1995/GS Kurylowicz: S. 432 in diesem Sinne als Epikoinon ""Herumgehende(r)' < *kwl(h)-yo-s51). Sowohl für Sachen wie auch für Personen wurde jenes maskuline äige „Stütze, Pfeiler" gebraucht 52 , das als dehnstufiges *päg-yo-s „*Festmacher, Zusammenfüger" analysiert wird und von mir in engeren Zusammenhang mit gall, aganntobo (Plumergat) gebracht wurde . Schließlich liegen Nomina agentis dieser Art auch einigen als Nomina instrumenti in Erscheinung tretenden Derivaten zugrunde: darunter Bezeichnungen für Schlaggeräte wie Idige 'spade; spear' 54 und 2laime 'axe' 55 . Außerdem ist 2meile 'a hand-mill, quern; the act of grinding' 56 aufgrund von Bedeutung, maskulinem Genus und der Existenz eines als 57 VN älteren und etablierten mleth 'grinding mit großer Wahrscheinlichkeit zu dieser Untergruppe zu stellen . CO

49

50

51

52 53 54

55

56 57 58

Ein Umstand, der weder O'Rahilly selber noch dem ihn teilweise kritisierenden Pokomy 1954IZCP 24: S. 116f. bekannt war. Aus *gl-yo-s zu idg. 2*gel- 'verschlingen', vgl. DBSt 1987/Son: S. 131 mit Literatur (s.v. neph-glidi· intonsi), 35 u. 50. Zu idg. 1 *k w el(9)- 'sich herumbewegen, fürsorglich um jemanden herum sein'. Zur ausbleibenden Realisierung der Laryngals vor -y- s. oben Anm. 33 und v.a. Anm. 97 im folgenden. Für die semantisch unmittelbar damit vergleichbaren lateinischen, griechischen und keltischen Verwandten sowie für die Geschichte des Wortes im Goidelischen vgl. DBSt 1995 a.a.O. DIL s.v. 2aige. Die ausführliche Diskussion bei DBSt 1997IZCP 49-50: § 6 S. lOlff. Das, wenn auch gelegentlich feminin gebrauchte, aus kelt. *lägyos hervorgegangene Lexem wird von Pokorny zu dem ansonsten nur im Griechischen belegten idg. *lagh- 'schneiden' (IEW: S. 652), von T.F. O'Rahilly 1942/ Eriu 13: S. 152f. dagegen zu dem auch ansonsten im Keltischen gut vertretenen idg. 2*pläk-, plag- 'schlagen' (IEW: S. 832f.) gestellt. Wenn mit Pokorny zu x*lem- 'zerbrechen' (IEW: S. 674) zu stellen, wird es aus *lm-yo-s hervorgegangen sein. LEIA-M-29 s.v. meile. Dazu DBSt 1987/Son: S. 130f. Anders jedoch DIL-M-81.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

209

5.4.1. Die Erzeugung von Nomina actionis, eine der beiden Hauptfunktionen des hier diskutierten primären Suffixes, erfolgt sowohl mittels des *-yo-m der Neutra wie auch des *-yä der Feminina 59 . Wie in § 5.1 grundsätzlich in bezug auf das Genus angedeutet, lassen sich beide Untergruppen auch hinsichtlich Bildungsweise, Verteilung oder gar Semantik nur schwerlich voneinander abgrenzen. Die Tatsache, daß „*-io-m [...] mehrheitlich in Abstraktbildungen zu komponierten Verben [erscheint], während *-iä hauptsächlich in Abstraktbildungen zu einfachen Verben belegt ist" 60 , heißt nämlich - diachronisch interpretiert nichts anderes, als daß zu dem Zeitpunkt, zu dem komponierte Verba entstanden waren, die ihr VN mit *-yo-m bildeten, die feminine Suffixvariante als Neuerung in das System der Simplizia eingeführt wurde: Das ursprüngliche VN-Morphem *-yo-m wurde also lediglich in seiner Primärfunktion durch *-yä erneuert und blieb am ehesten in der Sekundärfunktion erhalten 61 . Die Ableitungsbasis der Neutra, deren Untergruppe die ältere und nicht produktive ist, unterscheidet sich eher als diejenige der Feminina von dem Stamm des dazugehörigen finiten Verbums, sofern ihr überhaupt eins zur Seite steht. Wie auch aus den im anschließenden § 5.4.2 angeführten Beispielen für Konkreta hervorgeht, sind alle Stufen der Verbalwurzel dabei vertreten: vgl. mit o-Abtönung 2suide 'act of sitting; seat' 6 2 und dlugae, dluige 'splitting , mit e- bzw. Normalstufe lige 'lying

59

60 61

62

63

Zu der spezifischen Verwendung als Ableitungssuffix für VNa vgl. GOI: § 725 bzw. 726; ferner Air.Gr.: § 196.2. Vgl. die nützlichen Tabellen bei Ostrowski 1982/Seiler&Stachowiak: S. 46. Nach Kurylowicz IC: S. 11 „a split (differentiation) between μ\ taking over the primary function, and μ, still representing the secondary function, is a frequent (one might even say normal) phenomenon." VN von saidid, LEIA-S-7f. u. -S-200. Das in konkreter Bedeutung spezialisierte 4suide 'fuligo' (Fem.!) müßte, wenn als suide anzusetzen, eine erst nachträgliche, innerirische Dehnung der o-stufigen Wurzel aufweisen, vgl. jedenfalls LEIA-S-201. - Demgegenüber dürfte die e-Stufe derselben Wurzel noch in dem präfigierten Neutrum xairide 'front seat(s)' erhalten sein (anders u.a. DIL-A-212). VN von dlongid, vgl. DB St 1987/Son: S. 106 s.v. dluigid 'splits'.

210

Teil II: Derivation durch Suffigierung

down; bed, grave'64 und mit Schwundstufe mana 'sign, indication, omen65 sowie ggfs. das suppletive lluige 'act of swearing', oath'66. Auffällig ist die Bewahrung des präsentischen «-Infix in bine 'wrong f\7

/CO

doing, crime, offence , das somit - falls ursprünglich jo-stämmig , einer jüngeren Schicht angehören muß. Für die Feminina vgl. mit o-Abtönung tugae, tuige 'act of covering; cover; thatch; stramen'69 und guide 'praying; prex10 als VN von guidid, während die e-Normalstufe wieder in den Verbalnomina der komponier71 l ten Bildungen anzutreffen der Wurzel zeigen Ty ist ; Schwundstufe 1 / ^ aire 'act of guarding, notice' und vermutlich caire 'crime, fault"Allerdings stimmen innerhalb der fraglichen Untergruppe die allermeisten Ableitungsbasen mit dem Stamm des dazugehörigen finiten Verbums überο ein (vgl. caine 'act of weeping', fige 'weaving, plaiting', nige 'the act of washing'74 u.a.m.), und es ist anzunehmen, daß die Durchsetzung des 64 65 66

67

69 70 71

72

73 74

CCCG: S. 30, IEW: S. 659 und GPC s.v. ky. gwely 'bed; grave'. LEIA-M-16, < *mn-yo-m. D.h. wenn unmittelbar zu IEW: S. 687 2*leugh-, lugh- 'Eid, Schwur' und nicht erst vom Namen der Gottheit Lug (zum Verhältnis der beiden vgl. Koch 1992/9eCIEC mit früherer Literatur) abgeleitet. LEIA-B-51. DIL s.v. zufolge wird es nämlich als Maskulinum und als Femininum gebraucht. LEIA-T-167 und IEW: S. 1013. < *gwhodh-yä. Und in geis ./. guide·, vgl. IEW: S. 488 zu *gwhedh- 'bitten, begehren'; GOI: § 549 S. 355. o-stufige Feminina sind aber auch ky. gweddi 'prayer, supplication' und - mit Dehnung - gwawdd 'yearning' (GPC s.w.). Vgl. IEW: S. 818 zu 2E*per- 'versuchen, probieren'; LEIA-A-81f. und Mar Lo2: S. 210 u. 221f. Russells Vorschlag (1985/Επ'κ 36: S. 165f.), W e von der Präposition lar 'before, in front of' abzuleiten, setzt sich nicht mit der Interpretation von Marstrander und Pokorny auseinander. Darüber DB St 1987/Son: S. 93 s.v. Resp. als VN von cainid (LEIA-C-18f.), figid (i-Verb zu idg. *weg- 'weben, knüpfen', IEW: S. 1117; bemerkenswert die Weiterbildung mit stimmhaftem Dental - dazu II.A.2.2 sub 2 [Β] - im Akk.Plur. gall, veadia < *weg-ya-dyä auf einer Spinnwirtel aus Autun, von Meid 1980/GOL?: S. 24 mit „Aufwicklungen" übersetzt), nigid (LEIA-N-16f.).

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem

Halbvokal

211

Femininums bei den Verbalnomina mitunter durch jene Adjektivabstrakta begünstigt wurde, die wegen der Bedeutung ihres Grundwortes der Semantik eines Nomen actionis nahe standen, wie z.B. lluithe 'stammering' - luith 'stammering'75. 5.4.2. Bei einigen Konkreta ist die ursprüngliche Funktion als VN völlig 1 7Λ aufgegeben worden: so im Falle des Neutrums bile 'tree' , des redupli77

zierten Femininums tuthle 'gibbus; cancer' , von cuile 'storeroom, larder, pantry'78 und - mit o-Dehnstufe - von räithe 'period of three months, a quarter of a year'79. 6. Abschließend werden hier die lautlichen Entwicklungen der oben besprochenen jo-Derivate zu Ableitungsbasen auf Vokal - weil weniger übersichtlich - tabellarisch zusammengefaßt: 3

doe, noe, cuae, buae toe cle,fe

*Cowyo- (z.T. < *Cew-yo-) *Cawsyo*C(R)i-yo- bzw. -yä.

75 76

77 78

7Q

Oder auch jä-Abstrakta (II.A.2.2 sub 3) aus Adjektiva auf -ach und -car. Von Pokomy als *bhel-yo-m interpretiert (IEW: S. 122 zu 4*bhel- 'Blatt; üppig sprießen'). Übertrieben ist die Vorsicht von LEIA-B-50, denn sowohl die vortonige Vokalassimilation (nach DBSt 1994/ZCP 46 und 1995/FS Evans) wie auch ggfs. eine einzelsprachliche Dehnung vermag die gallischen Belege mit /-'Vokalismus der Wurzelsilbe zu erklären. Außerdem liegen den verschiedenen konkurrierenden Bezeichnungen im Altirischen wie auch sonst unterschiedliche Vorstellungen bzw. metaphorische Umschreibungen zugrunde (vgl. auch Buck DSS: Nr. 1.42 s.v. 'tree'). III.A.l sub § 1.2.2 besprochen. Maskulinum und Femininum, < *£ol-yo-(m?) zu 4*£e/- 'bergen, verhüllen': LEIA-C-269 und IEW: S. 553f. Das in historischer Zeit als Femininum flektierte Lexem wird ggfs. ein ursprüngliches Neutrum *röt-yo-m 'cursus' gewesen sein, kaum aber ein Maskulinum mit LEIA-R-5f. und DIL-R-7. IEW: S. 866.

212

Teil II: Derivation durch Suffigierung

2. Suffixe mit -m'1.0. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um das Suffix *-wo-/-wä, ΟΛ das - wie aus der indogermanischen Grundsprache bekannt - vielfach primäre partizipähnliche Adjektiva zu Verbalwurzeln bildet. Die äußerst geringe Durchsichtigkeit dieses Suffixes, das sich je nach vorausgehender οι Silbe unterschiedlich bzw. bis zum gänzlichen Schwund entwickelte , hemmte allerdings in historischer Zeit dessen Produktivität. 1.1. Ein übliches Beispiel dafür ist das im Keltischen symmetrisch gebildete Antonymenpaar air. beu 'living, alive' 82 « marb 'dead' 83 . Bei letzterem kann allerdings das Morphem *-wo- nicht ererbt sein 84 , oc

sondern muß auf einen sehr frühen Fall von Suffixersatz zurückgehen (die Substitution muß nämlich noch vor der gemeinkeltischen Vokalisierung der sonantischen Liquida stattgefunden haben). Dafür spricht zum einen die Semantik der übrigen goidelischen wo-Ableitungen , zum anderen die Tatsache, daß das Antonym 'lebend' eine gute Motivation für 07 den Ersatz des *-to- durch *-wo- in dem Wort für 'tot' lieferte ; da80 81

89

83

04

85 86 87

Hierzu Brugmann Grdr.2: II/l S. 202f. Näheres im folgenden sub §§ 5ff. Mit den jüngeren Formen beo (DIL-B-78ff.) und auch biu. LEIA-B-37 und IEW: S. 467ff. DB St 1987/Son: S. 128f. s.v. Λ Wie außer von Brugmann Grdr/: II/l § 338 S. 448 in neuerer Zeit von Hamp Χ9ΊΊΙΚΖ 91: S. 241 vertreten (zu den Gründen s. im folgenden). Prinzipiell zu diesem Ableitungsverfahren in III.B.l. Dazu im folgenden § 1.2. Eine weitere bereits grundsprachliche Parallele wäre das von Brugmann Grdr.2: II/l S. 202 sub (c) in diesem Sinne erklärte *defcs-wo- 'rechts' > air. dess 'dexter; right; convenient; south'. In Anbetracht des germanischen Gegenstücks *dekswos (u.a. Krahe/Meid: III S. 75) sowie der britannischen und gallischen Parallelen mit geneuertem Suffix *-ewo- bzw. *-ewo- (zu Λ den fraglichen Suffixvarianten in der Indogermania vgl. Brugmann Grdr. : II/l §§ 123-126, allerdings ohne keltische Beispiele), letzteres ggfs. in dem Stammesnamen der *Dexiuates (Billy ThLG s.v. Dexuiates) und auf jeden Fall als Femininum im Göttinnennamen gall. Dexsiua/Dexiua, ist es kaum befriedigend, für das Goidelische mit Vendryes LEIA-D-61f. ein „simple

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

213

gegen hätte in den Sprachen, die *-to- oder eine Kontamination beider Suffixe beim Wort für 'tot' zeigen, kein Grund für eine Kontamination von **-wo- mit *-to- bei einem vereinzelten Lexem vorgelegen, erst recht dann nicht, wenn beide Antony me von Anfang an mit *-wo- gebildet gewesen wären. 1.2. Die Bedeutung der mit dem Suffix *-wo- gebildeten Adjektive ist mit der bereits erwähnten Ausnahme von marb 'dead' - weitgehend präsentisch-aktivisch (nicht zuletzt in sanb „prompt, rapide"88 oder garb 'rough, coarse; rude' 89 ), wobei die in anderen Zweigen der Indogermania verbreiteteren Farbadjektiva dieses Typus 90 sich hierunter subsumieren lassen (neben 2bla 'yellow' 9 1 das auf die Grundbedeutung '*glänzend' zurückverfolgbare gle 'clear ). Q-Λ

88 89 90 91

92

*deks-o" zu rekonstruieren: Dagegen spricht außerdem der übliche Schwund von *w hinter einem konsonantischen Nexus (zuletzt DBSt FS Meid: § 1.2). Im übrigen liegt im Altirischen dieselbe bindevokalisch erweiterte Suffixvariante vor (dazu auch VGKS: II S. 15f.), mit der die gallobritannische Bildung erneuert wurde, in dem zum yo-/-yä-Sta.mm überführten tanae 'thin, slender': Näheres bei DBSt 1987/Son: S. 143f. s.v. Ob sich aber die Suffixerneuerung im Gallobritannischen aus dem Einfluß des Antonyms erklären läßt, wie Schrijver annimmt, der sich 1995/ StBCHPh: S. 331 (mit S. 262) ausschließlich auf das Britannische bezieht und die Rekonstruktion nicht in einen größeren Rahmen stellt, ist in Anbetracht der negativen Ausstrahlung (und daher häufigen Tabuisierung) des Lexems 'link-,-s' in der Indogermania zweifelhaft. Eigentlich '*sich beeilend', vgl. LEIA-S-24. Eigentlich '*hervorstechend\ vgl. DBSt 1987/Son: S. 116 s.v. Dazu Brugmann Grdr.2: II/l § 125; ferner Specht 1938IKZ 65: S. 200. Bzw. fläuus: Beide werden mit Recht von Vendryes LEIA-B-54f. auf *bhlö -wo-s zurückgeführt. Die größere Bandbreite der bezeichneten Farbe spiegelt sich wohl noch in den Substantivierungen bid 'green, lawn, level field' (Fem.) und 4bld 'enclosure; boundary (mark)' (Mask.); lautlich unhaltbar ist die Rekonstruktion von Olmsted bei LEIA-B-55, die **ball ergeben hätte. Für die Parallelableitung mit ro-Suffix, nämlich lblär '(of an animal) having a white spot on the forehead; grey's. II.A. 1.2 sub 2 §§ 1.1.4 und 1.4. GOI: S. 124; IEW: S. 432. Ferner DBSt 1987/Son: S. 47f. - Die Bedeutung 'bright' ist nach DIL-G-98 nur noch in Komposition belegt.

214

Teil II: Derivation durch Suffigierung

1.3. Die Schwundstufe der Wurzel scheint für die ältesten der wo-Verbaladjektiva charakteristisch gewesen zu sein93: Außer im wenig aussagekräftigen 94 marb 'dead' findet sie sich nämlich im archaischen sanb 'prompt' 95 wie auch in ard 'high above ground' 96 und dem bereits erwähnten garb 'rough, coarse; rude'. Bei set-Wurzeln ist in unmittelbarer Nähe des -w- tendenziell die jeweilige anit-Variante vertreten: so im ebenfalls schwundsutufigen beu 'living, alive' < gemeinkeit. *gwiwos, dessen ursprüngliche indogermanische Gestalt *gwi9-wo-s gewesen sein muß 97 . Dennoch enthalten viele dieser Ableitungen die Normalstufe der Wurzel 98 (darunter menb '(something) minute or small' 99 und auch lserb 'bitter', „Ursprüng(lich) wohl 'brennend, stechend'" 100 ), gelegentlich sogar mit Abtönung wie in borb 'foolish' 101 . 2.1. Selten sind die mit *-wo- gebildeten Substantiva, sofern es sich nicht um Substantivierungen des unter § 1 beschriebenen Ableitungstyps handelt. So beruht air. tarb 'bull' mit gall, tarvos auf einer Umstellung des 109 ursprünglichen *tawro-s, vermutlich nach dem nur noch im Gallobri-

94 95 96

97

go

99 100 101 102

Wie schon für die «-stämmigen, dazu I.E in (ii) § 1.1. Zu den Gründen s. hier oben § 1.1. Dazu § 1.2 mit Anm. 88. DBSt 1987/Son: S. 76f. Ky. hardd 'excellent, splendid, beautiful' könnte sich m.E. vom ursprünglichen ky. ardd 'ucheV (d.h. 'hoch', substantiviert als 'hill, highland') mit Übernahme des #h- vom Antonym ky. hagr 'ugly, repulsive' spezialisiert haben. Vgl. die in Anm. 82 zitierte Literatur. Der im ganzen parallele Einsatz der anit-Variante bzw. ggfs. Schwund eines Laryngals vor dem Halbvokal y wurde von DBSt 1987/Son: S. 47 anhand von air. daimid 'submits to; endures, suffers', •gainethar 'is bom' und dairid 'bulls' festgestellt (ibidem auch S. 103f. u. 116). Die ja auch für «-stämmigen Adjektiva recht früh eingetreten war, s. I.E in (ii) § 1.2. LEIA-M-37, IEW: S. 728f. Vgl. auch Ziegler 1994/SAiOI: S.206f. IEW: S. 1050. LEIA-S-90f. Zum Etymon im einzelnen III.A.l § 1.2.1.2.0. Vgl. IEW: S. 1083 und LEIA-T-31.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

215

tannischen erhaltenen Wort für 'Hirsch', nämlich *£r-wc>-103, wobei das dieser Gruppe nahestehende air. [ferb 'cow' ebenfalls mitgespielt haben wird 104 2.2. Zu den zahlreichen eindeutigen Substantivierungen gehören die Neutra 105 breö bzw. breo 'flame' (< '*das Aufwallende' 1 0 6 ) und das ursprünglich 'neck' bedeutende lfodb (> fadb)107 (< '*das Führende' 108 ), das Maskulinum eo bzw. 3 eo 'a yew; tree; stem, shaft' 1 0 9 , das Femininum bodb bzw. später Badb 'scald-crow', woraus 'Name of a war-goddess' 110 . Ebenfalls auf Substantivierung beruht das vom Keltischen fortgesetzte und wegen des bloßen *-u- im indogermanischen Vergleich archaischere *widwä (als feminine Thematisierung *wid!lu-ä 'die Alleinstehende') in air. fedb 'widow' 1 1 1 .

103

Dazu DB St 1987/Son: S. 152f. s.v. Als einzige Quelle für die Umstellung bei Brugmann Grdr.2: II/l S. 353. Zum Etymon s. die Diskussion in I.D.a (i) § 2.0. 105 Die Angaben von DIL s.v. breo differieren von denen bei LEIA-B-85. U.u. könnte scenb 'point, spike, thorn; pang' auch dazu zu rechnen sein (< *sken-wo- zu *(s)ken(d)- 'abspalten', IEW: 929f.?), d.h. falls es sich nicht um eine skandinavische Entlehnung handelt (Vendryes, LEIA-S-41). 106 5 132f. LEIA-B-85. Auch hier erscheint im übrigen die schwere Basis in ihrer schwundstufigen anit-Form. 107 · Dessen historische Bedeutung 'manubiae, exuviae' beruht auf späterem semantischem Wandel, daher ist die etymologische Rückführung IEW: S. 1115 überholt: s. im einzelnen Anm. 5 zu III.A.5 § 0 mit Literatur und auch Fleuriot DGVBr I s.v. abr. guodoc· gurgulio. Als *wod-wo-m zu W - 'führen' (IEW: S. 115f); für eine semantische Parallele ist auf lat. iugulum : iungere hingewiesen worden. 109 Aus einem „Farbadjektiv 'rötlich, bunt'", IEW: S. 297f. 110 IEW: S. 113f. stellt es, zusammen mit keltischen und germanischen Wörtern für 'Kampf', zur Verbalwurzel idg. l*bhedh- 'stechen, in die Erde stechen, graben'. 111 Die Rekonstruktion ohne Bindevokal wird bereits von DBSt 1990/FS Hamp: S. 33 vorgenommen und im einzelnen begründet (nicht zitiert von Beekes 1992/HS 105: S. 179f.). 104

216

Teil II: Derivation durch Suffigierung

2.3. Überhaupt sind die meisten Substantiva feminini generis; sie dienen 1 1Λ nicht so sehr dem Ausdruck „von Kollektiva u.dgl." , sondern ähneln eher Verbalsubstantiva, die bisweilen als Nomina rei actae fungieren. Dies vermögen die keltisch-hethitische Isoglosse 2serb 'theft' 113 wie auch selb 'ownership; property' zu illustrieren, das in jüngerer Zeit zu selbAD für das Nomen actionis und zu selbAE für das Nomen rei actae disambiguiert wurde 114 . Vgl. außerdem ldelb 'form, figure, appearance' 1 und möglicherweise auch credb 'shrinking, wearing away' 1 1 6 . 3. Gelegentlich hat sich das rekonstruierbare *-wo- lediglich aus der Thematisierung nominaler bzw. meist substantivischer Grundwörter ergeben, 117 wie im Falle von medb 'strong, intoxicating und vermutlich auch 1 118 derb 'sure, certain, fixed' . Auf das hohe Alter der wo-Weiterbil112

2 M-l So Brugmann Grdr. : II/l S. 199. „We have in the family of Hittite saru ['booty'], Old Irish serb [„ (fem.) 'theft' from *serwä"] and Welsh herw [„(masc.) 'raid; outlawry' from *serwo-"] an hitherto unknown Indo-European root *soru-, *serw-, preserved only in these two branches of Indo-European" (C. Watkins 1976/ Eriu 27: S. 116ff„ hier 119 bzw. 118). Wenn auch IEW: S. 1028 und teilweise LEIA-S-90 veraltet sind, versteht man dennoch nicht, warum es sich bei dem Rekonstrukt von C. Watkins nicht bloß um eine gemeinsame semantische Spezialisierung der von Pokorny IEW: S. 909f. dafür angesetzten Verbalwurzel 2*ser- 'sich rasch bewegen' handeln könnte, zumal zu den Bedeutungen von air. sind auch 'wanders through' und 'seeks for' gehören (vgl. DIL-S-245f. und LEIA-S-116f.). 114 LEIA-S-79f. und IEW: S. 898, < *sel-wä zu idg. 3*sel- 'nehmen, ergreifen'. Man bemerke, daß in diesem wie im vorhergehenden Fall das Kymrische eine maskuline o-stämmige Entsprechung aufweist. 115 LEIA-D-47; IEW: S. 194ff. s.v. 3del- 'spalten, schnitzen'. 116 LEIA-C-227; DIL-C-516 s.w. credba und credbad. 117 Dazu III.B.l § 7.2; ferner LEIA-M-27 und IEW: S. 707. 118 IEW: S. 214ff. und LEIA-D-54f. Vgl. femer die weder dort noch LEIA-D12 erwähnte, ausführliche Besprechung der semantischen Entwicklung „ferme comme un chene" bzw. 'wie ein Baum' durch Benveniste 1954 in PLL 1: S. 296-301 (= Kap. 24 § 8); ihm zufolge „On doit poser la base formelle comme I *der-w- II *dr-eu- avec le sens de 'etre ferme, solide, sain'", so daß es „n'est pas le nom 'primitif du chene qui a cree la notion

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

217

düngen weist die vor ursprünglichem *-u()# noch nicht eingetretene Hebung. 4.1. Als Überführungen in die .yo-Aya-Stämme sind neben dem Maskulinum air. be(i)the 'birch' 119 auch der feminine Flußname air. Berba „celle qui bouillonne" 120 < *bh er-w-ya (vgl. u.a. ky. ^berw 'boiling, turbulent' 121 ) und der von DBSt 1997/ZCP 49-50: § 3 S. 96ff. ganz analog erklärte Göttinnenname Banba < *gwn(H)-w-yä „die Weibliche" (Weiterbildung des im Kymrischen bewahrten, denominalen banw 'female, woman

1

) zu nennen.

1 ΛΛ

Möglicherweise in diese Gruppe gehört auch air. midba(e) ,,'moyenne' 124 [...] ou 'juste milieu'" , das sich mindestens genausogut < *medu-yoerklären läßt, als „avec un mot de la racine de benaid ['frapper, cou-

119 120 121 122

123

124

de solidite, c'est au contraire par l'expression de la solidite qu'on a design^ l'arbre en general et le chene en particulier" (a.a.O. S. 300 bzw. 301): Auf das Keltische angewendet würde dies aber implizieren, daß man das Adjektiv air. lderb (die dafür von DBSt 1990/FS Hamp: S. 31 angegebene Bedeutung ist zu verbessern, s. I.E in (i) § 3.1.1) als primär nicht nur von dem Substantiv air. daur· quercus (dazu ILA. 1.2 sub 2 § 4), sondern auch von *deru-o-s 'Eichen-' trennen müßte, dessen Femininform *derwä „fait en bois de chene" in derb 'vessel for liquids, pail' substantiviert vorliegt (LEIA-D-55 in der Folge von Pokorny). Man bemerke außerdem, daß auch auf dem Festland und in Britannien «-Erweiterungen des substantivischen α-Stammes belegt sind, die sich semantisch von der 'Eiche' nicht entfernt haben (dazu jetzt Wolf 1997/ZCP 49-50). Literatur dazu bei DBSt 1990/FS Hamp: S. 33. LEIA-B^Of. GPC s.v.; IEW: S. 132f. und 143ff. Darüber DBSt 1987/Son: S. 151 mit Literatur. Für kontinentalkeltische Parallelen des irischen Theonyms sowie für die früheren unbefriedigenden Deutungsversuche sei hier auf den im Text zitierten Aufsatz verwiesen. Kaum als unmittelbare ΗΌ-Ableitung zu rekonstruieren ist dagegen, trotz LEIA-M-6, evidentermaßen das yo-/-yä-stämmige Adjektivum madae 'vain, fruitless', das Pedersen VGKS: II S. 15 mit größerer Wahrscheinlichkeit als bindevokalisch interpretiert (**madwyo- hätte dagegen **madbae ergeben). Zum Etymon vgl. auch Fleuriot DGVBr: S. 224 mit Literatur. LEIA-M-50 s.v. mide 'milieu, centre'.

218

Teil II: Derivation durch Suffigierung

per']" zusammengesetzt 125 , zumal vom Grundwort auch im Keltischen 196 verschiedene «-stämmige Bildungen belegt sind 4.2. In anderen Fällen mag man einen Übergang in die i'-Stämme festzu197

stellen haben, manchmal sogar zur Bedeutungsdifferenzierung . Zum ersten Untertyp würde das Femininum luaith 'ashes, dust' gehören, falls es mit Pokorny als *lou-tw-i- im Sinne eines ursprünglichen „Waschmittel" zu interpretieren 128 und u.a. mit ky. lludw, Uudu 'ash(es), cinders' (Mask.!) zu identifizieren sein sollte ; das irische Lexem, für sich betrachtet, könnte genausogut die konkrete Anwendung eines Verbalsubstantivs *lou-ti-s darstellen. 5.1.0. Der Vergleich gesicherter Ableitungen mittels -wV(C)# untereinander ist nebenbei für die Feststellung der Lautgesetze ausschlaggebend, die 1 ΊΠ die Fortsetzung von idg. *-w- im Goidelischen bestimmt haben . 5.1.1. Es geht daraus nicht nur hervor, (α) daß *-W- hinter Liquida, dentalem Nasal und stimmhaften Dental in Form von air. -b(-) bestehen blieb 131 , sondern auch (ß), daß die erwähnte Fortsetzung an die Kürze der Wurzelsilbe gebunden war, wogegen idg. *-w- hinter schwerer Silbe

1 LEIA I.e.; daher auch die Ubersetzung als „average" und der Vergleich mit dt. Durchschnitt bei DIL-M-130. 126 Vgl. IEW: S. 706f. 127 Ein Beleg dieser Art in III.A.4 § 3.2.2. 128 1 7Q IEW: S. 692. DIL-L-221. S. aber die Einwände in H.A. 1.6 sub 1 § 4. Hierzu sowie zu den restlichen britannischen Formen vgl. GPC: S. 2218 s.v. lludw, lludu, &c. 'ash, ashes' mit der lautlichen Erklärung der Varianten in George GKK: S. 207 s.v. lusow, Hemon GIB2: S. 1828 s.v. ludu und die Alternativerklärung als Kompositum durch Hamp 1974täriu ι ^o 25: S. 257f.

131

Wie in allen vergleichbaren Abschnitten der vorliegenden Monographie wird hier von der sonstigen Diskussion der jeweiligen Lautgesetze zunächst Abstand genommen. Insbesondere muß relativchronologisch der Entwicklung *-nw- > -nb- die Assimilation *-nb- > -mb- (GOI: §§ 190 c und 207) vorangegangen sein, woraus dann -mm-, GOI: S. 94.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem

Halbvokal

219

und ansonsten identischem konsonantischem Kontext gänzlich schwindet 132 . Vgl. für (α) 133 - hinter l 1delb, selb-, - hinter r derb, garb, marb, lserb, 2serb, tarb; Berba\ - hinter η menb, sanb, scenb (?); Banba, - hinter d bodb, fedb, lfodb, medb, credb (?). Für (ß) dagegen hinter l meld bzw. 3mett 'pleasant, delightful' 134 und 1

hinter rard ; für die Stellung hinter d müssen wir auf die Evidenz u.a. von og. B i v a / d o n a s 1 3 6 zurückgreifen, wie auch von ky. hawdd 'easy, feasible; happy, pleasant' < *swädwV-, vgl. gall. Suaduilla; demgegenüber hat die Vereinfachung der schweren Silbe in dem entsprechenden weiblichen PN air. Sadb den Langvokal ergriffen: *swädwä > *swädwä137. 5.1.2. In anderen Kontexten sind wohl schon früher Verschmelzungen erfolgt: So resultierte aus vorausgehendem Velar plus suffixalem *-w- bereits gemeinkeltisch ein einfacher Labiovelar, vgl. ech 'equus' vs. gall. Epona GN, abrit. Epaüccu138 u.Verw. Daß die angesprochene Vereinigung nicht nur - wie üblicherweise erwähnt - Velare der palatalen Reihe ergriff 139 , zeigen ein Adjektiv wie 132 133 134

135 136 137

138 139

Diese Regel hatte ich in nuce bereits 1990/FS Hamp: S. 33 unterbreitet. Alle Belege etymologisch in den vorausgehenden Paragraphen behandelt. Nach LEIA-M-33f. wahrscheinlich < *meldu-o-/-ä, vgl. auch die Evidenz bei IEW: S. 718. Der gallische Stamm der Meldi (Billy ThlG: S. 106f.) rührt vermutlich aus einer anderen Erscheinungsform derselben Verbalwurzel mit unterschiedlicher Semantik, vgl. u.a. air. „destruction, ravage" (LEIA-M-33). Näheres dazu hier oben in § 1.3. Ziegler 1994/SAiOi: S. 98. Vgl. IEW: S. 1039f„ DB St 1990/FS Hamp: S. 36 m.Anm. 66 S. 41 und eadem 1989IIF 94: S. 227 (mit Hinweis auf J. Morris Jones, der als erster das kymrische Adjektivum durch die Dissimilation *swäd- > *swawdd- > *sawdd- erklärt hatte). DBSt 1991/ZCP 44: S. 45f. Zu air. tengae 'tongue' und ingen 'nail' vgl. DBSt 1990/FS Hamp: S. 35f. und 1987/Son: S. 146f. bzw. 122 s . w . Ferner II.A.5 § 1 bzw. I.J in (i) §

220

Teil II: Derivation durch Suffigierung

air. sesc 'dry, barren' nach Ausweis von ky. hysp140 und ein Substantiv wie crich• finis nach Ausweis von ky. crib 'crest, top, ridge; comb' 1 4 1 . Ein -b- resultierte im Irischen außerdem aus der unmittelbaren Verbindung des Sibilanten *-s- mit dem des Suffixes, wie nicht zuletzt air. oib 'vigour, prosperity, affluence; grace; beauty' 142 und auch air. feib 'as', der Dat.Sing. zu feb '(good) quality' 143 , erweisen. 5.1.3. Die Regel, daß sich eine Spur des ererbten *-w- am ehesten nach kurzer, nicht aber nach langer Silbe hält, trifft auch hinter Vokal bzw. hinter Halbvokal zu 1 4 4 : - vgl. *-IwV°,a > -eo (in beu, brio, eo, gleo 'fight, combat' 145 , reo 'a stripe, streak' 146 ) vs. *-iwV°' a > -ί (in dem z.T. indeklinablen x li 'lustre, glory, splendour' 147 ); - *-äwV'al48 > -du und später -6 (in emu 'enclosure' 149 und wohl auch 3 gno 'illustrious' 150 , 2bro 'dense mass; multitude, crowd' 151 und snäu

140 141 142

143 144

145

146

147

148

149 150

α.6. Zum Etymon im einzelnen III.A.l § 1.2.2. Vgl. LEIA-C-234f. und IEW: S. 619 u. 946. Aus *ois-wä nach T.F. O'Rahilly (zit. LEIA-O-15 s.v. oibel „etincelle"), wohl zu IEW: S. 299. Ferner LEIA-O-14 s.v. GOI: § 911 S. 563; IEW: S. 1174f. Alle Einträge ohne angegebene Bedeutung sind in den vorausgehenden Paragraphen behandelt worden. Nach Thurneysen 1936IZCP 20 < gemeinkeit. *gliwä („Aus 'anstürmen' ließen sich die keltischen Bedeutungen leicht gewinnen, und Feminina mit -wä sind hier ja bekannt", hier S. 367); anders als das Britannische, das obwohl adjektivisch - tatsächlich eine Femininform fortsetzt, scheint das Irische aber eher auf ein Neutrum hinzuweisen. S. auch I.J in (i) § a.4.3 und zu den zahlreichen Varianten DIL-G-101 s.v. gleo. DIL s.v. 'reo; vgl dazu Pokorny IEW: S. 807ff. und - skeptisch - Vendryes LEIA-R-25 s.v. riab „colons, trait colore, raie". IEW: S. 965 und GPC: S. 2192f. s.v. Hliw 'colour'. S. auch die Diskussion in I.K (i) § 2.1. In den verfügbaren Beispielen hat idg. *(C)RawV anscheinend erst *CräwV ergeben, d.h. ohne sich als langer Sonant in offener Silbe zu entwickeln. Noch unschlüssig DBSt 1987/Son: S. 42 (mit Literatur). IEW: S. 376ff.

Α. 1. Vorhistorische Suffixe: 1. mit anlautendem Halbvokal

221

'stream' 152 ) vs. *-äwV°>a (< idg. *-öwV°>a) > -& (in 2bld). Ähnlich wie hinter Langvokal ist das Ergebnis nach Diphthong: *-eiwV°"a > -e in gle und 3se 'a turn, bout' 153 . 5.2. Man bemerke schließlich, daß alle Belege vom Typ β bzw. nach schwerer Silbe, und so auch sesc, crich, oib und nicht zuletzt äess (sowie u.U. luaith), wieder einmal 154 die Nicht-Wirkung der Sievers-Edgertonschen Regel hinsichtlich des Halbvokals w im Goidelischen bezeugen.

151

152

1

Älter bräu (DIL-B-194f. sub b): Falls es mit LEIA-B-92f. und IEW: S. 476f. von dem nasalstämmigen Homonym (LEIA-B-92) zu trennen ist, dürfte aber die irische Form am ehesten *gwrs-wo- widerspiegeln. IEW: S. 971 f. LEIA-S-153. DIL s.v. W Die guten kymrischen Parallelen und klaren lautlichen Verhältnisse lassen Λ

154

Vendryes' Skepsis (LEIA-S-59 s.v. se) etwas übertrieben erscheinen. Vgl. diesbezüglich die ersten Ergebnisse von DBSt 1987/Son: S. 47ff. u. 50 und 1990/FS Hamp: S. 37.

II.A.l. Die vorhistorisch identifizierbaren Suffixe: 2. mit anlautender Liquida

1. Suffixe mit -/1.0. Wenn auch das Keltische nicht zu den Zweigen des Indogermanischen zählt, in denen /-Formantien zur Bildung morphologischer Kategorien verwendet wurden1, finden wir dennoch nicht zuletzt im Goidelisehen eine reiche Anzahl von Derivaten deverbaler Natur mit *-lo- . 1.1.0. Selbst der älteste Typ, nämlich die noch als Adjektiva fungierenο den Ableitungen mit bloßem *-lo- aus indogermanischen Verbalwurzeln, ist gut vertreten. In lmael 'crop-headed, shorn; hornless' 4 und in coilmacer; exilis (später cäelf tritt jene medio-passive Bedeutung zutage, die zum Verständnis der armenischen Partizipia postuliert werden muß6, während 2άΙ 'timid, fearful, afflicted' 7 und 1düal 'that which belongs or

Λ

4

5 6 7

Vgl. Stempel 1983/IVA: S. 40ff. mit Diskussion sowohl der armenischen wie auch der slavischen und tocharischen infiniten /-Verbalformen und älterer Literatur zum indogermanischen Hintergrund. Keine funktionsmäßige Unterscheidung erfolgt in VGKS: II S. 53ff. Die also im Unterschied z.B. zu sei 'a turn' (< *swi-lo-s 'der Biegende/Gebogene', LEIA-S-77 und IEW: S. 1041) noch nicht substantiviert worden sind. < *mai-lo-s 'abgehackt' nach IEW: S. 697; vgl. auch LEIA-M-6f. Als Fälle von innerer Ableitung (s. dazu Teil III, Kapitel A.5) können 2mael „(f.) 'cranio' nach lat. calvus : calva" (Campanile bei DBSt 1990/FS Mac Eoin: S. 102) und das Namenelement 1 Mael angesehen werden, vgl. DIL-M-18ff. LEIA-C-6 und IEW: S. 610. Vgl. Stempel 1983/IVA: S. 45. Zu idg. *agh- 'seelisch bedrückt sein, sich fürchten' (IEW: S. 7f.), woraus ebenfalls air. -ägor 'ich fürchte', vgl. LEIA-A-58.

A.l. Vorhistorische Suffixe: 2. mit anlautender Liquida

223

is proper'8 auch auf dem Hintergrund der in der Indogermania häufigeren aktiven Bedeutung verstanden werden können. 1.1.1. Als eines der zu den /-Stämmen übergegangenen altirischen thematischen Adjektiva 9 innerhalb dieser Wortbildungsreihe läßt sich ldil 'dear, beloved, precious, profitable' 10 erklären11. 1.2. In der Mehrzahl der Fälle sind im älteren Irischen /o-Nomina agentis 12 wie in der sonstigen Indogermania zu Konkreta geworden 13 : Zum

9 10

11

12

Dafür rekonstruiert Pokorny, Strachan folgend (vgl. LEIA-D-208), eine Vorform *dhugh-lo- zur Verbalwurzel idg. *dheugh- „berühren (sich gut treffen), drücken, ausdrücken, melken, reichlich spenden" (IEW: S. 271). Obwohl gr. τυγχάνω und dt. taugen ebenfalls aus dieser Wurzel hervorgegangen sind, kann man sich aus semantischen Gründen genausogut der Rekonstruktion *dofc-lo- zu idg. ^*deic- 'nehmen, aufnehmen' anschließen (K.H. Schmidt, Vorlesung), zumal „Aus der Bed. 'annehmen, gern aufnehmen' fließt die Bed. 'gut passend, geeignet, sich schicken, ziemen [...]'" (IEW: S. 189f.). Vgl. auch LIV: S. 129f. bzw. 93ff„ allerdings ohne Erwähnung der keltischen Derivate. S. auch I.D in (ii) § 4.2.2.1, A.4 § 3.2.1 und A.5 § 4.2. Von Vendryes 1912/FS Meyer: S. 289f. mit lat. duenos, später bonus, in Verbindung gebracht; dem von ihm rekonstruierten, lautlich erforderlichen „prototype *dveli-" hätte somit ursprüngliches *dwe-lo- zugrunde gelegen. Die Varianten duliu bzw. dulem der lautgesetzlichen Steigerungsformen air. diliu (Kompar.), dilem (Superl.) werden dabei von Vendryes I.e. auf die „action combinee de la liquide et du v" zurückgeführt (skeptisch dazu DBSt 1990/FS Hamp: S. 37). Eine weitere Anschlußmöglichkeit zitiert LEIA-D82, wogegen der von O'Rahilly 1950/Celtica 1: S. 369 nicht vertiefte Anschluß an ldela 'teat' kaum überzeugend ist. Demgegenüber ist das unpersönlich mit der Copula gebrauchte äil 'it is desirable, meet, proper' sowohl nach Ansicht von DIL-A-114 wie auch von LEIA-A-30 nicht von äil 'asking, request, wish' zu trennen (dazu im folgenden sub § 2.2 und ausführlich in II.A.2.3 sub 2 [Α]). Der getrennte Ansatz in IEW: S. 788 könnte sonst allenfalls in der modifizierten Form *päg-lo- - *(p)a(g)li- (nur letztere bei Brugmann Grdr.2: II/l S. 383 § 279), etwa 'sich fügend', aufrecht erhalten werden. Nicht erwähnt bei McCone 1995/Er/w: S. 46.

224

Teil II: Derivation durch Suffigierung

menschlichen Körper zählen bei 'lip; mouth' 14 , das feminine deil 'teat, dug' 15 und z.T. auch füal 'urina; water' 16 . Ebenfalls zum Naturreich gehören ιάΙ 'brood, litter' 17 und sil 'seed' 18 , lael 'lime, chalk' 19 und gual ΊΟ 'charcoal, coal' sowie das wie letzteres als Maskulinum und Femininum flektierende doel 'beetle' 21 . Weitere99 Derivate dieses Typus sind in den Nomina instrumenti täl 'ascia' und v.a. dem ins Germanische (u.a. dt. Gabel) entlehnten air. gabul 'fork' 23 erhalten. 2.1. Die Femininvariante dazu liegt in agentivischen /ä-Bildungen vor, die häufig als Nomina actionis fungieren, wie z.B. in ciall 'sense, intelli-

13

14

15 16 17

Vgl. Brugmann Grdr.2: II/l § 265 S. 373 („oft sind Geräteschaften als handelnde Subjekte vorgestellt"). Als Ableitungsbasis plausibel ist „une racine qui serait de forme *gwet- et signifierait 'parier' ou 'enfler, gonfler' [IEW: S. 480f. bzw. 481]" (LEIA-B29). Ursprünglich also '*die Säugende', s. das Rekonstrukt in II.A.1.7 sub 1 § 2. < *wogw-lo-s, in etwa '*der Benetzende', vgl. IEW: S. 1118. < *ag-lo- (etwa '*der Getragene') nach LEIA-A-58, während IEW: S. 7 es zu idg. *agfl- 'trächtiges Tier' stellt.

1 Q

19

20 21 22

< *se-lo-m, „une formation en -lo-, ä la maniere [...] des participes [...], de la rac. *se- 'semer'": LEIA-S-108f.; IEW: S. 889ff. Zu idg. 4*ai- 'brennen' (IEW: S. 12); die nicht ohne weiteres nachvollziehbare Skepsis von Vendryes LEIA-A-20 mag sich auf das Rekonstrukt mit Dentalerweiterung der Wurzel (*aidh-lo-, IEW: S. 12) bezogen haben. IEW: S. 399. LEIA-D-135: „ce serait la 'brillante', *doi-lä"·, ebenso IEW: S. 183ff. Von den beiden von DBSt 1992/ZCP 45: S. 92 Anm. 13 angebotenen Korrekturen neuerer Rekonstrukte verträgt sich nur dehnstufiges *töks-lo- mit den hier im folgenden § 5 herausgearbeiteten lautlichen Regelmäßigkeiten, das im übrigen ebenso von Pokorny IEW: 1058f. und LEIA-T-21f. angesetzt wird. Lautlich überholt ist auch Hamp 1996/EC 32: S. 88. < *g ab -lo-s zur Verbalwurzel idg. *g ab - 'fassen, nehmen' „with the meaning 'he who grasps, he who seizes' (> 'fork')" nach DBSt 1992JZCP 45: S. 91 ff. (hier 93), worauf für die Beweisführung im einzelnen hier verwiesen sei. I

I

Im

L

A.l. Vorhistorische Suffixe: 2. mit anlautender Liquida

225

gence, mind' 2 4 und vermutlich in lbüal 'water' 25 ; air. mebul bzw. mebal 'a cause of shame, a disgrace' wird ebenfalls in diesem Sinne interpretiert 26 Dieser Untertyp ist im Goidelischen allerdings längst nicht so verbreitet wie im Britannischen, was nicht zuletzt aus den britannischen Entspre27 chungen zu den in § 1 genannten Etyma hervorgeht . 2.2. Substantiva auf *-lä konnten durch den Ausgang ihrer Obliqui wiederum leicht zur /-Deklination übergehen 28 , und so sollten v.a. Derivate wie duil 'fondness, desire oder ail 'disgrace, reproach; act of reproaching' , die also funktionsmäßig an die Gruppe der VN angrenzen, betrachtet werden. Auf die erst mittelirisch produktive Gruppe der Nomina actionis bzw. VN auf -ä(i)l wird ausführlich in Π.Α.2.3 sub 2 [Α] eingegangen.

24

25

26 27

28 29

LEIA-C-93f., IEW: S. 636f„ DIL-C-174ff.: zu idg. *kwei-s- 'worauf achten'. Die von LEIA-B-109 und IEW: S. 161 rekonstruierte Vorform *bhog-lä läßt sich, zusammen mit dem verwandten Bach und einigen Benennungen der „Welle", nach Pokorny weiterhin auf idg. *bheg- 'zerschlagen, zerbrechen' zurückführen, wozu auch H. Zimmers Beobachtung paßt, „dass bual nie 'Wasser im Allgemeinen' bezeichnete, sondern concret das 'fliessende Bachwasser'" (1897/ZCP: S. 98). Für die Annahme einer Rückbildung (dazu Teil III, Kap. B.2) aus büalad 'bathing, healing' scheinen mir keine triftigen Gründe vorzuliegen. Zu *membh- 'tadeln' nach IEW: S. 925 und LEIA-M-26. Vgl. auch Meillet 21922/DIE: S. 115, der auf keltische „infinitifs en -/-, notamment en Breton" hinweist, mit denen sich ausführlich Ernault 1899IZCP 2: S. 513ff. befaßt. S. I.C in (i) § 4.2 und III.A.4 § 3.2.2. Zu derselben Schwundstufe *dhü- wie in gr. θυμός, vgl. IEW: S. 261 ff. und LEIA-D-215. Indogermanische Vergleiche (IEW: S. 8) weisen auf eine Ableitung *agh-lV- hin, die einen Langvokal erwarten ließe: LEIA-A-29. Es stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zu dem oben in Anm. 11 erwähnten äil 'asking, request'.

226

Teil II: Derivation durch Suffigierung

3. Sofern deverbaler Natur, entspricht die Ableitungsbasis der lo/lä-Dtnvate zumeist der Normalstufe einer indogermanischen Wurzel, und zwar nicht selten mit o-Abtönung. Es existieren außerdem agentive Sachbezeichnungen auf *-lo- und VNähnliche Abstrakta auf *-lä, die nicht unmittelbar deverbal sind: vgl. 1 "λ 1 0 1 resp. mäl 'eminent person, prince, chief und fuel 'wolf bzw. ιtoll 'elatio, arrogantia

.

4. Als Sekundärformans mit Zugehörigkeitswert (vgl. u.a. gall. TeutaLUS34), aus dem - nach einem üblichen Muster - ebenfalls die aus IS

der Indogermania bekannte Deminutivfunktion hervorging, erscheint im Keltischen weitgehend eine bindevokalische Variante des fraglichen Suffixes in Form von *-alo-, die u.a. an heth. -ala- erinnert Λ /.• 5. Festzuhalten sind schließlich die lautlichen Veränderungen, die durch das Aufeinandertreffen von Konsonant + -LO-/-Ä hervorgerufen wurden 37 : *-aklo-

> -