Motte - Turmhügelburg - Hausberg: Zum europäischen Forschungsstand eines mittelalterlichen Burgentypus 3700135084, 9783700135739

Die Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie veranstaltete gemeinsam mit dem Wissenschaftlichen Beirat de

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German, English, French Pages 352 [354] Year 2007

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Table of contents :
VORWORT 7
MCNEILL, Thomas E. / Recent research into Irish mottes 9
MARSHALL, Pamela / The Motte in Great Britain: a Summary 21
DE MEULEMEESTER, Johnny / Motten in den (ehemaligen) Niederlanden. Ein Überblick aufgrund rezenter Ausgrabungen 29
POISSON, Jean-Michel / Mottes castrales et autres fortifications médiévales de terre et de bois: état de la question en France 47
HEINE, Hans-Wilhelm / Burgen vom Typ Motte und Turmburgen in Niedersachsen und angrenzenden Landschaften 61
FRIEDRICH, Reinhard / Zum Forschungsstand der mittelalterlichen Motten am Niederrhein 85
SPAZIER, Ines / Die Turmhügelburgen im Gebiet zwischen mittlerer Elbe und Bober 99
BIERMANN, Felix / Motten im nördlichen Ostdeutschland 111
REDING, Christoph / Mittelalterliche Erdwerke oder Holz-Erdburgen in der Schweiz 135
ÜBRECHT, Jakob / Frühe Burgstellen ohne sichtbare Mauerreste. Terminologische und ausgrabungstechnische Probleme 143
ZEUNE, Joachim / Zum Stand der Motten-Forschung in Bayern und Baden-Württemberg 155
FELGENHAUER-SCHMIEDT, Sabine / Hausberge im niederösterreichischen Weinviertel 163
MURGG, Werner, HEBERT, Bernhard / Turmhügelburgen in der Steiermark - Erfassung und Schutz 181
GUTJAHR, Christoph, TIEFENGRABER, Georg / 130 Jahre Motten- und Hausbergforschung in der Steiermark 189
PREDOVNIK, Katarina, GROSMAN, Darja / Turmhügelburgen im Gebiet des heutigen Sloweniens - Eine Forschungslücke 209
KÜHTREIBER, Thomas, REICHHALTER, Gerhard / Hausberge, Motten und Burgställe. Terminologische und siedlungsarchäologische Überlegungen zum Burgenbau im Melk-Erlaufgebiet (Niederösterreich) 225
HOFER, Nikolaus, KRENN, Martin, BLESL, Christoph / Hausberge und verwandte Wehranlagen. Zum aktuellen Forschungsstand in Niederösterreich 249
HAŠEK, Vladimir, UNGER, Josef / Motten und Hausberge des 13. und 15. Jahrhunderts in Süd- und Mittelmähren 263
RUTTKAY, Alexander T. / Mittelalterliche Klein- und Mitteladelssitze in der Slowakei 277
FELD, Istvan / Die Frage der Motten in Ungarn 289
ZABIELA, Gintautas / Mottes and bailey in Lithuania 307
RUSU, Adrian / Eigenburgen und sächsische Grefen in Siebenbürgen (Rumänien). (Ende des 13. Jahrhunderts - Anfang des 14. Jahrhunderts) 315
WAGENER, Olaf, KÜHTREIBER, Thomas / Die Motte vor der Burg - Vorgängeranlage, Vorwerk, Belagerungsanlage? 327
Buchbesprechungen 349
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Motte - Turmhügelburg - Hausberg: Zum europäischen Forschungsstand eines mittelalterlichen Burgentypus
 3700135084, 9783700135739

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Motte - Turmhügelburg - Hausberg Zum europäischen Forschungsstand eines mittelalterlichen ~urgentypus

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Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23/2007

OGM ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FüR MITTELAL TERARCHÄOLOGIE

Motte - Turmhügelburg Hausberg Zum europäischen Forschungsstand eines mittelalterlichen Burgentypus

Herausgegeben von Sabine Felgenhauer-Schmiedt, Peter Csendes, Alexandrine Eibner

Beiträge zur Mitte lalterarchäo 1ogi e •• in Osterreich 23/2007 ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR MITTELALTERARCHÄOLOGIE

Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Kulturabteilungen der Landesregierungen von Niederösterreich, Steiermark, Wien.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek BEITRÄGE ZUR MITTELALTERARCHÄOLOGIE IN ÖSTERREICH Hrsg. : Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie Wien Erscheint jährlich

Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie Schriftleitung: A. Eibner und S. Felgenhauer-Schmiedt A-1190 Wien, Franz Klein-Gasse 1

ISSN 1011-0062

Copyright 2007 by Österreichischen Gesellschaft für Mittelalterarchäologie Wien Alle Rechte vorbehalten

Druckvorlage und Layout: Alexander Eibner, 1170 Wien

Druck: C&D Copy und Druck GesmbH, 1160 Wien, Sandleitengasse 9-13 Tel. 01/486 25 57

Umschlagbild: Der Hausberg von Stronegg (Niederösterreich) Zeichnung von Ignaz Spöttl, 1886 (Krahuletzmuseum Eggenburg)

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 MCNEILL, Thomas E.: Recent research into Irish mottes.

. ... ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

MARSHALL, Pamela : The Motte in Great Britain : a Summary . . .. .. .. . . . . . . . . . . . .. . .. .. ..... ... . . .. . . . 21 DE MEULEMEESTER, Johnny : Motten in den (ehemaligen) Niederlanden. Ein Überblick aufgrund rezenter Ausgrabungen.

. .. .. ...... . .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

POISSON, Jean-Michel: Mottes castrales et autres fortifications medievales de terre et de bois: etat de la question en France. . .. ..... .. .. ...... . . ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47 HEINE , Hans-Wilhelm: Burgen vom Typ Motte und Turmburgen in Niedersachsen und angrenzenden Landschaften . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 FRIEDRI CH, Reinhard: Zum Forschungsstand der mittelalterlichen Motten am Niederrhein . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 85 SPAZIER, lnes: Die Turmhügelburgen im Gebiet zwischen mittlerer Elbe und Bober. ... .. ....... .. ... ... ... . ... . 99 BIERMANN, Felix: Motten im nördlichen Ostdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....... . 111 REDING, Christoph: Mittelalterliche Erdwerke oder Holz-Erdburgen in der Schweiz . . . . . . ... .. ........ . . 135 ÜBRECHT, Jakob : Frühe Burgstellen ohne sichtbare Mauerreste . Terminologische und ausgrabungstechnische Probleme.

. . .... . . . . . . . . . . .... ... ... . . 143

ZEUNE, Joachim: Zum Stand der Motten-Forschung in Bayern und Baden-Württemberg . . . .. .. .... ... ... . 155 FELGENHAUER-SCHMIEDT, Sabine: Hausberge im niederösterreichischen Weinviertel.

. . . . . . . . . . . . .. .. .... .. .. . . . . .. . . 163

MURGG, Werner, HEBERT, Bernhard: Turmhügelburgen in der Steiermark - Erfassung und Schutz.

. . . . . . . . . . . . . ...... ... .. 181

GUTJAHR, Christoph, TiEFENGRABER, Georg : 130 Jahre Motten- und Hausbergforschung in der Steiermark. . .... .. ... . .. ... ..... ... .. ... . . . . 189 PREDOVNiK, Katarina, GROSMAN, Darja : Turmhügelburgen im Gebiet des heutigen Sloweniens - Eine Forschungslücke.

. .. . ...... 209

KüHTREIBER, Thomas , REICHHAL TER, Gerhard: Hausberge , Motten und Burgställe. Terminologische und siedlungsarchäologische Überlegungen zum Burgenbau im Melk-Erlaufgebiet (Niederösterreich). . . . . . . . . . . . . . . . 225 HOFER, Nikolaus, KRENN, Martin, BLESL, Christoph: Hausberge und verwandte Wehranlagen . Zum aktuellen Forschungsstand in Niederösterreich. . ...... . . . . . .. . . .. .... ... . .... 249 HASEK, Vladimir, UNGER, Josef: Motten und Hausberge des 13. und 15. Jahrhunderts in Süd- und Mittelmähren. . .... . .... 263 RUTTKAY , Alexander T .: Mittelalterliche Klein- und Mitteladelssitze in der Slowakei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 FELD, lstvan: Die Frage der Motten in Ungarn. ZABIELA, Gintautas: Mottes and bailey in Lithuania.

. . .. .. ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ........ ... .. .... 289

. . .. ... .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . 307

Rusu, Adrian: Eigenburgen und sächsische Grefen in Siebenbürgen (Rumänien) . (Ende des 13. Jahrhunderts - Anfang des 14. Jahrhunderts) . . . .. . .. . . . . . . .. ..... . . . . . 315 WAGENER, Olaf, KüHTREIBER, Thomas : Die Motte vor der Burg - Vorgängeranlage , Vorwerk, Belagerungsanlage? ... . . . .. ...... 327 Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

ANSCHRIFT DER AUTOREN

Prof. Dr. Felix Biermann Humboldt-Universität zu Berlin Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte Hausvogtei platz 5-7 D-10117 Berlin Deutschland E-mail: [email protected] .de Mag. Christoph Biest Bundesdenkmalamt Abteilung für Bodendenkmale Hofburg, Säulenstiege A-1010 Wien Österreich E-mail : [email protected] Prof. Dr. Johnny de Meulemeester Ghent University Department of Archaeology and Ancient History of Europe, Department of Medieval History Blandijberg 2 B-9000 Gent Belgien Direction de I'Archeologie: du Ministere de la Region wallonne p/a Gustaaf Gallierhaan B-9000 Gent Belgien E-mail : [email protected] Doz. Dr. Istvan Feld Institut für Archäologie der Eötvös-Universität Budapest Muzeum körnt 4/B H-1088 Budapest Ungarn E-mail : feld@ t-online.hu Univ. Prof. Dr. Sabine Felgenhauer Leidesdorfgasse 19 A-1190 Wien Österreich E-mail : [email protected] Dr. Reinhard Friedrich Europäisches Burgeninstitut Philippsburg Schlossstraße 5 D-56338 Braubach Deutschland E-mai l: ebi @deutsche-burgen.org Darja Grosman Univerza v Ljubljani / Universität Ljubljana Filozofska fakulteta / Philosophische Fakultät Oddelek za arheologijo / Abteilung für Archäologie Askerceva 2 SI-1000 Ljubljana Slowenien E-mail : darja.grosman@ ff.uni-lj .si

Mag. Christoph Gutjahr Körösistraße 56/4/22 A-8010 Graz Österreich E-mail: [email protected] RNDr. Vladimir Hasek, DrSc. Jecna 38 CZ-621 00 Bmo Tschechien E-mail: [email protected] Univ. Doz. Dr. Bernhard Hebert Bundesdenkmalamt Landeskonservatorat für Steiermark Schubertstraße 73 A-8010 Graz Österreich E-mail: bemhard [email protected] Dr. Hans-Wilhelm Heine Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege Ref. Archäo logie - Burgenforschung Schamhorststraße 1 D-30851 Hannover Deutschland E-mail : hans.heine@ nld .niedersachsen.de Mag. Nikolaus Hofer Bundesdenkmalamt Abteilung für Bodendenkmale Hofburg, Säulenstiege A-1010 Wien Österreich E-mail : nikolaus.hofer@ bda.at Mag. Martin Krenn Bundesdenkmalamt Abteilung für Bodendenkmale Hofburg, Säulenstiege A-1010 Wien Österreich E-mail : martin [email protected] Mag. Dr. Thomas Kühtreiber Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit Österreichische Akademie der Wissenschaften Kömermarkt 13 A-3500 Krems/Donau Österreich E-mail : [email protected]

Dr. Pamela Marshall Mylnmede, Moor Lane, Potterhanworth , Lincoln LN4 2DZ Great Britain E-mail: [email protected]

Dr. Adrian Andrei Rusu Institut für Archäologie und Kunstgeschichte der Rumänischen Akademie, Cluj-Napoca B-dul Eroilor nr. 32, ap. 13 . R0-400129 Cluj-Napoca Rumänien E-mail: aarusu@yahoo .com

Tom McNeill School of Geography, Archaeology & Palaeoecology Queen 's Univeristy of Belfast Belfast BT7 1NN Ireland E-mail: [email protected]. uk

Univ. Prof. PhDr. Alexander T. Ruttkay, DrSc. Archeologicky ustav SA V Akademick:i SK-94921 Nitra Slowakei E-mail: [email protected]

Dr. Werner Murgg Liebenauer Hauptstrasse 129 A-8041 Graz Österreich E-mail: LE@ kpoe-steierrnark.at

Dr. Ines Spazier Eckerrnannstraße 2 D-99423 Weimar Deutschland E-mail: [email protected]

Jakob Obrecht Ergolzstrasse 32 CH-4414 Füllinsdorf Schweiz E-mail: jak.obrecht@bluewin .ch

Mag. Dr. Georg Tiefengraber Eichenweg 19/E/2 A-8042 Graz-St. Peter Österreich E-mail: [email protected]

Prof. Jean-Michel Poisson Centre Interuniversitaire d ' Histoire et d 'Archeologie Medievales 18 quai Claude-Bemard F-69007 Lyon France E-mail: Jean-Michel.Poisson@ehess .fr

Prof. PhDr. lose Unger, CSc. Ustav antropologie Pfaodovedecke fakulty Masarykovy univerzity Yinafsk:i 5 CZ-602 00 Bmo Tschechien E-mail: unger@sci .muni .cz

Dr. Katarina Predovnik Univerza v Ljubljani / Universität Ljubljana Filozofska fakulteta / Philosophische Fakultät Oddelek za arheologijo / Abteilung für Archäologie Askerceva 2 SI-1000 Ljubljana Slowenien E-mail: katja.predovnik@ff. uni-lj.si

Dipl.Rpfl. Olaf Wagener Heeserhofstraße 8 D-57223 Kreuztal Deutschland E-mail: olaf.wagener@grnx. de

Christoph Reding Feldbergstraße 70 CH-4057 Basel Schweiz E-mail: [email protected] Gerhard Reichhalter Magistrat der Stadt Wien MA 7 - Kultur, Referat Stadtarchäologie Obere Augartenstraße 26-28/32/2.0G A-1020 Wien Österreich E-mail: [email protected]

Dr. Gintautas Zabiela Klaipeda University Institute of Baltic Sea Region History and Archaeology Tilzes gatve 13 LT-91251 Klaipeda Lithuania E-mail: [email protected] Dr. phil. Joachim Zeune Büro für Burgenforschung Dorfstraße 16 D-87637 Eisenberg-Zell Deutschland E-mail : joachim.zeune@t-oni line.de

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VORWORT

Die Österreichische Gesellschaft für Mittelalterarchäologie veranstaltete gemeinsam mit dem Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Burgenvereinigung e. V, dem Archäologischen Institut der Universität Ljubljana und dem Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum vom 8. bis zum 11 . Oktober 2006 eine Tagung zum Thema „Motte- Turmhügelburg- Hausberg. Zum europäischen Forschungsstand eines mittelalterlichen Burgentypus". Auf Einladung der Gemeinde Hollenegg fand die Veranstaltung im „Alten Roßstall" des Schlosses Hollenegg, Gemeinde Hollenegg bei Deutschlandsberg, Steiermark, statt. Für die freundliche Aufnahme und für die Verpflegung - mit den köstlichen Produkten der Region - sowie auch für die reibungslose Organisation des Shuttle-Dienstes von den verstreut liegenden Unterkunftsorten zum Tagungsort danken wir der Gemeinde Hollenegg, insbesondere Herrn Bürgermeister Ing. Franz RESCH und seiner Frau Annemarie RESCH. Zu danken haben wir auch dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und den Kulturabteilungen von Niederösterreich und Steiermark sowie dem Europäischen Burgeninstitut der Deutschen Burgenvereinigung e. V. für die finanzielle Unterstützung des Vorhabens. Den Ausgräbern der Motte Hollenegg, Herrn Mag. Christoph GUTJAHR und Herrn Dr. Georg TlEFENGRABER, danken wir für ihre Mithilfe bei der Organisation im Vorfeld der Tagung sowie für die kompetente Führung an Ort und Stelle und auch für die Organisation der Ganztagsexkursion durch die Südweststeiermark am Vormittag. Durch Slowenien am Nachmittag hat uns dann dankenswerter Weise Frau Doz. Dr. Katarina PREDOYNlK von der Universität Ljubljana geleitet.

Ein erklärtes Ziel der Veranstalter war es, den neuen Forschungsstand, der sich seit der Monographie durch 1 Hermann HINZ vor 25 Jahren ergeben hat, zu einem vordergründig einigermaßen einheitlichen Burgentypus abzufragen. Dazu wurden Vortragende aus zwölf europäischen Ländern eingeladen, ihre Ergebnisse anhand neuer archäologischer Forschungen und auch neu entwickelter Fragestellungen, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zu nahe gelegenen ländlichen Siedlungseinheiten und andern Burgentypen, zu präsentieren2 . Motten - auch Turmhügelburgen oder, in Ostösterreich, Hausberge genannt - sind in verschiedener Dichte in weiten Teilen West- und Mitteleuropas, mit Ausläufern bis hin zum osteuropäischen Raum, anzutreffen und verdanken - wie die Vorträge deutlich gemacht haben - ihre Entstehung recht unterschiedlichen Voraussetzungen, sowohl was die Errichtungszeit als auch ihre Rolle in einem eventuellen Verteidigungskonzept sowie im sozialen und rechtlichen Gesamtgefüge betrifft. Insgesamt wurde sichtbar, dass Burgen vom Typus Motte - also mit mehr oder weniger künstlich erhöhtem Mittelwerk - nicht nur, wie früher angenommen, eine frühe Phase des Burgenbaus dokumentieren, sondern noch bis zum Spätmittelalter errichtet werden konnten. In Gegenden mit natürlichen Höhen verwischen sich oft die Grenzen zwischen Motte, Turmburg und gipfelburgartiger Anlage. Während, um es etwas pauschalierend zu formulieren , in den frühen Phasen, im 11. Jahrhundert, der höhere Adel den Mottenbau als Statussymbol und territorialen Mittelpunkt, aber vor allem auch aus militärischen Überlegungen heraus initiiert, wird dieser Burgentypus in der mittleren Phase, dem fortgeschrittenen Hochmittelalter und dem beginnenden Spätmittelalter, vom Ministerialadel als Statussymbol (mancherorts in engem Zusammenhang mit Sammelsiedlungen - Dörfern -), aber wohl auch aus taktischen Überlegungen gebaut, während in der Spätzeit, bis zum Ausgang des Mittelalters, mottenähnliche Anlagen im engeren Umfeld größerer Burgen für Spezialaufgaben im Rahmen der Verteidigung oder der Verwaltung errichtet werden können. Die strategische und/oder Raum ordnende Wirksamkeit der einzelnen Anlagen muss in Zusammenhang mit dem Status der Erbauer aber trotz dieses allgemeinen Trends in den einzelnen Regionen sicherlich individuell hinterfragt werden, wie regionale Untersuchungen gezeigt haben. Deutlich hebt sich eine frühe Phase des Mottenbaus - ab der Jahrtausendwende - im belgisch-niederländischen, niederrheinischen und nordfranzösischen Raum ab, also in einem Gebiet, von dem viele Innovationen unterschiedlichster Art ausgehen, die das gesamte Hoch- und Spätmittelalter prägen sollten. Die meisten Anlagen scheinen aber

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Hermann HINZ, Motte und Donjon . Zur Frühgeschichle der mittelalterlichen Adelsburg. Zeitschrift für Archäologie des Mittela lters Beiheft 1, Köln 198 1. JosefUNGER, lnes SPAZIER sowie Joachim ZEUNE konnten an der Veranstaltung leider nicht teilnehmen , haben aber dankenswertere Wei se ihr Manu skript zum Druck zur Verfügung gestellt.

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auch in diesen Regionen erst aus dem 12. Jahrhundert zu stammen. Sowohl westlich als auch östlich dieses Kernraumes sind Datierungen vor die Mitte des 11 . Jahrhunderts noch nicht erreicht worden, in den östlichen Landesausbaugebieten wird als Haupterrichtungszeit das 13. Jahrhundert genannt.

Für den besonders hausbergreichen niederösterreichischen Raum ist noch kein endgültiges Urteil abzugeben - manche Einzelergebnisse sprechen für ein Erscheinen des neuen Burgentypus bzw. für eine Haupterrichtungszeit erst im 12.und 13 . Jahrhundert. F1ühere Daten können aber, auch angesichts fehlender Alternativen insbesondere im Weinviertel nicht ausgeschlossen werden, denn im l l. Jahrhundert ist eine burgenlose Beherrschung eines Raumes eigentlich nicht mehr denkbar, und es sollte daher eine Zukunftsaufgabe archäologischer Burgenforschung sein, weitere Grundlagen zu erstellen, um in diesem Zusammenhang die Fragen früher herrschaftlicher Durchdringung eines Raumes weiter zu erhellen.

Insgesamt kann man sagen, dass durch den vorliegenden Überblick deutlich wird, dass Burgen vom Typus Motte - sowohl was die Entstehungszeit als auch die Wirksamkeit im strategischen und raumordnendenverwaltungstechnischen Sinn betrifft - sehr differenziert betrachtet werden müssen.

Wien, im Oktober 2007

Sabine FELGENHAUER-SCHMIEDT

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23 , 2007, S. 9-20.

RECENT RESEARCH INTO IRISH MOTTES

by Thomas E. MCNEILL, Belfast

1. Introduction The political events of the l 160s occupy the same place in Irish history as the Norman Conquest of 1066 does in England. In 1166 and again in 1167 the king of Leinster, that part of eastem lreland south of Dublin, was driven from his kingdom and took refuge in westem England and Wales. There he recruited Anglo-Norman knights and archers, men who owed allegiance to the King of England, to help him recover his kingdom, which they did in 1168-69, in retum for land. This initiated a process over the next fifty years when men from England seized a number of lordships in lreland (Fig 1). Not only did they have a political agenda but also an economic one of exploitation of the land through a market for the produce of the land through towns linked to the European network oftrade in the lih and 13 1h centuries.

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Fig. 1: Map of Ire land c.1200: the dotted area marks of English lordships ( after McN ei II 1997).

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The study of mottes in Ireland started prorerly a century ago with Goddard 0RPEN , who established that they were built as castles in the late li and earlier 13 1h century; before him they were thought to be possibly earlier Irish sites. His work has left two legacies. The first is that of their date and their military purpose linked to English conquest. By establishing that many of the sites named as castles between 1169 and c.1220 possessed mottes he fixed them in the literature as the classic mark of a castle of the period when the English lords were most successful in seizing land in Ireland. This view of them as part of the story of military conquest, indeed as one of the reasons for the English success, is still strong. For example: "When a motte or other earthwork castle had been constructed - or a stone castle in the case of the great lords - military control was ... quickly established, the sites of course having been carefully chosen with defence and ease of comrnunication in mind. Domination of the surrounding countryside thus secure, the 2 next step involved the conversion of the military outpost into manageable agricultural units." • A second part of the ÜRPEN legacy - and also comrnonly found elsewhere - comes from his identification of the motte as a defining feature of a castle. From this it is easy to refer to mottes as though they were either the key element of the castle or, indeed, the castle itself: "The most obvious physical evidence of early AngloNorman settlement in Ireland is the motte castle"3 . This may be even more explicit: "A variety ofbuildings stood around the motte castle ... including a hall, a wooden chapel, etc." 4 . There have been two main criticisms of this equation of mottes with early English castles. One has arisen from noting that the geographical distribution of mottes across Ireland does not coincide weil with the area of known English lordship before c.1220, as it should if mottes were an essential part of the settlement. In particular the lordships of the south, west of Kilkenny seem to have resulted in few mottes. To fill this gap, rather than seeing mottes or castles as not necessarily essential, an attempt has been made to find a substitute form of early castle. The favoured candidate has been the ringwork, on the basis of their use as castles in England and Wales 5 . The problem is that they are identical in form to the rath or ringfort, the very 1 widespread form of Irish farmstead enclosure dating to the 7-10 h centuries so that the exercise is open to the criticism that some are being arbitrarily selected from the mass of ringforts. There is a real problem, and opportunity, in the existence of these many identifiable settlement sites surviving from an earlier period, as we shall see. The second criticism of this equation has come from literary reference to castles being constructed in lreland by native lords before the incursion of 1168 6 . Attempts have been made again to connect earlier earthworks with mottes in particular, whereas the likely form is a strong enclosure. These two criticisms have weakened the ready association of mottes with the military incursion of the English lords. They were, however, argued on an all-Ireland basis, taking the mass of mottes as the subject of study and accepting that "the motte" was a single phenomenon, constructed with one purpose in mind; the discussion has been on what that purpose was. One article sought to examine the use of mottes more on a regional basis 7 . This used the documentary sources of land holding in the three lordships of Leinster (eastem Ireland south of Dublin), Meath (the land to the north of Dublin) and Ulster (the north-east) to try to identify the social pattem of motte construction (Fig. 2) . There was a strong link between the estates of knights' fees and motte building in Leinster in particular, with the other two lordships showing a looser pattem and more but smaller mottes constructed at lesser holdings. The status of the land holder was also reflected in the size of the motte. A further physical distinction was noted. Unlike the Anglo-French pattem, only some 25% of mottes in these lordships in Ireland now preserved traces of a bailey. On the westem edge of the border of Meath, however, this figure rose to more than 50%, implying a different, and more military, purpose for these mottes. In none of the studies quoted has excavation played a rote. The total of mottes - as most broadly interpreted - which have seen any form of excavation - including observed destruction - is less than 5% of the total population, and that is overwhelmingly concentrated in the n01th east. This is simply an inadequate sample to use, nor is it likely to rise in the foreseeable future. Archaeological excavation is now confined to threatened sites, and mottes are protected from such threats, and so from excavation. Research in the years to come will have to continue to be based on questions which may be answered from field observations, not digging. We will not leam more of the buildings on, or around mottes, but we may discuss them in terms of siting and the more obvious features of size and the presence of baileys. This has been the background to three recent studies carried out by students from Queen's University in Belfast. They are overtly regional in

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ÜRPEN presented hi s evidence in two art icles (ÜRPEN 1906; 1907) and he followed it up with his four volume Histo1y of lreland 1111der tlte

Non11a11s ( 1911 - 1920), a basic na rrative of lreland from 1169 to 1333. 2

DUFFY 1997, 83. SWEETMAN 2000, 16. O ' CüNOR 1998, 29. 5 BARRY 1983 ; 1987, 45-6; O ' KEEFFE 2000, 29-33 . 6 GRAHAM 1988. 7 MCNEILL 1990. 3

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Fig. 2: Table showing the social position and dimensions of mottes in the Lordships ofLeinster, Meath and Ulster (from McNeill 1990).

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Fig. 3: Map of Ire land showing the areas discussed: 1. South Antrim. 2. North Antrim. 3. Meath (drawn for this article).

nature (Fig. 3), testing the idea that mottes may show different patterns and purposes in different areas and circumstances. They are based not on comparison with documents, but with the landscape and its qualities which should feed into its economy and organisation. The first two areas are in the Earldom of Ulster in the north-east of Ireland. They lie in the north of the Earldom, to north and south of the Antrim hills and the small Irish kingdom of Ui Tuirtre (Fig. 4 ). Both share one issue, which has already been touched on : the question of identification of a motte in the field . In theor~ this is easy but there is a problem provided by the builders of sites, the so-called raised raths, of the 1 9-11 centuries. These are defined as low, broad mounds , which arise from the piling of earth within the earlier enclosed ringforts; the result is something which may weil resemble a motte; both are round, flattopped mounds . The one diagnostic feature of the raised rath is that the top is made accessible over a causeway which breaks the circuit of the ditch around it and which leads to a ramp up the mound. Using this, it can be seen that these raised raths are lower and broader than the majority of the mottes, but it must be born in mind that this is not an absolutely water-tight distinction. On the other hand, these raised raths also mark a pattem of land organisation and estates centres, dating from the period before the arrival of the English lords, which can provide us with a pattern to compare our motte distribution. This is the basis of the first two studies, into County Antrim.

12 2. South Antrim 8 This area was oeeupied in 1177 or soon after and then formed the eore of the Earldom of Ulster, with the Earl 's main eastle at Carriekfergus along its eoast at the south-east9. The area is defined by the sea to the east and the water of Lough Neagh to the west, with the Belfast hills to the south and the Antrim plateau to the north. The eastern side is marked with hills north of Carriekfergus; on their eastern slopes and those of the Antrim plateau are lands sloping to the sea. The river whieh runs through the valley whieh forms the eore of the area, the Six Mile Water, rises in the east and there are two saddles through the hills, eonneeting the valley with the sea. The eoastal strip has steeper slopes and mainly light glaeial soils over ehalk so that it drains better. We have a poor idea of the land holding in the area from doeumentation, but there are a good number of mottes identifiable. Their siting has been studied by eomparing the ehoiee of motte sites against the loeal environment and in eomparison with the l 0-1 ih eentury raised rath sites, dating to the period preeeding the establishing of the English Earldom, whieh are also weil represented in the area. The 160 metre eontour line encloses all but three of the sites; two lie just over it while the third is an anomalous and badly damaged one. The same eonstraint is seen with the earlier raised raths. The mottes oeeupy two zones, separated by the higher land of the watershed between the Six Mile and Inver rivers . Within these two areas, the mottes are closely but evenly distributed, espeeially to the west; the !arger Thiessen polygons at the edges of the distribution emphasise the closeness and regularity of the eore motte pattern (Fig. 5). The raised raths are also evenly distributed aeross a similar area, but less densely. The main eontrast in the distributions of the two types of site is in the laek of mottes in the two higher saddles between the Six Mile Water valley and the sea while there are three raised raths are sited in these strategie loeations. The land oeeupied by the mottes is defined by other faetors than merely altitude. In this part of Ulster, the soils are fairly uniform but if we look at the eontrolling faetor of the lrish environment, wetness, the pieture beeomes clearer. There are two ways ofrepresenting the land's response to climate (Fig. 6). One is in the Iength of the growing season, where we see both types of site restrieted to a period of 235 days in the year or thereabouts. The pattern for moisture exeess is interesting in that there is not the same elear eutoff point. The mottes in the western, Six Mile Water group, are restrieted, with one exeeption, to land with an exeess of below 650 mm. The eastem group are found , however, on lands with higher figure, up to 1000 mm. The reason for the differenee probably lies in the differenee in the topographies of the two parts. The Six Mile Water valley has gentle slopes with a resultant lower rate of run-off for water. The steeper slopes of the eoastal strip, by eontrast, have better drainage, beeause of their steeper slopes and underlying ehalk soil to the north, and so ean tolerate a heavier rate of exeess. In both eases they are followed by the raised raths in their distribution. Only one motte is set in a strong taetieal position for defenee, at the edge of a steep ravine. The eonelusions 1 would draw from this is that the sites are very strongly assoeiated with lands whieh are best for arable or mixed agrieulture. They respond to quite subtle eonstraints in this; it is diffieult to see how the men of the late 1ih eentury would have been able to measure the average growing season over a number of years or the quantity of exeess moisture in an average year in the area, even if they eould have had a good idea of straight altitude. This speaks of two positive faetors at work to aehieve this result. The füst is a strong interest in farming by those who ehose the sites for the mottes. The seeond is loeal knowledge, the result of time and, or, eontinuity. Either the new farmer-knights spent a deeade or more before settling on the sites for their farms or they diseussed this with the oeeupants already exploiting the land in a similar agrieultural regime. They may have simply taken the previous farms and re-distributed them but, given that there are more mottes than raised raths and the territory of the mottes is smaller, it is surprising that they did not seek to expand the area of farming . The builders of mottes otherwise appear to have had little no interest in military matters, either in terms of strategy or of immediate defenee. They ignored the strategie loeations between the valley and the sea, unlike the three raised raths set at these strategie points, eaeh with wide views. As a reeord of eonquest and displaeement the pattern of manorial eastles, represented by the surviving mottes, is singularly unimpressive.

8

9

BILL 2006. MCN EILL 1980, 7-14.

13

Fig. 4: Map of present County Antrim, the northem part of the Earldom of Ulster (North to the top ; drawn for this article).

STONE CAS TLES

LAND OVER 500 ' LAND OVER /000'

MOTTES

APPROXIMATE BOUNDARY OF THE EARLDOM c. 1300 0 MILES FlHHHHI

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30 1

N

A

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B

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A

Fig. 5: Sites with Thiessen polygons generated from them in South Antrim. A. Mottes. B. Raised raths (after Bill 2006).

14

3. North Antrim

10

The second area, lies irnmediately to the north of the first. Its general topography consists of two parts. The hills which bound the northern edge of the first area continue and provide an area of poor soil with narrow glens running down to the sea on the east. West of this is a region of good land, best towards the north, between the hills and the River Bann further to the west, which bounds the area. Politically, it had a more complex history in the late li 11 and early 13 111 centuries than the first area 11 . The initial English Earldom of Ulster, until at least the l220s did not occupy the area, which remained in Irish hands until about 1212, when King John encouraged Scots from Galloway to occupy it. This attempt was unsuccessful and the Earl of Ulster seized most of the area between 1228 and 1242, resulting in dividing it into three parts. The hi lls and the eastem glens remained largely Irish under a loose English lordship. The western part was divided between the English Earldom, occupying the northern, better lands, and a small Irish kingdom, the Ui Tuirtre, to the south. With an average height of just over 5 metres and top diameter of just over 15, the physical features of the mattes in the area are very similar to those found elsewhere in Ulster and Ireland. There are 5 surviving mattes in the land identified as the Irish kingdom of Ui Tuitre; interestingly they turned out to be on average 1.5 metres higher and 5 metres wider than those of the English Earldom. Less than half of the mattes have remains visible of baileys: 30% in the English parts; 40% of the small number in the Irish part. These are, however, higher than the general figure of c. 25% for Ireland as a whole. lt is the pattern of their location which is interesting (Fig. 7). The soils are more varied than in ·south Antrim. The north-western part has well-drained soils derived from glacial moraines, contrasting with the poorer soils along the slopes below the Antrim plateau. The eastern side of the plateau has only a very narrow strip between it and the sea, marked by narrow glens leading up to the west. Compared to these two, the mattes are found in marginal parts on the fringes of the English settlement and the better lands. The quality of the land is best shown in surveys of land use in the l 940s before modern farrning subsidies distorted the picture. We would expect, on the basis of the south Antrim study, the matte and raised rath distributions both to focus on the parts suitable for arable farrning: this is also where we find the references to manorial centres. However, 69% of mattes are found on l 940s grassland as opposed to 60% of raised raths which are found on land then classed as arable. In addition the mottes show a strong positive correlation with places where modern roads cross rivers and a lesser one with tactically strong sites at the edges of cliffs. Again, neither of these traits is shared with the raised raths, acting as a control (Fig. 8). Mottes in English north Antrim appear to be marginalised. In part this may have been a result of the structure of land holding in the area. The Earl of Ulster retained most of the manors in his own hands and granted few out to knightly tenants: in Leinster we can see that mattes were constructed largely by the greater militaiy tenants. In North Antrim, this rote appears to be played more by the Irish kings of Ui Tuirtre than English knights. The mattes are marginalised topographically as weil as socially; they are sited away from the core arable parts of the English lordship. They are rather undistinguished in size and do not play a dominant rote in the landscape, yet they are strongly associated with potentially strategic points on the fringes, the river crossings, and tend towards strong tactical sites. Their role appears to be as small military sites at the edges of the core English lands.

4. Meath and Louth

12

The aim of this study was more focused in that it tested the hypothesis, derived purely subjectively from looking at a general map, that there was a line of mattes established along the western border of the lordships of Meath and Louth. The aim was, firstly, to see whether there was objective evidence - not just the impressionistic appearance of it - that such a line existed. lt would compare a sample of these mottes with a sample of the "hinterland" mattes, in terrns of physical features and siting constraints to test whether there was a difference between the two groups and, if so, whether this might be explained by the "border" group being more related to military purposes (Fig. 9). The landscape consists of the plain of Meath between the sea to the east and a line of low hills to the west, which mark the beginnings of the drumlin country of counties Monaghan and Cavan. The plain is good, well-drained land but the drumlins are poorer,

2003. MCN EILL 1980, 14-16. MOORE 2006.

IO BAllKLEY 11 12

15

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A

Fig. 6: Monuments in South Antrim compared to A. Rainfall and B. The growing season.

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Land over 200m Coastline

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Map of North Antrim showing the location of Raised Raths

Map of North Antrim showing the location of Mottes

Fig. 7: Monuments in North Antrim. A. Raised raths. B. Mattes (after Barkley 2003).

16

with poor drainage of their clay soils and difficult comrnunications through the low hills and small bogs between them. This line is followed by the westem edge of the Lordship of Meath and the present westem boundary of the Counties of Meath and Louth. The lands to the west were not occupied by the English lordships but remained Irish. The line is not, however, unbroken because there rivers, notably the Blackwater which cross it and give access from one region to the other. lt was difficult to define the border line to the south, where the hills fade away to the west, or to the north where the hinterlands in Louth formed only a narrow strip beside the sea. As a result the study took a sample of forty mattes in the centre. When clustering tests were applied to this set of mattes, it was possible to define the border ones as a distinct group, defined by their much closer siting to each other (Fig. 10). This clustering was clearly marginal to the sites of the main manor settlements of the area which allowed us to proceed on to compare the two groups as separate populations. In terms of the physical features of the two sets of mattes, there is a strong correlation between the high mattes and the border group, which had all but one of the mattes higher than 7 metres, although the converse, that there were fewer low mattes among the border ones, was not clear. There was also a clear indication that the border mattes had a greater number of baileys than the hinterland - 70% as opposed to 35%. In terms of siting, we may note that within the border mattes, there were five further clusters visible. These were related to the !arge mattes and all were sited within 300 metres of what is now a major road and river. In contrast, the mattes of the hinterland tend to be nearer to minor roads than those of the border. The results of the distance to water sources were not what we expected. Firstly a surprisingly !arge number of mattes were weil over 250 metres from either a minor or a major source of water; presumably they relied on wells rather than either rivers or streams. Allowing for this general relationship, the mattes in the border group were more related to the minor sources, and less to the major ones, than those of the hinterland. Unfortunately we could not really test the views to or from the mattes objectively but a crude measure seemed to indicate that neither the distance nor the direction of views played a part in the siting of mattes in the hinterland, but that the border mattes both had langer views and that they were focused on a north-south direction , along the line. The mattes of the area do seem to be designed to perform different functions. The greater height of the border mattes would argue that they were conshucted to dominate of the line of the border, reinforced by the clusters found within them. These do seem to be focused on the routes in and out of the lordships to the east. As such they would be weil sited to counter the likely military threat the settlement faced, that of raids from the lands to the west 13 • There is no way that castles, !arge or small, can prevent the sort of raiding party, composed of something in the order of 100 men, from passing it surreptitiously or at night. On the other hand, what they can do is to provide a point from which the forces of the attacked may ambush the raiders on their way out, tired from their exertions and alcohol , slowed down by booty and forced to take predictable routes by having to drive cattle and sheep with them. The baileys of the border would provide protection for such forces as they gathered. The reliance on lesser water sources would fit with the same role, for raiding traditionally took place in the auturnn and winter, when the lesser sources could be relied on, as opposed to the well-known sumrner droughts of Ireland. In all these factors the hinterland mattes act as a contrast, to emphasise both their role as manorial centres rather than rnilitary ones.

5. Conclusions From this survey I would draw three conclusions and highlight a problem: The first conclusion concems what mattes - representing the most numerous castle feature of the period teil us of the process of the establishing of the English lordships in Ireland. After the main lord had first seized the land, he must have been divided up into tenancies or holdings. Within these holdings the tenants would then choose the site of the centre of their manor. In South Antrim, this was clearly dictated by the needs of farming and must have come after a considerable period of assessing the land for its value, either by watching crops over years or through a strong element of continuity from earlier farmers. Only after this process was over was a motte constructed. Mattes in this case are monuments to the economic organisation of the land. The same is implied by the stories of the Meath/Louth and North Antrim borders. In both cases clearly the line of the border must be fixed before any investrnent would be made in its defence system. In the case of Meath and Louth, the line of border mattes crosses the boundary between the De Lacy lordship of Meath and the De Verdon and Pipard lordships in Louth, established some twenty years after Meath. In all these cases, the construction of the motte is the symbol of the end of the process of settlement not the start of it.

13

M CNEILL 1996.

17

Motte Frequencv 5 5

Location Cliff Open land Edae of rise Rise in ooen land River crossinq Vallev

6

Total

Raised Rath Frequencv 1 12 11

6

5 9 3

10

33

41

Fig. 8: The types of sites occupied by mottes and raised raths in North Antrim (after Barkley 2003) .

1

Table 2. Siting Frequencies Frequency of motte locations

CICliff

Frequency of Raised Rath locations

l!JOpen land

C Rise in open land

lllClif f CJ0pen land

CJ Edge of rise

D Edge of ri se 10

D Rise ln open land • Rlver crossing O Val ley

9

6

11

Figure 11. Pie chart showing frequency of motte locations in north Antrim

Figure 12. Pie chart showing the frequency of raised rathlocations in north Ant1im .

. 27. Map of lreland Showing Lo 10m(12); 6 - unbekannt (28).

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Abb.5: Rekonstruktion -;:~ ;'.j:";l;~:~'9fff der jüngeren ,,--r~ "' ''\:' '"I· Fl ac h sie . dl ung Ab . . --~~--o- . "" \W~ )' . ·---i~~~ ~.-·.··.· 'lii ':. unter d er M otte . rj...-. ß). H aus Meer, Kreis /r ,_::." Neuss, aus dem Ji/ " 11. Jahrhundert "" / · / /~„ (nach W. u. B. JANSSEN 1999, 9/Abb . l) .

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90 vermeintlich kleinen Anlagen gestiegen sein dürfte, die Zahl der Motten über 5 m somit ursprünglich wohl größer gewesen sein dürfte. Dass im nördlichen Rheinland runde oder ovale Mottenhügel gegenüber viereckigen deutlich überwiegen, 29 ist schon von MÜLLER-WILLE herausgearbeitet worden .

2.6 Zur Weiterentwicklung bzw. Umwandlung einer Motte Wie das Beispiel Husterknupp zeigt, wurde manchmal versucht, die veraltete Mottenkonstruktion durch 30 einen Ausbau in Stein zu modernisieren. Nach Adolf HERRNBRODT und Michael MüLLER-W!LLE gibt es verschiedene Möglichkeiten der Weiterentwicklung bzw. Umwandlung einer Motte: 1. Sie wird zur Beringburg (Wasserburg) ausgebaut (Schloss Hülchrath). 2. Die Motte selbst wird aufgegeben, aber die Siedlungskontinuität am Platz bleibt gewahrt, wobei sich wiederum verschiedene Möglichkeiten unterscheiden lassen: a) Eine nachfolgende Wasserburg wird auf der Vorburg errichtet; b) der Wirtschaftsbetrieb der Vorburg lebt weiter, die neue Wasserburg wird daneben errichtet (Husterknupp, Periode IV); c) nur der Wirtschaftsbetrieb bleibt bestehen und lebt alleine weiter (Hoverberg-Gut Ossenbroich; Adendorf; Jülich-Altenburg); d) Haupt- und Vorburg werden aufgegeben, der Wirtschaftsbetrieb lebt in der Nähe weiter ("Fusseberg"); e) die gesamte Anlage wird aufgegeben, aber in der Nähe neu angelegt.

2.7 Zu den Vorgängersiedlungen In mehreren Fällen zeigten die archäologischen Untersuchungen, dass der späteren Mottenkonstruktion zunächst eine Flachsiedlung voranging. Die bekannteste und zugleich am besten untersuchte Flachsiedlung ist diejenige, die unter der Aufschüttung der späteren Motte Husterknupp entdeckt wurde und aus mehreren 31 Holzgebäuden bestand, die von einem Palisadenzaun als leichter Befestigung umgeben waren • Aber auch 32 die spätere Motte von Haus Meer wurde über einer mehrphasigen Flachsiedlung errichtet (Abb. 5) . Beide gut untersuchten Anlagen vermitteln eher das Bild von leicht befestigten Gehöften, die vielleicht den curtes der mittelalterlichen Quellen entsprechen könnten . Im Falle von Lürken und Garsdorf erbrachten die Ausgrabungen lediglich den Nachweis von Vorgängersiedlungen ohne aufschlussreiche Befunde.

2.8 Zum Baugeschehen Die eigentliche Mottenkonstruktion ist selten untersucht worden. Bei den wenigen archäologisch ausgegrabenen Mottenhügeln, war dieser häufig in mehreren Phasen angeschüttet worden (Husterknupp, Laurenzberg, Kippekausen) . Meist wurde dabei die Motte nach einer längeren Besiedlung durch Auftragen einer neuen Schicht erhöht, so dass die Anlage im Laufe der Zeit in einzelnen Schüben emporgewachsen ist. Die Möglichkeit der Aufschüttung in einem Zuge ist seltener nachgewiesen. Für die Motte Hoverberg wird sie vermutet, es ist dort aber nur das obere Plateau ausgegraben worden. Inwieweit denkbare natürliche Kerne, zum Beispiel bei einer Spornlage (Hardtburg), einer Mottenaufschüttung zugrunde liegen, ist nicht geklärt, da beim gegenwärtigen Ausgrabungsstand noch keine Anlage dahingehend untersucht wurde. Bei Steintürmen ist manchmal eine erst nach Errichtung des Turmes erfolgte Anschüttung festzustellen (sog. „Einmottung": z.B. Lürken, Hardtburg) 33 .

2.9 Zu Hinweisen von Bebauung auf der Motte Von der Bebauung auf dem eigentlichen Plateau der Mottenhügel haben sich nur wenige Befunde erhalten. Sie müssen nicht zwangsläufig auf turmartige Gebäude hinweisen, auch Feste Häuser geringerer Höhe sind bei einer Rekonstruktion in Betracht zu ziehen 34 . Deutlich ist der Befund vom Plateau der Motte Hoverberg, wo sich Reste eines rechteckigen Haupt-Pfostenbaus (Pfosten und Wandgräbchen) sowie zwei Grubenhäuser, ein Brunnen und Palisadenreste (?) nachweisen lassen (Abb. 6) . Auch vom Husterknupp und von einer Motte in Oberembt liegen Spuren einzelner starker Pfosten vor, die wohl auf ein festes (turmartiges ?) Gebäude hindeuten 35 . Bei der Ausgrabung der ebenerdigen Turmburg Holtrop konnte ein 29

MÜLLER-WILLE 1966, 8. HERRN BRODT 1964, 84. - MÜLLER-WILLE 1966, 14 f. 31 HERRNBRODT 1958, Taf. 1; Faltblatt 2. - Friedrich 1992 , 179 f. Abb . 1. 32 W. und 8 . JANSSEN 1999, Flachsiedlung Periode A: 19/ Abb. 11 u. S. 22-49. 33 Lürken: PIEPERS 198 1; Hardtburg: JANSSEN 1974. 34 BARZ 1993. 35 HERRNBRODT 1958, 67/Nr. 4/Abb. 4; MÜLLER-WILLE 1966, 65/Abb. 32. 30

91

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Abb. 6: Befunde auf dem Plateau der Motte Hoverberg, Kreis Heinsberg, mit Resten eines rechtwinkeligen Hauptbaues (Haus 1) mit Pfosten und Wandgräbchen sowie von zwei Grubenhäusern (Haus 2 und 3) und einem Brunnen (nach HERRNBRODT 1955/56, 348/Abb. 3).

Abb . 7: Motte Haus Rath mit steinernem Hauptturm, in Krefeld-Elfrath, Kreis Krefeld. a - Ansicht (Foto: Archiv des Europäischen Burgeninstitutes);

b - Grundrissplan (nach REICHMANN 1992, 47/Abb . 23).

0

92 Holzturm erfasst werden, wie er wohl auch auf Motten üblich war36 . Steintürme oder deren Reste konnten mehrmals nachgewiesen werden, so z. B. bei den Motten Haus Rath in Krefeld-Elfrath (Abb. 7) 37 , Linn, Luttelnau, Ickter Hof, Hülchrath, Alte Burg Lürken, Kippekausen oder Hardtburg 38 . Auf dem Plateau war gelegentlich auch noch Platz für kleine Nebengebäude. Außer den bereits angeführten beiden Grubenhäusern vom Hoverberg ist hier die Motte Lürken zu nennen, wo sich Reste von steinernen 39 Anbauten fanden . Dort ließ sich auch eine den Plateaurand sichernde Holzpalisade belegen, die später durch eine Steinmauer ersetzt wurde. Die auf halber Höhe um den Hügel der Motte Fusseberg, Kreis Neuss, verlaufende Stufe könnte ebenfalls eine Palisade getragen haben (Abb. 8). Der Hügel selbst war in der Regel von einem Graben oder manchmal auch von einem Graben-Wall-System umgeben (Abb. 9). Hauptburg und Vorburg wurden dabei wohl durch eine Brücke verbunden, wie sie beim 40 Husterknupp ergraben worden ist .

3. Das Verhältnis zu anderen Burgentypen Eine umfassende Zusammenstellung aller Burgen vom 10. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts im südlichen 41 Rheinland zeigt, dass dort außer den Motten gleichzeitig auch noch andere Burgentypen vorkamen, was analog auch für den nördlichen Niederrhein gelten dürfte, dort aber bisher nicht adäquat untersucht ist. Von den insgesamt 511 Burgen im südlichen Teiluntersuchungsraum stellen die sicheren oder wahrscheinlichen Motten mit insgesamt 202 Objekten dabei eindeutig den dominierenden Burgentyp dar. Deutlich die zweithäufigste Burgenform sind die 125 sicher oder mit hoher Wahrscheinlichkeit vor 1300 errichteten Wasserburgen, die im Laufe des 13 . Jahrhunderts den älteren Typ der Motte ablösen, ohne diesen zunächst gänzlich zu verdrängen. Daneben kommen natürlich auch noch andere Burgentypen vor, die mengenmäßig aber deutlich zurücktreten. Vorwiegend auf der Höhe am Rande des Altsiedellandes finden sich 15 großflächige Wallanlagen (Ring- oder Abschnittswälle) zumeist aus karolingisch-ottonischer Zeit, wobei einige bis ins Hochmittelalter genutzt worden sein könnten . 11 Anlagen sind nur allgemein als „Erdwerke" einzustufen, nach einem zumeist in der älteren Literatur verwendeten Begriff, wobei es sich sowohl um eine Motte, eine Wallanlage oder einen Schutthügel gehandelt haben kann, was aufgrund der zumeist erfolgten Abtragung nicht mehr nachprüfbar ist. Für die ebenerdigen Turmburgen ist - im Unterschied zu den Turmhügelburgen oder den Turmburgen auf der Höhe - charakteristisch, dass sie im Wesentlichen aus einem einzigen, ebenerdig errichteten Wohnturm bestehen. Analog zu den Motten können auch weitere Befestigungselemente wie eine umgebende Palisade oder ein Wassergraben bzw. zusätzliche Werke (Vorburg) hinzugefügt sein. Als ein typisches Beispiel ist Burg Holtrop anzuführen. Insgesamt sind 9 Objekte im Teiluntersuchungsgebiet dieser Burgenform zuzuordnen. Insbesondere am Rande der das Altsiedelland umgebenden Höhenzüge finden sich insgesamt 40, unter dem - ihre topografische Situation berücksichtigenden - Sammelbegriff Höhenburg zusammengefasste Anlagen. Zu ihnen gehören klassische Höhenburgen wie Godesburg, Drachenfels, Tomburg oder Burg Nideggen mit Bergfried, Palas, Wehrmauern und anderen Beiwerken, aber auch kleinere Objekte wie das Steiner Häuschen in Bonn-Oberkassel oder die noch als zweistöckiger Wohnturmrest erhaltene Burg in Friesdorf. Weitere insgesamt 36 Grabenanlagen und 72 nur allgemein als Burgen zu bezeichnende Objekte, die häufig nur in den historischen Quellen zu fassen sind, vervollständigen das Gesamtbild. Erwartungsgemäß stellen die typischen Niederungsburgen wie Motten, Wasserburgen, aber auch ebenerdige Turmburgen die zahlenmäßig größte Burgengruppe im Teiluntersuchungsgebiet.

4. Zu den Vorburgen Untersucht man die erfassten Motten im Hinblick auf mögliche Vorburgen, so ergibt sich folgendes Bild : Bei 63 Objekten ließen sich keine Angaben machen. In 124 Fällen ist nur der Mottenhügel nachzuweisen. 36

PI EPERS 1960; FRIEDRICH 1992, 189/ Abb. 11 . REICHM ANN 1992 . 38 FRI EDRICH 2002, KalalogNr. 62, 64, 70, 82, 90, 172, 273, 296. - Weitere Beispi ele bei MÜLLER-WILLE 1966, 14. 39 PIEPERS 198 1. - FRIEDRICH 1992, 187/Abb. 8. 40 HERRNBRODT 1958, 62-65/Abb. 35-39. 41 FRI EDRICH, PÄFFG EN 2007. - Das Teiluntersuchun gsgebiet ist ein rechtecki ger Kartenausschnitt, der sich von der Mündung der Erft bei Neuss bis an den Nordrand der Eifel erstreckt. 37

93

Die klassische Zweiteilung in Motte und Vorburg lässt sich bei 103 Objekten feststellen. In einigen 42 wenigen Fällen ( 14 mal) ließen sich zwei oder mehr Vorburgen belegen (z. B: Motte Laurenzberg) . Die Formenvielfalt der Vorburgen niederrheinischer Motten ist schon bei MÜLLER-WILLE behandelt worden 43 . Unter den 56 heute näher bestimmbaren Vorburgformen dominieren vor allem viereckige

Abb. 8: Motte Fusseberg bei Kapellen, Kreis Neuss. (Foto: Archiv des Europäischen Burgeninstitutes).

Abb. 9: Motte Hemmersbach, Erftkreis, mit einem umlaufenden Wall-GrabenSystem. Grundrissplan (nach MÜLLER-WILLE 1966, 67/Abb. 33).

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FRIEDRICH 2004 . M ÜLLER-WILLE 1966, 10.

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~

94 Formen (24 mal), denen polygonale (12 mal) oder hufeisenförmige (11 mal) in der Häufigkeit folgen, 44 während runde Vorburgen (4 mal) oder ein zweiter Hügel (5 mal) nur selten vorkommen . Eine Bevorzugung einer bestimmten Form in einer bestimmten Region oder zu einer bestimmten Zeit lässt sich allerdings nicht feststellen. Vorburgen gelten allgemein als nachgeordneter, den Wirtschaftsbereich innehabender Teil, tatsächlich sind 45 sie aber kaum archäologisch untersucht . Das Verhältnis Hauptburghügel zu Vorburg bleibt somit weiterhin ein Forschungsdesiderat.

5. Zu Siedlungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekten Im Rheinland sind die Motten Träger einer jüngeren Burgengeneration, die im Altsiedelland von Kölner Bucht und Niederrhein den Typ der kleinräumigen Adelsburg repräsentieren. Sie sind dort also der Hauptburgentyp bei der Vervielfachung der Burgplätze, als sich im Hochmittelalter auch der niedere Adel 46 befestigte Sitze errichtete. Daher verteilen sich die Motten grundsätzlich flächig im Altsiedelland . Allerdings sind wassergeschützte Niederungsburgen naturgemäß eng an das Gewässersystem der Bach- und Flussniederungen gebunden, so dass sie kleinräumig nicht unbedingt die vorhergehende fränkische Besiedlung fortsetzen, sondern häufig an den Rand der Ackerbaulandschaft des Altsiedellandes rücken . Jedoch stellen auch Motten, wie andere Burganlagen, vorwiegend ländliche Siedlungseinheiten dar und lassen sich daher häufig weiterhin einer offenen Siedlung in der Nähe zuordnen, denn überwiegend haben sie als zentraler Punkt für eine unterschiedlich große Siedlungs- und Wirtschaftseinheit gedient. Im Tal der Erft ist Hermann HINZ einmal direkt der Frage nachgegangen, inwieweit die Motten ältere fränkische Besitzstruk47 turen weiterführen . Neben der grundsätzlichen Anbindung an fränkische Besiedlungsstrukturen, wobei die Motten oft mit Ortsanschluss, also unter Wahrung der alten Siedlungseinheiten, errichtet worden sind, gibt es aber auch Beispiele von Motten, die abseits der älteren Siedlungen angelegt wurden, wie z. B. Husterknupp oder Haus Meer. Von Interesse sind aber auch Fragen des Zusammenhanges von Burgen bzw. in diesem Falle Motten mit dem inneren oder äußeren Landesausbau im Rheinland, insbesondere mit Rodungsvorgängen in den im 48 Frühmittelalter noch bewaldeten Zonen des Altsiedellandes . Zahlreiche, offenbar in Verbindung mit Rodungen stehende Motten führen diesen quasi im Namen bzw. Ortsnamen, wie z. B. Haus Rath, Richrath, Hülchrath, Gubisrath, Flassrath, Erprather Burg, Rarnrather Hof, Wickrath, Randerath, Schlebuschrath, 49 Rotscheroth, Haus Rott, Haus Nesselrath oder Hollerath , wobei der genaue zeitliche Zusammenhang zwischen Motte und Rodungssiedlung nur in wenigen günstigen Fällen zu klären ist und hier daher ausgeklammert bleibt. Auch in den Höhenlagen des Hunsrücks finden sich einige Motten, die mit den nahe gelegenen Siedlungseinheiten innerhalb von Rodungsinseln korrespondieren und offenkundig in einem Zusammenhang mit dem Landesausbau stehen 50 . Der Fund einer Eisenverhüttungsanlage bei der Motte Laurenzberg in Lürken, die wohl nicht nur für den Eigenbedarf produzierte5 1, deutet auf einen Zusammenhang zwischen Motte und dem gewerblichen Zentrum einer bestimmten Wirtschaftseinheit hin. Der von Kurt BöHNER für die Pingsdorfer Töpfereien angenommene Bezug zwischen Wirtschaftszentrum (Töpferei) und Wasserburg (Adelssitz) 52 wäre unter ähnlichem Aspekt auch für die in der Nähe solcher Töpferzentren gelegenen Motten denkbar, wie zum Beispiel für die nahe den Töpfereien von Randerath und Wildenrath, Kreis Heinsberg, gelegenen Burgan53 lagen wie der Hoverberg .

44

FRIEDRJCH 2004, 102 ff. So nur bei den Burganlagen Alte Burg Lürken, eingeschränkt Wac htendonk, Hu sterknupp, Reu schenberg (FRI EDRJCH 2002, KatalogNr. 172, 24, 89, 220), wo zumeist Befestigungselemente erfasst wurden. 46 HINZ 1972, 68 f. - JANSSEN 1972. 47 HINZ 1969, 162-178 Taf. 58. - HINZ 1972, 68 f. 48 HINZ 1972, 68 f. - JANSSEN 1969. - JANSSEN 1972, bes. 303 ff. 49 FRI EDRICH 2002, KatalogNr. 62, 77, 90, 94, 96, 109, 110, 11 5, 132, 238, 252, 26 1, 274, 297. 5 FRIEDRICH 2005 , 55 ff„ insbes. Kart e 2. 51 PIEPERS 198 1, 103 ff. 52 Bö HNER 1955/56, 373 ff. mit Abb. 1. 53 HERRN BRODT 1955/56, Karte Abb. 1; HABEREY 1955/56. 45

°

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6. Zur Adelsqualität der Erbauer Im 11. Jahrhundert strebten auch im Rheinland herausragende Familien nach Vereinigung von Hen-schafts54 rechten in ihrer Hand . Eine Familie mit dem Leitnamen Gerhard hatte im 11. Jahrhundert das Grafenamt im Jülichgau inne und nannte sich seit 1081 de Iulicho 55 . Deren Sitz befand sich im 11. Jahrhundert

Abb. 10: Motte Wassenberg, Kreis Heinsberg, mit einer Hügelhöhe von über 10 m, Stammsitz der gleichnamigen rheinischen Dynastenfamilien . Grundrissplan (nach MÜLLER-WILLE 1966, 97/Abb. 52).

zunächst in einer im römischen Kastell gelegenen Burganlage, ehe sie möglicherweise die nahe gelegene 56 Motte Altenburg en-ichteten . Weiter nördlich saßen die Grafen von Wassenberg, die sich nach ihrem 57 mottenartigen Burgberg nannten, auf dem Graf Gerhard 1118 das Georgstift gründete . Die Dynastenfamilie von Heinsberg konnte ihre Hen-schaft von der im 11. Jahrhundert auf Reichsgut errichteten, mottenartigen Großanlage ausbauen 58 . Die Grafen von Nörvenich führten ihren Titel nach einer Untereinheit des Zülpic~~aus und saß~n. ebenfalls . auf. ei~er auf R~ichsgut en-ichteten, gleichnami~en, mottenartigen Anlage . Im rechtsrhem1schen Gebiet smd m der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Hen-en von Berg (de Monte) nachweisbar, die seit etwa 1100 den Grafentitel führten. Ihr Hauptsitz war die Burg Berge (Altenberg) an der Dhünn mit einer mottenartigen Hauptburgkonstruktion in Spomlage60 . Auch edelfreie, nichtgräfliche Familien können mit bekannten Motten in Verbindung gebracht werden, so beispielsweise die bereits im 11. Jahrhundert genannten Hen-en von Randerath oder Dyck bzw. im 12. Jahr61 hundert die Edelhen-en von Frenz, Hemmersbach, Kenten oder Müllenark . Im fortgeschrittenen 12. Jahrhundert dürften auch bedeutendere Ministerialen auf Motten gesessen haben, während andere mehr oder weniger befestigte Höfe bewohnten .

54

DROEGE 1961 , 14 ff. CORSTEN 1973. - FRIEDRICH, PÄFFGEN 2007, 69. 56 DROEGE 1961, 14 . - CORSTEN 1973. - Über die genaue zeilliche Abfolge könnte eine Grabung Aufklärung liefern. 57 DROEGE 1961 , 15. - FRIEDRICH , PÄFFGEN 2007, 92. 58 DROEGE 1961 , 15. - FRIEDRICH, PÄFFGEN 2007, 66. 59 DROEGE 1961, 10 u. 12 . - FRIEDRICH, PÄFFGEN 2007, 80. 60 GROTEN 1984, l 0-16. - UNTERMANN 1984. 61 FRIEDRICH, PÄFFGEN 2007, l 0 ff. u. Katalog 46 ff. (u . a. Hau s Müllenark). 55

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Es ist überlegenswert, ob bei großen Anlagen die Hügelhöhe im Regelfall auch in Zusammenhang mit der Wirtschaftskraft des Erbauers steht und somit Hinweise auf dessen soziale Stellung geben kann . Von den 12 Motten im Untersuchungsraum mit über 10 m Höhe können immerhin drei mit bedeutenden rheinischen Dynastenfamilien in Verbindung gebracht werden bzw. haben ihnen als Stammburg gedient - Heinsberg, Wassenberg (= Abb. 10) und wohl auch Jülich-Altenburg - sowie weitere drei mit ebenfalls sozial hoch stehenden Familien am Niederrhein - nämlich Wegberg-Tüschenbroich, Bedburg-Kaster, StotzheimHardtburg62. Die adelige Qualität der Erbauer kommt zuweilen auch im archäologischen Befund zum Ausdruck. So war das bekannte Haus der Flachsiedlung unter der Motte Husterknupp in einer technisch hochstehenden Stab63 bauweise errichtet und könnte so einen Hinweis auf die sozial gehobene Stellung des Bauherrn liefern . Im 64 archäolo§ischen Fundmaterial verschiedener Motten weist entsfrechendes Fundmaterial wie Sporen , 6 66 6 Trensen , Zaurnzeugschmuck oder emaillierte Gewandspangen auf das adelige Milieu hin.

7. Zum Alltagsleben - die Zeugnisse der Sachkultur Bei den Mottengrabungen im Rheinland wurde zahlreiches Fundmaterial geborgen, das dem gängigen Ausstattungsrepertoire zeitgleicher mittelalterlicher Burgen entspricht. Neben den hier regional typischen Keramikformen und -arten (z. B. Kugeltöpfe aus Grauware oder Tischgeschirr aus Pingsdorfer Ware bzw. Faststeinzeug) weisen Becherkacheln darauf hin, dass ab Mitte des 12. Jahrhunderts auch auf rheinischen 68 69 Motten Kachelöfen zur Verbesserung der Wohnlichkeit genutzt wurden . Steinerne Handmühlen gehören zu den in der Küche unverzichtbaren Gerätschaften, während Handarbeit wie Spinnen und Weben 70 beispielsweise durch Spinnwirteln belegt ist . Gelegentlich finden sich auch Hinweise auf Metall verarbei71 tendes Handwerk wie die Gussformreste von Haus 6 der Kernmotte Husterknupp . 72 Zur gehobenen Tischausstattung gehört die Verwendung von Aquamanilien oder Zinngeschirr . Die besondere Fundsituation einiger rheinischer Motten im Feuchtgebiet bedingte, dass sich gelegentlich auch Holzgeräte erhalten haben, die Zeugnisse über die alltäglichen Lebensumstände liefern. Insbesondere die in einem Altrheinarrn gelegene Motte Haus Meer erbrachte hierzu reiches Fundmaterial. So geben Netzschwimmer, Angelhaken und ein mehrzackiger Fischstecher, aber auch einfache Boote Hinweise auf 73 den Fischfang als Nahrungsquelle . Dass aber auch die Landwirtschaft nicht unwichtig war, zeigt 74 beispielsweise das in Haus Meer gefundene Joch . Zu den Geräten zählen ein hölzerner Klöpfel, ein 75 76 Fackelhalter , aber auch Schemel bzw. gedrechselte Möbelteile . Ebenfalls in Haus Meer fand sich ein 77 78 Türladen . Hinweise auf die Bekleidung geben lederne Schuhreste . In den Bereich Zeitvertreib und Spiel sind z. B. der Würfel von Burg Berge-Altenberg oder die hölzernen 79 Schachfiguren aus Haus Meer einzuordnen . Insgesamt entspricht das Fundmaterial zur Alltagskultur aus rheinischen Motten völlig dem in anderen 80 Regionen auf Burgen nachgewiesenen Ausstattungsrepertoire .

62

FRIEDRJCH 2002, 127, 159, 187 bzw. 168 , 212, 296. - Die übrigen sechs Großmotten über 10 m Höhe sind: Rees-Haldem , WegbergArsbeck-Rödgen, Eschweiler-J(jnzweiler-Kalvarienberg, Eschweiler-Kinzweiler-Mühlenbongert, Düren-Försterei-Weyern , HürthKnapsack : ebd„ KatalogNr. 16, l 6 l , l 69, l 70, l 78, 225. 63 ZIPPELIUS 1958, 123-167. 64 HERRNBRODT l 958, l 22 ff. / Abb. 55, 57 ' 58. - w. und B. JANSSEN l 999, Taf. 35/9-l l. 65 HERRNBRODT l 958, Taf. 9/80, 82. 66 UNTERMANN l 984, l 28/Nr. Br 2, Taf. l 2/1-3. 67 UNTERMANN l 984, l 28/N r. Br l, Taf. l l /3, 4. 68 FRIEDRICH l 998, Taf. 9/402-415, Taf. 66/ l. 69 Z. B. W. und B. JANSSEN l 999, Taf. 52/4. 70 HERRNBRODT l 958, Taf. 8/60, 6 l. 71 HERRNBRODT l 958, 8 1/N r. 38, Taf. 5/38 . 72 Aquamanile aus Ton: z. B. vom Husterknupp (FRIEDRJCH 1998, Taf. 16/780); Zinngeschirr: z. B. von Haus Born (STEEGER 1938, 269/ Abb. 28. - LOEIV E 1962, 453 f. mit Abb. 5). 73 Netzschwimmer (W. und B. JANSSEN 1999 Taf. 24/1-26); Angelhaken (ebd„ Taf. 41 / 1-12); Fischstecher (ebd „ Taf. 39/l); Boote (ebd „ Taf. l-4). 74 W. und B. JANSSEN 1999, Taf. 23/ l. 75 Schlegel bzw. Klöpfel (W. und B. JANSSEN 1999, Taf. l 6/1 ); Fackelhalter (J ANSSEN, KNÖRZER o. 1. ( 1971 ), l 04 Nr. 9 Bild 5 l. 76 Schemel (W. und B. JANSSEN, 1999, Taf. l 5/1-2); Möbelteile (ebd „ Taf. 1211-3). 77 W. und B. JANSSEN 1999, 28 ff. mit Abb. 15/ 1). 78 W. und B. JANSSEN 1999, Taf. 49-51; HERRNBRODT 1958, 115/Abb. 59. 79 Würfel (U NTERMANN 1984, 130/Nr. B 1, Taf. 12/4). - Schachfigur (W. und B. JANSSEN 1999, 81 f. Nr. l l 33c, l l 33 e, l l 35c/Taf. 14/2-4. Allgemein zu Brettspielen: BOSCARDIN 2006, bes. 122 ff. / Abb. 2 u. 5). so TAUBER 1985. - KRAUSKOPF 2005. - FRIEDRICH 2006.

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Insgesamt konnte hier nur eine knappe, zusammenfassende Darstellung zum aktuellen Stand der Mottenforschung im Rheinland gegeben werden. Dabei wurde versucht, mit Blick auf die einzelnen Themenkomplexe der Tagung zu prüfen, inwieweit der Grabungsstand rheinischer Motten auch zu ihnen Auskunft geben konnte. Nicht zuletzt die Tatsache, dass dieser Beitrag dabei häufig auf längst bekannte Darstellungen und immer wieder abgebildete Befunde zurückgreifen muss, zeigt, wie wichtig weitere Grabungen an rheinischen Motten wären.

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Dr. Reinhard Friedrich Europäisches Burgeninstitut Philippsburg Schlossstraße 5 D-56338 Braubach Deutschland E-mail: [email protected]

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23, 2007, S. 99-1 LO.

DIE TURMHÜGELBURGEN

IM GEBIET ZWISCHEN MITTLERER ELBE UND BOBER

von Ines Spazier, Weimar

Einleitung Das Gebiet zwischen mittlerer Elbe und Bober ist eine Burgenlandschaft, die im Hoch- und Spätmittelalter fast ausschließlich von Niederungsburgen bestimmt wird. Aber nicht wehrhafte Befestigungen mit Ringmauer, Palas, Kemenate und Bergfried sind kennzeichnend für das Gebiet, sondern Burgen mit geringem Wehrcharakter. Es dominieren die Wasserburgen neben den Burgwällen und Turmhügelburgen 1. Das Arbeitsgebiet umfasst ein Territorium, das im Mittelalter als Ostmark bezeichnet wird 2. Das von zahlreichen slawischen Stämmen bewohnte Gebiet wurde im LO. Jahrhundert in das deutsche Herrschaftsgebiet eingegliedert. Dieser politische Wandel nahm auch strukturell Einfluss auf den Burgenbau. Die Slawen errichteten im 9. und LO. Jahrhundert Ringwälle, die nicht gleichzeitig sondern zeitlich versetzt entstanden und fast alle mehrere Bauphasen aufweisen 3 . Die meisten dieser Wehranlagen dürften das Jahr 963 nicht überlebt haben, da als unter Markgraf Gero mit der vollständigen Eingliederung der Ostmark in das Deutsche Reich gerechnet werden kann. Trotz zahlreicher Widerstände wie die Slawenaufstände von 983 und die deutsch-polnischen Auseinandersetzungen ( L002- L03 L) wurde die Ostmark Bestandteil des Deutschen Reiches. Zur Verwaltung und Erschließung des unter deutscher Herrschaft stehenden slawischen Siedlungsgebietes wurde im L1. Jahrhundert ein System von Burgwarden, meist im Bereich der slawischen Burgwälle, aufgebaut. In der Ostmark kam es jedoch nicht zur Ausbildung der Burgwardverfassung. Nur 4 wenige Slawenburgen wurden als deutsche Herrschaftsmittelpunkte weitergenutzt und somit gingen die meisten der slawischen Burgen im L1. Jahrhundert unter, das altslawische Burgwallsystem zerfiel. Die geringe Anzahl der Burgen des 11./12. Jahrhunderts kann damit erklärt werden, dass im Gegensatz zum meißnisch-sächsischen Raum 5 markgräfliche Interessen zu diesem Zeitpunkt nur geringfügig zum Tragen kamen und ein engmaschiges Burgensystem nicht nötig war.

Der hoch- und spätmittelalterliche Burgenbau Erst der Landesausbau, der im frühen 12. Jahrhundert einsetzte und im gesamten 13 . bis in das 14. Jahrhundert andauerte, begünstigte die Voraussetzungen zum Bau neuer Befestigungen. So entstanden neue Adelssitze, die in keinem Zusammenhang zu den altslawischen Burgwällen standen. Die in die Ostmark eingewanderten Adligen, vor allem aus der Saale-Mulde Gegend und den meißnischen Raum, brachten neue Burgformen mit. Die Mehrzahl der Burgen entstanden um die Wende vom 12. zum 13 . und bis zum beginnenden 14. Jahrhundert. Die hier erbauten Befestigungen sind entsprechend den landschaftlichen Gegebenheiten fast ausschließlich Niederungsburgen. Die Zuordnung zu einem Burgentyp ist oftmals problematisch, da die Mannigfaltigkeit und äußeren Erscheinungsformen recht groß sind. Dazu kommt, dass der heutige Geländecharakter nicht zwangsläufig dem ursprünglichen Charakter der Wehranlage entspricht und durch moderne Nachfolgebebauung überprägt und manchmal total verändert ist. Im Arbeitsgebiet lassen sich neben den Turmhügelburgen weitere Burgentypen bzw. Adelssitze mit den Wasserburgen, Burgwällen und Herrensitzen erfassen, die nachfolgend kurz vorzustellen sind. Als Wasserburgen werden Befestigungen bezeichnet, die eine ebenerdige Grundfläche besitzen und mit einem Wassergraben, gelegentlich auch mit einem flachen Wall umgeben sind. Oftmals werden solche 1

Dem Artikel liegt die Arbeit SPAZIER 1999 zugrunde. Vergleiche dazu auch: SPAZIER 1995; 2000 ; 2004. - Neue Untersuchungen bzw. Ausgrabungen zu Turmhügelburgen liegen aus dem Arbeitsgebiet mit Siand 2006 nicht vor. Heute gliedert sich die Ostmark in die Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, während das Gebiet östlich der Neiße zur Republik Polen gehört. 3 HENNING 1991 ; 1997; 1998. 4 SPAZI ER 2004 , 87. 5 BILLIG 1989. 2

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6 Anlagen auch als befestigte Höfe geführt . Die Form der Wasserburgen variiert zwischen viereckigen bis runden und ovalen Anlagen, wobei letztere überwiegen. Die Innenfläche hat im Durchschnitt einen Durchmesser von 30 bis 60 m. Teilweise wurde der Wohnbereich auch als Wirtschaftshof genutzt. Dabei können Wohn- und Wirtschaftsareal noch zusätzlich durch einen Graben voneinander getrennt gewesen sein.

Ein nächster Wehranlagentyp sind die großen runden bis eckigen Burgwälle mit einem Durchmesser von 50 m und mehr. Die Wohnoberfläche zeigt dabei die natürliche Bildung oder ist durch slawische Vorgängerburgen hochgewohnt. Dabei wurde von der slawischen Burg außer dem Standort nichts in die hochmittelalterliche Burg übernommen. Die Wehranlage in Spornlage stellt ebenfalls eine Form des Burgwalls dar. Zu den so genannten unbefestigten Herrensitzen wurden die 01te zusammengefasst, nach denen sich ein Adliger nannte, wo sich aber keine mittelalterliche Befestigung nachweisen ließ. In der mediävistischen Forschung wird unter dem Begriff Herrensitz immer die Verbindung eines Adligen zu seinem Standort 7 gesehen, nachdem er sich nannte und wo er aller Wahrscheinlichkeit nach auch seinen Wohnsitz hatte • Dieser repräsentiert sich sowohl in Gestalt von Burgen als auch von befestigen oder unbefestigten Höfen. 8 H. SCHlEKEL prägte dafür die Bezeichnung Zeugen- oder Ministerialensitz .

Die Turmhügelburgen 9

Der Begriff Turmhügel wurde von C. SCHUCHARDT für die zu einem Hügel aufgeschüttete, mit Palisaden, 10 Graben und Wall umwehrte Burg geprägt und ist in zahlreichen Publikationen übernommen worden . Der Begriff ist umstritten, da die Bebauung auf dem Hügel oftmals mehr auf ein Haus als auf einen Turm 1 12 hindeutet1 • U . SCHWARZ findet die Bezeichnung Turmhügelburg treffender, da damit Burgwohnfläche und Wirtschaftshof in Verbindung gebracht werden. Von der internationalen Burgenforschung wurde für 13 diesen Typ der Begriff Motte eingeführt . Die Turmhügelburgen kommen im Arbeitsgebiet nicht flächendeckend vor. Von den knapp 250 hoch- und spätmittelalterlichen Burgen können nur 20 eindeutig als Turmhügel angesprochen werden, davon sind zwei unsicher und weitere vier eingeebnet (Abb. 1). Die kleineren dörflichen Sitze mit einer Wohninnenfläche von 20 bis 30 m im Durchmesser sind am stärksten vertreten, aber auch größere mit ca. 45 m Durchmesser kommen vor. Bei der Hügelwohnfläche dominiert die runde bis quadratische Form. Die Hügel mit rechteckigem Grundriss sind in der Regel etwas größer. Die heute erhaltene äußere Form entspricht nicht zwingend der ursprünglichen, da zahlreiche Hügel im Laufe der Jahrhunderte durch zweckentfremdete Nutzung verändert wurden. 14 Die Höhe ist recht einheitlich und liegt nicht über 5 m. M. MüLLER-WILLE hat für das Rheinland eine Einteilung der Turmhügel in Kategorien vorgenommen: Damit gehören die Hügel unter 5 m zu den klei15 nen. Somit können die Turmhügel im Untersuchungsgebiet als vergleichsweise flach bezeichnet werden • Dem Hügel ist stets ein Wassergraben vorgelagert, dessen Breite zwischen 3 und 10 m schwankt. Ein Wall als Befestigungselement ist selten. Deutlich sichtbar ist er noch in Klein Leine, Lkr. Dahme-Spreewald. Hier ist im Norden und Nordwesten ein 1 m hoher und 8 m breiter Wall erhalten (Abb. 2 und 3). Auch in 16 17 Trebitz, Lkr. Dahme-Spreewald , und Keula, Lkr. Niederschlesischer Oberlausitzkreis , sind Wälle dokumentiert, die heute im Gelände nicht mehr sichtbar sind. Turmhügel mit befestigtem, vorgelagertem Wirtschaftshof sind ebenfalls nur selten anzutreffen, nur bei drei Anlagen - in Golßen, Lkr. Dahme-Spreewald, Prettin, Lkr. Wittenberg, und Löben, Lkr. Wittenberg -

6

Vgl. dazu: KLECKER 1989; ERICSSON 1993. BLASCHKE 1957, V!II ; DEGENKOLB 1996, 80; SAUDISCH 1999; BLASCHKE, SAUDISCH 2006, 22 . SCHIECKEL 1956, 7 ff. 9 SCHUCHARDT 1931, 198. 10 SCHOKNECHT 1979; BAUMANN 1982; TIMPEL 1983; BILLIG, MÜLLER 1998. 11 HINZ 1981, 38 f. 12 SCHWARZ 1987, 14. 13 HINZ 1981, 11 ff. ; ERICSSON 1993 , 255 . - Zu den weiteren Begriffen wie Burghügel, Bühl, Sitzwall , Burgstall , Bürste! , Waal, Hausberg u.a. wird in diesem Artikel keine Stellung genommen; vgl. dazu: SPAZIER 1999, 32. 14 MÜLLER-WILLE 1966, 7 f. 15 Vgl. STOLL 1993. 16 HERRMANN 1986, 209/Abb. 3. 17 GERLACH 1909. 7

8

0

Abb. 1: Verbreitung der hoch- und spätmittelalterlichen Burgen in der Ostmark mit Kennzeichnung der Turmhügelburgen ( A. ) (Karte: lnes SPAZIER) . Liste der Turmhügelburgen: 1 - Prettin, Lkr. Wittenberg; 2 - Züllsdorf, Lkr. Elbe-Elster; 3 - Löben, Lkr. Wittenberg; 4 - Glücksburg, Lkr. Wittenberg; 5 - Reicho, Lkr. Wittenberg; 6 - Arnsnesta, Lkr. Elbe-Elster; 7 - Uebigau, Lkr. Elbe-Elster; 8 - Schöna, Lkr. Teltow-Fläming; 9 - Golßen, Lkr. Dahme-Spreewald; l 0 - Briesen, Lkr. Dahme-Spreewald; 11 - Schlabendorf, Lkr. Dahme-Spreewald; 12 - Klein Leine, Lkr. Dahme-Spreewald; 13 - Trebnitz, Lkr. Dahme-Spreewald; 14 Grano - Lkr. Spree-Neiße; 15 - Guben, Ortsteil Sprucke, Lkr. Spree-Neiße; 16 - Briesnig, Lkr. Spree-Neiße; 17 Klein Bademeusel - Lkr. Spree-Neiße; 18 - Zelz-Bahren, Ortsteil Bahren, Lkr. Spree-Neiße; 19 - Krauchwitz, Ortsteil Keula, Lkr. Niederschlesischer Oberlausitzkreis ; 20 - Wartha, Lkr. Kamenz.

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ist dies der Fall. Die größte dieser Burgen liegt mit dem „Utzenberg" in Golßen, Lkr. Dahme-Spreewald (Abb. 4 und 5). Die Wehranlage besitzt eine 120 m x 60 m große Innenfläche, die mit einem 15 m breiten Wassergraben umgeben ist. Den Nordteil der Anlage nimmt ein rechteckiger Turmhügel mit einem Plateau von 33 m x 42 m ein, dem nach Süden ein ca. 70 m x 60 m großes Vorburggelände vorgelagert ist. Der Turmhügel wurde im Bereich eines altslawischen Burgwalles errichtet. Bei einer Probegrabung 1899 18 konnte eine mittelalterliche Besiedlung im Wohn- und Wirtschaftsareal festgestellt werden . Der südwestliche Teil der Anlage wurde bei Straßenbauarbeiten zerstört. Durch die hier freigelegten Holzpfähle ließ sich der Zugang zum Wirtschaftshof klären . Hierbei handelt es sich um eine einteilige Turmhügelburg19. Eine weitere Turmhügelburg mit befestigtem Wirtschaftshof befindet sich in Prettin, Lkr. Wittenberg. Auf einem slawischen Burgwall wurde im nordöstlichen Teil eine Fläche von 60 m x 40 m als Turmhügel genutzt. Der nach Südwesten anschließende Wirtschaftshof nahm dabei eine Fläche von ca. 30 m x 40 m in Anspruch. Der die Wehranlage umgebende Wassergraben ist im Westen und teilweise 20 Süden noch vorhanden . Bei der Mehrzahl dieser Burgen wird sich der Wirtschaftshof im Bereich des Rittergutes befunden haben: So in Schlabendorf, Lkr. Dahme-Spreewald, Klein Leine, Lkr. Dahme-Spreewald, Grano , Lkr. SpreeNeiße, Briesnig, Lkr. Spree-Neiße, und Waitha, Lkr. Kamenz. Die Lage der Turmhügel im Bereich des Gutes kann vor allem in den östlichen Verbreitungsgebieten dieses Wehranlagentyps beobachtet werden. 21 Fraglich ist das Verhältnis zum Wirtschaftshof bei sechs Anlagen , die an keinen Ritterguts- oder Vorwerkkomplex angegliedert sind. Sicher befand sich hier das Wirtschaftsareal in unmittelbarer Nähe. In ihrer Form und Größe gleichen die Turmhügel denen in anderen unmittelbar anliegenden Gebieten 22 , 23 sind aber gegenüber den anderen Burgentypen im Arbeitsgebiet zahlenmäßig am schwächsten vertreten . Gerade bei den Turmhügelburgen kann mit einem hohen Prozentsatz eingeebneter Anlagen gerechnet werden. Besser erhalten sind sie dort, wo in der Neuzeit die Bebauung aussetzte. Einige Turmhügel sind archäologisch durch kleinere Sondagen bzw. Notbergungen untersucht worden . Forschungsgrabungen haben auf diesem Gebiet bisher in Südbrandenburg nicht stattgefunden. Deshalb muss auf eine Ausgrabung aus den Jahren 1937-40 am „Schlößchen" bei Züllsdorf, Lkr. Elbe-Elster, 4 zurückgegriffen werden (Abb. 6 und 7/ • Dabei konnte nicht die gesamte Wehranlage ergraben werden, so dass einige Fragen zu deren Aufbau offen bleiben müssen. Vor der Planierung des Geländes war ein 3 bis 4 m hoher und 30 bis 40 m im Durchmesser messender Hügel vorhanden, den ein zweifaches GrabenWall-System umgeben haben soll. In Züllsdorf konnten zwei Bauphasen nachgewiesen werden. Im frühen 13. Jahrhundert besaß das Hügelplateau eine runde bis quadratische Form von 23 bis 25 m Seitenlänge. Dem Hügel war ein schmaler 4 bis 5 m breiter Sohlgraben vorgelagert gewesen. Die Grabeninnenkante war mit waagerecht übereinander liegenden Balken befestigt worden. Danach folgt ein zweiter, ebenfalls 4 m breiter Sohlgraben, der wahrscheinlich im Gegensatz zum ersten Graben kein Wasser führte . Im Wandel zur jüngeren Bauphase im 14. Jahrhundert wurde die Wohninnenfläche in nordwestlicher Richtung erweitert. Es entstand ein ovales Wohnareal von 29 m x 35 m. Diese Fläche umgab ein 10 bis 18 m breiter wasserführender Graben. Hier befand sich die Masse der frühdeutschen Keramik. Befestigt war die Grabeninnenkante mit senkrecht stehenden Pfählen und waagerecht übereinander liegenden Balken. Dem Graben war ein 10 m breiter Wall vorgeblendet (Abb. 8). Danach folgte ein zweiter äußerer Graben mit Wall. Der Zugang zum Hügelplateau wurde nicht geklärt. Zur Innenbebauung sind sehr wenige Aussagen nur möglich, da dieser Bereich bereits stark planiert war. Im Fundmaterial fanden sich keine Ziegel- und Feldsteinreste, aber mehrere Stücke verziegelten Lehms, so dass hier möglicherweise ein Fachwerkbau gestanden haben könnte . Das Fundmaterial - vor allem Kugeltöpfe, aber auch Standbodengefäße und wenig Eisenfunde - kann in seiner Gesamtheit in das 13. bis beginnende 15 . Jahrhundert datiert werden und spiegelt somit die Belegungsdauer der Wehranlage wider. Spuren einer gewaltsamen Zerstörung fanden sich nicht. Die im Bereich der Wehranlage geborgenen bronzezeitlichen und mittelslawischen Funde deuten auf eine frühere Besiedlung des Platzes hin .

18

MARSCHALLECK 1944, 252. HINZ 1981 , 16; SCHWARZ 1987, 14. 20 SPAZ IER 1999, 33 ff. und Abb. 6, 7, 32. 21 Es handelt sich dabei um fol gende Anlagen: Trebitz, Klein Bademeusel, Bahren, Arnsnesta , Schöna, Keula . 22 GRJMM 1958; HERRMANN 1960; 1986; Möller 1992; 1993 ; TIMPEL 1983; 1998; SCHWARZ 1987. 23 Vgl. SCHWARZ 1987, 13. 24 SPAZIER 1999, 56 ff. 19

103

Im Südbrandenburger Raum ist diese Befestigungsart mit doppelten Wällen und Gräben einmalig. Dagegen kann sie westlich der Elbe öfters beobachtet werden. Züllsdorf, unmittelbar östlich der Elbe gelegen, ist 25 damit einer der östlichsten Vertreter dieser Befestigungsart .

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Abb. 2: Klein Leine, Lkr. Dahme-Spreewald. Turmhügel von Südwest Abb. 3: mit der Ortslage im Hintergrund. (Foto: Thomas SPAZIER). Klein Leine, Lkr. Dahme-Spreewald. Quadratischer Turmhügel mit nach Norden vorgelagertem Wall (nach SPAZIER 1999, 34/Abb. 28).

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Abb. 4: Golßen, Lkr. Dahme-Spreewald. Blick von Süden auf die einteilige Turmhügelburg. (Foto: Ines SPAZIER).

Abb. 5

Abb. 5: Golßen, Lkr. Dahme-Spreewald. Turmhügel mit dem Wohnplateau im Norden und dem vorgelagerten Wirtschaftshof. Ausschnitt aus der Karte von 1827 /29 (Quelle: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Pr. Br. Rep. 8, Stadt Golßen, Karte Nr. 12 [ 1827 /29]).

25

GRIMM 195 8.

104

Entstehung und Verbreitung der Turmhügelburgen Während die Turmhügel im westlichen Mitteleuropa bereits im 11 . Jahrhundert als Burgentyp erbaut wurden, sind sie in Nordeuropa erst ab dem 14. Jahrhundert belegt. Im Arbeitsgebiet geht ihre Entstehung an die Wende vom 12. zum 13 . Jahrhundert zurück. Ab dem 14. Jahrhundert entstanden keine neuen Turmhügel mehr, sondern die Fläche der vorhandenen Burgen wurde oftmals vergrößert und umgeändert. Im 15. Jahrhundert wurden die Turmhügelburgen aufgegeben. Auch in den angrenzenden Siedlungsgebieten ist dieser Burgentyp zu diesem Zeitpunkt entstanden 26 . Die Turmhügel konzentrieren sich vor allem meist am Rand der slawischen Altsiedelgebiete. Im Anschluss an das im Spreegebiet liegende Altsiedelgebiet der Lusizi sind sie selten. Dagegen konzentrieren sie sich im Westen - am Rand des Siedelgebietes der Nizici - im Gebiet von Elbe und Schwarzer Elster und im Nordosten des Arbeitsgebietes, wobei sie das Neißeufer nach Osten nicht überschreiten. Die Turmhügel kommen in Gebieten vor, die als frühe Kolonisationszentren herausgestellt werden können. Sie treten gebunden an die Siedlungsbewegung vor allem im westlichen Teil des Untersuchungsgebietes auf und kommen auch im westlichen Brandenburg in Gebieten vor, in denen frühe Kugeltopfware ihre 27 Verbreitung fand . Ihre Verbreitung im Elbe-Elster-Raum steht im engen Zusammenhang mit der frühen Kolonisationstätigkeit der Grafen von Brehna, des Hochstifts Naumburg und des Erzbistums Magdeburg, die ihren Ministerialen das Recht zum eigenständigen Burgenbau übertrugen. So konzentrieren sich die Hälfte der 20 Turmhügel im Gebiet zwischen Elbe und Schwarzer Elster. Die Grafschaft Brehna kam 1156 an Friedrich 1. von Brehna, damit setzte verstärkt der Landesausbau ein. Dieses spiegelt sich in den urkundlichen Quellen mit der Nennung zahlreichen brehnaischer Ministerialen im frühen 13. Jahrhundert wider. Die Brehnaer Grafen verlagerten im 13. Jahrhundert ihren Stammsitz direkt in den Westteil des Arbeitsgebietes in den Ort Löben, Lkr. Wittenberg. Das Erstaunliche daran ist, dass sie in Löben eine Turmhügelburg erbauten, die in Form und Aussehen der Burg auf ihrem Stammsitz Brehna entsprach. Der Turmhügel besitzt eine runde Form mit einem Hügelplateau von 31 m x 33 m und einer erhaltenen Höhe von 4,50 m. Der Hügel wird im Norden, Nordosten und Westen von einem 5 m breiten Wassergraben umgeben, der im Westen der Burganlage direkt vorgelagert ist, während er im Norden und Nordwesten erst in einer Entfernung von ca. 30 m beginnt (Abb. 9). Die so vom Wassergraben umschlossene ovale Fläche wurde als Wirtschaftshof genutzt. Hierbei handelt es sich um eine einteilige Turmhügelburg. Sie liegt am nordwestlichen Rand des Ortes, 150 m nordwestlich einer spätromanischen dreischiffigen Pfeilerbasilika, der Herrschaftskirche der Brehnaer28 . Kommen wir jetzt in den Nordosten des Arbeitsraumes . Hier steht die Erbauung dieses Burgentyps in Verbindung mit den Kriegszügen des Markgrafen der Ostmark Konrad II. von Wettin. Dieser wollte Anfang des 13 . Jahrhunderts sein Machtpotential nach Norden und Nordosten erweitern. In diesem Zusammenhang kann der Bau der Turmhügel als Burgen selbständiger Adliger gesehen werden. Leider liegen von diesen Turmhügeln kaum urkundliche Quellen vor, so dass uns zu deren Besitzern und ihrem Stand keine Aussagen möglich sind 29 .

Siedlungsgeschichtliche Aspekte Im siedlungsgeschichtlichen Kontext treten die Turmhügelburgen fast immer im Zusammenhang mit dörflichen Ansiedlungen auf: Sie liegen an deren Rand (Abb. 10) 30 . Die Dorfkernforschung in Schlabendorf, Lkr. Dahme-Spreewald, gibt darüber sehr umfassend Auskunft31: Der Anfang des 13. Jahrhunderts gegründete Turmhügel 32 wurde am Rand einer spätslawischen Siedlung errichtet. Die Ersterwähnung eines Adligen fällt in das Jahr 123433 , so dass zu diesem Zeitpunkt schon die Existenz der Wehranlage gegeben ist. Auch der östlich an die Wehranlage anschließende Kirchenkomplex, der sich planmäßig in den Ortsgrundriss eingliedert, wird mit dem systematischen Ausbau des Dorfes entstanden 26

BILLIG 1963 ; 1981 ; GRJMM 1958 , 145 f.; HERRMANN 1960; 1986; HOFFMANN 1980; T!MPEL 1983; 1998; EHRENTRAUT 198 1; BILLIG, MÜLLER 1998; BTENERT 2000. MANGELSDORF 1994, 43 . 28 DEHIO 1987, 242. 29 SCHIECKEL 1958, 91 ff. JO SPAZIER 1999, 82 ff. 31 Das Dorf Schlabendorf sollte dem Braunkohlentagebau in der Niederlausitz zum Opfer fall en, deshalb wurde hier eine systemati sche Dorfkernforschung von der Autorin durchgeführt; vgl. dazu: SPAZI ER 1999, 83 f. mit Abb. 115-116; 2002, 43 ff. und Abb. 7-8. 32 WETZEL 1985, 22 f. 33 123 4 Theppra ndus Zlaborendorp, UBD Nr. 22 . 27

105 34

sein . Im Zuge des Landesausbaues wird sich das Dorf allmählich nach Norden erweitert haben . Es bildete sich im Verlauf des Spätmittelalters ein mehrfach erweitertes Sackgassendorf heraus. In Schlabendorf wurde somit der Turmhügel am Rand einer schon bestehenden Siedlung errichtet, die erst im Spätmittelalter ihre jetzige Dorfform erhielt3 5 . Bei drei Turmhügeln kann kein direktes Verhältnis zu einem Ort herausgestellt werden, dabei steht aber 36 eine Burg im Verhältnis zu einer Wüstung . Die Turmhügel lassen sich sowohl am Niederungsrand als auch in Niederungslage feststellen .

Abb. 6: Züllsdorf, Lkr. Elbe-Elster. Die Turmhügelburg vor der Einplanierung 1939/40. (Foto: Archiv Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum).

Abb. 7: Züllsdorf, Lkr. Elbe-Elster. Turmhügelburg. Arbeiten in den mittelalterlichen Grabenschichten des inneren Wasser führenden Sohlgrabens mit erhaltenen Hölzern der Grabenbefestigung. Aufnahme 1940. (Foto: Archiv Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum). 34

JUNG, SPATZ 1917, 481 ff. ; vgl. dazu: GRIMM 1977, 431. SPAZIER 2002 , 37 ff. 36 Zu nennen wären Glücksburg, Keule und Züllsdorf. In Züllsdorf isl eine Ortswüstung in der Nähe bekannt. 35

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Abb. 8: Züllsdorf, Lkr. Elbe-Elster (nach SPAZIER 1999, 59/Abb. 74 und 75). a - Grundriss der Anlage aus dem 13 . Jahrhundert; b - Grundriss der Anlage aus dem 14. Jahrhundert - mit der Lage der Grabungsschnitte (I-V). Turmhügelburgen keine Kirche besitzt. Sie treten nur dann als Kirchdorf auf, wenn sich eine Grundhe1Tschaft herausbilden konnte. Diese Sachlage kann damit erklärt werden, dass zahlreiche Turmhügel im 12. Jahrhundert als Sitze kolonisierender Adliger entstanden, aber bereits zum Ende des 13. Jahrhunderts wieder aufgegeben wurden. Diese Aufgabe geschah zu einem Zeitpunkt, als sich die kirchlichen Organisationen herausbildeten. Nur dort, wo die Burg in die Dorfentwicklung integriert wurde, kam es zur Ausbildung eines Kirchdorfes und zur Entstehung grundhetTSchaftlicher Strukturen. Bei den Flurnamen werden Begriffe wie „Raubschloß, Schloßberg, Schlößchen, Borchelt, Burgelt, Borchwall, Kaupe" für die TulTllhügel verwendet (Abb. 11) 37 .

Zusammenfassung Das Gebiet der mittelalterlichen Ostmark ist kein typisches Verbreitungsgebiet von TulTllhügelburgen. Den knapp 250 mittelalterlichen Burgen treten nur 20 TulTllhügel gegenüber. Dieser Burgentyp entstand nur in einigen Gebieten der Ostmark und steht mit einer frühen Kolonisationstätigkeit im 12. und frühen 13 . Jahrhundert in Verbindung. Diese Turmhügelburgen konzentrieren sich am Rand bzw. im Bereich der altslawischen Siedlungsgebiete und meist nur bis auf die Höhe von Oder und Neiße. Ihre Verbreitung im nördlichen Elbe-Elster-Gebiet wird mit der Kolonisationstätigkeit der Grafen von Brehna und des Erzbistums Magdeburg in Verbindung zu bringen sein, die ihren Ministerialen das Recht zum eigenständigen Burgenbau übertrugen. Im 14. Jahrhundert wurde dieser Burgentyp nicht mehr gebaut. Die meisten der unter 5 m hohen Hügel besaßen einen Durchmesser von 20 bis 30 m und waren mit einem Wassergraben befestigt. Ein Wall als Befestigungselement ist kaum anzutreffen. Der Wirtschafthof war ebenfalls nur selten befestigt, er findet sich heute im Bereich der meist unmittelbar anschließenden Rittergüter. Nur zweimal konnte eine einteilige TulTllhügelburg mit befestigtem Wohn- und Wirtschaftshof nachgewiesen werden. Archäologische Untersuchungen fanden kaum statt. Mit Züllsdorf konnte eine Altgrabung aus den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts vorgestellt werden. Die meisten TulTllhügel wurden nach dem Spätmittelalter nicht wieder besiedelt und unterliegen somit heutzutage keinen Baumaßnahmen .

37

V gl. : BILLIG 1976, 18; SPAZIER 1999, 95 f.

107

Abb.9: Löben, Lkr. Wittenberg. Turmhügelburg. (Foto: Ines SPAZIER).

Abb. 10: Schöna, Lkr. Teltow-Fläming. Der Turmhügel liegt etwas außerhalb der Ortslage. Aufnahme 1991. (Foto: Markus AGTHE). Abb.11: Keula (Krauchwitz, Ortsteil Keula), Lkr. Niederschlesischer Oberlausitzkreis, Das Raubschloß Keula auf dem Urmesstischblatt von 1845 . Ausschnitt aus der Karte. (Quelle: Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kartenabteilung, Urmesstischblätter, 2616 Muskau 1845).

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Dr. lnes Spazier Eckermannstraße 2 D-99423 Weimar Deutschland E-mail: Spazier@ t-online.de

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Östen-eich 23, 2007, S. 111-134.

MOTTEN IM NÖRDLICHEN OSTDEUTSCHLAND

von Felix BIERMANN, Greifswald

1. Einleitung Im nördlichen Ostdeutschland, das wir hier auf Mecklenburg-Vorpommern und das nördliche Brandenburg eingrenzen (Abb. 1), sind bis heute mehrere hundert Motten erhalten. Allein im ehemaligen Bezirk Neubrandenburg (Ostmecklenburg, Teile Vorpommerns und der Uckermark) konnte U. SCHWARZ 1987 etwa 100 Turmhügel kartieren, P. DONAT 2002 in einem 2200 km 2 großen Gebiet Westmecklenburgs 63 derartige Anlagen 1. Dies sind sicherlich nur Ausschnitte einer ehemals noch größeren Menge, da die oft im Ortsbereich gelegenen Hügel leicht der späteren Zerstörung anheim fallen konnten. Ihre Häufigkeit steht einerseits mit der Landschaftsgestalt in Zusammenhang: Mecklenburg, Vorpommern und das nördliche Brandenburg sind weithin eben oder allenfalls hügelig, reich an feuchten Senken und Seen und empfahlen 2 sich damit für diesen vorwiegend als Niederungsburg ausgeführten Befestigungstyp . Andererseits zeugen sie von der ausgeprägten, kleinteiligen und stark gestaffelten grundhen-schaftlichen Machtstruktur, die sich während der Ostsiedlungszeit - also von der zweiten Hälfte des 12. bis ins 14. Jahrhundert - in diesem Raum herausgebildet hatte. Diese grundhen-schaftlichen Strukturen entwickelten sich in ursprünglich slawischen Siedlungs- und Hemchaftsgebieten, die während der Ostsiedlungszeit eine wechselvolle und in den einzelnen Teilräumen unterschiedliche politische Geschichte erlebten. In Pommern, auf Rügen und in Mecklenburg hen-schten slawische Fürsten und Herzöge, die seit dem 12. Jahrhundert mit Machtansprüchen des dänischen Königs und norddeutscher Fürsten, ferner teilweise auch der Polen konfrontiert waren. Im Süden des Arbeitsgebietes waren seit dem mittleren 12. Jahrhundert die askanischen Markgrafen von Brandenburg die vorhen-schende Macht; dazu traten dort, aber auch in Westmecklenburg und in der Prignitz, weitere weltliche und geistliche Hen-en . Diese Landes- und Grundhen-schaften organisierten den ostsiedlungszeitlichen Landesausbau mit Einheimischen und westlichen Zuwanderern, der seinen Höhepunkt im 13. Jahrhundert erlebte und zu starken Veränderungen der Siedlungsstrukturen, der Wirtschaftsverhältnisse und der Hemchaftsorganisation führte . Die Macht der Dänen ging in den meisten Ten-itorien seit dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts zurück (besonders nach der Schlacht von Bomhöved 1227), während der deutsche Einfluss anwuchs und die Gebiete letztlich allesamt zu Teilen des Reiches wurden.

Mecklenburg

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Abb.1: Das Arbeitsgebiet Mecklenburg VorpommernBrandenburg zwischen Elbe im Westen und Oder im Osten, von der Ostsee im Norden bis nördlich der Havel. (Zeichnung: F. BIERMANN).

SCHWARZ 1987, 77 ff. ; DONAT 2002, 180. Die insgesamt seltenen Höhenburgen im Arbeitsgebiet, die zuweilen burghügelartige Kernwerke besitzen, wi e etwa Burg Stargard , Groß Fredenwalde bei Templin , Neuburg bei Wi smar, Wei sdin bei Neustrelitz, wohl auch Prillwitz bei Neubrandenburg, werden in diesem Artikel ni cht weiter berücksichtigl.

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Die Erforschung der Motten durch die Mittelalterarchäologie steht in vieler Hinsicht noch am Anfang: Es gibt zwar mehrere übergreifende Arbeiten, die die betreffenden Anlagen in einzelnen Regionen nach der 3 Urkundenlage, den Oberflächenbefunden und -funden bewerten . Größere flächige Ausgrabungen sind jedoch äußerst spärlich. Dieses Forschungsdefizit wiegt in unserem Zusammenhang schwer, da insbesondere Fragen zur näheren Datierung, Funktion, Bauentwicklung und -struktur kaum zu beantworten sind. Dazu kommt, dass der Oberflächenbefund allein oft vieldeutig ist. Bei manchen in Gutsparks gelegenen Hügeln beispielsweise ist unklar, ob sie mittelalterliche Befestigungen, neuzeitliche Eiskeller oder Elemente der Parkgestaltung darstellen, vielleicht sogar historisierende Nachahmungen des 19. Jahr4 hunderts sind . Auch eine Unterscheidung von Turmhügeln und verschliffenen neuzeitlichen Schanzen ist nicht immer möglich, zumal Turmhügel zu diesem Zwecke auch wieder verwendet werden konnten 5 . Gleichwohl soll hier ein kurzer Überblick zu den Typen, Zeitverhältnissen und Funktionen der Motten gegeben werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den archäologisch untersuchten Anlagen, die substantielle Befunde für die Erkenntnis der Turmhügel bereitstellen. Außerdem werden in knapper Form die den Motten funktional verwandten Anlagen - Kernladen, Wasserburgen, späte Burgwälle u. a. betrachtet, zumal sich die Übergänge zwischen den verschiedenen Typen fast durchweg als fließend gestalten und eine klare typologische Abgrenzung der Motte von anderen Befestigungsformen nicht immer leicht fällt.

2. Motte und Turmhügel: Definition und Begriff Orientiert u. a. an H. HINZ und I. ERJCSSON, ist eine Motte als ganz oder weitgehend künstlicher, konisch aufsteigender Hügel zu definieren, der meist eine runde, seltener eine rechteckige Grundform besaß. Darauf befanden sich ein Turm oder ein vergleichbares Bauwerk sowie ggf. weitere, kleinere Gebäude. Stets umfasste ein Graben den Hügel; hinzu konnten weitere Gräben und eine ein- oder mehrfache Wallbefestigung treten, außerdem eine Vorburg. Für die Benennung einer Burg als Motte ist wichtig, dass 6 die Gesamtanlage durch einen Hügel mit einem Bauwerk geprägt wird . Neben dem Begriff Motte ist für diesen Typus auch die Bezeichnung Turmhügel gängig, die auf C. SCHUCHHARDT zurückgeht7. Sie wird aber von manchen Forschern abgelehnt, u. a. weil nicht jede Motte 8 einen Turm getragen habe . Dabei ist allerdings anzumerken , dass der für die Bestimmung als Motte ausschlaggebende Grad künstlicher Aufhöhung bei einem Hügel häufig ebenfalls schwer zu bestimmen ist; zumindest, wenn eine Ausgrabung aussteht. Dann erscheint die Begrifflichkeit Motte ebenfalls problematisch.

Im hier betrachteten Gebiet kann man bei den kleinen, nach ihrer Zahl vorherrschenden Hügeln fast immer mit einem Turm oder einem vergleichbaren, baulich hervorgehobenen Gebäude rechnen. Nur bei den wenigen sehr großen Hügeln ist mitunter fraglich, welche Art der Bebauung sie getragen haben. Da in der nordostdeutschen Burgenforschung der Terminus Turmhügel nahezu durchweg - und oft neben dem 9 Begriff Motte - angewandt wird , werden im folgenden für die Anlagen kleiner Ausmaße die Bezeichnungen Turmhügel und Motte inhaltlich synonym eingesetzt. Für die großen Hügel, bei denen die Existenz eines das Bild bestimmenden Turmes nicht gewährleistet werden kann, verwenden wir nur den Begriff Motte.

3. Mottenartige Wehrbauten: Turmhügel und Burghügel Typologisch werden die mottenartigen Wehrbauten in Nordostdeutschland vor allem in Turmhügel und Burghügel unterteilt (Abb. 2). Erstere sind künstlich errichtet und meist kleiner, der - oft größere - Hügel 3

HERRMANN 1960, 76 ff.; SCHWARZ 1987; MÖLLER 1992; 1998; 2005a; ERICSSON l 993a; l 993b; KONCZAK 1993; SCHACHT 1995; DONAT 2002, 180 ff. ; SZCZESIAK 2005. 4 So wurde eine Erhebung im Schlosspark von Alt Schwerin (Müritzregion) 1971 von U. SCHOKNECHT in der Annahme untersucht, es handele sich um einen Turmhügel. Das Objekt war jedoch ein neuzeitliches Erdwerk (SCHOKNECHT 2000, 69; LUFTBILDARCHÄOLOGIE 1999, 40). In denselben Zusammenhang ist wohl auch der mit Kellern , unterirdischen Gängen und einem Tempel versehene „Tempelberg" von Woddow in Vorpommern zu stellen (SCHWARZ 1987, 13 , 51). 5 Dafür gibt es Beispiele aus Vorpommern (Damgarten, Jaromarsturm; vgl. MÖLLER 2005b, 217 mit Abb. 5; s. unten), aus Brandenburg (Klein Beuthen, Ausbau von 1813 zur Schanze an der Nuthelinie; vgl. HEINRICH 1995, 237) und aus Dänemark (vgl. hi erzu SKAARUP 2000, 238 mit Abb. 13). 6 HINZ 1981 , 11-25; ERICSSON l 993a, 72; l 993b, 255 . 7 SCHUCHHARDT 1931, 198. 8 HINZ 1981 , 38 f. ; BÖHME 1999, 67. 9 Vgl. SCHWARZ 1987, 14; MÖLLER 1998, 219; SCHOKNECHT 2000; DONAT 2002 , 180 ff.

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der letzteren basiert hingegen auf einer natürlichen Anhöhe bzw. ist aus dieser herausgearbeitetio. Die Übergänge zwischen diesen beiden Typen sind fließend . Erstens können künstliche Aufschüttungen und natürliche Anhöhen miteinander kombiniert sein, zweitens ist vielfach ohne Ausgrabung nicht zu beurteilen, welche Teile eines Hügels natürlich und welche künstlich sind. Da sich Turm- und Burghügel in Aussehen und Verteidigungskonzept in der Regel ähnlich gewesen sein dürften, ist die Unterscheidungsproblematik allerdings teilweise zu vernachlässigen 11 . Deutlich macht dies z. B. die Burg von Nehringen in Vorpommern, die einen wohl weitgehend natürlichen Geländesporn einnimmt, der sich in das Trebeltal vorschiebt. Dieser wurde jedoch durch einen tiefen Halsgraben vom Hochufer getrennt, so dass die kleine Burg mit ihrem mächtigen Feld- und Backsteinbergfried des 14. Jahrhunderts, dem „Fangelturm" (Abb. 3), wie eine Motte erscheint. Als solche wird sie von einigen Forschern auch 12 klassifiziert •

Abb.2: Lindenberg bei Demmin (Vorpommern). Der Turmhügel „Telliner Hof' (links im Baumbestand) und der Burghügel „Goldenberg" (rechts) beiderseits des Augrabens. (Foto: F. BlERMANN).

Abb.3: Nehringen an der Trebel (Vorpommern). Der „Fangelturm" mit Feldsteinuntergeschoß und Backsteinaufbau. (Foto: M. PLANERT).

io S CHWARZ 1987, 12; MÖLLER 1993 , 151 ; 1997, 60 f. ; 1998, 224 ; DONAT 2002 , 177 ff. , mit weiterer Literatur. Vg l. HINZ 1981 , 25. MÖLL ER 2005a, 357 f. mit Abb. 5 u. 6.

II 12

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Die Turmhügel sind im überregionalen Vergleich meist zu den eher kleinen und niedrigen Motten zu rechnen (20-30 m Durchmesser, 1 bis 3 m Höhe), manche haben nur knapp über 10 m Durchmesser; relativ häufig sind noch Hügel, die 4-5 m Höhe erreichen (Abb. 4 und 5) 13 . Die Ausmaße der Anlagen lassen zunächst auf die wirtschaftlichen und herrschaftlichen Mittel eines Bauherrn schließen, d. h. auf seine Möglichkeiten, Untergebene zum Bau seiner Burg einzusetzen. Sie haben also mit seinem Wohlstand, 14 sozialen Rang, seinem herrschaftlichen Anspruch sowie seiner Macht zu tun . Wichtig für die Größe niederadeliger Befestigungen war aber vor allem das landesherrliche Befestigungsregal, dem nicht nur der Bau von Wehranlagen und die Errichtung von Hügeln generell, sondern auch Details wie die Höhe der Gebäude, der Zäune, Mauem oder Palisaden sowie die Tiefe der Gräben unterlagen. Der Sachsenspiegel 15 vermittelt davon eine Vorstellung • Vom daraus resultierenden, eher schlichten Baubestand der ritterlichen Turmhügelburgen zeugen die vielen kleinen Motten, denn auf ihren Kuppen fand nicht viel mehr als ein turmartiges Gebäude Platz (Abb. 6). Generell lässt sich schließen, dass die großen Turm- und Burghügel meist vom Landesherrn oder von bedeutenden Vasallengeschlechtem, die kleinen Burgen hingegen in der Regel vom niederen bzw. Ministerialadel errichtet wurden. Alle Motten waren von Gräben umgeben, wozu weitere Wälle und Gräben treten konnten. Sie nutzten fast immer den natürlichen Schutz von feuchten Niederungen, Gewässern oder Geländespomen. Es kam auch vor, dass durch Stauwehre Seen geschaffen wurden, aus denen die Motten aufragten, z. B. in Pantlitz (Abb. 7) und Preetz in Nordvorpommern oder am „Wallgraben" von Lindenberg bei Demmin 16 . Manchmal legte man die Motten nicht unmittelbar in der Niederung, sondern oberhalb auf Erhebungen an. Der Schutz durch das Feuchtgebiet wurde so zwar eingeschränkt, dafür aber eine dominante Höhenlage erzielt, so z. B. in Menz, Stuer und Weitin 17 . Vor dem Hügel befand sich im Allgemeinen ein Wirtschaftshof, der als „curia" in den historischen Schriftquellen Erwähnung findet. In vielen Fällen handelte es sich um befestigte Vorburgen, von denen noch heute Wall-Grabenreste sichtbar sind 18 . Ob die Gleichsetzung der Motte mit der Hauptburg und des davor gelegenen Hofes mit der Vorburg immer berechtigt ist, erscheint als fraglich . Es ist gut möglich, dass sich in den Höfen neben den dort vorauszusetzenden Wirtschaftsbauten auch die Wohngebäude der Burgherren befanden und auf dem Hügel nur der nicht dauerhaft genutzte Turm. Er hätte dann eine repräsentative Funktion gehabt und wäre militärisch vor allem im Gefahrenfalle gebraucht und aufgesucht worden. Dass im 13./ 14. Jahrhundert Fachwerk-Hallenhäuser und teilweise sehr repräsentative, palasartige „Feste Häuser" in den Hofarealen kleinerer Herrensitze als adelige Wohngebäude fungieren konnten, zu denen Motten als Zufluchtsorte traten, hat G. MÖLLER betont 19 . In der archäologisch untersuchten Burg von Lenzen-„Neuehaus" (Prignitz) erhob sich auf der Motte ein Turm, ein stattlicher erscheinendes und beheizbares Gebäude aber befand sich unterhalb davon zu ebener Erde im weiteren Burgareal. Der schwache Forschungsstand erlaubt jedoch keine Verallgemeinerung dieses Befundes, zumal es etliche Mottenhügel mit ansehnlicher, mehrgliedriger und für Wohnzwecke geeigneter Bebauung gibt20 . Neben den Motten kleiner und mittlerer Größe kommen aber auch Turm- und vor allem Burghügel von weit größeren Ausmaßen vor, bis zu 100 m Durchmesser und 5-10 m Höhe. Es sind - wie gesagt - oft landesherrliche Burgen oder solche bedeutender Vasallengeschlechter, so Demmin, Gützkow, Stavenhagen, Löcknitz, Neustadt-Glewe, Spantekow, Usedom, Wesenberg und Wredenhagen, um einige Beispiele aus 21 Mecklenburg und Pommern zu erwähnen . Teilweise handelt es sich hierbei allerdings um Ringmauerbzw. Randhausburgen auf mottenartigen Aufschüttungen oder auf natürlichen, angesteilten und künstlich 22 aufgehöhten Erhebungen . Solche Anlagen können zwar als mottenartig bezeichnet werden, erfüllen aber nicht alle der besagten Kriterien. Die landesherrliche Werlesche Amtsburg Wredenhagen in der Müritzregion etwa, die 1284 erstmals erwähnt wurde, nimmt eine wenigstens teilweise artifiziell geschaffene, 6 m hohe Anhöhe ein, ist fast kreisrund und ihr randständig bebauter Mauerbering hat gut 23 100 m Durchmesser . Die Größe und Höhe der Motten ist nicht nur mit dem Rang der Bauherren verknüpft, sondern hat auch einen chronologischen Aspekt. So können etliche der großen Motten - etwa Demmin, Gützkow und Vgl. SCHWARZ 1987, Katalog; ERICSSON l 993b, 256; DONAT 2002, 182 f. mit Tab. 2. Vgl. HINZ 1981, 18, mit weiterer Literatur; DONAT 2002, 187, für Westmecklenburg. 15 Vgl. SCHULZE 1979, 137; HERRMANN 1986, 224; SZCZES!AK 2005, 369, mit weiterer Literatur. 16 Zu Pantlitz: eigene Besichtigung; zu Preetz: MÖLLER 1997, 62; zu Lindenberg: SCHWARZ 1987, 33 f„ Kat.-Nr. 50. 17 Vgl. unten Kap . 6 sowie SCHWARZ 1987. 18 DONAT 2002, 186; vgl. Beispiele in: Luftbildarchäologie 1999, 50, 51 , 58, 61, 64; SCHWARZ 1987, Katalog. 19 MÖLLER 2005a, 356 f. , 360 ff. ; vgl. allgemein: BÖHME 1999, 67 f. 0 ' Z. B. Schlicht, +Zettelvitz und Nehringen, s. unten Kap. 5. 21 Zu Stavenhagen, Spantekow und Löcknitz: SCHWARZ 1987, 32, 39, 50; zu Neustadt-Glewe und Spantekow: DEHIO 2000a, 376, 566; zu Spantekow auch: LUFTBILDARCHÄOLOGIE 1999, 66; zu Wesenberg: s. unten Kap. 5. 22 Vgl. MECKSEPER 1999, 90 f. , 95 ; ALBRECHT 1999, 126. 23 LUFTB ILDARCHÄOLOGJE 1999, 69; ferner DEHIO 2000a, 718 f. JJ 14

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Abb. 4: Ganschendorf (Vorpommern). Ansicht des Turmhügels in einer Bachniederung. (Foto : F. BIERMANN).

Abb. 5: Ludorf, Lkr. Müritz (Mecklenburg). Motte mit umlaufendem Graben. (Foto: F. BlERMANN).

Abb. 6: Lütjenburg (Holstein). Moderner Nachbau einer Motte - ohne historischen Vorläufer - mit hölzernem Turm. (Foto: F. BIERMANN) .

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Usedom - bereits in frühere Zeit als die Masse der kleineren Anlagen datiert werden, und zwar um 1200 und in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts (s. Kap. 4). Im hier betrachteten Raum selten anzutreffen sind schließlich Doppelmotten oder solche, die aus mehreren künstlichen Hügeln und Erhebungen aufgebaut waren. Dazu gehört die „Wallkoppel" von Klein Markow in Mecklenburg, die aus drei zwischen 2 und 5 m hohen Hügeln innerhalb eines ovalen Walls von 150 m Gesamtdurchmesser besteht. Eine nähere Datierung dieser Anlage war bislang nicht möglich. Auch die mehrteilige Befestigung von Panschenhagen (Lkr. Müritz) und die nach der Karte Tileman STELLAs von 1552 über zwei runde Hügel verfügende Burg von Wolde bei Altentreptow kann man vielleicht hierzu 24 zählen •

4. Motten auf slawischen Wallanlagen

In Mecklenburg-Vorpommern und dem nördlichen Brandenburg existierten während der Slawenzeit 25 zahlreiche Burgwälle. Zuweilen nutzte man deren Reste als Grundlage für Motten . Dass dies nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme war, hängt mit der einschneidenden Veränderung der Siedlungs- und Herrschaftsstruktur des hier betrachteten Territoriums im Zuge der deutschen Ostsiedlung vom fortgeschrittenen 12. bis 14. Jahrhundert zusammen. Slawenzeitliche Wehranlagen wurden mit mottenartigen Burgen versehen, weil der alte Befestigungsplatz weiterhin verkehrsgeographisch, militärisch oder politisch-administrativ dafür geeignet war. Es konnte einerseits beabsichtigt sein, demonstrativ an alte politische Zentren und deren Tradition anzubinden und die Herrschaft so zu legitimieren 26, andererseits ging es vielfach aber auch nur darum, vorhandene Erdaufschüttungen auszunutzen und so den Aufwand für die EiTichtung der Motte zu vermindern. Bei den Bauten, die gezielt an ihre bedeutenden slawischen Vorläufer anknüpften, handelte es sich oft um sehr große und hohe Motten der Landesherren oder der großen Adelsgeschlechter, die auch zeitlich recht früh liegen. Ein Beispiel dafür ist die gewaltige, ca. 8 m hohe Motte von Usedom (Abb. 8), die dort als pommerscher Kastellanssitz wahrscheinlich um 1200 auf dem slawischen Burgwall errichtet wurde. Dafür nutzte man allerdings nur einen kleinen Teil der gut 380 m x 120 m großen slawenzeitlichen Wehranlage. Eine ähnliche Motte legte man auch in den Überresten der slawischen Burgstadt von Gützkow an, indem quer durch die von Kulturschichten aufgefüllte, lang-ovale Wallburg von etwa 160 m Ausdehnung ein tiefer und breiter Abschnittsgraben gezogen wurde. Mit dessen Aushub wurde der dahinter gelegene, nördliche Burgteil zu einem Hügel von ca. 80 m x 100 m Fläche aufgeworfen bzw. aufgefüllt (Abb. 9). Dies erfolgte wohl im früheren 13. Jahrhundert, als Gützkow zunächst als fürstlich 1i.igischer, dann pommerscher Verwaltungs- und Kastellanssitz diente. Die „Schlossberg" genannte Anlage erhielt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Backsteinbebauung in Form von Turm und Palas. In der schon zur Slawenzeit wichtigen Burg von Demmin wurde - wohl ebenfalls bereits im frühen 13. Jahrhundert - auf einen Wallabschnitt ein Turmhügel gesetzt und mit einem mächtigen Feld- und Backsteinturm bebaut (Abb. 10). Demmin war im 12./ 13 . Jahrhundert - ähnlich wie Usedom - ein beliebter Aufenthaltsort der pommerschen Greifenherzöge, war immer wieder hart umkämpft und erscheint von 1211 bis vor 1215 im Besitz des dänischen Königs Waldemar II., der hier Baumaßnahmen vornehmen ließ. Aber auch das vollständige Auffüllen slawenzeitlicher Wallringe zur Anlage eines mottenartigen Plateaus kam vor, so beim „Schlossberg" von Altkalen im pommersch-mecklenburgischen Grenzgebiet, einer großen Anlage von über 100 m Durchmesser, oder am Lenzener Burgberg (Prignitz), wiederum vermutlich in der ersten 27 Hälfte des 13. Jahrhunderts . Wo die slawischen Ringwälle eher ihrer Erdmassen und Wallruinen wegen genutzt wurden und weniger aufgrund ihrer ehemaligen zentralen Funktionen, handelte es sich oft auch nur um kleinere Anlagen. Dafür 28 gibt es etliche Beispiele im Arbeitsgebiet und in den Nachbarräumen . 24

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SCHWARZ 1987, 10 f., 28, 63 f. , 71 , Nr. 193 , 229 mit Abb. 82, 98, Taf. 2; zur Seltenheit solcher Anlagen in Vorpommern: MÖLLER 1993 , 152. Auch im westlichen Mitteleuropa verwendete man alte Erdwerke dazu : HINZ 1981 , 25-33; DE MEULEM EESTER 2002, 257 ff Vgl. HERRMANN 1986, 223 f.; MÖLLER 1998, 218 . Zu Usedom, Gützkow, Demmin und Altkalen: MÖLLER 1992, 50; 1993, 150 f.; 1998, 219 f., 224 f.; zu Gützkow auch: PETZSCH, WtLDE 1935 , 25; zu Demmin auch: SCHWARZ 1987, 32; BEI DER WIEDEN, SCHMIDT 1996, 175; zu Lenzen: WERNER 2002 . Ein gutes Beispiel dafür ist Lenzen, „Neueh aus", andere Objekte dieser Art sind Torgelow (Holländerei) in Vorpommern sowie Göhren (SCHWARZ 1987, 16, 68 f. mit Abb. 93) und Passow in der Uckermark (CORPUS 3, 1979, 59/59). Für die Nachbargebiete: z. B. A. VOLKMANN (2006, 80, 95) für slawi sche Burgen mit Motten in der Neumark, u. a. Zantoch (Santok); 1. SPAZIER ( 1999, 33, 183 f.) für die Niederlausitz, wo etwa die slawischen Burgwälle von Golßen , Groß Lübbenau, Lübbenau und Prettin zu Burg- bzw. Turmhügel ausgebaut wurden ; vgl. dazu auch den Artikel SPAZtER in diesem Band; K. W. STRUVE ( 1981 , 80 ff Abb. 59, 61) für Ostholstein , wo z. B. am Burgwall Strenglin eine Motte aufgeworfen wurde.

117

Abb. 7: Pantlitz an der Recknitz (Vorpommern). Motte in aufgestautem Teich . (Foto: F. BIERMANN).

Abb. 8: Usedom (Vorpommern). Motte „Schlossberg" auf dem slawischen Burgwall „Bauhof'. (Foto: F. BlERMANN). Abb.10: Demmin (Vorpommern). Motte mit Turm aus Feldsteinen und Backsteinen im Terrain des Burgwalls „Haus Demmin". (Foto : F. BIERMANN).

1

\· Abb. 9: Gützkow (Vorpommern). Schwedische Militärkarte (genordet) des Jahres 1761 mit dem slawischen Burgwall „Schlossberg" (Signatur: A), der um oder nach 1200 durch einen Graben geteilt und dessen Nordteil zur Motte ausgebaut wurde (nach SCHÄFER, HOCHE 2002, 341/Abb. 2).

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5. Archäologisch erforschte Motten Lenzen, „Neuehaus" Gut 5 km südöstlich von Lenzen (Prignitz) befindet sich der im fo1tgeschrittenen 8. oder frühen 9. Jahrhundert errichtete Burgwall „Neuehaus" (Fpl. 9), der seit 2005 Objekt archäologischer Untersuchungen 29 ist . Der Platz lag verteidigungstechnisch vorteilhaft auf einer Erhebung in der Niederung der Elbe, zwischen deren Hauptstrom und dem kleineren Fluss Löcknitz. Zugleich nahm er eine strategisch günstige Position ein, die wahrscheinlich einen Flussübergang zwischen der Nordwestprignitz und dem Hannoverschen Wendland kontrollierte. Das von den slawischen Linonen besiedelte Gebiet wurde bei oder bald nach dem Wendenkreuzzug von 1147 durch westliche Herrschaften unterworfen, wobei sich in der „terra Lenzen" zeitweilig die Familie Gans von Putlitz festsetzte . 1219 war Lenzen dann im Besitz der 30 Brandenburger Markgrafen, die es an die Grafen von Schwerin verlehnten . Im Zuge dieser territorialpolitischen Auseinandersetzungen wurde im fortgeschrittenen 12. oder frühen 13 . Jahrhundert in „Neuehaus" eine Burg mit Turmhügel errichtet, wozu die slawische Wallburg als Grundlage diente. Diese bestand aus einem ovalen Ringwall von etwa 120 m Durchmesser und einem kleineren, in diesen Wall eingebauten Rundwall von etwa 60 m Durchmesser. Bei der Errichtung der frühdeutschen Burg waren die slawischen, seit dem l 0. Jahrhundert zerstörten Anlagen nur noch in Form von Wallruinen erhalten. Den Kern der neuen Befestigung bildete ein über 3 m hoher Turmhügel von mindestens 25 m Durchmesser, der auf einem Wallabschnitt im Norden des kleinen Ringwalls errichtet wurde (Abb. 11). Überdies hob man die Gräben der beiden slawischen Wallringe erneut aus, so dass eine dreiteilige Befestigung entstand: der Turmhügel, eine Haupt- und Vorburg oder zwei Vorburgen. Auf dem Turmhügel baute man einen Schwellriegel-Pfostenturm, von dem noch ein Wandabschnitt mit rechteckigen Pfostenlöchern nachweisbar 31 war. Ähnliche Bauten wurden auch in Westdeutschland auf Turmhügeln beobachtet . Die Verspannung war notwendig, um dem Bauwerk auf dem Hügel Stabilität zu verleihen. Da Kulturschichten auf der Kuppe fehlten, ist von einer ursprünglich größeren Höhe des Hügels und späteren Erosions- und Abtragsprozessen auszugehen . Zumindest an der Außenseite wurde ein neuer Graben angelegt, an dessen Rand Pfostenlöcher von einer Palisadenbefestigung zeugen. Ein zweiter turmartiger Pfostenbau, dessen starke Pfostenstellungen aus einem Gräbchen abteuften, wurde etwa 40 m südlich des Turmhügels im kleinen Ringwall errichtet. Das rechteckige Gebäude hatte ca. 9 m Seitenlänge. Im Inneren wurden Estriche und ein Lehmkuppelofen festgestellt (Abb. 11 und 12). Es erinnert an die hölzernen Kemenaten, die wir aus Burgen 32 und Städten kennen , und dürfte als Wohrihaus gedient haben . Sowohl im kleinen als auch im großen Ringwall wurden weitere Spuren intensiver Siedlungsnutzung - in Form von Kellern, möglicherweise einer Göpel- oder Mühlengrube, anderen Gruben, Kulturschichten und zahlreichen Funden wie Kugeltopfkeramik, Spinnwirteln, Eisen- und Buntmetallsachen - beobachtet. Von der Präsenz adeliger Oberschicht kündet ein außergewöhnlicher, durchbrochener und punzverzierter Beschlag aus Buntmetall (Abb. 13), für den es eine entfernte Parallele aus der Pfalz Tilleda am Kyffhäuser 33 gibt . Möglicherweise gehörte er zu einem Kästchen . Die Anlage wurde vor dem Ende des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich im mittleren Jahrhundertdrittel, wieder aufgegeben. Schmoldow Bei dem 1343 erstmals schriftlich erwähnten Dorf Schmoldow nahe Greifswald in Vorpommern befindet sich im Sumpf unterhalb des Gutshauses ein Turmhügel von gut 4 m Höhe und bis zu 25 m Durchmesser, der durch einen Wall und einen doppelten Graben zusätzlich geschützt ist. 1955/56 wurden hier vier kleine Schnitte angelegt, deren wissenschaftliche Dokumentation H. SCHUBART vornahm (Abb. 14). Dabei ließ sich auf der Hügelkuppe das 0,8 m breite Feldsteinfundament eines rechteckigen Turmes von 6 m Seitenlänge feststellen, über dessen Aufgehendes keine Aussagen möglich sind (Abb. 15). Am Hügelfuß wurde eine durch die äußere Turmhügelschüttung begrabene alte Oberfläche mit spätslawischer und frühdeutscher Keramik beobachtet sowie ein aus dieser hervorgehender Graben von etwa 2 m Breite und 1 m Tiefe. Dieser Graben war ebenfalls durch den Hügelmantel überbaut worden (Abb. 16). Zusammen mit Beobachtungen zu einem frühen Wallkern im umlaufenden Ringwall spricht dies für eine frühere, schwächer ausgebaute Mottenbefestigung unter dem jetzigen Hügel, die durchaus noch in das 13 . Jahrhundert gehören dürfte; wenn die Schichtung mit spätslawischer Keramik schon zur Motte gehörte und 29

DFG-ge förderte Ausgrabungen des Verfassers in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und archäologischen Landesmuseum Wünsdorf. JO Vgl. zum Überblick: HEINRJCH 1995, 258 ff. 31 Z. B. auf der Motte Hoverberg oder Holtrop am Niederrhein (HI NZ 198 1, 33 ff. z. B. Abb. 21 .2; FRJEDRICH 1992, 183 f. , 189 f. mit Abb. 5 u. 11 , mit älterer Literatur). 32 Vgl. FE HRING 1989, 27 1 ff. ; SZCZESIAK 2005, 383 f. 33 GRJMM 1968, 146, Taf. 59 v - auch beim vergoldeten Beschlag von Tilleda, einem Einzelfund, ist die Funktion unbekannt.

119

Abb.11: Lenzen (Brandenburg). Burgwall „Neuehaus", Ausgrabung 2006. Im Hintergrund der Turmhügel, im Vordergrund im Grabungsschnitt ein Gräbchen des turmartigen, ebenerdigen Pfostenhauses. (Foto : F. BLERMANN).

Abb. 12: Lenzen (Brandenburg). Burgwall „Neuehaus", Ausgrabung 2006. Estriche und Ofen im Bereich des turmartigen Pfostenhauses. (Foto: F. BLERMANN).

Abb. 13: Lenzen (Brandenburg). Burgwall „Neuehaus". Buntmetallbeschlag, Länge 4,9 cm. (Foto : M. PLANERT) .

dieser nicht voranging, dürfte das mittlere Jahrhundertdrittel dafür wahrscheinlich sein. Die Funde 34 umfassen neben spätslawischer und frühdeutscher Keramik Hufeisen, Armbrustbolzen und Nägel .

Weitin Bei Weitin nahe Neubrandenburg wurde in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts durch U. SCHOKNECHT der Turmhügel „Mörderberg" ergraben. Er wird 1348 als „castrum Walwensmoelen" urkundlich erwähnt und diente der Sicherung von Besitz des nahe gelegenen Prämonstratenserstifts Broda. Die Befestigung befand sich bei einer klösterlichen Wassermühle und kontrollierte eine wichtige Straße. Die mit 75 m x 65 m Fläche und 4,50 m Höhe recht große Anlage, die aufgrund ihrer Lage auf einer Anhöhe über dem Malliner Wasser noch imposanter erschien, trug auf ihrer Kuppe ein turmartiges Gebäude. Von diesem zeugte eine 5 m tiefe, vermutliche Fundament- und Kellergrube. Zahlreiche Feld- und vereinzelte Ziegelsteine in der 34

MÖLLER 1991 ; Ortsakten des Lehrstuhl s für Ur- und Frühgesc hichte der Universität Greifswald.

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Füllung weisen auf eine Verwendung dieses Baumaterials bei seiner Errichtung hin. Vielleicht war es ein Fachwerkturm auf Feldsteinfundament, doch ist der Befund unklar. Zwei breite und tiefe Trockengräben, an denen sich partiell Spuren von Palisaden nachweisen ließen, umgaben den Hügel, der wahrscheinlich vollständig künstlich aufgeworfen worden war (Abb. 17). Die vielen Funde, darunter Militaria, Steigbügel, Sporen, ein tönernes Hirschaquamanile und Buntmetallschnallen, bezeugen eine Nutzung im 14. Jahrhundert u. a. durch adelige Bewohner. Einige älter erscheinende Funde wie ein Wellrandhufeisen und ein 35 Kugelstachelsporn können einen etwas früheren Ansatz der Burg wahrscheinlich machen . Veelböken Hinweise auf einen dem Weitiner Objekt ähnlichen, sicherlich vorwiegend hölzernen Turmbau lieferten bereits 1916 von R. BELTZ durchgeführte Untersuchungen an einem kleinen Turmhügel bei Veelböken in Nordwestmecklenburg (Abb. 18). Der in der Niederung gelegene Hügel hatte 14-20 m Basisbreite sowie 3 m Höhe und war von einem Wall-Grabenzug umgeben. Vom Hauptbau war in dem dokumentierten Profil ein kellerartiger, über 5 m tief bis in den anstehenden Boden reichender Schacht erkennbar. An seinem Grunde fanden sich horizontal gelegte Bohlen, gut bearbeitete Bretter sowie Steine. Dies war wohl die Basis eines Holzturmes oder von dessen Keller, die Steine könnten von Schwellen herrühren. Möglicherweise war erst dieser Turmbau errichtet und dann die Schüttung darum herumgelegt, der Turm also eingemottet worden. Den Hügel hatte man über einer Kuppe künstlich aus Lehm aufgebaut. Oben auf dem Hügel wurde eine Kulturschicht mit spätslawischen Funden festgestellt. Außerdem liegt eine Eisenaxt vor36 . +Zettelvitz Auf der Gemarkung des Dorfes Pöglitz unfern von Tribsees in Vorpommern liegt das wüste Dorf Zettelvitz, das in der schwedischen Matrikelkarte von 1696 noch mit einigen Häusern verzeichnet ist. Funde vom Siedlungsgelände auf einer ebenen Hochfläche belegen eine Nutzung von der Slawen- bis in die Neuzeit. Zu dieser Siedlung gehört ein gut erhaltener Turmhügel (Abb. 19): Eine kleine, nahezu rechteckige Anlage von etwa 20 m x 25 m Fläche und über 2 m Höhe, die von einem im Norden teilweise verfüllten Graben umgeben ist. Auf der Hügelkuppe sind oberirdisch die Mauerkronen der Feldsteinfundamente zweier rechteckiger Bauten zu erkennen, die 2006 vermessen wurden (Abb. 20) : Eines größeren, vermutlich turmartigen Gebäudes von ca. 6,50 m Seitenlänge mit bis zu ca. 1,50 m breiten Fundamenten und eines weiteren Bauwerks von 3,50 m x 4,90 m Seitenlänge mit 0,50-0,65 m starker Mauerbasis. Nach Bohrungen reichen die Fundamente des größeren Gebäudes zumindest 0,50 m tief in die Hügelschüttung hinab. Sie mögen also die Substruktion eines größeren Gebäudes gewesen sein . Zum 37 Aussehen des Aufgehenden sind jedoch ebenso wenig Aussagen möglich wie zur näheren Zeitstellung . Wesenberg Seit 1998 durchgeführte Notgrabungen des Landesamtes für Kulturerbe Mecklenburg-Vorpommern (C. WIECZOREK) betrafen die landesherrliche Werlesche Burg Wesenberg in Mecklenburg-Strelitz. Die rechteckige Anlage von ca. 35 m Seitenlänge, in deren Ecke ein mittelalterlicher Feldsteinturm aufragt, ist vom Grundtyp her keine Turmhügelburg. Sie steht jedoch auf einer etwa 4 m hohen Erhebung von gut 60 m Basisbreite. Diese wurde komplett aus Mergel und eher organischen Materialien aufgeworfen, so dass hier von einem mottenartigen Hügel gesprochen werden kann . Nach den Funden aus der Aufschüttung erfolgte die Errichtung der Burg bald nach der Gründung der Stadt Wesenberg um 125038 .

6. Zur Datierung der Motten Der Befestigungstyp Motte entstand im späteren 10. oder der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wohl in West- und Westmitteleuropa. Im weiteren Mittel- und Nordeuropa verbreitete er sich von Westen ausgehend nach Norden und Osten 39 . Erst mit zunehmender Einflussnahme und Herrschaftsausübung westlicher und nördlicher Mächte aus Deutschland und Dänemark, dann auch mit der deutschen

35

SCHOKNECHT 2000, 69 ff. DONAT 2002 , 184, 216 mit Abb. 2; ferner CORPUS 1, 1973 , 7/20 - der Schacht wird im CORPUS als Brunnen gedeutet. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen einer kleinen praktischen Übung der Uni versität Greifswald und der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Nordvorpommern; vgl. Bt ERMANN et al. 2007 . 38 WtECZOREK 2005b, 223 f. ; ferner SCHWARZ 1987, 49 mit Abb. 52; DEHIO 2000a, 675 f. 39 GRIM M 1958, 142 ff. ; HINZ 198 1, 66, 119 ff. ; BLLLER 1998, 112 ff. ; BÖHM E 1999, 67 ff. ; HESSE 2003 , 36; SZCZESIAK 2005, 374 f. 36 37

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Abb. 14: Schmoldow bei Greifswald (Vorpommern). Plan des Turmhügels mit den Schnitten 1-4. (Plan: H. SCHUBART; nach MÖLLER 1991, 136/Abb. 1). Deckschicht

Abb. 15: Schmoldow bei Greifswald (Vorpommern). Feldsteinschwellen des Turmes auf der Motte. (Foto : H. SCHUBART, Archiv des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte der Universität Greifswald).

1

Abb. 16: Schmoldow bei Greifswald (Vorpommern). Südprofil des Schnittes 1 am Fuß der Motte mit alter Oberfläche und Graben. (Zeichnung: F. BIERMANN nach Feldzeichnung und Beschreibung H. SCHUBARTs, Archiv des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte der Universität Greifswald).

Gelbbraune Füllschicht

~ Graben, sch warzbraun gefüllt

r------ - -- - --- - - - -- - - -

J

1

1 1

1 1

An stehend • (Sand . Lehm, 1 Ton) ~ _____ __ ___ _____ ~

-

- - -- - 1 m

Besiedlung, der Zuwanderung ritterlicher Geschlechter und der Etablierung der Grundherrschaft dürften Motten im hier betrachteten Raum errichtet worden sein, also - regional divergierend - seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, verstärkt seit dem 13 . Jahrhundert. Die Motten hängen dabei besonders mit dem Wirken des niederen Adels zusammen, der von den Landes- und großen Grundherren mit der Organisation des Landesausbaus, der Rodung und Dorflokation, der Herrschaftssicherung und der Durchsetzung der neuen Sozial- und Wirtschaftsverhältnisse betraut wurde. Der Kleinadel setzte sich aus eingewanderten Adelsfamilien sowie traditionellen slawischen Herrschaften zusammen. Dazu konnten aus dem Bauernstand oder aus der Gruppe der Lokatoren in den Ministerialadel erhobene Personen treten, da „die Grenzen zwischen begüterten Bauern, zu denen vor allem die Schulzen gehörten, und der untersten 40 Stufe der Heerschildordnung fließend" waren (R. SZCZESIAK) . Slawenzeitliche Motten oder deren Vorformen gibt es nicht. In jener Epoche waren verschiedene Formen von Burgwällen - Ring- und Abschnittswälle unterschiedlicher Größe und Form, Inselbefestigungen, Höhen- und Niederungsburgen u. ä. - üblich, aber keine Turmhügel. Eine vermeintliche Ausnahme, eine turmbesetzte Motte in Berlin-Spandau, besitzt keine ausreichende archäologische Grundlage: In dem Burgwall soll bereits in der zweiten Hälfte des l 0. Jahrhunderts ein Hügel aufgeschüttet und darauf ein Turm errichtet worden sein. Der „hier zum ersten Mal nachgewiesene Burgentypus einer sogenannten Flachmotte [ . .. ] war gerade während des 10. Jahrhunderts in Westeuropa entwickelt worden" (A. VON 40

H ERRM ANN 1960, 74 f. ; SZCZES IAK 2005 , 36 8; all gemein: B ILLER 1998, 125.

122

MÜLLER). Dies wurde allerdings offenbar ausschließlich aus einer Aufschüttung innerhalb des Kessels der Burg erschlossen, die eher als Autböhun~ gegen steigenden Wasserstand zu deuten ist. Der Turm ist ohne 4 Befundhinweis frei rekonstruiert worden . Um 1200 sollen im pommerschen Küstenhinterland und an der Oder erste große Turm- und Burghügel gebaut worden sein, im Zusammenhang mit der zwischen etwa 1180 und 1227 starken dänischen Herrschaftsausübung und Einflussnahme südlich der Ostsee. Dazu kann man die bereits erwähnten, in bedeutenden slawischen Burgen errichteten Motten von Usedom, Demmin, Altkalen und Gützkow zählen; auch für die „Neue Burg" von Barth, eine 30 m x 30 m große, quadratische, um 2,5 m über Bodenniveau aufgeschüttete Befestigung auf einer Nehrung unweit nördlich der Stadt, vermutet G . MÖLLER eine Datierung um 1200 und Impulse der dänischen Lehnsherren 42 . Diese Einflussrichtung erscheint plausibel, sind Turmhügelburgen in Dänemark doch bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts anzutreffen, möglicherweise auch schon etwas früher. Gerade königliche WehranlaSen bestanden dort oft aus Motten, die sich durch ihre stattliche, hohe und steile Ausführung auszeichneten 3 . Damit könnten sie pommerschen Motten wie Usedom durchaus als Vorbild gedient haben; freilich hat diese Ableitung nicht mehr als hypothetischen Charakter, da Datierung und kultureller Zusammenhang mangels Feldforschungen nicht zu sichern sind. Im Westen des hier behandelten Raumes können Turmhügel ebenfalls schon im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert angesetzt werden, im Zuge der frühen Expansion westlicher Herrschaften in jene Territorien. Die Burgen von Lenzen - „Neuehaus" und „Burgberg" - sind dafür Beispiele. In der Masse werden die Motten, und zwar namentlich jene kleiner und mittlerer Ausmaße, jedoch erst in das fortgeschrittene 13. und 14. Jahrhundert datiert, vor allem im Norden und Westen Mecklenburgs und in Pommern: Anfangs vom Befestigungsregal des Landesherren eingeschränkt, soll der private Burgenbau erst mit der Erstarkung der kleinen Herren im 14. Jahrhundert zugenommen haben: „Im weiteren historischen Verlauf war dann das Absinken landesherrlicher Macht und das Erstarken partikularer und lokaler Gewalten die Voraussetzung zum massenhaften Bau von kleinen Anlagen durch den niederen Adel , welche den Eigentümer vorwiegend vor den adligen Nachbarn schützen sollten" (U. SCHWARZ). In Ostholstein sollen die meisten Turmhügel - nach Anfängen um 1200 und im 13 . Jahrhundert - ebenfalls erst in das 14. Jahrhundert gehören. Dieser Zeitansatz wird auch für Dänemark vertreten, ebenso - im 44 Schwerpunkt von der zweiten Hälfte des 13. bis in das 14. Jahrhundert - für das Territorium Polens . In den dänischen, den östlichen norddeutschen und polnischen Räumen wurden die Motten demzufolge erst die Regel, als sie etwa in West- und Süddeutschland schon allmählich aus der Mode kamen 45 . Dafür waren die Adelssitze dann teilweise noch bis ins 15. Jahrhundert „dem hochmittelalterlichen Typus der Motte mit einer wenig dauerhaften Holz- oder Fachwerkbebauung verpflichtet" (U. ALBRECHT) 46 . Ob die Spätdatierung zutrifft, ist angesichts des Mangels an Ausgrabungen nicht zu entscheiden. Dass eine massenhafte Errichtung von Motten vor der Umformung der Verfassung der jeweiligen Gebiete nach westlichem Muster unwahrscheinlich ist, wurde oben dargestellt. Von da an, also seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Westteil und etwa seit dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts im Osten, kann allerdings mit Motten gerechnet werden, angesichts der in vielen Teilen des Arbeitsgebietes frühzeitigen Bedeutung des niederen Adels beim Landesausbau. Dass die Fürsten z. B. in Mecklenburg, Pommern und Rügen im 13 . Jahrhundert die Gewalt hatten, die Errichtung von Motten durch den Niederadel weitgehend zu unterbinden, ist ebenso ungewiss wie die Frage, ob die Landesherren an einer solchen Einschränkung überhaupt Interesse hatten. Dazu kommen die älteren Wurzeln dieser Bauform in westlich benachbarten Regionen: In Niedersachsen sowie im Raum zwischen Harz und Elbe können Motten bereits in das späte 11„ gewiss aber in das 12. Jahrhundert gesett werden. Ferner sollen in der Niederlausitz sowie im Elsterland, also ostelbischen Zielgebieten der Ostsiedlung, Motten vorwiegend im 13. Jahrhundert errichtet und im 14. Jahrhundert nur mehr genutzt, aber nicht mehr neu errichtet worden sein 47 . Die späte Datierung der Turmhügel in unserem Raum kann sich auf zweifellos einleuchtende historische Erwägungen zur Machtstruktur stützen, jedoch auf nur schwache historische und archäologische Befunde. 41

VON MÜLLER 1998, 13 8 (Zitat); VON MÜLLER, VON MÜLLER-MUCI 1983, 4 l-46, Anlagen 6, 7; vgl. kriti sch: BIERMANN , FREY 2001 , 67 . MÖLLER 1998, 219 f„ 226; vgl. zu Barth auch: BASTIAN 196lc, 193; zu Altkalen auch: SCHWARZ 1987, 11. 43 ERICSSON l 993a, 71 , 73 ; l 993b, 246, 256. 44 SCHWARZ 1987, 8, 13 (Zitat); zu Pommern und Mecklenburg: MÖLLER 1992 , 52 ; 1993, 152; 1998, 226; speziell zu Usedom : SCHACHT 1995 , 171 ; zu Holstein: ERICSSON 1999, 111 ; zu Westmecklenburg und allgemein : DONAT 2002, 195 ff„ mit weiterer Literatur; für Dänemark: ERICSSON l 993a, 73 ; l 993b, 246, 255 f. ; für Polen: K6CKA-KRENZ 1993 , 293 ff. 45 Vgl. z. B. HINZ 1981 , 66; ERICSSON 1993b, 256; BÖHME 1999, 69; MECKSEPER 1999, 89. 46 ALBRECHT 1999, 126 (Zitat). 47 Zu Niedersac hsen und dem Raum zwisch en Harz und Elbe: BRACHMANN 1992, 123 ff. ; HEINE 1992, 29 ff. ; 1999, 130; zur Niederlausitz und dem Elsterland: SPAZIER 1999, 77 . 42

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Abb. 17: Weitin bei Neubrandenburg, Mecklenburg (nach SCHOKNECHT 2000, 77/Abb. 4 sowie Beilage 2). A: Plan der Motte „Mörderberg" auf einer Anhöhe in der Niederung mit den Schnitten I-IV (der längste Schnitt [Nr. III] ist 140 m lang). 8 : Interpretation und Rekonstruktion des Befundes nach dem Westprofil des Schnittes 1

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Abb. 18: Veelböken bei Gadebusch (Mecklenburg). Schnitt durch den Turmhügel in der skizzenartigen Aufnahme von R. BELTZ 1916 (nach DONAT 2002, 184/Abb. 2) . Originalplan auf M. ca. l :200 verkleinert. Originalbeschriftung: Schematische Darstellung des Hügels von Veelböken. 19. V.16. 1: l 00. Urboden (= gewachsener Boden), Aufgetragener Lehm (= Aufschüttung), xxx Stelle der Funde, /III Humuserde.

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Die Schriftquellen, die den ländlichen Raum in seiner Frühzeit nur spärlich erhellen, können hier nicht ausschlaggebend sein, und die Lesefunde von Turmhügeln reichen für fundierte Aussagen zur Datierung ebenfalls nicht aus. Es gibt im Übrigen manche archäologische Befunde, die für einen früheren Ansatz jener Befestigungsvariante im nördlichen ostelbischen Gebiet sprechen. Der Turmhügel von Lenzen„Neuehaus" datiert wahrscheinlich noch in das 12. Jahrhundert, gewiss aber in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, und die spätslawischen Funde auf dem Turmhügel von Veelböken weisen ebenfalls in diesen 48 Zeitraum. Dass sie umgelagert sind, wie P. DONAT erwägt, ist möglich, aber unsicher . Ähnlich liegt der Fall am Turmhügel von Schmoldow in Vorpommern, wo eine Schicht mit spätslawischer und frühdeutscher Keramik sowie ein Graben unsichere Hinweise auf eine Motte des mittleren 13 . Jahrhunderts geben (s. Kap. 3) . Große Mengen spätslawischer Keramik im Lesefundstoff des Turmhügels von Menz im nördlichen Havelland, welche die frühdeutschen Scherben sogar überwogen, veranlassten J. HERRMANN, 49 jene Wehranlage bereits in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren . Es ist hervorhebenswert, dass die Bauform der Motte auch dann, wenn sie schon im fortgeschrittenen 12. oder frühen 13. Jahrhundert im nördlichen ostdeutschen Gebiet angelegt worden sein sollte, als bereits ausgeprägter Burgentyp sozusagen „importiert" wurde: „östlich der Elbe", so J. HERRMANN, „wurde die 50 Turmhügelburg [ . . . ] auf Grund bereits ausgeprägter Modellvorstellung errichtet" . Entwicklungen von der Flachsiedlung über Zwischenstufen zur Hochmotte, wie in Gebieten mit längerer Tradition dieser 51 Befestigungsform, sind hier daher kaum zu erwarten . Immerhin könnte sich aus der beschriebenen Situation am Schmoldower Turmhügel ergeben, dass die Anlage im Laufe ihrer Geschichte wenigstens einmal vergrößert wurde, wobei der Graben der Frühphase aufgefüllt und ein neuer Graben angelegt wurde.

7. Zur Bebauung der Motten Grabungsbefunde und Oberflächenbeobachtungen ergeben, dass auf vielen Motten ein Turm oder zumindest ein turmartiges Gebäude sowie manchmal weitere, kleinere Bauten standen. Hinweise auf Ringpalisaden am Rande des Hügelplateaus oder an seinen Seiten lieferten die Ausgrabungen in Lenzen und Weitin. Ein unsicheres Indiz für einen Brunnen gibt es im Turm von Schlicht (s. weiter unten). Zur Gestalt der Tore, Brücken und Aufgänge liegen noch keine Erkenntnisse vor. Die in Lenzen festgestellte Holzbebauung ist namentlich für vergleichsweise frühe Anlagen charakteristisch: Vielfach bestanden die Bauten auf den Turmhügeln nur aus Holz (und Lehm), wobei Pfosten-, Pfosten-Sehwellriegel-Türme und Ständerbauten (verzimmerte Schwellrahmen-Ständerbauten und Fachwerk) vorgekommen sein dürften. Die Holz- oder Holz-Lehmbauweise war aber noch weit über das 13. Jahrhundert hinaus gebräuchlich. „Der Norden Deutschlands", so U. ALBRECHT, „lag dem Kerngebiet des Reiches ferner, wurde später erschlossen und war weniger dicht besiedelt. Die geographische Randlage wirkte sich auch architektonisch aus: Holz-Erde-Konstruktionen blieben - in Ermangelung tauglicher Steinbrüche - lange Zeit die verbreitete Bauweise kleiner Burgen" , und zwar gerade bei jenen niederadeliger Rittergeschlechter52 . Ein substantieller Befund liegt dafür von der Motte „Kleiner Sehlichtenberg" bei Futterkamp in Ostholstein vor, deren Holzturm 1356/57 dendrodatiert werden konnte 53 . U. SCHWARZ schließt aus der Seltenheit „klassischer" Burgruinen in Ostmecklenburg und Vorpommern, dass die meisten dort gelegenen Befestigungen bis in das 15. Jahrhundert weitgehend aus 54 Holz bestanden . Recht häufig auf kleineren Turmhügeln sind Feldsteinfundamente viereckiger Bauwerke (Abb . 15 und 20) 55 . Wahrscheinlich waren es meist Schwellen für Fachwerktürme oder anderweitige Ständerbauten, worauf zuweilen gebrannte Lehmbrocken und Holzkohlereste hinweisen 56 . Auffällig sind die beiden ca. 5 m tiefen Schächte in Weitin und Veelböken (Abb. 17 und 18). So tief versenkte oder eingemottete Holz-

48

DONAT 2002, 216 HERRMANN 1960, 84. 50 HERRMANN 1986, 222; vgl. ferner HrNZ 1981 , 123 . 51 Vgl. zusammenfassend, jeweils mit weiterer Literatur: HrNZ 1981 , 31 f.; FRJEDRJCH 1992; BILLER 1998, 114 f.; BÖHME 1999, 67 ff. 52 ALBRECHT 1999, 126; vgl. auch: SCHWARZ 1987, 7; MÖLLER 1998; ferner GRIMM 1958, 147 f. 53 ERICSSON 1983, 107 ff.; l 993b, 258 f. mit Abb. 28; 1999, 112. 54 SCHWARZ 1987, 7. - Dies könnte allerdings auch darauf zurückzuführen sein, dass der Raub von Steinen und Backsteinen im Flachland leicht fiel und aufgrund des regionalen Steinmangels lohnte. 55 ln Ostmecklenburg und Vorpommern z. B. in: +Lüttenhagen (BARBY 1965; SCHWARZ 1987, 45), Krümme! , Warbende (SCHWARZ 1987, 46 f„ 48), Schmoldow und +Zettelvitz. 56 MÖLLER 1992; 1993 , 152; VON DER DOLLEN 1999, 124; allgemein: HrNZ 1981 , 40 f. ; für Holstein: ERICSSON l 993a, 73; l 993b, 257 f. 49

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Abb. 19: +Zettelvitz bei Pöglitz (Vorpommern). Motte mit umlaufendem Graben. (Foto : T. KJNKELD EY). A

Abb. 20: +Zettelvitz bei Pöglitz (V orpornmern). A : Höhenschichtenplan der Motte. (Vermessung: G . P. KlNKELDEY) . B: Zeichnung der auf der Kuppe oberirdisch erkennbaren Feldsteinstrukturen (nach BI ERMANN et al. 2007, 67/Abb . 10).

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oder Steinfundamente wurden, wohl durch Zwischenböden unterteilt, vermutlich als sichere Speicherräume genutzt und waren zugleich sehr solide Basen für die darauf errichteten Türme. Eine Vorstellung von solchen Gebäuden vermitteln die spätmittelalterliche Wandmalerei eines Turmes in der Kirche von Ankershagen (Abb. 21) sowie Ritzzeichnungen derartiger Bauten auf Backsteinen aus Güstrow und Dargun in Mecklenburg: stattliche Türme mit steinernem Sockel, Fachwerkaufgehendem und teils 57 vorkragendem Obergeschoß . Die oft sehr breiten Fundamente - in +Zettelvitz z. B. ca. 1,50 m - und die zuweilen vorhandenen größeren Mengen an Steinen werden aber auch darauf hindeuten, dass manche dieser Türme zumindest teilweise Feldsteinwände besaßen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Turmhügel „Marodei" von Schlicht in Mecklenburg, eine relativ kleine Motte von etwa 30 m Durchmesser und 3 m Höhe, auf deren Kuppe sich die Reste eines teils noch über 3 m hohen, rechteckigen Feldsteinturmes von ca. 5 m x 9 m Grundfläche erhalten haben (Abb. 22). 0 . PIPER traf diesen Turm vor 1912 noch als 5 m hohen, fensterlosen Baukörper mit 1, l 0-1 ,80 m Mauerstärke an, in dessen Inneren er einen Brunnen erschloss. Hier kann man mit U. SCHWARZ tatsächlich von einem kleinen Wohnturm sprechen, dessen Aufgehendes in bedeutendem Maße aus Feldstein bestand 58 . Auch bei einer Burg auf der Gemarkung Wodarg (s. Kap. 7) steht das Mauerwerk eines rechteckigen, zumindest im Erdgeschoß steinernen Turmes. Bei einer Turmruine im Bereich einer Wüstung nahe Götschendorf in der Uckermark ist es allerdings fraglich, ob wir das Relikt 59 eines Turmhügels oder einer Kirche vor uns haben . Ein sehr hoher Stein- und Backsteinturm des 14. Jahrhunderts steht in der oben erwähnten Burg von Nehringen (Abb. 3), zusammen mit weiteren Haus- und Turmresten. Das kleine, von Futtermauern gesicherte Plateau scheint dicht bebaut gewesen zu sein. Einen ähnlichen Turm zeigt die Stralsunder Bilderhandschrift von 1615 für Damgarten (Abb. 23): Dort ist der ,,Jaromarsturm" abgebildet, wohl Rest der fürstlichen Burg aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts oder dem frühen 14. Jahrhundert. Es war ein sehr hoher, rechteckiger Turm mit hoch gelegenem Eingang, 60 der allein auf einem Hügel stand oder eingemottet worden war . Dass zumindest seit dem späteren 13., vor allem aber im 14. und 15. Jahrhundert mit Steintürmen auch bei relativ kleinen Burgen zu rechnen ist, 61 belegen Türme auf Burgen wie Feldberg, Galenbeck, Wolfshagen (Abb. 24), Wasdow u. a. • Bei den bedeutenderen Burgen Vorpommerns und des nördlichen Brandenburgs kamen schon bald nach 1200 bzw. in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Feld-Backsteintürme vor, die wieder mit den Dänen verbunden werden; t~tsä~hlich wurden solche m.ächti~fn Türme _in D~nemark durch den König und _se~e hohen Vasallen bereits 1m 12. Jahrhundert emchtet . Auch die frühe Verwendung von Backstem 1m dänischen Wehrbau kann gut belegt werden, besonders durch die 4 km lange Ziegelmauer Waldemars 1. am Danewerk von 1170/80 63 . Im Süden der Ostsee wird mit diesem Zeit- und Einflusshorizont u. a. der Rundturm auf der Motte von Haus Demmin in Verbindung gebracht, der 18 m Durchmesser und 3,0-3,5 m Mauerstärke besitzt (Abb . 10). Er wird in das frühe 13. Jahrhundert datiert, allerdings lediglich auf Basis 64 der Backsteinchronologie. Die Deutung als Turm Waldemars II. von 1211 ist daher eher hypothetisch. Ein ähnlicher Turm von 18,9 m Durchmesser wurde in Fundamenten auf dem slawischen „Schlossberg" von Altkalen beobachtet. In den gleichen Zusammenhang ist wohl der berühmte Turm „Grützpott" von Stolpe an der Oder zu stellen, der mit der dänischen Expansion längs der Oder nach Süden verknüpft und um oder kurz nach 1200 datiert wird ; man vermutet hier dänische Baumeister und Einflüsse der westeuropäischen Runddonjons. Der Turm steht innerhalb einer Wallburg in beherrschender Höhenlage über dem Odertal und ist mit dem Aushub des Ringgrabens eingemottet worden . E. BADSTÜBNER möchte allerdings auch nicht ausschließen, dass der Grützpott erst durch die Askanier im fortgeschrittenen 13 . Jahrhunde11 erbaut wurde. Dass bereits im frühen 13 . Jahrhundert solche Rundtürme, teils westeuropäischem Muster folgend, auch in der Mark vorkamen, illustrieren wohl der Juliusturm von Spandau und vielleicht auch der Waldemarturm vom Lenzener Burgberg. Bei letzterem schwanken die Datierungsansätze 65 allerdings erneut sehr stark, und zwar vom Anfang des 13. bis zum 14. Jahrhundert . 57

KROHN, ULLRICH 2004, 62 ff. ; SZCZESIAK 2005, 374 mit Abb. 5-7. PIPER 191211993 , 117 f. mit Abb. 45; SCHWARZ 1987, 47 f. mit Abb. 47; LUFTBILDARCHÄOLOGIE 1999, 63 . Vgl. zu Götschendorf: SCHWARZ 1987, 59, Kat.-Nr. 175. 60 KROHN, ULLRICH 2004, 62 f. mit Abb. 1; MÖLLER 2005b, 217/Abb. 5; für interessante Informationen zu diesem Turm bin ich Dipl.Prähist. G. MÖLLER, Stralsund, zu Dank verpflichtet. 61 Vgl. SCHWARZ 1987, 45 , 50; DEHIO 2000a, 132, 312. - Auch die Hertesburg auf dem Darß (s. Kap . 8) trug nach Quellen des 16 ./ 17. Jahrhunderts einen Feldstein- und Backsteinturm (Nö SLER 2006, 105). 62 Z. B. in Bastrup , in der Oldenburg an der Schleimündung, in Soborg auf Seeland, in Sprog0, Tämborg in Schweden u. a., vielfach mit Backsteinanwendung: ENGB ERG 1993 , 54 f. mit Abb. 4, 6; 2001 , 36/Abb. 8; ERJCSSON 1993b, 248 f. ; HOLST 1999, 222 f. - Vgl. zu Steinarmut und der darau s zum Teil auch resultierenden Holzbauweise den Burgenbau bei Hausberganlagen im niederösterreichi schen Wein viertel: FELGENHAUER-SCHMtEDT in diesem Band, v. a. Kap. Zusammenfassung. 63 HOLST 1999, 223. 64 S. Kap. 4 und HOLST 1999, 223 . 65 Zu Demmin, Altka len und Stolpe: MÖLLER 1992 , 50; 1993 , 151 ; 1998, 22 1 ff. , 225; zu Demmin , Spandau und Stolpe auch: HOLST 1999, 222 f. mit Abb. 128 ; zu Spandau: BILLER 1998, 167; zu Altkalen auch : VON DER DOLLEN 1999, 124; zur Datierun g des „Grützpotts": BADSTÜBNER 1999, 145 f. ; zur Datierung des Lenzener Turmes: DEHIO 2000b, 579 (Anfang 13 . Jh.); WERNER 2002 (14. Jh.). SR

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Abb. 21: Ankershagen (Mecklenburg). Umzeichnung der spätmittelalterlichen Darstellung eines Turmes auf einer Wandmalerei in der Dorfkirche (nach SZCZESIAK 2005, 274/Abb. 5).

Abb. 22:

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Abb . 23: Damgarten (Vorpommern). Ausschnitt aus der Stralsunder Bilderhandschrift von 1614 mit Darstellung des „Jaromarsturms" mit Eingang im Obergeschoß (nach KROHN, ULLRICH 2004, 64/Abb. l).

Abb. 24 :

Abb. 22: Schlicht bei Feldberg (Mecklenburg). Motte „Marodei" mit den Resten des Fe ldsteinturmes. (Foto: F. BlERMANN) . Abb. 24: Wolfshagen bei Strasburg (Mecklenburg). Die Blankenburg mit Bergfried. (Foto: F. BIERMANN).

Abb. 25: Prerow auf dem Darß (Vorpommern). Plan der Hertesburg mit Turmhügel und Wallanlagen (nach BASTIAN 196 lc, 198/Abb . 107).

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8. Zu den Funktionen der Motten 66

Die Turmhügel verbanden in ihrer typischen Ausprägung als niederadelige Eigenbefestigungen mehrere Funktionen: Zunächst hatten sie einen militärischen Zweck, indem sie eine zwar meist eher schwache, aber doch brauchbare Fortifikation darstellten und gegenüber einem entsprechend geringen Gegner - etwa einem benachbarten Adeligen und seinem Gefolge - Schutz gewähren konnten. Man konnte den Turmhügel dabei entweder beständig nutzen oder nur bei Gefahr aufsuchen, im Sinne einer Fluchtburg. Den Wehraspekt 67 gegenüber symbolischen Funktionen für untergeordnet zu halten , wird der historischen Realität vermutlich nicht gerecht. Bei vielen Turmhügeln kann man feststellen, dass sie eine verteidigungstechnisch günstige Niederungslage im Sumpf unterhalb des Dorfes in der Peripherie bevorzugten, obgleich bei einer im Vordergrund stehenden Funktion als Statussymbol eine zentrale, aber trockene Lage sinnreicher gewesen wäre. Gleichwohl besaßen sie natürlich auch - wie jede Burg und viele andere Formen von Architektur - einen Wert als Symbol : Die Bewohner auch einer noch so kleinen Adelsburg demonstriet1en mit dem aufragenden Turm, der Sonderstellung des Bauwerks und ggf. seiner prominenten Lage ihren Status nach 68 außen und schufen sich selbst als sozialer Gruppe einen Identifikationspunkt . Dazu kamen Wohn- und Wirtschaftsfunktionen, da die Turmhügel meist direkter Bestandteil eines grundherrlichen Ansitzes und Wirtschaftshofes waren. Die kleinadeligen Befestigungen folgten vorrangig den Machtinteressen im Rahmen der Grundherrschaft, die sich auf die in der Ostsiedlung umgestaltete Siedlungslandschaft bezog. So lagen sie - wie die neu 69 geschaffenen oder umgelegten Dörfer - an anderen Stellen als die slawischen Burgwälle . Meist befanden sie sich direkt in oder bei Dörfern. Gänzlich isoliert liegende Befestigungen sind die Ausnahme; viele der jetzt einsam gelegenen Motten ordneten sich ursprünglich heute wüst gefallenen Dörfern zu . Nicht selten gibt es mehrere Turmhügel im selben Dorf, was mit den verzweigten Herrschaftsverhältnissen zu tun haben kann, die auch aus schriftlichen Quellen hervorgehen. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist Lindenberg bei Demmin, wo zwei Turm- und ein Burghügel einander benachbart beiderseits des Augrabens liegen 70 (Abb. 2) . I. ERICSSON weist darauf hin, dass im Ostseeraum Mühlen und Motten oft in enger Lagebeziehung zueinander standen, als Ausdruck des wichtigen grundherrlichen Mahlrechts und zum 71 Schutz der ökonomisch sehr wichtigen Mahlwerke . Diesen Befund bestätigt im Arbeitsgebiet z. B. Weitin 72 (s. Kap . 3). Die im Mittelgebirgsraum seit staufischer Zeit feststellbare siedlungsferne Lage der Burgen ist in unserer Region somit unüblich, zumal die naturräumlichen Voraussetzungen dafür - den Herrschaftsanspruch symbolisierende, weithin sichtbare Berge als Standorte - nahezu ganz fehlen . Neben den Funktionen im Rahmen grundherrlicher Machtausübung konnten Motten selbstredend zugleich Grenzen oder Wege kontrollieren . Im Hinblick auf die militärische Funktion der Motten wies H. HINZ für die Ostsiedlungsgebiete darauf hin, dass die Motte „natürlich nicht eigentlich ein Instrument der Kolonisation [sei], sondern nur die vom 73 Landadel sehr gebräuchliche Form der Eigenbefestigung" . Das ist angesichts der anzunehmenden, vorwiegend späten Zeitstellung der Motten wohl in den meisten Fällen richtig. Allerdings fanden im hier betrachteten Raum viele Landesausbauprojekte - Rodungen großer Wälder und Dorfgründungen - auch noch im fortgeschrittenen 13. und 14. Jahrhundert statt, die oft in der Hand von niederadeligen Siedlungsunternehmern lagen. Diese dürften die Turmhügel mit ihren Curien als wirtschaftliche Stützpunkte und zur herrschaftlich-militärischen Absicherung des jeweiligen Projektes gegen Ansprüche und Gefahren aller Art genutzt haben, so dass die Bauten dann doch einen engen Bezug zur Kolonisation 74 hatten. In gewisser Weise ähnelten sie so den „Rodungsburgen" W. MEYERs . J. SCHNEEWEiß machte bei einer Untersuchung des Kleinraums Werder bei Neubrandenburg in Mecklenburg hingegen die interessante Beobachtung, dass die dortigen Turmhügel vorwiegend in den slawischen Altsiedelkammern, seltener in den erst bei der Ostsiedlung erschlossenen Neubrüchen und Rodungsterrains lagen. Er schließt daraus, dass die „niederadligen Befestigungen [„ .] die Präsenz der landesherrlichen Gewalt vor Augen führten", und zwar, um die „Ordnung durchzusetzen und zu erhalten". Offenbar war dies gegenüber den einheimischen 66

MÖLLER 1992, 52 ; VON DER DOLLEN 1999, 124 f. Vgl. zur Diskussion : z. 8. HESSE 2003 , 42 f. SPAZIER 1999, 77; HESSE 2003 , 42 f. ; MÖLLER 2005a, 355; SZCZES IAK 2005, 369; allgemein: BILLER 1998, 125 . 69 Vgl. SCHWARZ 1987, 15 . 70 Zu Lindenberg: SCHWARZ 1987, 33 ; zu den Schriftquellen und weileren Beispiel en: z. 8. SZCZES IAK 2005 , 375 . 71 ERICSSON l 993b, 256. 72 MECKSEPER 1999, 89. 73 HINZ 198 1, 123. 74 Vgl. MEYER 2000, 116, mit älterer Literatur; BILLER 1998, 77 ff. 67 68

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Slawen besonders angebracht. Aus praktischen und symbolischen Gründen war es somit „aus Sicht der Landesherren folgerichtig, Rittersitze genau in den wichtigsten, traditionell slawischen Gebieten 75 anzulegen" . Ob der Befund zutreffend gedeutet ist, sei dahingestellt, zumal man das Verteilungsbild auch mit einer Funktion der Turmhügel in der Grenz- und Straßensicherung erklären könnte 76 . Gleichwohl ergibt sich ein interessanter Hinweis auf mögliche weitere Zwecke der Turmhügel unter den spezifischen Bedingungen des Ostsiedlungsgebietes. Neben den erwähnten, sehr großen und bedeutenden Burgen wie Usedom und Demmin gab es auch kleinere landesherrliche Motten : Z. B. waren unter den 1307 in einer Urkunde Fürst Wizlavs II. von Rügen genannten zehn landesherrlichen Burgen („use slote") auf dem festländischen Teil seiner Herrschaft auch mehrere Motten, so die Burg Medrow und die 1331 zerstörte Burg Ekberg bei Segebadenhau77 . Die Motte Hertesburg auf dem Darß in Vorpommern (Abb. 25) dürfte, wie W. BASTIAN herausstellte, Sitz einer landesherrlichen Vogtei - zunächst der Rügenfürsten, im 14. Jahrhundert dann der Mecklenburger und Pommern - gewesen sein. Von hier liegt aus einer Böschungssicherung ein Dendrodatum von 1291 (Waldkante) vor. Bei solchen Befestigungen konnte der Bezug auf Grenzen oder Wege deutlicher ausfallen als jener zum Siedlungsbild. Die Hertesburg beispielsweise liegt einsam im Sumpf und kontrollierte als „Stromburg" (W. BASTIAN) den Prerowfluss, eine wichtige Verbindung zwischen Ostsee und dem Barther 78 Bodden . Turmhügel bei Ramelow und Schwanbeck sicherten Passagen über die Grenze zwischen Pommern und dem Land Stargard, wobei jener von Schwanbeck 1317 laut Festlegung des Templiner Friedensvertrages zerstört wurde 79 .

9. Andere Typen befestigter und unbefestigter Adelssitze des hohen bis späten Mittelalters

In enger Beziehung zu den Motten stehen die sog. Kernladen. Der Begriff geht auf die mittelhochdeutsche Bezeichnung „kemenate" für ein beheizbares oder auch nur frei stehendes Gebäude zurück, die für Bauwerke aus Städten und Burgen verwendet wurde. Die Kernladen waren turmartige, aus Holz konstruierte Gebäude -_ohne Hügel - auf Pfahlrosten in feuchten Niederungen oder Seen. Sie verfügten teilweise über zusätzliche Gräben, Stege zum Ufer und offene Vorbauten. Von ihnen zeugen meist die Pfosten ihrer Substruktionen im Seegrund. Bisweilen werden dabei gebrannte Lehmbrocken gefunden, die auf Fachwerkoberbauten hinweisen 80 . Diese Baulichkeiten nutzten in hervorragender Weise den natürlichen Schutz, den Seen und Feuchtgebiete boten. Sie sollten möglicherweise das landesherrliche Befestigungsregal umgehen - insbesondere, wenn einem „Raubritter" etwa wegen Landfriedensbruchs die Errichtung einer anderweitigen Burg verboten worden war. Diese vor allem auf W. BASTIAN zurückgehende These ist umstritten. Manche Forscher betrachten die Kernladen einfach als Spielart der 81 Turmhügel . Man kann annehmen , dass Kernladen teilweise eigenständig als Befestigung, fallweise aber 82 auch - im BASTIANschen Sinne - als Ersatz für Turmhügel errichtet wurden . Jedenfalls sind Beispiele für diesen Bautyp aus Mecklenburg und Ponunem, seltener aus Brandenburg, weiterhin auch aus Schleswig83 Holstein und Dänemark anzuführen . Die rechteckigen, turmhausartigen Kernladen im Röggeliner See bei Klocksdorf mit 6-8 m Seitenlänge, die ca. 9 m x 9,5 m große Pfahlstruktur im Cambser See bei Kamin sowie die 5 m x 7 m große Kemlade im Ruchower See (Mecklenburg), die sich jeweils durch Pfostensetzungen nachweisen ließen, sind hier als näher erforschte Objekte zu erwähnen. Die Bauten gehören 84 schwerpunktmäßig in das 14. bis 16. Jahrhundert . Wahrscheinlich ist auch der Turmbau von Wodarg in Vorpommern als Kemlade zu bezeichnen, der unlängst bei Rettungsgrabungen freigelegt werden konnte. Bei einer Siedlung des 9. bis 14. Jahrhunderts wurde in einem kleinen, künstlich erweiterten und mit Gräben ergänzten See im oder bald nach dem Jahre 1300 (Dendrodaten) ein „Wehrspeicher" von ca. 13 m x 5 m Grundfläche in Fachwerkbauweise mit Stegen und Zugbrücken angelegt. Dabei soll es sich den Ausgräbern zufolge um einen grundherrlichen Getreidespeicher gehandelt haben. Das ist nicht völlig 75

SCHNEEWElß 2003 , 96, 100 (Zitate). Für interessante Diskussionen zu dieser Frage danke ich R. SZCZESIAK M.A. (Neubrandenburg). MÖLLER 1992, 52; 1993 , 151 f. 78 BASTIAN 196 1c, 196-202; Nö SLER 2006, 105 ff. - Das dendrodatierte Holz wurde bei einer Notbergung im Vorburgbereich gewonnen (NöSLER 2006, l 05). 79 VON DER DOLLEN 1999, 123 ; SZCZESIAK 2005 , 3 76. 80 STANGE 1961 , 190 f.; KAPITÄN 1961 , 210. 81 Vgl. zur Diskussion : BASTIAN 1958 , 103 ff.; l 96la, 162; SCHWARZ 1987, 15 ; DONAT 2002, 190; SZCZESIAK 2005 , 376 f. ; fern er GRIMM 1958, 147. 82 Vgl. ERICSSON l 993a, 74; l 993b, 260 ff.; 1999, 112. 83 Vgl. BASTIAN 1958; 196la; SCHWARZ 1987, 15 ; DONAT 2002, 190; SZCZESIAK 2005 , 376 ff.; zu Schleswig-Holstein und Dänemark: ERICSSON 1993a, 74 f. ; 1993b, 260 ff. ; zu Brandenburg (Altenhof): KAPITÄN, GRIMM 1958. 84 Zum Röggeliner See: BASTIAN 1960; 1961 a; STANG E 1961 ; 1962; zum Cambser See: BASTIAN 1961 b; KAPITÄN 1961 ; zum Ruchower See: BASTIAN 1958; DONAT 2002, 190, 233 . 76

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ausgeschlossen, wenn wir an die in ganz Nord- und Westdeutschland sowie in Dänemark verbreiteten Gebäude dieser Art denken, die verschiedene bauliche Beziehungen zu den Turmhügeln aufweisen 85 . Angesichts des stattlichen und aufwändigen Bauwerks, der zusätzlichen Gräben und Baulichkeiten im Umfeld sowie der vielen Keramikfunde war das Wodarger Bauensemble aber wohl doch ein eigenständiger 86 ritterlicher Adelssitz, der als „Kemlade" bezeichnet werden kann . Nur gut 1,7 km westlich befand sich im Tal der Tollense eine weitere, etwa zeitgleiche Niederungsburg, deren 5 m hohes Kernwerk mottenartig erhöht ist und Reste eines steinernen quadratischen Bergfrieds trägt87 . In diesem Zusammenhang ist die Erwähnung einer Kemenate in einer Urkunde Bischof Dietrichs von Brandenburg 1356 interessant, denn der Bau wird hier ähnlich beschrieben wie das nach den archäologischen Befunden entworfene Bild. In jener Urkunde wird auch das dabei wirksame landesherrliche Reglement sehr deutlich: Der Bischof übergab die Dorfwüstung Scrapsdorf bei Löwenberg an den Ritter Ebel von Wildberg mit der Erlaubnis „tu buwen sunder Graven unde up schlichte Erden ene kemmenade von vir Gebint unde von vieruntwintich Vuthe hoch". Ausdrücklich sollte die alte Burgstätte bei der Wüstung nicht verwendet werden, deren Wälle und Gräben vielmehr einzuebnen waren. In ähnlichem Sinne baten Vertreter der Familie von Karlow nach der Zerstörung ihrer Burg Lassan bei Klocksdorf nahe Gadebuschs durch die Lübecker 1346 den Rat der Stadt darum, im benachbarten See eine Kemenate bauen zu dürfen, „damit sie sicher vor ihren Genossen schlafen können" 88 . Neben Motten und Kernladen wurden auch Wasser- bzw. Niederungsburgen errichtet, die meist größer, mehrteilig und zumindest seit dem späteren 13. Jahrhundert in Stein ausgebaut wurden. Unter vielen Beispielen seien hier die Burg Osten bei Schrnarsow an der Tollense in Vorpommern und die Burg Galenbeck im Lande Stargard hervorgehoben , die schon im 13. Jahrhundert einen steinernen Bergfried erhielt. Auch hier sind die Übergänge zur Motte fließend , wie die Aufschüttung des Galenbecker Bauwerks im Hauptburgbereich, aber auch jene der bereits erwähnten Burg bei Wodarg, der Burg Stuer in Mecklenburg oder die auf eine ca. 4 m hohe Anhöhe gestellte Blankenburg bei Wolfshagen in Mecklenburg-Strelitz, eine Rechteckanlage mit Bergfried, deutlich machen. Rechteckburgen kommen häufiger vor - in ausgeprägter, kastellartiger Form in Gerswalde und Greiffenberg in der Uckermark (14./ 15. Jahrhundert). In Wasdow an der Trebel hingegen handelte es sich um eine Niederungsburg mit flachem Burgplateau, deren Bergfried allerdings auf einen mottenartigen Hügel innerhalb der Hauptburg 89 gestellt oder eingemottet worden ist . Des Weiteren sind befestigte Herrenhäuser und befestigte Höfe zu erwähnen, die sich in Ortslage befanden und die recht wehrhaft gestaltet sein konnten. Es wird vermutet, dass diese - relativ bescheidene - Form des Ansitzes ebenfalls eine Konsequenz der Einschränkungen durch das landesherrliche Befestigungsregal 90 war . Außerdem saß ein großer Teil des Kleinadels offenbar auf unbefestigten, auch als „curia" bezeichneten Herrenhöfen innerhalb der Dörfer. Sie werden in Siedlungen erschlossen, nach denen sich im späten Mittelalter Familien nannten , in denen aber keine Befestigungen bekannt sind; also auf recht unsicherer Grundlage, denn viele Befestigungen mögen gerade im 01tsbereich späteren Zerstörungen zum Opfer 91 gefallen sein . Ein Beispiel dafür konnte aber in lhlenfeld bei Neubrandenburg archäologisch untersucht werden: Zwei massive Steinkeller der zweiten Hälfte des 13 . bis 15 ./16. Jahrhunderts als Reste von Turmhäusern, weitere Gruben und ein Holzkastenbrunnen belegen ein stattlich ausgebautes Gehöft, wobei die Turmhäuser in die Tradition massiv ausgebauter Wehrspeicher gestellt werden 92 . Schließlich seien noch burgwallartige Anlagen unterschiedlicher Form und Ausdehnung genannt, die teils schon in das 12. Jahrhundert, oft aber auch erst in das 13 . Jahrhundert gehören. Diese Ringwälle nahmen alte Traditionen auf, entstanden manchmal auch an Stellen älterer Wallanlagen, aber auch als Neubauten. Sie dürften für die Übergangszeit zwischen hoch- und spätmittelalterlichen Militär- und 85

Vgl. zu Westdeutschland: z. B. ALBRECHT 1999, 129 ff. , mit weiterer Literatur; für Nordostdeutschland: SZCZESIAK 2005 ; zu Dänemark: NIELSEN 2001; zur Beziehung Turmburg-Wehrspeicher: HINZ 1981 , 99-109. 86 DE RllK 2005; zur Deutung als Kemlade: MÖLLER 2005a, 360 f. ; SZCZESIAK 2005, 377. 87 SCH\V ARZ 1987, 27 f. 88 Zu +Scrapsdorf: SCHULZE 1979, 137; zu Lassan (mit Zitat): BASTIAN 1960, 193; 1961 a, 163-167. 89 Zu Galenbeck, Gerswalde, Wasdow und Wolfhagen : SCHWARZ 1987, 12 f. , 59, 67, Abb. 73, 90; zu Galenbeck auch: SZCZESIAK 2005, 372 f. ; VON DER DOLLEN 1999, 123 f.; zu Gerswalde auch: DEHIO 2000b, 356 f. ; zu Osten: HARTMANN 2000, 158 ff. ; zu Stuer: SCHOKNECHT 1999, 62; zu Greiffenberg: DEHIO 2000b, 386 f.; zu Rechteckburgen allgemein: HERRMANN 1960, 8 1; 1986, 218-221. 90 HERRMANN 1960, 83; 1986, 224 ; DONAT 2002, 191 ff. ; SZCZESIAK 2005, 377 ff. 91 Vgl. MÖLLER 1992, 52; 1993, 153 ; SZCZESIAK 2005, 369 f. 92 SZCZES IAK 1997; 2005 , 380 ff.

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He1Tschaftsstrukturen charakteristisch sein . In Bützow bei Güstrow wurde der Wall einer solchen Burganlage angeschnitten, die offenbar in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Neubau für den Hauptsitz des Schweriner Bischofs entstand. I. ERICSSON, der mit dem Großen Sehlichtenberg bei Futterkamp in Holstein einen derartigen Wehrbau untersuchte, nennt mehrere dänische und schleswigholsteinische Beispiele des 11./ 12. bis 14. Jahrhunderts für solche „von Wallanlage(n) umgebene 94 Burgsiedlungen" .

10. Schlussbemerkungen Obgleich die vielen, oft kleinen Motten Nordostdeutschlands aufgrund ihrer geringen Größe und manchmal wenig imposanten Erscheinung sowie der weiträumigen Gleichartigkeit als Forschungsgegenstand zunächst eher anspruchslos erscheinen könnten, so sind sie bei näherer Betrachtung doch ein recht komplexer Burgentyp. Der Reiz der Beschäftigung mit diesen Anlagen liegt in ihrer hohen historischen Relevanz für die Entwicklung und den Charakter des Kriegswesens, der Adelskultur und insbesondere der Grundherrschaft, die erst in der Ostsiedlungszeit in unserem Raum etabliert wurde und von größter Bedeutung für seine weiteren Geschicke war. Leider sind die meisten Fragen, wie anfangs hervorgehoben wurde, noch völlig offen. Es wäre daher zu wünschen, dass die Motten unter Einschluss umfassender Ausgrabungen in Zukunft stärker ins Blickfeld archäologischer Forschungsprojekte gelangen. Dies gilt umso mehr, weil sie glücklicherweise heute nur noch selten in ihrem Bestand bedroht sind und daher lediglich in Ausnahmefällen zum Objekt von 95 Rettungsgrabungen werden .

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Prof. Dr. Felix Biermann Humboldt-Universität zu Berlin Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte Hausvogteiplatz 5-7 D-10117 Berlin Deutschland E-mail: biennanf(a}geschichte.hu-berlin .de

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23, 2007, S. 135- 14 l.

MITTELALTERLICHE ERDWERKE ODER HOLZ-ERDBURGEN IN DER SCHWEIZ

von Christoph REDfNG, Basel

Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über die Geschichte und den Stand der Forschung sowie grundsätzliche Überlegungen zur Innenbebauung und Bewehrung von mittelalterlichen Erdwerken oder Holz-Erdburgen im Raum der Schweiz vermitteln. Dabei soll hier weniger der Begriff der „Motte" sondern 1 vielmehr weiter greifendere Bezeichnungen wie „Erdwerk" oder „Holz-Erdburg" verwendet werden •

Verbreitung Hauptverbreitungsgebiet für mittelalterliche Erdwerke sind in der Schweiz das Mittelland und die Nordostschweiz, wo diese Bauweise durch den weichen Molasseuntergrund ermöglicht wurde und durch das stellenweise Fehlen von Steinen als Baumaterial sogar unumgänglich war. Zahlreich sind die Erdwerke im Napfgebiet und im Emmental, wo sie mit dem Aspekt des Rodungsvorstoßes in Verbindung gebracht 2 werden , sowie auch in der Umgebung von Winterthur und im Thurgau.

Forschungsgeschichte Im Jahre 1881 wurde im Raum der Schweiz mit dem Büchel in Zunzgen im Kt. Baselland ein erstes Erdwerk untersucht. Die Ausgräber verwechselten jedoch die kreisrunde Hochmotte mit einem prähistori3 schen Grabhügel . Einfache archäologische Untersuchungen und Beobachtungen wurden dann zu Beginn 4 des 20. Jahrhunderts an der Burg Obergösgen im Kt. Solothurn (Abb. 3) und 1926/27 auf Burg in Aarberg 5 im Kt. Bern unternommen. 1921 und 1927 versuchte Eu gen TAT ARINOFF für den schweizerischen Raum eine Typologisierung der Erdwerke - ohne jedoch wirkliche Ergebnisse zu erzielen 6 . Mehr Aussage hingegen besass die 1962 von 7 Rene WYSS veröffentlichte umfangreiche Abhandlung über mittelalterliche Erdwerke . Zusammen mit Robert LAUR-BELART hatte er 1950 die erste gezielte archäologische Untersuchung eines mittelalterlichen Erdwerkes durchgeführt, welche wiederum den Büchel in Zunzgen betraf. 8 1954 grub Theodor SCHWEIZER auf dem Erdwerk Moosgräben im Kt. Solothurn (Abb. 4 und 5) . Modernere Forschungen erfolgten erst in den 1970er und 80er Jahren: Von 1974 bis 1976 sondierte Hugo SCHNEIDER auf dem Starrunheimerberg bei Unterstammheim im Kt. Zürich und 1982 grub Werner MEYER auf dem Salbüel bei Hergiswil im Kt. Luzern 9 . Die Rekonstruktion mit Palisaden und niederen Holzbauten prägte fortan das Bild einer Holz-Erdburg für den Raum der Schweiz (Abb. 1). 1976 bis 1979 führte auf der Burg Schauenberg bei Hofstetten die Kantonsarchäologie Zürich eine 10 Ausgrabung durch, wo als älteste mittelalterliche Phase Bauten aus Holz vermutet wurden . Weiters 11 sondierte 1986 die Kantonsarchäologie Luzern auf dem Erdwerk in Kottwil (Abb. 2) • Bei den Untersuchungen auf der Burg Zug in der Stadt Zug im Zeitraum von 1967 bis 1982 konnte festgestellt werden, 12 dass die erste Befestigung als Motte errichtet worden war . Als neueste Befunde gelten die Entdeckung

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Zur Definition dieser Begriffe sei auf den Beitrag von Jakob ÜBRECHT „Frühe Burgstellen ohne oberflächlich sichtbare Mauerreste Terminologische und ausgrabungstechni sche Probleme" in diesem Band verwiesen werden. 2 SCHNEIDER, MEYER 1991 , 124 . 3 WYSS 1962, 40 f. 4 BITTERLI 1991 , 80 f. 5 GRÜTTER 1999, 72 u. 74. 6 TATAR INOFF 1922; 192 8. 7 WYSS 1962. 8 SCHWEIZER 1955. 9 SCHNEIDER, MEYER 1991 . IO WINIGER et al. 2000. II BILL 1987. 12 GRÜNENFELD ER et al. 2003.

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einer hölzernen Vorgängerburg im Chateau de Rouelbeau im Kt. Genf im Jahre 2001 sowie die Teil14 untersuchung des Erdwerkes auf Kasteien im Kt. Luzern Weitere groß angelegte Grabungen blieben bisher aus. Praktisch konnte auch keine dieser Anlagen vollständig ausgegraben werden. In allen Fällen wurden die Informationen über die Annäherungshindernisse sowie über die Innenbebauung nur anhand von Teilflächengrabungen gewonnen. Das dabei geborgene Fundmaterial war zumeist gering. Entsgrechend dazu ist heute nur wenig Gesichertes über die 5 mittelalterlichen Erdwerke in der Schweiz bekannt .

Datierung Eine Datierung der mittelalterlichen Erdwerke in das 10./ 11. Jahrhundert - in die Frühzeit des Burgenbaus ist im Raum der Schweiz bislang nur vereinzelt und zudem sehr dürftig belegt: Beim Büchel in Zunzgen zum Beisfiel basiert die zeitliche Einordnung in das 10. Jahrhundert lediglich auf einem einzigen 14 1 Topfrand • Die Anlage auf dem Stammheimerberg wird in erster Linie aufgrund einer Anzahl C-datierter Holzkohlen ins 10. Jahrhundert gestellt. Hingegen bestand Salbüel nach Ausweis der Funde sicher schon ab 17 18 dem 11. Jahrhundert • Gleiches dürfte auch für die Burg Fenis im Kt. Bern gelten . Häufiger bezeugen die Funde aber spätere Belegungszeiten: Der Großteil der Funde auf dem 19 Stammheimerberg dürfte ins 12./13. Jahrhundert gehören und bis ins 13. Jahrhundert war auch Salbüel 20 bewohnt, während das Erdwerk in Moosgräben bis jetzt nur Funde aus dem 13 . Jahrhundert aufweist . Die Motte mit der Holzburg von Rouelbeau bestand offenbar sogar bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, bis die Anlage durch eine Steinburg abgelöst wurde 21. Die frühesten Fundobjekte von dort stammen bislang aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Ein einfaches Erdwerk im Chalofen in Kölliken im Kt. Aargau weist sogar 2 nur Funde aus dem späten 14. Jahrhundert auf . Nicht jedes mittelalterliche Erdwerk muss also seinen Ursprung im 10./ 11. Jahrhundert haben. Erdwerke oder Holz-Erdburgen scheinen im Raum der Schweiz auch später noch erbaut und sicher bis über das Hochmittelalter hinaus auch noch genutzt worden zu sein.

Annäherungshindernisse Über die vollständige Bewehrung von mittelalterlichen Erdwerken im Raum der Schweiz ist wenig bekannt. Zwar weisen einige von ihnen eindrucksvolle Wall-Grabensysteme auf, doch sind zugehörige Konstruktionen aus Holz, welche als zusätzliche fortifikatorische Maßnahmen bei Erdwerken vorausgesetzt werden, nur in wenigen Fällen archäologisch nachgewiesen. Die Erhaltung solcher Bauwerke ist bekanntermaßen - aufgrund der Vergänglichkeit von Holz - schlecht. Zudem sind z.B. Reste von Palisaden wegen ihrer exponierten Standorte an den Hügelkanten oder auf den Wallkronen starker Erosion ausgesetzt. Annäherungshindernisse aus Holz sind bislang nur als Palisaden zur randlichen Bewehrung des Burghügels 23 - wenn auch nur in kleinen Teilabschnitten - nachgewiesen : Gute Befunde dazu liegen vom Erdwerk von 24 25 Kottwil (Abb. 2) oder von jenem in der Nähe von der Burg Kasteien vor . Im Falle von Schauenberg 26 fanden sich am Fuße des Burghügels Spuren einer umlaufenden Palisade .

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TERRIER 2002 . MANSER, NIELSEN 2003, 187 f 15 Diese Aufzählung von archäologischen Untersuchungen auf mittelalterlichen Erdwerken oder Holz-Erdburgen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 16 TAUBER 1980, 130 f. 17 SCHNEIDER, MEYER 1991, 131 . - Die Datierung der Anlage schon in das Ende des 10. Jahrhunderts, basierend auf dem Fund eines einzigen Topfrandes (ebd., Taf. l/Al) , erscheint uns problematisch. 18 ZIMMERMANN 2000, 152. 19 SCHNEIDER, MEYER 1991 , 47 r. - Die Topfrandscherbe aufTar. 3/Bl ist nicht zwingend ins 10. Jahrhundert zu datieren. 0 ' SCHWEtZER 1955 , 37/ Abb. 3. - Bei den Funden handelt es sic h um Leistenrandtöpfe des 13. Jahrhunderts. 21 TERRIER 2002, 380 f. 22 Freundliche Mitteilung von Peter FREY, Kantonsarchäologie Aargau; unpubli zierte Grabung, Fundmaterial im Hi storischen Museum Aargau, Schloss Lenzburg. 23 Ausführliche Darstellung zum Thema Palisaden bei: BITIERLI 2004, 183 f. 24 BILL 1987, 68/Abb. 19. 25 MANSER, NIELSEN 2003, 186/ Abb. 23 u. 187/ Abb . 25. - Spuren einer randlichen Palisadenbebauung gab es in mäßiger Erhaltung auf Salbüel sowie auf dem Stammheimerberg {SCHNEIDER, MEYER 1991 , 36 f. u. 134). Auch Hugo SCHNEIDER (1979, 44 u. 41 /Abb . 36) nimmt auf Alt-Regensberg im Kt. Zürich für die Bauphase 1dieselbe Bewehrung an, ohne jedoch diese in seinem Bericht zu belegen. 26 WINIGER et al. 2000, 15 f. 14

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Abb.1: Salbüel (Kt. Luzern, Schweiz). Rekonstruktion der Holz-Erdburg. (Modellerstellung: P. SCHAAD; Foto: Th. BITTERLI) .

Abb. 2: Gütschwald (Kt. Luzern, Schweiz). Spuren einer Palisade. (Photo : Original Kantonsarchäologie Luzern).

Abb.3: Obergösgen (Kt. Solothurn, Schweiz). Das ausgedehnte Erdwerk mit Burghügel während der Arbeiten am Aarekanal 1914 (Photo : Original Kantonsarchäologie Solothurn).

Nachweise für andere hölzerne Befestigungswerke wie Wehrtürme, Torbauten, Brücken fehlen aber bislang, und so sind wir nach wie vor auf Beispiele aus dem Ausland sowie auf eigene Vermutungen

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27

angewiesen . Somit ist nach heutigen Kriterien und Wissensstand die Einschätzung des fortifikatorischen Wertes von Erdwerken schwierig. Welche bauliche Maßnahmen aus Sicht der Erbauer für die Verteidigung bzw. Belagerung einer solchen Befestigung entscheidend oder aber unwesentlich waren, kann nur vermutet werden. Viele Anlagen - wie im Besonderen die Tüfelsburg im Kt. Bern oder Obergösgen (Abb. 3) - beeindrucken durch ein riesiges Wall-Grabensystem, während das Plateau des Burghügels erstaunlich kleinflächig und kaum überhöht ist. Oft scheint die Schaffung von Distanz zwischen eigentlichem Burgbereich und dem Umgelände wichtiger gewesen zu sein als dessen Überhöhung.

Innenbebauung

Wie bei den Annäherungshindernissen besteht bei der Innenbebauung von mittelalterlichen Erdwerken die Schwierigkeit der schlechten Erhaltung von Holzbauten sowie der bislang nur teilweise untersuchten Innenflächen . In einigen Fällen haben zudem nachfolgende Bauten die älteren Befunde zerstört, wie dies bei der Burg Zug und auch auf dem Schönenbüel im Kt. Appenzell Innerhoden nachweisbar ist. Archäologisch am häufigsten nachgewiesen sind in den Boden eingetiefte Bauten wie Grubenhäuser oder Keller, welche sich aufgrund ihrer Bauweise am besten erhalten haben. So konnte auf Moosgräben ein 28 5 m x 5 m großer, mit Holz ausgeschalter Keller untersucht werden (Abb. 4 und 5) . Als weitere Belege 29 wurden auf dem Stamrnheimerberg ein großes Grubenhaus von 8 m x 7,5 m Grundfläche und auf Salbüel 30 ein trapezoidförmiges, mit ca. 5 m Länge und 3 m bzw. 4 m Breite nachfiewiesen . Als Beispiel für den größten Einbau gilt der Keller auf Schauenberg mit 7 m x 11 m im Geviert 1• Als oberirdische Bauten sind Pfostenbauten sowie Schwellbalkenkonstruktionen bekannt. Zu Grundrissen ergänzbare Spuren von Pfostenbauten sind auf Salbüel zum Vorschein gekommen, wo ein Gebäude Ausmaße von 8 m x 4 m aufwies 32 . Belege von Schwellbalkenkonstruktionen gibt es mehrere: In Nidau im 33 Kt. Bern fanden sich noch die Schwellen einer Holzburg aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts und auch in der Burg Rouelbeau konnten ähnliche Bauten nachgewiesen werden, die vermutlich aus dem 34 13. Jahrhundert stammen und noch im 14. Jahrhundert bestanden . Diese beiden in der Westschweiz gelegenen Beispiele von Schwellenbalkenbauten- Nidau und Rouelbeau - dürften auf die Nähe Frankreichs zurückzuführen sein, wo derartige Konstruktionen im Burgenbau weit verbreitet waren. Das kleine Erdwerk in Kölliken wies ebenfalls Reste eines allerdings nur kurze Zeit benutzten, lediglich 3 m x 4 m messenden Schwellbalkenbaus auf, der im späten 14. Jahrhundert abbrannte 35 . Die Thematik der Schwellbalkenkonstruktionen soll hier besonders im Hinblick auf die Schweiz weiter verfolgt werden. Für die Archäologie ist der Nachweis von Schwellbalkenkonstruktionen bekanntermaßen nicht unproblematisch, denn als Unterlage für die Schwelle eines großen Gebäudes sind unter Umständen nur wenige größere, trocken gesetzte Steine notwendig. So könnten in einigen Fällen noch bestehende Schwellenunterlagen nicht als solche erkannt worden sein. Wir wissen von verschiedenen Befunden, dass bei Schwellbalkenbauten mit beträchtlichen Grundrissmaßen gerechnet werden kann 36 . Durch den Nachweis von Holztürmen in gleicher Bautechnik kann davon ausgegangen werden, dass auch mehrgeschoßige Bauten möglich waren. So folgte auf die vorhin erwähnte Holzburg im Schloss Nidau ein quadratischer Holzturm von 4,5 m Grundmaßen 37 . Der Bau ist dendrochronologisch um 1180 datiert und wurde im frühen 13. Jahrhundert durch einen Steinturm ersetzt. Für entsprechende Holztürme lassen sich in der Schweiz auch einige schriftliche und bildliche Belege

27

So z. B. auf dem frühmittelalterlichen Erdwerk auf dem Sa! bei Pfungen im Kt. Zürich , wo „dichte Domhecken" al s Annäherungshinderni sse in Betracht gezogen werden (WIN IGER 1977, 129 f.) . 2 R SCHWEIZER 1955 , 33 ff. 29 SCHNEIDER, MEYER 199 1, 45 ff. 30 SCHNEID ER, MEYER 1991 , 130 u. 135 . 31 WINIG ER et al. 2000, 31 . 32 SCHNEIDER, MEY ER 1991 , 130 u. 135. - Pfostenbauten sind auf frühen Burganlagen, wie z. B. auf der Frohburg oder auf Rickenbach (beide Kt. Solothum), gut belegt. Diese Anlagen werden jedoch nicht zum hier behandelten Burgenbautyp gezählt. 33 GUTSCHER 1989, 3 f. - Daniel GUTSCHER bezei chnet die Anlage aber nicht als Erdwerk . 34 TERRI ER 2002, 379/Abb. 22. 35 Freundliche Mitteilung Peter FREY, Kantonsarchäologie Aargau ; unpubli zierte Grabung, Fundmaterial im Hi stori schen Museum Aargau, Schloss Lenzburg. 36 Ein als Pferdestall identifi zierter Ökonomiebau in Schwellbalkenkonstruktion auf der "Inneren Burg" in Wolhusen im Kt. Luzern aus dem 13 . Jahrhundert maß im Grundriss 11 m x 5 m (BILL 1994, 54). - Aus der Bauernhausforschung ist in Möhlin im Kt. Aargau der Grundri ss eines Hol zhauses mil Ausmaßen von 11 m x 7,8 maus dem 13. Jahrhundert bekannt (FREY et al. 2004, 125). 37 GUTSCHER 1989, 4 f.

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·Moosgräben., schematische Darstellung der Konstruktion der Wandläger

Verst.ebung in der Mitte der Nordwand

Abb. 5: Moosgräben (Kt. Solothum, Schweiz). Holzausgeschalter Keller. Schematische Zeichnung. Oben Schnitt durch den Keller, unten Verstrebung in der Keilemordwand (nach SCHWEIZER 1955, 34/Abb. 2).

Abb. 4: Moosgräben (Kt. Solothum, Schweiz). Holzausgeschalter und verbrannter Keller während der Ausgrabung 1953. (Photo: Original Kantonsarchäologie Solothum).

Abb. 6: Bachritterburg Kanzach (Kreis Biberach, Deutschland). Rekonstruktion des Holzturms mit Schwellbalkenfundament. (Foto J. WEISS). finden 38 . Aus Süddeutschland liegt auf der Motte Eschelbronn bei Sinsheim mit den Grundmaßen von 7,2 m x 8,4 mein größeres Beispiel eines Holzturmes vor, der dendrochronologisch in den Zeitraum von 1271 bis 1322/25 datiert wird. Ein auf diesem Befund basierender Rekonstruktionsversuch ist der hölzerne 9 Wohnturm der Bachritterburg in Bad Kanzach mit der beträchtlichen Höhe von 15,5 m (Abb. . Es ist also anzunehmen, dass auf einem Schwellenkranz basierende, mittels Bohlenständer- oder Riegelbautechnik gebaute Holztürme oder Holzhäuser auch beträchtliche Bauvolumen besitzen konnten. Vollständig in dieser Bautechnik errichtete Anlagen sind als eigentliche „Holzburgen" zu bezeichnen. Sie dürften den Steinburgen in Bauvolumen und Repräsentation kaum nachgestanden haben.

6/

38 39

Z. B. BüSCARDfN, MEYER 1977, 28. MITTELSTRASS 2004, 117-1 20.

140

Die Schweizer Mittelalterforschung hat Burgenbauten in Schwellbalkenkonstruktion und damit 40 mehrstöckige Holzburgen bislang zwar in wenigen Kurzberichten oder Nebenkapiteln „angetippt" jedoch nie in die allgemeine Wahrnehmung und in die Grundlagenforschung aufgenommen . Damit würden aber neue Ansätze - insbesondere für die Deutung von Erdwerken und z. B. so genannt unvollendet gebliebener Burganlagen - zur Verfügung stehen. Unter diesem Blickwinkel wären in der Schweiz gewisse Burgenbefunde neu interpretierbar: So dürfte auf dem Stammheimerberg im Kt. Zürich eine Steinlage am Rand des schon erwähnten Kellers auf einen darüber liegenden Schwellbalkenbau hinweisen. Damit ließe sich auch erklären, wieso der vom Ausgräber als „Grubenhaus" gedeutete Keller zwei Kachelöfen enthielt, wovon einer in einem mächtigen Brandversturz lag. Gerade die bauliche Einheit von Kellerbauten und darüber liegenden Holzbauten - im Bauernhausbau bestens bekannt - ist aus raumklimatischen und vorratstechnischen Gründen nahe liegend. Entsprechende Baukombinationen sind daher auch für die Keller von Schauenberg und Moosgräben anzunehmen. Inwiefern solche Holzburgen schon in der Frühzeit des Burgenbaus errichtet worden sind, ist aufgrund der spärlichen Befunde unbekannt. Die Datierungen der oben genannten Beispiele lassen aber vermuten, dass dieser Burgenbautyp wahrscheinlich im 12./13. Jahrhundert auch im Schweizer Raum nördlich der Alpen verbreitet war. Damit wären in dieser Zeit parallel zu den Steinburgen auch reine Holzburgen - und damit also auch Holz-Erdburgen - errichtet worden. So z. B. als kostengünstigere Variante für den Kleinadel oder als alternative Bauweise bei Mangel an Steinen als Baumaterial. Es so ll aber betont werden, dass die hier geäußerten Überlegungen noch fundierter Abklärungen im Felde bedürfen und nicht als umfassend recherchierte Untersuchung zu verstehen sind.

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Z. B. BOSCARDIN, MEYER 1977, 29 ff.

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Christoph Reding Feldbergstraße 70 CH-4057 Basel Schweiz E-mail: [email protected]

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23, 2007, S. 143-154.

FRÜHE BURGSTELLEN OHNE SICHTBARE MAUERRESTE

TERMINOLOGISCHE UND AUSGRABUNGSTECHNISCHE PROBLEME von Jakob ÜBRECHT, Füllinsdorf

Terminologie 1

Gemäß gängiger Definition ist eine Motte ein ganz oder teilweise aufgeschütteter Burghügel, auf welchem ein durch eine Palisade geschützter Holzturm steht. Im deutschen Sprachraum spricht man auch von einer Turmhügelburg, in Österreich von einem Hausberg. In den nordeuropäischen Tiefebenen sind künstlich aufgeschüttete Hügel relativ einfach zu erkennen. Demgegenüber ist es in hügeligen und gebirgigen Landschaften höchstens in Einzelfällen möglich auf Anhieb zu entscheiden, ob ein Burghügel tatsächlich vollständig künstlich aufgeschüttet ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in diesen Gegenden ein überwiegender Teil der Anlagen nach dem Vorbild einer klassischen Hochmotte aus natürlichen Geländeformationen modelliert worden ist und nur teilweise durch künstliche Erdverschiebungen entstanden ist. Es stellt sich nun die Frage, ob derartige Anlagen als Motte bezeichnet werden dürfen.

Abb.1: Zunzger Büchel/Kanton Baselland. Auf dem Zunger Büchel wurde in den Jahren 1881 und 1950 gegraben. Nach wie vor ist er die einzige archäologisch untersuchte Hochmotte der Schweiz. Blick von Nordosten. (Foto: J. ÜBRECHT).

Für die Schweiz greift Rene Wvss 1962 dieses Problem in seinem Bericht über die Grabungen auf dem Zunzger Büchel/Kanton Baselland (Abb. 1) auf. Er schlägt als Bezeichnung für solche Anlagen den Ausdruck "Pseudomotte" vor. Ein auf den ersten Blick plausibler Begriff. Bei genauerem Hinsehen stellt sich aber das Problem, dass sich damit nur Erdwerke mit einer gesicherten mittelalterlichen Belegung beschreiben lassen. Die große Menge an bisher undatierten oder eindeutig prähistorischen Wehranlagen mit "Pseudomotten"-Charakter lässt sich damit aber nicht beschreiben. Einen Ansatz zur Lösung des Problems finden wir in der Schweizerischen Landeskarte. In den kleinmaßstäblichen Karten 3 werden Wehranlagen unbekannter Zeitstellung generell mit "Erdwerk" bezeichnet, scheinbar eindeutig mittelalterliche Anlagen ohne sichtbare Baureste als "Burgstelle" bezeichnet. Leider wird die Signatur Burgstelle aber nicht nur für mittelalterliche Erdwerke und Motten verwendet, sondern auch für Objekte, deren Annäherungshindernisse aus dem Fels gebrochen wurden.

1

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HINZ 1980; LES FORTIFICATIONS DE TERRE 198 1; vgl. dazu auch in diesem Band die Artikel: BIERMANN sowie HOFER, KRE NN, BLESL und KüHTREIB ER, REICHHALTER. WYSS 1962; STRÜBIN 1950. M . 1:25.000 und 1:50.000.

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Die in erster Linie auf das Fehlen archäologischer Befunde zurückzuführenden Schwierigkeiten einer korrekten und eindeutigen Ansprache der Wehranlagen, die durch künstliche Erdbewegungen geschaffen wurden , sind kaum zu lösen. Mit dem nun folgenden Vorschlag wird der Versuch unternommen, für Erdwerke eine auf drei Gruppen und vier Begriffe reduzierte Typologie aufzustellen . Zweifellos muss sie jeweils den sprachlichen und topographischen Gegebenheiten der verschiedenen europäischen Länder angepasst werden :

Erdwerk Überbegriff für alle undatierten durch Wall und/oder Graben geschützten Wehranlagen ohne sichtbare Mauerspuren, die durch künstliche Erdbewegungen geschaffen wurden. Holz-Erdburg Bezeichnung für alle nachweislich mittelalterlichen mit Wall und/oder Graben befestigten Adelssitze ohne jegliche Mauerreste. Motte (in Österreich: Hausberg) Bezeichnung für mittelalterliche Burganlagen mit und ohne sichtbare Mauerreste, deren Burghügel teilweise oder vollständig angeschüttet wurde und/oder durch Abgraben der Böschungen entstanden ist. Für den Fall, dass eine Motte nachgewiesenermaßen von Grund auf aufgeschüttet wurde, kann auch der Ausdruck Hochmotte verwendet werden. Eine Sonderform ist die Steinmotte oder «La matte "de pierre"», ein Ausdruck der von Johnny DE MEULEMEESTER und Andre MATTHYS in einem Aufsatz im Band Chateau Gaillard XIX verwendet wird. Mit ihm beschreiben sie die Burg von Sugny (B), die auf einem in Form einer Motte zugehauenen Felsen 4 sitzt .

Planung und Durchführung von archäologischen Grabungen auf Burgstellen ohne sichtbare Mauerreste Bei einer archäologischen Untersuchung auf einer Burgstelle ohne sichtbare Mauerreste treten die ersten Probleme bereits in der Planungsphase auf. Dies unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Not-, Rettungs- oder Forschungsgrabung handelt. Auf den meist stark verschliffenen, oft überwachsenen Burghügeln gibt es nämlich in der Regel kaum Anhaltspunkte dafür, wo man den Spaten erfolgreich ansetzen kann. Glücklicherweise haben wir heute mit den in den vergangenen Jahren stark weiter entwickelten geophysikalischen Prospektionsmethoden ein erstklassiges Hilfsmittel zur Verfügung. Unter der Oberfläche liegende Mauerzüge und Strukturen wie Grubenhäuser und Palisadengräben lassen sich damit ohne Bodeneingriffe bereits in der Planungsphase lokalisieren. Voraussetzung für derartige Abklärungen sind aber nicht nur günstige Bodenverhältnisse. In erster Linie muss dafür zuerst einmal genügend Zeit und Geld vorhanden sein. Leider stehen die Projektierenden aber oft mit leeren Händen da, so dass die Arbeiten ohne vorangehende geophysikalische Untersuchungen in Angriff genommen werden müssen. Im Gegensatz dazu würde jedem Bauherrn, der ein Bauprojekt ohne vorgängige Planung samt zugehörigem Projektierungskredit in Angriff nähme, grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen. Diesem weit verbreiteten Missstand kann nur mit der Aufnahme flächendeckender archäologischer 5 Inventare begegnet werden . Erst wenn man eine archäologisch heikle Zone kennt, kann sie vor unkontrollierter Zerstörung geschützt werden. Zusätzlich gewinnt die Bodendenkmalpflege dadurch genügend Zeit ein Unternehmen sorgfältig zu planen und innerhalb gesetzter Fristen auszuführen oder - im Idealfall - gar präventiv aktiv zu werden. Mit präventiv ist gemeint eine mittelfristig bedrohte Stätte vorgängig und ohne Termindruck fachgerecht zu untersuchen. Weil derartige Inventare aber vielerorts noch nicht existieren oder aber unvollständig oder erst im Aufbau begriffen sind, fehlen für die Projektierung einer Grabung auf einem Erdwerk oft die Grundlagen. Vielleicht stehen dafür im besten Fall einige historische Quellen oder dürftige Resultate einer Altgrabung zur Verfügung. 4

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DE MEULEMEESTER , MATTH YS 1998, 39, bes. Fig. 8; BÖHME 1999, 62, bes. Abb. 26. PROSPEKTION 2006.

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Vorgehen und ausgrabungstechnische Probleme Topographischer Plan Der topographische Plan (siehe Abb. 2) ist eine absolut unerlässliche Grundlage für die Untersuchung eines Erdwerkes. Wann immer möglich, ist auch die nähere Umgebung der Anlage darauf festzuhalten. Die Aequidistanz der Höhenkurven sollte dabei so gewählt werden, dass auch feinere Geländestrukturen im Plan deutlich zu erkennen sind.

Vorgehen Für die archäologische Untersuchung eines Erdwerks sollte grundsätzlich ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus einer Sondier- und einer daran anschließenden Flächengrabung, vorgesehen werden. Mit einer Sondiergrabung, bestehend aus zwei oder drei Sondierschnitten, lassen sich erste und für die Planung einer Flächengrabung unerlässliche Hinweise zu den Schichtverhältnissen im Boden und zur Belegungszeit eines Erdwerks gewinnen. Die Befunde der Sondiergrabung müssen noch vor Beginn der Flächengrabung grob ausgewertet werden, damit die dabei erarbeiteten Resultate für deren Planung und Budgetierung herangezogen werden können.

Drei Beispiele archäologischer Forschungsgrabungen auf Erdwerken Als Grundlage für die abschließenden Betrachtungen sollen die im Folgenden kurz zusammengefassten Resultate dreier Schweizer Forschungsgrabungen dienen, die in den l 980er Jahren und im Jahre 2001 durchgeführt worden sind. Es handelt sich um die Grabungen auf den Burgstellen Salbüel/Kanton Luzern ( 1982), Altenberg/Kanton Baselland (1982/86/87) und Schönenbüel/Kanton Appenzell lnnerrhoden (200 l ). Die Resultate der Forschungen auf Salbüel und Schönenbüel sind bereits publiziert, von den Untersuchungen auf Altenberg liegt bisher nur ein gedruckter Vorbericht6 vor.

Salbüel/Kanton Luzern 7 Die Grabungen auf der Motte Salbüel (Abb. 2) zeigten, dass die vom 11. bis zu ihrem Abgang im 13 . Jahrhundert belegte Anlage nie 'versteinerte'. Vermutlich war der Besitzer materiell schlicht nicht in der Lage gewesen seine an einem eher abgelegenen Ort errichtete Burg der Zeit gemäß zu modernisieren . Die Burganlage wurde mit einer Kombination aus Schnitt- und Flächengrabung untersucht. Um den Aufwand und die Waldschäden möglichst klein zu halten, war geplant, keinen Schnitt quer über den Hügel zu legen. Vielmehr sollte der Verlauf des im Bereich der Hangkante erwarteten Palisadengrabens mit mehreren kurzen Schnitten erfasst werden (Abb. 3). Ein Vorgehen, das für diese Fragestellung erfolgreich war. Neben dem Palisadengraben war in den Profilen dieser Schnitte auch eine dünne Brandschicht zu sehen, deren Entstehung sich vorerst nicht erklären ließ. Sie lag eingebettet zwischen zwei scheinbar sterilen Schichten, die von Auge nicht voneinander zu unterscheiden waren und deshalb beide zuerst als anstehender Untergrund angesprochen wurden. Ein offensichtlicher Widerspruch, der vorerst einmal zu langen und fruchtlosen Diskussionen führte. Des Rätsels Lösung ergab sich erst, nachdem entschieden wurde den Hügel auch quer zu schneiden. Das Resultat der aufwändigen Arbeit war überzeugend. Die Brandschicht ließ sich nun über die ganze Breite des Hügels verfolgen und es zeigte sich, dass sie direkt auf dem anstehenden, aufgewitterten und sterilen Molassesandstein lag.

6 7

MEYER l 982b. MEYER l 982a; l 991a; 1991 b, Abb. 9 u. 10.

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Kornschliiß l bei Bad Gleichenberg ( K. Kojalek)

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Abb. 16: Wehranlagen Jungberg (OG Gnas) und Komschlößl bei Bad Gleichenberg (MG Bad Gleichenberg, Bez. Feldbach, Steiermark). (Planaufnahme: Kurt KOJALEK; nach KRAMER 1987, 19/Abb . 7 und 10/Abb. 2).

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Die 1999/2000 auf der Alt-Burgstelle Hollenegg im Vorburgbereich durchgeführten archäologischen Ausgrabungen durch Verf. stellen vorerst den Abschluss mottenbezogener archäologischer Grabungsaktivitäten in der Steiermark dar. Bei der Alt-Burgstelle handelt es sich um den Vorgänger des heutigen liechtensteinischen Schlosses Hollenegg. Mit zwei Mottenhügeln und einem ausgedehnten Vorburgbereich zählt die Motte Alt-Hollenegg, knapp 300 m weiter nördlich und gut 50 Höhenmeter tiefer als das Schloss gelegen, zu den größeren ihrer Art. Die bisherige Erforschung (Prospektion und Ausgrabung innerhalb der Vorburg) der Motte Alt-Hollenegg konnte nachweisen, dass die Anlage nicht in einem Zug erbaut wurde, sondern über mehrere Ausbauphasen verfügte. Das älteste Element stellt der Mottenhügel 1 dar, mit dessen Errichtung spätestens im 12. Jahrhundert begonnen wurde. Im (späten) 13 . Jahrhundert erweiterte man die Anlage (südlich von Mottenhügel 1) um eine annähernd quadratische Vorburg mit Wall und Abschnittsgraben. Der wunde Punkt in verteidigungstechnischer Hinsicht - die Ostseite der Vorburg und der etwas höhere Gegenhang - wurden durch die Aufwerfung des Mottenhügels 2 mit Abschnittsgraben an dieser Stelle entschärft. Innerhalb der Vorburg kam es in dieser Zeit zu einer plan- und regelmäßigen Verbauung mit teils vergleichsweise luxuriös ausgestatteten Blockbauten, die über Hinterladerkachelöfen verfügten. Weitere Gebäude aus dieser Phase konnten zum Teil ergraben werden (Wohn- und Wirtschaftsgebäude), ebenso eine Zisterne, die die Wasserversorgung sicherstellte. Man wird nicht fehlgehen, sich diese Innenverbauung der Vorburg mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ähnlich einem Gehöft vorzustellen, das in sich eine weitgehend autarke Einheit bildete. Für den beachtlichen Wohlstand der Bewohner zeugen die Hohlglasfunde, das Kinderspielzeug, die Armbrustbolzen und Pfeileisen sowie Teile der Reiterausrüstung. Ende des 14. Jahrhunderts scheinen sämtliche Gebäude innerhalb der Vorburg abgetragen worden zu sein, Hinweise auf einen langfristigen Verfall der Häuser liegen nicht vor. Es wäre reizvoll, ist aber eine durch nichts belegbare Hypothese, diese Demontage mit der Erbauung respektive 50 dem Ausbau des Schlosses Hollenegg in Verbindung zu bringen . Die eine oder andere Fundaufsammlung oder der eine oder andere „Schürffund" von Heimatforschern und „Sammlern" ließe sich noch anführen. An dieser Stelle sei aber nur noch auf die Lesefunde (u. a. Radsporn, 51 Gürtelschnalle, Pfeileisen) von E. STAUDINGER vom „Kirchenkögerl" bei Heimschuh (Bez. Leibnitz) hingewiesen sowie auf die erst unlängst vom Grundbesitzer übergebenen Keramikfragmente von der 52 Wehranlage Gerbersdorf in der Nähe von St. Georgen an der Stiefing (Bez. Leibnitz) .

3. Motten- und Hausbergforschung in der Oststeiermark 3.1 Forschungsgeschichte Von einer systematischen Motten- oder Hausbergforschung kann in der gesamten weitläufigen Oststeiermark bis dato bei weitem nicht gesprochen werden. Was bislang auf diesem Gebiet stattfand und auch weiterhin passiert, fällt eigentlich nur in den Bereich der Bestandsaufnahme von noch im Gelände 53 erkennbaren Anlagen sowie in fluranalytische Studien zur Lokalisierung abgekommener Anlagen . Diese Grundlagenarbeiten sind untrennbar mit dem Namen Kurt KOJALEK verbunden, der in jahrzehntelanger Arbeit und teilweise zusammen mit Diether KRAMER, Landesmuseum Joanneum, einen ersten Einblick in die gar nicht so geringe Dichte von Motten, Hausbergen und verwandten Anlagen in der Oststeiermark geben konnte. Ihm ist eine zumeist parzellengenaue erste topografische Aufnahme und planmäßige Erfassung von zahlreichen Wehranlagen zu verdanken, wobei K. KOJALEK Wert darauf legte zu betonen, dass es sich hierbei jeweils um Arbeitsvorlagen für künftige geodätische Aufnahmen und gezielte archäologische Forschungen handle. Die Tatsache, dass für die Bezirke Fürstenfeld, Feldbach und Radkersburg bis heute keine besseren bzw. genaueren Pläne vorliegen oder auch nur angefertigt wurden, vermag die augenscheinliche Stagnation auf diesem Gebiet besonders deutlich zu unterstreichen. Einen guten Überblick über die Ergebnisse der Aufnahmen von Kurt KOJALEK in der Oststeiermark vermochte Diether KRAMER 1987 in seinem Resümee zum Stand der Mittelalterarchäologie in der Steiermark zu geben, in dem zehn z. T. skizzenhafte Pläne von abgekommenen mittelalterlichen Wehranlagen in der Oststeiermark abgebildet wurden 54 . Von den an dieser Stelle vorgelegten Plänen geben allerdings nur zwei „echte"

50

GUTJAHR, TtEFENGRABER 2003. HEBERT, MURGG 1997, 44, 52 . HEBERT, MURGG 1997, 48; GUTJAHR, ROSCHER 2005, 619. 53 Von hi stori scher Seite sind zur Lokalisierung abgekommener Wehranlagen in erster Linie folgende Arbeiten anzuführen: KAAs 1923 (Haselbach bei Weiz). - LAMPRECHT 1933 , 37 ff. (Jagerberg). - LAMPRECHT 1946, 8 ff. (Kuruzzenkogel). - POSCH 1959, 16 ff. 54 KRAMER 1987, 5 ff. 51

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201 55

Motten wieder, nämlich die heute weitgehend eingeebnete Anlage „Erben" in Kroisbach bei Fürstenfeld und die zwar in ihrer Substruktion und dem umfassenden Wall erhaltene, jedoch mehrmals überbaute ursprüngliche Motte „Schloß Achheim" in Rohr bei Feldbach 56 . Neben Plänen von abgekommenen 57 Höhenburgen (z.B. die Burgen Glojach und Hageck am Greinerkogel, beide VB Feldbach) , überwiegen Kartierungen der von D. KRAMER als „Turmburgen" angesprochenen Hausberge in Sporn- oder Hanglage, die in der Regel über einen markanten, abgesetzten „Turmhügel" verfügen. Derartige Anlagen finden sich beispielsweise in Bad Gleichenberg („Kornschlößl") 58 , in Saaz bei Paldau („Versunkenes Schloß") 59 , im 62 Glasbachwald bei Poppendorf 0 , in Obergnas („Burg der Zebinger")6 1 und in Edelsbach („Schloßberg") . Für mehrere der erwähnten Anlagen konnten von D . KRAMER historische Quellen namhaft ~emacht 3 werden , die mitunter grobe Hinweise auf die Datierung oder Besitzverhältnisse zu geben vermögen . Während für diese drei südoststeirischen Bezirke somit immerhin eine erste Grundlage für weitere einschlägige Forschungen geschaffen wurde, nimmt sich die Situation in den beiden „nordoststeirischen" Bezirken Hartberg und Weiz deutlich bescheidener aus . Soweit bekannt, hat bis dato im Bezirk Hartberg überhaupt noch keine archäologische Bestandsaufnahme von abgekommenen Wehranlagen stattgefunden, geschweige denn von topografischen Planaufnahmen. Etwas besser stellt sich die Lage im westlich benachbarten Bezirk Weiz dar, für den Werner MURGG eine erste (grobe) Aufnahme dieser Bodendenkmale durchführen konnte, die Ergebnisse wurden unter Einbeziehung der sporadischen archäologischen 64 Funde im Jahr 2000 von MURGG und Bernhard HEBERT publiziert . Für den Bezirk Weiz führt W. MURGG lediglich zwei Anlagen an, die er jeweils als „Turmhügel" anspricht, bei denen es sich aber unter dem Gesichtspunkt der formalen Kriterien de facto um Hausberge handelt. Dies ist zum einen die aus einem markanten, heute durch einen Friedhof teilweise gestörten kegelstumpfförmigem Hügel bestehende Anlage von Rettenegg 65 , zum anderen die mehrteilige, von Wällen umgebene Wehranlage von Oed bei Markt Hartmannsdorf, die gerade durch die rechteckige Substruktion des „Turmhügels" als klassisches Beispiel 66 eines Hausberges gelten kann . Für den Hausberg von Rettenegg wird von B. HEBERT die Existenz von Funden erwähnt, die jedoch allesamt unbearbeitet sind67 . Für die Oststeiermark ergibt sich somit das Bild einer eher schütteren Verbreitung von Motten und Hausbergen, wobei der jeweilige Kenntnisstand in direkter Proportion zum prospektiven Arbeitszeitaufwand der Bearbeiter steht, wie es die deutlich dichtere Verteilung in den über Jahrzehnte von Kurt KOJALEK betreuten und begangenen Bezirken Fürstenfeld, Feldbach und Radkersburg klar belegen.

3.2 Zur Verbindung des Burgenbaues mit dem „zweiten Landesausbau" Aufgrund der im Vergleich zur westlich der Mur und nördlich des Massenbergzuges gelegenen Steiermark doch anders verlaufenden historischen Entwicklung, divergiert auch das Bild vom mit dem (zweiten) Landesausbau untrennbar verbundenen Burgenbau - unter den auch die Errichtung von Motten und Hausbergen subsumiert werden muss - in der Oststeiermark bis an die Lafnitz. Mit diesem Burgenbau ist frühestens ab der Mitte des 11. Jahrhunderts nach dem siegreichen Ungarnfeldzug Heinrichs III. 1042/44 zu rechnen, der die (erneute) Vorverschiebung der Reichsgrenze bis an die Lafnitz mit sich brachte. Ob erste frühe Burgen mit dieser lnitialphase der Kolonisationstätigkeit in Verbindung stehen, kann bislang nicht entschieden werden, der größte Teil der oststeirischen Wehranlagen wurde zweifelsohne - und dafür sprechen auch die wenigen bekannt gewordenen archäologischen Funde - im 12. und 13. Jahrhundert errichtet68 .

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KRAMER 1987 , 7 u. 8 mit Abb. 1. KRAMER 1987, 11 u. 12 mit Abb. 3 (oben u. unten) . KRAM ER 1987, 21 u. 22 mit Abb. 8. - KRAM ER 1987, 27 mit Abb. 11 (Burg Hageck am Greinerkogel). 58 KRAM ER 1987, 9 u. 10 mit Abb. 2 (oben u. unten) . 59 KRAMER 1987, 13 mit Abb. 4 (Sitz der Zebinger?). 60 KRAM ER 1987, 16 u. 17 mit Abb. 6. 61 KRAM ER 1987, 18 u. 19 mit Abb. 7; KRAM ER, GRASMUG, KOJALEK 1988, 101 f. 62 KRAM ER 1987, 25 u. 26 mit Abb. 10. 63 Vgl. KRAMER 1987, 5 ff. 64 MURGG 2000, 129 ff. 65 MURGG 2000, 135 f. mit Abb. 2 u. 161 mit Taf. 7. 66 MURGG 2000, 136 u. 162 mit Taf. 8. 67 MURGG 2000, 130. 68 POSCH 1986, 59 f. ; KRAM ER 1987, 6 f. 56

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202 „ ....-::;,=:;:-,::::;: Abb. 18: ~ --:':::'?.=.,z._ Funde vom Hausberg Obergnas Jungberg in (OG Gnas, Bez. Feldbach, TaborSteiermark) im museum Feldbach. (Foto: G. TIEFENGRABER).

Abb. 19: Funde vom Hausberg Jungberg in Obergnas (OG Gnas, Bez. Feldbach, Steiermark) im Tabormuseum Feldbach. (Foto: G. TIEFENGRABER).

Abb. 20: Funde vom Hausberg Jungberg in Obergnas (OG Gnas, Bez. Feldbach, Steiermark) im Tabormuseum Feldbach. (Foto : G . TIEFENGRABER).

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Abb. 17: Funde vom Hausberg Pöllau/Saaz (OG Paldau, Bez. Feldbach, Steiermark) im Tabormuseum Feldbach. (Foto: G . TIEFENGRABER).

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Kirchenruine St. Jakob (ehern. Burgkapelle) Mitterberg St. Marein bei Neumarkt Murau

100m

Abb. 21: Schematischer Plan der abgekommenen Wehranlage Mitterberg (OG St. Marein bei Neumarkt, Bez. Murau, Steiermark) . Plan genordet. (Plan : G. TIEFENGRABER).

Abb. 22: Motten- bzw. Turmhügel der abgekommenen Wehranlage Mitterberg (OG St. Marein bei Neumarkt, Bez. Murau, Steiermark) mit Ruine der Jakobskirche ehern. Burgkapelle. (Foto : G. TIEFENGRABER).

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3.3 Zur Verteilungsdichte der Anlagen In Relation zu den zahlreichen ab dem 12. Jahrhundert für die Oststeiermark belegten Dienstleuten bzw. 69 Ministerialen , die wohl in erster Linie mit derartigen Anlagen in Verbindung zu bringen sind, ergibt sich eine erhebliche zahlenmäßige Diskrepanz mit dem bekannten bzw. erhaltenen Bestand. Bezeichnenderweise begegnen heute Motten und Hausberge erwartungsgemäß fast ausschließlich nur mehr im bewaldeten, zum Teil auch abgelegenen Gebiet, so dass sich die ursprüngliche Dichte eigentlich überhaupt nicht mehr realistisch abschätzen lässt. Überlegungen, die versuchen gewisse Regelhaftigkeiten in der Lage und Verteilung der Anlagen herauszufiltern, sind dementsprechend methodisch bedenklich. Auffällig ist jedoch, dass für einen Teil der Anlagen, wie z. B. dem Hausberg Obergnas, ein direkter Zusammenhang mit einem danebenliegenden Dorf gegeben zu sein scheint, liegt diese Anlage doch auf einem Riede! knapp oberhalb des heutigen Ortes Gnas , der an der selben Stelle zumindest bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgbar ist. Bei anderen Hausbergen, wie beispielsweise bei der Anlage von Saaz, die abgelegen in einem Seitengraben südöstlich von Paldau lokalisiert werden konnte, finden sich weder historische Hinweise auf ein benachbartes bzw. dazugehörendes Dorf, noch sind im weiteren Umfeld entsprechende Wüstungsreste bekannt. Die Tatsache, dass der Graben eine Verbindung nach Süden hin in den Bereich von Gleichenberg darstellt, scheint hierbei eher für die Standortfrage von Bedeutung gewesen zu sein.

3.4 Zu Grabungstätigkeiten auf oststeirischen Motten Abgesehen von der schon erwähnten Ausgrabung Werner KNAPPs in der Altburgstelle Alt-Radmannsdorf sowie einer kleineren Untersuchung des Landesmuseums Joanneum 1985 durch Diether KRAMER und Gerald FUCHS anlässlich einer Friedhofserweiterung bei der Pfarr- und Wallfahrtskirche zur Schmerzhaften Muttergottes am Weizberg, die im Bereich einer nicht näher greifbaren, nach Ausweis der spärlichen Funde wohl mittelalterlichen Wehranlage durchgeführt wurde 70 , haben bis heute keine archäologischen Untersuchungen in oststeirischen Motten bzw. Hausbergen und verwandten Anlagen stattgefunden. Es entbehrt unter diesen Gesichtspunkten nicht einer gewissen Ironie, dass die Erforschung potentieller, auch nach äußeren Kriterien durchaus als Motte ansprechbaren Formationen, mit denen sogar entsprechende historische Quellen mehrfach in Verbindung gebracht wurden, auch zur Falsifizierung bisheriger Annahmen geführt hat. Im konkreten Fall betrifft dies die sog. Schanzkögeln im Urlaswald bei Kirchberg an der Raab, die von Historikerseite als Ansitz des urkundlich 1135 zum ersten Mal erwähnten Urleug bzw. 71 Urlenz betrachtet wurden • Dabei handelt es sich um zwei markante, an ihrer Oberseite leicht eingeebnete und direkt nebeneinander liegende Hügeln mit Durchmessern von jeweils knapp 30 m und Höhen von 5 bzw. 8 m. Archäologische Untersuchungen in dem etwas kleineren Hügel erbrachten im Jahr 2005 vielmehr den Nachweis, dass es sich hierbei um hallstattzeitliche Hügelgräber handelt, auf beiden Hügelplateaus konnten keinerlei mittelalterliche Befunde bzw. Funde festgestellt werden, so dass die Schanzkögeln von der Liste der abgekommenen oststeirischen Wehranlagen zu streichen sind 72 . Kurioserweise hat die Beschäftigung mit den prähistorischen, in erster Linie hallstattzeitlichen Hinterlassenschaften rund um Kirchberg an der Raab zur „Wiederentdeckung" einer bereits im 20. Jahrhundert vollständig abgetragenen Wehranlage am Fuße des Kirchberges geführt, bei der es sich um eine echte, von einem Wall umfasste Motte mit Resten eines steinernen Gebäudes (Turmes?) auf dem Mottenhügel gehandelt haben 73 dürfte . In Hinblick auf die nur wenige Kilometer entfernte, auf der nördlichen Raabtalseite gelegene, überprägte Motte „Schloß Achaim" in Rohr zeichnet sich somit ein beträchtlicher Grad an restloser Zerstörung von Motten in Flachlandlagen ab .

3.5 Zur Sachkultur auf oststeirischen Motten und Hausbergen Paradoxerweise sind wir auf der anderen Seite über die Sachkultur auf diesen Wehranlagen verhältnismäßig gut unterrichtet, was auf die in dieser Hinsicht zweifelhaften Verdienste eines Feldbacher Sondengehers zurückzuführen ist. So verfügt das Tabormuseum Feldbach über reiche Fundbestände aus zahlreichen mittelalterlichen Wehrbauten aus der Umgebung von Feldbach, wie beispielsweise von der 69

Vgl. LAMPRECHT 1979 , 191 ff.

°KRAMER, FUCHS 1985/86, 354 f.

7

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Zur Lokali sierung des Sitzes bzw. der Wehranlage des Urlenz bzw. Urleig vgl. : BARAVALLE 1961 / 1995, 110; Kö HLDORF ER, GRABNER 1998, 57 u. 77 . Vgl. TIEFENG RABER 2005, 508 mit Abb. 192.; 2007, l 0 ff. Vgl. PICHLER o. J. [ 1879], 22 (handschriftlicher Kommentar zu Kirchberg an der Raab).

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ursprünglichen Motte und dem späteren Schloß Rohr, den Hausbergen Obergnas und Saaz/Pöllau, den abgekommenen Burgen Glojach und Hageck sowie vom Kuruzzenkogel bei Fehring und den beiden 74 Gleichenberger Burgen . Auffällig ist bei sämtlichen Fundkomplexen ein quantitativ hoher Prozentsatz an „Militaria", die von Armbrustbolzen und Pfeileisen über Lanzenspitzen, Streitkolben bis hin zu Schwertteilen reichen. Daneben begegnen regelhaft Funde, die zur Pferde- und Reiterausstattung zu rechnen sind, wie einerseits beispielsweise Hufeisen mitsamt dazugehörenden Nägeln, Trensen, Steigbügeln und Pferdestriegel sowie andererseits verschiedene Sporentypen. Neben diversen Werkzeugen und Nägeln geben fast regelhaft anzutreffende Schmiedesehlacken Hinweise auf handwerkliche Tätigkeiten. Die teilweise umfangreichen Keramikfunde ermöglichen grobe Rahmendatierungen der Anlagen, wobei - mit Ausnahme von Alt-Gleichenberg, das auch Keramik des 9. Jahrhunderts geliefert hat - de facto keine Funde mit Sicherheit vor das 12. Jahrhundert datiert werden können. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass von mehreren dieser abgekommenen Wehranlagen Keramik vorliegt, die mitunter deutlich jünger ist, als historisch überlieferte „Enddaten" . Hierzu werden künftig Überlegungen auch von historischer Seite anzustellen sein.

3.6 Zur Frage der Wehranlagen der „Ersten Landnahme" Dasselbe gilt - obwohl es das eigentliche Thema Motten und Hausberge nur peripher tangiert - für die Frage nach eventuellen, wie auch immer gearteten „Wehranlagen" der „Ersten Landnahme", d. h. aus karolingisch-ottonischer Zeit sowie möglicher ungarischer Anlagen, mit denen eigentlich - analog zum Grenzbefestigungssystem der Karantanischen Mark am Mons Predel - im 10. Jahrhundert in der westlichen Oststeiermark zu rechnen sein müsste sowie nach 1043 an der neuen östlicheren Grenzlinie an der Lafnitz75 . Mangels einschlägiger Funde sind diese Fragen allesamt nicht beantwortbar, man ist hierbei weiterhin in erster Linie auf historische bzw. fluranalytische Ergebnisse angewiesen. Für letzteren Punkt scheinen sich mit den Funden vom Kuruzzenkogel bei Fehring, nahe der Lafnitzgrenzlinie, erste, künftig besonders kritisch zu überprüfende Hinweise auf zumindest „ungarische" Einflüsse anzudeuten, die sich in der Keramik äußern, zeichnen sich doch hierbei auffällige Parallelen zu Keramikfunden des südlichen Transdanubien und der Baranya ab.

4. Die Erforschung von Motten und Hausbergen in der Obersteiermark Der flächenmäßig größte Teil der Steiermark, die Obersteiermark, vermag in Hinblick auf die Motten- und Hausbergforschung praktisch nichts beizutragen. Abgesehen von fehlenden systematischen Geländeprospektionen, sind bislang nicht einmal die ganz wenigen überhaupt bekannten Anlagen kartografisch erfasst worden. Bis jetzt kann für die gesamte Obersteiermark, also dem Gebiet, das sich von der Mur-MürzFurche aus nach Norden hin erstreckt, lediglich eine „echte" Motte namhaft gemacht werden. Dabei handelt es sich um den sog. „Umadum", der sich in erhöhter Terrassenlage am Rande des Liesingtales befindet und auch heute noch einen zentralen Mottenhügel mit einem Durchmesser von ca. 30 m und einer 76 Höhe von knapp 3 m aufweist sowie von einem gut erkennbaren umlaufenden Wall eingefasst wird . Funde liegen von dieser Anlage keine vor, so dass eine genauere zeitliche Eingrenzung nicht möglich ist. Der Umadumkogel kann zumindest als ein Beleg dafür angesehen werden, dass auch im inneralpinen Bereich mit Motten gerechnet werden muss. Bei einer Reihe von weiteren abgekommenen und durchwegs auf Grund von fluranalytischen Untersuchungen entdeckten Anlagen ist eine Unterscheidung zwischen Hausberg und Turmburg oder Ähnlichem 77 schwer möglich, wie beispielsweise bei der Wehranlage am Sulzberg in St. Marein bei Knittelfeld . Dasselbe gilt für die teilweise zerstörte kleine Wehranlage am Südausläufer des Falkenberges bei Judenburg/Strettweg, wo sich stellenweise Mauerreste erahnen lassen. Eher eine abgekommene Burg als ein Hausberg bzw. eine Motte dürfte bei der ausgedehnten Wehranlage von Ritzmannsdorf in Mühlen/St. Helen bei Neumarkt vorliegen, bei der es sich möglicherweise um einen 1066 erstmals genannten 78 Eppensteinerschen Edelsitz handelt . 74

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77 78

Für die Ein sichtn ahme und Möglichkeit zur Dokumentation di eser Fund e seien Dr. Rudolf GRASMUG und Johann PRASSL herzlich gedankt. Das umfangreiche Fundmateri al von den beiden Gleichenberger Burgen (Alt- und Neu-Gleichenberg) wird von Dr. Georg TI EFENG RABER zur monografisc hen Vorlage vorbereitet. Vgl. dazu di e Ausführun gen von PURKATHOFER ( 1979, l ff.) , POSCH ( 1992, 6 1 ff.) und GJ ES LER ( 1997 , 108 ff.). Vgl. EBNER 1979, 153 (Umadumkogel). Vgl. CERWINKA 1974, 274 f. BARAVALLE 196 1/ 1995 , 490.

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Als abschließendes Beispiel soll noch die abgekommene Wehranlage am Mitterberg bei Neumarkt erwähnt werden, wo der seltene Fall vorliegt, dass sich aus der Burgkapelle eine heute noch als Ruine erhaltene Kirche entwickelte. Die Jakobskirche am Mitterberg erhebt sich auf einem annähernd runden, kegelstumpfartigen Unterbau, der als ursp1ünglicher Mottenhügel mit einem Durchmesser von knapp 40 m anzusprechen sein wird. Auf der Westseite lässt sich auf Grund von Bewuchsmerkmalen ein heute vollständig verfüllter Graben beobachten, dem ein nur mehr in geringen Partien erhaltener Wall vorgelagert war. Östlich an den Mottenhügel schließt ein rund 8 Höhenmeter tiefer gelegenes längliches Plateau mit einer Größe von ca. 20 m x 40 man, das im Norden und Osten steil abbricht. In diesem Plateau wird man die zugehörige Vorburg vermuten dürfen. Eine Reihe von Keramikstreufunden datiert (die Vorgängeranlage?) ins 11 . und 12. Jahrhundert. Insgesamt betrachtet kann für die Erforschung von Motten, Hausbergen und verwandten Wehranlagen in der Obersteiermark eine ähnlich große Forschungslücke festgehalten werden, wie sie auch für sämtliche andere Perioden zu konstatieren ist.

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Mag. Christoph Gutjahr Körösistraße 56/4/22 A-8010 Graz Österreich E-mail: [email protected]

Mag. Dr. Georg Tiefengraber Eichenweg 19/E/2 A-8042 Graz-St. Peter Österreich E-mail: [email protected]

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 23, 2007, S. 209-224.

TURMHÜGELBURGEN IM GEBIET DES HEUTIGEN SLOWENIENS - EINE FORSCHUNGSLÜCKE

von Katarina PREDOVNIK, Darja GROSMAN, Ljubljana

1. Zur Forschungsgeschichte 1

Die Erforschung der Türrnhügelburgen und verwandten Anlagen ist in Slowenien bisher kaum betrieben worden. Zwar wurden die ersten Anlagen in der Fachliteratur schon im 19. Jahrhundert beschrieben (Abb. 2 l), so z.B. die Attilas Grab (Attilas Kocian) genannte Anlage bei Spodnji Kocjan und Repnikovo gradisce 3 (Gradisce bei Rep) bei Veliko Tinje , doch sind diese damals noch nicht als mittelalterlich erkannt worden. Alfons MüLLNER hat vermutet, solche Orte seien Opferstätten unbekannten Zeitalters. Im frühen 20. Jahrhundert hat sich Walter SCHMID mit dem Thema beschäftigt. Er war seit 1912 im Landesmuseum Joanneum und an der Universität Graz tätig und ihm waren die Forschungen C. SCHUCHHARDTs und A. DACHLERs zu den frühen befestigten Herrensitzen, den sog. Erdburgen und Hausbergen, bekannt. SCHMID hat mehrere solcher Anlagen in der Südsteiermark, in Kärnten und Krain beschrieben und hat sogar kleinere Grabungen durchgeführt, die aber keine aufschlussreichen Ergebnisse 4 erbracht haben • Wie die meisten damaligen Forscher hat auch SCHMID die Meinung vertreten, solche 5 Befestigungen seien ins 9. und 10. Jahrhundert, in die Zeit der Ungameinfälle zu datieren .

Abb. 1: Alfons MüLLNERs Skizzen von Attilas Grab, von der heute Attilas Burg genannten Anlage nahe Spodnji Kocjan (nach MüLLNER l894b, Taf. XVI/1-3). 1

Wir gebrauchen den Tenninus Tunnhügelburg ganz neutral im Sinne eines typologischen Oberbegriffs, welcher sowohl die echlen Motten als auch die Hausberge umfass!. Wir wollen damit aber in keinerlei Weise in die Debatte um die deulsche Tenninologie des Begriffs »Tunnhügelburg« eingreifen. Da wir auch andere mit Erdwällen und Gräben umgebene Anlagen ansprechen , werden wir im Folgenden oft auch diese, etwas neutralere Bezeichnung gebrauchen, die im Sinne des englischen Begriffs »moated site« zu verstehen isl. 2 KREMPL 1845, 55 ; MÜLLNER l 894b. 3 MüLLNER l 894a. 4 In der slowenischen Steiennark: Stari grad oder Presek bei Cresnjevec / Kerschbach (SCHMID 1915; 1925), St. Rochus bei Ptuj / Pettau (SCHMID 1922, 35-38), Pekre / Pickern (SCHMID 1915 , 271; 1922, 38), Attilas Grab bei Spodnji Kocjan / Unter-Katzian (SCHMID 1922, 42) . - Steiennark: Katzelwehr bei Mayerhof (SCHMID 1922, 27-33 ), Tunnbauerkogel bei Eibiswald / lvnik (SCHMID 1922, 41-42; siehe jetzt auch : GUTJAHR, TIEFENGRABER 2004), Beißerschloßkogel (SCHMID 1922, 42). - Kärnten: Pamece / Pametsch (SCHMID 1922, 42), Kogel bei Raduse / Radusch (SCHMID 1922, 42-43). - Krain: Groblje bei Zlan in Bohinj / Wochein (SCHMID führte dort 1938 eine kleine Ausgrabung durch: SMOLEJ 1938). - Zum aktuellen Forschungsstand in der Steiennark vgl. GUTJAHR, TIEFENGRABER in diesem Band. 5 SCHMID 1922, 40-44 .

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Danach gab es in Slowenien bis in die l 970er Jahre keine ernsthafte Auseinandersetzung mehr mit den mittelalterlichen Wall-Graben-Anlagen. Die Burgenforschung ist damals ausschließlich von Kunsthistorikern betrieben worden und die haben sich mit Objekten, die keine erhaltene Architektur mehr hatten, natürlich nicht näher befasst. Einige Beispiele von solchen Anlagen sind von Ivan STOPAR in seiner 6 Dissertation zur Architekturentwicklung von Burgen in der slowenischen Steiermark 1977 erwähnt worden, die wenigsten sind dann aber in den Nachschlagewerken zu den Burgen Sloweniens von Ivan STOPAR und Ivan JAKlC mit aufgenommen worden. Auf der anderen Seite haben sich auch die Archäologen lange nicht mehr mit dem Thema beschäftigt. Die spätmittelalterliche Archäologie hat sich als eine selbstständige Disziplin erst zu Beginn der l 990er Jahre entwickelt. Obwohl es schon seit dem späten 19. Jahrhundert recht viele Einsätze an mittelalterlichen Fundstellen gab, waren dies nur selten systematische, von reinem Forschungsinteresse angetriebene Eingriffe. Vor allem ging es um kleinere Rettungsgrabungen oder aber es wurden die mittelalterlichen Funde in Befunden - quasi als ein »Nebenprodukt« - bei der Erforschung von mehrperiodischen Fundorten gemacht7.

1.1 Die archäologische Topographie Seit den späten l 960er und bis in die l 980er Jahre hat sich die slowenische Archäologie mit dem großen topografischen Projekt der Erstellung einer archäologischen Karte Sloweniens auseinander gesetzt. Das ganze Gebiet Sloweniens ist dabei in zwanzig Bereiche aufgeteilt worden. Für jede Region sollte eine Topografie durchgeführt werden und die Ergebnisse in einem Band der Reihe »Arheoloska topografija Slovenije« veröffentlicht werden 8 . Leider sind nur zwei Bände auch wirklich erschienen. Ein wichtiger Teil dieser Bestrebungen war das Zusammentragen von Angaben zu den Fundorten und Funden aus der Fachliteratur. Diese sind dann katalogartig in dem grundlegenden Nachschlagewerk »Arheoloska najdisca Slovenije« publiziert worden 9 . Besonders wichtig für unser Thema sind die topografischen Forschungen von Stanko PAHIC. Er war als Kustos im Regionalmuseum Maribor (Marburg) tätig und hat viele neue Daten zur Archäologie des nordöstlichen Teils der Stajerska (Untersteiermark/slowenische Steiermark) 0 zusammengetragen ' . Unter anderem hat er auch einige Turmhügelburgen neu beschrieben und genauer lokalisiert sowie andere selber entdeckt' 1• Im Jahr 1978 hat dann Slavko CIGLENECKl einen Aufsatz veröffentlicht, in welchem er eine Liste von 2 insgesamt vierzig befestigten Siedlungsplätzen zusammengetragen hat1 . Im Rahmen seiner langjährigen Erforschung spätrömerzeitlicher Höhensiedlungen ist er nämlich auf eine Reihe von Fundstellen gestoßen, die sich sowohl von den vorgeschichtlichen als aus von den spätantiken befestigten Siedlungen unterschieden. Er nahm an, sie stammten aus dem Mittelalter, und hat versucht eine Typologie zu erstellen, ist aber nicht näher auf die Problematik eingegangen. Sein Aufsatz hat aber doch eine Basis für die weitere Arbeit geschaffen und auch konkrete Forschungsanregungen geboten. So haben dann ein Jahr später CIGLENECKls Kollegen vom Archäologischen Institut der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste eine der von ihm aufgelisteten Anlagen ausgegraben. Andrej PLETERSKJ leitete die Grabung in Gradisce bei Golek nahe Dragatus in Bela Krajina (Weißkrain) im Südosten Sloweniens und konnte die 13 vermutete mittelalterliche Zeitstellung der Anlage bestätigen • Die archäologische Topografie im slowenischen Raum gründete sich sehr lange - bis in die l 980er Jahre eigentlich - auf die alten, schon im 19. Jahrhundert entwickelten Konzepten. In Bezug auf die mittelalterlichen Turmhügelburgen sind dabei die Begriffe »befestigte Höhensiedlung« (Burgwall, slow. gradisce) und »Grabhügel« (slow. gomila) von besonderer Bedeutung. Zwar sind diese Begriffe vor allem 6

STOPAR 1977 , 22-24; siehe auch z. 8.: STOPAR 1990-1993, pass.; JAKJC 1997, pass. GUSTI N, PREDOVNIK 1994; NABERGOJ 1995. 8 PAHIC l 962b. 9 ANSL 1975 . - Die bi s 1965 erschienene Fachpublikationen, Tageszeitungen u. Ä. sind von einer gan zen Generation slowenischer Archäologen nach Angaben zu archäologischen Fundstellen durchgeschaut worden. 10 Er hat zwar vieles publi ziert, doch sind manche bedeutende Daten in seinen Tagebüchern und Noti zen unveröffentlich geblieben. Diese wurden vom Pokrajin ski muzej Maribor als maschinengeschriebene Materialien in mehreren Heften zusammengetragen und vervielfältigt (PAHtC 1987-1995). 11 Stari grad oder Presek bei Cre5njevec (PAHIC 1950; 1964; 1983a, 82); Attilas Grab bei Spodnji Kocjan (PAHIC 1962a, 190 u. 200/Anm. 24; l 989b); Golican in Gaj sevci / Turm Kalussen ? (PAHIC l 989a); Zajcev grad bei Kebelj / Burg Gibl (PAHIC l 983a , 82); Pameee (PAHIC 1974a); Pekre (PAHIC 1987); Kosova gomila in Razvanje (PAHIC 1970, 202-204 u. 242-243/Anm . 332-341); Repnikovo gradisce bei Veliko Tinje (PAHIC l 983a, 51 , 80 u. 82; l 983b); Vrhe bei Slovenj Gradec (PAHIC l 974b); Tmic in Zabljek (PAHIC l 983a , 8 1-82; l 983c). 12 CIGLEN ECKI 1978. 13 PLETERSKJ 1980; 1981; BRESCAK 1984. 7

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der vorgeschichtlichen Archäologie verbunden, doch verbergen sich unter solchen Bezeichnungen oder gar Flurnamen oft auch mittelalterliche Anlagen ähnlicher Konstruktion und Form. Weil die Erkennung der typischen Geländeformen eines der grundlegenden Arbeitsverfahren darstellte, hat sich die traditionelle archäologische Topografie lange gezielt auf die hügeligen, bergigen Landschaften fokussiert, wo sich besonders Anlagen und Objekte mit gut erhaltenen, im Gelände leicht zu beobachtenden Elementen befinden. Die dicht besiedelten und stärker bewirtschafteten Niederungen mit daher viel schlechter erhaltenen archäologischen Strukturen sind somit fast systematisch vernachlässigt worden. Nur durch die Erfassung von Orts- und Flurnamen und mittels Befragung der Bevölkerung konnten doch einige Angaben zur Besiedlung der Ebenen zusammengetragen werden. Als dann in den späten l 980er Jahren doch neue Konzepte von Raum und Landschaft und neue Prospektionsmethoden in die slowenische 14 Archäologie eingeführt worden sind, hat sich eigentlich eine neue Welt enthüllt .

1.2 Die Bedeutung der Luftbildarchäologie Für unser Thema besonders wichtig ist die Entwicklung der Luftbildarchäologie seit den l 990er Jahren. Diese hat unter anderem eine Reihe von bisher unbekannten mit Erdwällen und Gräben umgebenen Anlagen in den Niederungen und Talauen aufgedeckt, die zumeist schon stark eingeebnet und deswegen im Gelände kaum noch zu erkennen waren (Abb. 2) 15 . Aufgrund ihrer Form, Größe und Lage ist es möglich, sie mit den auf Englisch als »moated sites« bezeichneten mittelalterlichen Anlagen zu vergleichen. Die einzige vorher bekannte und untersuchte Anlage dieser Art war Gradisce nahe Golek bei Dragatus. Mittels Luftbildaufnahmen werden immer noch neue aufgespürt und eine davon, Cizelj bei Dolnja Prekopa, ist 1998 vom Institut für Archäologie der Philosophischen Fakultät der Universität Ljubljana vermessen und 16 geophysikalisch untersucht worden .

Abb. 2: Dobe bei Kostanjevica. (Photo: D. GROSMAN) . 14

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2003 , 203-260. 1996, 70-73 . - Vgl. dazu auch den unpubli zierten Bericht über die Luflbildaufnahme der Umgebung von Skocjan von D. GROSMAN (unveröffentlichtes Manuskript, Ljubljana 2000, im Archiv des Denkmalpflegeamts in Novo mesto) und KERM AN 2002. PREDOVN IK 2003 , 48-50.

NOVAKOVIC GROSMA N

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2. Zur terminologischen Ansprache Als wir eingeladen wurden , an der Tagung in Hollenegg teilzunehmen, haben wir das als eine Gelegenheit gesehen, die Forschung zum Thema Turmhügelburgen und verwandten Anlagen im Gebiet des heutigen Staates Slowenien etwas voranzutreiben. Wir haben natürlich mit einem gründlichen Überblick über die bisherige Forschung begonnen und dabei auch eine Datenbasis von vermutlichen Anlagen dieser Art erstellt. Erst musste die Frage angesprochen werden, wonach suchen wir eigentlich? Welche entscheidenden Merkmale sollte eine Anlage aufweisen, um als eine mittelalterlicher Turmhügelburg, eine Motte oder Ähnliches erkannt zu werden? 17 Da wir vor allem mit den Beschreibungen der topografischen Merkmale der einzelnen Anlagen zu tun hatten, konnten wir uns nicht mit den Feinheiten der Typologie und 18 Terminologie auseinander setzen, sondern mussten uns eine breite und einfache Auffassung verschaffen . 19 Wir haben also nach Anlagen gesucht, die ein erhöhtes, hügelartiges Kernwerk - sei es nun künstlich aufgeworfen oder aus dem Gelände geschnitten - und wenigstens einen umlaufenden Graben und Wall aufwiesen. Alle weiteren Merkmale wie die Art der Bebauung, die Funktion der Anlage, das Vorhandensein einer Vorburg u. Ä. haben wir als nicht entscheidend für die Einbeziehung der Anlage in unsere Datenbasis betrachtet. Der erste Schritt war die Erfassung der vorhandenen Angaben aus der archäologischen und burgenkundlichen Fachliteratur sowie aus dem Staatsregister für das Kulturerbe. Wir haben auch die Ergebnisse der von Frau GROSMAN durchgeführten Luftbildaufnahmen miteinbezogen. Insgesamt haben wir mehr als 90 vermutliche mittelalterliche Turmhügelburgen und verwandte Anlagen auflisten können. Dann erfolgte die Kontrolle der publizierten Angaben vor Ort. Damit konnten die Daten überprüft und vervollständigt werden. Unsere Feldarbeit haben wir zusammen mit unseren Studenten in den Jahren 2005/06 und 2006/07 durchgeführt und sie ist noch nicht abgeschlossen. Wir haben uns besonders mit der Region Stajerska (Untersteiermark) befasst, wo die Anzahl und die Dichte solcher Anlagen im Vergleich zu den anderen Regionen Sloweniens (z. B. Primorska, Notranjska und Gorenjska) besonders groß sind. Zu Beginn des Jahres 2008 umfasst die Basis jetzt 73 Fundorte. Davon sind 21 noch nicht besichtigt worden, in 15 Fällen bleibt die Bestimmung auch nach der Geländebegehung fraglich , während die restlichen 37 Anlagen mit einiger Wahrscheinlichkeit als mittelalterliche Turmhügelburgen und verwandte Anlagen bestimmt werden konnten (Abb. 3).

3. Topographische Kriterien Wir haben danach einen ersten Klassifizierungsversuch der erfassten Anlagen gemacht. Dabei haben wir mehrere Kriterien in Betracht gezogen: die Lage, die Form, die Konstruktion und die Raumverhältnisse. Hinsichtlich der Lage ist es möglich, vier Gruppen von Wall-Graben-Anlagen zu unterscheiden: Gipfellage, Bergsporn- bzw. Hanglage, Lage am Rand einer Flussterrasse (meist mit viereckigem Grnndriss) und Niederungslage (typisch für echte Motten). In einer Gipfellage befinden sich z. B. die Burg Lengenburg auf dem Pankratiusberg oberhalb Lemberg und die Burg Gib!, auch Zajcev grad genannt, in der Nähe des Dorfes Kebelj. Bei solchen Anlagen wurde der Berggipfel umgeformt und mit einem Graben und Wall umfriedet. Auf dem Gipfel selbst - in einer dominanten Lage - stand dann ein turmartiger Bau, unterhalb dessen eine Vorburg mit weiteren Bauten angelegt werden konnte. Im Fall von der Burg Gib! ist der Turm teilweise noch erhalten und auch die Reste

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Di e grundlegende Studie zum Phänomen Motte bleibt immer noch: HINZ 198 1. - Siehe auch den kommentierten Überblick über den Forschungsstand bei : GUTJAHR, TIEFENGRABER 2003 , 12-1 9; 2003. Ob ein Hügel wirklich künstlich aufgeworfen wurde oder nicht, was eigentlich für die Bezeichnung einer Anlage als Motte entscheidend sein soll , ist ohne Ausgrabung kaum zu entscheiden. Auch di e Frage nach der Form und Bauart der Gebäude auf dem Hügel ist ohne Ausgrabung nicht zu beantworten. In di esem Sinne ist vielleicht der Begri ff Tunnhügelburg wirklich irreführend , wir haben ihn aber . trotzdem beibehalten. Dazu muss allerdings noch bemerkt werden , dass es in der sloweni schen Sprache überhaupt keinen Begifffür solche Anlagen gibt. Unsere Burgenforschung hat zwar den Begriff Motte in der lateini schen Form »mota« eingeführt , die Begriffe Turmhügelburg, Hausberg oder der englische Tenninus »moa ted si te« sind aber ins Slowenische gar nicht übersetzbar. Wir sprechen also von Motten, seien es nun echte Motten oder auch nicht, und im weiteren Sinne von den mit Wall und Graben umgebenen Anlagen. - Vgl. dazu auch di e Artikel in di esem Band wie z.B.: HOFER, KRENN und BLESL sowie KÜHTREIB ER und REICHHALTER. Bei schlecht erhaltenen Anlagen, wo Einzelteile der Geländedenkmäler schon abgelragen und ein geebnet worden sind , ist die gesamte Grundrissform eigentli ch entscheidend für di e Ansprache.

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, ~ -Abb. 3: Verbreitungskarte der Turmhügelburgen und verwandten Anlagen in Slowenien (Karte: K. PREDOVNIK). • - Bestimmung sicher, o - Bestimmung fraglich, !:,. - nicht überprüft. 1 - Andraz nad Polzelo / Mravlakov hrib, 2 - Babinci, 3 - Blagovica, 4 - Bolehnicici, 5 - Boreci, 6 - Brezje nahe Mozirje / Strucljevo gradisce, 7 - Cerov Log, 8 - Cven / Kastelisce, 9 - Cadraze, 10 - Cresnjevec / Stari grad, 11 - Dobrova nahe Dravograd, 12 - Dolence nahe Podlehnik, 13 - Dolnja Prekopa / Cizelj, 14 - Drevenik / Podtum, 15 - Fala, 16 - Filovci, 17 - Gajsevci / Golican, 18 - Golek bei Dragatus / Gradisce, 19 - Gorca bei Podlehnik / Gradisce, 20 - Gorica bei Slivnica I Gradisce, 21 - Gorifoica, 22 - Gradisce bei Tropovci / KupiSßjek, 23 - Hiteno / Nadliski gric, 24 - Horn bei Sentrupert I Viher, 25 - Klancise oberhalb Kotredd, 26 - Kebelj I Zajcev grad, 27 - Dobe nahe Kostanjevica, 28 - Krog, 29 - Krog I Kastelisce, 30 - Lemberg / Pankracius, 31 - Letus / Lozenberg, 32 - Lipovci / Bereg, 33 - Ljubnica I Tumskov grad, 34 - Lokovica, 35 - Lom, 36 - Pivka bei Naklo / Gradisce na Stuclju, 37 - Pamece, 38 - Pekre, 39 - Petanjci I Kastelisce, 40 - Pletovarje / Frajstajn, 41 - Podgorje / Preseka, 42 - Podgorje bei Letus / Trebinjscek, 43 - Podgrad, 44 - Podmolnik I Marencek, 45 - Podsreda / Tumic, 46 - Preena, 47 - Preski vrh, 48 - Ptuj / sv. Rok, 49 - Raduse / Gradisce v Farovskem lesu, 50 - Raduse / Kogel, 51 - Ravne na Koroskem / Strazisce, 52 - Razvanje / Kosova gomila, 53 - Senicno / Gradisce, 54 - Slivnica bei Celje / Turno, 55 - Slivnisko Pohorje / Plahutnik, 56 - Slope / sv. Kriz, 57 - Spodnje Grufovje I Dvurse, 58 - Spodnji Kocjan / Attilas Burg, 59 - Stari trg bei Slovenj Gradec / Sance, 60 - Sv. Lovrenc bei Prebold / Burkeljcev hrib, 61 - Skofja Loka / Krancelj , 62 - Yeliko Tinje / Repnikovo gradisce, 63 - Vrhe, 64 - Zamostec / Stari grad, 65 - Zavodnje, 66 - Zgomje Duplje / Arhovo gradisce, 67 - Zgomje Pleterje / Attilas Grab, 68 - Zgomje Pleterje / Pri krifu, 69 - Zgomji Gabmik, 70 - Zablje / Cevec, 71 - Zabljek / Tmic, 72 - Zlan / Groblje, 73 - Zupeea vas.

von den Bauten in der Vorburg sind noch erkennbar. Von der Burg Lengenburg ist bis heute nur mehr noch die ehemalige Burgkapelle vollkommen erhalten geblieben (Abb. 4). Oft befinden sich Turmhügelburgen in einer Hanglage. Einbezogen in diese Gruppe sind sowohl die Anlagen in Bergspomlage, wie z. B. Repnikovo gradisce bei Veliko Tinje, als auch die Beispiele in echten Hanglagen, so wie die Attilas Burg bei Spodnji Kocjan am Fuß eines Bergrückens oder Groblje in Zlan. Die dritte Gruppe umfasst die am Rand einer Flussterrasse angelegten Burgen. Die Beispiele dafür sind z. B. Goliean in Gajsevci (Turm Kalussen?), Tmic in Zabljek und die Stari grad oder Presek genannte Anlage bei Cresnjevec (Burg Kirchstetten). Diese Anlagen sind auch hinsichtlich der Form einander sehr ähnlich. Sie bestehen aus einem pyramidenstumpfförmigen Kernwerk und einem einfachen umlaufenden Graben und Wall. Nur die Burg Kirchstetten unterscheidet sich dadurch, dass sie eine mit Gräben befestigte trapezoide Vorburg aufweist (Abb. 5). Auch die Niederungslage, typisch für echte Motten, ist durch mehrere Anlagen vertreten. Ein gutes Beispiel für diese Gruppe ist Kosova gomila in Razvanje. Besonders zahlreich sind darunter die Anlagen in den Talauen, in unmittelbarer Nähe von Wasserläufen wie Cizelj bei Dolnja Prekopa, Precna (Abb. 6), Gradisce

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bei Golek bei Dragatus, zwei Anlagen in Zgornje Pleterje, Gradisce bei Tisina, Lipovci, Filovci u. a. Vermutlich sind die Gräben von solchen Anlagen zumindest zeitweise mit Wasser gefüllt gewesen. Weiters ist eine Unterscheidung hinsichtlich der Form möglich. Das Kernwerk kann im Grundriss entweder rundlich (z. B. Zgornje Pleterje, Pekre), oval (z. B. Repnikovo gradisce bei Veliko Tinje) oder viereckig sein (z. B. Cizelj bei Dolnja Prekopa). Im Querschnitt kann das Kernwerk entweder hügelartig (z. B. Attilas Burg bei Spodnji Kocjan) oder plateauartig geformt sein (z. B. Golican in Gajsevci). Betrachtet man die Gräben und Wälle der einzelnen Anlagen, so sind ihre Anzahl und der Verlauf entscheidend. So unterscheidet man zwischen einfachen Anlagen mit nur einem umlaufenden Graben und Wall, der aber entweder in sich geschlossen sein kann oder auch nicht (z. B. Golican in Gajsevci), und anderen Anlagen, die komplexer sind und aus mehreren, entweder konzentrisch (z. B. Attilas Burg bei Spodnji Kocjan, Repnikovo gradisce bei Veliko Tinje) oder anders (Stari grad bei Cresnjevec) angelegten, Gräben und Wällen zusammengesetzt. Die Vorburg ist nur in wenigen Fällen vorhanden, wie z. B. bei den Burgen Kirchstetten - Stari grad bei Cre5njevec, Gibt bei Kebelj und Lengenburg oberhalb Lemberg. Zumeist fehlt aber jede Spur von einer befestigten Vorburg. Was die Konstruktion betrifft, sollte man zwischen künstlich aufgeworfenen Kernwerken und solchen, die durch Abtragen der Erde gestaltet sind, unterscheiden, was aber ohne Ausgrabung nur ausnahmsweise möglich ist. Zweifellos künstlich aufgeworfen wurden auf jedem Fall die Kernwerke von Kosova gomila in Razvanje und Attilas Burg bei Spodnji Kocjan. Über den Ausbau der Anlagen gibt es nur wenige Angaben. Ein teilweise erhaltener runder romanischer Steinturm steht noch auf der Burg Gib! bei Kebelj (Abb. 7). Steinfundamente eines quadratischen Turms und einer ebenso quadratischer Umfassungsmauer sind in Krancelj oberhalb Skofja Loka ausgegraben 20 worden . Auch auf der Attilas Burg bei Spodnji Kocjan sollten laut der Überlieferung einmal Steinbauten gestanden sein, denn die Steine davon sollten beim Bau der nahe gelegenen Kirche im frühen 19. Jahr22 21 hundert verwendet worden sein . Walter SCHMID sollte auch in Groblje in Zlan Reste von Steinbauten , in Pekre und in der Vorburg in Stari grad bei Cresnjevec aber Reste von Herdanlagen und Bodenpflasterung 23 gefunden haben . Eine Schotterpflasterung von vermutlichen Böden in den ehemaligen Holzbauten ist in 24 Gradisce nahe Golek bei Dragatus dokumentiert worden . Reste von Holzkonstruktionen wurden bisher nur auf der Attilas Burg bei Spodnji Kocjan gefunden, wo Alfons MüLLNER auf dem Erdwall vermutlich 25 mehrere Pfostenlöcher beobachtet hat . Betrachtet man schließlich die Raumlage von Turmhügelburgen und anderen Wall -Graben-Anlagen in Bezug auf die Siedlungen, Wasserläufe und das Relief fällt vor allem die große Vielfalt von verschiedenartigen Situationen auf. Klare, eindeutige Muster konnten wir noch nicht erstellen, es ist aber klar, dass sich unter den betrachteten Anlagen sehr verschiedene Objekte befinden, die wahrscheinlich auch sehr unterschiedlichen Funktionen zu dienen hatten. Die Vorliebe für die Berglage - sei es nun auf dem Gipfel oder am Hang - hängt einfach mit dem bewegten Relief, das in Slowenien stark übe1wiegt, zusammen. In den Niederungen wurden die Wall-GrabenAnlagen vor allem entlang der Wasserläufe angelegt. Es bleibt aber noch zu erforschen, ob die Gräben bei diesen Anlagen als Annäherungshindernisse angelegt wurden oder aber eher als Entwässerungskanäle gedient haben. Außer Kosova gomila in Razvanje - zumindest heute mitten im Dorf gelegen - sind alle anderen Anlagen mehr oder weniger weit entfernt von den Siedlungen anzutreffen. Eine klare Verbindung zur Marktsiedlung Lemberg besteht allerdings auch im Fall der Burg Lengenburg, die auf dem Berg oberhalb der gleichnamigen Siedlung liegt.

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AVGUSTIN 1954; 1955. KOVA