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German Pages 262 Year 2006
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1040
Neue kommunale Finanzierungsmodelle und Zukunftsgerechtigkeit Zugleich ein Plädoyer für den Schutz nachfolgender Generationen
Von Björn Hamilton Reinhardt
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
BJÖRN HAMILTON REINHARDT
Neue kommunale Finanzierungsmodelle und Zukunftsgerechtigkeit
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1040
Neue kommunale Finanzierungsmodelle und Zukunftsgerechtigkeit Zugleich ein Plädoyer für den Schutz nachfolgender Generationen
Von Björn Hamilton Reinhardt
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-12159-7 978-3-428-12159-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Für meine Eltern und Großeltern
„Allgemein gesagt ist jede parlamentarische Demokratie auf einem Strukturproblem aufgebaut, nämlich der Verherrlichung der Gegenwart und der Vernachlässigung der Zukunft.“ Bundespräsident a. D. Dr. Richard von Weizsäcker (Holger/Meaendler/von Kimakowitz, Die Herausforderung der Zukunft: Deutschland im Dialog – ein Appell der jungen Generation, Berlin 1998, S. 53.)
Vorwort Zum Gelingen dieser Arbeit haben viele Menschen auf unterschiedliche Weise beigetragen und ich danke ihnen allen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Georg Hermes für die sowohl fachlich als auch persönlich ausgezeichnete Betreuung meines Dissertationsvorhabens. Weiter bin ich Herrn Professor Dr. Joachim Wieland, LL.M. für eine zügige Zweitkorrektur und damit verbundene wertvolle Hinweise zur finanzwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdebatte zu Dank verpflichtet. Darüber hinaus danke ich den Mitarbeitern der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden der Bundesländer für ihre Hilfsbereitschaft beim Auffinden der aufsichtsrechtlichen Ansichten und Herrn ref. iur. Marc Schriever, der mich bei den Recherchen für diese Dissertation unterstützt hat. Mit wertvollen Informationen bereichert haben die vorliegende Arbeit Frau Regierungsdirektorin Elke Kallenbach, Bundesministerium der Finanzen, und Herr Abteilungsdirektor Josef Oelschläger, Landesbank Hessen-Thüringen. Beiden gilt mein Dank. Schließlich danke ich sehr herzlich meinen Eltern für ihre Unterstützung, ohne die diese Dissertation nicht entstanden wäre. Meinen Eltern und Großeltern ist diese Arbeit gewidmet. Die sich aus dem Grundgesetz und den Landesverfassungen ergebende Ordnung sichert jedenfalls durch positiv-rechtliche Normierungen den Schutz der Gestaltungsspielräume nachfolgender Generationen nur eingeschränkt. Dies gilt zuvörderst für den Bereich der Finanzverfassung. In der Konsequenz werden derzeit auch kommunale Finanzierungsmodelle, welche Handlungs- und Entscheidungsspielräume nachfolgender Generationen erheblich einschränken, teilweise ohne weiteres als zulässig erachtet. Die vorliegende Ausarbeitung vertritt insbesondere unter Heranziehung der Wirkungen des Nachhaltigkeitsgrundsatzes eine kritischere Rechtsauffassung. Sie stellt bewusst ein Plädoyer für den Schutz nachfolgender Generationen auch hinsichtlich des Einsatzes kommunaler Finanzierungsmodelle dar. Es würde mich freuen, wenn die hierdurch aufgeworfenen Fragestellungen in der kommunalen Praxis verstärkt Berücksichtigung und kritische Beachtung fänden. Frankfurt am Main, im Februar 2006
Björn Hamilton Reinhardt LL.M. (Leicester)
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Untersuchungsgegenständliche Finanzierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fokussierung auf unter Finanzierungsgesichtspunkten abgeschlossene Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fokussierung auf Finanzierungsmodelle mit praktischem Bezug und wesentlichen strukturellen Unterschieden zu traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fokussierung auf die rechtlichen Wirkungen der Finanzierungsmodelle . .
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle und ihre Bewertung in der Aufsichtspraxis und in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle sowie strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen und den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kommunale Leasingfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bindung an den Vertrag für die Dauer der Grundmietzeit . . . . bb) Übernahme des materiellen Investitionsrisikos . . . . . . . . . . . . . . cc) Übernahme des Verwertungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beschränkung der kommunalen Dispositionsfähigkeit . . . . . . . . c) Vergleich mit traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen . . aa) Grundstruktur und Wirkungen einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundstruktur und Wirkungen einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vergleich mit einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunale Leasingfondsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln . . .
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33 33 34 38 38 38 39 39 39 39 41 45 46 49 49 50 52 53
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Inhaltsverzeichnis
3.
4.
5.
6.
d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunales Sale-and-lease-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln . . . d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunale US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zahlungsverpflichtungen der Kommune aufgrund des Rückmietvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinbarungen bei Verlust des Leasinggegenstandes und weitere Regelungen über Vertragspflichtverletzungen . . . . . . . . . . . cc) Herausgabe des Leasinggegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellung zusätzlicher Sicherheiten bei Änderungen der finanziellen Rahmenbedingungen der Kommune . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Pflicht zur Instandhaltung des Leasinggegenstandes . . . . . . . . . ff) Verfügungsmöglichkeiten über den Leasinggegenstand . . . . . . . c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln . . . d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich mit dem Einsatz von kommunalen Eigenmitteln . . . . . . . d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . e) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussfolgerungen aus dem Vergleich der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle mit den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Teilweise Abkoppelung der kommunalen Finanzierungsmodelle von einer konkreten kommunalen Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilweise erhebliche Abweichungen hinsichtlich der rechtlichen Struktur der Finanzierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abweichungen hinsichtlich der Eigentümerposition bei der Investitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abweichungen in Bezug auf die Risikostruktur . . . . . . . . . . . . . c) Teilweise erhebliche Einschränkungen der kommunalen Handlungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einschränkungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen . . . . .
53 53 54 54 56 56 57 58 59 60 64 64 65 66 67 67 67 68 69 71 74 75 77 78 78 79
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Inhaltsverzeichnis bb) Einschränkungen aufgrund des Mangels an Eigentümerrechten oder Verlusts der Eigentümerposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der zeitliche Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen . . . . . . . . . II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das kommunale Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle in der Aufsichtspraxis der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden ausgewählter Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kommunale Leasingfinanzierung und kommunale Leasingfondsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leasingfinanzierung als mindestens ebenso günstige Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leasingfinanzierung als wirtschaftlichste Finanzierungsform . . cc) Vorhandensein von finanzwirtschaftlichen Vorteilen sowie Vorteilen für die Aufgabenerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Risikoabsicherung der Kommune . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sicherstellung der kommunalen Aufgabenerfüllung . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kommunales Sale-and-lease-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Generelle Unzulässigkeit der Sale-and-lease-back Transaktion . . . . b) Zulässigkeit der Sale-and-lease-back Transaktion in Abhängigkeit von einer Investition in den Leasinggegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kommunale US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genehmigungsfreiheit von US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigungsbedürftig- und Unzulässigkeit von US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genehmigungsbedürftig- und Genehmigungsfähigkeit von USLease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Landesregierung . . bb) Beurteilungsmaßstäbe anderer Oberster Kommunalaufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis a) Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Generelle Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Genehmigungsfreiheit unter bestimmten Bedingungen . . . . . . . 107 b) Spekulationsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Beschränkung der zulässigen kommunalen Vertragspartner . . . . . . . 108 e) Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Die aufsichtsrechtliche Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Kommunale Leasingfinanzierung und kommunale Leasingfondsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Kommunales Sale-and-lease-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Kommunale US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . 112 V. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen hinsichtlich der Fortentwicklung der Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt für die Frage der Zulässigkeit und der Ausgestaltung von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Die These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . 121 a) Die Beschränkung gesetzgeberischer Dispositionen auf die Amtsperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Kritik an der These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen . . 122 aa) Der Funktionswandel des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Der Regelungsgehalt des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG . . . . . . . . 123 2. Die These der Demokratie als Synonym für Zukunftsoffenheit . . . . . . 124 a) Die Eignung der These der Demokratie zur Begründung einer Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Die These des mit dem Demokratieprinzip einhergehenden staatsschuldenrechtlichen Erdrosselungsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Der Rückschluss vom Prinzip der personellen Diskontinuität auf eine Diskontinuität des Gestaltungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Der Gestaltungsauftrag der Volksvertreter als vom Prinzip der personellen Diskontinuität unabhängige Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . 128
Inhaltsverzeichnis aa) Die Bestimmung des Inhaltes des Gestaltungsauftrages des Volkes – die Notwendigkeit weit reichender Dispositionen zur Erreichung grundlegender Staatszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Spannungsverhältnis zwischen personeller Diskontinuität und weit reichendem Gestaltungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Spannungsverhältnis zwischen notwendigen Vorwegdispositionen und prinzipieller Zukunftsoffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Maß der notwendigen Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aus dem Demokratieprinzip resultierende Begrenzungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Möglichkeit der Begrenzung von Vorwegdispositionen anhand der Wirkungen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als Orientierungspunkt für die Frage der Begrenzung von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die jüngere Entstehungsgeschichte der Norm – die heutige Fassung des Art. 115 GG im Kontext und als Folge der Finanzverfassungsreform von 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kreditbegrenzung im Staatshaushalt durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG vor dem Hintergrund der Kontroverse über das Entstehen von Zukunftslasten durch eine kreditäre Staatsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . a) Die finanzwissenschaftliche Lastverschiebungsdebatte . . . . . . . . . . . aa) Die Negation von Lastverschiebungseffekten durch die „Neue Orthodoxie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Im Widerspruch zur „Neuen Orthodoxie“: Der Nutzenansatz und der Wachstumsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Nutzenansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Wachstumsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die heute vorherrschende Position in der Finanzwissenschaft . . b) Die Einordnung der Wirkungen von Kreditfinanzierungen des Staates durch die Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Systematik des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kreditaufnahmeregelung in der wirtschaftlichen Normallage – die Kreditbegrenzungsregel des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG und deren Zusammenwirken mit Art. 109 Abs. 2 GG . . . . . . . . aa) Die Bindung der haushaltsjährlichen Kreditaufnahme an das Volumen der Investitionsausgaben durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das verfassungsrechtliche Junktim zwischen Investitionsund Kreditsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis (2) Die Schlüsselfunktion des Investitionsbegriffs im Rahmen der Begrenzung staatlicher Kreditaufnahmen für den Fall der wirtschaftlichen Normallage und seine Definition durch den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Über Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG hinaus zu beachtende Begrenzungswirkungen – die Bindung der gesamten Haushaltswirtschaft an das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht durch Art. 109 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kreditaufnahmeregelung im Falle einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – der Kreditentgrenzungsmechanismus des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Überwindung des verfassungsrechtlichen Junktims im Falle einer extremen Haushaltsnotlage eines Bundeslandes – die Rechtsauffassung des BerlVerfGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Orientierungsgehalt des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG für die Frage der Begrenzung von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Frage der Geeignetheit der verfassungsrechtlichen Kreditaufnahmevoraussetzungen in der wirtschaftlichen Normallage zur Erfüllung der Begrenzungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Schwäche des einfachgesetzlichen Investitionsbegriffs . . . (1) Die inkohärente Gliederungskonzeption des Investitionsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die ungenügende Orientierung am Gedanken des Lastenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der Mangel an Regelungsgehalt hinsichtlich der sich aus Art. 109 Abs. 2 GG ergebenden Grenzen staatlicher Kreditaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die mögliche Überwindung der Schwäche des Investitionsbegriffs durch dessen verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Fokussierung der Kreditbegrenzungsregel auf die Neuverschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Problematik der Zweckbestimmung staatlicher Kreditaufnahme für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – die Abkehr vom Prinzip der Zukunftsbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die zusätzliche Aufweichung des Prinzips der Zukunftsbegünstigung durch das Urteil des BerlVerfGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zusammenfassung der Defizite des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG unter dem Gesichtspunkt des Lastenausgleichs zwischen den Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis bb) Schlussfolgerungen in Bezug auf die durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkte Lastenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aus der durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkten Lastenverteilung zu ziehende Rückschlüsse auf die durch die Norm gesetzten Grenzen von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz als Orientierungspunkt für die Frage der Begrenzung und Ausgestaltung von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Historie des Nachhaltigkeitsgrundsatzes und dessen bisherige rechtliche Positivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Historie des Nachhaltigkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nachhaltigkeit als Grundsatz der Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . bb) Die Entwicklung des Nachhaltigkeitsbegriffs in der internationalen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes im europäischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art. 6 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Art. 174 Abs. 1, 3. Spiegelstrich EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa . . . . c) Bezugnahmen auf den Begriff der Nachhaltigkeit im nationalen einfachen Recht – „nachhaltig“ als Legalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 1 Nr. 1 BWaldG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 1 Satz 1 BBodSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 1 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Planungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Konnex zwischen Nachhaltigkeitszielen des Umweltrechts und der Ökologie sowie die Einordnung des Nachhaltigkeitsbegriffs des Planungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die generelle Konzeption des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes a) Die Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes . . aa) Ökologie, Ökonomie und Soziales als Dimensionen der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Bezugnahme auf intergenerationelle Aspekte . . . . . . . . . . . (1) Nachhaltige Entwicklung als generationenübergreifender Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Intergenerationeller Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Globalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis dd) Normativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Staatsverschuldung als Teilaspekt allgemeiner Nachhaltigkeit . . . . c) Die finanzwissenschaftliche Rezeption von Nachhaltigkeitsaspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Konzept der „fiscal sustainability“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Konzept des „generational accounting“ . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezugnahmen des Art. 20a GG auf den ökologischen Teilbereich des Nachhaltigkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Regelungsgehalt des Art. 20a GG – insbesondere die Bezugnahme auf die „künftigen Generationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Konnex zwischen Art. 20a GG und dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Frage der Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes über das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG . . aa) Die Qualifizierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes als konstituierendes Element der Rechtsstaatlichkeit . . . . . . bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes als Bestandteile des Demokratieprinzips sowie der Regelungen über die Staatsverschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strukturgleichheiten in Bezug auf die Direktiven des Demokratieprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strukturgleichheiten in Bezug auf die Regelungen über die Staatsverschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Strukturgleichheiten zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20a GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Strukturgleichheiten zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsequenzen aus der verfassungsrechtlichen Inkorporation des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Rahmen des ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes bereits entwickelte Kriterien zur Operationalisierung der Zielsetzung . . . . aa) Umgang mit natürlichen, sich erneuernden Ressourcen . . . . . . (1) Koppelung der Abbaurate an die Regenerationsrate . . . . . . (2) Vorausschauende und strikte Planung der Bewirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umgang mit natürlichen, sich nicht erneuernden Ressourcen . .
184 184 184 187 188 190 191 192 192 193 195 196 196 197
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Inhaltsverzeichnis cc) Allgemeine Kriterien in Bezug auf umweltbezogene Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Besondere Sensibilität in Hinblick auf Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Dauerhaftigkeit der mit Vorwegdispositionen verbundenen Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Umgang mit Risiken von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . (1) Reversible Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Irreversible Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Risikoverteilung zwischen den Generationen . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Übertragbarkeit der Kriterien der Grundkonzeption der ökologischen Nachhaltigkeit auf die Finanzierungsaktivitäten des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen hinsichtlich der bei nachhaltigen Finanzierungsaktivitäten des Staates zu berücksichtigenden Kriterien . . . . . aa) Umgang mit dem Vermögen einer Gebietskörperschaft . . . . . . . bb) Vorausschauende und strikte Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Besondere Sensibilität in Hinblick auf Vorwegdispositionen . . dd) Dauerhaftigkeit der mit Vorwegdispositionen verbundenen Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Umgang mit Risiken von Vorwegdispositionen . . . . . . . . . . . . . . (1) Reversible Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Irreversible Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Risikoverteilung zwischen den Generationen . . . . . . . . . . . . (4) Neutralisierung von Risiken mittels deren Versicherung . . E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle anhand der gewonnenen grundgesetzlichen Orientierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der rechtliche Konnex zwischen der bundesverfassungsrechtlichen Orientierung und dem Kommunalverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Homogenitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. 115 GG vergleichbare oder mit dieser Norm identische Regelungen in den Landesverfassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kommunale Leasingfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualifizierung als Vorwegdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen an den Prozess der Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . 3. Dauerhaftigkeit der mit der Disposition verbundenen Vorteile . . . . . . . 4. Risiken der Vorwegdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materielles Investitionsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwertungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Risikoverteilung zwischen den Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kommunale Leasingfondsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leasingvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Risiken der Vorwegdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligung an der Objektgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellung einer Bürgschaft durch die Kommune . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kommunales Sale-and-lease-back . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umgang mit dem Vermögen der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leasingvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kommunale US-Lease Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umgang mit dem Vermögen der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Ausgestaltung der Vorwegdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anforderungen an den Prozess der Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . 4. Dauerhaftigkeit der mit der Disposition verbundenen Vorteile . . . . . . . 5. Risiken der Vorwegdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadensersatzrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Risiko der Insolvenz beteiligter Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erfüllungsübernahmevereinbarungen und Gewährträgerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfüllungsübernahmevereinbarungen ohne Gewährträgerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Risikoverteilung zwischen den Generationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
225 225 225 226 226 226 226 227 228 228 229 229 230 230 231 231 232 232 233 234 234 235
F. Conclusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Abkürzungsverzeichnis A. A. AllMBl. ANBest-P AöR AVR Az. BauGB BayGO BayVbl. BB BBodSchG BerlVerfGH BHO BVerfG BVerfGE BWaldG bzw. ca. DAJV-NL DB ders. d.h. DÖV DStGB DVBl. EGV Einf. ET Fn. GemHVO GemO GG GMBl.
Anderer Ansicht Allgemeines Ministerialblatt Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung Archiv des Öffentlichen Rechts Archiv des Völkerrechts Aktenzeichen Baugesetzbuch Bayerische Gemeindeordnung Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz) Berliner Verfassungsgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) beziehungsweise circa Newsletter der Deutsch-Amerikanischen Juristenvereinigung Der Betrieb Derselbe das heißt Die öffentliche Verwaltung Deutscher Städte- und Gemeindebund Deutsches Verwaltungsblatt Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Energiewirtschaftliche Tagesfragen Fußnote Gemeindehaushaltsverordnung Gemeindeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesetz- und Ministerialblatt
22 GVBl. HGO HGrG Hrsg. Hs. HStR InsO i. V. m. JuS KKZ KomHVO LKV LSA MBl. m. w. Nachw. Nds MBl. NdsVBl. N.F. Nr. NuR NVwZ NW OVG RhPfVerfGH ROG SächsABl. SächsVBl. Schriftltg. SRzG StWG u. a. UPR v. VG vgl. Vol. VOP VvB VVDStRL WCED WiVerw
Abkürzungsverzeichnis Gesetzblatt von Berlin Hessische Gemeindeordnung Haushaltsgrundsätzegesetz Herausgeber Halbsatz Handbuch des Staatsrechts Insolvenzordnung in Verbindung mit Juristische Schulung Kommunalkassenzeitschrift Kommunalhaushaltsverordnung Landes- und Kommunalverwaltung Land Sachsen-Anhalt Ministerialblatt mit weiteren Nachweisen Niedersächsisches Ministerialblatt Niedersächsische Verwaltungsblätter Neue Folge Nummer Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfälzischer Verfassungsgerichtshof Raumordnungsgesetz Sächsisches Amtsblatt Sächsische Verwaltungsblätter Schriftleitung Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und andere Umwelt und Planungsrecht vom Verwaltungsgericht vergleiche Volume Verwaltungsführung/Organisation/Personal Verfassung von Berlin Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer World Commission on Environment and Development Wirtschaft und Verwaltung, Vierteljahresbeilage zum Gewerbearchiv
Abkürzungsverzeichnis WM ZaöRV ZAU ZBB ZFK ZfU ZKF ZParl ZRP ZUR
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Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift für Wirtschaft- und Bankrecht) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für angewandte Umweltforschung Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitung für kommunale Wirtschaft Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Umweltrecht
A. Einleitung Seit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes und seiner zentralistischen Tendenzen sind sowohl das Kommunalverfassungsrecht als auch die Kommunalverfassungswirklichkeit davon bestimmt, unter Zurückdrängung des bürokratisch-autoritativen Elements dem Gedanken des Selbstbestimmungsrechts der Gemeindebürger wieder erhöhte Geltung zu verschaffen.1 Dieses der kommunalen Selbstverwaltung zugrunde liegende Aufbauprinzip der „Demokratie von unten nach oben“2 stellt eine signifikante Richtungsentscheidung der freiheitlich-demokratischen Staatsordnung zu Gunsten der Teilnahmemöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger an den Geschicken ihrer Kommune als ihrem unmittelbaren Lebensraum, der zugleich aus staatsrechtlicher Sicht neben dem Bund und den Ländern die dritte Säule der öffentlichen Verwaltung und damit auch des politischen Handelns begründet,3 dar. Entsprechend bedeutet die kommunale Selbstverwaltung, wie sie – im Gegensatz zu den Entwicklungen in der Zeit der Weimarer Republik4 und der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes – im Kommunalverfassungsrecht im besten Stein’schen Sinne nunmehr wieder verstanden wird, ihrem Wesen und ihrer Intention nach die Aktivierung der Beteiligten für die eigenverantwortliche Handhabung ihrer eigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.5 Die Geschichte der lokalen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten des Volkes ist, ebenso wie deren aktuelle Situation, maßgeblich durch die den Kommunen zur Verfügung stehende Finanzausstattung geprägt.6 Und auch in Zukunft wird das Spektrum der politischen Möglichkeiten kommunaler Volksvertreter in enger Verbindung und zugleich in weitgehender Abhängigkeit von den finanziellen Handlungsspielräumen der Organe der Kommunen stehen.7 Angesichts
1 Beschluss des BVerfG v. 17. Oktober 1957, BVerfGE 7, S. 155, 167; vgl. auch Beschluss des BVerfG v. 12. Juli 1960, BVerfGE 11, S. 266, 275 f. 2 Vgl. Beschluss des BVerfG v. 23. November 1988, BVerfGE 79, S. 127, 149. 3 Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85. 4 Zur veränderten politisch-sozialen Situation für die Gemeinden zu Beginn der Weimarer Republik siehe Wysocki in Hansmeyer, Kommunale Finanzpolitik in der Weimarer Republik, S. 19 ff. 5 Vgl. Beschluss des BVerfG v. 12. Juli 1960, BVerfGE 11, S. 266, 275 f. 6 Grundlegend zur Position der Kommunen im Steuer- und Abgabenstaat Gundlach, LKV 2000, S. 7 ff. 7 Vgl. Hansmann, Kommunalfinanzen im 20. Jahrhundert, S. 11; Instruktiv zum System der kommunalen Finanzierung Henneke, Jura 1986, S. 568 f.; Scherf in Andel,
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A. Einleitung
der besonderen Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung im Staatsaufbau besteht Anlass zu weit reichenden Bedenken bezüglich der chronischen Finanzknappheit, der sich die kommunalen Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts8 zunehmend ausgesetzt sehen.9 In den letzten Jahren haben sich kommunale Körperschaften vor diesem Hintergrund zunehmend beschränkter finanzieller Spielräume dem Einsatz von Finanzierungsmodellen aufgeschlossen gezeigt, die von der kommunalen Innenfinanzierung mittels Eigenkapital bzw. der Kommunalkreditfinanzierung10 als Mittel zur Investitionsfinanzierung kommunaler Projekte abweichen11 oder unabhängig von einer konkreten Investition eine neue Einnahmequelle für die Kommune erschließen.12 Diese neuen Finanzierungsmodelle beinhalten in allen Fällen die Hinzuziehung einer oder mehrerer privater Parteien zur vollständigen oder teilweisen Umsetzung der kommunalen Finanzierung. Es handelt sich mithin um Privatfinanzierungsmodelle,13 welche zugleich im Rahmen unterschiedlicher, bisweilen erheblich voneinander abweichender Vertragsgestaltungen, unter anderem auf die Realisierung finanzieller Vorteile für die Kommune abzielen. Die Nutzung der neuen Finanzierungsmodelle stellt das kommunale Haushaltsrecht, welches weitgehend noch auf die traditionelle Beschaffung mobiler und immobiler Wirtschaftsgüter bzw. auf bislang übliche Formen der kommunalen Investitionsfinanzierung ausgerichtet ist, vor Herausforderungen. So weisen die neuen kommunalen Finanzierungsmodelle nicht nur teilweise bislang unbekannte und hochkomplexe, im Einsatz in der Privatwirtschaft in den letzten Jahrzehnten zunehmend verfeinerte rechtliche und wirtschaftliche Strukturen Probleme der Kommunalfinanzen, S. 10 ff. sowie Waechter, Kommunalrecht, S. 235, Rn. 817 f. 8 Im Folgenden auch „Kommunen“ oder auch „kommunale Körperschaften“ genannt. Im Einzelfall, insbesondere bei der Zitierung aufsichtsrechtlicher Dokumente, wird synonym die Bezeichnung „Gemeinde“ verwendet. Gemeinden bilden mit den Landkreisen und – in einigen Bundesländern – den Bezirksverbänden die Gesamtheit der kommunalen Gebietskörperschaften. 9 Siehe Biagosch/Weinand-Härer in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 112; Zum Stand der kommunalen Verschuldung vgl. Kregel, LKV 2004, S. 481; Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 287. 10 Die Kreditfinanzierung stellte neben dem Eigenkapitaleinsatz bislang die herkömmliche Finanzierungsform von Gemeinden hinsichtlich der Beschaffung von Investitionskapital dar, Krähmer, Der Gemeindehaushalt 1992, S. 241. Der Eigenkapitaleinsatz und die Kommunalkreditfinanzierung werden daher nachfolgend auch als „traditionelle Finanzierungsmodelle“ bezeichnet. 11 Hansen, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 84; Lingemann, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 86. 12 Im Folgenden „neue kommunale Finanzierungsmodelle“ oder „neue Finanzierungsmodelle“ genannt. 13 Zeiss, NVwZ 1998, S. 467; vgl. Odenwald in Budäus/Eichhorn, Public Private Partnership, S. 145, 146.
A. Einleitung
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auf. Auch werden durch die neuen Formen kommunaler Finanzierung verstärkt Finanzierungslasten in die Zukunft und damit teilweise auch in die Lebenszeiträume nachfolgender Generationen verschoben. Weiter bedingen einige neue kommunale Finanzierungsmodelle umfangreiche und zugleich lang anhaltende rechtliche Handlungsbeschränkungen aktueller und zukünftiger kommunaler Vertretungsorgane sowie Risikoübernahmen14 durch die Kommunen in einem bislang nicht gekannten Ausmaß. Insgesamt sind viele dieser rechtlichen Wirkungen in der Mehrzahl bei den durch die Kommunen jahrzehntelang hauptsächlich genutzten Modellen der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln bzw. der Kommunalkreditfinanzierung nicht aufgetreten. Unabhängig von den Schwierigkeiten, die Rechtswirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle im Einzelfall transparent zu machen,15 ist es aufgrund der beschriebenen Unterschiede zwischen den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen und den traditionellen Formen kommunaler Investitionsfinanzierung zweifelhaft, ob die bislang in der Aufsichtspraxis und in der Literatur entwickelte Auslegung der relevanten kommunalhaushaltsrechtlichen Bestimmungen noch geeignet ist, die neuen Finanzierungsmodelle in ihren möglichen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt und die rechtliche Stellung der Kommune insgesamt umfassend und damit geeignet zu bewerten. Die teilweise erheblich voneinander abweichenden Rechtsauffassungen der Obersten Aufsichtsbehörden hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Behandlung einiger neuer kommunaler Finanzierungsmodelle sprechen dafür, dass, auch aufgrund der unscharf konturierten Rechtsbegriffe16 des Kommunalhaushaltsrechts, eher das Gegenteil festgestellt werden muss. Die nachfolgende Untersuchung wird daher zunächst die rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle identifizieren und zugleich die strukturellen rechtlichen Unterschiede zwischen den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen und den traditionellen Formen der Finanzierung kommunaler Investitionen veranschaulichen. Darauf folgt eine Darstellung des für die kommunalaufsichtsrechtliche Beurteilung relevanten kommunalen Haushaltsrechts und eine Zusammenfassung der bislang von den Obersten Kommunalaufsichtsbehörden der Bundesländer entwickelten Rechtsansichten zu den untersuchungsgegenständlichen neuen Finanzierungsmodellen. Die Untersuchung analysiert daraufhin die rechtlichen Wirkungen einschlägiger verfassungsrechtlicher Normen und Grundsätze bezüglich ihres Orientierungsgehalts für die Fortentwicklung der relevanten Normen der kommunalen 14 15 16
Vgl. Giese, Der langfristige Kredit Ausgabe 1/1998, S. 30, 32. Giese, Der langfristige Kredit Ausgabe 1/1998, S. 30, 32. Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299, 1304.
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A. Einleitung
Haushaltswirtschaft und damit für die aufsichtsrechtliche Würdigung der Rechtswirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle. Hierbei werden insbesondere Auswirkungen des Demokratieprinzips, der verfassungsmäßigen Grenzen staatlicher Verschuldung sowie der Nachhaltigkeitsgrundsatz untersucht. Die Untersuchung legt einen Schwerpunkt auf die Frage der Zulässigkeit bzw. die Frage der zulässigen Ausgestaltung über die Amtsperiode hinausreichender staatlicher Vorwegdispositionen und Risikoübernahmen sowie hiermit verbundener Fragen der Lastenverschiebung und Generationengerechtigkeit. Die Arbeit schließt mit einer Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle anhand der aus der Untersuchung der einschlägigen verfassungsrechtlichen Normen und Grundsätze für die Zulässigkeit staatlicher Finanzierungsmodelle bzw. deren zulässige Ausgestaltung gewonnenen Kriterien.
B. Untersuchungsgegenständliche Finanzierungsmodelle Das Spektrum der Modelle, welche die Kommunen zur unterstützenden Finanzierung ihrer Selbstverwaltung entwickelt haben, ist in den letzten Jahrzehnten erheblich gewachsen und weist heute einen beträchtlichen Umfang auf. Unabhängig von dem gewählten Finanzierungsmodell, welches die Kommune nutzt, stehen regelmäßig mögliche Entlastungen des Haushalts der Kommune bei der Entscheidung der zuständigen kommunalen Gremien zur Nutzung des Modells im Vordergrund.1
I. Fokussierung auf unter Finanzierungsgesichtspunkten abgeschlossene Verträge Hinsichtlich der hierbei beabsichtigten oder erreichten kommunalen Haushaltsentlastungen lässt sich bei Investitionsfinanzierungen zwischen den Bereichen der Erstellung der Maßnahme – dies schließt die entsprechende Planung mit ein –, deren Finanzierung und dem Betreiben der erstellten kommunalen Maßnahme unterscheiden.2 Jeder dieser drei Bereiche kann sowohl öffentlich als auch privat durchgeführt werden. Zu Zwecken dieser Untersuchung wird das Spektrum des Einsatzes neuer kommunaler Finanzierungsmodelle gleichwohl auf die private Durchführung der beiden erstgenannten Bereiche der Erstellung und Finanzierung von Maßnahmen beschränkt. Die Untersuchung stellt somit auf ausgewählte Vertragskonstruktionen ab, welche die Kommunen ausschließlich unter Finanzierungsgesichtspunkten abschließen.3 Andere Formen der vertraglichen Bindung der Kommune an Private4 als zu Zwecken der Finanzquellenerschließung 5 wie zum Beispiel Betreibermodelle,
1
Vgl. Püttner, LKV 1994, S. 193, 194. Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, Seite 436; vgl. Hansen, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 84 und Feinen, Kommunales Leasing, S. 115, 116. 3 Wobei mit der privaten Finanzierung gegebenenfalls die private Erstellung einer Maßnahme einhergeht, wie dies beispielsweise bei einer kommunalen Leasingfondsfinanzierung, nicht jedoch beim Einsatz derivativer Finanzinstrumente oder der Durchführung einer US-Lease Transaktion der Fall ist. 4 Zu den Problemen der Einordnung von mit Finanzierungsprivatisierungen gegebenenfalls verbundenen Aufgabenübertragungen in die von der herkömmlichen Lehre 2
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B. Untersuchungsgegenständliche Finanzierungsmodelle
die durch die Durchführung der kommunalen Leistungserbringung durch Private gekennzeichnet sind,6 sind folglich nicht Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit. Zwar wird die Erschließung privater Finanzquellen durch Kommunen rechtssystematisch zuweilen ebenso wie beispielsweise Betreibermodelle im Spektrum der Vor- und Zwischenformen einer Aufgaben- oder Organisationsprivatisierung eingeordnet7 und damit als Teil Öffentlich-Privater Partnerschaften8 qualifiziert; jedoch kann diese pauschale Zuordnung nicht überzeugen.9 Sie negiert die vielfältigen Modalitäten der neuen Finanzierungsformen10 ebenso wie die Reichhaltigkeit der Motivationen, welche die Grundlage für den Einsatz neuer Finanzierungsmodelle durch kommunale Körperschaften bilden. Insoweit ist vor allem zu berücksichtigen, dass sich die in dieser Untersuchung thematisierten, ausschließlich unter Finanzierungsgesichtspunkten abgeschlossenen Vertragskonstruktionen regelmäßig durch den Betrieb der Einrichtung seitens der kommunalen Körperschaft und nicht durch einen privaten Vertragspartner auszeichnen. Im Fall einer vertraglichen Zusammenarbeit der Kommune mit Privaten in einem dergestalt begrenzten Rahmen geht aber mit der Finanzquellenerschließung ein bestimmter Grad an Privatisierung gerade nicht einher.11 Denn im Gegensatz zu den meisten Öffentlich-Privaten Partnerschaften, die als zentralen Aspekt die Erschließung eines für eine bestimmte Leistungserbringung erforderlichen Fachwissens zu Gunsten der öffentlichen Körperschaft aufweisen,12 nutzt die Kommune beim ausschließlichen Einsatz neuer Finanzierungsmodelle in erster Linie am privaten Markt existierende Finanzierungsstrukturen und damit verbundene privatwirtschaftliche Marktangebote. Sie setzt hierbei anders als bei Modellen, die auch das private Betreiben des Organisationsrechts entwickelten Rechtsfiguren siehe Miller, LKV 1998, S. 421, 424. 5 Mehde, Verwaltungsarchiv 2000, S. 540, 542. 6 Burgi, NVwZ 2001, S. 601, 603. 7 Tettinger, DÖV 1996, S. 764; Leasingfondsmodelle werden beispielsweise in der Regel als eine Form der Organisationsprivatisierung qualifiziert, siehe Höfling, DÖV 1995, S. 141, 143. 8 Auch „Public-Private-Partnership“ genannt. 9 Diese Einordnung wäre ohnehin nur für solche neue kommunale Finanzierungsmodelle, die in Zusammenhang mit einer kommunalen Leistungserbringung nach Abschluss des Finanzierungsmodells stehen, durchführbar. Dies ist jedenfalls bei USLease Transaktionen nicht der Fall, da diese zwar unter Einbringung eines kommunalen Wirtschaftsgutes, jedoch nicht zwangsläufig in Zusammenhang mit einer konkreten Aufgabenerfüllung stattfinden. 10 Zu den generellen Schwierigkeiten der Systematisierung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle siehe Kirchhof, DÖV 1999, S. 242 f. 11 Vgl. Böhm, Öffentlich-Private Partnerschaften in der kommunalen Stadtentwicklung, S. 70. 12 Mehde, Verwaltungsarchiv 2000, S. 540, 542.
III. Fokussierung auf die rechtlichen Wirkungen der Finanzierungsmodelle
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eines kommunalen Infrastrukturprojektes beinhalten, nicht dauerhaft das Fachwissen eines privaten Partners zu Zwecken der kommunalen Leistungserbringung ein,13 sondern nimmt diese vielmehr mit Hilfe einer vollständigen oder teilweisen privaten Finanzierung selbst wahr. Richtigerweise ist die Privatfinanzierung mittels neuer kommunaler Finanzierungsmodelle, die eine spätere kommunale Leistungserbringung durch Private nicht vorsehen, somit typologisch zwar den umfassenden Privatisierungs- und Deregulierungsbestrebungen des Staates zuzuordnen,14 sie stellt jedoch nicht per se eine Öffentlich-Private Partnerschaft dar.15 Für den Zweck dieser Untersuchung wird daher von einer entsprechend eingeschränkten Begriffsdefinition ausgegangen, so dass nur ausgewählte Finanzierungsmodelle und nicht auch Betreibermodelle zum Gegenstand der Arbeit gemacht werden.
II. Fokussierung auf Finanzierungsmodelle mit praktischem Bezug und wesentlichen strukturellen Unterschieden zu traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen Über diese Einschränkung des Untersuchungsrahmens hinaus konzentriert sich die Arbeit auf diejenigen neuen Finanzierungsmodelle, die hauptsächliche Anwendung in der kommunalen Praxis finden, d.h., die mit einer gewissen Häufigkeit schon in der Vergangenheit durch Kommunen geprüft bzw. abgeschlossen worden sind. Zudem sind Finanzierungsmodelle ausgewählt worden, die wesentliche strukturelle Unterschiede zu den traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen und dabei insbesondere zu der Kommunalkreditfinanzierung aufweisen.
III. Fokussierung auf die rechtlichen Wirkungen der Finanzierungsmodelle Die Untersuchung analysiert zudem in erster Linie die rechtlichen Wirkungen der Finanzierungsmodelle. Bei der aufsichtsrechtlichen Würdigung von kommunalen Finanzierungsmodellen stellen im Allgemeinen zwar wirtschaftliche Aspekte nach dem kommu13 Dies vor allem deshalb, weil viele neue kommunale Finanzierungsmodelle wie etwa US-Lease Transaktionen oder auch der Einsatz derivativer Finanzinstrumente keinerlei Bezugspunkte zu einer etwaigen privaten Erfüllung kommunaler Aufgaben aufweisen. 14 Zeiss, NVwZ 1998, S. 467 m. w. Nachw. 15 A. A. Horn, LKV 1996, S. 81, der auch die Vermietung öffentlicher Gebäude an die Kommune als Public Private Partnership qualifiziert, gleichwohl die Unschärfe des Begriffs zugesteht.
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B. Untersuchungsgegenständliche Finanzierungsmodelle
nalen Haushaltsgrundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft16 einen wichtigen Parameter dar. Ein sachgerechter Vergleich der Finanzierungsmodelle ausschließlich unter Wirtschaftlichkeitsaspekten erfordert jedoch nach wohl zutreffender Ansicht der Rechnungshöfe17 den Einsatz finanzmathematischer Verfahren.18 Diese Form von Vergleichsberechungen kann eine rechtswissenschaftliche Untersuchung nicht anstellen. Die nachfolgende Arbeit analysiert daher die untersuchungsgegenständlichen Finanzierungsmodelle in erster Linie unter dem Gesichtspunkt ihrer rechtlichen Auswirkungen auf die Kommunen und überprüft die identifizierten rechtlichen Wirkungen auf ihre Vereinbarkeit mit haushaltsrechtlichen Normen.
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Siehe hierzu unten, Abschnitt C. II. 1. b). Odenwald in Budäus/Eichhorn, Public Private Partnership, S. 145, 150. 18 Zu den Berechnungsmethoden siehe Seger in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 89. 17
C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle und ihre Bewertung in der Aufsichtspraxis und in der Literatur Der Versuch der Einordnung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle unter die jeweils relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft und die anhand dieser Normen bislang durch das Kommunalhaushaltsrecht entwickelten Bewertungskriterien erfordert zunächst eine genaue Bestandsaufnahme der rechtlichen Wirkungen dieser Modelle sowie deren Vergleich mit den aus den traditionellen Finanzierungsmodellen entstehenden Wirkungen. Im Anschluss hieran thematisiert die Untersuchung weiter die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle in der Praxis der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden und in der Literatur.
I. Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle sowie strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen und den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung Die untersuchungsgegenständlichen neuen kommunalen Finanzierungsmodelle weisen vielfältige rechtliche Wirkungen für die Kommune auf, welche sich jeweils aus den mit dem Abschluss des Finanzierungsmodells einhergehenden rechtlichen Verpflichtungen der Kommune gegenüber dem privaten Vertragspartner ergeben. Um diese rechtlichen Wirkungen im Einzelnen zu erfassen, werden zunächst die rechtlichen Strukturen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle mit einem besonderen Fokus auf die Vertragspflichten der Kommune dargestellt. Im Anschluss daran werden, für jedes untersuchte Finanzierungsmodell jeweils gesondert, die strukturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen diesen Modellen und den traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen durch einen Vergleich der Finanzierungsformen ermittelt. 1. Kommunale Leasingfinanzierung Eines der von den Kommunen am Finanzmarkt am häufigsten nachgefragten neuen kommunalen Finanzierungsmodelle stellt die kommunale Leasingfinan-
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
zierung1 dar. Dieses Finanzierungsmodell hat für die kommunalen Körperschaften die Wirkung eines Kreditsubstitutes2 und beinhaltet damit eine spezielle Finanzierungsmöglichkeit3 für die Kommune. Bei einem Leasinggeschäft einigen sich die Vertragsparteien über die langfristige Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsgutes durch einen Mietvertrag.4 Hintergrund des Einsatzes dieses Finanzierungsmodells durch die Kommune ist regelmäßig die Realisierung einer kommunalen Investition in Form eines Bauvorhabens. a) Grundstruktur Im Rahmen der kommunalen Leasingfinanzierung setzt die Kommune Private zur Finanzierung der Investitionsmaßnahme ein. Ein privates Unternehmen finanziert die Baumaßnahme in der Regel nicht nur, sondern errichtet zudem zunächst das vereinbarte Gebäude nach den Vorgaben des späteren Leasingnehmers.5 Im Anschluss an die Errichtung wird das Gebäude durch eine private
1 Leasingverträge sind seit 1970 als atypische Mietverträge für zahlreiche Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsleben gebräuchlich geworden. Das Rechtsinstitut des Leasing ist den angloamerikanischen Rechtsvorschriften über das „lease“, was in etwa Miete, Pacht bedeutet, entlehnt, Büschgen, Praxishandbuch Leasing § 1, Rn. 2. Unter einem Leasingvertrag wird im deutschen Recht ein Vertrag verstanden, nach dem der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine Sache gegen ein in Raten gezahltes Entgelt zum Gebrauch überlässt, Palandt, Einf. vor § 535, Rn. 37. Allgemein werden das sogenannte Operating-Leasing und das Finanzierungs-Leasing unterschieden, wobei hauptsächliches Kriterium für die Abgrenzung beider Vertragsformen die Mindestlaufzeit des Leasingvertrages und damit auch die wirtschaftlichen Motivationen des Leasinggebers sind. Während bei der Vereinbarung eines Operating-Leasing eine kurzfristige, insoweit reguläre Vermietung einer Sache vorliegt, versucht der Leasinggeber bei Abschluss eines Finanzierungs-Leasing durch eine lange Grundmietzeit zumindest teilweise die Herstellungs- bzw. die Kosten des Kaufs des vermieteten Wirtschaftsgutes zu amortisieren, siehe zu alledem Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 165 f. In der Form des Finanzierungs-Leasings wird regelmäßig Immobilien-Leasing durchgeführt, Röhrenbacher/Fleischer, Leasing versus Kredit, S. 179. Diese Untersuchung beschränkt sich auf die Modelle und Auswirkungen des Finanzierungsleasings, da den durch Kommunen neben Finanzierungs-Leasingverträgen für kommunale Gebäude zuweilen ebenso abgeschlossenen Operating-Leasing Verträgen aufgrund ihrer kurzen Bindungswirkung und des meist geringen Transaktionswertes unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen auf das Kommunalhaushaltsrecht im Vergleich zu den hier untersuchten Finanzierungs-Leasing Transaktionen eine nur marginale Wichtigkeit zukommt. Das Kommunalleasing wird daher auch in der Literatur grundsätzlich dem Immobilien-Leasing zugerechnet, siehe Tacke, Leasing, S. 252. 2 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 164. 3 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 101; vgl. Flume, DB 1991, S. 265. 4 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 100. 5 Vgl. VG Gera, LKV 2003, S. 41, 43.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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Objektgesellschaft vom herstellenden Unternehmen gekauft. Die Objektgesellschaft wird Eigentümerin des Leasingobjekts.6 Die Objektgesellschaft überlässt das Gebäude sodann als Leasinggeber in Erfüllung ihrer Vertragspflicht7 nach Abschluss eines Leasingvertrages der kommunalen Körperschaft.8 An die Stelle der kommunalen Eigenfertigung tritt damit die Anmietung durch die Kommune, die öffentlicher Leasingnehmer wird.9 Der Leasinggeber finanziert den Kauf des Gebäudes und damit mittelbar die Erwerbs-10 und Gestehungskosten einschließlich aller Nebenkosten bei einem oder mehreren Kreditinstituten.11 Bei Leasingverträgen unterscheidet man sogenannte Vollamortisationsverträge und Teilamortisationsverträge.12 Beim Vollamortisationsmodell werden die Investitionskosten des Leasinggebers, d.h. seine sämtlichen Aufwendungen, in voller Höhe während der vereinbarten Grundmietzeit vom Leasingnehmer im Rahmen seiner vertraglichen Leistungen, d.h. durch Leasingraten und eventuell Mietsonderzahlungen zurückgezahlt.13 Bei Teilamortisationsverträgen ist dies nicht der Fall. Hier amortisiert der Leasinggeber die Investitionskosten sowie die sonstigen Nebenkosten während der Grundmietzeit über die vom Leasingnehmer geleisteten Zahlungen nur teilweise.14 Im Immobilien-Leasing, auch im öffentlichen Bereich,15 sind Teilamortisationsverträge der Regelfall.16 Die Mindestlaufzeit der Teilamortisationsverträge wird durch die Vereinbarung der Grundmietzeit festgelegt, die als vertraglich vereinbarte Nutzungsüberlassungsdauer definiert wird.17 Diese ist in der Regel kürzer als die voraussichtliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasing6 Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 358; vgl. Hufnagel, Der Gemeindehaushalt 1998, S. 199, 200. 7 Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S. 45. 8 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 102. 9 Horn, LKV 1996, S. 81. 10 Erwerbskosten entstehen, sofern mit der Kommune ein Grundstückserwerb und kein Erbbaurecht zu Gunsten des Leasinggebers vereinbart wird. 11 Vgl. Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 51. 12 Wilkens, LKV 2002, S. 169; Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 167; Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 358. 13 Hufnagel, Der Gemeindehaushalt 1998, S. 199, 200; Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 4, Rn. 8; Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S. 67, Tacke, Leasing, S. 14. 14 Röhrenbacher/Fleischer, Leasing versus Kredit, S. 107; Kroll in ders., LeasingHandbuch für die öffentliche Hand, Ausgabe 2002, S. 11; Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S 69; Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 167. 15 Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 358. 16 Kroll in ders., Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 12; Tacke, Leasing, S. 264. 17 Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S. 57.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
objektes, liegt aber zugleich über 40 Prozent dieses Referenzwertes.18 Je nach voraussichtlicher betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer kommt es somit zu Grundmietzeiten, die 20 Jahre übersteigen19 und bis zu 30 Jahre erreichen.20 Vereinzelt sind jedoch auch Vertragslaufzeiten von 40–50 Jahren möglich.21 Die Verteilung des am Ende der Vertragslaufzeit bestehenden Verwertungsrisikos ist von der vertraglichen Vereinbarung abhängig.22 Insoweit existieren verschiedene mögliche Regelungen, wobei für das Finanzierungsleasing eine „offene“ Endschaftsregelung typisch ist.23 Fester Bestandteil der Vertragskonstruktion einer kommunalen Leasingfinanzierung in Form eines Teilamortisationsvertrages ist in der Regel ein von Beginn an vertraglich vereinbartes und bei Immobilienleasing dinglich gesichertes Ankaufsrecht der Kommune zum Mietende.24 Dies entspricht dem heute in der Leasingwirtschaft nahezu ausschließlich angewandten Vertragsmodell für Teilamortisationsmodelle.25 Im Unterschied zum Mietkauf ist bei einem Leasinggeschäft der Eigentumsübergang vom Leasinggeber zum öffentlichen Leasingnehmer zu einem schon bei Abschluss des Leasingvertrages vereinbarten Preis damit nicht als Vertragsbestandteil von vornherein vorgesehen. Der Leasingvertrag enthält vielmehr Regelungen, nach denen steuerrechtlich die Zuordnung des Leasingobjektes beim Leasinggeber erfolgt,26 was für diesen Steuervorteile eröffnet.27 Bis zur eventuellen Ausübung des Ankaufsrechts tritt die Kommune daher ausschließlich als Leasingnehmer auf. Kauft die Kommune das Gebäude nach Vertragsende nicht an, so sehen die Teilamortisationsverträge die Vereinbarung einer Abschlusszahlung des Leasingnehmers, durch die der noch nicht amortisierte Teil der Gesamtkosten des Leasinggebers unter Einbeziehung des Erlöses aus der Verwertung des Leasingob18 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 166; Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S. 58. 19 Vgl. Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 25. 20 Zeiss, NVwZ 1998, S. 467. 21 Wilkens, LKV 2002, S. 169, 170. 22 Röhrenbacher/Fleischer, Leasing versus Kredit, S. 33. 23 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 51; vgl. Krähmer, Der Gemeindehaushalt 1992, S. 241, 242. 24 Vgl. Horn, LKV 1996, S. 81; Feinen, Das Leasinggeschäft, S. 22; Ist der Grund und Boden nicht Gegenstand des Leasingvertrages und war dem Leasinggeber durch die Kommune ein Erbbaurecht eingeräumt worden, so wird die Kaufoption auf das Erbbaurecht bezogen, siehe Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 26. 25 Gabele/Kroll, DB 1991, S. 241, 243; Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 4, Rn. 21. 26 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 101. 27 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 102.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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jekts ausgeglichen werden soll, vor.28 Diese Vereinbarung stellt die Rückführung der entsprechenden Restschuld des Leasingnehmers nach Vertragsbeendigung sicher.29 Die Parteien können jedoch auch ein Andienungsrecht des Leasinggebers zum Ende des Leasingvertrages vereinbaren.30 In diesem Fall erhält der Leasinggeber einen Anspruch, vom Leasingnehmer gegen einen schon bei Abschluss des Leasingvertrages vereinbarten Preis31 den Kauf des Leasingobjekts zu Vertragsende zu verlangen.32 Es existieren jedoch auch Vertragsgestaltungen, nach denen das Verwertungsrisiko beim Leasinggeber verbleibt, d.h. der Leasingnehmer wird nicht zum Kauf verpflichtet und ist auch nicht zu einer die Restschuld ausgleichenden Abschlusszahlung verpflichtet.33 Während der vertraglich fixierten Grundmietzeit, über deren Laufzeit die Leasingverträge unkündbar sind,34 sehen die Vereinbarungen weiter vor, dass der Leasingnehmer den Leasinggeber von der Sachgefahr, mithin von der Haftung für Untergang und Beschädigung des Leasingobjektes freistellt.35 Der Leasingnehmer muss zudem die Instandhaltung des Objekts übernehmen.36 Die Kommune übernimmt somit bei Einsatz einer kommunalen Leasingfinanzierung zu Zwecken einer Investition die Haftung für den Eintritt der oben bezeichneten Ereignisse bzw. für die Instandhaltung des Gebäudes. In einem Schadensfall steht dem Leasinggeber in der Regel nach den Regelungen des Leasingvertrages nach seiner Wahl das Recht zu, die sofortige und einwandfreie Wiederherstellung des Objekts zu verlangen oder Ersatz durch einen anderen gleichwertigen Gegenstand zu fordern oder alle noch ausstehenden Leasingraten sofort fällig zu stellen und den Vertrag auf diese Weise praktisch fristlos zu kündigen.37
28 Flume, DB 1991, S. 265, 266; Tacke, Leasing, S. 17; vgl. Feinen, Kommunales Leasing, S. 45. 29 Gabele/Kroll, DB 1991, S. 241, 243. 30 Feinen, Kommunales Leasing, S. 45; Tacke, Leasing, S. 17; Hufnagel, Der Gemeindehaushalt 1998, S. 199, 200; Wilkens, LKV 2002, S. 169, 170. 31 Vgl. Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 12, Rn. 82. 32 Feinen, Das Leasinggeschäft, S. 30. 33 Vgl. Hufnagel, Der Gemeindehaushalt 1998, S. 199, 200; Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 358. 34 Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 1 Rn. 19; Feinen, Kommunales Leasing, S. 22; Kratzer, Leasing in Theorie und Praxis, S. 57; Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 24; vgl. Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 358. 35 Tacke, Leasing, S. 12; Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 166; Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 23; Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 1 Rn. 19; Feinen, Kommunales Leasing, S. 21. 36 Feinen, Das Leasinggeschäft, S. 22; Gabele/Kroll, DB 1991, S. 241. 37 Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 1 Rn. 20.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft Die kommunale Leasingfinanzierung entfaltet für die Kommune vielfältige rechtliche Wirkungen. aa) Bindung an den Vertrag für die Dauer der Grundmietzeit Die Kommune wird durch die Vereinbarung einer Grundmietzeit im Leasingvertrag für deren Dauer an den Leasinggeber gebunden, so dass über diesen Zeitraum Zahlungsverpflichtungen in Form von Leasingraten an den Leasinggeber zu erfüllen sind. Ein weiterer Effekt der vertraglichen Vereinbarungen ist, dass die Kommune sich für die unkündbare Grundmietzeit nicht aus dem Leasingvertrag lösen kann. Damit handelt es sich bei einer Leasingfinanzierung um eine finanzielle Grundentscheidung, die weit über eine oder gar mehrere Legislaturperioden des beschließenden kommunalen Organs hinausreicht.38 Die Bindung an die Grundmietzeit bewirkt, dass die Kommune auch dann zur Zahlung an den Leasinggeber verpflichtet bleibt, wenn sich die Leasingfinanzierung nach Vertragsschluss für die Kommune als unwirtschaftlich herausstellt. Gleiches gilt, wenn die kommunale Körperschaft zum Beispiel aufgrund einer tatsächlichen oder auch politisch bedingten Änderung der kommunalen Anforderungssituation keinen Bedarf mehr an der Nutzung der geleasten Immobilie verzeichnet. bb) Übernahme des materiellen Investitionsrisikos Darüber hinaus trägt die Kommune trotz ihrer vertraglichen Stellung als Leasingnehmer das materielle Investitionsrisiko. Hinsichtlich des Ausmaßes dieser Risikoübernahme kommt es auf die genaue Vertragsgestaltung an. In der Praxis wird das Risiko des privaten Leasinggebers jedoch weitgehend39 bis vollständig40 auf die kommunale Körperschaft übertragen. In der Konsequenz bedeutet dies bei einem angenommenen Untergang des Leasingobjektes eine Pflicht der Kommune zum Ersatz des Gebäudes bzw. zur Zahlung aller noch ausstehenden Leasingraten, ohne dass dieser Leistung eine Gegenleistung des Leasinggebers entgegenstünde.
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Wilkens, LKV 2002, S. 169, 170. Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 101; vgl. Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 23. 40 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 51; vgl. Geschäftsbericht 1995/1996 der Gemeindeprüfungsanstalt BadenWürttemberg, S. 43 f. (zitiert nach Hiersemenzel in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 106). 39
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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cc) Übernahme des Verwertungsrisikos Je nach vertraglicher Vereinbarung mit dem privaten Leasinggeber übernimmt die Kommune zudem gegebenenfalls das auf den Leasinggegenstand bezogene Verwertungsrisiko nach Ablauf des Leasingvertrages.41 Dieses Risiko trägt die Kommune dann, wenn nach dem Leasingvertrag eine Abschlusszahlung unter Berücksichtigung des noch nicht amortisierten Teils der Gesamtkosten des Leasinggebers oder ein Andienungsrecht des Leasinggebers zum Vertragsende vorgesehen ist. dd) Beschränkung der kommunalen Dispositionsfähigkeit Hinzu kommt, dass die Kommune zudem in ihrer Dispositionsfähigkeit über das Objekt beschränkt ist, d.h. sie kann beispielsweise über bauliche Erweiterungen der Immobilie aufgrund der fehlenden Eigentümerposition nicht disponieren. Je nach Vertragsgestaltung kann sich diese Beschränkung der kommunalen Dispositionsfähigkeit in der Praxis auch dahingehend auswirken, dass der Kommune beispielsweise eine andere als die vertraglich vorgesehene Nutzung des Leasinggegenstandes unmöglich ist und sie folglich für die Laufzeit des Leasingvertrages auf die vereinbarte Nutzung verwiesen wird, selbst wenn diese aufgrund veränderter faktischer Bedingungen für die kommunale Körperschaft nicht mehr sinnvoll erscheint. c) Vergleich mit traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen Um die rechtlichen Wirkungen einer kommunalen Leasingfinanzierung mit denjenigen traditioneller kommunaler Finanzierungsmodelle zu vergleichen, werden letztere zunächst in ihrer jeweiligen Grundstruktur und Wirkung dargestellt. aa) Grundstruktur und Wirkungen einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln Die Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln, welche das wohl traditionellste Modell kommunaler Finanzierung einer Investition darstellt, basiert auf dem hundertprozentigen Einsatz von Eigenkapital der Kommune bei der Finanzierung der Investition. Es handelt sich folglich um eine reine Innenfinanzierung. Das Eigenkapital stammt in der Regel aus dem durch die Kommune in früheren Jahren erwirtschafteten Haushaltsüberschuss, der haushaltsrechtlich zur 41 Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 359; vgl. Röhrenbacher/Fleischer, Leasing versus Kredit, S. 33.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Bildung von Rücklagen führt, welche in dem auf die Investitionsentscheidung folgenden Haushaltsplan dem Vermögenshaushalt zunächst als haushaltsrechtliche Einnahme zugeführt werden42 bzw. aus der „freien Finanzspitze“,43 die auch als „kameralistischer Cash-Flow“ bezeichnet wird.44 Finanziert die Kommune die Investition45 ausschließlich selbst, so unterliegt sie, von den allgemeinen kommunalhaushaltsrechtlichen Vorgaben abgesehen,46 keinen weitergehenden rechtlichen Wirkungen in Verbindung mit der Finanzierung und ist nach Abschluss der Fertigstellung der Investitionsmaßname47 insbesondere nicht gegenüber einer privaten Partei verpflichtet. Auch im öffentlichen Bereich führt die Finanzierung aus Eigenmitteln folglich ebenso wie in der Privatwirtschaft nicht zu dem Entstehen rechtlicher Verpflichtungen aufgrund von Kapitalbeschaffungsmaßnahmen. Entsprechend bestehen auch in den Folgejahren der Investition keine weiteren rechtlichen Verpflichtungen der Kommune gegenüber einer anderen Partei, wie beispielsweise die Verpflichtung zur Zahlung von Darlehensraten an ein Kreditinstitut. Der ausschließliche Einsatz von kommunalem Eigenkapital führt zudem ohne weiteres zu uneingeschränkten Eigentumsrechten in Bezug auf den Investitionsgegenstand und damit zu einer vollumfänglichen entsprechenden Verfügungsbefugnis der Kommune. Durch die Investitionsmaßnahme entstehen folglich auch keine rechtlichen Belastungen der Kommune, abgesehen freilich von den mit der Eigentümerposition verbundenen Rechtswirkungen wie beispielsweise der Eigentümerhaftung.
42 Zur Haushaltstechnik in Zusammenhang mit der Bildung von Rücklagen und Zuführung durch die Kommune benötigter Finanzierungsmittel aus den Rücklagen zum Vermögenshaushalt siehe Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 47. 43 Von einer „freien Finanzspitze“ oder „freien Spitze“ spricht man in Zusammenhang mit der Zuführung des Verwaltungshaushaltes an den Vermögenshaushalt einer Kommune dann, wenn ein Teil der Zuführung nicht für bestimmte Zwecke gebunden ist und damit zur freien Finanzierung investiver Ausgaben der Kommune zur Verfügung steht, vgl. Nr. 1.2. des Erlass des Ministeriums des Inneren des Saarlandes v. 21. August 1990, GMBl. Saar 1990, S. 236 sowie Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 21, der in diesem Zusammenhang von der „Nettoinvestitionsrate“ spricht. 44 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 18. 45 In der Regel wird es sich um Baumaßnahmen handeln, wobei die Kommune das benötigte Grundstück vorab ankauft oder dieses schon im Eigentum der Gebietskörperschaft steht. 46 Auch bei einer Innenfinanzierung hat die Kommune unter Anwendung kommunalen Haushaltsrechts vorzugehen, es bestehen aber keine Begrenzungen und gesonderte kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigungserfordernisse wie bei einer Fremdfinanzierung z. B. in Form von Kredit, Albers in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 36. 47 Eine Fremdfertigung der Investition und entsprechende vertragliche Verpflichtungen der Kommune in Verbindung mit der Herstellung der Investitionsmaßnahme vorausgesetzt.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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Im Ergebnis führt die Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln daher aufgrund der fehlenden rechtlichen Verpflichtungen der Kommune gegenüber anderen Parteien in Zusammenhang mit der Finanzierung zu keinerlei rechtlichen Einschränkungen der Kommune.48 bb) Grundstruktur und Wirkungen einer Kommunalkreditfinanzierung Neben der Finanzierung von Investitionen durch eigene Haushaltmittel der Kommune stellt der Kommunalkredit49 das hauptsächliche50 weitere traditionelle kommunale51 Finanzierungsmodell dar. Diese Form der kommunalen Finanzierung basiert im Gegensatz zu der kommunalen Innenfinanzierung auf der Beteiligung eines Kreditgebers als private Partei.52 Auch der Kommunalkredit ist daher ebenso wie die neuen kommunalen Finanzierungsmodelle als ein kommunales Finanzierungsinstrument einzuordnen, das auf die Nutzung am privaten Kapitalmarkt gewachsener Finanzierungsstrukturen abstellt.
48 Eine hiervon abweichende Beurteilung kann sich dann ergeben, wenn die Kommune die Investition nur teilweise aus Eigenmitteln und darüber hinaus mittels öffentlicher Zuwendungen des Bundes oder eines Bundeslandes finanziert. Gesetzt diesen Fall können neben umfangreichen Berichtspflichten auch Verfügungsbeschränkungen der Kommune eintreten und zwar beispielsweise dergestalt, dass die Kommune über zur Erfüllung des Zuwendungszweckes hergestellte Gegenstände vor Ablauf der vom Zuwendenden festgesetzten Zweckbindungsdauer nicht verfügen darf, vgl. exemplarisch für entsprechende Regelungen Nr. 4.1 ANBest-P Sachsen, Sonderdruck SächsAbl. 10/1999 v. 3.12.1999. 49 Allgemein wird unter dem Begriff „Kommunalkredit“ heute Kredit in jeder Form und mit jeder Laufzeit verstanden, der an Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts gewährt oder von solchen gewährleistet wird – einschließlich des Staates und nichtkommunaler Körperschaften und Anstalten, Tremer in Steffan, Handbuch des Real- und Kommunalkredits, S. 119. Diese Untersuchung legt jedoch aufgrund des Untersuchungsgegenstandes den ursprünglichen Begriff des Kommunalkredites, mithin die Kreditgewährung an Kommunen (vgl. Tremer in Steffan, Handbuch des Real- und Kommunalkredits, S. 119) zugrunde. 50 Aus der Vielzahl öffentlicher Schuldaufnahmemöglichkeiten haben die Gemeinden nur wenige Formen ausgewählt, was vornehmlich an den geringeren schuldenpolitischen Möglichkeiten der kleinsten Gebietskörperschaften liegt, Hansmeyer, Der öffentliche Kredit I, S. 47. Vornehmlich wurden fehlende Mittel in der Vergangenheit von den Kommunen daher durch Aufnahme von Krediten am Kapitalmarkt beschafft, Borchmann, Kommunalrecht in Hessen, 8. Abschnitt, S. 131. 51 Mit dem Kreditwesengesetz wurde 1961 das per Notverordnung v. 5. August 1931 verfügte Kommunalkreditverbot aufgehoben. Seitdem handelt es sich bei dem Geschäft mit der Kommunalkreditvergabe um ein heftig umworbenes integriertes Segment der kreditwirtschaftlichen Wettbewerbsmärkte in Deutschland, Lehner, Der langfristige Kredit Ausgabe 19/2000, S. 26. 52 Vgl. Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 27.
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Bei einem Kommunalkredit handelt es sich um ein langfristiges Darlehen,53 welches die Kommune zur kommunalen Fremdfinanzierung aufnimmt.54 Eine Darlehensaufnahme wird die Kommune dann erwägen, wenn ihre ordentlichen Haushaltseinnahmen zur Finanzierung einer Investition nicht ausreichen oder keine Verwendung finden sollen.55 Bei einer kommunalen Finanzierung mittels Kreditaufnahme wird somit wie bei jeder anderen Kreditaufnahme Kapital durch einen Finanzier für eine Investition des Kreditnehmers zur Verfügung gestellt.56 Kommunalkredite gewähren heute fast alle Kreditinstitute.57 Schuldner des Darlehens, dessen Abschluss und Abwicklung ausschließlich den Regeln des Privatrechts unterliegen, ist die kommunale Gebietskörperschaft.58 In der Praxis wird der grundsätzlich auf den Einzelfall abstellende Darlehensvertrag vorherrschend auf Schuldscheinbasis abgeschlossen.59 Das bedeutet, die Kommune nimmt das Darlehen aufgrund eines schriftlichen Darlehensvertrages auf, der durch eine Schuldscheinurkunde, in der die Darlehenskonditionen festgelegt sind, ergänzt wird.60 Im Wesentlichen kommen drei Darlehensarten in Betracht. Es handelt sich um Darlehen, die am Ende der Laufzeit des Darlehensvertrages in einer Summe zurückzuzahlen sind (Gesamtbetragsdarlehen), Darlehen mit gleichbleibenden Tilgungsraten (Ratendarlehen) sowie Darlehen, bei denen die Tilgungsraten jeweils um den Betrag steigen, um den die Zinsen mit zunehmender Tilgung sinken (Amortisationsdarlehen).61 Letztere Darlehensart mit Laufzeiten zwischen ungefähr 25 und 30 Jahren62 stellte bis vor fünf Jahren den Marktstandard und folglich die übliche Vereinbarung dar.63 Seitdem nehmen Kommunen aber auch 53 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 43; Richard/Mühlmeyer/Wefers, Betriebslehre der Banken und Sparkassen, S. 576. 54 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 158. 55 Richard/Mühlmeyer/Wefers, Betriebslehre der Banken und Sparkassen, S. 576. 56 Vgl. Tacke, Leasing, S. 4. 57 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 147. 58 Trapp, LKV 1998, S. 224. 59 Goedecke/Kerl/Scholz, Die deutschen Hypothekenbanken, S. 190; Rehm/MaternRehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 313; vgl. Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 38; Richard/Mühlmeyer/Wefers, Betriebslehre der Banken und Sparkassen, S. 576; Becker/Peppmeier, Bankbetriebslehre, S. 151; Hansmeyer, Der öffentliche Kredit I, S. 47. 60 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 147. 61 Seger in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 61; Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 313; Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 147. 62 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 102.
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verstärkt Gesamtbetragsdarlehen und Ratenkredite mit kürzeren Laufzeiten zwischen ungefähr 10 und 15 Jahren auf.64 Kommunalkredite können nur nach den jeweils in der Schuldurkunde vereinbarten Regelungen gekündigt werden. Eine Möglichkeit zur Kündigung des Kommunalkredites vor Ablauf des Darlehensvertrages ist für die Kommune dabei in der Regel an den Ablauf der Zinsfestschreibungsfrist geknüpft,65 die meist kürzer ist als die Laufzeit des Darlehens.66 Die mit Abstand häufigste Zinsbindungsdauer bei kommunalen Kreditaufnahmen beträgt 10 Jahre, Zinsfestschreibungsfristen kommunaler Kredite reichen allgemein von ungefähr 5 bis 15 Jahren.67 Darüber hinaus gehende Zinsbindungen sind für den Kreditgeber wirtschaftlich schwer darzustellen, da für die Refinanzierung der Kreditvergabe durch den Kreditgeber Investoren gefunden werden müssen, die sich entsprechend langfristig binden.68 Die Kosten des Kommunalkredits liegen niedriger als diejenigen eines Kredites für private Unternehmen, da bei der kreditgebenden Bank der Kommunalkredit im Grundsatz I zum § 10 Kreditwesengesetz (KWG) nicht angerechnet wird.69 Folglich besteht keine gesetzliche Verpflichtung der darlehensgewährenden Bank, den Kommunalkredit mit Eigenkapitalmitteln zu unterlegen, während sie Kredite an private Kreditnehmer in der Regel mit 100 Prozent Eigenkapital unterlegen muss.70 Zu welchem Zinssatz die Kommune den Kommunalkredit zur Verfügung gestellt bekommt, ist auch abhängig von der Verzinsung und den für das Kreditinstitut entstandenen Kosten der Kommunalobligation, welche das Kreditinstitut zur Refinanzierung des Kredites in der Regel am Kapitalmarkt 63 Vgl. Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 37; vgl. Adrian/ Heidorn, Der Bankbetrieb, S. 521. 64 Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 65 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 38. 66 Vgl. Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 313. 67 Zunehmend schließen Kommunen auch Darlehensverträge ab, die an Stelle der Bindung an einen fixen Zinssatz eine alle drei bis sechs Monaten veränderliche Zinsbindung auf EURIBOR-Basis zuzüglich einer bestimmten Marge beinhalten, Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 68 Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 69 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 44; Seger in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 64; Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 158; Krähmer, Der Gemeindehaushalt 1992, S. 241; Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 111. 70 Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 26.
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emittiert.71 Im Regelfall erhält die kommunale Gebietskörperschaft den – mit Ausnahme der Konditionen für Bundeswertpapiere72 – günstigsten Marktzinssatz.73 Die Zinsspanne des Kommunalkredites ist damit in jedem Fall niedriger als bei Realkrediten.74 Es entspricht darüber hinaus dem Wesen des Kommunalkredits, dass er ohne Bestellung besonderer Sicherheiten wie beispielsweise einer Sicherungshypothek oder Grundschuld gewährt wird,75 da die Sicherung für den Kreditgeber schon in der finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners liegt.76 Dies ergibt sich daraus, dass die kommunale Körperschaft für ihre Kreditverbindlichkeiten mit ihrer vollen Finanzkraft77 haftet.78 Darüber hinaus ist es den Kommunen nach den Kommunalordnungen ohnehin grundsätzlich verwehrt, Kreditsicherheiten zu bestellen.79 Hinzu kommt, dass eine Zwangsvollstreckung in kommunales Vermögen wegen einer Geldforderung einer Zulassungsverfügung80 durch 71 Vgl. zur Systematik der Ausgabe von Kommunalobligationen zur Refinanzierung des Kommunalkredits Voitl, Der langfristige Kredit Ausgabe 8/1999, S. 7, 11 f. 72 Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 73 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 44. 74 Richard/Mühlmeyer/Wefers, Betriebslehre der Banken und Sparkassen, S. 576. Aufgrund der damit für den Kreditgeber einhergehenden geringen Marge haben die Hypothekenbanken dieses Geschäftsfeld zugunsten der Immobilienfinanzierung bereits eingeschränkt, Haugwitz, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 24/2003, S. 12, 13. 75 Tremer in Steffan, Handbuch des Real- und Kommunalkredits, S. 120; Grill/ Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 401; Richard/Mühlmeyer/Wefers, Betriebslehre der Banken und Sparkassen, S. 576; Eilenberger, Bankbetriebswirtschaftslehre, S. 249; Lehner, Der langfristige Kredit Ausgabe 19/2000, S. 26, 27; Trapp, LKV 1998, S. 224; Zimmermann, Forschung und Praxis 1997, S. 6 des Artikels; Loh/ Wimmer, WM 1996, S. 1941, 1947; Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 76 Adrian/Heidorn, Der Bankbetrieb, S. 521. 77 Die besondere kommunale Kreditwürdigkeit beruht insbesondere auf der Fähigkeit der Kommunen, die Leistungskraft ihrer Bürger, ihrer Einwohner, den Grund und Boden im Gemeindebereich und nicht zuletzt auch die im Gemeindegebiet angesiedelten sowie aktiven Unternehmen über Steuern und Abgaben in Anspruch zu nehmen, Lehner, Der langfristige Kredit Ausgabe 19/2000, S. 26, 27; vgl. Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 110. 78 Becker/Peppmeier, Bankbetriebslehre, S. 151; Tremer in Steffan, Handbuch des Real- und Kommunalkredits, S. 120; vgl. Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 7/2003 v. 1. August 2003, S. 16. 79 Loh/Wimmer, WM 1996, S. 1941, 1947; Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 110; vgl. § 103 Abs. 8 Satz 1 HGO. 80 Vgl. § 146 Abs. 1 Satz 1 HGO. Die Verfolgung dinglicher Rechte ist jedoch vom Erfordernis der Zulassungsverfügung ausgenommen, so dass die Bestellung von dinglichen Sicherheiten bei der Kreditaufnahme den Vollstreckungsschutz beseitigen
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die Aufsichtsbehörde bedarf, was für den betreibenden Gläubiger eine schwer einzuschätzende Beschränkung darstellt.81 Da bei der Kommunalkreditfinanzierung also im Grundsatz keine dinglichen Sicherheiten durch die Kommune bestellt werden, handelt es sich beim Kommunalkredit um einen ungesicherten Personalkredit.82 Die fehlende Bestellung von Sicherheiten ist aber auch unabhängig von der Bonität der Kommune für den Kreditgeber in der Praxis kein Nachteil, nachdem die kommunale Körperschaft als so genannte „ewige Körperschaft“83 nach der Insolvenzordnung insolvenzfest ist84 und für den Kreditgeber damit ein Ausfallrisiko nicht besteht.85 cc) Vergleich mit einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln Die kommunale Leasingfinanzierung und die Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln weisen aufgrund der unterschiedlichen Strukturen beider Finanzierungsmodelle wenige strukturelle Gemeinsamkeiten, dafür aber weit reichende Unterschiede auf. Die hauptsächliche Gemeinsamkeit beider Finanzierungsmodelle besteht darin, dass es sich jeweils um Modelle zur Finanzierung einer kommunalen Investition handelt und somit beide Finanzierungsmodelle durch die Kommune zur Realisierung eines Investitionsvorhabens genutzt werden können. Der bedeutendste strukturelle Unterschied beider Finanzierungsmodelle liegt in dem Umstand, dass die kommunale Leasingfinanzierung im Gegensatz zu der kommunalen Innenfinanzierung auf der Hinzuziehung einer privaten Partei als Finanzierungspartner basiert. Hieraus ergeben sich bei der kommunalen Leasingfinanzierung rechtliche Verpflichtungen der Kommune, die bei der Finanzierung einer Investition aus kommunalen Eigenmitteln nicht auftreten. Die kommunale Leasingfinanzierung führt folglich im Gegensatz zu der Finanziewürde. Das grundsätzliche Verbot der Sicherheitenbestellung durch die Kommune wirkt daher mit der Regelung über den Vollstreckungsschutz zusammen und gewährleistet diesen durch die Nichtbestellung von Sicherheiten im Regelfall. 81 Voitl, Der langfristige Kredit Ausgabe 8/1999, S. 7, 11. Dem Schutzzweck der Zulassungsverfügung unterliegt in der Regel das Finanzvermögen und das sonstige Vermögen der Gemeinde, soweit es für die laufenden Kosten der Verwaltung und Versorgung, aber auch für notwendige Investitionen unentbehrlich ist, Cromme, ZBB 3/ 1996, S. 230, 231. 82 Goedecke/Kerl/Scholz, Die deutschen Hypothekenbanken, S. 190. 83 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 146. 84 Vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO i. V. m. § 146 Abs. 2 HGO. 85 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 158; Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 44; vgl. Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 111.
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rung aus kommunalen Eigenmitteln zu rechtlichen Einschränkungen der kommunalen Körperschaft. Insbesondere erwirbt die kommunale Körperschaft bei dem Einsatz einer kommunalen Leasingfinanzierung zu Zwecken der Realisierung der Investition kein Eigentum an dem Investitionsgegenstand. Die weiteren Unterschiede zwischen einer kommunalen Leasingfinanzierung und den traditionellen kommunalen Finanzierungsmodellen sollen nachfolgend vornehmlich anhand eines Vergleichs der Strukturen der Kommunalkreditfinanzierung und der kommunalen Leasingfinanzierung dargestellt werden.86 dd) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung Auch bei einem Vergleich der Strukturen einer Kommunalkreditfinanzierung und der kommunalen Leasingfinanzierung ergeben sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede. Beiden Finanzierungsformen gemeinsam ist die Zusammenarbeit der Kommune mit einem privaten Vertragspartner. Sowohl beim Einsatz eines Kommunalkreditvertrages als auch beim Abschluss eines Leasingvertrages schließt die kommunale Körperschaft dem Privatrecht unterliegende Verträge mit einer außerhalb der öffentlichen Verwaltung stehenden Partei ab, mit deren Hilfe sie ihr Vorhaben realisiert. Zudem ist auch der Darlehensvertrag ebenso wie der Leasingvertrag für einen bestimmten bei Vertragsbeginn fixierten Zeitraum unkündbar, wenngleich hier schon ein erster Unterschied beider Finanzierungsmodelle deutlich wird. Denn im Gegensatz zu den Abreden eines Leasingvertrages beläuft sich die durch die Unkündbarkeit entstehende rechtliche Bindungswirkung beim Darlehensvertrag nur auf einen Teil der gesamten Vertragslaufzeit. Bei 86 Aufgrund der strukturellen Gemeinsamkeit der Hinzuziehung einer privaten Partei zur Durchführung einer kommunalen Investitionsfinanzierung bietet sich das traditionelle Finanzierungsmodell des Kommunalkredits als besonders geeignetes Vergleichsmodell zur Veranschaulichung der Strukturunterschiede zu den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen wie beispielsweise der kommunalen Leasingfinanzierung und mithin zur Untersuchung der über die bloße Beteiligung eines Privaten als Kapitalgeber hinausgehenden Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle an. Hinzu kommt, dass die Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln angesichts der Haushaltslage der kommunalen Körperschaften, die gerade den Anlass für den zunehmenden Einsatz neuer kommunaler Finanzierungsmodelle bildet, den kommunalen Entscheidungsträgern in der Praxis heute nahezu unmöglich geworden ist. Aus diesem Grund legen auch die Vergleiche der anderen untersuchungsgegenständlichen neuen kommunalen Finanzierungsmodelle mit den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung den Schwerpunkt auf den jeweiligen Vergleich des neuen kommunalen Finanzierungsmodells mit einer Kommunalkreditfinanzierung. Dieses Vorgehen entspricht auch der in der Praxis üblichen Untersuchungsweise. Denn auch dort stellt der Kommunalkredit den Beurteilungsmaßstab für neue kommunale Finanzierungsmodelle dar, Zimmermann, Forschung und Praxis 1997, S. 6 des Artikels; Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 42; vgl. auch Seitz in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 86.
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Amortisationsdarlehen ist damit die an die Zinsbindungsfrist geknüpfte Mindestlaufzeit des Darlehensvertrages in der Regel kürzer als die Laufzeit einer Leasingfinanzierung. Das gleiche gilt für die Laufzeiten der zunehmend im Rahmen der Kommunalkreditfinanzierung genutzten Raten- bzw. Gesamtbetragsdarlehen. Es ergeben sich bei einem Vergleich der beiden Finanzierungsmodelle weitere, teils weitgehende strukturelle Unterschiede zwischen einer Kommunalkredit- und einer Leasingfinanzierung einer kommunalen Investition. Bei der Kommunalkreditfinanzierung besteht die vertragliche Hauptleistung des privaten Partners ausschließlich darin, das Kapital zur Verfügung zustellen, welches die Kommune in der Folge zur Finanzierung des Investitionsvorhabens einsetzt. Bei der Nutzung eines Kommunalkredites investiert die Gebietskörperschaft folglich selbst.87 Aufgrund der entsprechend limitierten Funktion des privaten Vertragspartners in der Umsetzung des Vorhabens ist die Kommune nach Fertigstellung des kommunalen Investitionsvorhabens trotz der Nutzung von am Kapitalmarkt beschafften privaten Mitteln in ihren Verfügungsmöglichkeiten über den Investitionsgegenstand nicht beschränkt. Die kommunale Körperschaft als Kreditnehmerin wird von Anfang an aufgrund Kauf- oder Werkvertrages Eigentümerin des kreditfinanzierten Gegenstandes.88 Nach Fertigstellung der Maßnahme unterliegt sie daher ausschließlich der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag. Da mit dem Kommunalkredit keine besonderen Sicherheitsleistungen einhergehen, ist das Grundstück in der Regel nicht durch eine Hypothek oder Grundschuld belastet. Der private Partner der kommunalen Körperschaft kann somit aus dem Umstand der vertraglichen Zusammenarbeit zu Zwecken der Finanzierung des kommunalen Vorhabens mangels rechtlicher Verpflichtung der Kommune keine weitergehenden Rechte geltend machen. Mit dem aus der unbelasteten Eigentümerposition erwachsenden rechtlichen Handlungsspielraum geht der kommunalpolitische Spielraum hinsichtlich des Ob und Wie der Nutzung des kommunalen Wirtschaftgutes bei veränderten Anforderungslagen einher. Anders stellt sich die Rechtslage und damit auch die faktischen Verfügungsmöglichkeiten der Kommune bei der Umsetzung der kommunalen Finanzierung durch Leasingvertrag dar. In diesem Fall ist die Kommune in ihren Handlungsoptionen aufgrund rechtlicher Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag in weitaus umfangreicherem als dem oben beschriebenen Maße beschränkt. Dies wird durch den Umstand, dass die Kommune nur Leasingnehmerin der Immobilie wird und folglich in Bezug auf das Gebäude keine Eigentümerrechte innehat, begründet. Zudem übernimmt die kommunale Körperschaft trotz ihrer Vertrags87 Zimmermann, Forschung und Praxis 1997, S. 6 des Artikels; Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden, S. 122, Rn. 147. 88 Vgl. Bruckner, Kommunalwirtschaft 2000, S. 357, 368; Tacke, Leasing, S. 5.
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position als Leasingnehmerin zusätzlich das materielle Investitionsrisiko des Eigentümers. Sie trägt damit in etwa dieselben Risiken, die sie beim Erwerb respektive der eigenen Herstellung des Investitionsgegenstandes zu tragen hätte, obschon sie nur Mieter ist.89 Dieser Effekt verstärkt sich, wenn die Kommune zusätzlich das auf die Verwertung des Objekts bezogene wirtschaftliche Risiko des Leasinggebers aus der Finanzierung übernimmt, gleichwohl sie nur im Falle einer Andienung des Leasinggegenstandes durch den Leasinggeber in diesem Fall auch Eigentümerin wird. Während sich die Wirkung einer Kommunalkreditfinanzierung folglich im Wesentlichen auf die Rückzahlungsverpflichtung der ausgekehrten Darlehenssumme beschränkt und jedenfalls keinen unmittelbaren Bezug zu der kommunalen Investitionsmaßnahme aufweist, entfaltet der kommunale Leasingvertrag über die Mietzahlungsverpflichtung hinaus vielfältige anlagebezogene Vertragspflichten und Risikoübernahmen der Kommune. Diese rechtlichen Wirkungen bestehen, im Gegensatz zum Kommunalkreditvertrag, der nach Ablauf der Zinsfestschreibungsfrist gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig kündbar ist, in zeitlicher Hinsicht über die gesamte Dauer der vereinbarten Grundmietzeit. Durch die Hinzuziehung des privaten Vertragspartners in der Umsetzung des kommunalen Projektes ergeben sich mithin bei einer Finanzierung mittels kommunalen Leasings wesentlich weitreichendere rechtliche Beschränkungen der Kommune, die vor allem aus der im Vergleich zur Finanzierung des Investitionsvorhabens mittels Kommunalkredit unterschiedlichen Eigentümerposition resultieren. Eine Beschränkung besteht aber auch in der Umschichtung des Investitionsrisikos. Dieses liegt zwar bei dem Einsatz einer Kommunalkreditfinanzierung auch bei der kommunalen Körperschaft, ist dann aber Ausfluss der Eigentümerrechte der Kommune und geht daher mit diesen auch wirtschaftlich einher. Schließlich ist unter dem Gesichtspunkt der Finanzierungskosten beider Modelle anzuführen, dass die Finanzierungskonditionen bei einer kommunalen Kreditaufnahme aufgrund der besonderen kommunalen Bonität vorteilhafter sind als diejenigen einer Leasingfinanzierung, sofern sich der private Partner am Kapitalmarkt refinanzieren muss.90
89 Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 29. 90 Rehm, Forschung und Praxis 1997, S. 11 des Artikels; Odenwald in Budäus/ Eichhorn, Public Private Partnership S. 145, 150.
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d) Bewertung Es stellt sich die Frage, wie das neue kommunale Finanzierungsmodell der Leasingfinanzierung unter Berücksichtigung der beschriebenen strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu bewerten ist. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Rechtsposition der Kommune beim Einsatz letzteren Modells schon aufgrund des Mangels an Eigentümerrechten hinsichtlich der Immobilie deutlich schwächer ist als bei einer Finanzierung des Vorhabens durch kommunale Eigenmittel oder auch mittels eines Kommunalkredites. Die Rechtsstellung der Kommune wird zudem dadurch belastet, dass die kommunale Körperschaft trotz ihrer vergleichsweise schwachen rechtlichen Position als Leasingnehmer das auf die Immobilie bezogene Investitionsrisiko trägt. Zudem bestehen die beschriebenen Wirkungen aus dem Leasingvertrag für die Kommune über die gesamte Grundmietzeit, d.h. die Kommune ist über diesen vertraglich vereinbarten Zeitraum an ihre vergleichsweise schwache Vertragsposition gebunden. Unter rein rechtlichen Gesichtspunkten ist daher eine Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln oder mittels Kommunalkredit für die Kommune mit Vorzügen gegenüber der Leasingfinanzierung verbunden, da die kommunale Körperschaft insbesondere in den Vorteil der Eigentümerstellung gelangt und zudem nicht in ihrer Verfügung über das Wirtschaftsgut beschränkt ist. Von dieser Bewertung nicht erfasst sind „weiche Faktoren“ wie beispielsweise die Erzielung von Rationalisierungseffekten oder mögliche spätere Serviceleistungen durch die Leasinggesellschaft,91 da diese bei der Analyse der rechtlichen Auswirkungen dieses Finanzierungsmodells auf die Kommune nicht entscheidungserheblich sind. 2. Kommunale Leasingfondsfinanzierung Die kommunale Leasingfondsfinanzierung baut auf dem Prinzip der Finanzierung einer öffentlichen Investition durch den Abschluss eines Leasingvertrages auf, stellt jedoch eine Erweiterung des kommunalen Leasingfinanzierungsmodells und damit des öffentlichen Finanzierungsleasing dar.92 Leasingfondsfinanzierungen sind bislang von Kommunen beispielsweise für den Bau von Verwaltungs- und Schulgebäuden sowie Kulturzentren und Parkhäusern eingesetzt worden.93 91 92 93
Rehm, Forschung und Praxis 1997, S. 12 des Artikels. Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 442. Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 188.
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a) Grundstruktur Bei einer Fondsfinanzierung tritt anstelle der Leasinggesellschaft in der Regel ein Immobilienfonds als Objektgesellschaft und Eigentümer des Leasingobjektes auf.94 Im Unterschied zum herkömmlichen Finanzierungsleasing, bei dem sich die Leasinggesellschaft ausschließlich über Fremdkapital finanziert,95 wird bei der Fondsfinanzierung nur zu einem geringen Anteil Fremdkapital und ein wesentlicher Teil des benötigten Kapitals über den Verkauf von Fondsanteilen der Objektgesellschaft96 als deren Eigenkapital eingebracht.97 Es handelt sich hierbei um sogenannte geschlossene Immobilienfonds,98 mittels derer ein begrenzter Kreis von Geldanlegern zur wesentlichen Mitfinanzierung eines genau definierten kommunalen Investitionsprojektes beiträgt.99 Als geschlossener Immobilienfonds werden mithin Sondervermögen aus Immobilien bezeichnet, deren Finanzierung zum einen durch den Verkauf von Anteilszertifikaten und zum anderen durch die Aufnahme von Fremdkapital erfolgt. Wenn über den Verkauf von Anteilszertifikaten das für das Objekt vorgesehene Eigenkapital aufgebracht ist, wird der Fonds geschlossen, weil er nach seiner Zweckbestimmung ausschließlich auf die Finanzierung eines einzelnen bzw. mehrerer definierter Projekte ausgerichtet ist.100 Die Fondsgesellschaft nimmt somit die Funktion eines Vehikels zur Kapitalbeschaffung wahr.101 Diese Form der Finanzierung knüpft an die Überlegung an, privates anlagesuchendes Kapital in die Finanzierung kommunaler Investitionsprojekte einzubinden.102 Aufgrund von Steuervorteilen sind private Fondsanteilzeichner an einem Kauf der Anteile der Objektgesellschaft interessiert und zugleich zu Konditionszugeständnissen bei der Eigenkapitalverzinsung bereit. Die Zeichner der Fondsanteile akzeptieren so regelmäßig eine niedrige Anteilsrendite vor Steuern, da sie in den Genuss einer Anteilsrendite nach Steuern kommen und zugleich das Ausfallrisiko ihrer privaten Investition gering ist.103 94
Krähmer, Der Gemeindehaushalt 1992, S. 241, 242. Siehe Abschnitt C. I. 1. 96 Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 4, Rn. 27. 97 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 60; Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 112; Krähmer, Der Gemeindehaushalt 1992, S. 241, 242. 98 Tacke, Leasing, S. 164; Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 111. 99 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 186. 100 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 111. 101 Vgl. Stober, NJW 1984, S. 449, 451. 102 Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 29; Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 111; vgl. Willms, Der Gemeindehaushalt 1985, S. 126, 127. 103 Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 442; vgl. Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 428, Rn. 673e. 95
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Die Beteiligung der Eigenkapitalgeber findet über die Erbringung von Kommanditeinlagen der Fondsgesellschaft, bei der es sich in der Regel um eine GmbH & Co. KG handelt, statt.104 Die von privaten Anlegern gezeichneten Kommanditanteile werden häufig von einer als Treuhandkommanditist zwischengeschalteten Bank verwaltet.105 Um die Finanzierungskosten bezüglich des dennoch aufgenommenen Fremdkapitalanteils zu senken, kann die Kommune hierfür eine Bürgschaft stellen.106 Häufig stellt die als Leasingnehmer fungierende Kommune der Fondsgesellschaft auch die Baugrundstücke, zum Beispiel auf Erbpachtbasis, zur Verfügung.107 Die Einrichtung der Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG ermöglicht zugleich die Beteiligung der Kommune an der Gesellschaft.108 In diesem Fall liegt eine gesellschaftsrechtliche Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren vor.109 Zweck der Fondsgesellschaft ist die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.110 Hinsichtlich der Ausgestaltung des zwischen Fondsgesellschaft und der kommunalen Körperschaft geschlossenen Leasingvertrages ergeben sich zu der kommunalen Leasingfinanzierung mit ausschließlichem Fremdkapitaleinsatz 111 keine Änderungen.112 So werden auch Leasingverträge im Rahmen einer Fondsfinanzierung regelmäßig als Teilamortisationsverträge abgeschlossen.113 Die Leasingfondsfinanzierung unterscheidet sich daher von der Leasingfinanzierung ohne Einsatz einer Fondsgesellschaft nur durch die gesellschaftsrechtliche Konstruktion auf der Leasinggeberseite,114 welche eine Beteiligung privater Eigenkapitalgeber ermöglicht. Auf die Vertragsgestaltung hat dies im Vergleich zur 104 Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 428, Rn. 673e; Kirchhoff/Henning in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 322; Tacke, Leasing, S. 265; vgl. Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 60. 105 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 187; Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 60; Jünger/Walter/ Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 112. 106 Kirchhoff/Henning in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 322. 107 Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 187. 108 Zu den Möglichkeiten und der Zulässigkeit der Beteiligung kommunaler Körperschaften an privatrechtlichen Gesellschaften unter dem Gesichtspunkt des kommunalrechtlichen Gebots der Beschränkung der mit der kommunalen Beteiligung verbundenen Haftung siehe Böhm, Öffentlich-Private Partnerschaften in der Stadtentwicklung, Seite 148. 109 Horn, LKV 1996, S. 81, 82; vgl. auch Stober, NJW 1984, S. 449, 451. 110 Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 31. 111 Siehe Abschnitt C. I. 1. 112 Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 60. 113 Tacke, Leasing, S. 265.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Leasingfinanzierung unter ausschließlichem Fremdkapitaleinsatz mit der Kommune nur dann Auswirkungen, wenn die Kommune zu Zwecken der Senkung der Fremdkapitalkosten eine Bürgschaft stellt oder sich an der Fondsgesellschaft beteiligt. Zwar ist die Bedeutung dieser Finanzierungsmöglichkeit von Investitionen der öffentlichen Hand durch die zum 1.4.1999 in Kraft getretene Steuerreform115 stark zurückgegangen116 und die Leasingfonds-Konstruktionen stehen unter einem deutlichen Kostendruck.117 Gleichwohl handelte es sich bei dem Fondsmodell nach wie vor um eine genutzte Finanzierungsform.118 b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft Da eine kommunale Leasingfondsfinanzierung sich in der Vertragsgestaltung des zwischen Fondsgesellschaft und der kommunalen Körperschaft geschlossenen Leasingvertrages nicht vom Modell der kommunalen Leasingfinanzierung unterscheidet, wird an dieser Stelle auf die Ausführungen hinsichtlich der Wirkungen der kommunalen Leasingfinanzierung119 verwiesen. Im Falle einer Beteiligung der Kommune an der Objektgesellschaft ist jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass die kommunale Körperschaft in Höhe des Beteiligungsbetrages zusätzlich ein Ausfallrisiko trägt. Dieses ist jedoch begrenzt, da die kommunalhaushaltsrechtlichen Bestimmungen in den Ländern die Beteiligung von Kommunen an privaten juristischen Personen stark reglementieren.120 Weitere rechtliche Verpflichtungen können sich ergeben, wenn die Kommune eine Bürgschaft für die Fremdkapitalaufnahme der Fondsgesellschaft stellt.
114 Kirchhoff/Henning in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 322; vgl. auch Rehm, Neue Wege zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, ZögU, Beiheft 18, S. 30. 115 Diese Entwicklung war insbesondere Folge der Einführung der Regelung des § 2b Einkommenssteuergesetz, nach dem negative Einkünfte aus Verlustzuweisungsgesellschaften nicht mehr mit anderen Einkünften ausgeglichen werden dürfen, wenn beim Erwerb die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund steht, Seitz in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 79. 116 Vgl. Feinen, Das Leasinggeschäft, S. 77. 117 Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 442. 118 Vgl. Feinen, Das Leasinggeschäft, S. 77. 119 Siehe Abschnitt C. I. 1. b). 120 So stellen beispielsweise §§ 122 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 HGO die Beteiligung der Gemeinde an einer Gesellschaft unter anderem unter den Vorbehalt, dass die Haftung und die Einzahlungsverpflichtung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt ist.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln Auch die kommunale Leasingfondsfinanzierung unterscheidet sich von der kommunalen Innenfinanzierung aus Eigenmitteln in der Hauptsache dadurch, dass die Kommune bei ersterem Finanzierungsmodell kein Eigentum an dem Investitionsgegenstand erwirbt und weiteren rechtlichen Wirkungen unterliegt, die im wesentlichen denjenigen der kommunalen Leasingfinanzierung entsprechen. Hinzu kommen begrenzte Ausfallrisiken der Kommune im Falle der Stellung einer Bürgschaft hinsichtlich der Fremdkapitalaufnahme der Fondsgesellschaft sowie im Falle einer Beteiligung der Kommune an der Objektgesellschaft. d) Vergleich mit der Kommunalkreditfinanzierung Bei einem Vergleich der kommunalen Leasingfondsfinanzierung mit dem Kommunalkredit ist aufgrund der regelmäßigen strukturellen Identität hinsichtlich der zwischen Kommune und Fondsgesellschaft bzw. zwischen Kommune und einem sich ausschließlich über Fremdkapital finanzierenden Leasinggeber abgeschlossenen Leasingverträgen im Ergebnis festzuhalten, dass sich durch die Hinzuziehung des Privaten in der Umsetzung des kommunalen Projektes weitreichende Beschränkungen der Kommune ergeben, die vor allem aus dem auch bei der Leasingfondsfinanzierung auftretenden Mangel an der rechtlichen Position des Eigentums auf Seiten der Kommune resultieren. Bei einer Leasingfondsfinanzierung ist zudem festzustellen, dass die Kommune im Falle ihrer Beteiligung an der Objektgesellschaft zusätzlich Eigenkapital aufwenden muss. Ein weiterer Unterschied zur Kommunalkreditfinanzierung liegt vor, wenn die Kommune zur Senkung der Finanzierungskosten der Objektgesellschaft eine Bürgschaft stellt. Hierin liegt, verglichen mit der Kommunalkreditfinanzierung, eine weitere Einschränkung der Rechtsposition der kommunalen Körperschaft, da die Kommune in diesem Fall das Ausfallrisiko des Fremdkapitalgebers der Objektgesellschaft zu eigenen Lasten minimiert. e) Bewertung Es ist daher auch hinsichtlich der kommunalen Leasingfondsfinanzierung festzustellen, dass die Rechtsposition der Kommune aufgrund des Mangels an Eigentümerrechten im Vergleich zur Finanzierung über Kommunalkredit deutlich schwächer ist. Auch bei der Leasingfondsfinanzierung wird die Rechtsstellung der Kommune zudem durch den Umstand belastet, dass die kommunale Körperschaft das auf die Immobilie bezogene Investitionsrisiko trägt und die beschriebenen Wirkungen aus dem Leasingvertrag für die Kommune über die
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
gesamte Grundmietzeit bestehen. Hinzu kommt gegebenenfalls die Beteiligung an der Objektgesellschaft, welche Eigenkapital der Kommune bindet und zudem Ausfallrisiken begründet, sowie die etwaige Übernahme einer Bürgschaftsverpflichtung zu Gunsten der Objektgesellschaft. Auch die Leasingfondsfinanzierung ist daher unter rein rechtlichen Gesichtspunkten mit Beschränkungen der Kommune gegenüber der Finanzierung über Kommunalkredit verbunden. Diese Beschränkungen sind unter Umständen durch die beschriebenen möglichen zusätzlichen Verpflichtungen der Kommune als Gesellschafterin oder Bürgin im Vergleich zur Leasingfinanzierung unter ausschließlichem Einsatz von Fremdkapital noch umfangreicher als jene einer Leasingfinanzierung ohne Nutzung der Fondsstruktur. 3. Kommunales Sale-and-lease-back Eine weitere besondere Form des kommunalen Leasings ist das sogenannte Sale-and-lease-back, im Deutschen Finanzierung über Verkauf und Rückanmietung.121 a) Grundstruktur Bei dem Finanzierungsmodell des Sale-and-lease-back ist die Kommune in der Ausgangssituation Eigentümerin einer Immobilie, welche sie in Eigenregie erstellt und in der Regel aus dem Haushalt finanziert hat.122 Das vor Abschluss der Vereinbarung über das Sale-and-lease-back mit einem Privaten bereits bestehende Eigentum an der Immobilie seitens der kommunalen Körperschaft stellt hierbei den wesentlichen Unterschied zu der schon geschilderten kommunalen Leasingfinanzierung bzw. der kommunalen Leasingfondsfinanzierung dar. Die im Eigentum der Kommune stehende Immobilie wird seitens der kommunalen Körperschaft dann für eine Sale-and-lease-back Finanzierung vorgesehen, wenn die Immobilie nach dem Willen der Kommune zwar veräußert, trotzdem aber weiterhin zu Zwecken kommunaler Aufgabenerfüllung genutzt werden soll. Die Kommune veräußert die Immobile in diesem Fall im Rahmen des Sale-and-lease-back Finanzierungsmodells an einen Privaten.123 Sofort nach der Veräußerung mietet sie die Immobilie jedoch im Wege eines Finanzierungsleasing124 von dem privaten neuen Eigentümer in einem Rückanmietungsvertrag 121 Im kommunalen Bereich bestand eine der ersten öffentlich bekannt gemachten Sale-and-lease-back Transaktionen im Jahr 1994 in dem Verkauf und der anschließenden Rückanmietung des Technischen Rathaus der Stadt Frankfurt, welches 1973 fertig gestellt wurde, Feinen, Kommunales Leasing, S. 26. 122 Vgl. Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 102. 123 Schwarting, ZKF 2002, S. 186.
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zurück.125 Im Rahmen einer Sale-and-lease-back Vereinbarung tauscht die Kommune mithin ihre Eigentümerposition gegen die Position des öffentlichen Leasingnehmers, während der Private Eigentümer der kommunalen Immobilie aufgrund des Rückmietvertrages Leasinggeber wird. Wenn die zeitlichen Abläufe der Erstellung des Leasingobjektes und der Veräußerung durch die Kommune eng beieinander liegen, so handelt es sich finanzierungstechnisch noch um eine neue Anlage, unter rechtlichen Gesichtspunkten ist der Leasinggegenstand jedoch immer gebraucht.126 Im Vordergrund der Anwendung dieses Finanzierungsmodells durch die kommunalen Körperschaften steht in der Regel die Geldbeschaffung durch den Verkauf von vorhandenen kommunalen Immobilien,127 d.h. die Freisetzung gebundenen Kapitals und damit von Liquidität.128 Es sind daher vorwiegend Haushaltsengpässe, die im Bereich der öffentlichen Verwaltung zur Anwendung von Sale-and-lease-back Modellen führen.129 In der Vergangenheit sind jedoch auch Sale-and-lease-back Finanzierungen entwickelt worden, bei denen der private Investor nicht nur das kommunale Objekt übernimmt, sondern gleichzeitig für die Sanierung Sorge trägt und das sanierte Objekt wiederum an die Kommune verleast.130 Die Inhalte des bei einer Sale-and-lease-back Transaktion abgeschlossenen Leasingvertrags unterscheiden sich nicht wesentlich von jenen einer reinen Leasingfinanzierung.131 Auch hier wird entsprechend der Gestaltung reiner Leasingverträge eine unkündbare Grundmietzeit vereinbart.132 Zudem kommt es in der Praxis in der Regel auch zu einer mit einer reinen Leasingfinanzierung vergleichbaren Übernahme der Anlagerisiken durch die Kommune,133 wobei hier 124
Röhrenbacher/Fleischer, Leasing versus Kredit, S. 195. DStGB, Dokumentation Nr. 28, S. 8; Jahndorf, NVwZ 2001, S. 620, 625, vgl. Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 427, Rn. 673d. 126 Vgl. Tacke, Leasing, S. 91. 127 Kirchhof, DÖV 1999, S. 242, 243. 128 Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 4, Rn. 35; vgl. Tacke, Leasing, S. 92. Neben der Bilanzverkürzung ist der Liquiditätszufluss auch in der Privatwirtschaft das hauptsächliche Motiv für den Abschluss einer Sale-and-lease-back Transaktion, siehe Grübler, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 19/2003, S. 32. 129 Jahndorf, NVwZ 2001, S. 620, 625. 130 Schwarting, ZKF 2002, S. 186, 187. 131 Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 132 Vgl. Tacke, Leasing, S. 95. 133 Siehe hierzu Abschnitt C. I. 1. b) bb). Anders kann es im Einzelfall sein, wenn mit dem Sale-and-Lease-back Geschäft auch eine erhebliche Investitionsleistung des privaten Vertragspartners der Kommune verbunden ist, siehe Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 8. 125
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die genaue Vertragsgestaltung insbesondere von der Beschaffenheit des Leasingobjektes und dessen theoretischer Verwendbarkeit für den Leasinggeber außerhalb einer kommunalen Nutzung abhängt. Davon abgesehen sieht der im Rahmen einer Sale-and-lease-back Transaktion abgeschlossene Leasingvertrag in der Regel zudem eine Kaufoption der Kommune in Bezug auf den Leasinggegenstand zum Ende der Vertragslaufzeit zu einem bei Vertragsabschluss vereinbarten Kaufpreis vor.134 Übt die Kommune die Kaufoption aus, wird sie erneut Eigentümerin des zuvor an den privaten Finanzierungspartner veräußerten Leasinggegenstandes. b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft Die Sale-and-lease-back Finanzierung, bei der es sich bei genauer Analyse um zwei verschiedene, sich aber ergänzende Finanzierungsmodelle handelt, entfaltet für die Kommune vielfältige rechtliche Wirkungen. Im Rahmen des ersten Finanzierungsmodells, das die Veräußerung des kommunalen Gegenstandes zu Zwecken der Kapitalbeschaffung beinhaltet, verliert die Kommune zunächst ihr Eigentum an der Immobilie und kann in der Folge, jedenfalls über die Laufzeit des Leasingvertrages, keine Eigentümerrechte mehr daran geltend machen. Im Rahmen des zweiten Finanzierungsmodells, das in der Rückanmietung im Wege des an die Veräußerung anknüpfenden Leasingvertrages besteht, unterliegt die kommunale Körperschaft wiederum den bereits beschriebenen, für das Leasing typischen Vertragsbedingungen. c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln Der Vergleich einer sale-and-lease-back Finanzierung mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln muss die weitgehend unterschiedlichen Grundstrukturen der Finanzierungsmodelle berücksichtigen. Während mit der sale-and-lease-back Transaktion im Rahmen des zunächst erfolgenden Veräußerungsgeschäftes kommunales Eigentum zu Gunsten kurzfristiger Liquiditätsbeschaffung135 jedenfalls auf Zeit136 verloren geht, schafft die 134 Notizen des Gesprächs mit Herrn Josef Oelschläger, Abteilungsdirektor Zielkundenmanagement Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen v. 30. April 2004. 135 Auch soweit mit der Sale-and-lease-back Transaktion die Sanierung des Leasinggegenstandes vereinbart wird, resultiert dies für die Kommune de facto in der Ersparnis von Investitionskosten und damit in einer mittelbaren Verbesserung der kommunalen Haushaltslage. Insoweit ergibt sich in Bezug auf den Vergleich der Sale-andlease-back Finanzierung mit den traditionellen Formen kommunaler Investitionsfinanzierung keine relevante Abweichung zwischen dem auf die reine Liquiditätsbeschaf-
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Kommune mit einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln in der Regel gerade Wirtschaftsgüter, an denen sie auch Eigentum erwirbt. Hierin liegt der weitestgehende Unterschied beider Finanzierungsmodelle, deren grundsätzliche strukturelle Verschiedenheit sich vor allem daraus ergibt, dass die Kommune eine Sale-and-lease-back Finanzierung immer dann erwägen wird, wenn sie sich in einer Haushaltslage befindet, in der auch für Investitionsfinanzierungen nicht mehr ausreichende Eigenmittel vorhanden sind. Bewertet man die Strukturen beider Finanzierungsformen hinsichtlich des auf die Veräußerung nachfolgenden Leasinggeschäftes, so gilt hier aufgrund der regelmäßig gleichen Vertragselemente bei einer reinen Leasingfinanzierung und dem Leasingvertrag beim Sale-and-lease-back im Wesentlichen das zu den Unterschieden einer regulären Leasingfinanzierung und einer Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln bereits Ausgeführte.137 d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung Auch bei einem Vergleich der Sale-and-lease-back Finanzierung mit einer Finanzierung mittels Kommunalkredit ergeben sich weit reichende Unterscheide bezüglich der Grundstrukturen und rechtlichen Wirkungen der Finanzierungsmodelle. Hinsichtlich des auf die Veräußerung des kommunalen Gegenstandes bezogenen Teils des Vertragswerkes lässt sich feststellen, dass die Kommune bei einer Sale-and-lease-back Finanzierung Kapital ausschließlich durch die Veräußerung des kommunalen Vermögensgegenstandes erhält, während ihr im Rahmen einer Kommunalkreditfinanzierung auf Zeit Kapital zur Investitionsfinanzierung gegen die vertragliche Leistung von Tilgung und Zinsen durch eine Kreditgeber zur Verfügung gestellt wird. Es besteht insofern ein wesentlicher Unterschied beider Finanzierungsmodelle hinsichtlich der vertraglichen Gegenleistung der Kommune für die Zurverfügungstellung des Kapitals durch den privaten Vertragspartner. Zudem besteht ein wesentlicher Unterschied zu der zu Investitionszwecken genutzten Kommunalkreditfinanzierung darin, dass die Kommune beim Saleand-lease-back die Veräußerung des kommunalen Gegenstandes nicht als Alternative zur Investitionsfinanzierung, sondern vielmehr vornehmlich als Mittel zur Liquiditätsbeschaffung nutzt. Damit unterscheidet sich der Zweck der Zusamfung gerichteten und dem eine Sanierung des Investitionsgegenstandes einbeziehenden Modell. 136 Ob die Sale-and-lease-back Transaktion zu einem endgültigen Eigentumsverlust führt, hängt davon ab, ob die Kommune am Ende der Laufzeit des Leasingvertrages die Kaufoption ausübt oder nicht. 137 Siehe Abschnitt C. I. 1. c) cc).
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
menarbeit mit der privaten Partei bei einer Sale-and-lease-back Finanzierung grundlegend von der Kommunalkreditfinanzierung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn mit dem Sale-and-lease-back Geschäft keine Sanierung des Leasinggegenstandes durch den privaten Vertragspartner verbunden wird. Aber selbst gesetzt diesen Fall wird die Kommune die Transaktion immer auch unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung ihrer Liquidität abschließen. In Bezug auf den der Veräußerung nachfolgenden Rückanmietungsvertrag ist festzuhalten, dass die Kommune auch bei einer Sale-and-lease-back Vereinbarung wiederum den typischen, im Vergleich zu einer Kreditfinanzierung weiter reichenden rechtlichen Beschränkungen unterliegt. Diese bestehen vor allem aufgrund des Mangels an der Eigentümerposition hinsichtlich des an den Privaten veräußerten Leasinggegenstandes. Bei Abschluss einer Sale-and-lease-back Finanzierung liegt jedoch die Besonderheit vor, dass die kommunale Körperschaft diese Eigentümerposition kurz zuvor erst zu Zwecken der Kapitalbeschaffung aufgegeben hat, was freilich an ihrer nach Abschluss des Leasingvertrages im Vergleich zum Kommunalkredit schwächeren Rechtsposition nichts ändert. Schlussendlich ist auch bezüglich des Rückanmietungsvertrages festzustellen, dass die Kommune den Leasingvertrag in der Regel nicht als Alternative zur Investitionsfinanzierung, sondern als notwendige Folge der vorherigen Veräußerung des kommunalen Gegenstandes abschließt. Daher handelt es sich beim Sale-and-lease-back streng genommen nur bei dem ersten Vertragsschluss zu Zwecken der Veräußerung des kommunalen Gegenstandes um ein Finanzierungsmodell für die Kommune. Der anschließende Leasingvertrag soll hauptsächlich die weitergehende Nutzung des Gegenstandes durch die Kommune sicherstellen und erfolgt jedenfalls nicht primär unter Finanzierungsgesichtspunkten.138 Denn selbst wenn die Kommune sich aufgrund der Vertragsposition des langfristigen Mieters im Vergleich zu ihrer früheren Eigentümerposition finanzielle Vorteile verspricht, so kommt es im Rahmen des vorangehenden Verkaufs des Gegenstandes an den Privaten zu dem für die Kommune relevanten Liquiditätszuwachs. Das Sale-and-lease-back Modell wird folglich von der Ausrichtung auf die Gesamteinnahmen des kommunalen Haushaltes statt vom Bezug auf ein konkretes Anschaffungsvorhaben geprägt.139 e) Bewertung Bei einer Bewertung des Sale-and-lease-back Modells ist dieser Analyse folgend zu berücksichtigen, dass die Kommune als Teil der öffentlichen Hand die138 Eine hiervon abweichende Würdigung kann sich ergeben, wenn der private Vertragspartner der Kommune während der Vertragslaufzeit der Sale-and-lease-back Transaktion in erheblichem Umfang eigene Investitionsleistungen erbringt. 139 Kirchhof, DÖV 1999, S. 242, 243.
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ses neue kommunale Finanzierungsmodell in der Regel aufgrund eines ausschließlich kurzfristig wirkenden Liquiditätszuflusses durchführt und dabei ihre Eigentümerposition zumindest für einen bestimmten Zeitraum gegen eine wesentlich schwächere rechtliche Vertragsposition eintauscht. Da die kommunale Körperschaft zudem in Folge dieses Tauschs von Rechtspositionen den beschriebenen vertraglichen Verpflichtungen der Leasingvereinbarung wie beispielsweise der wiederum langfristigen Bindung an den Vertrag und in der Regel der Übernahme des Anlagerisikos unterliegt, ist das Modell unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten im Vergleich zu traditionellen Finanzierungsmodellen als nachteilig für die Kommune zu qualifizieren. 4. Kommunale US-Lease Transaktionen Über die bislang beschriebenen neuen kommunalen Finanzierungsmodelle hinaus haben sich kommunale Körperschaften bis zu einer Änderung der maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften im Jahr 2004140 durch Einbringung kommunaler Wirtschaftsgüter141 auch an so genannten US-Lease Transaktionen beteiligt. Dieses Finanzierungsmodell, welches wegen seiner grenzüberschreitenden Wirkung und multinationalen Vertragsparteien auch als Cross-Border-Lease Transaktion bezeichnet wird,142 basierte auf einem komplexen juristischen, insbesondere steuerrechtlichen Hintergrund.143 Auch der Abschluss von US-Lease Transaktionen wurde von Kommunen vielfach als Möglichkeit betrachtet, bestehende Finanzstrukturen zu optimieren.144 Zugleich stellten die Kommunen und kommunalnahe Unternehmen für die Anbieter von US-Lease Transaktionen unter anderem aufgrund ihrer Bonität bevorzugte Transaktionspartner dar.145
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Näher hierzu Abschnitt C. I. 4. a). In der Vergangenheit wurden beispielsweise Kläranlagen, Kanalnetze oder Messehallen in US-Lease Transaktionen eingebracht, vgl. Pschera/Enderle, DB 2002, S. 2363. Seit 1995 haben alleine Baden-Württembergische Kommunen US-Lease Transaktionen mit einem Gesamtwert von 4,455 Milliarden Euro abgeschlossen, siehe Antwort des Baden-Württembergischen Innenministeriums auf einen Antrag des Abgeordneten Oelmayer u. a. v. 7. Mai 2003, Landtagsdrucksache 13/2055, S. 3. 142 Informationsdienst des Bayerischen Städtetags Nr. 2/2003, S. 9. 143 Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85; Zur historischen Entwicklung von USLease Transaktionen siehe Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1062. 144 Biagosch/Weinand-Härer in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 112; Seitz in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 88. 145 Fricke, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 24/2003, S. 18. 141
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a) Grundstruktur 146 Parteien einer kommunalen US-Lease Transaktion waren neben der kommunalen Körperschaft ein US-amerikanisches Finanzinstitut, eine Versicherung oder ein Industrieunternehmen147 als Eigenkapitalinvestor,148 ein rechtlich selbständiges Treuhandvermögen149 nach US-amerikanischem Recht,150 Banken in der Funktion der Fremdkapitalgeber und als erfüllungsübernehmende Banken sowie gegebenenfalls eine Zwischenmietgesellschaft. 151 Ziel der bis zum Jahr 2004 abgeschlossenen US-Lease Transaktionen war und ist es, für den US-Investor steuerliche Vorteile nach US-amerikanischem Steuerrecht und für die Kommune Liquidität zu generieren.152 Eine US-Lease Transaktion wurde dabei wie folgt strukturiert: Die kommunale Körperschaft brachte im Rahmen dieses Finanzierungsmodells ein in ihrem Eigentum stehendes hochwertiges153 Wirtschaftsgut als Leasinggegenstand in die Transaktion ein. Zu diesem Zweck schloss die Kommune mit dem Trust einen langfristigen Hauptmietvertrag.154 Gegenstand dieses Hauptmietvertrages ist die Vermietung des kommunalen Wirtschaftsguts durch die Kommune an den Trust. Das rechtlich selbständige Treuhandvermögen, welches Vertragspartner der Kommune im Hauptmietvertrag ist, wurde eigens für den Zweck der Transaktion vom wirtschaftlich aus dem Trust berechtigten US-Eigenkapitalinvestor errichtet.155 Der Trust vermietete den kommunalen Vermögensgegen146 Bei US-Lease Transaktionen kamen in der Regel keine vom Eigenkapitalinvestor vorgegebenen starren Vertragsentwürfe zum Einsatz, sondern es bestand ein erheblicher Verhandlungsspielraum der Vertragspartner. Viele Einzelheiten der Transaktionsverträge waren daher unter anderem von der Beschaffenheit des Leasinggegenstandes, dem Eigenkapitalinvestor, dem beteiligten Arrangeur der Transaktion und weiteren spezifischen Gegebenheiten wie dem zugrundeliegenden Leasinggegenstand und der Verhandlungsführung der rechtlichen Berater abhängig. Die nachfolgende Schilderung der wesentlichen Grundstruktur einer kommunalen US-Lease Transaktion beinhaltet daher nur eine Darstellung der regelmäßigen, für diese Untersuchung entscheidenden Inhalte und kann aufgrund der Besonderheiten jedes Einzelfalls nicht alle möglichen Vertragsgestaltungen erfassen. 147 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1062; vgl. Sester, WM 2003, S. 1833, 1834. 148 Nachfolgend auch „US-Investor“ genannt. 149 Hierzu Hay, Law of the United States, S. 221, Rn. 554. 150 Nachfolgend auch „Trust“ genannt. 151 Eine Zwischenmietgesellschaft wurde in die Transaktion in der Regel zu Zwecken der Vermeidung des Entstehens einer Quellensteuer integriert, siehe Bühner/Sheldon, DB 2001, S. 315, 316. Da sich auch bei Einfügung einer Zwischenmietgesellschaft (sog. Doppelstockmodell) an den Grundstrukturen der Transaktion keine entscheidende Änderung ergab, beschränkt sich die Darstellung auf eine kommunale USLease Transaktion ohne Beteiligung einer Zwischenmietgesellschaft. 152 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 6. 153 Sester, WM 2003, S. 1833. 154 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 2.
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stand nach Anmietung von der Kommune unmittelbar in einem weiteren Vertrag, dem Rückmietvertrag, an die kommunale Körperschaft zurück.156 Die Laufzeit dieses Rückmietvertrages ist mit ca. 22 bis 28 Jahren wesentlich kürzer als die des Hauptmietvertrages, dessen Laufzeit bis zu 100 Jahre beträgt.157 Bei Ablauf der Vertragslaufzeit des Rückmietvertrages steht der Kommune eine vertragliche Kaufoption bezüglich der Rechtsposition des rechtlich selbständigen Treuhandvermögens aus dem Hauptmietvertrag zu.158 D.h., die Kommune ist nach ca. 22 bis 28 Jahren berechtigt, die Rechte ihres Vertragspartners aus dem Hauptmietvertrag anzukaufen. Übt die Kommune diese Option aus, so wird die Transaktion durch Konfusion beendet,159 da es sich in diesem Fall bei dem Vermieter aus dem Hauptmietvertrag und dem Mieter aus dem Rückmietvertrag um identische Parteien, die Kommune, handelt.160 Entscheidet sich die kommunale Körperschaft gegen den Rechtskauf, so erhält der Trust mangels der Verpflichtung der Besitzeinräumung an die Kommune unter einem Rückmietvertrag über die Dauer der Restlaufzeit des Hauptmietvertrages161 das alleinige Nutzungsrecht an dem Leasinggegenstand. Nach den Vertragsdokumenten kann der Trust nach Ablauf des Rückmietvertrages in diesem Fall den kommunalen Vermögensgegenstand selbst oder durch Dritte betreiben.162 Diese Vertragsstruktur wird Betriebsführungsstruktur oder auch Lease-to-Service-Contract Struktur genannt.163 Im Rahmen dieser Vertragsgestaltung räumte die Kommune dem Trust schon bei Abschluss der Transaktion für den Fall der Nichtausübung der Kaufoption am Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages feste Bestimmungen für einen Betriebsführungsvertrag, auch Service Contract genannt, ein. Die Verträge sehen vor, dass die Kommune im Fall des Eintritts der Betriebsführungsstruktur die mit dem Vermögensgegenstand verbundenen Leistungen vom Betreiber bezieht.164 155 Biagosch/Weinand-Härer in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 116. 156 Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299, 1300; Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 3. 157 Thomas/Wanner, KStZ 2002, S. 64, Fricke, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 24/2003, S. 18. Die Laufzeit des Hauptmietvertrages überstieg regelmäßig 125% der für US-Bilanzzwecke zu ermittelnden Restnutzungsdauer des Leasinggegenstandes, da dies dem US-Investor den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums am Leasinggegenstand und damit die Abschreibung des Objekts ermöglichte, siehe Wagner/Pegatzky, Der Syndikus Januar/Februar 2002, S. 48. 158 Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002, S. 50; Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 3; Biagosch/ Kuchler, KStZ 2002, S. 85. 159 Bühner/Sheldon, DB 2001, S. 315, 316. 160 Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85. 161 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 3; Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85. 162 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1068; vgl. Sester, WM 2003, S. 1833, 1835. 163 Thomas/Wanner, KStZ 2002, S. 64.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Auf alle Verträge der Transaktion fand und findet US-Recht Anwendung.165 Die Kommune bleibt zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Anlage nach deutschem Recht.166 Die Betriebsführungsstruktur, die im Jahr 1999 als regelmäßige Transaktionsstruktur die Lease-in-Lease-out Strukturierung167 abgelöst168 hatte und bis in den Sommer 2004169 bei der Strukturierung von US-Lease Transaktion Anwendung fand, basierte auf Basis der Section 7701 des amerikanischen Steuergesetzes170 Internal Revenue Code.171 In Folge dieser Transaktionsstruktur, die für jede Transaktion vor Abschluss bei der amerikanischen Steuerbehörde offengelegt und registriert wurde,172 wurde dem Eigenkapitalinvestor der Vorteil von Steuerstundungseffekten nach dem IRC zuteil.173
164 Vgl. Biagosch/Weinand-Härer in Kroll, Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, S. 116; Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1068. 165 Meist handelte es sich um das Recht von New York, da dieses allgemein als flexibel gilt und den Transaktionsparteien zudem eine entsprechende Anwendbarkeit seiner Normen unabhängig von Sitz der Parteien und des Transaktionsgegenstandes ermöglicht, soweit die Transaktion vertragliche Verpflichtungen über $ 250.000 beinhaltet, siehe Shrank/Gough, Equipment Leasing – Leveraged Leasing, § 24:2.1. 166 Fritz, Kommunalwirtschaft 2001, S. 451, 452; Thomas/Wanner, KStZ 2002, S. 64, 70; Lingemann, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 86, 87; Fricke, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 24/2003, S. 18; Sester, WM 2003, S. 1833, 1834. 167 Hierzu Biagosch, ZFK 3/2003, S. 13; Biagosch/Weinand-Härer, DB 1998, Beilage 6 zu Heft 20, S. 7 f. 168 Siehe hierzu Shrank/Gough, Equipment Leasing – Leveraged Leasing, § 25.2.1; Lingemann, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 86, 87. Diese Entwicklung trat nach Veröffentlichung der amtlichen Stellungnahme der US-Steuerbehörde 99-14 vom März 1999 ein. Denn der Lease-in-Lease-out-Struktur wurde durch diese Stellungnahme der steuerliche Boden für die Zukunft entzogen, Thomas/Wanner, KStZ 2002, S. 64. 169 Nach dem US-Senat hat am 17. Juni 2004 auch das US-Repräsentantenhaus einer Vorlage zur Änderung des US-Steuergesetzes zugestimmt, welches die Möglichkeit amerikanischer Unternehmen zur Steuergestaltung deutlich einschränkte. Als Folge dessen ist die Betriebsführungsstruktur von US-Lease Transaktionen heute steuerlich nicht mehr umsetzbar. Obwohl die bis dato genutzte Struktur von US-Lease Transaktionen mithin hinfällig geworden ist, wird von Steuerrechtsspezialisten angenommen, dass ähnliche Finanzierungsinstrumente entwickelt werden werden. 170 Im Folgenden „IRC“ genannt. 171 Wanner, DAJV-NL 2002, S. 46; Zu den Voraussetzungen der Norm im Einzelnen Shrank/Gough, Equipment Leasing – Leveraged Leasing, § 25.2.3. 172 Biagosch, ZFK 3/2003, S. 13. 173 Vgl. Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1063. Das US-Steuerrecht sah Abschreibungsmöglichkeiten für Investoren vor, die wirtschaftliches Eigentum an langlebigen im Ausland gelegenen Wirtschaftsgütern erwerben, Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002, S. 50; vgl. auch Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 4; Fricke, Immobilien und Finanzierung Ausgabe 24/2003, S. 18.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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Diese Steuervorteile setzten ihn wirtschaftlich in die Lage, unter dem Hauptmietvertrag einen höheren Hauptmietzins zu bezahlen, als der Mietzins der kommunalen Körperschaft aus dem Rückmietvertrag beträgt.174 Wesentlicher Bestandteil der Transaktion war zudem, dass der Trust bereits bei Vertragsschluss alle Zahlungsverpflichtungen aus dem Hauptmietvertrag in einer Summe wirtschaftlich an die Kommune vorausleistete.175 Die Vorauszahlung des Trust finanzierte dieser in der Regel über eine Bareinlage (Eigenkapital) des Investors von ca. 15–20 Prozent und den verbleibenden Betrag durch mehrere Darlehen (Fremdkapital).176 Die Kommune ihrerseits leistete bei Vertragsschluss einen bestimmten Anteil der vom Trust geleisteten Vorauszahlung an Banken wirtschaftlich voraus.177 Diese Vorauszahlung erfasste die Zahlungsverpflichtungen der kommunalen Körperschaft aus dem Rückmietvertrag einschließlich des Beendigungsoptionspreises, falls die Option nach Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages ausgeübt werden sollte.178 Die Banken übernahmen im Gegenzug für die Kommune die Erfüllung der (periodischen) Zahlungsverpflichtungen aus dem Rückmietvertrag über dessen Laufzeit.179 Aufgrund des höheren Hauptmietzinses und der Begleichung der Mietzahlungen am ersten Tag verblieb der Kommune auch nach Abzug aller Beraterkosten direkt nach Vertragsschluss ein signifikanter Betrag als Vorteil.180 Bei diesem Differenzbetrag handelte es sich in der Regel um ca. 3% bis 5%181 des von einem US-Wertgutachter geschätzten Transaktionsvolumens.182 Dieser Betrag wird Netto-Barwertvorteil genannt.183 Die Vereinnahmung des Netto-Barwertvorteils, welcher der Kommune sofort nach Vertragsschluss zur Verwendung zur Verfügung stand, konstituierte den wirtschaftlichen Anreiz für die kommunalen Körperschaften, eine US-Lease Transaktion einzugehen.
174
Pschera/Enderle, DB 2002, S. 2363. Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 3; ders., WM 2003, S. 1833, 1834. 176 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 3; ders., WM 2003, S. 1833, 1835. 177 Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002, S. 50. 178 Fritz, Kommunalwirtschaft 2001, S. 451, 452. 179 Biagosch/Weinand-Härer, DB 1998, Beilage 6 zu Heft 20, S. 7; Bühner/Sheldon, DB 2001, S. 315, 316; Fritz, Kommunalwirtschaft 2000, S. 361, 363. 180 Fritz, Kommunalwirtschaft 2001, S. 451, 453. 181 Die genaue Höhe war abhängig vom einzubeziehenden Wirtschaftsgut, dessen Restnutzungsdauer und dem US-$-Zinsniveau bei Vertragsabschluss, Fritz, Kommunalwirtschaft 2000, S. 361, 362. 182 Mitteilung des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen Nr. 629/2001 v. 5. Oktober 2001. 183 Pschera/Enderle, DB 2002, S. 2363; Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002, S. 50. 175
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft Aus den bis zum Sommer 2004 abgeschlossenen, auch weiterhin in Kraft befindlichen US-Lease Verträgen mit einer Betriebsführungsstruktur ergeben sich für eine Kommune jedoch neben dem Anspruch auf Vereinnahmung des Barwertvorteils vielfältige weitere rechtliche Wirkungen. So werden der Körperschaft insbesondere umfangreiche vertragliche Verpflichtungen auferlegt. aa) Zahlungsverpflichtungen der Kommune aufgrund des Rückmietvertrags Zwar übernehmen Banken im Rahmen der US-Lease Transaktion die Erfüllung der aus dem Rückmietvertrag resultierenden Zahlungsverpflichtungen der Kommune, es handelt sich jedoch hierbei nur um eine Erfüllungs- und nicht um eine befreiende Schuldübernahme.184 Gleiches gilt für die Übernahme der Erfüllung der bei Ausübung der Beendigungsoption am Ende des Rückmietvertrages entstehenden Forderung des Trust. Die Kommune bleibt ihrem Vertragspartner daher über die gesamte Dauer des Rückmietvertrages für die Erfüllung der Mietzahlungsverpflichtungen sowie gegebenenfalls auch des Beendigungsoptionspreises rechtlich verantwortlich. Sie trägt demgemäß das Risiko, dass eine der erfüllungsübernehmenden Banken über die Laufzeit des Rückmietvertrages als Vertragspartner ausfällt und die Kommune die Verpflichtung selbst erfüllen muss, obwohl sie die gesamte, zur Bedienung der Mietzahlungsverpflichtungen und des Beendigungsoptionspreises vorgesehene Summe wirtschaftlich an die erfüllungsübernehmenden Banken vorausgeleistet hat. Dieses Risiko versuchen die Vertragsparteien regelmäßig durch die Auswahl von Banken mit guter Bonität185 und die Vereinbarung einer die Kommune treffenden Austauschpflicht bei Unterschreiten vorab vereinbarter Bonitätsanforderungen an die Banken186 zu beschränken.
184 Bühner/Sheldon, DB 2001, S. 315, 316; Kuchler, KStZ 2003, S. 61, 62; Zu den Rechtswirkungen einer Schuldübernahme siehe Grüneberg in Palandt, BGB-Kommentar, Überblick zu § 414, Rn. 6 sowie § 415, Rn. 7; Rohe in Bamberger/Roth, BGBKommentar, Band 1, §§ 414, 415, Rn. 21, zu den Rechtswirkungen einer Erfüllungsübernahme Grümeberg in Palandt, BGB-Kommentar, § 329, Rn. 6; Janoschek in Bamberger/Roth, BGB-Kommentar, Band 1, §§ 329, Rn. 6. 185 Vgl. Biagosch, ZFK 2/2003, S. 13. 186 Lingemann, Kommunalwirtschaft Sonderausgabe 2001, S. 86, 89.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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bb) Vereinbarungen bei Verlust des Leasinggegenstandes und weitere Regelungen über Vertragspflichtverletzungen Die Kommune übernimmt nach den Vereinbarungen im Rahmen einer USLease Transaktion auch das Risiko des Verlustes des Leasinggegenstandes.187 Für den Verlustfall während der Vertragslaufzeit der Transaktion in Folge des Untergangs des Leasinggegenstandes, eines wirtschaftlichen Totalschadens oder durch Untersagung des Betriebes durch staatliche Stellen oder Konfiszierung188 hat die Kommune nach der Parteivereinbarung über die Wiederherstellung des Leasinggegenstandes in funktionsentsprechender Weise innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu entscheiden.189 Im Falle einer nicht rechtzeitigen Wiederherstellung des Leasinggegenstandes ist der Trust zur Ausübung von Gegenrechten ermächtigt.190 Gegenrechte stehen dem Trust auch in Zusammenhang mit anderen möglicher Vertragspflichtverletzungen der Kommune zu. Treten Umstände auf, welche eine Vertragspflichtverletzung begründen,191 steht der Kommune hinsichtlich der meisten Verletzungstatbestände jeweils eine bestimmte Frist zur Behebung der Verletzung und damit der Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes zur Verfügung. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung der Kommune wurde im Rahmen von US-Lease Finanzierungen beispielsweise für den Fall vereinbart, dass die durch eine Bewertungsgesellschaft festgestellte Bonität einer der erfüllungsübernehmenden Banken unter eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Untergrenze fällt und die Kommune nicht innerhalb einer bestimmten Zeit zusätzliche Sicherheiten aufbringt oder die betroffene Bank austauscht.192 Zu den möglichen Tatbeständen kommunaler Vertragspflichtverletzungen zählen in der Praxis weiter unter anderem die Verletzung von auf den Leasinggegenstand bezogenen Instandhaltungspflichten oder fehlerhafte Angaben über die genaue Beschaffenheit des Leasinggegenstandes193 ebenso wie die Abgabe falscher Zusicherungen,194 zum Beispiel in Bezug auf das unter Anwendung kommunalrechtlicher Vorschriften rechtmäßige Zustandekommen von Beschlussfassungen kommunaler Vertretungsorgane, welche für den Transaktionsabschluss notwendig sind. 187
Dieser Fall wird in den Vertragsdokumenten mit „Event of loss“ bezeichnet. Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1066. 189 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 5. 190 Zu den Gegenrechten siehe Shrank/Gough, Equipment Leasing – Leveraged Leasing, § 24.4.1. 191 Dieser Fall wird in den Vertragsdokumenten mit „Event of default“ bezeichnet. 192 Biagosch, ZFK 2/2003, S. 13; Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 5. 193 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 8. 194 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1066. 188
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Zu den Gegenrechten des Trust im Falle von Vertragspflichtverletzungen der Kommune zählt unter anderem die Kündigung der Transaktionsverträge, wodurch die Kommune verpflichtet wird, an den Trust einen pauschalierten Schadensersatz195 zu leisten.196 Die Schadensersatzsumme soll wirtschaftlich den teilweisen Verlust des Vorteils des Investors aus der Steuerstundung ausgleichen197 und umfasst daher dessen gesamten entgangenen Gewinn aus der Transaktion.198 Zu Beginn der Transaktion übersteigt mithin die Schadensersatzsumme die Höhe des Netto-Barwertvorteils erheblich,199 sie beträgt zu diesem Zeitpunkt dessen Mehrfaches200 und übertrifft diesen jedenfalls bis zum Ablauf von etwa 2/3 des Zeitrahmens des Rückmietvertrages.201 Darüber hinaus hat die Kommune im Fall der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz Währungsrisiken zu tragen, denn bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Schadensersatzanspruch handelt es sich regelmäßig um eine in US $ bezifferte Summe. cc) Herausgabe des Leasinggegenstandes Nach den regelmäßigen vertraglichen Regelungen einer US-Lease Transaktion ist die Kommune darüber hinaus zur Einräumung des Besitz- und Nutzungsrechtes bezüglich des Leasinggegenstandes an den Investor verpflichtet, wenn sie der Zahlungsverpflichtung im Falle einer Beendigung der Transaktion aufgrund einer Vertragspflichtverletzung nicht nachkommt. Der auf den Leasinggegenstand gerichtete Herausgabeanspruch dient insoweit als Sicherungsmittel für die Zahlungsansprüche des Investors.202 Ein Herausgabeanspruch gegen die Kommune besteht aber auch für den Fall der Nichtausübung der Kaufoption am Ende des Rückmietvertrages.203
195
Dieser wird „Termination Value“ genannt. Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 8; vgl. auch Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002 Nr. 3, S. 50, 51. 197 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1067. 198 Kuchler, KStZ 2003, S. 61, 62. 199 Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002 Nr. 3, S. 50, 51. 200 Sester, ZBB 2/2003, S. 1, 8; Kuchler, KStZ 2003, S. 61, 62. 201 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1067. Der Abstand zwischen ausgekehrtem Netto-Barwertvorteil und dem Schadensersatzanspruch des Investors bei Vertragskündigung wird in den Vertragsdokumenten „Strip“ genannt, das sich hieraus für die Kommune ergebende Risiko „Strip-Risk“. 202 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1067. 203 Siehe Abschnitt C. I. 4. a). 196
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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dd) Stellung zusätzlicher Sicherheiten bei Änderungen der finanziellen Rahmenbedingungen der Kommune Die Kommune hat sich in der Praxis regelmäßig zudem vertraglich dazu verpflichtet, zusätzliche Sicherheiten zu Gunsten des Trust zu stellen, falls Änderungen ihrer finanziellen Rahmenbedingungen eintreten. Die entsprechende Vereinbarung stellt meist auf Fälle ab, in denen eine wesentliche Änderung oder ein Wegfall des Länderfinanzausgleichs, des kommunalen Finanzausgleichs oder des kommunalen Steuerfindungsrechts eintritt. ee) Pflicht zur Instandhaltung des Leasinggegenstandes Durch die Transaktionsverträge wird die Kommune zudem regelmäßig dazu verpflichtet, bestimmte Standards in Bezug auf die Instandhaltung des Vermögensgegenstandes einzuhalten. Hierzu zählen insbesondere die Erhaltung der Betriebsfähigkeit, die ausreichende Wartung und die Erhaltung des Leasinggegenstandes.204 ff) Verfügungsmöglichkeiten über den Leasinggegenstand Abgesehen von den mit der Instandhaltungspflicht verbundenen Maßnahmen an dem Leasinggegenstand darf die kommunale Körperschaft jedoch wesentliche Veränderungen des Vermögensgegenstandes regelmäßig nicht vornehmen. Zwar ist sie in der Regel nicht verpflichtet, den kommunalen Vermögensgegenstand über die Laufzeit des Rückmietvertrages zu dem Zweck zu betreiben, welcher ihm bei Abschluss der Transaktion zukam. Die Kommune hat den Vermögensgegenstand allerdings nach den vertraglichen Vereinbarungen so instand zu halten, dass er jederzeit, vor allem aber im Falle des Eintretens des Betriebsführungsvertrages wieder seine ursprüngliche, zur Zeit des Vertragsschlusses mit dem Trust wahrgenommene Aufgabe erfüllen kann und somit die jederzeitige Betriebsfähigkeit gewährleistet ist.205 In Konsequenz dieser Verpflichtung ist es der Kommune in der Praxis vertraglich auch versagt, den Transaktionsgegenstand zu veräußern. Hingegen ist eine weitere Untervermietung meist zulässig, wenngleich die Kommune dem Trust in diesem Fall zur Erfüllung aller vertraglichen Vereinbarungen der US-Lease Transaktion verpflichtet bleibt. Veränderungen am Leasinggegenstand, die nicht der Instandhaltung dienen,206 sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Hier hängen die 204 205 206
Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1065. Vgl. Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1065. In den Vertragsdokumenten als „Optional Improvements“ bezeichnet.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Möglichkeiten der Kommune in der Praxis sehr stark von der individuellen Vereinbarung im Vertrag ab. Es kann aber konstatiert werden, dass von den USInvestoren in der Regel weitgehende Restriktionen der Möglichkeit der Veränderung des Leasinggegenstandes abgesehen von den Instandhaltungsmaßnahmen verlangt wurden, da nur hierdurch aus Sicht des Investors das Risiko der Veränderung der Parameter der Transaktion zu seinem Nachteil minimiert wird.207 c) Vergleich mit der Finanzierung aus kommunalen Eigenmitteln Finanzierungsprojekte, die mittels kommunaler Eigenmittel realisiert werden, und eine US-Lease Transaktion lassen sich nur bedingt miteinander vergleichen. Denn es besteht ein relevanter Unterschied hinsichtlich des Zwecks der Finanzierungsformen insoweit, als die US-Lease Transaktion in aller Regel von der Kommune nicht zur Investitionsfinanzierung, sondern als ein Modell zur Finanzierungsoptimierung,208 d.h. meist unabhängig von einer bevorstehenden kommunalen Investition in den Leasinggegenstand, genutzt wurde. Gegenstand des Finanzierungsmodells waren zumeist vollumfänglich finanzierte kommunale Anlagegegenstände, mittels deren Einbringung in die US-Lease Transaktion ein zusätzlicher Wertvorteil für die Kommune generiert wurde. Diesen erhielt die kommunale Körperschaft gänzlich unabhängig von einer etwaigen Investition in die eingebrachte Anlage und der Wertvorteil wurde von der Kommune regelmäßig nicht im Rahmen einer etwaigen mit dem Leasinggegenstand verbundenen weiteren Investitionsfinanzierung eingesetzt. Unterstellt man jedoch den Einsatz des durch die US-Lease Transaktion generierten Barwertvorteils zur Finanzierung einer kommunalen Investition oder stellt man bei der Beurteilung alleine auf den Effekt der Vereinnahmung von Kapital durch die Kommune mittels beider Finanzierungsmodelle ab, so lassen sich bei einem Vergleich weitgehende Unterschiede zwischen beiden Finanzierungsformen feststellen. Insbesondere ist die Finanzierung einer kommunalen Investition aus Eigenmitteln der kommunalen Körperschaft für diese insoweit völlig risikolos, als sie keine vertraglichen Pflichten gegenüber Dritten eingeht. Diese Situation stellt sich beim US-Leasing entscheidend anders dar, hier konnte die Kommune den Barwertvorteil nach dem Marktstandard nur dadurch generieren, dass sie in den entsprechenden Vertragswerken umfangreiche Risikoübernahmen zu ihren Lasten sowie Verfügungsbeschränkungen über den Transaktionsgegenstand vereinbarte. Hinzu kommt, dass sowohl Risikoübernah-
207 So schlugen US-Investoren bezüglich Optional Improvements meist die Vereinbarung einer sogenannten „de minimis“ Regel vor, nach der Optional Improvements allenfalls zu einer geringfügigen Wertreduktion des ausgetauschten oder veränderten Anlageteils des Leasinggegenstandes führen durften. 208 Rehm/Matern-Rehm, Kommunale Finanzwirtschaft, S. 445.
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men als auch Verfügungsbeschränkungen in ihrer zeitlichen Dimension Jahrzehnte in die Zukunft reichen, was einen weiteren Unterschied zur insoweit keine Beschränkungen bedingenden Eigenfinanzierung darstellt. Ingesamt kann daher konstatiert werden, dass sich die Strukturen beider Finanzierungsmodelle erheblich unterscheiden und zwar insbesondere hinsichtlich der Risikoübernahmen und Verfügungsbeschränkungen der Kommune und in Bezug auf deren zeitliche Dimension. d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung Der Vergleich einer kommunalen US-Lease Transaktion mit einer Kommunalkreditfinanzierung ergibt ähnlich wesentliche Unterschiede zwischen beiden Finanzierungsmodellen. Auch bei dem Vergleich dieser beiden Finanzierungsmodelle ist zunächst die fehlende Anbindung der US-Lease Transaktion an eine Investition in den Leasinggegenstand zu berücksichtigen, weswegen diese Form der Geschäfte letztlich als ein Finanzierungsgeschäft eigener Art qualifizierte.209 In der Folge ist auch bei dem Vergleich der Wirkungen einer US-Lease Transaktion mit denjenigen einer Kommunalkreditfinanzierung dieser strukturellen Unterschied zu berücksichtigen. Stellt man jedoch hier ebenso auf den abstrakten Zweck beider Finanzierungen ab, so lassen sich insbesondere bezüglich der durch das Finanzierungsmodell entstehenden rechtlichen Beschränkungen der kommunalen Körperschaft sowie der mit dem Modell verbundenen Risiken für die Kommune Unterschiede feststellen. Im Gegensatz zu einer Finanzierung mittels Kommunalkredit bedingt eine US-Lease Transaktion zunächst unbeschadet der weiterhin bestehenden Eigentümerposition der Kommune nach Abschluss der Transaktion die Beschränkung der Verfügungsmöglichkeiten der kommunalen Körperschaft über den Leasinggegenstand in dem beschriebenen Ausmaß. Diese Beschränkung besteht mindestens über den Zeitraum der Laufzeit des Rückmietvertrages, d.h. in der Regel mindestens für 22 bis 28 Jahre. Sie kann, die Durchführung der Transaktion über die volle Laufzeit des Hauptmietvertrages unterstellt, bis zu 100 Jahre betragen. Hinsichtlich der Laufzeiten ergibt sich ein weiterer genereller Unterschied zur Kommunalkreditfinanzierung. Denn letzteres Finanzierungsmodell sieht Laufzeiten vor, die im Höchstmaß ungefähr jener des Rückmietvertrages einer US-Lease Transaktion entsprechen. Unterstellt man jedoch eine Durchführung der Transaktion über die gesamte Laufzeit des Hauptmietvertrages, so übersteigt deren Laufzeit und die damit für die Kommune durch das Finanzierungs209
Kuchler, KStZ 2003, S. 61.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
modell entstehende rechtliche Bindungsdauer jene einer Kommunalkreditfinanzierung um das Dreieinhalb- bis Fünffache. Über die jeweilige Laufzeit der Transaktion bestehen auch die von der Kommune durch den Vertrag übernommenen rechtlichen Risiken. Insoweit sticht im Vergleich zu der Kommunalkreditfinanzierung hierbei insbesondere das Risiko der Verpflichtung zur Zahlung des pauschalierten Schadensersatzes aufgrund eines Verlusts der Anlage oder einer Vertragsbeendigung nach einer kommunalen Vertragspflichtverletzung hervor. Denn dieses Risiko führt im Falle einer Verwirklichung in einem relativ frühen Stadium der Transaktion zu einer Rückzahlungsverpflichtung der Kommune, die um ein Mehrfaches über dem aus der Transaktion erzielten Netto-Barwertvorteil liegt. Ein derartiges Risiko besteht bei der Kommunalkreditfinanzierung nicht. Dies gilt im Ergebnis auch für eine drohende zweifache Leistung der kommunalen Mietzahlungsverpflichtungen aus der US-Lease Transaktion im Falle einer Insolvenz der erfüllungsübernehmenden Banken. Auch hier tritt bei Verwirklichung des Risikos ein erheblicher finanzieller Schaden für die Kommune ein, der bei einer Kommunalkreditfinanzierung aufgrund der Transaktionsstruktur schon aus systematischen Gründen nicht entstehen kann. Allerdings ist bei einem Vergleich der Finanzierungsmodelle auch festzustellen, dass die Kommune bei einer Kommunalkreditfinanzierung Kapital nur gegen Eingehen der vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung, deren Laufzeit sich meist über die Dauer der Darlehensvereinbarung erstreckt, erhält. Einer ähnlichen Verpflichtung unterliegt die Kommune bei einer US-Lease Transaktion jedenfalls unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgrund der Vorauszahlung an die erfüllungsübernehmenden Banken nicht. Denn kommt es nicht zu einer Vertragsstörung, muss die Kommune über die Laufzeit der Verträge im Rahmen einer US-Lease Transaktion keine Zahlungen mehr an den privaten Finanzierungspartner leisten.210 Auch die auf den Leasinggegenstand bezogenen Instandhaltungspflichten unterscheiden sich in der Regel nicht von jenen, die nach einer Kredit-Investitionsfinanzierung einer kommunalen Immobilie durch die Kommune als Eigentümerin zu erbringen wären. Dies gilt jedenfalls für den Regelfall, in dem die Kommune ohnehin aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Aufrechterhaltung gewisser Standards verpflichtet ist, gleichwohl es sich in diesem Fall ausschließlich um eine gesetzliche und nicht um eine darüber hinaus bestehende vertragliche Verpflichtung handelt.
210 Kuchler, KStZ 2003, S. 61, 62; übt die Kommune die Kaufoption gegen Ende der Laufzeit des Rückmietvertrages aus, so ist sie zur Zahlung des Beendigungsoptionspreises verpflichtet, der jedoch ebenfalls zu Beginn der Transaktion an die erfüllungsübernehmenden Banken vorausgeleistet wird.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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e) Bewertung Im Ergebnis weicht das bis zum Jahr 2004 abgeschlossene Finanzierungsmodell der US-Lease Transaktion in erheblichem Umfang von den traditionellen Finanzierungsmodellen ab. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass es bei den durchgeführten US-Lease Transaktionen zu einer nicht nur geringfügigen Beschränkung der kommunalen Verfügungsmöglichkeiten über einen erheblichen Zeitraum von mindestens 22 bis 28 oder sogar bis zu 100 Jahren kommt. Damit wird die kommunale Körperschaft, jedenfalls bei unterstellter Durchführung der gesamten Transaktion, über einen Zeitraum in ihren wesentlichen Verfügungsmöglichkeiten hinsichtlich des in ihrem Eigentum verbleibenden Leasinggegenstands gebunden, welcher der Spanne von 20 Kommunalwahllegislaturperioden entspricht. Der Eintritt dieser Bindungswirkung über einen derartig langen Zeitraum stellt einen entsprechend erheblichen Eingriff in die Gestaltungspotentiale nachfolgender kommunaler Vertretungsorgane dar und beinhaltet somit eine weit reichende Disposition der im Zeitpunkt des Transaktionsabschlusses gewählten kommunalen Vertretungsorgane in Bezug auf die Nutzungsmöglichkeiten und etwaige Veränderungen des Leasinggegenstandes. Denn der Leasinggegenstand bleibt, im Ausmaß der vertraglichen Beschränkungen, der Verfügung der kommunalen Vertretungsorgane und damit jeder politischen Gestaltungsmacht der Kommune dauerhaft entzogen. Zudem haben die Kommunen bei den US-Lease Finanzierung erhebliche rechtliche Risiken, welche zugleich wirtschaftliche Risiken bedingen, übernommen. Insoweit existiert zunächst das Risiko der Geltendmachung des pauschalierten Schadensersatzes durch den Vertragspartner im Falle einer Vertragspflichtverletzung der Kommune. Diese kann zum Beispiel in der Abgabe fehlerhafter Zusicherungen oder der Verletzung von Instandhaltungspflichten liegen, was ein absolut exaktes Vorgehen der Kommune vor Vertragsschluss und eine intensives kommunales Vertragsmanagement über die gesamte Laufzeit der Transaktion erfordert. Darüber hinaus fand auch eine Übernahme von Risiken durch die Erfüllungsübernahmevereinbarung mit Banken hinsichtlich der Zahlung der Mietraten unter dem Rückmietvertrag statt. Aufgrund der mit 22 bis 28 Jahren schon bezüglich der Laufzeit des Rückmietvertrages verhältnismäßig langen Laufzeit der Transaktion muss insoweit zweifelhaft bleiben, ob die Auswahl zum Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion bonitätsstarker Banken das Risiko einer doppelten Inanspruchnahme der Kommune in ausreichendem Maße zu minimieren geeignet ist. In der Praxis wurden für die Bankendienstleistungen im Rahmen der USLease Transaktionen oft Landesbanken aufgrund deren Bonitätsstärke ausge-
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
wählt,211 welche zu einem Großteil auf der zur Zeit der Vertragsschlüsse noch existierenden Gewährträgerhaftung212 und Anstaltslast213 beruhte. Die Gewährträgerhaftung ist jedoch zum 18. Juli 2005214 aufgrund einer entsprechenden Verständigung zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung vom 17. Juli 2001 grundsätzlich weggefallen, während die Anstaltslast zum gleichen Termin faktisch abgeschafft wurde.215 Denn nach dem Inhalt der Vereinbarung zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung ist das Haftungsregime der öffentlichen Banken nunmehr in der Weise auszugestalten, dass es dem Rechtsverhältnis zwischen einem privaten Eigner und einer Kapitalgesellschaft entspricht. Spiegelbildlich zum Rechtsverhältnis zwischen den Privatbanken und ihren Kunden wird damit auch den öffentlichen Banken das Risiko ihrer Geschäftstätigkeit selbst übertragen.216 Aus der Abschaffung der Anstaltslast ergibt sich mithin das prinzipielle Risiko einer Insolvenz einer oder mehrerer der erfüllungsübernehmenden Banken, die im Ergebnis zur doppelten Inanspruchnahme der Kommune durch den privaten Vertragspartner hinsichtlich der Mietzahlungen unter dem Rückmietvertrag und gegebenenfalls auch in Bezug auf die Leistung des Beendigungsoptionspreises führen könnte,217 da mit den Zahlungen der Kommune an die Banken keine Schuldübernahme durch die Zahlungsempfänger verbunden ist. Gesetzt diesen Fall müsste die Kommune die Mietzahlungsverpflichtungen gegenüber dem privaten Vertragspartner direkt erfüllen, obschon sie diese bereits bei Vertragsschluss wirtschaftlich an die erfüllungsübernehmenden Banken vorausgeleistet hat.
211 Sofern im Rahmen der US-Lease Transaktion für die Bankendienstleistungen Privatbanken ausgewählt worden sind, gilt die nachfolgende Bewertung der damit verbundenen Risiken entsprechend. 212 Im Rahmen der Gewährträgerhaftung konnte der Gläubiger eines öffentlichen Kreditinstitutes dessen Gewährträger, d.h. zum Beispiel bei einer Landesbank das Bundesland, unmittelbar in Anspruch nehmen, sofern der Anspruch nicht aus dem Vermögen des öffentlichen Kreditinstituts befriedigt wurde, Witte/Rafiqpoor, WM 2003, S. 1885, 1887; vgl. auch Wiesel, ZBB 2002, S. 288, 289 u. 291. 213 Die Anstaltslast verpflichtete den Anstaltsträger, seine Anstalt, solange er sie betreibt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben instand zu halten. In der Praxis führte dies dazu, dass öffentlichrechtliche Kreditinstitute nicht insolvent werden konnten und daher über eine überragende Bonität verfügten, Möschel, WM 2001, S. 1895. 214 Zu Inhalt und Folgen der Verständigung vom 17. Juli 2001 siehe Witte/Rafiqpoor, WM 2003, S. 1885, 1887. 215 Die Verständigung vom 17. Juli 2001 spricht von einer Ersetzung der Anstaltslast, faktisch führen die vorgesehenen Regelungen jedoch zu einer Abschaffung der Anstaltslast. Ausführlich hierzu Möschel, WM 2001, S. 1895 f. 216 Witte/Rafiqpoor, WM 2003, S. 1885, 1887. 217 Dies freilich unter der Voraussetzung, dass die entsprechende Verbindlichkeit des öffentlichen Kreditinstitutes nicht von der Gewährträgerhaftung erfasst ist.
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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Zudem kann schon eine ins Negative veränderte Bonität der beteiligten Banken zu einem Risiko für die Kommune führen. Dieses Risiko steht in Zusammenhang mit der von der Kommune übernommenen Vertragspflicht, bonitätsschwache Banken aus Gründen der Risikominimierung auszutauschen. Insoweit ist zu konstatieren, dass zwar die Gewährträgerhaftung für vor ihrem Wegfall abgeschlossene Finanzierungen fortbesteht.218 Aufgrund des generellen Wegfalls der Gewährträgerhaftung für neue Verbindlichkeiten sowie des Fortfalls der Anstaltslast und den aufgrund dieser Entwicklung bei der Mehrzahl der bislang entsprechend begünstigten Banken zu erwartenden Bonitätsverschlechterungen könnte es jedoch zumindest im Inland theoretisch zu einer zeitweiligen Unmöglichkeit des Austauschs einer bonitätsschwachen Bank kommen. Nur wenn die Kommune dann eine ausländische, den Bonitätserfordernissen der Transaktion genügende Bank219 fände, die zum Einstieg in die Transaktion im Wege der Ersetzung der bonitätsschwachen Bank bereit wäre, könnte sie der Beendigung der Transaktion durch den Vertragspartner und der damit verbundenen Pflicht zur Leistung von Schadensersatz zuvorkommen. Die kommunale Körperschaft sieht sich daher in Zusammenhang mit den ihr auferlegten Vertragspflichten hinsichtlich der Bankenbeteiligung an US-Lease Transaktionen einem zweifachen Risiko ausgesetzt: Zum einen trägt sie aufgrund des in Zukunft veränderten inländischen Haftungsregimes das Risiko des Verlusts vorab im Rahmen der Erfüllungsübernahmevereinbarung an eine Bank geleisteter Teile des Barwertvorteils für den Fall des Eintritts einer Insolvenz der Bank. Zum anderen wäre sie schon bei Eintreten einer Bonitätsschwäche einer der von einer Austauschverpflichtung erfassten Banken und bei angenommener gleichzeitiger, auf dem Fehlen weiterer bonitätsstarker Institute basierender Unmöglichkeit des Austauschs der Bank, zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Die Verwirklichung des zweiten Risikos muss aber richtigerweise
218 Für vor dem 18. Juli 2001 entstandene Verbindlichkeiten, sogenannte Altverbindlichkeiten, besteht die Gewährträgerhaftung aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutzes und des daraus folgenden Rückwirkungsverbotes fort, in Bezug auf zwischen dem 18. Juli 2001 und dem 18. Juli 2005 entstandene Verbindlichkeiten tritt ein sogenanntes „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung ein, wonach für diese in der Interimszeit vereinbarten Verbindlichkeiten die Gewährträgerhaftung dann gilt, wenn die Laufzeit der Verbindlichkeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht und eine umgehende Leistungspflicht des Trägers gegenüber dem Gläubiger des Institutes besteht, Wiesel, ZBB 2002, S. 288, 295. 219 Die Kommune ist im Falle der Verpflichtung zum Austausch einer Bank in der Regel nicht verpflichtet, auf eine andere inländische Bank zuzugreifen und kann daher auch bei ausländischen Banken einen Einstieg in die Transaktionsverträge anfragen. Ein Zustand, in dem auf den weltweiten Kapitalmärkten keine bonitätsstarken Banken mehr existieren, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, so dass wohl immer die prinzipielle Möglichkeit der Kommune bestünde, eine ausländische Bank mit entsprechend guter Bonität in die Transaktion einzubinden.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
als relativ gering eingeschätzt werden, da die Kommune praktisch weltweit auf neue Vertragspartner im Bankenbereich zugreifen kann. Dennoch sind US-Lease Verträge im Ergebnis aufgrund der beschriebenen rechtlichen Verpflichtungen der Kommune in Verbindung mit den dargestellten Unsicherheiten bezüglich der tatsächlichen Entwicklungen über den Transaktionszeitraum als ein im Vergleich zu den traditionellen Finanzierungsmodellen nachteiliges Finanzierungsmodell zu qualifizieren. Denn zunächst wird durch die Kombination aus der langen Bindungswirkung der Verträge und der nicht nur geringfügigen Verfügungsbeschränkung über den Leasinggegenstand der Handlungsspielraum kommender kommunaler Vertretungsorgane für die Zukunft entsprechend eingeschränkt. Weiter unterliegt die Kommune gegebenenfalls dem Risiko des Verlusts an Banken wirtschaftlich vorausbezahlter Teile des Barwertvorteils und damit dem rechtlichen Risiko der doppelten Inanspruchnahme durch den privaten Finanzierungspartner. Darüber hinaus ist auch eine Gefährdung der Haushaltswirtschaft der an der US-Lease Transaktion beteiligten Kommune zumindest dann denkbar, wenn ein hochwertiges Leasinggut in die Transaktion eingebracht wurde. In diesem Fall kann eine um ein Mehrfaches des Netto-Barwertvorteils erhöhte Schadensersatzverpflichtung der Kommune deren Haushaltslage erheblich beeinträchtigen, wenn nicht sogar zur Illiquidität der Kommune führen. Der Eintritt einer Situation, in der die Kommune dem Investor zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist, erscheint zwar nicht überwiegend wahrscheinlich, kann jedoch bei einer Analyse der umfangreichen Vertragspflichten der Kommune in der Transaktion und der Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Entwicklungen über die lange Vertragslaufzeit nicht ausgeschlossen werden. 5. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente Die Kommunen setzen in den letzten Jahren neben den schon beschriebenen neuen kommunalen Finanzierungsmodellen auch verstärkt so genannte derivative Finanzinstrumente220 ein. Diese am privaten Kapitalmarkt entwickelten Instrumente werden den Kommunen von Geldinstituten in der Regel zur Flexibilisierung der kommunalen Kreditwirtschaft angeboten.221 Schließt die Kommune ein Geschäft über ein derivatives Finanzinstrument ab, kontrahiert sie daher ebenso wie bei der Kreditmittelaufnahme und den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen auf gleicher Ebene mit Personen des privaten Rechts.222 220
Zur Historie der Derivate siehe Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 246. Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 2/2000 v. 28. Januar 2000. In den letzten Jahren haben Kommunen jedoch vereinzelt auch in andere Formen von Derivaten investiert, vgl. Rinker, NVwZ 2004, S. 1452 f. 221
I. Unterschiede zwischen den neuen und den traditionellen Modellen
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a) Grundstruktur Finanzderivate stellen Vereinbarungen zwischen zwei Vertragspartnern dar, in denen wechselseitige Ansprüche und Verpflichtungen für die Zukunft oder einen festgelegten Termin eingegangen werden. Die Ansprüche und Verpflichtungen ihrerseits sind teilweise abhängig von einer zu Grund liegenden Basisgröße.223 Daher heißt das Instrument „Derivat“, denn der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Abkömmling.224 Finanzderivate ermöglichen es beispielsweise, das künftige Ereignis225 der Zinsänderung eines Kredites getrennt von dem Kredit zu handeln und somit abzusichern.226 Das Ziel des Einsatzes von Finanzderivaten im kommunalen Bereich liegt daher in der Regel in der Begrenzung von Zinsänderungsrisiken oder der Verbesserung der Kreditkonditionen kommunaler Kredite.227 Finanzderivate sind in unterschiedlichen Ausgestaltungen mit unterschiedlichen Wirkungsweisen am Kapitalmarkt erhältlich. Eine Möglichkeit, das Zinsänderungsrisiko einer kommunalen Darlehensaufnahme zu begrenzen, ist beispielsweise der Abschluss eines Cap. Das englische Wort bedeutet Mütze oder Kappe.228 Bei einem Cap handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung, bei der der Kommune als Käufer gegen eine Prämie eine Zinsobergrenze garantiert wird.229 Mit Hilfe dieses derivativen Finanzinstrumentes kann sich die Kommune bei Aufnahme eines variabel verzinslichen Darlehens gegen das Risiko steigender Zinsen absichern. Denn für den Fall des Steigens des Zinssatzes über die vereinbarte Zinsobergrenze gleicht der Verkäufer des Cap die darüber hinausgehende Mehrbelastung durch Zahlung an die Kommune aus.230 Damit muss die Kommune für die vereinbarte Darlehenslaufzeit auf das Darlehen nicht mehr als den Zinssatz für die vereinbarte Zinsobergrenze zahlen. Bei der von der Kommune zu leistenden Zahlung für den Cap handelt es sich mithin praktisch um eine Versicherungsprämie.231
222 Vgl. Freiling, ZKF 1998, S. 272; Gloystein in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 79. 223 Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 247; Schmid, ZKF 2001, S. 113, 114. 224 Schmid, ZKF 2001, S. 113; Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 246. 225 Schmid, ZKF 2001, S. 113. 226 Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 2/2000 v. 28. Januar 2000. 227 Schmid, ZKF 2001, S. 114. 228 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 45; Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 251. 229 Gloystein in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 79. 230 Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 251; siehe auch Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 2/2000 v. 28. Januar 2000.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Das zum Cap gegenteilige derivative Finanzinstrument ist der Floor,232 zu deutsch Boden oder Minimum.233 Dieser Vereinbarung zufolge legen die Vertragspartner für Kredite mit variablem Zinssatz eine Zinsuntergrenze fest, bei deren Unterschreitung Ausgleichszahlungen an den Kreditgeber zu leisten sind.234 Der Kreditnehmer, beim Einsatz durch eine kommunale Körperschaft also die Kommune, tritt als Verkäufer des Floors auf und erhält hierfür eine Prämie. Mit Abschluss des Floors erhält die Kommune folglich die Möglichkeit, ihre Zinskosten durch die Einnahme der Prämie zu reduzieren.235 Sinkt jedoch der Referenzzins während der Laufzeit des Finanzderivates unter das vereinbarte Minimum, die Floor-Grenze, so hat die Kommune den Zinsausgleichsanspruch ihres Vertragspartners zu erfüllen.236 Der private Gläubiger eines variablen Kredits sichert sich durch den Ankauf eines Floors einen Mindestzinssatz und wahrt darüber hinaus die Chance, von steigenden Zinsen zu profitieren.237 Denkbar ist weiter der Einsatz eines Zinsswap238 durch die Kommune. Der Abschluss einer Swapvereinbarung erlaubt der Kommune mit ihrem Vertragspartner den wechselseitigen Tausch eines festen Zinssatzes gegen einen variablen Zinssatz oder umgekehrt.239 Schließt die Kommune über ein bereits bestehendes Festzinsdarlehen eine Swapvereinbarung ab, so fällt zudem die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, die bei der Kündigung des Festzinsdarlehens während der zwischen Kommune und Darlehensgeber vereinbarten Zinsbindungsdauer an den Darlehensgeber zu zahlen wäre,240 nicht an.241 Weitere gängige derivative Finanzierungsinstrumente sind der Forward Swap und die Swaption. Bei einem Forward Swap handelt es sich um eine Terminvereinbarung auf den Abschluss eines genau spezifizierten Swap, die Swaption stellt eine Option auf den Abschluss einer Swapvereinbarung dar.242 Diese bei231 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 45; Gloystein in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 79. 232 Gloystein in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 79. 233 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 47. 234 Vgl. Noll, Finanzwirtschaft 2000, S. 245, 251. 235 Schmid, ZKF 2001, S. 114, 115. 236 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 48. 237 Schmid, ZKF 2001, S. 114, 115. 238 Ausführlich zu Wirkungsweise, Rechtscharakter und steuerlichen Fragen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Zinsswaps Erne, DB 1994, S. 1809 ff. 239 Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 72. In Niedrigzinsphasen wird die Kommune bei Abschluss eines Zinsswap in der Regel versuchen, mittels dieses Finanzinstrumentes eine Festzinsvereinbarung zu erlangen, in Hochzinsphasen wird sie zu variablen Zinsen tendieren, Schmid, ZKF 2001, S. 114. 240 Hierzu Jünger/Walter/Götz, Kommunales Finanzmanagement, S. 71. 241 Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 2/2000 v. 28. Januar 2000.
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den Ausprägungen der derivativen Finanzierungsinstrumente beinhalten im Vergleich zu der Swapvereinbarung eine weitere zeitliche Komponente, da die Swapvereinbarung selbst nicht direkt von der Kommune abgeschlossen wird. Die Kommune erhält vielmehr die Swapvereinbarung erst zu einem bestimmten Zeitpunkt (Forward Swap) oder hat für einen bestimmten Zeitraum die Option, eine Swapvereinbarung abzuschließen (Swaption). Allen derivativen Finanzierungsinstrumenten ist gemein, dass ihr Wert zwar von dem vereinbarten Basiswert abhängt, sie aber unabhängig von der dem Basiswert zugrunde liegenden Vereinbarung handelbar sind.243 D.h., Derivate können an den Finanzmärkten ohne jeden Bezug des Käufers zu der dem Basiswert zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung erworben werden und haben einen eigenen, von der Entwicklung des Basiswerts abhängigen und veränderlichen Wert.244 Die Kommune kann daher rein tatsächlich auch ohne Bezug zu einer kommunalen Kreditaufnahme am Finanzmarkt derivative Finanzinstrumente erwerben. b) Wirkungen für die kommunale Körperschaft Die Wirkungen des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente für die kommunale Körperschaft sind in hohem Maße davon abhängig, ob das Finanzinstrument in Zusammenhang mit einer Kreditfinanzierung eingesetzt wird. Gesetzt diesen Fall erfüllt das Finanzinstrument je nach Ausgestaltung eine bestimmte Funktion in Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung der Kommune. Insoweit sind Entwicklungen seines Kaufwertes am Finanzmarkt für die kommunale Körperschaft nicht relevant, da selbst bei dessen negativer Entwicklung aus Sicht der Kommune einzig die mit dem Derivat verbundene Rechtsposition, die der Kommune Umstrukturierungen der Kreditkonditionen zu ihren Gunsten ermöglicht, entscheidend ist. Die Wirkung des Finanzierungsmodells für die kommunale Körperschaft besteht in diesem Fall daher ausschließlich in einer Erweiterung ihrer rechtlichen Handlungsspielräume in Zusammenhang mit der Steuerung der Kreditkonditionen. Unterstellt man jedoch den Kauf von derivativen Finanzinstrumenten durch die Kommune ohne Bezug zu einer kommunalen Kreditaufnahme, so ist nunmehr auch aus Sicht der Kommune für den Wert des Derivates ausschließlich dessen Kaufpreis am Markt entscheidend, da das Finanzinstrument in diesem Fall für die Körperschaft mangels Kreditbezug keinen weiteren Zweck erfüllen
242
Schmid, ZKF 2001, S. 114. Vgl. Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 2/2000 v. 28. Januar 2000. 244 Schmid, ZKF 2001, S. 113. 243
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kann. Gesetzt diesen Fall beinhalten die Derivate daher das erhebliche Risiko einer singulären negativen Wertentwicklung zu Lasten der Kommune. c) Vergleich mit dem Einsatz von kommunalen Eigenmitteln Der Einsatz kommunaler Eigenmittel an Stelle des Kaufs von derivativen Finanzinstrumenten ist grundsätzlich denkbar. Es würde sich in diesem Fall zwar nicht um eine klassische Verbesserung von Kreditkonditionen handeln, da die Kommune nicht mit am Finanzmarkt erworbenen Titeln den Zinsverlauf des Kommunalkredites zu beeinflussen versucht, sondern eventuelle mit den Kreditkonditionen verbundene negative wirtschaftliche Wirkungen unter direktem Eigenkapitaleinsatz beseitigt. Dieses Verhalten würde für die Kommune mit der vorteilhaften Situation einhergehen, keinen rechtlichen Risiken aus einem Zusatzgeschäft ausgesetzt zu sein. Denn auch hier würde die kommunale Körperschaft die vertragliche Beziehung mit einer privaten Partei vermeiden und daher weder einer rechtlichen Verpflichtung, noch dem Risiko der Wertentwicklung des Derivates ausgesetzt sein. Jedoch ist insoweit zu beachten, dass der Einsatz derivativer Finanzinstrumente sich in der Regel dadurch auszeichnet, dass die Kommune die Absicherung gegen unerwünschte wirtschaftliche Entwicklungen in Zusammenhang mit der Kommunalkreditfinanzierung hier mit einem im Vergleich zum Vorhalten von Eigenmitteln wesentlich geringeren Kapitaleinsatz erreicht. Dieser wirtschaftliche Gesichtspunkt vermag auch bei einer auf die potentiellen Risiken des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente abstellenden Beurteilung die Vorteilhaftigkeit dieses neuen Finanzierungsmodells begründen. Insoweit besteht, den ausschließlichen Einsatz des Derivates zu Zwecken der Steuerung von Kommunalkreditkonditionen unterstellt, kein Zweifel an der Vorteilhaftigkeit dieses Finanzierungsmodells im Vergleich zum Vorhalten von kommunalen Eigenmitteln zu gleichen Zwecken. d) Vergleich mit einer Kommunalkreditfinanzierung Der Versuch eines Vergleichs zwischen dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente und der Kommunalkreditfinanzierung muss berücksichtigen, dass es bezüglich der Zielsetzung des Einsatzes beider Finanzierungsmodelle strukturelle Unterschiede gibt, die einen Vergleich letztlich unmöglich machen. Zwar dienen beide Finanzierungsmodelle der Investitionsfinanzierung der Kommune. Während der Kommunalkredit jedoch hierbei das hauptsächliche Instrument darstellt, wirken derivative Finanzinstrumente als ergänzendes Finanzierungsmodell zur Umstrukturierung der Kreditkonditionen. In ihrer Wirkungsweise unterscheiden sich die derivativen Finanzinstrumente vom Kommunalkredit folglich dadurch, dass sie nicht unmittelbar der Kapitalaufnahme, sondern ihrer Optimierung dienen. Es ist jedoch in der Praxis nur schwer vorstellbar, dass die
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Kommune zusätzliche kommunalkreditfinanzierte Mittel an Stelle des Einsatzes eines derivativen Finanzinstrumentes bereithält. Insoweit wäre es aufgrund des rein finanzierungsergänzenden Charakters der Derivate verfehlt, den Einsatz dieser Instrumente mit einer Kommunalkreditfinanzierung zu vergleichen. e) Bewertung Nach alledem ist der Einsatz derivativer Finanzinstrumente dem zweckgleichen Einsatz von kommunalen Eigenmitteln vorzuziehen. Zudem ist der Einsatz derivativer Finanzinstrumente dann als grundsätzlich unproblematisches kommunales Finanzierungsmodell zu qualifizieren, wenn er mit einer kommunalen Kreditfinanzierung einhergeht und konkret auf diese bezogen ist. Ein erhebliches Risiko besteht jedoch dann, wenn die Kommune derivative Finanzinstrumente ohne Bezug zu einer Kreditfinanzierung einsetzt, da die dem Derivat innewohnende Rechtsposition dann keine Auswirkungen für die Kommune entfalten kann und diese hinsichtlich des wirtschaftlichen Nutzens des Derivates vollumfänglich auf dessen Wertentwicklung am Finanzmarkt verwiesen ist. Der Einsatz des Derivates erhält dann ausschließlich spekulativen Charakter, geht mithin mit hohen Kapitalverlustrisiken einher und ist daher in diesem Fall als äußerst nachteilig zu qualifizieren. 6. Schlussfolgerungen aus dem Vergleich der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle mit den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung Die Darstellung der rechtlichen Strukturen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle sowie deren jeweiliger Vergleich mit den traditionellen Formen kommunaler Finanzierung zeigen, dass erstere Finanzierungsmodelle sich hinsichtlich ihrer Strukturen und Wirkungen teils erheblich von den früher durch Kommunen hauptsächlich genutzten Finanzierungsformen unterscheiden. Es ist festzuhalten, dass der Grad der Strukturabweichung bei den einzelnen neuen kommunalen Finanzierungsmodellen durchaus variiert. Insbesondere die Finanzierungsmodelle US-Lease und Sale-and-lease-back sowie der Einsatz derivativer Finanzinstrumente weisen erhebliche strukturelle Unterschiede auf. Aber auch die Leasingfinanzierung und die Leasingfondsfinanzierung beinhalten Strukturunterschiede, die im Vergleich zu der kommunalen Eigenmittelfinanzierung oder der Finanzierung mittels einer Kommunalkreditaufnahme als relevant qualifiziert werden können. Die wesentlichen Strukturunterschiede lassen sich in vier hauptsächliche Kategorien unterteilen.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
a) Teilweise Abkoppelung der kommunalen Finanzierungsmodelle von einer konkreten kommunalen Investition Der erste wesentliche Strukturunterschied besteht in der teilweisen Abkoppelung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle von einer konkreten kommunalen Investition, denn nicht alle untersuchten Finanzierungsmodelle sind noch auf eine konkrete Investitionsfinanzierung gerichtet. Während diese Bindung bei der kommunalen Leasingfinanzierung und der Leasingfondsfinanzierung noch gegeben ist, so handelt es sich bei US-Lease und Sale-and-leaseback Transaktionen um Finanzierungsmodelle, welche von der Kommune in der Regel unabhängig von einer konkreten kommunalen Investition hauptsächlich aus Liquiditätserwägungen eingesetzt werden. Hinsichtlich des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente gestaltet sich eine entsprechende Kategorisierung zwar aufgrund der Struktur des Finanzierungsmodells schwierig, letztlich wird man dieses Finanzierungsmodell jedoch ebenfalls zu der Kategorie jener Modelle, die nicht in einem direktem Zusammenhang mit einer kommunalen Investition stehen, einordnen müssen. Denn einerseits ist theoretisch auch ein von der Kommunalkreditaufnahme unabhängiger Einsatz derivativer Finanzinstrumente denkbar. Aber selbst wenn das Finanzinstrument in Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung einer kommunalen Investition eingesetzt wird, so ist sein Zweck doch auf eine reine Verbesserung der Kreditkonditionen und damit allenfalls mittelbar auf die Finanzierung der Investition selbst gerichtet. b) Teilweise erhebliche Abweichungen hinsichtlich der rechtlichen Struktur der Finanzierungsmodelle Weiter existieren teilweise erhebliche Abweichungen hinsichtlich der rechtlichen Struktur der Finanzierungsmodelle. aa) Abweichungen hinsichtlich der Eigentümerposition bei der Investitionsfinanzierung Der erste insoweit bemerkenswerte strukturelle rechtliche Unterschied hinsichtlich einiger neuer Finanzierungsmodelle ist in Bezug auf die aus der mit Hilfe eines Privaten umgesetzten Investitionsfinanzierung resultierende Eigentümerstruktur festzustellen. Mit der Leasingfinanzierung und der Leasingfondsfinanzierung resultieren beide neuen kommunalen Finanzierungsmodelle, die noch einen Bezug zu einer konkreten kommunalen Investition aufweisen, in einer im Vergleich zu traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung veränderten Eigentümerposition hinsichtlich des Investitionsgegenstandes. Denn bei beiden Finanzierungsmodellen fällt diese Rechtsposition bei Abschluss des Finanzierungsmodells und jedenfalls über dessen gesamte Laufzeit der Objektgesellschaft als Leasinggeber und nicht der Kommune zu.
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bb) Abweichungen in Bezug auf die Risikostruktur Aber auch unter anderen Bewertungsgesichtspunkten ergeben sich erhebliche Abweichungen der rechtlichen Struktur der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle. Allen untersuchten neuen Finanzierungsformen mit Ausnahme des in Zusammenhang mit der Gestaltung von Kreditkonditionen vorgenommenen Einsatzes derivativer Finanzinstrumente ist gemeinsam, dass sie mit einer für die Kommune wesentlich veränderten und nachteiligen rechtlichen Risikostruktur einhergehen. Bei der Leasingfinanzierung, der Leasingfondsfinanzierung und dem Sale-and-lease-back betrifft dies insbesondere die Übernahme des Investitions- und gegebenenfalls des Verwertungsrisikos des Leasinggebers. In Bezug auf US-Lease Transaktionen ist festzustellen, dass die Kommune umfangreiche Risiken beispielsweise hinsichtlich ihrer eigenen Bonität als auch der Bonität einiger der beteiligten Kredit- bzw. Finanzinstitute und in Bezug auf das Schicksal des Leasinggegenstandes über die Laufzeit der Transaktion übernimmt. c) Teilweise erhebliche Einschränkungen der kommunalen Handlungsspielräume Darüber hinaus weisen – mit Ausnahme des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente, der den Handlungsspielraum der Kommune grundsätzlich im Falle der Nutzung in Zusammenhang mit einer Kommunalkreditaufnahme erweitert – alle neuen kommunalen Finanzierungsmodelle im Vergleich zu den traditionellen Formen kommunaler Finanzierung rechtliche Beschränkungen der Kommune auf, welche in Einschränkungen der kommunalen Handlungsspielräume resultieren. Diese Handlungsbeschränkungen ergeben sich entweder aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Kommune mit dem privaten Finanzierungspartner oder aufgrund des Mangels an Eigentümerrechten bzw. des Verlustes der Eigentümerposition. aa) Einschränkungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Einschränkungen aufgrund vertraglicher Vereinbarung sind ausschließlich beim US-Lease festzustellen, da sich die Kommune bei diesem Finanzierungsmodell jedenfalls über die Laufzeit des Rückmietvertrages und, sofern es zum Eintritt der Betriebsführungsstruktur kommt, für die Laufzeit der gesamten Transaktion, zum vertragsgemäßen Verhalten auch bezüglich des Umgangs mit dem Leasinggegenstand verpflichtet. Dies schließt, wie dargestellt, regelmäßig eine Verfügung über den kommunalen Leasinggegenstand weitgehend aus.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
bb) Einschränkungen aufgrund des Mangels an Eigentümerrechten oder Verlusts der Eigentümerposition Aber auch bei der Leasingfinanzierung, der kommunalen Leasingfondsfinanzierung und dem Sale-and-lease-back kommt es zu Einschränkungen der kommunalen Handlungsspielräume bezüglich des kommunalen Investitionsgutes. Denn bei allen drei Finanzierungsmodellen ist die Kommune nicht Eigentümerin des Leasinggegenstandes, so dass ihr auch das damit einhergehende Verfügungsrecht über den Gegenstand nicht zufällt. Dieses liegt vielmehr beim Leasinggeber. Die Leasingfinanzierung, die Leasingfondsfinanzierung und das Sale-andlease-back unterscheiden sich insoweit nur dadurch, dass die Kommune bei ersteren beiden Modellen von vornherein keine Eigentümerrechte geltend machen konnte, während dieser Mangel an Verfügungsrechten beim Sale-and-lease-back erst durch die mit der Transaktion einhergehende Eigentumsübertragung an den privaten Finanzierungspartner eintritt. d) Der zeitliche Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen Schließlich ist als Ergebnis des Vergleichs der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle und der Formen traditioneller kommunaler Finanzierung festzuhalten, dass es auch hinsichtlich des zeitlichen Rahmens der vertraglichen Vereinbarungen der Finanzierungsmodelle teilweise zu einem signifikanten Unterschied im Vergleich zu den traditionellen Finanzierungsformen kommt. Zuvörderst ist hierbei das Finanzierungsmodell US-Lease zu nennen, welches mit Vertragslaufzeiten von bis zu 100 Jahren eine erhebliche Ausweitung der zeitlichen Komponente des konkreten Kommunalfinanzierungsmodells bedingt. Aber auch Leasingfinanzierungen bzw. Leasingfondsfinanzierungen mit Laufzeiten von 40 bis 50 Jahren weisen eine Erweiterung hinsichtlich der Bindungswirkung der kommunalen Finanzierung auf.
II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft Zu klären ist angesichts dieser weitgehenden strukturellen Unterschiede, ob und wenn ja, wie die rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle unter Heranziehung der in den letzten Jahrzehnten entwickelten Auslegung der für die aufsichtsrechtliche Beurteilung relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft gegenwärtig bewertet werden. Zum Zweck der nachfolgenden Darstellung der kommunalaufsichtsrechtlichen Bewertung der untersuchten Finanzierungsmodelle werden zunächst die
II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft
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allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätze sowie für den Untersuchungsgegenstand eventuell weiter relevante besondere kommunalhaushaltsrechtliche Regelungen beschrieben. 1. Die allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätze Die allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätze der stetigen Aufgabenerfüllung245 sowie der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft246 sollen den institutionellen Schutz der Kommunalverwaltung in toto sichern.247 Sie sind Leitlinien für die Gestaltung der Haushaltswirtschaft248 und Maßstab für jedes kommunale Handeln, das in Zusammenhang mit der Haushaltswirtschaft steht. Folglich sind die Haushaltsgrundsätze auch beim Einsatz von kommunalen Finanzierungsmodellen der Kommunen zu beachten. Sämtliche Haushaltsgrundsätze sind eng miteinander verbunden und für die gesamte Haushaltswirtschaft verbindlich.249 Zugleich stellen die allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätze auch rechtsaufsichtliche Kontrollmaßstäbe250 dar. a) Der Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung Der Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung ist der wichtigste Grundsatz der Haushaltsführung der Kommune, welchem Vorrang vor allen anderen Haushaltsgrundsätzen gebührt.251 Dieser Grundsatz soll gewährleisten, dass die Versorgung mit kommunalen Leistungen – soweit möglich – gleichermaßen und dauerhaft gesichert ist.252 Nach dem Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung muss die gesamte Haushaltswirtschaft darauf gerichtet sein, die Erfüllung der primären gemeindlichen Pflichtaufgaben253 nachhaltig, das bedeutet gegenwärtig und in der überschaubaren Zukunft finanziell abzusichern.254 245
§ 92 Abs. 1 HGO. § 92 Abs. 2 HGO. 247 Ausführlich hierzu von Mutius/Groth, NJW 2003, S. 1278, 1281. 248 Waechter, Kommunalrecht, S. 243, Rn. 845. 249 Bernhardt/Schünemann/Schwingeler, Kommunales Haushaltsrecht NRW, S. 173. 250 Vgl. Meyer/Stolleis, Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen, S. 249; dezidiert zu der Nachprüfbarkeit des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Waechter, Kommunalrecht, S. 247, Rn. 856. 251 Körner, Kommentar zur Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, S. 285; Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85, 86; vgl. Deubel in Dieckmann/Heinrichs, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, S. 289. 252 Schwarting, Finanzwirtschaft 1993, S. 60, 61. 253 Die Gemeinde hat primär die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen, eigenen oder übertragenen Pflichtaufgaben zu sichern. Diesen folgen die von der Gemeinde eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen. Erst danach kann die Gemeinde weitere Aufgaben aus dem Spektrum der kommunalen Aufgabenstellung übernehmen, 246
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Die Aufgabenerfüllung ist daher nicht nur für den Augenblick zu sichern, sondern die finanzielle Planung der Kommune ist jederzeit so auszugestalten, dass ein Zustand finanziellen Unvermögens hinsichtlich der Erfüllung der kommunalen Aufgaben vermieden wird.255 Da die Haushaltswirtschaft der Gemeinde auf jeweils ein Haushaltsjahr begrenzt ist, hat der Gesetzgeber in der Formulierung bewusst auf die „stetige Erfüllung“ der Aufgaben hingewiesen. Darin kommt zum Ausdruck, dass sich eine Gemeinde aus der einjährigen Betrachtungsweise lösen und die Aufgabenerfüllung in mittel- und langfristigen Zeitabschnitten zu sehen ist.256 Die Sicherung der Aufgabenerfüllung ist durch eine sorgsame Planung sicherzustellen, wozu insbesondere auch eine realistische Einschätzung der Folgekosten kommunaler Entscheidungen zählt.257 Es liegt im Pflichtenbereich der kommunalen Vertretungsorgane und insbesondere des Kommunalparlamentes, die Haushalts- und mittelfristige Finanzplanung an dem Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung auszurichten und alle Maßnahmen zu unterlassen, bzw. zu verhindern, die dieses oberste Ziel des kommunalen Wirtschaftens gefährden könnten.258 Obschon der Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung hierbei nicht so eng interpretiert wird, dass die Ausgaben für einzelne Zwecke oder auch nur das Haushaltsvolumen im Zeitablauf unverändert bestehen bleiben müssten, so bindet er die Gemeinde dennoch an eine gewisse Kontinuität der Ausgabenpolitik.259 b) Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft Auch der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft,260 der einen die kommunale Körperschaft rechtlich bindenden261 unbestimmten Rechtsbegriff darstellt,262 spielt im kommunalen Haushaltswesen, siehe Bauer, KKZ 1993, S. 42. Zur Abgrenzung zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben der Kommune siehe Birkenfeld-Pfeiffer, Kommunalrecht, S. 79, Rn. 177 f. 254 Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85, 86; Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, S. 69 Rn. 2; Deubel in Dieckmann/Heinrichs, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, S. 289. 255 Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, S. 69 Rn. 2. 256 Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 99. 257 Vgl. von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, S. 339. 258 Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85, 86. 259 Schwarting, Finanzwirtschaft 1993, S. 60, 61. 260 Auch „Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ genannt. 261 von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, S. 338. 262 Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, S. 135; Meyer, Kommunalrecht, S. 259, Rn. 737.
II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft
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ebenso wie im gesamten öffentlichen Haushaltswesen,263 traditionell eine gewichtige Rolle.264 Trotz dieser Allgemeingültigkeit des Grundsatzes der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft, der im Ergebnis eine Beschränkung der Kommune auf das Notwendige265 sowie die sachangemessene Verwirklichung des Verwaltungsziels unter größtmöglicher Schonung der Finanzmittel266 bewirken soll, fehlt es an einer gesetzlichen Definition, weswegen seit langem Unsicherheit über die genaue Bedeutung und den Inhalt des Grundsatzes besteht und in der Verwaltungspraxis immer wieder neue Anwendungsschwierigkeiten auftreten.267 Einige grundsätzliche Auslegungsinhalte lassen sich dennoch festhalten. So wird Sparsamkeit als Beschränkung auf das nach Umfang und Zeitpunkt Notwendige verstanden.268 Mithin erfordert dieser Teil des Grundsatzes eine zurückhaltende Ausgabenpolitik ohne Vernachlässigung der Aufgabenerfüllung.269 Das bedeutet, nur solche Ausgaben sind zu tätigen, die bei vernünftiger Betrachtung als notwendig anzusehen sind.270 Hingegen verlangt die Wirtschaftlichkeit, mit dem eingesetzten möglichst geringen Aufwand den möglichst größten Nutzen zu erzielen271 (Minimalprinzip)272 oder mit bestimmten, ihrem Umfang nach abgegrenzten und vorgegebenen Mitteln einen höchstmöglichen Ertrag zu erwirtschaften273 (Maximalprinzip),274 wobei „Aufwand“ sich sowohl auf die Herstellungskosten als auch den 263
von Hoyningen-Huene, BB 1991, S. 1345; vgl. auch Hedemann, Prinzipien des Haushaltsrechts und der Haushaltswirtschaft, Rn. 6307. Schon die Reichshaushaltsordnung kannte als „zentrale Vorschrift für das innere und äußere Finanzgebaren der Bewirtschaftungsstellen öffentlicher Mittel“ den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Siehe ausführlich zu der Historie, Entwicklung und dem Inhalt des Grundsatzes Büch, Zur Bestimmung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im öffentlichen Haushalt der Bundesrepublik Deutschland, S. 10 ff. 264 Schwarting, Der kommunale Haushalt, S. 44, Rn. 92; ders., Finanzwirtschaft 1993, S. 60, 61. 265 Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, S. 136. 266 Gern, Sächsisches Kommunalrecht, S. 327. 267 Auf den Bereich der Anwendung des Grundsatzes im Sozialrecht bezogen hierzu von Hoyningen-Huene, BB 1991, S. 1345. 268 Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85, 86; vgl. Klein, Lehrbuch des öffentlichen Finanzrechts, S. 150; Körner, Kommentar zur Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, S. 286; Bauer, KKZ 1993, S. 42. 269 Bernhardt/Schünemann/Schwingeler, Kommunales Haushaltsrecht NRW, S. 173. 270 Deubel in Dieckmann/Heinrichs, Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen, S. 289. 271 Körner, Kommentar zur Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, S. 286; vgl. auch Klein, Lehrbuch des öffentlichen Finanzrechts, S. 150. 272 Schwarting, Der kommunale Haushalt, S. 45, Rn. 92; vgl. Drees-Behrens, ZKF 1999, S. 200. Das Minimalprinzip steht in der Regel bei der Aufstellung des Haushaltes im Vordergrund, Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden, S. 118, Rn. 127.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
laufenden Aufwand bezieht.275 Nach heute allgemein geltender Vorstellung ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip daher identisch mit dem ökonomischen Prinzip,276 so dass die Wirtschaftlichkeit durch das Verhältnis von Erlösen zu Kosten berechnet werden kann. Jedoch ist ein solches Verfahren, welches in der Privatwirtschaft uneingeschränkt gilt, im kommunalen Haushaltsrecht nur in den Bereichen möglich, in denen spezielle, aufgabengebundene Erlöse erzielt werden.277 Bei den anzustellenden Wirtschaftlichkeitsüberlegungen sollen jedoch nicht lediglich monetäre Größen miteinander verglichen, sondern neben betriebswirtschaftlichen auch volkswirtschaftliche Aspekte und auch allgemeine gesellschaftliche Wertvorstellungen in die Abwägung einbezogen werden.278 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme in aller Regel nicht allein von objektiv messbaren Fakten, sondern auch von prognostischen, planerischen, finanzpolitischen und sonstigen auf Erwägung der Zweckmäßigkeit beruhenden Gesichtspunkten abhängt.279 In der Praxis wird der Gemeinde daher bei der Anwendung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ein weitgehender Entscheidungsspielraum zugebilligt.280 Er findet jedoch seine Grenzen in der Begrifflichkeit, der zutreffenden und vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes durch die Gemeinde, in der Beachtung allgemeiner Wertmaßstäbe und dem Unterlassen sachfremder Erwägungen.281 273 Deubel in Dieckmann/Heinrichs, Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen, S. 289; Bernhardt/Schünemann/Schwingeler, Kommunales Haushaltsrecht NRW, S. 177. 274 Drees-Behrens, ZKF 1999, S. 200; Schwarting, Der kommunale Haushalt, S. 45, Rn. 92; das Maximalprinzip steht in der Regel bei der Ausführung des Haushaltes im Vordergrund, Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden, S. 118, Rn. 127. 275 Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, S. 72 Rn. 4. 276 Heller, Haushaltsgrundsätze für Bund, Länder und Gemeinden, S. 118, Rn. 125; Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 110; von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, S. 338; Grupp, DVBl. 1994, S. 140, 146 m. w. Nachw.; vgl. Gröpl, Haushaltsrecht und Reform, S. 94; zum Wandel des Bedeutungsinhaltes des Begriffs der Wirtschaftlichkeit von der Alteuropäischen Ökonomik bis zur Gegenwart Walther, Verwaltungsrundschau 1993, S. 14, 15 ff. 277 Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 110. 278 Grupp, DVBl. 1994, S. 140, 146. Für einen weiten Wirtschaftlichkeitsbegriff plädiert auch Odenwald in Budäus/Eichhorn, Public Private Partnership, S. 145, 152. Seitens der Politik wurde in Konsequenz der Schwierigkeiten bezüglich der praktischen Anwendung des Grundsatzes schon offen konstatiert, dass die Frage nach der Wirtschaftlichkeit häufig leer liefe und die Begriffsdefinition zudem anfällig für das jeweilige Präferenzsystem der Entscheidungsträger sei, Sarrazin, VOP 1992, S. 141, 142. 279 Meyer, Kommunalrecht, S. 259, Rn. 737. 280 Vgl. Beschluss des OVG NW v. 26. Oktober 1990, DÖV 1991, S. 611 f.; Gabler/Höhlein/Klöckner/Lukas/Oster/Schaaf/Steenbock/Stubenrauch/Tutschapsky, Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, § 93 GemO, S. 3 m. w. Nachw.
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Da die beiden gleichwertigen282 Bestandteile des Grundsatzes gemeinsam zu werten sind, können Kollisionen auftreten, zum Beispiel dann, wenn eine Investitionsmaßnahme in der Ausführung A zwar wesentlich preisgünstiger ist als in der Ausführung B; letztere aber aufgrund bedeutend niedrigerer Betriebs- und Unterhaltungskosten doch die wirtschaftlichere Lösung darstellt.283 Das Konfliktpotential ergibt sich mithin daraus, dass bei der Sparsamkeit die finanziellen Aufwendungen allein, bei der Wirtschaftlichkeit hingegen alle Gesichtspunkte einer Finanzierung zu berücksichtigen sind.284 Für die Praxis wird daher vorgeschlagen, hinsichtlich der Auswahl der zu übernehmenden freiwilligen Aufgaben der Kommune auf das Prinzip der Sparsamkeit und innerhalb des somit umgrenzten kommunalen Aufgabenspektrums dann jedoch nach wirtschaftlichen Erwägungen zu entscheiden.285 Dies findet unter anderem Niederschlag in denjenigen Vorschriften,286 nach denen bei Investitionsmaßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung ein Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen den verschiedenen Finanzierungsformen gefordert wird.287 2. Der Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit In engem Bezug288 zu dem allgemeinen Haushaltsgrundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung steht ein weiterer rechtlich bindender und zugleich unbestimmter Rechtsbegriff, der gleichwohl nicht als Grundsatz, sondern vielmehr als Maßstab formuliert ist. Es handelt sich um den Begriff der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune, der sich in den meisten289 Kommunalordnungen in Zusammenhang mit den Vorschriften über die kommunale Kreditaufnahme findet. Dort ist neben dem Subsidiaritätsprinzip290 der Kreditaufnahme291 und der Bindung der Kreditaufnahme der Kommune an eine bestimmte Investition bzw. 281
Waechter, Kommunalrecht, S. 243, Rn. 851. Waechter, Kommunalrecht, S. 246, Rn. 854. 283 Bauer, Finanzwirtschaft 1991, S. 85, 87; Bernhardt/Schünemann/Schwingeler, Kommunales Haushaltsrecht NRW, S. 177; siehe auch Depiereux, Das neue Haushaltsrecht der Gemeinden, S. 30 f. 284 Vgl. Bernhardt/Schünemann/Schwingeler, Kommunales Haushaltsrecht NRW, S. 176. 285 Schwarting, Der kommunale Haushalt, S. 45, Rn. 93. 286 Vgl. § 10 Abs. 2 Hess. GemHVO. 287 Schwarting, Der kommunale Haushalt, S. 45, Rn. 93. 288 Schwarting, Finanzwirtschaft 1993, S. 60, 61; ders., Der kommunale Haushalt, S. 44, Rn. 87. 289 In Nordrhein-Westfalen steht der Aufsichtsbehörde kein Genehmigungsvorbehalt mehr zu, siehe Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 73, Rn. 155. 282
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an eine Verwendung zur Umschuldung292 festgelegt, dass der Gesamtbetrag der von der Kommune im Haushalt vorgesehenen Kreditaufnahmen im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf.293 Die Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn die Kreditverpflichtung unter anderem mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde in Einklang steht.294 Hintergrund des Genehmigungsvorbehaltes ist die Gefahr für die Stabilität der jeweiligen kommunalen Haushaltswirtschaft, die mit jeder Kreditaufnahme verbunden ist.295 Durch die vorgeschaltete296 aufsichtsrechtliche Kontrolle soll sichergestellt werden, dass die Kommunen nur nachrangig und beschränkt auf bestimmte Zwecke auf die Einnahmequelle „Kredit“ zugreifen297 und sich hierbei im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit halten. Der aufsichtsrechtliche Genehmigungsvorbehalt bildet mithin die zentrale Grenze der Kommunalverschuldung.298 Auch in Bezug auf den Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune existiert im kommunalen Haushaltsrecht keine eindeutige Definition. Jedoch ist unumstritten, dass unter der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit zu verstehen ist.299 Die sich aus der Aufrechterhaltung der dauernden finanziellen Leistungsfähigkeit ergebende gemeindliche Schuldengrenze unterliegt dabei jeweils den Umständen des Einzelfalls.300 Generell wird bei der Überprüfung des Fortbestehens der dauernden Leistungsfähigkeit ein Zeitraum durch die Aufsichtsbehörde beurteilt, der weit über das jeweilige Haushaltsjahr hinausreicht. Daher wird zuvörderst die – auf fünf Jahre bezogene –301 Finanzplanung der Gemeinde überprüft.302 Folglich ist auch dem Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit eine 290
Mohl/Schick, KStZ 1995, S. 201. Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre, § 93 Abs. 3 HGO. Diese Nachrangigkeit der Kreditfinanzierung sehen alle Gemeindeordnungen vor, Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 425, Rn. 673. 292 § 103 Abs. 1 HGO. Da kommunale Kredite mithin nicht zur Deckung laufender Ausgaben aufgenommen werden dürfen, sind sie im Vermögenshaushalt zu veranschlagen, Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 145. 293 § 103 Abs. 2 Satz 1 HGO. 294 § 103 Abs. 2 Satz 3 HGO. 295 Vgl. Schützenmeister, LKV 1992, S. 80, 81. 296 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 111. 297 Vgl. Gundlach, LKV 2001, S. 203, 206. 298 Schwarting, ZKF 1982, S. 82. 299 Tremer in Steffan, Handbuch des Real- und Kommunalkredits, S. 132. 300 Mohl/Schick, KStZ 1995, S. 201, 201; Schwarting, ZKF 1982, S. 83. 301 Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 37. 302 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 73, Rn. 155; Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in 291
II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft
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mit dem Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung gleichzusetzende zeitliche Dimension eigen. In der Praxis wird heute303 in vielen Bundesländern die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gemeinde durch die Kommunalaufsicht sowohl anhand der aktuellen Haushaltslage als auch der in der Finanzplanung prognostizierten Entwicklung der so genannten „freien Spitze“304 beurteilt.305 Verallgemeinert muss die Kommune in der Lage sein, mittels ihrer laufenden Einnahmen, die meist unter Annahme eines konstanten Steuerrechts vorausgeschätzt werden, gegebenenfalls notwendige Investitionen in Pflichtaufgaben306 und die laufenden Ausgaben unter Einschluss der Zinsen und Tilgung von bestehenden und neuen Krediten307 zu finanzieren. Dieser Bewertungsmaßstab korrespondiert mit dem Umstand, dass die Kommunen nach den Regelungen der Gemeindehaushaltsverordnungen aus den laufenden Einnahmen des Verwaltungshaushalts an den Vermögenshaushalt die laufenden Tilgungsausgaben für Kredite im Wege der Pflichtzuführung zuführen müssen.308 Ferner muss der Zuführungsbetrag auch die notwendigen Mittel zur Finanzierung der Kreditbeschaffungskosten309 an den Vermögenshaushalt enthalten. Einige Bundesländer haben darüber hinaus auf dem Erlasswege den Begriff der dauernden Leistungsfähigkeit näher bestimmt.310 So wird die Sicherung der der Bundesrepublik Deutschland, S. 147; Trapp, LKV 1998, S. 224; Schützenmeister, LKV 1992, S. 80, 82; Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 21. 303 Zur Historie der zur Ermittlung der für die Gemeinde tragbaren Belastung herangezogenen Parameter siehe Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 146 f. 304 Zur Definition des Begriffes siehe Abschnitt C. I. 1. c) aa). 305 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 74, Rn. 160; ders., ZKF 1982, S. 82, 84; Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, S. 147; Borchmann, Kommunalrecht in Hessen, 8. Abschnitt, S. 133; Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 21; vgl. exemplarisch Nr. 3.4 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1108; Nr. 1.2. des Erlasses des Ministerium des Inneren des Saarlandes v. 21. August 1990, GMBl. Saar 1990, S. 236. 306 Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 21. 307 Schützenmeister, LKV 1992, S. 80, 82. 308 Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 244; vgl. Matschke/Hering, Kommunale Finanzierung, S. 155; Trapp, LKV 1998, S. 224. 309 Zu den Kreditbeschaffungskosten gehören vor allem das Disagio sowie einmalige Abschluss- oder Verwaltungsgebühren, einmalige Verwaltungskostenbeiträge und eventuelle Maklerprovisionen, Brinkmeyer, Kommunale Finanzwirtschaft, Band 2, S. 244. 310 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 73, Rn. 154. Vgl. beispielsweise Nr. 3.3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
dauernden Leistungsfähigkeit beispielsweise angenommen, wenn die Gemeinde voraussichtlich in der Lage ist, ihren bestehenden Ausgabenverpflichtungen nachzukommen, ihr Vermögen pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und die Finanzierungskosten und Folgekosten bevorstehender notwendiger Investitionen zu tragen, wobei Investitionslasten, welche zwangsläufig in späteren Jahren auf die Kommune zukommen, zu berücksichtigen sind.311 Teilweise sind auch detailliertere Beurteilungskriterien für die Leistungsfähigkeitsprognose im Erlasswege festgelegt worden. Danach ist unter anderem die Frage der Ausgeglichenheit des Verwaltungshaushalts,312 die Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt,313 die Struktur und Entwicklung sowohl der gemeindespezifischen Einnahmequellen als auch der gemeindespezifischen Ausgaben,314 zwangsläufige Ausgabeverpflichtungen, Folgekosten für bestehende Einrichtungen sowie Belastungen aufgrund Kreditaufnahmen, kreditähnlichen Rechtsgeschäften315 und der Stand der Rücklagen und des Gemeindevermögens zu berücksichtigen.316 Zudem wird vertreten, dass eine Differenzierung zwischen rentierlichen und unrentierlichen Investitionen317 bei der Beurteilung der Prognoseentscheidung erforderlich ist.318 Insgesamt erfordert die Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune mithin die Erstellung einer Prognose über deren Einnahmen- und Ausgabensituation und dementsprechend über die finanziellen kommunalen Handlungsspielräume in den auf die Kreditaufnahme nachfolgenden Jahren. v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1108; Nr. 1.3.1 f. des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. In Hessen existiert kein entsprechender Erlass. 311 Nr. 3.3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1108. 312 Nr. 1.3.1 lit. a) des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. 313 Nr. 1.3.1 lit. c) des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. 314 So auch Schützenmeister, LKV 1992, S. 80, 82. 315 Vgl. Nr. 1.3.1 lit. d) des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. 316 Nr. 3 lit. b) der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen über die kommunale Finanzplanung 1999 bis 2002 und die kommunale Haushalts- und Wirtschaftsführung im Jahre 1999 (VwV kommunale Haushaltswirtschaft 1999) v. 21. Oktober 1998, Az. 23a – 2242.30/31. 317 Zu den Begrifflichkeiten und den mit der Beurteilung von rentierlichen und unrentierlichen Investitionen verbundenen Schwierigkeiten siehe Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 22. 318 Nr. 3 lit. b) der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen über die kommunale Finanzplanung 1999 bis 2002 und die kommunale Haushalts- und Wirtschaftsführung im Jahre 1999 (VwV kommunale Haushaltswirtschaft 1999) v. 21. Oktober 1998, Az. 23a – 2242.30/31.
II. Relevante Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft
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Führt diese Prognose zu einer negativen Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde, so kann im Ausnahmefall von einer Versagung der Genehmigung abgesehen und damit die Genehmigung erteilt werden, wenn dem Interesse an der Leistungsfähigkeit höherrangige Interessen gegenüberstehen. Diese können sich beispielsweise daraus ergeben, dass unabweisbare Pflichtaufgaben nicht erfüllt werden könnten oder die Elementarversorgung der Bevölkerung ansonsten nicht mehr sichergestellt wäre.319 3. Das kommunale Veräußerungsverbot Neben den allgemeinen kommunalen Haushaltsgrundsätzen sowie dem Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit entfaltet auch das kommunale Veräußerungsverbot als spezielle haushaltsrechtliche Regelung eine rechtliche Wirkung in Bezug auf den Einsatz kommunaler Finanzierungsmodelle. Nach dieser der Vermögenserhaltung dienenden Norm320 darf die Kommune nur Vermögensgegenstände veräußern, welche sie in absehbarer Zeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht.321 Mit der Bestimmung, die Bestandteil der Kommunalverfassungen aller Flächenländer ist, soll verhindert werden, dass sich die Gemeinde leichtfertig von Vermögen trennt, welches sie zur künftigen Aufgabenerfüllung noch benötigt.322 Die Norm stellt folglich den Zusammenhang zwischen kommunaler Aufgabenerfüllung und kommunalem Vermögen her.323 Welche Vermögensgegenstände in absehbarer Zeit durch die Kommune noch benötigt werden, ist Gegenstand der planmäßigen Verwaltung und Vermögensführung, wobei sich in diesem Zusammenhang ein kommunalpolitischer Beurteilungsspielraum eröffnet.324 Das bedeutet, die Kommune kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung, die aber maßgeblich durch die reale Anforderungssituation geprägt sein muss, durch ihre Vermögensführung selbständig darüber entscheiden, ob gewisse Vermögensbestandteile in absehbarer Zeit noch benötigt werden. Eine auf den Zeitraum der Prognoseentscheidung bezogene Frist enthält das Veräußerungsverbot jedoch nicht. Das bedeutet, auch Vermögensgegenstände, welche die Gemeinde erst in ferner Zukunft benötigt, dürfen nicht veräußert werden.325 319
Becker, SächsVBl. 1997, S. 18, 21. von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, S. 377. 321 § 109 Abs. 1 HGO. 322 Schreiben des Ministeriums des Inneren und für Sport des Landes Rheinland Pfalz v. 4. Juni 2002, Az. 17023 – 79/334, S. 1. 323 Gabler / Höhlein / Klöckner / Lukas / Oster / Schaaf / Steenbock / Stubenrauch / Tutschapsky, Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, § 79 GemO, S. 1. 324 von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, S. 377. 325 Gabler / Höhlein / Klöckner / Lukas / Oster / Schaaf / Steenbock / Stubenrauch / Tutschapsky, Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, § 79 GemO, S. 2. 320
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
III. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle in der Aufsichtspraxis der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden ausgewählter Bundesländer Wie bereits ausgeführt, hat die zunehmende Nutzung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle durch die Kommunen die Kommunalaufsichtsbehörden vor die Frage gestellt, wie die von den kommunalen Körperschaften eingesetzten Finanzierungen unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten zu bewerten und unter die relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft einzuordnen sind. Da eine Zusammenfassung der aufsichtsrechtlichen Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle bislang nicht vorlag, wurden die Obersten Kommunalaufsichtsbehörden der Bundesländer mit der Bitte um entsprechende Auskunft kontaktiert. Die nachfolgenden Ausführungen stellen das Ergebnis der Zusammenfassung der kommunalaufsichtlich erteilten Auskünfte über die Bewertung der in dieser Arbeit untersuchungsgegenständlichen neuen Finanzierungsmodelle dar.326 Die Zusammenfassung erfasst dabei nicht jede einzelne Rechtsauffassung aller Obersten Kommunalaufsichtsbehörden, sondern ist vornehmlich darauf gerichtet, das aufsichtsrechtliche Spektrum innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu veranschaulichen. Nach den Auskünften der Kommunalaufsichtsbehörden ergeben sich bei den hier in Rede stehenden aufsichtsrechtlichen Bewertungen vielfältige Unterschiede. Diese resultieren zum Einen in formeller Hinsicht daraus, dass einige Bundesländer hinsichtlich der neuen kommunalern Finanzierungsmodelle keine expliziten kommunalaufsichtsrechtlichen Regelungen getroffen haben, während andere Bundesländer im Erlasswege Vorgaben für die Handlungsspielräume der Kommunen und den modus operandi deren Überprüfung durch die Aufsichtsbehörden festgesetzt haben. Zum Anderen bestehen auch bei den Bundesländern, welche bereits Vorschriften für den jeweiligen Einsatz der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle erlassen haben, teilweise Unterschiede in der Bewertung der haushaltsrechtlichen Zulässigkeit bzw. der Einordnung der neuen Finanzierungsmodelle unter die relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft.
326 Im Einzelfall sind auch andere Quellen wie beispielsweise Antworten der Landesregierung auf parlamentarische Anfragen als Referenz für die Rechtsauffassungen der Obersten Aufsichtsbehörden herangezogen worden. Vgl. insgesamt zu diesem Abschnitt Reinhardt, LKV 2005, S. 333 f.
III. Die Bewertung der neuen Finanzierungsmodelle
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1. Kommunale Leasingfinanzierung und kommunale Leasingfondsfinanzierung Der Abschluss von Leasingverträgen im Rahmen kommunaler Leasingfinanzierungen sowie kommunaler Leasingfondsfinanzierungen wird von den Obersten Aufsichtsbehörden allgemein als nach der jeweiligen Kommunalverfassung genehmigungsbedürftiges kreditähnliches Rechtsgeschäft qualifiziert.327 a) Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit Aufgrund dieser Qualifikation des Leasingvertrages als kreditähnlichem Rechtsgeschäft verlangen zunächst alle Obersten Kommunalaufsichtsbehörden, dass die übernommene Verpflichtung aus dem Leasingvertrag die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht gefährdet.328 327 Nr. 2.3.2 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Niedersachsen v. 8. November 1993, Az. 34.2 – 10245/1, Nds. MBl. Nr. 42/1993, S. 1330; Nr. 4.2.1 des Runderlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. Juni 1989, Az. III B 3 – 5/601 – 5094/89, MBl. NW. 1989, S. 1007 f.; Nr. 3.1.4 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV) v. 18. Dezember 1996, Az. 32b – S 2170 – 26/36 – 74657; Nr. 8.1.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1111; Nr. 3.2 der Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg Vorpommern v. 28. Juni 1993, Az. II 360 – 173.120.14, Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 1993, S. 1278, 1280; Nr. 2 des Erlasses des Ministeriums des Inneren und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Landes Hessen v. 7. Juli 1997, Az. IV 61 – 33c08/01a, Hessischer Staatsanzeiger 1997, S. 2174, 2175; Schreiben des Ministeriums des Inneren des Landes Baden-Württemberg v. 27. Juni 2003, Az. 2 – 2221.1/8. 328 Nr. 4.2.1 des Runderlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. Juni 1989, Az. III B 3 – 5/601 – 5094/89, MBl. NW. 1989, S. 1007; Antwort des Nordrhein-Westfälischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Witzel v. 2.4.2001, Landtagsdrucksache 13/1027, S. 4; Nr. 3.1.4.1 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV) v. 18. Dezember 1996, Az. 32b – S 2170 – 26/36 – 74657; Nr. 8.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1111; Nr. 3.2 der Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg Vorpommern v. 28. Juni 1993, Az. II 360 – 173.120.14, Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 1993, S. 1278, 1280; Nr. 2 des Erlasses des Ministeriums des Inneren und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Landes Hessen v. 7. Juli 1997, Az. IV 61 – 33c08/01a, Hessischer Staatsanzeiger 1997, S. 2174, 2175; Nr. 3.1. des Erlasses des Ministeriums des Inneren des Saarlandes v. 21. August 1990, GMBl. Saar 1990, S: 236, 238; Nr. 2.1.4 des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000; vgl. Schreiben des Ministeriums des Inneren des Landes Baden-Württemberg v. 27. Juni 2003, Az. 2 – 2221.1/8.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
b) Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitskriterien Weiter haben nach der Auffassung aller Obersten Kommunalaufsichtsbehörden auch Leasingfinanzierungen dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu genügen. Hinsichtlich der Einzelheiten unterscheiden sich die Rechtsauffassungen jedoch teilweise. aa) Leasingfinanzierung als mindestens ebenso günstige Finanzierungsform In einigen Bundesländern ist dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach Auffassung der Obersten Aufsichtsbehörde dann Rechnung getragen, wenn die Leasingfinanzierung im Vergleich zur herkömmlichen Kreditfinanzierung mindestens ebenso günstig ist. Dies gilt beispielsweise für Nordrhein-Westfalen,329 Sachsen,330 Thüringen,331 Mecklenburg-Vorpommern332 und Hessen.333 bb) Leasingfinanzierung als wirtschaftlichste Finanzierungsform Die Sachsen-Anhaltinische Landesregierung hingegen hält Leasingverträge in Anwendung des Haushaltsgrundsatzes der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit grundsätzlich nur dann für genehmigungsfähig, wenn sie nicht nur ebenso günstig wie die Kommunalkreditfinanzierung sind, sondern die wirtschaftlichste Finanzierungsform aufweisen.334
329 Nr. 4.2.1 des Runderlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. Juni 1989, Az. III B 3-5/601 – 5094/89, MBl. NW. 1989, S. 1007. 330 Nr. 3.1.4.2 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV) v. 18. Dezember 1996, Az. 32b – S 2170 – 26/36 – 74657. 331 Nr. 8.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1111. 332 Nr. 3.2 der Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg Vorpommern v. 28. Juni 1993, Az. II 360 – 173.120.14, Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 1993, S. 1278, 1280. 333 Nr. 3 des Erlasses des Ministeriums des Inneren und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Landes Hessen v. 7. Juli 1997, Az. IV 61 – 33c08/01a, Hessischer Staatsanzeiger 1997, S. 2174, 2175; vgl. Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 4. 334 Nr. 1 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt v. 22. Oktober 1993, Az. 33.2 – 10301.
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cc) Vorhandensein von finanzwirtschaftlichen Vorteilen sowie Vorteilen für die Aufgabenerfüllung In Niedersachsen wiederum müssen weitere Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sein. So ist nach Rechtsauffassung der dortigen Obersten Kommunalaufsichtsbehörde dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit dann Rechnung getragen, wenn die finanzielle Gesamtbelastung des Leasinggeschäftes nicht höher ist als bei einer herkömmlichen Finanzierung und sich nachweislich finanzwirtschaftliche Vorteile und in der Regel Vorteile für die Aufgabenerfüllung ergeben.335 c) Risikoabsicherung der Kommune Einige Oberste Kommunalaufsichtsbehörden verlangen darüber hinaus, dass die Kommune bestimmte Vertragsrisiken ausschließt, bzw. diese Risiken absichert. So müssen sich Niedersächsische Gemeinden zu Zwecken der Genehmigungsfähigkeit des Finanzierungsmodells gegenüber den mit besonderen Finanzierungsarten verbundenen Risiken absichern, wobei insbesondere solche Vertragsrisiken ausgeschlossen werden sollen, die zu erheblichen Finanzierungsansprüchen an den kommunalen Haushalt in späteren Jahren führen.336 Auch in Thüringen stellt die gemeindliche Absicherung gegenüber allen mit der besonderen Finanzierungsart „Leasing“ verbundenen Risiken ein Genehmigungserfordernis dar.337 Dasselbe gilt für die Rechtslage im Freistaat Bayern338 und im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.339 d) Sicherstellung der kommunalen Aufgabenerfüllung Schließlich wird von den Obersten Kommunalaufsichtsbehörden vereinzelt im Sinne eines gesonderten Genehmigungskriteriums verlangt, dass trotz der Leasingfinanzierung die Aufgabenerfüllung seitens des kommunalen Aufgaben335 Nr. 2.3.4 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Niedersachsen v. 8. November 1993, Az. 34.2 – 10245/1, Nds. MBl. Nr. 42/1993, S. 1330. 336 Nr. 2.3.4 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Niedersachsen v. 8. November 1993, Az. 34.2 – 10245/1, Nds. MBl. Nr. 42/1993, S. 1330. 337 Nr. 8.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1111. 338 Nr. 3.2.5.1 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Ministerien des Inneren, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen des Freistaates Bayern v. 20. März 2001, AllMBl Nr. 4/2001, S. 148, 151. 339 Nr. 3.2 der Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg Vorpommern v. 28. Juni 1993, Az. II 360 – 173.120.14, Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 1993, S. 1278, 1280.
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trägers sichergestellt ist,340 bzw. nicht,341 nicht unnötig,342 oder nur unerheblich343 beeinträchtigt wird. e) Zwischenergebnis Im Ergebnis existieren damit bei den verschiedenen Obersten Aufsichtsbehörden der Bundesländer hinsichtlich der einzelnen Genehmigungserfordernisse für Leasingfinanzierungen und Leasingfondsfinanzierungen deutliche Abweichungen, die sich aus einer unterschiedlichen Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft, insbesondere aus Unterschieden in der Auslegung des Grundsatzes der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit ergeben. 2. Kommunales Sale-and-lease-back Ein ähnlicher Befund ergibt sich auch bei einer Untersuchung der verschiedenen aufsichtsrechtlichen Beurteilungen von Sale-and-lease-back Transaktionen. a) Generelle Unzulässigkeit der Sale-and-lease-back Transaktion Nach Auffassung einiger Oberster Kommunalaufsichtsbehörden sind Saleand-lease-back Verträge nach kommunalem Haushaltsrecht nicht zulässig. So führt beispielsweise die Nordrhein-Westfälische Landesregierung an, da die Kommune im Rahmen dieser Transaktion kommunale Objekte veräußere und zugleich aus Gründen der Aufgabenerfüllung wieder anmiete, läge ein Verstoß gegen das kommunale Veräußerungsverbot vor.344 Außerdem handele es sich bei den Verträgen um kreditähnliche Rechtsgeschäfte, bei denen eine Investition und damit ein Wertzuwachs für die Gemeinde nicht erfolgen würden.345 Aus diesen Gründen seien Sale-and-lease-back Verfahren auch kein geeignetes 340 Nr. 3.1.4.3 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV) v. 18. Dezember 1996, Az. 32b – S 2170 – 26/36 – 74657. 341 Nr. 2.3.4 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Niedersachsen v. 8. November 1993, Az. 34.2 – 10245/1, Nds. MBl. Nr. 42/1993, S. 1330. 342 Nr. 8.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren des Landes Thüringen v. 29. Juni 1995, Thüringer Staatsanzeiger 29/1995, S. 1107, 1111. 343 Nr. 2 des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. 344 Nr. 4.4 des Runderlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. Juni 1989, Az. III B 3 – 5/601 – 5094/89, MBl. NW. 1989, S. 1007 f. 345 Nr. 4.4 des Runderlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. Juni 1989, Az. III B 3 – 5/601 – 5094/89, MBl. NW. 1989, S. 1007 f.
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Instrument beispielsweise zur Sanierung und Instandhaltung von kommunalen Immobilien, welche die Kommune zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit brauche.346 Auch nach der Rechtsauffassung der Landesregierung des Freistaates Sachsen rechtfertigen kurzfristige Liquiditätsvorteile für sich genommen nicht die Durchführung eines Leasingvorhabens.347 Die Brandenburgische Landesregierung hält Sale-and-lease-back Transaktionen nur dann für genehmigungsfähig, wenn wesentliche Veränderung des Vertragsgegenstandes vorgesehen ist und die Entbehrlichkeit des Vermögensgegenstandes gegeben ist.348 b) Zulässigkeit der Sale-and-lease-back Transaktion in Abhängigkeit von einer Investition in den Leasinggegenstand Nach der Rechtsauffassung anderer Oberster Kommunalaufsichtsbehörden steht die Zulässigkeit einer Sale-and-lease-back Transaktion hingegen in Abhängigkeit von einer mit der Transaktion verbundenen Investition in den Leasinggegenstand. So ist die Hessische Landesregierung der Rechtsauffassung, Sale-and-leaseback Geschäfte, die ausschließlich oder überwiegend der Geldbeschaffung dienen und nicht Investitionen durch den Leasinggeber zum Ziel haben, seien zwar grundsätzlich nicht genehmigungsfähig.349 Ein anderer Fall liege aber vor, wenn das Sale-and-lease-back Geschäft in erheblichem Umfang Investitionen des Leasinggebers in das Leasingobjekt zum Ziel habe. Die Sale-and-lease-back Transaktion sei in diesem Fall grundsätzlich genehmigungsfähig, denn das Geschäft stelle dann nur eine andere Form der Kreditfinanzierung von Investitionen dar.350 346 Vgl. Antwort des Nordrhein-Westfälischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Witzel v. 2.4.2001, Landtagsdrucksache 13/1027, S. 4. 347 Nr. 3.2.3 Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums des Inneren des Freistaates Sachsen zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich (KommInvestVwV) v. 18. Dezember 1996, Az. 32b – S 2170 – 26/36 – 74657. 348 Nr. 2.1.5 des Runderlasses in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 14/2000 v. 17. November 2000. 349 Nr. 2 des Erlasses des Ministeriums des Inneren und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Landes Hessen v. 7. Juli 1997, Az. IV 61 – 33c08/01a, Hessischer Staatsanzeiger 1997, S. 2174, 2175. 350 Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 5. Daraus ergibt sich freilich, dass die mit der Sale-and-lease-back Transaktion verbundene Leasingfinanzierung dann wiederum als kreditähnliches Rechtsgeschäft genehmigungspflichtig ist, vgl. Antwort des Hessischen Ministeriums des Inne-
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Auch die Rheinland-Pfälzische Landesregierung vertritt die Rechtsansicht, zwar verstießen Sale-and-lease-back Modelle grundsätzlich gegen das kommunale Veräußerungsverbot, da die postwendende Zurückmietung nach der Eigentumsübertragung deutlich mache, dass die Immobilie auch künftig von der Kommune benötigt werde.351 Eine vom Regelfall der Unzulässigkeit der Saleand-lease-back Transaktion abweichende Beurteilung komme aber in jenen Fällen in Betracht, in denen die Eigentumsübertragung zur kostengünstigen Sonderfinanzierung einer Investitionsmaßnahme an der betreffenden Immobilie selbst dienen soll, damit sie auch zukünftig zur kommunalen Aufgabenerfüllung zur Verfügung steht.352 Da in einem solchen Fall gerade dem Gebot stetiger Aufgabenerfüllung Rechnung getragen werde, erscheine es zulässig, bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des kommunalen Veräußerungsverbotes „nicht braucht“ zu differenzieren. Entscheidend sei, ob eine kommunale Gebietskörperschaft einen Vermögensgegenstand weiterhin in der Form der umfassenden Rechtsstellung eines Eigentümers benötige, oder ob es zur Aufgabenerfüllung nicht ausreiche, dass der Vermögensgegenstand der Kommune im Umfang der durch die Leasingvereinbarung vermittelten Rechtsstellung auch künftig zur Verfügung stehe.353 c) Zwischenergebnis Auch hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Beurteilung von Sale-and-leaseback Transaktionen bestehen folglich unterschiedliche Einschätzungen der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden, die jedoch im Unterschied zur Bewertung von Leasing- und Leasingfondsfinanzierungen auch zu unterschiedlichen Resultaten hinsichtlich der generellen kommunalhaushaltsrechtlichen Zulässigkeit von Sale-and-lease-back Transaktionen führen. Die Aufsichtsbehörden, welche eine mögliche Zulässigkeit von Sale-and-lease-back Transaktionen vertreten, stellen hierbei als Voraussetzung einer Genehmigungsfähigkeit auf einen erheblichen Umfang an Investitionen des privaten Vertragspartners in den Leasinggegenstand ab. Als zusätzliche Bedingung wird von einer Landesregierung angenommen, dass die Kommune den betreffenden Vermögensgegenstand zu Zwecken der Aufgabenerfüllung nicht in der Rechtsstellung des Eigentümers benötigt. ren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 4. 351 Schreiben des Ministeriums des Inneren und Pfalz v. 4. Juni 2002, Az. 17023 – 79/334, S. 2. 352 Schreiben des Ministeriums des Inneren und Pfalz v. 4. Juni 2002, Az. 17023 – 79/334, S. 2. 353 Schreiben des Ministeriums des Inneren und Pfalz v. 4. Juni 2002, Az. 17023 – 79/334, S. 2.
Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. für Sport des Landes Rheinland für Sport des Landes Rheinland für Sport des Landes Rheinland
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3. Kommunale US-Lease Transaktionen Unterschiedliche aufsichtsrechtliche Bewertungen ergeben sich auch bei USLease Transaktionen. a) Genehmigungsfreiheit von US-Lease Transaktionen So sind einige Oberste Kommunalaufsichtsbehörden der Rechtsauffassung, US-Lease Geschäfte seien mangels Einschlägigkeit der Normen des kommunalen Haushaltsrechts nicht genehmigungsbedürftig. In diesem Zusammenhang vertritt die Nordrhein-Westfälische Landesregierung, dass US-Lease Geschäfte regelmäßig keine Tatbestände begründen würden, die über die verfassungsmäßige kommunale Selbstverwaltung hinausgingen.354 Es läge allenfalls eine Anzeigepflicht von Teilen einer US-Lease Transaktion vor.355 Diese Rechtsauffassung berücksichtigt freilich, dass in NordrheinWestfalen ein Genehmigungsvorbehalt für den Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte durch Kommunen nicht existiert.356 Gleichwohl führt das Innenministerium in diesem Zusammenhang aus, die Aufsichtsbehörden wiesen die Kommunen auf typische Risiken und Sorgfaltspflichten beim Abschluss einer US-Lease Transaktion hin. Aus Sicht der Landesregierung sei auf kommunaler Seite insbesondere gut zu überlegen, ob eine Instandhaltungsverpflichtung für Anlagen über die zwei bis drei Jahrzehnte der Laufzeit des Rückmietvertrages den örtlichen Belangen und Fachplanungen entspräche. US-Lease Transaktionen böten jedoch für die Landesregierung keinen Anlass, von der im Nordrhein-Westfälischen Kommunalrecht traditionell stark verankerten kommunalen Selbstverwaltung zu Lasten der Eigenverantwortung abzurücken.357 Die Sachsen-Anhaltinische Landesregierung wiederum verneint ein Genehmigungserfordernis mit der Argumentation, es handele sich bei US-Lease Transaktionen nicht um kreditähnliche Rechtsgeschäfte, da es an einem der Kreditaufnahme gleich- oder nahe kommenden Akt fehle.358 Die Kommune „besorge“ 354 Vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Lindlar, Landtags-Drucksache 13/1387 (zitiert nach Mitteilung des NordrheinWestfälischen Städte- und Gemeindebundes Nr. 629/2001 v. 5. Oktober 2001, S. 1). 355 Argumentationspapier des Ministeriums des Inneren des Landes NordrheinWestfalen zu Cross-Boder-Leasing Geschäften von Kommunen v. 27. März 2003, S. 7. 356 Kreditähnliche Rechtsgeschäfte sind in Nordrhein-Westfalen nur anzeigepflichtig, vgl. Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85, 86. 357 Argumentationspapier des Ministeriums des Inneren des Landes NordrheinWestfalen zu Cross-Border-Leasing Geschäften von Kommunen v. 27. März 2003, S. 9. 358 Antwort des Sachsen-Anhaltinischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Wolgang Böhmer, Landtagsdrucksache 3/310, S. 1.
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sich beim US-Lease nicht eine Geldsumme oder einen wirtschaftlich gleichbedeutenden Vorteil mit der Verpflichtung zur Rückerstattung unter Gewährung einer zusätzlichen Gegenleistung. Stattdessen sichere sie sich finanzielle Vorteile, weswegen ein Genehmigungserfordernis nicht bestehe.359 Auch die Hessische Landesregierung geht davon aus, dass US-Lease Geschäfte jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Kreditähnlichkeit360 nicht genehmigungspflichtig sind. Denn für solche Geschäfte sei es wesentlich, dass laufende, mit einem Schuldendienst vergleichbare Zahlungen erbracht werden müssten. Dies sei bei der mit US-Lease Geschäften einhergehenden Struktur nicht gegeben.361 Es handele sich allerdings um ein Geschäft, das durchaus mit beachtlichen Risiken verbunden sei.362 Der Schutz vor solchen Risiken obliege jedoch im Grundsatz nicht der Rechtsaufsichtsbehörde,363 weswegen die Aufsichtsbehörden gegenüber den Kommunen ausschließlich darauf drängten, in Zusammenhang mit US-Lease Transaktionen bestimmte „Vorsichtsmaßregeln“364 einzuhalten.365 Im Ergebnis teilt auch die Schleswig-Holsteinische Landesregierung diese Auffassung und ging bei den dort bislang vorgestellten US-Lease Transaktionen 359 Antwort des Sachsen-Anhaltinischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Gärtner, Landtagsdrucksache KA 3/7109, Seite 1, 2. 360 Im Einzelfall einer Sicherheitenbestellung im Rahmen der Transaktion schließt die Hessische Landesregierung entsprechende aufsichtsbehördliche Genehmigungserfordernisse nach § 103 Abs. 8 HGO bzw. § 104 Abs. 1 HGO nicht aus, vgl. Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 3. 361 Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 3. 362 Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 3; auf die Risiken hinweisend auch schon der Hessische Innenminister Volker Bouffier in seiner mündlichen Antwort auf die Frage der Landtagsabgeordneten Karin Hartmann nach den Initiativen hessischer Kommunen bezüglich des Abschlusses von Cross-Border-Leasingverträgen, Plenarprotokoll 16/6, 6. Sitzung des Hessischen Landtages v. 3. Juni 2003, S. 271, 283 f. 363 Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 3. 364 Hierzu zählen unter anderem der Ausschluss der Übernahme der Transaktionskosten, wenn es nicht zum Vertragsschluss kommt, die Beiziehung qualifizierter Rechtsberatung, die für die Beratung haftet und entsprechende Sicherheit bietet, sowie die Auswahl von Depotbanken mit erstklassiger Bonität, Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 3. 365 Antwort des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer u. a. v. 28. April 2004, Landtagsdrucksache 16/2190, S. 4.
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von der Genehmigungsfreiheit solcher Rechtsgeschäfte aus.366 Es bestünden zwar grundsätzliche Bedenken gegen den Abschluss der Transaktionen aufgrund von Risiken, die teilweise erhebliche rechtliche und tatsächliche Auswirkungen auf die Kommune haben könnten. Jedoch treffe die Kommune die Entscheidung zum Abschluss der Verträge im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts in eigener Verantwortung.367 b) Genehmigungsbedürftig- und Unzulässigkeit von US-Lease Transaktionen Hiervon abweichend ist das Bayerische Innenministerium der Rechtsauffassung, dass eine Genehmigungsbedürftigkeit kommunaler US-Lease Geschäfte besteht, wobei es als einzige Oberste Kommunalaufsichtsbehörde in Deutschland zugleich von der Unzulässigkeit von US-Lease Transaktionen ausgeht. Im Januar 2003 hat sich die Bayerische Landesregierung daher mit einem zwischenzeitlich zurückgezogenen Gesetzesentwurf zur Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung (BayGO) gegen die Durchführung von US-Lease Transaktionen durch bayerische Kommunen positioniert.368 Der Inhalt des Gesetzesentwurfes stellt auskunftsgemäß in der Sache auch weiterhin die Rechtsauffassung der Bayerischen Landesregierung dar.369 Das Gesetz hätte im Fall seines Inkrafttretens im Ergebnis zur kommunalaufsichtsrechtlichen Unzulässigkeit von US-Lease Transaktionen geführt. Der Kern des Gesetzesentwurfs sah eine Änderung des § 61 BayGO im Wege einer Ergänzung des Gesetzestextes durch einen neuen Absatz 3 vor. Der Vorschlag lautete wie nachfolgend zitiert: „Bei der Führung der Haushaltswirtschaft hat die Gemeinde besondere finanzielle Risiken zu vermeiden. Ein solches Risiko liegt vor, wenn besondere Umstände, vor allem ein grobes Missverhältnis bei der Risikoverteilung zu Lasten der Gemeinde, die erhöhte Gefahr eines erheblichen Vermögensschadens begründen. In der Regel ist ein besonderes Risiko auch dann zu vermuten, wenn für ein Rechtsgeschäft, das eine Investition nicht zum Gegenstand hat, ein Recht aus dem Bereich außerhalb 366 Antwort des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Rother v. 07. März 2002, Landtagsdrucksache 15/ 1705 sowie Antwort des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Heinold v. 25. Februar 2003, Landtagsdrucksache 15/2509. 367 Antwort des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums des Inneren auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Heinold v. 25. Februar 2003, Landtagsdrucksache 15/2509. 368 Bayerische Staatsregierung, Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kommunalrechts v. 20. Januar 2003. 369 Schreiben des Ministerium des Inneren des Freistaates Bayern v. 4. Juli 2003, Az. IB4.
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der Vertragsstaaten der Europäischen Union gewählt wird und die Gemeinde sich langfristig zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen verpflichtet“.
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf führt die Landesregierung aus, die Kommunen seien wegen der möglichen hohen Schäden vor dem Abschluss besonders risikoreicher Rechtsgeschäfte zu schützen, so dass ein aus dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abgeleitetes Gebot der Risikovermeidung370 in die BayGO einzufügen sei.371 Von einer erhöhten Gefahr sei insbesondere dann auszugehen, wenn ein grobes Missverhältnis bei der Risikoverteilung zu Lasten der Kommune bestehe und der mit dem Rechtsgeschäft angestrebte Erfolg vom Fortbestand ausländischer Rechtsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts, abhänge. Dieser zweite Fall sei vor allem dann gegeben, wenn bis zum Abschluss des Rechtsgeschäfts längere Verhandlungen zu führen seien und die Gefahr bestehe, dass die Kommune bei einem Scheitern der Verhandlungen wegen einer Änderung der Rechtsgrundlagen auf außerordentlich hohen Kosten „sitzen“ bleibe.372 Nach der Rechtsauffassung der Bayerischen Obersten Kommunalaufsichtsbehörde ist folglich die typische Struktur einer US-Lease Transaktion mit dem Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bzw. einem aus diesem Grundsatz abgeleiteten Risikovermeidungsgebot unvereinbar und damit regelmäßig unzulässig. Auch die Niedersächsische Landesregierung sieht erhebliche Probleme und Risiken für die Kommunen in Zusammenhang mit US-Lease Transaktionen und rät den Kommunen im Ergebnis vom Abschluss solcher Geschäfte ab. Diese seien letztlich in ihren Risiken unüberschaubar und deswegen zu beanstanden oder könnten nicht genehmigt werden, soweit sie kreditähnliche Rechtsgeschäfte enthielten, die mit den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft in Konflikt stünden.373 Im Gegensatz zur Bayerischen Landesregierung hat die Niedersächsische Landesregierung jedoch keine gesetzgeberischen Akti-
370 Dieses Gebot sollte sich nur auf besondere finanzielle Risiken erstrecken. Ein besonderes finanzielles Risiko sollte dann vorliegen, wenn die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Vermögensschadens höher ist als eine an der dauerhaften Erfüllung des öffentlichen Zwecks orientierte, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelnde Kommune im Geschäftsleben akzeptieren würde, wobei nur erhebliche Vermögensschäden in Betracht zu ziehen gewesen wären, vgl. Abschnitt II. 1 der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Änderung des Kommunalrechts v. 20. Januar 2003. 371 Bayerische Staatsregierung, Abschnitt II. 1 der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Änderung des Kommunalrechts v. 20. Januar 2003. 372 Bayerische Staatsregierung, Abschnitt II. 1 der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Änderung des Kommunalrechts v. 20. Januar 2003. 373 Erlass des Ministeriums des Inneren des Landes Niedersachsen v. 11. Februar 2002, Az. 33.3 – 10245/1.
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vitäten unternommen und schließt zudem eine Genehmigungsfähigkeit jedenfalls nicht kategorisch aus. c) Genehmigungsbedürftig- und Genehmigungsfähigkeit von US-Lease Transaktionen In anderen Bundesländern werden US-Lease Transaktionen gleichwohl als genehmigungsbedürftig und grundsätzlich genehmigungsfähig eingestuft. Die Regelungsdichte ist aber auch hier durchaus unterschiedlich hoch. aa) Die Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Landesregierung Die detailliertesten Bestimmungen hat die Sächsische Landesregierung mit ihrer Verwaltungsvorschrift zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von US-Lease Transaktionen mit kommunaler Beteiligung374 getroffen. Nach der Verwaltungsvorschrift sind bestimmte Teile der Transaktion genehmigungsbedürftig. Hierzu zählen unter anderem die Zahlungsverpflichtungen im Rahmen des Rückmietverhältnisses, die wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleichkämen, da unter dem Rückmietvertrag die Vorauszahlung für den Hauptmietvertrag über die Laufzeit von etwa 30 Jahren zurückgeführt werde.375 Zudem seien verschiedene Risikoübernahmen, so beispielsweise auch die Zahlungsverpflichtung hinsichtlich des Kündigungswertes bei Untergang oder Zerstörung der Anlage als Gewährverträge bzw. gewährvertragsähnliche Rechtsgeschäfte genehmigungspflichtig.376 Generell sei zu beachten, dass US-Lease Transaktion Merkmale sowohl der Nutzung von Anlagevermögen als auch von Finanzvermögen enthielten. Nach der Auffassung der Landesregierung gelten daher in der Konsequenz für diese Form von Transaktionen kumulativ die Grundsätze für die ordnungsgemäße Verwaltung sowohl des Anlage- als auch des Finanzvermögens und zwar insbesondere die ordnungsgemäße Instandhaltung und Betreuung, die angemessene Einnahmeerzielung, die Sicherung der 374 Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17. 375 Nr. 4.1 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17. 376 Nr. 4 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17.
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Verfügbarkeit des Vermögensgegenstandes und der Grundsatz „Sicherheit geht vor Ertrag“.377 Es müsse daher mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können, dass durch eine US-Lease Transaktion ein Kapitalverlust eintritt. Zudem müsse der Kommune das ungestörte Nutzungsrecht am eingebrachten Anlagevermögen im Falle des ungestörten Verlaufs der Transaktion378 erhalten bleiben. Weiter kämen nur solche kommunale Vermögensgegenstände für die Transaktion in Betracht, deren vertragskonforme Nutzbarkeit und Betriebsfähigkeit mindestens bis zu dem unter dem Rückmietvertrag vereinbarten Datum für die Beendigungsoption hinreichend sicher erscheine.379 Schließlich ist nach der Verwaltungsvorschrift der durch die US Lease Transaktion vereinnahmte Barwertvorteil mindestens zur Hälfte zweckgebunden in eine Rücklage einzustellen oder alternativ zur außerplanmäßigen Schuldentilgung zu verwenden. Der verbleibende Teil des Barwertvorteils darf nur für bestimmte Investitionen380 verwendet werden. Die Zinsersparnis im Falle einer Schuldentilgung ist über den gesamten Zeitraum der Transaktion zweckgebunden einer Rücklage zuzuführen.381 bb) Beurteilungsmaßstäbe anderer Oberster Kommunalaufsichtsbehörden Auch in anderen Bundesländern, die von einer Genehmigungsbedürftigkeit und zugleich von einer Genehmigungsfähigkeit von US-Lease Transaktionen ausgehen, existieren Maßstäbe zur kommunalaufsichtsrechtlichen Beurteilung dieses Finanzierungsmodells. So enthalten US-Lease Verträge nach Ansicht der Brandenburgischen Obersten Kommunalaufsichtsbehörde eine genehmigungsbedürftige Gewährleistung aufgrund der dem Trust durch die Gemeinde eingeräumten Bestands- und Nut377 Nr. 3 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17. 378 Nr. 5.8 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17. 379 Nr. 5.1 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17. 380 Es handelt sich um Investitionen im Sinne von Nr. 15 der Anlage zur KomHVO (Sachsen). 381 Nr. 6.3.6 der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren und des Ministeriums der Finanzen des Freistaates Sachsen zur kommunalwirtschaftlichen und rechtsaufsichtlichen Beurteilung von Cross-Border-Leasing-Transaktionen (VwV CBL) v. 26. August 2003, Az. 23b – 2252.60/17.
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zungsgarantie hinsichtlich des kommunalen Vermögensgegenstandes. Eine Genehmigung der Transaktion könne aufgrund der den Liquiditätsvorteil gegebenenfalls weit überwiegenden Risiken für die Gemeinde nur in bestimmten Fällen in Betracht kommen. Die sei dann der Fall, wenn dem Liquiditätsvorteil eine entscheidende Rolle für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune beikomme, die Risiken rechtlich und tatsächlich auf den ausgekehrten Barwertvorteil und die darauf entfallenden Marktzinsen begrenzt seien und die der Kommune zugewiesenen Risiken sich ausschließlich in ihrem eigenen Wirkungskreis befänden.382 Auch nach Auffassung des Rheinland-Pfälzischen Ministeriums des Inneren und für Sport enthalten US-Lease Vertragskonstruktionen, aus deren Abschluss für die betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften nicht unerhebliche Risiken erwachsen könnten, regelmäßig Bestandteile, die einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung oder einer Ausnahmegestattung bedürfen. Es sei im Rahmen der Selbstverwaltungshoheit von der jeweils betroffenen kommunalen Gebietskörperschaft sorgfältig abzuwägen, ob der mit der konkreten Transaktion erzielbare ökonomische Vorteil noch in einem angemessenen Verhältnis zu den eigenen Pflichten und Risiken stehe.383 Die Baden-Württembergische Landesregierung sieht ebenfalls die Notwendigkeit einer sorgfältigen Einzelfallprüfung durch die Rechtsaufsicht.384 Wie bei jedem Vertrag bestehe das Risiko von Vertragsstörungen während der langen Laufzeit. Diese könnten durch die Vertragspartner selbst, beteiligte Banken oder durch tatsächliche oder rechtliche Änderungen in den Rahmenbedingungen der Transaktion entstehen.385 Komme die Rechtsaufsicht aber nach sorgfältiger Abwägung im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass der Eintritt der Risiken in höchstem Maße unwahrscheinlich sei oder die Risiken durch entsprechende Controlling-Instrumente beherrschbar seien, so erteile sie die beantragten Genehmigungen und Ausnahmen.386 Nach Ansicht der Baden-Württembergischen Landesregierung sind in dem Gesamtvertragswerk zum Abschluss einer USLease Transaktion in der Regel genehmigungsbedürftige Kreditgeschäfte und kreditähnliche Rechtsgeschäfte, weiter Übernahmen von Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen sowie als Ausnahme zulässige Bestellungen 382 Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg Nr. 7/2003 v. 1. August 2003. 383 Antwort des Rheinland-Pfälzischen Ministeriums des Inneren und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Bernhard Braun v. 26. Februar 2003, Landtagsdrucksache 14/1950. 384 Stellungnahme des Baden-Württembergischen Innenministeriums zum CrossBorder-Leasing v. 13. März 2003, Landtagsdrucksache 13/1885, S. 8. 385 Stellungnahme des Baden-Württembergischen Ministeriums des Inneren zum Cross-Border-Leasing v. 13. März 2003, Landtagsdrucksache 13/1885, S. 5. 386 Stellungnahme des Baden-Württembergischen Ministeriums des Inneren zum Cross-Border-Leasing v. 13. März 2003, Landtagsdrucksache 13/1885, S. 7.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
von Sicherheiten (auch für Kredite) enthalten.387 Die Landesregierung habe bisher in keinem Fall eine Genehmigung versagt oder Ausnahmen nicht erteilt, jedoch im Einzelfall dem kommunalen Vertragspartner auf die Vertragserfüllung gerichtete Überwachungs- und Dokumentationspflichten während der langen Vertragslaufzeit auferlegt.388 Auch die Thüringische Landesregierung qualifiziert US-Lease Verträge als genehmigungsbedürftige kreditähnliche Rechtsgeschäfte. Den Kommunen obliege unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit die Darlegungspflicht, dass das beabsichtigte Geschäft wirtschaftlich herkömmlichen Krediten gegenüber mindestens gleichwertig sei und allenfalls zu vernachlässigende rechtliche und wirtschaftliche Risiken gegenüber dem herkömmlichen Kredit bestünden.389 d) Zwischenergebnis Die Bandbreite der Rechtsauffassungen der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden in den Ländern reicht folglich von der Genehmigungsfreiheit über eine Genehmigungsbedürftigkeit des Finanzierungsmodells bei dessen gleichzeitiger Unzulässigkeit bis zur Genehmigungsbedürftig- und fähigkeit von US-Lease Transaktionen mit kommunaler Beteiligung unter bestimmten, teils unterschiedlichen Voraussetzungen. Es bestehen folglich trotz der im Wesentlichen übereinstimmenden kommunalhaushaltsrechtlichen Regelungen in den verschiedenen Bundesländern auch hinsichtlich dieser Finanzierungsform erhebliche Unterschiede in der konkreten Anwendung der kommunalhaushaltsrechtlichen Grundsätze. 4. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente a) Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente Mit im Ergebnis leicht voneinander abweichenden rechtlichen Ansichten wird von den Obersten Aufsichtsbehörden die Frage der Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente beurteilt.
387 Antwort des Baden-Württembergischen Innenministeriums auf einen Antrag des Abgeordneten Oelmayer u. a. v. 7. Mai 2003, Landtagsdrucksache 13/2055, S. 4. 388 Antwort des Baden-Württembergischen Innenministeriums auf einen Antrag des Abgeordneten Oelmayer u. a. v. 7. Mai 2003, Landtagsdrucksache 13/2055, S. 4. 389 Antwort des Thüringischen Innenministeriums auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Höhn v. 16. August 2001, Landtagsdrucksache 3/1734, S. 2.
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aa) Generelle Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente Nach der Auffassung der meisten Obersten Kommunalaufsichtsbehörden stellt der Abschluss von Derivatgeschäften kein kreditähnliches Rechtsgeschäft dar und unterliegt insoweit nicht der Genehmigungspflicht durch die Kommunalaufsichtsbehörden.390 bb) Genehmigungsfreiheit unter bestimmten Bedingungen Einige Landesregierungen vertreten jedoch detailliertere Anforderungen an die Genehmigungsfreiheit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente. So muss es sich in Sachsen-Anhalt grundsätzlich um ein zinsbezogenes Derivat handeln, das für ein oder mehrere konkrete Kreditgeschäfte, bei denen Zinsänderungsrisiken noch nicht abgesichert oder Zinsoptimierungen noch nicht vorgenommen worden sind, durch selbständiges Rechtsgeschäft vereinbart wird und den Nominalbetrag dieses bzw. dieser Rechtsgeschäfte unverändert lässt.391 Darüber hinaus sei der Einsatz von derivativen Instrumenten auf die sparsame und wirtschaftliche Gestaltung der bestehenden und neu einzugehenden Verbindlichkeiten zu begrenzen.392 Die Baden-Würrtembergische Landesregierung geht zwar auch von einer grundsätzlichen Genehmigungsfreiheit kommunaler derivativer Finanzgeschäfte aus. Anhand konkreter Umstände könne solchen Rechtsgeschäften aber ein gewährvertragsähnlicher Charakter zugemessen werden, der zur Genehmigungspflicht führe.393 b) Spekulationsverbot Alle Obersten Kommunalaufsichtsbehörden weisen zudem darauf hin, dass sich eine rechtliche Schranke für den Einsatz von derivativen Finanzinstrumen390 Runderlass des Ministeriums des Inneren des Landes Schleswig-Holstein v. 14. April 1998, Az. IV 310 b, S. 1; Erlass des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg-Vorpommern v. 13. Juni 2002, Az. II 320, S. 1; Beratungshilfe des Ministeriums des Inneren des Freistaates Bayern, Kommunalpraxis Bayern Nr. 2/96, S. 57, 58. Schreiben des Ministeriums des Inneren und für Sport des Landes Hessen v. 24. Juli 2003, Az. IV 61 – 33c08/01a, S. 1. 391 Nr. 4 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt v. 28. September 1999, Az. 32.14.10245/1, MBl. LSA 1999, S. 1593, 1595. 392 Nr. 2 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt v. 28. September 1999, Az. 32.14.10245/1, MBl. LSA 1999, S. 1593, 1594. 393 Ergänzende Stellungnahme des Finanzministeriums zu dem Antrag der Fraktion Grüne „Zinsderivate und Risiken für Land und Landesbeteiligungen in Baden-Württemberg“ vom 19. Mai 1995, Landtagsdrucksache 11/5956, S. 2.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
ten aus dem aus der kommunalen Aufgabenstellung abgeleiteten 394 allgemeinen Spekulationsverbot ergebe, das den Kommunen den Abschluss von Derivatgeschäften losgelöst von konkreten Kreditgeschäften oder gar die Geldanlage in Derivaten verbiete.395 c) Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Zudem wird von einigen Obersten Kommunalaufsichtsbehörden für die Zulässigkeit des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente ausdrücklich396 verlangt, dass die Nutzung dieser Finanzierungsinstrumente dem allgemeinen Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entspricht.397 d) Beschränkung der zulässigen kommunalen Vertragspartner Im Freistaat Bayern sind die Kommunen zudem hinsichtlich der Auswahl der kommunalen Vertragspartner insoweit beschränkt, als aus Bonitätsgründen nur inländische so genannte Triple-A-Banken in Betracht kommen.398 e) Dokumentationspflichten Darüber hinaus verlangen einige Oberste Aufsichtsbehörden ausführliche Dokumentation der Derivatgeschäfte, einschließlich der Überlegungen, die zum Abschluss des Derivatgeschäfts durch die Kommune geführt haben.399 394 Schreiben des Ministeriums des Inneren und für Sport des Landes Hessen v. 24. Juli 2003, Az. IV 61 – 33c08/01a, S. 1. 395 Runderlass des Ministeriums des Inneren des Landes Schleswig-Holstein v. 14. April 1998, Az. IV 310 b, S. 1; Nr. 4 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt v. 28. September 1999, Az. 32.14.10245/1, MBl. LSA 1999, S. 1593, 1595; Beratungshilfe des Ministeriums des Inneren des Freistaates Bayern, Kommunalpraxis Bayern Nr. 2/96, S. 57, 58; Nr. 2 des Runderlasses des Ministeriums des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt v. 28. September 1999, Az. 32.14.10245/1, MBl. LSA 1999, S. 1593, 1594; Schreiben des Ministeriums des Inneren und für Sport des Landes Hessen v. 24. Juli 2003, Az. IV 61 – 33c08/01a, S. 1; vgl. Ergänzende Stellungnahme des Finanzministeriums zu dem Antrag der Fraktion Grüne „Zinsderivate und Risiken für Land und Landesbeteiligungen in Baden-Württemberg“ vom 19. Mai 1995, Landtagsdrucksache 11/5956, S. 2. 396 Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist auch ohne gesonderte Regelung durch die Aufsichtsbehörde bei der Führung der Haushaltswirtschaft der Kommune zu beachten, siehe Abschnitt C. II. 1. b). 397 Erlass des Ministeriums des Inneren des Landes Mecklenburg-Vorpommern v. 13. Juni 2002, Az. II 320, S. 1; Beratungshilfe des Ministeriums des Inneren des Freistaates Bayern, Kommunalpraxis Bayern Nr. 2/96, S. 57, 58; Schreiben des Ministeriums des Inneren und für Sport des Landes Hessen v. 24. Juli 2003, Az. IV 61 – 33c08/01a, S. 1. 398 Beratungshilfe des Ministeriums des Inneren des Freistaates Bayern, Kommunalpraxis Bayern Nr. 2/96, S. 57, 58.
IV. Die aufsichtsrechtliche Bewertung in der Literatur
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f) Zwischenergebnis Es besteht folglich bei den Obersten Kommunalaufsichtsbehörden Übereinstimmung dahingehend, dass der Einsatz derivativer Finanzinstrumente durch Kommunen unter bestimmten Voraussetzungen ein zulässiges Finanzierungsmodell darstellt. Jedoch existieren einige Unterschiede hinsichtlich der durch die Kommune zu erfüllenden Voraussetzungen. Die Abweichungen sind hier jedoch mit Ausnahme der Einschränkung hinsichtlich der potentiellen Vertragspartner der Kommunen im Freistaat Bayern eher marginal.
IV. Die aufsichtsrechtliche Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle in der Literatur Auch in der Literatur ist der zunehmende Einsatz neuer Finanzierungsformen durch kommunale Körperschaften aufgegriffen worden. 1. Kommunale Leasingfinanzierung und kommunale Leasingfondsfinanzierung Für den Bereich der Leasingfinanzierung und der kommunalen Leasingfondsfinanzierung liegen aus den vergangenen Jahren zahlreiche Veröffentlichungen vor, die sich jedoch in der Regel hauptsächlich mit den Strukturen des Finanzierungsmodells befassen. Soweit die Veröffentlichungen auch Ausführungen zu den kommunalaufsichtsrechtlichen Aspekten dieser Leasingkonstruktionen enthalten, wird allgemein und der Rechtsansicht aller Kommunalaufsichtsbehörden entsprechend darauf verwiesen, dass Immobilienleasinggeschäfte in beiden Formen, d.h. sowohl als Leasing- als auch als Leasingfondsfinanzierung, als kreditähnliches Rechtsgeschäft zu qualifizieren sind.400
399 Runderlass des Ministeriums des Inneren des Landes Schleswig-Holstein v. 14. April 1998, Az. IV 310 b, S. 2; vgl. Beratungshilfe des Ministeriums des Inneren des Freistaates Bayern, Kommunalpraxis Bayern Nr. 2/96, S. 57, 58. 400 Siehe nur Feinen, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2001, S. 319, 320; Heitmüller, Immobilien und Finanzierung 2003, S. 866; Gundlach, LKV 2001, S. 203, 204; Wilkens, LKV 2002, S. 169, 171; Hufnagel, Der Gemeindehaushalt 1998, S. 199, 200; Zimmermann, Forschung und Praxis 1997, S. 11 des Artikels; Kirchhoff/MüllerGodeffroy, Finanzierungsmöglichkeiten für kommunale Investitionen, S. 51 f.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
2. Kommunales Sale-and-lease-back Hinsichtlich Sale-and-lease-back Finanzierungen hat in der Literatur in den vergangenen Jahren eine Auseinandersetzung mit der Frage der haushaltsrechtlichen Zulässigkeit dieses Modells stattgefunden. So ist in Zusammenhang mit einem durch ein Bundesland initiierten Saleand-lease-back Geschäft argumentiert worden, eine Veräußerung von staatlichen Vermögenswerten aus Liquiditätsgründen habe zu berücksichtigen, dass der Staat im Gegensatz zu einem privaten Unternehmen Vermögensgegenstände in der Regel als notwendige Sachgrundlage für Verwaltungsaufgaben besäße. Mithin dürfe er seine Vermögenswerte nur dann abstoßen, wenn er sie für seine Verwaltungsaufgaben nicht mehr brauche.401 Zudem stoße die bei einem Saleand-lease-back Geschäft notwendige Sicherung der weiteren Nutzung des Leasinggegenstandes für Verwaltungsaufgaben auf erhebliche praktische und rechtliche Probleme, weswegen die Kreditschöpfung über Sale-and-lease-back nicht weiter verfolgt werden solle.402 Hingegen ist für den kommunalen Bereich unter Bezugnahme auf die in Rheinland-Pfalz vorgenommene Interpretation des kommunalen Veräußerungsverbotes durch die Literatur vertreten worden, das Land trage damit den differenzierten Argumenten, die für Sale-and-lease-back Finanzierungen sprächen, Rechnung. Durch die Zulässigkeit des Sale-and-lease-back bei gleichzeitiger Sanierung des Leasinggegenstandes sei der Entscheidungsspielraum der Kommune nicht über Gebühr aus formalen Gründen eingeengt und die Körperschaft in der Lage, die wirtschaftlich zweckmäßigste und günstigste Finanzierung auszuwählen.403 Diese Argumentation findet Unterstützung in dem Vorbringen, mit einem sanierungsbedürftigen Bauwerk sei die Gemeinde ohnehin nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Vermögensveräußerung diene in diesem Fall gerade dem Zweck, kommunale Aufgaben zu erfüllen.404 Darüber hinaus wird durch die Literatur gegen die Anwendung des kommunalen Veräußerungsverbotes auf Sale-and-lease-back Transaktionen vorgebracht, dass Vertragsgestaltungen denkbar seien, bei denen die Kommune die Leasinggebergesellschaft beherrsche und das tatsächliche wirtschaftliche Verfügungsrecht trotz der Eigentumsaufgabe bei der Kommune bleibe. Handele es sich dann zusätzlich deutlich und überzeugend auch langfristig um die wirtschaftlichste Lösung, so könne dies im Ergebnis zur Zulässigkeit der Sale-and-leaseback Transaktion führen.405 401 402 403 404 405
Kirchhof, DÖV 1999, S. 242, 244. Kirchhof, DÖV 1999, S. 242, 244. Schwarting, ZKF 2002, S. 186, 187. Emschermann, Kommunalpraxis 1998, S. 299, 237. Hiersemenzel in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 108.
IV. Die aufsichtsrechtliche Bewertung in der Literatur
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Schließlich wird als Argumentation für die Rechtsansicht, ein Verstoß gegen das kommunale Veräußerungsverbot läge beim Sale-and-lease-back generell nicht vor, angeführt, es komme bei diesem Finanzierungsmodell nicht zu einem Substanzverzehr, sondern lediglich zur Umwandlung von Anlage- in Geldvermögen.406 Zudem stamme das Veräußerungsverbot aus einer Zeit, in der Saleand-lease-back Finanzierungen nicht üblich waren. Wolle man der Kommune also die Möglichkeit deren Einsatzes verbieten, reiche hierfür nur eine Norm, die das Verbot dieses Finanzierungsmodells eindeutig rechtlich fixierte, aus.407 3. Kommunale US-Lease Transaktionen Auch eine Diskussion über die kommunalrechtliche Zulässigkeit von USLease Transaktionen hat in der Literatur in den vergangenen Jahren stattgefunden. Nachdem insbesondere eine Veröffentlichung408 die Diskussion um die kommunalrechtliche Zulässigkeit dieses Finanzierungsmodells angestoßen hatte, folgte in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Artikeln,409 die teilweise auch zur Frage der kommunalaufsichtsrechtlichen Beurteilung von US-Lease Transaktionen Stellung nahmen. Durch diese Veröffentlichungen sind auch die von den Aufsichtsbehörden für einschlägig erachteten Genehmigungstatbestände bzw. eine Genehmigungsfreiheit der Transaktion410 sowie das Anfang des Jahres 2003 geplante Verbot von US-Lease Transaktionen durch die Bayerische Landesregierung411 dargestellt worden. Mit Ausnahme einer Veröffentlichung, die vielfältige Risiken und Problemstellungen in Zusammenhang mit US-Lease Finanzierungen anführt,412 wird in allen anderen Stellungnahmen, welche die Thematik der kommunalaufsichts406
Emschermann, Kommunalpraxis 1998, S. 299, 237. Emschermann, Kommunalpraxis 1998, S. 299, 237. 408 Es handelte sich um die Veröffentlichung von Schacht, KStZ 2001, S. 229 f. 409 Siehe nur Thomas/Wanner, KStZ 2002, S. 64; Fritz, Kommunalwirtschaft 2001, S. 451; Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299; Biagosch, ZFK 3/2003, S. 13; Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85; Pschera/Hödl-Adick, ZKF 2002, S. 50; Sester, ZBB 2/2003, S. 2; Kuchler, KStZ 2003, S. 61; Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061. 410 Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299, 1303; Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, S. 85, 86. 411 Sester, ZBB 2/2003, S. 2, 11. 412 Unter anderem stellt die Veröffentlichung auf die in der Praxis gängige Übung, der Kommunalaufsichtsbehörde nur eine Transaktionsbeschreibung, nicht aber das Vertragswerk zu übersenden, auf die Vertragsfassung in Englisch, eine Ausgliederung des Leasinggegenstandes aus dem wirtschaftlichen Bereich der Kommune und Probleme in Zusammenhang mit der Gebührenkalkulation ab, Schacht, KStZ 2001, S. 229 f. 407
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
rechtlichen Beurteilung dieses Finanzierungsmodells behandeln, auf dessen prinzipielle Genehmigungsfähigkeit abgestellt.413 So werden die mit den Transaktionen verbundenen öffentlich-rechtlichen Probleme als beherrschbar414 qualifiziert. Die Finanzierungsstruktur sei seriös und nicht anders zu beurteilen als vergleichbare Modelle, die üblicherweise bei der Finanzierung von Großprojekten durch öffentliche Körperschaften zur Anwendung gelangten.415 Es wird weiter in der Literatur vertreten, US-Lease Transaktionen begründeten im Vergleich zu herkömmlichen Finanzierungstransaktionen der Gemeinden wie beispielsweise einer Aufnahme langfristiger Kredite weder ein besonderes finanzielles Risiko, noch sei die Risikoverteilung durch ein grobes Missverhältnis gekennzeichnet.416 Es sei zu berücksichtigen, dass die US-Vertragspartner aufgrund der Anreizstruktur der Transaktion wohl nur im Falle eines Zahlungsverzuges scharf reagieren würden, denn ihr Interesse sei primär auf den pünktlichen Zufluss des vereinbarten Zahlungsstromes und die Realisierung des anvisierten Steuerstundungseffektes gerichtet. Das vertragliche Haftungsrisiko der Kommune realisiere sich also vor allem bei Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz der Banken.417 Dieses Risiko sei begrenzt und habe nichts mit den Besonderheiten des Geschäftsmodells zu tun. Insgesamt bestünden die in der öffentlichen Diskussion postulierten Risiken entweder gar nicht oder sie setzten ein derart unrealistisches Szenario voraus, dass sie als verschwindend gering einzustufen seien.418 4. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente Die Literatur hat in den vergangenen Jahren zudem den Einsatz derivativer Finanzinstrumente durch Kommunen aufgegriffen. Hinsichtlich der Genehmigungspflichtigkeit entsprechender Geschäfte wird hierbei vereinzelt entgegen der weit überwiegenden aufsichtsrechtlichen Einordnung vertreten, der Einsatz derivativer Finanzinstrumente sei als kreditähnliches und damit genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft zu qualifizieren.419 Überwiegend hat sich jedoch die Literatur, freilich unter Bezugnahme auf die aufsichtsrechtlichen Quellen, der Auffassung angeschlossen, der Derivateeinsatz durch die öffentliche Hand sei unter bestimmten Voraussetzungen durch die allgemeine Kreditaufnahmekompetenz legitimiert.420 413 So im Ergebnis Biagosch/Kuchler, KStZ 2001, S. 85, 87; Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299, 1304; Sester, ZBB 2/2003, S. 2, 13. 414 Biagosch/Kuchler, KStZ 2001, S. 85, 91. 415 Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, S. 1061, 1071. 416 Sester, ZBB 2/2003, S. 2, 12. 417 Sester, WM 2003, S. 1833, 1837. 418 Sester, WM 2003, S. 1833, 1842. 419 Hiersemenzel in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 108.
V. Schlussfolgerungen
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Hinsichtlich der Voraussetzungen im Einzelnen wird in den Veröffentlichungen übereinstimmend auf die Notwendigkeit einer Konnexität zwischen Kreditgeschäft und Zinsderivat und mithin auf das Spekulationsverbot verwiesen.421 Zusätzlich hierzu wird vereinzelt weiter vertreten, dass ein derivates Finanzgeschäft die im Haushalt vorhandenen Risiken nicht unangemessen vergrößern dürfe.422
V. Schlussfolgerungen Die Darstellung der aufsichtsrechtlichen Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle durch die Obersten Kommunalaufsichtsbehörden zeigt, dass insgesamt teilweise gravierende Unterschiede in der aufsichtsrechtlichen Beurteilung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle bestehen. Bei der Analyse des Literaturberichtes ist aus Gründen wissenschaftlicher Neutralität zu beachten, dass vor allem die für den Bereich Leasing und USLease zitierten Veröffentlichungen in vielen Fällen durch Autoren erfolgten, die mit dem jeweils behandelten neuen kommunalen Finanzierungsmodell eigene wirtschaftliche Interessen verbinden.423 Ob jedenfalls diese Publikationen geeignet sind, einem wissenschaftlich-neutralen Anspruch Rechnung zu tragen, muss im Einzelfall bezweifelt werden. Damit einher geht die Problematik, dass eine Analyse der vorbezeichneten Publikationen dem Anspruch eines Literaturberichtes nur insoweit genügen kann, als hierdurch der Stand der entsprechenden Veröffentlichungen, nicht aber der Stand der Dinge einer fundierten wissenschaftlich-neutralen Diskussion der Thematik dargestellt werden kann. Diese Problematik ergibt sich letztlich auch hinsichtlich der von nicht wirtschaftlich interessierten Autoren verfassten Beiträge, da nahezu alle untersuchten Veröffentlichungen hauptsächlich den modus operandi des kommunalaufsichtsrechtlichen Verfahrens bzw. die Rechtsansichten der Aufsichtsbehörden wiedergeben und insoweit eine eigenständige Diskussion mit den Finanzierungsmodellen verbundener aufsichtsrechtlicher Fragestellungen nur in sehr eingeschränktem Umfang stattfindet. Die nachfolgenden Schlussfolgerungen stellen daher hauptsächlich auf die von den Aufsichtsbehörden vertretenen Rechtsansichten als primäre Quelle für die aufsichtsrechtliche Bewertung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle und sich hieraus ergebende Konsequenzen für den Gang der Untersuchung ab. 420 Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 100, Wahlers, Der Gemeindehaushalt 2003, S. 221, 222; Freiling, ZKF 1998, S. 272; Schmid, ZKF 2001, S. 113. 421 Hiersemenzel in Voit, Praxis der Kommunalverwaltung, Abschnitt E 3, S. 108; Freiling, ZKF 1998; Schwarting, Kommunales Kreditwesen, S. 100. 422 Freiling, ZKF 1998, S. 272. 423 Hierzu zählen insbesondere aber nicht ausschließlich rechtliche Berater sowie Arrangeure der Finanzierungstransaktionen.
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Bei einer Analyse der Beurteilungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle durch die Obersten Aufsichtsbehörden ist auffällig, dass diese teilweise erheblich voneinander abweichen, obwohl die Finanzierungsmodelle anhand weitgehend identischer Normen des kommunalen Haushaltsrechts beurteilt werden. Besonders evident ist die Abweichung hinsichtlich der Würdigung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle bei US-Lease und Sale-and-leaseback Transaktionen. Bei beiden Finanzierungsmodellen wird sowohl die generelle Unzulässigkeit als auch die prinzipielle Zulässigkeit des Modells vertreten. Zusätzlich existieren unter denjenigen Obersten Aufsichtsbehörden, die eine Genehmigungspflichtig- und Genehmigungsfähigkeit des Finanzierungsmodells US-Lease annehmen, weit reichende Unterschiede hinsichtlich der angenommenen Genehmigungstatbestände und der zu erfüllenden Genehmigungserfordernisse. Aber auch bei den Finanzierungsmodellen der Leasingfinanzierung bzw. Leasingfondsfinanzierung und dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente bestehen hinsichtlich der zur Genehmigung des Finanzierungsmodells erforderlichen Voraussetzungen zwischen den Obersten Kommunalaufsichtsbehörden Abweichungen. Obschon also das Kommunalhaushaltsrecht über mehrere relevante Normen generalklauselartiger Natur verfügt, die zur Steuerung der kommunalen Haushaltswirtschaft und insbesondere zur Begrenzung unwirtschaftlichen und mithin die Zukunft gefährdenden Agierens der kommunalen Entscheidungsträger vorgesehen sind, ergeben sich in der Praxis offensichtlich Probleme in der Anwendung dieser Normen auf die neuen kommunalen Finanzierungsmodelle. Fraglich ist, worin die teils unterschiedlichen Beurteilungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle ihre Ursache haben. Eine Ursache hierfür könnte zunächst in einem Mangel an Eignung der beschriebenen Gesetze zur Erfüllung des Normzwecks gesehen werden. Es ist zu Recht in der Literatur für die kommunalen Haushaltsgrundsätze festgestellt worden, es handele sich um unscharf konturierte Rechtsbegriffe.424 Dieser Befund gilt im Ergebnis auch für die anderen hier untersuchten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft. Denn letztlich mangelt es den kommunalhaushaltsrechtlichen Kriterien an Klarheit und Definitionsschärfe. Deswegen verwundert es im Ergebnis nicht, dass beispielsweise das Sparsamkeitsprinzip als allgemeine Regel staatlicher finanzwirtschaftlicher Aktivität auch schon als „dubios“ und wenig brauchbares Kriterium für konkrete Entscheidungen bei der Haushaltsplanung und dem Budgetvollzug qualifiziert worden ist.425 In der Praxis bleibt die Unschärfe der gesetzlichen Grundlagen für die Entscheidungen der Aufsichtsbehörden nicht folgenlos. Denn die relevanten Nor-
424 425
Laudenklos/Pegatzky, NVwZ 2002, S. 1299, 1304. Rehm, Die Verwaltung 1980, S. 77, 79.
V. Schlussfolgerungen
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men der kommunalen Haushaltswirtschaft sind in der Tat aufgrund ihrer ausgesprochen allgemeinen Formulierung wenig geeignet, für die rechtliche Beurteilung von Finanzierungsmodellen in der Praxis per se eine belastbare Beurteilungsgrundlage zu gewähren. Schon die Möglichkeit der Berücksichtigung politischer Wertungen bei der Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit eines Finanzierungsmodells veranschaulicht die aus der unscharfen Formulierung resultierende und aus gesetzestechnischer Sicht nicht vorteilhafte Flexibilität des konkreten Beurteilungsmaßstabes im Rahmen der Einzelfallentscheidung. Hinzu kommt, dass auch detaillierte Auslegungen der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft nicht frei von systemimmanenten Fehlerquellen sind. Dies gilt grundsätzlich immer dann, wenn die Kommunalaufsichtsbehörden, wie beispielsweise im Rahmen der Entscheidung über das Bestehen der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde, eine Prognoseentscheidung zu treffen haben. Die diesbezügliche Problemstellung reflektiert letztlich die Problematik der Genauigkeit und Aussagekräftigkeit jeder auf einen Mehrjahreszeitraum gerichteten Finanzplanung, die insbesondere im kommunalen Bereich mit Unsicherheiten behaftet ist.426 Aber auch unabhängig von Unsicherheiten, die aus der unscharfen Gesetzesformulierung bzw. aus potentiellen Fehlerquellen bislang entwickelter Beurteilungsmaßstäbe resultieren, ist fraglich, ob die derzeit gültige Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft eine sachgerechte kommunalaufsichtsrechtliche Beurteilung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle ermöglicht. Die teils gravierende Unterschiede aufweisenden rechtlichen Beurteilungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle durch die Kommunalaufsichtsbehörden sprechen für das Gegenteil. Insoweit veranschaulicht selbst eine von den nachgewiesenen Unterschieden in der aufsichtsrechtlichen Beurteilung losgelöste Betrachtung die bei der Würdigung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle bestehende Problematik: Ein Abgleich der rechtlichen Strukturen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle mit der Auslegung der angeführten relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft ergibt, dass letztlich alle beschriebenen kommunalaufsichtsrechtlichen Beurteilungsmaßstäbe in erster Linie auf wirtschaftliche Abwägungen bzw. das Vorhandensein von Finanzspielräumen der Kommune in der Zukunft abstellen, während die neuen kommunalen Finanzierungsmodelle im Unterschied zu den traditionellen Modellen kommunaler Finanzierung vor allem mit weit gehenden neuen rechtlichen Belastungen der Kommune einhergehen.427
426
Schwarting, ZKF 1982, S. 82, 85. Dies gilt, wie dargestellt, im Ergebnis für alle neuen kommunalen Finanzierungsmodelle und damit auch für US-Lease Transaktionen, die verschiedentlich zu Unrecht als auch insoweit mit dem Kommunalkredit vergleichbar dargestellt werden. 427
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C. Die Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Da aber entsprechende, d.h. auf die rechtlichen Belastungen bezogene Beurteilungsmaßstäbe nach den Ergebnissen dieser Untersuchung im Gegensatz zu den Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht zum allgemeinen Bestand des aufsichtsrechtlichen Auslegungskanons der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft gehören, findet eine umfassende Würdigung der teilweise vielfältigen rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle durch die Aufsichtsbehörden nicht a priori und in jedem Fall nicht durch alle Obersten Aufsichtsbehörden statt. Unter dem Gesichtspunkt, dass die traditionellen Formen kommunaler Finanzierung wie nachgewiesen entweder überhaupt nicht oder nicht mit weit reichenden rechtlichen Belastungen der Kommune einhergehen, ist dieser gegenwärtige, auf wirtschaftliche Abwägungen gerichtete Beurteilungsschwerpunkt bei der aufsichtsrechtlichen Bewertung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle anhand der Historie der Kommunalfinanzierung nachvollziehbar. In der Konsequenz führt die damit einher gehende Beschränkung der aufsichtsrechtlichen Beurteilungsgrundlagen aber dazu, dass bestimmte rechtliche Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle einer dezidierten aufsichtsrechtlichen Würdigung teilweise oder gar vollständig entzogen bleiben. Nicht zwangsläufig muss es deswegen zu Fehlentscheidungen der Kommune und der Kommunalaufsicht bei der Beurteilung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle kommen. Die jüngere Vergangenheit hat aber gezeigt, dass hierfür durchaus Raum besteht. Insbesondere beim Abschluss von Leasingfinanzierungen sind die hieraus für die jeweilige Kommune entstehenden Belastungen schon mehrfach falsch beurteilt und abgewogen worden.428 Der status quo der Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft bietet daher aufgrund seiner beschränkten Beurteilungsmaßstäbe Anlass zu weitergehenden Untersuchungen. Diese müssen darauf gerichtet sein, grundsätzliche Orientierungen für eine Fortentwicklung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft zu gewinnen, die eine möglichst vollumfängliche und sachgerechte Beurteilung der rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle ermöglichen. Da das kommunale Haushaltsrecht einen Teil des Kommunalverfassungsrechts bildet, erscheint der Versuch einer Fortentwicklung der Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft durch das Kommunalverfassungsrecht selbst aus systematischen Gründen untauglich. Folglich ist für die notwendige Fortentwicklung der Auslegung der hier in Rede stehenden Normen des kommunalen Haushaltsrechts auf einschlägige höherrangige Prinzipien 428 Vgl. nur den Sachverhalt, der dem so genannten „Oderwitz-Urteil“ des BGH v. 12. Dezember 2002, veröffentlicht u. a. in DVBl. 2003, S. 400 f. zugrunde liegt. Bei der den Rechtsstreit auslösenden Leasingfinanzierung wurden allerdings vornehmlich die wirtschaftlichen Auswirkungen des Modells falsch eingeschätzt.
V. Schlussfolgerungen
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zurückzugreifen. Hierunter fallen vornehmlich solche verfassungsrechtlichen Normen und Grundsätze mit Verfassungsrang, die einen Bezug zu den neuen Strukturen und zu den identifizierten rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle aufweisen.
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen hinsichtlich der Fortentwicklung der Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft Als Normen bzw. Grundsätze, deren Regelungsinhalte Bezüge zu den rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle beinhalten und aus denen sich mithin verfassungsrechtliche Orientierungen hinsichtlich der Fortentwicklung der Auslegung der relevanten Normen der kommunalen Haushaltswirtschaft ableiten lassen könnten, kommen das in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerte Demokratieprinzip, die in Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG geregelten Modalitäten der Kreditaufnahme des Staates sowie der Nachhaltigkeitsgrundsatz1 in Betracht.
I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt für die Frage der Zulässigkeit und der Ausgestaltung von Vorwegdispositionen Im Bereich der grundgesetzlichen Normierungen erscheint als Ausgangspunkt für die Suche nach Orientierungen bei der Fortentwicklung der Auslegung der kommunalhaushaltsrechtlichen Grundsätze zunächst das Demokratieprinzip als geeignet. Inhaltlicher Anknüpfungspunkt für eine Untersuchung des Demokratieprinzips ist hier dessen Regelungsgehalt in Bezug auf die zeitlich begrenzte Verleihung staatlicher Herrschaftsmacht durch das Volk an Vertreter im Wege des Wahlaktes. Die zeitliche Begrenzung der Machtausübung der mittels Wahlen legitimierten Volksvertreter und der durch diese gewählten Exekutivorgane des Staates wird verfassungsrechtlich durch Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG und die Wahlrechtsgrundsätze der Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG und 38 Abs. 1 Satz 1 GG, welche Elemente des Demokratieprinzips sind,2 statuiert. 1 Der Nachhaltigkeitsgrundsatz findet zwar im Gegensatz zu den anderen genannten Regelungen des Grundgesetzes keine direkte positiv-rechtliche Normierung im Verfassungsrecht. Es wird jedoch zu untersuchen sein, ob er nicht dennoch aufgrund bestehender Strukturgleichheiten zu Verfassungsnormen in das Grundgesetz inkorporiert ist. 2 Sachs in ders., Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 GG, Rn. 22.
I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt
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Als Ergebnis jener Normen erkennt die demokratische Ordnung des Grundgesetzes den politischen Staatsorganen, d.h. dem Parlament und der Regierung, lediglich ein befristetes Mandat zu, welches der periodischen Erneuerung bedarf.3 Dieses Erfordernis periodischer Neuwahlen folgt aus der Notwendigkeit der Erneuerung der demokratischen Legitimation der Repräsentanten.4 Zugleich erhält die bisherige parlamentarische Minderheit die Chance, die Mehrheit zu erringen und aufgrund der Regelungen in Art. 63, 64 GG auch die Regierung zu stellen.5 Mit der Periodizität der Volksvertretung6 geht daher eine Diskontinuität der Volksvertretung einher, die in der Literatur und Rechtsprechung als „personelle Diskontinuität“7 bezeichnet wird. Streng genommen müsste man insoweit freilich von der „Möglichkeit der personellen Diskontinuität“ des Parlamentes und der Regierung sprechen, da es im Zuge von durch die Periodizität bedingten Wahlen der Volksvertretung nicht zwangsläufig zu personellen Diskontinuitäten kommen muss. Die Organisation der Volksherrschaft im Rahmen des Demokratieprinzips eröffnet dem Volk vielmehr innerhalb bestimmter Perioden – den Legislatur- bzw. Amtsperioden – die wiederkehrende Möglichkeit, über die Zusammensetzung der Legislative und folglich mittelbar auch über die Zusammensetzung der Exekutive zu entscheiden und eine Diskontinuität herbeizuführen.8 Letztlich wird damit die Freiheit zur periodischen Herbeiführung eines Wechsels der Volksvertretung garantiert – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diese Möglichkeit des Austauschs von Volksvertretern und in der Folge auch der personellen Besetzung von Exekutivorganen verhindert jedoch nicht, dass Parlamente und Regierungen sich gleichwohl im Laufe der Legislaturperiode in ihren Taten perpetuieren, indem sie mit ihren Entscheidungen Dispositionen über die Grenzen der Legislatur- bzw. Amtsperiode hinaus vornehmen.9 Dies ist insofern problematisch, als hierdurch eine gewisse Vorbestimmung der nachfolgenden Generationen10 im Raum steht. Eine Vorbestimmung nachfolgender 3
Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 491. Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 69; vgl. Sommermann in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 80, 81. 5 Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 69. 6 Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706. 7 Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 490; Beschluss des BerlVerfGH v. 21.3.2003, NVwZ-RR 2003, S. 537. 8 Vgl. Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 68, der insofern von einer „prinzipiellen Reversibilität“ der Mehrheitsverhältnisse spricht. 9 Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 491. Im Folgenden auch als „Vorwegdispositionen“ oder „weit reichende Dispositionen“ bezeichnet. 10 Der Begriff der Generation, der hier metaphorisch zu verstehen ist, bestimmt sich insoweit nach den rechtlichen Zeitmaßen, der Haushalts- und Legislaturperiode, d.h. nach jenen Zeitmaßen, die demokratische Legitimation und parlamentarische Re4
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Generationen ist dann denkbar, wenn man annimmt, Vorwegdispositionen seien im Einzelfall geeignet, Zukunftslasten zu begründen.11 Dies wird vor allem für den Bereich der Staatsverschuldung vertreten,12 da eine kreditäre Finanzierung gegenwärtiger Finanzlücken in den öffentlichen Haushalten zu einer irreversiblen Rückzahlungsverpflichtung künftiger Haushalte führe.13 Die Lasten würden sich damit auf spätere Generationen verlagern, die mit ihrem Steueraufkommen für Zins und Tilgung haften würden, sich im gegenwärtigen politischen Prozess aber nicht artikulieren könnten und auch nicht parlamentarisch repräsentiert würden.14 Langfristige Verfügungen können aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt mit dem Demokratieprinzip konfligieren. Das Bundesverfassungsgericht hat im Maastricht-Urteil festgehalten, dass sich die Verbürgung des auf die Wahl zum Deutschen Bundestag bezogenen Wahlgrundsatzes des Art. 38 GG auch auf den grundlegenden demokratischen Gehalt dieses Rechts erstreckt: Gewährleistet wird das subjektive Recht, an der Wahl teilzunehmen15 und dadurch an der Legitimation der Staatsgewalt durch das Volk mitzuwirken und auf ihre Ausübung Einfluss zu nehmen.16 Gebe der Deutsche Bundestag Aufgaben und Befugnisse auf, insbesondere zur Gesetzgebung und zur Wahl und Kontrolle anderer Träger von Staatsgewalt, so berühre dies den Sachbereich, auf den der demokratische Gehalt des Art. 38 GG sich bezieht. Das Recht aus Art. 38 GG kann demnach verletzt sein, wenn die Wahrnehmung der Kompetenzen des Deutschen Bundestages so weitgehend auf ein Organ der Europäischen Union oder der Europäischen Gemeinschaften übergeht, dass die nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 79 Abs. 3 GG unverzichtbaren Mindestanforderungen demokratischer Legitimation der dem Bürger gegenübertretenden Hoheitsgewalt nicht mehr erfüllt werden.17 Damit ergibt sich aus dem Demokratieprinzip auch die Notwendigkeit der Existenz substantieller Entscheidungsbefugnisse der durch den Wahlakt legitimierten Vertreter des Volkes. Denn das Volk kann nur dann auf die Ausübung der Staatsgewalt Einfluss nehmen, wenn diese auch zuvörderst bei dem durch die Wahl legitimierten Parlament liegt und verbleibt.
präsentation bedingen und begrenzen, Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706. 11 Vgl. Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706. 12 Schon gegenwärtig sind in einigen Bundesländern die finanziellen Handlungsspielräume aufgrund staatlicher Kreditaufnahmen in vorangegangenen Legislaturen erheblich eingeschränkt, Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 111. 13 Vgl. Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 12; Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 495. 14 Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706. 15 Urteil des BVerfG v. 12. Oktober 1993, BVerfGE 89, S. 155, 171. 16 Urteil des BVerfG v. 12. Oktober 1993, BVerfGE 89, S. 155, 172. 17 Urteil des BVerfG v. 12. Oktober 1993, BVerfGE 89, S. 155, 172.
I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt
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Ebenso wie ein Verlust der nach dem Demokratieprinzip notwendigen substantiellen Entscheidungs- und Dispositionsbefugnisse durch deren Verlagerung auf supranationale Organisationen möglich ist, können aber auch die Entscheidungen heutiger Legislativ- und Exekutivorgane aus Sicht nachfolgender Generationen zu einer Dispositionslage führen, die mit dem Verlust substantieller Entscheidungsbefugnisse vergleichbar ist. Dies ist immer dann denkbar, wenn durch Vorwegdispositionen zukünftige Entscheidungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen – gegebenenfalls auch nur zeitweise – in einem so weitgehenden Maß eingeschränkt werden, dass es im Ergebnis zu einer Dispositionsbeschränkung der nachfolgenden Generationen kommt, welche in ihren Auswirkungen mit der Situation des Verlusts der Befugnisse vergleichbar ist. Dies kann zum Beispiel unter bestimmten Bedingungen für Vorwegdispositionen, welche eine erhebliche Beschränkung von Verfügungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen über eine Vielzahl öffentlicher Vermögensgegenstände im Kompetenzbereich des jeweiligen Legislativorgans bedingen, angenommen werden. Vergleichbares gilt auch im Falle extensiver Kreditaufnahmen oder bei Eingehen anderer rechtlicher Verpflichtungen durch die gegenwärtige Generation, welche den Dispositionsspielraum nachfolgender Generationen erheblich einschränken. Ein in seinen Auswirkungen mit der Befugnisverlagerung vergleichbarer Verlust von Entscheidungsmöglichkeiten des Parlamentes aufgrund einer faktischen Befugnisbeschränkung, welche durch Vorwegdispositionen früherer Generationen bedingt wurde, ist folglich in der zeitlichen Dimension denkbar. Im Ergebnis ergibt sich daher sowohl unter dem Gesichtspunkt des Prinzips der „personellen Diskontinuität“ als auch in Hinblick auf die Notwendigkeit des Vorhandenseins und Erhalts substantieller Entscheidungsbefugnisse des Parlamentes zur Sicherung demokratischer Rechte ein Konnex zwischen dem Demokratieprinzip und der Handhabung von Vorwegdispositionen, der in der Folge Gegenstand weitergehender Untersuchungen ist. 1. Die These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen Ausgehend von den beschriebenen Zusammenhängen werden in der verfassungsrechtlichen Diskussion in der Literatur aufgrund des Prinzips der Diskontinuität seit längerem Bedenken gegen die Zulässigkeit staatlicher Vorwegdispositionen geltend gemacht. a) Die Beschränkung gesetzgeberischer Dispositionen auf die Amtsperiode So wird aus der im Demokratieprinzip angelegten Verleihung von „Macht auf Zeit“18 geschlossen, dass der gewählte Gesetzgeber nur über die endgültigen
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Einnahmen seiner Amtsperiode befinden und nicht auf Einnahmen künftiger Amtsträger vorgreifen dürfe. Der heutige Gesetzgeber dürfe den künftigen Gesetzgeber nicht durch Vorwegdispositionen über dessen Einnahmen den Handlungsspielraum entziehen oder wesentlich einengen.19 Denn die Entscheidung über die Verwendung künftiger Einnahmen sei der nächsten Generation vorbehalten.20 Hierfür spreche insbesondere die – im Gegensatz zu Gesetzgebungen in anderen Regelungsbereichen – periodenbezogene Ausgestaltung der öffentlichen Finanzwirtschaft.21 Hinzu komme, dass, im Gegensatz zu prinzipiell möglichen Änderungen an durch frühere Gesetzgeber beschlossenen Gesetzen, vorhandene Schulden durch künftige Gesetzgeber nicht einfach wieder beseitigt werden könnten.22 b) Kritik an der These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen Dieser Rechtsauffassung ist Verschiedenes entgegengehalten worden, wobei die hauptsächlichen Argumente der Kritiker der behaupteten Wirkungen des Demokratieprinzips sowohl auf einen Funktionswandel des Staates in der Vergangenheit als auch auf die rechtlichen Wirkungen des Art. 115 Abs. 1 GG abstellen. aa) Der Funktionswandel des Staates Gegen die Annahme einer Limitierung über die jeweilige Amtsperiode hinausreichender staatlicher Dispositionen durch das Demokratieprinzip wird zunächst angeführt, die Zulässigkeit längerfristiger Bindungen folge bereits aus dem Verfassungsauftrag der Zukunftsvorsorge.23 Insbesondere sei der Staat des Grundgesetzes nach Art. 20 Abs. 1 GG auch ein moderner sozialer Rechtsstaat.24 Der Sozialstaat sei aber unter den Bedingungen der Gegenwart nicht nur zur aktiven Gestaltung, sondern gleichermaßen zur dauerhaften Sicherung der Grundlagen gesellschaftlichen Lebens verpflichtet.25 Dies erfordere vielfache langfristige Aufgaben- und Ressourcenplanung sowie langfristig wirkende Entscheidungen.26 Dass diese auf lange Sicht konzipierten Planungen und Maßnahmen die künftigen Amtsinhaber vor „vollendete Tatsachen“ stellen könnten, 18 19 20 21 22 23 24
Püttner in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 738. Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 11. Püttner in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 738. Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 11. Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 12. Patzig, DÖV 1985, S. 293, 299 m. w. Nachw.; vgl. Göke, NdsVBl. 1996, S. 1. Vgl. Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 25; Donner, ZParl 1987, S. 436,
447. 25
Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 499.
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sei daher der unvermeidbare Tribut, den das offene Demokratiekonzept dem vorsorgenden Sozial- und Finanzstaat zu entrichten habe.27 Die sozialstaatlichen Aufgaben des Gesetzgebers dürften bei der Auslegung des Demokratiebegriffs nicht negiert werden. Vielmehr müssten beide Prinzipien in praktischer Konkordanz vereint werden.28 bb) Der Regelungsgehalt des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG Darüber hinaus wird gegen die These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen aufgrund der Wirkungen des Demokratieprinzips angeführt, dass Art. 115 Abs. 1 GG, der die Voraussetzungen der Kreditaufnahme des Staates regelt,29 von der prinzipiellen Zulässigkeit staatlicher Verschuldung – und damit von der Zulässigkeit weit reichender Vorausverfügungen – ausgehe.30 Ergäbe sich mithin aus dem Grundsatz „Macht auf Zeit“ tatsächlich ein parlamentsadressiertes Verbot, den Handlungsspielraum künftiger Gesetzgeber durch Vorwegdispositionen über ihre Einnahmen zu beschränken, so müsse die Auslegung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG dieser Vorgabe angepasst oder, sofern sich dies als unmöglich erweisen sollte, Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als verfassungswidrige Verfassungsnorm abqualifiziert werden.31 Diesem Argument wird wiederum entgegengehalten, Art. 115 Abs. 1 GG stelle einen „Systembruch“ mit dem Demokratieprinzip dar.32 Über die Konsequenzen dieses „Systembruchs“ herrschen jedoch unter den Vertretern der These der Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen unterschiedliche Auffassungen. So wird einerseits vertreten, es ließe sich trotzdem nicht behaupten, dass die jetzige Praxis des Vorgreifens explizit verfassungswidrig sei, da einer solchen Schlussfolgerung die erkennbare Aussage des Art. 115 Abs. 1 GG als speziellere einschlägige Vorschrift entgegenstehe.33 Im Gegensatz hierzu wird aber auch argu26 Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 25; Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 500; Lux-Wesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 418. Im Ergebnis so auch das Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 343. 27 Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 59; Donner, ZParl 1987, S. 436, 447. 28 Vgl. Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 72; Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 500; Lux-Wesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 418. 29 Näher zu Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in Abschnitt D. II. 30 Siekmann, Finanzarchiv N.F. 41 (1983), S. 167, 169; Donner, ZParl 1987, S. 436, 447; Wolf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 43; vgl. Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 504. 31 Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 504. 32 Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 12. 33 Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 12. In Hinblick hierauf ergibt sich freilich die Fragestellung, welcher Raum dann noch für die von Püttner geäußer-
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
mentiert, Art. 115 Abs. 1 GG stelle keinen überzeugenden Einwand gegen die These der Unzulässigkeit staatlicher Vorwegdispositionen über die jeweilige Amtsperiode dar, da die Vorschrift nur eine Obergrenze enthalte und nicht besage, dass andere aus dem Grundgesetz folgende Schranken und negative Wertungen bezüglich der Kreditfinanzierung dadurch überwunden würden.34 2. Die These der Demokratie als Synonym für Zukunftsoffenheit In der Literatur wird darüber hinaus auch ohne Bezugnahme auf den aus dem Demokratieprinzip resultierenden Grundsatz der „Macht auf Zeit“ und dessen Auswirkungen auf die Zulässigkeit staatlicher Vorwegdispositionen im Sinne eines verfassungstheoretischen Ansatzes35 vertreten, Demokratie sei in erster Linie als „Synonym für Zukunftsoffenheit“36 zu verstehen und diese zugleich das schlechthin konstituierende Charakteristikum der Verfassung.37 Die demokratische Verfassung mit ihrer Alternativoffenheit lebe davon, dass kein Gesellschaftsmodell als richtiges, „absolutes“ festgemacht werde, dass es zu keinen Formen der Herrschaft der Gesellschaft komme.38 Im Sinne einer wirklichen Offenheit der Verfassung sei das Offenhalten von Möglichkeiten innerhalb der geltenden Verfassungsordnung zentraler Inhalt wichtiger verfassungsrechtlicher Prinzipien.39 Demokratie bedeute daher pluralistische Initiativen und Alternativen, was die Reversibilität früherer Entscheidungen beinhalte.40 Diese These findet Unterstützung in Erwägungen, die auf den zeitlichen Duktus politisch-administrativer Prozesse fokussieren. Insoweit wird angeführt, die auf das politische System zugeschnittene Lösung harmoniere schlecht mit der gesellschaftlichen Umwelt des Systems.41 Die Diskrepanz beruhe darauf, dass das politische System den eigenen kurzperiodischen Rhythmus ohne Rücksicht auf die Entscheidungsthemen und folglich ohne Rücksicht auf die hinter den Einzelthemen stehenden gesellschaftlichen Anforderungen und Interessenlagen festlegen müsse. Es würden daher durch die Wahl für die sachthematisch orientierten Entscheidungsprozesse willkürliche Fristen gesetzt, womit im Ergebnis sachliche und soziale Probleme zu Lasten der Zeitdimension neutralisiert würden.42 ten verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich Vorwegdispositionen bleibt, Siekmann, Finanzarchiv N.F. 41 (1983), S. 167, 169. 34 von Arnim, BayVBl 1981, S. 514, 519. 35 Vgl. Donner, ZParl 1987, S. 436, 447 f. 36 A. a., aber diesen Begriff prägend Henseler, AöR 1983, S. 489, 501. 37 Vgl. Donner, ZParl 1987, S. 436, 448 m. w. Nachw. 38 Häberle, AöR 99 (1974), S. 437, 454. 39 Häberle, AöR 102 (1977), S. 27, 33. 40 Häberle, AöR 102 (1977), S. 27, 33. 41 Luhmann, Der Staat 12 (1973), S. 1, 13.
I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt
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a) Die Eignung der These der Demokratie zur Begründung einer Unzulässigkeit von Vorwegdispositionen In der Literatur wird in Bezug auf die These der Demokratie als Synonym für Zukunftsoffenheit zunächst in Frage gestellt, ob diese überhaupt die Annahme rechtfertige, jeder punktuelle Ausschluss der Entscheidungsfreiheit künftiger Parlamente sei undemokratisch.43 b) Kritik Weiter wird den Vertretern einer absoluten Zukunftsoffenheit entgegengehalten, die offene Zukunft gebe jeder pluralen Position die Aussicht, einmal zur Geltung zu kommen, und mache so jeden Wunsch zur Chance.44 Damit gehe aber einher, dass das Konstruieren und Aufbauen von Beständen hinter das Planen und Steuern von Abläufen, die Sache und das Werk hinter das Verfahren und das Ziel hinter den Weg zurücktrete.45 Nur ein teils festgelegter, teils auch seinerseits offener Ausgleich zwischen Offenheit und Entschiedenheit und zwischen Offenheit und Geschlossenheit der Entscheidung gebe dem Recht die erforderliche Beweglichkeit und mache es damit zur tauglichen Lebensordnung für alle auf Dauer.46 Das gelte zumal für den Staat und seine Verfassung, als sie Grundlage der Lebensordnung seien.47 Von Parlament und Regierung seien daher auch verbindliche Richtungsangaben für das staatliche Handeln gefordert, die durch den rigiden Versuch, den demokratischen Prozess für alles und jedes jederzeit offen zu halten, weder ersetzt werden könnten noch behindert werden dürften.48 Zudem sei davor zu warnen, die Offenheit des politischen Systems schon bedroht zu sehen, wenn ein amtierender Gesetzgeber durch die Option für bestimmte politische Maßnahmen nachfolgende Parlamente mit irreversiblen Bindungen und Lasten konfrontiere.49 Im Gegenteil führe eine Auslegung des Demokratieprinzips dahingehend, dass Amtsnachfolgern jede Last zu ersparen sei, zur Immobilität des Staates.50
42
Luhmann, Der Staat 12 (1973), S. 1, 13. Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 501. 44 Henke, Der Staat 20 (1981), S. 580, 588. 45 Henke, Der Staat 20 (1981), S. 580, 588. 46 Henke, Der Staat 20 (1981), S. 580, 592. 47 Henke, Der Staat 20 (1981), S. 580, 592. 48 Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 502 m. w. Nachw. 49 Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 502. 50 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 72; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 96; vgl. Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 503. 43
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Demokratie erschöpfe sich daher nicht in der Offenhaltung von Alternativen,51 sondern verlange als politische Herrschaftsform mehr als das unendliche Gespräch, nämlich verbindliche Entscheidungen und Orientierung bietende Festlegungen.52 Eine an der Freiheitsidee ausgerichtete Konzeption repräsentativer Volksherrschaft verleihe daher dem Parlament auch die Kompetenz zu Richtungsvorgaben und Dezisionen mit Fernwirkung.53 3. Die These des mit dem Demokratieprinzip einhergehenden staatsschuldenrechtlichen Erdrosselungsverbotes Als weitere sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Wirkung in Bezug auf die vorliegend untersuchten Dispositionen wird vertreten, aus dem Demokratieprinzip folge zwar kein generelles Verbot von Vorwegdispositionen und auch keine absolute Zukunftsoffenheit, dennoch aber ein staatsschuldenrechtliches Erdrosselungsverbot.54 Aus dem Prinzip der „Macht auf Zeit“ lasse sich ableiten, dass die Zukunft auch in Zukunft und vor allem für die zukünftigen Generationen gestaltbar bleiben müsse.55 Daher müssten den zukünftigen Generationen auch die für Entscheidungsalternativen notwendigen finanziellen Handlungsspielräume offen gehalten werden. Eine Staatsverschuldung, die den Handlungsspielraum künftiger Generationen erdrossele, sei gemessen am Demokratieprinzip daher verfassungswidrig.56 Jedoch lasse sich dem Demokratieprinzip nicht zwingend entnehmen, in welchem Maße der Gestaltungsspielraum zukünftiger Haushaltsgesetzgeber von Verfassung wegen zu schützen sei.57
51
Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 59. Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 95. 53 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 95; Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 59; vgl. hierzu auch den Hinweis von Lux-Wesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 419, es würde eine „sinnwidrige Beschränkung“ der Macht der gegenwärtigen Staatsorgane bedeuten, wollte man ihnen eine demokratisch geforderte Rücksichtnahmepflicht gegenüber zukünftigen Staatsorganen auferlegen. 54 Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 116. 55 Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 110. Im Ergebnis so auch Kirchhof in von Arnim/Littmann, Finanzpolitik im Umbruch: Zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte, S. 271, 277, der anführt, das demokratische Prinzip der „Macht auf Zeit“ solle Wähler und Parlamente der Zukunft in die Lage versetzen, neue Vorhaben nach zukünftigen Maßstäben zu verwirklichen. Vgl. auch Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 425, Rn. 673, zum Spannungsverhältnis zwischen Demokratieprinzip und kommunaler Kreditaufnahme. 56 Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 110. 57 Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 111. 52
I. Das Demokratieprinzip als Orientierungspunkt
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4. Bewertung Eine Bewertung der in Bezug auf die Wirkungen des Demokratieprinzips vertretenen Rechtsansichten hat zunächst den Regelungsgehalt, welcher dem Demokratieprinzip direkt entnommen werden kann, zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl für das sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Prinzip der personellen Diskontinuität und damit für den insoweit gegebenen Aussagegehalt der durch das Grundgesetz statuierten demokratischen Ordnung für die Frage der Zulässigkeit weit reichender staatlicher Vorwegdispositionen als auch für dem Demokratieprinzip zugeschriebene Wirkungen genereller Natur wie beispielsweise die behauptete Notwendigkeit einer absoluten Zukunftsoffenheit. In der Folge ist zu erörtern, ob andere Normen mit Verfassungsrang, namentlich die Regelung des Art. 115 Abs. 1 GG, geeignet sind, zu einer verfassungsrechtlichen Konkretisierung des Demokratieprinzips beizutragen. a) Der Rückschluss vom Prinzip der personellen Diskontinuität auf eine Diskontinuität des Gestaltungsauftrags Hinsichtlich des sich aus dem Demokratieprinzip direkt ergebenden Gehaltes ist zunächst zu konstatieren, dass das Prinzip der Diskontinuität unter Gesichtspunkten des Zeithorizontes der notwendigen Legitimation der Legislative und der Exekutive eine begrenzende Wirkung dergestalt entfaltet, dass der Legitimationsakt der Wahl in regelmäßigen Abständen58 zu erfolgen hat. Hiermit geht einher, dass demokratische Wahlen mangels besonderer Legitimation im Unterschied beispielsweise zu Richterbestellungen nie auf Lebenszeit erfolgen.59 Die Volksvertretung wird mithin durch das Demokratieprinzip zeitlich limitiert; die Gestaltungsmacht von Legislative und Exekutive zu Gunsten wiederholter Legitimation der Träger der Staatsgewalt60 in der demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes von vornherein beschränkt. Fraglich und entscheidend für die Frage der Zulässigkeit von Vorwegdispositionen der Volksvertreter unter dem Gesichtspunkt der Wirkungen des Demokratieprinzips ist jedoch, welche Rückschlüsse von dem Prinzip der Verleihung von „Macht auf Zeit“ auf den Gestaltungsauftrag der Volksvertreter gezogen werden können. Entscheidend ist insoweit zunächst, ob sich aus dem Prinzip der personellen Diskontinuität auch eine auf die Konsistenz des Gestaltungsauftrags bezogene Diskontinuität ableiten lässt. Im Ergebnis wird dieser Rück58 Die äußerste zeitliche Grenze für eine Legislaturperiode liegt mit Blick auf die Verfassungsgeschichte und die Verfassungsvergleichung wohl bei fünf Jahren, Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 69. 59 Sachs in ders., Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 GG, Rn. 22; Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 69. 60 Vgl. Stern, Staatsrecht, Band 2, § 18, S. 451.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
schluss durch die Vertreter der These der Unzulässigkeit von über die Legislaturperiode hinausreichenden staatlichen Dispositionen gezogen und damit von der Periodizität der durch das Volk verliehenen Macht auch auf eine Limitierung des politischen Gestaltungsauftrags der Volksvertreter dergestalt geschlossen, dass dieser im Sinne der Gewährleistung der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit kommender Volksvertreter auf die gegenwärtige Legislaturperiode beschränkt ist. Schließt man dieser Auffassung folgend von der personellen Diskontinuität auch auf eine Diskontinuität des Gestaltungsauftrags, so hätten es die Legislativ- und Exekutivorgane in der Konsequenz zu unterlassen, bei der Ausführung dieses Auftrags faktische oder rechtliche Voraussetzungen für eine Einschränkung der Ausübung des Gestaltungsauftrages nachfolgender Inhaber staatlicher Macht und deren Vertreter herbeizuführen. Mit anderen Worten erforderte ein solches Verständnis des Demokratieprinzips eine strikt periodenbezogene Wahrnehmung der der Volksvertretung übertragenen Staatsgewalt, die während der nachfolgenden Legitimationsperiode zumindest die Möglichkeit einer sofortigen, vollumfänglichen Reversibilität in der vergangenen Legislaturperiode getroffener Entscheidungen eröffnete. In der Konsequenz ginge damit eine Restriktion der Ausübung der Macht der Volksvertreter nicht nur hinsichtlich der Finanzierungsarten des Staates, sondern auch in Bezug auf alle anderen gesetzgeberischen Entscheidungen einher.61 b) Der Gestaltungsauftrag der Volksvertreter als vom Prinzip der personellen Diskontinuität unabhängige Beauftragung Einem solchen Verständnis des Gestaltungsauftrages liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, der Gestaltungsauftrag der Volksvertreter sei in zeitlicher Hinsicht an die Volksvertretung gekoppelt. Es bestehen indes erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme. Denn obschon den auf Zeit gewählten Vertretern zur Lösung der jeweiligen Probleme nur der Dispositionsspielraum ihrer Wahlperiode zusteht,62 kann nicht bestritten werden, dass der den durch Wahlen legitimierten Vertretern des Volkes übertragene Gestaltungsauftrag sowohl hinsichtlich der der Beauftragung innewohnenden politischen Zielrichtungen als auch mit Blick auf deren zeitlichen Horizont nicht anders zu würdigen ist, als für den Fall, in dem die Wahrnehmung des Gestaltungsauftrages – im Sinne einer direkten demokratischen Willensbildung, Entscheidungsfindung und Ausübung des Volkswillens – durch die politische Schicksalsgemeinschaft selbst stattfände. Hierfür streitet, dass andernfalls mit der zeitlich limitierten Übertragung der Gestaltungsmacht an die Vertreter des Souveräns eine Veränderung des
61
Vgl. Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 26. von Weizsäcker in Holger/Meaendler/von Kimakowitz, Die Herausforderung Zukunft, S. 53. 62
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Gestaltungsauftrages, welcher originär dem Volk als Ausfluss der Inhaberschaft der Staatsgewalt zusteht und durch dieses nur übertragen wird, einherginge. Das demokratische Prinzip liefe dann aber in seinem wesentlichen Gehalt ins Leere, wenn es im Zuge des die gewählten Volksvertreter begünstigenden Legitimationsaktes, der ausschließlich eine bestimmte rechtliche Form der Beteiligung des Volkes an der Ausübung der Staatsgewalt darstellt,63 zu einer inhaltlichen Veränderung des zugleich mittels der Wahl übertragenen Gestaltungsauftrags käme. Denn es entspricht gerade dem Wesen der demokratischen Legitimation durch Wahlen, eine Vertretung des Volkes, aber auch nur dessen Vertretung, herbeizuführen und zu organisieren64 und nicht darüber hinaus in Folge von Wahlen den durch das Volk an die Legislative übertragenen und mittels der Auswahl bestimmter Vertreter65 und durch Mehrheitsentscheid ausschließlich präzisierten Gestaltungsauftrag umzuformen. aa) Die Bestimmung des Inhaltes des Gestaltungsauftrages des Volkes – die Notwendigkeit weit reichender Dispositionen zur Erreichung grundlegender Staatszwecke Zur Bestimmung des Inhaltes des den Volksvertretern übertragenen Gestaltungsauftrages und damit auch zur Identifizierung seines zeitlichen Horizontes ist es folglich notwendig, den Gehalt des originär dem Volk zustehenden Gestaltungsauftrags unabhängig von dessen durch die Verfassung vorgesehener Übertragung an die Volksvertreter zu analysieren. Es liegt insoweit nahe, den Gestaltungsauftrag des Volkes anhand der bestehenden verfassungsrechtlichen Ordnung, welche in der Tat auf eine Notwendigkeit über die jeweilige Legislaturperiode hinaus wirkender verbindlicher Entscheidungen des Gesetzgebers in bestimmtem Unfang hinweist,66 zu bestimmen.67 Aber auch eine abstraktere Definition des Gestaltungsauftrages des Volkes bietet Aufschluss über die Frage der Notwendigkeit weit reichender Dispositionen. Als Maßstab für den Inhalt des Gestaltungsauftrag des Volkes, welches ausschließlich durch sein eigenes Interesse gebunden wird,68 sollen insoweit 63
Stern, Staatsrecht, Band 2, § 18, S. 453. Vgl. Roellecke in Umbach/Clemens, Grundgesetz-Mitarbeiterkommentar, Band 1, Art. 20, Rn. 156. 65 Staatsrechtlich sind Wahlen als Entscheidungen über Personen im Unterschied zu solchen über Sachfragen zu verstehen, es geht mithin um die Auswahl der zur Sachentscheidung befugten Personen, Dreier in ders., Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20, Rn. 89. 66 So Henseler, AöR 1983, S. 489, 499 in Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip, vgl. auch Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 59. 67 Vgl. Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 96. 64
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folgende, von der konkreten grundgesetzlichen Ordnung stärker losgelöste Konstanten des neuzeitlichen Staatsdenkens dienen, welche zwar keine Allgemeingültigkeit beanspruchen können, aber jedenfalls das Selbstverständnis des aus ihrer Wurzel erwachsenen freiheitlichen Verfassungsstaates prägen.69 Staatszwecke in diesem Sinne sind die Verpflichtung auf das Gemeinwohl, Friedenssicherung nach innen und nach außen, Wohlfahrt im weitesten Sinne und Gewährleistung individueller wie korporativer Freiheit.70 Nimmt man nun an, dass der Gestaltungsauftrag des Souveräns auf die Erreichung dieser Staatszwecke gerichtet ist und sowohl Inhalt als auch Zielrichtung des Auftrags grundsätzlich entsprechend definiert sind, so ergibt sich schon hieraus – selbst unter Berücksichtigung eines restriktiven Staatsverständnisses und damit unter Annahme einer weitestgehenden Limitierung der dem Staat zukommenden Aufgaben – dass eine Begrenzung von Dispositionen auf einen der Dauer einer Legislaturperiode entsprechenden Zeithorizont die Erfüllung des Gestaltungsauftrags dauerhaft verhinderte. Im Gegenteil besteht vielmehr Grund zur Annahme eines zwingenden Erfordernis längerfristig wirkender verbindlicher Dispositionen in bestimmtem Umfang zur Erreichung der beschriebenen Staatszwecke. Diese Annahme besteht dabei unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung und der näheren Ausgestaltung der wesentlichen Strukturentscheidungen bei der Organisation des Staatswesens und gilt sowohl hinsichtlich der inneren Organisation des Staates beispielsweise bezüglich der Wirtschafts-, Finanz-, und Sozialordnung sowie auch in Hinblick auf die Gestaltung der äußeren Verhältnisse des Staates und insoweit für jede Form völkerrechtlichen Zusammenwirkens. Denn staatliche Lenkungsentscheidungen und Richtungsvorgaben, die mit einer nur für einen kurzen Zeitraum von wenigen Jahren verbindlichen Wirkung ausgestattet sind, würden im inneren Gefüge des Staates aufgrund mangelnder Verlässlichkeit hinsichtlich staatlicher Grundstrukturen ein erhebliches Maß an Rechts- und damit Planungsunsicherheit für private Wirtschaftssubjekte, die Finanzierung des Staatswesens und auch die Organisation der Sozialordnung bedingen. Mit Blick auf die Gestaltung außenpolitischer Prozesse wäre zumindest die Bündnisunfähigkeit des Staates die unausweichliche Folge eines derart zeitlich limitierten Gestaltungsauftrags des Volkes. Erschöpfte sich die Staatstätigkeit mithin in mit nur kurzfristiger Geltungsdauer versehenen Lenkungsentscheidungen und darüber hinaus allenfalls im bloßen Sich-Offenhalten71 für alternative Entscheidungen nach Ablauf eines durch die Dauer einer Legislaturperiode bestimmten zeitlichen Rahmens, wür68
Combothecra in Kurz, Volkssouveränität und Staatssouveränität, S. 1, 7. Vgl. Link, Wortbeitrag, in ders./Ress, VVDStRL 48 (1990), S. 7, 17 f. 70 Link, Wortbeitrag, in ders./Ress, VVDStRL 48 (1990), S. 7, 18; instruktiv zu den Staatszwecken im Verfassungsstaat Bull, NVwZ 1989, S. 810 f. 71 Henseler, AöR 1983, S. 489, 502. 69
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den notwendige72 verbindliche Richtungsentscheidungen und damit die Organisation eines an den beschriebenen Staatszwecken ausgerichteten Staatswesens per se wesentlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich. Die Annahme einer derartigen Limitierung des Gestaltungsauftrages des Volkes würde folglich zu einer vollumfänglichen Immobilität des Staates führen, d.h. sowohl in Bezug auf dessen innere als auch die äußeren Verhältnisse. In der Konsequenz würde somit die Erfüllung des Gestaltungsauftrags von vornherein unmöglich. Unter konkreter Berücksichtigung der bestehenden Verfassungsordnung hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, es gehöre zu den Aufgaben des demokratischen Gesetzgebers, über die Amtsperioden hinauszusehen, Vorsorge für die dauerhafte Befriedigung von Gemeinschaftsinteressen zu treffen und damit auch die Entscheidungsgrundlagen nachfolgender Amtsträger inhaltlich vorauszubestimmen.73 Dem ist nach obigen Ausführungen hinsichtlich des für die Erfüllung des Gemeinschaftsinteresses Notwendigen auch in Hinblick auf eine abstrakte Würdigung des Gestaltungsauftrags des Volkes zuzustimmen. bb) Das Spannungsverhältnis zwischen personeller Diskontinuität und weit reichendem Gestaltungsauftrag Nach alledem ist es so, dass das Volk als Träger der Staatsgewalt schon aufgrund der im Innen- und Außenverhältnis wirkenden Realitäten hinsichtlich der Organisation des Staates dem Erfordernis unterliegt, jedenfalls wesentliche staatliche Strukturentscheidungen für einen längerfristigen Zeitraum zu treffen und damit das im Mindestmaß zur Erreichung grundlegender Staatszwecke Notwendige zu veranlassen. Durch diese Notwendigkeit charakterisiert sich auch der zeitliche Horizont des dem Volk zukommenden Gestaltungsauftrags, der unter Berücksichtigung der geschilderten Erfordernisse zumindest mittel-, wenn nicht sogar langfristigen Charakter hat. Im Ergebnis ist daher der Gestaltungsauftrag des Souveräns schon aufgrund der hinsichtlich der Organisation eines in Grundzügen funktionierenden Staatswesens realiter bestehenden Notwendigkeiten nicht auf die Dauer eines einer Legislaturperiode entsprechenden Zeithorizonts begrenzt. Vielmehr ist festzuhalten, dass er grundsätzlich mit Blick auf den zeitlichen Horizont der Gestaltung staatlicher Strukturen weit reichender ist. Charakterisiert sich aber der Gestaltungsauftrag des Volkes durch einen über den Zeitraum von wenigen Jahren hinausreichenden zeitlichen Horizont, so kann für die zeitliche Ausgestaltung des Gestaltungsauftrags der Volksvertreter, denen aus-
72 73
Vgl. Henseler, AöR 1983, S. 489, 502. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 343.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
schließlich die Vertretung des Volkes bei der Ausführung des Gestaltungsauftrags zukommt,74 nichts anderes gelten. Folglich lässt sich aus dem Prinzip der personellen Diskontinuität nicht auf die entsprechende Limitierung des Gestaltungsauftrags der Volksvertreter und mithin nicht auf ein generelles Verbot staatlicher Vorwegdispositionen durch die Legislative und Exekutive schließen. Vielmehr ist es so, dass sich aus dem Demokratieprinzip ein auf die Legislative und die Exekutive wirkendes Spannungsverhältnis ergibt, welches durch die Gegenläufigkeit des Prinzips der personellen Diskontinuität und des über die jeweilige Amtsperiode hinausreichenden Gestaltungsauftrags der Volksvertreter geprägt wird. c) Das Spannungsverhältnis zwischen notwendigen Vorwegdispositionen und prinzipieller Zukunftsoffenheit Begründen die Auswirkungen des Demokratieprinzips mithin zwar kein generelles Verbot staatlicher Vorwegdispositionen, so muss dennoch konzediert werden, dass diese aus anderen Erwägungen heraus nicht in unbegrenztem Maße zulässig sein können. Somit besteht ein weiteres Spannungsverhältnis, welches sich ebenfalls alleinig aus den Wirkungen des Demokratieprinzips ergibt. Dieses Verhältnis wird einerseits durch die zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Staatswesens notwendigen und unter dem Demokratieprinzip folglich zulässigen Vorwegdispositionen und andererseits durch die hierzu gegenläufige Notwendigkeit einer prinzipiellen Zukunftsoffenheit im Sinne der Möglichkeit der Gestaltung des Staates auch durch nachfolgende Generationen des Volkes und deren Vertreter charakterisiert. Zwar wäre es nach der hier vertretenen Bewertung der Auswirkungen der personellen Diskontinuität unangemessen, aus dem Demokratieprinzip auf eine totale Zukunftsoffenheit im Sinne einer absoluten Reversibilität der vom jeweiligen Gesetzgeber getroffenen Dispositionen zu schließen.75 Die Herrschaft des Volkes bedingt jedoch unabhängig von dem Erfordernis weit reichender Dispositionen notwendigerweise auch eine prinzipielle Zukunftsoffenheit im Sinne von für kommende Generationen grundsätzlich noch vorhandenen Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten. Diese Notwendigkeit ergibt sich wiederum aus dem Gestaltungsauftrag des Volkes. Denn dieser beinhaltet schon deshalb ein gewisses Maß an Zukunftsoffenheit, weil er seinem Gehalt nach, der fortdauernden Gestaltung der Strukturen des Staatswesens und der Einzelheiten der Ordnung der Staatsgemeinschaft zu Zwecken der bestmöglichen Erreichung der Staatszwecke, nicht innerhalb einer Generation, mithin nach dem hier angewendeten Generationenbegriff nicht inner-
74 75
Vgl. Abschnitt D. I. 4. b). Siehe Abschnitt D. I. 4. b).
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halb eines höchstens fünfjährigen Zeitraums zum Abschluss finden kann. Dem Gestaltungsauftrag wohnt vielmehr ein fortdauerndes, bleibendes, ein nicht erledigungsfähiges Element inne. Der Auftrag ist somit zwar über den Lauf der Zeit von verschiedenen Generationen auszuführen, seinem grundlegenden Inhalt nach bleibt er aber in der zeitlichen Dimension im Wesentlichen identisch. In ähnlichem Maße, in dem der Gestaltungsauftrag bestimmte längerfristige Dispositionen des Gesetzgebers notwendig macht, bedingt er somit auch das Erfordernis des prinzipiellen Offenhaltens der Möglichkeit, in Zukunft aus Gründen veränderter Bedingungen und Entscheidungsgrundlagen auch weiterhin eine aktive Gestaltung des Staates vornehmen zu können. Denn auch zukünftigen Generationen des Souveräns muss es in gewissem Umfang möglich sein, auf veränderte Bedingungen zu reagieren, den Staat, dessen wesentlichen Grundzüge sowie die Einzelheiten der staatlichen Ordnung zu gestalten und nicht stattdessen auf bloße Passivität verwiesen zu werden. Gesetzt letzteren Fall wären sie ihrer – in der Zukunft dann jeweils gegenwärtigen – originären Herrschaftsmacht, sofern man diese richtigerweise nicht nur als bloße Verwaltungs-, sondern auch als mit einem Element der Aktivität versehene Gestaltungsmacht versteht, beraubt und würden demgemäß faktisch vollumfänglich durch die Entscheidungen früherer Generationen determiniert. Die Entscheidungsfreiheit dieser Generationen wäre mithin nicht mehr geachtet.76 Weiter weist auch das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auf die Notwendigkeit des prinzipiellen Offenhaltens zukünftiger Handlungs- und Entscheidungsspielräume hin. Denn eine erhebliche Einschränkung der Dezisions- und Dispositionsspielräume nachfolgender Generationen durch Vorwegdispositionen der gegenwärtigen Generation käme im Ergebnis dem Verlust substantieller Entscheidungsbefugnisse der Volksvertreter in der Zukunft gleich. In der Folge wäre das subjektive Recht der Bürgerinnen und Bürger, durch die Wahl auf die Ausübung der Staatsgewalt Einfluss zu nehmen, zumindest stark gefährdet. Denn eine erhebliche Einschränkung der Dezisions- und Dispositionsspielräume nachfolgender Generationen durch Vorwegdispositionen der gegenwärtigen Generation vorausgesetzt, könnte die Ausübung der Staatsgewalt auch durch die zukünftig gewählten Vertreter aufgrund der aus der Vergangenheit herrührenden Bindung für die Dauer deren Bestehens nicht mehr vollumfänglich vorgenommen werden. Die durch Vorwegdispositionen herbeigeführte Limitierung der Entscheidungsspielräume würde somit in der Zukunft direkte Auswirkungen auf die Rechte des Souveräns entfalten und diese im Ergebnis unzulässig beschränken.
76 Eben diese Achtung der Entscheidungsfreiheit künftiger Generationen hat das BVerfG aber als Auswirkung des Demokratieprinzips festgestellt, Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 343.
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Folglich ergibt sich aus dem Demokratieprinzip sowohl unter dem Gesichtspunkt der Ausgestaltung des Gestaltungsauftrages des Souveräns als auch in Bezug auf subjektive Wahlrechte die Notwendigkeit einer prinzipiellen Zukunftsoffenheit im Sinne des Offenhaltens der Möglichkeit zur Gestaltung des Staates auch durch nachfolgende Generationen. d) Das Maß der notwendigen Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen Fraglich ist insoweit freilich das sich aus diesen vergleichsweise allgemeinen Erwägungen ergebende Maß der notwendigen Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen. aa) Aus dem Demokratieprinzip resultierende Begrenzungswirkungen Im Mindestmaß wird man insoweit aufgrund der hier vertretenen Auslegung des Demokratieprinzips das Verbot von Vorwegdispositionen, deren Wirkung eine Erdrosselung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume der nachfolgenden Generationen – und zwar sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Bezug auf andere Ressourcen, welche zukünftige Entscheidungsspielräume begründen bzw. offen halten, – wäre, konstatieren müssen. Der Begriff der „Erdrosselung“ weist dabei zugegebenermaßen ein hohes Maß an Unbestimmtheit auf und kann nur andeuten, inwieweit die Entscheidungsspielräume nachfolgender Generation durch den aktuell agierenden Gesetzgeber zu achten sind. Ein weiterer Hinweis ergibt sich insoweit aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes im Maastricht-Urteil. Danach ist davon auszugehen, dass den nachfolgenden Generationen jedenfalls „substantielle“ Entscheidungsspielräume verbleiben müssen und diese durch Vorwegdispositionen nicht entzogen werden dürfen. Es erscheint gleichwohl schlechthin nicht möglich, ausschließlich anhand des Demokratieprinzips das sich hieraus ergebende Maß der notwendigen Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen präziser zu bestimmen. bb) Die Möglichkeit der Begrenzung von Vorwegdispositionen anhand der Wirkungen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG Jedoch könnte sich insoweit aus Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG eine Konkretisierung des Demokratieprinzips ableiten lassen. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu bewerten, ob die Norm für die Konkretisierung der Frage der Zulässigkeit von Vorwegdispositionen unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips herangezogen werden kann. Dies ist entgegen der Argumentation, Art. 115
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Abs. 1 Satz 2 GG enthalte nur eine Obergrenze für die staatliche Kreditaufnahme und lasse folglich einen entsprechenden Aussagegehalt des Demokratieprinzips unberührt,77 der Fall. Denn es trifft zu, dass die Annahme eines Verbotes staatlicher Vorwegdispositionen nicht nur eine weitgehende Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme bedingen würde, sondern die durch Art. 115 Abs. 1 GG grundsätzlich als Finanzierungsmöglichkeit des Staates vorgesehene Kreditaufnahme generell in Frage stellte.78 Hierfür spricht vor allem, dass staatliche Kreditaufnahmen typischerweise über einen Zeitraum erfolgen, der über eine Legislaturperiode hinausgeht. Da das Grundgesetz aber in Art. 115 Abs. 1 GG die Zulässigkeit staatlicher Verschuldung vorsieht, ist die Norm bei der Bewertung der Zulässigkeit staatlicher Vorwegdispositionen unter dem demokratischen Prinzip heranzuziehen. Denn sie konkretisiert dieses verfassungskräftig.79 Das Grundgesetz legt damit selbst fest, welche Grenzen der gegenwärtigen Generation hinsichtlich der durch diese vorgenommenen Vorwegdispositionen – jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer kreditären Finanzierung des Staates – gezogen sind.80 e) Zwischenergebnis Als Ergebnis der Bewertung der Wirkungen des Demokratieprinzips in Bezug auf die Zulässigkeit der Begründung von Zukunftslasten ist daher festzuhalten, dass sich aus der demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes nicht per se ein Verbot staatlicher Vorwegdispositionen ableiten lässt. Die Limitierung staatlicher Machtausübung auf den Zeitraum der Legislaturperiode und der zeitlich weiter reichende Gestaltungsauftrag der Volksvertreter stehen vielmehr in einem Spannungsverhältnis. Ein weiteres Spannungsverhältnis ergibt sich aufgrund notwendiger staatlicher Vorwegdispositionen und dem ebenfalls aus dem Demokratieprinzip entstehenden Erfordernis, aus Achtung vor der Entscheidungsfreiheit nachfolgender Generationen des Volkes deren Gestaltungsmacht durch das Offenhalten von künftigen Entscheidungsspielräumen in bestimmtem Umfang zu erhalten. Mit Ausnahme eines Verbots von Vorwegdispositionen, deren Wirkung eine Erdrosselung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume der nachfolgenden Generationen wäre, lässt sich aber aus dem Demokratieprinzip Spezifischeres nicht ableiten. Die Regelung des Art. 115 Abs. 1 GG, welche die sich aus dem Demokratieprinzip ergebenden Grenzen staatlicher Vorwegdispositio77
Siehe Abschnitt D. I. 1. b) bb). Wolf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 43. 79 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 343; so auch Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 25, der die Regelung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als „systemkonforme Konkretisierung“ des Demokratieprinzips qualifiziert. 80 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 343. 78
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
nen unter dem Gesichtspunkt kreditärer Finanzierung des Staates verfassungsrechtlich konkretisiert, könnte insoweit Hinweise bezüglich des Umfangs der Limitierung staatlicher Vorwegdispositionen und damit der Grenzen der auf Vorwegdispositionen bezogenen Entscheidungsmacht des Gesetzgebers enthalten.
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als Orientierungspunkt für die Frage der Begrenzung von Vorwegdispositionen Fraglich ist mithin, ob und wenn ja welche Orientierungen sich aus Art. 115 GG, der als zentrale Norm81 des Staatsschuldenrechts des Grundgesetzes die Kreditaufnahme ausdrücklich als Instrument zur Finanzierung von Staatsaufgaben anbietet82 und zugleich die Voraussetzungen, das Verfahren und den Inhalt der gesetzlichen Ermächtigung für die Kreditaufnahme und die Verschuldung des Bundes regelt,83 in Bezug auf dem Gesetzgeber gezogene Grenzen von Vorwegdispositionen ableiten lassen. 1. Die jüngere Entstehungsgeschichte der Norm – die heutige Fassung des Art. 115 GG im Kontext und als Folge der Finanzverfassungsreform von 1967 Art. 115 GG in seiner heute gültigen Fassung ist das Ergebnis eines kategorialen Wandels der Budgetfunktion84 am Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der mit einer Reform der durch die Norm geregelten Voraussetzungen der staatlichen Kreditaufnahme einherging. Der Hintergrund dieser im Jahr 1969 durch den Verfassungsgeber vorgenommenen Reform des Art. 115 GG85 war die bereits durch die Finanzverfassungsreform 1967 erfolgte Neufassung des Art. 109 GG,86 dessen neu eingeführter Abs. 2 die gesamte Haushaltswirtschaft des Bundes und der Länder und damit auch deren Schuldpolitik seit81 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 139; vgl. Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 48. 82 Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 54; Birk, DVBl. 1984, S. 745. 83 Maunz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Band 5, Art. 115, Rn. 2. 84 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 22; ausführlich zu der Veränderung der Finanzpolitik des Bundes Ende der 1960er Jahre Höfling in Peter/Rhein, S. 10, 13 ff. 85 Die Neuregelung des Artikels 115 GG erfolgte durch das Zwanzigste Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 12. Mai 1969, BGBl. (I) 1969, S. 357, 358. 86 BGBl. (I) 1967, S. 581.
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
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dem den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts unterstellt.87 Die durch den Verfassungsgeber mit der Neufassung des Art. 109 GG zum Ausdruck gebrachte Vorstellung, die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern habe neben der traditionellen Bedarfsdeckungsfunktion auch eine wirtschaftspolitische Lenkungsfunktion88 und sei mithin zur makroökonomischen Einflussnahme auf den Wirtschaftsablauf verpflichtet,89 erforderte eine Neufassung der in Art. 115 GG a. F. enthaltenen Regelungen über die staatliche Kreditaufnahme.90 Denn die seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 20 Jahre lang gültige Fassung der Norm, welche die Beschaffung von Geldmitteln im Wege des Kredites – an traditionelle Deckungslehren anknüpfend91 – nur bei außerordentlichem Bedarf sowie für Ausgaben zu werbenden Zwecken vorsah, ließ aufgrund der damit einhergehenden objektbezogenen Deckungsgrundsätze92 eine Erfüllung wirtschaftspolitischer Aufgaben auch mittels des Instruments der staatlichen Kreditaufnahme und damit mittels der Staatsverschuldung nur unter erheblichen Schwierigkeiten93 zu. Durch die Finanzverfassungsreform 1969 trat aus diesem Grund an die Stelle des für die Kreditaufnahme bis dahin geltenden objektbezogenen Deckungsgrundsatzes ein situationsbezogener Deckungsgrundsatz,94 der es seitdem ermöglicht, im Rahmen der Haushaltswirtschaft auch die Kreditaufnahme im Sinne der antizyklischen Fiskalpolitik zu instrumentieren95 und damit die Verschuldung des Staates als konjunkturpolitisches Instrument96 zu nutzen. 87
Höfling in Peter/Rhein, S. 10, 24; vgl. Donner, ZParl 1987, S. 436, 438. Brenner/Haury/Lipp, Finanzarchiv N.F. 38 (1980), S. 236, 237; Siekmann in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115 GG, Rn. 3. Dogmatischer Hintergrund der Finanzverfassungsreform von 1969 war die zu dieser Zeit von der überwiegenden Mehrheit der Ökonomen akzeptierte Annahme, mittels einer antizyklischen Finanzpolitik im Sinne des auf J. M. Keynes zurückführbaren Konzepts des „Deficit Spending“ ließen sich Stabilität und Wachstum der Wirtschaft wirksam fördern, Ehrlicher, Der Staat 24 (1985), S. 30, 42; Höfling in Peter/Rhein, S. 10, 22; Janson, ZRP 1983, S. 139, 140; vgl. Vogel in Kirchhof, Finanz- und Steuerstaat, S. 383, 392. Zum Konzept der Stabilisierung der Konjunktur durch „Deficit Spending“ siehe Grüske in Schachtschneider, Festschrift, S. 276, 279. 89 Vgl. Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 9. 90 Vgl. Deutscher Bundestag, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zu Bundestagsdrucksache V/3605, S. 13; Friauf in VVDStRL, VVDStRL 27 (1969), S. 1, 18. 91 Donner, ZParl 1987, S. 436, 438. 92 Ehrlicher, Wirtschaftsdienst 1979, S. 393; vgl. Donner, ZParl 1987, S. 436, 439. 93 Vgl. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 333. 94 Deutscher Bundestag, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zu Bundestagsdrucksache V/3605, S. 13; Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 333; Maunz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Band 5, Art. 115, Rn. 28; Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 16; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 140. 95 Vgl. Janson, ZRP 1983, S. 139, 140. 96 Friauf in VVDStRL, VVDStRL 27 (1969), S. 1, 18. 88
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Art. 115 GG bindet seitdem nur noch den Umfang der öffentlichen Kreditaufnahme an das Volumen der im Haushalt ausgewiesenen Investitionsausgaben und lässt zudem situationsbezogene Ausnahmen zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu.97 Der Normtext des Abs. 1 Satz 2 des Art. 115 GG, welcher hier hinsichtlich des Aussagegehaltes der Regelung in Bezug auf das Ausmaß der Limitierung staatlicher Vorwegdispositionen zuvörderst von Interesse ist, lautet entsprechend: „Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsjahr veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.“
Art. 115 Abs. 1 Satz 3 GG statuiert zudem, dass „das Nähere“ durch Bundesgesetz geregelt wird. Dem damit verbundenen Auftrag ist der Gesetzgeber mit erheblicher Verspätung und nach Mahnung durch das BVerfG98 im Jahr 1990 nachgekommen.99 2. Die Kreditbegrenzung im Staatshaushalt durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG vor dem Hintergrund der Kontroverse über das Entstehen von Zukunftslasten durch eine kreditäre Staatsfinanzierung Für den Fall der wirtschaftlichen Normallage, auf die hier zunächst100 abgestellt werden soll, beschränkt Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG die Höhe der haushaltsjährlichen staatlichen Kreditaufnahme im Höchstmaß auf das Volumen der Investitionsausgaben und stellt somit ein verfassungsrechtliches Junktim zwischen der Kreditsumme und der Investitionssumme101 auf. Unstreitig verfolgt die Verfassungsnorm daher in teleologischer Hinsicht eine Begrenzung staatlicher Kreditaufnahmen.102 Der dogmatische Hintergrund dieser spezifischen Be97
Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 3. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 352. 99 Die Regelungen erfolgten durch eine Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetz (BGBl. (I) 1990, S. 1446) sowie durch eine Änderung der Bundeshaushaltsordnung (BGBl. (I) 1990, S. 1447). Näher hierzu in Abschnitt D. II. 3. a) aa) (2) sowie Abschnitt D. II. 4. a) aa) (3). 100 Zur vollständigen Systematik des Artikel 115 Abs. 1 Satz 2 GG und den Einzelheiten der Voraussetzung der Zulässigkeit staatlicher Kreditaufnahmen sowohl in der wirtschaftlichen Normallage als auch bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts siehe Abschnitt D. II. 3. 101 Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 55; vgl. Janson, ZRP 1983, S. 139, 140. 102 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334 u. 352; Höfling/ Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 58, 240 u. 251; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115, Rn. 12; Siekmann in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115 GG, Rn. 1; Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706 f.; Friauf in 98
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
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grenzung staatlicher Kreditaufnahmen durch das normative Regelungskonzept des Grundgesetzes besteht in der Annahme von mit einer kreditären Staatsfinanzierung verbundenen Belastung nachfolgender Generationen,103 denen eine Kompensation durch zukunftsbegünstigende Ausgaben entgegengesetzt werden muss.104 Die mit diesem Regelungskonzept einhergehende Annahme einer Lastverschiebung in die Zukunft als Folge staatlicher Kreditaufnahme ist gleichwohl insbesondere in der finanzwissenschaftlichen Literatur des vergangenen Jahrhunderts nicht unangefochten geblieben. a) Die finanzwissenschaftliche Lastverschiebungsdebatte Die zu dieser Frage in der Nationalökonomie geführte so genannte Lastverschiebungsdebatte soll hier nur in Grundzügen nachgezeichnet werden.105
Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 17; Stern in Fachinstitut der Steuerberater, Steuerberater-Jahrbuch, S. 41, 55; Hansmeyer, Der öffentliche Kredit I, S. 121; Kaeser, Alternative Finanzierungsmodelle der öffentlichen Hand und Kreditschranken des Art. 115 GG, S. 23; Birk, DVBl. 1984, S. 745; Ehrlicher, Wirtschaftsdienst 1979, S. 393, 394; von Arnim, BayVBl. 1981, S. 514, 516; Janson, ZRP 1983, S. 139, 141; vgl. Deutscher Bundestag, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zu Bundestagsdrucksache V/3605, S. 14; Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 3; Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 55; Kirchhof, DVBl 2002, S. 1569, 1574. 103 Im Unterschied zu der Abgrenzbarkeit der Generationen im Rahmen der Ausführungen zu der sich aus dem Demokratieprinzip ergebenden Diskontinuität der Volksvertretung ist bei der Verwendung des Generationenbegriffes innerhalb der Diskussion der Wirkungen der Staatsverschuldung zu berücksichtigen, dass durch kreditäre Finanzierung entstehende Zukunftslasten nicht erst in ferner Zukunft bzw. nach einer Legislaturperiode entstehen müssen. Da die Zukunft sogleich in der auf die gegenwärtige folgenden Periode beginnt und es nicht darauf ankommt, ob die Periode einen Monat, ein Jahr oder ein Jahrzehnt umfasst, ist der Begriff der Generation hier wiederum nicht wörtlich zu verstehen. Vielmehr sollte im Rahmen der Diskussion der Wirkungen der Staatsverschuldung von einer personenunabhängigen intertemporalen Allokation der Last gesprochen werden, vgl. von Arnim/Weinberg, Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 36. Aus Zwecken der Anschaulichkeit und insbesondere aufgrund der gängigen Verwendung des Generationenbegriffs in der finanzund rechtswissenschaftlichen Literatur soll dieser innerhalb der hier vorgenommen Untersuchung dennoch – insofern durch die obigen Ausführungen präzisiert – beibehalten werden. 104 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 158; Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 712; Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 104; vgl. Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 64. 105 Nachweise für weitere, innerhalb der im Folgenden beschriebenen Positionen vertretene Varianten finden sich bei Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 166. S. auch Kampmann, Begrenzungskonzepte, S. 16 f.
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aa) Die Negation von Lastverschiebungseffekten durch die „Neue Orthodoxie“ Während insbesondere in der frühkonstitutionellen Staatsrechtslehre noch staatsschuldenskeptische Beurteilungen vorherrschten,106 so negierte etwa ab Mitte des 20. Jahrhunderts107 die so genannte „Neue Orthodoxie“ das Entstehen von Lastverschiebungseffekten im Zuge der kreditären Finanzierung von Staatsaufgaben:108 Erweitere der Staat schuldenfinanziert seinen Anteil am Sozialprodukt, so könne dieser erhöhte Anteil nur dem gegenwärtigen Sozialprodukt entnommen worden sein. Mithin unterbleibe die private Verwendung der gegebenen Ressourcen und die entsprechenden Verdrängungseffekte fänden in der Gegenwart statt, eine Verschiebung von Lasten sei daher nicht möglich.109 Zudem stehe den späteren Zinszahlungen und Tilgungsleistungen durch die öffentlichen Haushalte ein entsprechend hoher Empfang bei den Gebern der vom Staat in Anspruch genommenen Kredite gegenüber. Sofern keine Kredite im Ausland aufgenommen würden, gelte daher für die nachfolgenden Generationen als Ganzes die Formel „We pay it to ourselves“. Es fände demgemäß auch unter diesem Gesichtspunkt keine Lastverschiebung in die Zukunft statt, sondern komme nur zu einer Umschichtung zwischen verschiedenen Personengruppen in der Zukunft.110 Es nimmt nicht Wunder, dass diese bis 1958 vorherrschende Theorie111 hauptsächlich von Anhängern des keynesianischen Gedankengutes gestützt wurde.112
106 So wurde schon zu dieser Zeit angenommen, die staatsverschuldungsindizierte Lastverschiebung bestehe darin, dass ein geringerer Kapitalstock an die Zukunft weitergegeben werde als bei der Steuerfinanzierung, siehe Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 161 m. w. Nachw. 107 Wendt in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 3. 108 Vaughn/Wagner, Kyklos 45 (1992), S. 37; Hauser, Verteilungswirkungen der Staatsverschuldung, S. 80; Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 8; Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 151. 109 Hansmeyer, Der öffentlich Kredit I, S. 125; Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 293; Gandenberger, Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Band 21 (1970), S. 87, 90 m. w. Nachw.; ders., Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 195 f. m. w. Nachw.; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 162 m. w. Nachw. 110 Wendt in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 3 m. w. Nachw. 111 Vgl. Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 195. 112 Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 292; Vaughn/Wagner, Kyklos 45 (1992), S. 37; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 162.
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
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bb) Im Widerspruch zur „Neuen Orthodoxie“: Der Nutzenansatz und der Wachstumsansatz Die Positionen der „Neuen Orthodoxie“ sahen sich jedoch Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zunehmendem Widerspruch ausgesetzt. In der finanzwissenschaftlichen Lastverschiebungsdebatte kristallisierten sich erneut Ansichten, die eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft als Folge staatlicher Kreditfinanzierungen annahmen. Insoweit sind vor allem zwei Ansätze zu unterscheiden, nach denen die mit der Kreditfinanzierung einhergehende Last zum Einen als Nutzungseinbuße (Nutzenansatz), zum Anderen als gesamtwirtschaftliche Wachstumseinbuße (Wachstumsansatz) qualifiziert wird. (1) Der Nutzenansatz Der Nutzenansatz beschreibt „Last“ im Gegensatz zur „Neuen Orthodoxie“ als ein individualistisches Konzept.113 Nach diesem finanzwissenschaftlichen Erklärungsansatz handelt es sich bei einer Steuerzahlung, die insofern der kreditären Finanzierung von Staatsaufgaben als modus vivendi staatlicher Finanzierung entgegengestellt wird, um eine Zwangstransaktion; die – zur kreditären Finanzierung genutzte – Anleihezeichnung sei dagegen ein freiwilliger Vorgang.114 Im Falle der Steuerfinanzierung würden die Steuerzahler eine Nutzeneinbuße erleiden, da ihr verfügbares Einkommen reduziert werde.115 Im Gegensatz hierzu würden die Anleihezeichner im Falle der Kreditfinanzierung ex definitione in der Periode der Schuldaufnahme keinen Wohlfahrtsverlust erleiden, da sie sich freiwillig für das Staatspapier entschieden.116 Folglich werde bei der Anleihefinanzierung keine Last im Sinne einer Einbuße an individueller Wohlfahrt in der Gegenwart getragen; diese entstehe aber in der Zukunft auf Seiten der Zinssteuerzahler, da die Kredite verzinst und diese Zinszahlungen durch Steuererhebung finanziert werden müssten.117 Der Wohlfahrtsverlust der Steuerzahler könne hierbei keineswegs gegen einen Wohlfahrtsgewinn der Anleihe-
113 Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 294; Grüske in Schachtschneider, Festschrift, S. 276, 281. 114 Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 199; Zimmermann/Henke, Finanzwissenschaft, S. 440 f. 115 Gandenberger, Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Band 21 (1970), S. 87, 92. 116 Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 199. 117 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 164; Zimmermann/Henke, Finanzwissenschaft, S. 440 f.; Shoup in Recktenwald, Finanztheorie, S. 459, 466; Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 294; Mückl, Finanzarchiv N.F. 39 (1981), S. 255, 268; Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 199; vgl. Hauser, Verteilungswirkungen der Staatsverschuldung, S. 87.
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gläubiger aufgerechnet werden, denn diese hätten auch im Falle einer ursprünglichen Steuerfinanzierung ihr Kapital gewinnbringend anlegen können.118 Nach dem Nutzenansatz wird folglich die primäre Last öffentlicher Aufgaben durch die Kreditaufnahme zeitlich verschoben,119 die Zukunftsbelastung besteht in dem Zwangscharakter der späteren Steuerfinanzierung und den damit verbundenen Nutzeneinbußen.120 (2) Der Wachstumsansatz Der Wachstumsansatz fokussiert im Gegensatz zum Nutzenansatz auf eine makroökonomische Betrachtung intertemporaler Verteilungswirkungen der Staatsverschuldung.121 Der Erklärungsansatz geht davon aus, dass sich der Staat bei Vollbeschäftigung und ausgeglichener Leistungsbilanz die Ressourcen zur Vornahme von Ausgaben ausschließlich entweder zu Lasten des privaten Konsums oder der privaten Investitionen verschaffen kann.122 Verfügt der Staat über zwei Finanzierungsinstrumente, von denen das eine stärker den privaten Konsum zurückdrängt als das andere, so entfalten diese Instrumente eine Differentialwirkung auf die Höhe des in die Zukunft weitergegebenen Kapitalstocks.123 Nach dem Wachstumsansatz bedeutet dies, dass sich die Steuerfinanzierung der Staatsausgaben negativ auf den privaten Konsum auswirkt, während durch die Kreditaufnahme des Staates privates Anlagekapital in Anspruch genommen wird und auf diese Weise private Investitionen zurückgedrängt werden. Die in die Zukunft verschobene Last ist somit bei der Kreditfinanzierung von Staatsausgaben in einem geringeren Kapitalstock, einem ermäßigten Wachstum und somit einer Einbuße an künftigen Konsummöglichkeiten zu sehen.124 Der Kern dieses Ansatzes ist die Annahme einer Verdrängung privater Investitionen durch staatliche Kreditaufnahme – ein so genanntes „crowding out“.125 118
Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 164 f. Gandenberger, Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Band 21 (1970), S. 87, 92; Hauser, Verteilungswirkungen der Staatsverschuldung, S. 80. 120 Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 9; vgl. Grüske in Schachtschneider, Festschrift, S. 276, 281. 121 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 165. 122 Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 202; Zimmermann/Henke, Finanzwissenschaft, S. 440 f.; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 165. 123 Gandenberger, Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 202. 124 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 166; Gandenberger, Finanzarchiv N.F. 30 (1971), S. 369, 371; ders., Schriften des Vereins für Socialpolitik N.F. Band 61 (1972), S. 189, 203; vgl. Mückl, Finanzarchiv N.F. 39 (1981), S. 255, 269; Zimmermann/ Henke, Finanzwissenschaft, S. 440 f.; Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, S. 293 f. 119
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
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cc) Die heute vorherrschende Position in der Finanzwissenschaft Die so genannte „Neue Orthodoxie“ hat sich in der finanzwissenschaftlichen Diskussion des vergangenen Jahrhunderts nicht durchsetzen können. Vielmehr werden heute in der Finanzwissenschaft im Wesentlichen sowohl der Nutzen-, als auch der Wachstumsansatz vertreten,126 so dass im Ergebnis die Feststellung zutrifft, auch die Finanzwissenschaft127 gehe heute (wieder) davon aus, dass durch die Staatsverschuldung Lasten in die Zukunft verschoben werden.128 b) Die Einordnung der Wirkungen von Kreditfinanzierungen des Staates durch die Rechtswissenschaft Im Gegensatz zu der in der Finanzwissenschaft geführten Debatte über das Entstehen von Lastverschiebungseffekten durch Kreditaufnahmen des Staates besteht in der Rechtswissenschaft weitgehende Einigkeit129 über die Annahme des Entstehens von Belastungen nachfolgender Generationen im Falle einer staatlichen Aufgabenfinanzierung mittels Kredit. Die rechtswissenschaftliche Rezeption des zugrunde liegenden Problems der Einordnung der ökonomischen Wirkungen der Staatsverschuldung stellt zuvörderst auf die Wirkungen kreditärer Staatsfinanzierung im Unterschied zur Finanzierungsart „Steuer“ ab.130 Insoweit wird angenommen, dass bei steuerfinanzierter Staatstätigkeit Kosten und Nutzen der zeitidentischen Gesellschaft zukämen, während eine solche Synchronisierung bei der Kreditfinanzierung ausfalle. 125
Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 10 m. w. Nachw. Hauptsächlich wird wohl der Wachstumsansatz vertreten; Timm in Hanusch/Roskamp/Wiseman, Festschrift, S. 319, 320; vgl. Donner, ZParl 1987, S. 436, 439; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 169; Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 22. In der Rechtswissenschaft wird zudem vereinzelt angeführt, dieser Grundsatz liege auch Art. 115 Abs. 1 GG „prinzipiell“ zugrunde, da sowohl die Beschränkung auf die Höhe der Investitionsausgaben als auch die Ausnahmeregelung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG auf die Voraussetzungen des Wachstumsansatzes zugeschnitten seien; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 8 m. w. Nachw. 127 Grüske in Schachtschneider, Festschrift, S. 276, 283; vgl. Mückl, Finanzarchiv N.F. 39 (1981), S. 255, 268 u. 269; Zimmermann in Henke, Zur Zukunft der Staatsfinanzierung, S. 157, 160; Gandenberger in Zimmermann, Die Zukunft der Staatsfinanzierung, S. 173, 180; ders., Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Band 21 (1970), S. 87, 98; ders., Finanzarchiv N.F. 30 (1971), S. 369, 371. 128 Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 98; Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 22. 129 Mit Hinweis auf eine entsprechende, in der Rechtswissenschaft herrschende „common sense-Vorstellung“ einer Lastverschiebung auf den künftigen Steuerzahler und zugleich differenzierter Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 7 f. 130 Vgl. Gandenberger, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 28, 33. 126
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Vielmehr würden sich die Lasten auf spätere Generationen verlagern, die mit ihrem Steueraufkommen für Zins und Tilgung haften müssten.131 Jede längerfristige staatliche Kreditaufnahme bedeute mithin einen Vorgriff auf die Dispositionsmöglichkeiten des jeweiligen Haushaltsgesetzgebers künftiger Legislaturperioden.132 Dem jeweiligen Ausmaß der Kreditaufnahme käme überragende Bedeutung für die zukünftige Handlungsfähigkeit des Staates zu,133 denn der in der Zukunft rückzahlbare und verzinsliche Kredit verschiebe die Lasten gegenwärtiger Staatsleistungen in die Zukunft.134 Es komme somit zu einer Lastenverschiebung vom Steuerzahler der Gegenwart zum Steuerzahler der Zukunft,135 Empfänger und Financier der Staatsleistungen würden getrennt.136 c) Bewertung Eine Analyse der innerhalb der finanzwissenschaftlichen Lastverschiebungsdebatte vertretenen Positionen zeigt, dass diese in erheblichem Maß von den zugrunde liegenden Paradigmen geprägt werden.137 Es ist deshalb zu Recht bereits festgestellt worden, dass sich letztlich wohl für jede insoweit vertretene ökonomische Position eine wissenschaftliche Begründbarkeit herleiten lässt und es zugleich überrascht, wie zerstritten die Ökonomen über eine Frage sein können, die von allen Nicht-Ökonomen einhellig als bedrückend und langfristig unerträglich empfunden wird.138 Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen des Lastbegriffs werden zudem in Bezug auf die staatsschuldenrechtliche Betrachtung des durch die Ökonomie untersuchten Sachverhalts Operationalisierungsprobleme befürchtet.139
131 Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706; Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 24; Wendt/Elicker, DVBl 2001, S. 497, 498; vgl. Birk, DVBl. 1984, S. 745, 746. 132 Beschluss des BerlVerfGH v. 21.3.2003, NVwZ-RR 2003, S. 537, 538 m. w. Nachw. 133 Tiemann, DÖV 1995, S. 632. 134 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. I der Urteilsausfertigung; Beschluss des BerlVerfGH v. 21.3.2003, NVwZ-RR 2003, S. 537, 538; Kirchhof in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 88, Rn. 293; vgl. Urteil des RhPfVerfGH v. 20. November 1996, NVwZ-RR 1998, S. 145, 148; Henseler, AöR 108 (1983), S. 489, 507; Karstendieck, LKV 1992, S. 405, 406; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn 7 m. w. Nachw.; vgl. auch die obenstehenden Ausführungen über die mit der Kreditfinanzierung des Staates einhergehende Lastverschiebung im Rahmen der Diskussion der Wirkungen des Demokratieprinzips, Abschnitt D. I. 135 Wendt/Elicker, DVBl. 2001, S. 497, 498. 136 Kirchhof in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 88, Rn. 293. 137 Vgl. Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 166. 138 von Weizsäcker, Kyklos Vol. 45 (1992), S. 51, 56. 139 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 166.
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Fraglich ist jedoch, ob insoweit nicht eine generalisierende vergleichende Bewertung der in der Finanzwissenschaft und der Rechtswissenschaft vertretenen Positionen für die rechtswissenschaftliche Operationalisierung als ausreichend erachtet werden kann. Hierfür streitet, dass in Bezug auf die Frage des Auftretens einer Lastverschiebung durch Kreditfinanzierungen des Staates übereinstimmende Grundaussagen der Finanz- und Rechtswissenschaften konstatiert werden können, so dass jedenfalls auf einer abstrakten Ebene in staatsschuldenrechtlicher Sicht eine Operationalisierung möglich erscheint. Entscheidend ist insoweit und unabhängig von einer Aussage über die Vorzugswürdigkeit eines der heute in der Finanzwissenschaft vorherrschenden Erklärungsansätze für das Entstehen von Zukunftslasten oder über die finanzwissenschaftliche Begründbarkeit der rechtswissenschaftlichen Annahmen zur Lastverschiebung, dass zwischen Ökonomie und Rechtswissenschaft gegenwärtig über die relevante Grundaussage Einigkeit herrscht: Die Kreditfinanzierung öffentlicher Aufgaben führt grundsätzlich dazu, dass Lasten in die Zukunft verschoben werden. Mögen zwar die Prämissen und Schlussfolgerungen der in der Lastverschiebungsdebatte diskutierten ökonomischen Positionen im Einzelnen für die finanzwissenschaftliche Diskussion von besonderer Bedeutung sein, so reicht es doch für die rechtswissenschaftliche Würdigung des Problems der Staatsverschuldung an dieser Stelle aus, die – nach gegenwärtigem Diskussionsstand wieder feststellbare – grundsätzliche Übereinstimmung zwischen rechts- und finanzwissenschaftlicher Einordnung der Folgen kreditärer Staatsfinanzierung zu konstatieren: Relevanter Anknüpfungspunkt der staatsschuldenrechtlichen Betrachtung ist insoweit ausschließlich, dass sowohl nach heute vorherrschender finanzwissenschaftlicher Würdigung als auch nach der entsprechenden Rezeption des Problems durch die Rechtswissenschaft vernünftiger Weise nicht davon ausgegangen werden kann, mit der Kreditfinanzierung staatlicher Aufgaben gehe eine Lastverschiebung in die Zukunft nicht einher. Daraus ergibt sich wiederum, dass die Art. 115 Abs. 1 GG zugrunde liegende Vorstellung des Verfassungsgesetzgebers über das prinzipielle Entstehen von Zukunftslasten durch kreditäre Staatsfinanzierung sowohl unter finanz-, als auch rechtswissenschaftlicher Betrachtungsweise als den realiter bestehenden Wirkungen dieser Finanzierungsart des Staates entsprechend qualifiziert werden kann. Die Norm entbehrt mithin nicht einer ökonomischen Grundlage; die Einschätzung der Zukunftsfolgen von Kreditaufnahmen des Staates durch den Verfassungsgesetzgeber trifft jedenfalls im Grundsatz zu. 3. Die Systematik des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG Ausgehend von der zutreffenden Annahme einer Verschiebung von Lasten in die Zukunft durch die Aufnahme von Krediten durch den Staat sieht Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG die grundsätzliche Begrenzung staatlicher Kreditfinanzierung
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
und folglich in entsprechendem Umfang auch eine Begrenzung der mit dieser Finanzierungsart einhergehenden staatlichen Vorwegdispositionen vor. Hinsichtlich der Begrenzungswirkungen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG ist innerhalb der Systematik der Norm jedoch zwischen der Situation der wirtschaftlichen Normallage und dem Fall einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu unterscheiden. a) Die Kreditaufnahmeregelung in der wirtschaftlichen Normallage – die Kreditbegrenzungsregel des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG und deren Zusammenwirken mit Art. 109 Abs. 2 GG Für die wirtschaftliche Normallage ergeben sich Kreditbegrenzungen aus der Regelung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG, wobei insoweit auch die von Art. 109 Abs. 2 GG ausgehenden Wirkungen durch den Haushaltsgesetzgeber zu beachten sind. aa) Die Bindung der haushaltsjährlichen Kreditaufnahme an das Volumen der Investitionsausgaben durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG Wie bereits dargestellt, normiert Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG in der wirtschaftlichen Normallage eine Sperrwirkung für staatliche Kreditaufnahmen, deren Höhe das Volumen der Investitionsausgaben überschreitet. (1) Das verfassungsrechtliche Junktim zwischen Investitions- und Kreditsumme Die Norm stellt dabei auf die nach Abzug der Tilgung verbleibenden Nettoerlöse aus den aufgenommenen Krediten ab, erfasst also nur die so genannte Neuverschuldung.140 Dahinter steht die Überlegung, dass es bei der Kreditaufnahme zu Zwecken der Tilgung bestehender Alt-Kredite nicht zu einer Veränderung des Schuldenstandes kommt und eine verfassungsrechtliche Schranke insoweit nicht nötig ist.141 In Bezug auf die für die Neuverschuldung geltende verfassungsrechtliche Schranke verhält sich Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG weder hinsichtlich der Höhe des Investitionsvolumens noch in Bezug auf den Umfang der Kreditaufnahme; die Norm stellt lediglich eine Relation zwischen den variablen Größen der Kreditsumme und der Investitionssumme her.142 Folg140 Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Art. 115 GG, Band 3, Rn. 20; Siekmann in Sachs, Art. 115 GG, Rn. 19; Osterloh, NJW 1990, S. 145, 146. 141 Birk, DVBl. 1984, S. 745, 747; Mahrenholz in Denninger/Hoffmann-Riem/ Schneider/Stein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115, Rn. 15.
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lich statuiert Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG keine fixen, absoluten Verschuldensobergrenzen. Die Entscheidung hierüber wird vielmehr in die Verantwortlichkeit des Parlaments gestellt.143 Mit Hilfe des verfassungsrechtlichen Junktims zwischen dem Volumen der Investitionsausgaben und der in der wirtschaftlichen Normallage im Höchstmaß zulässigen Kreditaufnahme, welches an einem Grundelement der vor der Finanzverfassungsreform 1969 existierenden Deckungsregel festhält,144 stellt Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG gleichwohl den Zukunftsbezug gegenwärtiger staatlicher Finanzpolitik her. Die Regelung projiziert den insbesondere für das Abgabenrecht charakteristischen Staatsauftrag, die Bürger in gleicher Weise zur Finanzierung der staatlichen Leistungen in Anspruch zu nehmen und nicht einer Bevölkerungsgruppe die Kosten einer ausschließlich anderen Gruppen zugute kommenden Leistung aufzubürden, auf einer entindividualisierten Ebene in die zeitliche Dimension.145 Das Junktim rechtfertigt sich mithin durch den Versuch, Lastentragung und korrespondierenden Nutzen periodengerecht zuzuordnen.146 Die Koppelung von Investitions- und Kreditsumme ist daher im Grunde genommen eine Lastenverteilungsregel, die einen Lastenausgleich bewirken soll.147 Zur Erreichung dieses Ziels einer intertemporären Lastengerechtigkeit148 soll der Bund als Verschuldungssubjekt die zeitlich verschobene Last durch eine entsprechend zukunftsbegünstigende Ausgabenpolitik kompensieren.149 Das BVerfG hat diese gesetzgeberische Intention auf die Formel gebracht, Kredit dürfe nur „im Umfang der Ausgaben mit zukunftsbegünstigendem Charakter in Anspruch genommen werden“.150 Die Belastung der künftigen Generationen soll mithin durch deren Begünstigung aufgewogen werden,151 es soll eine entsprechende Äquivalenz zwischen beiden Zukunftswirkungen hergestellt werden, die im Ergebnis eine Ge-
142 Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 55; Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 715. 143 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 171; Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 55. 144 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334; Ehrlicher, Wirtschaftsdienst 1979, S. 393; vgl. Siekmann in Sachs, Art. 115 GG, Rn. 20; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 19. 145 Henseler, AöR 1983 (Bd. 108), S. 489, 512. 146 Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 20; vgl. Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 55. 147 Birk, DVBl. 1984, S. 745, 746. 148 Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 64 m. w. Nachw. 149 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 279; vgl. Höfling in Peter/Rhein, S. 10, 31. 150 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334. 151 Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 712.
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nerationengerechtigkeit bewirkt.152 In diesem Sinne statuiert Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG ein Prinzip der Zukunftsbegünstigung. Erkennbar liegt dieser verfassungsrechtlichen Regelung die Vorstellung zugrunde, nachfolgende Generationen müssten vor vermeidbaren Belastungen geschützt und ihnen Entfaltungschancen offen gehalten werden. Die verfassungsrechtliche Schuldensperre soll insoweit auch die Funktion erfüllen, das Parlament als Haushaltsgesetzgeber zum „Prinzip Verantwortung“ über den beschränkten Horizont der laufenden Legislaturperiode hinaus zu erziehen.153 (2) Die Schlüsselfunktion des Investitionsbegriffs im Rahmen der Begrenzung staatlicher Kreditaufnahmen für den Fall der wirtschaftlichen Normallage und seine Definition durch den Gesetzgeber Mit der Koppelung der Kreditsumme an die Investitionssumme wird der durch das Grundgesetz nicht definierte Begriff der Investitionen zum Schlüsselbegriff154 des Regelungssystems der Kreditbegrenzungsregel des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG. Seine Auslegung entscheidet über Inhalt und Wirksamkeit der durch die Norm vorgesehenen Begrenzung staatlicher Kreditaufnahme.155 Denn je weniger Ausgaben als Investition qualifiziert werden, desto geringer fällt der Kreditrahmen nach Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG aus, welcher zur Defizitdeckung zur Verfügung steht.156 Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zur Staatsverschuldung im Jahr 1989 entsprechend ausgeführt, zur vollen Realisierung des hinter Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG stehenden Regelungskonzeptes, d.h. der Begrenzung zulässiger Staatsverschuldung und der regelmäßigen Zulässigkeit der Kreditaufnahme ausschließlich im Umfang der Ausgaben mit zukunftsbegünstigendem Charakter, bedürfe es vor allem einer näheren Präzisierung des Investitionsbegriffs des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG durch das in Abs. 1 Satz 3 der Norm vorgesehene Ausführungsgesetz.157 Dabei hat das Gericht darauf hingewiesen, dass eine funktionsgerechte Präzisierung notwendig sei. Mit anderen Worten müsse der Investitionsbegriff seiner Funktion gerecht werden können, einer Staatsverschuldung vorzubeugen, die den Bundeshaushalt für die Zukunft zu stark belastet und den notwendigen Entscheidungsspielraum künftiger Haushaltsgesetzge152 153 154 155 156 157
Vgl. Lux-Wesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 408. Vgl. Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706 u. 707. Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 44. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334. Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung, S. 162. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 352.
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ber über Gebühr beschneidet.158 Dabei könne der Investitionsbegriff nicht weiter verstanden werden als in der bisherigen Staatspraxis.159 Zudem sei auch zu prüfen, ob die Vorgaben, die Art. 109 Abs. 2 GG im Rahmen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG entfalte, näher zu konkretisieren und damit handhabbar zu machen seien.160 Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin im Jahr 1990 das Haushaltsgrundsätzgesetz (HGrG) und die Bundeshaushaltsordnung (BHO) geändert161 und den im Rahmen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG zugrunde zu legenden Investitionsbegriff einfachgesetzlich normiert. Dieser war bis dahin mittels des nach § 10 Abs. 2 und 3 HGrG bundeseinheitlich geltenden Gruppierungsplans, also durch eine Verwaltungsvorschrift, näher bestimmt.162 Der nunmehr gültige, in § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 HGrG und inhaltsgleich in § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BHO163 geregelte Investitionsbegriff ist im Wesentlichen dem des zuvor geltenden Gruppierungsplans nachgebildet.164 Der Gesetzgeber hat sich mithin bei der Änderung des HGrG und der BHO an der zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs gängigen Staatspraxis orientiert und diese einfachgesetzlich geregelt.165 Entgegen der durch das BVerfG erkennbar präferierten engen Abgrenzung des Investitionsbegriffs wurde damit der herkömmliche, weite Investitionsbegriff festgeschrieben.166
158 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 354 f., vgl. hierzu Patzig, DÖV 1989, S. 1022, 1025. 159 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 337. 160 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 352. 161 Die Änderung des HGrG erfolgte durch Gesetz v. 18. Juli 1990 (BGBl. (I) 1990, S. 1446) ebenso die Änderung der BHO (BGBl. (I) 1990, S. 1447). Das Gesetzgebungsverfahren wurde in jedem Stadium ohne Aussprache im Plenum des Deutschen Bundestages durchgeführt. Zu den hierbei aufgetretenen Kuriositäten aufgrund einer Änderung der Tagesordnung, welche ein Schlaglicht auf die Intensität der inhaltlichen Befassung mit der Materie und die Wertigkeit des Beschlusses in der politischen Debatte zu werfen geeignet sind, siehe Schemmel/Borell, Verfassungsgrenzen für Steuerstaat und Staatshaushalt, S. 157. 162 Fricke, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 222. 163 Sofern im Folgenden auf § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BHO Bezug genommen wird, gelten die Ausführungen entsprechend für § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 HGrG. 164 Deutscher Bundestag, Bundestagsdrucksache 11/7307, S. 5. 165 In § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a) bis g) HGrG findet sich die enumerative Auflistung derjenigen Ausgaben, die nach dem nunmehr einfachgesetzlich geregelten Investitionsbegriff als Investitionen qualifizieren. Im Einzelnen soll hierauf an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Weitere Ausführungen zum Investitionsbegriff finden sich in Abschnitt D. II. 4. a) aa). 166 Schemmel/Borell, Verfassungsgrenzen für Steuerstaat und Staatshaushalt, S. 156.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
bb) Über Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG hinaus zu beachtende Begrenzungswirkungen – die Bindung der gesamten Haushaltswirtschaft an das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht durch Art. 109 Abs. 2 GG Über die Begrenzungswirkungen des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG hinaus ist zudem wegen der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung einer Kreditaufnahme des Bundes Art. 109 Abs. 2 GG, welcher in engem Sachzusammenhang zu Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG steht,167 zu beachten. Art. 109 Abs. 2 GG entfaltet neben Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG in der wirtschaftlichen Normallage unter bestimmten Umständen zusätzliche kreditbegrenzende Wirkungen. Die regulierende Funktion der Norm greift mithin auch in den Bereich des ersten Halbsatzes von Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG ein.168 Dies ist bei der Auslegung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG zu berücksichtigen. Prima vista verleitet die Norm zwar zu der irrigen Annahme, bei einer die Anwendung von Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG bedingenden wirtschaftlichen Lage könne jederzeit die durch die Investitionssumme vordefinierte Kreditaufnahmegrenze durch den Haushaltsgesetzgeber ausgeschöpft werden.169 Richtig ist jedoch vielmehr, dass die Kreditaufnahme in der wirtschaftlichen Normallage durch Art. 109 Abs. 2 GG nach Maßgabe dessen eingeschränkt wird, was in Wahrung der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts geboten erscheint.170 Hiernach kann beispielsweise die Kreditaufnahme gering zu halten oder eine im gesamtwirtschaftlichen Interesse eingegangene erhebliche Verschuldung zurückzuführen sein, falls ein solches Haushaltsgebaren im Hinblick auf eine an der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausgerichtete mittelfristige Wirtschaftspolitik vonnöten erscheint.171
167
Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 331. Gandenberger, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 28, 31. 169 Patzig, DÖV 1985, S. 293, 307. 170 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334; Zurückhaltender Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 351; Schon vor dem Urteil des BVerfG dahingehend u. a. Stern, Staatsrecht, Band 2, § 51, S. 1281; ders. in Fachinstitut der Steuerberater, Steuerberater-Jahrbuch, S. 41, 60; von Arnim, BayVBl. 1981, S. 514, 516; Birk, DVBl. 1984, S. 745, 748; Tiemann, DÖV 1995, S. 632. 171 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334. In der finanzpolitischen Realität umfasst die wirtschaftliche Normallage daher die gesamte Skala der ökonomischer Situationen, in denen auf der einen Seite keine Nettokreditaufnahme und sogar ein Schuldenabbau gesamtwirtschaftlich geboten sind und in denen auf der anderen Seite eine expansiv wirkende Kreditaufnahme erforderlich erscheint, solange die Kreditsumme die Investitionssumme nicht überschreitet, Geske, Wirtschaftsdienst 1989, S. 383, 385. Zur Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher Normallage und einer Situation der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts siehe auch Abschnitt D. II. 3. b). 168
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
151
Durch das Zusammenwirken von Art. 109 Abs. 2 GG mit Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG erhält die Investitionssumme mithin den Charakter einer bloßen absoluten Obergrenze der staatlichen Kreditaufnahme im Haushaltsjahr, deren Unterschreiten in Wahrung der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verfassungsrechtlich angezeigt sein kann. Die sich aus dem Junktim ergebende Obergrenze für die Kreditfinanzierung darf folglich im Falle der wirtschaftlichen Normallage nicht automatisch als Regelgrenze angesehen werden.172 Im Ergebnis hat Art. 109 Abs. 2 GG insofern den Charakter einer eigenständigen situationsbezogenen Verschuldensgrenze auch in Hinblick auf die Nettoneuverschuldung und nicht bloß in Rezessionszeiten.173 cc) Zusammenfassung In der wirtschaftlichen Normallage wird die haushaltsjährliche Kreditaufnahme des Staates folglich grundsätzlich im Höchstmaß durch das Investitionsvolumen in der Summe begrenzt. Der Investitionsbegriff ist einfachgesetzlich durch § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BHO definiert. Die nach Maßgabe des Investitionsbegriffs gebildete Investitionssumme stellt jedoch nur eine Obergrenze der haushaltsjährlichen Kreditaufnahme dar; die kreditäre Finanzierung staatlicher Aufgaben durch Nettoneuverschuldung hat hinter der durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG gezogenen Grenze zurückzubleiben, wenn und soweit die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts dies gebieten. b) Die Kreditaufnahmeregelung im Falle einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – der Kreditentgrenzungsmechanismus des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG In konsequenter Umsetzung der fortbestehenden174 finanzwissenschaftlichen Annahme einer möglichen Konjunktursteuerung durch die Haushaltswirtschaft des Bundes175 sieht Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in seinem Halbsatz 2 hingegen 172
Fricke, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 222, 233. Gandenberger, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 28, 31 f.; vgl. Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 718; Mahrenholz in Denninger/Hoffmann-Riem/Schneider/Stein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115, Rn. 19. 174 Trotz vielfältiger Kritik unter anderem an der Funktionsschwäche des fiskalpolitischen Instrumentariums bei der Rückführung zuvor entstandener Verschuldung und dem Vordringen einer an der Investitionsbereitschaft der Unternehmen ansetzenden „Angebotspolitik“ seit der Finanzverfassungsreform 1969 hat der verfassungsändernde Gesetzgeber eine erneute Änderung des Art. 115 Abs. 1 GG bislang nicht vorgenommen, so dass die verfassungsrechtliche Würdigung der Norm auch weiterhin von dem in Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG enthaltenen Regelungsgehalt auszugehen hat, vgl. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 336. 175 Instruktiv zur keynesianischen Lehre Kampmann, Begrenzungskonzepte, S. 33 f. 173
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eine Ausnahme von dem durch Halbsatz 1 der Norm statuierten verfassungsrechtlichen Junktim und mithin dessen Überwindung vor. Unter dem in der Verfassung nicht definierten Begriff des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts wird unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte des Art. 109 Abs. 2 GG zurzeit übereinstimmend176 die in § 1 Satz 2 StWG enthaltene Definition des Begriffs verstanden.177 Danach umfasst das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht die vier Teilziele der Stabilität des Preisniveaus, eines hohen Beschäftigungsstandes, des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie des stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstums. Droht eine unmittelbare Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder liegt sie vor, darf der Haushaltsgesetzgeber von der Ausnahmevorschrift des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG Gebrauch machen. Allerdings ist hierfür eine ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder das Drohen einer solchen Störung Voraussetzung.178 Hintergrund dieser Anforderung ist der Umstand, dass die Teilziele des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oftmals nicht ohne wechselseitige Abstriche realisiert werden können. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht unterliegt daher ständigen Schwankungen und erscheint stets als prekär. Diese Labilität allein rechtfertigt jedoch noch nicht die Annahme einer Störungslage.179 Die aus Gründen der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zulässige erhöhte Kreditaufnahme des Staates muss schließlich nach Umfang und Verwendung geeignet sein, die Störung abzuwehren. Neben der Veranlassung der erhöhten Kreditaufnahme durch die Störung ist mithin auch notwendig, dass die mit zusätzlichen Kreditmitteln finanzierten Zwecke final auf die Abwehr der Störung bezogen sind.180 Liegen die beschriebenen Voraussetzungen vor, so lässt Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG eine Entgrenzung der durch den 1. Halbsatz der Norm grundsätzlich beschränkten staatlichen Kreditaufnahme zu. Das verfassungsrechtliche Junktim zwischen Kredit- und Investitionssumme wird in diesem Fall zugunsten der Möglichkeit der Kreditfinanzierung konjunktursteuernder Maßnahmen mit dem Ziel der Störungsabwehr überwunden. Eine über die Investitionssumme 176
Vgl. Gandenberger, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 28, 35 f. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 338; näher zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht sowie zu dessen Teilzielen Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 67 ff. 178 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 339. 179 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 339. 180 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 339; daneben hat das BVerfG Darlegungspflichten im Gesetzgebungsverfahren statuiert, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, siehe Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 344 f. 177
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
153
hinausgehende, erhöhte Kreditaufnahme zu Zwecken der Rezessionsabwehr ist dann zulässig. c) Die Überwindung des verfassungsrechtlichen Junktims im Falle einer extremen Haushaltsnotlage eines Bundeslandes – die Rechtsauffassung des BerlVerfGH Obschon der Wortlaut des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG an sich keinen Zweifel daran lässt, dass eine Überwindung des verfassungsrechtlichen Junktims zwischen Kredit- und Investitionssumme nur für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorgesehen und zulässig ist, wird durch den BerlVerfGH auf Landesebene auch ohne Vorliegen einer solchen Wirtschaftslage eine Überwindung der Verschuldensgrenze unter bestimmten Bedingungen für zulässig erachtet: Für den Fall der extremen Haushaltsnotlage eines Bundeslandes hat der BerlVerfGH die Begrenzungswirkung des inhaltlich entsprechend 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG ausgestalteten Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VvB als überwindbar qualifiziert.181 Der Entscheidung lag ein abstraktes Normenkontrollverfahren über die Verfassungsmäßigkeit des Berliner Landeshaushalts für die Jahre 2002 und 2003182 zugrunde. In diesem Zusammenhang führte der BerlVerfGH – ohne nähere Entscheidungserheblichkeit für das zu überprüfende Haushaltsgesetz – aus, über den Wortlaut des Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VvB könne eine Ausnahme vom Kreditbegrenzungsgebot verfassungsrechtlich zulässig sein, wenn sich ein Bundesland in einer extremen Haushaltsnotlage befinde. Denn dann könne das Land das Kreditbegrenzungsgebot nicht einhalten, weil es nicht in der Lage sei, seine Ausgaben vollständig durch andere Einnahmen als Kredite zu decken bzw. die Kreditobergrenze erhöhende Investitionen zu veranlassen.183 Dem Land sei aber gleichzeitig versagt, die in Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VvB ausdrücklich geregelte Ausnahme vom Kreditbegrenzungsgebot in Anspruch zu nehmen, da es durch die extreme Haushaltsnotlage die Fähigkeit zu einem konjunkturgerechten Haushaltsgebaren und zu konjunktursteuerndem Handeln verloren habe.184 Da das Bundesland aber bei Bestehen einer extremen Haushaltsnotlage ohne übermäßige Krediteinnahmen seinen bundesrechtlichen Verpflichtungen und den aus 181 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. III. 1 der Urteilsausfertigung. 182 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2002 und 2003, Haushaltsgesetz 2002/2003 v. 19. Juli 2002, GVBl. 2002, S. 213. 183 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. III. 1 der Urteilsausfertigung. 184 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. III. 1 der Urteilsausfertigung unter – zutreffendem – Verweis auf Urteil des BVerfG v. 27. Mai 1992, BVerfGE 86, S. 148, 266.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
landesverfassungsrechtlichen Vorgaben folgenden unabdingbaren Aufgaben nicht nachkommen könne, folge aus Art. 109 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus den finanzverfassungsrechtlichen Normen hergeleiteten Gebot, dass die Länder in die Lage versetzt werden müssen, ihre verfassungsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen, eine Modifizierung des Kreditbegrenzungsgebots. Diese bestehe darin, dass die Kreditobergrenze über die in Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VvB ausdrücklich geregelte Ausnahme der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts hinaus auch im Falle einer extremen Haushaltsnotlage überschritten werden dürfe.185 Für diese Überschreitung müssten jedoch verfassungsrechtlich mindestens die gleichen Anforderungen wie bei Inanspruchnahme der in Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VvB ausdrücklich vorgesehenen konjunkturpolitischen Ausnahme gelten.186 Nach der Rechtsauffassung des BerlVerfGH existiert mithin für den Haushaltsgesetzgeber neben der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts jedenfalls auf landesverfassungsrechtlicher Ebene eine zusätzliche Möglichkeit zur Überschreitung der Investitionssumme durch die Kreditsumme für den Fall der extremen Haushaltsnotlage eines Landes. 4. Der Orientierungsgehalt des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG für die Frage der Begrenzung von Vorwegdispositionen Fraglich ist nach alledem, welchen Orientierungsgehalt Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG für die Frage der Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen als insoweit das Demokratieprinzip verfassungskräftig konkretisierende Norm beinhaltet. a) Die Frage der Geeignetheit der verfassungsrechtlichen Kreditaufnahmevoraussetzungen in der wirtschaftlichen Normallage zur Erfüllung der Begrenzungsfunktion Zu untersuchen ist zunächst, ob die Norm einen Regelungsgehalt aufweist, der zur Erfüllung der auf die Kreditaufnahme des Staates bezogenen Begrenzungsfunktion geeignet ist. Dies ist unter Hinweis auf das Verfehlen des Ziels
185 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. III. 2 der Urteilsausfertigung. 186 Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt D. III. 3 der Urteilsausfertigung. Nach dem Urteil ist daher im Gesetzgebungsverfahren im Einzelnen dazulegen, dass eine extreme Haushaltsnotlage gegeben ist, sowie dass und aus welchen Gründen eine geringere Kreditaufnahme aus bundesverfassungsrechtlicher Sicht nicht zulässig wäre, weil andernfalls das Land seine bundesrechtlich festgelegten sowie auf landesverfassungsrechtlichen Vorgaben beruhenden Ausgabenverpflichtungen nicht erfüllen könne.
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
155
einer Rückführung oder Begrenzung der Staatsverschuldung vielfach in Zweifel gezogen worden.187 aa) Die Schwäche des einfachgesetzlichen Investitionsbegriffs Bei dem Versuch, Hindernisse in Bezug auf eine effektive Begrenzung der Staatsverschuldung mittels Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG zu identifizieren, fällt zunächst die entsprechende Schwäche des nunmehr in der BHO normierten Investitionsbegriffs auf. Die konzeptionelle Schwäche der gesetzlichen Definition lässt sich unter insgesamt drei verschiedenen Gesichtspunkten begründen. (1) Die inkohärente Gliederungskonzeption des Investitionsbegriffs Zur Schwäche des Investitionsbegriffs trägt zunächst bei, dass dieser ursprünglich aus den Bedürfnissen der haushaltsrechtlichen Verbuchungserfordernisse heraus entwickelt worden ist.188 Auch nach seiner Erhebung zur einfachgesetzlichen Regel ist der Investitionsbegriff mithin zuvörderst von der Haushaltssystematik geprägt. Dementsprechend stellt sich dieser letztlich als Produkt einer höchst inkohärenten Gliederungskonzeption, als Mixtur aus ökonomischen, finanzwirtschaftlichen und haushaltspraktischen Elementen dar,189 die eine hinreichende Orientierung am Normzweck des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG vermissen lässt.190 Der aus der Haushaltssystematik rezipierte Investitionsbegriff ist daher im Ergebnis ungeeignet, das seinem verfassungsrechtlichen Zweck nach Notwendige zu leisten.191 (2) Die ungenügende Orientierung am Gedanken des Lastenausgleichs Zu dem Defizit trägt weiter bei, und dies statuiert zudem den zweiten Gesichtspunkt der konzeptionellen Schwäche des Investitionsbegriffs, dass dieser nur in ungenügendem Maß am Gedanken des Lastenausgleichs192 orientiert 187 Vgl. nur Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115, Rn. 22; Grüske in Schachtschneider, Festschrift, S. 276, 293; Stern in Fachinstitut der Steuerberater, Steuerberater-Jahrbuch, S. 41, 61; Isensee, Diskussionsbeitrag, in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 173, 175 sowie 194; Schmidt in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 3, § 83, Rn. 27; Göke, NdsVbl. 1996, S. 1, 4; Kirchhof, DVBl. 2002, S. 1569, 1574. 188 Göke, NdsVbl. 1996, S. 1, 2. 189 Donner, ZParl 1987, S. 436, 447 m. w. Nachw.; Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/ Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 291. 190 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 204; Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 291; vgl. Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 47. 191 Vgl. Osterloh, NJW 1990, S. 145, 148.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
ist.193 So stellt die geltende gesetzliche Definition beispielsweise hinsichtlich der Qualifikation von Ausgaben für Beteiligungen und ähnliche Zwecke als Investitionen194 alleine auf den vermögensbildenden Effekt einer Ausgabe ab und verfehlt damit die Funktion des Investitionsbegriffs als einer lastadäquaten Kompensationsgröße.195 Auch die Einstufung von Darlehen196 ohne Rücksicht auf ihren Verwendungszweck als investiv spricht dafür, dass die Darstellung der Wirkungen öffentlicher Finanzvorgänge hier auf die Primärströme beschränkt wird und die Mittelverwendung durch den Zahlungsempfänger unbeachtlich ist.197 Folglich ist der haushaltssystematische Investitionsbegriff insoweit aus dem Zusammenhang mit den Wachstumseffekten investiver Staatsaufgaben herausgelöst.198 Insgesamt ist der Gedanke des Lastenausgleichs damit kein konstitutives Element der haushaltsrechtlichen Konkretisierung der Obergrenze für die jährliche Kreditaufnahme.199 (3) Der Mangel an Regelungsgehalt hinsichtlich der sich aus Art. 109 Abs. 2 GG ergebenden Grenzen staatlicher Kreditaufnahme Schließlich begründet sich die Schwäche des Investitionsbegriffs auch darin, dass der Gesetzgeber zwar eine einfachgesetzliche Definition des Investitionsbegriffs herbeigeführt hat, in einem wesentlichen Teil aber die Erledigung des Auftrags des BVerfG schuldig geblieben ist. Denn mit der bloßen gesetzlichen Festschreibung des in der Staatspraxis bis dato gängigen Investitionsbegriffs wurde es unterlassen, die durch Art. 109 Abs. 2 GG gezogene Grenze für die staatliche Kreditaufnahme in der wirtschaftlichen Normallage fester und dichter zu gestalten.200 Dieser Mangel wurde im Gesetzgebungsverfahren durchaus erkannt. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat eingeräumt, dass der unterbreitete Investitionsbegriff in konjunktur- und wachstumspolitischer Hinsicht über nur begrenzte Aussagekraft verfüge, seine Entscheidung aber damit gerechtfertigt, dass sich die später zum Gesetz erhobene Definition des Investitionsbegriffs in der Haushaltspraxis der Gebietskörperschaften uneinge192
Vgl. Abschnitt D. II. 3. a) aa) (1). Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 205. 194 § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2, lit. d) BHO. 195 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 291; Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 205. 196 § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2, lit. e) BHO. 197 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 291; vgl. Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 167; Göke, NdsVbl. 1996, S. 1, 3. 198 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 291 m. w. Nachw. 199 Höfling, Staatsschuldenrecht, S. 206. 200 Fricke, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 222, 223. 193
II. Die verfassungskräftige Konkretisierung des Demokratieprinzips
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schränkt durchgesetzt und im Bereich der volkswirtschaftlichen Gesamtrechung sowie der Finanzstatistik bewährt habe.201 Man mag aus der Sicht des Deutschen Bundestages Verständnis für diese gesetzgeberische Zurückhaltung haben, die sich aus dem politischen Bedürfnis, sich nicht über das ohnehin unvermeidbare Maß hinaus selbst zu binden,202 begründet. Dies vermag freilich nichts daran zu ändern, dass der Bund insoweit eine Chance vertan hat.203 Denn aufgrund des Unterlassens einer trennscharfen Regulierung der durch Art. 109 Abs. 2 GG gezogenen Grenze für die staatliche Kreditaufnahme in der wirtschaftlichen Normallage entfalten die durch das BVerfG beschriebenen Wirkungen der Norm204 in der Verfassungspraxis weiterhin keine praktische Wirksamkeit. Damit bleibt es auch nach der gesetzlichen Definition des Investitionsbegriffs bei dem schon durch das BVerfG beschriebenen Zustand, dass die normative Vorgabe des Art. 109 Abs. 2 GG aufgrund ihrer Unbestimmtheit in der Praxis aus sich heraus nicht vollziehbar ist.205 Dieser Mangel an Direktionskraft der Norm206 führt in Kombination mit dem gesetzgeberischen Unterlassen in der Folge zu einem Regelungsdefizit. Aufgrund dessen muss angenommen werden, dass eine die Verschuldensgrenze des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG gegebenenfalls herabsenkende, an der gesamtwirtschaftlichen Lage orientierte niedrigere Verschuldungsbarriere nach Art. 109 Abs. 2 GG mangels einfachgesetzlicher Definition in der Haushaltpraxis auch weiterhin unbeachtlich bleibt. (4) Die mögliche Überwindung der Schwäche des Investitionsbegriffs durch dessen verfassungskonforme Auslegung Es wäre freilich denkbar, die festgestellte Schwäche des Investitionsbegriffs in Bezug auf die Erfüllung der Begrenzungsfunktion des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG durch dessen verfassungskonforme Auslegung im Einzelfall zu überwinden. Hierzu wäre es von Nöten, die durch § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BHO aufgestellte Kasuistik hinsichtlich jeder als Investition qualifizierten Ausgabe dahingehend zu untersuchen, ob diese dem Begrenzungszweck des Staatsschuldenrechts gerecht wird.207 Da in Bezug auf die Definition des Investitionsbegriffs aufgrund der ratio legis des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG allgemein die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung angenommen wird,208 201
Deutscher Bundestag, Bundestagsdrucksache 11/7307, S. 5. Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 193. 203 Fricke, Finanzarchiv N.F. 48 (1990), S. 222, 223. 204 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 334; vgl. Abschnitt D. II. 3. a) bb). 205 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 354. 206 Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 193; vgl. Brenner/Haury/Lipp, Finanzarchiv N.F. 38 (1980), S. 236, 243. 202
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
würde dies gegebenenfalls zu Einschränkungen bei der Qualifizierung von Ausgaben als Investitionen innerhalb der durch die BHO aufgestellten Kasuistik führen. Auch entsprechende Erwägungen, in deren Rahmen letztlich der verfassungsrechtliche Streit um die richtige Definition des Investitionsbegriffs unter Heranziehung der nunmehr vorhandenen einfachgesetzlichen Regelung fortgesetzt wird, müssen jedoch berücksichtigen, dass der Investitionsbegriff in der Staatspraxis nicht allein mit den Mitteln der Verfassungsinterpretation bestimmt werden kann, ohne gleichzeitig erhebliche Operationalisierungsprobleme hervorzurufen. Denn gesetzt diesen Fall würde es, vergleichbar mit dem bereits konstatierten Mangel an Direktionskraft des Art. 109 Abs. 2 GG, auch insoweit aufgrund der Unbestimmtheit des Begriffs der Investitionen zu erheblichen, wenn nicht unüberwindbaren Anwendungshindernissen in der Praxis kommen. Im Gegenteil ist schon aufgrund der Notwendigkeit von Verlässlichkeit und Klarheit der Berechungen der Investitions- und damit der Kreditsumme in der Staatspraxis zu Recht vornehmlich von den einfachgesetzlichen Vorschriften und mithin dem statuierten Willen des Gesetzgebers auszugehen.209 Alleine hierdurch wird der Investitionsbegriff im Haushaltssystem handhabbar, was freilich nichts an der Kritikwürdigkeit einzelner seiner Definitionselemente ändert. Überdies würde auch eine Auslegung des Investitionsbegriffs alleine anhand des Begrenzungszwecks des Staatsschuldenrechts nicht das definitorische Vakuum beseitigen, welches in Bezug auf die Direktionskraft des Art. 109 Abs. 2 GG aufgrund des gesetzgeberischen Unterlassens einer Konkretisierung der Norm weiter fortbesteht. (5) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich mithin festhalten, dass der Investitionsbegriff der BHO im Ergebnis nur sehr unzureichend geeignet ist, zu einer Begrenzung der Neuverschuldung des Staates beizutragen. Dies ergibt sich aus der konzeptionellen Schwäche des Begriffs und hierbei insbesondere aus einer mangelnden
207 Hierzu Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 161 ff.; Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 162 ff.; vgl. Wendt in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 42. 208 Vogel in Kirchhof, Finanz- und Steuerstaat, S. 383, 442; vgl. auch Siekmann in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115 GG, Rn. 24; Kirchhof, DVBl 2002, S. 1569, 1574; Schwarz, DÖV 1998, S. 721, 722; Ehrlicher, Wirtschaftsdienst 1979, S. 393. Instruktiv zu den verschiedenen Auslegungsvarianten des Investitionsbegriffes schon vor der einfachgesetzlichen Definition durch den Gesetzgeber Patzig, DÖV 1985, S. 293, 303 f. 209 Vgl. Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115, Rn. 14.
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Orientierung am Gedanken des Lastenausgleichs. Zugleich besteht aber die Notwendigkeit der Anwendung der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Definition in der Haushaltspraxis. Unter dem Gesichtspunkt der insoweit gleichermaßen eindeutigen210 wie auch eindringlichen Hinweise des BVerfG ist die zu diesem Ergebnis führende Vorgehensweise einer pro-forma Erfüllung211 des Konkretisierungsauftrags durch den Gesetzgebers zu Recht als Affront212 bezeichnet worden. Weiter muss hinsichtlich der hier vornehmlich zu beantwortenden Frage der Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG konzediert werden, dass die Regelung des Investitionsbegriffes durch den Gesetzgeber nur sehr unzureichend geeignet ist, weit reichende Dispositionen mit belastenden Folgen für zukünftige Generationen in dem an sich durch die ratio legis des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG vorgesehenen Maße zu begrenzen. Die konzeptionelle Schwäche des Investitionsbegriffs wirkt damit direkt zu Lasten der Interessen und Handlungsspielräume nachfolgender Generationen. bb) Die Fokussierung der Kreditbegrenzungsregel auf die Neuverschuldung Gegen die Annahme, Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG vermittele ein ausgewogenes Verhältnis von Zukunftslasten und Zukunftsnutzen wird weiter angeführt, dass die Norm nur die Nettokreditaufnahme zum Gegenstand hat.213 Da Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG folglich die Revolvierbarkeit von Schulden erlaube, könne jede Generation den Schuldensockel voraussetzungslos an die nächste weiterreichen, ohne selbst einen Tilgungsbeitrag zu leisten.214 Altschulden könnten mit neuen Krediten selbst dann weitergegeben werden, wenn die zugrunde liegenden Investitionen längst amortisiert seien.215 Durch die Revolvierbarkeit werde mithin der Zusammenhang zwischen Investitionen und Kreditaufnahme aufgelöst.216 Dem wird entgegengehalten, es sei ein grober Irrtum, aus der Fokussierung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG auf die Nettoneuverschuldung abzuleiten, ausschließlich diese sei von verfassungsrechtlichem Interesse. Vielmehr ergäbe 210
Vgl. Geske, Wirtschaftsdienst 1989, S. 383, 386. Vgl. Wendt in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 39. 212 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 289. 213 Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 159. 214 Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 159; vgl. Kirchhof, DVBl. 2002, S. 1569, 1572. 215 Vgl. Friauf, Wortbeitrag, in Steiner/Grimm, VVDStRL 42 (1984), S. 267, 277. 216 Jahndorf, Grenzen der Staatsverschuldung, S. 160. 211
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
sich aus Art. 109 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG das Gegenteil.217 Aus den beiden Normen folge nämlich als Vorgabe die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers, ein einmal entstandenes strukturelles Defizit218 innerhalb angemessener Frist zu konsolidieren, um so den für konjunkturelle Störungslagen erforderlichen finanzpolitischen Handlungsspielraum zurück zu gewinnen.219 Diese Direktive ergebe sich letztlich aus dem RegelAusnahme-Verhältnis, in dem die beiden Halbsätze des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG zueinander stehen. Es würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Staatshaushalt permanent ein strukturelles Defizit „vor sich herschöbe“. Denn träfe auf einen solchen Sockel ein konjunkturbedingtes zusätzliches Defizit, so würde die Investitionsgrenze erfahrungsgemäß zwangsläufig schnell überschritten. Die vom Verfassungsrecht als Ausnahme gedachte Situation würde dann zur „Normallage“.220 Mit anderen Worten führten aufgrund einer wachsenden Gesamtverschuldung steigende Zinsquoten zu einer Reduzierung der disponiblen Mittel. Mit der damit einhergehenden Einengung des haushaltswirtschaftlichen Aktionsspielraums schrumpfe zugleich die budgetäre Manövriermasse für eine wirksame Bekämpfung zukünftiger Rezessionen.221 Art. 109 Abs. 2 GG entfalte mithin eine präventive Schutzfunktion222 und wolle unter anderem verhindern, dass der Staatshaushalt die Fähigkeit verliere, auf die Probleme der Gegenwart und der Zukunft zu reagieren.223 Der Umstand, dass Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG lediglich auf die Nettokreditaufnahme abstelle, bedeute daher nicht, dass der früher entstandene Schuldensockel mit seinen Zins- und Tilgungslasten verfassungsrechtlich ohne Bedeutung sei.224 Diesen Erwägungen ist im Grundsatz zuzustimmen. Der Haushaltsgesetzgeber ist bei der Planung seiner Schuldenniveaupolitik gehalten, im Interesse der Möglichkeit eines Einsatzes des Bundeshaushaltes zu konjunktursteuernden Zwecken in der Zukunft die Gesamtverschuldung bei entsprechender Wirt217 Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115, Rn. 12; Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 357; vgl. Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 42, 52. 218 Zur Abgrenzung zwischen konjunkturellem und strukturellem Defizit siehe von Arnim, BayVBl. 1981, S. 514, 517. 219 Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 52; Wendt/Elicker, DVBl. 2001, S. 497, 500 m. w. Nachw. 220 Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 52. 221 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 357; vgl. Ehrlicher in Bohley/Tolkemitt, Festschrift, S. 27, 38; Birk, DVBl. 1984, S. 745, 746; Höfling in Peter/Rhein, S. 10, 29 f.; Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 127. 222 Höfling/Rixen in Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Band 11, Art. 115, Rn. 357. 223 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 355 f. 224 Friauf in Isensee/Kirchhof, HStR, Band 4, § 91, Rn. 52.
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schaftslage nach Möglichkeit zurückzuführen, jedenfalls aber deren Höhe bei der Entscheidung über neue Kreditaufnahmen zu berücksichtigen. Aber auch hier ergibt sich wieder eine erhebliche Differenz zwischen Verfassungstheorie und -wirklichkeit. Denn obschon Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit den Wirkungen des Art. 109 Abs. 2 GG auch die Berücksichtigung der Gesamtverschuldung und der mit ihr verbundenen Zukunftslasten bei der Entscheidung über die haushaltsjährliche Kreditaufnahme anordnet, ist in Hinblick auf die Historie der Entwicklung der Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland zu konstatieren, dass ein wachsender Schuldensockel nicht verhindert werden konnte. Die Neigung, Unterbeschäftigung mit „Deficit Spending“ zu bekämpfen, hat eine zunehmende Kreditfinanzierung des öffentlichen Haushalts mit sich gebracht, wobei deren dauernde Überprüfung auf die Vereinbarkeit mit einer stabilitätskonformen Entwicklung gesamtwirtschaftlicher Finanzierungsstrukturen auf mittlere Sicht unterblieben ist.225 Die Ursache für dieses Unterlassen liegt wiederum in dem aus der Unbestimmtheit der Norm resultierenden Mangel an Direktionskraft des Art. 109 Abs. 2 GG. Dieser führt mithin nicht nur dazu, dass die durch die gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse zusätzlich gezogene Verschuldensgrenze für die Neuverschuldung in der Praxis bislang unbeachtlich geblieben ist.226 Er bedingt vielmehr auch die mangelnde Berücksichtigung der Gesamtverschuldung bei der Ermittlung der zulässigen haushaltsjährlichen Neuverschuldung ebenso wie die Verfehlung des Ziels der Rückführung struktureller Defizite des Staatshaushalts. Insgesamt entfaltet auch diese Norm mithin in der Haushaltspraxis nicht die ihrer ratio legis nach zu konstatierenden verfassungsrechtlichen Wirkungen. Es trifft daher im Ergebnis zu, dass Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG trotz eines an sich gegensätzlich ausgerichteten Regelungskonstruktes aufgrund des Mangels an praktischer Wirksamkeit des Art. 109 Abs. 2 GG, der durch die gesetzliche Normierung des Investitionsbegriffs nicht behoben worden ist, eine weitere systemimmanente Schwäche aufweist. In deren Konsequenz verbleibt es mangels Berücksichtigung der Gesamtverschuldung im Rahmen der haushaltsjährlichen Neuverschuldung bei der Möglichkeit jeder Generation, den Schuldensockel voraussetzungslos an die nächste weiterreichen, ohne selbst einen Tilgungsbeitrag zu leisten. Auch dies führt zu einer Begünstigung der von einer Revolvierung vorhandener Schulden profitierenden gegenwärtigen Generation. Damit einher geht die Belastung nachfolgender Generationen, welche zumindest über fortlaufend erhöhte Zins-, wenn nicht gar Tilgungsleistungen den Ausgleich für die früheren Umschuldungen zahlen müssen.
225 226
Vgl. Brenner/Haury/Lipp, Finanzarchiv N.F. 38 (1980), S. 236, 247. Vgl. Abschnitt D. II. 4. a) aa) (3).
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
b) Die Problematik der Zweckbestimmung staatlicher Kreditaufnahme für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – die Abkehr vom Prinzip der Zukunftsbegünstigung Eine Untersuchung der Geeignetheit der zentralen Norm des Staatsschuldenrechts in Bezug auf die Begrenzung staatlicher Kreditaufnahmen und damit auch eine Bewertung des Umfangs der durch die Norm gezogenen Beschränkung der Dispositionsbefugnisse gegenwärtiger Generationen zu Gunsten des Schutzes nachfolgender Generationen hat zudem das hinter Art. 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. GG stehende Regelungskonzept zu berücksichtigen. Denn droht eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder ist sie bereits eingetreten, dienen die im Wege der erhöhten Kreditaufnahme beschafften Mittel ausschließlich zu Zwecken der Konjunktursteuerung. Der Kredit wird in dieser Situation zum Instrument, um eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft zu gewährleisten.227 Mangels zumindest summenmäßiger Bindung an die Investitionen entfällt in Bezug auf die unter Anwendung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG erhöhte Kreditaufnahme mithin die im Falle der wirtschaftlichen Normallage vorgesehene Kompensationswirkung; der mit dem erhöhten Teil der Kreditaufnahme verbundenen Zukunftslast steht keine Begünstigung nachfolgender Generationen gegenüber. Zu einer abweichenden Würdigung würde man nur unter zwei theoretischen Annahmen gelangen. Zunächst wäre ein Entfallen der durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG vorgesehenen Kompensationswirkung für den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des 2. Halbsatzes auszuschließen, wenn auch konjunktursteuernden Maßnahmen ein zukunftsbegünstigender Gehalt zugesprochen werden könnte. Diese kommen aber primär den gegenwärtig lebenden, arbeitenden, Einkommen beziehenden Staatsbürgern zugute und garantieren keinen zukunftsspezifischen Nutzen, welcher der zukunftsspezifischen Last der Verzinsung und Tilgung aufgenommener Kredite entspräche.228 In Hinblick auf den kurzen Wirkungszeitraum und damit den geringen Zeithorizont konjunktursteuernder Maßnahmen lässt sich mithin eine damit verbundene Zukunftsbegünstigung, wie sie durch die Koppelung von Investitions- und Kreditsumme in Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG gefordert wird, nicht begründen. Weiter könnte man aber annehmen, da der Normzweck des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG in erster Linie eine zeitliche Lastverschiebung verhindern soll, gebiete er in Rezessionsphasen gerade nicht die Einhaltung der Verschuldungsgrenze.229 Denn in Phasen der Rezession fände durch staatliche Kreditaufnahme eine intertemporale Lastverschiebung praktisch nicht statt, da sowohl der Nutzen-, als 227
Lappin, Kreditäre Finanzierung des Staates, S. 67 ff. Henseler, AöR 1983 (Bd. 108), S. 489, 512. 229 Heun, Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 21; ders. in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 24. 228
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auch der Wachstumsansatz eine intertemporale Verteilungswirkung in vollem Umfang nur für den Fall der Vollbeschäftigung annehmen.230 Diese Argumentation stellt freilich ausschließlich auf volkswirtschaftliche Verteilungstheorien ab und berücksichtigt die von der Rechtswissenschaft als Zukunftsprojektion zu Recht angenommene Last aufgrund notwendiger Kredittilgung und Zinsleistungen, die auch durch zu konjunktursteuernden Zwecken aufgenommene Kredite unabhängig von der Beschäftigungslage entsteht, nicht. Es ist daher anzunehmen, dass jedenfalls nach der rechtswissenschaftlichen Rezeption der Wirkungen kreditärer Staatsfinanzierung bei Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG der durch den 1. Halbsatz dieser Norm vorgesehene Kompensationscharakter entfällt. Im Ergebnis statuiert Art. 115 Abs. 2 Satz 2 GG daher ausschließlich für den Zustand der wirtschaftlichen Normallage eine Äquivalenz zwischen Zukunftslasten und Zukunftsbegünstigung. Für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts wird dieses Regelungskonzept zu Gunsten kurzfristig wirkender konjunktureller Maßnahmen im Interesse einer Stabilisierung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts aufgegeben. Die Norm beinhaltet insofern einen Wandel in der Gewichtung finanzpolitisch beeinflusster Gegenwarts- und Zukunftsinteressen, als sie die Äquivalenz von spezifisch zukunftsbeschwerenden und -begünstigenden Haushaltsansätzen nur als ausnahmefähiges Prinzip formuliert.231 Für den Aussagegehalt des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf die Limitierung staatlicher Vorwegdispositionen bedeutet dies, dass der Verfassungsgesetzgeber staatliche Vorwegdispositionen auch für den Fall damit verbundener Einschränkungen nachfolgender Generationen und deren Handlungsspielräume nicht nur dann zulässt, wenn mit der Disposition eine Wertschöpfung für die Zukunft verbunden ist. Vielmehr reichen in einer bestimmten Wirtschaftslage, d.h. konkret bei der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, generelle finanzpolitische Interessen als Grundlage für Vorwegdispositionen mit negativen Folgewirkungen aus. Der Schutz nachfolgender Generationen tritt dann hinter die Interessen der gegenwärtigen Generation zurück, wobei es sich aufgrund mangelnder Kompensation der mit der erhöhten Kreditfinanzierung verbundenen Lasten insoweit um eine vollumfängliche Zurückstellung der Interessen der nachfolgenden Generationen handelt.
230 Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 24; ders., Die Verwaltung 18 (1985), S. 1, 20. 231 Henseler, AöR 1983 (Bd. 108), S. 489, 512.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
c) Die zusätzliche Aufweichung des Prinzips der Zukunftsbegünstigung durch das Urteil des BerlVerfGH Berücksichtigt man bei der Würdigung der Geeignetheit des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG zur Begrenzung staatlicher Vorwegdispositionen zusätzlich das auf eine entsprechende landesverfassungsrechtliche Kreditbegrenzungsnorm bezogene Urteil des BerlVerfGH, so ergibt sich eine zusätzliche Ausnahmefähigkeit des Prinzips der Zukunftsbegünstigung. Unter vollumfänglicher Ignorierung der hinter Art. 87 Abs. 2 Satz 2, 1. Hs. VvB stehenden gesetzgeberischen Intention der Begrenzung staatlicher Kreditaufnahmen, welche auch dem inhaltsgleichen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG, 1. Hs. zugrunde liegt,232 und mithin unter Außerachtlassen jeder prinzipiellen Notwendigkeit einer die Interessen nachfolgender Generationen absichernden Äquivalenz zwischen Zukunftslasten und -begünstigung, statuiert das Urteil einen weiteren und zugleich weiten Ausnahmetatbestand für erhöhte staatliche Kreditaufnahmen mit höchst fragwürdigen Argumenten. Als Rechtfertigung für die – verharmlosend so genannte – „Modifizierung“ des landesverfassungsrechtlichen Kreditbegrenzungsgebots dient die Notwendigkeit der fortdauernden Erfüllung bundesrechtlich festgelegter sowie sich aus Landesverfassungsrecht ergebender Ausgabenverpflichtungen im Zusammenspiel mit der Wirkung des Art. 109 Abs. 1 GG und dem finanzverfassungsrechtlichen Gebot, dass die Länder zur Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Aufgaben in der Lage sein müssten. Hier zeigt sich, dass das Urteil vornehmlich aus rechtlichen Verpflichtungen folgenden realpolitischen Notwendigkeiten geschuldet ist, angesichts derer der BerlVerfGH in beachtlichem Maße verfassungspolitische Weichenstellungen vorgenommen hat. Der durch das Gericht gezogene Rückschluss von der Notwendigkeit der Aufgabenerfüllung auf die Zulässigkeit der Finanzierungsform ist nicht nachvollziehbar und widerspricht der gesamten Konzeption des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG. Während bei Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG hinter der Ausnahmevorschrift als Regelungsidee ausschließlich die Ermöglichung der Konjunktursteuerung steht, wird bei der durch den BerlVerfGH vorgenommenen Auslegung der Norm eine auf bundes- bzw. landesverfassungsrechtlichen Verpflichtungen und Vorgaben beruhende Ausgabennotwendigkeit zur „inhaltlichen Konzeption“ erhoben. Thema der Ausnahme ist damit nicht mehr die Methode, wie eine gesamtwirtschaftliche Störung abzuwehren ist,233 sondern ausschließlich noch die Deckung von erheblichen Finanzierungslücken im Staatshaushalt. Die finanzwissenschaftlich begründete Regelungsidee wird in Folge der Rechtsprechung 232 Jede in diesem Abschnitt nachfolgende Bezugnahme auf Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG ist insoweit auch als Bezugnahme auf Art. 87 Abs. 2 Satz 2 VvB zu verstehen. 233 Kirchhof in Hansmeyer, Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33, 58.
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des BerlVerfGH mithin durch tatsächliche bestehende Ausgabenverpflichtungen des Staates ersetzt, das gesamte Regelungskonzept des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG damit der finanzpolitischen Beliebigkeit unterworfen. Zur Frage der Lastverschiebung und entsprechenden Kompensationsnotwendigkeiten sowie der damit einhergehenden Rechtfertigungsbedürftigkeit von über die Investitionssumme hinaus gehenden Kreditaufnahmen geht das Urteil an dieser Stelle mit keinem Wort ein. Vielmehr wird die nicht an die Investitionssumme gekoppelte Kreditfinanzierung, freilich als realiter234 letzte Finanzierungs- und damit vordergründige Rettungsmöglichkeit des Landeshaushaltes wertfrei und ohne Würdigung ihrer belastenden Zukunftswirkungen zur Abwendung auf verpflichtend zu tätigende Ausgaben bezogener Finanzierungslücken akzeptiert. An Stelle einer an sich folgerichtigen – und jedenfalls vom Regelungskonzept des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG im Interesse nachfolgender Generationen wohl hingenommenen – Erklärung vorhandener oder drohender Illiquidität des Landes aufgrund von Überschuldung und Einnahmeausfällen bei gleichzeitiger rechtlicher Unmöglichkeit alternativer Finanzierungsformen des Haushalts werden durch die Rechtsprechung des BerlVerfGH ohne weiteres und geradezu mit Nonchalance die Kreditfinanzierungsmöglichkeiten des Staates ausgeweitet. Eine derart wesentliche Entscheidung hätte im Übrigen unabhängig von dem mit ihr einhergehenden Systembruch dem Verfassungsgesetzgeber und nicht dem Verfassungsgerichtshof zugestanden. Wohlgemerkt berücksichtigen diese Argumente nicht, dass es auch aus finanzwissenschaftlicher Sicht nicht angezeigt sein dürfte, bei der einer extremen Haushaltsnotlage zugrunde liegenden Haushaltssituation die Kreditaufnahme erheblich zu steigern und damit ohnehin schon geringe Dispositionsspielräume zukünftiger Haushalte noch stärker einzuschränken. Die Zukunft indes wird zeigen, wie oft die Berufung auf extreme Haushaltsnotlagen zur Ermöglichung extensiver Kreditfinanzierungen des Staates auch durch andere Haushaltsgesetzgeber in den Ländern genutzt werden wird; angesichts der Haushaltslage der meisten Bundesländer ist die Entwicklung unschwer vorauszusagen. Ungeachtet dieser Kritik geht jedoch mit der durch den BerlVerfGH statuierten Annahme einer zweiten Ausnahme für eine erhöhte kreditäre Finanzierung des Staates per se eine zunehmende Aufweichung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG zugrunde liegenden Regelungskonzepts der Zukunftsbegünstigung einher. Denn auch durch eine gemäß dem Urteil des BerlVerfGH prinzipiell zulässige Erhöhung der Kreditaufnahme für den Fall der extremen Haushaltsnotlage werden die Handlungsspielräume nachfolgender Generationen erneut zu Gunsten gegenwärtiger Interessen des Haushaltsgesetzgebers eingeschränkt. Die Vornahme belastender Vorwegdispositionen durch die gegenwärtige Generation 234 Die Kreditobergrenze erhöhende Investitionen bleiben in extremen Haushaltsnotlagen auch ohne ungeschriebene Ausnahme rechtlich jederzeit möglich.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
ist dann wiederum zulässig. Die Belastung ergibt sich daraus, dass auch insoweit, ebenso wie bei der in Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GG ausdrücklich geregelten Ausnahme, eine Kompensationswirkung für die mit der Disposition einhergehende Zukunftsbelastung entfällt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die durch die erhöhte Kreditfinanzierung gewonnenen Finanzmittel nicht zu Investitionszwecken eingesetzt werden. Hierfür spricht freilich bei der einer extremen Haushaltsnotlage zugrunde liegenden Finanzierungssituation des Haushaltes viel, was auch durch den dem Urteil des BerlVerfGH zugrunde liegenden Sachverhalt bestätigt wird.235 d) Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Nach alledem steht in Frage, welche Begrenzungswirkungen der Regelung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf den Umfang grundsätzlich zulässiger Vorwegdispositionen des Haushaltsgesetzgebers insgesamt entnommen werden können. Auch wenn die ratio legis des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. grundsätzlich die Kompensation der durch staatliche Kreditaufnahmen entstehenden Zukunftslasten vorsieht und folgerichtig eine grundsätzliche Äquivalenz zwischen Zukunftsbelastung- und begünstigung statuiert, so ist doch nach der vorstehenden Beschreibung der Schwächen der Norm im Ergebnis von einer erheblich eingeschränkten Begrenzungswirkung des gesamten Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG auszugehen. aa) Zusammenfassung der Defizite des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG unter dem Gesichtspunkt des Lastenausgleichs zwischen den Generationen Zu Lasten der Entfaltungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen und zugleich zu Gunsten des Umfangs der zulässigen Vorwegdispositionen der jeweils gegenwärtigen Generation wirken hierbei verschiedene Defizite des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG. Erstens bricht schon in der Situation der wirtschaftlichen Normallage die einfachgesetzliche Regelung des stärker an Erfordernissen der Haushaltswirtschaft als an der ratio legis des Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. GG orientierten Investitionsbegriffs in Teilen mit dem Gedanken des Lastenausgleichs, was zu einer latenten Begünstigung der gegenwärtigen Generation und einer entsprechenden Belastung der nachfolgenden Generationen führt. Insoweit ist zu konstatieren, dass auch eine verfassungsmäßige Auslegung einzelner, un235 Nach dem Vortrag der Antragsgegner hätte eine Begrenzung der Kreditaufnahme auf die Höhe der Investitionen einen abrupten Abbau der Ausgaben in einer Größenordnung von 19,3 % der Ausgaben im Haushalt 2002 bedeutet; Urteil des BerlVerfGH v. 31. Oktober 2003, Az. VerfGH 125/02, Abschnitt A. III. 1 der Urteilsausfertigung.
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ter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung einer Lastenäquivalenz kritikwürdiger Ausgabetatbestände mit der praktischen Notwendigkeit verlässlicher Berechungsmethoden der Investitionssumme konfligiert. Zweitens hat es der Gesetzgeber trotz eindeutiger Aufforderung durch das BVerfG versäumt, die die Kreditaufnahme begrenzenden Wirkungen des Art. 109 Abs. 2 GG dergestalt zu fixieren, dass diese zu geeigneten Kreditaufnahmerestriktionen in der Haushaltspraxis führen. Aus diesem Grund bleibt die durch Art. 109 Abs. 2 GG gezogene zusätzliche Verschuldungsgrenze in der Verfassungswirklichkeit praktisch wirkungslos. Drittens gilt – wiederum für die Haushaltspraxis –, dass die Gesamtverschuldung aufgrund der durch die gesetzgeberische Weigerung einer praxisnahen Fixierung weiterhin gegebenen mangelnden Direktionskraft des Art. 109 Abs. 2 GG faktisch bei der Entscheidung über die haushaltsjährliche Kreditaufnahme des Staates außer Betracht bleibt. Dies befördert die Möglichkeit des Revolvierens bestehender Staatsschulden in der Praxis und verstärkt die Einschränkung des Handlungsspielraums nachfolgender Generationen zu Gunsten der gegenwärtigen Generation, ohne dass dem Gedanken der Zukunftsbegünstigung insoweit Rechnung getragen würde. Viertens wird der Kompensationszusammenhang zwischen Kreditaufnahme und Zukunftsnutzen für den Fall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vollständig aufgelöst, was wiederum die gegenwärtige Generation, welche zuvörderst von kurzfristig wirkenden, kreditfinanzierten konjunktursteuernden Maßnahmen profitiert, zu Lasten der folgenden Generationen begünstigt. Letztere haben in der Folge Zins- und Tilgungslasten zwischenzeitlich vergangener Konjunkturmaßnahmen zu tragen. Schließlich und fünftens führt die Rechtsprechung des BerlVerfGH, welche eine über die Investitionssumme hinaus reichende Staatsverschuldung im Falle einer extremen Haushaltsnotlage im Bundesland zulässt, zu einer weiteren Aufweichung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG zugrunde liegenden Gedankens der Zukunftsbegünstigung. Auch insoweit ist aufgrund der spezifischen Haushaltssituation in einer extremen Haushaltsnotlage zu erwarten, dass die nachfolgenden Generationen die Lasten der über die Investitionssumme hinausreichenden Kreditfinanzierung tragen müssen, ohne dass dem ein Äquivalent entgegenstünde.
bb) Schlussfolgerungen in Bezug auf die durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkte Lastenverteilung Es kann nach alledem trotz der entgegenstehenden Zielrichtung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG nicht angenommen werden, dass durch die Norm eine generationengerechte Lastenverteilung sichergestellt wird. Im Gegenteil trägt die zentrale Norm des Staatsschuldenrechts nicht dazu bei, ein zunehmend erheb-
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
liches Ungleichgewicht zwischen den durch die Generationen zu tragenden Lasten zu verhindern. Dies deshalb, weil in der haushaltspraktischen Anwendung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG die Interessen des gegenwärtigen Haushaltsgesetzgebers und damit diejenigen der gegenwärtigen Generation in weit reichendem Maß vor jene nachfolgender Generationen gestellt werden. Im Ergebnis lässt Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG damit in erheblichem Umfang die Verschiebung durch vergangene und gegenwärtige Kreditfinanzierungen entstandener Zukunftslasten auf nachfolgende Generationen zu, und zwar in der ganz überwiegenden Zahl der Verschiebungstatbestände ohne hierbei eine Kompensation vorzusehen. cc) Aus der durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkten Lastenverteilung zu ziehende Rückschlüsse auf die durch die Norm gesetzten Grenzen von Vorwegdispositionen Zurück kommend auf den Ausgangspunkt der Untersuchung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG, die dessen auf staatliche Vorwegdispositionen bezogene Begrenzungswirkungen im Sinne einer dahingehenden verfassungskräftigen Konkretisierung des Demokratieprinzips zum Gegenstand hat, ist daher Folgendes zu schlussfolgern: Den nach dem Demokratieprinzip grundsätzlich in gewissem Umfang zulässigen staatlichen Vorwegdispositionen werden durch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG unter dem Gesichtspunkt einer kreditären Finanzierung des Staates nur sehr weite Grenzen gesetzt. Dies führt zu einer erheblichen Begünstigung der gegenwärtigen Generation. Denn staatliche Vorwegdispositionen sind jedenfalls unter Betrachtung der aus Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG resultierenden Begrenzungswirkungen in einem Umfang möglich, welcher eine weitgehende Beschränkung der Handlungsspielräume nachfolgender Generationen zulässt und damit zu deren erheblicher Dispositionsbeschränkung führt. Aus den bislang gewonnen grundgesetzlichen Orientierungen ergibt sich mithin in Bezug auf die Frage der zulässigen Ausgestaltung staatlicher Vorwegdispositionen ein deutliches Übergewicht der Interessen der gegenwärtigen Generation vor jenen der nachfolgenden. Die gegenwärtige Generation ist nach dem Demokratieprinzip und Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG daher nicht daran gehindert, die Dezisionsspielräume der auf sie folgenden Generationen durch Vorwegdispositionen weitgehend zu beschränken und ihre Nachfolger entsprechend zu belasten.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz als Orientierungspunkt für die Frage der Begrenzung und Ausgestaltung von Vorwegdispositionen Aus dem Nachhaltigkeitsgrundsatz236 könnten sich indes weitere Orientierungen hinsichtlich der der gegenwärtigen Generation gesetzten Grenzen bei staatlichen Vorwegdispositionen respektive Hinweise auf deren zulässige inhaltliche Ausgestaltung ergeben. 1. Die Historie des Nachhaltigkeitsgrundsatzes und dessen bisherige rechtliche Positivierung Der Nachhaltigkeitsgrundsatz, der seine historische Wurzel im Forstrecht hat, ist in den beiden letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts durch die internationale und nationale Politik aufgegriffen und weiterentwickelt worden. Zudem hat auch in der finanzwissenschaftlichen Debatte eine Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitskriterien stattgefunden. Ausdrückliche rechtliche Positivierungen des Nachhaltigkeitsgrundsatzes finden sich bislang im EG-Recht sowie auf nationaler Ebene im Bereich des Umwelt- und hierbei insbesondere auf dem Gebiet des Planungsrechts. a) Die Historie des Nachhaltigkeitsgrundsatzes Auch wenn der Nachhaltigkeitsgrundsatz erst in der jüngeren Vergangenheit zu weltweiter politischer Popularität gelangt ist,237 so lässt sich der Ursprung des Begriffs doch auf einen wesentlich länger zurückliegenden Zeitraum terminieren.238 236 Es bereitet nicht zuletzt aufgrund des allgemeinen Charakters der mit Nachhaltigkeitserwägungen verbundenen Begrifflichkeiten gewisse Schwierigkeiten, die Begriffe „Nachhaltigkeit“, „nachhaltige Entwicklung“ sowie „Nachhaltigkeitsgrundsatz“ trennscharf abzugrenzen. Alleine zu den Nachhaltigkeitsdefinitionen von Wissenschaftlern lassen sich dutzende Nachweise finden, vgl. Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 100 ff. Im Folgenden soll daher zuvörderst der Begriff des Konzepts der „nachhaltigen Entwicklung“ sowie der in dieser Ausarbeitung inhaltsgleich definierte Begriff des „allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes“ verwendet werden, beide werden im Abschnitt D. III. 2 definiert. Weiter findet der Begriff des „ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes“, dessen Bedeutung unter Abschnitt D. III. 3.1 dargestellt wird, im Sinne eines Teilbereichs des „allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes“ Anwendung. Sofern auf gesetzliche Regelungen oder historische Entwicklungen Bezug genommen wird, findet vornehmlich die in der jeweiligen Quelle angegebene Begrifflichkeit Anwendung. 237 Vgl. Menzel, ZRP 2001, S. 221, 222; Haber, ZAU 1994, S. 9. Zu den Meilensteinen der Nachhaltigkeitsdebatte siehe Menzel, ZRP 2001, S. 221, 222 ff. 238 Siehe nur Appel, Staatliche Zukunftsvorsorge, S. 243 ff.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
aa) Nachhaltigkeit als Grundsatz der Forstwirtschaft So fand sich schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts eine gesetzliche Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit im Forstrecht.239 Das Konzept der Nachhaltigkeit wurde als Leitprinzip des zu dieser Zeit eingeführten Waldbaues verkündet.240 Im Forstrecht bedeutete der Begriff der Nachhaltigkeit, dass dem Wald nicht mehr Holz entnommen werden durfte, als wieder nachwuchs.241 Es war daher nicht nur auf die Holzmenge, sondern auch auf die Holzarten zu achten. Die Nutzung der natürlichen Ressource Wald war erlaubt, zugleich wurde sie aber auf ein Maß beschränkt, welches die Substanz erhält und mithin nicht erschöpft.242 „Nachhaltigkeit“ kennzeichnete damit eine Art der Waldbewirtschaftung, bei der die Produktionskraft des Waldes oder des Waldstandortes und die jeweilige Holzernte so in Einklang gebracht wurde, dass langfristig ein möglichst hoher Holzertrag gewährleistet ist, Boden und Standort jedoch nicht beeinträchtigt werden.243 Der Begriff der Nachhaltigkeit stellte mithin ein betriebswirtschaftliches Konzept dar.244 Obschon somit lange Zeit die ökonomische Funktion des Waldes im Vordergrund der Anwendung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes im Forstrecht stand, wurde diese allerdings mit der Zeit durch ökologische Aufgaben in Gestalt der Schutzfunktion des Waldes zum Beispiel gegen schädliche klimatische Einflüsse ergänzt.245 An die Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit im Forstrecht knüpfte insbesondere die nationale Umweltgesetzgebung der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts an. Einige der aus dieser Entwicklung hervorgegangenen rechtlichen Positivierungen des Begriffs der Nachhaltigkeit werden an anderer Stelle246 dieser Untersuchung exemplarisch dargestellt.
239 Vgl. Reinhardt in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 73, 94; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73, 78. 240 Haber, ZAU 1994, S. 9, 10. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde freilich bereits im Jahr 1713 von dem sächsischen Berghauptmann von Carlowitz im forstlichen Schrifttum erstmals erwähnt, Volz, Stadt und Gemeinde 1996, S. 421, 422; Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 97. 241 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 469; Reinhardt in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 73, 94; Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 3. 242 Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 67; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 469. 243 Haber, ZAU 1994, S. 9, 10. 244 Nutzinger in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 61. 245 Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 67. 246 Siehe Abschnitt D. III. 1. c) aa).
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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bb) Die Entwicklung des Nachhaltigkeitsbegriffs in der internationalen Politik Auch in der internationalen Politik lassen sich indes Entwicklungen feststellen, die zu einer verstärkten Inblicknahme von Nachhaltigkeitserwägungen führten. Im Jahr 1987 wurde der Begriff des „sustainable development“ durch den Abschlussbericht247 der World Commission on Environment and Development (WCED) mit dem Titel „Our Common Future“ in die internationale Politik eingeführt.248 Die von den Vereinten Nationen eingesetzte Kommission hatte den Auftrag zur Erarbeitung eines Konzepts, um die weitere wirtschaftliche und soziale Entwicklung mit der Erhaltung der Umwelt in Einklang zu bringen.249 Seitdem ist der Begriff des „sustainable development“, der in der offiziellen deutschen Ausgabe des Berichts als „dauerhafte Entwicklung“ angegeben ist,250 inzwischen aber mehrheitlich mit „nachhaltige Entwicklung“ übersetzt wird,251 zum zentralen Begriff der Umwelt- und Ressourcenpolitik auf internationaler Ebene und zu einem Symbolbegriff für zukünftige Lebenschancen geworden.252 Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992, in der das Thema Langzeitverantwortung international diskutiert wurde,253 hat die Forderung nach „sustainable development“ im Anschluss an den Abschlussbericht der WCED zum übergreifenden globalen Ziel erklärt.254 Damit einher ging die Aufnahme des Begriffs in der die Grundsätze der UNKonferenz für Umwelt und Entwicklung konkretisierenden Agenda 21,255 die ein politisches Aktionsprogramm zur Implementierung des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung darstellt.256 Obwohl dieser Deklaration aufgrund ihrer Qualifikation als politische Erklärung an sich nur außer-rechtlicher Gehalt zuzumes247 WCED, Our Common Future, 1987. Die deutsche Übersetzung des Berichts wird wie folgt zitiert: Hauff, Unsere gemeinsame Zukunft. 248 Vgl. Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 189; Appel, Staatliche Zukunftsvorsorge, S. 251. 249 Ketteler, NuR 2002, S. 513. 250 Haber, ZAU 1994, S. 9, 10. 251 Krautzberger, UPR 2001, S. 130; Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 189, 190; Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 96; Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnung- und Landesplanungsrecht, Abschnitt K § 1, Rn. 63. Im Folgenden wird daher als Übersetzung des Begriffs „sustainable development“ der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ verwendet. 252 Volz, Stadt und Gemeinde 1996, S. 421. 253 Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73, 78. 254 Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 189; vgl. Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 111. 255 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 560. 256 Hohmann, NVwZ 1993, S. 311, 315; Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), S. 131, 134.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
sen ist,257 wird ihr doch wegweisende Bedeutung zugeschrieben.258 Teilweise wird aufgrund der komplizierten völkerrechtlichen Wechselwirkungen zwischen politischer Entwicklung und Rechtsentstehung, in der sich politisch motivierte Verhaltensweisen zu Rechtsprinzipien verdichten können, sogar angenommen, dem Begriff der nachhaltigen Entwicklung sei bereits insoweit juristische Bedeutung zuzumessen.259 Als völkerrechtlicher Rechtsbegriff qualifiziert dieser jedoch unzweifelhaft nur insoweit er Eingang in völkerrechtliche Verträge gefunden hat, welche völkerrechtlich verbindliche Pflichten begründen können.260 Dies ist der Fall bei der Klimarahmenkonvention bzw. der Konvention über biologische Vielfalt, die 1994 bzw. 1993 völkerrechtlich in Kraft traten.261 Welche konkrete, auch rechtliche Bedeutung der Begriff hat, ist derzeit nicht eindeutig geklärt.262 Denn in Folge der Einführung des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung in die internationale Politik ist dieser auf unterschiedlichste Art und Weise definiert worden. Weitgehend wird jedoch die von der WCED vorgeschlagene, allerdings sehr allgemein gehaltene Definition akzeptiert.263 Nach dem Abschlussbericht der Kommission ist eine Entwicklung als nachhaltig zu qualifizieren wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“.264 b) Die Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes im europäischen Recht Auf europäischer Ebene hat der Nachhaltigkeitsgrundsatz explizit rechtliche Verankerung gefunden, und zwar an prominenter Stelle im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft265 (EGV). Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung wird daher mittlerweile zu Recht als eines der zentralen Leitziele der EU qualifiziert.266 Entsprechend findet es sich auch in dem Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa wieder. 257
Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), S. 131, 132. Frenz in Hendler/Marburger/Reinhardt/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37, 39. 259 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561; vgl. Brückmann/Lee/Simonis, UPR 2002, S. 168, 169 sowie Schröder, AVR 34 (1996), S. 251, 275. 260 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 467. 261 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 467; a. A. wohl Schröder, AVR 34 (1996), S. 251, 273 u. 274. 262 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561. 263 Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 3. 264 Hauff, Unsere gemeinsame Zukunft, S. 46. 265 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 7. Februar 1992. Die nachfolgenden Artikel des Vertrages sind solche der derzeit gültigen, zuletzt durch den Vertrag von Nizza geänderten Fassung des Vertrages. 258
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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aa) Art. 2 EGV Eine Bezugnahme auf den Grundsatz der Nachhaltigkeit findet sich bereits im ersten Teil „Grundsätze“ des Vertrages, welcher die Aufgaben der Gemeinschaft festlegt.267 Art. 2 EGV statuiert seit der durch den Amsterdamer Vertrag geänderten Fassung268 des EGV, dass es zu den Aufgaben der Gemeinschaft gehört, zusammen mit weiteren Zielen „in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens (. . .) zu fördern“.
Mit Art. 2 EGV hat der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung mithin ausdrücklich und damit eindeutig Eingang in den EGV gefunden.269 Die Vorschrift ist als allgemeine Aufgabennorm zu qualifizieren und gibt folglich für das gesamte Europarecht270 eine Beachtlichkeit der nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens vor; sie hat aufgrund ihres Standorts eine nahezu den gesamten Vertrag maßgeblich prägende Bedeutung.271 Nach den verwendeten Begrifflichkeiten ist dabei trotz der Bezugnahme auf das Wirtschaftsleben davon auszugehen, dass durch Art. 2 EGV sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit in das Blickfeld der Aufgaben der Gemeinschaft genommen werden.272 bb) Art. 6 EGV Weiter fordert die durch den Vertrag von Amsterdam neu formulierte Querschnittsklausel des Art. 6 EGV,273 welche aus dem Abschnitt über die Umweltpolitik in die allgemeinen Bestimmungen vorverlegt wurde,274 die rechtliche Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung und verlangt die „Erfordernisse des Umweltschutzes (. . .) bei der Festlegung und Durchführung der (. . .) Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung“ einzubeziehen.
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Vgl. Spannowsky, UPR 1998, S. 161; Appel, Staatliche Zukunftsvorsorge, S. 283. Frenz, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 155. 268 Schon die Fassung des Art. 2 EGV durch den Vertrag von Maastricht enthielt Bezugnahmen auf das Konzept der „nachhaltigen Entwicklung“, auch wenn der Begriff der „Nachhaltigkeit“ zu diesem Zeitpunkt noch keinen Eingang in den Vertrag gefunden hatte, Haigh/Kraemer, ZUR 1996, S. 239, 240. 269 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 562. 270 Frenz, ZG 1999, S. 143. 271 Frenz, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 155. 272 Vgl. Frenz, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, S. 155. 273 Zur Querschnittsklausel als Instrument der Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung ausführlich Callies, DVBl. 1998, S. 559, 564 ff. 274 Frenz, ZG 1999, S. 143, 144. 267
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Die Norm fordert mithin die Umsetzung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung in das Umweltrecht.275 Aus dieser auch für die Mitgliedsstaaten verpflichtenden Querschnittsklausel ergeben sich materielle und prozedurale Vorgaben, die auf der gemeinschaftsrechtlichen und der nationalstaatlichen Ebene bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit zu beachten sind.276 cc) Art. 174 Abs. 1, 3. Spiegelstrich EGV Auch Art. 174 Abs. 1, 3. Spiegelstrich EGV enthält eine Bezugnahme auf Aspekte der Nachhaltigkeit. Danach trägt die Umweltpolitik der Gemeinschaft zur Verfolgung unter anderem des Ziels der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen bei. Schutzgut sind insofern jene Naturgüter, die durch Übernutzung langfristig beeinträchtigt werden oder sich erschöpfen können.277 Hierunter fallen neben den Umweltmedien Luft, Wasser und Boden einschließlich der Bodenschätze sowie Flora und Fauna278 auch die Energierohstoffe.279 Art. 174 Abs. 1, 3. Spiegelstrich EGV stellt sich vor diesem Hintergrund als konkrete Ausprägung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung und damit mittelbar auch des Schutzes künftiger Generationen dar.280 dd) Zusammenfassung Das Gemeinschaftsrecht weist nach alledem im EGV verschiedene rechtliche Positivierungen des Nachhaltigkeitsgrundsatzes auf. Während Art. 2 EGV insoweit mit der Ausrichtung auf ökonomische als auch ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit einen vergleichsweise allgemeine Ausprägung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes in den EGV inkorporiert, finden sich sowohl in Art. 6 EGV als auch in Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EGV weitere Bezugnahmen auf die ökologische Nachhaltigkeit. ee) Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Europa Auch der vom Europäischen Konvent am 13. Juni und 10. Juli 2003 im Konsensverfahren angenommene Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für 275
Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 122. Brückmann/Lee/Simonis, UPR 2002, S. 168, 170. 277 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 562. 278 Grabitz/Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 130r Rdnr. 24. 279 Grabitz/Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 130r Rdnr. 27. 280 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 562 m. w. Nachw. 276
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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Europa, welcher zur Zeit zur Ratifizierung durch alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ansteht, weist vielfältige Bezugnahmen auf den Nachhaltigkeitsgrundsatz auf. Der Vollständigkeit halber werden einige dieser Bezugnahmen nachfolgend exemplarisch dargestellt. Bereits Art. 3 Abs. 3 des Verfassungsentwurfes definiert als eines der Ziele der Union die „nachhaltige Entwicklung Europas“, wobei diese auf Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums, der sozialen Marktwirtschaft, und einem hohen Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität erfolgen soll.281 In der Präambel der ebenfalls in den Verfassungsvertragsentwurf einbezogenen Charta der Grundrechte der Union findet sich eine ausdrückliche Bezugnahme auf Nachhaltigkeitsaspekte insoweit, als die Ausübung der in der Charta verankerten Grundrechte mit „Verantwortlichkeiten und Pflichten sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch (. . .) den künftigen Generationen“ verbunden ist.282 Als eine der Normen der Charta regelt Art. II-37 des Verfassungsentwurfes, dass „ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität (. . .) nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden (müssen)“.283 Bezugnahmen auf die Nachhaltigkeit finden sich auch in Teil III des Verfassungsentwurfes, welcher die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union regelt. So normiert Art. III-4 des Entwurfes, dass „die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Politik (. . .) der Union (. . .) insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden (müssen)“.284 Weiter haben die Mitgliedsstaaten der Union nach Art. III-76 Abs. 1 des Verfassungsentwurfes „übermäßige öffentliche Defizite“ zu vermeiden.285 Die Bezugnahmen auch des Entwurfes eines Vertrages über eine Verfassung für Europa auf die Nachhaltigkeit belegen, dass die rechtliche Verankerung einer nachhaltigen Entwicklung auf europäischer Ebene auch in Zukunft Bestand haben wird. Im Verfassungsentwurf verfolgt die Union dabei einen vergleichsweise weitgehenden Ansatz der Nachhaltigkeit, was insbesondere aus Art. 3 Abs. 3 des Entwurfes deutlich wird. Von besonderer Bedeutung ist auch die Be281 Europäischer Konvent, ropa, CONV 850/03, S. 6. 282 Europäischer Konvent, ropa, CONV 850/03, S. 47. 283 Europäischer Konvent, ropa, CONV 850/03, S. 55. 284 Europäischer Konvent, ropa, CONV 850/03, S. 62. 285 Europäischer Konvent, ropa, CONV 850/03, S. 90.
Entwurf eines Vertrages über eine Verfassung für EuEntwurf eines Vertrages über eine Verfassung für EuEntwurf eines Vertrages über eine Verfassung für EuEntwurf eines Vertrages über eine Verfassung für EuEntwurf eines Vertrages über eine Verfassung für Eu-
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
zugnahme auf die künftigen Generationen in der Präambel der Charta der Grundrechte der Union, die in dieser Pauschalität wohl erstmals Eingang in eine Verfassung im europäischen Raum gefunden haben dürfte. c) Bezugnahmen auf den Begriff der Nachhaltigkeit im nationalen einfachen Recht – „nachhaltig“ als Legalbegriff Neben der Verankerung im EGV und darüber hinaus zukünftig in der Europäischen Verfassung hat das Konzept der Nachhaltigkeit jedoch auch ausdrücklich Aufnahme in das nationale einfache Recht, namentlich in das deutsche Umwelt- und Planungsrecht gefunden.286 aa) Umweltrecht So lassen sich zunächst verschiedene Positivierungen des Begriffs der Nachhaltigkeit im nationalen Umweltrecht konstatieren. (1) § 1 Nr. 1 BWaldG Eine Kodifizierung der Nachhaltigkeit findet sich beispielsweise in § 1 Nr. 1 BWaldG. Danach ist Zweck des Gesetzes insbesondere, „den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt (. . .) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern“.
Der Wald soll mithin wegen seiner nunmehr gleichrangig verstandenen Nutzfunktion und seiner Bedeutung für den Umweltschutz erhalten und nachhaltig bewirtschaftet werden. Der Nachhaltigkeitsgedanke behält in seiner Ausformung durch § 1 Nr. 1 BWaldG mithin seine ursprüngliche ökonomische Ausrichtung,287 diese wird aber um eine klare ökologische Dimension erweitert.288 Nachhaltigkeit bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die zeitliche Kompo286 Vgl. Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 122; die nachfolgende Aufzählung einfachgesetzlicher Normierungen ist exemplarischer Natur und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ausführlich und instruktiv zur Nachhaltigkeit in der deutschen Umweltgesetzgebung Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 67 ff., umfassend zur Nachhaltigkeit in der deutschen Umwelt- und Raumordnungsgesetzgebung auch Ketteler, NuR 2002, S. 513 ff. Vgl. zu den Rechtsgebieten, in welchen sich Ausprägungen der Nachhaltigkeit finden, auch Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 469 f. Exemplarisch für die kritischen Stimmen in Bezug auf die rechtliche Relevanz des Begriffes der Nachhaltigkeit Reinhardt in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 73 ff., vgl. hierzu auch Schmalholz, ZUR 1997, S. 340 ff. 287 Vgl. hierzu Abschnitt D. III. 1. a) aa). 288 Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 68.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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nente im Sinne des dauerhaften, auf lange Zeit möglichen Erhalts aller Schutzfunktionen des Waldes.289 (2) § 1 Satz 1 BBodSchG Auf Nachhaltigkeitsgesichtspunkte nimmt auch das BBodSchG Bezug. § 1 Satz 1 BBodSchG definiert den Zweck des Gesetzes dahingehend „nachhaltig die Funktion des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen“.
Unter nachhaltigem Bodenschutz im Sinne der Norm wird verstanden, keinen Raubbau mehr an dieser natürlichen Ressource zu betreiben, da sie dauerhaft nachfolgenden Generationen zur Verfügung stehen soll.290 Letztlich geht es dabei um die Sicherstellung der Bodenfunktionen, die in § 2 Abs. 2 BBodSchG beschrieben werden.291 Darüber hinaus wird nachhaltig im Sinne des § 1 Satz 1 BBodSchG bei dem nicht vermehrbaren und nur begrenzt belastbaren Naturgut wie dem Boden auch als ressourcenökonomischer Ansatz beschrieben, wonach mit dem Boden möglichst sparsam und schonend umzugehen ist.292 (3) § 1 BNatSchG Auch im BNatSchG finden sich neuerdings Bezugnahmen auf die Nachhaltigkeit, insgesamt wird der Begriff 16-mal verwendet.293 Bereits § 1 BNatSchG rekurriert insoweit auf Nachhaltigkeitsgesichtspunkte, als „Natur und Landschaft (. . .) aufgrund ihres eigenen Wertes und als Lebensgrundlage des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen (. . .) so zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln und, soweit erforderlich, wiederherzustellen“ sind, dass ein komplexes Wirkungsgefüge auf Dauer gesichert wird.
Dieses Wirkungsgefüge besteht aus der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft.294 Die Neuregelung verstärkt gegenüber der vorher geltenden Rechtslage den Aspekt der ressourcenökonomischen Nutzung der Naturgüter.295
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Ketteler, NuR 2002, S. 513, 517. Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 123 m. w. Nachw.; Schink, DVBl. 2000, S. 221, 222. 291 Schink, DVBl. 2000, S. 221, 222. 292 Ketteler, NuR 2002, S. 513, 519 m. w. Nachw. 293 Ketteler, NuR 2002, S. 513, 518. 294 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 32; Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 68. 295 Ketteler, NuR 2002, S. 513, 518. 290
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
bb) Planungsrecht Neben dem Umweltrecht bezieht seit 1998 auch das Planungsrecht die Nachhaltigkeit in die nationale Gesetzgebung ein. (1) § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB So schreibt § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB seit der Änderung des BauGB v. 1.1.1998296 für das Bauplanungsrecht vor, dass „die Bauleitpläne (. . .) eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen (sollen), eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln“.
Der Grundsatz der Nachhaltigkeit wird insoweit als Planungsleitlinie charakterisiert,297 mit anderen Worten als vorrangiges allgemeines Planungsziel für die städtebauliche Planung.298 Hinsichtlich der Bedeutung des Begriffes „nachhaltig“ bezog sich der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren auf die HabitatAgenda der Zweiten Konferenz der Vereinten Nationen über menschliche Siedlungen.299 Nach deren Feststellungen gewährleistet eine nachhaltige Siedlungsentwicklung die wirtschaftliche Entwicklung, Beschäftigungsmöglichkeiten und den sozialen Fortschritt im Einklang mit den Anforderungen an den Umweltschutz.300 Entsprechend hat der federführende Bundestagsausschuss festgestellt, es liege in der Verantwortung der Gemeinden, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse im Sinne des Leitbilds einer nachhaltigen Entwicklung den gerechten Ausgleich der sozialen, ökologischen und ökonomischen Belange zu treffen.301 Die Konflikte zwischen widerstreitenden wirtschaftlichen, umweltbezogenen und sozialen Belangen sollen mithin bereits in der Planung gelöst und zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.302
296 Die Änderung erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung v. 18.8.1997, BGBl (I) 1997, S. 2081. 297 Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1146; vgl. Mitschang, DÖV 2000, S. 14, 16. 298 Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1083 m. w. Nachw., vgl. Schink, UPR 2001, S. 161. 299 Mitschang, DÖV 2000, S. 14, 16; Krautzberger, UPR 2001, S. 130, 131; Ketteler, NuR 2002, S. 513, 520 m. w. Nachw.; vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145, 1146. 300 Ketteler, NuR 2002, S. 513, 520 m. w. Nachw. 301 Krautzberger, UPR 2001, S. 130, 131. 302 Schink, UPR 2001, S. 161.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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Aufgrund der Verwendung des Nachhaltigkeitsbegriffs in § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB wird auch davon ausgegangen, dass zudem Aspekte der Generationengerechtigkeit bei der städtebaulichen Entwicklung zu berücksichtigen sind.303 (2) § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG Weiter normiert § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG ebenfalls seit dem 1.1.1998 für das Raumordnungsrecht, dass „Leitvorstellung“ der Raumordnung „eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt“, ist.
In § 1 Abs. 2 Satz 2 ROG definiert das Gesetz weiter acht spezielle Anforderungen an die nachhaltige Raumentwicklung.304 Auch im ROG findet sich mithin nunmehr eine normative, auf die räumliche Nachhaltigkeit bezogene Fixierung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes.305 § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG beinhaltet zugleich eine abschließende bundesrechtliche Legaldefinition des raumordnungsrechtlichen Nachhaltigkeitsbegriffes.306 Die Zielsetzung der Nachhaltigkeit verpflichtet die Gemeinde insofern noch stärker als vor der Gesetzesänderung, eine dauerhaft ausgewogene Entwicklung und Ordnung des Raumes anzustreben. Nicht kurzfristige Investitionsziele, sondern langfristig angelegte Nutzungsoptionen an den Raum und die zur Verfügung stehenden Flächen sollen das Ziel der Bauleitplanung bestimmen.307 Weiter führt die Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit im ROG ebenso wie im BauGB dazu, dass bei allen Planungsaktivitäten auch die Bedürfnisse der nachfolgenden Generationen zu berücksichtigen sind.308 Auch innerhalb des Raumordnungsrechts besteht damit aufgrund der Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit die Notwendigkeit, die vorhandenen Ressourcen auch im Interesse nachfolgender Generationen zu schonen.309
303 Menzel, ZRP 2001, S. 221, 227; Mitschang, DÖV 2000, S. 14, 16; vgl. Umweltbundesamt, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 402. 304 Vgl. Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnung- und Landesplanungsrecht, S. 39 und 40. 305 Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1083. 306 Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnung- und Landesplanungsrecht, Abschnitt K § 1, Rn. 59. 307 Schink, DVBl. 2000, S. 221. 308 Umweltbundesamt, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 402; vgl. Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnung- und Landesplanungsrecht, Abschnitt K § 1, Rn. 60. 309 Schink, DVBl. 2000, S. 221.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
cc) Der Konnex zwischen Nachhaltigkeitszielen des Umweltrechts und der Ökologie sowie die Einordnung des Nachhaltigkeitsbegriffs des Planungsrechts Analysiert man den Kontext, in welchem die Nachhaltigkeitsziele im deutschen Umwelt- und Planungsrecht stehen, so lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Im nationalen Umweltrecht bezieht sich das Nachhaltigkeitsziel bisher explizit und der Sache nach unmittelbar auf die Erhaltung und Nutzung natürlicher Ressourcen.310 Die Kodifizierung der Nachhaltigkeit im deutschen Umweltrecht weicht insoweit von dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung im Sinne des WCED-Berichts ab, als sie dezidiert nur auf ökologische Gesichtspunkte des Konzepts abstellt. Das deutsche Umweltrecht erfasst mithin bislang nur Teilaspekte des, wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird,311 wesentlich breiter angelegten Konzepts der nachhaltigen Entwicklung.312 Hingegen lässt sich bezüglich des Planungsrechts feststellen, dass sowohl die bauleitplanerische, als auch die raumordnerische Aufgabenwahrnehmung einen im Vergleich zum Umweltrecht weitergehenden Ansatz verfolgen. Denn innerhalb dieser beiden Rechtsgebiete wird das integrative Konzept einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne einer zukunftsbezogenen Harmonisierung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange verfolgt.313 Dies wird im Raumordnungsrecht durch die Statuierung des „Dreiklangs“, mit anderen Worten der prinzipiellen Gleichwertigkeit von sozialen und wirtschaftlichen Ansprüchen an den Raum und dessen ökologischen Funktionen deutlich, mit welcher der Gesetzgeber Bestrebungen entgegengewirkt hat, den Begriff der nachhaltigen Raumentwicklung rein ökologisch oder ökonomisch dominiert zu bestimmen.314 Im Bereich des Bauplanungsrechts ergeben sich aus den mit § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB verbundenen gesetzgeberischen Erwägungen jedenfalls mittelbar deutliche Hinweise für eine Einordnung der Verwendung des Begriffs im Sinne des integrativen Konzepts der nachhaltigen Entwicklung. Sowohl die Anforderungen an die bauleitplanerische als auch diejenigen an eine raumordnerische Aufgabenwahrnehmung entsprechen damit strukturell der Idee einer gesamtheitlich ausgleichenden Problemlösungsstrategie, welche auch den Grundgedanken des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes darstellt.315 Weiter spiegelt die Belang310
Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 77; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449,
471. 311
Siehe Abschnitt D. III. 2. Vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 471. 313 Ketteler, NuR 2002, S. 513, 520. 314 Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky/Reitzig/Schmitz, Raumordnung- und Landesplanungsrecht, Abschnitt K § 1, Rn. 59 und Rn. 60. 315 Vgl. Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1083; Schink, UPR 2001, S. 161. 312
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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trias zwischen wirtschaftlichen und sozialen Ansprüchen an den Raum sowie dessen ökologischer Funktion eines der Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes im Sinne des WCED-Begriffs der nachhaltigen Entwicklung wieder.316 Gleiches gilt im Ergebnis für die hinter § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB stehenden Erwägungen. Freilich ist trotz der Inkorporation eines entsprechend weiten Nachhaltigkeitsbegriffs in das Bauplanungs- und Raumordnungsrecht zu berücksichtigen, dass nachhaltige Entwicklung nicht alleine mit diesen Instrumentarien umgesetzt werden kann, da Raumordnung in Deutschland nicht als Gesamtplanung angelegt ist.317 Die positive Verankerung des Nachhaltigkeitsgebots führt daher im Ergebnis insoweit ausschließlich zu einer ergänzenden Abwägungsoption.318 2. Die generelle Konzeption des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes Ausgehend von der Definition des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung durch die WCED stellt sich die Frage nach den Charakteristika dieses Konzepts und mithin einer Spezifizierung des Begriffs unabhängig von bislang erfolgten Positivierungen im europäischen und nationalen Recht. a) Die Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes Es lässt sich insoweit ein weltweiter Konsens über die Idee der Nachhaltigkeit feststellen, nach dem folgende Elemente319 als mehrheitsfähige Umschreibung des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung gelten können und damit Charakteristika eines allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes zu statuieren geeignet sind: aa) Ökologie, Ökonomie und Soziales als Dimensionen der Nachhaltigkeit Eine nachhaltige Entwicklung beinhaltet zunächst einen übergreifenden, nämlich ökologisch-ökonomisch-sozial integrierenden Ansatz, wobei ein genereller 316 Vgl. Ketteler, NuR 2002, S. 513, 520; Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1083. Zu den Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes siehe Abschnitt D. III. 2.1. 317 Brückmann/Lee/Simonis, UPR 2002, S. 168, 170; Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 124. 318 Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 124. 319 Die nachfolgende Darstellung der Elemente des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung folgt im Wesentlichen Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223.
182
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Vorrang einzelner Belange nicht besteht.320 Im Kern zielt das Konzept der nachhaltigen Entwicklung mithin auf eine enge Verkoppelung der Politikziele des Umweltschutzes und des wirtschaftlichen Wachstums unter gleichzeitiger Berücksichtigung der sozialen Gerechtigkeit.321 Damit ist freilich die Zahl potentieller Konflikte groß.322 bb) Die Bezugnahme auf intergenerationelle Aspekte Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung nimmt weiter auch auf intergenerationelle Aspekte Bezug. (1) Nachhaltige Entwicklung als generationenübergreifender Ansatz Entsprechend ist ein Bestandteil des Konzepts, dass die nachhaltige Entwicklung zeitlich und räumlich über die politisch vorherrschenden Grenzziehungen hinausreicht.323 Der Begriff beinhaltet mit anderen Worten, dass eine Tätigkeit oder eine Funktion auf Dauer, also generationenübergreifend gesichert wird.324 Dabei muss notwendigerweise jede Einteilung von Zeitabschnitten in Legislaturperioden ignoriert werden.325 Mithin ist nachhaltige Entwicklung auch als intergenerationelles Konzept zu qualifizieren.326 (2) Intergenerationeller Interessenausgleich Mit dem generationenübergreifenden Ansatz geht einher, dass bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung auch die Interessen der nachfolgenden Generationen zu berücksichtigen sind. Die jeweils gegenwärtige Generation ist dazu aufgerufen, ihre Bedürfnisse und Interessen mit jenen nachfolgender Generationen in Ausgleich zu bringen. Diese Forderung intergenerativer Verteilungs320 Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1084; Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 126; Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 205: vgl. Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 118; Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 112; Frenz in Hendler/Marburger/Reinhardt/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37, 40; Breier, ZfU 1997, S. 131; Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561; Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 471; Brückmann/Lee/Simonis, UPR 2002, S. 168, 169; a. A. Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, S. 432. 321 Beyerlin/Ehrmann, UPR 1997, S. 356, 357. 322 Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 120. 323 Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223. 324 Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561. 325 Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223. 326 Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, S. 432, 433; vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 456.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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gerechtigkeit327 ist das Kennzeichen des WCED-Berichts,328 sie ist Dreh- und Angelpunkt329 einer nachhaltigen Entwicklung. Entsprechend wird sie an prominenter Stelle in der Definition dieses Begriffs durch die WCED erhoben, wonach bei der gegenwärtigen Bedürfnisbefriedigung schon das bloße Risiko vermieden werden muss, dass nachfolgende Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen werden können.330 Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung enthält daher auch die Forderung nach einem intergenerationellen Interessenausgleich. Diese Ausformung des intergenerationellen Aspekts des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes wird in Prinzip 3 der Rio-Deklaration besonders deutlich, nach dem das Recht auf Entwicklung so erfüllt werden muss, dass den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen heutiger und künftiger Generation in gerechter Weise entsprochen wird, id est „intergenerational equity“.331 In der Sache bedeutet dies die Anerkennung des Anliegens einer Bedarfsdeckung, die am Maßstab der intergenerationellen Gerechtigkeit orientiert ist und durch nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcenbasis erfolgen soll.332 Das Konzept des intergenerationellen Interessenausgleichs begrenzt die Begünstigung der nachfolgenden Generationen freilich insoweit, als ihre Interessen zwar für Entscheidungen der gegenwärtigen Generation Relevanz entfalten müssen, es fordert jedoch nicht, kommende Generationen im Sinne eines weiteren Verständnisses von Generationengerechtigkeit nach Möglichkeit besser zu stellen.333 cc) Globalität Die im Bericht der WCED enthaltene Bezugnahme auf globale Entwicklungen und auf die Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern übersteigt zudem das nationale Souveränitätskonzept.334 Nachhaltige Entwick327 Zilleßen, Aus Politik und Zeitgeschichte, Band 50/1998, S. 3, 4; Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 206; vgl. ders., ZAU 1994, S. 14, 15. 328 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 456. 329 Vgl. Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 20. 330 Vgl. Abschnitt D. III. 1. a) bb). 331 Vgl. Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), S. 131, 133; Callies, DVBl. 1998, S. 559, 560; Ausführlich zur intergenerationellen Gerechtigkeit als ethischem Konzept und zu den verschiedenen Begründungsmustern einer Zukunftsverantwortung der gegenwärtigen Generation Leist in Bayertz, Praktische Philosophie, S. 323 ff.; vgl. hierzu auch Hösle, Moral und Politik, S. 808 ff. sowie Mieth, Diskussionsbeitrag, in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 173, 175. 332 Vgl. Schröder, AVR 34 (1996), S. 251, 256. 333 So aber Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 137.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
lung steht daher in gewissem Umfang auch für einen globalen Ansatz, was freilich eine Berücksichtigung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes auch im rein nationalen Rahmen nicht ausschließt, sondern als Voraussetzung für eine effiziente Umsetzung einer globalen nachhaltigen Entwicklung geradezu bedingt. dd) Normativität Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung zeichnet sich zudem durch Normativität aus.335 Es ist daher immer wieder eine genaue Inhaltsbestimmung vorzunehmen, wobei nachhaltige Entwicklung nur zum Teil wissenschaftlich-logisch „entdeckt“ werden kann und zumeist durch Wertung und Abwertung im Diskurs vereinbart werden muss.336 Da es sich insoweit zuvörderst um eine Aufgabe politischer Gestaltung handelt, wird dem Recht bei der Realisierung des Konzepts nur eine eingeschränkte Rolle zugemessen337 und sogar vertreten, die Jurisprudenz könne zur Definition des Begriffs wenig beitragen.338 Richtig ist jedoch, dass der Jurist im Prozess der Inhaltsbestimmung des Begriffs insoweit beitragen kann, als dass er beim Einsatz des Rechts als politischem Gestaltungsinstrument berät.339 ee) Partizipation Das Konzept baut insbesondere aufgrund der Normativität des Begriffs auch darauf auf, Konkretisierungen in einem konsensorientierten Dialog zwischen den staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren zu erfahren.340 Die Definition einer nachhaltigen Entwicklung sowie deren Umsetzung bleibt daher nach international übereinstimmender Auffassung nicht den Parlamenten und Regierungen der Staaten allein überlassen. b) Staatsverschuldung als Teilaspekt allgemeiner Nachhaltigkeit Ausgehend von diesen Prämissen und insbesondere von den intergenerationellen Aspekten der Nachhaltigkeit ist innerhalb der nationalen Politik, in der 334 335 336
Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223. Klemmer, ZAU 1994, S. 14. Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223; vgl. Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449,
455. 337
Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 112 m. w. Nachw. Schröder, AVR 34 (1996), S. 251, 275. 339 Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 480. 340 Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223; vgl. Umweltbundesamt, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 1. 338
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
185
sich mittlerweile kein Bereich mehr den abstrakten Vorgaben der nachhaltigen Entwicklung entziehen kann,341 auch die Staatsverschuldung als ein Problembereich, auf welchen Vorgaben des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes anzuwenden sind, identifiziert worden. So wird in der jüngeren Vergangenheit insbesondere von der Bundesregierung die mit der Staatsverschuldung verbundene Frage der Generationengerechtigkeit thematisiert und der Begriff der nachhaltigen Entwicklung entsprechend politisch konkretisiert. Dabei sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs zwischen den Generationen als Mittelpunkt der Diskussion um die Staatsverschuldung342 und benennt die Gewährleistung von Generationengerechtigkeit zugleich als ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel.343 In ihrer „Strategie Nachhaltige Entwicklung“ aus dem Jahr 2002 stellt die Exekutive gleichsam in einem programmatischen Leitsatz fest: „Künftig wollen wir nicht mehr auf Kosten nachfolgender Generationen leben“.344 Entsprechend
341
Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561 f.; vgl. Menzel, ZRP 2001, S. 221, 223. Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, Strategie Nachhaltige Entwicklung, S. 5. Zwar rekurriert der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen zur Definition der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik insoweit einschränkend ausschließlich auf die dauerhafte Sicherung der haushaltspolitischen Handlungsfähigkeit und den Beitrag zum Wirtschaftswachstum, Monatsbericht 01.2002 des Bundesministeriums der Finanzen, S. 49. Jedoch verfolgt das Bundesministerium der Finanzen, ebenso wie die Bundesregierung insgesamt, mit der Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in die nationale Finanzpolitik vornehmlich das Ziel einer intergenerationellen Gerechtigkeit. Die verstärkte Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten und damit verbundene Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen werden seitens des Bundesministeriums der Finanzen allerdings auch deshalb für unabdingbar erachtet, weil andernfalls aufgrund stetig ansteigender Zinsausgaben für Kreditaufnahmen in der langfristigen Perspektive die staatliche Handlungsfähigkeit insgesamt gefährdet wäre, Notizen des Gesprächs mit Frau RD’in Elke Kallenbach, Referentin im Generalreferat für Finanzpolitik des Bundesministeriums für Finanzen, v. 19. Juli 2004. Vgl. zu dieser Analyse auch Bundesministerium der Finanzen, Aktualisierung des Deutschen Stabilitätsprogramms, Dezember 2003, S. 43. Insoweit resultiert die Inkorporation von Nachhaltigkeitsaspekten in die staatliche Finanzpolitik des Bundesministeriums für Finanzen auch aus der Annahme einer entsprechenden ökonomischen Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung, Notizen des Gesprächs mit Frau RD’in Elke Kallenbach, Referentin im Generalreferat für Finanzpolitik des Bundesministeriums für Finanzen, v. 19. Juli 2004. 343 Bundesministerium der Finanzen, Aktualisierung des Deutschen Stabilitätsprogramms, Dezember 2003, S. 43. 344 Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, Strategie Nachhaltige Entwicklung, S. 103. Die Definition des Begriffs der Generationengerechtigkeit durch das Bundesministerium der Finanzen entspricht dabei grundsätzlich derjenigen des Abschlussberichts der WCED, Notizen des Gesprächs mit Frau RD’in Elke Kallenbach, Referentin im Generalreferat für Finanzpolitik des Bundesministeriums für Finanzen, v. 19. Juli 2004. D.h., die Finanzpolitik soll die Befriedigung der Bedürfnisse der Gegenwart sicherstellen, ohne dabei zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen finanzpolitischen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können, vgl. hierzu Abschnitt D. III. 1. a) bb). 342
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
wird die Generationengerechtigkeit als eines der Handlungsfelder einer auf eine langfristige Tragfähigkeit ausgerichteten Finanzpolitik charakterisiert.345 Im Sommer 2004 hat die Bundesregierung diese grundsätzliche Ausrichtung nationaler Staatsverschuldungspolitik bestätigt und sich erneut zu mehr Generationengerechtigkeit als Kernelement ihrer Finanzpolitik bekannt.346 In Übereinstimmung mit dieser Prioritätensetzung ist durch die Exekutive weiter die Festlegung getroffen worden, das Thema „Nachhaltigkeit und Finanzhaushalt“ zu einem Schwerpunkt für die Arbeitsphase 2004–2006 der Nachhaltigkeitsstrategie zu machen.347 Aus der exekutiven Prioritätensetzung wird deutlich, dass das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in den seit dem Bericht der WCED vergangenen Jahren in der politischen Diskussion eine umfangreiche inhaltliche Fortentwicklung erfahren hat. So wird insbesondere das dem Grundsatz zugrunde liegende Konzept des intergenerationellen Interessenausgleichs heute im politischen Umfeld nicht mehr ausschließlich auf Fragen der ökologischen Entwicklung bezogen, sondern findet vielmehr umfassende Anwendung auf verschiedene Politikbereiche, welche einen Bezug zu langfristig wirkenden Verfügungen und damit Fragen intergenerationeller Gerechtigkeit aufweisen. Dies reflektiert die bei konsequenter Auslegung des Begriffs gebotene weite Fassung des Anwendungsbereichs, nach der all jene Tatbestände Gegenstand von Nachhaltigkeitserwägungen sein müssen, die einen Bezug zu dem Ziel der Gewährleistung eines längerfristigen Überlebens der menschlichen Gesellschaften aufweisen.348 Entsprechend findet der Nachhaltigkeitsgrundsatz heute – jedenfalls im politischen Raum – bei der Planung und Ausgestaltung der Finanzierung des Staates Berücksichtigung. Mittlerweile existieren auch in der Literatur Hinweise auf eine entsprechende Fortentwicklung der Auslegung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes.349 345 Bundesministerium der Finanzen, Aktualisierung des Deutschen Stabilitätsprogramms, Dezember 2003, S. 42. 346 Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, Entwurf des Nachhaltigkeitsberichts 2004 (Zwischenbericht), S. 31. Die Generationengerechtigkeit stellt zugleich eine der vier Koordinaten dar, die nach Auffassung der Bundesregierung das Leitbild nachhaltiger Entwicklung charakterisieren, vgl. Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 37. 347 Schreiben des Rates für Nachhaltige Entwicklung v. 3. Juni 2004. 348 Vgl. Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 198. Diese Ausweitung des Nachhaltigkeitsgedankens ist im politischen Raum jedoch nicht ohne Widerspruch geblieben. Insbesondere wird seitens der umweltpolitischen Interessenvertreter eine „Begriffsauflösung“ befürchtet, vgl. Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 150. 349 Siehe Tremmel/Laukemann/Lux, ZRP 1999, S. 432, 433, die von einer „finanziellen Nachhaltigkeit“ sprechen. Auch Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 128 identifizieren ökonomische Qualitäts- und Handlungsziele der Nachhaltigkeit, zu denen unter anderem ein ausgeglichener Staatshaushalt, ein Abbau der jährlichen Netto-
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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Nachhaltigkeit bedeutet nach alledem auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Finanzierungsaktivitäten des Staates. Bei der Ausgestaltung der Finanzierung des Staates ist mithin unter dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz zunächst unabhängig von den Direktiven des Demokratieprinzips und den Maßgaben des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG eine Inblicknahme der Interessen nachfolgender Generationen erforderlich. Mit der Zielsetzung eines unter intergenerationellen Aspekten gerechten Staatshandelns weist der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz folglich auch hinsichtlich der Finanzierungsaktivitäten des Staates einen Konnex zu der Frage der Begrenzung bzw. zulässigen Ausgestaltung von Vorwegdispositionen auf. c) Die finanzwissenschaftliche Rezeption von Nachhaltigkeitsaspekten Diese Zielsetzung intergenerationeller Gerechtigkeit und der daraus abzuleitende Konnex wird überdies evident, wenn man über die Beachtung des Grundsatzes im politischen Raum hinaus die Inhalte der in der Finanzwissenschaft in der jüngeren Vergangenheit geführten Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsaspekten heranzieht. Denn der Nachhaltigkeitsgrundsatz prägt seit ungefähr 15 Jahren auch die finanzwissenschaftlichen Untersuchungen zur öffentlichen Verschuldung. Hintergrund dieser Rezeption von Nachhaltigkeitsaspekten auch in der Finanzwissenschaft ist, dass durch diese Disziplin ebenso die Notwendigkeit einer langfristigen Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte erkannt wurde.350 Insbesondere vor dem Hintergrund exzessiver Kreditaufnahmen der öffentlichen Haushalte zu Beginn der 1980er Jahre wurde daher auch durch Finanzwissenschaftler zunehmend thematisiert, ob eine derartige Verschuldungspolitik „nicht nur nicht vernünftig, sondern auch nicht nachhaltig“351 sein könnte. Ausgehend von dieser Fragestellung geht es bei der Messung der Nachhaltigkeit durch finanzwissenschaftliche Methoden allgemein darum, die langfristigen Konsequenzen und den fiskalischen Korrekturbedarf möglicher Fehlentwicklungen für den gesamten öffentlichen Sektor aufzuzeigen. Vereinfacht ausgedrückt geht die Finanzwissenschaft dabei davon aus, dass eine nachhaltige Finanzpolitik eine solche ist, welche man von der Gegenwart bis in alle Zukunft und damit für alle nachfolgenden Generationen unverändert fortführen kann. Unverändert heißt insoweit, dass bei konstanter Steuer- und Beitragslast auch zukünftig alle Menschen gleich bleibende Leistungen empfangen können.352 Im Vorderkreditaufnahme bis 2009 auf Null und dann ein jährlicher Abbau der Schulden um 5 % sowie das Unterlassen von Nettoverkäufen öffentlichen Vermögens gehören. Vgl. auch Tremmel, Nachhaltigkeit als politische und analytische Kategorie, S. 121. 350 Vgl. Raffelhüschen, Wirtschaftsdienst 2002, S. 73. 351 Blanchard, OECD Economic Studies No. 15, S. 7, 8.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
grund der finanzwissenschaftlichen Rezeption von Nachhaltigkeitsaspekten steht damit die budgetäre Nachhaltigkeit.353 Die finanzwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen der nachhaltigen Ausrichtung staatlicher Finanzierung konzentriert sich heute auf zwei Konzepte zur wissenschaftlichen Messung der Nachhaltigkeit öffentlicher Haushalte. Es handelt sich hierbei um das OECD-Konzept der „fiscal sustainability“ und das Konzept des so genannten „generational accounting“. Beide Konzepte sind in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihrer methodischen Geeignetheit durch die Finanzwissenschaft diskutiert354 und in Hinblick auf einzelne Berechnungsvariablen auch in Teilen fortentwickelt und damit modifiziert worden. Die für den Gang der Untersuchung entscheidenden Erkenntnisse lassen sich jedoch bereits aus den Grundstrukturen beider Konzepte entnehmen, weswegen sich die nachfolgende Darstellung auf diese konzentriert. aa) Das Konzept der „fiscal sustainability“ Das Konzept der „fiscal sustainability“355 wurde Anfang der 1990er Jahre von Olivier Blanchard im Auftrag der OECD entwickelt. Das Konzept ermöglicht es, die Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushaltspolitik in einem relativ einfachen Indikator zusammenzufassen.356 Der Indikator berücksichtigt den unumgänglichen Ausgleich zwischen Einzahlungen und Auszahlungen im staatlichen Haushalt in Form der so genannten intertemporalen Budgetrestriktion des Staates über einen Zeitraum von etwa 30 bis 50 Jahren.357 Der Begriff der intertemporalen Budgetrestriktion beschreibt dabei, dass heutige Kreditaufnahmen in der Zukunft den budgetären Handlungsspielraum des Staates entsprechend einschränken.358 Daher verlangt die Erfüllung der intertemporalen Budgetrestriktion des Staates zwar keinen jährlichen Budgetausgleich, fordert aber, dass, auf den jeweiligen Betrachtungszeitraum bezogen, der Wert aller heutigen und zukünftigen Ausgaben des Staates durch den Wert aller heutigen und zukünftigen Einnahmen des Staates gedeckt wird.359 352
Raffelhüschen, Wirtschaftsdienst 2002, S. 73. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 9. 354 Vgl. nur Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 15 f. u. S. 37 f. 355 Blanchard, OECD Economic Studies No. 15, S. 7 ff. 356 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 357 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68; Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 520 f. 358 Blankart, Öffentliche Finanzen, S. 369. 359 Raffelhüschen, Wirtschaftsdienst 2002, S. 73, 74. 353
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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Im Rahmen der intertemporalen Budgetrestriktion werden mithin die gegenwärtigen und alle zukünftigen Haushalte des Betrachtungszeitraums zur Ermittlung einer nachhaltigen Finanzpolitik in die Analyse einbezogen. Um bei dieser Betrachtungsweise die unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte vergleichbar zu machen, werden alle zukünftigen Zahlungen auf die Gegenwart diskontiert, also als Barwert ausgedrückt. Nach der intertemporalen Budgetrestriktion ist die Verschuldungspolitik dabei dahingehend beschränkt, dass der Barwert der langfristigen Staatsschuld gegen Null konvergieren sollte.360 Damit diese Bedingung erfüllt ist, muss der Barwert aller gegenwärtigen und zukünftigen Primärüberschüsse der Haushalte, d.h. der Differenz zwischen staatlichen Einnahmen und Ausgaben (ohne Zinszahlungen) mit der im Ausgangszeitpunkt der Betrachtung bestehenden Staatsschuld übereinstimmen.361 Die damit einhergehende Veränderung der Schuldenstandsquote von Null wird üblicherweise als plausible Interpretation von Nachhaltigkeit angesehen.362 Aus dieser Konzeption lässt sich unmittelbar folgende Definition der „fiscal sustainability“ ableiten: Eine Finanzpolitik ist nachhaltig, wenn der Barwert aller Primärüberschüsse der Höhe der gegenwärtigen Staatsschuld entspricht. Ist der Barwert der Primärüberschüsse kleiner, besteht eine Nachhaltigkeitslücke.363 Die Nachhaltigkeitslücke ist damit als Barwert aller Abweichungen von dem intertemporalen staatlichen Haushaltsausgleich zu verstehen.364 Ihre Ursache kann sowohl in einer unzureichenden Einnahmeentwicklung als auch in steigenden Ausgabenanforderungen liegen, die an den Staatshaushalt gerichtet werden und beispielsweise demographisch bedingt sein können.365 Verteilt man nunmehr die Nachhaltigkeitslücke, ähnlich wie eine Annuität, über den Analysezeitraum, so lässt diese sich als „tax gap“, im Deutschen „Steuerlücke“, darstellen, mithin als notwendig durchzusetzende Erhöhung der Abgabenquote, um den intertemporalen Haushaltsausgleich einzuhalten.366 Alternativ zu einer Erhöhung der Abgabenquote ist freilich auch eine entsprechende Absenkung der staatlichen Ausgabenquote zur Schließung der Nachhaltigkeitslücke denkbar.367 Die Nachhaltigkeitslücke wird oft in Prozent des Brut360 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 13. 361 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 362 Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 521. 363 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 15; Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 521. 364 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 365 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 366 Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 521; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 19; Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 367 Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 521.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
toinlandproduktes des Ausgangszeitraums ausgedrückt, um sie zur Wirtschaftskraft eines Landes in Verbindung zu setzen.368 bb) Das Konzept des „generational accounting“ Ähnlich wie das Konzept der „fiscal sustainability“ basiert auch die Idee des „generational accounting“ auf der Annahme einer intertemporalen Budgetrestriktion. Das Konzept wird jedoch abweichend hergeleitet: Als Grundlage dienen so genannte Generationenkonten, die für jeden noch lebenden Geburtsjahrgang berechnet werden. Ein Generationenkonto beschreibt die finanziellen Beziehungen des Staates zu einem durchschnittlichen Mitglied der entsprechenden Altersklasse über dessen restliche Lebenszeit.369 Zur Berechnung eines Generationenkontos wird zunächst für jede gegenwärtige und zukünftige Generation der Barwert ihrer Nettosteuerzahlungen, also der Leistungen an den Staat, ermittelt. Die Nettosteuerzahlung einer Generation in einer Periode ergibt sich dabei aus der Differenz zwischen ihren Steuerzahlungen und den von ihr empfangenen Transfers, also der vom Staat erhaltenen Leistungen.370 Außerdem wird der Barwert aller gegenwärtigen und zukünftigen staatlichen Ausgaben ermittelt. Berücksichtigt man dann die in der Gegenwart, d.h. im jeweiligen Basisjahr ausstehende Staatsschuld, lassen sich die intertemporale Budgetrestriktion und eine Bedingung für nachhaltige Finanzpolitik formulieren: Bei einem unendlichen Zeithorizont verlangt Nachhaltigkeit dann, dass der Barwert der Nettosteuerzahlungen aller gegenwärtigen und zukünftigen Generationen dem Barwert der staatlichen Ausgaben zuzüglich der ausstehenden Staatsschuld entspricht. Verletzt die Finanzpolitik diese Bedingung, entsteht eine Nachhaltigkeitslücke.371 Das Konzept des „generational accounting“ berücksichtigt damit ebenfalls die intertemporale Budgetrestriktion des Staates, geht aber davon aus, dass die staatlichen Einnahmen und Ausgaben einzelnen Altersjahrgängen zugerechnet werden. Damit wird für jeden Jahrgang eine Generationenbilanz erstellt.372 Mit Hilfe der Methode lassen sich folglich Aussagen darüber treffen, ob die Steuerund Transferpolitik des jeweiligen Altersjahrgangs in der Zukunft beibehalten 368
Manzke, Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte, S. 6. Manzke, Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte, S. 3; vgl. Jägers/Raffelhüschen, European Economy 6/1999, S. 2. 370 Manzke, Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte, S. 3. 371 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 31; vgl. Jägers/Raffelhüschen, European Economy 6/1999, S. 2. 372 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 369
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
191
oder ob früher oder später Anpassungen der Politik zur Erfüllung der intertemporalen Budgetrestriktion des Staates notwendig werden.373 Die dem Konzept zugrunde liegende Lebenszeitbetrachtung zwingt dabei zu einer im Vergleich zur „fiscal sustainability“ weit ausgreifenden zeitlichen Perspektive. Denn soll ein vollständiges Generationenkonto für einen Jahrgang ermittelt werden, so muss die Betrachtungszeit den gesamten Lebenshorizont erfassen, mithin neunzig bis hundert Jahre.374 Daher fallen die nach dem Konzept des „generational accounting“ ermittelten Nachhaltigkeitslücken in der Regel auch um ein Vielfaches höher aus als die nach der OECD-Methode berechneten Ergebnisse. Denn die Diskrepanz ist in erster Linie auf den sehr langen Zeithorizont des „generational accounting“ zurückzuführen,375 da sich insbesondere demographisch bedingte Finanzierungslücken im Zeitverlauf kumulieren.376 cc) Schlussfolgerungen Die in der Finanzwissenschaft geführte Auseinandersetzung mit der Messung der Nachhaltigkeit öffentlicher Haushalte zeigt zunächst erneut auf, dass es sich bei dem Nachhaltigkeitsgrundsatz mittlerweile um ein interdisziplinär beachtetes Konzept handelt. Denn eine Analyse der zur Messung von Nachhaltigkeit durch die Finanzwissenschaft eingesetzten Konzepte der „fiscal sustainability“ und des „generational accounting“ ergibt nicht nur eine Inblicknahme der dauerhaften Fortführbarkeit der gegenwärtigen Finanzpolitik durch die wissenschaftlichen Untersuchungen. Darüber hinaus stehen auch in der finanzwissenschaftlichen Thematisierung der Nachhaltigkeit normative Verteilungsaspekte in Rede.377 Denn auch die finanzwissenschaftliche Debatte setzt insoweit die gegenwärtigen und die nachfolgenden Generationen in Beziehung. Hierbei steht, wie auch in Hinblick auf den allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz, die Frage intergenerativer Verteilungsgerechtigkeit im Vordergrund. Denn beide beschriebenen Konzepte gehen mit unterschiedlichen Ansätzen davon aus, dass nur eine Finanzpolitik nachhaltig ist, welche von der Gegenwart bis in alle Zukunft und damit für alle nachfolgenden Generationen unverändert fortgeführt werden kann. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass im Falle der Identifizierung von
373
Jägers/Raffelhüschen, European Economy 6/1999, S. 1. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 38. 375 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 47. 376 Kitterer, Wirtschaftsdienst 2002, S. 67, 68. 377 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik, S. 9. 374
192
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Nachhaltigkeitslücken das Entstehen intergenerativer Verteilungsungerechtigkeiten droht, z. B. deswegen weil eine Nachhaltigkeitslücke durch erhöhte Steuerzahlungen einer nachfolgenden Generation geschlossen werden muss, welche damit zumindest teilweise die Finanzierung der Ansprüche früherer Generationen übernimmt. Die intergenerative Verteilungsgerechtigkeit ist damit auch in der finanzwissenschaftlichen Debatte Thema der Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nachhaltigkeit. Es trifft nach alledem zu, dass für den Bereich der öffentlichen Finanzwirtschaft Nachhaltigkeit in erster Linie die Sicherung der politischen Handlungsfähigkeit des Staates bei gleichzeitig angestrebter fairer Behandlung zukünftiger Generationen bedeutet. Fairness ist dabei zu verstehen in einem weiten Sinn als Ausgewogenheit der Lasten, die den nachfolgenden Generationen im Verhältnis zur gegenwärtigen Generation durch staatliches Handeln aufgebürdet werden.378 Im Ergebnis bewegt sich die Diskussion von Nachhaltigkeitsaspekten in der Finanzwissenschaft mithin in demselben übergreifenden theoretischen Kontext, welcher auch in Hinblick auf die anderen dargestellten bisherigen Ausformungen des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes festgestellt werden kann. Nachhaltigkeit bedeutet damit auch nach ihrer finanzwissenschaftlichen Rezeption zu einem signifikanten Anteil intergenerative Verteilungsgerechtigkeit. Folglich weist auch der Nachhaltigkeitsbegriff der Finanzwissenschaften einen grundsätzlichen Konnex zu der Frage der Begrenzung bzw. zulässigen Ausgestaltung von Vorwegdispositionen auf. 3. Die Frage der verfassungsrechtlichen Verankerung der Nachhaltigkeitsgrundsatzes Fraglich ist jedoch, ob und wenn ja, inwieweit der Nachhaltigkeitsgrundsatz als verfassungsrechtliche Orientierung dienen kann. Es stellt sich mithin die Frage nach der verfassungsrechtlichen Inkorporierung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes und gegebenenfalls nach deren näherer Ausgestaltung. a) Bezugnahmen des Art. 20a GG auf den ökologischen Teilbereich des Nachhaltigkeitsgrundsatzes Als erster Ansatzpunkt für die Annahme einer verfassungsrechtlichen Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes kommt insoweit Art. 20a GG in Betracht.
378
Bohley, Öffentliche Finanzierung, S. 519.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
193
aa) Der Regelungsgehalt des Art. 20a GG – insbesondere die Bezugnahme auf die „künftigen Generationen“ Die Norm, die nachfolgend vornehmlich auf ihren Konnex zu Nachhaltigkeitsgesichtspunkten untersucht werden soll,379 wurde im Jahr 1994380 in das Grundgesetz eingefügt. Durch Art. 20a GG hat seitdem der Umweltschutz neben den materiellen Teilen des Rechtstaatsprinzips und dem Sozialstaatsprinzip die Qualität einer materiellen Staatszielbestimmung381 erlangt.382 Schutzobjekt der Staatszielbestimmung sind die natürlichen Lebensgrundlagen,383 die Vorschrift weist diesem Ziel nunmehr ausdrücklich eine hervorragende Bedeutung zu.384 Art. 20a GG berücksichtigt zudem den Umstand, dass der Umweltschutz im Kontinuum einer sich ständig erneuernden Gesellschaft die künftige Entwicklung nicht ausblenden darf und daher zugleich die später in die Gesellschaft eintretenden Mitglieder im Auge haben muss.385 Die Vorschrift erhebt daher das bereits in der Aufklärungsphilosophie postulierte ethische Prinzip der Zukunftsverantwortung zum Verfassungsprinzip386 und legt den Staatsorganen eben diese Zukunftsverantwortung für die Umwelt auf.387 Denn die natürlichen 379 Vgl. allgemein zu Inhalt und Wirkungen des Art. 20a GG Peters, NVwZ 1995, S. 555 f. sowie zu den sich aus der Aufnahme des Tierschutzes in Art. 20a GG ergebenden Implikationen Caspar/Geissen, NVwZ 2002, S. 913 ff. 380 Die Verfassungsänderung erfolgte durch das 42. Änderungsgesetz zum Grundgesetz v. 27.10.1994, BGBl. (I) 1994, S. 3146. Zur Vorgeschichte der Verfassungsänderung und den Beratungen in der Gemeinsamen Verfassungskommission siehe Henneke, NuR 1995, S. 325 ff. 381 Zur Abgrenzung von Staatszielbestimmungen zu Staatsstrukturprinzipien und zu Grundrechten Merten, DÖV 1993, S. 368 f. 382 Waechter, NuR 1996, S. 321. 383 Bernsdorff, NuR 1997, S. 328, 331. Der in der Literatur geführte Streit um die Frage der anthropozentrischen oder ökozentrischen Ausrichtung des Staatsziels soll hier nicht erneut referiert werden, zumal er inzwischen zu Recht mehrheitlich zu Gunsten einer anthropozentrischen Sichtweise entschieden worden ist, vgl. nur Scholz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a, Rn. 39; Bernsdorff in Umbach/Clemens, Grundgesetz-Mitarbeiterkommentar, Band 1, Art. 20a, Rn. 20; Epiney in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 24 ff; Isensee, Diskussionsbeitrag, in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 173, 176; Meyer-Teschendorf, ZRP 1994, S. 73, 77; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73, 77; Peters, NVwZ 1995, S. 555; Schink, DÖV 1997, S. 221, 224 sowie Reinhardt, JuS 2000, S. 1245 f. Schon vor der Inkorporierung des Staatsziels „Umweltschutz“ in das Grundgesetz dahingehend Wienholtz, AöR 109 (1984), S.532, 548. A. a. Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 22 ff.; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 49, 52. 384 Murswiek, NVwZ 1996, S. 222, 223. 385 Sommermann in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 17. 386 Sommermann in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 17.
194
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Lebensgrundlagen werden nicht nur zu Gunsten der gegenwärtigen, sondern auch um der „zukünftigen Generationen“ willen geschützt.388 Die inhaltliche Ausrichtung des Art. 20a GG folgt damit der Erkenntnis, dass die natürlichen Lebensgrundlagen nicht nur für die lebende Generation, sondern auch für die nachfolgenden Generationen von existentieller Bedeutung sind.389 Die Statuierung einer staatlichen Zukunftsverantwortung durch Art. 20a GG hat unter anderem zur Konsequenz, dass bei der rechtlichen Bewertung der Belastung von Umweltgütern mit Schadstoffen nicht nur auf die aktuellen Auswirkungen abgestellt werden darf, sondern die Akkumulation der Schadstoffbelastung über Jahre hinweg in Betracht zu ziehen ist.390 Weiter ist nach herrschender Auffassung mit sich nicht erneuernden Ressourcen sparsam umzugehen,391 während die Nutzung sich erneuernder Ressourcen das Prinzip der Nachhaltigkeit zu beachten hat.392 Bei der Bewertung von Risiken ist zu berücksichtigen, dass schädliche Wirkungen von Umwelteingriffen möglicherweise erst nach vielen Jahren erkennbar werden.393 Langzeitrisiken müssen dabei besonders berücksichtigt werden.394 Art. 20a GG normiert folglich auch die Notwendigkeit einer intergenerationellen Gerechtigkeit, welche die Verteilungskonflikte im Sinne einer „Fairness“ gegenüber künftigen Generationen nicht zu Lasten der noch Ungeborenen entscheidet. Das natürliche und kulturelle Erbe ist durch Erhaltung von Artenvielfalt und Ressourcen den künftigen Generationen so zu übergeben, dass diesen eine Vielfalt an Möglichkeiten der Lebens- und Sozialgestaltung verbleibt.395
387
Murswiek, NVwZ 1996, S. 222, 225; vgl. Westphal, JuS 2000, S. 339, 341. Waechter, NuR 1996, S. 321, 326. 389 Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, Bundestagsdrucksache 12/ 6000, S. 67. 390 Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 32; ders., NVwZ 1996, S. 222, 225; Schink, DÖV 1997, S. 221, 225. 391 Schink, DÖV 1997, S. 221, 225; Westphal, JuS 2000, S. 339, 340; Behrends, Kritische Justiz 2000, S. 377, 381; vgl. Waechter, NuR 1996, S. 321, 326; a. A. LuxWesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 416. 392 Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 32; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20a, Rn. 7; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 49, 53; Schink, DÖV 1997, S. 221, 225; Murswiek, NVwZ 1996, S. 222, 225; Westphal, JuS 2000, S. 339, 340; Behrends, Kritische Justiz 2000, S. 377, 381; Frenz, ZG 1999, S. 143, 156; a. A. Lux-Wesener in SRzG, Handbuch Generationengerechtigkeit, S. 405, 415 f. 393 Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 32; ders., NVwZ 1996, S. 222, 225. 394 Epiney in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 31, 81; Schink, DÖV 1997, S. 221, 225; Murswiek, NVwZ 1996, S. 222, 225; ders. in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 32; Ekardt, SächsVBl. 1998, S. 49, 53. 395 Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 34. 388
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
195
bb) Der Konnex zwischen Art. 20a GG und dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung Mit der Auferlegung der Zukunftsverantwortung der Staatsorgane für die Umwelt396 und der impliziten Statuierung der Notwendigkeit intergenerationeller Gerechtigkeit weist Art. 20a GG einen Konnex zu dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung auf. Entsprechend vertritt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit im Jahr 1994 mit der Staatszielbestimmung Umweltschutz in Art. 20a GG in der Verfassung verankert worden ist.397 In der Tat trifft die Analyse zu, dass sich der verfassungsändernde Gesetzgeber des Art. 20a GG mit der Ausweitung der staatlichen Verantwortung auch für künftige Generationen der mit der durch die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 aufgeworfenen Frage der Langzeitverantwortung und damit verbundenen Herausforderungen gestellt hat.398 In den Formulierungen „Verantwortung für die künftigen Generationen“ und „natürliche Lebensgrundlagen“ sind wesentliche Versatzstücke des Nachhaltigkeitsgrundsatzes enthalten.399 Allerdings ist hier dem Umstand Beachtung zu schenken, dass Art. 20a GG mit der Positivierung der auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bezogenen Staatszielbestimmung eine ausschließliche Bezugnahme auf ökologische Problemstellungen und deren Handhabung mit Blick auch auf die intergenerationelle Perspektive enthält. Die sozial-ökonomische Komponente des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung wird durch Art. 20a GG nicht thematisiert.400 Dies entspricht dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers, der bei den Beratungen in der Gemeinsamen Verfassungskommission ausschließlich den Umweltschutz als Gegenstand der Staatszielbestimmung im Blick hatte.401 Für ein weitläufigeres Verständnis des Art. 20a GG im Sinne einer Inkorporierung des gesamten Nachhaltigkeitskonzepts lassen sich daher weder aus dem Wortlaut, noch der Entstehungsgeschichte der Norm Anhaltspunkte auffinden.402 Mithin würde es die Vorschrift überfrachten, sie auch für 396 Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 32; vgl. Bernsdorff in Umbach/Clemens, Grundgesetz-Mitarbeiterkommentar, Band 1, Art. 20a, Rn. 26. 397 Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113; vgl. Däubler-Gmelin, ZRP 2000, S. 27, 28; zustimmend Streinz, Die Verwaltung 31 (1998), S. 449, 472. 398 Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73, 78; vgl. Epiney in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 30. 399 Brückmann/Lee/Simonis, UPR 2002, S. 168, 170; Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 123; vgl. Frenz, ZG 1999, S. 143, 156; ders. in Hendler/Marburger/ Reinhardt/Schröder, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1999, S. 37, 40. 400 Sommermann in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20a, Rn. 23; Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 37. 401 Vgl. nur den Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, Bundestagsdrucksache 12/6000, S. 65 sowie 67 f.
196
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
die soziale und ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit fruchtbar zu machen.403 Im Ergebnis bezieht sich die verfassungsrechtliche Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten durch Art. 20a GG demzufolge ausschließlich auf den ökologischen Teilbereich des Nachhaltigkeitsgrundsatzes. Infolgedessen ist insoweit von der Inkorporierung ausschließlich eines „ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes“ über die Staatszielbestimmung Umweltschutz auszugehen. Darüber hinaus gehende Aspekte der Nachhaltigkeit, welche weitere Teilbestandteile des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes statuieren, werden hingegen von Art. 20a GG nicht erfasst. b) Die Frage der Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes über das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG Während unter Bezugnahme auf Art. 20a GG demgemäß ausschließlich von einer verfassungsrechtlichen Inkorporierung eines ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes ausgegangen werden kann, wird vereinzelt auch eine verfassungsrechtliche Verankerung des weiter gefassten allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes über das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG vertreten.404 aa) Die Qualifizierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes als konstituierendes Element der Rechtsstaatlichkeit Dieser Argumentationsansatz baut darauf auf, dass es ein Spezifikum des Nachhaltigkeitsgrundsatzes als gesamthaften Ansatz darstellt, widerstreitende Interessen, welche durch die verschiedenen durch den Grundsatz verfolgten Belange entstehen, abzuwägen. Geboten sei daher eine Konfliktbewältigung durch Abwägung, die als Rechtsfigur nicht nur planerisches Handeln präge, sondern die gesamte Rechtsordnung und auch das Verfassungsrecht.405 Jene Abwägung sei aber nicht rechtsfrei gestellt, sondern rechtsstaatlich gebunden und zwar insbesondere an die Maßgaben der Verhältnismäßigkeit – und daher im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG radiziert. Dies streite dafür, den allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz als verfassungsrechtlich verankert anzusehen, wie es auch für das planerische Abwägungsgebot anerkannt sei.406 Für die prinzipielle Einbeziehung des Grundsatzes in den positiven Garantiebereich des rechtsstaatlichen Grundsatzes spreche zudem, dass wesentliche Charakteristika 402 403 404 405 406
Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, S. 113. Ketteler, NuR 2002, S. 513, 517 m. w. Nachw. Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1086. Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1086. Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1086.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
197
des Nachhaltigkeitsgrundsatzes durch das im Rechtsstaatsprinzip angelegte und an materieller Gerechtigkeit orientierte Angemessenheitsprinzip abgedeckt würden.407 bb) Kritik Diese von einer Qualifizierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes als konstituierendes Element der Rechtsstaatlichkeit408 ausgehende Argumentation muss jedoch systematischer Kritik begegnen. Zu deren Verdeutlichung sollen zunächst sowohl das planungsrechtliche Abwägungsgebot als auch das Angemessenheitsprinzip näher untersucht werden. Soweit das Abwägungsgebot zur Begründung einer Strukturgleichheit zwischen Rechtsstaatsprinzip und allgemeinem Nachhaltigkeitsgrundsatz herangezogen wird, ist zunächst der präzise Inhalt der sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung ergebenden Abwägung zu berücksichtigen: Es handelt sich hierbei um ein Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.409 Auch das verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit und damit die Angemessenheit als die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne410 stellt zuvörderst auf klassische Grundrechtsbeschränkungen und im weiteren auf Eingriffe in gesicherte Rechtspositionen überhaupt ab.411 Das Bundesverfassungsgericht hat den Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demgemäß auf das Verhältnis von Staat und Bürger beschränkt.412 Sowohl das zu Zwecken des Nachweises der Strukturgleichheit zwischen Rechtsstaatsprinzip und allgemeinem Nachhaltigkeitsgrundsatz herangezogene planerische Abwägungsgebot als auch das Angemessenheitsprinzip stellen sich mithin rechtstechnisch als Prinzipien dar, welche entscheidungsvorbereitende und -leitende Funktion bei behördlichen Vorgängen entfalten, durch die Interessenkonflikte zwischen Bürger und Staat, d.h. konfligierende private und öffentliche Interessen in der Staatspraxis der Verwaltung unter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien handhabbar gemacht und im Ergebnis gerecht auflöst werden sollen. Nach dieser differenzierten Betrachtung des planerischen Abwägungsgebotes und des Angemessenheitsprinzips ist höchst fraglich, ob von einer Struktur407
Erbguth, DVBl. 1999, S. 1082, 1087. Brückmann/Rogall, UPR 2001, S. 121, 123. 409 Hoppe in ders./Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 1, S. 145. 410 Sachs in ders., Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20, Rn. 102. 411 Sachs in ders., Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20, Rn. 94. 412 Sommermann in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 2, Art. 20 GG, Rn. 307. 408
198
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
gleichheit zum Nachhaltigkeitsgrundsatz ausgegangen werden kann. Insoweit soll hier zuvörderst der intergenerationelle Aspekt des Nachhaltigkeitsgrundsatzes interessieren, welcher einen Interessenausgleich zwischen der jeweils gegenwärtigen und den ihr nachfolgenden Generationen vorsieht. Es muss bezweifelt werden, dass dieser Interessenkonflikt zwischen der heute mit Gestaltungsmacht versehenen und den erst in Zukunft in diese Position nachrückenden Generationen als strukturgleich zu einer Abwägung zwischen jeweils gegenwärtigen privaten und öffentlichen Interessen qualifiziert werden kann. Das auf die Zuordnung des Interesses abstellende Unterscheidungskriterium trägt hier nicht; weder das Interesse der gegenwärtigen, noch jenes der nachfolgenden Generationen kann zweifelsfrei zugeordnet werden. Berücksichtigt man Anwendungsbereiche des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes wie die generationengerechte Finanzierung des Staates oder auch die ökologische Ressourcenschonung, so wird man die konfligierenden Interessen sowohl der gegenwärtigen als auch der nachfolgenden Generationen wohl eher als jeweils gemeinschaftlich, mithin als jeweils mit öffentlichem Charakter versehen einordnen können. Generell ist bei der Frage intergenerationellen Interessenausgleichs ein Gegenüberstehen privater und öffentlicher Interessen eher unwahrscheinlich, da insoweit sowohl den gegenwärtigen als auch den nachfolgenden Interessen regelmäßig ein starkes gemeinschaftliches Element innewohnt. Im Ergebnis kommt es aber zuvörderst darauf an, dass bei der Frage eines intergenerationellen Interessenausgleichs jedenfalls eine eindeutige Zuordnung der Generationeninteressen in den privaten oder öffentlichen Bereich nicht möglich ist. Damit qualifiziert der generationenspezifische Interessenkonflikt jedoch allenfalls als ein Widerstreit allgemeiner Natur. Dann aber fehlt ihm – und gleiches trifft für unzählige andere, zwischen gegenwärtigen Parteien auftretende Interessenkonflikte zu – aufgrund des Mangels an einem Gegenüberstehen von Staatsinteresse einerseits und Privatinteresse andererseits jene Strukturgleichheit, auf welche zur Begründung der Inkorporierung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes in das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gerade Bezug genommen wird. Dabei soll nicht negiert werden, dass der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz auch Gerechtigkeitsaspekte thematisiert und mithin eine prinzipielle Wesensgleichheit zu rechtsstaatlichen Garantien aufweist. Um unter Heranziehung dieser Aspekte eine verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes zu begründen, bestehen aber zu weitgehende strukturelle Unterschiede zwischen den jeweils zur Abwägung anstehenden Interessen. Im Ergebnis ist daher nicht schlüssig begründbar, dass der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz über Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich inkorporiert ist.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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c) Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes als Bestandteile des Demokratieprinzips sowie der Regelungen über die Staatsverschuldung Fraglich ist deswegen, ob eine verfassungsrechtliche Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes unter Bezugnahme auf andere verfassungsrechtliche Normen begründet werden kann. Verfolgt man insoweit den bereits in Zusammenhang mit der These einer Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes über Art. 20 Abs. 3 GG erörterten Ansatz, welcher zur Begründung einer spezifischen verfassungsrechtlichen Verankerung auf Strukturgleichheiten zwischen den Charakteristika des Grundsatzes und den Direktiven einer bestehenden verfassungsrechtlichen Vorschrift abstellt, so erscheinen insoweit das Demokratieprinzip und die Regelungen über die Staatsverschuldung relevant. aa) Strukturgleichheiten in Bezug auf die Direktiven des Demokratieprinzips In Frage steht folglich zunächst das Vorhandensein von Strukturgleichheiten der Charakteristika des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes einerseits und den Direktiven des Demokratieprinzips andererseits. Eine Strukturgleichheit könnte insoweit unter dem Gesichtspunkt des Aussagegehaltes des Grundsatzes und der verfassungsrechtlichen Vorschrift in Hinblick auf weit reichende staatliche Dispositionen zu konstatieren sein. Nach der hier vertretenen Auslegung des Demokratieprinzips kann diesem ein Aussagegehalt hinsichtlich der Zulässigkeit und Ausgestaltung von Vorwegdispositionen entnommen werden; die Norm enthält mithin entsprechende Direktiven.413 Damit beinhaltet das Demokratieprinzip grundsätzlich einen Regelungsgehalt hinsichtlich der Frage des Offenhaltens von Entscheidungsspielräumen nachfolgender Generationen, wenngleich die entsprechenden Direktiven des demokratischen Prinzips insoweit konkretisierungsbedürftig sind. Wenn auch nicht expressis verbis auf Vorwegdispositionen bezogen, so enthält der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz konzeptionell vergleichbare Aussagegehalte. Denn das Konzept nimmt neben anderen Charakteristika auch auf intergenerationelle Aspekte Bezug und thematisiert insoweit die Notwendigkeit der Generationengerechtigkeit. Indem das Konzept der Nachhaltigkeit vorsieht, dass auch nachfolgende Generationen ihre Entwicklungs- und Umweltbedürfnisse umsetzen können müssen,414 geht es notwendigerweise vom Vorhanden413 414
Siehe Abschnitt D. I. 4. d) aa). Siehe Abschnitt D. III. 2. a) bb) (2).
200
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
sein respektive der Notwendigkeit der Sicherung entsprechender zukünftiger Entscheidungsspielräume aus. Mittelbar thematisiert der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz damit auch die Ausgestaltung von Vorwegdispositionen und zwar dergestalt, dass den nachfolgenden Generationen prinzipiell mit der gegenwärtigen Generation vergleichbare Entscheidungsspielräume zustehen müssen. Hierfür streitet insbesondere die Statuierung der Notwendigkeit eines gerechten Ausgleichs der Interessen der gegenwärtigen und der nachfolgenden Generationen, die insoweit eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Entscheidungsspielräume der heute mit Gestaltungsmacht versehenen und den erst in Zukunft in diese Position nachrückenden Generationen nahe legt. Denn die Verfolgung eigener Interessen setzt notwendig das Vorhandensein entsprechender Dezisionsspielräume voraus. Es kann aufgrund dieser Konzeption sogar davon ausgegangen werden, dass der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz eine umfassendere Beschränkung von Vorwegdispositionen gebietet, als sie alleinig aus den Direktiven des Demokratieprinzips geschlussfolgert werden kann. Dies deshalb, weil unter alleiniger Berücksichtigung der Wirkungen des Demokratieprinzips nur von einem Verbot von Vorwegdispositionen auszugehen ist, welche eine Erdrosselung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume der nachfolgenden Generationen bewirken.415 Jedenfalls aber ist zu vermerken, und dies ist für die hier zu erörternde Frage die entscheidende Feststellung, dass nach alledem sowohl das Demokratieprinzip als auch der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz das Ziel aufweisen, nachfolgenden Generationen in bestimmtem Umfang Entscheidungsspielräume offen zu halten. Hierin besteht eine Strukturgleichheit zwischen den entsprechenden Direktiven des Demokratieprinzips und dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung, genauer, dessen auf Gesichtspunkte der Generationengerechtigkeit abstellenden Teilbereich. bb) Strukturgleichheiten in Bezug auf die Regelungen über die Staatsverschuldung Neben Strukturgleichheiten der Charakteristika des Konzepts der Nachhaltigkeit zu den Direktiven des Demokratieprinzips stehen weiter solche in Hinblick auf die Regelungen über die Staatsverschuldung und hier namentlich Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG in Frage.
415
Vgl. Abschnitt D. I. 4. d) aa).
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
201
(1) Strukturgleichheiten zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20a GG Zur Erörterung dieser Frage sollen zunächst entsprechende Strukturgleichheiten zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20a GG beleuchtet werden. In der Literatur ist das verfassungsrechtliche Junktim des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und die in Art. 20a GG verankerte ökologische Nachhaltigkeit bereits des Öfteren in Verbindung gebracht worden.416 So wird argumentiert, in der finanzpolitischen Zielsetzung des Art. 115 GG zeige sich gleichermaßen wie in der ökologischen des Art. 20a GG das Ziel der Verfassung, künftige Generationen vor vermeidbaren Belastungen zu schützen.417 Diese Analyse ist zutreffend, da sowohl das Regelungskonzept des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als auch die hinter Art. 20a GG stehende Konzeption unter anderem die Frage intergenerationeller Lastengerechtigkeit thematisierten.418 Dabei sollen die Direktiven beider Normen auf verfassungsrechtlicher Ebene darauf hinwirken, dass bei der Nutzung von Ressourcen, seien diese natürlich oder finanzieller Art, prinzipiell ein Ausgleich zwischen den Interessen der gegenwärtigen und der nachfolgenden Generationen vorgenommen wird. Sowohl Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG als auch Art. 20a GG verpflichten den Staat folglich zu intergenerationeller Gerechtigkeit bei der Nutzung von Ressourcen in der Gegenwart; Thema beider Vorschriften ist unter anderem ein intertemporärer Lastenausgleich. Im Ergebnis kann daher insoweit zunächst von einer wesentlichen Strukturgleichheit zwischen der Zielsetzung beider Normen ausgegangen werden. (2) Strukturgleichheiten zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz Diese Strukturgleichheit zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20a GG bietet wiederum Aufschluss über die Frage des Bestehens von Strukturgleichheiten zwischen dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz und Art. 115 416 Vgl. Kirchhof, DVBl 2002, S. 1569, 1571; Murswiek in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20a GG, Rn. 38; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115, Rn. 6; Wendt/Elicker, DVBl 2001, S. 497, 498; Kloepfer, DVBl. 1996, S. 73, 78; Isensee, Diskussionsbeitrag, in Marburger/Reinhardt/Schröder, Bewältigung von Langzeitrisiken, S. 173, 175. Allgemeiner hierzu Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 22, der darauf hinweist, dass sich nicht nur im Umwelt-, sondern auch im Finanzverfassungsrecht die Frage nach der moralischen wie rechtlichen Zulässigkeit von Langzeitbelastungen, welche auch und vor allem nachfolgende Generationen treffen, stellt. 417 Isensee in Wendt, Festschrift für Friauf, S. 705, 706; Wendt in von Mangoldt/ Klein/Starck, Bonner Grundgesetz-Kommentar, Band 3, Art. 115 GG, Rn. 11. 418 Zu Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG vgl. Abschnitt D. II. 3. a) aa) (1), zu Art. 20a GG vgl. Abschnitt D. III. 3. a) aa).
202
D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Abs. 1 Satz 2 GG. Es ist bereits nachgewiesen worden, dass Art. 20a GG unter anderem aufgrund seiner Bezugnahme auf die „zukünftigen Generationen“ seinerseits wesentliche Charakteristika des Nachhaltigkeitsgrundsatzes, freilich auf den Teilbereich der Ökologie bezogen und beschränkt, in die Verfassung inkorporiert.419 Besteht nunmehr eine wesentliche Strukturgleichheit zwischen der Zielsetzung dieser Norm und Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG,420 so spricht viel dafür, dass auch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG eine Strukturgleichheit zu dem Grundsatz der allgemeinen Nachhaltigkeit aufweist. Dies gilt zumal angesichts der Bezugnahme des Grundsatzes auf intergenerationelle Aspekte und der hinter der Nachhaltigkeit stehenden Erwägung der gerechten Abwägung in der zeitlichen Dimension bestehender Interessenkonflikte. Beides soll auch Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG durch das verfassungsrechtliche Junktim zwischen Investitions- und Kreditsumme regulieren und zwar in Hinblick auf die Finanzierungsaktivitäten des Staates. Vergleichbar zu der Vorschrift des Art. 20a GG weist das Regelungskonzept des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG mithin wesentliche Versatzstücke des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes auf. Zwischen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Grundsatz der allgemeinen Nachhaltigkeit lässt sich in der Konsequenz ebenfalls eine entsprechende Strukturgleichheit feststellen. cc) Schlussfolgerungen Im Ergebnis bestehen folglich mit dem Demokratieprinzip und der Regelung über die Staatsverschuldung in Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG zwei Verfassungsnormen, welche Strukturgleichheiten zum allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz aufweisen. Fraglich ist, welche Schlüsse aus den nachgewiesenen Strukturübereinstimmungen in Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes gezogen werden können. Hierbei ist zunächst zu konzedieren, dass, über die Wirkung des Art. 20a GG hinaus, nur hinsichtlich des Teilbereichs der Generationengerechtigkeit eine Strukturgleichheit zwischen dem Nachhaltigkeitsgrundsatz und verfassungsrechtlichen Vorschriften nachgewiesen werden kann. Unter Berücksichtigung dieses Untersuchungsergebnisses würde es einen zu weitgehenden Rückschluss darstellen und wäre daher im Ergebnis nicht vertretbar, aufgrund der vorhandenen Strukturübereinstimmungen eine generelle positiv-verfassungsrechtliche Inkorporierung des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung anzunehmen. Jedoch führt das Vorhandensein der beschriebenen kongruenten Strukturen zu den Direktiven des Demokratieprinzips und Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG dazu,
419 420
Siehe Abschnitt D. III. 3. a) bb). Siehe Abschnitt D. III. 3. c) bb) (1).
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
203
dass der auf Aspekte der Generationengerechtigkeit bezogene Teilbereich des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes insofern gleichermaßen als verfassungsrechtlich verankert angesehen werden kann, wie dies in Hinblick auf Art. 20a GG für seinen ökologischen Teilbereich angenommen wird.421 Denn auch insoweit ist mit der Generationengerechtigkeit ein wesentliches Versatzstück des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes über die beiden in Rede stehenden verfassungsrechtlichen Normen in die Verfassung inkorporiert. Fraglich ist jedoch, ob der Einordnung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes in seinem auf die Generationengerechtigkeit bezogenen Teilbereich als verfassungsrechtliche Orientierung das Grundsatzurteil des BVerfG zur Auslegung des Art. 115 GG422 entgegen stehen könnte. Zwar hat sich das BVerfG in diesem Urteil zurückhaltend zur Heranziehung gesellschaftswissenschaftlicher Lehrmeinungen im Rahmen der Auslegung des Art. 115 GG geäußert.423 Jedoch handelt es sich bei dem Nachhaltigkeitsgrundsatz nicht um eine gesellschaftswissenschaftliche Lehrmeinung, sondern, wie nachgewiesen, zunehmend um ein Konzept, welches in umfangreichem Maße der zunehmenden Verrechtlichung unterliegt.424 Weiter – und entscheidend – thematisiert das benannte Urteil des BVerfG nicht grundsätzlich die Ablehnung der Inkorporation einer gesellschaftswissenschaftlichen Lehrmeinung im Rahmen der Verfassungsauslegung des Art. 115 GG und damit der Fortentwicklung dessen Rezeption durch die Rechtswissenschaft. Vielmehr weist das Urteil mit konkretem Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Norm auf, dass der auf fiskalpolitischen gesetzgeberischen Erwägungen basierende Regelungsgehalt des Artikel 115 GG in Hinblick auf Art. 109 Abs. 2 GG nicht deswegen anders ausgelegt werden kann, weil frühere gesetzgeberisch Erwägungen zwischenzeitlich allgemein als korrekturbedürftig eingeschätzt werden.425 Die in Rede stehende Argumentation des BVerfG nimmt mithin konkret die Diskussion um die Frage der Geeignetheit und Gebotenheit einer an der Nachfrage ansetzenden Beeinflussung der wirtschaftlichen Konjunktur durch die staatliche Haushaltspolitik in Bezug und ist zugleich auf die daraus resultierende Debatte um die Auslegung der Wirkungsweise des Art. 115 GG beschränkt. Das Urteil berührt daher nicht den Kern der hier vertretenen These der Inkorporierung des auf Aspekte der Generationengerechtigkeit bezogenen Teilbereichs des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes in die Verfassung unter anderem über die Regelungen zur staatlichen Kreditaufnahme. Es steht dieser These mithin nicht entgegen.
421 422 423 424 425
Vgl. hierzu Abschnitt D. III. 3. a) bb). Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311 ff. Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 335 f. Siehe Abschnitt D. III 1. b) und 1. c). Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 336.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Folglich ist der allgemeine Nachhaltigkeitsgrundsatz in dem beschriebenen beschränkten Umfang mithin auch dann als verfassungsrechtliche Orientierung zu qualifizieren, wenn nicht sein ökologischer Teilbereich in Rede steht. Aufgrund dieser konstitutionellen Absicherung entfaltet der Grundsatz eine verfassungsrechtliche Wirkung jedenfalls in denjenigen Fällen seiner Anwendung in der Staatspraxis, welche unmittelbare Bezüge zu den durch das Demokratieprinzip bzw. Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG thematisierten Sachverhalten aufweisen. Namentlich sind der Grundsatz allgemeiner Nachhaltigkeit und seine Wirkungen folglich generell bei staatlichen Vorwegdispositionen und im Besonderen bei mit solchen Vorwegdispositionen verbundenen Finanzierungsaktivitäten des Staates von Verfassung wegen zu beachten. 4. Konsequenzen aus der verfassungsrechtlichen Inkorporation des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes Die – entsprechend limitierte – verfassungsrechtliche Verankerung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes hat zur Konsequenz, dass dieser Anwendung bei staatlichen Vorwegdispositionen und im Besonderen bei mit solchen Vorwegdispositionen verbundenen Finanzierungsaktivitäten des Staates findet. Insoweit besteht jedoch aufgrund der allgemeinen Ausgestaltung und Formulierung des Konzepts die Notwendigkeit zur Operationalisierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes, da nur mittels konkreter Kriterien für Finanzierungsaktivitäten des Staates eine Direktionswirkung in der Staatspraxis erreicht werden kann. Zum Zwecke der Erarbeitung entsprechender Kriterien sollen nachfolgend zunächst im Rahmen der Umsetzung des ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes bereits entwickelte Kriterien dargestellt werden. In der Folge wird diskutiert, ob die gewonnenen Kriterien generell auf den Bereich der Finanzierungsaktivitäten des Staates übertragbar und, gesetzt diesen Fall, ob und wie sie im Zuge dieser Übertragung zu modifizieren sind. a) Im Rahmen des ökologischen Nachhaltigkeitsgrundsatzes bereits entwickelte Kriterien zur Operationalisierung der Zielsetzung In der Literatur lassen sich gegenwärtig verschiedene Kriterien zur Operationalisierung der Zielsetzung einer ökologischen Nachhaltigkeit auffinden, die nachfolgend dargestellt werden. Hierbei können die Kriterien in solche, welche auf den Umgang mit natürlichen Ressourcen bezogen sind, in allgemeine Kriterien umweltbezogener Vorwegdispositionen und in Kriterien für den Umgang mit Risiken durch Vorwegdispositionen unterteilt werden.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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aa) Umgang mit natürlichen, sich erneuernden Ressourcen Es existieren zunächst Kriterien für den Umgang mit natürlichen, sich erneuernden Ressourcen. (1) Koppelung der Abbaurate an die Regenerationsrate Hinsichtlich des Umgangs mit natürlichen, sich erneuernden Ressourcen führt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten dazu, dass die Abbaurate die Regenerationsrate der Ressourcen zu berücksichtigen hat, wobei die Abbau- die Regenationsrate nicht überschreiten soll. Dieses Kriterium dient dem Ziel, die ökologische Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. 426 (2) Vorausschauende und strikte Planung der Bewirtschaftung Weiter wird generell davon ausgegangen, dass bei der Bewirtschaftung natürlicher, sich erneuernder Ressourcen nicht nur kurzfristige und eventuell reversible Planungen vorgenommen werden dürfen. Im Gegenteil wird beispielsweise aufgrund der gesetzlichen Normierung des Begriffs der Nachhaltigkeit im Forstrecht die Notwendigkeit eines die Bewirtschaftung bestimmenden Elements der Vorsorge angenommen: Aufgrund des nur langsamen Nachwachsens der natürlichen Ressource und der damit verbundenen Gefahr des Schadens für kommende Generationen bei einer übermäßigen Nutzung, bedarf es einer langfristigen, vorausschauenden und strikt einzuhaltenden Planung.427 bb) Umgang mit natürlichen, sich nicht erneuernden Ressourcen In den vergangenen Jahrzehnten sind auch Kriterien für den nachhaltigen Umgang mit sich nicht erneuernden Ressourcen entwickelt worden. Denn auch in Hinblick auf diese Ressourcenart fällt der Nachhaltigkeitsgedanke nicht aus.428 426 Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, Die Industriegesellschaft gestalten, S. 45. Aufgrund der Problematik einer zutreffenden Prognose unter anderem bezüglich der Regenerationsraten sich erneuernder Ressourcen wird vereinzelt auch die Notwendigkeit der Einführung eines so genannten Vorsichtsprinzips vertreten. Darunter wird die Festlegung von Sicherheitsgrenzen, so genannter safe minimum standards, für den Abbau natürlicher, sich erneuernder Ressourcen verstanden, welche so bestimmt werden, dass auch im ungünstigsten Falle die ausreichende Regeneration der Ressource und damit im Ergebnis die Nachhaltigkeit der Naturnutzung gesichert ist. Mit solchen Sicherheitsgrenzen ginge freilich im Vergleich zu heutigen Standards eine weitere Reduzierung des Maßes der wirtschaftlichen Nutzung der natürlichen Umwelt einher, Nutzinger in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 67. 427 Vgl. Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 67. 428 Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 70.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
Vielmehr wird in Bezug auf die Nutzung natürlicher, sich nicht erneuernder Ressourcen zunächst generell vertreten, unter Berücksichtigung des Ziels der intergenerationellen Verteilungsgerechtigkeit429 sei die heutige Nutzung der sich nicht erneuernden Ressourcen nur zu rechtfertigen, wenn sie keinen unverzichtbaren Beitrag zum Lebensstandard nachfolgender Generationen leisteten.430 Eine Nutzung sich nicht erneuernder Ressourcen unterstellt, wird die Gewährleistung intergenerationeller Gerechtigkeit dabei allgemein dann angenommen, wenn die Ressourcen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form sich erneuernder Ressourcen oder höherer Produktivität der sich erneuernden sowie der sich nicht erneuernden Ressourcen geschaffen wird.431 Die gegenwärtige Generation darf dementsprechend sich nicht erneuernde Ressourcen nur in dem Umfang verbrauchen, in dem sie gleichwertige Substitute bereitstellen kann oder durch Nutzungsverbesserungen und Substitutionen im Endverbrauch einen Ausgleich schafft.432 Generell wird unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten weiter von der Notwendigkeit einer sparsamen Nutzung sich nicht erneuernder Ressourcen ausgegangen.433 Vereinzelt wird jedoch auch dargelegt, dass selbst für den Fall des Fehlens von Substituierbarkeit und Ausgleichsfähigkeit der Verbrauch sich nicht erneuernder Ressourcen im Einzelfall für zulässig erklärt werden kann. Dann muss die Inanspruchnahme zwingend erforderlich sein und im Hinblick auf eine künftige Inanspruchnahme schonend erfolgen.434
429 Anschaulich zum Konnex zwischen der Bewahrung natürlicher, sich nicht erneuernder Ressourcen und intergenerationeller Verteilungsgerechtigkeit Klemmer in Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Dauerhafte Raumentwicklung, S. 197. 430 Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, Die Industriegesellschaft gestalten, S. 47. 431 Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, Die Industriegesellschaft gestalten, S. 47; vgl. hierzu Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 23, nach dessen weitergehendem Ansatz insoweit der vom Menschen geschaffene künstliche Kapitalstock, das Humankapital und das natürliche Kapital zu unterscheiden sind, wobei für die Annahme der Generationengerechtigkeit entscheidend ist, dass die aggregierbaren Kapitalstöcke insgesamt für nachfolgende Generationen mindestens in der Größe zur Verfügung stehen, wie sie von der gegenwärtigen Generation vorgefunden wurden. A. a. Callies, DVBl. 1998, S. 559, 561, wonach der natürliche Kapitalstock aus Gründen der Generationengerechtigkeit zumindest konstant zu halten ist. 432 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34. 433 Schröder, WiVerw 1995, S. 65, 70 m. w. Nachw. 434 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 35.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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cc) Allgemeine Kriterien in Bezug auf umweltbezogene Vorwegdispositionen Überdies existieren folgende allgemeine Kriterien in Bezug auf weit reichende umweltbezogene Dispositionen des Staates. (1) Besondere Sensibilität in Hinblick auf Vorwegdispositionen Grundsätzlich wird bei entsprechenden staatlichen Vorwegdispositionen die Notwendigkeit einer besonderen Sensibilität der Entscheidungsträger in Hinblick auf die Auswirkungen und hierbei insbesondere die Langzeitfolgen der Disposition für notwendig erachtet. So wird demgemäß beispielsweise im Raumordnungsrecht aus der dem Begriff der Nachhaltigkeit zu entnehmenden Generationengerechtigkeit geschlossen, dass ganz besondere Vorsicht bei langfristigen Festlegungen walten zu lassen ist.435 (2) Dauerhaftigkeit der mit Vorwegdispositionen verbundenen Vorteile Ebenso wird davon ausgegangen, dass Generationengerechtigkeit eine Dauerhaftigkeit der aufgrund einer Vorwegdisposition im Lebenszeitraum der gegenwärtigen Generation eintretenden Vorteile erfordert, sofern die Disposition zugleich mit Belastungen für nachfolgende Generationen verbunden ist. Mit anderen Worten müssen durch mit Belastungen verbundene Vorwegdispositionen zugleich ausgelöste Vorteile auch nachfolgenden Generationen zugute kommen und dürfen daher nicht nur kurzfristiger Natur sein. Demzufolge wird im Umweltrecht angenommen, dass nachfolgende Generationen für den Verlust an natürlicher Umwelt nicht auf einen etwaigen vorübergehenden wirtschaftlichen Aufschwung der Gemeinde als Äquivalent verwiesen werden dürfen.436 dd) Umgang mit Risiken von Vorwegdispositionen Auch hinsichtlich des Umgangs mit aus Vorwegdispositionen resultierenden Risiken sind in der auf Aspekte der Generationengerechtigkeit abstellenden Umweltrechtsliteratur Kriterien entwickelt worden. (1) Reversible Risiken Reversible Risiken werden hierbei, soweit ersichtlich, nicht als problematisch thematisiert. Solange Risiken reversibel sind, wird vielmehr allgemein davon 435 436
Menzel, ZRP 2001, S. 221, 227. Menzel, ZRP 2001, S. 221, 227.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
ausgegangen, dass deren Eingehung im Rahmen von Vorwegdispositionen zulässig ist. Denn es bleibt den nachfolgenden Generationen selbst überlassen, diese auch weiterhin auf sich zu nehmen oder die Risiken durch eine erneute Disposition zu beseitigen.437 Die Zulässigkeit der Eingehung von reversiblen Risiken im Rahmen von Vorwegdispositionen erfordert jedoch, dass die Risiken nach Belieben und ohne prohibitive Kosten beseitigt werden können.438 Andernfalls ist die volle Reversibilität des Risikos nicht gegeben. (2) Irreversible Risiken Eine andere Beurteilung ergibt sich hingegen, wenn durch eine weit reichende Disposition der gegenwärtigen Generation irreversible Risiken eingegangen werden. Insoweit wird davon ausgegangen, dass die Auferlegung irreversibler Risiken durch die gegenwärtige Generation unzulässig ist, wenn dadurch das Überleben bzw. eine menschenwürdige Existenz nachfolgender Generationen in Frage gestellt ist.439 Aber auch unterhalb dieser Schwelle wird die Auferlegung von irreversiblen Risiken mittels Vorwegdispositionen nur dann als zulässig angesehen, wenn die zur Risikobegründung führende Entscheidung als solche erforderlich ist, es also keine eindeutig risikoärmere Lösung gibt, oder die Entscheidung notwendig ist, um ein noch größeres Risiko zu vermeiden.440 Im letzteren Fall bedeutet dieses Kriterium, dass das Risiko und der zu erzielende Nutzen, welcher insoweit als Vermeidung eines noch größeren Risikos definiert wird, in einem bestimmten Verhältnis stehen müssen.441 Im Ergebnis können damit durch Vorwegdispositionen entstehende irreversible Risiken mit Nutzenerwägungen verrechnet werden, jedenfalls soweit nicht das Überleben künftiger Generationen in Frage gestellt wird.442 Insofern ist eine Abwägung dahingehend denkbar, dass die durch die Disposition begründeten Risiken dann noch zulässig sind, wenn der durch die Entscheidung zu erzielende Nutzen auch für die nachfolgenden Generationen größer ist.443 437
Vgl. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 208. Vgl. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 208. 439 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34; vgl. Birnbacher, Verantwortung für zukünftige Generationen, S. 209, der sogar ein generelles Verbot irreversible Risiken bedingender Dispositionen für erwägenswert hält. 440 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34; vgl. zum letzteren Fall Birkhofer, ET 1983, S. 687, 693. 441 Birkhofer, ET 1983, S. 687, 693. 442 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34. 443 Kloepfer in Gethmann/Kloepfer/Nutzinger, Langzeitverantwortung im Umweltstaat, S. 34. 438
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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(3) Risikoverteilung zwischen den Generationen Die Zulässigkeit einer Risikoeingehung unterstellt, ist in zeitlicher Hinsicht zu beachten, dass unter Gesichtspunkten intergenerationeller Gerechtigkeit sowohl die das Risiko eingehende Generation, als auch deren nachfolgende Generationen nicht ungleichmäßig mit den aus der Disposition erwachsenden Risiken eines Schadeneintritts belastet werden dürfen. Denn Gerechtigkeit zwischen den Generationen verlangt auch eine entsprechende Verteilung der Risiken zwischen den Generationen.444 Dieses Kriterium spiegelt das Kriterium der Notwendigkeit der Dauerhaftigkeit der mit einer belastenden Vorwegdisposition verbundenen Vorteile: Tritt die belastende Wirkung der weit reichenden Disposition nicht vollumfänglich sofort bei Vornahme der Disposition ein, sondern besteht sie vielmehr zunächst auch im bloßen Risiko des Eintritts von Belastungen, so ist dieses Eintrittsrisiko in zeitlicher Hinsicht spiegelbildlich zu den aus der Disposition erwachsenden Vorteilen auf die Generationen aufzuteilen. Im Ergebnis wird dann jede von der Disposition betroffene Generation gleichmäßig mit Vorteilen begünstig und mit Risiken belastet. Für den Fall, dass sich Risiken, wie beispielsweise durch nuklearen oder toxischen Abfall, im Laufe der Zeit erhöhen, setzt eine gerechte Verteilung der Risiken eine den Risiken entgegenwirkende Erhöhung des entsprechenden technologischen Wissens der nachfolgenden Generationen voraus, so dass deren Gesamtrisiko im Vergleich zu den vorhergehenden Generationen insgesamt nicht ansteigt.445 Systematisch prinzipiell vergleichbar mit der Notwendigkeit zur Substituierung oder dem Erreichen von Nutzungsverbesserungen bei der Inanspruchnahme sich nicht erneuernder Ressourcen ist folglich bei Vorwegdispositionen mit ansteigenden Risiken aus Gerechtigkeitsgründen ein Ausgleich dieser Risiken notwendig, der im Ergebnis wieder zu einer gleichmäßigen Verteilung der Risiken über die Zeit der Wirkung der Vorwegdisposition führt. b) Allgemeine Übertragbarkeit der Kriterien der Grundkonzeption der ökologischen Nachhaltigkeit auf die Finanzierungsaktivitäten des Staates Fraglich ist, ob von einer allgemeinen Übertragbarkeit der in Hinblick auf den Teilbereich der ökologischen Nachhaltigkeit dargestellten Kriterien auch auf andere Bereiche staatlichen Handelns ausgegangen werden kann. Insbesondere steht in Frage, ob die Kriterien prinzipiell auch auf die Vornahme von Vorwegdispositionen in Zusammenhang mit Finanzierungsaktivitäten des Staates übertragen werden können. Hierfür sprechen die schon im Rahmen der Erör444 445
Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 24. Kirchgässner, ZfU 1997, S. 1, 24.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
terung der verfassungsrechtlichen Verankerung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes nachgewiesenen Strukturgleichheiten zwischen dem Demokratieprinzip bzw. Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Grundsatz allgemeiner Nachhaltigkeit.446 Im Ergebnis unterscheidet sich Nachhaltigkeit in Zusammenhang mit den Finanzierungsaktivitäten des Staates strukturell nicht von jener in Zusammenhang mit ökologischen Herausforderungen. In beiden Fällen erfordert der Nachhaltigkeitsgrundsatz das Ziel der Berücksichtigung der intergenerationellen Gerechtigkeit im Rahmen staatlichen Handelns. Es ist daher von einer prinzipiellen Übertragbarkeit der aus dem Teilbereich der ökologischen Nachhaltigkeit entwickelten Kriterien auf die Finanzierungsaktivitäten des Staates auszugehen. c) Schlussfolgerungen hinsichtlich der bei nachhaltigen Finanzierungsaktivitäten des Staates zu berücksichtigenden Kriterien Die aufgefundenen Kriterien sind freilich an die Besonderheiten staatlicher Finanzierungsaktivitäten, zu denen auch die kommunalen Finanzierungsmodelle zählen, anzupassen. Entsprechend lassen sich folgende Kriterien für die Umsetzung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes bei Finanzierungsaktivitäten des Staates aufstellen. aa) Umgang mit dem Vermögen einer Gebietskörperschaft Eine inhaltsgleiche Übertragung der im Umweltbereich entwickelten Kriterien für den Umgang mit natürlichen Ressourcen ist aufgrund des Umstandes, dass solche im Bereich der Finanzierungsaktivitäten des Staates nicht existieren, unmöglich. Dennoch lassen sich aus den Kriterien für den Umgang mit natürlichen Ressourcen Orientierungen für Anforderungen an ein entsprechendes Verhalten des Staates im Finanzierungsbereich gewinnen. Insofern ist zunächst festzuhalten, dass es sich auch bei den unterschiedlichen Vermögensbestandteilen einer Gebietskörperschaft insgesamt um eine Ressource handelt, die von den Entscheidungsträgern bewirtschaftet werden kann. Die Ressource ist dabei finanzieller und mithin künstlicher Natur. Das Vermögen stellt somit einen künstlichen Kapitalstock dar, auf den die gegenwärtige Generation zugreifen kann. Fraglich ist, ob der finanzielle Kapitalstock einer Gebietskörperschaft hierbei eher mit einer sich erneuernden oder einer sich nicht erneuernden Ressource verglichen werden kann. Es liegt näher, das Vermögen als sich nicht erneuernde Ressource zu qualifizieren, da es sich jedenfalls aus sich selbst heraus, d.h. ohne Einflussnahme der Entscheidungsträger der Ge446
Siehe Abschnitt D. III. 3. c).
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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bietskörperschaft, nicht in einer Weise „erneuert“, welche mit derjenigen sich erneuernder Ressourcen verglichen werden könnte. Überträgt man daher die für den Umgang mit sich nicht erneuernden Ressourcen im Umweltbereich existierenden Kriterien auf den finanziellen Kapitalstock einer Gebietskörperschaft, so ist für die Frage der Zulässigkeit der Nutzung des Kapitalstocks im Sinne seiner Schmälerung zunächst zu klären, ob der finanzielle Kapitalstock einen unverzichtbaren Beitrag zum Lebensstandard nachfolgender Generationen leistet. Nur wenn dies nicht der Fall ist, wäre eine Nutzung zu rechtfertigen. Diese Abgrenzung gestaltet sich schwierig, weil sie, anders als bei sich nicht erneuernden natürlichen Ressourcen, für die insoweit ein landesweiter, wenn nicht globaler Bewertungsmaßstab anzunehmen ist, in erheblichem Umfang einerseits davon abhängt, wie groß der zur Verfügung stehende Kapitalstock der jeweiligen Gebietskörperschaft ist, und andererseits danach zu beurteilen ist, welche Anzahl an Bürgerinnen und Bürgern die Gebietskörperschaft in der Gegenwart und in der Zukunft aufweist und welche konkreten Bedürfnisse insoweit zu befriedigen sind. Diese Beurteilung muss dem jeweiligen Einzelfall unterliegen. Prinzipiell ist bei entsprechend geringem Kapitalstock und vergleichsweise großer Anzahl der darauf angewiesenen Population der Gebietskörperschaft bzw. bei nach den Umständen des Einzelfalls notwendigen hohen Ausgaben für deren Bedürfnisbefriedigung denkbar, dass der Kapitalstock insgesamt einen unverzichtbaren Beitrag zum Lebensstandard nachfolgender Generationen leistet. Auch können einzelne Vermögensgegenstände, die in jedem Fall auch für nachfolgende Generationen vorgehalten werden müssen, je nach der konkreten Sachlage einen insoweit unverzichtbaren Bestandteil eines Kapitalstocks konstituieren. Ebenso ist aber unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Gegebenheiten, zumindest für einen Teil des Kapitalstocks, auch eine gegenteilige Schlussfolgerung möglich. Im letzteren Fall, d.h. bei einer unterstellten Zulässigkeit der Nutzung zumindest von Teilen des finanziellen Kapitalstocks durch die gegenwärtige Generation, wird man die Gewährleistung intergenerationeller Gerechtigkeit bei Übertragung des umweltbezogenen Kriteriums dann annehmen können, wenn der Kapitalstock nur in dem Umfang geschmälert wird, in dem die gegenwärtige Generation gleichwertige Substitute bereitstellt.447 Die Bereitstellung eines Äquivalents bei Nutzung des Kapitalstocks wird dabei immer dann gegeben sein, wenn das Vermögen im Rahmen einer Finanzierungstransaktion gegen ein Substitut ersetzt wird, welches seinerseits geeignet ist, eine im Vergleich zu dem eingesetzten Vermögen äquivalente Funktion für den Kapitalstock zu ent-
447 Im Gegenteil zum Umweltbereich stellen bei der Nutzung finanzieller Ressourcen Nutzungsverbesserungen und Substitutionen im Endverbrauch als Ausgleich für die Schmälerung des Kapitalstocks ein ungeeignetes Kriterium dar, weswegen insoweit nur auf die Bereitstellung gleichwertiger Substitute abzustellen ist.
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
falten. Auch insoweit ist mithin eine mit dem Einsatz des Vermögens, um welches der Kapitalstock geschmälert wird, einhergehende Zukunftsbegünstigung nötig. Auch im Bereich der Finanzierungsaktivitäten des Staates lässt sich freilich eine Situation annehmen, in der selbst für den Fall des Fehlens der Substituierbarkeit eine Nutzung des finanziellen Kapitalstocks für zulässig erklärt werden kann. Die entsprechend erforderliche zwingende Notwendigkeit der Inanspruchnahme der finanziellen Ressourcen einer Gebietskörperschaft wird man beispielsweise dann unterstellen müssen, wenn andernfalls notwendige Leistungen der gegenwärtigen Daseinsvorsorge nicht mehr erbracht werden können. Auch für diesen Fall muss die Inanspruchnahme des Kapitalstocks aber möglichst schonend erfolgen. bb) Vorausschauende und strikte Planung Spiegelbildlich zu dem für umweltbezogene Vorwegdispositionen entwickeltem Kriterium der vorausschauenden und strikten Planung der Bewirtschaftung natürlicher, sich erneuernder Ressourcen ist auch hinsichtlich staatlicher Finanzierungsaktivitäten eine entsprechende Notwendigkeit anzunehmen. Zwar handelt es sich beim Kapitalstock einer Gebietskörperschaft nicht um eine sich erneuernde Ressource,448 nichtsdestotrotz gebietet das Konzept der intergenerationellen Gerechtigkeit auch insoweit eine vorausschauende und strikte Planung der Finanzwirtschaft der jeweiligen Körperschaft. Denn gerade aufgrund des Umstandes, dass der finanzielle Kapitalstock sich nicht selbst erneuert, müssen Dispositionen über das Vermögen der Gebietskörperschaft vorausblickend und genau geplant werden. Eine vorausschauende und strikte Planung ist in der Staatspraxis aufgrund wechselnder und teils nur schwer kalkulierbarer Einnahme- und Ausgabensituationen zwar faktisch schwer umzusetzen, prinzipiell unterscheidet sich die damit einhergehende Kalkulationsaufgabe aber nicht von derjenigen, welche in Zusammenhang mit der Ressourcenbewirtschaftung unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vorzunehmen ist. cc) Besondere Sensibilität in Hinblick auf Vorwegdispositionen Auch bei auf Finanzierungsaktivitäten des Staates bezogenen Vorwegdispositionen wird man entsprechend dem Kriterium für umweltbezogene Vorwegdispositionen die prinzipielle Notwendigkeit einer besonderen Sensibilität in Hin448 Auf die Bewirtschaftung natürlicher, sich erneuernder Ressourcen stellt dieses Kriterium aber bei umweltbezogenen Vorwegdispositionen ab.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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blick auf die Langzeitfolgen der Disposition für notwendig erachten können. Ebenso wie im Umweltrecht lässt sich hier aus dem Begriff der Nachhaltigkeit schließen, dass generell besondere Vorsicht bei langfristigen Festlegungen walten zu lassen ist.
dd) Dauerhaftigkeit der mit Vorwegdispositionen verbundenen Vorteile Im Finanzierungsbereich ist zudem ebenso wie im Umweltbereich davon auszugehen, dass unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit die Dauerhaftigkeit der aufgrund einer weit reichenden Disposition im Lebenszeitraum der gegenwärtigen Generation eintretenden Vorteile geboten ist, sofern die Disposition zugleich mit Belastungen für nachfolgende Generationen verbunden ist. Im Unterschied zu umweltbezogenen Vorwegdispositionen besteht die Belastung der nachfolgenden Generationen aufgrund der Disposition hier in der Regel in einer rechtlichen Verpflichtung, beispielsweise der Verpflichtung zur Leistung von Zins und Tilgung infolge einer Kreditaufnahme. Der Vorteil der Vorwegdisposition liegt regelmäßig in der Vereinnahmung finanzieller Mittel, die zu Finanzierungszwecken durch die öffentliche Körperschaft eingesetzt werden. Ist nunmehr die Dauerhaftigkeit des Vorteils unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit geboten, so entfaltet dies Auswirkungen auf die zulässige Verwendung der mit einer belastenden Vorwegdisposition erlangten Finanzmittel. Erforderlich ist mithin wiederum eine aus der Disposition neben der Belastung erwachsende dauerhafte Zukunftsbegünstigung. Insoweit wird man nur unter Realisierung der nachfolgenden drei verschiedenen Handlungsoptionen der öffentlichen Gebietskörperschaft davon ausgehen können, dass sichergestellt ist, dass die durch mit Belastungen verbundenen Vorwegdispositionen zugleich ausgelösten Vorteile auch nachfolgenden Generationen zugute kommen. Erstens ist dies zu bejahen, wenn die vereinnahmten Finanzmittel für Investitionszwecke genutzt werden, wobei hier ein enger Investitionsbegriff zugrunde zu legen ist. Zweitens ist eine Dauerhaftigkeit des aus der Vorwegdisposition erwachsenden Vorteils anzunehmen, sofern die Finanzmittel zur Schuldentilgung eingesetzt werden, da auch die nachfolgenden Generationen dann mittelbar über die Reduzierung der ihnen zufallenden Last der Zins- und Tilgungszahlungen von der Vorwegdisposition profitieren. Drittens wird man eine dauerhafte Vorteilhaftigkeit annehmen können, wenn die durch die Disposition erlangten Finanzmittel zunächst in die Rücklagen des Haushaltes der Gebietskörperschaft eingestellt werden, um dann zu einem späteren Zeitpunkt zu Investitionszwecken oder zur Schuldentilgung eingesetzt zu werden. Natürlich ist auch eine Kombination dieser Verfügungen denkbar. Im Ergebnis stellen die aufgezeigten Verwendungsarten sicher, dass auch nachfolgende Ge-
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nerationen von der Disposition profitieren, denn ausschließlich kurzfristig wirkende Effekte sind in diesen Fällen ausgeschlossen. Werden mit der Disposition hingegen keine Finanzmittel vereinnahmt, sondern liegt, wie beispielsweise bei einer Leasingfinanzierung durch eine Kommune zu Zwecken der Aufgabenerfüllung genutzter Immobilien, der Vorteil im Erhalt einer zeitlich begrenzten andersartigen Leistung eines Privaten, so ist unter Gesichtspunkten der Generationengerechtigkeit jedenfalls sicherzustellen, dass die Leistung des Privaten über den gesamten Zeitraum der Belastungswirkung der Disposition, d.h. im Regelfall über die gesamte Vertragslaufzeit, zur Verfügung steht. ee) Umgang mit Risiken von Vorwegdispositionen Auch die Kriterien hinsichtlich des Umgangs mit aus Vorwegdispositionen resultierenden Risiken lassen sich grundsätzlich auf den staatlichen Finanzierungsbereich übertragen. (1) Reversible Risiken In Bezug auf staatliche Finanzierungen ist dabei zunächst davon auszugehen, dass auch in diesem Bereich staatlichen Handelns reversible Risiken grundsätzlich nicht als problematisch anzusehen sind, da es nachfolgenden Generationen selbst überlassen bleibt, diese gegebenenfalls im Zeitpunkt der Erlangung eigener Dispositionsbefugnisse wieder zu beseitigen. In diesem Zusammenhang ist freilich zu beachten, dass im Finanzierungsbereich insbesondere Risiken, welche aus langfristigen vertraglichen Vereinbarungen erwachsen, in der Regel über die Laufzeit des Vertrages aufgrund entsprechender Vereinbarungen nicht oder jedenfalls nicht ohne prohibitive Kosten449 beseitigt werden können. Bei Vorwegdispositionen in Zusammenhang mit Finanzierungsaktivitäten des Staates wird es daher meist dergestalt sein, dass sich die mit einer Disposition verbundenen Risiken als irreversible Risiken darstellen. (2) Irreversible Risiken Sind mit einer Vorwegdisposition im Finanzierungsbereich irreversible Risiken verbunden, so ergibt sich auch hier unter Nachhaltigkeitsaspekten eine restriktive Auslegung der Zulässigkeit solcher Dispositionen.
449 Als prohibitive Kosten sind hier beispielsweise Vorfälligkeitsentschädigungen denkbar.
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
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Zwar ist im Gegensatz zu umweltbezogenen Vorwegdispositionen nicht davon auszugehen, dass mit Finanzierungsaktivitäten verbundene irreversible Risiken eine Gefahr für das Überleben oder die menschenwürdige Existenz nachfolgender Generationen darzustellen geeignet sind. Dennoch sind, auf den Finanzierungsbereich des Staates bezogen, vergleichbar schwerwiegende Auswirkungen nicht per se ausgeschlossen. Denn beinhaltet eine Vorwegdisposition erhebliche finanzielle Risiken oder werden mit risikobehafteten Vorwegdispositionen verbundene Transaktionen in erheblichem Umfang durchgeführt und realisieren sich dann die Risiken, so sind gegebenenfalls erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen und -möglichkeiten der jeweiligen Gebietskörperschaft zu erwarten. In der Konsequenz könnte durch entsprechende Risikoeintritte schlimmstenfalls die gesamte staatliche Ordnung schwerwiegend gestört werden. Daher wird man beispielsweise Finanzierungstransaktionen, die bei Realisierung des mit ihnen verbundenen Risikos zwangsläufig zu einer Illiquidität der jeweiligen Gebietskörperschaft führen würden, unter Nachhaltigkeitsaspekten als a priori unzulässig einordnen müssen. Ebenfalls aufgrund der Gefahr erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen der jeweiligen Körperschaft, deren Folgen zwangsläufig auch in die Zukunft reichen würden, sind unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten auch solche risikobehafteten Dispositionen als von vornherein unzulässig zu qualifizieren, welche zwar nicht oder nicht weit über die jeweilige Legislaturperiode hinausreichen, aber im Falle der Verwirklichung des mit ihnen verbundenen Risikos noch im Entscheidungszeitraum der gegenwärtigen Generation die nachfolgenden Generationen entsprechend mittelbar belasten würden. Unterhalb der generellen Zulässigkeitsschwelle für Vorwegdispositionen mit irreversiblen Risiken ist, spiegelbildlich zu den Annahmen im Umweltbereich, deren Eingehung nur dann als zulässig zu erachten, wenn die zur Risikobegründung führende Entscheidung als solche erforderlich ist, es also keine eindeutig risikoärmere Lösung gibt, oder die Entscheidung notwendig ist, um ein noch größeres Risiko zu vermeiden. Eine risikoärmere Lösung ist im Bereich staatlicher Finanzierungsaktivitäten immer dann denkbar, wenn erstens ohne Hinzuziehung eines Privaten Finanzierungsspielräume geschaffen werden können. Dies ist allgemein im Wege von Haushaltskonsolidierungen, beispielsweise im kommunalen Bereich bei der Streichung freiwilliger Leistungen der Fall. Zweitens liegt eine risikoärmere Lösung gegebenenfalls in der Eingehung eines reversiblen Risikos oder, sofern auch diese Möglichkeit ausfällt, in der Eingehung eines irreversiblen, im Vergleich zum Referenzrisiko aber geringeren Risikos. Die Notwendigkeit zur Eingehung eines Risikos im Rahmen einer Vorwegdisposition zu Zwecken der Vermeidung eines noch größeren Risikos, d.h. die Verrechung eines irreversiblen Risikos mit Nutzenerwägungen ist zwar im Fi-
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D. Verfassungsrechtliche Orientierungen
nanzierungsbereich ebenfalls prinzipiell denkbar. Insoweit ist freilich zu beachten, dass es sich bei den Risiken im Rahmen von Vorwegdispositionen im Ergebnis meist um finanzielle Risiken für die Gebietskörperschaft handelt, die insoweit dem Risiko der Schmälerung des Leistungsangebotes der jeweiligen Gebietskörperschaft gegenüberstehen. Ob das letztgenannte Risiko hierbei als größeres Risiko qualifiziert werden kann, ist höchst fraglich. Eine solche Situation wäre nur dann denkbar, wenn im Falle des Nichteingehens des mit der Vorwegdisposition verbundenen Risikos das Risiko einer schwerwiegenden, andauernden Gefährdung von Leistungen der Daseinsvorsorge der Gebietskörperschaft verbunden wäre, wobei bei Risikoeintritt die Gefährdung dieser Leistungen weit über deren bloße Reduzierung hinausgehen müsste.
(3) Risikoverteilung zwischen den Generationen Bei Finanzierungsaktivitäten ist unter Gesichtspunkten intergenerationeller Gerechtigkeit weiter zu beachten, dass sowohl die das Risiko eingehende Generation, als auch deren nachfolgende Generationen nicht ungleichmäßig mit den aus der Disposition erwachsenden Risiken eines Schadeneintritts belastet werden dürfen. Regelmäßig ist bei auf Finanzierungen bezogenen Vorwegdispositionen davon auszugehen, dass die belastende Wirkung der Disposition einerseits in einer rechtlichen Verpflichtung zur regulären Vertragsleistung gegenüber dem privaten Finanzierungspartner besteht und zusätzlich als weitere Belastung zunächst das bloße Risiko des Eintritts von weiteren finanziellen Belastungen hinzutritt. Das Risiko solcher weiteren Belastungen ist generell dann zu konstatieren, wenn die Gebietskörperschaft im Rahmen des Vertrages bestimmte rechtliche Risiken übernimmt. Unter Nachhaltigkeitsaspekten ist es in diesem Fall notwendig, dass jede Generation über die Laufzeit des Vertrages gleichmäßig mit den Risiken belastet wird. Davon ist jedoch im Finanzierungsbereich im Gegensatz zu den bei umweltbezogenen Vorwegdispositionen denkbaren Fallgestaltungen, in denen sich Risiken im Laufe der Zeit erhöhen können, im Regelfall auszugehen. Denn anders als im Umweltbereich handelt es sich bei den mit der Disposition verbundenen Risiken nicht um biologische Risiken, sondern es liegen ausschließlich vertragliche Risikogestaltungen vor, die in der Regel aufgrund der Struktur der vertraglichen Vereinbarungen eine prinzipielle Gleichmäßigkeit der Eintrittswahrscheinlichkeit über die Laufzeit der Transaktion aufweisen. Sollte dennoch der Fall einer Ungleichmäßigkeit der Eintrittswahrscheinlichkeit über die Laufzeit der Transaktion auftreten, so muss die Gebietskörperschaft aus Gründen der Generationengerechtigkeit Mechanismen entwickeln, welche das Risiko im Ergebnis wieder gleichmäßig über die Laufzeit der Transaktion verteilen. Dies kann beispielsweise über die kontinuierliche Bildung zweckgebundener Rücklagen
III. Der Nachhaltigkeitsgrundsatz
217
für den Fall der Erhöhung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos über die Laufzeit der Finanzierungstransaktion erfolgen. (4) Neutralisierung von Risiken mittels deren Versicherung In Bezug auf den Umgang mit aus Vorwegdispositionen erwachsenden Risiken ergibt sich jedoch bei Finanzierungstransaktionen eine Besonderheit, die Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Risikoeingehung zu entfalten geeignet ist. Denn im Unterschied zu umweltbezogenen Risiken besteht bei weit reichenden Dispositionen im staatlichen Finanzierungsbereich prinzipiell die Möglichkeit, jedes aus einer Transaktion erwachsende Risiko zu versichern.450 Bei Abschluss eines auf die Risiken der Transaktion bezogenen Versicherungsvertrages mit einem Privaten, dessen Kosten freilich den Nettoertrag aus der Transaktion reduzieren und je nach den versicherten Risiken gegebenenfalls erheblich schmälern, steht der Versicherer gegen eine Versicherungsprämie für die Begleichung des Schadens im Falle des Eintritts eines oder mehrerer Risiken ein. Wird eine solche Risikoversicherung durch die Gebietskörperschaft vorgenommen, so neutralisiert dies die mit der Disposition verbundenen Risiken in der zeitlichen Dimension vollständig, wenn die Versicherung für die gesamte Laufzeit des Vertrages Gültigkeit entfaltet. In diesem Fall ist die Vorwegdisposition aufgrund der dann gegebenen vertraglichen Konstruktion der Übernahme des aufgrund des originären Finanzierungsgeschäftes bestehenden Risikos durch einen weiteren privaten Partner im Ergebnis nicht mehr mit einem Risiko behaftet, so dass unter diesem Gesichtspunkt auch kein Konnex der Transaktion zu Fragen der Generationengerechtigkeit (mehr) besteht. Über die Versicherung der aus Vorwegdispositionen erwachsenden Risiken kann daher die Zulässigkeit der Vorwegdisposition – jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Umgangs mit Risiken – bewirkt werden. Im Ergebnis sind damit, die Versicherung des Risikos über die gesamte Laufzeit des mit der Vorwegdisposition abgeschlossenen Finanzierungsgeschäftes vorausgesetzt, sowohl mit irreversiblen als auch mit reversiblen Risiken verbundene Vorwegdispositionen im Bereich staatlicher Finanzierungsaktivitäten insoweit unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden und mithin zulässig.
450 Vgl. zum Gedanken der Risikoversicherung im Umweltbereich von Amsberg, European Economic Review 39 (1995), S. 1447, 1463. Die Versicherung von aus Finanzierungstransaktionen erwachsenden Risiken für Gebietskörperschaften ist auch in der Praxis nicht unbekannt. So wurden mindestens bei einer US-Lease Transaktion die aus dem Finanzierungsinstrument für die kommunale Gebietskörperschaft erwachsenden Risiken vollumfänglich versichert.
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle anhand der gewonnenen grundgesetzlichen Orientierungen Fraglich ist nunmehr, ob – und wenn ja wie – die durch diese Untersuchung gewonnenen grundgesetzlichen Orientierungen hinsichtlich der Zulässigkeit staatlicher Vorwegdispositionen im Finanzierungsbereich bzw. in Bezug auf die zulässige Ausgestaltung solcher Dispositionen Auswirkungen auf die Bewertung der untersuchungsgegenständlichen neuen kommunalen Finanzierungsmodelle entfalten.
I. Der rechtliche Konnex zwischen der bundesverfassungsrechtlichen Orientierung und dem Kommunalverfassungsrecht Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung handelt es sich bei dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatz – in dem beschriebenen limitierten Umfang –1 nicht um ein ausschließlich politisches Konzept, sondern vielmehr um eine bundesverfassungsrechtliche Orientierung. Problematisch ist jedoch, inwieweit diese bundesverfassungsrechtliche Orientierung Direktionswirkung auch auf die Kommunen entfaltet. Die Kommunen sind Teil des verfassungsrechtlichen Raums der Länder. Es müsste mithin ein Konnex zwischen der bundesverfassungsrechtlichen Orientierung sowie dem Kommunalverfassungsrecht, welches einfachgesetzliches Landesrecht darstellt, bestehen. Da das einfachgesetzliche Landesrecht den Anforderungen des Landesverfassungsrechts entsprechen muss, wäre Voraussetzung für einen solchen Konnex mithin der Durchgriff der bezeichneten bundesverfassungsrechtlichen Orientierungen auf das Verfassungsrecht der Bundesländer oder das Bestehen vergleichbarer Regelungen auf Ebene der Landesverfassungen. 1. Homogenitätsprinzip Ausgehend von dieser Annahme ergibt sich ein Konnex zunächst in begrenztem Umfang aus dem Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 GG. 1
Siehe Abschnitt D. III. 3. c) cc).
I. Bundesverfassungsrechtliche Orientierung und Kommunalverfassungsrecht 219
Mit dieser Norm soll eine Homogenität in den politischen Grundentscheidungen zwischen Bund und Ländern sowie unter den Ländern erreicht werden.2 Jedoch ist nur ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Landesverfassungen mit der Bundesverfassung geboten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG erfordert Art. 28 Abs. 1 dabei nicht Konformität oder gar Uniformität, sondern eine „gewisse Homogenität durch Bindung an die leitenden Prinzipien“.3 Zu diesen leitenden Prinzipien gehört jedoch nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 unter anderem der Grundsatz des „demokratischen Rechtsstaates“ im Sinne des Grundgesetzes. Daraus ergibt sich die verfassungsrechtliche Direktive, dass auch die Landesverfassungen den Mindestanforderungen des Demokratieprinzips zu genügen haben.4 Zu diesen Mindestanforderungen zählt unter anderem die Ausübung unmittelbarer Staatsgewalt durch das Volk im Rahmen von Wahlen und Abstimmungen. Auch auf Länderebene haben daher Wahlen stattzufinden. Der im Rahmen dieser Untersuchung konzedierte, dem Demokratieprinzip innewohnende Regelungsgehalt hinsichtlich der Frage des Offenhaltens von Entscheidungsspielräumen nachfolgender Generationen ergibt sich gerade daraus, dass das Demokratieprinzip die periodische Erneuerung der politischen Vertretung durch Wahlen vorsieht.5 Das Offenhalten von Entscheidungsspielräumen nachfolgender Generationen wiederum begründet eine wesentliche Strukturgleichheit zwischen dem Demokratieprinzip und dem Nachhaltigkeitsgrundsatz6 und stellt mithin ein wesentliches Argument für dessen bundesverfassungsrechtliche Verankerung in seinem auf Generationengerechtigkeit bezogenen Teilbereich dar. Folglich werden über das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG jedenfalls jene verfassungsrechtlichen Direktionswirkungen, welche sich aus der verfassungsrechtlichen Inkorporation des Nachhaltigkeitsgrundsatzes über die Strukturgleichheiten zum Demokratieprinzip ergeben, auf die Landesebene transportiert und entfalten damit auch Rechtswirkungen auf das Kommunalverfassungsrecht der Länder. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass nach den Ergebnissen dieser Untersuchung die verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes wesentlich auf den festgestellten Strukturgleichheiten zu Art. 115 GG
2 Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 28, Rn. 10 m. w. Nachw. 3 Nierhaus in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 28, Rn. 18 m. w. Nachw. 4 Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 28, Rn. 13. 5 Siehe Abschnitt D. I. 4. 6 Siehe Abschnitt D. III. 3. c) aa).
220
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
beruht7 und die Direktionswirkungen dieser Norm gehören unstreitig nicht zu dem durch das Homogenitätsgebot erfassten Regelungsbereich. 2. Art. 115 GG vergleichbare oder mit dieser Norm identische Regelungen in den Landesverfassungen Insoweit ist jedoch zu beachten, dass nach der Änderung des Grundgesetzes in den Jahren 1967 und 1969 im Zuge der entsprechenden Finanzverfassungsreformen8 die meisten Bundesländer den neueren ökonomischen Erkenntnissen Rechnung getragen haben und den Wortlaut des Artikel 115 Abs. 1 GG unverändert oder modifiziert in ihre Verfassungen übernommen haben.9 Die Notwendigkeit der Verfassungsänderungen auf Landesebene ergab sich daraus, dass nach Art. 109 Abs. 2 GG sowohl der Bund als auch die Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben. Da Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG einen engen Regelungszusammenhang mit Art. 109 Abs. 2 GG aufweist10 und beide Vorschriften insoweit als eine einheitliche Regelung angesehen werden müssen,11 waren folglich auch die in den Landesverfassungen geregelten Modalitäten der Kreditaufnahme an Art. 115 GG orientiert zu ändern. In der ganz überwiegenden Mehrzahl der Verfassungen der Bundesländer12 bestehen mithin Regelungen, welche mit Art. 115 GG vergleichbar oder identisch sind. Demzufolge kann auch auf Landesebene über die bestehenden verfassungsrechtlichen Vorgaben für Kreditfinanzierungen der Haushalte der Bundesländer die Inkorporation der durch diese Untersuchung festgestellten Direktionswirkung aufgrund der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes auch auf Länderebene angenommen werden oder liegt je7
Siehe Abschnitt D. III. 3. c) bb). Siehe Abschnitt D. II. 1. 9 Vgl. Art. 84 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 87 Abs. 2 der Verfassung von Berlin, Art. 103 der Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 131a der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, Art. 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 95 der Verfassung des Freistaates Sachsen, Art. 65 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Art. 71 der Niedersächsischen Verfassung, Art. 83 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 108 der Verfassung des Saarlandes, Art. 99 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, Art. 53 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art. 98 der Verfassung des Freistaates Thüringen. 10 Urteil des BVerfG v. 18. April 1989, BVerfGE 79, S. 311, 328. 11 Siekmann in Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 115 GG, Rn. 15. 12 Die Hessische Verfassung wurde nicht geändert, da der hessische Haushaltsgesetzgeber davon ausging, den bundesrechtlichen Vorgaben auch ohne Verfassungsänderung genügen zu können und sich auf eine einfachgesetzliche Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben beschränkte, Urteil des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen vom 12. Dezember 2005, Az: P.St. 1899, S. 37 der Urteilsbegründung. 8
I. Bundesverfassungsrechtliche Orientierung und Kommunalverfassungsrecht 221
denfalls im Einzelfall sehr nahe. Auch die verfassungsrechtlichen Direktionswirkungen, welche sich aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes über die Strukturgleichheiten zu Art. 115 GG ergeben, sind mithin auf Landesebene grundsätzlich zu beachten.
3. Schlussfolgerungen Im Ergebnis ist daher aufgrund der Rechtswirkungen des Homogenitätsgebotes sowie der auf Landesebene bestehenden verfassungsrechtlichen Regelungen zur Kreditaufnahme des Staates davon auszugehen, dass die durch diese Arbeit festgestellten bundesverfassungsrechtliche Orientierung Direktionswirkung auch auf die Kommunen als Teil des verfassungsrechtlichen Raums der Länder entfaltet. Denn sie wird entweder durch Art. 28 Abs. 1 GG transportiert oder besteht auch auf landesverfassungsrechtlicher Ebene aufgrund von Regelungen, welche mit Art. 115 GG vergleichbar oder identisch sind. Weiter ist zu konstatieren, dass alle untersuchungsgegenständlichen Finanzierungsmodelle Vorwegdispositionen und/oder besondere Risikogestaltungen beinhalten und folglich die Wirkungen der durch diese Arbeit thematisierten verfassungsrechtlichen Normen sowie die aufgrund der verfassungsrechtlichen Inkorporierung des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes entwickelten Kriterien einen Konnex zu den vertraglichen Strukturen ebenso wie zu den identifizierten rechtlichen Wirkungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle aufweisen. Damit ist hinsichtlich der von kommunalen Körperschaften zu Finanzierungszwecken genutzten neuen Finanzierungsmodelle auch der sachliche Anwendungsbereich der durch diese Untersuchung gewonnenen Orientierungen und Kriterien für die Zulässigkeit bzw. die zulässige Ausgestaltung von Vorwegdispositionen eröffnet. Es würde dabei über den Rahmen dieser Ausarbeitung hinausgehen, die gewonnenen grundgesetzlichen Orientierungen innerhalb der bestehenden Vorschriften des Kommunalverfassungsrechts im Einzelnen zu verorten. Ebenso obliegt die Klärung der Fragestellung, ob die Kriterien im Einzelfall im Rahmen einer erweiterten Auslegung der bislang geltenden kommunalrechtlichen Vorschriften anzuwenden sind oder möglicherweise insoweit eine Ergänzung relevanter Normtexte durch den Gesetzgeber erforderlich ist, in erster Linie den Obersten Aufsichtsbehörden bzw. den Legislativorganen der Bundesländer. Es ist insoweit jedoch in Erwägung zu ziehen, die Kriterien im Rahmen einer erweiterten Auslegung bislang bestehender Vorschriften anzuwenden. Hierfür bieten sich insbesondere die Grundsätze der stetigen Aufgabenerfüllung sowie der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft an. Diese Ausarbeitung konzentriert sich aufgrund der nachgewiesenen verfassungsrechtlichen Direktionswirkung der Kriterien für nachhaltige Finanzierungs-
222
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
aktivitäten des Staates im Folgenden auf eine entsprechende Neubewertung der einzelnen untersuchungsgegenständlichen kommunalen Finanzierungsmodelle. Die nachfolgenden Ausführungen thematisieren mithin die Zulässigkeit bzw. die zulässige Ausgestaltung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle erneut, und zwar diesmal unter ausschließlicher Heranziehung der durch die Untersuchung gewonnenen grundgesetzlichen Orientierungen.
II. Kommunale Leasingfinanzierung Überträgt man die Ergebnisse der verfassungsrechtlichen Untersuchung und im Besonderen die Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten des Staates auf die kommunale Leasingfinanzierung, so sind verschiedene rechtliche Wirkungen des Finanzierungsmodells zu bewerten. 1. Qualifizierung als Vorwegdisposition Zunächst ist der Abschluss einer kommunalen Leasingfinanzierung aufgrund der Bindung der kommunalen Körperschaft an den Leasingvertrag für die Dauer der Grundmietzeit als Vorwegdisposition zu qualifizieren. Denn die Disposition weist mit einer Verpflichtungswirkung über den Zeitraum mehrerer kommunaler Legislaturperioden hinweg eine weit über die zum Abschluss der Transaktion gegenwärtige Kommunallegislatur hinausreichende Wirkung auf.13 Da der Abschluss von Vorwegdispositionen beinhaltenden Finanzierungsverträgen jedoch in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht grundsätzlich zu beanstanden ist, ergeben sich insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit dieses Finanzierungsmodells. 2. Anforderungen an den Prozess der Entscheidungsfindung Aufgrund der mit der Disposition verbundenen Langzeitfolgen14 sind die Entscheidungsträger der kommunalen Körperschaft unter Nachhaltigkeitskriterien jedoch verpflichtet, bei der Entscheidung über den Abschluss einer Leasingfinanzierung besonders sorgfältig und umsichtig vorzugehen. D.h. konkret, vor einem Vertragsschluss sind umfangreiche Informationen über das Geschäft und dessen Auswirkungen auf die Kommune einzuholen und im politischen Diskurs in den entsprechenden Gremien ausführlich abzuwägen. Dabei hat neben der nach dem kommunalrechtlichen Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft ohnehin gebotenen Wirtschaftlichkeitsanalyse auch eine ge13 14
Vgl. Abschnitt C. I. 1. a). Vgl. Abschnitt C. I. 1. b) aa).
II. Kommunale Leasingfinanzierung
223
naue Bewertung der zukünftigen kommunalen Anforderungssituation zu erfolgen. 3. Dauerhaftigkeit der mit der Disposition verbundenen Vorteile Mit dem Abschluss einer kommunalen Leasingfinanzierung geht zudem eine Belastung auch nachfolgender Generationen einher, da diese, ebenso wie die gegenwärtige Generation, aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der dauerhaften Verpflichtung zur Leistung von Leasingraten an den privaten Finanzierungspartner unterliegen. Da die kommunale Leasingfinanzierung folglich eine beständige Belastungswirkung aufweist, ist die spiegelbildliche Dauerhaftigkeit der mit der Vorwegdisposition verbundenen Vorteile eine unumgängliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Finanzierungsmodells unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Hierbei ist zu vermerken, dass der private Leasinggeber vertraglich verpflichtet ist, der Kommune als öffentlichem Leasingnehmer den Leasinggegenstand für die Laufzeit der Grundmietzeit des Leasingvertrages zu überlassen. Folglich wirken die mit der Disposition verbundenen Vorteile nicht nur kurzfristig, sondern in dem gleichen zeitlichen Rahmen, der auch für die Belastung der Kommune vorgegeben ist. Im Ergebnis ist damit ein zeitlicher Gleichlauf von Vorteil und Belastung gegeben, und zwar sowohl aus der Sicht der gegenwärtigen, als auch aus der Sicht der nachfolgenden Generationen. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestehen folglich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Finanzierungsmodells. 4. Risiken der Vorwegdisposition Eine Vorwegdisposition in Form des Abschlusses einer Leasingfinanzierung enthält darüber hinaus in der Regel zwei Risikoübernahmen der Kommune. Dies sind die Übernahme des materiellen Investitionsrisikos und die Übernahme des Verwertungsrisikos. a) Materielles Investitionsrisiko Das materielle Investitionsrisiko, welches sich für die Kommune aufgrund der Vertragsklauseln, die eine Freistellung des Leasinggebers von der Sachgefahr vorsehen,15 ergibt, stellt sich als ein irreversibles Risiko dar. Denn aufgrund der vertraglichen Bindung der Kommune an den Leasinggeber für die Dauer der Grundmietzeit ist es nachfolgenden Generationen nicht möglich, das materielle Investitionsrisiko bis zum Ende dieses Zeitrahmes wieder zu beseiti15
Vgl. Abschnitt C. I. 1. a) und C. I. 1. b) bb).
224
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
gen. Da jedoch selbst bei einem Risikoeintritt in der Regel keine schwerwiegenden Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen der Kommune zu erwarten sind, ist das Eingehen des materiellen Investitionsrisikos nicht a priori unzulässig. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist für die Zulässigkeit des Finanzierungsmodells jedoch Voraussetzung, dass der zur Risikobegründung führende Abschluss des Leasingfinanzierungsmodells unter Übernahme des materiellen Investitionsrisikos erforderlich ist, mithin keine eindeutig risikoärmere Lösung existiert. Dies ist im Falle einer angespannten Haushaltslage der kommunalen Körperschaft und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Übernahme des materiellen Investitionsrisikos durch die Kommune den Marktstandard darstellt, vorstellbar. Von der Voraussetzung der Erforderlichkeit der zur Risikobegründung führenden Entscheidung der Kommune kann freilich dann abgesehen werden, wenn die kommunale Körperschaft eine Gebäudeversicherung abschließt, in deren Folge das materielle Investitionsrisiko von einem Versicherer übernommen wird. Im kommunalen Bereich werden trotz des prinzipiell zur Anwendung kommenden Selbstversicherungsprinzips in der Regel Gebäudeversicherungen abgeschlossen.16 Im Ergebnis ist daher für den Regelfall von einer Neutralisierung des materiellen Investitionsrisikos auszugehen. b) Verwertungsrisiko Auch bei dem Verwertungsrisiko17 handelt es sich um ein irreversibles Risiko, wobei aus bereits benannten Gründen18 auch insoweit nicht von einer generellen Unzulässigkeit der Übernahme dieses Risikos auszugehen ist. Das Fehlen eines eindeutig risikoärmeren und im konkreten Fall finanzierbaren alternativen Kommunalfinanzierungsmodells für die benötigte Immobilie unterstellt, ist jedoch durch die Kommune unter Anwendung der Nachhaltigkeitskriterien eingehend zu prüfen, ob sie nicht im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine Übernahme des Verwertungsrisikos durch den privaten Vertragspartner vereinbaren kann. Nur wenn dies unter Berücksichtigung des Marktstandards ausgeschlossen erscheint, ist die Übernahme des Verwertungsrisikos als zulässig zu erachten. Denn eine eindeutig risikoärmere Lösung ist im Rahmen dieser Finanzierungsform dann nicht ersichtlich.
16 Rechnungshof Rheinland-Pfalz, Kommunalbericht 2001, Tz. 3, Nr. 2.2; Hessischer Rechnungshof, Achter Zusammenfassender Bericht des Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs – Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften – über die Feststellungen von allgemeiner Bedeutung für die Zeit v. 1. Januar bis 31. Juli 1999, Nr. 3.6, S. 9, 10. 17 Vgl. Abschnitt C. I. 1. a) und C. I. 1. b) cc). 18 Vgl. Abschnitt E. II. 4. a).
III. Kommunale Leasingfondsfinanzierung
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c) Risikoverteilung zwischen den Generationen Unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verteilung der aus der Disposition erwachsenden Risiken erscheint bei der Leasingfinanzierung ausschließlich das Verwertungsrisiko problematisch. Denn das materielle Investitionsrisiko wird rechtlich über die gesamte Laufzeit des Leasingvertrages auf die Kommune übertragen und weist zudem nach menschlichem Ermessen über die Laufzeit der Transaktion eine gleich bleibende Eintrittswahrscheinlichkeit auf. Hingegen besteht die Gefahr der Realisierung des Verwertungsrisikos erst zum Ende der Grundmietzeit. Denn kauft die Kommune das Gebäude zum Vertragsende nicht an, so sehen die Teilamortisationsverträge regelmäßig eine Abschlusszahlung der kommunalen Körperschaft an den Leasinggeber oder ein Andienungsrecht zu dessen Gunsten vor.19 Mit dem Risiko der Verpflichtung zu einer entsprechenden Leistung an den privaten Vertragspartner wird folglich die zu diesem Zeitpunkt in kommunaler Verantwortung stehende Generation einseitig belastet. Um die aus dieser Risikokonstellation resultierende Generationenungerechtigkeit zu vermeiden, ist es unter Nachhaltigkeitskriterien erforderlich, dass die kommunale Körperschaft über die sukzessive Bildung von zweckbestimmten Rücklagen während der Laufzeit der Finanzierung das Verwertungsrisiko im Ergebnis wirtschaftlich gleichmäßig auf die gesamte, während der Grundmietzeit des Leasingvertrages auftretende Generationenfolge verteilt. Alternativ ist der Abschluss einer auf das Verwertungsrisiko bezogenen Versicherung denkbar. 5. Zusammenfassung Unter Beachtung der beschriebenen Einschränkungen hinsichtlich der Erforderlichkeit des Eingehens von irreversiblen Risiken und der Notwendigkeit der gleichmäßigen Verteilung des Verwertungsrisikos sind kommunale Leasingfinanzierungen auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten als zulässig zu qualifizieren.
III. Kommunale Leasingfondsfinanzierung 1. Leasingvertrag Hinsichtlich der Gestaltung des Vertrages zwischen der Fondsgesellschaft als Leasinggeber und der kommunalen Körperschaft als Leasingnehmerin ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede zu einer regulären Leasingfinanzierung, so dass insoweit auf die entsprechende Beurteilung zu verweisen ist.20 19
Vgl. Abschnitt C. I. 1. a).
226
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
2. Weitere Risiken der Vorwegdisposition Neben den mit dem Abschluss des Leasingvertrages einhergehenden Risikoübernahmen der Kommune können sich bei einer kommunalen Leasingfondsfinanzierung jedoch weitere nachhaltigkeitsrelevante Risiken ergeben. a) Beteiligung an der Objektgesellschaft Soweit sich die Kommune an der Objektgesellschaft beteiligt, trägt sie zwar in Höhe des Beteiligungsbetrages ein Ausfallrisiko. Es handelt es sich in der Regel aber um ein reversibles Risiko, so dass unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten insoweit keine Bedenken an der Beteiligung bestehen. Zudem ist auch die Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos in aller Regel über die Laufzeit der Transaktion gleichmäßig verteilt. Schließlich liegt regelmäßig eine Begrenzung des Beteiligungsrisikos durch entsprechend restriktive kommunalhaushaltsrechtliche Bedingungen für die Zulässigkeit einer kommunalen Beteiligung vor. b) Stellung einer Bürgschaft durch die Kommune Ein weiteres Risiko kann sich für die kommunale Körperschaft im Rahmen der kommunalen Leasingfondsfinanzierung dann ergeben, wenn sie eine Bürgschaft für die Fremdkapitalaufnahme der Fondsgesellschaft stellt. Hierbei handelt es sich in der Regel um ein irreversibles, allerdings mangels zu erwartender schwerwiegender Auswirkungen auf die kommunalen Finanzierungsgrundlagen im Eintrittsfall wiederum nicht a priori unzulässiges Risiko. Die Zulässigkeit der Risikoeingehung beurteilt sich daher erneut nach deren Erforderlichkeit, die sich hier unter anderem anhand alternativer Möglichkeiten zur Senkung der Finanzierungskosten des Modells und dem Marktstandard bemisst. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verteilung des Risikos über die Laufzeit der Finanzierung ist die Risikoeingehung dabei nicht zu beanstanden.
IV. Kommunales Sale-and-lease-back Weiter lassen sich die Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten auf das Finanzierungsmodell des Sale-and-lease-back anwenden.
20
Abschnitt E. II.
IV. Kommunales Sale-and-lease-back
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1. Umgang mit dem Vermögen der Gebietskörperschaft Eine auf ein Sale-and-lease-back Geschäft gerichtete Finanzierungstransaktion, die aufgrund des langfristigen Leasingvertrages ebenfalls eine Vorwegdisposition darstellt, ist zuvörderst unter Heranziehung der für den Umgang mit dem Vermögen einer Gebietskörperschaft entwickelten Kriterien zu bewerten. Denn bei diesem Finanzierungsmodell wird – anders als beispielsweise bei einer reinen Leasingfinanzierung – in erheblichem Umfang kommunales Vermögen in die Transaktion eingebracht. Das Einbringen des kommunalen Vermögens im Wege der Veräußerung der für das Sale-and-lease-back vorgesehenen Immobilie an den privaten Vertragspartner stellt eine Schmälerung des Kapitalstocks der kommunalen Körperschaft dar, da die Immobilie dem Kapitalstock als Vermögensgegenstand zunächst dauerhaft entzogen wird.21 Die Zulässigkeit einer Sale-and-lease-back Transaktion unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt sich folglich zuvörderst danach, ob der finanzielle Kapitalstock der jeweiligen Körperschaft einen unverzichtbaren Beitrag zum Lebensstandard nachfolgender Generationen leistet. Nur wenn dies insgesamt und im Besonderen hinsichtlich der zur Veräußerung anstehenden Immobilie als Vermögenswert nicht der Fall ist, so kann eine Schmälerung des Kapitalstocks als zulässig bewertet werden. Von besonderer Bedeutung ist insoweit die Frage nach der Unverzichtbarkeit der für die Transaktion vorgesehenen Immobilie. Im Kern ähnelt dieses Kriterium der in den Kommunalordnungen vorgesehenen Voraussetzung der Entbehrlichkeit des Vermögensgegenstandes, welche ebenfalls eine Zukunftsprojektion verlangt.22 Ebenso wie die auf den Verkauf nachfolgende sofortige Rückanmietung des Vermögensgegenstandes nach zutreffender Rechtsauffassung einiger Oberster Aufsichtsbehörden den Mangel an Entbehrlichkeit im Sinne des Kommunalrechts indiziert, so weist sie unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten darauf hin, dass der Vermögensgegenstand auch in der Zukunft, d.h. für nachfolgende Generationen, einen unverzichtbaren Beitrag zum Lebensstandard leistet. In praxi wird diese Analyse durch den Umstand gestützt, dass mittels für Sale-and-lease-back Finanzierungen vorgesehener Immobilien fast ausschließlich Leistungen der Daseinsvorsorge erbracht oder andere wesentliche kommunale Aufgaben wahrgenommen werden, auf deren Erbringung regelmäßig auch nachfolgende Generationen angewiesen sein werden. Im Ergebnis ist daher auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten von einer prinzipiellen Unzulässigkeit von Sale-and-lease-back Transaktionen auszugehen.
21 Ob die Immobilie dem Kapitalstock wieder zugeführt wird, hängt dabei von der Entscheidung der Kommune über die Kaufoption, welche ihr zum Ende der Vertragslaufzeit zusteht, ab. 22 Zu dieser Voraussetzung siehe Abschnitte C. II. 3. und C. III. 2.
228
E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Unterstellt man dennoch die Zulässigkeit der Transaktionsform, so müsste die das Geschäft abschließende Generation kommunaler Entscheidungsträger ein Äquivalent für die Schmälerung des Kapitalstocks bereitstellen. Notwendig wäre mithin ein Substitut, welches geeignet ist, eine im Vergleich zur eingesetzten Immobilie gleichwertige Funktion für den Kapitalstock zu entfalten. Diese Voraussetzung wird bei einer Sale-and-lease-back Transaktion dann erfüllt, wenn für die in die Transaktion eingebrachte Immobilie ein angemessener Kaufpreis durch den privaten Vertragspartner an die Körperschaft geleistet wird. Hierauf nicht anzurechnen sind Investitionsmaßnahmen des Privaten, welche dieser nach Erlangung der Eigentümerposition vornimmt. Denn auch wenn diese Investitionen aufgrund des Leasingvertrages mittelbar der Kommune bei ihrer zukünftigen Aufgabenerfüllung zugute kommen, so entfalten sie aufgrund des Verlustes des kommunalen Eigentums an der Immobilie keine Funktion für den Kapitalstock der Körperschaft. Vom Gegenteil wäre allenfalls dann auszugehen, wenn für das Ende der Vertragslaufzeit ein Ankauf der Immobilie durch die Kommune vereinbart würde. Im Regelfall wird der Kommune aber ausschließlich eine Kaufoption eingeräumt.23 Ob Investitionen des privaten Vertragspartners daher zu einem zukünftigen Zeitpunkt eine Funktion für den Kapitalstock zu entfalten geeignet sind, ist mithin mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet. 2. Leasingvertrag Für den Fall der Annahme der Zulässigkeit einer Sale-and-lease-back Transaktion unter dem Kriterium des Umgangs mit dem Vermögen der Gebietskörperschaft ist weiter der zwischen dem neuen Eigentümer und der Kommune geschlossene Leasingvertrag so auszugestalten, dass Nachhaltigkeitsaspekten genügt wird.24
V. Kommunale US-Lease Transaktionen Auch bei einer Übertragung der Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten des Staates auf kommunale US-Lease Transaktionen sind verschiedene rechtliche Wirkungen des Finanzierungsmodells zu bewerten.25
23
Vgl. Abschnitt C. I. 3. a). Vgl. Abschnitt E. II. 25 Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass US-Lease Transaktionen nach aller Erwartung in Zukunft nicht mehr nach dem Betriebsführungsmodell strukturiert werden werden, ist die Bewertung dieses Finanzierungsmodells anhand der entwickelten Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten des Staates als exemplarisch für die zukünftige Gestaltung verwandter Transaktionsformen zu verstehen. 24
V. Kommunale US-Lease Transaktionen
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1. Umgang mit dem Vermögen der Gebietskörperschaft Hinsichtlich dieses kommunalen Finanzierungsmodells bietet sich hierbei ebenso wie bei Sale-and-lease-back Geschäften prima vista eine Bewertung nach den für den Umgang mit dem Vermögen einer Gebietskörperschaft entwickelten Kriterien an. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass im Unterschied zu einer Sale-and-lease-back Transaktion im Rahmen des Finanzierungsmodells US-Lease keine kommunalen Vermögensgegenstände veräußert werden, sondern ausschließlich eine Vermietung des transaktionsgegenständlichen Vermögens und – im Falle des Eintritts der Betriebsführungsstruktur – eine Inbesitznahme und der Betrieb kommunalen Eigentums durch den privaten Dritten stattfindet. Durch US-Lease Transaktionen wird kommunales Eigentum aber nicht übertragen. Die für den Umgang mit dem Vermögen einer Gebietskörperschaft entwickelten Kriterien sind daher mangels einer Schmälerung des kommunalen Kapitalstocks auf US-Lease Transaktionen nicht anzuwenden. Jedoch weist das neue kommunale Finanzierungsmodell noch andere rechtliche Wirkungen auf, die unter Nachhaltigkeitskriterien zu bewerten sind. 2. Allgemeine Ausgestaltung der Vorwegdisposition US-Lease Transaktionen sind aufgrund der zeitlich extensiven Bindung der Kommune an ihre privaten Vertragspartner, die im Mindestmaß 22–28 Jahre und im Falle der Durchführung der gesamten Transaktion bis zu 100 Jahre betragen kann, als Vorwegdispositionen zu qualifizieren. US-Lease Geschäfte bedingen dabei umfangreiche Handlungsbeschränkungen der kommunalen Vertretungsorgane, da die Kommune über die Laufzeit der Transaktion nur in sehr eingeschränktem Umfang über den Leasinggegenstand verfügen kann. Zudem ergeben sich aus dem Abschluss einer derartigen Transaktion vielfältige Verpflichtungen für die Kommune über die Laufzeit der Transaktion, so beispielsweise die Pflicht, den kommunalen Leasinggegenstand jederzeit betriebsfähig vorzuhalten. Die Auferlegung dieser Handlungsbeschränkungen bzw. Pflichten stellt unter Berücksichtigung der entsprechenden verfassungsrechtlichen Kriterien aber in der Regel eine gerade noch zulässige Ausgestaltung einer Vorwegdisposition dar. Denn obschon die zukünftigen kommunalen Vertretungsorgane umfangreich in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt und ihnen durch die gegenwärtige Generation vielfältige Pflichten auferlegt werden, so sind sie dennoch nicht jeglicher kommunaler Dispositionsbefugnis beraubt. Denn die aus der Transaktion erwachsenden Beschränkungen beziehen sich nur auf den Transaktionsgegenstand und damit in der Regel nur auf einen eingegrenzten Teilbereich des kommunalen Verfügungsspektrums. Die Beschränkung nachfolgender Generationen bewegt sich daher noch in einem verfassungsrechtlich zulässigen Bereich.
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E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
3. Anforderungen an den Prozess der Entscheidungsfindung Die Qualität der Handlungsbeschränkungen und Pflichten ebenso wie der lange Zeitrahmen ihres Bestehens im Falle des Abschlusses der Transaktion machen es unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten aber unabdingbar, dass die Entscheidungsträger der kommunalen Körperschaft auch bei der mit dieser Transaktionsform verbundenen Vorwegdisposition besonders sorgfältig und umsichtig vorgehen. Um Nachhaltigkeitsaspekten zu genügen, haben Kommunen in diesem Fall vor allem die zukünftige kommunale Anforderungssituation möglichst genau zu bewerten. Denn mit der Genauigkeit der entsprechenden Prognose entscheidet sich aus Sicht der Kommune im Ergebnis zu einem erheblichen Teil sowohl die Wirtschaftlichkeit des Finanzierungsmodells als auch – aus Sicht der nachfolgenden Generationen – die tatsächliche Intensität26 der Handlungsbeschränkungen und Verpflichtungen. 4. Dauerhaftigkeit der mit der Disposition verbundenen Vorteile Da die US-Lease Geschäften zugrunde liegende Transaktionsstruktur zu einer dauerhaften Belastung auch nachfolgender Generationen führt, ist unter Nachhaltigkeitsaspekten wiederum die spiegelbildliche Dauerhaftigkeit der mit der Vorwegdisposition verbundenen Vorteile eine unumgängliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des Finanzierungsmodells. Den mit der Vorwegdisposition verbundenen Vorteil für die kommunale Körperschaft stellt im Rahmen einer US-Lease Transaktion die Vereinnahmung des Barwertvorteils dar. Faktisch kann die Kommune den Barwertvorteil in der Regel beliebig zu Finanzierungszwecken einsetzen. Unter Heranziehung des Kriteriums der Dauerhaftigkeit der mit einer Vorwegdisposition verbundenen Vorteile ist die Körperschaft jedoch in der Verwendung der durch den Abschluss der US-Lease Transaktion vereinnahmten Finanzmittel beschränkt. Denn die Bezugnahme des Nachhaltigkeitsgrundsatzes auf Aspekte der Generationengerechtigkeit erfordert insoweit, dass der Vorteil der Vorwegdisposition auch nachfolgenden Generationen zur Verfügung steht. Diese Wirkung wird nur erreicht, wenn die Kommune den Barwertvorteil für Investitionszwecke einsetzt, Schulden tilgt oder die Finanzmittel zunächst in die Rücklage einstellt, um sie zu 26 Es ist davon auszugehen, dass sowohl Verfügungsbeschränkungen über den kommunalen Leasinggegenstand als auch Verpflichtungen wie beispielsweise hinsichtlich der Erhaltung der Betriebsfähigkeit aus Sicht nachfolgender Generationen desto weniger als Einschränkung kommunaler Handlungsspielräume erscheinen, als der Leasinggegenstand aufgrund einer zutreffenden Prognose (zum Beispiel über die lokale Einwohnerentwicklung und die damit verbundenen Anforderungen an die kommunale Leistungserbringung) der die Transaktion abschließenden Generation ohnehin zu dem im Zeitpunkt des Transaktionsabschlusses vorgesehenen Zweck betrieben werden muss.
V. Kommunale US-Lease Transaktionen
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einem späteren Zeitpunkt zu Investitionszwecken oder zur Schuldentilgung zu verwenden. Im Ergebnis wird in allen Fällen durch die Verwendung des Barwertvorteils eine Dauerhaftigkeit des Vorteils der Vorwegdisposition bewirkt, so dass die Belastung nachfolgender Generationen, welche an die Wirkung der Disposition der gegenwärtigen Generation gebunden werden, ausgeglichen wird. Sofern in der Vergangenheit vereinnahmte Barwertvorteile durch Kommunen zu anderen Zwecken, beispielsweise zur laufenden Finanzierung des Verwaltungshaushaltes verwendet worden sind, wurde hierdurch Aspekten der Generationengerechtigkeit nicht genügt. Denn der mit der Vorwegdisposition einhergehende Barwertvorteil wurde in diesen Fällen dergestalt eingesetzt, dass eine dauerhafte Zukunftsbegünstigung unterblieb. Mithin profitierte in der Regel hauptsächlich die das Geschäft abschließende Generation von kurzfristigen, durch die Vorwegdisposition ausgelösten Haushaltseffekten, während die nachfolgenden Generationen für Jahrzehnte die Folgen der Disposition zu tragen haben. 5. Risiken der Vorwegdisposition Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten besonders überprüfungswürdig stellt sich bei US-Lease Transaktionen weiter die Risikogestaltung des Finanzierungsmodells und hierbei insbesondere das Schadensersatzrisiko sowie das Risiko der Insolvenz beteiligter Banken dar. a) Schadensersatzrisiko In diesem Zusammenhang ist zunächst das Schadensersatzrisiko27 der Kommune zu untersuchen. Dieses Risiko qualifiziert als irreversibel, da nachfolgenden Generationen seine Beseitigung über die Laufzeit der Transaktion nicht möglich ist. Fraglich ist daher zunächst, ob die Eingehung des irreversiblen Risikos durch die Kommune unter Nachhaltigkeitsaspekten zulässig ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die pauschalierte Schadensersatzsumme im Falle der Kündigung der Transaktionsverträge durch den Trust bei einer vorangegangenen Vertragspflichtverletzung der Kommune zu Beginn der Transaktion ein Mehrfaches des durch die Kommune vereinnahmten Barwertvorteils beträgt und diesen jedenfalls bis Ablauf von etwa 2/3 des Zeitrahmens des Rückmietvertrages übersteigt. Handelt es sich, wie dies der Regelfall ist, bei dem in die Transaktion eingebrachten Leasinggegenstand um ein hochwertiges Wirtschaftsgut, so sieht sich die Kommune im Falle einer Vertragspflichtverletzung mithin dem Risiko der 27
Vgl. Abschnitt C. I. 4. b) bb) und C. I. 4. e).
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E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
Geltendmachung einer erheblichen Schadensersatzsumme durch den Trust ausgesetzt. Es unterliegt insbesondere deren genauer Höhe sowie der Höhe der der Kommune im betreffenden Haushaltszeitraum zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, welche Auswirkungen eine erfolgreiche Inanspruchnahme der Kommune durch den Trust zu entfalten geeignet ist. Jedoch wird aufgrund der aus einem hohen Transaktionswert resultierenden erheblichen Schadensersatzsummen und der bei den meisten Kommunen, welche US-Lease Transaktionen abgeschlossen haben, ohnehin angespannten Haushaltssituation eine erfolgreiche Inanspruchnahme der Kommune in diesem Fall meist zu einer Illiquidität der Körperschaft führen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die auf der Ausübung von Gegenrechten des Trust basierende Inanspruchnahme innerhalb der ersten Jahre nach Abschluss der Transaktion erfolgt. Aber auch danach und jedenfalls bis zum Ablauf von etwa 2/3 des Zeitrahmens des Rückmietvertrages würden durch den Trust gegen die Kommune durchgesetzte Schadensersatzforderungen erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Gebietskörperschaft entfalten. Nach alledem ist die Eingehung eines derartig erheblichen Risikos unter Nachhaltigkeitsaspekten von vornherein als unzulässig zu qualifizieren. Die Zulässigkeit der mit der Vorwegdisposition verbundenen Risikoeingehung ist daher nur dann erreichbar, wenn das Schadensersatzrisiko der Kommune in einer USLease Transaktion durch die Körperschaft vollumfänglich versichert wird. b) Risiko der Insolvenz beteiligter Banken Innerhalb von US-Lease Transaktionen unterliegt die Kommune darüber hinaus dem Risiko der Insolvenz derjenigen Banken, mit welchen sie Erfüllungsübernahmevereinbarungen hinsichtlich der Zahlungen der Mietraten unter dem Rückmietvertrag sowie in Bezug auf die gegebenenfalls nötige Zahlung des Beendigungsoptionspreises abgeschlossen hat.28 Auch hierbei handelt es sich um ein irreversibles Risiko. aa) Erfüllungsübernahmevereinbarungen und Gewährträgerhaftung In Bezug auf die Frage der Zulässigkeit der Risikoeingehung ist freilich zu differenzieren. Soweit die Kommune Erfüllungsübernahmevereinbarungen mit öffentlichen Banken abgeschlossen hat und diese Vereinbarungen der Gewährträgerhaftung respektive dem so genannten „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung29 unterliegen, ist im Falle des Ausfalls des kommunalen Vertragspartners eine direkte Inanspruchnahme des Gewährträgers möglich. Unter Berück28
Vgl. Abschnitt C. I. 4. d).
V. Kommunale US-Lease Transaktionen
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sichtigung des Umstandes, dass ein gleichzeitiger Ausfall des Gewährträgers extrem unwahrscheinlich ist, stellt sich das aus dem Abschluss der Erfüllungsübernahmevereinbarungen resultierende Risiko der Kommune in diesem Fall faktisch als nicht existent dar. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist daher bei Vorliegen einer der Gewährträgerhaftung oder einem „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung unterliegenden Verbindlichkeit die Risikoeingehung durch die Kommune hier aufgrund der besonderen rechtlichen Haftungsstruktur ohne weitere Voraussetzungen als zulässig zu erachten, obschon es sich um ein irreversibles Risiko handelt. bb) Erfüllungsübernahmevereinbarungen ohne Gewährträgerhaftung Anders stellt sich die Beurteilung der Zulässigkeit der Risikoeingehung dar, wenn die Erfüllungsübernahmevereinbarung nicht mit öffentlichen Banken zustande kam oder eine vertraglichen Vereinbarung mit öffentlichen Banken, welche aber nicht der Gewährträgerhaftung oder dem „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung unterliegt, getroffen wurde. In diesem Fall trägt die Kommune vollumfänglich das Risiko der Insolvenz ihrer Vertragspartner. Aufgrund des Fortbestehens der mit der Erfüllungsübernahme durch die Banken übernommenen Zahlungsverpflichtungen bleibt sie auch bei Insolvenz der erfüllungsübernehmenden Banken zur Leistung der Mietzahlungsverpflichtungen und gegebenenfalls des Beendigungsoptionspreises an den Trust verpflichtet. Das entsprechende Risiko der Kommune muss hierbei wiederum nach der Laufzeit der Transaktion beurteilt werden. Denn da die Kommune die Mietzahlungsverpflichtungen und die für die Zahlung des Beendigungsoptionspreises vorgesehene Summe wirtschaftlich bei Vertragsschluss an die erfüllungsübernehmenden Banken vorausleistet, sinkt die Gesamtsumme, zu welcher sie dem Trust zur Zahlung auch bei Insolvenz der Banken verpflichtet bleibt, mit jeder Mietzahlung durch die erfüllungsübernehmenden Institute während der Laufzeit der Transaktion ab. D.h., mit zunehmendem Zeitablauf der Transaktion verringert sich das Risiko der Kommune. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass auch die Mietzahlungsverpflichtungen der Kommune ebenso wie der Beendigungsoptionspreis im Rahmen von US-Lease Transaktionen eine erhebliche Größenordnung erreichen. Im Falle einer Verpflichtung der Kommune zur doppelten Leistung dieser Gesamtsumme aufgrund einer Insolvenz der erfüllungsübernehmenden Banken wären daher wiederum 29 Vgl. zur Gewährträgerhaftung Fn. 246, zum „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung Fn. 252.
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zumindest erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Gebietskörperschaft, wenn nicht deren Illiquidität zu erwarten. Auch die Eingehung des mit dem Abschluss der Erfüllungsübernahmevereinbarung verbundenen Risikos der Insolvenz der erfüllungsübernehmenden Banken ist daher unter Nachhaltigkeitsaspekten a priori als unzulässig zu qualifizieren. Wiederum ist die Zulässigkeit der mit der Vorwegdisposition verbundenen Risikoeingehung nur dann erreichbar, wenn dieses Risiko der Kommune in einer US-Lease Transaktion durch die Körperschaft vollumfänglich versichert wird. c) Risikoverteilung zwischen den Generationen Da die bei US-Lease Transaktionen auftretenden, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten relevanten Risiken nach der hier vertretenen Rechtsauffassung in der Regel versichert werden müssen, ist die Risikoverteilung zwischen den Generationen nicht weiter zu problematisieren. Ohnehin handelt es sich um aus vertraglichen Vereinbarungen resultierende Risiken, die grundsätzlich eine gleichmäßige Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen.30 6. Zusammenfassung US-Lease Transaktionen sind als grundsätzlich zulässige Vorwegdispositionen zu qualifizieren, welche jedoch besondere Anforderungen an die kommunale Entscheidungsfindung stellen. Unter Nachhaltigkeitskriterien ist weiter eine generationengerechte Verwendung des durch die Kommune vereinnahmten Barwertvorteils sicherzustellen. Diese Anforderung wird immer dann erfüllt, wenn die Kommune den Barwertvorteil für Investitionszwecke einsetzt, Schulden tilgt oder die Finanzmittel zunächst in die Rücklage einstellt, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu Investitionszwecken oder zur Schuldentilgung zu verwenden. Aufgrund der erheblichen negativen Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Gebietskörperschaft im Falle eines Risikoeintritts ist das Schadensersatzrisiko der Kommune in der US-Lease Transaktion zu versichern. Gleiches gilt für den Fall des Abschlusses einer Erfüllungsübernahmevereinbarung mit nicht öffentlichen Banken oder bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung mit öffentlichen Banken, welche aber nicht der Gewährträgerhaftung oder dem „grandfathering“ der Gewährträgerhaftung unterliegt.
30 Beachtlich ist insoweit allenfalls, dass die Erheblichkeit der Auswirkungen des Risikoeintritts in der Generationenfolge differiert.
VI. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente
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VI. Kommunaler Einsatz derivativer Finanzinstrumente Der kommunale Einsatz derivativer Finanzinstrumente unterscheidet sich von den bislang bewerteten kommunalen Finanzierungsmodellen dadurch, dass in Zusammenhang mit diesem Finanzierungsgeschäft eine Risikoeingehung der Kommune möglich ist, welche nicht notwendigerweise an eine Vorwegdisposition gebunden ist. Denn der Erwerb derivativer Finanzinstrumente am Kapitalmarkt stellt sich nicht als eine Disposition dar, die notwendigerweise über die zum Kaufzeitpunkt gegenwärtige Legislatur hinausreicht. Zwar kann das Finanzinstrument durch die Kommune gegebenenfalls über einen die Legislaturperiode übersteigenden Zeitraum gehalten werden, sein Wiederverkauf am Kapitalmarkt ist jedoch in der Regel jederzeit möglich. Insoweit weist der Erwerb von Derivaten durch Kommunen nicht das klassische Merkmal einer Vorwegdisposition auf. Dennoch ergibt sich ein Konnex zwischen dem kommunalen Einsatz derivativer Finanzinstrumente und den Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten des Staates. Denn der Erwerb eines derivativen Finanzinstruments kann sich zumindest theoretisch als risikobehaftete Transaktion darstellen. Hiervon wäre immer dann auszugehen, wenn die Kommune das Finanzinstrument ohne Bezug zu einer Kreditfinanzierung erwerben würde, da sie dann mangels einer möglichen Nutzung des Instruments zur Gestaltung von Kreditkonditionen auf dessen Wertentwicklung am Markt angewiesen wäre. Gesetzt diesen Fall bestünde je nach Umfang und Risikogestaltung entsprechender Spekulationsgeschäfte der Kommune die Gefahr erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen der Körperschaft. Das Eintreten von erheblichen Spekulationsverlusten unterstellt, wären langfristige Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen der Kommune zu erwarten, welche auch nachfolgende Generationen zumindest mittelbar belasten würden. Das geltende Kommunalaufsichtsrecht verbietet jedoch schon heute nach Ansicht aller Obersten Kommunalaufsichtsbehörden den Abschluss von Derivategeschäften losgelöst von konkreten Kreditgeschäften oder die Geldanlage in Derivate. Diese Rechtsauffassung wird allgemein aus der kommunalen Aufgabenstellung abgeleitet.31 Das Verbot des losgelösten Erwerbs von Derivaten bzw. einer entsprechenden Geldanlage ist nach den obigen Ausführungen auch nach den Ergebnissen der Bewertung des Finanzierungsmodells unter Nachhaltigkeitskriterien geboten. Unter der Heranziehung der Nachhaltigkeitskriterien ist der Rechtsansicht der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden weiter auch darin zu folgen, als im Falle 31
Vgl. Abschnitt C. III. 4. b).
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E. Die Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle
einer Koppelung des Erwerbs von Derivaten an ein konkretes Kreditgeschäft keine Bedenken gegen den Einsatz dieses kommunalen Finanzierungsmodells bestehen. Denn negative Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlagen der Kommune sind dann nicht möglich.32
32
Vgl. Abschnitt C. I. 5. b).
F. Conclusio Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung trifft die Hypothese zu, dass mit den neuen kommunalen Finanzierungsmodellen in vielen Fällen rechtliche Wirkungen und Risiken für die kommunalen Körperschaften einhergehen, welche bei der Innenfinanzierung mittels Eigenkapitaleinsatz und der Kommunalkreditfinanzierung nicht aufgetreten sind. Die Analyse der von den Obersten Kommunalaufsichtsbehörden in Bezug auf die Zulässigkeit der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle vertretenen Rechtsansichten hat dabei aufgezeigt, dass gerade aufgrund des Zusammentreffens von neuartigen rechtlichen Wirkungen und Risiken dieser Modelle und dem noch nicht entsprechend fortentwickelten aufsichtsrechtlichen Auslegungskanon, welcher zur Beurteilung der Zulässigkeit der meisten neuen kommunalen Finanzierungsmodelle hauptsächlich auf Wirtschaftlichkeitserwägungen abstellt, in praxi Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten des relevanten kommunalen Haushaltsrechts bestehen. In der Folge vertreten die Obersten Aufsichtsbehörden aufsichtsrechtliche Bewertungen der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle, welche sich teils erheblich unterscheiden. Jedoch hat die Untersuchung der relevanten, d.h. Bezüge zu den rechtlichen Wirkungen und Risiken der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle aufweisenden verfassungsrechtlichen Normen den Nachweis erbracht, dass das Grundgesetz insoweit Orientierungen für eine Fortentwicklung der Auslegung des kommunalen Haushaltsrechts bereithält. So ergibt sich aus dem Demokratieprinzip eine grundsätzliche Zulässigkeit von staatlichen Vorwegdispositionen und zugleich ein Verbot, mittels Vorwegdispositionen Handlungs- und Entscheidungsspielräume nachfolgender Generationen im Ergebnis zu erdrosseln. Das in Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG statuierte Regelungskonstrukt hinsichtlich der Ausgestaltung staatlicher Kreditaufnahmen birgt weitere Hinweise auf die zulässige Ausgestaltung von Vorwegdispositionen, wenngleich insoweit eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Regelungsanspruch der Verfassung und der Verfassungswirklichkeit besteht. Schließlich lassen sich aus dem auf Aspekte der Generationengerechtigkeit bezogenen Teilbereich des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes entscheidende Kriterien für die zulässige Ausgestaltung staatlicher Vorwegdispositionen entwickeln. Es wird im Entscheidungsermessen der Obersten Kommunalaufsichtsbehörden und der Landesgesetzgeber liegen, die in dieser Arbeit mittels der verfassungsrechtlichen Analyse gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Zuläs-
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F. Conclusio
sigkeit und zulässigen Ausgestaltung von Vorwegdispositionen und Risikogestaltungen im Bereich kommunaler Finanzierungsaktivitäten zu überprüfen und im Anschluss hieran gegebenenfalls die Auslegung der relevanten kommunalhaushaltsrechtlichen Vorschriften zu erweitern oder bestehende gesetzliche Grundlagen des Aufsichtsrechts zu verändern. Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung besteht kein Zweifel daran, dass das Grundgesetz und hierbei insbesondere die limitierte verfassungsrechtliche Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes entsprechende exekutive und gegebenenfalls legislative Maßnahmen nahe legt, wenn nicht gar erfordert. Insbesondere die anhand des allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsatzes erarbeiteten Kriterien für nachhaltige Finanzierungsaktivitäten des Staates eröffnen hierbei die Möglichkeit, auch bislang in der Kommunalfinanzierung unbekannte bzw. noch in der Zukunft zu entwickelnde Strukturen von Finanzierungsmodellen dergestalt zu erfassen, dass speziell der Notwendigkeit einer generationengerechten Ausgestaltung der Finanzierungen Rechnung getragen wird. Als Ergebnis der Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle steht dabei zwar fest, dass aufgrund deren verschiedener rechtlicher Strukturen nicht alle entwickelten Kriterien auf jedes Modell Anwendung finden können. Dennoch stellen sich die jeweils zur Anwendung kommenden Kriterien hinsichtlich jedes untersuchten Finanzierungsmodells als geeignet dar, die Nachhaltigkeit der staatlichen Finanzierungsaktivität im Sinne der Verwirklichung von Generationengerechtigkeit sicher zu stellen. Die am Ende dieser Untersuchung vorgenommene Bewertung der neuen kommunalen Finanzierungsmodelle hat dabei auch ergeben, dass die durch einige Oberste Kommunalaufsichtsbehörden vertretene Auslegung des kommunalen Haushaltsrechts dem Aspekt der Generationengerechtigkeit hinsichtlich zweier Transaktionsformen bislang nicht Rechnung getragen hat. Namentlich trifft dies auf Sale-and-lease-back Transaktionen nach gegenwärtigem Marktstandard und, soweit eine generationengerechte Verwendung des Barwertvorteils unterblieben ist und Risiken – soweit erforderlich – nicht versichert wurden, auch auf US-Lease Transaktionen zu. Es wäre wünschenswert, dass sowohl die Entscheidungsträger in den Kommunen, als auch die Kommunalaufsichtsbehörden insbesondere die aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes resultierenden Kriterien bei der Bewertung neuer kommunaler Finanzierungsmodelle in Zukunft verstärkt in ihre Entscheidung über den Abschluss bzw. die Genehmigung dieser Modelle einbeziehen. Die Kommunalaufsichtsbehörden sollten hierbei trotz der sich aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ergebenden grundsätzlichen Autonomie der Kommunen eine aktive Rolle einnehmen. Allgemein legt dies schon die Komplexität der meisten neuen kommunalen Finanzierungsmodelle nahe. Soweit die Finanzierungsmodelle zudem Risikogestaltungen enthalten, welche im Falle des Eintritts von Risiken zu schwerwiegenden Aus-
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wirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten und -grundlagen der kommunalen Körperschaft führen können, ist eine aufsichtsrechtliche Überprüfung de facto zwingend erforderlich. Sollten, woran Zweifel bestehen, die Kommunalaufsichtsbehörden zur Ausübung einer entsprechenden Überprüfungs- und damit auch Schutzfunktion nach geltendem Aufsichtsrecht nicht befugt sein, so wäre eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen auch insoweit wünschenswert. Im Ergebnis würde mit alledem für die Zukunft sichergestellt, worauf die nachfolgenden Generationen zwar nicht aus eigenem Recht, aber jedenfalls aufgrund der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes im übertragenen Sinne einen unbestreitbaren „Anspruch“ besitzen: Die Zukunftsgerechtigkeit kommunaler Finanzierungsmodelle und mithin der Schutz der Entfaltungs- und Handlungsspielräume nachfolgender Generationen durch die gegenwärtig in Verantwortung stehende Generation.
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Sachverzeichnis § 10 Kreditwesengesetz 43 Agenda 21 171 Amortisationsdarlehen 42, 47 Amtsnachfolger 125 Amtsperiode 28, 119, 121 ff. Andienungsrecht 37, 39, 225 Anforderungssituation 38, 91, 223, 230 Anlagerisiken 55 Annuität 189 Anstaltslast 72 f. Anteilsrendite 50 Anteilszertifikat 50 Antizyklische Fiskalpolitik 137 Art. 109 GG 136 ff., 146, 150 ff. Art. 115 GG 118 ff., 136 ff. Art. 174 EGV 174 Art. 2 EGV 173, 174 Art. 20 GG 196 Art. 20a GG 192 ff. Art. 28 GG 118, 218 f., 221 Art. 38 GG 120 Art. 6 EGV 173, 174 Art. 63 GG 119 Art. 64 GG 119 Art. 79 GG 120 Art. 87 VvB 153, 154 Aufklärungsphilosophie 193 Ausfallrisiko 54, 50, 53, 226 Baden-Württembergische Landesregierung 107 Bankendienstleistungen 71 Bareinlage 63 Bayerische Gemeindeordnung 101
Bedarfsdeckungsfunktion 137 Beendigungsoption 104 Begrenzungsfunktion 154, 157 Berliner Landeshaushalt 153 Betreibermodelle 29 ff. Betriebsführungsstruktur 61 f., 81, 229 Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 35 f. Bindungswirkung 46, 71, 74, 82 Bonitätsanforderungen 64 Budgetfunktion 136 Bundeshaushaltsordnung 138, 149 Bundesregierung 72, 185, 186, 195 Bürgschaft 51 ff., 226 Cap 75 f. Cross-Border-Lease Transaktionen 59 ff. Deckungslehren 137 Demokratieprinzip 28, 118 ff., 199 ff., 219 Deregulierungsbestrebungen 31 Derivat 74 ff., 106 Deutscher Bundestag 120 Diskontinuität 119, 121, 127 ff. Dokumentationspflichten 106
168,
Eigenkapital 26, 39 f., 50, 53 f., 63 Eigenkapitalinvestor 60, 62 Eigenkapitalverzinsung 50 Eigentümerhaftung 40 Eintrittsrisiko 209 Erfüllungsübernahme 64 f., 323, 233 Erwerbs- und Gestehungskosten 35 EU-Kommission 72 Ewige Körperschaft 45
Sachverzeichnis
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Finanzderivat 75, 76 Finanzmarkt 33, 77 ff. Finanzquellenerschließung 29 f. Finanzverfassungsreform 136 f., 220 Fiscal Sustainability 188 ff. Floor 76 Fondsgesellschaft 50 f., 225 f. Forstrecht 169 f. Forward Swap 76 f. Freie Finanzspitze 40, 89 Freisetzung gebundenen Kapitals 55 Freistaat Bayern 108 Fremdkapitalanteil 51
Illiquidität 74, 165, 315, 232, 234 Immobilienfonds 50 Industrieunternehmen 60 Intergenerational Equity 183 Intergenerationeller Interessenausgleich 182 f., 185 f., 198 Internal Revenue Code 62 Intertemporaler staatlicher Haushaltsausgleich 189 Intertemporäre Lastengerechtigkeit 147 Investitionsbegriff 148 ff., 155 ff., 166, 213 Investitionsfinanzierung 26 ff., 57 f., 68, 70, 78, 80
Generational Accounting 183, 188, 190 f. Generationengerechtigkeit 28, 179, 183, 185 f., 199 ff., 213 ff., 230 f., 237 Gesamtbetragsdarlehen 42 f., 47 Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 137 f., 146, 150 ff., 163, 220 Gewährträgerhaftung 72 f., 232 ff. GmbH & Co. KG 51 Grundmietzeit 35, 37 ff., 48 f., 54 f., 222 f., 225 Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft 32, 83 ff., 206, 221 f. Grundsatz der stetigen Aufgabenerfüllung 83 ff., 87, 89, 221 Grundsatz I 43
Kameralistischer Cash-Flow 40 Kapitalstock 142, 206, 210 ff., 227 ff. Kappe 75 Kaufoption 56, 61, 66, 228 Kommunale Dispositionsfähigkeit 39 Kommunale Haushaltsgrundsätze 83, 87, 91, 114 Kommunaler Finanzausgleich 67 Kommunales Haushaltsrecht 86, 88, 91, 96 Kommunales Steuerfindungsrecht 67 Kommunales Veräußerungsverbot 91, 96, 98, 110 f. Kommunalkredit 41 f., 43 f., 47 f., 49, 53 ff., 69, 78 Kommunalkreditfinanzierung 26 f., 41, 45 ff., 53, 57 f., 69 f., 70, 78 f., 94, 237 Kommunalverfassungsrecht 25, 116, 218 ff., 221 Kommunalwahllegislaturperioden 71 Kompensationszusammenhang 167 Konfusion 61 Konsum 142 Kontinuität der Ausgabenpolitik 48 Kreditäre Finanzierung 120, 135 f., 138 f., 141, 143, 145, 165, 168 Kreditbeschaffungskosten 89
Haftungsregime 72 f. Hauptmietvertrag 60 ff., 69, 103 Hauptmietzins 63 Haushaltsgrundsätzegesetz 149 Haushaltspraxis 156, 159, 161, 167 Haushaltssatzung 88 Haushaltsüberschuss 39 Hessen 94 Homogenitätsprinzip 218 ff.
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Sachverzeichnis
Kreditinstitut 35, 40, 42 f. Kreditkonditionen 75, 77 f., 80 f., 235 Künstlicher Kapitalstock 210 Länderfinanzausgleich 67 Langfristige Verfügungen 120 Lastenverschiebung 28, 144 Lease-in-Lease-out 62 Lease-to-Service-Contract Struktur 61 Leasingfinanzierung 33 ff., 45 ff., 79 ff., 93 ff., 109, 114, 116, 214, 222 ff. Leasingfondsfinanzierung 49 ff., 79 ff., 93, 96, 98, 109, 114, 225 f. Lebensordnung 125 Legislaturperiode 38, 119, 128 ff., 135, 139, 144, 148, 182, 215, 222, 235 Lenkungsfunktion 137 Maastricht-Urteil 120, 133 f. Makroökonomische Einflussnahme 137 Marktzinssatz 44 Maßstab der dauernden Leistungsfähigkeit 87 ff., 115 Materielles Investitionsrisiko 223 Maximalprinzip 85 f. Mecklenburg-Vorpommern 94 f. Mietkauf 36 Mietsonderzahlungen 35 Mindestzinssatz 76 Minimalprinzip 85 Mütze 75 Nachfolgende Generationen 132, 134, 148, 168, 183, 199, 207, 209, 211, 213, 216, 227, 235 Nachhaltigkeitsgrundsatz 28, 118, 169 ff. Netto-Barwertvorteil 63, 66, 70, 74 Nettokreditaufnahme 159 f. Neue Orthodoxie 140 f., 143 Niedersachsen 95 Nordrhein-Westfalen 94 Normenkontrollverfahren 153
Nutzenansatz 141 f. Nutzungsüberlassungsdauer 35 Objektgesellschaft 35, 50, 52 f., 80, 226 OECD 188, 191 Öffentlich-Private Partnerschaft 30 f. Pauschalierter Schadensersatz 66, 70, 71, 231 Periodenbezogene Ausgestaltung 122 Periodizität der Volksvertretung 119 Pflichtaufgaben 83, 89, 91 Politische Schicksalsgemeinschaft 128 Privater Kapitalmarkt 41, 74 Privatwirtschaft 26, 40, 86 Prohibitive Kosten 208, 214 Ratendarlehen 42 Rationalisierungseffekte 49 Realkredit 44 Referenzzins 76 Rheinland-Pfalz 98, 105, 110 Rio-Deklaration 183 Rückanmietungsvertrag 54, 58 Rückmietvertrag 55, 61, 63 f., 66 f., 69, 71 f., 81, 99, 103 f., 231 f. Sachgefahr 37, 223 Sachsen 94, 97 Sachsen-Anhalt 94, 99, 107 Sale-and-lease-back 54 ff., 79 ff., 96 f., 98, 110 f., 114, 226 ff., 238 Schadensersatzverpflichtung 74 Schleswig-Holstein 100 Schuldschein 42 Schuldübernahme 64, 72 Selbstverwaltung 25 f., 29, 99, 101, 105, 238 Staatsschuldenrecht 136, 144, 157 f., 162, 167 Staatsschuldenrechtliches Erdrosselungsverbot 126
Sachverzeichnis Staatsverschuldung 120 ff., 137, 142, 143, 145, 148, 155, 167, 184 f., 199 f., Staatszielbestimmung Umweltschutz 193, 195 f. Subsidiaritätsprinzip der Kreditaufnahme 87 Swaption 76 f. Swapvereinbarung 76 f. Teilamortisationsverträge 35 f., 51, 225 Treuhandvermögen 51, 60 f. Umschuldung 88, 161 US-amerikanisches Recht 60 US-amerikanisches Steuerrecht 60 US-Lease Transaktionen 59 ff., 80 f., 99 ff., 228 ff. Verfassungsrechtliches Junktim 138, 146, 147, 151 f. Vermögenshaushalt 49, 89 f. Vertrag über eine Verfassung für Europa 172, 174 Vertragslaufzeit 36, 46, 56, 61, 65, 74, 82, 106, 214, 228
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Vertragspflichtverletzung 65 f., 70 f., 231 Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Landesregierung 103 Verwertungsrisiko 36 ff., 81, 223 ff. Volksherrschaft 119, 126 Vollamortisationsverträge 35 Vorfälligkeitsentschädigung 48 Vorwegdispositionen 28, 118, 120 ff., 154 ff., 169 Wachstumsansatz 141 ff., 156, 163 World Commission on Environment and Development 171 Zeitdimension 124 Zinsbindungsdauer 43, 76 Zinsfestschreibungsfrist 43, 48 Zinsobergrenze 75 Zinsswap 76 Zukunftslasten 135, 138, 145, 164 Zukunftsoffenheit 124 ff., 132 ff. Zukunftsverantwortung 193 ff. Zulassungsverfügung 44 Zwischenmietgesellschaft 60